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Full text of "Neue Jahrbücher für Philologie und Paedogogik"

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NEUE  JAHRBÜCHER 


FÜR 


PHILOLOGIE  UM)  PAEDAGOGIK. 


GEGENWÄRTIG  HERAUSGEGEBEN 


VON 


ALFRED  FLEOKEISEN  und  HERMANN  MASIÜS 

riOFMSOB  DT  DBUDV  FBOmiOK  XX 


l^JBUJM  U Jll> V JLhUiZIQSTKB  JAHBGiJNra. 


EINHUNDEBTUNDNEUNZEHNTER  BAND. 


•O»».'*'*«^»*/^"»***^'^^     '^**   "^'^   ^ 


LEIPZIG 

DRÜCK  HSV  VERLAG  VON  B.  O.  TEUBNER. 

1879. 


JAHRBÜCHER 

fOr 

CLASSI8CHE  PHILOLOGIE 


ALFRED  FLECKEISEN. 


FOimniDZWANZICISIEB  JAEBSAKe  IS» 


DEB    JAHMSCBEM    JAHBEÜCHEB   FÜB   PHILOLOGIE   USD 
BUmUSSESTUHUItEnilZSSIITEB   BASD. 


LEIPZIG 

DBCCK  UND  TEELAQ  TON  B.  O.  TEDBHBB. 


VERZEICHNIS  DER  MITARBEITER 

AN  DEN  JAHRGÄNOEN  1876  BIS  1879. 

(die  in  parenthete  bei^teUten  zahlen  beziehen  sich  mt  das  nachstehende  inhallSTerteichnls. 
die  namea  der  mitarbeiter  zn  den  ersten  zwanzig-  jahrg-&nren  sind  zo  anfanr  der  Jahrringe 

1860,  1864  and  1874  abgredrackt.) 


1.  Ebrbt  Bachof  in  Eisenach  (28) 

2.  Fbahz  Badbb  in  Eutin 

3.  Emil  Babhbbhb  in  Groningen  (83.  63.  74) 

4.  Albbbt  von  Bambbbg  in  Eberswalde 
6.  Julius  Babtsch  in  Stade 

6.  Hbbkamh  Baümoabt  in  KÖnigrsberg  (Ostprenszen) 

7.  Malwin  Bbchbbt  in  Leipzig  (109) 

8.  Julius  Bbloch  in  Rom  (28) 

9.  Habs  Kabl  Bbhickbn  in  Bartenstein 

10.  Thbodob  Bbbok  in  Bonn 

11.  Gbboobius  Bbbnabdakis  in  Leipzig 

12.  RunoLP  Bitschofskt  in  Wien 

13.  Fbibdbich  Blass  in  Kiel 

14.  Hbbmahv  Blass  in  Berlin 
16.  Huao  Blümnbb  in  Zürich 

16.  Rudolf  Bobbik  in  Belgard  (Pommern) 

17.  Fbibdbich  Bockbmüllbb  in  Stade 

18.  WiLHBLM  BÖHiiB  in  Stolp 

19.  Ebmst  Bössbb  in  Plön 

20.  Max  Bonnet  in  Paris 

21.  Heinbich  Bbandbs  in  Leipzig 

22.  Wilhblm  Bbandes  in  Braunschweig  (48) 

23.  Bamubl  Bbandt  in  Heidelberg 

24.  Ludwig  Bbbitbnbach  in  Naumburg 

25.  Adolf  Bbieoeb  in  Halle 

26.  Julius  Bbix  in  Liegnitz 

27.  Kabl  Bbuoman  in  Leipzig 

28.  OscAB  Bbuoman  in  Leipzig 

29.  Hebmarn  Bbunckb  in  Wolfenbüttel  (89) 

30.  Fbanz  Büchblbb  in  Bonn 

31.  Carl  Bünoeb  in  Straszburg  (Elsasz) 

32.  Heinbich  Buebmann  in  Berlin 

33.  Jacob  Bubkhabd  in  Zürich 

34.  J.  Ch.  f.  Campe  in  Greiffenberg  (Pommern) 
36.  Wilhelm  Christ  in  München  (1) 

36.  Heinbich  Chbistensen  in  Ratzeburg 

37.  Johann  Claussbr  in  Altena 

38.  Wilhelm  Clbmm  in  Gieszen 

39.  Cabl  Corbadt  in  Stettin 

40.  Chbistiar  Cbor  in  Augsburg  (19.  81) 

41.  JoHARR  Gustav  Curo  in  Grandenz 

42.  Ardrbas  Dedbbich  in  Emmerich  (10.  66) 

43.  Hbirbicb  Deiteb  in  Emden  (107) 

44.  LuDwio  DiRDOBF  in  Leipzig  (f  1871) 


VI  VerzeichniB  der  xnitarbeiter. 

45.  Wilhelm  Dittbnbbboeh  in  Halle  (84) 

46.  Thbodob  Döhnbb  in  Dresden 

47.  AuoüBT  DÖBiHO  in  Dortmund  (2) 

48.  Bbbvhabo  Dombabt  in  Erlangen 

49.  Anton  Aüoübt  Dbabgbb  in  Aarich 

60.  Ludwig  Dbbwbs  in  Helmstedt 

61.  Heinbich  Döbi  in  Bern 
52.  Heinbich  Düntbbb  in  Köln 

58.  Fbibobich  von  Duhn  in  Göttingen 

54.  Richabd  Donckbb  in  Oreiffenberg  (Pommern)  (90) 

66.  Hbbmjlnn  Dunqeb  in  Dresden 

56.  Cabl  Dbiatzko  in  Breslan 

57.  Pbtbb  Eoenolfp  in  Mannheim  (70.  97) 

58.  Otto  Ebdmann  in  Stendal  (19.  114) 

59.  Adam  Eussneb  in  Würsbarg 

60.  Fbabb  Etssbnhabdt  in  Hamburg 

61.  Johann  Paul  von  Falkenstejm  in  Dresden 

62.  Hans  Flach  in  Tübingen  (60.  108) 

63.  Adam  Flasch  in  WürEburg 

64.  Alfbed  Fleckbisen  in  Dresden  (8.  85.  108) 

65.  CuBT  Flbisoheb  in  Meiszen  (38) 

66.  Johann  Kabl  Fleischmann  in  Nürnberg 

67.  Richabd  Föbsteb  in  Rostock 

68.  Pbtbb  Wilhelm  Fobchhammer  in  Kiel 

69.  Johannes  Fbbudenbbbo  in  KÖnigswinter  (f  1878)- 

70.  Kabl  Fbet  in  Bern 

71.  Otto  Fbick  in  Halle 

72.  Wilhelm  Fbibdbich  in  Mühlhausen  (Thüringen) 

73.  Adolf  Fbitsch  in  Straszbnrg  (Elsass) 

74.  Thbodob  Fbiteschb  in  Güstrow  (60) 

75.  Fbibdbich  Fboehde  in  Lieguitz 

76.  Adolf  FubtwInolbb  in  Rom 

77.  Joseph  Gabtbellb  in  Gent 

78.  ViCTOB  Gabdthausen  in  Leipzig 

79.  Waltheb  Gbbhabdi  in  Meseritz  (78) 

80.  Hbbmabn  Geist  in  Darmstadt 

81.  Wilhelm  Gemoll  in  Ohlau  (38) 

82.  Kabl  Ebbst  Gbobobs  in  Gotha 

83.  Geobo  Gebland  in  Straszbnrg  (Elsasz) 

84.  Gustav  Gilbebt  in  Gotha  (36) 

85.  Waltheb  Gilbebt  in  Dresden 

86.  August  Gladisch  in  Berlin  (f  1879)  (60.  99) 

87.  Cabl  Gebisse  in  Mets  (31.  76) 

88.  Anton  Gobbel  in  Magdeburg 

89.  Fbanz  Göbbbs  in  Düsseldorf 

90.  Alfbed  Goethe  in  Glogau 

91.  Gbobo  Gobtz  in  Jena 

92.  Julius  Golisoh  in  Schweidnitz  (111) 

93.  Emil  Gotschuch  in  Beuthen 

94.  LOBENs  Gbasbbbobb  in  Würsburg 

95.  Richabd  Gbossbb  in  Wittstock 

96.  Emil  Gbunaueb  in  Winterthur 

97.  Hbinbich  Guhbaubb  in  Waidenburg  (Schlesien)  (6) 

98.  Alfbed  von  Gutschmid  in  Tübingen 

99.  Cabl  Haohtmanv  in  Seehausen  (Altmark)  (23) 

100.  Hbbmann  Hagen  in  Bern 

101.  Heinbich  Hahn  in  Montigny-lis-Metz 

102.  Hebmann  Hahn  in  Beuthen 

108.  Rbimbb  Hansen  in  Sondershansen 


Verzeichnis  der  mitarbeiter.  VII 

104.  Kabl  Habtfeldbb  in  Freibarg  (Breisgao)  (39.  85.  17) 
106.  Tbbodob  Haspbb  in  Leipzig 

106.  Hbbman  Haupt  in  W&rzbnrg  (18) 

107.  MicHABL  Hatdück  in  Marienbnrg  (20) 

108.  Hbxnbicr  Hbbbwaobb  in  Nürnberg 

109.  RuooLP  Hbihe  in  Weiszenburg  (Elsasz) 

110.  HzBifABB  Hblleb  in  Berlin 

111.  Ludwig  Hbllwio  in  BaUeburg  (76) 

112.  Petzb  Dibdzbich  Chbistiah  Hebninob  in  Husum 

113.  Otto  Hbmsb  in  Freibarg  (Breisgan) 

114.  WiLHBLM  Hbbbst  in  Halle  (73) 

115.  Fbibobich  Kabl  Hbbtlbim  in  Wertheim 

116.  BfABTiN  Hbbts  in  Breslau 

117.  Chbistiah  Hebwio  in  Elberfeld  (58) 

118.  Ebbst  Hbbzoo  in  Tübingen 

119.  Edüabd  Hbtdbnbbich  in  Freiberg  (Sachsen) 

120.  Fbabz  Hbtbb  in  Barienstein 

121.  Eduabo  HiLLBB.in  Halle 

122.  Adblbbbt  Hock  in  Husum 

123.  Emahubl  Hoffmanb  in  Wien 

124.  Gustav  Hoffmanr  in  Neunkirchen 

125.  Fbbdinabd  Hoppb  in  Gumbinnen 

126.  Abhold  Hua  in  Zürich  (17.  37) 

127.  Fbibdbich  Hultsch  in  Dresden 

128.  Cabl  Jacobt  in  Danzig 

129.  Kabl  vor  Jah  in  Saargemünd  (79) 

130.  Albbbcht  Jobdah  in  Wernigerode 

131.  Wilhhlm  Jobdah  in  Frankfurt  am  Main 

132.  Lbopolo  Julius  in  München 

133.  Emil  Auoüst  Juhghahh  in  Berlin  (53) 

134.  K.  K.  in  Z. 

135.  Eduabd  Kammbb  in  Königsberg  (Ostpreuszen)  (42.  65) 

136.  Kabl  Hbihbich  Kzck  in  Husum 

137.  Philipp  Kbipbb  in  Ludwigshafen  am  Rhein  (16) 

138.  Otto  Kblleb  in  Graz 

139.  Albsbt  Kbllbbbaubb  in  Kempten 

140.  Fbahz  Kebn  in  Stettin  (59) 

141.  Adolf  Kiene  in  Hannover  (110) 

142.  Otto  Kiebitz  in  Karlsruhe 

143.  JoHAHNES  Klein  in  Brandenburg 

144.  Ebnst  Klussmann  in  Rudolstadt 

145.  Paul  Knapp  in  Rom 

146.  Hebmanh  Adolf  Koch  in  Pforta  (f  1876) 

147.  Reinhold  Köhlee  in  Weimar  (45) 

148.  Wilhelm  Heinbich  Kolsteb  in  Eutin 

149.  Hebmann  Kbaffbbt  in  Aurich 

150.  Heinbich  Kbatz  in  Stuttgart 

151.  Gustav  Keüoeb  in  Görlitz 

152.  Emil  Kuhn  in  Dresden 

153.  Johann  Kvicala  in  Prag  (71) 

154.  Adolf  Lange  in  Marburg  (37) 

155.  Gustav  Lange  in  Berlin 

156.  Ludwig  Lange  in  Leipzig 

157.  Peteb  Langen  in  Münster 

158.  Fbibdbich  Latendobf  in  Schwerin 

159.  Kabl  Julius  Liebhold  in  Rudolstadt  (29.  30.  73) 

160.  JusTUs  Hbbman N  Lipsius  in  Leipzig 

161.  Rudolf  Löhbach  in  Mainz  (%) 

162.  Gbobo  Lobschckb  in  Dorpat 


i 


vm 


VeneiohniB  der  mitarbeiter. 


163.  OusTAv  LÖWB  iD  Leipiig  (98) 

164.  Antoh  iiowiMSKi  in  Deatsch-Krone 

165.  Asthub  Ludwioh  in  Königsberg  (Ostpreufsen)  (44) 

166.  Ebbst  Ludwig  in  Buxtehude  (104) 

167.  Fbibdbiob  Lüdbcbb  in  Bremen 

168.  GoTTLiBB  LÜTTOBBT  in  Llngon 

169.  Bbbbbabd  Lupus  in  Straszbnrg  (Elsass) 

170.  Hugo  Maomub  in  Berlin 

171.  Kabl  Matbofp  in  Dresden 

172.  Cabl  Mbibbb  in  München 

173.  BoxAB  Mbisshbb  in  Breslau 

174.  RiCHABD  Mbistbb  in  Leipsig  (69) 

175.  SiBGFBiBD  Mbklbb  in  Wien  (71) 

176.  Otto  Mbltsbb  in  Dresden 

177.  Ludwig  Mbbdblssohb  in  Dorpat  (80) 

178.  Adolf  du  Mbshil  in  Frankfart  an  der  Oder 

179.  Gottbold  Mbutbbbb  in  Planen  (Vogtland) 

180.  Gustav  Mbtbb  in  Graz 

181.  Thbodob  Mokksbb  in  Berlin 

182.  Gbbhabd  Hbibbich  Müllbb  in  Wongrowits 

183.  Hebxabb  Johabmbs  Möllbb  in  Berlin 

184.  Fbibdbicb  Max  Möllbb  in  Oxford 

185.  Hbbmanb  Müllbb-Stbübimo  in  London  (27.  57) 

186.  Cabl  Naucx  in  Königsberg  (Nenmark) 

187.  Fbanb  NiblXbdbb  in  Schneidemtihl 

188.  KoBBAD  KiBMBTBB  in  Kiel 

189.  RicHABD  NoETBL  in  Cottbus  (5) 

190.  JoBABBBs  Obebdicx  in  Münster 

191.  Tbbodob  Opitz  in  Dresden 

192.  JoHABB  Nbpomux  Ott  in  Rottweil  (56) 

193.  Fbibdbioh  Otto  in  Wiesbaden  (77) 

194.  Kabl  Pabsch  in  Soest 

195.  Ludwig  Paul  in  Kiel 

196.  Hbbxabb  Pbtbb  in  Meiszen  (55) 

197.  Fbabz  Pflügl  in  Hof 

198.  Adolf  Philippi  in  Gieszen  (54.  94) 

199.  EuoBB  Plbw  in  Danzig  (f  1878) 

200.  Tbbodob  Plüss  in  PforU  (34) 

201.  Fbibdbicb  Pollb  in  Dresden  _ 

202.  Rudolf  Pbimz  in  Breslau 

203.  Hugo  Pubxanm  in  Cottbus 

204.  Rudolf  Raucbbbstbib  in  Aarau  (f  1879) 

205.  Lbopold  Rbibhabdt  in  Hadersleben 

206.  Gbobg  Fbibdbicb  Rettig  in  Bern 

207.  Ebbst  Rbuss  in  Frsnkfnrt  am  Main 

208.  Ebbst  Albbbt  Ricbtbb  in  Altenbnrg 

209.  Jobabbbs  Ricbtbb  in  Nakel 

210.  Kabl  Ribck  in  Neustrelite  (11) 

211.  Albxahdbb  Ribbb  in  Frankfurt  am  Main  (25) 

212.  HBBMiBB  RöBL  in  BerUn  (26.  88.  101) 

213.  Adolf  Römbb  in  München  (14.  113) 

214.  Hbbbabb  Röbscb  in  Lobenstein  (13.  72) 

215.  Cbbistiab  R58B  in  Gieszen 

216.  Ebwib  Robdb  in  Tübingen  (3.  115) 

217.  WiLBBLM  Hbibbicb  Roscbbb  in  Meiszen  (51.  80.  100) 

218.  EwiL  RosBNBBBG  tn  Hirsebberg  (Schlesien) 

219.  KoBBAD  RossBBBG  in  Norden  (12.  43.  64) 

220.  Fbabz  Röbl  in  Königsberg  (Ostpreuszen)  (15.  87) 

221.  Max  Sabobb  in  Waren 


Verzeichnis  der  mitarbeiter.  IX 

222.  Arnold  Schabfbb  io  Bonn 
228.  Cabl  SchIfeb  In  Athen 

224.  Otfbikd  Schakbacb  in  Mühlhaasen  (Thüringen)  (38) 

225.  Mabtir  Schanz  in  Würzbarfl^ 

226.  Cabl  Schapbr  in  Berlin  (62) 

227.  Carl  Schirlitz  in  Nenstettin 

228.  Gbobo  Schmid  in  St  Petersburg 

229.  Fbibdrich  Wilhrlm  Schmidt  in  Neustrelitz 

230.  Hbrmann  Schmidt  in  Wittenberg 

231.  Otto  Schrbiobb  in  Gotha' (49) 

232.  Rudolf  Schnbidbr  in  Berlin 

233.  Karl  Schhbllb  in  Meiszen 

234.  Fritz  Scholl  in  Heidelberg  (7) 

235.  Gboro  Fribdrich  Schömanm  in  Greifswald  (f  1879) 

236.  Carl  Schrader  in  Münster 

237.  Theodor  Schrbibbr  in  Rom 

238.  Otto  Schrobdbr  in  Berlin 

239.  Job.  Hbinrich  Ch.  Schdbart  in  Kassel 

240.  Hbrmarit  Schütz  in  Potsdam  (41) 

241.  Ludwig  Schwabb  in  Tübingen  (86) 

242.  Wilhblm  Schwartz  in  Posen  (47) 

243.  Hbihrich  Schwbizeb-Sidlbr  in  Zürich  (46) 

244.  Paul  Schwbkkb  in  Kiel  (9) 

245.  KoNBAD  Sbbligbb  in  Dresden 

246.  Otto  Sieroka  in  Lyck 

247.  Jacob  Sitzlbb  in  Tanberbischofsheim  (52.  92.  112) 

248.  Johann  Söboel  in  Hof 

249.  Julius  Sommbrbrodt  in  Breslau 

250.  Robbbt  Sprbnoeb  in  Northeim  (8) 

251.  Huao  Stadtmüller  in  Heidelberg  (71) 

252.  AuausT  Stbitz  in  Frankfurt  am  Main 

253.  Paul  Stbhobl  in  Berlin  (95.  29) 

254.  Fbdob  yon  Stojentin  in  Breslau  (21) 

255.  Heinrich  Wilhelm  Stoll  in  Weilburg 

256.  Abraham  Strelitz  in  Rostock  (88) 

257.  Wilhelm  Studemund  in  Straszburg  (Elsasz) 

258.  Franz  Susemihl  in  Greifswald  (102) 

259.  Sigmund  Teuffel  in  Stuttgart 

260.  Wilhelm  Teuffel  in  Tübingen  (t  1878) 

261.  Theodor  Thalheim  in  Breslau  (82) 

262.  Rudolf  Thimm  in  Bartenstein  (40) 

263.  Theodor  Tohtb  in  Leer  (75) 

264.  Richabd  Tbeitschke  in  Dresden 

265.  WoLDEMAR  Tröbst  in  Hameln 

266.  Heinbich  Uhle  in  Dresden  (19) 

267.  Robert  Ungbr  in  Halle  (68) 

268.  Gustav  Unobbmann  in  Münstereifel  (76) 

269.  Hermann  Usbner  in  Bonn 

270.  Carl  Venedioeb  in  Spandau  (106) 

271.  Julius  Völkel  in  Moskau 

272.  Theodor  Vogel  in  Leipzig 

273.  Richard  Volkmann  in  Janer 

274.  Ferdinand  Vollbecht  in  Otterndorf  (17) 

275.  Wilhelm  Vorlabndeb  in  Saargemfind 

276.  CuRT  Wachsmuth  in  Heidelberg  (4) 

277.  August  Wagener  in  Gent 

278.  Carl  Waoener  in  Bremen  (40) 

279.  K.  Walter  in  Arnstadt 

280.  Nicolaus  Wecklbin  in  Bamberg  (91.  19) 


X  Verzeichnis  der  mitarbeiter.  —  InhaltsverzeicbniB. 

281.  Andreas  Wbidhbb  in  Darmstadt  (22) 

282.  Fritz  Weiss  in  Dresden 

283.  Paul  Wbiisaokbe  in  Heidenheim  (24) 

284.  Eddard  Wellmanb  in  Berlin 

285.  Oscar  Wichmahb  in  Eberswalde  (67) 

286.  Erich  Wilisoh  in  Zittau 

287.  Hans  Wibe  in  Zürich  (32) 

288.  Eduard  Wölfflim  in  Erlangen 

289.  Emil  Wöbnbr  in  Meiszen 

290.  Martin  Wohlrab  in  Chemnitz  (93) 

291.  Jan  Woltjeb  in  Groningen  (105) 

292.  Ernst  Ziboelbr  in  Hagen  (Westphalen)  (67) 

293.  Christoph  Zibolbr  in  Stuttgart  (61) 

294.  Leo  Zibolbr  in  München  (56) 

295.  Qebharo  Zillobnz  in  Wittstock 

296.  Michael  Zink  in  Zweibrücken 

297.  Hermann  Zurboro  in  Zerbst. 


INHALTSVERZEICHNIS. 

(die  in  parenlhese  beig-eseUlen   zahlen  bezicheo  sich  auf  «Ui  iroraofiteUende  Verzeichnis 

der  mitarbeiter.) 


Seite 

1.  randbemerkangen  zu  ThBergks  nenester  bearbeitnng  des  Pin- 
daros  (85) 1 

2.  sn  Horatins  [earm.  HI  3,  2  f.]  und  Piaton  [apol.  o.  20]  (47)    .     13 
8.   zam  griechischen  roman  (216) .16 

4.  der  Standort  des  ehernen  Viergespanns  anf  der  akropoUs  yon 
Athen  (276) 18 

5.  das  vierte  capitel  im  ersten  bnche  der  Nikomachischen  ethik 
(189) 25 

6.  zn  Plutarchos  trcpl  ^ouaKf)c  [c.  3]  (97) 38 

7.  litterarisches  zn  Piautas  und  Terentios  (234) 39 

8.  zu  Terentins  Ennnchns  [prol.  4]  (250.  64) 48 

9.  über  Ciceros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deorum  (244)  49.  129 

10.  zu  Strabon  und  Sue tonlos  (42) 66 

11.  zu  Horaüus  episteln  [I  15,  10^13]  (210) 69 

12.  anz.  V.  Tibulli  elegiarum  libri  duo  ed.  EBaehrens  (219)  ...    71 

13.  zur  controversa  über  ponderoms  in  der  Itala  (214) 79 

14.  zn  den  fragmenten  des  Aristonikos  (213) 81 

15.  zu  Jnstinus  [XI  11,  1]  (220) t)2 

16.  zu  Aischylos  Persem  (137) 93 

17.  zu  Xenophons  anabasls  (126.  274.  104) 97.  202.  704 

18.  zu  Paianios  und  Eutropius  (106) 104 

19.  zu  Piatons  apologie  (266.  40.  58.  280) ....     105.  403.  765.  817 

20.  emendationes  Aristoteleae  (107) 109 

21.  anz.  T.  CBoysen  de  Harpocrationis  lexici  fontibus  (254)   .     .    .113 

22.  zu  Comiacius  (281) 127 

28.  zu  Livius  [XXVIl  44,  7]  (99) 143 

24.  das  deutsche  Institut  für  archäologische  correspondenz  (283)    .  145 

25.  zu  den  geographi  latini  minores  (211) 165 

26.  eine  datierbare  altspartanische  Inschrift  (212) 156 


Inhalisveneiclmis.  XI 

taite 

r.  n  TliiikydidM  [VIII  19]  nnd  Xeoophon  [Hell.  I  1,  9]  (185)     .  157 
28.  Tisaiof  ab  quelle  für  Diodor  XIY  54—78  (1.  8)      .    .     .    161.  599 

».  n  Herodotos  (159.  258) 178.  880 

90.  in  XenophoBt  Kyropttdie  (159) 174 

3L  fn  Cicero  de  provineiis  consiilaribaB  [9,  21]  (87) 176 

31  der  perdneHionsproeeM  dea  C.  Rabiriaa  (287) 177 

31  m  fateiniaclieii  antholog:ie  (8) .^ 207 

31.  des  Horatina  elfte  ode  des  Eweiten  bnchs  (200) 209 

35.  phUologisefae  ffelegenheitsschriften  (64)    .     .  223.  576.  656.  720.  872 

36.  eiste  lud  sweite  lesimg  in  der  atheDischen  TolksrersamlnDg  (84)  225 

37.  ans.  ▼.  ACLanffe  de  Aeneae  comm.  poliorcetieo  (126.  154)241.461.  639 

38.  IQ  Caesar  und  seinen  fortsetsem  (81.  65.  224)     ....    267.  849 

39.  ra  Cicero  de  dlTinatione  [I  8,  5]  (104) 270.  874 

4SK  die  perfectiachen   formen   von  eo  nnd  seinen  composita  (278. 

162) 271.  848 

41.  in  Tacitos  Oermania  (240) 273 

41  Dochnals  für  Homer  nnd  Aristarch  (135) 289 

43.  in  ApolUnmris  Sidonins  (219) 801 

44w  iBB  Homerischen  Demeter-hymnos  (165) 803 

45.  snr  Odyssee  [t  163]  (147) 808 

46.  tnt.  T.  WHRoseber:  Hermes  der  windgott  (243) 309 

47.  Zens  nnd  Kronos  als  wolkenrerseblinger  (242)     ....  314.  558 

48.  sn  Ansonins  (22) 818 

4S.  emendationnm  Aristopbaneamm  decas  nona  et  decima  (231)      .821 

(0.  beriebtignng  eines  fragmentes  des  Parmenides  (86) 343 

Sl.  fiber  die  sltte  der  cOvOnMa  (217) 345 

Sl  Kaninos  oder  Tjrtaios?  (247) 351 

tt.  Stadien  an  Thnkydides  (133) 353 

M.  über  einige  reden  des  Isaios  nnd  Demosthenes  (198)     ....  413 

M.  fiber  einige  Schriftsteller  des  namens  Pollio  (196) 420 

M.  SV  abwehr  (192.  294) 425.  553.  718.  871 

37.  snr  Schlacht  Ton  Marathon  (185) 433 

tt-  snr  responaionsfirage  bei  Aischylos  (117) 449 

M.  IQ  Sophokles  Antigone  (140) 453 

•Ol  sq  Pindaroe  [OL  1,  28]  (62.  74) 460.  684 

6L  aachtitge  an  meiner  dritten  ausgäbe  des  Theohritos  (293)   .    .  460 

II  sor  litteratnr  des  Yergilins  (226) 465 

O.  aber  die  handschriften  des  TibnUos  (3) 473 

44.  kritische  nachlese  sn  Dracontins  nnd  der  sog.  Orestis  tragoedia 
(219) 475 

e.  vu  Dlaa  [Q  384  ff.]  (135) 479 

«1  SQ  LiTina  bnch  XXI  (42) •  ....  481 

«7.  SQ  Lnkianos  (292.  285) 491.  698 

48.  SQT  kritik  der  scriptores  historiae  AogosUe.  I  (267)     ....  493 

39.  snr  Chronologie  des  bSotischen  vooalismns  (174) 513 

70.  SQ  den  acholien  des  Dionysios  Thraz  (57) 526 

7t  snr  kritik  des  Enripides  (251.  153.  175) 527.  661.  809 

71  Isa^aMe  bei  PUeidns  (214) 534 

71  SQ  Thnkydides  (114.  159) 535.  807 

71  sn  Tiberianos  (3) 540 

71  ans.  T.  COneisse  de  rersibos  in  Lncretii  carmine  repeutis  (263)  541 

71  SQ  SallnstlQS  (268.  111.  87) 554.  701 

77.  sas.  T.  ATÜobansen  n.  LJacobi:  das  RSmercastell  Saalburg  (193)  559 

71  som  ersten  buche  tou  Vergilins  Aeneis  (79) 561 

79.  soletiacher  nnd  aulodischer  nomos  (129) 577 

tO.  SQ  Appianot  [b.  civ.  U  62]  (217.  177) 592.  821 

^  onrfinalien  au  AHugs  ausgäbe  des  Platonischen  Symposion  (40)  593 

tt  «ie  dokiaasie  der  beamten  in  Athen  (261) 601 

tt  aiae  metrische  altargiyische  Inschrift  (212) 608 


XII  InhaltsverzeiclmiB. 

seit« 

84.   ans.  v.  Aristotelea  politik  von  FSiuemihl  (45) 609 

86.  der  dpTÖC  Xötoc  (104) 615 

86.  ans.  v.  KLange  composition  der  Aegineten  (241) 616 

87.  der  schats  des  Ptolemaios  II  Pbiladelphos  (220) 621 

88.  emeodationoB  Petronii  satiranun  (256) 629.  833 

89.  über  die  ordinaHi  bei  Vegetint  (29) 635 

90.  SU  EntropioB  (54) 641 

91.  ans.  y.  Enripidis  Alce«tie  ed.  BPrins  (280) 657 

92.  SU  Solons  fragmenten  (247) 668 

93.  knabenliebe  nnd  franenliebe  in  Piatons  Symposion  (290)     .    .  673 

94.  Hermokopiden  (198) 685 

95.  die  snnge  der  opferthiere  (253) 687 

96.  der  goldene  sebnitt  im  bexameter  (161) 692 

97.  sa  Apollonios  Dyskolos  (57) 693 

98.  glossograpbiBcbes  (163) 706 

99.  die  vorsokratiscbe  pbilosopbie  (86) 721 

100.  ceiTT^piov  oder  CTeirT/jpiov?  (217) 734 

101.  sn  Atbenaios  [III  111']  (212) 736 

102.  Studien  anr  Nikomacbiscben  etbik  (258) 737 

108.  sa  Plautus  Epidicns  [v.  64.  65]  (64) 767 

104.  sn  den  glossen  des  Placidos  (166) .  768 

106.   obserrationes  criticae  in  Lncretinm  (291) 769 

106.  sn  Caesars  bellum  Gallicum  [III  7.  8]  (270) 786 

107.  SU  Cicero  de  oratore  [I  8,  82]  (43) 790 

108.  über  die  abfassungsseit  des  sebnten  ecloge  des  VergÜius  (62)  791 

109.  SU  Manilins  Astronomica  (7) ' 798 

110.  der  dicbter  Homeros  und  die  Wolfsche  hypothese  (141)  .    .    .  801 

111.  aur  bedeutung  der  pr&position  icpö  (92) 806 

112.  sur  griecbischen  antbologie  (247) 815 

113.  ans.  y.  CHoffmann  de  yerborum  transpositionibus  apud  Corni» 
fieium.   part.  I  (213) 823 

114.  SU  Stoüus  Tbebais  [IV  94]  (68) 882 

116.   SU  Petronius  (216) 846 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HBBAU8GEOBBBK  VON  ALFRED  FlBCKEISBN. 


1. 

RAMDBEMEBKUNOEN  ZU  TH.   BEEGKS  NEUESTER 
BEABBEITUNO  DES  FIND  ABOS.* 


METRIdCHES. 
kthm.  8,  62  lesen  wir  folgenden  vers: 

TÖv  }iky  oObi  6avövT '  doiöal  f Xiirov. 
der  una  der  worte  ist  einfach  und  yeretfindlich;  anstosz  erregt  nur 
der  hiatos  an  Torletzter  stelle;  iim  denselben  zu  beseitigen,  schob 
GHffmsiin  das  bekannte  fnlcrum  metricorum  T€  ein  und  schrieb  töv 
^iv.ouöi  davdvT*  doiboi  t'  ^Xiirov.  Böckh  bezeichnet  in  den  kriti- 
schen Boten  diese  indernng  kurzweg  als  unnütz,  offenbar  weil  er  den 
kiatos  durch  seine  Stellung  in  der  arsis  eines  dactjlischen  yersfuszes 
ftr  entschuldigt  hielt,  freilich  hat  Pindar  nicht  in  gleichem  Urn- 
inge wie  Homer  Yon  dieser  freiheit  gebrauch  gemacht,  doch  finden 
tidi  mehrere  stellen  auch  bei  ihm,  welche  die  handschriftliche  über- 
ucfeniBg  in  dem  fraglichen  yerse  zu  rechtfertigen  scheinen,  nemlich 
OL  6,  82  tXuKcqi  dKÖvac  Xitupdc,  wo  die  Umstellung  Hartungs 
^iTvpac  dicövac  auch  bei  Bergk  keinen  anklang  gefunden  hat,  Nem. 
6, 24  CttMcXciba  (CuixXcibqi  Bergk  ^  nach  Triklinios)  8c  ön^pTaTOC, 
ebd.  T.  25  'ATncipdx<4i  uWuiv,  bthm.  1,  61  'HpoödT<4i  fnopcv,  und 
PytL  1,  70  ultfi  t' kmT€XXö^€voc,  wo  die  auch  TOn  dem  para- 
phnsten  nicht  berücksichtigte  partikel  T€  besser  fehlen  würde,  denn 
din  der  hiatus  in  diesen  versen  wesentlich  in  der  Sonderstellung  des 
dstirs  seine  entschuldigung  habe,  ist  eine  willkürliche  annsJime 
Bo)B;kS|  die  obendrein  die  correctur  6iner,  richtiger  zweier  stellen 
nr  folge  hat.  ich  habe  daher  in  meiner  teztesausgabe  Pindars  die 


*  FoeUa  Ijrici  graeei.  recenaiiit  Theodoras  Berg^k.  editionis 
^arU«  TolmDen  I  PiDdari  carmina  continens.  Liptiae  in  aedibas 
BOTMbaerl.    MDCCCLXXVIII.    XX  u.  488  0.    gr.  8. 

Ar  clM«.  pUlol.  1879  h^.  1.  1 


2         WChrist:  zn  ThBergks  neuester  bearbeituDg  des  Pindaroe. 

bsl.  ttberlieferung  doibal  f  Xmov  unangetastet  gelassen  und  lediglich 
unter  dem  texte  die  änderung  Hermanns  angeführt.  Bergk  hingegen 
schreibt  in  der  dritten  ausgäbe  seiner  PLG.  —  in  der  zweiten  war 
ihm  das  neue  licht  noch  nicht  aufgegangen  —  ^hiatnm  tempus  inane 
ut  yidetur  excusat.'  mir  war  diese  bemerkung  völlig  unverstttndlich, 
um  so  mehr,  als  ihr  Urheber  durch  das  metrische  scbema 

selbst  angedeutet  hatte,  dasz  er  den  letzten  yersfusz  ebenso  wie 
andere  leute  für  einen  Choriambus  hielte,  ich  habe  mich  daber  in  der 
vorrede  meiner  Pindarausgabe  in  einem  vielleicht  etwas  spitzigem 
Stile,  als  er  einem  manne  wie  Bergk  gegenüber  angemessen  war,  aber 
unter  ausdrücklicher  berufung  auf  unsere  stelle  über  die  Weisheit 
deijenigen  philologen  und  metriker  moquiert,  welche,  wenn  irgend- 
wo das  metrum  einen  risz  hat,  zu  den  Hempora  inania'  ihre  Zuflucht 
nehmen.  Bergk,  statt  stillschweigend  das  kleine  versehen  zuzuge- 
stehen, braust  in  seiner  neuen  ausgäbe  der  PLO.  s.  VI  gewaltig  auf 
und  erklärt  den,  der  ihm  so  etwas  zumute,  für  einen  *homo  intesta- 
bilis'.  gespannt,  wie  er  alles  ernstes  an  jener  stelle  seine  pause  ver- 
teidigen könne,  finde  ich  zu  meinem  erstaunen  in  der  neuen  ausgäbe 
den  vers  folgendermaszen  notiert : 

also  jetzt  steht  das  leimmazeichen  vollständig  im  text,  sind  aber 
auch  die  beiden  nachfolgenden  kürzen  nicht  mehr  als  thesis  eines 
dactylus,  sondern  als  auflösang  einer  länge  bezeichnet,  dem  gegen- 
über muBz  ich  nun  zunächst  zu  meiner  Verteidigung  sagen  dasz  ich, 
als  ich  meine  praefatio  schrieb,  doch  nicht  wissen  konnte  dasz  Bergk 
den  vers  später  in  einer  ganz  abweichenden  weise  analysieren  werde, 
aber  erst  diese  analyse  selbst!  ist  es  denn  erlaubt  so  ganz  nach  be- 
lieben zwei  kürzen  als  Vertreter  einer  länge  anzusetzen?  ist  Bergk 
im  stände  einen  zweiten  vers  mit  dem  ausgang  j.  a  c:^  ^  nachzu- 
weisen oder  nur  aus  den  lehren  der  alten  rhythmiker  wahrscheinlich 
zu  machen?  anderswo,  wie  zb.  Nem.  4,  1,  wo  wir  fast  den  ganz 
gleichen  vers  haben,  ist  Bergk  selbst  eine  derartige  notierung  nicht 
eingefallen,  und  gleich  als  wollte  der  zufall  ihm  ein  Schnippchen 
schlagen,  ist  ihm  auch  an  unserer  stelle  das  zeichen  des  ictus  auf 
der  vorletzten  länge  stehen  geblieben ,  wodurch  allein  schon  die  Un- 
möglichkeit der  angenommenen  messung  erwiesen  wird,  doch  wir 
wollen  das  rhythmische  monstrum  nicht  weiter  discutieren  und  lieber 
annehmen  dasz  Bergk,  um  seinem  Widersacher  gegenüber  recht  zu 
behalten,  das  pausezeichen  aufs  gerathewol  in  das  Schema  gesetzt  bat. 
Die  pausezeichen  spielen  aber  überhaupt  in  der  neuen  ausgäbe 
Pindars  eine  grosze  rolle,  es  liegt  denselben  die  richtige,  von  Böckh 
noch  nicht  geteilte  meinung  zu  gründe,  dasz  man  zur  aufhellung  der 
Pindarischen  versmasze  mit  der  Unterscheidung  von  einzeitigen  kür- 
zen und  zweizeitigen  längen  nicht  ausreiche,  die  neueren  metriker 
haben  zn  diesem  behufe  in  den  Schemata  die  leicht  verständlichen 
zeichen  der  drei-  und  vierzeitigen  längen  gebraucht.   Bergk  hat  es 


WChrkt:  za  ThBergkt  neuester  bearbeitang  des  Pindaros.         3 

Torgezogen  das  in  den  uns  erhaltenen  alten  melodien  oft  vorkom- 
mende leimmazeichen  a  zu  bilfe  za  nehmen,  ich  will  nicht  unter- 
suchen, ob  diese  neuerung  eine  glückliche  sei ;  aber  das  musz  ich  her- 
Torheben,  dasz  ich  in  der  weise,  wie  Bergk  jenes  pausezeichen  an- 
gewendet hat,  weder  eine  spur  von  consequenz  noch  von  rhythmischer 
einsieht  zu  erblicken  vermag,  wir  wollen  zur  beleuchtung  dessen 
nur  ein  einziges  einfaches  beispiel  hernehmen,  nemlich  die  notierung 
von  Pyth.  1 ,  3 

J.A  —  J.W -  —  «  soll  sein  iA.iw» -  ^  hd 

ireiOovTai  b'  doibol  cd^aciv. 
der  vers  ist  einer  von  den  wenigen,  wo  die  neuere  metrische  forschung 
mit  glücklichem  erfolg  über  den  standpunct  Böckhs  hinausgegangen 
ist.  Böckh  erblickte  in  den  zwei  beginnenden  silben  eine  basis  und 
setzte  daher  über  sie  das  verrufene  zeichen  x;  Rossbach- Westphal 
und  B Schmidt  erkannten  richtig,  dasz  mit  den  strengen  dactylo- 
epitriten  die  leichtfGlszige  basis  nichts  gemein  hat  und  dasz,  wenn 
irgendwo,  so  hier  von  der  würde  des  liedes  strengere  tactgleichheit 
verlangt  wird ;  sie  nahmen  daher  an  dasz  die  zwei  längen  die  rhyth- 
mische bedeutung  eines  ganzen  epitritus  haben  und  dasz  somit  jeder 
der  beiden  Ifingen  im  gesang  der  umfang  einer  ^üKpä  Tpicimoc  oder 
vielmehr  fioucpa  reipdcimoc  zukommt.  Bergk  hingegen  hat,  wie  ich 
oben  angedeutet,  nur  nach  der  ersten,  nicht  auch  nach  der  zweiten 
lAnge  das  leimmazeichen  gesetzt,  warum,  sagt  er  uns  nicht,  aber  auch 
nicht,  warum  er  Pyth.  6,  li  ganz  im  einklang  mit  der  lehre  der 
neuem  rhythmik  nach  jeder  der  beiden  Ifingen  ein  a  geschrieben 
hat.  ehe  aufhellende  erklärungen  kommen ,  musz  uns  daher  Bergk 
schon  gestatten  darin  ein  zeichen  bedenklicher  inconsequenz  zu  er- 
kennen, aber  auch  jetzt  schon  glaube  ich  errathen  zu  können ,  wes- 
halb Bergk  in  der  ersten  pythischen  ode  das  pausezeichen  nach  der 
zweiten  länge  weggelassen  hat.  nach  seinen  sonstigen  notieruDgen 
nemlich  scheint  er  nicht  der  meinung  zu  sein,  dasz  überall  da,  wo 
innerhalb  eines  verses  ein  kolon  katalektisch  endigt,  der  unvollstän- 
dige letzte  fusz  durch  längeres  anhalten  (rovri)  oder  durch  pause 
seine  ergänzung  erhalten  müsse,  und  dasz  daher  das  obige  sebema 
in  vollem  einklang  stehe  zu  dem  Schema  des  sechsten  verses 

KUÜ^QTl,  KTlXa  bi.  Kai  bai^ÖVUiV 

es  bandelt  sich  hier  um  eine  der  schwierigsten  fragen  der  rhythmik, 
in  der  auch  ich  mich  in  teilweisem  widersprach  befinde  mit  den 
Sätzen,  wie  sie  jetzt  gäng  und  gäbe  sind,  allerdings  wurde  nicht 
regelmäszig  und  in  allen  versarten  die  metrische  katalexis  durch 
rhythmische  mittel  völlig  ausgeglichen ,  und  namentlich  ist  es  be- 
denklich, da  wo  die  schluszlänge  eines  katalektischen  kolon  in  respon- 
dierenden  Strophen  durch  zwei  kürzen  sich  vertreten  findet,  eine 
dehnung  jener  schluszlänge  auf  den  umfang  eines  ganzen  tactes  an- 
innehmen.  aber  wenn  ich  mich  daher  auch  selbst  in  dieser  frage  zur 
xahl  der  ketzer  bekenne ,  so  bin  ich  doch  weit  entfernt  die  unsicher- 


4         WChriat:  zu  ThBergkB  neuester  bearbeitung  des  Pindaros. 

heit  des  urteils  in  alle  strophengattungen  hineinzutragen ;  es  mnsz 
hier  auf  das  ethos  des  rhytbmus  geachtet  und  zwischen  dem  heay- 
cbastischen  tropos  der  dorischen  tonart  und  der  elastischen  leiden- 
schaftlichkeit  der  päonischen  gattung  wol  unterschieden  werden,  in 
den  dactjlo-epitritischen  Strophen  schliesze  ich  mich  unbedingt  der 
lehre  Apels  und  der  neueren  rhjthmiker  an,  beharre  aber  bei  den 
päonen,  dochmien  und  verwandten  rhjthmen  auf  meinem  wider* 
Spruch.  Bergk  hat  umgekehrt  gerade  bei  den  dactylo-epitriten ,  zu 
deren  erhabener  würde  so  ganz  einzig  lang  angehaltene  iSngen  passen, 
die  rhythmische  ergftnzung  der  katalektischen  kola  nicht  angenommen, 
sie  hingegen  bei  den  logaöden  und  pttonen  nicht  verschmftht,  freilich 
auch  hier  ohne  alle  consequenz.  oder  zeugt  es  von  conseqnenz  und 
durchdachter  methode,  wenn  Bergk  die  zwei  ersten  verse  von  Pyth. 
11  folgendermaszen  notiert: 

■  _ 

Bergks  metrische  neuerungen  in  seiner  neuen  Pindaransgabe 
erstrecken  sich  noch  auf  andere  gebiete;  wir  wollen  sehen,  ob  mit 
grOszerem  glück,  bekanntlich  hat  Böckh  das  grosze  verdienst  die 
unsuverlttssigkeit  und  teilweise  Verkehrtheit  der  überlieferten  kolo- 
metrie  Pindars  nachgewiesen  und  an  ihre  stelle  eine  neue ,  auf  den 
anzeichen  des  hiatus  und  der  zweifelhaften  silbe  beruhende  versein- 
teilusg  gesetzt  zu  haben,  an  dieser  errungenschafb  der  forschungen 
BOckhs  haben  im  wesentlichen  alle  nachfolgenden  herausgeber  und 
metriker  festgehalten,  nur  Moriz  Schmidt  hat  in  seinen  siegesge- 
slingen  Pindars  an  dem  festen  bau  der  Böckhschen  theorie  zu  rütteln 
begonnen,  und  auf  gmnd  subtiler  musikalischer  Untersuchungen  eine 
neue  Verteilung  der  perioden  und  kola  vorgenommen,  welche  viel- 
fach mit  den  gmndlagen  der  einteilung  BOckhs  in  Widerspruch  steht. 
M  Schmidt  hat  sein  buch  ThBergk  in  freundlicher  erinnerung  an  die 
tage  in  Reinhardtsbrunn  gewidmet,  aber  Bergk  hat  sich  in  seiner 
neuen  ausgäbe  weder  von  Moriz  noch  von  Heinrich  Schmidt  irgend- 
wie leiten  lassen,  es  gereicht  mir  das  zur  genug^uung,  da  meine 
metrischen  gegner  doch  Bergk  als  unparteiischen  richter  anerkennen 
and  ihm  nicht  persönliche  rivalitftt  und  Voreingenommenheit  unter- 
schieben werden,  aber  auf  der  andern  seite  musz  ich  gestehen,  dasz 
die  darlegungen  gerade  MSchmidts  mir  gezeigt  haben,  wie  wenig 
mit  der  neuen  verseinteilung  BOckhs  die  rhythmische  analyse  der 
Strophen  Pindars  ihren  abschlusz  gefunden  hat.  der  schlusz  der 
einzelnen  verse  zwar  scheint  von  BOckh  mit  Sicherheit  erwiesen  zu 
sein,  aber  ob  ein  jeder  der  BOckhschen  verse  schon  eine  in  sich  ge- 
schlossene periode  bilde,  oder  ob  nicht  vielmehr  einzelne  mit  voraus- 
gehenden oder  nachfolgenden  versen  zu  einer  grOszem  periode  zu 
verbinden  seien,  das  ist  die  grosze,  nicht  so  leicht  an  der  band 
ftuBzerer  kriterien  zu  lösende  frage,  denn  wenn  zb.  in  der  ersten 
Olympischen  ode  die  zwei  kola 

dpiCTOv  M^v  öbuip,  6  hk  I  xpucdc  atOöfievov  irOp 


WCbrüt:  xa  ThBergks  neuester  bearbeitung  des  Pindaros.         5 

TOB  BOckh  in  kme  zeile  geschrieben  wurden ,  weil  mit  dem  Schlüsse 
des  ersten  kolon  nicht  immer  ein  wort  schlieszt,  hingegen  die 
zwei  kola 

€i  h '  dcOXa  T€tpä€iv 

fXbcai  qpiXov  firop 
sich  der  Verteilung  auf  zwei  Zeilen  fügen  musten ,  weil  in  einzelnen 
Strophen  das  erste  kolon  mit  einer  sjllaba  anceps  schlieszt:  so  kann 
doch  durch  diese  ftuszerlichkeiten  nicht  die  innere  Wahrscheinlichkeit, 
dasz  beidemal  in  gleicher  weise  die  zwei  kola  unter  der  herschaft 
einer  hohem  einheit  stehen,  über  den  häufen  geworfen  werden,  auch 
Bergk  hat  der  meinung,  dasz  die  Böckhsche  versteilung  nicht  immer 
befriedige,  öfter  ausdruok  gegeben;  aber  was  er  an  ihre  stelle  setzt, 
gibt  zu  viel  grOszem  bedenken  anlasz. 

Pjth.  5,  6  f.  alwvoc  dKpäv  ßaGfiiöuiv  diro 

CUV  eöboEiqi  Mcravicceai 
stOszt  sich  Bergk  an  der,  beiläufig  gesagt,  fehlerhaft  von  ihm  wieder- 
gegebenen notierung  Böckhs: 

>*      m^      X^      %i/      *.       «^      \^      i»       N^      ^ 

sondert  den  ersten  bacchius  ab  und  verbindet  dann  den  rest  der 
beiden  verse  zu  einem  einzigen  groszen  verse : 

der  neu  gewonnene  vers,  das  musz  man  sagen,  hat  einen  melodischen 
fall,  aber  mit  welchen  mittein  kam  er  zu  stände?  von  den  acht  Stro- 
phen des  gedichtes  musten  nicht  weniger  als  vier  in  das  Prokrustes- 
bett gespannt  werden,  um  so  gewaltsame  Operationen  annehmbar 
zu  machen,  bedarf  es  zwingenderer  beweise  für  die  fehlerhaftigkeit 
der  BOckhschen  versteilung.  nicht  viel  weniger  gewaltsam  sind  die 
Änderungen,  welche  Bergk  im  dienste  seines  subjectiven  wolgefallens 
Isthm.  7  ep.  6  und  Nem.  6,  35  zur  erhaltung  neuer  verse  vorge- 
nommen hat. 

Von  geringer  vorsieht  zeugt  auch  die  bemerkung  Bergks  zu 
Ol.  9  s.  108  ^veteres  magistri  str.  v.  9  cum  v.  10  vinxerunt,  ut 
periodus  trium  esset  colorum : 

hinc  in  B  v.  74  vööv  scriptum  et  v.  103  ceciTOjH^vöv.*  also  weil 
der  Schreiber  der  Yaticanischen  hs.  das  längezeichen  über  das  o  von 
vööv  vor  il  und  von  ceciTa^evöv  vor  oö  gesetzt  hat,  soll  folgen 
dasz  die  alten  magistri  die  zwei  von  Böckh  getrennten  verse  zu  einem 
einzigen  groszen  verse  verbunden  haben  ?  hat  denn  Bergk  sich  nicht 
die  mühe  genommen  nachzusehen ,  wie  die  verse  vor  Böckh  in  den 
bss.  und  ausgaben  abgeteilt  waren,  und  hat  er  nicht  die  am  wege 
liegende  beobachtung  gemacht,  dasz  in  dem  cod.  B  überall  da,  wo  eine 
kurze  silbe  in  folge  der  falschen  kolometrie  die  bedeutung  einer  länge 
haben  sollte,  über  den  betreffenden  vocal  der  querstrich  zum  zeichen 
der  ausnahmsweise  vorkommenden  Verlängerung  gesetzt  ist?  wen 
sich  Bergk  noch  nachträglich  die  kleine  mühe  nehmen  wird,  so  wird 


6         WChrist:  zu  ThBergks  neuester  bearbeitung  des  Piadaros. 

er  es  sicher  unterlassen ,  aus  der  Schreibung  vöov  und  ceoTO/Li^vöv 
in  cod.  B  den  schlusz  zu  ziehen,  dasz  die  alten  magistri,  dh.  die  byzan- 
tinischen metriker  noch  dreigliedrige  verse  billigten. 

Zum  schlusz  gebe  ich  in  diesem  abschnitt  noch  eine  blumeniese 
von  den  neuen  metrischen  theorien,  die  Bergk  an  verschiedenen 
stellen  gelegentlich  auftischt.  Pyth.  1,  35  bieten  einige  hss.  dv  Kai 
T€X€UT$  statt  des  einfachen  kqI  tcXcut^,  Bergk  tilgt  zwar  auch  im 
texte  den  zusatz  £v,  bemerkt  aber  in  der  note:  'nisi  forte  poeta 
hunc  unum  versum  anacrusi  auzit.'  man  könnte  leicht  an  einen 
ironischen  gebrauch  der  partikeln  ^nisi  forte'  denken,  wenn  die  ironie 
hier  am  platze  wftre  und  wenn  sich  nicht  zu  jenem  ansspruch  noch 
andere  ganz  ähnliche  gesellten.  Ol.  10,  57  beginnt  mit  dKpdSivo 
bieXuiV,  was  bedenken  erregt,  weil  in  den  entsprechenden  Strophen 
das  kolon  die  form  hat  .  j.  w  ^  w  . .  statt  nun  die  erste  silbe  von 
dKpöOiva  kurz  zu  messen  und  anzunehmen,  dasz  die  beginnende 
länge  des  kolon  in  unserer  dritten  epode  in  zwei  kürzen  aufgelöst 
sei,  miszt  Bergk  die  erste  silbe  lang  und  bemerkt  nun:  *spondeus  in 

principio  versus cum  in  hoc  carmine  idem  valeat  quod  .  w  ^ , 

poeta  substituit  semel  creticum.'  womöglich  noch  ungeheuerlicher 
ist,  was  wir  zu  Ol.  2,  76  lesen:  ^numeros  versus  qui  ezaequare  velit, 
poterit  äir^pTarov  cum  Byzantinis  magistris  pro  öirarov  scribere; 
equidem  nihil  novavi :  poeta  cum  in  reliquis  epodis  usus  sit  hoc  colo 

w  _  v/  w  ^ ^  ^1  hie  substituit  ^  ^  y^  ^^ ,^.  versiculi  figura 

variata,  non  numero  mutato.'  auch  die  tempora  inania  müssen  zur 
erklärung  jener  ganz  und  gar  unbegründeten  inaequalitas  numeri 
herhalten  in  Ol.  6  s.  83 :  ^videtur  poeta  tribushis  lods  versus  figuram 
variavisse  syllaba  brevi  subducta  et  longa  soluta,  hac  ipsa  solntione 

commode  significans  inaequalitatem :  nam  a  ^:.  C  ^^ hie  respondet 

legitimae  formae  w  ^  v^ •'   auch  die  möglichkeit  der  responsion 

eines  dactylus  und  eines  trochaeus  wird  uns  in  aussieht  gesteUt  zu 
Pyth.  4,  225:  ^neque  tamen  reticebo  itentidem  me  hanc  opinionem 

concepisse  Pindarum  passim  .  ^^  v^ loco  epitriti ,  qui  dici  solet, 

adhibnisse  responsionis  inaequalitate  admissa.' 

Ohe  iam  satis  est!  höre  ich  von  rechts  und  links  rufen,  und 
allerdings  können  diese  proben  genügen ,  um  in  der  perspective  zu 
sehen,  was  nicht  alles  die  weit  von  Bergks  Zukunftsmetrik  zu  er- 
warten hat. 

HANDSCHKIFTLICHES. 

Bekanntlich  hat  TyMommsen  das  verdienst  einen  auserwählten 
handschriftlichen  apparat  zur  texteskritik  Pindars  zusammengetragen 
zu  haben,  zwar  hatten  sohoQ  andere  vor  ihm,  und  hatte  insbesondere 
Böckh  zahlreiche  hss.  benutzt  und  innerhalb  derselben  zwischen  alten 
und  jungen,  unverfälschten  und  interpolierten  unterschieden,  aber 
Mommsen  gelang  es  vorzügliche  quellen,  die  den  früheren  heraus- 
gebem  entgangen  waren  —  ich  erinnere  nur  an  den  cod.  Ambrosia- 
nus A,  den  cod.  Vaticanus  B  und  den  cod.  Parisiensis  G  —  neu  an 


WCbriit:  XU  ThBergks  neuester  bearbeitang  des  Pindaros.         7 

dai  tag08licht  zn  ziehen,  und  Mommsen  hat  eine  solche  fülle  von  hss. 
vergiklicm  nnd  die  ooliationen  mit  solcher  akribie  und  gewissen- 
baftigkeii  wiedergegeben ,  dasz  es  jetzt  erst  möglich  wurde  das  ver- 
hiltiiis  der  TorscUedenen  hss.  zu  einander  zu  übersehen  und  die  hss. 
in  Tsncfaiedene  classen  einzuteilen,  jeder  freund  der  Pindarischen 
fflnse  und  jeder  heransgeber  Pindars  musz  dieses  hohe  verdienst 
Mommsens  dankbar  anerkennen,  und  ich  habe  nur  eine  pflicht  der 
dankbarkeit  geübt,  wenn  ich  in  der  praefatio  meiner  Pindarausgabe 
die  cnchlieaxong  der  besten  hss.  auf  Mommsen  zurfickf&hrte  und  von 
Sun  in  der  unterscheidang  der  hss.  ausgieng.  Bergk  hat  seine  neue 
iiMgabe  Mommsen  gewidmet,  und  es  ist  mir  daher  doppelt  schwer 
begrnflich,  wie  er  an  meinen  werten  über  Mommsens  yerdienst 
kemmmlkeln  mochte,  dasz  Mommsen  zuerst  ('primns  docuit 
BoeAhiuB ,  non  Monmisenus'  Bergk  s.  V)  die  alten  und  die  inter- 
polierten hss.  unterschieden  habe,  ist  von  mir  nicht  gesagt  worden, 
and  dasz  Bezgk,  weil  er  die  Codices  optimos  in  seiner  dritten  aus- 
gibe  ttodi  nicht  benutzte,  nicht  benutzen  konnte,  deshalb  'incuriosum 
Deliomm  anbaidiomm  fuisse',  davon  steht  ebenso  wenig  etwas  in 
Boner  anagmbe.  es  wird  doch  unsere  gelehrtenwelt  noch  nicht  von 
flokber  nerrositftt  ergriffen  sein ,  dasz  es  nicht  mehr  möglich  ist  den 
embdien  thatbestand  hinzustellen,  ohne  gefahr  zu  laufen  die  anklage 
böswilliger  beechnldigung  (*si  quis  me  incuset'  ebd.)  gegen  sich  er- 
beben tu  sehen! 

Aber  bei  aller  anerkennung  der  Verdienste  Mommsens  musz 
Bsa  doch  auf  der  andern  seite  bekennen,  dasz  dieser  endlose  apparat 
dff  HammMoaehen  ausgaben  einen  wahren  embarras  de  richesse  re- 
pffsentiert,  nnd  dasz  es  aufgäbe  der  künftigen  herausgeber  ist  die 
*misw  zn  verringern',  um  mit  Lehrs  zu  reden ,  und  eine  einfachere 
gnmdlage  dea  textea  zu  gewinnen,  das  musz  auf  zwiefachem  wege 
entnbt  werden:  einmal  gilt  es  sich  zum  bewustsein  zu  bringen,  in 
velcfaen  dingen  denn  die  hss.  eine  autoritftt  beanspruchen  können 
lud  in  welchen  hin?riederum  die  lesarten  der  hss.  von  nichts  weite- 
noi  als  von  der  Schulweisheit  der  grammatiker  zeugen;  sodann 
kommt  es  darauf  an  durch  eine  sorgflütige  abwSgung  des  wertes  der 
eiaadaeahaa.  herauszubringen,  welche  zur  zeugschaft  über  die  älteste 
Wxtetüberlieferung  genügen  und  welche  getrost  über  bord  geworfen 
werden  können,  dasz  in  dieser  beziehung  Bergks  dritte  ausgäbe  viel 
n  wflnsehen  übrig  lasse,  hatte  ich  in  meiner  praefatio  leise  ange- 
dflotei;  aaeh  darüber  zeigt  sich  Bergk,  gleichsam  als  ob  er  andern 
g»  akhta  mehr  zn  thun  übrig  gelassen  habe,  gewaltig  ungehalten; 
ich  ibcr  kann  nicht  blosz  nichts  zurücknehmen,  sondern  musz  den 
gWchea  vorwarf  auch  gegen  die  neue  vierte  bearbeitung  und  dieses 
■al  in  verachlrfter  form  aufrecht  halten. 

In  beeng  auf  die  frage,  inwieweit  den  lesarten  der  hss.  ein  auto- 
Biiftiver  wert  beizumessen  sei,  spielt  das  Verhältnis  der  alten  schrift, 
n  der  PSadar  seine  gedichte  schrieb,  zu  dem  neuen  ionischen  aipha- 
bet, in  welcbea  später  die  band  des  dichtere  umgesetzt  wurde,  eine 


8         WCbrist:  EU  ThBergks  neuester  bearbeitnng  des  Pindaros. 

wichtige  rolle,  ich  hatte  darüber  in  einem  aufsatze  'die  ftlteste  textes- 
ttberlieferang  des  Pindar'  im  Philologos  XXV  8.  607—636  gehan- 
delt, natürlich  nicht  mit  der  von  Bergk  s.  25  f.  mir  untergeschobenen 
Prätention,  damit  ein  Universalheilmittel  für  alle  fragen  der  Pindari- 
schen kritik  zu  bieten,  sondern  in  der  bescheidnem  absieht,  damit 
einen  kleinen  beitrag  zu  der  erkenntnis  des  wertes  der  hsl.  Über- 
lieferung in  einem  einzelnen  puncto  zu  liefern  und  so  eine  Verein- 
fachung des  kritischen  apparates  vorzubereiten.  Bergk  hat  mich  bei 
zwei  gelegenheiten  wegen  jener  abhandlung  abgekanzelt,  und,  wie 
ich  reuig  eingestehe,  nicht  ganz  mit  unrecht:  er  hat  nachgevriesen, 
dasz  schon  zuvor  von  Böckh  in  der  jetzt  in  den  5n  band  der  ge- 
sammelten kleinen  Schriften  unseres  altmeisters  aufgenommenen  ab- 
handlung 'über  die  kritische  behandlung  der  Pindarischen  gedichte' 
8.  290  ff.  dieser  punct  eingehend  erörtert  worden  ist ,  und  er  hat  an 
der  band  der  Inschriften  gezeigt,  dasz  Pindar  nicht  so  allgemein  den 
buchstab  E  für  den  diphthong  €i  gebraucht;  haben  kann,  aber 
nicht  mehr  beistimmen  kann  ich,  wenn  Bergk,  trotzdem  auch  er  für 
Pindar  ein  umschreiben  aus  der  alten  schrift  in  die  jüngere  annimt, 
einzelne  stehengebliebene  reste  der  alten  Schreibweise,  wie  japve^ 
statt  TGtpvciv  Ol.  1,  3,  KttKatöpoc  statt  KaxaTÖpouc  Ol.  1,  53  aus 
lauter  respect  vor  der  'auctoritas  antiquorum  exemplorum'  unange- 
tastet liesz.  denn  welche  Wahrscheinlichkeit  hat  es,  dasz  der  dichter 
ohne  metrische  nötigung  statt  der  sonst  allgemein  gebrauchten  accu- 
sativendung  -ouc  einmid  aus  besonderer  caprioe  die  kürzere  form  -oc 
gebraucht  haben  soll?  will  man  denn  nie  aufhören  lieber  den  autoren 
eine  Ungereimtheit  zuzutrauen  als  sich  von  der  aberglftubischen  Ver- 
ehrung der  alten  manuacripte  loszureiszen?  ein  gleich  hartnäckiges 
festhalten  an  der  frühem  meinung  verleitete  Bergk  die  erst  von  den 
byzantinischen  grammatikem  aufgebrachten  formen  bouXiac  Tinrioc 
€upev(()i  eöc€ß{ac  usw.  beizubehalten  und  den  von  Mommsenaus  den 
ftlteren  quellen  zurückgeführten  Schreibweisen  bouXe(acTinr€ioc€{>)i€- 
veiqi  €ÖC€ß€iac  die  aufnähme  zu  verweigem.  wenn  aber  Bergk  s.  38  f. 
zur  begrfindung  dieses  seines  widerspraches  auf  die  weltbekannte 
Verwechselung  von  I  und  El  in  jüngeren  inschriften  und  handschriften 
hinweist  und  für  diese  Verwechselung  ägyptische  papjri  citiert,  so 
streut  er  damit  sich  selbst,  um  nichts  schlimmeres  zu  sagen,  sand  in 
die  äugen,  denn  wie  anders  als  aus  der  alten  Schreibweise  6YMEN6A 
ITTTTEOC  usw.  ist  es  zu  erklären,  dasz  gerade  bei  diesen  Wörtern, 
nicht  aber  auch  bei  dem  dativen  i  und  der  neutralen  endung  i 
sich  in  den  ältesten  hss.  Pindars  €i  statt  des  vermeintlichen  i  ge- 
schrieben findet?  ich  hätte  noch  mehrere  einzelne  stellen  anzuführen, 
wo  sich  Bergk  in  der  kritischen  behandlung  irre  führen  liesz,  weil 
er  nicht  die  consequenzen  aus  dem  von  ihm  selbst  angenommenen 
principe  zog;  aber  ich  will  mit  solchem  detail  den  leser  nicht  er- 
müden \md  statt  dessen  nur  noch  darauf  hinweisen,  dasz  der  neueste 
herausgeber  dem  setzer  viele  mühe  erspart  hätte,  wenn  er  nach 
meinem  und  Mommsens  Vorgang  das  digamma  einfach  an  den  be- 


WChrist:  sa  ThBergks  neuester  bearbeitaag  des  Pindaros.  9 

• 

treffenden  stellen  in  den  tezt  gesetzt  bfttte,  statt  sich  über  dasselbe 
in  den  noten  weitlftufig  zu  expectorieren.  bei  einer  andern  gelegen* 
heit  ereifert  sich  Bergk  selbst  über  diejenigen  welche  nicht  ttber 
den  text  des  Aristarch  hinauszagehen  wagen ;  hier  zeigt  er  sich  in 
dem  banne  derselben  engherzigkeit  befangen. 

Bezüglich  der  answahl  der  hss.  hatte  ich  in  meiner  ausgäbe  be- 
merkt :  *Bergkias  Codices  neque  optimos  neqne  subtiliter  ponderatos 
adhibnit.'  auch  diese  worte  erregten  den  zom  Bergks,  und  doch 
kann  jeder,  der  von  diplomatischer  kritik  nur  die  elemente  versteht 
und  sich  einmal  mit  der  Ordnung  eines  kritischen  apparates  abge- 
geben hat,  auch  bei  flüchtiger  betrachtung  sich  von  der  richtigkeit 
meines  urteils  selbst  der  neuesten  arbeit  Bergks  gegenüber  über- 
zeugen, dasz  er  nicht  auf  grund  der  besten  hss.  den  text  in  der 
dritten  ausgäbe  constituierte ,  habe  ich  bereits  oben  angedeutet;  es 
war  dieses  eben  für  ihn  unmöglich,  weil  erst  spSter  durch  Mommsen 
die  besten  hss.  bekannt  wurden,  dasz  er  aber  auch  in  der  neuesten 
ausgäbe  den  wert  der  einzelnen  hss.  nicht  sorgfältig  abgewogen  hat, 
das  zu  erkennen  genügt  ein  blick  in  die  einleitung  s.  34 — 37  und 
44 — 46.  Bergk  begnügt  sich  damit,  die  besseren  hss.  von  A  bis  A 
einfach  aufzuzfthlen ;  ohne  irgendwie  zwischen  hss.  des  zwölften  und 
fünfzehnten  jh.  zu  unterscheiden,  ja  ohne  es  auch  nur  der  mühe  wert 
zu  halten,  über  das  alter  wenigstens  der  besten  hss.  eine  bemerkung 
zu  machen,  da  so  nicht  einmal  die  äuszerliohsten  merkmale  der  hss. 
angegeben  sind ,  so  wird  man  sich  nicht  wundem ,  wenn  von  einer 
Classification  derselben  nichts  zu  finden  ist ;  aber  bezeichnend  ist  es 
für  den  wissenschaftlichen  standpunct  des  herausgebers,  wenn  er 
8.  36  in  einer  note  bemerkt:  ^codicum  veterum  stirpes  persequi  et 
illustrare,  quamvis  non  infructuosum  sit,  neque  huius  est  loci  neque 
hominis  negotiosi.'  aber  wenn  dem  vielbeschäftigten  manne  auch 
nicht  die  musze  vergönnt  war  die  ganze  Untersuchung  von  vorn  auf* 
zunehmen,  so  hätte  er  sich  doch  wenigstens  die  mühe  nehmen  können, 
die  resultate  der  forschungen  seines  freundes  Mommsen  zu  prüfen 
und  für  seine  ausgäbe  zu  verwerten,  so  ist  der  kritische  apparat  der 
neuesten  ausgäbe  Bergks,  in  dem  hss.  des  zwölften  und  fünfzehnten 
jh.  als  gleichwertig  nebeneinander  stehen,  ganz  unbrauchbar  und  nur 
geeignet  diejenigen,  welche  keine  tieferen  Studien  in  der  kritik  Pin- 
dars  gemacht  haben,  in  die  irre  zu  führen,  die  hss.  des  Triklinios 
und  Moschopulos  zwar  hat  Bergk  von  den  anderen  ausgeschieden, 
aber  im  übrigen  steht  er  ganz  auf  dem  veralteten  standpunct  jener, 
welche  die  hss.  zählen  statt  sie  zu  wägen. 

Wenn  ich  indes  oben  die  benutzung  der  forschungen  Mommsens 
vermiszte,  so  soll  damit  nicht  gesagt  sein,  dasz  man  sich  bei  den- 
selben schon  beruhigen  dürfe,  nein,  durch  eine  genauere  Unter- 
suchung kann  der  apparat  noch  ganz  wesentlich  vereinfacht  werden, 
und  es  wäre  eine  würdige  aufgäbe  für  einen  jungen  philologen ,  die 
Sache  aufs  kom  zu  nehmen  und  einer  sichern  entscheidung  zuzu- 
führen,  freilich  wird  er  sich  bei  der  Untersuchung  nicht  ganz  auf 


10       WChrist:  EU  ThBergks  neneater  bearbeitung  des  Pindaros. 

MommsenB  angaben  verlassen  können :  denn  einigemal  scheint  der- 
selbe die  siglen  £  and  F  verwechselt  zu  haben,  nnd  Öfter  hat  er 
selber  angedeutet  dasz  er  ftlr  die  richtigkeit  seiner  angaben  nicht 
einstehen  könne,  ich  habe  mir  zum  behaf  der  revision  meiner  kleinen 
teztesausgabe  den  notwendigsten  apparat  zusammengedtellt  and  bin 
dabei  za  der  fiberzeugnng  gekommen,  dasz  man  mit  C  (cod.  Parisien- 
sis),  A  (cod.  Ambrosianas),  B  (cod.  Vaticanas)  and  D  (cod.  Medioeas) 
ausreicht,  and  dasz  an  den  wenigen  stellen,  wo  die  nftchstbesten  hss. 
£  (cod.  Mediceos,  vgl*  Pjth.  4,  79),  F  (cod.  Mediceas,  vgl.  inscr. 
01.9),  P  (cod.  Palatinus,  vgl.  Pjth.  4, 195  und  235.  9,  38  und  113. 
10,  27),  0  (cod.  Gottingensis,  vgl.  P.  9,  113)  und  V  (cod.  Parisien- 
siSy  vgl.  P.  9,  6.  N.  3,  39)  eine  gute  lesart  bieten,  die  in  den  ältesten 

äueUen  nicht  bezeugt  ist,  der  verdacht  nahe  liegt,  dasz  dieselbe 
en  schollen  oder  dem  köpfe  eines  grammatikers  ihren  Ursprung 
verdanke. 

KRITISCHES. 

Wir  kommen  zu  dem  gebiete,  in  dem  anerkanntermaszen  die 
etftrke  Bergks  beruht,  zur  conjecturalkritik.  die  liebenswürdigen 
epitheta,  mit  denen  mich  Bergk  beehrt  hat,  sollen  mich  nicht  hindern 
offen  die  glänzenden  beweise  des  Scharfsinns  anzuerkennen,  mit  denen 
derselbe  auch  in  dieser  neuesten  ausgäbe  die  kritik  und  das  Verständ- 
nis des  groszen  dichters  gefördert  hat.  da  schon  so  viele  gelehrte 
ersten  ranges  sich  mit  der  Verbesserung  und  erklftrung  des  schwie- 
rigen autors  beschäftigt  haben  und  in  neuester  zeit  keine  neuen  hilfs- 
mittel  von  erheblicher  bedeutung  hinzugekommen  sind^  so  musz  man 
geradezu  staunen ,  wie  nichtsdestoweniger  die  von  mir  stets  neidlos 
anerkannte  'summa  ingenii  felidtas  Bergkii'  ein  halbes  dutzend 
neuer  emendationes  palmariae  und  ein  paar  dutzend  glücklicher  ein- 
falle in  dieser  neuesten  bearbeitung  zu  bieten  im  stände  war.  da' 
ich  aber  dieses  mal  keine  neigung  habe  einen  panegyricos  zu  schrei* 
ben,  vielmehr  mich  dem  Vorwurf  der  *obtrectatio'  gegenüber  zunächst 
meiner  ehrlichen  haut  wehren  musz,  so  wollen  wir  doch  auch  die 
Schattenseiten  der  kritischen  methode  Bergks  ein  wenig  an  das  licht 
ziehen,  es  sind  aber  drei  dinge,  denen  eine  besonnene  forschung  ost- 
gegentreten  musz:  einmal  dasz  Bergk  auch  da,  wo  ein  ein&cher  weg 
der  emendation  offen  liegt  und  bereits  gefunden  ist,  sich  in  dem 
auskramen  neuer  fiadenscheiniger  Vermutungen  gefällt,  sodann  dasz 
er  viel  zu  rasch  bei  der  band  ist  irgend  einen  blendenden  einfall  in 
den  text  aufzunehmen,  endlich  dasz  er  neben  einigen  glücklichen 
emendationen  eine  ungleich  gröszere  zahl  schlechter  und  verkehrter 
coi^jecturen  gemacht  hat.  damit  aber  Bergk  nicht  wiederum  sage: 
*8olet  Christius  ex  aliorum  obtrectatione  sibi  laudem  parere ,  nihil 
eurans,  verene  an  falso  sodos  operis  culpet',  so  will  ich  das  gesagte 
an  ein  paar  einleuchtenden  beispielen  erläutern. 

Ol.  1 ,  40  ist  überliefert :  ckb*  dvria  npoT^puiv  «pO^T^OMai .  . 
TOT '  'AtXaoTpiaivav  dtpirdtcai  öa^^vra  qpp^vac  Ifi^pui  xpuc^atciv  dv ' 


WCliritt:  2U  ThBergkB  neuester  bearbeitung  des  Pindaros.        II 

tTTirotc  SiroTOV  cupuriMOu  ttotI  ödifia  Aiöc  MCTaßäcai.  an  der  rieh- 
tigkeit  der  überlieferten  worte  braucht  man  nicht  ganz  zu  verzwei- 
f^ ,  wenn  man  nur  den  zweiten  infinitiT  von  dem  ersten  abhttngig 
sein  Iftszt  und  dann  ttbersetzt:  *der  dreizackführer  Poseidon  hat  den 
knaben  geraubt^  um  ihn  zum  hohen  hause  des  2ieus  hinttberzuführen:' 
hSlt  man  aber  diese  construction  fOr  zu  hart,  so  ist  das  einfachste 
mittel  der  emendation,  mit  ßchmid  ein  T€  einzuschieben  und  zu 
sehreiben  xpuc^aici  t  '  äv'  Tiriroic.  fUr  einen  kritiker  ohne  Schrullen 
und  Yorurteil  besteht  nur  die  auswahl  Z¥rischen  diesen  beiden  wegen, 
was  thut  aber  Bergk?  er  schreibt:  *mihi  vero  pro  peraßäcai  potius 
^eroßdcavT"  vel  etiam  peraßdcaic  videtur  scribendum  esse,  ut  poeta 
anacoluthia  usus  nominandi  casum  post  accusativum  intulerit.'  also 
um  ja  nicht  den  einfachen  weg  zu  gehen,  mutet  Bergk  dem  dichter 
zu  entweder  einen  unerhörten  yerstosz  gegen  die  sprachliche  richtig- 
keit  begangen  zu  haben,  oder  von  den  metrischen  gesetzen  abge- 
wichen zu  sein,  denn  dasz  sich  Pindar  am  ende  eines  verses  einen 
^ostroph  erlaubt  habe,  ist  mindestens  so  zweifelhaft,  dasz  man  nicht 
die  zweifelhaften  flftUe  durch  eine  schlechte  conjectur  vermehren  darf. 

Ol.  13,  99:  die  zahlreichen  siege  der  Oligaithiden  in  Nemea 
und  auf  dem  Isthmos  faszt  der  dichter  mit  den  werten  zusammen : 
dXaO/jc  T^  fioi  ßopKOC  iiticcerai  äTiKOvrdKi  öf|  ä^cpoT^puiOev 
dbiir^UKCOC  ßod  KdptiKOC  ickov.  an  dem  worte  ^opKOC  nahmen 
schon  die  alten  anstosz,  wie  uns  der  scholiast  mit  den  werten  be- 
sangt: ibiuic  fqpii  HopKOC  f|  dvTtopKOC.  ktthner  waren  die  neueren, 
Ton  denen  Härtung  dvOöpKioc  fccerai,  Bossler  €uöpKt(j  ^Tr^ccerai 
vorschlug,  beide  conjecturen  geben  einen  erträglichen  sinn,  ent- 
fernen sich  aber  zu  weit  von  den  schriftzeichen  der  hss.  diesen  fehler 
hat  mit  ihnen  der  verschlag  Bergks  gemein ,  ohne  ihre  Vorzüge  zu 
teilen:  denn  was  das  von  B.  sogar  in  den  text  aufgenommene  elc 
6pK0C  £iT^cc€Tai  bedeuten  soll,  wird  nicht  leicht  einer  errathen, 
selbst  wenn  er  die  erklärende  bemerkung  des  hg.  «öpKOC  hie  testis 
est  iuris  iurandi»  gelesen  hat.  ich  glaube  dasz  hier  die  band  des 
dichtere  einfach  durch  die  änderung  des  Spiritus  herzustellen  ist,  in- 
dem SopKOC  ßod  nach  der  analogie  von  sexcenti  so  viel  bedeutet  wie 
'ein  durch  viele  eide  bekräftigter  ausruf ;  denn  auch  das  nachfolgende 
iBr\KOVT&K\  ist  sicher  nicht  im  wörtlichen  sinne  zu  nehmen ,  sondern 
deutet  nur  an ,  dasz  sehr  oft  die  stimme  des  heroldes  in  Nemea  und 
auf  dem  Isthmos  den  sieg  der  Oligaithiden  verktlndet  hat. 

Pyth.  5, 34  heiszt  es  von  den  des^  gotte  geweihten  wagenteilen 
des  Siegers  Arkesilas:  dXXd  Kp^^aTQi  öiröca  x^pi^^pdv  t€ktövu)V 
baibaX*  drujv  Kpicmov  Xöqpov  diiieiipev  iv  KOiXÖTreöov  vdiroc  BeoO. 
die  worte  sind,  wie  vieles  in  dieser  dunklen  ode,  auf  schrauben  ge- 
stellt, geben  aber  doch  einen  verständlichen  sinn,  wenn  man,  wie 
bisher  so  viel  ich  sehe  alle  gethan,  ^v  KOiXöirebov  vdiroc  OeoG  mit 
d^€i^i€V  verbindet :  der  wagenlenker  war  an  dem  hügel  von  Krisa 
vorbei  in  die  thalebene  und  rennbahn  des  gottes  gezogen.  Bergks 
einfall  iv  vdiroc  mit  xp^^arai  zu  verbinden  und  demnach  das  über- 


12       WCbrist:  zu  ThBergks  neuester  bearbeitung  des  PindaroB. 

lieferte  6€oC  in  Oeifi  za  oorrigieren  ist  von  vom  herein  unglücklich, 
aber  bodenlos  ist  der  versnch  die  neue  constmction  Kp^^orrai  dv 
vdTroc  durch  den  hinweis  auf  Herod.  V  77  t&c  b€  ndbac  aönliv 
dvCKp^fiacav  ic  Tf|V  dKpöiroXiv  zu  yerteidigen,  als  ob  das  active 
dvCKp^^acav  identisch  sei  mit  dem  intransitiven  Kp^^aTat,  oder  als 
ob  bei  Pindar  nicht  blosz  iv  für  tc  stehe,  sondern  auch  in  der  be- 
deutung  von  ic  mit  dem  accusativ  constraiert  werde,  aber  in  der 
behandlung  der  ganzen  ode  hatte  Bergk  einen  bösen  stem,  ^irie  gleich 
die  nftchsten  verse  zeigen,  deren  verballhomung  der  leser  bei  ihm 
selber  nachsehen  möge. 

Pyth.  9,  123  lesen  wir  jetzt  bei  Bergk  am  Schlüsse  des  sieges- 
liedes  nach  der  erzfthlung  vom  siege  des  Aleiidamos  bei  den  liby- 
schen nomaden : 

iToXXä  ^iv  K€(vqj  Mkov 
<puXX'  im  Ktti  cT€<pävouc* 
iToXXd  bt.  TTpöcBev  irTcpa  b&axo  Nixac. 
als  ich  den  satz  in  dieser  form  las ,  stiesz  ich  mich  sofort  an  dem 
pronomen  xcivui,  da  mit  ihm  der  doch  deutlich  durch  ixky  .  .  bi  von 
dem  dichter  angedeutete  gegensatz  völlig  verwischt  schien,  ich  sehe 
in  die  noten  und  finde  dort  mein  altes  KCivoi  als  lesart  der  besten 
hss.  wieder,  ich  schlage  in  den  scholien  nach,  um  zu  sehen,  ob  denn 
der  einfache  gedanke  'jene  Libyer  haben  ihm  krftnze  zugeworfen, 
und  oft  schon  zuvor  wurde  er  bei  anderen  siegen  bekrftnzt'  etwa  von 
den  alten  grammatikem  verkannt  worden  sei.  aber  bei  dem  alten 
paraphrasten  heiszt  es  ganz  richtig:  iroXXd  bk <puXXa  Kai CTe<pdvouc 
o\  TTcpl  atirröv  dcTuiTec  fppmTov ,  iroXXd  bk  Trrepd  vfaciic  Ka\  rrpö 
TOö  dtilivoc  £Xa߀,  tout^cti  itoXXouc  kqI  dXXouc  dTfXivac  £v(icnc6. 
auch  die  neueren  hgg.  und  erklftrer  fassen  sämtlich,  soviel  ich  über- 
sehen kann,  die  sache  richtig,  Bergk  scheint  also  ganz  proprio  Harte 
das  überlieiferte  K€ivoi  ausgestochen  zu  haben. 

Nem.  7, 37  Kkovto  b'  eic  'EqpOpav  itXaTXO^vrec  ist  durch  einen 
metrischen  fehler  entstellt,  da  das  versmasz  am  schlösse  einen  bac- 
chius  verlangt.  Bergk  hatte  deshalb  in  den  früheren  ausgaben  die 
Verbesserung  TrXdviiT€C  vorgeschlagen,  und  da  so  leicht  das  über- 
lieferte irXoTXOdvTCC  als  glosse  zu  dem  ursprünglichen  TrXdvt)T€C  in 
den  tezt  gerathen  konnte,  so  habe  ich  kein  bedenken  getragen  jenes 
irXdvTiTec  in  meiner  ausgäbe  wiederherzustellen,  aber  die  kritik 
darf  nicht  zur  ruhe  kommen,  wenn  dabei  auch  das  wahrschein- 
lichere von  dem  minder  wahrscheinlichen  verdrSngt  wird,  und 
Bergk  schrieb  daher  in  der  neuesten  ausgäbe  Tkovto  b'  eic  'Cq)öpav 
nXdvaiciv. 

Isthm.  4, 51  (3,  69)  wird  von  dem  sieger  im  pankration  Melissos 
gerühmt : 

dXX*  övoTöc  fi^v  ib^cOai, 
cuMireceiv  b '  dx^^  (aixM^  hss.)  ßapuc. 
ich  führe  diese  stelle  an,  weil  hier  allgemein  eine  gefällige  Ver- 
mutung Pauws  die  überlieferte  lesart  der  hss.  verdrängt  hat.    und 


WChmt:  zu  ThBexgks  neuester  bearbeitung  des  Pindaros.       13 

doch  wttrde  ich  in  einer  neuen  ausgäbe  jenes  dK^ql  nicht  mehr  in  den 
text  aufiiehmen,  nachdem  ich  erkannt  habe  dasz  Aischylos  Agam. 
483  TuvaiKÖc  aixMqi  irp^Trei  das  überlieferte  aixpi&  in  ganz  ähnlicher 
weise  Ton  dem  jSJien  dreinfahren  einer  mutigen  seele  gebraucht  hat. 
Nem*  7,  20  schrieb  ich  nach  einer  treffenden  emendation  Wie- 
selers: d(pv€Öc  irevixpöc  t€  OavdTOu  irepac  fi^a  (irapd  cfi^a  hss.) 
V^OVTCn.  die  änderung  ist  eine  anszerordentlich  leichte,  da  bei  der 
aaflOsung  der  scriptura  conünua  TT6PACAMA  nur  das  C  fälschlich 
mm  folgenden  werte  herübergezogen  zu  werden  brauchte,  um  dann 
die  weitere  änderung  des  sinnlosen  ir^pa  in  irapd  zu  veranlassen. 
Bergk  findet  hier  ein  zeugnis  für  die  alte  form  cdfua  »»  djna  und 
sehreibt  dann  mit  weit  gewaltsamerer  änderung  OavdTOU  iröpov 
cd^a  v^ovrm.  also  das  d^a,  welches  ebenso  wie  alle  seine  derivata 
bereits  bei  Homer  jede  spur  seines  anlautenden  c  verloren  hatte,  soll 
bei  dem  Boioter  Pindaros  wieder  zu  seinem  Zischlaute  gekommen  sein ! 
welche  sprachliche  Ungeheuerlichkeit  steckt  in  dieser  hypothese 
gegenüber  der  thatsache,  dasz  die  anlautende  sibilans  schon  vor  der 
seheidung  des  griechischen  in  seine  dialekte  in  einen  bloszen  hauch 
sich  verflüchtigt  hat!  eine  solche  erscheinung  kann  doch  nicht  ganz 
aUein  stehen,  jenes  boiotische  cd^a  müste  doch  seine  analogien 
haben,  doch  halt !  Bergk  führt  ja  ein  analogen  an  mit  den  werten 
'cf.  Hesych.  Ca^ivd,  Oainivd,  cuvextüC  AdKUJV€C.'  also  weil  die 
Lakonen,  welche  bekanntlich  regehnäszig  die  aspirata  8  in  die 
Spirans  c  verflüchtigten,  cafnivd  für  Oa^ivd  sagten,  darum  ist  es  er- 
laubt, dem  Pindar  ein  cdfua  zuzuschreiben  und  dieses  für  die  ältere 
form  zu  erklären,  aus  der  6d)bia  und  &\ia  entstanden  isti  hinweg 
mit  diesen  nugae  hariolorum ! 

Ich  hätte  auszer  dem  metrischen,  bandschriftlichen,  kritischen 
noch  gar  manches  zu  besprechen,  namentlich  auch  noch  über  die 
Chronologie  der  Pindarischen  öden  mit  Bergk  zu  rechten ;  aber  ich 
übergehe  dieses  für  dieses  mal,  um  scblieszlich  noch  eine  ebrenseite 
in  unserm  litterarischen  kämpfe  zu  berühren.  Bergk  beklagt  sich 
bei  jeder  gelegenheit  über  die  anfeindungen,  welche  sich  die  pbilo- 
logen  gegen  ihn  erlaubten;  aber  für  sich  nimt  er  bekanntlich  das 
recht  in  anspruch,  streng  über  die  fehler  anderer  zu  geriebt  zu  sitzen 
und  bald  über  diesen  bald  über  jenen  herzufallen,  gut:  das  recht 
soll  er  haben;  es  kommt  damit  leben  in  die  philologische  forschung; 
aber  hüten  soll  er  sich  seine  gedanken  so  auszudrücken,  dasz  der 
pfeil  gegen  seine  eigene  brüst  zurückschnellt.  Ol.  6,  97  lasen  bisher 
alle  hgg.  anstandslos  XOpai  jLioXiTai  re  TiVüüCKOVTi ,  ohne  zu  ahnen 
dasz  die  alten  grammatiker,  deren  zeugnis  älter  als  das  unserer  hss. 
ist,  etwas  anderes  lasen,  erst  Lebrs  Tindarscholien'  s.  10  hat  ge- 
sehen dasz  der  alte  parapbrast  irvoai  las,  wenn  er  auch  irrig  eine 
spur  jenes  Tivoai  in  der  Variante  des  cod.  G  TToXXat  statt  jUcXirai  er- 
blickte. Bergk  erkannte  richtiger  in  rrvoat  eine  Variante  zu  XOpai, 
und  spricht  nun  so,  als  ob  er  erst  jene  lesart  aus  den  scholien  eruiert 


14       WChrist:  zu  TfaBergks  neuester  bearbeitang  des  Pindaros. 

habe,  während  Lehrs^  dem  doch  der  löwenanieü  gebohrte,  statt  der 
rühmenden  erwfthnung  einen  scharfen  verweis  erbftlt.  Pyth,  6,  50 
sachte  ich  die  stark  verderbte  fiberlieferang  öpYCxTc  irdcaic  öc 
iTnreCav  &obov  durch  die  conjectur  öpT^c  6c  lirireiäv  ^cöbuiv  zu 
heilen.  Bergk  erwähnt  dieselbe,  fügt  aber  hinzn :  'qaod  iam  antea 
MSchmidt  proposuit.'  das  sieht  aus,  als  ob  ich  mir  fremdes  eigen- 
tum  angeeignet  habe;  aber  das  buch  von  MSchmidt  ist  in  demselben 
jähre  wie  meine  ausgäbe  erschienen  und,  wie  die  gepflogenen  recher- 
chen  nachweisen,  mehrere  wochen  später  hier  eingetroffen,  ich  ver- 
bitte mir  daher  solche  ehrenrührige  Verdächtigungen.  Isthm,  4,  36 
hatte  ich  in  meiner  ausgäbe  geschrieben  )üiO)biq>dv  ^x^v  (ix€i  vulgo) 
iraibecciv  *£XXdvuiv,  Bergk  bessert  weiter  Ix'  ^v  iraib€cci,  ohne 
seinen  Vorgänger  der  erwähnung  wert  zu  halten.-  zu  Nem.  7,  90  ff. 
Iv  Tiv  K*  tdikoi .  .  6ÖTUXUIC  vai€iv  TTaTpl  CuiT^viic  äToXöv  dfA<p^- 
TTuiv  6u)bi6v  trpOTÖvuJV  iuicrrj^ova  2Ia6^av  dtuiäv  lautet  die  alte 
Periphrase:  ö  CuiT^vric  €iiTUXtüC  ßoiiXoiTO  bia2[f)v  Tf|v  biicafav  toO 
naTp6c  auTOÖ  Oepatreuuiv  Miuxf|v  xal  rdiv  irpOTÖvuAf  Tf)V  bcictv  ical 
irXouciav  öböv,  dirö  koivoO  dMq>^iTUJV.  daraus  hatte  ich,  was  andern 
entgangen  war,  geschlossen,  dasz  dem  scholiasten  ein  t€  nach  trpo- 
TÖVUJV  müsse  vorgelegen  haben,  und  demnach  in  meiner  ausgäbe  ge- 
schrieben: *npoTÖvu)V  t'  scholiasta  legisse  videtur.'  Bergk  schreibt, 
ohne  meiner  zu  gedenken,  mit  einem  ein  wenig  verschiedenen  Wort- 
laut: *paraphr.  irpOTÖvuJV  t*  videtur  repperisse.'  nun  ist  es  ja  sehr 
leicht  möglich,  dasz  Bergk  bei  wiederholter  prüfang  auf  denselben 
gedanken  wie  ich  gekommen  ist,  aber  sonst,  wenn  er  auf  dasjenige, 
was  ein  anderer  vor  ihm  aufgestellt  hatte,  später  selbst  gestossen 
ist,  pflegt  er  doch  wenigstens  anzumerken:  'mihi  quoque  in  mentem 
venit.'  nach  meinem  und  anderer  leute  geschmack  ist  zwar  jener 
selbstgefällige  zusatz  höchst  überflüssig;  aber  jedenfalls  kann  man 
von  dem ,  der  andern  so  scharf  auf  die  finger  sieht ,  verlangen  dass 
auch  er  in  seinen  angaben  genau  und  vollständig  sei.  hätte  übrigens 
Bergk  mir  nur  die  berechtigung  abgesprochen  im  Pindar  und  in 
deiyenigen  gebieten,  die  er  in  erbpacht  genommen  hat,  ein  wort 
mitzureden,  so  hätte  ich  geschwiegen  und  getrost  unbeteiligten 
dritten  das  urteil  überlassen;  so  aber,  da  er  mir  den  Vorwurf  der 
^malevola  obtrectatio'  und  'levitas'  entgegengeschleudert  hat,  sah 
ich  mich  genötigt  selbst  in  die  schranken  zu  treten  und  rückhaltlos 
die  irrwege  und  Prätentionen  des  lammfrommen  'socius  operis'  anf* 
znzeichnen. 

MOnohen.  Wilhelm  Christ. 


ADOnng:  xn  Horatias  und  Platon.  15 

ZU  HOEATIUS  UND  PLATON. 


Die  aatitliese  nom  avium  ardarprava  tu^en^tMiii,  nan  vcUtu  in- 
äamüs  ijframm  bei  Horaüua  am».  IQ  8,  2  f.  soheint  bisher  noch 
knea  imter  den  aaelegem  erheblich  beanmhigt  zu  haben,  und 
doch  ist  ne  in  dem  einen  wie  in  dem  andern  ihrer  teile  für  den 
fiehter  des  Angnetiachen  Zeitalters  befremdlich  und  unerklftrlich, 
vsnn  wir  ▼oranssetaen  wollten ,  dasz  es  sich  hier  um  eine  selbstftn- 
diga  gedAnkeneneogiing  ans  ^em  gosz,  und  nicht  vielmehr  um  die 
nesaikariige  Terwendnng  von  anspielungen  handelte^  die  dem 
fin^gabüdeten  leser  jener  seit,  als  in  dem  allgemeinen  be wustsein 
dar  gebildeten  g^genwirtig,  ohne  weiteres  als  solche  kenntlich  ge- 
wsM  wftre.  auf  diese  seite  der  Horaaischen  dichtung«  auf  die  er 
aslbat  in  der  Teigleiohung  mit  der  matinischen  biene  so  deutlich  hin- 
weist, wird  die  aoslegnng,  die  ab.  die  Tortreffliche,  durch  Ecksteins 
▼frdienat  uns  ingSnglich  gemachte  arbeit  Ton  Theodor  Arnold  *über 
die  grieduschen  stndien  des  Horaz'  (Halle  1855.  56)  wol  kaum  ge- 
■fignid  beaehtet  und  ausgebeutet  hat,  noch  viel  mehr  ihr  augenmerk 
nddeii  mflsaen. 

Im  Torliegenden  fidle  Iftszt  uns  aber  auch  Arnold,  trotz  seines 
sbeebsitts  Aber  Hör.  Studium  des  Platon  (ao.  abt  11  s.  28  ff.),  völlig 
xm.  stidi.  und  doch  ist  es  eine  der  bekanntesten,  berühmtesten  stel- 
ka  der  auf  schulen  am  meisten  gelesenen  Platonischen  schrift,  die 
bar  dem  dichter  vorgeschwebt  hat 

Im  20n  capitel  der  apologie  will  Sokrates  seinen  richtem 
aas  tbataaehen  und  eigenen  erlebnissen  die  Überzeugung  beibringen, 
dMs  er  niemala  irgend  jemandem  geffen  das  recht  aus  todesfurcht 
sich  aaehgibig  zeigen  wflrde,  dasz  aber  eben  diese  unnachgibig- 
kcit  bei  der  beieiligang  am  öffentlichen  leben  ihm  notwendig  den 
mtefgaag  bereiten  müsse,  den  zweiten  teil  dieses  satzes  konnte  Hör. 
Uv  sieht  branchea;  der  erste  entspricht  genau  dem  vir  iuatua  ei 
ttnaxpropoBttL 

Zorn  beweise  erzfthlt  er  znnftchst  die  geschichte  von  seiner  pry- 
taaie  bei  den  process  der  Arginusenfeldhemi,  wo,  wie  er  sagt,  er 
aDaiB  von  den  prytaaen  der  volksversamlung  widersprach,  sie  solle 
aichta  gegen  daa  gesets  thun,  und  obschon  die  redner  bereit  waren 
ihn  antnklagen  und  zu  verhaften  und  die  menge  dies  mit  geschrei 
tederte  (ttd  ä^uiv  xeXcuövTuiv  %a\  ßodiVTuiv  —  dvium  ardarprava 
i),  meinte,  lieber  im  einklang  mit  gesetz  und  recht  sidi  der 
gebhr  aussetzen  zu  müssen,  als  aas  furcht  vor  gefangen- 
Mhaft  oder  tod  es  mit  dem  ungerechtes  beechliessenden  volke  zu 

*Dies  war,' fUirt  er  fort  *aLs  die  Stadt  noch  die  demokratische 

hatte;  als  aber  die  Oligarchie  eingerichtet  wurde,  da 

die  dreiazig  (der  ausdruck  tdreissig  tyrannen»  war  zu 


16  ERobde:  zum  giiechiBcben  roman. 

Piatons  zeit  noch  nicht  üblich ,  wol  aber  zu  Hon  zeit)  mich  holen' 
usw.  er  sollte  mit  vier  andern  die  polizei  spielen  und  in  Salamis 
den  Leon  yerhaften,  damit  derselbe  hingerichtet  würde,  er  habe  in 
diesem  falle  durch  die  that  gezeigt,  dasz  er  sich;  aus  dem  tode 
auch  nicht  so  viel  mache,  daraus  aber,  nichts  ungerechtes 
und  gewissenloses  zu  thun,  alles,  die  vier  giengen  hin  und 
brachten  den  Leon,  Sokrates  aber  gieng  von  dannen  nach  hause: 
non  vciUus  instantis  i^anni  meiüe  quatU  soUda. 

Ich  glaube,  durch  vorstehendes  ist  die  antithese  unserer  strophe 
sowol  in  ihren  beiden  teilen  als  auch  in  der  Zusammenfassung  der- 
selben zu  einer  einheit,  die  eben  unser  capitel  vollzieht,  völlig  be- 
friedigend erklärt,  zugleich  musz  uns  eine  der  berühmtesten  stellen 
der  Horazischen  dichtung  durch  diese  unerwartete  geschichtliehe 
besiehung  ein  ganz  neues  licht  gewinnen;  sie  musz  uns  doppelt 
theuer  werden ,  nachdem  sich  als  ihr  vorbild  Sokrates  erwiesen  hat 
und  nachdem  wir  sie  erkannt  haben  als  ein  leuchtendes  ehrendenk- 
mal  ftlr  den  reinsten  Charakter  des  dassischen  altertums. 

Dortmund.  August  Döring. 


3. 

ZUM  GRIECHISCHEN  ROMAN. 


I.  Was  über  die  persönlidien  Verhältnisse  des  romansohreibers 
lamblichos  FRühl  in  diesen  jahrb.  1878  s.  317  ff.  vorgetragen  hat, 
kann  ich  mir  leider  nicht  aneign^.  ich  setze  den  stand  der  frage 
nach  Bühls  und  meinen  eignen  (gr.  roman  s.  362)  erOrterungen  als 
bekannt  voraus  und  bezeichne  nur  kurz  die  puncto,  in  deinen  ich 
durch  Rühl  nicht  überzeugt  worden  bin.  1)  auch  wenn  des  Suidas 
diTÖ  botiXuiv  f\y  bedeutet  'ex  Servitute  manumissus,  libertus  erat', 
so  liegt  darin  noch  nicht  dasz  lamblichos  erst  im  kriege  zum  sklaven 
gemacht  worden  sei;  die  werte  können  ebensowol  ausdrücken  dasz 
er  von  geburt  sklave  gewesen  sei.  2)  dasz  lamblichos  'eine  zeit 
lang  in  Sklaverei  verfallen  sei',  vermag  ich  aus  den  werten  des 
scholioos  zu  Photios  alxjiiaXumc6f)vai  b^  töv  BapuXibviov  .  .  kqI 
irpaOfivai  Ctipov  t&nö  ruiv  Xaq>upoiTUiXiiiv  nicht  herauszulesen.  Bflhl 
versteht  unter  dem  COpoc  den  lamblichos  selbst  aber  es  lag  kein 
grund  vor,  den  lamblichos  gleich  dem  Babylonier,  dessen  name 
nicht  genannt  war,  nur  nach  seinem  vaterlande  zu  bezeichnen;  es 
vrird  auch  nicht  möglich  sein,  wenn  zwischen  dem  Babylonier 
und  dem  cTvai  bi  toutov  des  nächsten  satzes  ein  anderer  als  der 
Babylonier  genannt  war,  dieses  toötov  (wie  doch  sachlich  notwen- 
dig ist)  auf  den  Babylonier  zu  beziehen,  vor  allem  aber  ist  es  gram- 
matisch  schwerlich  zulässig,  den  ganz  bestimmten  Syrer  lamblichos 
mit  einem  solchen  Cupov  ohne  artikel  zu  bezeichnen,  der  verfissaer 
des  scholion,  der  ja  sonst  ganz  leidlieh  sich  ausdrückt,  hätte  min- 


ERohde:  zum  griechischen  roman.  17 

dnlens  aagen  mflssen:  Trpa6f)vai  bt  (Kai)  töv  Cupov.  denn  wie 
laln  aoefa  das  kqi  trpaOfivai  wftre,  leuchtet  ein.  3)  mit  der  aussage 
dcsPhotioB  (8.  75^,  27)  X^T€i  bk  kqI  dauTÖv  BoßuXuiviov  eTvai  ö 
CVTTP09€UC  ist  keinesfalls  gegen  den  viel  bestimmtem  bericht  des 
Mbohon  zu  operieren ,  wonadi  lamblichos  sich  vielmehr  einen  Syrer 
TOB  gebnrt  nannte,  da  demnach  Photios  jedenfalls  die  eigene  aassage 
des  lambliefaoe  nur  ungenau  wiedergibt,  so  sehe  ich  keine  veranlas- 
aoog  ans  seinem  BoßuXiAivioc  lieber  einen  aufenthalt  in  Babylon  als 
eine  bildang  nun  gelehrten  Babylonier  herauszulesen.  —  Sind  so- 
■it  RahU  dentongen  nicht  zulässig,  so  ist  kein  anlasz  zu  der  skepsis 
gegeben,  mit  wacher  die  von  mir  betonten  chronologischen  gründe 
ftr  meine  auflaseung  zwar  zagegeben,  dem  lamblichos  aber  in 
sciaem  angeblich  ^chwindelhaftoi  berichte  nicht  die  fthigkeit  zu 
eüwr  iolehen  einfachen  chronologischen  berechnung  zugetraut  wird, 
es  liegt  wenigatens  kein  grnnd  vor  zu  glauben,  dasz  lamblichos, 
wean  er  dmin  echwindelte,  nicht  mit  einiger  methode  geschwindelt 
habe.  —  Auch  die  artige  deutung  jenes  rftthsels  von  dem  verbor- 
gcaen  und  durch  die  inschrift  eines  löwenbildes  angedeuteten  gold- 
«datie,  welche  BOhl  s.  319  vorbringt,  kann  ich  mir  nicht  zu  nutze 
osdien.  gerade  das  von  EOhl  angezogene  buch  Kopps  lehrt  (und 
ffir  philologiecb  geflbte  leser  noch  viel  deutlicher  als  der  vf.  selbst 
bttüiehtigt  hat),  dasz  von  alchemistischen  thorheiten  kaum  auch 
aar  im  f&nften  jh.  irgend  eine  ahnung  sich  geregt  hat:  wie  sollte 
■SB  deigleiohen  bei  dem  Zeitgenossen  der  Antonine,  lamblichos, 
iVButea  dflrf«!?  die  'lo^ißXixou  iroiiicic  alchemistischen  inhalts 
nag  viel  eher  an  den  Neuplatoniker  lamblichos,  diesen  erzphan- 
taitea  und  hauptmagus,  erinnern  wollen,  bei  Btthls  deutung  er- 
biilt  fibrigens  audi  gar  nicht,  wie  so  denn  der  schätz  Tf)c  cttjXiic  Tifi 
(«iTpämiaTi  bezeichnet  sei. 

U.  Ton  Antonios  Diogenes  berichtet  Photios  bibl.  s.  114* 
^ :  X^€i  bt  iaxnöv  ÖTi  noifiTi'ic  tcn  xw^ifibfac  naXaific.  mit  die- 
Mr  wörtlich  genommen  allzu  ungereimten  nachricht  habe  ich  mich 
meiaaBderznaeizen  gesucht  gr.  roman  s.  251  anm.  2.  statt  der  dort 
gmebenen  deutung  ziehe  ich  jetzt  vor  an  eine  Verwechselung  von 
voii|Ti<)C  und  uirOKptTHCzu  denken,  so  gut  wie  aus  einem  rpatHi- 
Mc  oiehrfeeh  durfth  misverstftndnis  ein  TroiiTrf|C  Tporriybiac  gemacht 
Verden  iat  (vgl.  ASchaefer  Demosthenes  u.  s.  z.  I  s.  218  anm.  4), 
kaute  Phottoe  glauben  in  dem  Antonios  nicht  einen  öiroxpiTil^c  son- 
ö«a  einen  woinT^C  Kui^ifibiac  noXaiäc  vor  sich  zu  haben,  wenn  die- 
Kr  lieh  selbst  etwa  genannt  hatte  einen  KUifülipböc  iroXaiäc  KW^qj- 
binc,  wie  ein  solcher  auf  der  inschrift  aus  Thespiai  CIO.  1585,  24 
«vllmt  geweeen  zu  sein  scheint  Antonios  wftre  demnach  in  wahr- 
est siebte  anderea  gewesen  als  öiTOKpiTJ|c  dpxaiac  KU)^(}ibiac, 
gitick  jenem  Aristomenes  aus  Athen,  von  dem  Athenaios  III  116*^ 
V>At. 

TGbibobm.  Erwin  Bohob. 

ftr  cUw.  phflol.  IST»  hfl.  1.  3 


18  CWachBmath:  der  staadort  des  ehernen  viergespannfi 

4. 

DER  STANDORT  DES  EHERNEN  VIERGESPANNS  AUF  DER 

AKROPOLIS  VON  ATHEN, 


Eine  scharfe  bezeichnang  der  stelle  der  borg,  an  welcher  das  aus 
dem  boiotischen  und  chalkidischen  beutecehnten  von  den  Athenern 
errichtete  Viergespann  stand,  enthalten  nur  die  worte  Herodots  V  77 : 
Ti&v  Xurpuiv  Tf|v  b€xdTiiv  dv^OiiKav  trotncÖMCVOi  T^Opiirirov  x^* 
K€OV  *  t6  bi  dpiCT€pf)c  xc>pö<^  lcniK€  irpdiTov  iciövn  4c  j&  irpoinj- 
Xma  T&  iv  TlJ  dKpotröXi.  hier  hatten  bisher,  wie  in  stillschweigen- 
dem einverstftndnis^  archäologen,  topographen  und  selbst  der  edi- 
tor  und  interpret  Bahr  noch  in  der  zweiten  aufläge  seiner  ausgäbe 
übersetzt:  ^wenn  man  durch  die  propyltten  in  «Ue  bürg  eintritt/ 
zweierlei  bemerkte  ich  hierzu  mit  der  kürze,  die  mir  ja,  woUte  ich 
mein  buch  nicht  ganz  ins  ungemessene  anschwellen,  oberstes  gebot 
sein  mäste,  aber  nach  reiflicher  ttberlegung,  'stadt  Athen'  I  s.  160 
anm.  2:  erstens,  diesen  sinn  können  die  worte  nicht  haben,  zweitens» 
der  einzig  mögliche  *wenn  man  in  die  propyltten  eintritt,  stOszt  man 
zuerst  auf  das  Viergespann*  enthftlt  eine  sachliche  Unmöglichkeit, 
weil  dann  die  mttchtige  quadriga  in  dem  doch  eben  zum  durchgang* 
bestimmten  propylttengebftude  gestanden  haben  müste.  aus  diesen 
beiden  prttmissen  ergab  sich  mir  der  schlusz,  die  stelle  sei  verdorben, 
und  die  Vermutung,  es  sei  ^lövn  Td  trpotnjXaia  zu  schreiben. 

Auch  jetzt,  nachdem  Ton  fünf  verschiedenen  selten  Über  diese 
wichtige  stelle  geschrieben  worden  ist,  weisz  ich  noch  nichts  anderes 
über  sie  zu  sagen ,  obwol  ja  meine  conjectur  selbst  leicht  durch  eine 
bessere  ersetzt  werden  mag,  und  sollte  also  eigentlich  wol  schweigen, 
allein  so  wenig  ich  gesonnen  bin  mich  auf  eine  polemik  gegen  ab* 
weichende  ansichten,  die  gegen  einzelne  puncto  meines  buebes  in  der 
Zwischenzeit  aufgestellt  sind,  einzulassen  —  material  genug  wftre 
dazu  vorhanden  —  so  möge  es  mir  ausnahmsweise  einmal  verstattet 
sein,  an  dieser  stelle  die  ansichten  meiner  gegner  nun  meinerseits 
zu  beleuchten,  gerade  an  dieser  deshalb,  weil  niemand  mir  hier  bei* 
gestimmt  hat,  wol  aber  die  frage  auf  das  methodologische  gebiet 
hinübergespielt  worden  ist. 

Zum  behuf  der  concordanz  mit  Pausanias  (I  28,  2)  iSszt  mich 
RSchöll  in  der  Jenaer  LZ.  1875  s.  686  die  ttnderang  der  Herodot- 
stelle  vornehmen,  mit  yerlaub:  absichtlich  hatte  ich,  um  mein  urteil 
nicht  prftoecupieren  zu  lassen,  den  gang  der  periegese  des  Pausanias 
ganz  bei  seite  gelassen,  hatte  mich  lediglich  an  worte  und  sinn  der 
Herodotstelle  gehalten  and  würde  mich  sehr  leicht  zu  trösten  wissen, 
falls  sich  herausstellen  sollte,  dasz  Pausanias  hier  gegen  seine  sonst 
so  streng  festgehaltene  topographische  me^ode,  die  kürzlich  Michaelis 

'  weDO  CartioB  am  gleich  aDEu führenden  orte  a.  64  die  ftndening, 
die  ich  vorschlug,  auch  Viacher  luachreibt,  ao  herab t  daa  auf  einem 
versehe  n. 


auf  der  akropolis  toh  Atiien.  19 

(mitt.  d.  inst.  II  8.  95)  wieder  mit  gutem  gründe  betont  hat,  ver- 
stiesz:  denn  die  I  28,  2  yoraasgeschickte  phrase  X^^P^^  ^  fi  ^ca 
KOT^XeSa  iSazt  an  sich  ein  abweichen  yon  seinem  princip  örtlicher 
reihenfolge  zu.  also  die  mir  untergeschobene  absieht  oder  geheime 
triebfeder  bestand  nicht. 

Aber  eben  die  stelle  Herodots  selbst  und  an  sich  betrachtet 
schien  mir  den  doppelten  oben  bezeichneten  anstosz  zu  bieten. 

Ich  spreche  von  dem  zweiten  anstosz  zuerst,  diesen  haben 
BuTsian  im  litt,  centralblatt  1875  sp.  1080  und  Weizsäcker  in  der 
arch.  Zeitung  XXXm  (1875)  s.  46  fQr  nichtig  erklSrt,  indem  beide 
annehmen,  die  quadriga  habe  in  den  propjläen  selbst  gestanden,  und 
zwar  setzt  sie  Bursian  in  die  westliche,  Weizsäcker  in  die  östliche 
halle,  ich  kann  mich  hier  begnügen  auf  das  hinzuweisen,  was  von 
Cnrtins  in  der  arch.  zeitung  X  X  X  ÜI  s.  54  und  Michaelis  ao.  s.  1)6  f. 
in  billigung  meiner  anschauung  ausgeführt  ist.  für  die  osthalle  hat 
letzterer  mit  zielen  bewiesen,  dasz  das  Viergespann  keinen  platz 
hatte;  in  bezug  auf  die  westhalle,  in  deren  nördlichem  teil  es  (wegen 
des  äpiCTepfic)  gestanden  haben  müste,  iSszt  sich  noch  hinzufügen, 
dasz  Pausanias,  um  zur  pinakothek  zu  gelangen,  hier  durchpassiert 
war,  also  ein  übergehen  und  erst  nachträgliches  erwähnen  des  ge- 
waltigen anathems  ganz  undenkbar  ist. 

Aber  gegen  den  ersten  punct  hat  sich  Curtius  ao.  mit  groszer 
entscbiedenheit  erklärt,  und  Michaelis,  der  sonst  materiell  mit  meiner 
ansetzung  Übereinkommt^  findet  s.  97t2nd  98,  dasz  er  das  'mit  vollem 
rechte'  gethan  habe;  auch  RSchöIl  ao.  hat  die  ganze  auseinander- 
Setzung  von  Curtius  ohne  das  leiseste  wort  eines  bedenkens  adoptiert : 
grund  genug  für  mich  zu  ernstlicher  prüfung.     . 

Nach  der  futurbedeutung  von  cTfii,  welche  bekanntlich  im  par- 
ticipium  besonders  kräftig  hervortrete,  könne  —  so  äuszert  sich 
Curtius  —  iciövTi  ic  xd  TrpoTTuXaia  nur  heiszen  *wenn  man  im 
begriff  ist  in  die  propjläen  einzutreten',  mithin  'unmittelbar  vor 
den  propjläen'  und  ebenso  würde  ^SiövTi  nur  heiszen  'vor  dem 
austritt',  er  knüpft  daran  die  generelle  bemerkung:  'will  man  die 
geringe  zahl  der  stellen,  in  denen  antike  localitäten  ausführlicher 
beschrieben  sind ,  richtig  verwerten ,  so  ist  genaue  beobachtung  des 
Sprachgebrauchs  die  erste  bedingung.' 

Yon  der  richtigkeit  dieses  allgemeinen  grundsatzes  kann  nie- 
mand lebhafter  überzeugt  sein  als  ich ,  und  ich  habe  auch  in  diesem 
falle  mich  nach  kräften  bemüht  den  anforderungen,  die  er  stellt,  ge- 
recht zu  werden,  aber  das  resultat  der  nachforschungen  und  Über- 
legungen, die  ich,  bevor  ich  jene  bemerkungen  schrieb ,  angestellt 
und  die  ich  jetzt  nochmals  unbefangen  nachgeprüft  habe,  ist  eben 
ein  von  dem  Curtius'schen  axiom  wesentlich  verschiedenes,  und  da 
die  controverse  sich  nun  einmal  auf  diesen  punct  zugespitzt  hat,  ge- 
statte man  mir  denselben  jetzt  etwas  eingehender  zu  behandeln. 

Zunächst  eine  Vorfrage,  nicht  minder  bekannt  als  die  thatsache, 
dasz  in  eiiizelnen  fällen  die  futurbedeutung  von  €T)lii  besonders  kräftig 


20  CWachsmuth:  der  Standort  des  ehernen  viergespanna 

im  participium  hervortritt,  ist  ja  dooh  die  andere ,  dasz  sehr  hSafig 
dieses  participium  präsensbedeutung  hat  und  zweitens  selbst  das 
aoristische  participium  vertritt  (wie  dies  auch  bei  andern  griechi- 
schen Verben,  die  nur  das  participium  des  prftsens  und  nicht  das  des 
aorists  bilden,  zu  geschehen  pflegt),  weshalb,  würde  demnach  vor- 
erst zu  fragen  sein,  weshalb  musz  denn  eiciövTi  und  ^EiövTi gerade 
nur  immer  die  eine  von  den  drei  an  sich  möglichen  bedeutungen 
haben?  weshalb  ist  also  zb.  bei  ^lövTi  TOi  irpoTTuXaia  eine  andere 
deutung  überhaupt  nicht  zulässig  als  die  'vor  dem  austritt  aus  den 
propyltten'^  so  dasz  durch  meine  änderung  die  quadriga  gerade  erst 
recht  in  die  propjläen  zu  stehen  käme? 

Doch  ist  mit  solchen  allgemeinheiten  die  frage  freilich  nicht  zu 
entscheiden:  und  es  könnte  ja  sehr  wol  der  fall  sein,  dasz  das,  was 
an  sich  möglich  war,  gerade  hier  factisch  vermieden  wurde,  hat  sich 
nun  also  ein  dem  sonstigen  usus  entgegengesetzter  Sprachgebrauch 
in  den  phrasen  ausgebildet,  wo  man  den  dativ  (oder  genitiv)  des  par- 
ticipium von  ctfii  oder  einem  compositum  verwendet,  um  eine  genaue 
localbezeichnung  zu  gewinnen?  sehen  wir  zu. 

Sehr  häufig  steht  bei  Herodot  und  Pausanias,  um  zunächst  von 
diesen  beiden  Schriftstellern,  die  Curtius  allein  berührt  hat,  zu  reden, 
ein  solches  particip  um  die  richtung  eines  weges  zu  bezeichnen,  zb. 
bei  Herodot  II  7  ic  ir\y  *HXiou  iröXiv  dnö  OaXdcciic  ävuj  iövTi, 
II  29  diTÖ  '£X€q>avT{vT)C  iröXioc  fivui  iövri,  bei  Pausanias  141,6 
Ik  toutou  tou  iepoO  KaTiouci  ,JI  10,  7  dirö  toutuiv  dviouciv  ic  tö 
TUjLtvdciöv  icTiv  iy  beEiql  <t>epa(ac  \€pöv  'Apt^Miboc,  oder  zahllos  oft 
das  einfache  ioCci  oder  iövTi,  auch  TTpoioöci  (III  20, 4).  überall  hat 
hier  das  participiun^  reine  präsensbedeutung ,  nirgends  ist  an  eine 
erst  bevorstehende  Vorwärtsbewegung  zu  denken,  doch  auch  diese 
stellen  lassen  wir  noch  bei  seite  und  fragen  schlieszlich  blosz,  wie 
werden  in  solchen  Verbindungen  die  participia  iciövTi,  £cioOci  und 
dSiövTi,  dSioOci,  bzw.  die  entsprechenden  genitive  gebraucht? 

Zunächst  werden  die  genannten  participia  oft  nur  zur  bezeich- 
nung  des  eingangs  und  ausgangs  an  stelle  der  abstracten  substantiva 
verwendet,  so  dasz  der  gedanke  an  die  in  dem  ?erbum  liegende  be- 
wegung  ganz  zurücktritt,  gewis  nicht  an  die  futurbedeutung  des 
präsentischen  participium  gedacht  wird,  besonders  bezeichnend  ist 
hierfür  eine  stelle  wie  Pausanias  I  24,  5  ic  töv  vaöv  8v  TTopOc- 
vuiva  6vo)bid2Iouciv ,  ic  toGtov  kiouciv  önöca  dv  toic  KaXou^^voic 
deTOic  K€iTai,  irdvia  4c  t^v  *A9rivoc  (x^x  t4v€civ,  xd  bfe  öiricOcv 
f)  TToccibuivoc  irpöc  ^AOnvdv  icixy  fpic,  wo  icioOctv  nur  die  ein- 
gangsfront des  tempels  im  gegensatz  zu  seiner  westlichen  rückseite 
(6inc66v)  bezeichnet,  ähnlich  heiszt  es  auch  ebd.  II 3,  2  £k  Tf)c  dto- 
pdc  4Eiövtu)v  Tf|v  im  Acxaiou  npoiroXaid  4cti,  was  eben  auch  nur 
bedeutet  'bei  dem  ausgang  des  marktes  nach  der  Lechaionstrasze*, 
dh.  bei  der  mfindung  dieser  strasze  in  den  markt. 

Am  häufigsten  treten  sodann  die  genannten  participformen  mit 
den  Worten  iy  dpicrepql  oder  irx\  dpictepd  oä.  und  dv  beElfi  oder  in\ 


auf  der  akropoÜB  yon  Athen.  21 

iciid  oft.  eng  verbunden  auf,  lediglich  um  die  an  sich  zweideutigen 
begriffe  'rechte'  und  'links'  nach  dem  standpuncte  des  eintretenden 
oder  snstretenden  zu  orientieren,  ob  der  betreffende  gegenständ 
Tor  oder  hinter  dem  eingang  bzw.  ausgang  liegt,  ist  dabei  ganz 
gleidigfiitig;  erst  weiter  hinzutretende  locale  bestimmungen  geben 
hicrflber  anfacUuBZ :  es  ist  beides  je  nach  den  begleitenden  umstftn- 
dm  nOglich  und  beides  aucLfactisch  nachweisbar,  unerlaubt  aber 
ist  es  jedenfalls  zu  sagen,  dasz  hier  durch  das  participium,  in  dem 
«fi  faturbegriff  liege,  angezeigt  sei,  dasz  die  betr.  gegenstände  vor 
den  «ingaag  liegen,   ich  lasse  einige  beispiele  folgen. 

I.  Vor  dem  eingang.  Ailianos  troiK.  icr.  VIII  16  fGaipav 
CdXttiya  irapo  t&c  iruXac  irpöc  Tt^  t€{x€i  iy  bcSiqi  €ici6vTuiv.  hier  ist 
kkr,  dasz  das  grab  vor  dem  thor  an  der  stadünauer  rechter  band 
(wenn  maa  eintrat)  gelegen  war.  oder  Lukianos  bidX.  ^raip.  IV  3 
hii  Vk  iMcpvrjiüHiv  du  Korrä  Toixou  Tivöc  Acte  KaTaT€Tpä<pOai 
Toövoiia  Iv  K€pa^€iKi|>.  lircMipa  oiiv  'Aiciba  KaTacKeqiofii^viiv*  f|  b' 
AXo  M^v  odbiv  n^pc ,  toGto  bi  ^övov  invfVf^^^iyoy  cIciövtujv 
M  T&  bcStdi  irpdc  T14)  AiitiiXui.  der  flble  graffito  befindet  sich ,  wie 
gui  unzweideutig  bezeichnet  ist,  unmittelbar  vor  dem  Dipylon  rechts 
?om  eingang.  * 

n.  Hinter  dem  eingang.  zum  beweis  ftlhre  ich  hier  am 
üsbsteo  eine  iaschrift  an,  die  uns  den  officiellen  athenischen  stil, 
welcher  ja  sehr  prftds  zu  sein  pflegt,  in  dieser  beziehung  kennen 
Mrt,  nemlich  ein  bruchstück  einer  inventarurkunde  des  £rechtheion, 
welches  Köhler  im  arch.  anzeiger  1865  s.  91  f.  publiciert  hat,  z.  11  f. 
(vlpAc  T^  Trapac[Tdbi  Tf)c  (so  schreibt  Michaelis  mitt.  d.  inst.  11 
•.  30  um.  20  besser  statt  in\  was  KOhler  setzte)  dpiCTcJpac  elciövTi 
BBd  1. 13  f.  irpöc  tQ  iTapa[cTdbi  Tf)c  bcEidJc  clciövTi.  hier  ist  ja 
oinhar  ein  platz  im  innern  des  raumes,  in  dem  die  Trapactdc 
>idi  befand,  bezeichnet,  und  zwar  links  und  rechts  vom  standpuncte 
<les  eintretenden  (bzw.  eingetretenen)  gerechnet,  der  hinzugefügte 
nsatz  irpöc  tQ  irapacrdbi  zeigt  genauer  an,  wo  im  innom  (wie 
weit  vom  eingang  entfernt,  können  wir  bei  der  rftthselhaftigkeit 
der  irapacTAc  jetzt  nicht  mehr  oder  noch  nicht  ermessen;  es  ist 
tber  fBr  den  Sprachgebrauch  auch  ganz  gleichgültig). 

Von  dieser  classe  von  beispielen  ist  endlich  durch  eine  merkliche 


'  heiliafig  wird  —  um  auch  diese  den  Sprachgebrauch  betreffende 
c«BtroTerse  sa  berühren  —  aus  dem  zusammenhange  der  oben  ansge- 
Mtnea  werte  sugleieh  klar,  mit  welchen  rechte  Bursian  im  litt, 
ccatralblatt  1876  s.  1060  behaonten  durfte:  'data  auch  in  späterer  seit 
Mdi  im  Tolksmande  die  strecae  vom  nördlichen  rande  der  Agora  bis 
nn  Bipylon  als  KcpQ^ciKÖc  beseichnet  wurde,  beweist  auf  das  schla- 
rndst«  die  von  Wachsmnth  nicht  berücksichtigte  stelle  Lucians  dial. 
«nur.  VI  8*  (aoll  beiesen  IV  8).  diese  stelle  konnte  ich  freilich  nicht 
Wficksicktigeo,  wo  ich  beweisen  wollte,  dass  KcpoMCiKÖc  in  spaterer 
>cit  öfters  gmas  an  stelle  von  dyopd  gehraucht  wurde,  namentlich  des- 
**t«a  nicht,  weil  KcpapciKÖc  hier,  wie  so  oft  in  der  spatem  seit,  den 
^«•sera  Kerametkos  bedeutet. 


22  CWachsmuth :  der  Standort  des  ehernen  Tiergespanns 

nuance  geschieden  eine  äuszerlich  ziemlich  nahe  stehende  gruppe.  in 
dieser  wird  auszer  im  beim  oder  äpiCTCpa  uä.  zu  ciciövTi  und  den  ent- 
sprechenden participien  noch  unmittelbar  hinzugefügt  cic  TÖ  beiva : 
eine  weitere  bestimmung  der  localität  durch  irgend  einen  andern 
punct,  wie  sie  in  jenen  beispielen  sich  durchweg  zeigte,  ist  hier  aber 
nicht  zugesetzt,  bei  dieser  gruppe  ist  also  einerseits  der  begriff  der 
verbalen  thätigkeit  bestimmter  festgehalten  und  zum  ansdruck  ge- 
bracht als  dort;  anderseits  fehlt  es  an  jeder  anderweiten  fizierung 
des  Standorts:  daraus  ergibt  sich  schon  von  selbst,  dasz  ein  Schrift- 
steller, der  deutlich  sprechen  will,  in  solcher  weise  nur  dinge  be- 
zeichnen wird,  die  gleich  beim  eingang,  also  bereits  im  innem 
des  betr.  gebäudes  stehen,  und  dies  findet  sich  durch  die  beispiele 
voll  bestätigt,  wiederum  wfthle  ich  diese  aus  Herodotund  Pausanias. 

Herodot  1 51  ö  KpoTcoc  . .  ä7r^7r€)biTr€  ic  A€Xq>ouc  . .  Kpi]Tt)pac 
buo  jiCTäBci  lüieTäXouc,  xP^ccov  xai  dpTupeov,  toiv  ö  m^v  xP^ceoc 
Ikcitg  im  beixä  dciövTi  ic  töv  vriöv ,  6  bk  dpTupeoc  in  *  dpicrepa. 
unzweifelhaft-  standen  diese  wertvollen  weihgeschenke  (wie  sie  spftter 
nach  Herodots  gleich  folgender  erzfthlung  im  thesauros  der  Qazo> 
monier  und  im  pronaos  des  neuen  von  den  Alkmeoniden  gebauten 
tempels  aufbewahrt  wurden)  nicht  im  freien  vor  dem  tempel,  son- 
dern in  demselben,  aber  beim  eingang,  dh.  in  der  verhalle. 

Hierher  gehört  ferner  die  stelle  des  Pausanias  (II  10,  2),  die 
Curtius  wie  einst  (zur  gesch.  des  Wegebaus  bei  den  Griechen  s.  273 
anm.)  so  jetzt  (ao.  s.  54)  als  besonders  charakteristisch  angeführt 
hat:  denn  es  ist  natürlich  irrelevant,  dasz  hier  statt  im  beSid  und 
im  dpiCTepa  die  dem  sinne  nach  identischen  werte  xaO'  ^KdTcpov  riic 
^cöbou  TjJ  fiiv  und  t^  bi  stehen,  hier  also  (es  ist  beil&ufig  überhaupt 
die  einzige  stelle,  die  zum  erweis  der  ganzen  von  Curtius  aufge- 
stellten theorie  vorgebracht  ist)  heiszt  es:  ^vreOO^v  ictxv  öböc  ic 
icpöv  'AcKXiimoC.  TrapcXOoGcib^k  töv  TrepißoXov  iv  dpicrepa 
biTiXcOv  icTxy  o!KT^^a.  (kcitci  bi  'Tirvoc  iv  tiJi  irpox^pip  .  •  tö  iv- 
boTepu)  bk  'ArröXXuJVi  äveirai . .  xeirai  bk  iv  tq  CToqi  ktjtouc  öctoOv 
.  .  Kai  M€T*  aÖTÖ  dx^^MCi  'Ovcipou  kqI  ''Yttvoc  . .)  ic  bk  tö  'AckXh- 
trieiov  dcioOci  xaG'  ^Kdrepov  Tf)C  dcöbou  ifji  ixkv  TTavöc  KaOnfievov 
dtaX^d  dcTi,  T^  bk  ^^ApTCfüiic  ScniKCV.  dceXOoCcib^ö  6€Öc  icTxv 
usw.  gewis  ist  das  eine  sehr  charakteristische  stelle  voll  der  be- 
stimmtesten localbezeichnungen;  aber  was  beweist  sie?  Pausanias 
geht  nach  dem  heiligtum  des  Asklepios,  betritt  zunftchst  den  peri- 
bolos,  findet  in  diesem  ein  doppelgebäude  mit  einer  vordem  und 
hintern  cella  und  seulenhalle  und  beschreibt  dasselbe,  dann  geht  er 
in  das  Asklepieion  hinein,  bedeutet  hier  nun  wirklich ,  wie  Curtius 
behauptet,  dcioOci  dasselbe  wie  I  26,  5  npö  Tf]C  dcöbou?  dort  ist 
die  rede  von  dem  altar  des  Zeus  Hjpatos,  der  sicherlich  nicht  in  der 
Vorhalle,  sondern  unter  freiem  himmel  lag  (wie  ich  mit  Michaelis  ia 
mitt.  d.  inst.  II  s.  19  annehme,  vor  der  Korenhalle).  und  Pan  imd  Ar- 
temis standen  auch  vor  der  vorhalle  des  Asklepieion  unter  freiem 
himmel?   das  nimt  Curtius  selbst  nicht  an,  er  setzt  sie  in  den  pro- 


auf  der  akropoüs  von  Athen.  23 

des  heüigtoms.  sicher  richtig;  gehört  dieser  aber  nicht  sam 
AiHspieion?  bedeaton  nun  aber  die  worte  des  Pausanias  nichts  an- 
dern als  dies:  'gleioh  beim  eingang  (icioOcO  in  das  Asklepieion  (in 
desi  pnmaos)  stfiszt  man  auf  die  und  die  gegenstttnde»  drinnen  aber 
im  inneni  desselben  (£ccX6oCct),  also  in  der  cella,  steht  die  büd- 
Mole  des  gotles',  so  steht  eben  icioOct  nicht  gleichbedeutend  mit 
vp6  1%  itäbov  (wie  Pausanias  sb.  auch  I  8,  6 ;  30^  1  sagt),  die 
aüi  da  wort  £aoOa  angeführten  gegenstände  stehen  schon  in  dem 
nasB  in  den  man  eintritt,  nicht  vor  demselben ,  wenn  auch  gleicfa 
im  infiuig« 

Was  folgt  nun  daraus  für  unsere  Herodotstelle  (V  77) ,  deren 
aehsrfe  Interpretation  in  frage  steht?  ich  meine  mit  notwendigkeit 
äm^  dass  mit  dem  ausdmck  £ciövTi  ic  Td  TrpoiruXam,  da  eine 
vsitere  bestimmung  nicht  hinzugefügt  ist,  nur  der  Standort  eines 
gegsnstandes  bezeichnet  sein  kann,  der  gleidh  beim  eingang  in  den 
propjlien  sieh  befindet,  dasz  wir  speciell  bei  Herodot  dies  anneh- 
me dflrfen,  zeigt  die  angeführte  parallelstelle,  die  in  jeder  beziehung 
ttslog,  zugleich  auch,  so  viel  ich  finde,  die  einzige  vollkommen  ad- 
iquie  ans  seinem  ganzen  gescbichtswerke'  ist;  und  es  ist  ja  erste 
groadregel  aller  auf  feststellung  des  Sprachgebrauchs  gerichteten 
asterrodinngett,  sich  zunftchst  an  die  obseryanz  des  schriftetellers 
Bdbst  sQ  halten,  um  den  es  sieh  handelt. 

Dsss  aber  an  dieser  stelle  (V  77)  jedenfalls  £ciövTi  *gleidi 
beun  ebgiBg'  und  nicht  Vor  dem  eingang*  zu  erklären  ist,  das  geht 
n  guter  letzt  noch  ganz  unzweideutig  aus  dem  hinzugefügten  trpdli- 
TCv  berror,  das  doch  ein  beuTCpov,  TpiTOV  usw.  notwendig  bedingt, 
vol  kann  man  schon  im  begriff  in  einen  geschlossenen  räum  einzu- 
(Rtan  drsnssen  eben  noch  (ganz  zuletzt)  einen  merkwürdigen 
fBSVistsnd  erblicken;  stfiszt  man  aber  beim  eintreten  in  ein  ge- 
bUde  zuerst  auf  ein  monument,  so  ist  dies  eben  das  erste  von 
lUsa  in  dem  gebäude  befindlichen,  und  ebenso  umgekehrt:  wol 
kaon  man  schon  im  begriff  ein  gebäude  zu  verlassen,  eben  noch 
(im  Wtilett  angenblick,  unmittelbar  am  ausgang)  eine  berühmte  stif- 
tsag in  demselben  wahrnehmen;  füllt  aber  der  blick  beim  hinaus- 
Mm  SU  er  8  t  auf  eine  solche  Stiftung,  so  steht  diese  sicherlich 
Sicht  mehr  im  gebäude,  sondern  ist  das  erste  von  dem  vielen,  was 
■Sä  diaossen  im  freien  sieht. 

Bleibt  man  mithin  zunächst  ganz  unbekümmert  um  die  stelle, 
u  wdefaer  das  Viergespann  in  Pausanias  periegese  der  akropolis  er- 
«Ihitt  iat,  lediglich  bei  einer  auslegung  der  Herodotstelle  stehen,  so 


'  n  der  rrotxen  banptcIaMe  des  oben  angeführten  beispiele  gehört 
^  ttd«re  §M\t,  wo  ici6vn  meines  wiseens  in  derartigen  verbindangea 
^  Hiredot  vorkommt,  II  169  ai  bi  (raqpal)  clci  dv  Ti|i  lp4)  Tf|c  'AOn- 
^^^ordnii  ToO  iicrdpou,  iaövri  dpicrcpflc  x&p6Cf  wo  es  fraglich 
^fcsii  kaoa,  ob  das  IciövTi  sich  anf  das  |i^apov  oder  auf  das  Ipdv 
^  'Mtpmbic  besieht  nnd  je  naehdem  nnter  die  erste  oder  zweite  ab- 
**^l»f  jener  beispiele  sn  «teilen  ist. 


24     CWach&inuth :  der  Btaudort  des  ehernen  viergespiuina  in  Athen. 

kommt  man  zu  folgendem  ergebnis.  sprachlich  möglich  ist  weder 
die  auffassnng  von  Cnrtins,  der  das  Viergespann  vor  den  propjlSen 
auf  dem  westlichen  Zugang  zur  bürg  sucht,  noch  die  von  Michaelis, 
der  es  sich  im  innem  des  burgraumes  unmittelbar  bei  den  propy- 
Iften  links  von  dem  wege  der  vom  Erechtheion  herkommt  denkt, 
letzterer  hat  dabei  zugleich  noch  eine  sehr  künstliche  deutung  der 
Worte  rd  irpoiruXaia  Td  dv  t^  iKpoiröXi  nötig  und  legt  auszerdem 
einen  nicht  gerechtfertigten  accent  darauf,  dasz  zufällig  in  dem  vor- 
hergehenden, aber  ohne  innem  Zusammenhang  mit  dem  folgenden 
der  westliche  teil  des  Erechtheion  erwähnt  ist,  und  erreicht  doch  nur 
die  halb  schiefe  bestimmung  ^links  vom  eingang  in  die  propylfien', 
während  das  fragliche  monument,  wie  er  es  selbst  ansetzt,  für 
jemand,  der  vom  Parthenon  her  in  die  propyläen  eintritt,  doch 
durchaus  nicht  links,  sondern  rechts  liegt«  sprachlich  möglich 
ist  nur  die  auffassung  von  Bursiaa.  aber  eben  diese  ist  sachlich 
unmöglich ,  während  sowol  die  ansetzung  von  Curtius  als  die  von 
Michaelis  sachlich  möglich  ist;  alle  überhaupt  denkbaren  erklä- 
rungsversuche  erweisen  sich  folglich  als  undurchführbar,  also  ist  die 
stelle  corrupt. 

Nachdem  man  so  weit  gelangt  ist,  düifte  es  selbst  rigorosen 
richtem  gegenüber  nicht  blosz  erlaubt,  sondern  auch  geboten  sein, 
die  periegese  des  Pausanias  heranzuziehen,  und  hier  schliesze  ich 
mich  durchaus  den  einsichtigen,  gegen  CnrÜus  (und  Scholl)  gerich- 
teten bemerkungen  von  Michaelis  ao.  an,  infolge  deren  das,  was  oben 
als  an  sich  möglich  bezeichnet  ist,  bei  schärferer  betrachtung der 
betreffenden  einzelnen  puncto  sehr  unwahrscheinlich  wird,  so  sehr, 
dasz  nach  allen  regeln  der  Wahrscheinlichkeit  vielmehr  auch  in  dem 
letzten  passus  seiner  burgbesdhreibung  Pausanias  volle  topogra- 
phische Ordnung  gewahrt  hat.  mithin  lag  die  quadriga  wol  ziem- 
lich zuletzt  an  dem  wege  vom  Erechtheion  zu  den  propyläen ,  also 
links  von  dem  austritt  aus  diesen. 

Diese  auffassung  wird  darch  meinen  änderungsvorschlag  auch 
in  die  als  corrupt  nachgewiesenen  werte  Herodots  gebracht;  kann 
man  dasselbe  auf  einfachere  oder  schlagendere  weise  erreichen,  werde 
ich  sehr  dankbar  sein«  aber  man  höre  auf  diese  stelle  durdb  inter- 
pretatorische  gewaltmaszregeln  retten  zu  wollen  oder  gar  das  be- 
mühen der  hier  vorliegenden  Schwierigkeiten  herr  zu  werden. ein- 
-fach  als  überflüssig  zu  bezeichnen. 

Heidelbcro.  Cort  Waobsmotr. 


BNoeiel:  das  Tierte  capiiel  im  ersten  buche  der  Nikom.  ethik.     25 

5. 

DAS  VIERTE  CAPITEL   IM  ERSTEN  BUCHE  DER 

NIKOMACflISCHEN  ETHIK. 


Hit  den  folgenden  zeilen  will  ich  durchaus  nicht  etwa  einen 
beitrag  zur  genauem  kenntnis  der  Aristotelischen  lehre  liefern ;  ich 
gedenke  keineswegs  das  gewicht  der  grttnde  zu  prüfen ,  die  Aristo- 
telea  gegen  die  Platonische  ideenlehre  ins  feld  ftlhrt;  ich  beabsich- 
tige einzig  nnd  allein  den  innem  Zusammenhang  des  vorgetragenen, 
das  fortrücken  von  gedanken  zu  gedanken  möglichst  im  einzelnen 
anfeadecken  und  klarzulegen,  bei  einem  Schriftsteller  wie  Aristo- 
teles, dem  man  auf  der  einen  seite  die  klarste,  schmuckloseste  nüch- 
temheit  und  strengste  logik  der  reflezion  nachrühmt,  wShrend  man 
ihm  auf  der  andern  seite  die  wunderlichsten  gedankensprünge  glaubt 
zntranen  zu  dürfen,  wird  eine  solche  behandlungs-  und  betrachtungs- 
weise  auch  jetzt  noch  angebracht  erscheinen  dürfen. 

Wae  zunfichst  den  wortsinn  des  ersten  satzes  (s.  1096*  11 — 13) 
betrifft,  so  ist  TÖ  KaOöXou  nicht  wesentlich  verschieden  von  dem  was 
gleich  darauf  t&  etbii  genannt  wird ;  es  ist  nur  der  allgemein  herge- 
brachte und  verständliche  ausdruck  für  dasjenige  was  nachher  nach  der 
terminologie  einer  bestimmten  schule  bezeichnet  wird,  grammatisch 
isiTÖ  KoOöXou  das  antiptotische  object  zu  iniCK^qiacOai  und  biairopf)- 
cat,  also  logisch  subject  zu  X^t^iai :  dieses  X^yerai  aber  bezieht  sich 
nicht  auf  Ar.  selbst,  sondern  auf  die  Vertreter  der  ideenlehre.  so 
wird  also  gleich  in  den  ersten  werten  des  cap.  die  prüfung  (biairopfi- 
cai)  der  ideenlehre  als  das  zu  behandelnde  thema  bezeichnet,  die 
Verbindung  dieses  gegenständes  mit  dem  bisher  (cap.  3)  besproche- 
nen stellt  ß^Xnov  her,  doch  nicht  in  d6m  sinne  dasz  die  neu  begin- 
nende Untersuchung  als  eine  im  vergleich  mit  der  vorangehenden 
angemessenere  bezeichnet  würde ,  sondern  nur  so  dasz  die  prüfung 
der  ideenlehre  überhaupt  als  an  diese  stelle  gehörig  hingestellt  wird ; 
der  comparaüve  sinn  ist  dem  werte  gänzlich  abhanden  gekommen,  wo- 
für die  von  Bonitz  im  index  Aristotelicus  citierten  stellen  s.  1208  ^  7 
und  1 80  ^  1 2  unzweifelhafte  belege  bieten,  lose  also  ist  die  anknüpfung 
unleugbar,  aber  weder  bei  Ar.  ohne  beispiel  noch  sachlich  unbegrün- 
det, denn  Ar.  ist  in  der  frage  nach  dem  wesen  der  eubaifiovla  be- 
griffen, und  diese  selbst  ist  ihm  (s.  1095'  15  f.)  TÖ  TrdvTUJV  dxpö- 
Tcrrov  Toiv  irpaicTiüV  diraediv  und  dasjenige  ou  X^ifOMCV  TfjV  ttoXi- 
Tiicf|V  £q>i€cOai,  dh.  sie  ist  für  ihn  der  ausdruck  (6vö)LiaTi  s.  1095  *  17) 
für  das  höchste  gut;  offenbar  aber,  wenn  es  eine  idee  des  guten  gibt, 
so  ist  diese  das  höchste  gut,  und  die  frage  danach  also  erledigt.  Ar. 
aber  rechtfertigt  die  Untersuchung  des  vierten  capitels  auch  gegen 
ein  moralisches  bedenken ,  das  er  selbst  andeutet ,  Kahrep  TTpocäv- 
Touc  oöciic  Tf\c  TOiauTTic  lr\Tr\C€{X)C:  es  liegt  auf  der  band,  dasz  von 
einer  wissenschaftlichen  Schwierigkeit  der  angeregten  frage  hier  nicht 
die  rede  sein  soll;  die  würde  weder  ein  grund  sein  können  gegen 


26     RNoetel:  das  vierte  capitel  im  ersten  buche  der  Nikom.  ethik. 

(Katncp)  die  bescb&ftigung  mit  ihr,  noch  könnte  sie  selbst  begrün- 
det wenlen  durch  das  folgende  bid  TÖ  q>iXouc  ävbp(&c  .  .  eibf) :  in 
diesem  satze  liegt  der  logische  accent  auf  q>(Xouc,  und  TrpocdvTT)C  be- 
zeichnet die  moralische  Schwierigkeit,  das  peinliche  der  Untersuchung, 
damit  ist  denn  aber  auch  der  polemische  Charakter  derselben  deut- 
lich genug  bezeichnet,  das  folgende  (t>öS€i€  b*  &v  Icuic  ß^nov 
€Tvai .  .  irpOTiM&v  Tf|v  dXr)6€iav),  wo  kein  grand  vorliegt  ß^Xnov 
nicht  wieder  in  demselben  sinne  zu  nehmen  wie  kurz  zuvor,  und  wo 
ä^q>OlV  mit  einer  echt  Aristotelischen  breviloquenz  die  äXrjOcia  und 
die  q>(Xouc  ävbpac  bezeichnet,  ist  dann  die  sprichwOrilioh  gewordene 
rechtfertigung  des  Unternehmens  durch  den  hin  weis  auf  die  erfor- 
schung  der  Wahrheit  als  oberste  pflicht,  zumal  für  den  q>iXöcoqK>c. 
und  nun  beginnt  die  prüfung  oder  genauer  gesprochen  die  bekfimpfnng 
der  ideenlehre. 

Die  entwicklung  des  ersten  einwandes,  den  Ar.  erhebt,  erstreckt 
sich  bis  zu  den  werten  ujct'  ouk  &v  ein  KOivrj  nc  ^irl  toutuiv  ibla 
(s.  1096*  23).  sprachlich  bietet  dieser  passus  durchaus  keine  Schwie- 
rigkeiten: TÖ  Ka6'  aÖTÖ  Kttl  f)  oöcia  z.  21  ist,  nur  in  zwei  ausdrücke 
zerlegt,  dasselbe  wie  z.  20  rf;  das  tcn  an  dieser  letztem  stelle  und 
ebenso  das  TÖ  vor  u€T€pov  z.  18  hat  Bassow  (forschnngen  s.  53)  mit 
recht  getilgt,  auch  der  Zusammenhang  der  gedanken  ist,  wenn  man 
die  beiden  sStze  bi6ir€p  oubt  tu>v  dpiOjAoiv  Ib^av  KaT€Cic€ua2Iov 
z.  18  f.  und  iTapaq)udbi  yäp  toOt'  foiKC  Kai  cujißeßtHcÖTi  roö  6vtoc 
z.  21  f.  als  parenthetische  zusfttze  vorläufig  ausschaltet,  einfach  und 
klar.  Ar.  ist  darauf  aus,  zwischen  der  beschaffenheit  der  idee  und 
der  des  dxaOöv  einen  widersprach  nachzuweisen,  der  die  ezistenz 
des  ätaOöv  als  idee  unmöglich  macht,  zu  dem  ende  geht  er  von  der 
thatsache  aus,  dasz  die  urheber  der  ideenlehre  selbst  ideen  nicht 
statuieren  für  solche  dinge,  die  unter  sich  im  verhiQtnis  des  nach- 
einander stehen;  dem  gegenüber  stellt  er  die  andere  thatsache,  daaz 
das  dTOiOöv  auch  in  solchen  dingen  erscheint,  auf  welche  das  ge- 
nannte Verhältnis  anwendung  findet;  dieses  zweite  stück  des  gegen- 
satzes  ist  aber  nicht  so  präcis  formuliert  wie  das  erste,  das  dtaBöv, 
sagt  Ar.,  findet  sich  ebensowol  in  der  kat^gorie  der  Substanz  wie  in 
der  der  qualitftt,  wie  in  der  der  relation.  dasz  damit  die  reihe  der  dem 
dtaOöv  zugänglichen  kategorien  nicht  etwa  erschöpft  sein  soll,  ist 
z.  23  f.  so  ausdrücklich  wie  möglich  gesagt  (tö  dTuOöv  Icoxuic 
X^T€Tai  Tifi  ÖVTi);  so  hat  also  Ar.  an  unserer  stelle  zum  zwecke  des 
beispiels  eine  auswahl  getroffen ,  und  diese  auswahl  ist  nicht  (^e 
anstosz,  weniger  freilich  materiell  als  formell;  es  musz  aufCallen, 
dasz  Ar.  drei  stücke  nennt,  während  er  nur  mit  zweien  operiert, 
man  könnte  sich  zu  der  ansieht  neigen,  er  habe  die  qualitit  nur 
eben  als  Zwischenglied  benutzt,  um  sich  von  ihr  dahin  leiten  zu 
lassen,  wohin  er  wollte,  zur  relation;  aber,  am  nicht  davon  zu  reden 
dasz  dann  unverständlich  bliebe,  warum  denn  das  nocdv  übergan- 
gen ist,  das  doch  noch  regelmäsziger  als  das  iroidv  zwischen  oucia 
und  Tipöc  Ti  erscheint,  es  wäre  auch  gar  nicht  abzusehen,  warum 


BNoetel:  das  vierte  oapitel  im  ersten  buche  der  Nikom.  ethik.     27 

Ar.  flieh  80  ganz  aosdrttoklich  auf  die  relation  als  beispiel  versteifen 
sollte,  da  doch  dasjenige,  um  dessen  willen  er  sie  anführt,  dasz 
sie  nemlich  ucTCpov  t^c  ouciac,  weil  sie  foixe  cuiüißcßiiKÖTi  tou 
dvTOC,  bekanntlich  überhaupt  von  sämtlichen  kategorien,  mit  selbst- 
▼erständlicher  ausnähme  der  Substanz,  gilt,  so  bleibt  nichts  übrig 
als  anzunehmen,  dasz  Ar.  zuerst,  gleichsam  im  gefühle  des  Über- 
flusses an  beispielen,  der  ihm  zu  geböte  stand,  zwei  herausgriff,  dann 
aber  mit  der  behandlung  des  einen  es  bewenden  liesz,  da  es  ein- 
leuchtete dasz  es  damit  genug  war.  denn  worauf  es  ankommt ,  ist 
nur  eben  dies,  dasz  zwischen  den  beiden  kategorien  der  Substanz 
und  der  relation  gerade  jenes  Verhältnis  des  nacheinander  besteht, 
welches  die  gemeinsamkeit  der  idee  ausschlieszt  (djcr'  otJK  fiv  €Xr\ 
xoivrj  TIC  iiA  TOUTuiv  ib^a).  damit  ist  jener  Widerspruch  zwischen 
der  natur  dar  ibia  und  der  des  dyadöv,  um  dessen  nach  weis  es 
sich  in  diesem  abschnitt  handelt,  zur  genüge  constatiert,  und  Ar. 
glaubt  sich  das  ausdrückliche  aussprechen  der  letzten  schluszfolge- 
rung,  dasz  das  dyaSöv  nicht  ibla  sein  könne,  sparen  zu  dürfen,  es 
ist  noch  übrig,  den  sinn  der  beiden  parenthetischen  zusätze  zu  er- 
kllran.  der  zweite  (Trapaq>udbi  fäp  toöt'  £oik6  xal  cu^ßeßiiKÖTi 
TOG  dvTOC)  gibt  ihn  durch  die  einführung  mit  fap  deutlich  genug 
zu  erkennen:  durch  einen  schlusz  aus  der  analogie  wird  gefolgert 
daaz  9  wenn  das  irpöc  Ti  im  übrigen  ähnlichkeit  hat  mit  Trapaqpudc 
und  CUMßeßnKÖc,  diese  ähnlichkeit  sich  auch  auf  die  Zeitfolge  er- 
atreeken  werde,  für  die  beweisföhrung  sind  also  diese  werte  nicht 
SU  entbehren,  vielmehr  dienen  sie  gerade  jenem  satze  zur  stütze,  in 
welchem  der  widerstreit  zwischen  diraOöv  und  ib^a  zu  tage  tritt, 
und  nur  insofern  können  sie  sprachlich  als  eine  parenihese  bezeichnet 
werden,  als  der  nachfolgende  satz  ujct'  ouk  dv  eix]  usw.  sich  nicht 
an  sie,  sondern  an  das  vorausgehende  tö  bi  KaO'  auToO  . .  toO  rrpöc 
TI  anschlieszt.  anders  ist  es  mit  der  ersten  einscbaltung  biörrep 
ovbk  TUJV  dpi6^u)V  ibeav  KaTecKeuoilov.  das  ist  nur  eine  beiläufige 
erwähnung,  die  auch  fortbleiben  konnte;  aber  sie  hat  doch  auch 
ihren  zweck,  von  den  beiden  Sätzen  der  ideenlehre,  dasz  für  solche 
dinge,  die  im  Verhältnis  des  nacheinander  stehen,  gemeinsame  ideen 
nicht  angenommen  werden,  und  dasz  es  eine  idee  der  zahlen  nicht 
gibt^  setzt  Ar.  den  zweiten,  der  nur  eine  anwendung  des  ersten  ist, 
bei  seinen  lesem  eben  darum  eher  als  bekannt  voraus  als  den  ersten ; 
und  indem  er  nun  an  die  consequenz  erinnert,  wünscht  er  die  erinne- 
rung  an  die  prämisse  wachzurufen ,  damit  ihm  diese,  welche  für  ihn 
der  ausgangspunct  seiner  polemik  ist ,  nicht  bestritten  werde. 

Der  zweite  einwand  umfaszt  die  zeilen  23 — 29.  das  dtaGöv 
erscheint  icötxujc  tuj  6vti,  dh.  nicht  nur  ebenso  oft,  sondern  auch 
in  ebenso  vielen  gestalten  wie  das  sein ,  es  nimt  in  jeder  kategorie 
eine  andere  erscheinungsform  an.  dasz  dies  der  sinn  des  icaxuLic 
X^Y^Tm  sein  soll,  geht  aus  den  in  der  parenthese  z.  24—27  ange- 
führten beispielen  unzweifelhaft  hervor;  aus  dieser  tbatsache  folgt 
nun  aber  unmittelbar,  dasz  das  dtaGöv  nicht  KOivöv  Ti  Ka6öXou  Kat 


28     RNoetel :  das  vierte  capitel  im  ersten  buche  der  Nikom.  etbik. 

^v  sein  kann:  denn  dann  (ci  fiv  KOivöv  Tt  KaOöXou  Ka\  Sv  TÖ  dnfaOöv, 
dieser  satz  ist  zn  ergänzen)  könnte  es  eben  auch  nar  in  6iner  kate- 
gorie,  nicht  in  allen  vorhanden  sein,  hier  bricht  Ar.  seine  erOrte- 
rang  ab ;  es  liegt  aaf  der  band ,  dasz  dieselbe  der  ergttnznng  bedarf, 
sie  umfaszt  nnr  gerade  diesen  syllogismas:  was  seinem  wesen  nach 
nur  eins  ist,  das  kann  nicht  in  mehreren  kategorien,  auf  mehrerlei 
weise  ansgesagt  werden;  das  äxGcGöv  wird  auf  mehrerlei  weise  aus- 
gesagt; also  ist  das  ifOldöv  nicht  seinem  wesen  nach  eins,  es  fehlt 
der  abschluszy  dasz  die  idee  ihrem  wesen  nach  eins  sei,  also  das 
dtttOöv  mit  ihr  nicht  identisch  sein  könne,  ob  nicht  Ar.  mit  dieser 
aufTassung  den  Piaton  misverstanden  habe,  das  zu  untersuchen  liegt 
auszerhalb  der  grenzen  unserer  aufgäbe ;  foir  unsem  augenblicklichen 
zweck  genllgt  es  festzustellen,  dasz  hier  die  beweisfllhrung  noch 
früher  abgebrochen  wird  als  vorhin :  dort  wurden  die  beiden  sätze 
ausgeftlhrt,  welche  den  widerstreit  enthielten,  und  dem  leset  blieb 
es  nur  überlassen,  das  factum  dieses  Widerstreites  zu  constatieren; 
hier  wird  nnr  die  6ine  seite  des  Widerspruchs  aufgestellt,  und  der 
leser  musz,  um  zur  einsieht  in  denselben  zu  gelangen,  die  andere 
selbst  dazu  thun.  wir  gehen  von  hier  zur  vergleichung  der  beiden 
bisher  besprochenen  einwendungen  in  bezug  auf  ihren  inhalt  Ober. 
Beide  haben  sowol  die  stelle  gemeinsam ,  auf  welche  sie  ihren 
angriff  richten,  als  auch  den  satz  von  welchem  sie  ausgehen,  beidemal 
wird  dem  ätotOöv  die  einheit  abgesprochen ,  welche  eine  immanente 
eigenschaft  der  idee  ist,  und  damit  die  möglichkeit  bestritten,  beide 
mit  einander  zu  identificieren ;  beidemal  stützt  sich  dabei  Ar.  auf 
die  erfahmngsthatsache,  dasz  das  drradöv  erscheint  (X^Y^Tat)  in 
mehreren  kategorien;  dasz  es  das  zweite  mal  heiszt  tv  irdcaic  Täte 
KOTiiTOpfaic,  ist  nicht  wesentlich:  für  die  art,  wie  Ar.  seinen  beweis 
für  die  nichteinheit  des  &xaB6v  führt,  würde  es  vollständig  genügen 
darauf  hinzuweisen,  dasz  dasselbe  in  mehr  als  6iner  kategorie  vor- 
handen ist;  das  zeigt  der  zusatz  z.  28  dXX*  Iv  ^i^  MÖvi];  ebenso  ist 
es  (worauf  vorhin  schon  hingedeutet  wurde)  das  erste  mal  nicht  von 
bedeutung,  dasz  das  äyaMv  gerade  in  den  beiden  kategorien  der 
oöda  und  des  npöc  Ti  gefunden  wird;  an  die  stelle  der  letztem 
könnte  mit  derselben  Wirkung  irgend  eine  andere  treten,  so  könnte 
es  leicht  den  anschein  gewinnen ,  als  ob  die  beiden  einwendungen 
gegen  die  Platonische  ideenlehre  so  sehr  auf  eins  hinauskämen,  dasz 
die  eine  von  ihnen  überflüssig  wäre,  es  besteht  aber  doch  zwischen 
ihnen  ein  nicht  ganz  bedeutungsloser  unterschied,  das  zweite  mal 
bleibt  Ar.  wirklich  bei  dem  satze  stehen,  dasz  das  draOöv  in  einer 
mehrzahl  von  kategorien  gefunden  wird;  das  erste  mal  handelt  es 
sich  auch  um  eine  mehrzahl  von  kategorien ,  aber  nicht  schlechthin, 
sondern  so  dasz  die  eine  von  ihnen  die  Substanz  sein  musz  und  dar- 
aus erst  die  folgerung  gezogen  wird,  dasz  das  drraOöv  auch  da  er- 
scheint, wo  das  Verhältnis  des  zeitlichen  nacheinander  vorliegt,  wenn 
man  auf  diesen  unterschied  achtet,  so  erkennt  man  in  der  anordnung 
der  beiden  deductionen  eine  gewisse  Steigerung;  uro  die  unverein* 


BNoetel:  daa  Tierte  capitel  im  ersten  buche  der  Nikom.  ethik.     29 

btrkeit  Tan  \bia  und  ä^ttOäv  darzaihun,  bedarf  es  das  zweite  mal 
mebt  iB«lir  wie  das  erste  mal  einer  solchen  Zusammenstellung  von 
katsgorioii  in  welcher  6ine  die  sabstanz  ist,  nicht  einer  solchen  in 
weldber  das  yerh&ltnis  des  irpörepov  und  ScTCpov  erscheint:  es  ge- 
iQgt  jede  beliebige  mehrzahl  derselben;  der  einwand  ist  das  zweite 
mal,  wenn  der  ansdmck  erlaubt  ist»  principieller  als  das  erste  mal. 

Der  dritte  einwurf  (z«  29 — 34)  ist  mit  den  beiden  Torangehen- 
dei  in  bezog  anf  den  Inhalt  und  dessen  darstellnng  verwandt,  was 
uter  üae  idee  flUlt,  für  das  gibt  es  auch  nur  6ine  Wissenschaft;  also 
afltte  es  (wenn  es  eine  idee  des  guten  gäbe,  unter  die  dann  doch 
all«  einzeliieB  gAter  fallen  würden)  auch  für  die  sämtlichen  Ayalda 
wu  eine  einsige  Wissenschaft  geben,  dieser  forderung,  welche  die 
logik,  falls  68  eine  idee  des  guten  gibt,  erheben  musz,  stellt  Ar.  in 
döselbaB  weine»  die  wir  bisher  schon  zweimal  beobachtet  haben,  die 
trliikmBgsthatsache  gegenüber,  dasz  es  yiele  inicrflMai  tuuv  dtaOuiv 
gibt;  and  abermals  in  hergebrachter  weise  begnügt  er  sich  diese  bei- 
den aitse  in  formulieren,  und  überl&szt  es  dem  leser,  den  Widerspruch 
oad  damit  die  unmüglichkeit,  dasz  eine  idee  des  guten  existiere,  zu 
coQstatieren.  die  Übereinstimmung  mit  dem  bisherigen  erstreckt 
üeh  aber  noeh  weiter,  und  nicht  nur  auf  die  formellen  puncto,  dasz 
M^  diesmal  wieder,  wie  die  beiden  vorhergehenden  male,  ein  in- 
<ÜReiBr  beweis  geliefert  ist,  und  alle  drei  mal  die  gegnerische  be- 
äsaptuttg  in  ihrer  haltbarkeit  gemessen  wird  an  den  empirisch  fest- 
itshsaden  tbatsachen;  auch  die  stelle  der  gegnerischen  lehre,  gegen 
vd^  der  angriff  gerichtet  wird,  ist  dieselbe,  auch  hier  wird  dem 
gnibegriffe  die  zum  wesen  der  idee  gehörende  einheit  abgesprochen, 
iadcm  wir  aber  unsere  aufmerksamkeit  den  werten  z«  31  Kai  tuiv 
vziliiav  KOTTiTOpiav  (so.  dtoOi&v)  zuwenden,  erkennen  wir  den  fort- 
Kkritt,  der  innerhalb  dieses  kreises  an  dieser  stelle  gemacht  wird ; 
<ier  zweite  einwand  unterschied  sich,  wie  wir  eben  gesehen  haben, 
TOB  dem  ersten  dadurch  dasz  er  sich  unmittelbar  gegen  die  einheit 
te  idee  richtete;  der  dritte  geht  noch  einen  schritt  weiter:  er  stellt 
^  einheit,  welche  da  sein  sollte,  aber  nicht  da  ist,  eine  wenn  auch 
zieht  gerade  unendliche,  so  doch  unbestimmbare  Vielheit  gegenüber: 
-kn.  dnrch  den  zusatz  Kai  tuiv  utrö  \i\ay  KaTT)Top(av  wird  auch  die 
■Ogb^rweise  vorhandene  Illusion  beseitigt,  als  ob  etwa  die  zahl 
^  imcTf)|iai  TUIV  dToOttiv  sich  mit  der  der  kategorien  decken  möchte. 

Bms  mit  den  folgenden  werten  ein  neuer  abschnitt  beginnt,  das 
Bsrkisri  schon  die  art  der  einführung:  bisher  lautete  dieselbe  lii 
ö^,  dcoUich  anknüpfend  und  fortfahrend;  jetzt  wird  gesagt  diropr)- 
Ciic  b*  dv  TIC  (z.  34) ,  und  nicht  einmal  das  Kai  in  der  folgenden 
ttüs  venrith  dasz  dies  nicht  die  erste  Schwierigkeit  ist,  auf  die  Ar. 
n  ttosaen  meint:  denn  dieses  ist  eng  mit  ti  noTC  zu  verbinden,  in 
^  that  ist  denn  auch  jetzt  der  angrifispunct  ein  anderer  als  bisher. 
^  ontcnebeidung  des  dinges  an  sich,  wenn  man  diesen  ausdruck  für 
^  idee  gebmnchen  will,  von  dem  ding  der  Wirklichkeit,  sagt  Ar., 
müszig,  falls  doch,  wie  doch  wol  nicht  bestritten  werden 


30    RNoetel:  das  vierte  capitel  im  ersten  buche  der  Nikom.  etbik. 

kann  und  wird  (dies  ist  der  sinn  des  cansalen  elncp),  in  beiden  der- 
selbe begriff,  eben  der  des  dinges,  liegt,  denn  dann  besteht  zwischen 
ihnen  in  bezug  aaf  diesen  begriff  kein  unterschied;  und  so  wenig 
der  mensch  an  sich  [qua  mensch  verschieden  ist  von  dem  einzelmen- 
schen, so  wenig  ist  das  dyaO^v  an  sich,  dh.  die  idee  des  gut^i,  qua 
äTCtOöv  verschieden  von  dem  einzelgut.  der  satz  Q  y&p  dv6pumoc  . » 
oib*  ^  drraOöv  ^  2  f .  enthftlt  also  in  seiner  ersten  httlfte  die  begrün- 
düng  nicht  etwa  fflr  die  worte  cTircp  £v  t€  ainroavBpuiirqi  koI  dv- 
OptdiTi}!  de  Ka\  ö  auTÖc  Xöxoc  ^criv,  6  toö  dvBptl^irou,  sondern  für 
den  verwunderungsvollen  Charakter  der  frage  Tt  irOTC  rqI  ßouXovtm 
X^TCiv  aÖTO^KacTOV :  wenn  zwischen  dem  ding  an  sich  nnd  dem  ein- 
zelding  qua  ding  kein  unterschied  ist,  so  erscheint  allerdings  ihre 
Unterscheidung  als  ein  wundersames  unternehmen,  die  zweite  hllfte 
et  h*  oÖTUic,  oöb'  fj  ätaBöv  bietet  eine  weiterfOhrung  insofern,  als 
hier  das  bisher  allgemein  gesagte  auf  den  besondern  fall  des  droOöv 
angewendet  wird:  auch  die  Unterscheidung  von  aÖTodroOov  und 
dTOiOöv  ist  müszig  und  haltlos.  Ar.  gibt  sich  aber  damit  nicht  zu- 
frieden; er  fingiert  selbst  eine  ein  Wendung  gegen  seine  letzte  be* 
gründende  aufstellung.  man  könnte  einen  unterschied  qua  dxoOöv, 
der  doch  nur  darin  bestehen  könnte,  dasz  die  idee  ein  fidXXov  dTCtOöv 
wftre,  darin  begründet  finden  wollen,  dasz  der  idee  das  prftdioat  der 
ewigkeit  zukommt,  gegen  diese  möglicherweise  auftauchende  auf- 
fassung  wendet  sich  Ar.  im  folgenden :  dXXd  fifjv  oibk  (aber  auch 
nicht  etwa)  . .  i(pTi|i^pou  z.  3 — 6;  diesen  aus  weg,  meint  er,  werde 
man  nicht  gelten  lassen  können^  wenn  man  nicht  etwa  auch  zugeben 
wolle,  dasz  zb.  ein  weiszer  gegenständ  darum,  weil  er  Ittnger  dauere, 
auch  weiszer  sei  als  ein  anderer  von  kürzerer  dauer;  offenbar  ist  der 
zweck  dieses  beispiels  lediglich,  durch  ein  argumentum  ad  hominem 
auf  den  gttnzlichen  mangel  an  berührung  hinzuweisen ,  welcher  zwi- 
schen der  für  die  idee  in  anspruch  genommenen  ewigkeit  und  der- 
jenigen eigenschaft  besteht,  als  deren  prototyp  sie  erscheint. 

Ebenso  offenbar  aber  ist  es,  dasz  hier  nicht  mehr  gegen  die  ein* 
heit  der  idee  des  guten ,  sondern  ganz  direct  und  unmittelbar  gegen 
ihre  ezistenz  gestritten  wird;  sie  wird  als  etwas  überflüssiges  be- 
zeichnet, als  etwas  für  dessen  dasein  es  an  einem  zureichenden 
gründe  fehlt,  man  könnte  hier  eine  Steigerung  finden  wollen,  fthn* 
lieh  wie  wir  sie  vorhin  beobachteten ,  als  wir  sahen ,  wie  der  zweite 
einwand  (*  23 — 29)  sich  unmittelbar  gegen  die  einheit  der  idee  des 
guten  richtete,  wtthrend  der  erste  (*  17 — 23)  sich  diesem  seinem  an- 
griffsobject  nur  auf  umwegen  gen&hert  hatte,  bisher  nemlich  (*  17 
— 34)  wurde  die  einheit  der  idee  bestritten,  also  etwas  das  freilich 
ein  so  unentbehrliches  requisit  der  idee  ist,  dasz  sie  ohne  dasselbe 
gar  nicht  gedacht  werden  kann;  aber  jetzt  erst  (von  *  34  an)  wird 
geradezu  das  Vorhandensein  der  idee  überhaupt  in  frage  gestellt. 
aber  es  Iftszt  sich  auch  noch  ein  weiterer  unterschied,,  eine  weitere 
Steigerung  finden,   was  bisher  vorgebracht  wurde,  das  Iftszt  aller- 

I,  mit  einigen,  nicht  eben  tief  einschneidenden  SndenmgMi,  eine 


RNoetel:  dtt  yierte  ci^itel  im  ersten  buche  der  Nikom.  ethik.     31 

aawendung  auch  auf  andere  ideen  za  als  nur  gerade  die  des  guten; 
Ar.  hat  aber  davon  nichts  angedeutet,  vielmehr  ganz  streng  sich  in 
dem  kreise  von  gedanken  gehalten ,  der  hier  in  der  ethik  zunächst 
ilm  angebt;  jetst  (*34)  wird  das  anders:  die  anwendbarkeit  des  vor- 
getragenen auch  auf  andere  gebiete  als  nur  gerade  das  des  dnraOöv 
ist  nicht  nur  thatsftchlich  vorhanden,  sondern  Ar.  beginnt  auch  gleich 
damit,  dasz  er  dem  was  er  sagt  nicht  nur  eine  allgemeinere,  sondern 
überbaopt  eine  ganz  allgemeine  beziehung  gibt;  nachträglich  erst 
wird  das  dTOiOöv  erwfthnt;  nachdem  ein  anderes  beispiel  vorausge- 
gangen, der  Zusammenhang  mit  dem  thema,  und  zumal  mit  dem- 
jenigen was  bisher  tLber  dasselbe  gesagt  wurde,  ist  jedenfalls  nur 
lose,  vollends  aber  was  nun  folgt,  ^  5 — 7,  das  steht  mit  dem  eben 
besprochenen  in  gar  keiner  innem  Verbindung,  mit  grOszerer  über- 
zengungskraft,  sagt  Ar.,  reden  die  Pjthagoreer  und  Speusippos  hier- 
Aber,  indem  sie  in  die  cuCTOtxia  tuüv  dTCxOuiv  geradezu  die  einheit 
(tö  £v)  au&ehmen.  unter  der  cucToixict  tuiv  dyaOüliV  kann  nichts 
uideres  gemeint  sein  als  jene  reihe  von  begriffen,  welche  mit  dem 
ir^pac  beginnend  das  £v  und  das  äxaGöv  in  sich  schlieszt  und  mit 
dem  TCTpaTuivov  endigt  (Metaph.  I  s.  986'  23—26).  die  meinung 
wird  also  wol  diese  sein,  dasz  bei  den  Pythagoreem  und  Speusippos 
die  einheit  des  dtoGöv  freilich  glaublich  erscheine,  weil  das  dnraBöv 
in  derselben  reihe  zusammenhängender  begriffe  auftrete,  zu  welcher 
aadi  das  £v  gehOre.  die  frage ,  ob  Ar.  wirklich  und  im  ernst  den 
Pythagoreem  eine  verhältnismttszig  befriedigende  lOsung  der  frage 
nadi  der  einheit  der  idee  des  guten  zugestanden  habe ,  oder  ob  es 
ihm  nicht  entgangen  sei,  dasz  doch  die  einfache  aufstellung  des 
postnlates  die  wirkliche  beweisfUhrung  nicht  ersetzen  kann,  und  sein 
Zugeständnis  also  einen  halb  ironischen  Charakter  trage,  diese  frage 
dflrfen  wir  für  unsem  zweck  bei  seile  lassen,  aber  ganz  unabweis- 
bar drängt  sich  die  Wahrnehmung  auf,  dasz  hier  jedenfalls  von  dem- 
jenigen nicht  die  rede  ist,  was  im  unmittelbar  vorangehenden  be- 
sprochen wurde,  und  dasz  es  für  den  comparativ  7n6av(()T€pov  in 
den  Zeilen  *  34 — ^5  an  jedem  vergleichungspuncte  fehlt,  wol  aber 
kommt  Ar.  hier  ganz  sichtlich  auf  dasjenige  zurück,  wovon  er  *  17 
— 34  gehandelt  hat,  und  da  findet  auch  das  TTiOavÜJTepov  seine  be- 
ziehung. drei  ein  Wendungen  hat  Ar.  beigebracht,  die  sich  sämtlich 
gegen  die  von  Piaton  behauptete  einheit  der  idee  des  guten  rich- 
teten ;  daran  kann  sich  nun  recht  wol  die  bemerkung  knüpfen ,  dasz 
einen  gpröszem  schein  von  richtigkeit  (denn  mehr  liegt  in  dem  worte 
mOavuiTCpov  nicht)  die  Pjthagoreer  durch  ihr  verfahren  der  auch 
von  ihnen  verfochtenen  einheit  der  gut- idee  verleihen,  entfernt  man 
nun  diese  worte  von  der  stelle,  wo  sie  ohne  Zusammenhang  und  ohne 
beziehung  stehen,  und  schiebt  sie  da  ein,  wo  sie  beides  finden,  in 
zeiit»  *  34 ,  so  gewinnt  der  ganze  abschnitt  bis  *^  7  an  abrundung :  er 
lerf&Ut  dann  in  zwei  absätze,  von  denen  der  erste,  gröszere  (bis  ^  34, 
einschlieszlich  der  worte  iTi6av(I)T€pov  .  .  dnaKoXouOeiv  bOKcT)  von 
der  einheit  der  idee,  der  andere,  kleinere  von  der  existenz  der 


32     RNoetel:  das  vierte  capitel  im  ersten  bache  der  Kikom.  etbik. 

idee  überhaupt  handelt,   bleiben  wir  bei  diesem  ergebnia  vorlAufi^ 
stehen. 

Dasz  wir  hier  an  einen  gröszem  abschnitt  der  ontersuchang  ge- 
langt sind,  zeigen  die  nächstfolgenden  worte  dXXd  nepl  ^^v  toutujv 
äXXoc  &TUJ  XÖTOC,  ^  7  f.  das  ist  die  formel  mit  welcher  ein  näheres 
eingehen  auf  das  bisher  besprochene  abgelehnt,  die  bisher  verfolgte 
entwicklung  abgebrochen  wird,  die  berechtigung  zu  diesem  ver- 
fahren wird  in  dem  folgenden  satze  nachgewiesen :  toic  öi  Xex^t- 
civ  .  .  TpÖTTOV  dXXov  z.  8 — 13.  der  sinn  dieser  worte  ist  dieser:  bei 
dem  gesagten  (rä  XexO^vra  sind  die  bisherigen  auseinandersetzim- 
gen  des  Ar.)  regt  sich  ein  zweifei,  insofern  nemlioh  die  lehre  gar 
nicht  von  jedem  gut  ohne  unterschied  gemeint  sei,  vielmehr  die 
unterordnimg  unter  eine  gemeinsame  idee  sich  nur  beziehe  auf  die- 
jenigen guter,  die  um  ihrer  selbst  willen  erstrebt  und  gesofafitzt  wer- 
den, während  aUes,  wfis  deren  Zustandekommen  oder  dauer  bewirke 
oder  ihr  gegenteil  verhindere,  nur  ein  relatives  (biä  toOtq)  gut  sei, 
ein  gut  in  einem  andern  sinne  (Tpöirov  dXXov).  die  worte  XifCcOai 
Ka6 '  iy  clboc  rd  kqO  *  aörd  biu)KÖM€va  xai  dTairui^eva  kehren  bald 
darauf,  z.  15  f.,  wieder  in  der  form  Td  Ka6'  aörd  el  X^T^Tai  KOTd 
^iav  Ibeav.  dieser  letzte  satz  wird  von  Ar.  zum  gegenstände  der 
prQfung  (cK€i|iuip€6a  z.  15)  und  dann  der  Widerlegung  (z.  21— >26) 
gemacht;  er  enthält  die  von  ihm  bekämpfte  ansieht  seiner  gegner; 
wenn  nun  an  dieser  stelle  die  worte  XcTCcOai  ht  koB*  Sv  elboc  usw. 
in  einem  adversativen  Verhältnis  stehen  zu  dem  satze  ^f|  iT€pl  irav- 
TÖc  dtaOoö  Touc  Xötouc  clpncdai,  so  dasz  vor  xaO'  aurd  z.  10  ein 
fiövov  oder  fiöva  zu  supplieren  ist,  so  musz  mit  touc  Xötouc  eben 
auch  die  gegnerische  ansieht,  die  der  akademiker,  gemeint  sein,  es 
ist  in  der  that  kein  grund  vorhanden  gegen  den  consensus  der  besten 
und,  wie  es  scheint,  fast  aller  hss.  das  pf|  in  z.  9  zu  tilgen;  man  ist 
freilich  geneigt  statt  des  perf.  elpflcOai  vielmehr  das  präsens  zu  er- 
warten; doch  kann  das  perf.  nicht  auffallen  neben  liroiouv  *  17. 
es  spricht  sogar  manches  geradezu  für  die  beibehaltnng  des  ^f|. 
denn  wenn  man  es  mit  cod.  0  striche,  so  mttsten  freilich  unter  XÖTOUC 
die  bisherigen  auseinandersetzungen  des  Ar.  selbst  gemeint  sein; 
aber  ganz  abgesehen  davon ,  dasz  dann  mit  einer  auch  bei  Ar.  an- 
gewöhnlichen Schwerfälligkeit  z.  9  dasjenige  Xötouc  genannt  sein 
würde,  was  z.  8  XexOcTciv  hiesz,  so  würde  es  ja  nicht  einmal  richtig 
sein,  dasz  diese  erörterungen  sich  auf  iräv  dnraOöv  bezogen  haben, 
jedenfalls ,  mag  man  nun  das  in  früheren  zeiten  viel  umstrittene  iii\ 
beibehalten  oder  tilgen,  liegt  der  logische  accent  auf  den  werten 
X^T^cOai  kqO'  Sv  clboc  usw.:  diese  worte  bezeichnen  einen  stand- 
punct,  von  dem  aus  die  bisherige  polemik  des  Ar.  gegenstandslos 
erscheinen  musz :  denn  während  hier  die  gttltigkeit  der  ideenlehre  aus- 
drücklich auf  den  kreis  der  ko6'  aörd  dTadd  beschränkt  wird,  hat  Ar. 
seine  beispiele  bisher  nicht  nur  aus  d6m  gebiet  entnommen ,  das  er 
z.  16  ff.  als  das  der  dTOdd  xaO  *  aurd  bezeichnet,  darum  verfolgt  er  das 
bisher  gesagte  nicht  weiter,  sondern  begibt  sich  auf  den  standpunct 


B2Sortei:  <Ui  vierte  capitel  im  ersten  buche  der  Nikom.  ethik.     33 

MiBcr  gflgner.  er  prftcmeri  denselben  zunächst,  indem  er  aus  dem 
IvgneineheB  ein^faade  die  ihm  zu  gründe  liegende  nnterscheidung 
«iMiolnter  nnd  relAtiver  guter  heraasschftlt  (z.  13  f.)  und  dann  die 
ktdflno  onter  der  bezeicfanong  diqp^Xifuia  aus  der  betrachtung  ab- 
Miidert  (l  14  f.).  dann  wendet  er  sich  dem  neuen  gegenstände  der 
ntenndinng  lu,  indem  er  die  frage  aufstellt  rd  KoO'  aörä  cxeqidi- 
fieta  ci  Utctoi  Korä  ^iav  Ibäxv  (z.  15  f.).  zu  deren  lösung  ist  natttr- 
üek  TOT  allen  dingen  unerlftsslich,  dasz  der  begriff  der  Ka6'  ai^TOi 
ifM  bestimmt  fixiert  werde,  diesem  zwecke  dienen  die  Zeilen  17 
--20.  eine  doppelte  auffi^ssung  ist  möglich ,  je  nachdem  man  den 
Ugiiff  laxer  oder  strenger  nimt.  die  erste  der  beiden  führt  Ar. 
^kkk  so  ein,  dasz  man  über  seine  gedanken  nicht  mehr  in  zweifei 
MiB  kmn,  mit  dem  fj  {an)  z.  16,  dessen  er  sich  regelmttszig  bedient, 
00  sof  eine  tob  ihm  selbst  angeworfene  frage  die  antwort,  wenn 
«cb  ia  fragender  form,  su  geben;  es  scheint  ihm  natCLrlich,  dasK 
nm  sUes  dasjenige  als  gut  bezeichne,  was  auch  an  und  für  sich, 
ibfeiondert  T<m  allem  andern,  begehrt  wird,  wie  klugsein,  sehen, 
dm  VW,  wenn  er  zur  erklAmng  seiner  entseheidung  hinzufügt 
(L 18  f.),  dasz  man  diese  dinge,  auch  wenn  sie  einmal  mittel,  nicht 
'ntk  ssien,  doch  wol  zu  den  absoluten  gutem  rechnen  dttrfe,  so 
Mrtet  ein  dasz  er  zwischen  den  gdtem  die  nur  zweck,  und  denen 
i»  war  mittel  sind,  noch  eine  dritte  dasse  unterscheidet,  solche  die 
Ud  das  eine  bald  das  andere  sind,  und  dasz  er  diese  classe  ebenso, 
««fl  sie  doch  auch  Movoü^va  bKUKerai,  den  absoluten  gutem  zu- 
gviUi  wissen  wilL  aber  freilich  enthalten  diese  werte  auch  nur 
ens  erUXniBg,  nicht  eine  wirkliche  rechtfertigung  seiner  entscheid 
^Qf;  die  folgt  erat  in  dem  nftcfasten  setze,  und  zwar  auf  indirectem 
ngi.  wollte  man  nicht  auch  die  genannten  gflter  zu  den  drct^d 
n0'  ourä  rechnen,  wollte  man  also  der  strengem  auffsssung  folgen, 
»  wOrde  als  das  einzige  in  diese  classe  gehörende  gut  nur  eben  die 
^  des  guten  selbst  fibrig  bleiben  (f^  oub '  dXXo  oub^v  iTXf|v  rfic 
Acac),  and  da  wäre  es  doch  mtlszig  davon  zu  reden,  dasz  diese  classe 
vter  eine  gemeinsame  idee  fide  (^d^ral0V  TÖ  cTboc).  nicht  etwa 
^  ist  der  anhält  der  polemik,  da^z  gerade  die  idee  des  guten  das 
OBgs  unbedingte  gute  sein ,  sondern  dies ,  dasz  es  Oberhaupt  nur 
«a  aasiges  unbedingtes  gut  geben  soll;  von  dem  dann  zu  sagen, 
^  SS  Kii8'  £v  elboc  Xl(T£Tai,  ist  eine  nichtige  spielerei.  ist  abo 
^  irtrangsre  auCTassung  nicht  durchfllhrbar,  so  bleibt  nichts  ttbrig 
^  d«r  andern  sieh  anzubequemen,  es  sdieint  mir  nötig  dasz  man 
gang  der  beweisführung  sich  recht  klar  mache:  die  auffas- 
dasz  9pov€iv,  6pov  usw.  zu  den  dyaOä  Ka6'  aturrd  zu  zfthlen 
wird  nach  dem  ganzen  zusammenhange  nur  darum  als  die  an* 
bezeichnet,  weil,  wenn  sie  zu  gründe  gelegt  wird,  die 
isnebt  von  der  Unterordnung  sftmtlieher  absoluten  gttter  unter  eine 
f^iiaiauiu  idee  doch  nicht  sofort  hinfUlig  ist,  sondern  erst  der 
fc^KAsa  Widerlegung  bedarf,  vrir  haben  es  also  auch  hier  wieder 
■t  «ner  Steigerung  su  thun,  insofem  Ar.  unter  den  beiden  mög^ 

flrclaM.pUlol.  181»  hfl.1.  8 


34     RKoetel:  das  yierte  capitel  im  ersten  buche  der  Nikom.  ethik. 

liehen  auffassungen  von  derjenigen,  die  alsbald  in  sich  zasammen- 
f&llt,  fortschreitet  zu  der  andern,  bei  der  eine  ausdrückliche  Wider- 
legung angebracht  ist.  die  folgt  denn  auch  alsbald,  2.  21 — 25.  in 
diesen  worten  bezieht  sich  ToOra  z.  21  auf  öca  Kai  ^ovo1i^€va 
biuiKCTQi  z.  17,  und  das  futurum  berjcei  ist  zu  erkl&ren  durch  den 
Zusatz  Venn  anders  die  idee  des  guten  bestand  haben  soll*,  dann 
musz  in  den  dtctOa  xaO'  aurd,  dem  öpfiv,  q)pov€iv,  f|bovai,  Ti^oi, 
ein  und  derselbe  begriff  des  guten  liegen,  gerade  so  wie  im  begriff 
des  Schnees  und  des  bleiweisz  ein  und  derselbe  begriff  der  weisze 
liegt;  das  ist  aber  thatsllchlich  nicht  der  fall,  da  vielmehr  der  begriff 
des  guten  in  der  Ttfxrj,  in  der  q)pöviictc,  in  der  f)bovi^  jedesmal  ein 
anderer  ist.  den  nachweis  ffir  diese  letzte  behauptung  bleibt  Ar. 
ähnlich  schuldig  wie  '  30;  yielmehr  bricht  hier  die  beweisftUurong 
ab,  die  lebhaft  an  diejenige  erinnert,  die  wir  *  17 — 23  fanden;  aach 
hier  wird  der  Widerspruch  zwischen  dem  logischen  erforderais  und 
der  empirischen  thatsache  aufgedeckt,  die  ziehung  der  schluszfolge- 
rung  dem  leser  überlassen,  die  nun  noch  folgenden  worte  oök 
£cTtv  £pa  TÖ  dtaGdv  koivöv  ti  xai  xara  fiiav  Ib^av  (denn  so  wird 
doch  wol  gelesen  werden  müssen ,  nachdem  Bassow  ao.  s.  53  z.  32 
aus  KM  hergestellt  bat  £v  Ti  Kttl  KOiv^  KaTiiTopouji€VOv)  bilden  den 
abschlnsz  nicht  etwa  nur  für  die  letzte  beweisfElhrung  (denn  dann 
würden  sie  lediglich  eine  tautologie  Ton  z.  23—25  sein),  sondern 
für  die  ganze  Untersuchung,  zu  der  sich  Ar.  z.  8  verstanden  hat. 

Blicken  wir  nun  auf  diesen  ganzen  zweiten  abschnitt  zurück 
(^  7 — 26),  so  ergibt  sich  dasz  in  demselben  die  beziehung  der  Unter- 
suchung auf  das  dxoiOöv  mit  grGster  gerwissenhaftigkeit  festgehalten 
wird  und  das  nächste  angriffsobject  bei  der  polemik  gegen  die  ideen- 
lehre  die  einheit  der  idee  bildet;  und  ebenso  wie  in  diesen  materiel- 
len stücken  stimmt  dieser  abschnitt  mit  dem  ersten  (*  17 — 34  und 
^  5 — 7)  auch  in  formeller  beziehung  insofern  überein,  als  beidemal 
in  dem  gange  der  beweisführung  eine  gewisse  Steigerung  beobachtet 
wird,  und  so  sind  denn  auch  die  beiden  abschnitte  unter  sich  durch 
das  Verhältnis  der  Steigerung  verbunden,  im  ersten  bekämpft  Ar. 
die  Platonische  ideenlehre  von  der  Voraussetzung  aus ,  dasz  sie  auf 
alle  dtciOd  ohne  ausnähme  bezug  haben  solle;  im  zweiten  gestattet 
er  seinen  gegnem  sich  in  eine  einschränkendere  auffassuug  des 
Systems  zurückzuziehen,  und  bekämpft  dasselbe  dann  auch  in  dieser 
engem  gestalt.  von  dieser  erkenntnis  der  Verbindung  zwischen  den 
beiden  abschnitten  flült  nun  ein  neues  licht  auf  den  passus  ^  34— 
^  5.  wenn  wir  vorhin  sahen  dasz  .derselbe  durch  ein  versehen  in  den 
ersten  teil  hineingerathen  ist,  in  dessen  Zusammenhang  er  nicht 
passt,  so  müssen  wir  jetzt  erkennen  dasz  er  überhaupt  in  der  ge- 
samten gedankenfolge,  wie  wir  sie  im  übrigen  von  *  17 — ^  26  ent- 
wickelt haben,  keine  angemessene  stelle  findet,  er  läszt  sich  in  die 
regelmäszig  vorrückende  Steigerung  der  beweisführung,  die  wir  be- 
trachtet haben,  nicht  einreihen;  es  würde  nicht  richtig  sein,  wenn 
man  dagegen  einwenden  wollte,  dasz  ja  der  nachweis  für  die  ab- 


HNoetel:  das  Tierte  capitel  im  ersten  buche  der  Kikom.  etbik.     35 

(ichtliehkeit  dieser  sieigenmg  nicht  beigebracht  worden  Bei:  denn 
giiu  ftbgefiehen  davon  dasz  ein  solcher  nachweis  sich  überhaupt 
Hom  einmal  stricte  f&hren  iSszt,  ist  erstens  die  Steigerung  an  sich 
tm  80  gewöhnliches  vehikel  des  logischen  Verfahrens,  und  zweitens 
liegt  diese  Steigerung  hier  so  anf  der  band,  ist  so  ungekünstelt,  dasz 
die  annähme  wenig  glaublich  erscheint,  Ar.  solle  sich  ihrer  beim 
niederschreiben  nicht  bewnst  gewesen  sein,   aber  zugegeben  auch, 
(Usz  man  hiervon  absehen  mOste,  so  ftUt  jedenfalls  schwer  ins  ge- 
wicht, dasz  die  beaiehung  anf  das  &T€tOöv,  also  gerade  derjenige 
piraet,  an  dem  allein  dieses  capitel  seinen  Zusammenhang  mit  der 
etbik  festhält,  nnd  der  eben  darum  sowol  in  *  17 — 34  und  ''5 — 7  als 
udi  in  ^  7 — 26  immer  wieder  betont  wird,  in  jenem  abschnitt  nur 
gU2  ioszerlich  und  vorübergehend  berührt  wird,  und  dasz,  während 
(Out  immer  gegen  die  einheit  der  idee  des  guten  gestritten  wird,  dort 
^«ndeia  deren  existenz  angegriffen  wird,   man  könnte  auf  die  ver- 
lOQtoog  kommen,  dasz  jener  passns  überhaupt  ein  fremder  bestand- 
teil  sei;  er  könnte  wol  so  entstanden  sein,  dasz  ein  leser  sich  eine 
Dotiz,  deren  gegen  die  ideenlehre  polemisierenden  inhalt  er  aus 
irgend  einer  andern  Aristotelischen  stelle  entnahm,   an  den  rand 
bchrieb  zn  der  stelle  ^  7 ;  ah  man  diese  randbemerkung  eines  lesers 
Ar  den  nachtrag  eines  abschreibers  nahm ,  schaltete  man  sie  wenige 
TeileB  zu  hfüi  ein ;  aber  ganz  abgesehen  davon  dasz  es  nicht  gelin- 
ges  würde  diejenige  stelle  ausfindig  zu  machen,  aus  der  unser  ein- 
Khiebsel  geflossen  sein  möchte,  so  wird  weiterhin  (^  33}  ganz  deut- 
U  auf  diesen  passns  recapitulierend  bezug  genommen,  und  die  be- 
t^ttdhmg  in  der  Endemischen  und  in  der  groszen  ethik  zeigt  auszer- 
^,  dasz  auch  in  der  Nikomachischen  die  sonderezistenz  der  idee 
osaütelbar  angegriffen  wurde,     nun  werden  wir  aber  sehen  dasz 
Aoeb  weiterhin  alles  so  fest  und  eng  an  einander  gefügt  ist,  dasz  für 
RS  so  fremdartiges  einschiebsei  nirgends  ein  platz  übrig  bleibt,   da- 
nun  glaabe  ich  dasz  diese  werte  an  den  eingang  des  capitels,  *  17, 
g^ltOroL  dorthin  passen  sie  mit  ihrem  durchaus  prttparatorischen 
<^vakter.   indem  Ar.  sich  anschickt  die  Verwendbarkeit  der  ideen- 
■^  für  die  ethik  zu  prüfen,  hebt  er  zunächst  ein  bedenken  hervor, 
^  üdi  überhaupt  gegen  die  annähme  von  ideen  richtet ,  um  dann 
^•t  sich  dem  eigenüichen  gegenstände  seiner  Untersuchung  zuzu- 
veadca  nnd  die  weitere  ausftthrung,  welche  diese  lehre  von  Seiten 
iW  niheber  gefunden  hat,  vom  standpuncte  der  ethik  aus  mit  be- 
itimmter  nnd  anssehlieszlicher  beziehung  auf  das  äyadöv  zu  prüfen. 
die««  saaahme  gewinnt  eine  stütze  dadurch,  dasz  auch  in  der  groszen 
'^  (die  Endemische  behandelt  die  beiden  puncte  x^up^CTÖv  und 
i^vöv  überhaupt  promiscue)  die  abgesonderte  existenz  der  idee  zu- 
Vit  und  in  aller  kürze  berührt  wird  (s.  1182^  12—18)  und  dann 
c'vt  die  eingehende  betrachtnng  der  idee  als  KOivöv  folgt. 

Dtr  nädiste  abschnitt  reicht  bis  z.  31  oiKCiÖTCpov.  worauf  die 
^H*,  Bit  welcher  er  beginnt,  tcuic  bfj  X^t^Tm,  abzielt,  das  ergibt 
><b  SOS  ihrer  darauf  folgenden  begründung.   der  ausdruck  dtaOöv 

8* 


36     RNoetel:  das  vierte  capitel  im  ersten  buche  der  Nikom.  ethik. 

kann  doch  nicht  zu  denen  gerechnet  werden,  unter  denen  lediglich 
zufiKllig  ganz  verschiedene  dinge  sich  zusammenfinden ;  die  unzweifel 
haft  vorliegende  homonjmie  musz  vielmehr  einen  innem ,  logischen 
grund  haben,  die  verschiedenen  möglichkeiten  dafOr  zählt  nun  Ar. 
auf:  weder  die  herleitnng  der  homonjmie  aus  der  beziehung  auf  ein 
gemeinsames  ziel  noch  die  aus  der  abhfingigkeit  von  einem  gemein- 
samen Ursprung  ist  ihm  wahrscheinlich ;  er  entscheidet  sich  fOr  die 
annähme  einer  homonjmie  aus  der  analogie.  indem  die  daran  sich  an- 
schlieszenden  werte  die  yäp  Iv  cii^MaTi  dipic  usw.  ganz  aufTallend, 
sogar  in  der  anslassung  des  oStujc  ,  an  die  erklftrung  von  analogie 
(Metaph.  IX  6  s.  1048  ^  7  ibc  toöto  dv  tout^i  f^  npdc  toOto,  TÖbe  iv 
Tqjbc  t{  irpöc  TÖb€)  erinnern,  geben  sie  mehr  als  nur  eine  erlSuterung : 
sie  enthalten  die  begrttndung  fCLr  die  entscheidung  des  Aristoteles, 
die  dipic  ist  ein  äTo6öv  (s.  1096^  17),  der  voCc  desgleichen  (*  25); 
die  erklftrung  für  die  flbereinstimmende  benennung  wird  gefunden 
in  der  übereinstimmenden  Stellung  welche  sie,  jedes  in  seinem  kreise, 
dem  cüi\xa  und  der  ipuxni  einnehmen,  ein  weiteres  eingehen  auf 
diesen  gegenständ  wird  dann  aber,  als  nicht  zur  gegenwärtigen 
Untersuchung  gehörig,  ganz  ähnlich  wie  ^  7  f.*  abgelehnt.  —  Fragen 
wir  nun  nach  dem  Zusammenhang,  in  welchem  dieser  abschnitt  mit 
dem  vorangehenden  steht,  so  ist  nicht  schwer  zu  erkennen,  was  den 
Ar.  auf  die  hier  besprochene  frage  geführt  hat.  mit  den  werten  ouk 
£cTiv  äpa  TÖ  draGöv  koivöv  ti  kqi  xaTd  M(av  ib^av  schlosz  der  erste 
teil  des  capitels.  die  einheit  des  begriffs  hat  Ar.  bestritten  und,  seiner 
meinung  nach ,  mit  erfolg ;  die  einheit  der  benennung  ist  eine  unbe- 
streitbare thatsache  die  zur  aufklärang,  eben  wegen  dieses  Wider- 
spruchs, auffordert,  die  art  aber,  wie  diese  frage  vorläufig  erledigt 
wird,  führt  zu  dem  ergebnis,  dasz  ihre  besprechung  gar  nicht  an  diese 
stelle  gehören  würde,  und  bereitet  somit  auf  den  schluszabschnitt 
des  capitels  vor. 

Dessen  thema  geben  gleich  die  ersten  worte  an  ö^ciuic  hk  xax 
nepi  TT^c  ib^ac.  die  weitere  besprechung  der  ideenlehre  soll  als  ent 
behrUch  abgelehnt  werden,  nemlich  als  entbehrlich  für  den  zusanmien- 
hang  der  ethik.  in  den  begründenden  werten  cl  T^p  xai . .  ZiiTeiTai 
z.  32 — 35  ist  mit  Bassow  ao.  das  TÖ  in  z.  32  in  Kai  zu  ändern.  Ar. 
gibt  für  den  angenblick  dasjenige  ab  richtig  zu ,  was  er  bestritten 
hat,  dasz  es  ein  einheitliches  oder  ein  von  den  dingen  gesondertes 
gutes  gibt;  dasz  aber  dieses  Zugeständnis  auch  in  der  that  nur  ein 
augenblickliches  sein  soll ,  das  zeigt  schon  die  sprachliche  form  des 
nachsatzes  bf\kov  ujc  ouk  &v  cTti-  Ar.  stellt  sidi  auf  diesen  stand* 
punct  nur,  um  zu  zeigen  dasz  auch  von  ihm  aus  und  gerade  von  ihm 
aus  die  ideenlehre  für  die  ethik  unfruchtbar  bleibe;  der  grund  ist, 
dasz  die  idee  gerade  vermöge  derjenigen  eigenschaften ,  gegen  die 
Ar.  polemisiert  hat,  nicht  ein  npaKTÖv  oder  ktiitöv  dv6piuiti|i  sein 
könnte;  vOv  bi  TOioÖTÖv  T\  lr]TexTau  weder  gegen  diese  charakt«- 
ristik  seiner  ethik,  als  einer  durchaus  auf  das  praktische  und  empi- 
rische gerichteten  Untersuchung  (vgl.  s.  1094*  22—24.  1095*  5  f. 


RNoetel:  du  vierte  cspitel  im  enten  buche  der  Nikom.  ethik.     37 

16),  Bodi  gegen  die  eben  aufgestellte  behauptung  in  bezug  anf  die 
idce  daB  guten  erwartet  Ar.  irgend  einen  Widerspruch;  er  unterlftszt 
daher  auch  die  begrflndung  der  letztem,  wol  aber  denkt  er  (z.  35) 
tt  die  mOgliebkeit  dasz  man ,  wenn  auch  die  idee  selbst  nicht  em 
irpcDCTÖv  oder  kthtöv  ist,  ihr  oder  der  bekanntschaft  mit  ihr  doch 
mm  praktischen  nutzen  beimessen  möchte ,  sofern  man  meine  dasz 
ae  als  da  muater  dienen  könne,  in  dessen  besitz  man  im  stände  sei 
ndi  die  praktischen  und  erreichbaren  guter  richtiger  zu  erkennen 
oad  leichter  so  erwerben  (1097*  1 — 3).  der  Widerlegung  dieser  an- 
sieht, der  eis  gewisser  schein  von  richtigkeit  nicht  abgesprochen 
wird  (mScevÖTHTa  pk^  ofiv  ix^i  Ttv&  6  Xöroc  z.  3  f.)>  ist  der  rest 
des  eapitels  gewidmet,  in  dem  zunftchst  folgenden  satze  (bis  z.  8) 
ist  tincriiiiatc  in  dem  weitem  verstände  zu  nehmen,  in  welchem  es 
«ach  die  rixvai  in  unserm  modernen  sinne  umfaszt;  das  zeigt  nicht 
10  sehr  TCXvirac  z.  7  als  die  beispiele  in  z.  8  ff. ;  der  sinn  der  beiden 
partieipia  liptiptivai  und  dniZT|ToOcai  (der  paraphrast  ergänzt  sinn- 
gemte  dvairXripiXfcai)  ist  concessiy;  dann  ist  der  sinn  des  ganzen 
psniu  dieser:  *die  supponierte  annähme  von  der  praktischen  nütz- 
lidikeit  der  idee  stimmt  nicht  überein  mit  der  art  wie  die  dirtCTi^jiai 
betrieben  werden:  denn  obwol  sie  doch  alle  nach  einem  dta6öv 
•beben  (vgl.  s.  1094*  1  f.)  und  das  was  ihnen  fehlt  zu  ergänzen 
»eken,  lassen  sie  doch  seine  (des  obersten  &Ta9öv)  kenntnis  bei 
«ite;  und  es  ist  doch  nicht  recht  glaublich,  dasz  die  sämtlichen 
nxvhoi  ein  so  mächtiges  hil&mittel  (wie  nemlich  das  oberste  dta* 
^  als  iropdbciTMA  sein  würde)  nicht  kennen  und  nicht  einmal  nach 
Maeo  besitze  trachten  sollten.'  der  satz  kommt  also  darauf  hinaus, 
ditt  dem  theoretischen  scheine  der  richtigkeit  eine  unwahrschein- 
Bdkett  gegenübergestellt  wird,  die  auf  der  empirie  beraht.  der 
Bachvds,  der  im  folgenden  geführt  wird,  wie  doch  auch  in  der  that 
Toa  dem  obersten  gut  als  TrapdbctTMO  ein  praktischer  nutzen  gar 
u^t  absoaelien  sei,  steigert  diese  un Wahrscheinlichkeit,  indem  er 
^  verfahren  der  TCXViTai  rechtfertigt ,  da  ein  ßoy|6T)M0t  tiiXikoOtov 
gv  aidtt  vorfiege:  weder  für  den  weber  noch  für  den  Zimmerer 
aoeh  für  den  heerführer  noch  für  den  arzt  sei  zum  betrieb  seiner 
thitagkeit  irgend  ein  nutzen  von  der  kenntnis  des  guten  an  sich,  von 
^  sehaoen  der  idee  zu  erwarten  (z.  8  —  11).  auf  ein  bedenken  ist 
Ar.  nur  hinaiehtlich  der  ärztlichen  kunst  gefaszt:  darum  fügt  er  hin- 
a  (x.  11^13),  dasz  auch  der  arzt  bei  seiner  behandlung  nicht  die 
gwidheit  an  sich,  sondern  die  menschliche  gesundheit,  oder  viel- 
Mbr  die  seines  patienten  im  äuge  habe. 

Betrachten  wir  nun  diesen  ganzen  abschnitt  (von  s.  1096  ^  31  an) 
i«h  ciamal  im  zusammenhange,  so  ergibt  sich  dasz  auch  in  ihm  eine 
'^vtlMlinde  Steigerung  stattbidet.  in  wie  fem  dieselbe  in  1096  ^  35 
-1097*  18  an  finden  ist,  davon  ist  so  eben  die  rede  gewesen,  aber 
•^  dieser  ganie  pasaus  steht  zu  dem  vorangehenden  (s.  1096^  31 
-d6)  in  demselben  Verhältnis:  nachdem  der  idee  des  guten  die 
des  npcncTÖv  und  kttttöv  OTaBöv  abgesprochen  ist,  wird 


38  HGuhrauer:  zu  Plutarchoa  ncpl  ^oucucf^c  [c.  3]. 

ihr  schlieszlich  auch  das  genommen,  worauf  sie  allenfalls  noch  einen 
anspruch  auf  berUcksichtigung  in  der  ethik  gründen  konnte,  die 
praktische  nützlichkeit.  so  zerf^lt  das  ganze  capitel  in  zwei  grosze 
abschnitte:  der  erste  (s.  1096^  17  —  ^  26)  bestreitet  die  existenz 
einer  idee  des  guten,  der  zweite  (s,  1096^  31—1097*  13),  der 
durch  den  überleitenden  passus  s.  1096*^  26 — 31  mit  dem  ersten 
verknüpft  ist,  concediert  das  bestrittene  hypothetisch,  um  darzuthun 
dasz  eine  idee  des  guten,  wenn  sie  existierte,  doch  in  der  ethik  keine 
stelle  finden  könnte,  das  ist  dieselbe  steigernde  weiterfUhrung  der 
gedanken,  wie  wir  sie  von  s.  1096*  17—**  7  zu  •»  7 — 25*beobachtet 
haben,  damit  ist  denn  die  in  den  anfangswoFten  des  capitels  t6  be 
kqOöXou  ß^Tiov  !cuic  £niCK^i|iacOai  kqI  bianopficai  ttuic  X€T€Tai 
liegende  frage  erledigt,  und  nun  ist  es  an  der  zeit,  dasz  Aristotele.^ 
formelhaft  abschlieezt  (s.  1097*  13  f.)  kqi  irepl  M^v  toutuiv  im 
TocoÖTOV  elpricOui. 

Cottbus.  Bichard  Nobtbl. 

6. 

ZU  PLÜTARCHOS  nCPI  MOYCIKHC 


In  cap.  3  s.  6,  1  (Volkmann)  wird  unter  den  ältesten  com- 
ponisten  auch  der  Delpher  Philammon  genannt  und  von  ihm  gesagt: 
dXXdi  Kttl  OiXdfiMWva  töv  A€X<pöv  Atitoöc  tc  Kai  'ApT^jiiboc  Kai 
*AndXXu)voc  T^veciv  biiXoicai  iv  ^^Xeci  koI  xopouc  trpüCiTov  irepi  t6 
^v  A€Xq)Otc  l€pöv  CTf)cai.  Volkmann  (s.62,45)  gibt  zu  dieser  stelle 
aus  Bürette  in  m6m.  de  Vacad.  d.  inscr.  bd.  XIV  s.  314  folgende 
notiz :  'Amjot  dans  sa  Version  omet  Latone,  soit  par  oubli,  soit  qae 
ce  nom  manquät  dans  Texemplaire  Grec  du  traducteur,  comme  il 
manquoit  apparemment  dans  celui  du  Gyraldi  (bist.  poet.  II  c.  65*^ 
ed.  LB.)  qui  fait  la  memo  Omission,  en  allöguant  ce  passage  de 
Plutarque.'  Volkmann  selbst  fügt  nichts  hinzu,  auch  Westphal  hat 
die  stelle  unverändert  gegeben,  desgleichen  die  Didotsche  ausgäbe» 
mir  scheint  aber  dasz,  gleichviel  aus  welchem  gründe  die  worte 
AiiToGc  T€  Kai  in  der  Amyotschen  Übersetzung  weggeblieben  sind, 
durchaus  nicht  zweifelhaft  sein  kann,  dasz  sie  wirklich  zu  tilgen 
sind,  denn  wer  hat  je  von  einer  sage  gehOrt,  welche  die  geburt 
der  Leto  znm  inhalt  hat?  meines  Wissens  gibt  es  eine  solche  sage 
nicht;  es  kann  also  aach  von  keinem  dichter  erzählt  werden,  er  habe 
die  geburt  der  Leto  in  seinen  poesien  verherlicht.  das  kann  Plutarch 
in  keiner  seiner  quellen  gefunden  haben ;  dasz  er  aber  aus  sieh  etwas 
so  thörichtes  sollte  hinzugesetzt  haben,  wird  man  ihm  nicht  zutrauen 
können,  wie  überaus  verständnislos  er  sich  audi  bei  seiner  com > 
pilationin  dieser  ganzen  partie  zeigt,  es  liegt  vielmehr  hier  offen- 
bar  ein  glossem  vor;  vielleicht  hatte  der  glossator  dazu  geschrieben 
At^toOc  T^Kva,  und  aus  dieser  glosse,  nachdem  sie  in  den  tezt  ge- 
rathen  war,  ist  Ar)ToOc  T€  Ka\  geworden. 

Waldbnburg  in  80HLBBIBN.  Heimrxch  Guhraubr. 


FSchöll:  litterarisches  zu  Plautus  und  Terentius.  39 

7. 

LITTEEARI8CHES  ZU  PLAUTUS  UND  TBRENTroS, 


L 

Die  stelle  des  DonatuSt  nach  welcher  man  früher  das  lebensalter 
des  Plautus  unter  das  des  Ennius  herabdrOckte,  ist  durch  Ritschi  für 
alle  zeit  unschädlich  gemacht,  ich  glaube  aber  dasz  jener  Irrtum 
überhaupt  nicht  dem  Donatus  selbst  zur  last  flült,  sondern  erst  durch 
die  Überarbeitung  seines  commentars  verschuldet  ist.  es  heiszt  be- 
kanntlich zu  den  werten  Ändr.  prol.  18  Naevium  Plautum  Ennkim] 
in  ginguUs  fnagna  emphasis  esty  sed  ordo  non  est  servcUus:  Ennius 
namque  ante  Plautum  fuit.  sed  quod  est  summae  auäaritatis,  Ennium 
iitttfNttm  dixit,  dabei  ist  nun  auffallend ,  dasz  der  rhetorischen  be- 
merkung  —  und  solche,  oft  recht  treffliche,  macht  ja  gerade  Donatus 
mit  verliebe  —  in  singulis  magna  emphasis  est  mit  sed  ordo  non  est 
servatus  eine  chronologische  notiz  gegenübergestellt  sein  soll,  die  in 
solchem  Zusammenhang  gar  nicht  passend  erscheint  nun  ist  aber  in 
den  letztem  werten  zunächst  auch  noch  nichts,  was  zu  einer  chrono- 
logischen auffassung  nötigte;  es  ist  im  gegenteil  höchst  beachtens- 
wert, dasz  der  ausdruck  ordo  als  rhetorischer  terminus  eine  rolle 
spielt,  gerade  bei  Sätzen  wie  der  vorliegende,  ich  führe  die  einschla- 
gende stelle  des  Quintilianus  an  IX  4,  23  primum  igüur  de  ordine. 
eius  observatio  in  verbis  est  singulis  et  contextis.  singula 
sunij  quae  aovvösxa  diximus,  in  his  cavendum  ne  decrescat 
oratio  et  fortiori  suhiungatur  aliquid  infirmius^  ut  sacri- 
Ugo  für  aut  laironi  petulans :  augeri  enim  debent  sententiae  et  insur- 
gere.  eine  solche  asyndetische  aufzählung  haben  wir  hier  bei  Teren- 
tius :  der  ordo  erforderte  dasz  dabei  die  gröste  autorität  zuletzt  ge- 
nannt wurde,  und  die  war  natürlich,  wo  es  sich  lediglich  um  komische 
dichtung  handelt,  auch  nach  dem  urteil  der  alten  mit  nichten  Ennius, 
sondern  Plautus,  und  somit  stehen  die  werte  sed  quod  est  summae 
auctarücUis,  Ennium  tUtimum  dixit  im  Widerspruch  mit  diesem  urteil, 
Tor  allem  aber  im  unverträglichsten  Widerspruch  mit  dem  sinne  der 
rhetorischen  bemerkung  in  singulis  magna  ,  .  non  est  servatus.  da- 
durch kennzeichnen  sie  sich  deutlich  als  zusatz  eines  scholiasten,  der 
diesen  sinn  nicht  verstand,  der  die  rhetorische  bemerkung  chrono- 
logisch auffaszte,  imd  der  nun  zugleich  seinen  dichter  entschuldigen 
wollte,  vermutlich  entstammen  demselben  scholiasten  auch  die  vor- 
hergehenden werte  Ennius  namque  ante  Plautum  fuit.  nicht  unmög- 
lich aber  ist  es,  dasz  er  erst  durch  einen  fehler  gerade  in  diesem  satze 
zu  seinem  misverständnis  verführt  wurde,  derselbe  würde  ja  chrono- 
logisch genommen  einen  haarsträubendem  irrtum  enthalten,  als  man 
vor  der  zeit  völliger  Verwirrung  und  Verwilderung  litterargeschicht- 
licher  kenntnisse  irgend  jemand  zutrauen  könnte :  höchstens  konnte 
da,  selbst  irrtümlich,  eine  frühere  geburt,  nicht  ein  früheres  leben 
statuiert  werden,  hiesz  es  ursprünglich  vielmehr  etwa  Ennius  nam- 


40  FSchÖll :  litterarischeB  zu  FlAatos  und  Terentias. 

que  ^nominandusy  ante  PlatUum  fuü^    eben  der  emjphasis,  des  ardo 
wegen  hätte  Ennius  besser  seine  stelle  vor  Plaotus  gehabt;  daroh  den 
ausfall  von  nominandus  zwischen  namque  and  ante  wftre  dann  die  vor- 
liegende lesart  entstanden,  und  an  sie  schlosz  sich  jener  widersinnige 
Zusatz  an.  wie  gewöhnlich  der  so  angenommene  hergang  in  der  scho- 
lienlitteratur  Überhaupt  und  bei  Donatus  insbesondere  ist,  bedarf 
keines  beweises.  auch  darauf  braucht  vielleicht  kaum  hingewiesen  zu 
werden,  dasz  nicht  etwa  gegen  diese  darlegungen  eine  instaaz  bilden 
kann  das  scholion  zu  Phcrm,  proL  1  mit  einer  möglichen  oder  schein- 
baren zurückbeziehung  auf  das  in  der  besprochenen  stelle  fUscblich 
betonte  alter  des  Ennius.   denn  wenn  es  ao.  heiszt:  postqitam  poeia 
vetus]  qui  iam  diu  est^  non  qui  iam  diu  fuü:  ergo  ut  vinum  petus^  non 
vetusid  Ennius^  so  könnte  — jene  beziehung  als  wahr  angenommen  — 
diese  bemerknng  von  demselben  bearbeiter  wie  jener  zusatz  herrtlhren 
oder  von  einem  weitem  scholiasten ,  dem  das  interpolierte  scholion 
vorschwebte ;  allein  vielleicht  ist  eine  solche  beziehung  gar  nicht  be- 
absichtigt,  und  dann  kann  in  der  that  für  den  sinn  der  zweiten  stelle 
der  bei  anfführupg  des  Phormio  bereits  acht  jähr  tote  Ennius  als  veius 
qui  iam  diu  fuit  im  gegensatz  zu  Luscius  qui  iam  diu  est  gemeint  sein. 
Ich  itige  anhangsweise  noch  eine  Vermutung  bei  Ober  die  stelle 
aus  Cicero  de  re  pubUca  IV  (bei  Augustinus  de  dv.  dei  II  9),  welche 
l^aevius  und  Plautus  in  eine  Verbindung  bringt,  wie  sie  der  litte- 
raturgeschichte  ins  gesiebt  schlägt:  sed  Peridem^  cum  iam  suae 
tati  maxima  auctoritaieplurimas  annos  domi  et  beUipraefuiesä^ 
versibus  et  agi  in  scaena  non  plus  decuit^  quam  si  Flauius  noster 
vdluisset  aui  NaeviusPubiio  et  Gnaeo  ßcipionibus  aut  CaeciUus  Marco 
Caloni  male  dicere,   man  hat  die  Schwierigkeit  wol  bemerkt,  aber 
meines  Wissens  nirgends  erledigt,  dasz  hier  von  Naevius  anscheinend 
so  gesprochen  wird,  als  ob  derselbe  nicht  invecüven  gegen  die  römi- 
schen groszen  und  spedell  den  P.  Scipio  losgelassen  hätte,  und  doch 
ist  und  war  das  gegenteil  bekannt  genug,   die  allgemeine  unwahr- 
scheinlichkeit ,  dasz  Cicero  eine  solche  thatsaohe  nicht  gewust  oder 
nicht  beachtet  hätte,  wird  nun  noch  durch  einen  besondem  umstand 
vergröszert.  in  seinem  Brutus  15,  60  nimt  ja  Cicero  auf  eingehende 
forschungen  ttber  Naevius  tod  rücksicht,  die  er  selbst  und  Varro  an- 
gestellt, und  Varro  gerade  brachte  die  umstände  des  todes  mit  jenen 
invectiven  in  Verbindung,     das  wissen  wir  aus  Hieron jmus:  nnd 
wenn  es  im  allgemeinen  schon  feststeht,  dasz  solche  angaben  bei 
ihm  im  gründe  auf  Varro  zurQckgehen ,  so  erhält  das  hier  noch  eine 
nähere  bestätigung  dadurch,  dasz  er  den  tod  des  Naevius  in  der 
weise  ansetzt,  wie  nach  Cicero  Varro  that.   ist  damit  die  sachliche 
Unmöglichkeit  jenes  irrtums  für  Cicero  klar,  so  kommt  dazu  ein 
allerdings  untergeordnetes  sprachliches  bedenken :  zwei  beispiele  — 
Plautus  (und  Naevius?)  gegen  die  Scipionen,  Caecilius  gegen  Cato 
—  werden  durch  aut  verbunden:  sollen  nun  innerhalb  des  ersten 
beispiels  die  anscheinend  zusammenge&szten  Plautus  und  Naevius 
gleichfalls  mit  aui  verknüpft  sein?   diesem  kleinen  sprachlichen  wie 


F8eii<Al:  litterarisches  zu  Plsutas  nnd  TerentiaB.  41 

d6B  grossoi  saohliehen  flbelstande  helfen  wir  ab  durcb  die  gering- 
fügig« imd  gewöhnliche  yertauscbnng  von  aut  mit  ut^  nnd  dies  ut 
Naemu  ftgt  sich  sehr  wol  in  den  ganzen  Zusammenhang  der  Cicero- 
fiiscben  stelle.  Cicero  führt  aus :  wenn  man  auch  manche  inyectiven 
den  altattisdieii  komikem  hingehen  lassen  möchte,  dasz  sie  selbst  den 
PeriMes  aof  der  höhe  seiner  Verdienste  und  seines  ruhmes  nicht  ge- 
lefaoot  bfttten,  wttre  ebenso  unpassend  gewesen,  als  wenn  es  Plautus 
den  Sdpionen  gegenüber  (oder  Gaecüius  dem  Cato)  noch  hfttte 
machen  wollen  wie  sein  vorgftnger  Naevius;  was  dieser  —  freilich 
n  seiaflon  schaden!  —  noch  gewagt,  das  wollte  mit  recht  Plautus 
ud  den  nachfolgem  nicht  mehr  angemessen  erscheinen,  ganz  Ter- 
«offieh  wire  es  deshalb  etwa  [a}id  Niieinus  als  glossem  zu  streichen : 
Nasfins  moste  dem  Cicero  gerade  in  diesem  Zusammenhang  in  den 
KU  hnmmen,  nnd  so  yerflocht  er  die  erinnerung  an  ihn  mit  dem- 
Nibci  auf  das  passendste. 

n. 

Die  frage  nach  schauspielerzahl  und  rollenverteilung  bei  Plau- 
Uv  and  Terentins  hat  noch  keineswegs  zu  festen  und  sicheren  resul- 
UUm  gellihrt,  anch  nicht  durch  die  auf  Ritschis  beobachtung  über 
die  bedeotniig  der  griechischen  buchstaben  gegründeten  auseinander- 
ictusgen ,  besonders  Yon  CSteffen  (Acta  societatis  philologae  Lip- 
«aiblls.  107  ff.)  und  HBosse  (quaestiones  Terentianae,  Leipzig 
1S74).  es  liegft  das  zum  teil  an  der  beschaffenheit  der  handschrift- 
Hcben  unterläge,  den  yielfischen  yerwechselungen  der  buchstaben, 
««Um  teils  zo  tahlzeichen  und  unsicheren  ftnderungen,  teils  zu  be- 
daküdMn  annahmen  geführt  haben,  ich  kann  und  will  hier  nidit 
a&M  wieder  dnrdiaprechen ,  sondern  möchte  nur  eine  oombination 
■itttäen,  welche  vielleicht  im  stände  ist  den  schwankenden  unter- 
nekangen  einen  festem  grund  zu  geben,  vielleicht  auch  ein  weiteres 
ateiMse  so  gewlhren. 

Ich  sefaieke  die  bezüglichen  werte  des  Enanthius  de  comaedia 
vorstts,  von  welchen  die  genannten  bearbeiter  wie  ihr  vorgftnger 
Nehnidt  (über  die  zahl  der  Schauspieler  bei  Plautus  und  Terenz» 
Erittgen  1B70)  mit  recht  ausgegangen  sind,  und  welche  seitdem 
dveh  die  diplomatische  ausgäbe  von  Beifferscheid  (vor  dem  index 
NhoL  VratisL  hib.  1874/75  s.  4)  einen  kritischen  übelstand  verloren 
«ad  «n  weiteres  characteristicum  gewonnen  haben :  et  ad  üUimuim  qui 
paHium^  ^  eeeundarum  partium  tertiarumque,  qui  quarii 
eCfiie  qmktü  aetares  esaent^  distribuium  et  divisa  quinquepartüoadu 
^  Mo  fahmla,  die  abgesdimackte  beziehung,  welche  der  grammatiker 
te  ud  anderwärts  zwischen  der  fttnfzahl  der  Schauspieler  und  der 
•^  slatQiert,  können  wir  auf  sich  beruhen  lassen:  beeintrftchtigt 
Bi  deck  nieht  die  gültigkeit  der  angäbe  selbst,  dasz  in  der  neuen  atti- 
«chta  koBÖdie  fünf  Schauspieler  üblich  waren,  dabei  bemerkt  Bosse 
■H  recht,  dasz  bei  der  hier  durchgeführten  vergleichung  mit  den 
verfailtnissen  das  fehlen  einer  abweichenden  angäbe  über 


42  FSchGll:  litterariftches  zu  Plautus  und  Terentiut. 

diese  auf  gleichheit  in  diesem  puncte  hinführe,  damit  verbindet  sich 
nun  sehr  ansprechend  das  schon  von  Schmidt  dargelegte  resaltat, 
dasz  s&mtliche  Plautinische  comödien  auszer  Budens  und  Poenulus 
und  von  den  Terenzischen  wenigstens  zwei  stücke,  Hecjra  und  Hau- 
tontimorumenoSf  mit  fünf  schauspielern  aufgeführt  werden  konnten, 
indessen  da  diese  möglichkeit  bei  den  genannten  Plautinischen  und 
den  übrigen  vier  Terenzischen  stücken  nicht  vorhanden  ist,  da  hier- 
durch zugleich  zweifelhaft  erschien,  ob  da  wo  die  beschrilnkung  allen- 
falls möglich  ist  dieselbe  wirklich  auferlegt,  war ,  wenn  doch  über- 
haupt eine  gröszere  zahl  verwendet  werden  konnte  und  öfters  muste, 
so  kam  man  nicht  eben  weit  mit  jener  beobachtung.  Steffen  verlangt 
von  vorn  herein  sechs  Schauspieler,  und  auch  Bosse  hält  trotz  einiger 
einwendungen  diese  meinung  für  'quodam  modo'  annehmbar;  beide 
aber  müssen  noch  mehrfach  darüber  hinausgehen,  Bosse  nicht  so 
oft  und  stark,  weil  er,  wie  gleichzeitig  andere  gelehrte  (Dziatzko, 
W  Wagner),  auch  eine  Verteilung  derselben  rolle  unter  mehrere  Schau- 
spieler für  zulässig  und  thatsächlich  erklärt,  besonders  betont  Bosse 
auch,  dasz  zwei  hauptschauspieler  vor  allen  übrigen  bedacht  worden 
seien,  und  dafür  will  er  noch  einen  umstand  geltend  machen,  der 
recht  erwogen  und  gründlicher  vorgenommen  uns  zu  einem  ganz 
andern  und  neuen  resultat  führen  wird.  Bosse  sagt  s«  47:  'sen- 
tentia  mea  vero  confirmari  videtur  eo,  quod  etinomnibusdidas- 
caliis  praeter  eam  quae  Ambrosiano  codice  traditaest 
et  in  Omnibus  Donati  praefationibus  duo  actores  ad  unam 
fabulae  actionem  commemorantur'  und  wieder  s.  49 :  ^explicavimua 
quomodo  factum  sit  ut  in  omnibus  didascaliis  Terentianis 
dnorum  actorum  nomina  inveniantur.'  das  hat  nun  Bosse  allerdings 
nidit  gezeigt  und  konnte  er  nicht  zeigen,  schon  das  6ine  ist  bedenk- 
lich, dasz  er  zwar  zugibt,  der  ausdruck  egÜ  oder  egere  habe  von  haus 
aus  in  den  didascalien  'zur  aufführung  bringen'  bedeutet,  also  den 
dominus  gregis  bezeichnet,  dasz  er  aber  annimt^  derselbe  sei  durch 
misverständnis  der  grammatischen  bearbeiter  der  didascalien  auf 
die  beiden  hauptacteurs  bezogen  worden,  vor  allem  aber  hat  Bosse 
nicht  einmal  den  thatbestand  richtig  und  genau  angegeben,  aller- 
dings heiszt  es  in  den  didascalien  zu  Andria,  Eunuchus,  Phormio 
und  Adelphoe  egere  L.  Ambivius  Turpio  X.  Aiüius  Praenestinus^  und 
nur  insofern  zeigt  sich  bei  zweien  derselben  noch  eine  ab  weichung, 
dasz  in  der  einen  Überlieferung  an  zweiter  stelle  der  name  Minudus 
Prothumus  erscheint,  diese  namensdifferenz  und  ihre  erledigung  hat 
natürlich  für  die  uns  beschäftigende  frage  gar  keine  bedeutung;  von 
wesentlicher  bedeutung  ist  es  dagegen ,  dasz  wir  jenen  vier  didas- 
calien, in  denen  mit  egere  zwei  namen  eingeführt  werden,  zunächst 
die  didascalie  zum  Hantontimorumenos  gegenüber  zu  stellen  haben, 
wo  es  einfach  heiszt  egü  ÄmbivitAS  Turpio  (gerade  so  wie  in  der 
Stichusdidascalie  (egü)  T,  Füblüius  FeUio)^  und  dazu  gesellt  sich 
die  Überlieferung  der  Hecjrradidascalie  mit  egit  Luc.  Ambivius  Luc. 
Sergius  Turpio:  daraus  macht  man  durch  Umstellung  wieder  zwei 


FSchöll:  litteArisches  zu  Piautas  und  Terentius.  43 

ädores;  wenn  wir  aber  bedenken,  dasz  von  den  beiden  namen,  welche 
xwiscken  nomen  nnd  cognomen  des  Terenzischen  damiims  gregig  ein- 
gcsdioben  sind,  der  eine  das  praenomen  dieses  dominus  wiederhoU, 
dsss  sndem  egü^  nieht  egtre  überliefert  ist:  dann  werden  wir  vielmehr 
inzonehmen  haben,  dasz  durch  ein  versehen  Ltic.  Sergius  hineingekom- 
men war  und  durch  Lue.  Ambivius  corrigiert  wurde  —  daher  die  stel- 
kmg,  daher  das  egü:  und  so  egüque  L,  Ambivius  bietet  I>onats  prae- 
fstio.  die  willkttr  derjenigen  bearbeiter  der  Terenzischen  didascalien, 
welehe  entgegen  der  üb^lieferung  überall  egU  statt  egere  (oder  gar 
^htnlilpgere  mit  zwei  namen)  herstellen  wollen,  brauchen  wir  in  einer 
(Uriegang  kaum  ^u  erwähnen,  welche  eben  so  sehr  sich  auf  die  über- 
Uefenmg  gründet  als  ihrerseits  dieselbe  begründen  wird,   wol  von 
aelbst  hat  jetst  schon  jeder  aufmerksame  leser  den  angegebenen  that- 
beitud  in  gedanken  combiniert  mit  dem  vorher  berührten  umstand, 
dftiz  gerade  die  beiden  stücke  Hautontimorumenos  und  Hecjra  die 
ffl^liclikeit  boten,  durch  die  als  stehend  überlieferte  zahl  von  fünf 
adianspielem  dargestellt  zu  werden,  und  damit  wieder  wird  man 
QiwiUkflrlich  sogleich  die  weitere  thatsache  verbinden,  dasz  gerade 
dieie  stücke  notorisch  nicht  contaminiert  sind,  von  den  übrigen  da- 
gegen dni  sicher,  der  Phormio  vielleicht  aus  zwei  stücken  zusammen- 
i$«irbeitet  ist.    nnd  daraus  ergibt  sich  meines  erachtens  folgendes 
gesicherte  reaultat:  fünf  schanspieler  waren  herkümlich  in  der  neuen 
attischen  komödie;  diese  einrichtung  übernahmen  die  Bömer:  eine 
caUna  bestand  aus  fünf  aäares^  unter  denen  der  erste  zugleich  dami- 
mugregis  war;  erforderte  ein  stück  mehr  personal,  so  wurden  zwei 
tBimae  zusammen  gemiethet,  daher  das  ^ere  mit  zwei  namen,  zwei 
<Miii  in  den  personenreicheren  stücken  des  Terentius,  wie  dies'auch 
Dositos  an  die  band  gibt  praef.  Ad.  s.  7, 10  Bff.  wenn  aber  unter  den 
TeicBsJichen  stücken  nur  zwei  sich  mit  der  herkömlichen  zahl  be- 
gBfigca,  wfthrend  unter  den  weit  zahlreicheren  Plautinischen  nur 
eben  so  viele  dieselbe  überschreiten,  so  steht  das  im  besten  einklang 
Bit  dem  gesteigerten  aufwand  überhaupt,  und  mochte  dem  Teren- 
üu  noch  durch  seine  vornehmen  gönner  besonders  erleichtert,  firei- 
üch  wol  auch  durch  seine  Widersacher  besonders  geneidet  werden. 
ÖS  aber  denn  doch  überhaupt  auch  unter  den  Plautinisuhen  stücken 
zvci  schon  sich  ein  mehr  gestatten ,  so  ist  die  mOglichkeit  offen  zu 
Uten,  dasz  auch  bei  anderen  stücken,  die  allenfalls  von  fünf  auf- 
ftfUirt  werden  konnten ,  doch  mehr  verwendet  wurden,   hier  kann 
ucht  allein  die  beobaehtung  gewisser  unzutrftglichkeiten ,  die  durch 
lia  SQ  besehrftnktes  personal  entstehen  konnten,  ins  gewicht  fallen 
—  dsrgleicben  hat  keine  durchschlagende  beweiskraft  —  wol  aber 
kua  gende  hier,  auf  dem  gewonnenen  boden,  die  Überlieferung  der 
pieeUsehen  bnchstaben  erg&nzend  eintreten ,  nnd  gerade  hier  Ittszt 
nch  Boch  ein  specieller  gesichtspunct  geltend  machen,  in  der  stelle 
dci  Eoanthius»  von  der  wir  ausgehen  musten,  sind  —  nnd  zwar  erst 
uch  der  durch  Beifferscheids  ausgäbe  gewonnenen  gestalt  —  deut- 
*^  zwei  gruppen  unterschieden,  drei  hauptschauspieler  (nicht  zwei. 


44  FSchöU:  litterarischea  zn  Plauhis  und  Terentius. 

wie  Bosse  will) ,  yon  denen  natürlicli  der  erste  wieder  bedeutender 
sein  muste,  nnd  zwei  untergeordnete:  das  gibt  teils  die  Wiederholung 
des  quiy  teils  der  Wechsel  yon  qui  primarum  partium,  quiseatnäa- 
rum  partium  tertiarumque  mit  qui  quarti  loci  aique  qui^Ui  aäares 
essent  unzweifelhaft  an  die  hand{  und  das  Verhältnis  ist  zudem  durch- 
aus sachentsprechend,  man  vergleiche  auch  Donatus  praef.  s.  3,  6; 
6,  20;  10,  1;  14,  9  Bff.  (etwas  anders  12,  15).  mit  dieser  deut- 
lichen Unterscheidung  berührt  sich  nun  offenbar  der  unterschied  in 
der  buchstabenbezeichnung,  dasz  die  hauptrollen  durch  die  anfangs- 
buchstaben  des  alphabets,  die  nebenrollen  durch  spätere  schriftzeichen 
notiert  sind :  es  liegt  auf  der  band,  in  welcher  weise  dies  zu  verwerten 
sein  wird,  endlich  aber  erö&et  sich  noch  eine  weitere  aussieht ,  die 
schon  damit  angedeutet  ist,  dasz  bei  Terentius  gerade  zwei  nicht 
contaminierte  stttcke  durch  fünf  Schauspieler  darstellbar  sind  und 
wirklich  yon  6iner  caterva  dargestellt  wurden,  steht  dies  in  innerm 
zusammenhange y  so  würde  folgen,  dasz  demnächst  auch  der  Phor- 
mio  und  weiter  von  Plautus  Budens  und  Poenulus  contaminiert  sind, 
und  dasz  gerade  was  die  erhöhte  schauspielerzahl  nötig  macht  uns 
art  und  grenzen  der  contamination  an  die  band  gibt,  es  hätte  dann 
unsere  darlegung  einer  schon  öfter  aus  bloszer  Vermutung  hingestell- 
ten meinung  thatsächlichen  anhält  geboten,  und  für  die  so  vagen 
Untersuchungen  über  contamination  wäre  wenigstens  einiger  anhält 
gewonnen,  natürlich  ist  aber  auch  die  bedeutung  dieses  gesicht&- 
punctes,  wenn  er  überhaupt  sich  bewähren  sollte  —  und  das  musz 
näheren  forschungen  vorbehalten  bleiben  —  eine  sehr  beschränkte, 
da  ja  contamination  zu  einer  Vermehrung  des  personals  sehr  leicht 
führen  konnte,  nicht  aber  dazu  führen  muste,  also  ein  durch  fünf 
adares  spielbares  stück  nichtsdestoweniger  contaminiert  sein  kann, 
und  so  werden  wir  uns  wol  auch  fürderhin  mit  der  allgemeinen 
thatsache  begnügen  müssen,  dasz  Plautus  contaminiert  hat ,  können 
vielleicht  hinzufügen,  dasz  auszer  den  Commorientes  die  beiden  stücke 
Budens  und  Poenulus  contaminiert  sein  mögen;  den  nachweis  im 
einzelnen  können  nur  die  glücklichen  unternehmen,  welche  das  giäs- 
chen  wachsen  hören. 

m. 

*Quam  fabulam  graecam  Plautus  Sticho  ezpresserit,  nesdmus; 
verba  enim  adelpkoe  menandbu  in  versu  6  corrupta  esse  apparet 
(conf.  Bitschelium  parerg.  I  pag.  270  seq.),  nee  constat  utrum  fa- 
bulae  an  poetae  an  adeo  utriusque  nomen  falso  in  didascaliam 
irrepserit'  so  äuszert  sich  Studemund  in  seiner  sonst  in  jeder  be- 
Ziehung  gründlich  abschlieszenden  behandlung  der  Ambrosianischen 
didascalie  (commentationes  philologae  in  honorem  Th.  Mommseni 
s.  801),  und  er  gibt  damit  zu  erkennen,  dasz  er  von  den  ausfüh- 
rungen  Bitschis,  auf  welche  er  im  allgemeinen  verweist,  nur  das 
negative ,  nicht  das  positive  billigt,  in  der  that  ist  es  unbegreiflich, 
wie  man  die  von  Bitschi  allerdings  näher  und  besser  begründete 


FSehöll:  litterariiclies  zu  Plautas  und  Terentiiu.  45 

b/potbase  KFHennaims,  dasz  philadelphoe  menandru  zu  lesen  sei, 
«asi  meist  angenommen  hat  ist  sie  doch  in  Teuffels  litteratur- 
gesefaichte  als  nackte  thateache,  ohne  Fragezeichen  hingestellt,  wfth- 
rcnd  zh.  die  besser  begründete  hypothese  Ladewigs  über  das  original 
der  Menaedunen  angezweifelt  wird,  nnd  doch  hatte  Ritschi  selbst 
tJB  dorchschlagendes  bedenken  nicht  unterdrückt,  wenn  er  auch  das 
gewicht  desaelben  berabzndrücken  sachte,  es  spielen  im  Stichos 
xwei  brfider  und  zwei  schweetem.;  allein  weder  die  liebe  der  scbwe- 
iterm  anter  einander  noch  die  der  brüder  anter  einander  wird  ge- 
schildert, anch  nicht  die  liebe  der  brüder  zu  den  Schwestern  irgend 
hecaii«gelioben ,  sondern  nur  die  liebe  der  beiden  Schwestern  zu  den 
beiden  brfldem  ist  es,  wodurch  die  handlang  bedingt  wird,  während 
nf^eidi  die  Hebe  der  brüder  zu  den  sehwestem  zwar  nicht  so  aus- 
drfleUidi  hervorgehoben  wird ,  aber  doch  aus  ihrer  treuen  rückkehr 
nad  ihrem  goten  einvernehmen  erhellt  der  begriff  der  gattenliebe 
iit  €s  also,  welcher  der  tendenz  des  Stückes  entspricht,  keineswegs 
der  der  geaehwiaterliebe,  der  doch  in  <piXdb€X90C  liegt  über  die  in 
diesen  worten  geftuszerten  bedenken  wollte  sich  ätschl  mit  der 
thitaaehe  bemhigen,  dasz  titel  im  altertum  nicht  vom  wesentlichen 
dei  inhalta  entnommen  za  sein  brauchen,  allein  hier  wAre  ja  nicht 
fianal  etwas  unweeentliches,  sondern  etwas  gar  nicht  hineinspielen- 
des  nun  titel  genommen:  denn  wenn  Bitschi  schlieszlich  0iXdb€Xq>oi 
ftboeettt  *die  beiden  sich  liebenden  geschwisterpaare',  so  fehlt  einer 
»oldwn  deutung  doch  jeder  halt  nehmen  wir  noch  hinzu  dasz  die 
ftigmente  der  <^iXd2>€Xq>oi  sich  wol  allenfalls  mit  dem  Stichns  ver- 
■itkeln  lassen,  dasz  sie  aber  keine  einzige  auffiLllige  übereinstim- 
■a«g  zeigen,  dasz  sie  somit  nach  allen  erfahrungen  auf  diesem  ge- 
Vi«U  der  forschung  einer  begründeten  identitfttsannahme  nicht  im 
wijge  stehen,  keineswegs  aber  selbst  eine  solche  annähme  begründen 
Uaaen:  dann  mnsz  man  Studemund  gewis  recht  geben,  wenn  er 
dine  so  positiv  hingestellte  Vermutung  einfach  hat  fallen  lassen, 
ich  fennag  aber  dieselbe  noch  weniger  zu  billigen,  weil  ich  nicht 
«iamal  —  wie  Stademnnd  ao.  —  in  den  negativen  darlegungen,  auf 
««kken  jene  vermutong  basiert,  Bitschi  beistimmen  Kann,  ich  glaube 
vietaidur,  jn  ick  glanbe  zu  wissen  dasz  —  wovon  seit  Bitschi  nie- 
■and  etwas  wissen  wollte  —  zwei  verschiedene  stücke  des  Menandros 
«Bter  dem  titel  'Ab€XqK>i  existiert  haben,  von  denen  das  eine  Teren- 
tiiu, das  andere  Plautas  übertragen  hat.  Bitschi  sagt  ao.  s.  270,  er 
würde  die  müglichkeit  dieser  annähme  nicht  einmal  erwähnen,  wenn 
licht  Menanders  *Ab€Xq>oi  ß'  ?nrklich  einmal  in  den  scholien  zu  Pia- 
ton s.  319  Bk.  citiert  würden;  er  fügt  aber  hinzu:  gegen  dies  citat 
■firache  spfort  entscheidend,  dasz  gerade  der  gedanke,  um  deswillen 
jcaes  scholion  Menanders  Adelphen  anführt  (KOivd  rd  Tdiv  (piXuiv), 
tkh  bei  Terentias  wiederfindet  {ad.  804  cammunia  esse  amicorum 
«<<r  je  einia),  nicht  etwa  bei  Plautus  im  Stichus.  darauf  ist  zu 
«widern:  angenommen  einmal,  jenes  citat  wäre  richtig  —  was 
Ugt  daraus  als  dasz  eben  Terentius  die  zweiten  Adelphen  des  Me- 


46  FSchÖll :  litterarisches  zu  Plautus  und  Terentiae. 

nandros,  Plautus  demnach  die  ersten  übertrug?  denn  wenn  Bitfichl 
sagt,  gerade  das  Terenzische  stück  würde  unter  der  Voraussetzung 
von  zwei  gleichnamigen  komOdien  als  'Ab€Xq>oi  a""  zu  bezeichnen 
sein,  so  entbehrt  diese  behanptung  des  grnndes.  Bitschi  meinte 
aber  mit  Grauert  (bist.  u.  philol.  anal.  p.  136  f.)  und  Könighoff  (de 
ratione  quam  Ter.  in  fabulis  graecis  latine  convertendis  secutus  est, 
Köln  1843,  s.  62),  auf  das  einmalige  eitleren  von  'Ab€Xq>o\  ß'  sei 
nichts  zu  geben  und  jenes  ß'  entslamme  einer  corruptel.  dasz  der- 
gleichen comiptelen  vorkommen,  kann  und  braucht  ja  nicht  geleug- 
net zu  werden ;  in  diesem  falle  handelt  es  sich  aber  nicht  um  eine 
einmalige  citation.  das  zeugnis  der  Platonscholien  tritt  bestfttigend 
zu  dem  der  ßtichusdidascalie,  spricht  direct  dasselbe  aus,  was  jene 
implicite  enthält,  wenn  nun  zu  diesem  doppelten  Suszem  zeugnis 
für  eine  zweite  Menandrische  komödie  'AbeXqpoi  die  innere  bestftti* 
gung  hinzutritt,  dasz  im  Stichus  wirklich  zwei  brüder  eine  so  her- 
vorragende rolle  spielen,  dasz  um  ihre  heimkehr  sich  das  ganze  stück 
dreht:  so  darf  man  schon  hier  fragen,  was  man  eigentlich  noch  mehr 
verlangen  soll?  und  doch  kann  einem  weitem  verlangen  genfige  ge- 
schehen, bei  Stobaios  anth.  LVI  3  finden  sich  unter  dem  lemma 
Mcvdvbpou  'AbcXcpuiV  folgende  verse:  xa^P*»  ^  «P'^H  V\j  ^*o  xP^^vou 
TToXXoO  c '  IbuiV  I  dcTTdZofim  •  touti  TÖtp  oö  nficav  ttoiä  |  Tf|V  Tflv, 

ÖTttV  bi  TOUflÖV  ic\h\3J  XWJp(0V  |  TÖ  T^P  Tp^<pOV  fl€,  TOÖT*  ^ydl  XpIviU 

Oeöv.  in  der  gröszem  ausgäbe  des  Menandros  nahm  Meineke  an ,  das 
konnten  nur  worte  des  Demea  sein ,  der  auf  sein  landgut  zurückge- 
kehrt darüber  seine  freude  ausspreche ,  und  Meineke  schlosz  daraus, 
bei  Menandros  hfttte  im  gegensatz  zu  Terentius  das  stück  teilweise  auf 
dem  lande  gespielt,  dagegen  machte  Grauert  geltend,  eine  solche  an- 
nähme sei  von  vom  herein  bedenklich ,  verstosze  gegen  die  drama- 
tische Ökonomie,  zudem  aber  passten  für  die  angenommene  Situation 
nicht  die  worte  btd  XP<^vou  iroXXoO  c^  ibd)V.  (übrigens  passt 
das  ganze  auch  nicht  Älr  den  charaktcr.)  da  nun  Justinus  n€p)  fio- 
vapxtac  den  letzten  vers  xd  f&p  Tp^qpov  ^€,  toOt*  ifw  Kp(vui  6€Öv 
als  ^v  'AXicCci  vorkommend  citiert,  so  nahm  Grauert  ein  falsches 
eitat  bei  8tobaios  an  und  verwies  sämtliche  verse  in  die  *AXi€tc.  dem 
schlosz  sich  Meineke  in  den  fragm.  com.  gr.  IV  s.  76  an  und  ebenso 
Ihne  (quaestiones  Terentianae,  Bonn  1843,  s.  31).  wenn  wir  aber 
nun  im  Stichus  III 1  finden,  wie  der  eine  bruder  heimkehrt  von  der 
langen  reise,  wenn  derselbe  IV  1  nochmals  darauf  zurückkommt  und 
V.  18  f.  (s=  523  f.)  sagt:  {idm  redeo,)  nimidst  roluptas^  $(  diu 
afueris  domo,  \  dömum  übi  redieHs,  si  tibi  nuUa  aegritudo  animo 
öbviamsi :  sollen  wir  da  bei  Stobaios  abermals  eine  ähnliche  corruptel 
annehmen  wie  in  der  didascalie  und  dem  scholion  —  oder  sollen 
wir  auf  ein  solches  zusammentreffen  etwas  geben?  dasz  Menandros 
die  gnome  rd  jap  Tp^90V  usw.  auch  in  den  'AXteic  verwenden 
konnte,  bedarf  keines  beleges,  man  braucht  also  gar  nicht  etwa  bei 
Justinus  eine  citais  Verwechselung  anzunehmen :  und  doch  wäre  dies 
ebenso  berechtigt  wie  die  umgekehrte  annähme  jener  gelehrten,  ja 


FSchW :  litterarisches  zu  Plautas  und  Terentius.  47 

jiUt  Boeh  berechtigter,  da  wir  yon  den  'AXi€ic  gar  nicht  wissen,  ob 
eine  (teile  wie  die  bei  Stobaios  citierte  in  die  handlung  passte ,  wol 
iber  Ton  unsem  Adelphen.  aber  noch  nicht  genug,  dieselbe  yer- 
wechselong  des  citates  'Ab€Xq>ot  mit  'AXi€tc  hat  Ihne  ao.  s.  32  nach 
Be&fejB  Yorgang  noch  einmal  statuiert  fttr  Athenaios  X  431*^  mit  den 

TerMDÖKTUI  TtC  ÖlTOXCTv  &V€ßÖa  Ka\buib€Ka  I  KUdGODC,  l\X)C  KaT^C€tC€ 

qHXoTi^oü^evoc.  (fix  die  Schilderung  eines  trinkgelages  mit  comment, 
wie  es  diese  verse  voraussetzen,  ist  allerdings  in  den  Menandrisch- 
Terensischen  Adelphen  kein  schicklicher  platz;  bevor  wir  aber  zum 
Tierteiunal  dasselbe  wegcorrigieren ,  werden  wir  uns  besinnen ,  dasz 
wir  am  scbloaz  des  Sticfans  das  allerausgedehnteste  trinkgelage  vor 
nns  sehen,  wo  na.  vorkommt  (v.  706  ff.)  vide  quat  cyathos  hü^us. 
r  M  qitat  dfgiti  Hbi  «unl  in  manti.  |  cdntio  graecäst:  fl  itivx^  ^  xqIu 
w  1)  ^if  xmapa.  |  f  iiOn  propino.  ddcumum  a  fönte  t^  tute  inde^  $i 
9Qfis,  wir  Bind  aber  auch  damit  noch  nicht  zu  ende,  ich  will  kein 
gewicht  dmraaf  legen,  dasz  der  vers  Ti  noXXa  TTipcTv  TroXXä  bei 
bchoutöra;  beiTerentios  nichts  entsprechendes  hat,  sehr  wol  aber 
ia  original  des  Stichns  I  2  im  gesprSch  des  vaters  mit  den  töchtem 
vorkommen  konnte,  vgl.  v.  135;  aber  noch  zwei  weitere  Fragmente 
•SB  Monanders  Adolphen,  welche  uns  Stobaios  erhalten  hat,  für 
die  man  keinen  oder  keinen  passenden  platz  in  dem  Terenzischen 
ittck  aasfindig  machen  konnte,  geben  eine  unmittelbare  handhabe 
nr  a&knflpfang  an  den  Stichns.  zunftchst:  oö  iravTcXaiC  bet  ToTc 
voviyK>ic  iiTiT^iT€iv,  |  dXX*  dvTiTdTT€c6*-  €l  hl  fif|,  Tdvuj  Kdrui  I 
^ürv  6  ßioc  Xnc€t  ^6TacTpaq>€\c  6Xoc.  über  die  mofe  curU>si ,  male 
«oMm  macht  der  parasit  im  Stichns  ganz  fthnliche  refiezionen  v. 
198  £  sed  cwrion  9%M  hie  compdwris  mcMy  \  äli^nas  qui  res  cürant 
Mm  mdMMNO,  |  quibus  ipsis  nuüast  r6s  quam  procur6nt  sua.  noch 
Behr  aber  ist  zu  geben  auf  die  verse :  f  pTOV  eöpetv  cuTT^vf)  |  n^VT)- 
t6c  kviv*  oiibk  ek  t^p  ömcXotci  |  aimli  iTpocr)K€iv  töv  ßoriOeiac 
Tnric  I  bcöpevov*  aircicOai  xdp  d^a  ti  irpocboK^.  diese  worte,  wel- 
the  bei  Terentius  kaum  eine  oder  nur  eine  ganz  ftuszerliche,  deshalb 
neh  verschieden  bestimmte  anknüpfung  finden  konnten ,  berflhren 
oaes  der  wesentlidien  motive  des  Stichns ,  in  welchem  die  brüder 
Sich  Vergeudung  ihres  Vermögens  dem  Antipho  fremd  und  gleich- 
gflltig  werden,  nm  dann,  mit  schätzen  wieder  heimgekehrt,  sofort  die 
Terwiadt&chafllichste  liebe  und  Zärtlichkeit  bei  ihm  zu  finden. 

Ich  denke,  dies  alles  ist  hinreichend  und  mehr  als  wir  brauchen : 
ci  könnte  —  so  wenig  ich  dafür  eine  nötigung  sehe  —  die  eine  oder 
Midero  von  den  vorgefahrten  beziehungen  wegfallen,  und  doch  würde 
tt  Mch  gerechtfertigt  erscheinen,  wenn  ich  aufgrund  der  gegebenen 
MslUsnog  im  gegensatz  zu  Studemund  und  anderen  sage:  'quam 
Uolam  graecam  Plautns  Sticho  ezpresserit,  scimus:  verba  enim 
AottKOB  MBMAHDBC  in  vorsu  Gincorrupta  esse  apparet.' 

Hbidblbbb«.  Fritz  Scholl. 


48  RSprenger:  zu  TerentiuB  Eunuchaa  [prol.  4]. 

8. 
ZU  TERENTIUS  EUNÜCHÜS. 


Si  quisqtUKmst,  qui placke  se  studetU  Inmis 
quamplMrumis  et  minume  mulios  laSderty 
«n  Ms  poeta  hie  nömen  profttetür  sw>m. 
tum  siquis  est,  qui  dictum  in  se  indem^ius 
existumalnt  ^sse,  sicexfstumety  b 

respönsum,  non  dictum  esse,  qma  laesü prior, 
qui  h6ne  vörtendo  et  edsdem  scribendö  male 
ex  Grands  hanis  LaHnas  fecU  nön  bonos» 
es  nimt  mich  wunder,  dasz  noch  niemand  an  dem  in  se  in  v.  4,  dessen 
Überlieferung  allerdings  schon  zu  Donatus  hinaufreicht,  anstosz  ge- 
nommen hat.  denn  erstens  ist  die  erklärung  desselben,  dasz  mit  dem 
siquis  Luscius  Lanuyinus,  der  malevolus  po^a,  gemeint  sei,  durchaus 
sprachwidrig,  da  cUiquis  immer  indefinit  ist,  wie  ja  auch  Phofm. 
prol.  12,  wo  dieselbe  formel  wiederkehrt  {nunc  siquis  est,  qui  hoc 
dicat  aut  sie  cogüet),  der  dichter  mit  dem  siquis  irgend  einen  be- 
liebigen aus  dem  publicum  meint,  zweitens  wäre  es  Terwunderlich, 
wenn  der  dichter  sich  bei  seinem  Widersacher,  gegen  den  er  ja  sonst 
ziemlich  rücksichtslos  vorgeht,  vor  einem  neuen  ausfall  gewisser- 
maszen  entschuldigen  wollte,  dagegen  muste  ihm  alles  daran  liegen 
das  publicum,  dem  seine  worte  gegen  Luscius  leicht  zu  hart  er- 
scheinen konnten,  darauf  hinzuweisen,  dasz  er  sich  im  falle  der  not- 
wehr  befinde,  das  überlieferte  in  se  wird  daher  weichen  müssen, 
fragen  wir  nun,  was  an  dessen  stelle  zu  setzen  sei,  so  wird  ein  wort, 
welches  in  der  weise  wie  hier  schon  zur  zeit  der  niederschrift  des 
ältesten  codex  nicht  mehr  gebräuchlich  war,  viel  für  sich  haben, 
nemlich  in  de,  das  ich  hier  am  liebsten  durch  'von  dieser  eeite'  (dh. 
von  Seiten  des  dichters,  in  dessen  namen  der  prologus  spricht)  über- 
setzen möchte,  anstosz  und  anlasz  zur  Verderbnis  gab,  dasz  inde  hier 
von  einer  person  gebraucht  wird ,  was  ja  aber  im  altem  latein  Öfter 
(Ter.  ad.  47.  PI.  Ourc.  722.  Lucr.  Y  201)  und  sogar  noch  bei 
Curtius  m  1 ,  8  begegnet.  * 

NoRTHBiM.  Egbert  Sprbhobr. 


*  [bekanntlich  stellt  sich  inde  sa  tf  wie  Jane  zu  hte,  iUine  in  Vle 
usw.  nnn  wird  aber  in  den  Terenzischen  prologen  der  dichter  nie  mit 
is,  sondern  constant  mit  fde  bezeichnet  (vgl.  Ritschl  in  ReifParseheids 
Snetoni  reliq.  s.  606  s«  oposo.  III  s.  242);  also  wird  anoh  oben  nicht 
inde  sondern  hinc  zu  corrigieren  sein,  hine  pitrtieidamt  um  mit  Servius 
zn  Verg.  jlen.  I  6  zu  reden,  cum  sii  loci  adverbium,  TereniiuM  vehaU 
ad  perßonam  trantttäit  nsw.  dieses  hinc  war  vermutlich  in  einer  nralten 
hs.  des  diehters  wegen  des  anlaats  von  inclemenUus  ans^fallen,  und 
•in  alter  abscbreiber  ergänzte,  am  den  vers  vor  dem  hiatns  zu  bewahren, 
das,  wie  oben  überzeugend  nachgewiesen  ist,  sinnwidrige  in  se,    A.  F.] 


PSchwenke:  Ciceros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deorum.     49 

ÜBER  CICEROS  QUELLEN  IN  DEN  BÜCHERN  DE  NATURA 

DEORUM. 


L 

Die  nntersachongen  über  Ciceros  quellen  in  der  schrift  de  ncUura 
deontm  betrafen  bisher  fast  ausschlieszlich  die  einzelne  stelle  I  25 — 
41 ' ;  alles  nbrige  war  nur  hie  und  da  kurz  berührt  worden,  so  auch 
ia  Schömanns  ausgäbe  (4e  aufl.  s.  17 — 19).  jetzt  hat  RHirzel  in 
dufm  eignen  buche*  zuerst  die  frage  nach  den  quellen  des  ganzen 
werke«  ausführlich  und  mit  groszem  Scharfsinn  erörtert,  viele  that- 
Sachen  und  gesichtspuncte  klargelegt  und  festgestellt,  vieles  auch 
zum  bessern  verstfindnis  einzelner  stellen  beigetragen,  dennoch  ist 
ooch  manches  fibrig,  worüber  auch  die  vorsichtige,  viele  möglichkeiten 
erwXgende  beweisführung  Hirzels  abweichende  meinungen  nicht  be- 
seitigt hat.  diese  hier  hervorzuheben  scheint  um  so  mehr  geboten, 
ils  alle  künftigen  Untersuchungen  dieses  gegenständes  von  der 
Hinelschen  arbeit  werden  ausgehen  müssen,  während  es  aus  dem- 
ielben  gründe  eine  nutzlose  Wiederholung  sein  würde,  auf  das,  worin 
mesae  resoltate  mit  den  seinigen  übereinstimmen ,  noch  nfther  ein- 
qgeken. 

Wir  beginnen  sogleich  mit  dem  ersten  hauptteil  der  Ciceroni- 
icben  schrift,  dem  Epikureischen  vertrag  des  Vellejus.  über  diesen 
sieih  Hinel  der  hauptsache  nach  folgende  ansieht  auf.  von  den  drei 
abtcfanitten,  in  welche  der  Vortrag  zerföllt,  ist  der  zweite  (25 — 41) 
ans  Phflodemos  iT€pt  euceßeiac  geflossen;  die  beiden  andern  (18— 
ii  und  42 — 56)  müssen  ebenfalls  auf  eine  griechische  und  zwar  eine 
ipitepiknreischa  quelle  zurückgehen,  welche  jedoch  die  genannte 
des  Philodemos  nicht  sein  kann ,  weil  sich  in  ihr  nichts  Shn- 
findet  und  weil  2  schlecht  zu  1  und  3  passt.  diese  letzteren 
dig^gen  müssen  aus  6iner  quelle  stammen ,  weil  sie  genau  dieselbe 
tandenz  zeigen  und  2  sich  leicht  herausheben  läszt ,  ja  vielleicht  erst 
ipiter  von  CSoero  zwischen  sie  eingeschoben  wurde,  vieles  spricht 
UtiTy  daes  Cicero  fOr  sie  ein  werk  des  Zenon  benutzte,  zweifellos 
scbeint  mir,  dasz  teil  1  und  3  auf  6iner  und  derselben  griechiscben 
pelle  beruhen;  es  handelt  sich  daher  noch  lediglich  um  den  zweiten 
hiatorisehen)  teil,  dessen  quelle  und  verhSltnis  zu  den  beiden  anderen, 
ftaa  kann  allerdings  niemand  die  Verwandtschaft  von  25 — 41  mit 
lUodemos  ir.  cAc.  s.  65 — 89  (Gomperz)  leugnen;  doch  fragt  es  sich, 
ot>  Cicero  direct  aus  Philodemos  geschöpft  hat  (vgl  Schömann ' 
i- 18;  in  der  4n  aufl.  bt  er  mehr  zur  bejahung  geneigt),  diese  frage 
Ui  Hirzel  (s.  5)  für  entschieden  dadurch,  dasz  bei  beiden  autoren 


'  ieh  citiere  Dur  nach  paragraphen.  '  nntersncbaogen  bu  Ciceros 
M«a«phiacbaa  Schriften  von  Rudolph  Hirsel.  I  teil:  de  natura 
^•fVB.    Lcipiag,  vtrlag  von  8.  Hirzel.     1877.    IV  und  244  s.    gr.  8. 

Ar  clwft.  phllol.  1879  hA.  1.  4 


50     PSchwenke :  Ciceros  quellen  in  den  bfiöhem  de  natara  deomm. 

an  mehreren  stellen  die  gleichen  bttcher  zu  denselben  zwecken  citiert 
werden,  so  Antisthenes  OuciKÖc ,  Aristoteles  irepl  q>iXocoq>iac  III, 
Chrjsippos  irepiOeoiv  I.  II,  Diogenes  yon  Babylon  nepi  Ti\c  'AOnväc, 
Xenophons  apomnemoneumata;  und  es  musz  zugegeben  werden, 
dasz  sich  bei  besserer  erbaltung  der  schrift  des  Philodemos  noch 
mehr  so  auffallende  Übereinstimmungen  finden  würden,  dagegen, 
meint  Hirzel,  können  die  abweichungen  nicht  in  betracht  kommen, 
zumal  sich  die  beiden  stärksten  derselben ,  die  auslassung  der  Philo- 
sophen Herakleitos  und  Prodikos,  von  deren  besprechung  bei  Philo- 
demos sich  s.  70,  6*  und  71,  6^  hinreichende  andeutungen  erhalten 
haben,  genügend  dadurch  erklären,  dasz  Cicero  ihre  lehren  für  über- 
einstimmend mit  der  der  stoiker ,  resp.  des  Persaios  hielt  und  nicht 
dasselbe  zweimal  geben  wollte,  nun  gehen  aber  Herakleitos  und 
Prodikos  den  stoikem  voraus ,  es  würde  also  eine  mehr  als  gewöhn- 
liehe  voraussieht  Ciceros  nötig  gewesen  sein,  um  an  ihre  Überein- 
stimmung mit  den  später  vorkommenden  zu  denken  und  sie  deshalb 
zu  übergehen,  dadurch  wird  dieser  grund  eben  so  unwahrscheinlich 
wie  die  anderen  dafür  aufgesuchten,  welche  Hirzel  mit  recht  zu- 
rückweist. 

üeberdies  finden  sich  auch  in  dem  besser  erhaltenen  teile  des 
Philodemos  manche  abweichungen  von  Cicero,  wir  sehen  dabei 
natürlich  ab  von  der  gröszern  kürze  des  letztem,  in  folge  deren  von 
dem  bei  Phil.  77, 1—12. 20-25.  79, 3—19. 28—35.  80, 26—82, 13 
vorgetragenen  bei  Cicero  keine  spur  vorhanden  und  Diogenes  von 
Babylon  (Phil.  82,  14—84,  8)  in  drei  zeilen  abgefertigt  ist  auf- 
fallender schon  ist,  dasz  wir  von  der  gesamtkritik  der  stoiker  s.  84, 
8 — 88,  24  bei  Cicero  nichts  lesen,  während  er  einen  ausfaU  ge^^en 
Chrjsippos  bringt  (39  anf.),  wo  Philodemos  nichts  ähnliches  bietet, 
noch  an  zwei  anderen  stellen  hat  Cic.  mehr  als  Phil. :  §  39  ignetn 
praeterea  et  eum  quem  ante  äixi  aethera,  tum  ea  quae  natura  fluerent 
atgue  manarenty  ut  et  aquatn  et  terram  et  aera^  dem  nichts  griechi- 
sches zu  entsprechen  scheint',  und  §  40,  wo  Cicero  mit  den  werten 
idemque  etiam  legis  perpetuae  et  aetemae  tnm,  quae  qtMsi  dux  vitae  et 
magistra  offidorum  sü ,  lovem  dicit  esse  eandemque  fatalem  necessUa- 
tem  appeüatj  sempUemam  rerum  futurarum  verüatem . .  ausführt  was 
Philodemos  nur  mit  dem  werte  Kai  töv  vöjüiov  andeutet  (mehr  davon 
81,  6  f.).  die  zweite  stelle  ist  um  so  mehr  beachtenswert,  als  die 
A}iapiiivr\  als  aeterna  verüas  auch  §  55  bekämpft  und  diese  defini- 
tion  durch  de  div,  I  125  (vgl.  de  not.  dear.  III  14)  als  echt  stoisch 
erwiesen  wird,  als  kleine  Verschiedenheit  ist  noch  anzuführen  die 
umgekehrte  reihenfolge  in  der  aufzählung  der  lehren  des  Persaios 
(Ph.  76,  Cic.  38)  und  des  Chrjäippos  (Cic.  39  solem  lunam  sidera 
«s  Ph.  80,  9 — 12;  Cic.  40  idemque  dispulat . .  rdiquorum  deorum 
i»  Ph.  80,  1—9,  wobei  noch  m  Cioeros  werten  Ph.  79,  24—28  mit 

'  Lecgniek  'ad  eiDendandos  .  .  Cic.  libros  de  natara  deomm  qaid 
ex  Philodemo  .  .  .  rednodet*  (Halle  1871)  s.  44  MUt  wol  fälschlich  PhiU 
79,  20  ff.  damit  io  besiehang. 


PS^'^venke:  Ciceroa  quellen  in  den  büchem  de  natura  dcorum.     51 

dO,  1 — 6  merkwlirdig  veri^cbmolzeii  ifit).  wenn  man  endlich,  wie 
billig,  nun  sweiten  teil  des  Epikureischen  Vortrags  auch  die  kurce 
khtik  der  poetischen  mythologie,  des  priester-  und  Volksglaubens 
redmet,  so  ergibt  sich  die  weitere  differenz,  dasz  der  entsprechende 
abschnitt  bei  Philodemos  der  kritik  der  philosophen  vorangeht,  bei 
(Scero  folgt. 

Wenn  nun  auch  dies  alles  nicht  unbedingt  aosschlieszt,  dasz 
Phflodemoe  Cieeroe  quelle  gewesen  sein  könnte,  so  verbietet  es  doch 
ohne  weiteres  anzunehmen,  dasz  er  es  gewesen  sein  musz:  denn  die 
aDgafthrten  Verschiedenheiten ,  welche  im  falle  dieses  verh&ltnisses 
nun  teil  onverstindlioh  bleiben,  erklfiren  sich  sehr  leicht  bei  der  an- 
Bahne,  dasz  beide  stellen  selbst  erst  aus  einem  weiter  zurückliegen- 
den original  geflossen  sind,  dessen  benutzung  durch  mehrere  selbst- 
ventindlicb  einige  teils  zuflSllige  teils  willkürliche  discrepanzen  her- 
beifUrte.  (fir  dieselbe  annähme  spricht  aber  sehr  die  unwahrscfaein* 
lidikeit  dasz  Philodemos ,  wenn  er  selbst  das  Verzeichnis  der  theo- 
lognmena  anfertigte,  bei  Diogenes  von  Babylon  stehen  geblieben 
wire  und  nicht  vielmehr  die  reihe  der  stoiker  bis  auf  Poseidonios 
Terf<^  hfttte.  wir  mflsten  uns  danach  das  original  eher  zur  zeit 
d€s  Diogenes  oder  bald  nach  ihm  entstanden  denken ,  wfihrend  die 
iolgeBden  Epikureer,  welche  über  diesen  gegenständ  schrieben,  das- 
ttibe  möglichst  genau  benutzt,  natürlich  auch  die  citate  herüber- 
gcBonmen  hfttten,  welche  Hirzel  die  sache  zu  gunsten  des  Philodemos 
n  entBcbeiden  schienen,  in  der  that  würde  dieses  verfahren  durch- 
MS  dem  bekannten  urteil  Ciceros  über  die  Epikureer  entsprechen : 
«nlr«  doium  le^Uis  .  .  ecteros  causa  incognUa  candemnatis  (n.  d.  II 
73):  denn  sie  folgten  ohne  eigene  lectüre  der  gegner  einfach  dem 
Tcrdammenden  urteil  ihrer  schulgenossen. 

Ist  damit  auch  der  ftnszere  grund  beseitigt,  welcher  anzunehmen 
mang,  dasz  Cicero  für  die  niehthistorischen  abschnitte  eine  andere 
fttXk  benutzt  habe  als  für  den  historischen,  so  besteht  doch  noch 
der  iuere :  das  schlechte  verhftltnis  des  zweiten  teils  zum  ersten  und 
dritten,  dasselbe  zeigt  sich  nach  Krische  *die  theol.  lehren  der  griech. 
deaker'  s.  23  f.,  Lengnick  ao.  s.  4,  Hirzel  s.  18  zunächst  in  dem  über- 
ginge snm  historischen  teil  (25):  atque  haec  quidem  vestra,  LudU^ 
fMÜ«  varo  aUa  smt^  ah  uUimo  repetam  superiorum^  während  später 
die  stoiker  nochmals  vorkommen;  dann  in  dem  übergange  zu  diesen 
iribst  (36) :  ui  tarn  ad  vestros^  Bälhe^  veniam^  als  ob  er  noch  nicht 
▼OD  ihnen  gesprochen  hätte ;  und  endlich,  abgesehen  von  diesen  ein- 
ftbrangen,  in  der  doppelten  behandlung  Piatons  und  der  stoiker. 
•■  MfAülendsten  sind  sicher  jene  beiden  Übergänge,  freilich  für  die 
yitPsn  gerade  am  wenigsten  beweisend,  da  sie  wahrscheinlich  Cicero 
•Uein  aagdiOren,  der  sich  wol  kaum  so  sklavisch  an  die  form  seiner 
teriage  band;  anch  spricht  Ar  seine  Selbständigkeit  in  beiden  fällen 
die  iteksichtnahme  auf  die  dialogische  form  des  Werkes,  und  nament- 
ij^  die  zweite  stelle  charakterisiert  sich  als  eine  von  denen,  durch 
er  an  jene  form  za  erinnern  sucht,   dabei  vergiszt  er  leider 

4* 


52     PSchwenke :  CiceroB  quellen  in  den  büchem  de  natura  deorum. 

selbst,  was  er  früher  gesagt  bat ;  aber  dieses  vergessen  beweist  nichtd 
für  seine  quelle,  auf  einer  gleichen  fluch tigkeit  beruhen  die  werte 
in  §  25 ,  für  welche  Hirzel  als  einzig  natürliche  erklftrung  die  Ver- 
mutung aufstellt,  dasz  Cicero  die  neue  quelle,  mit  der  er  hier  begann, 
noch  nicht  weit  genug  gelesen  hatte,  um  zu  wissen  dasz  auch  in  ihr 
die  stoiker  behandelt  waren,   aber  in  demselben  irrtum  konnte  er 
ja  auch  befangen  sein,  wenn  er  dieselbe  schrift  wie  in  18 — 24  weiter 
benutzte ,  und  sicher  hatte  er  dann  mehr  Veranlassung  zu  der  an- 
nähme,  die  stoiker  würden  nicht  nochmals  kritisiert  werden,  als 
wenn  er  zu  einem  neuen  von  seiner  bisherigen  quelle  unabhftngigen 
Verzeichnis  der  philosophischen  theologumena  griff,   ein  ganz  fthn- 
liches  vergehen  wie  hier  §  25  und  36  findet  sich  im  zweiten  buche  de 
divinatione  (vgl.  Schiebe  'de  fontibus  librorum  Cicer.  qui  sunt  de 
divinatione',  Jena  1875,  s.  35),  wo  es  §  49  heiszt :  ostenta  restant ;  diese 
werden  kurz  behandelt  bis  50  sed  quid  plura?  und  darauf  eine  er- 
zfthlung  von  der  entstehung  der  haruspicina  vorgebracht,    schon  5 1 
aber  stoszen  wir  auf  die  auffallenden  worte  sed  haec  hadenus;  nunc 
ad  ostenta  veniamus.   niemand  wird  diese  Übergänge  verschiedenen 
quellen  zuschreiben  wollen ,  sondern  jeder  mit  Schiebe  ao.  einsehen, 
dasz  Cicero,  während  er  vorher  wie  nachher  Kleitomachos  folgt,  nur 
über  jener  aus  einer  anderen  (nicht  griechischen)  quelle  eingescho- 
benen erzfthlung  seine  früheren  worte  vergessen  hat.    an  unserer 
stelle  ist  jedenfalls  die  Schwierigkeit  der  lateinischen  wiedergäbe  des 
Stoffs  von  §  25  ff.  und  die  länge  der  darauf  verwendeten  zeit  die  Ur- 
sache, dasz  er  sich  der  in  25  gebrauchten  worte  oder  auch  seiner 
damaligen  absieht,  die  stoiker  später  zu  übergehen,  nicht  mehr 
erinnerte. 

Bedenklicher  aU  die  besprochenen  worte  könnte  es  scheinen, 
dasz  Piaton  und  üie  stoiker  überhaupt  nochmaU  ausführlich  behan- 
delt werden,  jedoch  sind  Wiederholungen  auch  in  den  nichthistori- 
schen abschnitten  nicht  vermieden  (vgl.  24 :  51),  und  es  kann  streng 
genommen  nicht  einmal  als  solche  gelten,  wenn  in  der  einleitung 
Piaton  und  die  stoiker  vorläufig  bekämpft  und  dann  in  der  histori- 
schen aufzählung  auch  ihre  ansichten  vorgetragen  und  kritisiert 
werden,  wenn  trotzdem  die  doppelte  behandlung  bei  Cicero  aoff&llt, 
so  trägt  dieser  allein  die  schuld,  wie  ein  näheres  eingehen  anf  die 
mutmaszliche  beschaffenheit  seiner  quelle  zeigen  kann,  es  wird  da- 
durch zugleich  sein  verfahren  bei  benutzung  derselben  in  ein  helleres 
licht  gesetzt  werden. 

Dasz  §  18 — 24  nach  einer  griechischen  quelle  gearbeitet  sind, 
ist  trotz  der  Verneinung  Erisches  s.  22  unzweifelhaft,  es  wird  jedoch 
für  unsem  zweck  nicht  unnütz  sein,  dies  etwas  ausführlicher  nach- 
zuweisen, als  es  Hirzel  s.  12  gethan  hat.  an  eine  benutzung  von 
Lncretius  V  110  ff.  ist  natürlich  nicht  zu  denken,  wie  Hirzel  s.  9  ff. 
gegen  Krische  beweist,  dagegen  auch  die  ähnlichkeit  der  beiden 
stellen  nicht  zu  leugnen,  deren  Verhältnis  erst  durch  eine  dritte,  ps.  - 
Plutareh  plac.  phil.  I  7,4 — 10,  unverkennbar  ein  ezcerpt  aus  einem 


PSchwenke:  Giceros  quellen  in  den  büchern  de  natura  deorum.     53 

Epikoreisclieii   werke,   aufgeklftrt  wird,    zur  übersichtlichen  ver- 
gleichung  folge  der  gedankengang  dieser  drei  stellen : 

Cic.  18 — 24:  ich  lehre  weder  die  weltschöpfung  des  Platoni- 
schen Timaios  noch  die  Vorsehung  und  göttliche  weit  der  stoiker  (18). 
gegen  Piaton  ist  einzuwenden:   wie  kann  man  von  einer  solchen 
weltscböpfong  kenntnis  erhalten,  ja  sie  überhaupt  nur  denken  ?  und 
wie  konnte  Piaton  eine  erschaffene  weit  ewig  nennen  (19  f.)  ?  gegen 
die  schaffende  Vorsehung  der  stoiker  gilt  ungefähr  dasselbe,   nur 
setzen  sie  sich  gerade  in  Widerspruch  mit  Piaton,  indem  sie  die  ewig- 
keit  der  weit  leugnen  (20) ,  beide  aber  lassen  unerklärt ,  warum  die 
Wirksamkeit  der  gottheit  erst  an  einem  bestimmten  zeitpuncte  ein- 
trat (21).   doch  wol  nicht  weil  vorher  der  gott  die  arbeit  scheute  ? 
oder  that  er  es,  um  besser  zu  wohnen  ?  dann  hätte  ihm  vorher  etwas 
zur  glttckseligkeit  gefehlt  (22);  oder  um  der  menschen  willen? 
sidier  nicht  wegen  der  wenigen  weisen ;  aber  ebensowenig  kann  er 
fUr  die  thoren  gearbeitet  haben,  da  sie  ja  beständig  unglücklich  sind 
(23).  endlich  ist  auch  die  stoische  ansieht  von  der  weit  als  gott  zu 
Terwerfen :  denn  ein  vernünftiges  wesen  kann  nur  menschengestalt 
haben ,  und  die  angebliche  Schönheit  der  kugelform  beweist  nichts 
dagegen,   femer  steht  die  Umdrehung  der  weit  in  Widerspruch  mit 
der  glückseligkeit  der  gottheit,  wie  auch  einzelne  teile  der  erde,  mit- 
bin der  weit  «=r  gottes  unglücklich  sind  (23  f.). 

Lucr.  V  110-^234 :  die  weit  ist  nicht  ewig  und  göttlich  (110— 
25),  denn  vemunft  kann  nur  in  menschengestalt  wohnen  (126 — 45). 
die  götter  wohnen  nicht  in  der  weit,  denn  sie  bestehen  aus  zu  feinem 
Stoffe  (146 — 55),  haben  auch  die  weit  nicht  erschaffen  (15G  — 05), 
denn  sie  hatten  keinen  grund  sich  unsertwegen  zu  bemühen  (165  — 
ß7)  und  überhaupt  ihre  frühere  ruhe  zu  verlassen  (168  f.).  letzteres 
wäre  nur  begründet,  wenn  sie  vorher  unglücklich  gewesen  wären 
tl70 — 75);  aber  auch  das  erstere  anzunehmen  ist  unstatthaft,  weil 
e»  uns  eben  so  gut  wäre  nicht  geschaffen  zu  sein  (176 — 80),  ferner 
weil  die  götter  vor  der  Schöpfung  noch  keinen  begriff  vom  menschen 
haben  konnten  und  man  deshalb  doch  erst  die  mechanische  Verbin- 
dung von  atomen  annehmen  müste  (181 — 94).  dem  göttlichen  Ur- 
sprung der  weit  steht  endlich  das  Übel  entgegen ,  welches  überall  in 
derselben  vorhanden  ist  (195—234). 

Plac.  phil.  I  7,  4 — 10 :  Piaton  behauptet  (im  Timaios)  die  gött- 
liche weltschöpfung;  aber  wie  konnte  diese  sein  gott  ausführen? 
und  wie  kann  dieser  gott  selbst  rund  sein,  tieferstehend  als  ein 
mensch  (4)?  auch  Anaxagoras  lehrt  eine  göttliche  weltbildung, 
unterscheidet  sich  aber  von  Piaton,  indem  er  die  materie  vorher 
mhen  läszt,  während  jener  eine  ursprüngliche  bewegung  annimt 
(5f).  gegen  beide  aber  ist  einzuwenden :  die  arbeit  der  weltschöpfung 
widerspricht  der  glückseligkeit  des  gottes  (7);  femer  bleibt  uner- 
klärt, warum  der  gott  von  einem  gewissen  zeitpuncte  an  die  weit 
schuf,  er  hat  doch  vorher  nicht  geschlafen  (8)  und  ist  auch  nicht 
iinglttcklicher  oder  bedürftiger  gewesen  (9).   endlich  zeugt  gegen  die 


54     PSchwenke:  Cicero«  quellen  in  den  büchern  de  natura  deorum. 

göttliche  erschafFtmg  imd  regienmg  der  weit,  dasz  es  dem  guten 
schlecht,  dem  bösen  gut  ergeht  (10). 

Dem  inhalte  nach  steht  bei  aller  ähnlichkeit  kaum  eine  der  an- 
geführten stellen  der  zweiten  nfther  als  der  dritten,  in  der  disposition 
dagegen  stimmt  Cicero  mit  den  Plac  phil.  auf&llend  überein ,  wäh- 
rend Lucretius  erheblich  abweicht:  bei  beiden  richtet  sich  die  pole- 
mik  gegen  zwei  philosophen;  dem  ersten  wird  ein  yorwurf  gemacht, 
der  den  zweiten  mittri£Ft,  dabei  aber  hervorgehoben,  dasz  dieser  zweite 
mit  dem  ersten  in  Widerspruch  steht;  dann  wird  gegen  beide  ge- 
sprochen, diese  Übereinstimmung  läszt  mehr  als  jede  fthnlichkeit 
einzelner  gedanken  auf  eine  quellenverwandtschaft  schlieszen;  sie 
beweist  sicher,  dasz  Cicero  bei  ausarbeitung  von  §  18 — 24  eine  grie- 
chische quelle  vor  sich  hatte ,  welche  selbst  einem  filtern  Epikureer 
nachgebildet  war.  denn  dasz  in  der  stelle  der  Plac.  phil.  Piaton  und 
Anazagoras^  genannt  sind  und  die  stoiker  fehlen,  erklärt  sich  ein- 
fach dadurch,  dasz  das  original,  aus  dem  sie  ezcerpiert  ist,  einer  zeit 
angehört,  in  welcher  die  bekämpfung  der  stoiker  noch  nickt,  wie 
später,  nötig  war.  auf  diese  originalstelle  geht  indirect  (denn  bei 
ihm  werden  die  stoiker  berücksichtigt)  Lucr.  V  110 — 234  zurück, 
welcher  seine  griechische  vorläge  wol  in  der  einleitung  zu  einem 
theologischen  werke  fand,  dasz  wenigstens  jene  verse,  welche  Lach- 
mann als  nicht  in  den  Zusammenhang  des  jetzigen  werkes  passend 
erkannte ,  zur  einleitung  eines  abschnittes  über  theologie  bestimmt 
waren,  zeigt  110  ff.  und  155.  wahrscheinlich  aber  war  Lucretius  in 
der  anordnung  seines  Stoffes  unabhängiger  von  seiner  quelle  als 
Cicero. 

Dieser  musz  aber  nicht  nur  den  inhalt  seiner  vorläge  möglichst 
vollständig  wiedergegeben  haben  (denn  nur  wenige  gedanken  des 
Lucr.  und  der  Plac.  phil.  fehlen  bei  ihm,  während  er  selbst  mehrere 
vorbringt,  welche  jene  nicht  haben),  sondern  kann  auch  im  umfange 
nicht  weit  hinter  ihr  zurückgeblieben  sein ,  da  in  seiner  darstellnng 
eine  gewisse  behagliche  breite  und  ausführlichkeit  nicht  zu  verkennen 
ist.  dagegen  sehen  wir ,  wie  sehr  er  schon  im  folgenden  abschnitte 
(25 — 43)  gekürzt  haben  musz,  wenn  wir  damit  die  betreffenden 
stellen  des  Philodemos  vergleichen,  der  darin  gewis  nicht  bedeutend 
von  Ciceros  original  verschieden  ist  (vgl.  unten),  vor  allem  aber  ist 
Ciceros  knappheit  in  der  darstellung  der  Epikureischen  lehre  selbst 
auffallend,  während  die  Epikureer  sie  möglichst  ausftlhrlich  vorzu- 
tragen pflegten,  gibt  er  nicht  einmal  so  viel  als  zum  rechten  Ver- 
ständnis nötig  ist  (vgl.  §  49).  das  läszt  sich  nur  dadurch  erklären^ 
dasz  er  anfangs  seine  quelle  annähernd  vollständig  zu  übertragen 
anfieng,  dann  aber,  je  weiter  er  fortschritt,  immer  mehr  fürchtete, 
er  möchte  der  Epikureischen  philosophie  zu  viel  räum  gönnen,  und 
deshalb  immer  kürzer  wurde,  bei  der  eile  aber,  in  welcher  er  schrieb, 

*  dasK  KpikuroB  «ich  überhaupt  mit  Anazagoras  bescbHftiete,  leigt 
La.  Diog.  X  12  ^dXicxa  6*  dircb^x^'^Ot  <piicl  AiOKXfjc,  ntiv  dpx^iu'v  *Ava- 
Scttöpav,  KaiToi  Cv  Ticiv  dvTeipiiKülic  aOrCp. 


PSdbwenke:  Caoeros  quellen  in  den  bücfaem  de  natura  deonim.     55 

iüt  er  neh  nicht  einmal  die  zeit  genommen  den  inhalt  seines  origi- 
iik  nur  in  kürzere  worte  zu  fassen,  sondern  er  hat  nach  schlechter 
ezeerptorenmanier  in  der  regel  den  anfang  eines  abschnittes  über- 
tngoi,  das  folgende  einfach  weggelassen,  ein  besonders  schlagendes 
htkpd  daf&r  ist  die  behandlang  des  Chrysippos  (39 — 41)  gegen- 
fibcr  Philod.  s.  77,  12--82, 13:  während  der  inhalt  von  Chiys.  ircpt 
Sciiiv  I  xiemlieh  ansfUirlich,  von  11  schon  bedeutend  kürzer  wieder- 
gegeben ist,  werden  seine  übrigen  theologii^chen  Schriften  ganz  über- 
gangen, aoa  demselben  gründe  finden  sich  in  den  vorhergehenden 
{§  die  starken  Übereinstimmungen  mit  Philodemos  (Antisthenes, 
Arütotelee,  Persaios)  gerade  im  anfang  der  stellen  über  die  be- 
treienden  philosophen,  wfthrend  zu  den  bei  Philodemos  enthaltenen 
kUu^mssus  über  Speusippos  (?  72,  7^),  Eleanthes  (74  f.),  Persaios 
(77, 1^18)  niehts  entsprechendes  bei  Cicero  vorkommt,  ganz  in 
gleidisr  weise  hat  dieser  46  ff.  von  den  beiden  teilen,  welche  er  45 
MB  cwie  verspiicht  (über  die  forma  dei  und  seine  vUae  actio  mentis- 
^0piatio)  nur  den  ersten  ausführlich  behandelt  (46 — 50),  an  dessen 
«ade  er  schon  so  kurz  wird ,  dasz  er  selbst  fürchtet  nicht  verstanden 
XB  werden,  den  zweiten  aber  nur  in  wenigen  Zeilen  berührt  (50. 51), 
so  dan  zb.  der  wohnung  der  gOtter  in  den  metakosmien  gar  keine 
«rwihnung  geschieht.^  durch  dieses  verfahren  ist  es  nun  allerdings 
g^mmen,  dasa  die  drei  abschnitte  des  Epikureischen  Vortrags  sich 
dem  nafrnge  nach  verhalten  wie  2:5:4  (im  letzten  die  schlusz- 
poianik  52  ff.  mitgerechnet)  und  so  18 --24  als  selbstttndiger  teil 
fortritt;  aber  es  ist  ganz  falsch  daraus  zu  schlieszen,  25  ff.  kdnne 
■Mutans  derselben  quelle  sein  wie  18—24,  welchen  im  griechischen 
<mpul  dnrch  die  länge  der  folgenden  abschnitte  der  ihnen  gobüh- 
K»it  Charakter  einer  polemischen  Vorbemerkung  gewahrt  blieb,  so 
dw  «ine  spätere  (historische)  besprechung  Piatons  und  der  stoiker 
lüdiia  anfallendes  haben  konnte. 

Endlich  macht  Erische  s.  23  f.  unter  Zustimmung  von  Lengnick 
vid  Hinel  darauf  aufinerksam,  dasz  der  historische  teil  später  ganz 
^  icite  gesetxt  werde :  weder  bespreche  Cotta  in  seiner  Widerlegung 
d«  Veflejns  die  von  diesem  über  die  früheren  philosophen  gefUlten 
irteQe  im  einselnen,  noch  erwähne  diesen  teil  Öalbus  im  zweiten 
bicbe.  Lengnick  und  Hirzel  sind  deshalb  geneigt  ihn  für  später 
ongf schoben  zu  halten,  zumal  sich  §  42  bequem  an  das  ende  von 
^  iosehlieeien  laese  (Hirzel  s.  23).  aber  das  stück  kann  nicht  erst 
>*^  foUendong  des  ersten  buche  oder  des  ganzen  werkes  einge- 
icUiet  sein,  denn  es  wird  an  drei  stellen  (I  63.  91.  94)  von  Cotta 
^'vttnt.  daaa  dieser  die  kritik  des  Vellejus  nicht  im  einzelnen  be- 


*  dMS  das  Verhältnis  des  dritten  teils  sn  der  sa  vermutenden  ge- 
*^  des  eriginals  gaos  daiselhe  ist,  wie  das  des  zweiten  sn  Philo- 
^**M,  MAeht  es  sehr  nnwahraeheinlich,  dess  die  kfircnngen  in  §  26  ff. 
'^^  ^(  reeknnng  von  Ciceroe  quelle  sn  setzen  seien,  und  reohtfertigt 
*^  obife  annähme,  daes  diese  im  umfange  von  Philodemos  nicht  sehr 

'^*  '      gewesen  sei. 


56     PSchwenke:  Ciceros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deorum. 

kämpft,  ist  selbstyerständlicb:  es  lag  eben  Cicero  für  den  Tortrag 
des  Cotta  keine  quelle  vor,  in  der  dies  geschoben  wftre;  und  dasz 
Cicero  selbst  eine  bericbtigung  der  Epikureischen  entstell  ungen  und 
misyerstftndnisse  nicht  für  nötig  hielt,  zeigen  die  worte  (91)  enu- 
merasti  memarUer  et  copiose^ .  .  de  deorum  natura  phüosopharum  stn- 
temiias,  vollends  ungerechtfertigt  wäre  es  zu  verlangen,  dasz  im  zwei- 
ten buche  wieder  auf  den  vertrag  des  Vellejus  zurückgegangen  würde, 
welcher  nach  der  dispo^ition  des  ganzen  werkes  durch  die  Wider- 
legung Cottas  endgültig  abgethan  ist.  in  der  that  enthalten  von 
allen  stellen ,  in  denen  nach  Erische  s.  24  im  zweiten  buch  'auf  den 
Epikureischen  vertrag  hingewiesen  wird',  nur  zwei  (II  47  und  73) 
eine  directe  bezugnahme;  in  den  übrigen  wird  zufällig  etwas  auch 
von  Vellejus  besprochenes  angeführt  oder  bekämpft. 

Aber  auch  nach  abschlusz  der  rede  des  Vellejus  kann  das  stück 
nicht  eingeschoben  sein,  weil  dann  die  kürze  des  dogmatischen  ab- 
Schnittes  unerklärlich  wäre,  überhaupt  läszt  es  sich  nicht  ohne 
weiteres  herausheben:  wenigstens  wäre  das  exposui  in  §  42  auf 
18 — 24  bezogen  möglichst  unpassend,  da  dort  nicht  theologische 
lehren,  wie  25 — 41,  auseinandergesetzt  und  dargestellt,  sondern  nur 
solche,  deren  kenntnis  bereits  vorausgesetzt  ist,  bekämpft  und  ver- 
höhnt werden. 

Ich  glaube  gezeigt  zu  haben,  dasz  alle  die  gründe,  welche  dafür 
zu  sprechen  scheinen,  dasz  der  historische  teil  aus  einer  andern  quelle 
als  die  nichthistorischen  geflossen  sei,  nicht  stichhaltig  sind,  es  wird 
also  gerathen  sein  bei  der  ganz  natürlichen  Vermutung  stehen  zu 
bleiben,  dasz  Cicero  alles  aus  6iner  quelle  geschöpft  habe,  nur  so 
wird  auch  das  Vorhandensein  des  historischen  absohnittes  verständ- 
lich, im  Vorworte  des  ganzen  werkes  (I  2)  lehnt  Cicero  ausdrück- 
lich eine  aufzählung  der  theologischen  lehxen  der  philosophen  ab, 
zunächst  allerdings  wol  nur  für  diese  seine  einleitung;  aber  immer- 
hin zeigt  er  seine  abneigung  dagegen,  welche  auch  nicht  widerlegt 
wird  durch  §  13  sed  iam .  »panam  in  media  senientias phHosophorum 
de  natura  deorum:  quo  quidem  loco  convocandi  omnes  videniur^  qui 
quaesit  earum  vera  iudicent.  denn  unter  den  sentenOae  phüosopkorum 
kann  man  nach  §  3  f.  nur  die  der  Epikureer,  stoiker  und  akademiker 
verstehen,  und  die  qui .  .  iudicent  sind  sicher  nicht,  wie  Schömann 
erklärt,  die  dogmatischen  philosophen,  sondern,  wie  schon  frühere 
erklärer  gesehen  haben,  die  leser  des  werkes  de  natura  deorum^  die 
Cicero  gegenüber  den  Verunglimpfungen  der  akademie  durch  seine 
gegner  (11  f.)  zum  urteil  aufruft,  wenn  er  aber  trotzdem  später 
anderer  ansieht  geworden  wäre  und  aus  freien  stücken  und  mit  her- 
beiziehung einer  neuen  qUelle  eine  geschichte  der  religionsphilosopbie 
hätte  einschieben  wollen,  so  würde  er  sie  dem  akademiker  gegeben 
haben,  selbst  wenn  die  aufgefundene  quelle  eine  Epikurtisohe  war. 
denn  wie  er  von  ihrer  wahrheitstreue  überzeugt  ist,  sahen  wir  schon 
oben,  wenn  wir  also  dennoch  einen  historischen  teil  innerhalb  des 
Epikureischen  Vortrags  lesen ,  so  erklärt  sich  das  mit  einiger  wahr- 


PSdurenke:  Ciceros  quellen  in  den  bflchem  de  natura  deorum.     57 

üAciilichkeit  nur  daraus,  dasz  Cicero  in  seinem  Epikureischen  ori- 
giul  nach  der  einleitnng  einen  solchen  abschnitt  antraf,  ihn  al& 
iitigriemideB  bestandteil  des  ganzen  betrachtete  und  benutzte  und 
ueh  ihm  unter  ftlhrung  derselben  quelle  zum  dogmatischen  teile 
ftbeigieng. 

Pngt  man  schlieszlich,  wer  diese  quelle  war,  so  hindert  uns 
mehtt  die  bedeutsamen  grfinde  anzuerkennen,  welche  Hirzel  s.  25  ff. 
Ar  ZenoB  den  Epikureer  beigebracht  hat,  und  es  Terbietet  wol  weder 
die  herrorragende  Stellung  die  dieser  unter  den  jüngeren  Epikureern 
eiuiiiiit,  noch  die  hohe  meinung  welche  Cicero  yon  ihm  hatte,  glaub- 
lieb  XU  finden,  dasz  er  sich  in  'der  einleitung  seiner  schrift  einem 
ittem  schulgenossen  anschlosz  und  in  dem  historischen  teile  sich  die 
irbeit  eines  andern  nach  weise  sehr  vieler  alten  schriftsteiler  zu  nutze 
madite.  doch  wtre  es  immerhin  eher  möglich,  dasz  er  bei  selbstän- 
dig Terfertigung  des  yerzeichnisses  bei  Diogenes  Yon  Babylon 
siAtm  geblieben  wftre,  als  dasz  dies  Philodemos  gethan  hfttte. 

IL 

FUr  die  Widerlegung  des  Vellejus  durch  Cotta  hat  man  teils 
eise  stoische  teils  eine  akademische  quelle  angenommen.  Hirzel 
fechiissrtsich  (s.  32—45)  der  letztem  meinung  an.  das  entscheidende 
fBr  ihn  ist,  dasz  die  ansieht  des  Poseidonios  über  die  Epikureische 
ibcologie  in  §  123  in  widersprach  steht  mit  dem  was  Cotta  §  85 
ftWr  sie  gesagt  hat.  Cicero  habe  das  urteil  des  Poseidonios  aus  dessen 
werk  fiber  dM  g5tter,  welches  er  fdr  die  ausarbeitung  des  zweiten 
braches  in  die  hand  nahm,  dem  akademischen  Yortrage  angefügt 
(c.  192).  wie  es  nun  aber  kommt,  dasz  die  §  123  für  Epikurs  atheis- 
B«  (ftlso  für  Poseidonios)  angeführten  beweise  genau  mit  denen 
flWninitimmen ,  die  vorher  (also  nach  akademischer  quelle)  gegen 
£pikiir  gdtend  gemacht  sind,  erklärt  Hirzel  nicht,  und  dies  scheint, 
■odi  abgesehen  von  den  bedenken  welche  viele  von  seinen  argu- 
MBtsB  im  eüuelnen  erwecken,  grund  genug  zu  sein,  den  gegenständ 
«ser  nochmaligen  prüfung  zu  unterwerfen. 

Für  Ciceros  benutzung  seiner  quellen  und  deshalb  auch  für 
itnm  anffindong  macht  es  einen  groszen  unterschied,  ob  der  be- 
trvfipade  absohnitt,  für  den  sie  verwendet  sind,  einen  philosophischen 
pgnstmd  darsteUt  oder  eine  vorangegangene  darstellung  wider- 
legt, für  den  ersten  fall  war  Cicero  durch  die  art  seiner  philosophi- 
bdien  bildung  auf  den  engen  anschluss  an  eine  griechische  quelle 
••gewiesen  und  fand  leicht  eine  seinen  zwecken  entsprechende;  für 
des  zweiten  dagegen  konnte  ihm  eine  selbständige  bearbeitung 
^^dcr  stellen  nicht  schwer  fallen,  ja  er  war  vielfach  dazu  genötigt, 
*qI  ar  kanm  ein  griechisches  buch  fand,  welches  nicht  nur  denselben 
t'Uosopban,  sondern  auch  dasselbe  werk  widerlegte,  das  er  vor- 
^  Ar  die  dogmatische  darstellung  benutzt  hatte,  und  doch  muste 
«  ndi,  wollte  er  nicht  den  letzten  schein  dialogischer  composition 
*Q%cbai,  wenigstens  einigermaszen  an  die  zu  bekämpfende  aus- 


Ö8     PSchwenke:  Ciceroa  quellen  in  den  büchern  de  natura  deorum. 

einandersetznng  halten,    so  war  es  nnvermeidlioli,  dasK  er,  auch 

wenn  er  die  gedanken  selbst  einer  griechischen  quelle  entnehmen 

konnte,  sie  selbständig  anordnete,  hie  und  da  abänderte  und  eigenes 

hinzuthat. 

Dasz  Cicero  in  der  ersten  rede  des  Cotta  so  verfuhr,  zeigt  eine 

Zusammenstellung  il^er  einzelnen  teile  mit  den  entsprechenden  des 
Epikureischen  Vortrags,  nach  der  einleitung  (67— 61),  welche  für 

uns  nicht  in  betracht  konunt,  ist 
61 — 64  gerichtet  gegen  43  f.  (dasein  der  götter;  npöXriiptc} 

68'— 76         „  „      49  {quasi  corpus) 

76—102       „  „      46— 48(ge8taltdergötter) 

105' — 108       „  „      49  (Wahrnehmung  der  gOtter  mittels  der 

büder) 

109—110      „  „      50  (anzahl  der  götter;  IcovOMia) 

110—114       „  „      61  (glückseligkeit) 

116 — 124       „  „      66  =  46  (gottesverehrung  und  firömmiff- 

keit). 
wir  sehen  dasz  Cicero  in  der  hauptsache  der  Ordnung  des  Epikurei- 
schen abschnittes  folgt,  diesen  also  jedenfalls  (Sfter  wieder  eingesehen 
hat.  dasselbe  beweisen  die  mehrfachen  stellen,  in  denen  er  direct 
auf  einzelne  gedanken  und  ausdrucke  jenes  teils  bezug  nimt  und 
welche  ziemlich  dieselbe  reihenfolge  einhalten,  es  ist  jedoch  be- 
achtenswert, dasz  nach  §  111  solche  stellen  nicht  mehr  vorkommen, 
ziehen  wir  femer  in  betracht,  dasz  bis  §  76  auffallend  häufig,  später 
vereinzelt,  von  116  ab  fast  gar  nicht  mehr,  gedanken  vorkommen, 
welche  wir  schon  in  frttheren  Schriften  Ciceros,  namentlich  den  Aca- 
demioa^  de  finihus  I  17—26  und  IE  finden,  und  welche  gewis  nicht 
alle,  aber  doch  vielleicht  teilweise  auf  rechnung  seiner  erinnerung  zu 
setzen  sind,  so  erscheint  die  Vermutung  gerechtfertigt,  dasz  er  in 
den  ersten  partien  selbständiger  gearbeitet  habe  als  in  den  letzten, 
in  diesen  müssen  wir  also  einen  viel  sicherem  boden  ftlr  die  Unter- 
suchung seiner  quelle  erblicken  als  in  jenen  und  demgemäsz  von 
ihnen  ausgehen. 

In  der  that  stimmt  §  117  ff.  sehr  stark  mit  Sextos  Empeirikos 
adv.  math.  £K  14  ff.  60  ff.  flberein,  an  manchen  stellen  eben  so  wört- 
lich, wie  I  26  ff.  mit  Philodemos.^  leider  vermag  man  aus  der  viel- 
fach zerrissenen,  sich  oft  wiederholenden  darstellung  des  Sextos 
nicht  zu  erkennen,  wie  seine  quelle  beschaffen  war.   doch  kann  man 

*  über  die  stellen,  welchen  nichts  in  der  rede  des  Vellejui  ent- 
epricht,  sieh  unten  s.  68  f.  ^  sb.  Cic.  US  ...  ü  qui  duceruni  toiam 
de  du  immortalibus  opinionem  fietam  esse  ab  hondnihuB  tapientibut  usw. 
Sextos  IX  14  Cvioi  Toivuv  Cqpacav  toOc  irpiIiTOUc  tCEiv  dv6puüiruiv  . 
irdvu  cuvcToOc  övrac  dvoirXdcoi  ti^v  ircpf  tc  t(I»v  9€d>v  öirövoiav  usw. 
Cic.  ISO  Demoeriius  .  .  deos  esse  dieii  tum  anmanÜM  imagines^  quae  vel 
prodesse  nobis  soleatU  vel  noeere,  tum  ingeniis  quasdam  imagines.  Sextos 
19  Ai^ÖKpiToc  b^  €lbuiXd  Tivd  q>nav  ^^ncXdZeiv  rote  dvOpuiirotc  ical  toO 
Tuiv  rä  ^iv  ctvai  draOoiroid  tu  o^  KUKOirotd  .  .  ctvat  51  ToOta  ^cydXa 
T€  KOl  Oncpqnif)  usw.    rg\,  Hirzel  s.  40. 


FSelweiike:  Ciceros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deorum.     59 

vielleidit  etwas  ans  Plac.  phil.  I  7  schlieszen,  soweit  das  schlechte 
fieeipt  ein  bild  von  dem  original  zu  geben  im  stände  ist.  es  werden 
«iort  suerst  die  atheisten  Diagoras,  Theodoros,  Enhemaros  angeführt, 
<iiBB  ak  beispiel  ftSir  die  meinung  derer  welche  die  götter  am  des 
stsatswohis  willen  erdichtet  sein  lassen,  Enripides,  welchem  dieselben 
Tose  beigelegt  werden,  wie  bei  Sextos  (IX  54)  dem  Kritias.  hierauf 
folgen  als  citat  (q>ticl)  die  werte  eines  Epikureers^  und  endlich  die 
plulofiopheme  derer  welche  das  dasein  gottes  behaupten,  an  deren 
lehloss  Epikur  wiederkehrt,  ähnlich  war  Tielleicht  das  viel  reichere 
naterial  des  Seztos  gegliedert,  dessen  index  der  atheisten  50  ff.  (mit 
««giuBong  der  Wiederholungen)  enthfilt:  Euhemeros,  zu  welchem 
(Wiclbe  Ters  des  Timon  citiert  wird  wie  in  den  Plac.  phil. ;  Diagoras, 
i^odikos,  Theodoros,  Kritias,  Protagoras,  Epikuros.  zu  diesem  ver- 
xeiebais  sind  die  ausfUirangen  teilweise  aus  14  ff.  zu  ergänzen,  so 
zo  Ph)dikos  ans  18,  zu  Kritias  aus  14 ,  wo  kein  name  genannt  war, 
wie  bei  Cic  118.  anklar  bleibt  die  steÜnng  des  Demokritos,  welcher 
TOB  Seztos  schon  19  angeführt',  dann  24  unmittelbar  vor  Epikur 
aocbials  g^uumt  ist,  während  er  57  f.  fehlt,  bei  Cicero  aber  vor 
ISfikai  nicht  nur  an  unserer  stelle,  sondern  auch  II  76  vorkommt, 
gut  kurz  behandelt  ist  bei  Sextos  das  Verzeichnis  derer,  welche  die 
{Mar  bestehen  lassen  (64),  doch  stimmt  es  bis  auf  die  Stellung  der 
^fiauehen  philosophen  und  die  nennung  des  Empedokles  mit  den 
?i«c  ph.  flberein,  besonders  darin  dasz  am  ende  die  andere  ansieht 
teEpikors  iheologie  zur  geltung  kommt,  das  beiden  stellen  zu 
gnade  liegende  original  hatte  offenbar  den  zweck,  die  meinungen 
^  Philosophen  über  dasein  und  wesen  der  götter  zu  gruppieren  und 
Miadihlen,  and  es  liegt  wegen  seiner  benutzang  durch  Sextos  die 
^emrtimg  nahe,  dasz  es  von  einem  akademiker  ausgearbeitet  war. 
^  wie  dem  auch  sei,  fOr  unsere  stelle,  für  welche  zunächst  nur 
üai  rtnsichnis  der  atheisten  von  bedeutnng  ist,  folgt  aus  ihrer  fast 
^vckglagigen  fibereinstinmiung  mit  dems^ben  nur,  dasz  sie  iigend- 
wie  mit  der  daratellang  bei  Sextos  verwandt  ist  und  dasz  man  des*- 
^  die  §§  117  bis  123,  wo  Epikur  als  atheist  hingestellt  ist,  keines- 
filh  aosainandeneiszen  and  venehiedenen  quellen  zoschreiben  darf. 
ua  wird  aber  gerade  §  123  bestimmt  Poseidonios  ncpl  Gcuiv  V  citiert 
od  weiden  die  grClnde  fOr  das  ihm  beigelegte  urteil  ttber  Epikurs 
*^«Qlogie  an^jeführt  (neque  emm  tarn  desipiens  .  .  ariUume  rdinquit 
"^^  es  ist  daher  das  nächste  und  einfachste,  die  stelle  von  117, 
^  riefaaehr  die  ganze  beweisfährung  von  115  ab,  in  welche  sich 
de  aBtehlnng  der  atheisten  einordnet,  auf  Poseidonios  zurfickzu- 

Bern  widerspridit  es  nicht ,  wenn  wirklich  die  darstellung  des 
^^>te  sadi  sehon  im  anfang  des  9n  buches,  wie  Hirzel  will,  auf 

•  daflir  mriebt  ansser  der  obea  besprochenen  ähnlichkett  mit  Cic. 
'  ^^  f.  wd  Locr.  y  110  ff.  der  Anklaogr  an  die  erste  Kvpia  b6^a  in 
I  *  od  die  polemik  g^egen  die  allmacbt  gottes  (8)  verglichen  mit 
*^^'  n  es  •  .  mens  domino*  adicUcuni  <mn(a  poise  quot  müeri  eredunt. 


()0     PSchwenke:  Ciceros  quellen  in  den  büchern  de  natura  deorum. 

Kleitomachos  beruhen  sollte :  denn  es  stand  Poseidonios  nichts  im 
wege,  dessen  arbeit  für  seine  zwecke  zu  benutzen,  wie  anderseits 
auch  einen  spätem  Skeptiker  oder  placitaverfasser  nichts  hinderte 
die  arbeit  des  Poseidonios  für  sich  zu  verwenden,  dagegen  häufen 
sich  gerade  hier  die  anzeichen ,  welche  auch  ohne  jenes  citat  auf  ein 
stoisches  original  schlieszen  lassen  würden;  die  kritik  des  Epikur 
aus  der  gegenstandslosigkeit  seiner  gottesverehrung  wird  als  stoisch 
bezeichnet  Plut.  stoic.  rep.  c.  6,  3  eira  touc  "GTTiKOupciouc  dX^TX^- 
c6ai  bOKoGci  (die  stoiker)  OuovTac  6€0tc.  §  116  sind  die  definitionen 
der  pietas  und  sandüas^  auf  welche  sich  der  beweis  stützt,  ganz 
stoisch,  wie  Stobaios  ekl.  11  124  zeigt:  Tf|V  b'  €uc^߀iav  • . .  iTTiarj- 
jiiiv  66UIV  Oepaireiac  und  Tf|v  öctÖTTira  uiroxpäqpec^i  ötKaiocuvnv 
irpöc  Ocoüc  (vgl.  auch  La.  Diog.  VII  119).  wenn  also  bei  Sextos 
Emp.  IX  123  ff.  diese  definitionen  in  den  beweisen  für  das  dasein 
gottes  angeführt  werden,  so  zeugt  das  nur  dafür,  dasz  diese  beweise 
stoische  sind,  wie  auch  anderweitig  feststeht,  nicht  aber,  wie  Hirzel 
s.  41  schlieszt,  dasz  unsere  stelle  skeptischen  Ursprungs  sei.  auch 
die  Unterscheidung  von  superstüio  und  religio  (117)  kommt  bei  den 
Stoikern  vor,  nicht  nur  bei  Cicero  selbst  II  71,  sondern  auch  bei 
Comutus  de  nat.  deor.  s.  236  (Gale)  eic  TÖ  euceßelv,  dXXd  |Lif|  eic  tö 
beicibaifioveiv  (vgl.  Osann  s.  387).  ebenso  sind  es  die  stoiker,  wel- 
che an  dem  Epikureischen  gotte  die  bonüas  et  beneficentia  (121)  ver- 
missen: o\)  fäp  dOdvaTOv  xal  fiaKdpiov  fiövov,  sagen  sie  nach  Fiat 
de  comm.  not.  c.  32,  1,  dXXd  xal  (piXdv6pu)Trov  Kai  Kr|b€fioviKÖv 
xal  übqp^XtjLiov  irpoXa^ßdvecOai  xai  voeicOai  töv  6eöv.  quanto 
stoici  melius  f  ruft  Cotta  selbst  aus  und  führt  dabei  ein  stoisches 
dogma  an :  censeni  autem  sapientis  sapientibt/is  etiam  ignatis  esse  ami- 
cos  usw.,  was  Hirzel  s.  44  mit  Sextos  Emp.  IX  131  in  zusammen 
hang  bringt:  offenbar  habe  Cicero  auch  in  seiner  quelle  gefunden. 
dasz  nur  zwischen  vernünftigen  wesen  eine  sittliche  gemeinschaft 
möglich  sei ,  und  darauf  beziehen  sich  die  angeführten  worte.  nun 
gehören  diese  aber  keineswegs  ihm  allein  an:  denn  wir  lesen  bei 
Stobaios  ekl.  II  204 :  rrdvTac  touc  cnoubaiouc  djq>€Xeiv  dXXrjXouc, 
ouT€  9iXou€  övrac  dXXrjXu^v  ndvTuuc  ofire  €fivouc . .  irapd  tö  \ir\n 
xaTaXajußdvecOai  ^riTe  dv  lam^  xaTOixeTv  TÖirip  (Cic.  ubicumquc 
sini  gentium)  f  cuvoi|Tixuic  jn^VTCixe  irpdc  dXX/jXouc  biaxeicöoi  koi 
<piXixiüC.  es  ist  also  von  etwas  viel  speciellerem  die  rede  als  von 
der  allgemeinen  sittlichen  gemeinschaft,  und  unsere  stelle  fordert 
durchaus  nicht  ihre  erwähnung,  da  nur  die  freundschaft  der  einander 
unbekannten  und  räumlich  von  einander  entfernten  der  aus  Epikurs 
lehre  folgenden  Unmöglichkeit  einer  wolwollenden  gesinnung  selbst 
unter  zusammenlebenden  (göttem  wie  menschen)  gegenübergestellt 
werden  soll,  das  alles  ist  gewis  eher  einem  stoiker,  also  dem  Posei- 
donios, zuzuschreiben  als  einem  akademiker,  der  sich  zur  Wider- 
legung Epikurs  im  allgemeinen  auf  den  stoischen  standpunct  stellt. 
Wir  würden  dennoch  der  letztem  annähme  beitreten  müssen. 
wenn  das  in  der  stelle  vorkommende  nichtstoische  wirklich  auf  eine 


PSdiweDke:  Cieeros  quellen  in  den  büchern  de  natura  deonim.     61 

.«keptiselie  quelle  hinwiese,  das  ist  aber  nicht  der  fall,  gar  nicht  in 
beftndbt  kommt  der  tadel  gegen  Prodikos  (118).  denn  dasz  dessen 
aetaiDig  Ton  der  des  Persaios  vollkommen  verschieden  ist,  obgleich 
(fiese  aoch  von  Cotta  m  41  so  anfgefaszt  wird ,  liegt  auf  der  hand 
Tgl.  SchOmann^  s.  145.  227).  wenn  femer  §  119  die  lehre  des 
Eohemeroe,  out  fortis  aut  daras  aui  poieniis  vires  post  mortem  ad 
itcs  pervemsse^  grosse  Ähnlichkeit  mit  der  stoischen  II  62  (vgl.  I  39 
<ttde)  TOigetragenen  zu  haben  scheint,  so  zeigt  Sextos  Emp.  IX  17. 
jl  (Totc  iroXXoic  ^vo^icOiicav  Ocoi  nnd  imö  twv  fiXXuiv  OeonoiT]- 
OcvTOC  bd&ii  Oeouc),  dasz  daran  nur  Cicero  schuld  ist,  welcher  in 
der  efle  des  Eahemeros  ansieht  falsch  verstanden  oder  wenigstens 
Ufcli  aiisgedrflckt  hat.  auf  Cieeros  eigene  rechnung  kommt  endlich 
auch  die  erwihnung  der  mysterien  (119),  wqlche  so  allerdings  von 
«MB  Stoiker  nicht  geschehen  konnte,  sie  ist  aber  hier  überhaupt 
impaasaid  nnd  störend :  denn  mit  den  werten  quibtM  explicatis .  . 
rmm  wiagis  natura  oognosätur  quam  dearum  wird  doch  nicht  be- 
grtadel,  was  die  einzige  zu  rechtfertigende  Ursache  der  anführung 
sein  kitente,  dasz  durch  die  mjsterien  eine  gottesverehrung  unmög« 
lick  gemacht  werde;  und  wie  Cicero  selbst  darüber  den  zusammen-« 
hng  Terloren  hat,  zeigt  der  wunderbare  Übergang  zu  120  und  das 
udtftsagende  DemocrUus  . .  nuiare  vidäur  in  natura  dearum.  bei 
^xtos  ao.,  wo  alles  hier  vorkommende  in  groszer  Vollstfindigkeit 
«igcffthrt  ist,  steht  nichts  von  den  mjsterien;  daher  fehlten  sie  wol 
Mdi  ia  Cieeros  quelle,  welcher  zu  ihrer  einschiebung  leicht  durch 
&  crinBerung  an  Tusc.  1 29  veranlaszt  werden  konnte,  wo  sie  eben- 
fiOs  iDimittelbar  nach  den  gottgewordenen  menschen  {quarum  de- 
^»fmämUur  sepulcra  in  Chraeda^  vgl.  hier  ah  Euhemero  . .  sepuUurae 
^tutiutraniur  dearum)  erwfthnt  werden,  auch  die  anführung  von 
Venen  rOmiscber  tragiker  zeugt  fiir  seine  selbstSndigkeit  in  diesen 

Wir  werden  also  von  der  annähme,  dasz  §  115 — 124  im 
«cMAÜichen  anf  Poseidonios  beruhen,  als  von  einer  hinreichend 
«idern  grundlage  ausgehen  dürfen,  nun  stimmt  aber  die  vorher- 
l!*brade  darsteUung  in  vielen  stücken  ganz  mit  dieser  stelle  überein. 
kW  §  63  werden  wie  117  f.  Diagoras,  Theodoros,  Protagoras 
><W  einander  als  atheisten  aufgeführt ,  was  Cicero  wol  aus  eignem 
gv^icbinis  gethan  haben  kOnnte  (vgl.  §  2),  wenn  nicht  seine  er- 
tfUmig  über  Protagoras  der  des  La.  Diog.  IX  51  f.  vielfach  w5rt* 
^  gliche  (während  Sextos  IX  56  einer  andern  version  folgt) :  xal 
*^^toö  bt  Toihov  fiQlajo  xdv  ipditov  wepl  fitv  Ociöv  ouk  Ixat 
«Mvai  oOe'  die  cldv  cöO'  die  oök  clctv  . .  btä  toöttiv  bk.  Tf|v 
^PX^v  ToO  cuTTP^MOToc  iEeßXyjeii  irpöc  'A6iiva(uiv  kqI  rä 
$ipUa  aÖTOÖ  KQT^Kaucav  dv  dxop^:  es  ist  daher  wahr- 
*<^*iaKch,  dasz  Cieeros  werte  einem  griechischen  original  entlehnt 
*Ä4,  wahndieinlich  demselben  wie  117  ff.,  welches  ebendeshalb 
<i^  aoch  unmittelbar  die  quelle  des  Seztos  sein  kann,  die  haupt- 
tber  ist,  dasz  das  von  76  ab  gesagte  mit  den  kurzen  sfttzen  in 


62     PSchwenke:  Ciceros  quellen  in  den  büchern  de  natura  deomm. 

§  123,  welche  offenbar  grUnde  des  Poseidonios  sind,  so  zasammen- 
trifft,  dasz  letztere  wie  ein  r^snmö  aus  jenem  erscbeiiien: 

tU  homunculi  smüem  deum  fingeret  ^  vgl.  76 — 102,  wobei  be- 
sonders zu  beachten  ist,  dasz  §  85  aus  der  onmOgliohkeit  der 
menschlichen  gestalt  der  götter  gefolgert  wird ,  dasz  es  dann 
consequenter  sei ,  ihr  dasein  überhaupt  zu  leugnen. 

Uniamentis  dvmtaxat  extremis  \  Ib,  98. 

fum  habüu  soUdoi  75.  105. 

membris  .  .  usu  membrarum  ne  minmo  guidem:  92.  99.  101. 

exüem  qumdam  atque  perluddum:  75. 

wUiü  cuiquam  trilmentem  . .  nihü  agentem:  100.  101  f. 

Aber  §  85  steht  in  offenbarem  widersprach  mit  123.  aller- 
dings, aber  ohne  die  benutzung  der  gleichen  quelle  an  beiden  stellen 
auszuschlieszen.  ich  deutete  bereits  an ,  dasz  §  85  zu  anfang  die  be- 
weisführung  auf  ganz  dasselbe  hinauslftuft  wie  123.  wenn  nun  dort 
die  quelle  beide  ansichten  flber  Epikurs  götterglauben  referierte,  wie 
ja  auch  in  den  angeführten  stellen  des  Sextos  und  der  Plac.  pbil. 
beide  vertreten  sind,  so  blieb  Cicero,  der  sich  in  diesen  partien  freier 
bewegt  als  später,  immer  die  möglichkeit  sich  für  die  eine  zu  ent- 
scheiden, auch  wenn  sein  gewfthrsmann  die  andere  vorzog,  er  moste 
ihm  sogar  widersprechen,  wenn  er  seine  erfahrungen  über  den  aber- 
glauben  und  die  götterfurcht  der  Epikureer  anbringen  wollte  (mit 
§  86  mortem  dico  ei  deos  usw.  vgl.  Tuac- 1  48).  diese  nemlioh  sind 
der  einzige  wirkliche  grund  für  seine  behauptung:  denn  der  andere, 
welchen  er  anführt  und  welcher  auch  bei  Sextos  IX  64  vorkommt  (die 
al  ^iiTQi  ToC  'CirtKOupou  Xäeic  fiiapTUpoOci),  ist  gar  kein  beweis  für 
Epikurs  götterglauben,  sondern  nur  dafür  dasz  er  die  götter  den 
Worten  nach  bestehen  ifiszt,  gilt  also  blosz  gegen  diejenigen  welche 
auch  in  seinem  ausdruck  zweideutiges  finden  wollten,  dieses  argu- 
ment  konnte  daher  ebenso  gut  von  dem  gebraucht  werden ,  welcher 
Epikurs  aufrichtigkeit  bestritt,  aber  die  unzweidenügkeit  seiner 
Worte  gelten  liesz.  wenn  endlich  Hirzel  s.  36  wegen  der  wörtlichen 
Übereinstimmung  zwischen  Sextos  IX  58  und  Cicero  §  85  auf  ein 
skeptisches  original  schlieszt,  so  würde  sich  diese  durch  die  indirecte 
Verwandtschaft  der  stellen,  die  auch  ich  nicht  leugne,  genügend  er- 
klären; sie  bedarf  aber  nicht  einmal  dieser  erklärung:  denn  kut' 
£viouc  («=3  nannuUis)  findet  sich  unendlich  oft  in  referaten,  kann  also 
eben  so  zufällig  sein  wie  dTroXeiTrciv  Oeöv  >»  reliquisse  deos,  irpöc 
Tf|v  q>i)civ  Tuiv  TrpaTfidTUUV  »»  re,  denn  diese  ausdrücke  stehen, 
noch  viel  übereinstimmender  mit  Cicero  {verbis  "»  ^T^fion  Koi  Xötifi) 
re  «=>  TOic  npdrfiaciv,  tollere  «»  dvaip€iv)  von  derselben  sache  an 
so  verschiedenen  stellen  wie  Philodemos  7T€pl  €Öc.  s.  86,  3  ff.  und 
Plutarch  adv.  Col.  c.  11,  1. 

So  kann  uns  die  besprochene  stelle  nicht  veranlassen  sie  und 
die  umliegende  partie  des  Vortrags  im  gegensatz  zu  der  spätem  stoi- 
sehen  einer  akademischen  quelle  zuzuschreiben,  auf  jene  aber  deuten 
auch  hier  nicht  wenige  bis  in  einzelheiten  stoische  gedanken  und 


PSehwenke:  Cicero«  quellen  in  den  büchem  de  natura  deonim.     63 

aosflümmgen.  so  ist  in  §  77  {amnifto  guis  tarn  caecus  .  .  in  äUarum 
fofmansm  tmüaikme  servare)  die  Plac.  phil.  I  6,  9  vorgetragene 
stoüeh«  einteOnng  der  götterlehre  in  das  €7öoc  vo^tKÖv  und  fiuOi- 
KÖv  (ausser  dem  qpucixov)  nicht  zu  verkennen,  auch  was  an  unserer 
stelle  gleich  folgt:  die  Schönheit  der  menschlichen  gestalt  habe  zu 
äier  Übertragung  anf  die  götter  veranlasst,  findet  sich  ebd.  §  16. 
§  83  sagt  Cotta:  nan  pudet  igütur  jphysicuin  .  .  ah  animis  consudu- 
4me  tmlndis  pdere  tesHmanium  verUatis?  dasselbe  argument  kehrt 
hl  denelben  saebe  II 45  wieder,  die  stoische  lehre  von  der  weit  und 
den  gestimen  als  gOttem  wird  als  die  des  redenden  vorausgesetzt 
S  87.  95 ,  und  auch  der  darauf  gegründete  einwand  in  §  84  solem 
dieam  amt  hmam  aut  caekim  deum?  kann  wol  nur  einem  stoiker 
gegenüber  gebraucht  werden,  aus  der  stoischen  teleologie ,  welche 
der  skademiker  in  keiner  weise  zugeben  kann  j  ist  §  92  und  99  der 
twki  atBommen,  dasz  im  menschlichen  körper  nichts  überflüssig, 
■idits  ohne  orsache  sei  (vgl.  II  121).  §  100  wird  der  beweis  der 
Stoiker  Ar  dae  dasein  der  gottheit  aus  ihren  werken  verteidigt. 
9  103  steht  der  redende  durchaus  auf  dem  boden  der  stoischen  kos- 
sologie.  diese  stelle  erfordert  jedoch  eine  genauere  betrachtung, 
weO  sich  in  ihr  spuren  der  anordnung  von  Ciceros  quelle  zeigen. 

Sdicm  §  65  gibt  Cicero  eine  vorlttufige  disposition:  doce  me, 
wmdt  {di)  sintj  uln  smt^  quales  sifU  corpore^  animoj  vüa.  nach  dieser 
särd  snerst  die  entstehung  der  gOtter  aus  den  atomen  behandelt^ 
«dcke  Vellejus  nirgends  ausdrücklich  anerkannt  hatte ,  so  dasz  aus 
dem  Epikureischen  vertrag  allein  (vielleicht  abgesehen  von  §  54) 
Bjckt  die  berechtigung  folgen  würde,  gegen  die  atome  zu  sprechen. 
vca  dft  gdit  Cicero  mit  auslassnng  des  uhi  smt  auf  das  sehr  nahe 
Ikgeade  gua$i  corpus  des  §  49  über,  befindet  sich  also  in  dem  teile, 
wdehen  er  vorher  mit  quäles  smt  corpore  bezeichnete,  und  bekttmpft 
dcdbalb  daran  anschlieszend  76 — 102  die  menschliche  gestalt  der 
g6tter  (gegen  46 — 48).  nun  lesen  wir  §  103:  verum  sü  sane  .  . 
deus  effi^ies  hominis  et  imago:  qaod  eius  est  domicüium?  quae  sedes, 
fm  IseuSf  quae  denique  actio  vilae?  usw.  er  kommt  also  auf  die  oben 
rrwlhnten  teile  übi  sini^  qwües  smt  vita  zurück,  und  obgleich  Vellejus 
ssEgrads  von  dem  wohnsitz  der  gGtter  gesprochen  hatte,  führt  Cotta 
deanoch  ans,  dasz  er  ein  recht  habe  davon  und  von  den  weiteren 
btgCB  tu  reden  (103  f.).  im  folgenden  wird  dann  aber  gar  nicht 
davon  gebändelt,  sondern  Cicero  filhrt  in  der  Widerlegung  des  Epi- 
ksieeit  da  fort,  wo  er  stehen  geblieben  war,  dh.  er  geht  zu  §  49 
tbcr  (105  sie  enim  dicebas  usw.).  das  ist  so  auffallend,  dasz  §  103  f. 
gar  ucfat  anders  erklftrt  werden  kann  denn  als  unverarbeiteter  rest 
te  <(QeUeBSchrifl,  deren  disposition  mit  dem  bestreben  Ciceros,  sich 
>a  der  Widerlegung  an  den  dogmatischen  vertrag  anzuschlieszen ,  in 
ccaiict  gert th.  nnter  diesen  umstünden  ist  es  gewis  von  grosser  be- 
^Mteag,  dasz  diese  beiden  §§  ganz  mit  der  stoischen  philosophie  in 
«üjaag  stebeii,  dasz  II  42  die  verschiedenen  aufenthaltsorte  der 
Ufsdn  irasea  in  fthnlicher  weise  mit  dem  der  götter  in  zusammen* 


64     PSchwenke:  CiceroB  quellen  in  den  bücheru  de  natura  deorum. 

hang  gebracht;  und  dasz  auch  von  Seneca  {quaesl.  fkU.  V  6)  die  im 
feaer  lebenden  tbiere  erwähnt  werden,  der  stoischen  lehre  ist  end- 
lich die  bemerkung  in  §  104  cum  hoc  proprium  8Ü  animanHum^ 
ut  aUquid  adpetant^  quod  sU  naturae  accommodatum  yollstSndig  an- 
gemessen. 

Auch  deshalb  ist  diese  stelle  wichtig,  weil  wir  ans  ihr  ersehen 
dasz  Cicero  ein  original  vor  sich  hatte ,  welches  sich  in  durchgehen- 
dem Zusammenhang  mit  der  Epikureischen  theologie  beschftftigte; 
dasz  er  also  nicht  die  einzelnen  gründe  aus  einer  akademischen 
gesamtkritik  der  philosophischen  gOtterlehre,  welche  gewis  nicht 
nach  schulen,  sondern  nach  materien  geordnet  gewesen  wäre,  zu- 
sammengesucht hat,  wie  es  der  fall  sein  müste,  wenn  er  dieselbe 
akademische  quelle  benutzt  hätte  wie  Sextos  Emp.  IX.  nun  ist  es 
aber  sehr  unwahrscheinlich ,  dasz  Kleitomachos  ganze  bücher  gegen 
Epikurs  theologie  geschrieben  haben  sollte:  nirgends  wird  dem  Kar- 
neades  eine  so  eingehende  bekämpfung  Epikurs  zugeschrieben,  wäh- 
rend überall  von  seinem  streite  mit  den  stoikem  und  dem  der  stoiker 
mit  den  Epikureern  die  rede  ist,  so  dasz  wir  auch  argnmente  gegen 
die  Epikureer,  welche  ohne  urheber  angeführt  sind ,  ohne  weiteres 
den  Stoikern  zuschreiben  dürfen,  zb.  das  von  dem  sog.  Metrodoros  de 
sension.  col.  12  (vol.  Herc.  coli.  1 1.  VI)  erwähnte:  q>aciVT<iPi  u>c 
el  b\ä  TÖ  XoTiCjLiöv  ^x^iv  dv6pu)TTdfiopq>dc  dcTiv  xal  Tf)c  £uiötiitoc 
K0ivi)c  oCci]C,  cuvdnTui)Li€v  aÖTip  Kai  TroXXäc  .  .  (KoOvÖTirrac 
^op(q>t&)v  .  .  vgl.  Cic.  §  94.  ebenso  darf  man  wol  die  gründe  der 
übrigen  dogmatiker  gegen  die  Demokritisch-Epikureische  physik  bvi 
Cic.  acad.  pr.  II 125  (vgl.  not,  d.  1 65. 108)  für  stoische  halten.  —  So 
weist  uns  alles  auch  vor  §  1 15  auf  eine  stoische  quelle,  die  natürlich 
nicht  verschieden  sein  wird  von  dem  später  benutzten  fünften  buche 
des  Poseidonios  nepl  Oeduv.  denn  dasz  dieser  dort  nicht  nur  eine 
gelegentliche  bemerkung  gegen  Epikar  machte,  sondern  ausführlich 
gegen  ihn  sprach,  scheint  aus  Ciceros  ausdruck  disseruü  (123)  her- 
vorzugehen. 

Nach  dem  gesagten  werden  wir  freilich  die  stellen  von  akade- 
mischer färbung,  welche  von  61  — 114  vorkommen,  mit  anderen 
äugen  ansehen,  als  wenn  wir  von  ihnen  ausgiengen.  aber  auch  ganz 
unbefangen  betrachtet  enthalten  sie  nichts,  was  auf  eine  akademische 
quelle  zu  schlieszen  nötigte,  denn  dasz  einzelne  ähnlichkeiten  und 
anklänge  bei  Sextos  Emp. ,  wenn  nicht  auch  der  ganze  Zusammen- 
hang derselbe  ist,  noch  nichts  beweisen,  da  sie  zwar  schlieszlich  auf 
eine  gemeinsame  quelle  zurückgehen,  aber  von  jedem  nachgesprochen 
werden  konnten ,  ist  bereits  an  mehreren  beispielen  gezeigt  worden. 

Allerdings  ist  §  61  ff.  die  bestreitung  des  beweises  aus  der  all- 
gemeinen Verbreitung  des  götterglaubens  echt  akademisch  und  konnte 
in  einer  stoischen  schrift  nicht  vorkommen ;  aber  sie  ist  derart,  dasz 
sie  anch  einem  Cicero  allein  nicht  schwer  fallen  konnte,  und  wenn 
dieser  es  unterläszt  näher  darauf  einzugehen ,  guia  commune  hoc  est 
argumentum  <üiorum  etiam  phüosophorum  ^  so  läszt  das  doch  eher 


PSehwenke:  Ciceroi  qaellen  in  den  büchern  de  natura  deorum.     65 

Termoten  dass  ihm  ein  stoisches  werk  vorlag,  welches  darüber  nichts 
eathielt,  als  ein  akademisches,  welches  gerade  gegen  diese  gmndlage 
der  ganaen  theologie  einen  haaptangriff  richten  mäste«  rein  äkade- 
aiacbe  äosserongen  sind  femer  §  66  haec  ego  nunc  physioarum  ara- 
aäa  fimdo^  vera  an  falsa  neacio  usw.  und  §  100  qui  (sioici)  etiam  si 
aherratU  eoniectura  usw.;  aber  sie  stehen  in  so  starkem  contrast  zu 
den  sie  umgebenden  dogmatischen  Sätzen,  dasz  man  unwillkOrlich 
uf  die  Terrnntung  kommt,  Cicero  habe  sie  eingeschoben,  um  seinen 
skademiker  nicht  allzusehr  aus  der  rolle  fallen  zu  lassen,  dies  wird 
dsdorefa  bestätigt,  dasz  der  zweite  gedanke  auch  in  der  von  Cicero 
feeibstlndig  gearbeiteten  stelle  HI  4  vorkommt. 

Ganz  ohne  belang  sind  die  werte  §  84  qiuun  heO/urn  erat^  VeUei, 
ctmfiUri  pciius  nesdre  quod  nescires  usw.*  und  §  94  quorum  si  nemo 
ttntm  vidit  de  natura  dearum^  verendum  est  ne  uüa  sU  omnino.  das 
ktitere  rflhrt  wahrscheinlich  von  Cicero  selbst  her,  weil  es  mit  einem 
kiBweis  auf  §  25-— 41  verbunden  ist;  aber  es  könnte  ebenso  gut  von 
einem  dogmaiiker  gesagt  sein ,  dessen  lehre  unter  den  anderen  mit 
Tenrorfen  ist  und  der  die  Epikureische  nicht  anerkennt,  sogar  wie 
cu  leiser  spott  gegen  die  akademie  klingt  §  80  flarere  in  cado  aca- 
denioM  necesse  est.  dagegen  könnte  von  bedeutung  scheinen,  dasz 
§  113  Philon  erwfthnt  wird  and  ihm  ganz  bestimmte  äuszerungen 
la  den  mond  gelegt  werden,  man  könnte  darin  eine  andeutung  fin- 
den, dasz  eine  schrift  Philons  benutzt  sei.  aber  schon  der  umstand, 
duz  auch  §  59  und  93  solche  reminisoenzen  an  philosophen,  die 
Ciccro  gehört  hatte,  Philon,  Zenon,  Pbaidros,  vorkommen,  nimt  die- 
icr  stelle  die  beweiskraft  den  vielen  spuren  der  stoa  gegenüber,  gan^ 
abgesehen  davon  dasz  wir  von  Philon  eine  ähnliche  schrift  gar  nicht 
ennrten  dürfen,  eher  könnte  man  an  Antiochos  denken,  welcher 
udi  Plat  Lacallns  28  eine  schrift  iT€pl  6€tuv  verfaszt  hat  auf  ihn, 
der  sieh  in  der  physik  jedenfalls  nicht  weit  von  den  stoikem  ent- 
fente,  würde  nicht  nur  die  stoische  haltung  des  ganzen  passen,  son- 
dern er  könnte  sogar,  da  seine  schrift  ungef&hr  ins  j.  67  vor  Ch. 
ftllt,  den  Poseidonios  citiert  haben,  zweierlei  aber  macht  diese  ver- 
matnag  unwahrscheinlich :  zunächst  ist  es  nicht  glaublich,  dasz  An- 
tiodios  der  Widerlegung  der  Epikureer  so  viel  platz  eingeräumt 
hüte,  während  es  ihm  viel  näher  lag  die  Skeptiker  zu  bekämpfen. 
t*eitens  aber  spricht  der  umstand,  dasz  das  werk  des  Poseidonios 
jdde&ialls  für  das  zweite  buch  von  Cicero  benutzt  wurde,  sehr  daltlr, 
dan  das  citat  I  123  direct  aus  ihm  genommen  ist.  überdies  finden 
^  skeptischen  redewendungen  auch  aus  Antiochos  keine  directe  er- 
^Ibvag.  es  wird  daher  sicherer  sein,  bei  der  ersten  Vermutung 
itehea  za  bleiben  und  Poseidonios  für  den  zu  halten,  den  er  für  die 
pue  kritik  der  Epikureischen  theologie  verwendet  hat,  wenn  wir 
kodi  nicht  im  stände  sind  im  einzelnen  nachzuweisen ,  wie  weit  er 

*  to  wird  auch  aead.  pr,  II 196  dem  dogmatiker  der  Demokritischen 
l^pik  gegeaüber  der  aasaprach  in  den  mnnd  gelegt:  niMl  »entire  est 
Cm  prmoa  »eniire, 

für  cisM.  pbilol.  1679  lifl.  1.  6 


i 


66     PSchwenke:  Ciceros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deonun. 

vor  §  115  sich  streng  an  ihn  gehalten  hat  oder  selbstftndig  ge- 
wesen ist. 

Man  könnte  nun  gegen  dieses  resultat  noch  einwenden,  es  sei 
nicht  glaublich  dasz  Cicero  seinem  akademiker  einen  stoischen  Vor- 
trag in  den  mund  gelegt  habe,  aber  Cicero,  der  nie  besonders  pein- 
lich in  der  Unterscheidung  der  schulen  war,  konnte  es  darauf  am 
wenigsten  ankommen  an  einem  orte,  wo  es  sich  nur  um  die  be- 
streitung  der  Epikureischen  lehre  handelte,  hat  er  doch  auch  im 
zweiten  buche  de  finibuSj  in  der  rede  die  er  sich  selbst  beilegt,  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  eine  stoische  quelle  benutzt  (vgl.  Madvig 
Cic.  de  fin.'  s.  LXIV;  Zietzschmann  ^de  Tusc.  disp.  fontibus',  Halle 
1868,  s.  8);  eine  grosze  fthnlichkeit  der  composition  aber  ist  in  den 
bttchem  de  finibus  und  denen  de  natura  deorum  gar  nicht  zu  ver- 
kennen (vgl.  Madvig  s.  LXII  anm.  und  Erische  ao.  s.  12  f.). 

ßchlieszlich  darf  man  auch  die  verschiedene  art  nicht  unbeachtet 
lassen ,  wie  in  der  vorrede  unseres  Werkes  die  beiden  akademischen 
vortrage  angekündigt  werden,  während  §  4  zur  bezeichnung  der 
kritik  der  stoa  einfach  Karneades  genannt  wird ,  heiszt  es  §  3  nach 
andeutung  der  Epikureischen  lehre:  quarum  $i  vera  senientia  est^ 
guae potest  essepidaSj  quae  sanditas^  guae  religio?  usw.,  worte  mit 
denen  ganz  unverkennbar  die  Widerlegung  auf  positiver  grundlage, 
wie  sie  116  ff.  gegeben  wird,  versprochen  ist;  auch  stimmen  die  an- 
geführten gründe  so  überein,  dasz  man  zu  der  Überzeugung  kommen 
musz,  Cicero  habe  seine  quellenschriften  bereits  ausgewählt  und  ein- 
gesehen gehabt,  als  er  die  einleitung  schrieb,  hätte  er  aber  wirklich 
für  den  ersten  akademischen  vertrag  eine  schrift  des  Kleitomacbos 
bestimmt,  so  würde  er  den  namen  des  Kameades  schon  in  §  3,  nicht 
erst  nach  erwähnung  der  stoiker  genannt  haben. 

(der  8ch1u0S  folgt  im  nächsten  hefte.) 

Greifbwald.  Paul  Schwenke. 

10. 

zu  STRABON  UND  SÜET0NIU8. 


Ich  weisz  nicht  welches  auffallende  misgeschick  die  schuld 
trägt,  dasz  ich  nicht  nur  in  meiner  schrift  'die  Römer  und  die  Deut* 
sehen  am  Niederrhein'  s.  62 ,  sondern  später  auch  in  meinen  ^feld- 
Zügen  des  Drusus  und  Tiberius  im  nordwestlichen  Deutschland' s.  98 
die  Worte  des  Strabon  VII  1  s.  291  nach  der  fehlerhaften  vulgata 
citiert  habe:  ^CTt  hk  Kai  CdXac  TroTafidc,  oiS  peTaEü  xal  ToO*Pr)vou 
TToXcjLiiüV  KalKaTopGdiv  ApoOcoc  ^t€X€utt]C€V  ö  Fcp^avtKÖc:  ob* 
wol  dem  geiste  die  durch  die  sache  gebotene  emendation  noXe^uiv 
Kai  KaTOTTOpOuiv  vorschwebte,  die  notwendigkeit  dieser  meiner 
Verbesserung  springt  in  die  äugen :  denn  mit  keinem  worte  geschieht 
im  zusammenhange  der  geschichte  irgend  eine  erwähnung  von  an- 
Ordnungen  oder  einrichtungen  des  Drusus  auf  seinen  feldzügen;  wol 


ADederich:  zu  Strabon  und  Suetonius.  67 

aber  wird  der  eilmttrecbe  durcb  die  länder,  der  Zerstörungen  und 
verwflstungen,  der  niederwerfung  und  bezwingung  der  germaniscben 
Völker  in  starken  ausdrücken  gedacbt.  zu  innem  anordnungen  war 
keine  zeit  vorbanden,  zutreffend  sagt  Cassius  Dion  LIV  32 :  Kai  inX 
Tfiv  Cutapßpiba  ^K6tO€V  dTrmapcXGujv  cuxvä  ^Tidpeiicev:  vgl. 
c.  33  Touc  Oöcin^Tac  KaxecTp^niaio.  ferner  bericbtet  Florus  IV  12 
[n  30],  23:  Brusus  primos  domuit  Vsipetes^  inde  Tenderos  per- 
currit  et  Chattos  .  .  inde  välidissimas  nationes  Cfieruscos  Suehosque 
et  Sigamhros  parUer  adffressus  est,  Orosius  VI  21  Drusus  in  Germa- 
nia primo  Vs^etes^  deinde  Tenderos  et  Chaitos  per  domuit;  Mar- 
comannos  paene  ad  internecionem  cecidit;  postea  fortissimas 
naiiones  .  .  pariter  uno  heHo,  sed  diam  suis  aspero  superat^it. 

Aber  in  derselben  stelle  des  Strabon  steckt  nocb  ein  anderer 
bisher  von  niemand  geahnter  fehler,  nemlicb  ein  irrtum  des  geo- 
grapben  selbst,  es  ist  (von  FAbrabam  im  programm  der  Sophien- 
realsehule  in  Berlin  1875  s.  6)  die  frage  aufgeworfen  worden ,  ob 
die  partidpia  iroXcjiidjv  Kai  KaTaTTopOwv  sieb  auf  oii  juctoSu  Kai  toO 
'P/jvou  bezieben,  oder  auf  dTcXcuTTjccv.  sie  bezieben  sieb,  wie  die 
stelle  nun  einmal  lautet,  auf  beides:  Drusus  führte  krieg  zwischen 
Saale  und  Bbein ,  und  er  ist  in  dem  kriege  zwischen  beiden  Aussen 
gestorben,  richtig  wird  man  übersetzen :  'es  ist  da  auch  ein  flusz 
Salas,  und  in  den  zwischen  diesem  flusz  und  dem  Rhein  geführten 
zerstörenden  kriegen  ist  Drusus  gestorben.'  freilich  mag  man  auch 
bei  der  erklärung  der  werte  sich  drehen  und  wenden  wie  man  will, 
es  wird  doch  keine  volle  be&iedigung  erzielt,  das  liegt  aber  am  be- 
ricbterstatter.  es  läszt  sich  nun  einmal  nicht  aus  der  geschichto 
wegdisputieren,  dasz  Drusus  bis  zur  Elbe  vorgedrungen  und  dasz 
er  in  den  zerstörenden  kriegen  zwischen  Rhein  und  Elbe  gestorben 
ist.  und  mit  der  eigentümlichen  art  der  erwähnung  der  Saale  — 
das  kann  man  im  groszen  zusammenhange  der  Strabonischen  darstel- 
lung  wol  nicht  leugnen  —  soll  an  diesen  flusz  ein  ganz  besonderes 
ereignis  geknüpft  werden ;  man  braucht  sich  nicht  allzusehr  zu  ver- 
wundern, wenn  ich  in  meinen  *feldzügen  des  Drusus  und  Tiberius* 
s.  102  gesagt  habe,  'die  Saale  habe  in  dem  vordringen  des  Drusus 
zur  Elbe  noch  eine  besondere  rolle  gespielt.'  wenn  auch  der  flusz 
beim  vordringen  zur  Elbe  keine  besondere  rolle  gespielt  hat,  so  hat 
er  sicherlich  auf  dem  eiligen  rückzuge  von  der  Elbe  nach  dem  Rhein 
eine  bedeutung  gehabt,  nemlicb  die  dasz  Drusus  'bei  oder  in  der 
nShe  der  Saale*  den  Schenkelbruch  durch  pferdosturz  erlitten  hat 
und  in  folge  dessen  in  dem  daselbst  bezogenen  Sommerlager  gestor- 
ben ist.  dieser  sinn  liegt  zwar  nicht  in  den  aufbewahrten  worten 
des  Strabon ;  allein  wie  unsicher  und  verworren  oft  dieser  Schrift- 
steller in  seinen  geographischen  darstellungen  ist ,  habe  ich  zur  ge- 
nüge in  meiner  genannten  schrift  s.  100  f.  dargethan.  er  hat  etwas 
anderes  sagen  wollen,  und  zwar  folgendes:  *es  befindet  sich  da  (nem- 
licb zwischen  Rhein  und  Elbe ,  um  deren  zwischengebiet  es  sich  im 
groszen  zusammenhange  handelt)  auch  ein  flusz  Salas,  bei  welchem 

6* 


68  ADederich:  zu  Strabon  and  Suetoniiu. 

Drusus  auf  seinen  zwischen  Rhein  und  Elbe  geführten  zer- 
störenden kriegen  gestorben  ist.'  ich  wage  es  freilich  nicht  diesen 
historisch  richtigen  gedanken  im  texte  des  Strabon  zu  restituieren; 
allein  es  unterliegt  keinem  zweifei,  dasz  der  verstilmmelte  gedanke, 
wie  er  bisher  lautete,  ebenso  auf  rechnung  eines  irrtums  des  Schrift- 
stellers selbst  zu  setzen  ist,  wie  die  übrigen  Unrichtigkeiten  in  der 
beschreibung  des  laufes  der  flüsse  zwischen  Rhein  und  Elbe. 

Was  den  tod  des  Drusus  betrifft,  so  ist  (an  derselben  stelle)  die 
behauptung  aufgestellt  worden,  Drusus  sei  nicht,  wie  das  zeugnis 
des  Cassius  Dion  lautet,  auf  seinem  vierten  feldzuge  umgekomitaen, 
da  nach  dem  glaubwürdigem  berichte  des  Suetonius  Claud,  1  der- 
selbe überhaupt  nur  zwei  feldzuge  unternommen  habe,  das  ist  ein 
groszer  irrtum.  der  gedankengang  der  langen  stelle  des  Suetonias 
ist  nach  meinem  dafürhalten  folgender,  er  faszt  zuerst  die  beiden 
kriege ,  den  rätischen  und  germanischen ,  zusammen,  dann  greift  er 
aus  den  (vier)  germanischen  feldzügen  den  anfang  heraus,  die  grosz- 
artige  thätigkeit  des  römischen  feldherm  in  der  anläge  der  fassae 
Dnisinae,  welche  der  flotte  einen  neuen  Wasserweg  in  die  Nordsee  zu 
bahnen  bestimmt  war,  von  welcher  aus  das  nördliche  Germanien  an- 
gegriffen werden  sollte,  nach  kurzer  erwfihnung  der  besiegung  und 
Verfolgung  der  feinde  kommt  er  dann  schon  zum  ende,  zum  resultat 
der  feldzuge  mit  der^  erscheinung  der  deutschen  prophetin  (an  der 
Elbe) ,  dh.  mit  rückzug  und  tod  des  beiden,  der  Schriftsteller  läszt 
dann  folgen  die  ehren  des  Drusus  während  der  feldzuge,  bestehend 
in  dem  ovandi  w>$  und  den  triumphcHia  ornamenta,  sowie  in  der 
Übertragung  des  consulates,  nachdem  er  vorher  quaestor  und  praetor 
gewesen  war,  welche  ämter  ohne  genauere  Zeitbestimmung  aufge- 
führt werden,  als  consul  untemimt  Drusus  einen  neuen  feldzug 
(nicht  einen  zweiten,  sondern  den  vierten) ,  den  letzten  auf  welchem 
er  im  Sommerlager  stirbt,  die  worte  quas  ob  res  bis  sunt  appeUata 
enthalten  aber  nichts  neues ,  sondern  heben  nur  einige  cinzelheiten 
aus  dem  mit  prohibuisset  schlieszenden  germanischen  feldzuge  her- 
vor, nach  der  erwähnung  der  ehren  während  der  feldzuge  und  des 
todes  im  Sommerlager  folgen  endlich  die  ehren  nach  dem  tode.  die 
worte  expedUione  repetUa  sind  nicht  von  einem  zweiten,  sondern  nur 
von  *einem  wiederholten  feldzuge'  zu  verstehen,  dem  vierten  und 
letzten :  so  dasz  auch  von  einem  Widerspruch  in  den  berichten  des 
Suetonius  und  Cassius  Dion  keine  rede  sein  kann,  nebenbei  sei  noch 
bemerkt ,  dasz  das  consulat  nicht  unmittelbar  auf  die  praetur  folgte, 
wie  man  aus  dem  worte  confestim  schlieszen  könnte,  sondern  zwi- 
schen der  praetur  des  Drusus  (im  j.  743  der  Stadt)  und  dem  consulat 
(745)  lag  noch  ein  ganzes  jähr,  ist  es  doch  dem  schriftsteiler  nicht 
zu  thun  gewesen  um  eine  genaue  Unterscheidung  der  Chronologie  bei 
den  ämtem  und  feldzügen,  sondern  blosz  um  eine  allgemeine  Zu- 
sammenfassung derjenigen  ereignisse,  die  in  seinen  äugen  von  be- 
sonderer Wichtigkeit  zu  sein  schienen. 

EmisitiCH.  Akdbeas  Deoirioh. 


SRieck:  za  Horatias  episteln  [I  15,  10—18].  69 

11. 

ZU  HORATIUS  EPISTELN. 


I  15,  10  muiandus  locus  est  et  deversaria  nota 

praeteragendiis  equus.  *quo  tendis?  non  mihi  Cumas 
est  üer  aut  Baias*  laeva  stcmachosus  hahena 
äicel  eques :  sed  equi  frenato  est  auris  in  ore. 
Die  erklämng  dieser  stelle  bildet  eine  wahre  crux  phUologorum. 
besonders  das  sed  in  v.  18  spottet  aller  interpretationsversuche.  es 
ist  nnlogisch :  denn  jeder  leser  erwartet  ein  nam ;  aber  selbst  wenn 
es  znlfissig  wäre  nam  (oder  enim)  dafür  einzusetzen,  der  ganze  zusatz 
bliebe  doch  haltlos,  keine  der  von  den  auslegem  vorgetragenen  er- 
klftnmgen  hebt  die  Schwierigkeit,  der  scholiast  interpretiert  ganz 
iScherlich.  Bentley  und  Fea  wollen  mit  einigen  hss.  sed  equis  fre- 
ncdo  est  auris  in  ore  schreiben ,  so  dasz  also  Hör.  dem  scherzhaften 
referate  seiner  bevorstehenden  Unterhaltung  mit  dem  pferde  eine  all- 
gemeine Sentenz  hinzufügte,  dem  gegenflber  haben  die  neueren  hgg. 
das  am  besten  bezeugte  equi  restituiert,  zumal  da  den  eigentlichen 
anstosz  des  wertes  sed  diese  änderung  gar  nicht  berührt,  um  ihn  zu 
beseitigen  ist  manigfaltiges  geleistet,  mit  beibehaltung  von  equis 
vermutet  Horkel  (anal.  Hör.  s.  146)  t<^  fdr  sed,  dies  würde  die  stelle 
ertrftglicher  machen ,  ist  aber  selbst  unerträglich ,  weil  es  der  proso- 
die  von  eques  gewalt  anthut.  so  wie  die  werte  überliefert  sind,  kann 
man  nur  verbinden,  wie  es  schon  comm.  Cruq.  thut:  eques  stomadio- 
BUS  laeva  hahena  dicet  equo  suo:  quo  tendis?  non  est  mihi  iter  Cumas 
aut  Baias.  schlösse  sich  das  folgende  passend  an,  so  würde  man 
gerade  die  prägnante  rede  weise  ^er  sagt  es  ihm  mit  dem  linken  zügel' 
für  sehr  poetisch  erklären  müssen.  Döderleins  erklärung  laeva  sto- 
machose  fledens  hahena  equum  ist  gekünstelt  und  von  Keck  (de  Hör. 
epist.  libro  I,  Kiel  1857,  s.  23)  mit  recht  zurückgewiesen,  aber  das 
folgende  passt  in  keinem  falle:  es  bleibt  schleppend  und  unlogisch. 
das  deutsche  beispiel  ^vergebens  suchte  der  general  seine  leute  zum 
stehen  zu  bringen,  aber  sie  waren  nicht  zu  halten',  welches  Döderlein 
als  ein  analoges  zur  erklärung  des  sed  beibringt,  passt  nicht  (s.  Keck 
ao.).  Kecks  eigene  erklärung  durch  sat.  I  5,  60  ist  falsch  und  von 
Ribbeck  widerlegt :  ^sed  ist  nicht  gleich  at,  und  die  trockenheit  dieser 
lehrhaften  notiz  wäre  auch  so  unerträglich.'  einen  gedankensprung 
anzunehmen,  wie  Orelli,  Döderlein  ua.,  ist  nicht  weniger  mislich  und 
macht  gleichfalls  die  werte  nicht  geistvoller.  Bibbeck  und  Lehrs 
halten  den  vers  von  sed  bis  ore  für  interpoliert,  jener  mit  der  zuver- 
sichtlichen behauptung  ^ein  anderes  mittel  diesem  salzlosen  zusatze 
zu  einigem  halte  zu  verhelfen  bietet  sich  nicht',  dieser,  indem  er 
die  Worte  certum  nitens  üer.  edere  perge  substituiert,  wer  sich  mit 
dem  überkühnen  kritischen  verfahren  dieser  beiden  gelehrten  nicht 
befreunden  kann ,  wird  trotzdem  nach  andern  heilmitteln  aussehen, 
um  auf  dem  sichern  boden  der  Überlieferung  bleiben  zu  können,    es 


70  ERieck:  zu  Horatius  episteln  [I  15,  10—13]. 

ist  merkwürdig,  wie  nahe  Prädicow  (s.  ThSchmid  zdst.)  einer  be- 
friedigenden erkl&rung  gewesen  ist.  er  wollte  schreiben:  sed  equus: 
frenato  est  auris  in  ort,  das  ist  allerdings  abgeschmackt,  aber  die 
Vorstellung  ist  richtig,  dasz  Hör.  das  pferd  als  redend  eingeführt 
habe,  ich  meine,  man  dürfe  nur  die  interpunction  und  einen  buch- 
staben  ändern,  um  nicht  nur  überall  das  richtige  grammatische  und 
logische  Verhältnis  herzustellen,  sondern  auch  die  ganze  stelle  an- 
schaulicher und  poetischer  zu  piachen,    schreibt  man : 

^quo  tendis?  non  mihi  Giemas 
est  Her  aut  Baias?*  laeva  stomachosus  hahena 
dicet  equus;  sed  equi  frenato  est  auris  in  ore> 
so  ist  alles  in  Ordnung,  das  pferd  hat  oft  genug  den  dichter  nach 
Bajae  getragen ;  jetzt  soll  es  nach  Velia  oder  Salernum  gehen,  bei 
Voltumum  musz  Hör.  jetzt  daher  links  abbiegen,  bekannte  Wirts- 
häuser an  der  strasze,  die  nach  Bty'ae  führt,  rechts  liegen  lassen. 
(Döderleins  behauptung,  deversorium  sei  hier  in  der  sonst  nicht  nach- 
weisbaren bedeutung  von  deverticulum  ^Seitenweg'  zu  nehmen,  'da 
nicht  einzusehen  sei,  warum  Hör.  darum,  weil  er  auf  der  südlichen 
haviptstrasze  weiter  reiste  als  früher,  auch  den  gewohnten  an  der 
hauptstrasze  liegenden  einkehrorten  ausweichen  muste',  scheint  mir 
pedantisch,  dasz  gerade  an  dem  kreuzungspuncte  der  beiden  groszen 
straszen  Wirtshäuser  lagen,  ist  doch  wahrscheinlich;  warum  soll  es 
nicht  sitte  gewesen  sein,  dasz  die  von  Born  nach  Bajae  gebenden 
hier  Station  machten ,  die  in  der  richtung  auf  Neapel  reisenden  ein 
anderes  absteigequartier  an  der  strasze  nach  Neapel  zu  wählen  pfleg- 
ten?) er  musz  also  das  pferd,  welches  unwillkürlich  die  bekannte 
strasze  zur  rechten  einschlagen  will,  nach  links  lenken,  da  wundert 
sich  das  pferd.  'was  fällt  denn  meinem  herrn  ein?'  denkt  es,  und 
'ärgerlich  über  den  linken  zügel  sagt  es :  wohin  willst  du  denn?  soll 
ich  denn  nicht  die  strasze  nach  Cumae  oder  Bajae  gehen?'  'aber  des 
pferdes  ohr  ist  im  gezügelten  maul'  setzt  kurz  und  treffend  der  dich- 
ter hinzu,  dh.  'sein  ärger  hilft  ihm  nichts,  es  musz  mir  gehorchen, 
da  es  auf  den  zügel  (hier  den  linken)  achten  musz ,  den  es  im  maule 
trägt.*  stomachosus  mit  dem  abl.  causae  zu  verbinden  macht  wol 
keine  Schwierigkeit:  es  kommt  das  wort  bei  Hör.  sonst  nicht  vor, 
und  stomachari  wird  ep.  I  1,  104  mit  ob  construiert  und  steht  sat. 
I  4,  55  absolut;  aber  nach  analogie  der  verba  und  ac^ectiva  der  ge- 
mütsbewegung  wird  immerhin  der  ablativ  gesetzt  werden  dürfen. 
Neubtrblitz.  Kabl  Bieok. 


KEowberg:  anz.  t.  TibuUi  el^ae  rec.  EBaehrens.  71 

12. 

ALUI  TIBÜLLI  ELBGIABUM  LIBRT  DUO.    ACOEDUNT  PSEUDOTIBULLIANA. 

KB0BH8Ü1T   ABMiLiüS  BAEURENS.     Lipsiae  in  aedibus  B.  G. 
TeobnerL   MDCCCLXXVIII.    XXVI  u.  88  s.    gr.  8. 

Dtss  der  einflnsz,  welchen  das  von  Lachmann  bei  Veranstaltung 
seiner  kritischen  aosgabe  des  Tibnllus  (1829)  eingeschlagene  ver- 
bhren  auf  die  kritik  dieses  dichters  geübt  hat,  in  mancher  hinsieht 
m  recht  nachteiliger  gewesen  ist,  dürfte  nach  den  aasftthmngen 
von  Locian  Mfiller  in  der  prae&tio  zu  Tibollos  und  von  EBaehrens 
in  den  'Tibnllisohen  blättern'  ziemlich  allgemein  zugestanden  wer- 
doi.  besonders  lähmend  wirkte  die  von  Lachmann  s.  VI  seiner 
pne&tio  mit  voller  emphase  der  ttberzengung  vorgetragene  ansieht 
dm,  wie  nnsaverlässig  auch  die  von  ihm  ftlr  die  relativ  besten  ge- 
hsUenen  Tiboll-hss.  inmier  seien,  doch  die  hoffnung  auf  entdeckung 
boeerer  aUer  aossicht  entbehre,  nur  hieraus  erklärt  sich  die  er- 
seheianng,  dass  während  eines  halben  Jahrhunderts  alle  ernstlichen 
bsmOhnngen  um  die  anffindnng  neues  kritischen  materials  fttr  Tib. 
oiierbiieben  aind  und  dasz  keine  der  von  1829 — 1878  erschienenen 
HboUanagaben  aof  wesentlich  anderer  als  der  von  Lachmann  ge- 
cehaffenen  kritischen  basis  ruht,  erfuhren  doch  selbst  die  von  Lach- 
atan  bereits  indicierten  Freisinger  excerpte  erst  1869  durch  LMfiller 
gebttbrende  Würdigung  und  ein  jähr  später  Verwertung  in  dessen 
•ergäbe,  hohe  anerkennung  verdient  es  daher,  dasz  einer  unserer 
verdieDstvollsten  hss.-forscher,  hr.  prof.  EBaehrens  in  Groningen,  die 
boibimg  auf  neue  funde  für  TibuU  nicht  sinken  liesz  und  unbeirrt 
dmth  das  Lafchmannsche  verdict  bei  seinen  bibliothekstudien  auch 
derdarchforachiing  von  Tibnll-hss.  seine  aufmerksamkeit  zuwandte. 
Mine  bemflhongen  sind  nicht  unbelohnt  geblieben,  wirklich  ist  es 
ika  gelungen  drei  hss.  ausfindig  zu  machen,  welche  sämtliche  Lach- 
minnerhe  hss.  an  wert,  zum  teil  auch  an  alter  Übertreffen,  auf 
gnmdkge  dieser  hss.  hat  B.  die  oben  genannte  neue  kritische 
BboUaaagmbe  veranstaltet,  deren  beurteilung  und  Würdigung  diese 
teilen  gewidmet  sind,  schon  hier  musz  indessen  bemerkt  werden, 
Qa  aliia  sanguinische  erwartnngen  gleich  im  keim  zu  ersticken, 
diBi  durch  das  neu  aufgefundene  material  keinerlei  neues  licht  ttber 
eine  der  wiebtigsten  fingen  der  Tibullkritik,  die  nmstellungsfrage, 
verbreitet  wird,  diese  bleibt  trotz  der  neu  entdeckten  hss.  in  der- 
•^bcn  donkriheit  wie  bisher,  und  es  dürfte  auf  eine  lOsung  derselben 
dier  zu  rechnen  sein,  als  bis  derzufall  einem  glücklichen  finder 
vor  dem  nennten  jh.  geschriebenes  exemplar  von  TibuUus  in  die 
spielt,  femer  glaube  man  ja  nicht,  dasz  die  beschaffenheit  der 
▼«  B.  gefnndenen  hss.  derartig  sei,  dasz  durch  sie  die  vielen  scrupel 
te  «ortkritik  gelöst  würden,  nein,  die  gebotenen  lesarten  waren^ 
cieige  wenige  ansgenommen,  längst  bekannt  und  sind  bis  auf  diese 
««igen  sb.  schon  in  der  ausgäbe  von  Broekhujzen  1708  zu  finden. 
^  wert  der  Baehrensschen  hss.  besteht  vielmehr  darin  —  und  das 


72  ERossberg:  aoz.  v.  Tibulli  elegiae  rec.  EBaehrens. 

ist  wichtig  genug  —  dasz  die  kritik  durch  sie  in  den  stand  gesetzt 
wird  die  alte  Überlieferung  von  den  oft  recht  verftihreriBchen  con- 
jecturen  der  Itali  des  fünfzehnten  jh.  zu  unterscheiden  und  von  jener 
aus  neue  Wiederherstellungsversuche  des  ursprünglichen  TibuUtextes 
anzustellen. 

Ehe  wir  zur  beschreibung  und  Würdigung  der  neu  aufgefun- 
denen hss.  im  einzelnen  übergehen,  müssen  wir  einige  worte  über 
die  äuszere  einrichtung  der  B.schen  ausgäbe  voranschicken.  dieselbe 
folgt  ganz  dem  muster  der  vor  zwei  jähren  erschienenen  Catnllaus- 
gäbe  desselben  hg.  und  enthält  auf  XXVI  seiten  prolegomena,  anf 
88  Seiten  den  text  mit  testimonia  und  varietas  leotionis.  als  eigen- 
tümlichkeit  der  B.schen  ausgäbe,  durch  welche  sie  sich  von  allen  bis- 
herigen unterscheidet,  ist  hervorzuheben,  dasz  hier  nicht  mehr  von 
vier  bttchem  Tibullischer  gedichte  die  rede  ist,  sondern  der  alten 
Überlieferung  gemttsz  (vgl.  Baehrens  Tibull.  blätler  s.  54),  sowie  im 
anschlubz  an  die  ergebnisse  der  hohem  kritik  nur  von  zwei,  welchen 
die  ehemals  als  drittes  und  viertes  buch  figurierenden  gedichte  unter 
der  bezeichnung  'Pseudotibulliana'  angefügt  sind,  bedenklich  für 
die  wähl  dieses  titeis  ist  nur  der  umstand ,  dasz  sich  unter  diesen 
stücken  ein  unzweifelhaft  dem  Tib.  angehöriges  gedieht  findet  (sonst 
IV  13),  so  dasz  sich  vielleicht  die  bezeichnung  'appendix  Tibulliana' 
(analog  der  'appendix  Vergiliana')  mehr  empfohlen  hätte,  ob  selbst 
bei  der  wähl  dieser  bezeichnung  die  aufnähme  des  den  tod  Tibulls 
behandelnden  epigramms  des  Domitius  Marsus  zu  rechtfertigen  ist, 
lasse  ich  dahingestellt,  wenden  wir  uns  nun  von  diesen  äuszerlich- 
keiten  zu  den  prolegomena. 

Nach  einigen  Vorbemerkungen  über  die  Unzulänglichkeit  der 
bisherigen  kritischen  hilfemittel  für  die  Tibullkritik  und  nach  einer 
kurzen  Widerlegung  der  ansieht,  als  ob  das  vierzehnte  jh.  der  be- 
kanntschaft  mit  Tib.  gänzlich  ermangelt  habe,  gibt  B.  eine  beschrei- 
bung der  neu  entdeckten  hss.   dieselben  sind : 

1)  A,  cod.  B.  26  sup.  der  Ambrosianischen  bibliothek  zu  Mai- 
land,  ehemals  dem  bekannten  Colucoio  Salutato  (t  1406),  nach  die- 
sem den  Mediceem  gehörig,  er  ist  nach  B.  ungefälu*  1375  geschrieben 
und  enthält  den  Tib.  allein,  ein  halbes  jh.  später  sind  ihm  von 
zweiter  band  einige  wenige  Varianten  beigefügt. 

2)  V,  cod.  Vaticanus  3270,  ehemals  eigentum  des  Fulvio  Cr- 
sini.  derselbe  ist  von  OLöwe  nach  den  angaben  von  B.  anf  seine 
gute  untersucht  und  von  AMau  für  den  hg.  verglichen  worden,  nach 
der  übereinstimmenden  ansieht  beider  gelehrten  stammt  er  eher  aus 
dem  ende  des  vierzehnten  als  dem  anfang  des  fünfzehnten  jh.  er 
enthält  auszer  Tib.  noch  Ovids  remedia  amaris  und  ist  von  späteren 
sehr  reich  mit  Varianten  ausgestattet 

3)  0,  cod.  Guelferbjtanus  (Ms.  Aug.  82,  6  foL):  derselbe  ist 
in  langobardischer  schrift  geschrieben,  so  dasz  er  auf  den  orsten 
blick  den  eindruck  einer  hs.  des  zehnten  oder  elften  jh.  macht,  nach 
B.  fällt  seine  entstehnng  jedoch  in  die  zeit  um  1425.   auszer  Tib. 


KBowberg :  ans.  ▼.  Tiballi  elegiae  rec.  EBaehrenö.  73 

eitfalli  er  den  brief  der  Sappbo.  eine  um  mebrere  decennien  spKtere 
bad  hat  zahlreicbe  Varianten  hinzugefügt  und  an  mehreren  stellen 
die  orsprilngliche  leaart  durch  rasur  geändert,  nach  untrüglichen 
i&seidien  ist  dies  derselbe  codex,  aus  welchem  Puccius  die  ihm  am 
viditigsten  erscheinenden  lesarten,  jedoch  ohne  rücksicht  darauf,  ob 
diesdben  Ton  erster  oder  zweiter  band  stammten ,  excerpierte  und 
den  xande  der  Aldina  von  1502  beifügte,  ich  bemerke  noch  dasz 
mir  aodi  einer  der  Codices  des  Achilles  Statins  mit  G  identisch  zu 
sebi  scheint. 

AnsMr  diesen  drei  ToUstSndigen  hss.  zieht  B.  für  die  kritik  heran 
1)  das  alte  fragm.  Cuiacianum  Scaligers  (F),  2)  die  Freisinger  ex- 
cerpie  (JW».)n]id  8)  die  einem  im  elften  jh.  in  Frankreich  zusammen - 
gtstelHai  ilorüegium  entstammenden  Pariser  excerpte  {Par.).  auch 
ftber  diese  hüfismittel  wird  in  den  prolegomena  das  wissenswerteste 
bdgebnM^t. 

üeber  die  abstammung  und  die  verwandtschaftsverhSltniBse 
der  hn.  gelangt  B.  zu  Mgenden  resultaten ,  welchen  ich  nach  ge- 
Buer  prtlliing  aller  in  betraoht  kommenden  momente  mit  voller 
HbwienguBg  beipflichten  kann,  abgesehen  von  dem  fragm.  Cuiac. 
od  den  ezc.  Fris.,  Ilber  deren  Stellung  zu  den  übrigen  hss.  sich 
uehts  gewisses  ermitteln  läszt,  gehen  sfimtliche  hss.  auf  einen  codex 
des  nennten  jh.  (von  Baehrens  O  genannt)  als  ihre  gemeinschaftliche 
qedle  snrttck.  sie  scheiden  sich  jedoch  in  zwei  familien ,  von  denen 
£e  eiiie  dnreh  die  in  hohem  grade  fibereinstimmenden  codd.  A  und 
V,  die  andere  durch  G  und  die  exe.  Par.  vertreten  ist.  direct  aus  0 
iit  keine  der  vorhandenen  hss.  geflossen,  es  ergibt  sich  demnach 
Mgudcs  stemma: 

0 


X  (cod.  Veron.?)  y 


/  ^ 


«cPar.  G  A  V 

&  ipiterea  interpolierten  hss.  (g)  entstammen  grGstenteils  der 
^■ihe  AV,  doeh  finden  sich  in  ihnen  nicht  selten  auch  lesarten  der 
fiunüie.  ich  nehme  hier  gelegenheit  darauf  aufmerksam  zu 
dasz  die  dem  cod.  Y  beigeschriebenen  Varianten  fast  über- 
>U  Bit  der  lesart  von  G  übereinstimmen. 

Was  den  wert  der  einzelnen  hss.  für  die  kritik  betrifft,  so  miszt 
^  der  fioiilie  x  weit  grössere  bedeutung  bei  als  der  familie  y.  in 
/<Mr  fniilie  ist  es  natürlich  G,  welcher  schon  um  seiner  voUstSndig- 
^  «fllen  höhere  Wichtigkeit  besitzt  als  die  exe.  Par.  die  lesarten  der 
•Hilerai  haben  fibeilianpt  nur  dann  auf  berücksichtigung  anspruch, 
*«ii  lie  mit  O  übereinstimmen,  da  der  text  in  ihnen  oftmals  ganz 
*>DHriieh  gelodert  ist.  der  gmnd  hierfür  liegt  teils  darin,  dasz  die 
"^gehobenen  verse  zu  einer  selbständigen  sentenz  ausgeprägt  wer- 
te usten«  teils  in  metrischen  bedenken  des  ezcerptors,  welcher 
i^*  die  dreisilbigen  pentameterausginge  conseqaent  beseitigt,   wie 


74  KRosBberg :  anz.  t.  Tiballi  elegiae  rec.  EHaehrens. 

steht  es  aber  mit  dem]  wert  von  G  selbst?  das  arteil  von  B.  über 
diesen  codex  werde  ich  mit  seinen  eignen  werten  wiedergeben,  er 
sagt  proleg.  s.  XVII:  ^abi  6  et  AV  inter  se  dissentiunt,  bis  fere 
diffidendam ,  ab  illo  autem  nisi  ob  cansas  gravissimas  non  receden- 
dum  illiusque  scripturas  pro  germanis  communis  utriusque  archetjpi 
lectionibus  (0)  habendas  esse'  und  einige  zeilen  weiter:  ^ad  0  quod 
attinet,  eius  librarium,  cum  scripturam  imitaretur  langobardicam, 
non  fraude  fecisse,  ut  fecerunt  tum  Florentiae  maxime  mnlti  scribae 
(nam  in  ceteris  nil  ille  cum  bis  habet  commune),  sed  vetustum  exem- 
plar  quam  fidelissime  depinxisse  antumaverim.  hinc  si  ex  filii  vnitu 
de  patre  facere  licet  coniecturam ,  hie  nobilis  saeculi  X  vel  XI  pro- 
pago  dicendus  est.  at  multo  recentior,  ni  fallimur,  erat  codicum  AV 
parens.  hunc  enim  cum  ipsa  indoles  ac  natura  ex  prole  superstite 
perspicaa,  tum  tituli  a  rubricatore  carminibus  praefixi  quasi  intento 
digito  demonstrant  saeculo  XII  vel  XIII  ortum  esse.'  diesen  urteilen 
habe  ich  folgendes  entgegenzustellen,  trotz  der  höchst  wahrschein- 
lich richtigen  Zeitbestimmungen  für  die  vorlagen  von  GPor.  und  AV 
vertritt  dennoch  die  letztere  hss.-classe  die  ältere,  nnverflUschtere 
Überlieferung,  der  gesamteindruck  der  lesarten  in  AV  ist  der,  dasz 
der  text  durch  die  bände  einer  reihe  von  unwissenden  Schreibern  ge- 
gangen ist,  welche  sowol  der  prosodie  unkundig  waren  (beispiele 
I  3,  25  deum,  5,  7  das  zweite  parce,  7,  6  VidU  ei  vinctoSy  8, 1  cehrCy 
V.  57  levis,  U  1,  17  und  öfter  dti,  4,  33  incerta,  Ljgd.  1,  16  Costa- 
liamque  umhrosam,  5,  29  Mque  vobis  usw.)  als  auch  kein  bedenken 
trugen  baren  unsinn  abzuschreiben  (beispiele  I  3,  38  veteris,  v.  50 
r^f>erte,  4,  29  teperdit,  8,  51  sentüa,  11  3,  63  bipsaios,  Lygd.  1,  10 
pumkety  6,  8  PulserU,  v.  15  Annenas,  Sulp.  ep.  1,  8  «d  vemo  usw.). 
die  Verderbnisse  in  AV  bestehen  daher  zum  grösten  teil  in  Schreib- 
fehlern und  machen  den  eindruck  der  unabsichtlichkeit,  dagegen 
hat  der  Stammvater  der  familie  OPar.  (vermutlich  schon  in  karo- 
lingischer  zeit,  jedenfalls  vor  dem  elften  jh.)  eine  Überarbeitung  er- 
fahren, durch  welche  eine  grosze  anzahl  von  scbreibfehlem  verbessert, 
mehrere  stellen  glücklich  geheilt,  nicht  wenige  aber  nach  Ovidischem 
vorbilde  oder  nach  dem  geschmack  des  Überarbeiters  umgestaltet 
wurden,  hieraus  ergibt  sich  dasz  6  für  die  kritik  nur  sehr  vorsichtig 
und  unter  steter  berücksichtigung  der  in  A  V  gebotenen  Überlieferang 
zu  benutzen  ist. 

Die  vorstehend  ausgesprochene  ansieht  will  ich  zu  beweisen 
suchen,  erstens:  die  rasuren  in  G  (von  zweiter  band  herrührend 
und  daher  nicht  auf  rechnung  des  x  zu  setzen)  beweisen  dasz  ur- 
sprünglich die  Übereinstimmung  zwischen  G  und  AV  gröszer  war, 
als  sie  jetzt  erscheint,  als  lesarten  des  0  sind  durchaus  noch  fol- 
gende in  anspruch  zu  nehmen*:  I  2,  23  decet  (G  in  raeur  docti), 
7,  28  memphitem  (G  memphiten),  v.  42  cu^ide  (G  compedc). 


*  die  von  B.  aufgenommenen  lesarten  sind  von  hier  ab  dnrch  ge- 
sperrte cnreivschrift  gekenneeichnet. 


Kfiotsberg:  ans.  y.  TibuUi  eleg^ae  rec.  EBaelurens.  75 

8,  58  ii<  nee  (Q  ui  n^i},  10,  43  candescere  (Q  can^escere), 
n  1,  34  BmU  (6  arU)^  t.  38  grande  (G  glande),  y.  49  i^erat  (G 
myen'Oi  3,  62  Jiqitor  (G  loquor\  5,  92  compressis  (G  compren- 
.^it\  Ljgd.  3,  29  tMt;an<  (G  ftft;e»i^),  4,  63  Ulis  (O  ^i§),  paneg. 
49  ulix^m  (G  «lisMm),  v.  104  Dexteraq;  ut  (G  Dexter^q;  ui,  FPar. 
Dtiter  ut{}^  V.  140  Dyaapes  (G  coasjp««),  v.  143  tamiria^  welches 
«b  ToHfra  an&anehineii  war  (G  tomyris)^  v.  200  mektheas  (G 
«e^ei|ea«),  Sulp.  ep.  6,  5  quid  (G  ^tMX^,  Baehrens  qum).  trotzdem 
dan  0  an  lieleii  der  aufgezählten  stellen  jetzt  eine  lesart  bietet, 
walobe  mit  recht  von  B.  aufgenommen  ist  (nur  über  tnemphiten  bin 
ich  ftaderer  meinnng),  so  ist  doch  der  wert  dieser  lesarten  für  die 
kritik  gleich  null,  dasz  es  mit  einer  ganzen  reihe  von  lesarten  erster 
bud  ebenso  steht,  dafür  soll  mir  das  eigne  verfahren  yon  B.  bei  der 
coBstitotion  des  textes  als  mitbeweis  dienen,  an  folgenden  stellen, 
wo  iv&  Terschiedenheit  der  lesarten  von  AV  und  G  nicht  aus  schrei- 
Unirtom,  sandem  nur  aus  willkttrlichem  verfahren  des  correctors 
te  ¥oriage  von  G  zu  erkllbren  ist,  hat  B.  die  lesart  von  G  gegen  die 
roa  AY  sehr  mit  recht  einfach  verworfen,  es  bietet  nemlich  G  I  3, 
79  qmie  für  quod  AV,  4,  6  aesHvae  Cania  für  aestivi,  v.  33  Vidi 
«yo  io»  für  Vidi  iam,  v.  37  iuvefUus  für  iuventas,  v.  39  licebit 
f^Ubehit^  T.  61.  62  Pierides  für  Pieridas,  5,  71  fktm  für  non, 
^^ptmeget  ftit  pernegat  (der  grnnd  der  correctur  ist  in  Ov.  trist. 
11448  zu  suchen),  "v.^lfdere  für  ludere,  7,  ^honori.honos,  v.  16 
Cib»  fl  Cilieas,  8,  60  sonüu  f.  strepitu,  H  1,  15  ignis  (!)  f. 
«f««t,  V.  18  idUte  {.  pellite^  3,  58  fttscf  quas  f.  fusci  quos, 
^^^.117  lauroa  f.  laurus,  v.  120 paretw  Lpaier^  6,  3  terret  (!) 
!.  km  dh.  terrae^  v.  21  et  sukis  (!)  f.  spes  5.,  v.  28  bdla  pwMa  f. 
"^vra  I».,  Lygd.  2,  8  nota  f.  naia,  v.  15  togatf  (!)  f.  rogat(ä)e  aus 
fffcalae,  4,  17  dknensa  f.  emersa  aus  emensa,  v.  47  cuiusque  (!!) 
fciM^Me,  welches  aus  euique  dh.  aevique  verlesen  ist;  6,  7  dtnim 
' 'sfHM,  V.  37  loquor  f.  ^ueror,  t.  43  sie  f.  fivne,  paneg.  27 

■Mee  (!)  f.  earmtne,  v.  139  ireido  (!)  f.  tetereo  verlesen  aus 
7htraeo,  v.  211  nomina  f.  earmtna.  de  Sulp,  et  Cer.  am.  2,  20 
''Kdlr(!)  f.  lange.  Sulp.  ep.  4, 1  muldam  f.  mii{<um.  angesichts  die- 
«r  Wspiele  handgreiflicher  interpolation  sieht  es  auch  mit  solchen 
»«■rtaB  von  6  miäich  ans,  für  welche  sich  in  AV  gleichberechtigte 
^TMajBa  oder  aber  an  sich  des  sinnes  nicht  entbehrende  lesarten 
'«iaden,  zb.  I  1,  29  hidentem  O  gegen  btdentes  AV  (der  plural 
^  gir  aichU  auffllliges ;  er  erklftrt  sich  einfach  aus  einem  durch 
^  i»  imlerdmm  liegende  Wiederholung  veranlaszten  legeren  sprach- 
'(^bnMh)»  V.  41  fruetusve  G  gegen  -que  (für  disjunction  liegt 
^Qtbns  keine  notwendigkeit  vor),  v.  48  imbre  gegen  igne  {wel- 
^te  «MB  sehr  guten  sinn  gibt  und  wozu  iuvante  paest,  während 
^  Mre  inwHde  nur  gezwungen  erklftren  laszt);  2,  6  fulia  gegen 
^^vs  od  t  Uli  US  gegen  maus  (beide  lesarten  in  G  wol  eher  nach 
^  mgemodelt  als  von  diesem  nachgeahmt:  bei  Ov.  a.  a.  11  244 
^!lrt  sich  aique  erU  opposiia  ianua  fuUa  sera  zwanglos,  während 


76  ERoseberg:  anz.  y.  TibuUi  elegiae  reo.  EBaehrena. 

hier  claudüur  mit  fuUa  verbunden  einen  pleonasmus  enthalten  wttrde. 
die  lesart  des  AY  ist  natürlich  zu  construieren  firwa  ianua  dau^ur 
dura  serä);  5,  27  fructibus  gegen  vUibus  (hier  ist  wol  aus  versehen 
eine  irrtümliche  angäbe  in  die  ann.  crit.  gerathen.    aller  analogie 
nach  musz  Y  m.  1  uitibus,  m.  2  fructibus  haben);  7,  3  frangere 
gegen  /uftdere,  8,  11  suc{c)o  gegen  fuco,  10,  46  iugapanda  gegen 
iuga  curva  (während  Tib.  noch  an  7  stellen  curvus  hat,  findet  sieb 
pandus  nie  bei  ihm ,  wol  aber  hftufig  bei  Ovid.   übrigens  urteilt  6. 
Tib.  blätter  s.  62 ,  dasz  sub  iuga  curt?a  'der  einfachheit  des  Tibnlli- 
sehen  stiles  angemessener'  sei.   dieser  ansieht  bin  ich  heute  noch); 
II  3y  S  eolenda  gegen  serenda  (jenes  yiel  matter  als  dieses,  ja  nicht 
einmal  passend,  da  die  thfttigkeit  der  stiere  schon  mit  zum  coiere  ge- 
hört., hier  aber  offenbar  vom  zweck  ihrer  arbeit  die  rede  ist);  Ljgd. 
2,  27  casum  mortis  gegen  causam  m.  (aber  um  den  traurigen  ein- 
tritt des  todes  handelt  es  sich  hier  gar  nicht,  wol  aber,  wie  die  in- 
Schrift  des  leichensteins  beweist,  um  die  Ursache  desselben),  weitere 
merkmale  willkürlicher  Änderung  lassen  sich  in  den  wortumstellnngen 
erblicken ,  welche  sich  in  0  einigemal  finden,   ich  habe  7  beispiele 
davon  notiert:  I  1,  78.  3,  9.  30.  8,  9.  9,  63.  11  6,  49.    de  Sulp,  et 
Cer.  am.  4,  7.   an  drei  dieser  stellen  verwirft  B.  die  Stellung  von  0 
gegen  die  von  AY ;  er  hätte  dasselbe  auch  an  den  anderen  stellen  thun 
sollen,  femer  finden  sich  in  AY  lücken,  welche  in  Q  ausgefüllt  sind, 
an  folgenden  stellen:  I  9,  69  hat  0  Ista  haec persuadetfacies^  wäh- 
rend haec  in  AY  fehlt,   ob  G  mit  einschiebung  von  haec  auch  nur 
annfthernd  das  richtige  getrofi^en ,  Ittszt  sich  bei  der  dunkelheit  nn<i 
Schwierigkeit  der  ganzen  stelle  nicht  entscheiden.   11  4,  10  fehlt  in 
A  das  epitheton  zu  maris;  Y  hat  vUrei,  6  dagegen  t^a^^t  nachLygd. 
4,  85.  mir  scheint  vürei,  selbst  wenn  es  nicht  auf  alter  tradition  be- 
ruhen sollte,  den  vorzug  zu  verdienen,   paneg.  40  ist,  wie  die  Über- 
einstimmung mit  F  beweist,  in  0  nach  aut  richtig  hie  ergttnzt ;  eben- 
so ist  V.  200  die  lüeke  in  AY  vor  maU^m  wol  richtig  durch  nee  ans- 
gefüllt,   de  Sulp,  et  Cer.  am.  4,  1 6  ist  die  Ittcke  nach  posthac  in  G 
durch  noSj  in  der  ed.  Plant,  durch  quam  ergänzt,   beides  scheint 
das  richtige  nicht  zu  treffen;  vielmehr  ist  wol  wegen  der  ähnlichkeit 
der  vorangehenden  buchstaben  hanc  ausgefallen,  die  ausfUllung  einer 
vermeintlichen  lücke  hat  endlich  auch  II  1,  76  stattgefunden,  wo 
AY  lesen  Ad  iuvenem  tenebris  sola  pueUa  venity  in  6  dagegen  iv 
tenebris  steht    dies  widerstreitet  aber  völlig  dem  TibuUiachen 
Sprachgebrauch,  wie  die  vergleichung  von  1 2,  25  und  6, 59  beweist, 
an  der  einzigen  stelle,  wo  sich  bei  Tib.  in  tenebris ßxkdet^  1 10,  TiO 
haben  diese  werte  einen  ganz  andern  sinn  als  in  den  drei  vor- 
genannten. 

Lang  ist  die  reihe  der  stellen,  an  welchen,  wie  nicht  geleugnet 
werden  soll,  Ot  den  AY  gegenüber  die  richtigere  lesart  bietet,  allein 
diese  stellen  sind  groszenteils  der  art,  dasz  es  sich  in  ihnen  nur  um 
die  Verbesserung  von  schreibfehlem  handelt,  sie  beweisen  also  nur 
dasz  der  Schreiber  der  vorläge  von  OPar.  mit  Verständnis  und  mit 


KBoaaberg:  anz.  v.  Tibulli  elegiae  rec.  EBaehrena.  77 

dem  bestreben  einen  lesbaren  text  herzustellen  schrieb,  an  solchen 
m&nnem  bat  es  ja  za  keiner  zeit  gänzlich  gefehlt,  da  die  aufzählang 
dieser  stellen  zu  viel  räum  beanspruchen  würde ,  so  musz  ich  leider 
daraaf  yerzichten.  indem  ich  bemerke  dasz  ich  für  70 — 80  stellen 
richtige  Verbesserung  in  G  zugebe ,  hebe  ich  eine  kleine  anzahl  der- 
selben heraus,  zu  welchen  ich  eine  erlftuterung  irgend  welcher  art 
für  nötig  halte,  es  ist  in  G  corrigiert  II,  37  e  aus  et  AY  (stand  hier 
im  archetjpns  vielleicht  ec?).  Z^ZS  ventis  aus  veteris.  die  Schreib- 
weise in  A  uefis  zeigt  deutlich  dasz  der  irrtum  in  AV  durch  ein  un- 
genau gezeichnetes  compendium  uetis  veranlaszt  wurde,  b^l  per  te 
aas  paroe^  welches  aus  dem  anfang  des  verses  eingedrungen,  v.  76 
%at  ans  nam  (hier  liesze  sich  indessen  an  ein  ursprüngliches  nunc 
denken).  11 1, 54  äicerei  aus  duceret  (sollte  sich  hier  eine  spur  der 
Schreibweise  deiceret  gerettet  haben?  solche  Schreibweisen  mit  ei 
kommen  ja  selbst  in  der  spätesten  kaiserzeit  noch  vor :  vgl.  Corssen 
aossprache  P  s.  787).  4,  33  uicta  aus  incerta  (die  ansieht  von  B. 
über  die  entstehung  des  Schreibfehlers  billige  ich  nicht:  vielmehr 
erklftrt  sich  derselbe  aus  der  Verbindung  des  d  von  uicta  durch  einen 
nach  oben  gehenden  haken ,  welcher  dem  compendium  für  er  über- 
fasehend  ähnlich  sieht).  Ljgd.  3,  22  regit  aus  gerit  (da  auch  die 
Fna.  gerü  haben,  so  ist  der  Schreibfehler  gewis  alt  der  irrtum  ist 
veranlaszt  durch  das  zusammentreffen  von  lege  regit). 

Bisweilen  freilich  misglückten  dem  corrector  seine  verbesser  ungs- 
versoche,  wie  folgende  reihe  von  stellen  beweist,  an  welchen  sich 
aoch  B.  der  Überzeugung ,  dasz  AV  die  ursprünglichere  lesart  ent- 
halten, nicht  verschlossen  hat  man  liest  in  G  I  1,  45  imunes  für 
immites  AV,  2,  87  jprorepere  Lperrepere^  4,  64  viruisset  f.  ni- 
iuisset,  5,32  detrahett  -hat,  7,32  in  Lab,  9,67 putes  f. putas, 
10,  27  myrtisque  f.  -toque,  v.  61  praescindere  f.  persc.  (B.  mit  g 
resc),  V.  68  profluat  f.  prefluat  (B.  mit  g perßuat)]  IL  5,  58  re- 
spicU  Lprospicit,  v.  74  concinuisse  f. praecinuisse,  Lygd.  4,  4 
JJesine  et  in  f,  Desinite  in,  6,  44  discis  f.  disces,  paneg.  136 
alüque  f.  aliisque.  Sulp.  ep.  1,  6  suum  f.  suam  (F  sua). 

Sehr  fraglich  ist  mir  an  folgenden  stellen,  ob  die  Verbesserung 
in  6  das  richtige  trifft:  I  2,  67  posset  G  für  possU  AV,  5,  29  reget 
f.  '€U^  6,  42  atque  f.  aiU  (bei  der  verderbtheit  der  ganzen  stelle 
läszt  sich  gar  nichts  entscheiden),  v.  72  properans  f.  praprias 
(letzteres  wol  nichts  als  ein  verfehlter  ansatz  zvl  proripior ,  so  dasz 
eine  lücke  zu  statuieren);  7,  54  Lihem  et  mesopio  dulcia  mella 
fa  vo  f.  Liha  et  mosopio  didcia  mella  feram  (hier  ist  die  vulgatlesart, 
in  welcher  nur  meUa  in  meüe  corrigiert  wird,  wegen  vergleichung 
mit  I  10,  23  vorzuziehen);  10, 49  vomerque  vigent  f.  vomer  vide- 
rü  (die  lesart  von  AV  verglichen  mit  vomerque  niiet  der  exe.  Par. 
führt  auf  das  von  Guyet  vorgeschlagene  vomerque  nitent,  wofür  auch 
der  gegensatz  arma  occupat  situs  spricht,  vgl.  Ov.  fast,  IV  927  f. 
das  inquinet  dieser  stelle  scheint  der  Schreiber  von  G  vor  äugen  ge- 
habt zu  baben,  als  er  occupet  fiii  occupat  AY  Par,  verballhornte); 


78  KRoBsberg:  anz.  v.  Tibulli  elegiae  rec  EBaehrene. 

II 1, 67  Ipse  interque  greges  für  Ipse  quoque inter  agros  A  {greges 
y.  das  quoque  scheint  nicht  aufgegeben  werden  zu  dürfen;  deshalb 
ist  die  emendation  der  lesart  von  A  durch  Klotz  apros  vorzuziehen,  bei 
greges  tritt  überdies  der  gegensatz  nicht  scharf  genug  hervor) ;  Lygd. 
4,  82  Ä  ego  non  possum  für  nepossim  (die  lesart  der  AV  ist  durch- 
aus zu  halten,  da  unser  vers  unzweifelhaft  eine  nachahmung  vod 
Tib.  n  4,  7  ist:  0  ego  nepossim). 

Durch  die  angeführten  beispiele,  deren  zahl  sich  leicht  ver- 
mehren liesze ,  hoffe  ich  dargethan  zu  haben ,  dasz  cod.  G  den  hohen 
wert,  welchen  B.  ihm  beimiszt,  bei  weitem  nicht  besitzt,  ja  dasz  die 
höchste  vorsieht  bei  seiner  benutzung  anzuwenden  ist,  da  manche 
seiner  lesarten  auf  den  ersten  blick  blendend  wirken,  man  lasse  sich 
aber  durch  das  blendwerk  nicht  verführen,  ich  musz  wiederholen, 
die  ungetrübtere  quelle  flieszt  in  AV.  diese  beiden  hss.  der 
kritik  erschlossen  zu  haben  ist  das  bleibende  verdienst 
des  hg. 

Da  die  besprechung  dieses  wichtigsten  punctes  viel  räum  be- 
ansprucht hat ,  so  berühre  ich  die  anderen  nur  im  fluge.  unter  den 
Versumstellungen,  welche  der  hg.  vomimt,  sind  einige  aneprechend, 
ohne  dasz  jedoch  die  notwendigkeit  der  hergestellten  versfolge  mit 
evidenz  in  die  äugen  spränge,  bei  den  eignen  coigecturen  ist  es  B. 
bisweilen  entgangen,  dasz  dieselben  schon  von  früheren  vorgebracht 
sind,  so  wii-d  I  1,  25  Dummodo  iampossim  schon  von  RBichter  de 
Tib.  trib.  pr.  carm.  (Zwickau  1873)  s.  6  vorgeschlagen,  v.  51  pereat 
pereatque  schon  von  NHeinsius.  zu  1 8,  35,  wo  B.  Ac  statt  des  über- 
lieferten Äi  liest,  war  zu  bemerken  dasz  bereits  von  Drenckhahn  Ei 
gefordert  wurde.  Priap.  2,  22  ist  intremente  schon  von  Heinsius  und 
später  von  Dissen  vermutet,  gegen  einige  andere  conjeeturen  be- 
merke  ich  folgendes.  I  2,  7  schreibt  B.  iantM  difficüis  dornt / m  ftlr 
äomini  hss.,  dominae  vulg.  es  will  mir  aber  nicht  einleuchten,  dasz 
Tib.,  welcher  das  zweite  supinum  sonst  nirgends  hat,  hier  ein  so  ent- 
legenes wie  domitu  gebraucht  haben  sollte,  das  gerathenste  ist  die 
lesart  der  hss.  zu  halten  und  unter  dominus  den  gatten  der  Delia  zu 
verstehen,  dasz  dann  difficilis  mit  domini  zu  verbinden  ist,  liegt  auf 
der  band.  I  6, 16  will  B.  für  Me  quoque  lesen  Te  quoque,  zu  dieser 
höchst  unwahrscheinlichen  Vermutung  ist  er  veranlaszt  durch  un 
richtige  interpretation  von  Ov.  trist,  II 467  f.  (vgl.  Tib.  blfttter  s.  77). 
hier  gehört  nicht  ntmium  petü  zusammen,  sondern  ntmtiim  incauto. 
V.  32  desselben  gedichts  findet  B.  (Tib.  blätter  s.  79)  das  insiahai 
'etwas  ungeheuerlich'  und  setzt  Uxträbat  dafür  ein.  aber  Verg.  Aen, 
XII  751  steht  canis  et  Uxtratihus  instat.  als  commentar  kann  über- 
dies dienen  Claudianus  in  Euf,  H  457  inträntem  latraiu  Cerberus 
urgä.  das  zu  I  7,  9  für  Non  sine  me  est  tibi  partus  honos  vorge- 
schlagene Non  sine  Marte  ibi  p.  h.  ist  nichtssagend,  die  lesart  der 
hss.  hatte  ohne  frage  der  Verfasser  der  vita  Tibulli  vor  äugen,  als  er 
schrieb :  cuius  et  coniuhemälis  AguUanico  hetUo  milUarihus  donis  do- 
natus  est  (vielleicht  honoratus  est?),   non  sine  me  heiszt  hier  nicht 


HBAoBch:  aber  panderosua  in  der  Itala.  79 

me  Dämonie ^  wie  B.  Tib.  bl.  s.  13  meint,  sondern  me  camUafUe. 
n  3,  45  setct  B.  statt  Vi  mulia  innumera  iugera  paseat  ave  in  den 
tot  oitta.  aber  scbafe  treibt  man  nicht  auf  bebautes  land ,  sondern 
nf  die  brache  und  im  herbst  auf  die  stoppeln. 

Als  teatimonia  trage  ich  nach  zu  I  5,  30  das  apophoreton  des 
Mirtialis  XI V  193  ussü  amatorem  Nemesis  lasciva  TibuUuniy  \  in 
toia  iuvit  quem  nihil  esse  domo,  femer  zu  I  9,  3  das  in  den 
tckolien  zn  Btatius  Theh.  Y  689  vorfindliche  (angeführt  von  Lach- 
Bma  in  der  ann.  crit.). 

&idlich  bemerke  ich  noch  dasz  in  der  ann.  crit.  an  folgenden 
stdkn  die  angäbe  ttber  die  leäart  der  exe.  Fris.  fehlt:  1 1,  6  zu  assi- 
dao,  Ljgd.  4,  19  zu  sopiertd^  6,  52  zum.  ganzen  verse,  paneg.  95  zu 
iWnM,  epigr.  2,  2  zum  ganzen  verse.  —  II  4,  28  ist  im  texte  statt 
ope«  zu  lesen  amem^  I  7,  13  in  der  ann.  crit.  p.  304  statt  504. 

NOBDBR.  KOMBAD  RO88BERO. 


13. 

ZUR  CONTBOVERSE  ÜBEE  PONDEROSVS  IN  DER  ITALA. 


Anf  die  controverse  selbst,  die  zwischen  Wiseman  und  Garns, 
iwisehen Regler  und  Ott  ttber  ponäerosus  stattgefunden  hat ,  soll 
kkr  nidit  des  nihem  eingegangen  werden,  wer  sich  daftbr  inter- 
casiot,  findet  das  nötige  besonders  in  Zieglers  schrift  ^Italafragmente 
der  FMifiniachen  briefe'  (Marburg  1876)  s.  66,  und  in  der  anzeige 
Roteiben  von  Ott  in  diesen  jahrb.  1877  s.  196  f.  hier  soll  nur,  ohne 
•De  rUckaicht  anf  persönliches,  aus  einigen  belegstellen  erwiesen 
vcrdoi,  daaz  ponäerosus  wirklich  bisweilen  in  der  bedeutung  von 
hmmmu  gebrancht  worden  ist. 

Zuerst  kommt  in  betracht  die  bereits  von  Wiseman  citierte  stelle 
Lrrit  21,  20,  welche  in  der  vulgata  lautet:  {non  offeret  panes  die 
«0  nee  aeeedH  ad  mnUstenum  eius)  si  gtbhus^  si  lippus^  si  albuginem 
khew  m  ocmIo,  si  iugem  seahiem,  si  impetiginem  in  corpore^  vd 
^trniosus,  daaz  das  letzte  wort  etwas  anderes  besagt  als  der  im 
Mrltschen  stehende  ausdruck,  der  vielmehr  atiritus  tesHculo  oder 
—  wie  die  Alexandriner  übersetzt  haben  —  ^övopx^c  bedeutet,  ist 
^  ohne  belang;  wol  aber  verdient  die  thatsache  hervorgehoben 
n  werden ,  daaz  fOr  die  vulgata-ttbersetzung  selbst  eine  andere  les- 
tft  aaehweiabar  ist.  schon  Gregor  der  grosze  am  ende  des  sechsten 
'X  ^  nicht  hemiosus^  hondem  ponäerosus  gelesen  (opp.  11  s.  11), 
«ortns  ohne  allen  zweifei  hervorgeht  dasz  in  denjenigen  kreisen, 
ftr  welche  er  schrieb,  dem  letztem  werte  die  bedeutung  des  erstem 
^)<igelegt  zn  werden  pflegte,  der  gelehrte  Bamabit  Vercellone,  des- 
«t  bO^sl  verdienstvollem  werke  Wariae  lectiones  vulgatae  latinae 
ublionun  editionis'  (bd.  I,  Rom  1860)  wir  diese  angäbe  entneh- 


gO  HBöDBch:  über  ponderotua  in  der  Itala. 

man,  hat  für  die  lesart  panderoaus  in  jener  stelle  auszerdem  noch 
folgende  Zeugnisse  beigebracht:  ^Taio  LXXX  p.  838;  Isid.  V  423 ; 
Beda  U  354.  IV  394;  Raban.  V  602;  Ratherius  Ver.  CXXXVI 508  ; 
Spicil.  Solesm.  HI  266.'  beide  lesungen  neben  einander,  nemlich 
panderosfis  vd  herniosus^  finden  sich  in  der  vulgata-hs.  F(13  jh.) 
und  bei  Haymo  CXVni  786. 

Zweitens  hatte  man  sich  wegen  der  identit&t  jener  beiden  ad- 
jectiya  auf  Amobius  VII  34  berufen;  dagegen  wurde  von  anderer 
Seite  eingehalten  dasz  in  dieser  stelle  ponderosus  in  wörtlicher  bedeu- 
tung  zu  fassen  sei  und  keineswegs  ^mit  einem  bruch  behaftet'  heiszen 
könne.   Amobius  sagt  daselbst :  quodsi  possent  adscnbere  vakiudineSj 
aegrüudmes  et  corporales  diis  morhos^  non  dubUarent  eos  lienosas^  lip- 
pulas  cUque  enterocelicos  dicere^  eo  quod  ipsi  et  limosi  ei  lippi  sunt 
saepe   et  ingentium  herniarum   magnitudine   ponderosi. 
sicherlich  hat  auch  hier  panderosus  die  bedeutung  ^gemchtig,  bürde- 
voll'; aber  da  ihm  diese  ja  auch  in  allen  den  fallen  verblieb,  wo  e;^ 
für  herniosus  gebraucht  wurde ,  und  da  es  hier  in  der  reihe  der  sich 
wiederholenden  adjectiva  dem  weiter  oben  ersichtlichen  enterwxiicus 
entspricht,  so  möchten  wir  glauben,  Amobius  habe  in  diesem  zu- 
sammenhange gerade  dieses  wort  (und  nicht  ein  anderes  n&her  liegen- 
des, vielleicht  oneratus)  gebraucht,  weil  es  ihm  als  ein  volkstüm- 
liches synonymen  von  herniostis  geläufig  war.     so  aufgefaszt  l&szt 
ponderosi  die  beigefügten  werte  ingentium  herniarum  magmiudine 
als  eine  bei  der  rhetorisierenden  Schreibweise  des  Amobius  nicht 
blosz  unauffällige,  sondern  auch  an  diesem  orte  insofern  ganz  be- 
rechtigte epezegese  erscheinen,  als  dieselben  im  verein  ixdt ponderosi 
dazu  bestimmt  waren,  den  begriff  von  enterocdicus  energisch  za  stei- 
gern und  zu  verstärken,   übrigens  hat  höchst  wahrscheinlich  schon 
das  subst.  pondus  in  der  rönuschen  vulgärsprache  sva.  hernia  be- 
deutet, ähnlich  wie  bei  uns  im  volksdialekte  mancher  gegenden  ein 
hoden-  oder  leistenbruch  kut'  dSox^v  ^ein  schade'  heiszt. 

Endlich  findet  man  noch  einen  beleg  für  die  hier  in  rede  stehende 
bedeutung  des  a(^.  ponderosus  in  den  sog.  Casseler  glossen,  und  zv?ar 
in  dem  von  FDiez  (altromanische  glossare,  Bonn  1865)  besorgten 
abdrucke  derselben  s.  78,  wo  wir  unter  nr.  172  lesen:  *  ponderosus 
haolohter*  [<»  bruchleidend],  hierzu  hat  der  hg.  bemerkt:  *iXhttr 
diese  unlateinische  und  unromanische  bedeutung  von  ponderosus 
findet  sich  auskunft  bei  Ducange ,  ihre  anwendung  in  den  glossaren 
sehe  man  bei  Graff  [ahd.  Sprachschatz]  IV  848,  wo  haoioht^  hdlohi 
sowol  herniosus  wie  ponderosus  verdeutscht,  beide  Wörter  sind  denn 
auch  bei  Papias  gleichbedeutend.' 

.  Faszt  man  vorstehendes  zusammen,  so  gelangt  man  zu  dem  er- 
gebnis,  dasz  das  adj.  ponderosus  in  der  vulgären  latinität  sowol  von 
NordaMca  als  auch  von  Italien  und  Frankreich  ein  synonymen  von 
herniosus  gewesen  ist. 

LOBENSTEIM.  HeRMANM 


EKSTE  ABTEILUNG 

FUß  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HSRAU8GBGBBBN  VON  ALFRED  FlECKEISEN. 


14. 

ZU  DEN  FRAGMENTEN  DES  AEISTONIKOS. 


Es  ist  unstreitig  das  werk  des  Aristonikos  TT€pi  crijieiujv  1Xiä- 
boc  Kol  ^Obuccetac,  dem  wir  unsere  hanptkenntnis  von  der  epoche« 
Buchenden  thfttigkeit  Aristarchs  sowie  die  belehrendsten  einblicke 
ia  das  ganze  wesen  und  treiben  der  alten  alexandrinischen  philologen 
TOfdanken.  leider  entspricht  dem  hohen  werte  desselben  wenig  der 
xBstand  in  welchem  es  anf  uns  gekommen  ist  auseinander  gerissen 
«ad  veraetielt,  entstellt  und  verkürzt,  wie  es  uns  heute  in  der 
Venediger  hs«  vorliegt,  ist  des  Aristonikos  werk  weit  von  seiner  ur- 
EinUDgÜclien  gestalt  entfernt,  und  eine  vollständige  reconstruction 
OS  den  auch  anderwärts  zerstreuten  trttmmem  wird  uns  wol  schwer- 
üdi  je  gelingen,  anerkannte  meister  unsers  faches  haben  aber  mit 
giflcklicher  hand  an  dem  bau  begonnen  und  ihn  schon  zu  stattlicher 
Mut  geftthrt;  dennoch  bleibt  noch  viel  zu  thun  übrig,  und  eine  hin- 
gebende beachftftigung  findet  hier  noch  reichlichen  lohn,  zumal  wenn, 
vie  es  hier  wirklich  der  fall  ist,  neue  gesichtspuncte  erschlossen  sind, 
^  in  TerstSndiger  und  ausgibiger  weise  verwertet  eine  bedeutende 
«dterMbnmg  der  sache  ermöglichen,  es  ist  daher  der  zweck  dieses 
jofsaties,  anf  einige  hauptpuncte  aufmerksam  zu  machen,  die  bei 
«Bcr  etwa  notwendig  werdenden  neuen  ausgäbe  der  fragmente  des 
ArisCoftikoe  in  erster  linie  berücksichtigung  verdienen,  derselbe  hält 
och  danun  auch  von  internen  fragen ,  die  sich  bei  eingehender  be- 
Kbiftigmig  mit  dem  werke  unsers  grammatikers  vielfach  aufdrän- 
gen, mit  absieht  fem  und  gibt  nur  dasjenige  was  als  unanfechtbar 
öcher  angenommen  und  erwiesen  werden  kann,  er  soll  auch  einige 
«wenige  nachtrige  zu  Friedländers  und  Camuths  ausgaben  enthalten. 
ftr  jüngere  keifte  liegt  hier  noch  ein  reiches  feld  der  thätigkeit  vor, 
cad  wenn  ich  durch  die  folgenden  Zeilen  diejenigen,  deren  Studien 
iich  in  dieser  riditung  bewegen,  zu  weiterm  nachdenken  und  ein- 
lebender beadiftftigung  mit  der  sache  anrege ,  so  glaube  ich  meinen 
Kweck  voilatindig  erreicht  zu  haben. 

far  cIms.  philoL  1878  hft.  8.  6 


82  ARömer:  zu  den  fragmenten  des  AristonikoB. 

Auszer  yielen  andern  wichtigen  ergebnissen,  die  aber  hier  nicht 
in  betracht  kommen,  zeigt  uns  die  neue  collation  der  Venediger 
hs.,  dasz  das  werk  des  Aristonikos,  so  weit  jene  ha.  die 
fragmente  zu  demselben  stellt,  uns  heute  in  einer  dop- 
pelten recension  vorliegt,  und  zwar  in  einer  ausführ- 
lichem und  längern  die  in  den  randscholien,  und  in 
einer  kttrzern  die  in  den  textscholien  jenes  codex  Yor- 
treten  ist.  über  die  unterschiede  beider  arten  von  schollen  habe 
ich  in  meiner  abh.  ^die  werke  der  Aristarcheer  im  codex  Venetos  A' 
(in  den  Sitzungsberichten  der  philos.-philol.  classe  der  k.  bayr.  aka- 
demie  der  wiss.  1875  bd.  11  heft  3  s.  241—324)  s.  284  ff.  ausführlich 
gehandelt,  da  aber  diese  meine  schrift  nur  wenigen  zugänglich  ist, 
so  wird  man  es  mir  zu  gute  halten,  wenn  ich,  um  den  immer  wieder- 
kehrenden Verweisungen  auszuweichen ,  manche  der  dort  besproche- 
nen puncto  auch  hier  wieder,  natürlich  mit  den  entsprechenden  kür- 
zungen ,  behandle,  in  einer  neuen  ausgäbe  des  Aristonikos  scheinen 
mir  vorwiegend  folgende  puncte  berücksichtigung  zu  verdienen : 

1)  in  derselben  müssen  rand-  und  textscholien  ge- 
nau geschieden  sein,  bei  den  letzteren,  die  oft  nur  summarisch 
über  ein  von  Aristarch  gesetztes  kritisches  zeichen  berichten,  masz 
auf  randscholien,  die  dieselbe  Sache  ausführlich  behandeln,  hinge- 
wiesen werden,  so  berichtet  uns  zb.  das  textscholion  zu  K  383  über 
KaTaGujüiioc:  Sri  tö  KaTa8u^loc  dv6u^loc,  oöx  ^c  fmcic 
ausführlicher  spricht  sich  das  randsch.  zu  P  201  aus:  f)  öittXi),  öti 

OUTU)C    €ipTlK€    KaTaGÜjüllOC,     dVTl   TOU    KUTd    MlUXnV   ^CTIV,    ou 

|i€pi|ivqic  irepl  tou  Oavarou.  f||ti€tc  bk  i\  tQ  cuwiÖeiqi  X^TOM€v 
KaTa6l3^lOV  tö  dpecröv.  es  unterliegt  doch  wol  kaum  einem 
zweifei,  dasz  Aristonikos  da  wo  das  wort  zuerst  vorkommt,  K  383, 
eher  veranlassung  hatte  sich  ausführlicher  darüber  anszulassen  als 
an  der  zweiten  stelle  P  201  —  wir  haben  es  daher  ganz  sicher  hier 
mit  einem  gekürzten  auszug  zu  thun.  ganz  dasselbe  ist  der  fall  mit 
}xi\eov.  darüber  berichtet  das  textsch.  K  480:  ÖTi  oi  veüüTCpoi 
fi^X€OV  TÖv  druxTii  f>  ^^  ''0\ir]poc  dvri  toC  ^araiwc:  das  randsch. 
zu  TT  336:  ÖTi  fi^Xeov  dvTl  tou  ^€X^uic,  ^aTaiu)c.  Kai  b\ä  itckvtöc 
oStuic  "Oiitipoc  X9^^^^'  0^  ^^  TpaTiKOi  tn\  tou  oiKTpou  kqI  TdXa- 
voc,  Kai  f|  cuvI^Oeia,  irpöc  8  Kai  f\  Cfi|tieiu)cic.  es  ergibt  sich  daraus 
die  aufgäbe,  die  lehren  des  Aristonikos  über  die  einzelnen  werte  zu- 
sammenzustellen, ihre  verschiedene  fassung  in  rand-  und  textscholien 
zu  prüfen  und  die  hauptstelle  zu  ermitteln  und  zu  bezeichnen,  wo  das 
scholion  der  ursprünglichen  gestalt  der  werte  am  nächsten  zu  kom* 
men  scheint,  es  wird  sich  da  ganz  sicher  zeigen  lassen,  dasz  auch  die 
randscholien  schon  mehrfache  kürzungen  erfahren  haben,  wenn  auch 
nicht  in  dem  masze  wie  eine  ganze  reihe  von  textscholien ,  auf  die 
wir  gleich  zu  sprechen  kommen:  denn  wenn  man  sich  auch  immer 
den  satz  gegenwärtig  hält ,  dasz  an  manchen  stellen  die  kürzere  fas- 
sung von  unserm  grammatiker  selbst  ausgegangen  sein  kann,  so  be- 
gegnet man  doch  ganzen  gruppen  von  textscholien,  die  sich  für  den 


ARömer:  tu  den  fragmenten  des  AriBtonikos.  83 

keaner  beim  ersten  blick  als  das  ausweisen,  was  sie  wirklich  sind, 
Bonlieb  als  aiuzüge  aus  aoszügen ,  kürzungen  aus  kttrzungen.  dazu 
m0diten  wir  rechnen  die  kurzen  hinweise  wie  f  169  TTpöc  tö  äcuv- 
öfcTov:  —  6  301  irpdc  tö  ßoX^eiv:  —  M  140  npöc  Tf|v  ö/iuivu- 
fiiov  Toö  Oivo^dou:  —  0  582  irpdc  t#|v  dTTOCTpoqprjv:  —  C  352 
7pöc  TÖ  Xiii:  —  Z  64  Tipöc  Tf|v  iTTavdXimiiv:  femer  scholien  wie 
€224  ÖTi  öuo  Imroi:  —  298  «ti  dvTi  toO  auToO:  —  A  384  8ti 
dvri  TOÖ  drr^Xov:  —  €  106  öti  Tf\c  TpuiiKfJc  Auxiac:  —  153  öti 
loi  iit\  buo  TÖ  TiiXuT€TOc:  —  657  ön  Ta  böpara  i\iiaw :  —  776  ön 
dvri  TOÖ  iroXXf|v  acoTiav:  —  £  439  öti  ß^Xoc  töv  ßcßXrm^vov  tö- 
irov:  und  fthnliche;  femer  teztscholien  ohne  Sri,  wie  B  438  dvri 
TOÖ  drcip^Tuiccnf :  —  440  dvri  toO  ^Tcipui^ev :  —  €  14  dvri  toO 
in'  dXXijXouc:  —  17  dvri  toO  iir^Tuxev:  —  29  dvTl  toO  irdvTWV: 
— 124  dvTi  toO  M<iXOu:  —  264  dvrt  toO  irpöc:  —  824  tö  dvd 
(hrtiTiic  KQTd:  und  andere,  dahin  gehören  femer  aUe  scholien,  in 
wekben  eine  lesart  Zenodots  yon  Aristonikos  angegeben  wird,  ohne 
widerlegt  zu  werden:  A  8  ÖTt  ZiivöboTOC  cq>u)i  ^Tpacpcv:  —  34 
4n  Zf|vöÖ0T0C  bid  toO  %:  —  42  öti  ZiivöboTOC  Ticauv:  —  73 
in ZitvöbOTOC  Tpdq>€i  6c  Miv  dfietßö^cvoc  firea  itTepöevTO 
vpocnuba:  —  351  fin  ZiivöboTOC  Tpdqpei  x^Tpac  dvaiTTdc: 
ond  andere,  alle  diese  scholien  entfernen  sich  weit  von  der  art  und 
veise,  die  wir  bei  unserm  grammatiker  gewohnt  sind,  und  sie  weisen 
BBS  mit  zwingender  gewalt  darauf  hin,  in  unsem  secundSren  quellen 
Bss  aach  venroUstftndigung  des  so  lückenhaften  materials  umzusehen, 
diher  ergibt  sich  als  zweiter  gesichtspunct: 

2)  ist  bei  den  randscholien  die  heranziehung  ande- 
rer quellen  hie  und  da  schon  geboten,  so  ist  dieselbe 
bei  den  textscholien  geradezu  unerlSszlich.  indem  ich 
tuer  Eostathios  und  das  Etjmologicum  magnum  bei  seite  lasse, 
BOcbte  ich  anf  andere  hss.  hinweisen,  in  welchen  uns  lehren  des 
Aiiakmikoe  Torliegen.  leider  ist  die  ausbeute  keine  grosze;  aber 
iiier  mllaaen  wir  auch  das  kleinste  dankbar  annehmen.  C  117  oöb^ 
Top  oubi  ßif)  ^HpaxXiioc  q>UT€  Kf)pa.  dazu  bemerkt  das  textsch.  in 
A:  Sn  oÖK  oTb€V  dOdvaTOv  töv  'HpaxX^a:  — •  V:  ireptccfi  f|  ^ia 
nö^ocic  Kai  <Ti  evTiTÖc  'HpaxXflc  irpöc  Td  iw  tQ  vtKuiq^  (X  602  ff.) 
odiTOu^cvoL  meistens  ist  so  auch  in  den  randscholien  von  A  die 
ivo^opd  Tf)c  avi€M(iC6uic  gegeben.  —  TT  311  xdimec'.  dTdp  Mevi- 
^  'Ap^toc  oÜTa  döavTO  |  cr^pvov  Tv^vu}8(^VTa  .  .  .  teitsch.  in 
A:  wpöc  Tf|v  ö^umiMiav,  ön  TpuiiKÖc  6  ööac  oiSTOC:  —  V:  dvTi 
TOÖ  GöovTOC  Kai  (irpöc)  Tf|v  ö^uivu^iav  i\  bm\f\ :  dasz  in  dem 
M  TOÖ  SöavTOC  eine  beobachtung  Aristarchs  steckt,  ersehen  wir 
KU  dem  textecb.  zu  6  124  xal  ÖTi  dvTl  toC  "Cktopoc  q)p^vac.  — 
0  21  äcp^ui.  ifXdcreov  bk  6€oi  xaTd  ^UKpöv  ''OXu^ttov.  textsch. 
a  A:  fin  MOKpdc  6  "'OXu^itoc  die  öpoc:  —  B  (ähnlich  auch  LY) 
^«tet  noch  den  zasatz:  töv  bi  oöpavöv  eupOv  KaXet.  —  Genauere 
**fib«ii  bietet  V  anch £  379  touc  b'  auTol  ßaciXf)€C  £k6cm€0V  oÖTd- 
ixvoi  ncp:  cuXXf)imKulc  tö  oördMevoi  *  Aio)uir|br)c  ifdp  ß^ßXiyrai, 


84  ABömer:  zu  den  fragmenten  des  AriBtonikos. 

während  das  textsch.  in  A  ganz  allgemein  sagt :  5ti  cuXXr]7rTUcuic 
eipHKev  ouTttji^vujV  tivuüv  kolx  ßeßXiiji^vuiv.  vgl.  auch  die  scholien 
beider  hss.  zu  N  764.  0  716,  wo  ebenfalls  das  textsch.  aus  A  durch  V 
yenvoUstttndigt  werden  kann;  parallelstellen  lesen  wir  in  Y  O  169. 
288.  N  223.  Z  402 ,  während  sie  in  den  textscholien  des  Venetus 
ausgefallen  zu  sein  scheinen.  —  Ist  erst  einmal  das  material,  das 
heute  noch  vielfach  zerstreut  in  den  hss.  liegt,  vollständig  veröffent- 
licht, so  läszt  sich  daraus  vielleicht  eine  reichere  ausbeute  für  das 
werk  des  Aristonikos  hoffen;  aber  so  viel  zeigen  uns  die  obigen 
beispiele  doch,  dasz  bei  einer  neuen  ausgäbe  der  fragmente  die  an- 
dern hss.  besonders  da  herangezogen  werden  müssen,  wo  wir  auf 
den  vielfach  gekürzten  auszug  aus  dem  Yenetus  angewiesen  aind.  — 
Auszerdem  hat  uns  die  neue  vergleichung  dieser  hs.  gelehrt: 

3)  dasz  die  fragmente  des  Aristonikos  von  vielen 
falschen  Zusätzen  zu  reinigen  sind,  die  durch  Yilloison 
und  Bekker  in  dieselben  hineingekommen  sind,  darauf 
haben  schon  Pluygers  und  La  Boche  hingewiesen;  aber  der  toU- 
ständigkeit  wegen  kann  hier  dieser  wichtige  umstand  nicht  über- 
gangen werden,  doch  genügen  zur  beleuchtang  desselben  wenige 
beispiele.  A  96  lesen  wir  bei  Friedländer:  ä6€T€iTat  8ti  ncpic- 
cöc*  TTpÖK€iTOi  Toip '  dXX'  ?V€k'  &Qr\Tf\poc,  öv  i^iifiTic*  *ATCt- 
fi^fivuüv.  t6  bk  ^TTifi^fiqpeTai  dirö  koivoO  bei  Xa/ißdvetv.  aber  die 
Worte  8v  i^Tifiiic'  .  .  Xafißdveiv  stehen  nicht  in  A,  sie  worden 
von  Yilloison,  dem  Bekker  gefolgt  ist,  aus  B  dem  scholion  zuge- 
fügt, —  A  454  steht  bei  Friedländer:  6ti  Kaxd  Tf|V  TToTpÖKXou 
ßobov  (TT  237)  oÖK  öpGiöc  X^TCiai,  dvTeöOev  MeiaxOelc  oö  Tdp 
cIkötudc  'AxiXXcüc  ^mxaipei  t^  firnj  tiöv  *6XXt^vuiv.  6  bk  Xpuaic 
ßdpßapoc  Kai  fiicAXiiv.  aber  das  scholion  schlieszt  in  A  mit  ^cra- 
XOeic  (lies  jiCTevexO^tc).  die  folgenden  werte  ou  tdp  cIkötuic  .  . 
^ic^XXriv  sind  schon  von  Yilloison  aus  andern  hss.  mit  unserm  scho- 
lion verbunden  worden;  sie  enthalten  aber,  wenn  man  das  scholion 
zu  TT  237  vergleicht,  kaum  eine  bemerkung  des  Aristonikos.  —  A  103 
sind  bei  Friedländer  die  werte  zu  streichen:  touT4I  Tip  ct(xhi  Kai  Tip 
TTtpTrXavT'  öcc€  bi  ol,  wie  auch  B  64  dcrepicKOC  cöv  ößeXiocui: 
es  sind  ebenfaUs  zusätze  von  Yilloison.  durch  dieses  unkritische  ver- 
fahren des  ersten  herausgebers,  den  Bekker  später  hierin  noch  über- 
boten hat,  sind  die  fragmente  unseres  grammatikers  vielfach  ent- 
stellt, und  durch  die  neue  coUation  der  hs.  ist  ein  reiches  material 
fttr  die  bessere  gestaltung  derselben  gewonnen  worden ;  insbesondere 
müssen  auch  manche  scholien  des  Didjmos,  die  Bekker  mit  denen 
des  Aristonikos  verbunden  hat,  davon  getrennt  werden,  so  lesen 
wir  bei  Friedländer  6  371.  372  döCTOUVTai  biio  CTixoi,  ÖTi  oök 
fbei  KQTd  ^^poc  biTiTiicacGai ,  xai  TaOra  npöc  Tf|v  KaXii»c  cibuTav 
Ka\  \ii\v  ovbi,  f)p€ic  nepiccöv  Tt  TTpoctCTopoO|i€V.  oöbi  irapd  Zr\yo- 
bÖTip  fjcav.  aber  ein  blick  in  die  hs.  zeigt  dasz  die  werte  oiibt  irapä 
ZrivobÖTip  ficav  nicht  dem  Aristonikos,  sondern  dem  Didjmos  ge- 
hören; Bekker  hat  sie  mit  dem  randscholion  des  Aristonikos  ver- 


ABOmer:  za  den  fragmenten  des  AriBtonikos.  85 

bnnden.  so  ist  es  auch  bei  M  350  Kai  'ApiCToqpdvTic  i^6^t€1,  0  231 
xai  TTopd  'ApicToq)dv€i  i^GctoOvto,  TT  261  ^G^tci  kqI  *ApiCToq)dviic. 
es  sind  dies  sSmtlich  textscholien ,  die  Bekker  unrichtig  mit  den 
nndscholien  verbunden  hat :  sie  gehören  dem  Didymos  ,  nicht  dem 
Axistonikos  an.  aber  schon  von  dem  Schreiber  der  randscholien  des 
Yenetns  wurden  vielfach  beide  classen  von  scholien  mit  einander  ver- 
bunden, und  die  kritik  hat  also  jetzt  die  aufgäbe  jedem  der  beiden 
grammatiker  das  seine  zuzuweisen,  es  soll  dies  hier  an  zwei  beispie- 
len  erläutert  werden.  6  284  bei  Friedländer:  irapä  ZiivobÖTU)  oi)bk 
fjy'  t\8^TiTro  kqI  irapd  'Apicxoqpdvei,  öti  ÄKaipoc  f|  TcveaXoTia,  Kai 
oÖK  ^xouca  npoTpoirfiv  dXXd  TOuvavTiov,  öveibicfidv  Kai  diroTpo- 
inf|v.  wir  werden  da  doch  wol  kaum  irren,  wenn  wir  die  worte  Trapd 
Zr|VObÖT(fi  .  .  'ApiCT0q>dV6i  dem  Didymos  zuweisen ;  das  folgende, 
bei  dem  ä66T€iTat  ausgefallen  ist,  öt\  dKaipoc  .  .  dTTOTpoTrrjv  ist 
ein  scholion  des  Aristonikos.  ähnlich  verhält  es  sich  wol  mit  6  557, 
wo  es  bei  Friedländer  heiszt :  d6€T€iTai  ÖTi  oiK€iÖT€pov  ^x^^  ^ard 
Tf|v  TTotpökXou  dTTiqpdveiav  (TT  299).  Kai  6  iir]Q  bi  cuvaGereixai 
aönij.  £k€T  Tdp  aiqpvibiov  ßouXcTat  dTr{Xa|tii|iiv  irapacTficai  aiq)Vi- 
öiu»c  TTotpökXou  iTTiqMXV^VTOc ,  dvTaOöa  bi  irapaTeiaji^viiv  vtivc- 
fiiov  Kol  eubiav.  oök  ^qp^povTO  bk  ovbi,  irapä  ZrivobÖTip.  i^8^t€i 
bk  xal  'ApiCToqpdvTic.  die  worte  oök  dqp^povTO  . .  'ApiCToq)dvTic  hat 
der  Schreiber  des  randsch.  mit  dem  scholion  des  Aristonikos  verbun- 
den ;  sie  gehören  aber  unzweifelhaft  dem  Didymos. 

So  mflssen  wir  auch  noch  bei  ganzen  scholien,  die  wir  heute 
unter  den  fragmenten  des  Aristonikos  lesen,  das  recht  des  Didymos 
geltend  machen,  zb.  bei  A  434  lautet  das  textsch. :  *ApicTapxoc 
dq)^VT€C,  und  das  scholion  gehört  unzweifelhaft  dem  Didymos. 
dem  Aristonikos  gehört  vielleicht  was  wir  in  V  zu  dem  verse  lesen: 
ir^Xacav:  TTeXacGfjvai  ^TToincav  ibc  tö  Trdvxac  ji^v  (>*  fXirei 
(ß  91).  so  ist  wol  auch  TT  140  ZrivöboTOC  toötov  d0€Tr|cac  touc 
ilf\c  T^ccapac  ouk  ftpo^^v  dem  Didymos  zuzusprechen. 

Hier  möchte  ich  noch  auf  eine  eigentttmlichkeit  der  scholien 
des  Aristonikos  hinweisen ,  wenn  ich  auch  im  augenblick  eine  be- 
friedigende erklärung  derselben  nicht  aufstellen  kann :  nemlich  auf 
die  Verschiedenheit  des  Wortlautes  und  der  fassung  in  den  rand-  und 
textscholien.  so  lesen  wir  H  6  im  randsch.:  löbk  X^XuvTai  ^ttI 
Td  T^Ta  dv€V€KTfov:  im  textsch.:  Trpöc  tö  cxf^jna  ujc  crrdpra 
X^Xuvrai  (B  136).  —  I  478  randsch.:  *€XXdc  ttöXic  öfujüvu^ioc 
tQ  X^pö  Mupjiiböv€C  bk  KaXeOvTO  Kai"€XXTiv€C  (B  684). 
textsch. :  npöc  T^iv  *6XXdba,  öti  00iujTiKf|  iröXic.  —  I  685  randsch. : 
6ti  6jiicTpo(pe  töv  Xötov  du  Tdp  clire  br|Ouciv,  dXXd  brjeTe: 
textsch.:  dirö  toO  biTiTTiMaTiKoO  ^tti  tö  jui^ititiköv  jiCT^ßTi.  diese 
scholien  beweisen  wenigstens  das  6ine  zur  evidenz,  dasz  die  text- 
scholien aus  den  randscholien  nicht  gektlrzt  sein  können;  aber  im 
unklaren  bleiben  wir  darüber,  in  welchen  worten  wir  die  ursprüng- 
liche fassung  des  Aristonikos  zu  erkennen  haben  und  wodurch  die 
inderung  derselben  veranlaszt  wurde. 


86  AEömer:  zu  den  fragmenten  des  Aristonikos. 

4)  die  kritischen  zeichen  der  Venediger  hs.  müssen 
viel  mehr,  als  es  bisher  geschehen  ist,  herangezogen 
werden,    eine  reihe  der  dahin  einschlägigen  fragen  harrt  freilich 
noch  ihrer  erledigung;  aber  wenn  auch  erst  aufgrund  eingehender 
vorarbeiten  eine  allseitig  befriedigende  lösnng  dieser  schwierigen 
aufgäbe  möglich  ist,  so  kann  ich  doch  jetzt  schon  auf  gewisse  puncto 
hinweisen,  die  fruchtbringend  für  das  werk  des  Aristonikos  ausge- 
nutzt werden  können,   faszt  man  nemlich  die  frage  über  das  Ter- 
hältnis  der  schollen  zu  den  kritischen  zeichen  jener  hs.  etwas  näher 
ins  äuge,  so  wird  man  durch  die  sprechendsten  thatsachen  zu  der 
annähme  gedrängt,  dasz  die  in  der  Yenediger  hs.  enthaltenen  cnM€ia 
mit  deii  scholieu  desselben  codex  gar  nichts  zu  thun  haben:  einmal 
haben  wir  nemlich  schollen ,  zu  denen  die  kritischen  zeichen  fehlen, 
und  umgekehrt ;  und  wollte  man  dies  auch  mit  der  Unachtsamkeit 
und  nadil&ssigkeit  der  Schreiber  erklären,  so  ist  doch  femer  zu  be- 
achten, worauf  schon  andere  vor  mir  hingewiesen  haben,  dasz  in  den 
schollen  manchmal  ganz  andere  zeichen  erwähnt  werden  als  die  sind, 
welche  wir  heute  vor  dem  texte  der  verse  lesen,   hier  wird  man  doch 
wol  schwerlich  irrtum  der  Schreiber  annehmen  dürfen;  weit  eher 
wird  man  zu  der  annähme  geneigt  sein,  dasz  wir  da  noch  eine  andere 
notation  kennen  lernen,  die  yerschieden  ist  von  der  welcher  die  scbo- 
lien  gefolgt  sind,   wenn  daher  die  notation  unserer  hs.  mit  den  scho- 
llen zusammentrifft,  so  ist  das  zufällig:  beide  notationen  stimmen 
da  einmal  überein.   ein  interessantes  beispiel  dieser  art  haben  wir 
bei  den  zeichen  und  schollen  zu  6  28—40.   in  der  hs.  haben  nem- 
lich die  verse  28 — 34.  39.  40  den  asteriscus  mit  dem  obelus,  35 — 
38  den  obelus  allein :  und  diese  zeichen  werden  auch  in  den  schollen 
berücksichtigt:  Sri  Ü  äXXuJv  töttuiv  ^erdKeivrai.   wo  dies  der  fall 
ist,  steht  der  asteriscus  cum  obelo  28.  29  «>  |  693.  694 ;  30  (crtxoc 
TrapanenoiiiiLi^voc  Lehrs  bei  Friedländer  H  404).  31  «>  a  45.  81.  ui 
473;  32—34  =  6  463—465;  39.  40  =  X  183.  184  Kai  iy  toic 
KUTä  ixiQOC  bxanmrtx  usw. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  sind  natürlich  diejenigen  kritischen 
zeichen ,  zu  denen  wir  keine  schollen  mehr  haben :  wir  gewinnen  da 
noch  manches  zur  Vervollständigung  der  schrift  des  Aristonikos  oder 
der  Aristarchischen  notation  überhaupt,  es  möge  dies  hier  an  eini- 
gen beispielen  gezeigt  werden.  A  5  olwvoici  T€  iräcr  Aiöc  b*  ir^r 
XeicTO  ßouXfi«  vor  diesem  verse  steht  eine  punctierte  diple.  diese 
bezieht  sich  natürlich  auf  eine  lesart  Zenodots.  unsere  scholien 
schweigen  darüber;  aber  da  hilft  uns  Eustathios  aus  I  18,  18  61  bi 
ZiivöboTOC  dvri  toO  n&cxbaiTafQ&tp^x^  cqpdXXcTat.  batra  ini 
)i6vu)V  dvOpuüTTUJV  ''0^r]poc  TtBiici.  vgl.  Lehrs  ArisL  s.  87.  < — 
A  52  ßdXX".  del  bi,  irupal  vckuwv  KaiovTO  6a^€lai.  vor  diesem  verse 
steht  eine  diple.  sie  bezieht  sich  entweder  auf  ßdXX\  6ti  ^n^TUxcv, 
oder  auf  dei  bk  . .  Oa^eiai:  vgl.  Lehrs  ao.  s.  197.  —  A  200  TToX* 
\&b*  'AOnvaiiiv.  beivuj  bi  o\  dcce  qpdavBev.  schwieriger  ist  die  vor 
diesem  verse  stehende  diple  zu  erklären,   wahrscheinlich  wies  Ari- 


ABdmer:  zu  den  fragmenten  des  Aristonikos.  87 

starcb  damit  eine  falsche  erklflrang  zurück,  von  der  wir  noch  spuren 
in  ansern  acholien  haben:  nv^c  bk  q)dav8€V  ävrl  toG  ^qpuüTicOricav 
oi  TOU  fjpufoc  öq)6aX|tiot.  und  wir  lesen  im  anfang  Yon  BLV  6  bi 
dvri  TOU  TÄP-  —  A  305  dvCTi^Triv ,  XOcav  b '  &fOßi\v  napd  vriuciv 
AxoiuiV.  die  punctierte  diple  vor  diesem  verse  bezieht  sich  zweifel- 
los anf  Zenodots  lesart  dcnfJTTiv:  s.  schol.  B  694  6ti  ZrivöboTÖc 
Tpckpci  dcTrjcecBai  fficXXev.  vgl.  La  Boche  Did.  s.  14.  Lud- 
wich  oomin.  8«  15.  —  A  425  buibCKäti]  bi  toi  qOtic  ^Xeuccrai 
OuXuMirövbc.  A  493  dXX'  6t€  brj  fi*  ^k  toio  buwbeKdTT]  t^V€t*  i^iöc. 
beide  verse  haben  diplen  in  der  hs.  der  grund  ist  unschwer  zu  er- 
ntben:  gewis  npöc  TÖv  T«£»v  fmepuüV  dpi8)biöv,  wie  es  B  48  heiszt. 

Es  wftre  gewis  eine  dankenswerte  aufgäbe,  in  einer  monographie 
ille  kritischen  zeichen,  zu  denen  die  schollen  fehlen,  zusammenzu- 
steUen  und  wo  mOglich  zu  erklftren.  freilich  wird  man  da  nicht  überall 
zn  imbestritten  sicheren  resultaten  kommen ;  auch  dürften  bei  den 
oyicia  dee  Yenetus  vielfache  Irrtümer  zu  berichtigen  sein,  allein 
trotz  der  damit  verbundenen  Schwierigkeiten  dürfte  es  nicht  un- 
m^lich  sein,  einen  groszen  teil  dieser  kritischen  zeichen  richtig 
n  deuten  und  unsere  kenntnis  von  der  notation  Aristarchs  dadurch 
xnenreitem. 

6)  die  Wiederherstellung  von  Aristarchs  notation 
ttosz  auch  an  denjenigen  versen  versucht  werden,  wo 
3BS  sowol  die  kritischen  zeichen  als  auch  die  scholien 
iBBtichelassen.  ich  bin  nun  zwar  weit  entfernt  mit  Sengebusch 
t  jibb.  1856  6.  768  f.)  zu  glauben,  dasz  es  nicht  undenkbar  sei, 
«inst  die  vollstftndige  notation  Aristarchs  hergestellt  zu  sehen; 
aber  dennoch  mnsz  ich  zugeben  dasz  wenigstens  bei  einigen  versen 
^  Tenach  gewagt  werden  musz.  sind  wir  doch  im  groszen  und 
gvien  80  gut  vom  System  Aristarchs  unterrichtet,  dasz  da,  wo  zu- 
ftUig  einmal  unsere  quellen  schweigen,  die  reconstruction  seiner 
I^brB  wenigstens  angestrebt,  wo  möglich  auch  durchgeführt  werden 
fflUB;  denn  das  dürfen  wir  doch  wol  mit  OSchOmann  (philol.  anz. 
^  s.  137  £)  annehmen,  dasz  zb.  das  cx^lMGi  1ßuK€iDV  nicht  blosz  an 
^  stdlen ,  wo  ee  heute  zufiülig  unsere  scholien  erwfthnen ,  sondern 
ucb  an  allen  andern  von  Aristarch  angemerkt  und  von  Aristonikos 
bciprocfaen  wurde«  für  die  sache  gleichgültig  ist  es,  ob  man  diese  von 
Amtareh  notierten  grammatischen  eigentümlichkeiten ,  änoi  €lpn* 
üiw  usw. ,  an  jedem  einzelnen  verse ,  wo  wir  deswegen  ein  zeichen 
warten  dürfen,  berühren  oder  sie  in  einer  einleitung  als  schemato- 
iogie  nuaaunenfassend  behandeln  will. 

Viel  weniger  sicher  gehen  wir  dagegen  bei  Wiederherstellung 
^  i^lien,  die  sich  nicht  auf  grammatische  dinge  beziehen,  und 
■n  wird  dabei  oft  über  blosse  Vermutungen  nicht  hinauskommen; 
M  wird  man  durch  die  ausgezeichneten  beobachtungen ,  die  uns 
AriBioukoe  an  anderen  stellen  von  Aristarch  mitteilt,  unwillkürlich 
rnnt  das  in  nnaem  quellen  lückenhaft  überlieferte  sjstem  durch 
«igaet  nachdenken  au  vervollstftndigen.  ich  möchte  hier  nur  eine 


88  AEömer:  zu  den  fragmenien  des  AriBionikos. 

Yermutang  mitteilen,  um  vielleicht  andere  zu  eingehenderer  betrach- 
tung  der  sache  anzuregen,  zumal  da  auch  Nägelabach  Hom.  theol. 
s.  152  anm.  darüber  nicht  ins  klare  kommen  konnte  und  in  Ebelings 
lex.  Hom.  u.  O^Tic  die  richtigkeit  von  Aristarchs  lehre  angezweifelt 
wird.  TT  222  KaXf^c  baibaXliic,  iriv  ol  9^Tic  dpTupÖTteto  ]  e^K* 
im  vnöc  ät^cOai.  dazu  bemerkt  Aristonikos :  ort  oö  bujb€KaTaiov 
än^XiTie  TÖv  'AxiXX^a  Tcvviicaca  i\  G^tic,  KaOanep  ol  vewiepoi 
iroiTiTai,  dXXd  cuveßiou  TTiiXeT.  dKir^iiTrei  toOv  diri  töv  iiöXejAOV 
'AxiXXte  Ktti  (pnciv  (C  69)  töv  b*  oux  uTrob^Eojiai  aöiic 
oiKabe  vocTrjcavTa  .  .  tbc  &v  ^tti  toO  oIkou  jui^vouca.  ähnlich 
TT  574.  C  57.  60.  90.  332  (438).  die  beobachtung  Aristarchs  an  den 
angeführten  stellen  ist  ganz  sicher  und  unanfechtbar,  nun  möchte 
man  doch  wissen,  wie  er  sich  folgenden  yersen  gegenüber  gestellt 
hat:  A  356  £)c  (p&io  baKpux^ujv,  toO  b'  fxXue  tcÖTvia  ixr\vi\p  | 
f^ji^vn  ^v  ß^vGccciv  dXöc  Tiapd  irarpl  t^povTU  C  35  äkoucc 
hk  nÖTVia  M^'^P  I  ^l^^vii  iv  ß^vOecciv  dXöc  Trapd  Trarpi 
T^povTi.  nach  der  art,  die  wir  sonst  bei  ihm  gewohnt  sind,  merkte 
er  diejenigen  verse  an,  die  nach  seiner  ansieht  Veranlassung  gaben 
zu  einer  Version  des  mythus ,  und  man  möchte  daher  vermuten  dasz 
A  356  wie  C  35  eine  bemerkung  stand  wie:  ÖTi  dvreOOev  iiXdvn 
T^TOV€  TOic  vcuiT^potc,  ÖTi  bwbCKaTttiov  dn^XiTTC  TÖV  'AxiXXten 
O^Tic.  sicher  aber  scheint  mir,  dasz  sich  Aristarch  über  beide  stellen 
und  ihr  Verhältnis  zu  TT  222  und  anderen  ausgesprochen  hat. 

Dies  scheinen  mir  die  hauptpuncte  zu  sein ,  die  bei  einer  neuen 
ausgäbe  des  Aristonikos  ganz  besondere  beachtung  verdienen,  es 
entstehen  natürlich  im  verlaufe  der  Untersuchung  noch  andere  fragen, 
die  aber  erst  in  zweiter  linie  berücksichtigt  werden  können,  es 
mögen  daher  hier  jetzt  einige  nachtrage  folgen  zu  den  ausgaben  von 
Friedländer  und  Carnuth,  die  teils  aus  der  neuen  collation  der  hs., 
teils  aus  andern  hss.  oder  eignem  nachdenken  gewonnen  wurden, 
auf  Vollständigkeit  macht  natürlich  diese  Zusammenstellung  keinen 
anspruch. 

Aus  Yen.  A  sind  noch  folgende  scholien  nachzutragen:  B  167 
6ti  öpoc  6  "OXuMTTOC:  —  388  6ti  ^k  TeXajuiwvujv  dvfjirTOV  tuc 
dcTTibac:  —  r  104  ÖTI  '£XXiiviKU)C  ^tti  jmfev  toiv  biio  tö  Srepov  tui 
^T^pip  dvTibUcTaXKev,  iirl  juiiv  toO  Tpirou  äXXov  cTpiiKCv:  —  (?) 
A  416  ÖTI  GiiXuKÄc  Tf|V  "IXiov:  —  €  264  bid  Tf|V  aÖTf|v  alTiav:  — 
776  ÖTI  dvTi  ToO  iToXX#|v  CKOTiav:  —  Z  97  öti  dvTi  toO  (purfic:  — 
218  ÖTI  ncpiTTÖc  ö  Ka(  cuvbecMOC:  —  273  öti  ndXiv  dvrl  ToOnapd 
Touvaci:  —  403  öti  napcTUjLioXoTCi:  —  415  öti  dvTi  toO  €Ö  vaio- 
M^vnv:  —  H  12  öti  TrcpiKCqpaXaiac  elboc  f|  CTCcpdvii:  —  16  öti 
XüvTO  elirev  dvT\  toO  i\v)Qr\:  —  333  öti  ol  dpxaioi  {xaiov  to 
C{i}\xaTa:  —  410  öti  bid  nupöc  iödirTCVTc  irdvTec:  —  0  206  irpöc 
Tfiv  c\ivaXoi9f|V  dvTi  toO  Zfjva :  —  270  öti  caqxBc  dvTi  toö  ^k 
ßoXf^c  diriTUXOi:  —  316  ÖTi  dXXcbici  f|  ir€p{,  Tr€p\  f|Viöxou:  —  555 
oÜTuic  (dafür  ist  öti  zu  schreiben)  ou  Tf)V  tötc  oucav  qKKeivrjVt 
dXXd  Tf|v  KaOöXou  (pa€ivV|V.   dei  bi  Td  9aivöiLi€va  iv  oupavi^^  (pr\c\ 


ABOmer:  ta  den  fragxnenten  des  AriBtonikos.  89 

Kffl  OMC  'OXu|iirip:  —  1 34  ort  tujv  Kord  ffiv  ^nmuiXiiciv  dTrmXiiKTi- 
nuc  elfritfi^vuiv  \ii\iyvfia\ :  —  467  6ti  KaraxGöviov  A(a  xdv  "Aibiiv 
i^i:  —  K  120  ÖTi  TTCpiccdc  ö  KttC:  —  348  ÖTi  ToO  'Obucdwc 
(iirövToc  iiövou  ctircv  cuXXiyiTTiKiIic  u)c  äpa  qpuiv^cavTC:  —  408 
in  divbcc^oc  6  boi  xai  ouk  äpOpov :  —  A  96  öti  elboc  TT€piK€q>a- 
laioc  f|  CTCqMiVTi :  —  140  öxi  dvii  xoö  ätTcXov :  —  306  6  (lies  8ti) 
'"O^iiipoc  T^ccopac  ^övouc  äv^ouc  olSev:  —  404  öti  dvT\  toO 
91JTU1:  —  632  dn  dvTi  toO  fiTorev  xard  ^€Ta90pdv  dnö  tuiv 
(MV^wv:  —  M  42  Sri  dvxl  xoO  ccpl(piytai:  —  76  dvTi  xoO  dpu- 
K^Twcav:  —  363  elpitrai  ön  bUoceuacxai  (textsch.)  —  402  &x\  b\ä 
tckiMi6vuiv  dviprrovxo  al  dcnibcc:  —  N  11  5xt  OauiidZuiv  dvxi 
Toü  Oeuifievoc :  —  25  äxi  Ik  xuiv  cu/icppotZofi^Viuv  xö  t^vxo  fXaßcv 
cniiaivci:  —  110  8x1  £XX£iiT€i  i\  ncpi,  nepl  v€&v:  —  275  8x1  npö- 
Oicic  1lo^)€lTal  Kai  f)  imXicic  fiXXaKxai.  dvxi  xoO  ircpl  xouxuiv  bia- 
X€T€C39ai:  —  557  5xt  tctukic  fjXXaicTai  boxtirfi  dvxi  t^viki^c  ovbk 
ouTOÖ  xd  ?TXOC:  —  657  8x1  0nXuKtLic  xf|v  "IXiov:  —  697  8x1  cuv 
T^i  ö  'OiXcuc :  —  £  601  über  €iiT^füi€vai  sieht  dvxi  xoö  cliraxc :  — 
0  49  ffcpiTxcuci  xd  £iT€ixa  (?) :  —  178  8x1  irxujcic  fiXXaicxai,  ei  bk 
«uTiii  dvri  xoö  ei  bi  aäxoö  xok  {neci.  xö  tdp  ol  auxqi  £cxi :  — 
min  i^*  iauToQ  ö  ZeOc  edXaccav  biav  koKü:  —  395  6x1 
OJamn  f|  inl^  irA  xeixoc:  —  412  8x1  dnoS  ^vxaOOa  C09(av  übvö- 
|MC€  n|v  xcKTOViirflv  x^xvTlv:  —  TT  595  8x1  nöXic  iv  OGiiji  f|  'CXXdc: 
-  P  242  Sxi  ^vnXXdrn  i\  irrficic :  —  C  53  dvxi  xoö  tibfixe. 

Manche  scholienf  die  bei  Bekker  stehen,  scheinen  bei  Fried- 
Iteder  nur  aaa  Teraehen  ausgefallen  zu  sein.    A  21  heiszt  es  von 
Athene  und  Here:  irXnciai  alt*  iicdnv,  Koxd  bk  Tpubccci  fütcb^cOnv, 
ad  das  acbolion :  irpdc  xf^v  KaGdbpav  ''Hpac  Kai  'AOtivfic,  8x1  lunro- 
ittena  iKOx^puidev  (nXiiclov  vielleicht  zu  tilgen)  xoö  Aiöc  dasz 
&i  werte  dea  Ariatonikoa  sind,  ersieht  man  aus  den  scholien  tiher 
^mIIw  aache  zu  6  444  und  Q  100.  —  A  99  ci|>  ß^Xci  ÖMnO^vxa, 
nfntc  imßdvT*  dX€T€ivf)c'   wenn  nicht  das  ganze  scholion,  so  ge- 
Urea dem  Ariatonikos  wenigstens  die  werte  an:  8x1  ol  dpxaioi  xd 
0011010  oinc  JOairrov  und  tf)v,  ei  \xi\  npöxepov  ^Kaucov.  —  A  106 
106)  0cßXf|K€t  npdc  cxfiGoc,  6  6'  örrnoc  ffiirece  Tr^xpip.  dazu  ist 
Wmttkt:  fixi  oö  irpi^vcic,  dXX'  dvaxpenofi^vouc  öirö  xf)c  nXiiTHC 
Qnricn)a  bid  xdc  ßiac  xuiv  ßaXövxuiv.  dasz  dieses  scholion,  wenn 
vck  seine  faeaung  nicht  ganz  klar  ist,  dem  Aristonikos  gehört,  er- 
BfikC  man  aoa  dem  scholion  zu  €  68  (vgl.  Naber  quaest.  Homer. 
l49).  ^  A  345.  346  £v6a  9iX'  dnxoXto  Kp^a  £bM€vat  libk  ku- 
vüXa  I  olvou  1nv^^€val  M^Xiiib^oc,  8q>p'  £6^Xnxov.  vielleicht  ge- 
^  dem  Ariatonikoa  auch  daa  scholion,  daa  wir  hier  leaen:  oOxoi 
iy  Miv  Toic  öiro|AvVi^aciv  oOk  d6exo0vxai,  £iTatxiu»vxai  bk  aöxouc 
«  ^Tcpoi  die  dirpeirtiic  (dirpenetc  Cobet)  Kai  iropd  xd  npöcuiita 
üc  apedbtov  (xai  olvdpiov  Cobet)  dveibiZovxoc  xoö  'ATa^^MVOvoc. 
^  6  32—34  werden  ganz  gut  in  dem  scholion  erklftrt:  xotkouc 
lÄiv  ^cx*  dXita  f|  "Hpa  itoporivexat  X^touca  r463— 465).  zwei- 
Whaft  kann  man  sein  aber  die  folgenden  werte  ai  xoiaöxot  bk  irpoc- 


90  ARömer:  zu  den  fragmenten  des  Arietonikos. 

(puüvVjceic  CTiiLiaivouci  ifiv  *A9nväv  ^k  jiövou  Aioc  T€T€vflc9ai  •  kqi 
Toip  oute  "OjLinpoc  oöxe  *Hcioboc  juiTiT^pa  autfic  napabtöuici.  vgl. 
Lehrs  Arist.  s.  179. 

Auszerdem  aber  baiten  nacb  wabr8cheinlicher  vermutuiig  nocb 
folgende  verse  kritiscbe  zeicben:  A  8.  9  Tic  t'  äp  C9ui£  Oediv  ^piöi 
Euv^T]K€  pdxecOat;  |  AriToOc  kqi  Aiöc  ulöc.  aucb  bier  batte  Aristarcb 
aufmerksam  gemacbt  auf  das  eigenartige  der  darstellung,  so  gut  wie 
A  218  wo  wir  bei  Aristonikos  lesen:  ÖTi.ibc  ^jüiirveucOelc  dvTairob^- 
bvJKe  KaOäTTCp  dv  dpxti  Tf)c  IXidboc  Ticr'dp  c(pu)€  Oeuiv,  elra 
AtitoOc  KCl  Aiöc  ulöc.  —  A  54  rfl  öeKdxij  b*  dtop^ivbe  kq- 
X^ccaro  Xaöv  'AxiXXeuc.  aus  der  bemerkung  des  scbol.  B  zu  der 
stelle :  dXXuic  re  xai  auröc  fiTcTrai  Tfjc  uTraiOpou  CTpanöc  ersehen 
wir  dasz  aucb  vor  diesem  verse  eine  diple  stand,  nachdem  Fried- 
länder die  früher  misverstandene  sache  zu  T  45  schon  zum  teil  rich- 
tig gestellt,  hat  sie  zuletzt  Naber  ao.  §  7  mit  heranziehung  der  ver- 
schiedenen stellen  der  Ilias  und  Odjsee,  die  fttr  Aristarchs  ansieht 
sprechen,  endgültig  erledigt.  —  A  156  spricht  Acbilleus  die  worte: 
^Tiei  fj  jüidXa  iroXXd  fbieToEu  |  ouped  t€  CKiöcvra  OdXaccd  re  i^x^^cca. 
hätten  wir  nicht  zufällig  bei  einer  andern  stelle  eine  notiz  zu  diesem 
verse  erhalten,  so  würde  schwerlich  jemand  auf  die  Vermutung  kom- 
men ,  dasz  vor  ihnen  eine  diple  stand,  und  doch  ist  dem  so.  \  be- 
merkt nemlich  zu  I  363  Trpöc  tö  ineX  f\  [X&\a  noXXd  |Li€Ta£u 
oCped  re.  während  nemlich  verse  wie  156.  157  die  Vorstellung 
einer  groszen  entfemung  Trojas  von  Phthia  in  uns  wach  rufen,  heiszt 
es,  freilich  unter  der  Voraussetzung  günstiges  windes:  fipari  k€ 
TpiTdruj  4>6(nv  dpißwXov  koijüinv-  dasz  Aristarcb  auf  dergleichen 
geachtet  und  wir  also  in  der  notiz  des  scbol.  V  noch  spuren  dieser 
beobachtung  finden,  lehrt  ein  ähnlicher  fall  der  Odyssee.  Nestor 
sagt  Y  318  von  der  fahrt  des  Menelaos  aus  Aegjpten  nach  Griechen- 
land: Kcivoc  Tdp  yiov  dXXoOev  eiXfjXouGev  |  Ix  tu>v  dvOpuiTTuiv, 
66ev  ouK  IXiTOiTÖ  T€  OujükID  |  £X6dfüi€v ,  öv  Tiva  TrpwTOV  diroccpfiXiu- 
civ  deXXm  |  ic  n^Xatoc  m^tä  toiov,  66€v  t^  irep  oöb' 
oiiuvoi  I  auTÖerec  oixveOciv,  inex  \iiya  t€  bcivdv  t€. 
zu  321  ist  in  den  scholien  bemerkt:  uircpßoXiK&c  toOtö  qpTiciv 
dndTCi  ouv  iTCfüinTaioi  b*  AVt^tttov  (E  257).  dieses  scäolion 
stammt  ganz  sicher  aus  Aristonikos.  —  A  396  TToXXdKi  f&p  C€0 
TTOTpöc  ivx  ineTdpoiciv  dKouca  |  cuxc^dviic.  dieser  vers  hatte  eben- 
falls eine  diple  wegen  der  früher  berührten  beobachtung  Aristarchs 
zu  TT  222.  574.  C  57.  60.  90.  332.  spuren  davon  lesen  wir  zu  unse- 
rer stelle  in  V:  . .  ä£iov  bk  Kai  touto  Trapacim/jvacOai,  5ti  kqO* 
''Ofiripov  DU  V60TVÖV  KaT^Xciipev  'AxiXX^a  f|  6^tic.  vgl.  auch  das 
scbol.  des  Herodian  zdst.  —  f  139.  140  ist  von  Helene  gesagt:  &c 
elnoOca  Oed  tXukuv  \'m6P0V  {fxßaXe  6u)li({>  |  dvbpöc  t€  irpoT^poio 
Kai  dcTCOC  i\bk  roid^uiv.  nach  den  scholien  zu  H  392.  N  626  stammt 
aus  Aristonikos,  was  wir  hier  in  B  lesen:  dTVOcT  Tf|v  6nc^u)C  dpira- 
fi\v  6  TTOinTric.  —  A  266.  267  spricht  Idomeneus  zu  Agamemnon : 
'ATpeibTi,  ^dXa  ^liv  toi  tffhv  ipiripoc  ^Taipoc  |  fccofiai,  die  tö  npur- 


ARömer:  za  den  fragmenten  des  Aristonikos.  91 

Tov  6ir^cn)v  xai  KaT^veuca.  sollten  wir  nicht  eine  spnr  von  Ari- 
itarchs  beobacbtong  haben  in  dem  scholion  B  zu  B  256:  ouk  oIb€ 
K  Touc  irpoc  Touc  Tuvbapibac  (?)  SpKOuc.  Kai  fovw  'iboMCveuc 
qniav  die  tö  irpiiiTOV  ött^ctiiv  Kai  Kar^veuca  —  ?  — 
€  392  ff.  tXi)  b*  "Hpn*  firc  ^iv  xporcpöc  na!c  'ApcpiTpumvoc  I  beSi- 
Tcp^  Korä  ^alöv  öicnff  rpiTAiÄx^vi  |  ßeßXrJKei.  in  den  worten  des 
Eostfttfaios  zu  396 :  cn/iiciuicai  ÖTi  oÖK  olbev  ivraOOa  ''Ofüinpoc  töv 
'HpaxX^a  ^irdXqi  xp^M^vov,  dXXd  tö£oic  ävbpaxaOoOvTa  ist  nn- 
iweifelhaft  eine  gute  beobachtnng  Aristarchs  erhalten.  —  I  454  f. 
vffifip  b'  ^öc  aöriK*  öicOelc  |  noXXä  KarripäTO,  CTurcp&c  b'  dire- 
K&XCT*  '€ptvCc.  ttber  '€pivOc  ist  in  Y  bismerkt:  ouk  olbev  töv 
ipfBßii¥  aönuv  6  noifrrrjc  —  TT  179  Tf)c  b'  iTlpr\c  €Jibuipoc 
'Vijioc  f|T€MÖveu€v.  Y :  ävrl  toO  beur^poc  bta  tö  ^^rpov ,  npöc 
öf|btirX^.  —  Q  700  äXX*  fipa  Kaccdvbp?),  \K4Xr\  XP^c^Q  'A9po- 
bhq,  I  TTdpTOMOv  eicovapfica  9iXov  irardp'  elc€väTic€v.  dazu  haben 
wir  ein  gotes  scholion  des  Aristonikos  in  Y:  bia  Tf|v  cuMirdOeiav 
tt)C  N&Tuip  (ou  ist  einzusetzen)  bi&  Tf|v  jidvTetav*  oö  fäp  olbcv 
auiffv  fidynv  6  iroinTric 

0  433  eövQ  b*  ofi  itot'  £^ikto,  x^^^ov  b'  dX^eive  T^vaiKÖc. 
hier  rtnd  eine  diple  nach  Aristonikos  zu  €70:  Sn  ßapßapiKÖv  ^6oc 
t6  6c  icXciövuiv  TwaiKuiv  iTaiboiroi€icOai.  Aa^pnic  toöv  xöXov 
iX^civc  T vvotKÖc  —  T  216  ix^ipovc'  dvd  bf)M0v  dmciröfi€V0t 
8(oö  6|i<pQ  hatte  eine  diple  wegen  B  41:  ÖT\  ö)iq>ifj  f)  6€(a  xXqbiuv, 
ou  iraca  9riMf)*  ^^^  k<^^  Z^vc  iravo)i<paToc,  6  xXiibövioc.  —  e  230 
oOWj  b*  dpt^^pcov  ipfipoc  ixifa  Svvuto  vu|iq>Ti.  schol.  Pal.  öti  koi- 
vÖTCpov  vOv  Tdv  TT^nXov  qpfipoc  elpTiKCV.  Tgl.  Friedländer  Ariston. 
nQ  229.  —  n  64  töv  m^v  fiKOUpov  iövTa  ßdX'  dptupdToEoc 
'AmäXuiv.  irpöc  tö  £0oc,  öti  'AiröXXuiv  toOc  dppcvac  90V6u€t.  — 
d  111.  gewia  war  hier  bemerkt^  was  wir  auch  sonst  bei  Aristonikos 
lesen:  ÖTi  övOMorroeeTtKÖc  6  noiiiTi^c.  —  8  (494)  504  airrol  tdp 
Mtv  Tpwcc  ic  dKpöiroXiv  dpucavTO.  sollte  hier  nicht  eine  diple  ge- 
^Uad0n  haben  wegen  Z  88.  257.  317.  H  345:  5Tt  biaXeXuji^vujc 
bpoy  iröXtv  €TiT€  t^^v  dKpöiroXiv.  —  k  191  oub'  önr)  i\ik\oc  9a€- 
ciM^poTOc  cTc'  vnö  laiav  hatte  eine  diple.  vgl.  Lehrs  Ar.  s.  175. 
-  M7  oCe*  öndr*  ftv  cretxrici  irpöc  oupavöv  dcrcpöevTo.  wegen 
^pöcvTa  dürfen  wir  hier  eine  diple  vermaten:  5Tt  dxaipov  tö 
Meciov  wie  6  655.  0  218.  —  ^  68  ff.  ob  hier  wol  Aristarch 
^ipfea  geeetzt  hat  wegen  der  bekanntschaft  des  dichtere  mit  der 
Aigonavtensage?  Y  bemerkt  zu  H  469:  ön  Kai  Td  'ApTOvauTtKd 
oÄcv.  —  V  407  biicic  t6v  t€  cticcci  irapifiiievov.  al  bk  v^^ovTai 
^*tli  eine  diple:  denn  zn  Z  25  lesen  wir  bei  Aristonikos:  Kai  ÖTt 
h  T^  TÖirqi  Tärv  öfuiv  X^yc^  und  in  einem  ähnlichen  scholion  des 
^«B.  D  wird  aasdrflcklich  anf  nnsere  stelle  hingewiesen:  die  TÖ 
Huc  TÖV  Y€  cÖ€CCi  nap/i)i€VOV  (vgl.  schol.  zu  Aristoph. 
Vfigd  18). 

VüHCHCH.  Adolph  Böicbb. 


92  FRfihl:  zu  JustinuB  [XI  11,  1]. 

15. 

ZU  JUSTINUS. 


Bei  Justinas  XI  11,  1  ist  überliefert:  inde  Ehodum  Alexander 
Äefftfptum  (Midamque  sine  certamine  recipü.  obwol  bereits  Orosius 
(m  16,  17)  Oüiciam  las,  so  gilt  das  wort  doch  für  verdorben;  von 
den  zahlreichen  verbesserungsvorschlttgen  kann  indessen  keiner  aaf 
wahrscheinliGhkeit  anspruch  erheben,   ich  möchte  glauben,  die  stelie 
sei  doch  in  Ordnung  und  verlange  nur  ihre  richtige  erklftrung.  es 
sind  aber  meines  erachtens  zwei  erklärungen  möglich,  es  kann  sein, 
dasz  Justinus  hier  beim  excerpieren  ein  misverständnis  begegnet  ist 
und  bei  Trogus  etwas  ähnliches  stand  wie  bei  Curtius  IV  6,  22 
sed  Bhodii  urbem  sttam  portusque  dedebant  Alexandra.  iUe  OiUeiam 
Socrati  tradiderat  PJnlota  regkmi  circa  T^rum  iusso  praesidere.  dann 
hätte  Justin  in  der  eile  Kilikien  als  eine  neue  erwerbung  Alexanders 
betrachtet,   es  ist  aber  auch  nicht  unmöglich ,  dasz  uns  in  unserer 
stelle  ein  sonst  nirgends  erwähntes  historisches  factum  aufbewahrt 
ist.   Alexander  war  im  j.  334  an  der  südküste  Eleinasiens  nur  bis 
Side  vorgedrungen,  im  herbst  von  333  machte  er  von  Tarsos  aus 
einen  streifzug  nach  westen,  der  aber  bereits  in  Soloi  sein  ziel  fand. 
die  siebentägige  expedition  gegen  die  Bergkiliker,  die  der  könig  von 
hier  aus  unternahm  (Arr.  II  5,  6) ,  kann  höchstens  die  nächste  um- 
gegend  von  Soloi  pacificiert  haben;  der  bericht  Arrians  müste  doch 
wol  ganz  anders  aussehen,  wenn  Alexander,  wie  Droysen  (Hellenis- 
mus I'  s.  249)  will,  in  diesen  sieben  tagen  'seine  Verbindung  mit 
den  westlichen  provinzen  gesichert'  hätte,     das  ganze  sog.  rauhe 
Kilikien  blieb  vielmehr  offenbar  noch  von  Makedonien  unabhängig, 
wenn  nachher  Balakros  zur  satrapie  auch  noch  die  Strategie  erhielt 
.  (Diod.  XVm  22),  so  wird  das  namentlich  mit  rücksicht  auf  diese 
landschaft  und  ihre  kriegerischen  gebirgsstämme  geschehen  sein; 
wir  wissen  dasz  er  einige  jähre  später  im  kämpfe  mit  den  benach- 
barten Isauriem  umkam,   die  stelle  des  Justinus  aber  liesze  sich  so 
erklären,  dasz  unter  dem  eindruck  der  schlacht  von  Issos,  der  auf- 
lösung  der  persischen  flotte,  der  Unterwerfung  von  Ejpros,  der  er- 
oberung  von  Tjros  auch  die  westlichen  Eiliker  sich  ohne  den  ver- 
such weitem  Widerstandes  freiwillig  Alexander  unterworfen  hätten, 
der  hergang  wäre  sehr  natürlich ,  und  dasz  uns  keine  andere  spar 
davon  in  unserer  Überlieferung  geblieben,  wird  den  nicht  wnndenit 
der  die  beschaffenheit  dieser  Überlieferung  kennt   zur  zeit  der  be- 
lagerung  von  Tyros  scheint  das  rauhe  Kilikien  noch  nicht  makedo- 
nisch gewesen  zu  sein:  denn  zur  blokade  der  stadt  kommen  zwar 
schiffe  aus  Ljkien,  aber  aus  Kilikien  blosz  von  Soloi  und  Hallos 
(Arr.  n  20,  2). 

KöMiGSBERG.  Franz  Böbl. 


PhKeiper:  zu  Aischylos  Persem.  93 

16. 

ZU  AISCHYLOS  PERSERN. 


Die  meiner  abhandlung  'die  Perser  des  Aeschjlns  als  quelle 
ftr  altpersiBche  altertomskimde  betrachtet,  nebst  erklärung  der  darin 
f oiiommenden  altpersischen  eigennamen'  (Acta  seminarii  philologici 
Erlmgensis  I  b.  175 — 289)  durch  prof.  Wecklein  in  Bursians 
Jahnsbericht  1878  I  s.  214  f.  zu  teil  gewordene  recension  gibt  mir 
ToanlassoDg  einige  poncte  derselben  teils  xu  berichtigen  teils  neu 
ZQ  bdenchten. 

W.  macht  mir  eine  einwendung  gegen  den  in  dem  titel  meiner 
sbL  aosgesprochenen  standpunct,  die  Perser  des  Aischjlos  als  quelle 
fttr  tttpersisdie  altertumskunde  zu  betrachten,  indem  er  sagt,  es  sei 
^m  'eigentlich  anch  ein  verkehrter  standpunct,  da  nur  die  spärlichen 
■otixsn  des  dichters  an  einem  anderswoher  genommenen,  viel  reiche- 
mi  maierial  geprüft  werden  könnten ,  also  dieses  material  zur  be- 
Icacfatong  der  angaben  des  dichters,  nicht  aber  diese  zu  einer  nennens- 
vttten  bereichenmg  jenes  dienten',  gern  gestehe  ich  zu  dasz  die 
Toa  mir  gewählte  aufschrift  den  inhalt  und  Charakter  des  ersten 
tolas  meiner  arbeit  nicht  ganz  zu  seinem  rechte  kommen  läszt,  aber 
m  wirkliches  misverstftndnis  kann  dadurch  unmöglich  entstehen. 
««  jedoch  die  sache  selbst  betrifft,  so  halte  ich  an  dem  bezeichneten 
ftUadpuncte,  den  vor  mir  schon  EHannak  in  seiner  schrift  'das  histo* 
ritehe  in  den  Persem  des  Aeschjlos'  (Wien  1865)  mit  ausreichender 
begrfiadang  eingenoknmen  hat,  auch  jetzt  fest,  niemand  wird  leng- 
MB  ktenen  dasz  die  als  wirklich  geschichtlich  eruierten  angaben  des 
Aiidiyloe  ftber  persische  dinge  ebensogut  für  die  zwecke  der  erani- 
«bea  ahertnmsforschnng  verwendbar  sind  und  mit  demselben  recht 
ih  qnells  beteichnet  werden  kOnnen  wie  diejenigen  jedes  andern 
ahca  sefariftwerkes,  das  sich  mit  dem  persischen  altertum  befaszt, 
ad  sei  es  das  werk  des  Herodotos  selbst,  dasz  fireilich  die  Verwertung 
te  US  den  'Persern'  zu  entnehmenden  materials  eine  andere,  dh. 
kntiMhere  prflfnng  und  behandlung  erfordert  als  beispielsweise  die 
^  Herodotascfa&i,  ist  selbstverständlich  und  von  mir  Überall  betont 


Meine  s.  187  geäuszerte  Vermutung,  n€pc^trroXtc  v.  65  könne 
OB  Wortspiel  mit  dem  namen  der  persischen  kOnigsstadt  TTepc^iroXic 
fitUten,  mnsz  ich  als  haltlos  bezeichnen,  da,  wie  ich  mich  verge- 
«iis«t  habe,  nicht  einmal  Herodot  diese  Stadt  und  noch  weniger 
ibna  erst  später  auftretenden  namen  gekannt  hat.  dagegen  mag 
Y^pcm  V.  178  mit  dem  namen  der  TT^pcai  absichtlich  von  Aischylos 
gmsmengehalten  worden  sein.  —  Zu  dem  im  träume  der  Atossa 
«rwihntsn  adler  v.  205  ff.  bemerke  ich,  dasz  derselbe  auch  sonst  bei 
te  Griechen  als  der  königliche  vogel  der  Perser  in  Übereinstimmung 
^  d«  penischen  queUen  bezeichnet  wird,  so  erscheint  dem  Kyros 
**ck  XsB.  Kymp.  YII 1,  4  ein  ätjöc  xpucoOc  irA  böparoc  ^axpoC 


94  PhEeiper:  zu  Aischylos  Persem. 

ävareTap^voc,  und  Ailianos  ir.  \.  XTL  20  berichtet  dasz  Achaimenes^ 
der  Stammvater  der  Acbaimeniden,  von  einem  adler  genährt  worden 
sei.  damit  meint  er,  wie  Spiegel  gesehen,  den  vogel  Simnrgh  der 
eranischen  sage,  wozu  m.  vgl.  Spiegels  eranische  alter tamsknnde  I 
8.  565  ff.  II  118.  —  Meinen  von  W.  abgewiesenen  Vorschlag  y.  859 
voilicfiaTa  nupTwa  in  noXtcpaTa  tt.  zu  ändern  nehme  ich  mit  rück* 
sieht  auf  den  gebrauch  des  Stammwortes  vöjlioc  in  iroXiccovöfAOC 
852  und  ircpcovÖMGC  919  (vgl.  585)  zurück,  obwol  auch  Tenffel  zdst. 
gegen  jenen  ausdruck  etwas  bedenklich  ist.  auch  über  239  toSouXkoc 
aiXjüiil,  das  ich  s.  192  anzweifelte,  gibt  W.  den  etwas  wolfeilen  auf- 
schlusz,  dasz  toSouXköc  eben  zur  nähern  bestimmung  von  aixMH 
diene.  —  Meine  ausfUhrungen  in  dem  excurs  Über  die  göttliche  Ver- 
ehrung der  Perserkönige  s«  198—210  würde  ich  nach  der  Veröffent- 
lichung der  neuen,  erschöpfenden  Untersuchung  Spiegels  hierüber 
(eran.  altkde.  III  600  ff.)  jetzt  einigen  modificationen  unterziehen^ 
und  namentlich  wäre  ich  geneigt  jene  thatsache  auch  für  die  Acbai-^ 
menidenkönige  nicht  ganz  in  abrede  zu  stellen,  meine  annähme  dasz 
der  Artaphrenes  des  Aischylos  776  eine  und  dieselbe  person  mit  dem 
Intaphemes  des  Herodot  ist,  und  weitere  hieraus  sich  ergebende 
folgerungen  gedenke  ich  demnächst  ao.  eingehender  zu  erörtern. 

Was  den  zweiten  teil  meiner  abh.  betrifft,  so  blieb  ich  daselbst 
die  antwort  schuldig  auf  die  frage  nach  dem  gründe  der  auffallenden 
erscheinung,  dasz  Aischylos  neben  der  mehrzahl  unzweifelhaft  echt 
persischer  namen  einen  rest  ersichtlich  nicht  persischer  zur  bezeich* 
nung  seiner  persischen  heerführer  verwendet  hat.  ungereimt  und 
grundlos  wäre  es  etwa  anzunehmen ,.  dasz  sein  vorrath  persischer 
namen  nicht  weiter  gereicht  und  dasz  er  daher  zur  aushilfe  ander- 
weitige beigezogen  habe,  hiermit  würde  man  dem  dichter  eine  ar- 
mut  und  Unwissenheit  schuld  geben,  die  mit  seinem  sonstigen  viel- 
seitigen wissen  über  persische  Verhältnisse  und  insbesondere  mit 
der  durch  die  überwiegende  mehrzahl  echter  namen  verbürgten 
kenntnis  persischer  personennamen  in  einem  unerklärlichen  wider- 
sprach stünde,  nicht  viel  besser  erscheint  die  ausflucht  einiger  frü- 
herer erklärer,  welche,  um  dem  Aischylos  den  Vorwurf  einer  be- 
wüsten  teuschung  seiner  landsleute  zu  ersparen,  plAisibel  zu  machen 
suchten,  er  habe  durch  einstreuung  dieser  von  den  übrigen  Perser- 
namen merklich  verschiedenen,  seltsam  klingenden  namen  den  witz 
seiner  zuhörer  auf  die  probe  stellen  und  eventuell  ihre  lachmuakeln 
reizen  wollen,  im  ernste  wird  aber  doch  niemand  dem  Aischylos 
ein  so  niedriges,  seiner  ganzen  geistesrichtung  wie  dem  Charakter 
seiner  dramatischen  kunst  so  fernliegendes  motiv  zuschreiben  wollen, 
einem  Aristophanes  wäre  dasselbe  ganz  angemessen,  wie  sich  aas 
dem  absichtlichen  wolgefallen,  mit  dem  er  zb.  in  den  Achamem 
persisches  kauderwelsch  vom  stapel  läszt ,  unzweideutig  ergibt,  ich 
kann  mir  keinen  andern  befriedigenden  grand  zur  erklärong  denken 
als  eine  gewisse,  leicht  entschuldbare  ignorantia  des  Aischylos.  dies 
meine  ich  so:  Aischylos,  dessen  angaben  über  persisches  wesen  ins- 


PhKeiper:  sn  Aischylos  Persern.  95 

gestillt  den  eindmck  des  selbsierlebten  und  genau  erforschten  machen, 
ht  sich  offenbar  bemüht  auch  diesem  detail  der  namen,  das  ihm  zur 
usAllong  des  zeitgeschichtlichen,  aus  der  unmittelbaren  gegenwart 
iMreosgenommeiien  rahmens  nnerläszlich  schien ,  den  Charakter  ge- 
«Aichtlicher  treiie  und  zuverlftssigkeit  au&nprägen,  der  durch  das 
gioxe  stttck  hindurch  geht  dabei  hat  er  sich  jedoch  keiner  minutiö- 
sen geiuHiigkeit  beflissen  und  nicht  mit  der  ängstlichen  Sorgfalt  eines 
bistmikers  yon  beruf  diesen  dingen  nachgespürt,  sondern  er  hat  sie 
ZQ  sauer  kenntoia  gebracht  so  gut  er  konnte,  ich  denke  mir,  dasz  er 
Ton  leiaem  feldzuge  des  j.  490  her  eine  gewisse  summe  yon  voll- 
tfiaeiideii,  bekannteren  Persemamen  mit  nach  hause  gebracht  hatte 
und  während  des  neuen  zusammenstoszes  der  Perser  mit  den  Helle- 
aea  im  j.  480  und  nachher  durch  nachfragen  und  erkundigungen 
sein  sflmmcfaen  persischer  namen  zu  ergänzen  und  zu  verbessern 
itzebte.  dasz  ihm  bei  diesem  bemühen  mitunter  ein  irrtum  unterlief 
oad  tr  manchoi  nicht  echten  oder  nicht  unversehrten  namen  mit  in 
bnf  nahm,  ist  viel  zu  natürlich  und  selbstverständlich,  als  dasz  wir 
«  Biber  zu  erOrtem  brauchten,  auszerdem  will  ich  nur  daran  er- 
isaen,  dasz  wir,  wie  bekannt,  in  ansehung  des  linguistischen  wissens 
oad  flberhaupt  des  internationalen  Sprachverkehrs  weder  Aischylos 
Bodi  seine  ganze  und  die  nachfolgende  zeit  mit  unserm  modernen 
matab  messen  dürfen:  seine  kenntnis  der  persischen  spräche,  bzw. 
der  periischen  namen,  konnte  nur  eine  oberflächliche,  empirische  sein. 
vir  mOssen  uns  im  gegenteU  wundem,  dasz  Aischylos  zu  solcher 
^sBBtiiii  und  einsieht  in  die  persischen  namen  gelangte,  dasz  wir 
Bit  im  hilfinnitteln  der  modernen  Sprachforschung  auf  grund  un- 
Mrer  kenntnia  der  alteranißchen  spräche  getrost  von  den  56  in  den 
TttHn'  als  persisch  angeführten  namen  41,  also  gerade  %,  als 
^  penisdi  and  relativ  sehr  gut  linguistisch  ins  griechische  über- 
^-nfsa  beliehnen  können,  da  verdeiäen  wir  es  dem  dichter  nicht, 
wcsa  er  unter  den  übrigen  einige  verdrehte,  aber  doch  persische, 
c^  andere  gar  nicht  persische,  von  ihm  aber  in  gutem  glauben  als 
poBseb  angeaefaene,  oder  endlich  einige  wenige  von  solcher  art  vor- 
Abi,  dasz  wir  ihr  persisches  urbild  nicht  entfernt  mehr  wiederher- 
itellcft  kfinnan,  da  sie  mit  griechischen  namenbildungen  zufällig  zu- 
■aBBMBstininien.  das  athenische  publicum  endlich,  um  auch  von 
dNMoi  za  reden,  wird  mit  dieser  linguistisch -onomatologischen 
^tong  seines  Veteranen  und  dichters  sehr  wol  zufrieden  gewesen 
«a  oad  kaom  darauf  geachtet  haben,  wenn  in  der  groszen  reihe  echt 
{i^rasch  Uiagender  namen  der  eine  oder  andere  abweichenden  klanges 
^*Mief,  und  selbst  wenn  die  lautliche  Übereinstimmung  einiger 
wtaiger  mit  einbeimischen,  griechischen  namen  von  aufmerksamen 
^<<>beehteni  aollte  bemerkt  worden  sein,  wird  man  daran  kaum  einen 
f»^  genommen,  sondern  sich  die  saehe  irgendwie  zurechtgelegt 
f*^  wenigstens  habe  ich  nirgends  eine  tadelnde  oder  überhaupt 
otfisiereBde  bemerkung  aus  dem  altertum  über  die  art,  wie  Aischylos 
^  ptnisehen  namen  seinem  stücke  einverleibt  hat,  gefunden. 


96  PhKeiper:  za  Aischyloe  Persem. 

Nach  wiederholter  betrachtung  der  15  von  mir  ausgeschiedenen 
namen  kann  ich  als  endresultat  folgendes  meinen  bemerkungen  in 
der  abh.  nachtragen.  M^)Liq)ic  und  ¥d|üi)Liic  setzen  uns  als  gel&ufige 
ägyptische  namen  einigermaszen  in  erstaunen,  allein  zur  zeit  des 
Aischjlos  standen  die  Griechen  noch  nicht  in  so  regem  verkehr  mit 
Aegypten  wie  später;  daher  darf  uns  bei  Aischylos  ein  solcher  irr- 
tum,  der  bei  Herodot  geradezu  undenkbar  ist,  nicht  zu  sehr  befrem- 
den.* stark  umgeformt,  da  sie  mit  griechischen  nahezu  zusammen- 
fallen, müssen  folgende  namen  sein:  AiXatoc,  MdraXXoc  bzw.  fAi- 
TaXXoc,  TTcXdtuJV,  TöXjiioc  und  EdvOic.  sehr  verdreht,  wenn  auch 
etwas  weniger  gräcisiert,  erscheinen  'A|Liq)tCTp€uc  und  'ApKTCuc  da- 
gegen 9dpußic  nehme  ich  jetzt  entschieden  für  den  persischen  namen- 
schatz  in  anspruch,  da  sich  im  buch  Esther  c.  1  nach  der  griechischen 
Version  der  LXX  der  augenscheinlich  nahe  verwandte  name  Bapaßä 
(var.  Oapcßuia,  Capeßiua),  von  einem  persischen  vornehmen  findet. 
auch  CeudXxric  und  Tevdruiv  scheinen  unter  der  griechischen  hülle 
einen  persischen  kern  zu  verbergen,  erstem  stelle  ich  nach  dem 
zweiten  bestandteile  mit  CirdXKiic ',  namen  eines  Thrakers  bei  Xeno- 
phon,  zusammen,  wie  man  denn  schon  öfker  versucht  hat  thrakische 
namen  aus  den  eranischen  idiomen  zu  erklären,  den  zweiten  ändere 
ich  am  liebsten  in  TavdTU)V,  wofür  TevdTUiv  die  schlechtere  aus- 
spräche ist,  und  deute  ihn  dann  aus  dem  altpersischen  in  der  s.  281 
angegebenen  weise,  so  bleibt  nur  noch  v.  982  ''AXTriCTOC  übrig,  für 
den  ich  s.  23d  weder  griechischen  noch  eranischen  Ursprung  wahr- 
scheinlich machen  konnte,  ich  ergriff  dann  den  ausweg  in  ^AXinaov 
gar  keinen  namen,  sondern  nur  das  product  einer  texteacormptel  zu 
sehen,  etwa  aus  iraibairicTÖv  entstanden,  wie  in  den  add.  s.  470 
nachgetragen  ist.  Wecklein  ist  gleicher  ansieht,  dass  nach  982.  eine 
Ittcke  anzunehmen  sei ,  und  teilt  mit  dasz  er  'sich  schon  längst  die 
änderung  Baravilixou  na^b'  dXTrviCTOV  an  den  rand  notiert 
habe  mit  der  annaJime,  dasz  der  name  von  dem  allerliebsten 
söhne  des  Batanochos  in  der  lücke  ausgefallen  sei',  ich  finde  W.s 
Vermutung  so  schOn,  dasz  ich  ihr  gern  den  Vorzug  vor  der  meinigen, 
'die  W.  übersehen  zu  haben  scheint,  einräume,  und  würde  sofort  be- 
reit sein  dXTrviCTOV  für  eine  in  der  that  preiswürdige  emendation  zu 
erklären,  wenn  ich  zur  Unterstützung  des  wertes  auszer  Find.  Isthm. 
4, 14  noch  mehr  belegstellen,  am  liebsten  aus  Sophokles  oder  Aischj- 
los selbst,  beibringen  könnte. 

*  vielmehr  scheint  es  als  habe  Aisch.  mit  beiden  namen  ägyptische 
mitstreiter  im  beere  des  Xerzet  bezeichnen  wollen,  dann  aber  mast« 
er  sie  an  der  richttg^en  stelle  nennen,  nemlich  v.  33 — 40,  wo  wir  umge- 
kehrt in  ebenso  Beltsamer  weise  drei  unzweifelhaft  persische  namen 
vorfinden.  *  vgl.  Pape- Benseier  ffr.  eigennamen  über  die  personen 

dieses  namens,  aar  etymologie  von  GräXinic,  wozu  ich  andi  'AXK-cuvac 
Xen.  Kyrup.  V  3,  42,  anfUhrer  der  Kadusier,  stelle.  Tgl.  P.  de  Lagarde 
armenische  Stadien  (Qöttingen  1877)  zu  nr.  713. 

LUDWIOSHAFEN  AM  BheIN.  PhILIPP  EeIPER. 


AHiig:  zu  XenophoDB  anabadB  [codex  C].  97 

17. 

ZU  XENOPHONS  ANABASIS. 


In  der  revne  ciitiqne  Jahrgang  1878  nr.  51  hatte  hr.  Charles 
GtMX  die  freandlidikeit  meine  beiden  abhandlungen  ^Aeneas  von 
Stymplialoe'  (1877)  und  ^commentatio  de  Xenophontis  anabaseoB 
codioe  C  Pariaino'  [vgl.  jahrb.  1878  s.  597  ff.]  anzuzeigen,  während 
ich  mich  in  besag  auf  die  erstere  abhandlung  über  Aeneas  der  voll- 
jUadigen  zostinunang  des  trefflichen  französischen  gelehrten  zu  er- 
freacB  habe,  ist  in  bezng  auf  die  zweite  über  die  von  mir  im  cod. 
Pkr.  1640  gefundenen  lesarten  von  erster  band  das  endorteil  ein 
«twas  geteiltes,  hr.  Qranx  schlieszt  mit  den  werten:  ^in  somma, 
veno  in  diesem  beitrag  zu  der  kritik  der  anabasis  nicht  alles  von 
gleichem  werte  ist,  so  gibt  es  doch  darin  treffliches,  was  in  alle  aus- 
gaben flbei^hen  wird.'  zur  Vermeidung  von  misverstfindnissen,  die 
diese  werte  erwecken  könnten,  seien  mir  ein  paar  ergänzende  und 
beridt^nde  bemerknngen  gestattet,  die  auch  mein  hr.  recensent 
fnoidlieh  aufnehmen  möge. 

Zanichst  bemerkt  hr.  Qraux  ganz  richtig,  dasz  in  den  von  mir 
tinngeHigten  facsimiles  der  contrast  zwischen  der  ersten  und  der 
zweiten  band  einigermaszen  gesteigert  ist«  ich  habe  das  selbst  s.  11 
B.  ibh.  hinlänglich  angedeutet,  wenn  ich  sage:  'quod  in  Universum 
qnidem  in  codioe  ipso  ita  est,  quanquam  concedendum  interdum 
«tiiB  Bon  ex  nuuore  vel  minore  ductuum  crassitudine  vel  atramenti 
divenc  eolore  aed  ex  aliis  indiciis  mannum  diversitates  me  cogno- 
f  ine.*  da  photographieren  unmöglich  war  und  den  verlangten  dienst 
■idht  geleifltet  hätte,  so  blieb  mir  kein  anderes  verfiahren  übrig  als 
^  zflge  so  genau  wie  möglich  abzuzeichnen  und  die  gewöhnlichen 
satendüedei  durch  welche  die  zweite  band  von  der  ersten  sich  ab- 
Mi,  nemhcli  die  grössere  dicke  und  dunklere  tinte  (von  denen  zu- 
«eflen  nur  der  eine  bemerkbar  ist)  durch  das  gemeinsame  merkmal 
teikleter  nnd  zugleich  dickerer  züge  zu  bezeichnen,  und  auch  da 
vo  andere  mutencheidnngszeichen,  zb.  starke  rasur,  künstlich  her- 
▼«^bnielita  Unebenheit  des  pergaments  usw.  auf  correctur  weisen, 
äisMs  selbe  merkmal  eintreten  zu  lassen,  diese  etwelche  Steigerung 
te  wirklichen  eindruckes  für  das  blosze  äuge  (^contraste  exag6r^  4 
^essein*  wie  hr.  Ghranx  sich  ausdrückt)  war  aber  um  so  berechtigter 
sad  durch  die  proportion  gebotener,  weil  ich  auch  diejenigen  züge 
enter  band  anfiiehmen  wollte  und  muste,  die  ich  wenigstens  in  der 
b.  Mlbet  nur  mit  der  loupe  sehen  konnte,  ich  wäre  hm.  Graux  sehr 
^•akbar,  wenn  er  mir  einen  andern  noch  einfachem  weg  zu  dem  be- 
*ulcB  tweck  angäbe;  den  ersten  gedanken,  die  zweite  band  durch 
«ae  andere  färbe  zu  geben,  gab  ich  bald  auf,  da  hierdurch  der  wirk- 
bebe eindraek  viel  mehr  alteriert  worden  wäre  als  durch  das  von 
Kir  eingesdilagene  verfahren,  ich  gab  mir  alle  mühe  diese  verschie- 
tebeit  so  gering  als  möglich  zu  machen,  und  wer  auszerdem. die 

iifeiUekcr  (%r  cIms.  philol.  1870  hft.S.  7 


98  AHog:  zu  Xenophons  aaabaiü  [code  xC]. 

Schwierigkeit  erwttgt,  einen  lithographen,  der  von  der  saohe  selbst 
nichts  versteht,  so  zu  instruieren  und  zu  corrigieren,  dasz  so  wenige 
fehler  wie  möglich  übrig  bleiben  (einige  derselben  habe  ich  im  texte 
gelegentlich  erwähnt),  wird  mit  einiger  nachsieht  den  so  viel  ich 
weisz  zom  ersten  male  gemachten  versuch  dieser  art  beurteilen  und 
meiner  Versicherung  glauben  schenken,  dasz  der  totaleindruck  im 
wesentlichen  und  auch  die  wirklich  wichtigen  einzelnen  zUge,  die 
erwähnten  verstOsze  abgerechnet,  getreu  gegeben  sind,  doch  das 
wird  im  gründe  auch  von  hm.  Graux  nicht  bestritten. 

Ich  hegte  die  ho&ung,  es  würde  eine  anzeige  meiner  schrift 
von  Seiten  eines  gelehrten,  der  wie  hr.  Oraux  zugleich  kenner  der 
paläographie  und  zudem  in  der  läge  sein*  würde ,  den  codex  selbst 
zur  vergleichung  hersnzuziehen ,  die  drei  fragen  genau  unterschei- 
den :  1)  die  paläographische  frage ,  ob  das ,  was  ich  als  im  codex  ge- 
sehen angebe,  wirklich  darin  zu  finden  sei,  2)  ob  ich  die  trümmer 
von  Qpr.  richtig  durch  conjectur  ergänzt  hätte,  und  3)  ob  die  so  ge- 
fundene lesart  von  Opr.  der  durch  C|  repräsentierten  vulgata  vorzu- 
ziehen sei.  leider  ist  diese  erwartung  nicht  ganz  in  erfüllung  ge- 
gangen, so  dasz  ich  in  mehreren  fällen  der  ablehnung  oder  wenig- 
stens bezweiflung  meiner  lesart  nicht  genau  weisz,  von  welchem  die* 
ser  drei  standpuncte  aus  diese  ablehnung  geschehen  ist;  auch  wurde 
die  von  mir  genau  innegehaltene  Unterscheidung  dessen  was  ich  zn 
sehen  glaubte  und  dessen  was  ich  zur  ergänzung  conjicierte, 
von  dem  rec.  nicht  immer  beobachtet 

unbedingt  werden  von  hm.  Graux  anerkannt  n.  2  äpEcuvTO 
I  3,  1  (zweite  band  «s  C|  JipEaro),  n.  3  aöpiov  II  2,  1  (C|  auTÖc), 
n.  6  cTpoToii^bou  lY  4,  17  (C,  CTpaTeü|AaTOc),  n.  \f  div  npocboKCi 

III  2,  34  (eine  lesart  von  Opr.,  die  ich  übrigens  als  schon  von  Dübner 
gesehen,  aber  nicht  von  ihm  aufgenommen  bezeichnet  habe)  (C|  tbv 
iTpocboKäv  boKcT  MOi),  n.  10  bii&iKOVTec  kqi  bdKVOUCi  III  2,  35  (C| 
buiiKoud  T€  Kai  bdKvouci),  n.  20  cO  t(£iv  ifiubv  1 7,  4  ((7,  ctLiröXfiujv), 
wozu  wir  noch  rechnen  kOnnen  n.  4  dTToXii<p6€iiicav  IV  3,  21  (C| 
dTTOKXeicOeincav :  'il  paralt  assez  probable')  und  n.  11  dv^nvcucav 

IV  3,  1  ((7|  dv€iraucavTO :  'il  est  tout  4  fait  plausible')*  endlich 
wird  auch  von  hm.  Graux  gebilligt  in  n.  21  KoXuic  öirdpx€iv  I  9,  17 
(C|  kqXuIic  ir€iOapx€iv),  wobei  übrigens  un  von  mir  blosz  conji- 
eiert  wird,  und  vom  paläographischen  standpunct  aus,  abgesehen 
vom  räume  der  dafür  passt,  ebenso  gut  der  ausdruck  'pure  fantaisie' 
gebraucht  werden  konnte,  wie  es  anderwärts  von  hm«  Graux  geschah. 

Zu  den  von  hm.  Graux  paläographisch  anerkannten  les- 
arten  darf  ich  wol  auch  n.  1  rechnen,  oOtoI  HI  2,  11  (C|  aÖTOic): 
'aÖToTc  est  en  effet  une  correction.'  wenn  derselbe  hinzufügt,  es 
sei  zweifelhaft,  ob  nicht  die  erste  band  selbst  so  conigiert  habe,  so 
scheint  mir  diese  bemerkung  eher  davon  herzurühren ,  daaz  ihm  die 
lesart  selbst  nicht  recht  gefiJlen  will,  er  sie  also  vom  oben  genann« 
ten  dritten  standpunct  aus  verwerfen  möchte,  für  die  von  mir  hier 
für.  aÖTol  angenommene  bedeutung  aua  spante  oder  ^övot  verweise 


AHiig:  sa  Xenophoiu  anabasift  [codex  O], 

kh  anszer  den  im  text  angeführten  stellen  jetzt  nachdrücklich  auch 
auf  die  von  mir  adoptierte  lesart  der  bessern  hss.  in  VI  2, 1 1  £Uo2v 
cui^povoicv ,  atjTol  cucrdvTCc  Ka\  cTpoTfiToOc  ^Xöfüievoi  dauTwv 
XII16'  tououc  fiv  Tf|v  TTOpeiav  itoioivto.  ebenso  anerkennt  hr. 
Gnnx  anch  n.  8  dvTTfrwviZovTO  IV  7, 12  (C|  buiTiwviZovTo)  als  die 
leiirt  Ton  Qtt.,  glaubt  aber,  biT)TUiviZovTO  sei  vorzuziehen,  vermut- 
lich wegen  der  congruenz  mit  dem  vorhergehenden  dvrenoioOvTO 
dpcTfic  fflr  nns  ist  einzig  die  autoritftt  ftLr  Cpr.  entscheidend,  da 
dae  solche  congmenz  gleich  anlautender  wOrter  bei  Xenophon  nichts 
•nf  sieh  hat. 

Schwerer  wird  es  mir,  das  urteil  meines  rec.  an  folgenden  stellen 
la  verstehen,  zn  n.  21  anfang  (I  9,  16),  wo  ich  TrXouciurr^pwc  2[f)v 
«ouiv  als  die  leeart  von  Cpr.  aufnehme  (C7|  itXouciu)t^POUC  iroieiv), 
bemerkt  er,  es  sei  zwar  räum  da  um  lf\v  zu  placieren,  'mais  je  ne 
disüngue  pas  la  moindre  trace  d'aucune  lettre  de  ce  mot'.  aber  ich 
kabe  weder  im  text  noch  im  £EU»imile  irgend  wie  eine  solche  spur 
aagedeutet;  wol  aber  bemerkte  ich  dasz  ich  mit  und  ohne  loupe  ur- 
qvrünglicfae«  irXouciurr^pui  sehe,  indem  C7|  von  dem  ursprünglichen 
Ol  den  zweiten  ring  auskratzte,  um  den  ersten  als  0  stehen  zu  lassen ; 
Ton  dem  zweiten  sind  aber  noch  spuren  übrig,  waa  hr.  Qraux  über- 
ttken  hat;  dasz  der  lithogrmph  diese  spuren  etwas  zu  stark  gemacht 
hat,  habe  ich  im  texte  bedauert,  sodann  ist  zu  bemerken  dasz  die 
lanr  sich  weit  oben  nach  rechts  bis  senkrecht  über  das  folgende  ix 
bhianairiffht,  was  inmier  mit  Sicherheit  auf  einen  wegradierten  accent 
idküeBzen  iBszt:  folglich  musz  noch  ein  selbständiges  kurzes  wort 
xvischen  irXouourr^ui  und  iroieiv  gestanden  haben«  palttographisch 
itafat  demnach  fest  TrXouciurr^pui  ..."  iroieTv  oder  irXouciuiT^pui 
. .  •  r  iroteiv.  daraus  habe  ich  nun,  wie  mir  scheint  mit  ziemlicher 
nehcrheit,  xonud  da  ich  fthnliche  beispiele  aus  Xenophon  beibrachte, 
vXouaunipuic  lr\y  irotetv  durch  coxgectur  ergänzt,  und  hr.  Graux 
hat  vom  standpnncte  des  textkritikers  aus  keine  gegenbemerkun- 
gea  gemacht  f  Breitenbach  dieselbe  angenommen,  in  n.  5  (IV  5,  4) 
•ih  ich  ganz  deutlich  wenigstens  V€i .  ai  (der  oircnmflex  scheint  noch 
tts  der  rasnr  heranszuragen).  das  v  ist  jetzt  die  hälfte  des  neuen 
f{  von  XfiSm.  hr.  Oraux  sagt  kurzweg:  'il  ne  semble  pas  qu'il  y  ait 
ea  ü-deesoQs  dv€ivai.'  dabei  vermisse  ich  eine  bestimmte 
über  das  auch  dem  blossen  äuge  vollkommen  sichtbare  stück 
nriaehen  dem  neuen  r|  und  £,  was  ich  ab  das  zeichen  für  €i;  das 
aar  oben  etwas  wegradiert  ist,  ansehen  musz.  n.  17  ^vckcv  ciivAOoi 
IV  7, 20  ((7|  {vaca  £X6oi)  sei  zwar,  sagt  hr.  Oraux,  nicht  unmöglich : 
'asis  n'est  ponr  nons  que  simplement  coxgecturaL'  auch  für  mich; 
^«as  anderes  habe  ich  weder  im  facsimile  noch  im  text  behauptet. 
Aber  ich  bin  dnrch  berechnung  der  raumverhftltnisse  und  durch  die 
«ahmehmnng,  dasz  ursprünglich  ^X6oi,  also  ein  compositum  stand, 
■ii  einer  gewissen  notwendigkeit  zu  dieser  conjectur  gekommen: 
^sia  wddie  andere  präposition,  mit  der  ^X6oi  zusammengesetzt  sein 
Uants,  hätte  sogleich  sinn  und  räum  in  der  runden,  bogenförmigen 


100  AHug:  zu  Xenophons  anabasifl  [codex  C7]. 

rasur  die  durch  die  jetzige  ligatur  von  €Ka  ausgefüllt  ist?  hier  ist 
nun  freilich  des  kritischen  bedenkens  Breitenbachs  erwähnung  zn 
thun ,  welches  nach  seiner  ansieht  gegen  die  aufnähme  dieser  lesart 
sprechen  soll,  er  glaubt  nemlich ,  cuvdpx6c6ai  könne  nicht  in  dem 
von  mir  statuierten  sinne  'mitgehen ,  mitziehen'  gebraucht  werden, 
ich  hoffe  dasz  folgendes  beispiel  jeden  zweifei  dieser  art heben  wird: 
Strabon  X  462  enthält  (ausEphoros)  folgenden  satz:  'AXxii^uiva  Tdp 
TÖv  'A^cpidtpcui  CTpareücavTa  juera  Aio^rjbouc  kqI  tuiv  dXXuiv  *€iii- 
t6vu)v  Kai  KaTopOuucavTa t6v  Trp6c  Onßaiouc ttöXciliov  cuveXOeiv 
AtojLiiib€i  Kai  Ti)iU)pf)cacOai  füter*  auToO  touc  Oivdujc  ^x^pouc, 
wo  cuveXOcTv  A.  nicht  heiszen  kann,  Alkmeon  sei  mit  Diomedes  zu- 
sammengekommen,  da  er  ja  schon  vorher  bei  ihm  war,  sondern 
mitgekommen  oder  mitgezogen.  vgL  dasselbe  citat  VII  325. 
'de  la  fantaisie  toute  pure'  sind  hm.  Oraux  folgende  beispiele:  1)  n.  18 
ÖTt  o\  'ApiaCou  m  2,  17.  dieser  ausdruck  bedeutet,  wenn  ich  ihn 
recht  verstehe,  so  viel  wie  der  vorige:  'simplement  conjectural'. 
meine  paläographischen  angaben  sind  davon  nicht  sehr  verschieden, 
ich  glaubte  nur  links  unten  von  dem  neuen  compendium  von  ei  einen 
ausradierten  ring  dh.  ein  o  zu  sehen,  und  oben  die  spuren  einer  Ver- 
bindung von  Spiritus  asper  und  acut;  sodann  einen  strich  in  der 
mitte  der  rasur,  der  entweder  acut  oder  Spiritus  lenis  sein  könne; 
also  ö  ...'...  .  oder  S  ...'...  .  das  übrige  ist  reine  ooiyectar, 
wobei  aber  ausdrücklich  hervorgehoben  wurde,  dasz  der  name  Köpoc 
weder  einfach  noch  in  ableitung  dastehen  konnte,  sonst  hAtte  der 
corrector  nach  seiner  weise  wenigstens  Kup  beibehalten,  welche 
andere  ergftnzung  ist  nun  möglich?  es  thut  mir  leid  dasz  hier  hr. 
Graux,  wie  er  uns  sagt>  die  'raisons  de  sens'  nicht  geprüft  hat:  dasz 
diese  wirklich  für  diese/fantaisie  toute  pure'  dh.  conjectur  sprechen, 
davon  mag  ihn  die  zustinmiung  Breitenbachs  überzeugeit.  2)  n.  19 
X66pa  II  6,  28.  hier  behauptete  ich  blosz  den  untern  teil  eines  6  in 
dem  u  des  neuen  cuv  zu  sehen  und  ausserdem  einen  schiefen  geraden 
strich  in  dem  c,  den  ich  nicht  anders  als  X  deuten  könne,  möge  nun 
ein  anderer  besser  ergänzen.  3)  n.  22  vCv  olba  115, 13  lautet  meine 
paläographische  angäbe  blosz:  .../...  dieses  (in  der  hs.  einheit- 
liche) zeichen  für  die  Verbindung  von  Spiritus  lenis  und  circumflex 
sah  ich  blosz  mit  der  loupe,  rechts  anstoszend  an  die  acutverlänge* 
rung  des  U);  ausdrücklich  sprach  ich  im  text  das  bedauern  aus,  dasz 
der  lithograph  das  zeichen  zu  stark  gegeben  hat.  freund  Thomann 
sah  dieses  zeichen  mit  bloszem  äuge,  wenn  ich  vöv  olba  daraus  con- 
jicierte,  so  möge  man  diese  conjectur,  die  auf  den  sinn  und  die  räum- 
Verhältnisse  zugleich  basiert  ist,  mit  einer  bessern  bekämpfen. 

Wirklich  bestritten  werden  von  hm.  Oraux  auch  die  zu- 
letzt genannten  lesarten  nicht,  wol  aber  folgende:  1)  n.  7  KaTaqppo- 
vrjcac  III 1,  27.  hier  kann  ich  es  eher  begreifen,  dasz  mir  von  Seiten 
des  hm.  Graux,  der  den  codex  nicht  unter  allen  möglichen  beleuch- 
tungen  wie  ich  geprüft  hat,  Widerspruch  entgegentritt,  das  perga- 
ment  ist  hier  sehr  rauh  und  setzte  den  rasuren  starken  widerstand  ent- 


AHog:  zu  Xenophons  anabasis  [codex  C].  101 

gegen,  80  dasi  dieselben  unregelmäszig  geriethen  und  über  die  grenze 
lies  bembeichtigien  umfangs  hinauskamen:  es  sind  förmlich  einge- 
kntite  furchen  aus  der  rasur  entstanden«  auch  ich  glaubte  wie  hr. 
Graux  Ifingere  zeit,  dasz  auch  das  a  neu  sei:  ich  erkläre  mir  das  aber 
80,  dasz  es  yon  der  rasur  gegen  den  willen  des  correctors  angegriffen 
war  and  daher  mit  neuer  tinte  ersetzt  werden  muste.  in  Überein- 
stimmimg miiDttbner,  der  M€t'  äq>povt^cac  herausfand,  erkannte 
ich  in  dem  einschnitt  oben,  der  von  links  nach  rechts  aufwfirts  geht, 
die  imsor  des  obem  Striches  eines  T,  die  aber  auch  über  das  ziel 
hinaosgieng  und  dadurch  den  schein  erweckte,  als  ob  Über  dem  a 
ebealalls  etwas  radiert  sei.  diese  erscheinung  wird  es  sein,  die  hm. 
Graox  zu  der  conjectur  Tr€pt9povV|cac,  die  er  der  meinigen  gegen- 
ftberstellt,  gebracht  hat;  die  rasur  unten  scheint  aber  keinen  räum 
ftr  den  fbogen  des  p  zu  haben,  zugegeben  nun  aber,  was  nicht  zu- 
zugeben ist,  dasz  KaTaq>povr)cac  und  7rcpt'q>povricac  paläographisch 
gifoeh  viel  Anspruch  haben,  so  wird,  meine  ich,  der  Sprachgebrauch 
des  Xeaophoa  für  das  von  mir  angenommene  KaTaq)povrjcac  Spre- 
gal: ir€pi<ppov€iv  findet  sich  bei  Xenophon  gar  nicht,  bei  den  Atti- 
kern  der  frühem  zeit  blosz  Thuk.  I  25.  2)  'plus  que  douteux'  n.  16 
oOc  cfipiCKOV  n  3,  10  (C|  0^  f^cav).  meine  palftographische  angäbe 
laatet  darüber:  ein  bogen  der  auf  u  oder  eu  hindeutet,  am  schlusz 
ein  V,  naeh  dem  u  oder  €u  zeichen  die  pi  bedeuten  können,  sodann 
am  anluig  eine  senkrecht  hoch  hinaufgehende  rasur,  welche  das  com- 
pendiom  für  o6c  enthalten  haben  kann,  ich  gebe  zu  bei  dieser  stelle 
am  meisten  geschwankt  zu  haben:  sie  ist  die  unsicherste  von  allen; 
aber  auch  hr.  Graux  bezeichnet  die  Vermutung  nicht  als  unmöglich. 
Anders  verhfllt  es  sich  mit  weiteren  vier  stellen ,  die  besonders 
iateneeant  und  nach  meiner  (imd  anderer)  ansieht  sicher  sind,  und 
bd  denen  ich  besonders  bedaure  die  von  hm.  Oraux  ausgesproche- 
sen  zwttfel  nicht  irgendwie  begründet  zu  sehen.  1)  n.  14  )iVT)Metov 
m  2,  13  (C|  fiapTupiov)  von  hm.  Graux  einfach  als  unmöglich  be- 
leidinei,  ohne  dasz  er  uns  irgendwie  sagte,  er  habe  das  nicht  ge- 
aahen,  was  ich  als  gesehen  angebe,  nemlich  füiv  •  •  •  wOV.  das  noch 
deatliche  v  hart  am  neuen  a,  die  alte  endung  ov  und  der  von  mir  als 
kjrphen  erkannte  bogen  unter  der  zeile  weisen  mit  notwendigkeit  auf 
ein  mit  dem  stamme  ^va  zusammenhangendes,  auf  ov  endigendes 
nhttaativ  hin ,  das  eher  kürzer  war  als  das  mit  groszen  buchstaben 
darüber  gesetzte  papTtipiov:  denn  sonst  hätte  das  hyphen  keinen 
über  das  Vorhandensein  und  die  deutung  des  fraglichen  bogens 
6er  zeile,  der  dem  blossen  äuge  schon  sichtbar  ist, 
ipriebl  sich  hr.  Graux  wieder  gar  nicht  aus.  2)  n.  12  iO^Xovrcc 
AtoBoIIV  6,  19  ((7|  idcXouciot)  bezeichnet  hr.  Graux  als  'absolu- 
BCBi  doaieiiz'.  so  lange  er  aber  nicht  bestimmt  in  abrede  stellt, 
^au  tMi  •  •  •  und  T  •  •  ot  noch  heute  sichtbar  seien  (vom  t  mit 
Moncm  ange  nur  der  obere  strich,  mit  der  loupe  das  ganze)  und 
^1  ferner,  zwar  nicht  durch  tinte,  wol  aber  durch  die  zerkratzung 
^  pergamentea  ein  bogenförmiger  buchstab  zwischen  f  und  oi 


102  AHog:  zu  Xeoophons  anabasiB  [codex  C]. 

sieb  verrathe ,  der  6  oder  aO  sein  kann ,  so  lange  kann  ich  auch  den 
widersprach  des  hm.  Graux  nicht  als  begründet  ansehen,  die  et- 
welche raumschwierigkeit  ist  gehoben  durch  die  anwendang  der  in 
diesem  codex  beliebten  abkttrzung  fQr  €C  oder  t€C.  ist  aber  iQ£k . . . 
T .  o\  palftographisch  sicher,  tBi\  ....  t^^Ooi  paläographisch  wahr- 
scheinlich, so  ist  es  aufgäbe  des  kritikers  mir  nachzuweisen,  auf 
welche  andere  art  diese  trümmer  ergänzt  werden  können ,  als  ich  es 
that.  3)  n.  15  dcä9€ia  IQ  1,  21  (Cj  ÖTTOipCa)  wird  ron  hm.  Qranx 
nicht  bestimmt  bestritten,  er  anerkennt  vom  kritischen  standponct 
aus  die  gdte  der  lesart;  als  paläograph  bezweifelt  er,  ob  q>  und  €i  so 
nahe  an  einander  stehen  konnte;  dasz  aber  in  einer  so  unregelmftszig 
geschriebenen  hs.  buchstaben  gelegentlich  etwas  nfther  an  einander 
rUcken  als  anderwfirts,  ist  doc^  wol  nichts  auffallendes;  und  hier 
haben  wir  es  mit  einer  thatsache  zu  thun.  glücklicherweise  hilft  hi^ 
mehr  als  anderwärts  die  färbe  der  tinte  zur  Unterscheidung  der  hftnde 
bedeutend  mit.  unter  dem  i  aber  des  neuen  UTroipia  sind  mit  der 
loupe  deutlich  erkennbare  spuren  eines  mit  blasser  tinte  geschriebe- 
nen compendiums  von  ei  zu  sehen;  ebenso  ist  in  dem  nenen  ifi  der 
lange  strich,  der  von  oben  nach  unten  geht,  blasz,  der  querbogen  nea 
und  Ton  schwärzerer  tinte :  was  mit  den  rasuren  namentlidi  links 
von  dem  langstrich  unbedingt  auf  q>,  also  im  ganzen  auf  <p€ia  führt; 
kommt  nun  noch  durch  das  neue  o  eine  schiefe  linie,  die  nach  rechts 
oben  darüber  hinausftLhrt,  so  bleibt  nur  iiq>€ia  oder  dq>€ia  übrig  als 
paläographisch  feststehend,  die  beiden  anderen  buchstaben  durch 
coi^jectur  zu  ergänzen  zu  dem  dem  räume  und  dem  sinne  nach 
passenden  dcäqpcia  konnte  keine  schwere  aufgäbe  mehr  sein.  4)  zu 
meinem  groszen  bedauern  ist  hr.  Oraux  über  die  charakteristischste 
und  interessanteste  stelle  mit  einer  leichtigkeit  hinweg  gegangen, 
gegen  die  ich  ein  Wendungen  erheben  musz:  n.  13  Zeuc  tk  ßpovr^ 
KttT^TrXn^e  III  4, 12  (Cj  Zeüc  b*  dpßpovTiiTOUC  iroieT).  darüber  be- 
merkt hr.  Oraux  blosz:  'M.  Hug  d6termine  fort  bien  les  limites  da 
grattage,  mais  qui  saurait  dire  ayeo  quelque  assurance  ce  qni  se 
trouvait  14  d'abord?'  dasz  damit  nichts  gesagt  ist,  wird  wol  hr. 
Graux  zugeben,  anlangend  zunächst  die  grenzen  der  rasur,  die  hier 
wie  anderwärts  allerdings  eine  sehr  grosze  rolle  spielen ,  so  ist,  wie 
ich  aus  dem  texte  leider  jetzt  zu  wiederholen  genötigt  bin ,  daraus 
schon  ein  bestimmtes  resultat  zu  gewinnen:  da  der  accent  des  jetzi- 
gen djißpovTiiTOUC  neu  ist  und  derselbe  auf  rasur  steht,  so  folgt  dar- 
aus, dasz  ein  anderer  accent  daselbst  wegradiert  wurde,  dasz  also 
entweder  ßpovrf)  oder  ßpovrfi  (dh.  datiy)  dagestanden  hat.  daraus 
ergibt  sich,  da  ßpovTf|  als  nominatiy  unmöglich,  der  datiy  also  her- 
zustellen  ist,  weiter,  dasz  ein  yerbum,  in  dessen  mitte  ein  n  stand, 
welches  yom  corrector  aus  der  lesart  Cpr,  unversehrt  belassen  wurde, 
zu  eruieren  ist.  es  handelt  sich  aber  sodann  nicht  blosz  um  die  'limi- 
tes du  grattage':  ich  habe  noch  weitere  drei  paläographische  that- 
Sachen  angeführt:  1)  die  spuren  eines  t  über  dem  u  in  dem  neuen 
TOUC,  die  ich  zuerst  mit  der  loupe,  dann  aber  auch  mit  dem  blossen 


AHog:  SQ  Xenopboni  anabasis  [codex  C],  103 

aoge  sab ;  2)  neben  dem  alten  ir,  das  der  correcior  stehen  liesz,  weil 
er  es  flir  sein  iroici  verwenden  konnte ,  den  zweiten  strich  eines  X 
liaks  onten  im  neaen  o,  so  dasz  er  sich  mit  dessen  rundang  fast  ver- 
sdifflols,  so  jedoch  dasz  er  aus  der  dadurch  entstandenen  eckigen 
form  Boeh  erkannt  wird  (leider  hat  mein  lithograph  diesen  strich  zu 
fehr  ins  innere  des  o  gerflckt) ;  3)  nicht  zwar  durch  tinte,  aber  durch 
einkratinng  im  peigament  sichtbar  zwischen  i  und  £i  in  dem  neuen 
iroici  eine  merkwflrdig  gewundene  linie,  die  auf  ein  E  hinweist,  pa- 
Uogr^hiscfa  ist  also  vollkommen  gesichert:  ßpoVT^  .  .  T  .  irX  .  E  . 
was  kann  dies  anders  sein  als  KOT^TrXriEe? 

Idi  bftite  mich  nicht  darüber  beklagt,  wenn  hr.  Orauz  sich  vor- 
genommen bfttte  in  seiner  anzeige  sich  rein  auf  den  palftographischen 
rtudpunct  zu  beschrftnken:  gerade  das,  dasz  er  das  nicht  that,  mochte 
dani  beitragen,  dasz  er  die  palftographische  aufgäbe  nicht  streng 
ToQsog.  wie  oft  hr.  Oranx  sich  den  codex  ansah ,  ob  mit  hilfe  einer 
»cbarfen  loape,  weiszich  nicht;  aber  ich  wundere  mich  darüber  nicht, 
d«8i  jemand ,  der  den  codex  nicht  so  oft  wie  ich ,  und  zwar  bei  den 
vcrsekiedeiiaten  belenchtongen  prüfte,  nicht  beim  ersten  blick  das- 
jeaige  sah,  was  ich  selbst  erst  nach  den  verschiedensten  versuchen 
xo  finden  vermochte,  wer  wollte  sich  zb.  zutrauen ,  um  kleines  mit 
grosserem  zn  Tergleichen ,  beim  Ambrosianus  des  Plautus  da^'enige 
int  sieherlieit  controlieren  zu  können,  was  ein  anderer  durch  lange 
brigcaetziea  mühsames  lesen  herausbrachte?  hr.  Oraux  ist  lojral 
gong  das  aoeh  anzuerkennen:  'naturellement  je  n*ai  pas  la  pr6ten- 
tioD,  en  pareil  caa,  d'affirmer  ce  ^ue  M»  Hug  et  ses  amis  se  sont  fait 
iHasioD',  aber  er  fttgt  hinzu:  'n^anmoins  les  lecteurs  trds-prudents 
de  Iteopbon  vondront  peutdtre  mettre  un  point  d'interrogation  ä 
e6U  de  eee  lectores  Hug'  (nemlich  dei^enigen  die  hr.  Oraux  nicht 
gesellen  hat),  ich  gestehe  dasz  dieser  *point  d'interrogation'  mit  be- 
nehnig  anf  meine  angaben  über  das  von  mir  gesehene  mich 
capfiadlieh  berührt;  ein  fragezeichen  mag  man  überall  da  setzen, 
«0  idi  die  ergSnznng  durch  conjectur  vomahmi  jede  bessere  wird  mir 
«ülkonimen  sein;  obschon  zu  bemerken  bleibt,  dasz  hr.  Oraux  nach 
dieser  nehtong  hin  anch  nicht  6inen  andern  Vorschlag  gemacht  hat 
■it  aosBabme  des  von  ihm  selbst  nur  frageweise  vermuteten  Tr€pi- 
fpoW^coc.  damit  aber  der  'point  d'interrogation',  den  hr.  Oraux 
kier  binzofilgen  möchte,  nicht  (gegen  den  willen  desselben)  dazu  bei- 
trsge,  das  zutrauen  in  die  Zuverlässigkeit  meiner  palftographischen 
ttgabca  ZQ  erschüttern,  sehe  ich  mich  veranlaszt  hier  das  unter- 
K^iebcse  sengnis  deijenigen  freunde  mitzuteilen,  denen  ich  die 
vicktigBten  stellen  des  codex,  als  derselbe  in  meinem  hause  war,  zu 
wiederholten  malen  vorlegte:  ich  werde  mich  darin  auf  die  be- 

<tnttsBsien  stellen  beschrftnken. 

Die  aalenieiebn«ten  bezeugen  hiermit  dasz  A.  Haitf  als  er  den  codex 
l^^'iiiaas  1640  in  eciner  wohnnng  hatte,  ihnen  eamtlicbe  im  programm 
^^•adclte  etellen  vorlegte  and  sie  mehrere  mal«  ereachte  dieselben 
*it  itr  loepa  zu  prüfen,  insbesondere  bezengen  sie  dass  sie  n.  5  (lY 
^  4)  4ea  notem  teil  von  Q,  n.  12  (IV  6,  9)  iBik T  •  •  oi,   n.   14 


104  HHaupt:  zu  Paianios  und  Eutropins. 

(III  2,  18)  das  hyphen,  n.  16  (III  1,  21)  q>€l0,  n.  13  (III  4,  12)  T  .  trX  .  E . 
deutlich  gesehen  haben.  H.  Blüm  n  er.  H.  K  esse  Irin  g.  Th.  Hag. 
K.  Thomann. 

Der  unterzeichnete  bezeugt  anszerdem  speciell  in  n.  16  (II  8,  10) 
den  bogen,  den  Hng  für  den  teil  von  eu  ansiebt,  sowie  das  übrige  wa» 
daselbst  angegeben  ist,  ebenso  in  n.  22  (II  6,  13)  das  zeichen  für  die 
Verbindung  von  spiritus  lenis  und  circumflex  und  zwar  mit  bloszem 
äuge  gesehen  zu  haben,  wie  er  auch  das  meiste  übrige  ohne  die  hilfe 
der  lonpe  zn  sehen  vermochte.     K.  Thomann. 

Zürich.  Arnold  Hug. 


18. 

ZU  PAIANIOS  UND  EUTBOPIUS. 


Bei  Paianios  I  9  (8)  lautet  der  text  nach  der  Sylburgachen  aus- 
gäbe und  nach  codd.  Monacensis  und  Lanrentianua :  buo  bi  ^cav 
oGtoi  Kai  dtYicior  djcT€  k&v  ^Tcpov  qMiOXov  elvai,  KaroqieuTCiv  im 
TÖv  ^TCpov.  im  condidonalsatze  vermiszt  man  das  prädicat  und  den 
Artikel  vor  Srcpov;  ebenso  ist  xdv  bei  Paianios,  der  sonst  immer  ei 
gebraucht,  aufflKllig.  Sjlburg  bemerkt  zu  der  stelle:  'cum  cTvm 
subaudiendum  cufißairi^  ^vb^x^i'^o  vel  simile  quodpiam  verbum  fioi- 
tum.'  Planudes  (scriptorum  veterum  nova  coUectio  ed.  AMai  II 
8.  528) I  der,  wie  ich  an  einem  andern  orte  nachgewiesen  habe,  den 
Paianios  mehrfach  ausgeschrieben  hat,  liest:  &x\  buo  Kard  ttiv 
*Pui)litiv  7rpo€X€ipi2IovTO  uTraTor  die  €i  cufiißaiii  töv  ^Tcpov  qMzOXov 
elvai,  KaTaq)€ÜT€iv  ^n\  töv  Srepov.  das  richtige  wird  demnach  sein: 
bOo  bi  fjcav  oÖtoi  Kol  dri^cior  üjctc  kSv  <cicu|ißaiT|TÖv>  ?Tf- 
pov  cpaöXov  elvai  usw. 

ebd.  X  1  geben  die  hss.:  q>acl  yoOv  auTÖv  X^t^iv,  djc  dficivov 
napä  ToTc  ibiiuraic  toO  ßaciX^uic  eörropiov  clvai,  f{  jiiKpdi  nepi- 
K€KX€Tc6ai  x^piu'-  ▼or  toG  ßaciX^uic  ist  der  artikel  Tfjv  ansgefallen, 
den  wir  bei  dem  wörtlich  mit  Paianios  übereinslimmenden  Planudes 
(ao.  8.  567)  wiederfinden. 

Eutropius  IV  16  (7)  Quintus  quoque  Caepio  ad  idem  heüum 
missus  est,  quod  quidam  Viriatm  contra  Bamanos  in  LusUania  gere- 
h<xt,  so  hat  codex  Fuldensis ,  während  im  Monacensis  Cepio  erst  von 
zweiter  band  an  die  stelle  des  ursprünglichen  Scipio  gesetzt  ist  dasz 
wir  in  Scipio  die  richtige  lesart  zu  erkennen  haben,  beweist  einmal 
Paianios,  der  an  der  betreffenden  stelle  zweimal  CKr)Triiuv  schreibt, 
auszerdem  noch  die  zweite  auf  Capito  zurückzuführende  Eutropflber* 
Setzung  (Mai  ao.  s.  547,  Suidas  u.  BopiavGoc  und  u.  imßouXri, 
Gramer  anecd.  Par.  II  s.  11),  welche  consequent  Cktitt(u)V  statt  dea 
historisch  berechtigten  Kaiiriiuv  setzt,  das  von  den  hgg.  sehr  mit 
unrecht  corrigiert  worden  ist. 

Würzbüro.  Hbrman  Haupt. 


HXJhle:  za  Plotons  apologie  [c.  IS  b.  80*].  105 

19. 

ZU  PLATONS  APOLOGIE. 


In  der  alten  Streitfrage,  ob  in  der  bekannten  stelle  der  apologie 
f.  30*,  wo  Piaton  den  Sokrates  Athen  mit  einem  rosse  vergleichen  läszt, 
das  immer  durch  einen  ^uuiiti  erweckt  werden  müsse,  dieses  wort 
eineo  sporn  oder  eine  bremse  bedeute,  haben  sich  die  beiden  neue- 
ika  Interpreten,  Cron  in  der  7n  aufläge  und  Wohlrab  in  der  bearbei- 
tmg  der  StaUbaumechen  ausgäbe,  für  den  sporn  entschieden,  ich 
bin  der  gegenteiligen  ansieht  und  glaube  dieselbe  durch  hinweis  auf 
einige  bisher  wenig  oder  gar  nicht  beachtete  momente  zur  gewisheit 
criieben,  die  andere  erUftmng  aber  als  unhaltbar  erweisen  zu  können. 

Stellen  wir  uns  zunächst  einmal  das  bild  vor,  welches  bei  der 
aoffissung  des  ^uull|l  als  sporn  sich  ergibt. 

Wlihrend  frühere  erklärer  sich  dieses  bild  so  dachten ,  dasz  So- 
krates gleichsam  als  ein  reiter  das  träge  rosz,  das  athenische  volk, 
aasponie,  hat  Stallbaum  richtig  bemerkt,  dasz  dieser  vergleich  der 
Brbaoität  wie  der  ironie  des  Sokrates  wenig  entspreche,  und  dasz 
ioeh  die  ausdrücke  TTpoCK€tc6at,  -rrpocreOetK^vai  und  irpocKaOiZeiv 
Khledit  dazu  passen:  einwände  welche  Koenighoff  in  dem  programm 
Ttai  Mfinstereifel  1850  s.  22  f.  keineswegs  entkräftet  hat.  es  war 
dikcr  ein  fortsehritt,  dasz  Cron  diese  Vorstellung  verliesz  und,  wie 
a  iueh  nach  dem  sprachlichen  ausdmck  unserer  stelle ,  wegen  des 
u«6,  ridktiger  ist,  Sokrates  selbst  als  den  sporn  auffaszte.  denn  da 
Sokrates  sich  nur  als  Werkzeug  im  dienste  des  gottes  betrachtet, 
Bflite  man  bei  weiterer  Verfolgung  des  bildes  sich  den  gott  selbst 
als  den  reiter  denken,  dasz  aber  dies  wiederum  etwas  schiefes  hätte, 
•cbent  Cron  selbst  gefühlt  zu  haben  und  will  daher  dem  vergleich 
eifere  grenxen  gezogen  wissen,  'das  bild'  sagt  er  'erstreckt  sich 
aar  anf  die  vergleichung  der  stadt  mit  einem  rosse  das  des  spoms 
Wdszf  sur  erweckung.  diesen  beruf  eines  Weckers  verrichtet  Sokra- 
tes, wobei  der  gedanke  an  den  reiter  durchaus  fem  gehalten  werden 
■niaz.'  aber  ich  mOchte  fragen,  ob  man  denn  anders  kann  als  an 
eaen  veiter  denken,  wenn  von  pferd  und  sporn  die  rede  ist;  die 
inhaltong  dieses  gedankens  hat  entschieden  etwas  gewaltsames. 

Ferner  aber  soll  dieses  rosz ,  wenn  es  auch  seiner  grösze  wegen 

«twas  tiige  ist,  doch  ein  edles  thiersein,  iTTtroc  \xirfac  xal  T€vvaio  c : 

•ho  cm  edles  rosz  soll  unter  dem  reiter  — mag  uns  der  auch  nicht 

passen,  wir  kOnnen  ihn  für  den  sporn  nicht  entbehren  —  träge 

des  spoms  bedürfen;  ja  es  soll  sogar  geweckt  werden 

durch  den  sporn  (b€0|i^vqj  dteipccOai) ,  es  schläft  also  ein 

mcr  dem  reiter.  nun,  das  mag,  wenn  auch  mit  Übertreibung,  von 

abgetriebenen  miethgaul  gesagt  werden  können,  aber  nimmer- 

tst  das  ein  edles  rosz,  bei  dem  dieser  ausdmck  anwendbar 

vtce,  und  so  etwas  hätte  wol  weder  Sokrates  gesagt  noch  Platou 

te  sagen  lassen,  mGchten  sie  auch  gar  nichts  von  pferden  verstau-^ 


106  Hühle:  zu  Platons  apologie  [c.  18  b.  80*]. 

den  haben,  wollte  man  aber  betreffSs  des  einscblafens  einwenden^ 
ijeipew  *  wecken'  sei  hier  übertragen  gebraucht  wie  das  deatsche 
'ermuntern'  im  sinne  von  'antreiben',  so  wird  dies  durch  den  Sprach- 
gebrauch nirgends  bestätigt,  sondern  ^T^ipciv  heiszt  stets  nur  'aas 
dem  schlafe  wecken',  und  die  etwa  vorkommenden  bildlichen  an* 
Wendungen  des  Wortes  sind  ganz  anderer  art.  schon  diese  Schwie- 
rigkeit steht  dem  gleichnis  vom  sporn  entgegen. 

Sehen  wir  uns  aber  weiter  um  —  nicht  nach  zügen  die  in  das 
bild  passen:  deren  gibt  es  auszer  dem  fftlschlich  so  gedeuteten 
Kpouetv,  wovon  weiter  unten ^  in  Wahrheit  keine,  sondern  nach  an- 
stOszen  —  so  befremdet  uns  am  meisten  das  unbestimmte  pronomen 
bei  )iüuiiti :  t&iiö  jiuuiiTÖc  Tivoc  'von  einem  sporn',  wanim  nicht  Won 
dem  sporn',  wie  wir  uns  so  eben  selbst  ausgedrückt  haben,  and 
ebenso  Cron  in  den  oben  angeführten  werten?  es  handelt  sich  doch 
um  einen  bestimmten  sporn,  den  des  betreffenden  reiters,  und  mflste 
also  entschieden  heiszen  (mö  toö  fiiiuiiroc,  wie  bei  Xenophon  it.  iim. 
8,  5  steht  iraicdTUi  Ti!p  fiijumi.  denn  dasz  Tic  bedeuten  konnte  oX^er- 
vter^  der  rechte  oder  der  linke  sporn*,  das  wird  wol  niemand  der 
etwas  griechisch  versteht  behaupten,  abgesehen  davon  dasz  es  sach- 
lich unpassend  wftre.  einen  ausweg  sucht  hier  Cron  darin  dasz  lic« 
wie  lat.  quidam^  uneigentlichen  ausdrücken  beigefügt  werde,  aber 
ist  das  richtig:  'Softes  macht  der  stadt  zu  sohlten  wie  einem 
rosse,  das  durch  eine  art  sporn  oder  gewissermaszen  durch  einen 
sporn  ermuntert  werden  musz'?  nein,  die  ausdrücke  rosz  und  sporn 
sind  beide  ganz  eigentlich  gemeint;  das  uneigentliche,  der  vergleich, 
dh.  dasz  Athen  eigentlich  kein  rosz  und  Sokrates  eigentlich  kein 
sporn  ist,  das  ist  durch  die  vorgesetzte  vergleichungspartikel  t&CTTCp 
ausgedrückt,  die,  mathematisch  gesprochen,  wie  ein  minuszeichen 
vor  der  parenthese  steht ;  innerhalb  derselben  darf  dann  nicht  noch 
einmal  eins  stehen  in  gestalt  von  Tic,  ebenso  wenig  bei  ^i}uii|i  wie 
etwa  bei  Timoc. 

Dasz  übrigens  an  diesem  vergleiche,  wenn  Sokrates  sporn  oder 
reiter  sein  soll,  nichts  komisches  ist  (T€XoiÖT€pov  eiiteiv),  hat  schon 
Stallbaum  geltend  gemacht;  auch  Eoenighoff  und  Cron  haben,  wie 
es  scheint,  hierin  nichts  Ittoherliches  entdecken  können  und  versuchen 
deshalb  andere,  einander  sehr  Ähnliche  erkl&rungen,  die  ich  aber  nur, 
was  die  Cronsche  betrifft,  als  sprachlich  unzulftssig  —  denn  T^Xoioc 
heiszt  eben  'lächerlich'  und  nicht  'sonderbar',  was  doch  ein  bedeu- 
tender unterschied  ist  —  und  in  der  sache  bei  beiden  als  geschraubt 
ansehen  kann. 

Ganz  anders  passt  die  wie  eine  entschuldigung  eingeschaltete 
bemerkung  des  Sokrates  'wenn  es  auch  komisch  klingt'  auf  das  bild 
von  der  bremse,  wie  sich  bei  der  ausmalung  dieses  bildes  sogleich 
ergeben  wird,  hier  sind  wir  erstens  den  lüstigioi  gedanken  an  einen 
reiter  los.  unser  edles  rosz  liegt  da  in  behaglicher  ruhe,  die  man 
auch  etwa  trftgheit  nennen  kann,  vielleicht  auf  einer  grasreichen 
wiese,  wo  es  sich  gütlich  gethan  hat,  und  würde  jedenfalls  gemftch- 


Hühle:  za  PUtons  apologie  [c.  18  s.  30*].  107 

lieb  eJMchlafea,  wenn  es  nicht  immer  wieder  geweckt  würde  von 
maa  &ialen  hrmnae,  die  eich  bald  hier  bald  da  ihm  ansetzt,  diese 
iwaiife  heint  Sokrates,  sie  ist  von  der  gottheit  dem  wenn  auch  etwas 
tr^en,  ao  doch  eigentlich  edlen  rosse  Athen  angesetzt  (boKCi  6  Geöc 
i^  t4  iröXct  irpocTcOciK^vai)  nnd  plagt  es  nun,  npöcKeirai,  auf  be- 
M  der  gottheit,  önö  toö  OcgO,  indem  sie  den  ganzen  tag  unermfid- 
htk  sieh  aberall  hinsetzt,  oöb^v  itauerai  Tf|V  fm^pav  öXtiv  -rravraxou 
irpocxa8i2[uiv.  ist  das  nicht  ein  treffendes  und  zugleich  spaszhaftes 
büd,  mit  unverkennbarer  Sokratischer  selbstironie  gezeichnet?  wie 
die  bremse  dem  pferde,  so  setzt  sich  Sokrates  fortwährend  dem  athe- 
sti^sn  volke  auf  den  leib,  indem  er  bald  hier  bald  da  neben  einen 
gm ifhlich  ausruhenden  spaziergfinger  sich  auf  die  promenadenbank 
liadorlint  und  ihm  mit  seinen  fragen  und  ermahnungen  zusetzt, 
npocKcnm,  um  ihn  aus  dem  geistigen  schlummer  zu  wecken ,  was 
gewlftnlidi  ohne  einige  stiche  nicht  abgeht. 

Hier  ist  alles  in  schönster  Ordnung,  und  während  wir  bei  der 
aadani  erklimng  uns  zwang  aathnn  mttssen  den  vergleich  nicht 
aBBsnspinnen,  damit  er  nicht  hinke,  bietet  sich  uns  hier  eine 
▼on  beziehungsvollen  ausdrücken,  schon  Stallbum  hat  dar- 
«of  Ungewiasen,  wie  gut  irpcaccktai,  -rrpocreOciK^vai  und  -rrpocKa- 
82civ  ZQ  dieser  auslegnng  und  zu  einander  stimmen;  ich  füge  hinza, 
irts  schon  oben  impUcite  angedeutet  ist,  dasz  auch  oöb^v  irauOMai 
sad  «ovTOXOÖ  vortrefflich  in  das  bild  passen,  und  diese  ausmalung 
ccs  fleiefaBiasea,  die  wir  in  den  werten  zu  finden  wissen,  sollte  si(£ 
<a  Phton  haben  entgehen  lassen,  der  grosze  Stilist ,  der  frühere 
achter?  ist  es  doch  als  wenn  er  seinen  Sokrates  eine  Aesopische 
ühd  erzählen  liesze:  *es  war  einmal  ein  edles  rosz,  dem  es  zu  wol 
fAf ;  träge  lag  es  da  nnd  ergab  sich  dem  schlummer;  da  schickte 
Jui  die  gottheit,  die  es  dauerte  (icnbö^€V0c),  eine  bremse  auf  den 
Mb(teärc|ii|f€).  welche  es  umschwärmte  und  erweckte,  um  es  seiner 
ftlShan  bestinunung  zurückzugeben.* 

Diflse  geataltung  des  bildes  scheint  manchen  erklärem  deshalb 
«Btgngen  zu  sein,  ja  sie  scheinen  den  sporn  hauptsächlich  deshalb 
ber  ■ageBommen  zu  haben,  weil  sie  sich  das  rosz  in  bewegung 
ivhtea,  vidikicht  verleitet  durch  des  Suidas  erklärung  von  vuiG^cre- 
poc  mit  PpoMhcpoc,  die  auch  Stallbaum  acceptiert.  aber  vuiOVjc 
beini  aidit  bloss  langsam',  sondern  auch  ^träge,  der  regsamkeit 
ud  sriineidigkeit  ermangelnd',  wie  es  Piaton  selbst  braucht,  und 
T9U  gleirtfalls  im  comparativ,  Pol.  s.  310*,  ebenso  Aischjlos  Prom. 
i2,  Hflvodotos  ni  53  ua.  wenn  somit  nichts  entgegen  steht  uns  das 
rm  rahoid  an  denken,  so  fällt  auch  der  gegen  die  bremse  von 
K^aighoff'  erhobene,  von  Wohlrab  acceptierte  einwand  weg,  dasz 
^csas  aafwuflnftige  thier  ohne  unterschied  das  träge  wie  das  mun- 
)««  t9m  lagveife.  was  aber  bei  der  andern  anffassung  ein  sprach- 
war, das  unbestimmte  pronomen,  das  erklärt  sich  hier 

uagetwimgen:  ^dun|i  Tic  heiszt  eine  art  bremse,  so  etwas  wie 
dh.  es  braucht  nicht  gerade  dieses  thier  zu  sein,  welches 


108  Hühle:  eu  Flatons  apologie  [c.  18  8.  30®]. 

^uu)i|i  genannt  wird,  sondern  ebenso  gut  kann  es  auch  eine  fliege 
oder  mücke,  irgend  ein  fliegendes  und  stechendes  insect  sein. 

Diese  letztere  erkenntnis  führt  uns  noch  auf  ein  anderes,  schon 
von  Nathanael  Forster*  angedeutetes  moment,  welches  für  unsere 
deutnng  von  gröster  Wichtigkeit  ist :  das  ganz  ähnliche  bild  welcheä 
gleich  nachher  folgt  in  den  werten  AcTtcp  ol  vucräZovTCC  i^^xpi- 
^evot.  Sokrates  sagt  nemlich :  *ihr  könnt  gar  leicht  einmal  im  ärger, 
wie  leute  die  beim  einnicken  geweckt  werden,  zuschlagen  und  mich 
töten,  und  hernach  würdet  ihr  euer  weiteres  leben  hindurch  fort- 
schlafen ,  wenn  euch  nicht  gott  einen  andern  wecker  schickte/  hier 
beruht  das  richtige  Verständnis  auf  der  deutung  des  wertes  Kpou€iv, 
über  welches  Elberling  in  seiner  ausgäbe,  gesttttzt  auf  eine  natür- 
lich falsche  ableitung  desselben  im  £tym.  m.,  eine  unglaublich  ver- 
kehrte bemerkung  macht,  weil  nemlich  xpoOeiv  von  K^pac  herkom- 
men soll,  werde  es  eigentlich  von  thieren  gebraucht,  die  mit  den 
hörnern  stoszen,  und  deshalb  wende  es  hier  Piaton  an  bei  dem 
vergleiche  der  stadt  mit  einem  pferde:  das  pferd  wird  also  zu  den 
homträgem  gerechnet!  nicht  so  unsinnig,  aber  doch  auch  f&l^cb, 
versteht  Stallbaum  das  wort  vom  schlagen  mit  den  hufen  ebenfalls 
mit  beziehung  auf  jenen  vergleich,  aber  man  darf  sich  das  erste  blM 
gar  nicht  in  dieser  weise  fortgesetzt  denken ,  vielmehr  wäre  es  ein 
stilistischer  fehler,  wenn  der  schriftsteiler,  welcher  so  eben  in  unserer 
Phantasie  die  Vorstellung  von  einnickenden  menschen  erregt  hat,  »o^ 
gleich  mit  dem  nächsten  worte  wieder  aus  dem  gleicbnis  heraus- 
fiele und  mit  einem  nur  in  das  vorher  gebrauchte  bild  passenden 
ausdruck  auf  dieses  zurückgriffe.  nein,  Kpou€tv  musz  von  den  ein- 
nickenden selbst  ganz  eigentlich  gemeint  sein ,  es  heiszt  hier  *aix\ 
der  band  zuschlagen',  und  zwar  nach  dem  durch  eine  berOhrung  in 
einschlafen  störenden  dinge,  was  kann  aber  das  sein?  jedenfalls 
ein  wesen,  das  durch  den  schlag  getötet  wird,  wenn  anders  dnoicTei^ 
vaiTC  im  bilde  bleiben  soll ,  also  jedenfalls  so  etwas  wie  eine  fliegt 
oder  mücke ,  die  sich  dem  einschlafenden  auf  die  stim  gesetzt  bat 

So  haben  wir  ein  zweites  gleichnis,  welches  dem  ersten  gani 
ähnlich  ist,  aber  die  handlung  um  einen  schritt  weiter  fahrt  bStt^ 
Piaton  bei  dem  ersten  bilde  bleiben  wollen ,  so  wäre  die  oben  angd 
fangene  Aesopische  fabel  etwa  folgendermaszen  weiter  gegangen! 
'das  rosz  aber  wollte  es  nicht  leiden  und  schlug  die  bremse  tot,  un< 
so  brachte  es  sein  weiteres  leben  in  schläfrigem  müsziggange  hü 
und  entartete.'  aber  anstatt  so  fortzufahren,  substittnert  Platoj 
mit  meisterhafter  kunst  dem  ersten  gleichnis  ein  anderes,  dem  ve^ 
glichenen  näher  stehendes,  und  wie  er  zu  anfang,  nach  Stallbaad{ 
feiner  bemerkung,  in  dem  leser  ganz  allmählich  das  beabsichtigt 
bild  hatte  entstehen  lassen,  so  leitet  er  ihn  mit  dem  fibergange  voj 
dem  thier  auf  menschen  und  mit  dem  für  bild  und  wirklichk« 

*  dieser  sagt  in  der  anmerkung  eu  unserer  stelle:  'Ficinus  et  Se 
ranua  locam  hunc  de  equitis  calcaribua,  perpernm,  uti  ex  aequenl 
bna  videtar,  accipiunt.' 


Hfiaydnek:  emendationes  Aristoteleae.  109 

gieidi  riditigeii  worte  diroiCT€iV€iv  laogsam  wieder  aas  dem  bereiche 
dn  bildlichen  in  die  Wirklichkeit  hinüber. 

Ich  habe  nnr  noch  hinrafügen  daez  die  worte  vird  toO  GcoO  bei 
GBKnr  erUlrong  ganz  wol  echt  sein  können,  denn  wenn  man  sie, 
wie  wir  oben  gethan  and  wie  sprachlich  wol  nnanfechtbar  ist,  ttber- 
Mtit  'aaf  befehl  der  gottheit',  so  liegt  darin  nichts  was ,  wie  Stall- 
benin  behaaptet,  die  eleganz  des  bildes  störte ;  dasz  sie  aber  aus  dem 
gnmde  hier  mflsziff  seien,  weil  erst  nachher  Sokrates  sage  dasz  er 
TOD  der  goitheit  der  stadt  als  erwecker  gegeben  sei,  ist  darnm  nicht 
latreifend,  weil  Sokrates  schon  vorher  sich  als  ein  geschenk  der 
gottheit  an  die  stadt  bezeichnet  hat.  insofern  darauf  hier  aurückge- 
«iesoi  wird,  scheint  mir  dieser  zusatz  sogar  recht  passend  und  der 
f^üe  dCT  Platonischen  redeweise  ganz  angemessen. 

Deudbü.  Hbinriob  ühle. 


20. 

EMENDATIONES  ABISTOTELEAE. 


De  part.  aaim.  m  2  p.  662^  35  rwv  bk  bixaXiIrv  T&  \xkv  1T0XX& 

dpcrrat  l%€i  itpöc  äXKVjv,  xal  ti&v  fiuivuxuiv  ^vm,  rä  bi  ko)  irpöc 

MiOeiav.   &01C  hl  fif|  b^bunc€V  f|  cpiicic  dXXnv  dXKiP|v  irpöc  cuirn- 

(MV,  o(ov  TOxurflTa  cui^otoc,  KaOärrep  toic  TTnrotc  ßeßotiOfiKCV,  i^ 

uCTctec,  ibcircp  toic  komViXoic  . .  tq  bi  X^^^^^^^^i  i&cncp  xal 

T3  vm  ödrv  T^voc,  bixoXöv.  öcoic  b'  äxP^^TOc  ir^cpvKcv  fi  tuiv 

icpöTuiv  tiEoxn«  TOUTOic  TTpocT^d€ix€v  dräpov  ßofiOctav  f|  (puctc. 

j  hoc  ormftioBis  contextu  nihil  inedt  quo  verba  öcoic  bi  ^f|  p.  663  *  1 

fcfiiai  referrL  quam  ob  rem  ed.  Parisina  commate  post  \xf\  posito 

•ft  vorba  iU  snppleri  vult  6coic  bk  }xi\  K^porra  b^bufK€  wpöc  äXic/jv, 

U'bottv  f|  <puctc  eqs.;  qnod  licet  ad  sententiam  accommodatum  sit, 

<ntio  tarnen  Tidetnr  dnrior  esse,  quia  y.  b^buJKC,  quod  simul  cum 

&01C  b^  }ii\  andire  inbemur,  ex  iis  quae  seqnuntnr  arcessendum  est. 

rmterea  Aristoteles  si  haec  scripsisset,  ea  quaeinfira  *8  sqq.  dispu- 

"'A  ptopier  sententiae  similitudinem  artiore  orationis  vinculo  (ut  ▼. 

oooiaic  Tel  dtcouTiiic  addito)  cum  superioribus  coniunzissct.  itaque 

pneitat  psurticnla  bt^l  deleta  6coic  fi^  b^buiK€V  eqs.  cum  iis  quae 

•ctceedvai  eoneetere,  nt  disputatio  ad  hunc  modum  procedat :  plera- 

.'X  bisnloi  et  noimnlla  solidipedum  praesidii  causa  comua  habent,  ea 

'iddieet  qnibns  natura  nuUum  aliud  ad  salutem  tuendun  praesidiom 

Teinti  eeleritatem   aut  magnitudinem  corporis  aut  broochos 

;  qoibos  autem  {bk  respondet  partioulae  \xkv  ^35)  comua  ad 

nihfl  prosnnt,  his  natura  aliud  adiumentum  addidit   verba 

*a  b(  Kol  wpöc  ßo^tov  *1  dubito  num  Aristotelis  sint:  nam  cum 

''•llqoa  omnis  disputatio  ßoT)6€(ac  et  dXKf)c  notionibus,  quamquam 

-  a  pari  sunt  ambitu,  sed  haec  in  illa  continetur  (cf.  685  ^11.  686 

'^'«promiscue  tarnen  utatur,  eaedem  hoc  loco  prorsus  disiunguntur. 


110  MHajduck:  emendationes  AriBtoteleae. 

sed  tarnen  pro  oerto  iUud  negare  non  audeo,  nam  in  iia  quae  antece- 
dunt  662  ^27pote8t  sane  Ulis  verbis  ea  vis  anbiei,  nt  ßoifjOeia  de- 
fensionem*,  äXici)  impetum  signifieet:  qnamqaam  reotius  fortasse 
indicabimos  ▼.  dXicf)c  additom  esse  ad  ßoT]6€{ac  notionem  accoratins 
definiendam. 

De  pari.  anim.  in  4  p.  666  ^21  KOiXIac  b'  fxouciv  a\  iikv  tujv 
^€t6Xuiv  £(j)uiv  (sc.  Kapb(ac)  Tpeic,  a\  bk  tujv  dXaccövuiv  buo,  ^iov 
hi  irficoi'  bi'  iiv  b'  alTiav,  clpirrai.  bei  t&p  clvai  TÖirov  nva  tfic 
xapbiac  xai  öiroboxr|v  toO  trptliTou  affiaroc.  StT  hk  irpurrov  dv  nj 
Kapbiqi  tivcTai  tö  al^o,  iroXXdKic  elptiKo^icv',  biärö  t&c  dpxilTOvc 
opX^ßac  bOo  elvai,  tViv  tc  ^etdXiiv  koXou^^vtiv  xat  Tf|v  dopTr|v. 
CKQT^pac  Tctp  oficiic  äpx^lc  Tu»v  (pXeßdiv,  xal  biaq>opdc  ^xoucuiv, 
irepl  div  CcTcpov  ^poö^ev,  ß^Xriov  xal  töc  äpxdc  aÖTuiv  Kcxuipi- 
c6ar  toOto  b*  &v  elf]  biq>uoOc  6vtoc  tou  af^orroc  xal  iccxuiptcfjic- 
vou.  biönep  iv  olc  ^vb^x^^at  bu*  eldv  öiroboxai.  verba  bei  yop . . 
elvai . .  €lpf)Ka^€V  declarant,  quam  ob  rem  nnum  cordis  Tentricalum 
esse  oporieat;  quae  autem  sequuntur  bi&  TÖ  .  .  i^oboxai  causam 
afferunt ,  cur  natm*a  iis  animalibus ,  quorum  magnitudo  corporis  ad 
eam  i'em  sufficiat,  duplicem  cordis  ventriculumdederit:  ex  quo  appa- 
ret  eum  conteztum  verborum,  qui  ^25  occurrit,  ferri  nullo  modo 
posse.  itaqae  ed.  Parisina  bei .  •  elpyjica^ev  tamquam  parenthesin 
uncis  indudit  et  quae  sequuntur  ad  superiora  ?erba  bi'  f)v  b*  alriav 
elpfirai  reyocat.  at  ut  orationis  formam  omittam,  quae  sane  mira 
est,  nescio  omnino,  quo  modo  haec  verba,  in  quibus  prima  pars  dii»pa* 
tationis  propositae  continetur  et  quae  cnm  superioribns  artissime  co- 
haerent  (nam  verba  bi*  iiv  b'  alriav  supplenda  sunt  ^(av  ndcai 
£XOUCiv),  parenthesis  loco  possint  haberi.  Codices  cnm  praeter  nnum 
omnes  ^25  bid  bi  tö  habeant  (quAn  scripturam  Theodorus  Gaza  in 
latina  versione  retinet,  editores  autem  quod  soiam  onmes  spreverunt), 
verba  ad  hunc  modum  legenda  esse  conioias:  ^23  bei  T^  •  •  aTfia- 
Toc*  5ti  bi  • .  elp^Ka^ev.  bid  bi  tö  .  .  dopnfiv,  ^KOT^pac  oCcnc 
dpx^c  • .  xexuipicÖai,  h.  e.  unum  oerte  cordis  ventriculum  esse  opor- 
tet, qnia  primus  sangnis  receptaculo  quodam  eget,  sed  propterea^ 
quod  duae  principales  venae  sunt,  melins  est,  cum  atraque  sit  dpx^ 
Tuiv  q>Xeßttiv  atqne  ipsae  inter  se  differant,  etiam  initia  eanun  (in 
oorde)  discreta  esse  eqs.  quamquam  verbis  ita  conionctis  durior  fit 
oratio,  neque  infitior  alia  quoque  raüone  satis  probabili  huic  loco 
sabveniri  posse,  si  ^25  legas  böo  bk  (sc.  KOtXiac  €xouciv  aX  £xoucai) 
bid  TÖ  .  .  bÜG  elvat,  quae  facile  in  enm  quem  videmns  modum  cor- 
mmpi  poteraut 

De  part.  anim.  III  14  p.  674  *24:  ostenditur  ventrionlos  diver- 
sorum  generum  neo  magnitudine  nee  forma  inter  se  similes  esse: 

>  ef.  III  1  p.  661  ^  5,  abi  tarnen  ßo/|6€ia  dXKf|c  ooUoni  non  opposita, 
sed  siibiecta  est.  '  sapra  in  eodem  capite,  abi  etiam  ratiooee  affert, 
qnare  nee  cerebram  nee  ieenr  pro  principio  venaram  habendam  sit.  lic* 
iecoro  quae  dieantnr  666  *  80  cam  plerisqae  libris  sio  legenda  sant:  Ixi 
bi  Tcivei  öl*  aÖToO  «pX^H'»  ^  ^Kcivou  ö'  oöbcfiia. 


MHajdnok:  emendatioaes  Aristoteleae.  111 

dU'  Sca  lUy  Icny  ain&y  dm>((iöovTa  ti&v  £vat^uiv  kqü  tiHv  Zipo- 
rdninf,  fiiov  ^x^i  KoiXiav,  olov  ävGpujTroc  xal  kuuiv  xai  X^uuv  xat 
ToUa  6ca  iroXuöäicTuXa,  Ka\  öca  ^uivuxo,  olov  Ymroc  öpcuc  dvoc, 
m  5ca  bixaXa  ^iv  äfJiq>uiöovTO  bij  olov  Cc,  irXi^v  kt  n  biä  ji^T^Soc 
Toö  ob\ianoc  koX  Tf|v  ttic  Tpoqiflc  buva)Liiv,  oOcov  ouk  eöireTrrov 
dU'  dxavMbbf)  xai  SuXucrjv«  ix^i  nXetouc,  olov  Kd^T)Xoc,  Acircp 
od  rä  x€paT09Öpa  ra  t^p  K€paT09Öpa  oök  £ctiv  dpcpübbovra  * 
Uä  Tovro  bi  Kcu  f|  KdfinXoc  ou  jujy  ä^q>uibövTUiv  ^CTiv,  dx^paTOC 
oixa  .  .  •  camelus  igitur  od  tujv  djüupuibövTUiv  icTiv,  idem  tarnen 
sapenoribiifl  verbis  inter  bixcxXd  ^^v  ä|iq>iibb0VTa  bi  refertur.  qoae 
Tcrborom  repagnantia  qao  modo  tollenda  alt,  exitus  haias  disputa- 
üonis  dooet,  ex  quo  intellegitur  Aristotelem  bixcxXä  }iky  dx^para  b^ 
leripaiaae.  nnum,  inquiti  ventriciiliun  habent  ex  animalibus  sanguine 
pnaditia  et  viviparia  quae  ntrimqae  dentata  sunt,  nt  bomo  et  canü 
ei  Ico  et  reliqoa  miütifida  et  fiolidongnla  omnia  et  bisulca  quae 
conibos  carenti  nt  ans,  nisi  tale  aliqnod  anünal  propter  magnitadi- 
aem  eorporia  et  cibi  natnram  plnres  ventrioulos  habet,  nt  camelns, 
481  hac  parte  oorporia  et  propterea  (cf.  *  33  aqq.)  etiam  dentinm 
aatnn  eomigeria  aimilia  eät 

De  aniin.  gen.  Y  7  p.  786  ^28  Ariatotelea  qnaerit  qnae  graviS 
Toda  et  acotae  natura  ait,  et  qnibuar  ex  cauaia  haec  diversitaa  ait  re- 
pcieada.  ac  primum  illnd,  inquit,  conatatgrave  in  tarditate,  acntom 
a  eeleriiata  motna  conaiatere,  aed  hniua  tarditatia  et  celeritatia  caasa 
Ktnna  in  eo  qnod  movet,  an  in  eo  qnod  movetnr  poaita  ait,  dubitari 
potait  (Terbis  ipaia  apodoaia  deeat,  qnod  orationia  yitium  neacio 
Amiotelia  an  librariomm  cnlpae  tribuam;  fortaaae  particnla  b^  ^27 
ddenda  est),  annt  enim  qni  motna  illam  diveraitatem  ad  nnum  id 
^Bod  aoTetor  revooent  et,  ai  id  (ac.  aer  ad  arteriam  alliana)  mnltum 
u^  gia? em,  ai  exignnm,  acntam  vooem  effici  putent.  qnod  recte  qui- 
ieo  aliqoatenna,  non  recte  in  nniveranm  dicnnt.  ^^31  ti|i  ^iv  tdp 
Tivci  dpMic  fonce  X^y^cOai  tö  ßapO  dv  ^€T^6€i  tiv\  cTvai  toö  kivou- 
U}ftnt»  ci  tdp  toOto,  ical  iiiicpöv  ical  ßapu  q>6^TEac6at  ou  ^(jibiov, 
Ofioittic  hk  oiÄl  ßapu  koI  d£u.  at  vero,  inqnit  p.  787  *  2,  gravia  vox 
äüert  a  magna  itemque  acuta  ab  exili.  magnitudo  antem  et  exilitaa 
loctt  aiBe  dubio  irXi)6€i  ica\  dXiTÖnrn  toC  kivou^^vou  continetur. 
podfri  Ali  graYe  et  acntnm  eodem  referunt,  eo  adducnntnr  nt,  quae 
{ATcm  Toeem  faabeant,  eadem  ^€X€iXö<puiva,  quae  acutam,  eadem 
-vpöqpufva  eaae  contendant:  quod  manifeato  faiaum  eat  verba  ei  tdp 
•  dEu  Thaodoma  Oaza  aic  vertit:  *nam  ai  hoc  ita  eaaet,  parvam 
«ühlmqae  gimvem  emittere  vocem  non  ÜMÜle  liceret,  nee  magnani 
«t  aiBdem  aentam';  qnaai  haec  illi  quam  aupra  vidimua  opinioni 
^PpoMventor.  at  refutandi  initium  fit  p.  787  *  2 :  quae  antecedunt 
*M  ^31  aqq.  in  eadem  opinione  aliquid  veri  ineaae  comprobant. 
^Mtm  ob  rem  iUa  Terba  in  hanc  aententiam  accipienda  eaae  arbitror : 
inu%  recte  diätnr  grave  dv  ^€T^6€i  nvl  toO  Kivou)i^vou  conaiatere,) 
>tt  ii  hoc  ita  ae  habet,  illud  quoqne  par  eat  (quod  nana  docet)  non 
SkIW  qnanqnam  paryam  (ac.  pro  aua  natura)  eandemque.  gravem 


112  MHaydück:  emendationes  Aristoteleae. 

aut  magnam  et  eandem  acutam  vocem  mittere.  quamqaam  oratio- 
nem  admodum  obscuram  et  dissolntam  esse  non  infitior.  recte  autem 
Theodorus  Gaza  pro  v.  ßapu  supposuit  ^magnam  YOcem%  quod  res 
ipsa  tarn  necessario  postulat,  ut  vel  invitis  omnibus  libris  ixifa  Kai 
öEu  legendum  sit. 

De  caelo  III  8  p.  307  ^5  Aristoteles  ostendit  errare  eos,  qui 
elementorum  diversitatem  omnem  formaram  differentiis  contmen  do- 
ceant.  atque  ignis  naturam  falso  ad  globi  aut  pyramidis  formam  re- 
vocari  mnltis  fdiis  rationibus  allatis  sie  demonstrat:  npöc  bk  TOUTOic, 
ine\  TÖ  0ep)iöv  kuI  tö  ipuxpöv  dvavxia  xij  buvdjici.  ibövaiov  ino- 
boOvai  Tip  M'uxpqi  cxn^ci  xi*  bö  fäp  ivavtiov  civai  t6  ditobibö- 
)i£yov,  oöO^v  b'  dvavTtov  dcrl  cxriMari.  si  calidum  in  certa  quadam 
forma  consistit,  frigidi  eadem  ratio  erit;  quoniam  autem  frigidum 
calido  contrarium  est,  formam  contrariam  ei  tribui  oportet,  id  qnod 
fieri  non  potest,  quia  nulla  forma  formae  contraria  est.  hoc  sine 
dubio  dicere  vult,  non  illud  quod  in  editionibus  legimus,  formae 
nihil  contrarium  esse;  quoniam  tota  argumentatio  eo  perÜnet,  ut 
frigidi  nullam  formam  cogitari  posse  demonstretur.  ex  qno  appa- 
ret  ^8  legendum  esse  ouO^v  b'  EvavTiov  icj\  cxflfia  cxAiiOLXU 

De  audib.  p.  804  *  21.  arguta  yox  hoc  habet,  ut  tenuis  eademqae 
alienorum  sonorum  admixtione  libera  sit :  nam  propria  eiua  vis  ölv- 
TiiTi,  XcTTTÖTiiTi,  &Kpi߀{(;i  continetur:  »28  bid  Kttl  täv  öpT^vuiv  id 
Xcirrd  Ka\  cuvrova  xal  iii\  ^xovra  K^pac  tqc  q>uiväc  Ix^i  XiTupvu- 
T^pac  •  6  TÄp  dnd  xifiv  töb&rujv  fjxoc,  kqi  8Xu)C  ötav  dirö  nvoc  v 
TvöjLievoc  TTapaKoXouOiJ,  cuv^x^i  "rtiv  dKpißetav  t^v  täv  qxOÖTTU'V. 
non  continetur  dKpißeta  alienis  sonis,  sed  conturbatur  vel  confnndi- 
tur.  itaque  praestat  pro  vocabulo  cuv^x^i  legere  cufxci.  infra  '^ll 
exponitur  abrumpi  vocem,  cum  iam  nequeamus  a6ra  cum  percussione 
emittere,  sed  pulmones  nimis  distenti  languescant:  <&CTr€p  tdp  KOt 
Td  ck^Xt)  (sie  recte  Wallis)  Kai  Touc  Jj)iouc  dKXuccOat  cu)Lißaiv£i  tö 
TcXeuTaiov  cuvtövujc,  omwc  xal  töv  ircpi  töv  Ttvcu/iova  töitov. 
dubito  num  apte  dicatur  iKXOecGm  cuvtövu)c;  veri  similius  est 
scriptum  fuisse  cuVTÖ)iuic  certe  enim  abrumpitur  tox,  cum  pulmo- 
nes diu  distenti  ad  extremum  celeriter  et  subito  debilitantur. 

Metaph.  IX  3  p.  1047  *20  Aristoteles  docet  falso  negare  Mega- 
ricos  potentiam  ab  actu  seiungendam  esse ;  quam  disputationem  his 
yerbis  concludit:  üjct'  dvb^x^'^oi  buvaTÖv  ^iv  Ti  elvai  )if|  elvoi  b^, 
Ka\  buvaTÖv  fifi  elvai  cTvoi  bi,  öfioiujc  bk  xat  inX  vSiv  dXXuiv  kotii* 
TopiOuv  buvaröv  ßabiCciv  &v  ]if)  ßabiZeiv,  xal  füif|  ßabiZov  biivaröv 
cTvai  ßabiJIetv.  extrema  verba  Kai  ^r\  . .  ßabiZciv  non  dubito  quin 
corrupta  sint.  ut  enim  supra  non  solum  oppositis  sed  contrariis  ora- 
tionis  membris  dicitur  posse  aliquid  esse,  quod  non  sit,  itemqae,| 
quod  sit,  posse  non  esse :  eadem  ratione  hie  priori  membro  buvüTÖv 
ßabi2[€iv  öv  ^f|  ßabiZetv  necessario  opponendum  est  Kai  ßabUlov  bu^ 
vaTÖv  eTvai  ^f|  ßabiZeiv :  idque  Aristoteles  sine  dubio  scripsit. 

Mabienburoi.  Michabl  Hatducr. 


FTStqjeDim:  atiz.  v,  CBoysen  de  Harpocrationis  lexici  fontibna.    113 

21. 

M  BABPOCRATIOKI6  LEXICI  F0NTIBU8  QUAE8TIONE8  SELECTAE.  ACCE- 
DUKT  FRAOmSHTA  liEZICORÜM  RHBTORICORUK  EX  CODD.  COISL. 
V.  347  BT  PARIS.  M.  2636  NUNO  PRIMÜH  EXOERPTA.  DIS8ERTATI0 
QUAM  AD  8ÜMM08  IN  PHIIi080PHIA  HONORES  .  .  IMPETRANDOS 
SCEIP8IT     0AR0LÜ8     BOYSEN     MAR0HIOU8    WITT8T0CHIEN8IS. 

Kfliae  in  aedibus  C.  F.  Haeseleri.   ex  officina  C.  F.  Mohr  (P.  Peters). 
1876.    106  8.    gr.  4. 


bedenkliched  yorurteil  erweckt  es  in  dem  kser,  wenn  er 
etva  beim  yorlftofigen  durcfablttttem  den  vf.  einer  die  quellen  Har- 
pobations  behandelnden  schrift  am  ende  erklären  eieht,  die  quellen 
&M6  •ehriftatellers  wtbrden  sich  mit  aassieht  auf  guten  erfolg  erst 
4a  nafindig  maehen  lassen,  wenn  savor  die  quellen  der  rhetori- 
«dien  Partien  des  Suidas,  Photios,  Btym.  m.,  Enstathios,  Hesjebios^ 
Pollox  und  Atiienaios  nachgewiesen  wftren.  doch  dürfte  ein  blick 
al  die  ar^t  selbst  zunidist  wol  geeignet  sein  dieses  rororteil  zu 
beseitigen,  denn  so  richtig  auch  jene  ftusserung  jedem  kenner  der 
Inikographischen  litteratur  der  Griechen  erscheinen  musz,  so  liegt 
doch  einerseits  die  sache  bei  jedem  der  genannten  Schriftsteller  ähn- 
lich, und  es  musz  daher,  soll  man  überhaupt  zu  einem  ende  kommen, 
«ol  oder  Abel  irgendwo  der  anfang  gemacht  werden;  anderseits  aber 
ttigt  es  sich ,  diasz  der  Tf.  einen  groszen  teil  jener  untersachungen 
mnfthren  selbst  unternommen  hat.  einzelne  Paragraphen,  ja  ganze 
ofit/A  handeln  Aber  die  quellen  und  das  gegenseitige  yerhftltnis  eini- 
RT  der  Bekkerschen  ledlo,  des  Suidas,  £tym.  m.  usw.  man  staunt  ge- 
nden,  wenn  man  die  fGQle  dee  behandelten  Stoffes  flberblickt.  und  in 
der  that  hat  nch  der  vf.  nicht  auf  das  notwendige  beechiftnkt,  sondern 
acb  oft  genng  von  einer  Untersuchung  zu  anderen  hinreiszen  lassen, 
die  Mmem  tbema  fernlagen ,  denen  er  aber  trotzdem  die  gröste  aus- 
f^Midikoit  angedeihen  liess.  so  lesen  wir,  um  nur  das  auffallendste 
nuofUven,  mit  einiger  beiremdung  am  anfang  des  4n  capitels,  dasz 
die  im  ganzen  Torhergehenden  capitel  (also  einem  schon  recht  um- 
^ugreicken  teile  einer  fiberhaupt  sechs  capitel  umfassenden  schrift) 
^■ehsadelien  fragen  sieh  bezogen  *ad  glossas  ab  Horpocrationeis  di- 
^^rnssiniaa'«  nun  wird  zwar  niemand  jemandem  einen  ernsten  vor- 
*nf  daraiOB  machen  wollen,  wenn  seine  arbeit  mehr  darbietet  als 
^  titel  erwarten  Iftszt.  in  unsenn  falle  liegt  aber  die  sache  doch 
ndeci,  wie  jeder  best&tigen  wird,  der  das  auszerordentlich  zeit- 
'»hcnde  gerade  derartiger  Untersuchungen,  wie  sie  Boysen  uns  vor- 
•<P,  könnt,  denn  wenn  man  in  dem  vorliegenden  buche,  einer  in* 
^c^vialdisaertation,  eine  menge  der  schwersten  und  verwickeltsten 
^^  bdianddt  sidit,  deren  befriedigende  lösung  kein  einsichtiger 
*?s  äner  krsft,  wenigstens  nicht  auf  6inmal,  erwarten  kann,  wird 
^^  sieh  besorgt  fragen,  ob  diese  allzu  weite  ausdehnung  des  arbeits- 
^idcs  nicht  der  durcharbeitung  des  einzelnen  habe  eintrag  thun 

und  die  durchsieht  der  arbeit  ist  nicht  dazu  angethan  diese 

Ar  ctaM.  phU«I.  1879  hA.  S.  8 


114    FrStojentin:  anz.  v.  CBoysen  de  Harpocrationis  lexici  fontibns. 

besorgnis  als  unberechtigt  zu  erweisen,   die  arbeit  erscheint  als  eine 
merkwürdige  mischung  zeitraubendster  Sorgfalt  und  tumultuarischen» 
sich  überstürzenden  yerfahrens.  die  höchst  schätzbare  tugend  danach 
zu  streben,  möglichst  des  ganzen  materials  habhaft  zu  werden,  ist 
Boysen  in  hohem  grade  eigen,   es  ist  ihm  kaum  eine  besprechung 
des  von  ihm  gerade  behandelten  gegenständes  durch  neuere,  kaum 
selbst  eine  entlegnere  stelle  der  alten  entgangen,    aber  was  nützt 
diese  tugend  bei  dem  nur  zu  oft  hervortretenden  bestreben  neue  oder 
von  einer  minderheit  geteilte  gesichtepuncte  zur  geltung  zu  bringen, 
wenn  die  in  diesem  falle  viel  notwendigere  tugend  fast  ganz  ver- 
miszt  wird ,  die  hinterlassenschaft  des  altertums  selbst  mit  scharfem 
aber  ruhigem  blicke  zu  betrachten,  durch  keinen  momentanen  reiz 
beirrt?  von  der  Wahrheit  des  gesagten  wird  man  sich  weiter  unten 
bei  der  besprechung  des  einzelnen  oft  genug  überzeugen  können, 
hier  mögen  nur  einige  beispiele  des  vom  vf.  beliebten  Verfahrens 
ihren  platz  finden,   s.  3  findet  er,  dasz  Harpokration  die  erklfirung 
von  'A&pdcT€ia  dem  von  Strabon  citierten  Eallisthenes  verdanke; 
der  letztere  aber  spricht,  wie  der  Zusammenhang  der  Strabonstelle 
zeigt,  von  der  landschaft  (oder  stadt)  dieses  namens,  Harpokra- 
tion von  der  göttin.   s.  23  werden  die  glossen  äjiqiiopKia  des  vier- 
ten Bekkerschen  lezikon  und  des  8uidas  ihrer  ähnlichkeit  wegen  auf 
6ine  quelle  zurückgeführt;  aber  gerade  in  der  erklftmng  dieses  wer-  j 
tes  finden  wir  die  grammatiker  in  zwei  lager  geteilt,  von  denen  das  I 
Bekk.  lex.  dem  einen,  8uida8  dem  andern  angehört.'    umgekehrt  i 
findet  B.  auf  derselben  seite  wenig  fthnlichkeit  zwischen  den  glossen  ' 
dXdcTuip :  h  Tä  M€TdXa  dbiKrj^aTa  iroiujv.  xai  äXiri^pioc  6  iroXXd 
^biKiiKuic  xal  KoXdZecSai  ä£toc,  und  dXdcTujp:  ö  ^erdXa  tctoX^h-  : 
KUic  äbiKf))iaTa,  ibv  ouk  &v  dmXdOoiTÖ  nc,  dXdcruip  KaXcTrat.  dXi- 1 
Tripioc :  ö  TToXXd  i^biiaiKuic  Kai  8v  KoXdZciv  Trpocf)K€  ircpl  i&v  iif^  | 
^apT6V.   s.  30  gründet  er  auf  die  ähnlichkeit  zwischen  einem  frag- 
mente  des  Telephos  über  uirui^ocfa  und  der  entsprechenden  stelle 
des  PoUuz  (Vin  56)  die  Vermutung,  dasz  Telephos  die  quelle  des 
Pollux  in  seiner  darstellung  der  gerichtlichen  altertümer  sei.   dabei 
sprechen  aber  Telephos  und  Pollux  von  zwei  verschiedenen  hypo- 
mosien,  die  mit  einander  nichts  weiter  als  den  namen  ge> 
mein  haben:  Telephos  von  dem  gerichtlichen  fristgesuch,  Pollux 
von  dem  mit  der  TP<l<P^  iropavö^uiv  verbundenen  eide.   s.  63  heiszt 
es  in  betreff  der  das  wort  ßuccauxTIv  erklärenden  glossen  des  Heey- 
chios,  Ailios  Dionysios  und  Pausanias:  *si  accuratius  inter  se  con> 
tenderis,  quid  aliud  aequitur  nisi  ut  Hesjchii  glossa  ex  Pauaaniae 
et  Dionysii  glossis  sit  compilata?'   hätte  Boysen  selbst  'accuratius* 
verglichen,  so  hätte  sich  auch  ihm  ergeben  müssen,  dasz  Hesyckio^ 
nur  mit  Pausanias  übereinstimmt,  während  Dionysios  eine  von  beiden 
völlig  abweichende  erklärung  gibt,    und  auch  dergleichen  wird  sie  i. 

^  nach  Saidas  and  Hesychios  amfaezt  dfiq>iopK(a  nur  die  eide  der 
beiden  streitenden  parteien,  nach  dem  lYn  nnd  Vn  Bekk.  lex.  sowiei 
nach  Pollax  aaaser  diesen  auch  noch  den  eid  der  richter. 


FrSfeqieBim:  ans.  t.  CBoysen  de  HarpocrationiB  lezici  fontibus.    115 

der  keer  wol  znr  wamung  dienen  lassen,  wenn  er  zb.  s.  37  die  in 
den  wortan  *eqnidem  Harpocratdonis  epiiome  fere  tota  cum  Photii 
Smdaaqoe  lexicis  acoaratissime  collata  mihi  persoasi'  usw. 
liegciide  Teraichenmg  wenige  Zeilen  spftter  so  illustriert  sieht,  wie 
es  durch  die  eben  dieser  yergleichung  entstammende  angäbe  über 
die  gloase  ZcCEiC  geschieht.'  auch  der  umstand  dürfte  in  den 
4age&  der  meisten  leser  dem  buche  wenig  zum  Torteil  gereichen, 
dan  der  H»  unter  den  beiden  auf  diesem  gebiete  hauptsftchlich  in 
frige  kommenden  autorititen  Moriz  Schmidt  und  Naber  sich  gerade 
den  entern  nun  Wegweiser  erwfthlt  hat.  Schmidts  hjpothesen  wer- 
doi  bald  ohne  weiteres  angenommen,  bald  noch  weiter  fortgeführt, 
beld,  aber  in  der  regel  nur  bei  nebendingen,  modifieiert  von  einer 
«oigfkltigen  naehprOfung,  die  doch  bei  so  vielbestrittenen  annahiqen 
BBfrUsiliA  gewesen  wttie,  ist  wenig  zu  merken,  immer  und  immer 
wieder  stosien  wir  auf  jene  fibereüte  art  der  Untersuchung,  die  auch 
sdaem  TOibild  Öfter  als  gut  eigen  ist.  von  einer  Vermutung,  die 
mia  sb  bloesen  versuch  einer  lOsung  gern  hinnehmen  möchte,  wird 
lebr  oft  im  weitem  verlauf  als  einer  strict  bewiesenen  thatsache  ge- 
qffoehen,  und  weitere  hypothesen  werden  darauf  gebaut,  mit  meiner 
obigen  ftuazerung  will  ich  indessen  Nabers  prolegomena  zu  Photios 
lieht  als  oniunsttezliche  norm  hingestellt  haben,  vielmehr  sind  auch 
bei  ihm  die  nachteiligen  folgen  nicht  ausgeblieben,  die  eine  allzu 
vdie  aoadehnung  des  arbeitsfeldes  mit  sich  zu  bringen  pflegt,  und 
»  ist  ein  unbestreitbares  verdienst  Boysens  hier  offisnbare  mängel, 
dort  oBgenllgende  begrttndung  aufgedeckt  zu  haben,  ja  wenn  er 
Sieh  Bor  hiermit  begnflgt  hätte !  aber  statt  dessen  schüttet  er  das 
bid  mit  dem  bade  aus,  und  wenn  ihm  etwas  in  den  Naberschen 
Miihmen  nicht  zu  stimmen  scheint,  stellt  er  flugs  die  entgegen- 
gewtete  ansieht  auf;  mit  welchem  rechte,  werden  wir  bei  der  durch- 
mitenmg  des  einzelnen  sehen ,  zu  der  wir  uns  jetzt  wenden. 

Die  ganze  schrift  zerfUlt  in  sechs  capitel,  deren  erstes  zusam- 
acttteDt  and  beurteilt  *quae  usque  ad  nostram  aetatem  critici  de 
Harpoeratione  eiusque  lexico  docuerint'.  auf  einen  einleitenden 
pMigr^ihen  Ober  die  handschriftliche  Überlieferung  des  lexikon 
^olgn  25  verbesserungsvorschlSge,  von  denen  jedoch  nur  sechs  als 
iidior  oder  wahrscheinlich  zu  bezeichnen  sind:  1  u.  äTV€U€T€:  *AvTi- 
9ttnf  tyv^ff  ix  Kornroptac  dirapacrj^ou  für  das  fehlerhafte  'Avn- 
^  (v  Ti{»  ß';  2  u.  dvairobiZö^eva :  dvTl  toC  iEcToZöficva  fj  dvTl 
70U  dvuißcv  rd  aörd  itoXXdxic  Xctö^cva  t\  irparrö^cva  transponiert 
dffTl  avtuOcv  vor  ££€T(£6m€Vo;  4u.  dTriXXciv:  Audac  iy  rCji  xard 
dcofiv^ou  für  £v  tQ;  9  im  lemma  Ik  iTpocorrurrf)c  ftlr  £k  irpoorru)- 
T^c;  10  u.  "CpiAOC  wild  mit  Bekker  xal  iroTo^öv  hinter  -rroTa^ÜJV 
cagseehoben;  23  u.  ixbeSd^evoc  im  citat  aus  Demosthenes  nach  den 

'  mach  BojTsen  sollen  hier  die  epitome  Harpokrations,  Soidas  and 
^Wliae  di«  eomiptel  'Api€T0T^Xf|C  statt  dptCTOC  bieten,  während  in  wahr- 
^^  dies  nnr  Snidas  nnd  Photios  thnn,  die  epitome  dagegen  das  rieh* 
^e  dpicTOC  hat. 

8^ 


116    FyStojentm:  anz.  y.  CBoysen  de  HarpocrationiB  lexici  fontibuB. 

hs8.  des  Dem.  und  der  epitome  ^Kb^x^cOai  n  t&v  diceivaic.  die 
übrigen  erscheinen  als  unnötig,  unsichar  oder  geradezu  fakch.'  die 
jetzt  folgende  Untersuchung  über  Harpokrations  peraon  und  Zeit- 
alter würde  man  gern  methodischer  statt  an  den  anfang  an  das  ende 
der  Bchrift  gesetzt  sehen,  da  äuszere  anhaltspuncte  für  die  datierung 
eigentlich  gar  nicht  vorhanden  sind,  und  ich  würde  auch  geglaubt 
haben,  dasz  der  vf.  dieselbe  absichtlich  hierher  vorlegt  habe ,  in  der 
richtigen  erkenntnis  nemlich,  dasz  aus  seinem  endrasultate  fiir  die 
zeit  Harpokrations  nichts  folge*  dasz  ich  mich  aber  geteuscht  hätte^ 
zeigt  s.  81,  wo  ihm  die  vermeintliche  benutzung  der  beiden  Attikisten 
Pausanias  und  Dionjsios  durch  Harpokr,  als  eine  best&tigung  seiner 
ansetzung  erschttnt.  könnte  aber  nicht  jemand  aus  demselben  gründe 
unfl  mit  demselben  rechte  auch  Photios  und  £ustathio8>  die  notori> 
sehen  benutzer  jener  Attikisten,  ins  zweite  jh.  nach  Gh.  setzen  wollen  ? 
in  der  Untersuchung  selbst,  so  eingehend,  zuweilen  sogar  breit  die- 
selbe auch  geführt  wird,  kommt  der  vf.,  wie  man  freilieh  bei  dem 
gänzlichen  mangel  fester  stützpuncte  nicht  anders  erwarten  kann, 
zu  keinem  andern  resultat  als  schon  Maussac,  dasz  nemlich  Harpokr. 
wahrscheinlich  im  zweiten  jh.  nach  Gh.  gelebt  habe  und  möglicher- 
weise der  lehrer  des  kaisers  Yerus  gewesen  sei.  und  selbst  dies  re- 
sultat  musz  noch  als  ftuszerst  unsicher  gelten,  um  so  mehr  als  manche 
folgerungen  durchaus  verunglückt  sind,  so  die  aus  dem  Wortschätze 
des  lexikographen  gezogene ,  dasz  er  ein  Zeitgenosse  des  Athenaios 
gewesen  sein  müsse,  denn  erstens,  wenn  die  spräche  Harpokrations 
besonders  der  in  den  lexicalischen  partien  des  Athenaios  fthnelt ,  so 
hat  ja  der  vf.  selbst  s.  5  richtig  angenommen,  dasz  beide  hier  aus 
derselben  quelle  (und  zwar  in  der  regel  wörtlich)  geschöpft  haben, 
und  zweitens  vermissen  wir  sehr  eine  angäbe  darüber,  ob  die  beiden 
grammatikem  gemeinsamen  Wendungen  sich  denn  bei  andern  gar 
nicht  finden,  eine  durchmusterung  der  bisher  über  Harpokrations 
quellen  geäuszerten  Vermutungen,  denen  er  wol  mit  recht  seine  Zu- 
stimmung versagt,  führt  ihn  dann  auf  das  lexikon  des  Caecilius,  dem 
das  ganze  zweite  capitel  gewidmet  ist. 

Um  nemlich  die  meinung  derer  zu  widerlegen,  welche  in  dem 
eben  erwähnten  lexikon  die  hauptquelle  Harpokrations  sahen,  ge-> 
nflgen  ihm  die  direct  unter  Gaecilius  namen  überlieferten  fragmente 

'  unnötig  sind  offenbar  neben  manchen  andern  die  übrigen  ver- 
besserangen,  bei  denen  citierte  rednerstellen  nach  nnsem  texten  ver- 
bessert werden,  da  hier  nichts  einen  anhält  fltr  die  aanahi^e  bietet, 
Harpokration  habe  etwas  anderes  geschrieben  als  wir  jetzt  bei  ihm 
lesen,  nnd  da  es  ja  genugsam  feststeht,  dasz  die  citate  der  grammatiker 
keineswegs  immer  mit  den  in  den  hss.  der  betreffenden  antoren  vor- 
liegenden fassungen  fibereinstimmen,  sogar  saweilen  sehr  erheblich  ab- 
weichen, jedenfalls  nicht  das  richtige  ist  sb.  getroffen  o.  CGiveXoc,  wo 
Boysen  ^Kiufiiiiöci  bk.  adröv  TTXdTWv  ö  toOc  Adxuivac  TpdM^ac  statt  ^kui- 
Mibbci  6^  aÖTÖv  6  toOc  TTXdTwvoc  AdKUivac  tpdMKXC  vorschlägt,  soll  dies 
nnn  eine,  freilich  gar  sn  nnge wohnliche  und  dorch  nichts  gerechtfertigte 
hezeichnung  des  komikers  zar  Unterscheidung  von  dem  philosophen  sein 
oder  soll  es  fUr  TTXdTU^v  iv  AdKvuciv  stehen. 


FrStojeDtiii:  ans.  t.  CBoyBen  de  Harpocratioms  lexici  fontibus.     117 

sieht,  Boadeni  er  snekt  deren  noch  mehr  zu  ermitteln,  nnn  hatte 
MSckmidt  in  seiner  reoemiott  des  Bemhardjsohen  Suidas  in  diesen 
Jahrb.  1855  ■.  779  ff.  die  bemerknng  gemacht,  dasz  sich  in  mehreren 
boehstAben  des  Yn  Bekk.  lex.  von  einander  nnabhttngige  glossen- 
gnppen  ausobeiden  lassen,  deren  eine  (in  der  regel)  sidi  nur  bei 
Sodsi  wiederfindet  und  mit  diesem  auffallend  übereinstimmt,  ins- 
bttosdere  hatte  er  im  bnchstaben  A  eine  glossengruppe  wahrgenom- 
m«B,  die  sich  aoszer  jenen  merkmalen  noch  durch  häufige  verwei- 
sag  sof  den  Sprachgebrauch  der  redner  von  den  übrigen  partien  die- 
m  bochstsben  unterscheidet«  hieraus  auf  eine  gemeinsame  quelle 
sdüitnand  suchte  er  nun  auch  in  den  meisten  übrigen  buchstaben 
mit  gztoersr  oder  geringerer  bestimmtheit  glossengmppen  der  oben 
bctachoetca  art  aussusdieiden»  so  sehr  man  ihm  indes  im  anfang 
sdaer  untersochung  beistimmen  musz,  so  wenig  wird  man  es  im 
wcitsin  yerlanf  derselben  können,  wo  sein  verfahren  immer  Willkür- 
Ückr  wird  und  er  schlieszlich  fast  alle  (auch  vereinzelte)  glossen  des 
Bekk«  lex«  jener  Einern  quelle  zuweist,  in  denen  er  besondere  tthn- 
licbkdt  mit  Suidas  und  dieselbe  terminologie  wie  in  der  gruppe  aus 
A  vahRBuehmen  glaubt.  Schmidt  krönt  sein  werk  mit  dem  beweise, 
<htt  jene  queUe  das  lezikon  des  Caecilius  sei.  das  sdüüpfrige  dieser 
bewstdUmmg  hat  Boysen  gar  nicht  erkannt,  vielmehr  gilt  ihm  alles 
Too  leiaem  vorgftnger  aufgestellte  als  sicher,  nur  die  fiir  den  Caed- 
iaiiichen  ttrqnmng  der  glossen  vorgebrachten  argumente  hält  er  für 
tiiflUig  mit  amwiahme  eines  einsigen,  dieses  einzige  aber  erscheint 
in  dtito  onnskstösilicher.  es  ist  die  identität  der  glosse  q>äcic  mit 
«a«B  icagment  des  Caecilius.  das  letztere  steht  im  lex.  Cant.  u. 
^poßoXii:  KavciXioc  hl  9äav  q»r)cW  ctvai  f)v  kot&  twv  t&  bvmöcta 
»ictbUmi  öiropurrövtuiv  diroq>^pouci  wod  koOöXou  xarä  tüjv  tq 
«onri  rilcirrdvtuiv'  koXcicOoi  bk  oörui  ical  x&c  i^mopiKiäc  Mtiviiccic. 
üe  ^esM  des  Tn  Bekk.  lex.  s.  315  lautet:  qxicic:  Mfjvucic  npöc 
^  ipXOVTOc  Kcrrdt  ti&v  thropurrövTuiv  tö  ^^oXXov  f{  Kora  toiv 
atecoOmiv  xuH>tov  f\  okiov  fi  n  räiv  bT)|xodu)v  t\  kotq  tuiv  im- 
Tpiiwv  Tubv  }Mi\  ficptcOuncÖTUJV  rdc  olKioc  tiSiv  öpqwtviXrv.  die  be* 
^k«,  die  jedem  bei  solchen  disorepsnzen  aufstoezen,  beseitigt 
B«p«n  durdi  den  hhnweis,  dasz  in  dem  fragnente  die  werte  Kai 
toMXou  auf  eine  Verkürzung  der  ursprünglichen  werte  deuten,  das 
«MXou  hat  aber  offenbar  diesen  sinn  gar  nicht,  vielmehr  verhftlt 
**tb  die  sedie  folgendermaszen.  Caecilius  sagt:  9dcic  sei  die  klage 
^%tm  die  welche  die  staatsbeigwerke  untergruben,  und  überhaupt 
&  9hm  nicht  bloss  gegen  diese ,  sondern  überhaupt)  gegen  alle 
^«kke  Boh  an  Staatseigentum  vergriffisn.  sonach  macht  das  frag- 
aot  bwnsswegs  den  eindrock  der  Verkürzung,  vielmehr  den  eines 
f^fwiadetsn  ganzen,  wie  man  es  wol  einem  Caecilius  zusehreiben 
BIS.  er  erUlrt  nemlich  q»dcK  als  klage  gegen  offenbare  angreifer 
X  rtatseigentunis  und  hebt  daraus  alB  speciellen  fall,  der  ihm 
**1  besonders  wichtig  erschienen  sein  mochte,  den  gegen  die  t& 
^yioa  fi^tvXXa  önopörrovrcc  hervor,   eine  ganz  andere  kategorie 


118    FyStojentin:  anz.  y.  CBoyaen  de  Harpocrationia  lexici  fontibas. 

bildeten  die  i/ütnopiKal  ^iivuceic  (nemlich  xara  ti&v  'A6r)vaiujv 
i^TTÖpuiv  }xr\  iv  tQ  'AmicQ  &XX'  dXXaxöce  otiitoüvtuiv)  ,  die  daher 
sehr  wol  von  Caeoilius  mit  den  worten  angeführt  werden  konnten : 
KOXoOvTai  bk  usw.  nicht  in  der  Ordnung  wird  man  in  der  Gaecilia- 
nischen  erklftrung  nur  die  übergehung  d6r  gattnng  von  ipiicic  finden 
können,  welche  sich  auf  schlechte  Yormtinder  bezog  und  welche  fast 
alle  andern  grammatiker  erwfthnen.    indes  lag  diese  übergehung  i 
möglicherweise  in  der  absieht  des  rhetors,  insofern  nemlich  von  i 
einigen  diese  letztere  gattung  der  tpÖLCXC  nicht  für  eine  öffentliche,  ' 
sondern  für  eine  privatklage  angesehen  wurde,  vergleichen  wir  so> 
nach  dies  Caeciliusfragment  mit  der  glosse  des  Bekk.  lex.,  so  kann  | 
von  einem  Caecilianischen  Ursprung  der  letztem  kaum  die  rede  sein, 
da  einerseits  eine  bemerkenswerte  ähnlichkeit  in  fassung  oder  wor-  1 
ten  nicht  vorliegt,  anderseits  aber  jeder  von  beiden  glossen  ein  wich-  ' 
tiger  bestandteil  der  andern  fehlt,  aber  drücken  wir  einmal  ein  äuge 
zu  und  räumen  wir  ein,  dasz  die  glosse  q»äcic  des  Bekk.  lex.  aus 
Caecilius  stamme,  folgt  hieraus  für  die  von  Schmidt  in  andern  buch-  | 
Stäben,  beispielsweise  in  A  ausgeschiedenen  gruppen  irgend  etwas? 
unmöglich,  da  in  0  überhaupt  noch  keine  gruppen  haben  ausge- 
schieden werden  können,  also  auch  nach  unserm  zugestftndnis  würde 
sich  nur  das  resultat  ergeben,  dasz  die  glosse  (pdcic  und  nichts  mehr 
aus  Caecilius  stamme.  Bojsen  freilich  nimt  die  behauptung  Schmidts, 
dasz  sich  die  glosse  q>dcic  an  d6r  stelle  des  buchstaben  O  finde  'wo 
wir  die  ezcerpte  aus  dem  lezikon  zu  den  zehn  rednern  (dh*  Caecilius) 
zu  finden  hoffen  dürfen',  ohne  weiteres  hin  und  sucht  sie  noch  zu 
bekräftigen,  die  glosse  q>äctc  ist  aber  die  siebentletzte  des  buchstaben 
O  im  Bekk.  lex.,  und  von  den  12  letzten  glossen,  die  wol  die  Caeci- 
liusgruppe  bilden  sollen,  stimmen  auszer  q>äcic  (wo  jedoch  Suidas 
wieder  wörtlich  mit  Photios  stimmt)  nur  zwei  mit  Suidas  überein, 
und  diese  drei  glossen  werden  noch  durch  andere  nicht  übereinstim- 
mende  von  einander  getrennt  denn  die  von  Boysen  ebenfalls  hier- 
hergezogene glosse  q)€XX(^)a  weist  zwar  mit  Suidas  verglichen  die 
oben  angeführten  merkmale,  Übereinstimmung  mit  Suidas  und,  wenig- 
stens  bei  letzterm,  Verweisung  auf  redner,  auf;  aber  eben  diese  Suidas- 
glosse  kann  nicht  ans  jenem  Wörterbuch  des  Caecilius  stammen,  in- 
dem sie  aus  der  epitome  Harpokrations,  der  glosse  q>eXX€UC  des  Bach- 
mannschen  lexikon  und  einem  scholion  zu  Aristophanes  zusammen- 1 
gesetzt  ist  und  gerade  die  werte,  auf  denen  die  fthnlichkeit  mit  der 
glosse  des  Bekk.  lex.  allein  beruht,  aus  der  epitome  herrühren,  ein 
edatantes  beispiel ,  auf  wie  schwankendem  boden  sich  Bojsen  hier 
bewegt,   indem  er  also  die  glosse  q)dciC  und  darum  auch  die  gesam- 
ten von  Schmidt  bezeichneten  gruppen  für  Caecilianisch  hält,  sucht 
er  zunächst  diese  ansieht  durch  vergleichung  der  überlieferträi  frag- 
mente  des  Caecilius  mit  den  entsprechenden,  sonst  aber  jene  Schmidt- 
Bchen  kriterien  nicht  im  mindesten  aufweisenden  glossen  des  Suidas 
zu  stützen :  von  den  glossen  des  Bekk.  lex.  kann  nach  seinem  eignen 
Zugeständnis  keine  in  betracht  kommen,    in  eicoTTcXfa  wird  man 


FrStojentm:  inz.  r.  CBoyien  de  HarpocrationiB  lezici  fontibus.    119 

eine  flbermnfttimmnng  zugeben  können,  in  GcuipiKÖv  jedoch  scheinen 
waiigstflnB  mir  die  aneichten  des  Caecilius  und  seines  gegners  Lysi- 
BAdddee  T«rtreten  zu  sein,  in  dSoäXflc  endlich  stimmen  nach  Bojsen 
Ciedlius  und  Snidas  gL  3  Tortrefflich  mit  einander  ('bene  congru- 
nst')*  bei  sorgfUtigerer  betrachtnng  aber  würde  er  radicale  yer- 
schiedenbeit  gefanden  haben,  bei  Harpokr.  udw.  heiszt  es  nemlich: 
M  irctvTÖc  ToC  £k  tuiv  Ibiuiv  ^KßoXXoM^vou  rdTTcrai  ToSvoMa,  koI 
ovx  dbc  olercu  KaiidXioc  ^dvuiv  vSry  Ik  KaraMiciic  öq>€iXövTuiv, 
dk  die  bfacfi  äouXT)C  wnrde  angewendet  in  jedem  falle,  wo  jeman- 
dem sein  eigentnm  vorenthalten  wurde,  aber  nicht  blosz  in  d6m  fidle, 
wenn  jemand  in  folge  einer  venirteilang  etwas  schuldig  war, 
eine  bnaze  zu  zahlen  hatte  und  diese  Zahlung  Yorenthielt  die 
Wtitere  erUirong  fahrt  Harpokr.  selbst  unter  den  speciellen  fällen 
dieser  tba\  an,  und  als  alleinige  erklftrung  derselben  überhaupt  findet 
ne  sich  im  anfang  des  scholion  Demos^.  XXI  §  44  ££oijXiic  bk  J^v, 
in  bivbuv€U€v  iicirccetv  KTryiaröc  nvoc,  f\  xu)p(ou  f\  olKiac,  bia 
TÖ  idj  äcTCTiK^voi  Tf|v  KOTObiicnv  KOTa  xpövov  TÖV  dipic^^vov,  wo- 
mch  man  sich  also  an  dem  eigentum  des  säumigen  yerurteilten  schad- 
los hahen  konnte,  TgL  das  etwas  abweichende  scholion  Demosth.  XXI 
§  Sl.  jenes  scholion  dürfte  daher  in  der  that  auf  Caeoilius  zurück- 
gehen (trotzdem  Boysen  s.  30  das  yothandensein  Caecilianischer 
frigmente  in  den  Demosthenischen  schollen  leugnet),  unmöglich 
ibor  Suidas,  wonach  diese  bbo]  gegen  die  gerichtet  ist,  welche  ein 
durch  uxteilasprueh  einem  andern  zugesprochenes  eigentumsrecht  an 
ein  gut  oder  haus  nicht  respectieren.  und  so  geht  denn  Bojsen  auf 
der  Yon  Schmidt  betretenen  abschüssigen  bahn  mit  steigender  hast 
weiter,  obwol  er  s.  45  und  46  gegen  Schmidt  betont,  dasz  nicht  in 
iDen  bodistaben  des  Yn  Bekk«  lex.  sich  die  Ton  jenem  entdeckten 
gnqipen  vorfinden  und  in  den  einzelnen  buchsiaben  nicht  immer  die- 
sdbeB  quellen  benutzt  sind,  wie  ganz  anders  wftren  seine  resultate 
geworden,  hfttte  er  damit  die  beobachtung  Nabers  proleg.  s.  183 
Terhonden,  dan  im  Yn  Bekk.  lez.  die  Verweisungen  auf  den  red- 
ürischen  Sprachgebrauch  nur  in  der  betreffenden  masse  des  buch- 
•Üben  A  und  allenfalls  in  A  erscheinen,  sonst  aber  nirgends!  so 
»ber  tdüieezt  der  paragraph  mit  der  behauptung,  dasz  in  A  eine  aus 
tasdiiaa  stammende  glossenmasse  existiere,  von  den  übrigen  buch- 
ctabcn  wird  kurzweg  dasselbe  angenommen,  den  beweis  dafOr  glaubt 
der  H.  sidi  ersparen  zu  können,  weil  es  'longum  essef !  wie  er  sich 
diesen  beweis  voigestellt  haben  mag,  kann  man  indes  aus  s.  32  er- 
MfacB,  wo  er  bei  einer  glosse  des  Suidas,  die  nicht  aus  der  epitome 
Hsqwkntions  stammt,  in  der  aber  dieselbe  stelle  des  Deinarchos 
cturt  wird  wie  bei  Harpokr.,  die  sache  mit  einer  rhetorischen  Wen- 
dung erledigt  zu  haben  glaubt:  'qui  locus  Dinarchi  cum  ex  Harpo- 
«nticais  epitoma  non  fluxerit,  cui  rectius  tribuetur  quam  Cae- 
«Sio?*  nicht  minder  überraschend  für  den  leser  ist  die  selbst  ohne 
des  idiatten  einer  stütze  s.  20  vorgebrachte  und  s.  21  wiederholte 
bchaoptong ,  dasz  die  Caecilianischen  glossen  sich  im  Yn  Bekk«  lex. 


120    FyStojentin:  anz.  y.  CBoysen  de  HarpocrationiB  lezici  fontibos. 

meist  am  ende  jedes  buohstabea  fUttden.  welcher  feine  unterschied 
hierbei  s.  56  gemacht  wird:  'glossae  Paasaniae  nonmunqnam  ulii- 
mam  imaqoaque  sub  littera  locum  tenent,  Caecilianae  sab  finem 
litteranun  comparent',  ist  mir  unfaszbar. 

In  §  2  setzt  Boysen  seine  forschnng  nach  Caecilianischen  frag* 
menten  fort,  er  findet  im  buchstaben  A  des  IVn  Bekk.  lex.  einige 
glossen,  die  mit  dem  sog.  Caecilios  des  Vn  Bekk.  lex.  ttbereinstim* 
men,  und  erklärt  deswegen  den  ganzen  buchstaben  ebenfalls  für 
Caecilianisch.  aber  die  von  ihm  beispielsweise  angeführten  sechs 
glossen  sind  die  einzigen  in  diesem  buchstaben ,  die  mit  der  Caeci* 
liusgruppe  des  Vn  Bekk.  lex.  stimmen,  von  allen  Übrigen  glossen  ^ 
ist  nicht  einmal  ein  einziges  lemma  in  der  letztem  enthalten,  daher 
hätte  der  vf*  aus  dem  umstände,  dasz  jene  sechs  glossen  im  IVn 
Bekk.  lex.  hinter  einander  stehen  (nur  6ine  fremde  ist  eingeschoben), 
doch  htWshstens  folgern  können,  dasz  nur  dieser  teil  aus  Caecilius 
stamme,  über  die  übrigen  buchstaben  auszer  A  begnügt  er  sich  mit 
der  doch  gar  zu  leichtgläubige  leser  YOraussetzenden  bemerkung 
s.  24,  es  werde  am  besten  sein,  die  glossen  des  IVn  Bekk.  lex. 
sämtlich  (dh.  das  ganze  IVe  Bekk.  lex.)  dem  Caecilius  zuzuteilen.  * 
bei  seinem  eifer  aber  dem  Caecilius  glossen  zu  vindicieren  sieht  der 
yf.  nicht,  dasz  unter  den  Suidasglossen,  die  er  s.  24  im  buchstaben 
A  der  ähnlichen  fassung  wegen  dem  Caecilius  zuschreibt,  mehrere 
oJSenbar  mit  glossen  des  Vn  Bekk.  lex.  zusammenzustellen  sind,  die 
letzteren  sich  aber  nicht  unter  der  Caeciliusgruppe  finden, 
es  wären  demnach  die  sog.  Caeciliusglossen  im  Vn  Bekk.  lex.  nicht 
zu  6iner  gruppe  vereinigt,  sondern  über  den  ganzen  buchstaben  zer- 
streut, durch  derartige  bedenken  jedoch  nicht  im  mindesten  beirrt 
gibt  Boysen  endlich  im  anhang  einen  mehrere  100  glossen  enthal- 
tenden index  fragmentorum  Caecilii,  geschöpft  aus  Suidas,  dea  bei- 
den Bekkerschen  lexika  und  den  schollen  des  Oregorios  von  Eorinth 
zu  Hermogenes.  wie  letztere  zu  dieser  ehre  kommen,  ersehen  wir 
aus  s.  31,  wo  uns  ihre  Übereinstimmung  mit  Suidas  versiphert  wird, 
was  von  derartigen  Versicherungen  zu  halten,  haben  wir  schon  zur 
genüge  kennen  gelernt,  entgangen  ist  dem  vf.  aber,  dasz  die  ganze 
reihe  der  Oregorglossen,  die  er  fast  sämtlich  für  Caecilianisch  hält, 
aus  der  schrift  des  Psellos  nepi  ti&v  övo^dTuiv  TUiV  biKurv  wörtlich 
abgeschrieben  sind,  jenem  von  echter,  alter  erudition  weit  entfernten 
machwerk  byzantinischer  Schulweisheit. 

Cap.  in  behandelt  das  gegenseitige  Verhältnis  der  lexik*  des 
Suidas,  Photios,  Eudemos  und  Methodios.   des  Melodiös?  werden 


^  'itaqne  nunc  anidem  ordine  glossaram  a  littera  A  incipientiam 
relicto  si  ex  ceteris  litteris  Caeciliana  expiscari  stadebimus,  ita  optima 
agemui,  nt  primnm  quidem  lexici  qnarti  glossas  omnes  rhe- 
toris  nostri  lexico  attribaamus,  deinde  in  lexico  quinto  fines 
Caecilianarum  gloBBarom  circamscribamas,  deniqae  et  comparatione 
utriusque  lexici  Seraeriani  edocti  et  nostro  ipsorum  Indicio  nsi  ex 
finidae  lexico  CaeeiUana  seeladamus.* 


SVStflö^ntixi.'  ans.  t.  CBoysen  de  Harpocrationis  lezid  fontibug.     121 


che  leter  fragen,  was  ist  das  für  ein  Methodios?  wir  kennen 
koin  lezikon  des  Methodios.  dasz  dem  buchstaben  A  des  Bachmann- 
lehea  oder  dem  Yln  Bekkerschen  lezikon  dieser  name  gebühre,  ist 
one  entdecknng  MSohmidts ,  die  zu  bele  achten  hier  leider  der  räum 
rerbietet,  der  aber  Bojsen  seine  volle  Zustimmung  gibt,  der  yf.  geht 
ron  der  immer  noch  anhänger  zählenden  echtheit  des  dem  8uidas 
rorgesetzten  index  aus,  die  er  noch  weiter  zu  stützen  sucht,  bei  die- 
Mm  bestreben  hat  er  indes  kein  glück,  das  grobe  versehen  mit  der 
gloBBe  NrjpiTOV  dpoc  ist  schon  von  anderer  seite  gerügt,  auszerdem 
aber  führt  er^als  beleg  für  die  benutzung  des  im  index  genannten 
tiUladios  die  glosse  ö£ußaq)OV  an.  nun  verwirft  jedoch  Helladios 
die  znianmiensetzung  mit  dSoc  ausdrücklich  und  nimt  die  mit  öEu 
an,  während  Suidas  erklttrt:  öEußacpov:  tö  bexöjievov  tö  öEoc.  im 
folgenden  sucht  er  darzuthun,  dasz  Photios  das  Bachmannsche  lexikon 
oder  ein  diesem  ganz  Shnliches  in  das  seinige  aufgenommen,  und  be- 
streitet die  ansieht,  dasz  Suidas  den  Photios  benutzt  habe,  von  dem 
to  gloeee  d£uiK^Xiic  entnommenen  argumente,  wodurch  Naber  selbst 
üe  UBglftubigsten  vom  gegenteil  zu  überzeugen  hoffte ,  gesteht  auch 
Boysen :  Wix  (er  hätte  nur  sagen  sollen  'non')  potest  reici.'  trotz- 
iem  untemimt  er  den  gegenbeweis.  von  befreundeter  seite  bin  ich 
mf  eine  zweite  glosse  von  nicht  minderer  beweiskraft  wie  dSuiK^Xric 
m&nerksam  gemacht  worden,  im  Bachm.  lex.  nemlich,  welches  noch 
Behmidt  die  directe  quelle  des  Suidas,  nach  Bojsen  nur  das  funda- 
aMnt  dieser  quelle  gewesen  ist,  befinden  sich  die  glossen  £q)öXKia 
und  £q)opoc  in  guter  Ordnung,  bei  Photios  dagegen  ist  ein  satz  der 
sinen  glosse  in  die  andere  gerathen ,  und  bei  Suidas  findet  sich  die- 
selbe confusion  in  wörtlicher  Übereinstimmung!  den  Boysenschen 
gegenbeweis  nun  kann  ich  nicht  für  gelungen  erachten,  besonders 
aber  die  benutzung  des  Timaios  durch  Suidas  selbst  weisz  er  gegen 
die  überzeugenden  gründe  Nabers  nur  solche  vorzubringen,  denen 
man  ihre  bestimmung  den  gänzlichen  mangel  guter  argumente  zu 
verdecken  deutlich  ansieht,  über  das  lexikon  des  Eudemos,  von  dem 
der  vf.  im  anhang  mehrere  bruchstücke  ediert,  wird  sich  bestimmtes 
erst  dann  aufstellen  lassen,  wenn  dies  lexikon  ganz  ediert  sein  wird. 
ob  freilich  abgesehen  hiervon  der  Wissenschaft  damit  irgend  ein 
dienst  geleistet  werden  wird,  wage  ich  schon  jetzt  zu  bezweifeln,  in- 
dem auch  mir,  wie  Küster,  dieser  Eudemos  pseudepigraph  und  im 
gegensatz  zu  Bojsen  stark  aus  Suidas  interpoliert  erscheint,  wenn 
nicht  etwa  gar  der  von  Naber  vermutete  Ursprung  des  ganzen 
lexikon  aus  Suidas  sich  herausstellt. 

Im  lYn  cap.  ^de  lexico  V  Segueriano'  widerlegt  der  vf.  im 
ganzen  mit  guten  gründen  Schmidt  und  Naber,  welche  gröszere  par- 
üen  dieses  lexikon  aus  Pausanias  ableiten  wollten,  aber  sein  eigner 
versuch  dieselben  partien  auf  Ailios  Dionjsios  zurückzuführen  ist 
nm  der  viel  zu  unsichem  begründung  willen  als  gescheitert  anzu- 
sehen, nicht  minder  der  beweis  dasz  Pausanias  die  quelle  gewisser 
anderer  partien  des  fraglichen  lexikop  sei.     denn  gleich  das  erste 


122    FyStojentin:  anz.  y.  CBoysen  de  HarpocrationiB  lexid  fontibaa. 

beispiel  ist  gänzlich  yenmglückt:  lex.  Bekk.  s.  203,  15  dbtiq)aT0uc 
Tpit^petc:  T&c  ^€T(iXac  Tpifjpetc  f{  t&c  ixoucac  dvreXft  rd  trXiipui- 
paTa.  Tiap"  6  Ka\  dbTiq>dTOi  fippotTa  X^TOuct  rd  fucrdXa  xal  tAciq. 
Eastathios  citiert  s.  1394,  34  zwei  rhetorisohe  lexika,  aach  nach 
Bojsen  wahrscheinlich  Pausanias  und  Dionjsios.  aus  dem  ersten 
erklärt  er  dbn<pdTOC  TpirjpTlc  gar  nicht,  aus  dem  zweiten  aber  mit 
Photios  als  Tf|V  TÖv  ^icOöv  Xa^ßdvoucav  ivreXf).  aus  dem  ersten 
dagegen  führt  er  eine  erklftrung  yon  dbiiq>äTOV  fip^a  an.  danach 
heiszt  der  wagen  so,  nicht  etwa  (wie  im  Bekk.  lex.)  weil  er  selbst 
T^€iov  ist,  sondern  bid  touc  kot*  auTÖ  TcXelouc  tTnR>uc.  im  zwei- 
ten lexikon  wird  db.  fippa  gar  nicht  besprochen,  wer  hat  da  noch 
lust  die  andern  beispiele  zu  prüfen?  betrachten  wir  aber  wenigstens 
noch  das  beispiel  &^mnoc  gleich  auf  der  folgenden  seite  54,  bei  wel- 
chem uns  durch  ausschreiben  der  stellen  die  mühe  des  nachschlagens 
erspart  wird,  trotz  aller  ähnlichkeit  der  worte  nemlich,  die  zwischen 
der  glosse  des  Bekk.  lex.  und  Pausanias  obwaltet  und  durch  die  sich 
auch  Naber  hat  teuschen  lassen,  erklären  beide  ganz  yerschieden. 
denn  das  Bekk.  lex.  deutet  djUiTTTTOi  als  menschen,  Pausanias  als 
pferde!  dasz  es  sich  hier  nicht  etwa  um  ein  misyerständnis  der 
Worte  des  Pausanias  durch  das  Bekk.  lex.  handelt,  zeigt  deutlich 
Harpokration ,  aus  dem  wir  das  yorhandensein  beider  erklftrongen 
neben  einander  erfahren,  denn  bei  letzterm  kann  das  oiSroi  in  oOroi 
&^mTrol  X^TOVrat  nur  auf  Tttttoi  gehen ,  nicht  aber  auf  den  6inen 
dXauvuiv.  nicht  minder  yerfehlt  scheint  mir  das  folgende  beispiel 
dKpocTÖXiov.  das  Bekk.  lex.  gibt  für  dies  wort  eine  erklämng,  die 
Pausanias  für  fiq>XacTOv  hat.  nun  deutet  aber  Eustathios  selbst  an 
dasz  einige,  yielleicht  Apollodoros,  wie  man  aus  lex.  Bekk.  s.471f  19 
schlieszen  möchte,  beide  ausdrücke  fttr  identisch  hielten  (und  dies 
thut  offenbar  das  Etjm.  m.),  während  andere,  jedenfalls  Didymos, 
den  Pausanias  eben  hier  citiert  und  dem  er  selbst  folgt,  yerschieden- 
heit  annahmen,  werden  wir  nun  mit  Bojsen  zu  yermuten  haben, 
dasz  das  Bekk.  lex.  durch  ein  yersehen  die  erklärung  yon  ficpXaaov 
auf  dKpocTÖXiov  übertrug,  oder  nicht  yielmehr  dasz  es  (im  gegen- 
satz  zu  Pausanias)  zu  denen  gehört,  die  beide  worte  für  gleich- 
bedeutend hielten  und  daher  für  das  letztere  wort  eine  erklärung 
bieten  durften,  die  andere  nur  für  das  erstere  gelten  lieszen?  durch 
dergleichen  beispiele  ermuntert  genügt  dem  yf.  s.  55  die  blosse  ab- 
weichung  einer  glosse  yon  Dionjsios,  um  sie  dem  Pausanias  zuzu- 
sprechen, ich  glaube  daher,  man  kann  getrost  die  behauptung  auf- 
stellen, dasz  sich  im  Yn  Bekk.  lex.  weder  glossen  des  Ailios  Dionj- 
sios noch  des  Pausanias  yor^den.  denn  sollte  auch  wirklich  hier 
und  da  eine  glosse  ähnlichkeit  mit  einer  der  beiden  Attikisten 
haben,  so  wird  hieraus  für  den  Ursprung  dieser  yereinzelten 
glossen  aus  denselben  doch  gar  nichts  folgen  können. 

In  cap.  y  'de  Aelii  Dionjsii  et  Pausanias  lexicis  rhetoricis' 
wendet  sich  der  yf.  wiederum  besonders  gegen  Mäher,  der  die  ab- 
hängigkeit  beider  Attikisten  yon  Diogenianos  behauptet  hatte,  und 


FTStojentin:  am.  v.  CBoysen  de  Harpocrationis  lezici  fontibus.    123 

hllt  gende  das  gegenteil  hiervon  für  richtig,    auch  mir  scheint 
Kaberi  anddit  unsicher,  wiewol  ich  Boysens  einwänden  kein  ge- 
wicht einzarStuneni  noch  viel  weniger  aber  seine  eigene  ansieht  zu 
bilhgen  im  stände  bin.   denn  wenn  er  in  der  von  Naber  f&r  seine 
assidit  angefUirten  stelle  des  Enstathios  s.  1533,  47  xeiTat  toOv 
^v  ^optxifi  XeSucifi  TaOra*  olof  inibdXiov,  adx/jv.  AioTeviovöc 
W  9nav  olaxac  X^TCt«  olc  Td  irnbdXia  £niCTp^q>ouciv  usw.  die  an- 
fiilinmig  Diogenians  von  dem  lex.  rhet.  abtrennt  und  zwei  verschie- 
dene dtate  annimt,  hat  er  offenbar  die  zwei  verba  dicendi  q)r)clv  und 
llx^i  nicht  genflgend  beachtet,  von  denen  das  letztere  AiOTCViavöc 
com  Bubjeet  hat»  das  eingfesdiobene  9T]cIv  aber  nach  Eustathios  citier- 
wdse  sich  blosz  auf  den  verfieuser  des  XeSiKÖv  ^iiTOpiKÖv  beziehen 
ksan,  und  auch  das  fehlen  der  werte  Diogenians  bei  Photios  liesze 
fikh  leicht  erklftren.    wie  femer  der  vf.  seine  beobachtung,  dasz 
eiaigemal  Hesjchios  die  von  beiden  Attildsten  einzeln  vorgebrach- 
tca  erklfinmgen  vereint  bietet,  ftlr  seine  annähme  günstiger  als  fttr 
die  NaberBche  finden  kann,  ist  schwer  einzusehen,    was  soll  man 
eadlieh  xa  den  schlössen  s.  64  sagen :  da  Diogenian  die  werte  aller  (!) 
Schriftsteller,  die  beiden  Atükisten  nur  die  attischen  zu  erklären  be- 
absichtigt hfttien,  so  wflrden  die  letzteren  aus  dem  werke  Diogenians 
fast  gar  keinen  nutzen  haben  ziehen  kOnnen ;  und  zweitens :  hätten  sie 
etbamtztyBO  würden  sich  in  ihren,  also  in  attikistischen,  werken 
aehr  ethnische  glossen  finden,  im  weitem  verfolg  die  schon  von 
»deren  gesehene  benutzung  beider  Attikisten  durch  Photios  und  die 
des  Photios  durch  das  Efym.  m.  in  den  mit  ^TtToptKrj  bezeichneten 
gloMen  billigend  schieszt  der  vf.  doch  sicher  weit  über  das  ziel  hin- 
Ma,  wenn  er  alle  glossen,  die  zwar  mit  Photios  übereinstimmen,  aber 
jtnen  znsatz  nicht  haben,  für  nicht  Photianisch  hftlt   nicht  unter- 
IiMen  will  ich  noch  besonders  auf  ein  interessantes  dilemma  auf- 
merksam SU  machpn,  welches  Boysen  in  einem  ezcurs  dieses  capitels 
ufdeckt,  ohne  eine  lOsung  gefunden  zu  haben,  auf  den  Widerspruch 
Mmlich  zvrischen  der  bekannten  stelle  der  jedenfalls  seinem  reifem 
«her  angehörenden  bibliotheke  des  Photios,  nach  welcher  sein  lezikon 
&b  Boeh  unabgeiiuzt  erscheiut,  und  einer  stelle  der  quaestiones  Am- 
H'iMiianae  desselben  autors,  wo  er  von  einem  bereits  im  Jünglings- 
alter verfiMzten  lezikon  spricht,  welches,  wie  Boysen  aus  letzterer  stelle 
KUiessen  zu  müssen  glaubt,  mit  dem  uns  erhaltenen  identisch  ist 
In  cap.  VI  endlich  zieht  der  vf.  für  sein  eigentliches  thema  das 
nultat.    die  hftnfig  beobachtete  Übereinstimmung  Harpokrations 
Bit  Jossen  des  Dionysios  und  Pausanias,  wenn  auch  oft  nur  sol- 
ekcft  die  er  dafür  hält,  veranlaszt  ihn  zu  der  annähme,  dasz  Har- 
pofaatit»  diese  Attikisten  benutzt  habe,     und  es  Iftszt  sich  nicht 
Icogaen,  dasz  einige  kürzere  glossen  Harpokrations  mit  den  ent- 
■preciiaidfln  der  Atükisten  übereinstimmen,   aber  folgt  hieraus  ohne 
veiterea,  dasz  ersterer  die  letzteren  benutzt  habe?   ist  es  nicht  eben 
M  gvt  möglich,  dasz  alle  drei  dieselbe  urquelle  benutzt  haben?  die 
^Vithk^en,  glaube  ich,  sind  doch  beide  vorhanden,^ und  doch 


124    FvStojentin:  anz.  ▼.  CBoysen  de  Harpocrationis  leiici  fontibas. 

scheint  die  letztere  für  Bojsen  nicht  zu  existieren,  wer  aber  könnte 
vorurteilslos  auch  nur  eine  geringere  anzahl  von  glossen  Harpokra- 
tions  und  von  echten  glossen  der  Attikisten  gelesen  haben,  ohne  von 
vom  herein  die  unwahrscheinlichkeit,  ja  die  Unmöglichkeit  der  Boy- 
senschen  annähme  zu  erkennen?  Harpokration,  dieses  juwel  aller 
antiken  lexikographen,  sollte  auch  nur  einen  bruchteil  seines  Werkes 
den,  so  wertvoll  sie  fttr  uns  auch  sein  mögen,  doch  immerhin  im  ver- 
hiütnis  zu  seinen  schätzen  dürftigen  Schriften  der  Attikisten  entlehnt 
haben?  und  weist  denn  nicht  alles  auf  die  zweite  möglichkeit  hin? 
au8  der  oft  hervortretenden,  so  überaus  groszen  ähnlichkeit  der  glos- 
sen des  Dionysios  und  Pausanias  (vgl.  Bojsen  selbst  s.  81  'utriasque 
fragmenta  inter  se  tam  similia  sunt,  ut  nullo  modo  accnrate  possis 
discemere,  quae  huic,  quae  illi  sint  propria')  haben  schon  andere 
geschlossen  und  wird  jeder  schlieszen  müssen,  erstens  dasz  beide  oft 
eine  gemeinsame  quelle  benutzt  haben,  und  zweitens  dasz  beide  diese 
quelle  zwar  hKufig  im  excerpt  aber  doch  ziemlich  wörtlich  wieder- 
geben, nun  sieht  sich  Bojsen  selbst  s.  72  zu  der  annähme  genötigt, 
dasz  Dionjsios  das  grosze  lexikon  des  Pamf^ilos  benutzt  habe,  da 
er  ebenfalls  im  allgemeinen  den  ansichten  Bankes  und  Schmidts  über 
den  Ursprung  des  Hesjchios  aus  PamphUos  beipflichtet,  welche  an- 
nähme htttte  sich  da  auch  für  ihn  ungezwungener  ergeben ,  als  dasz 
die .  so  oft  zwischen  den  Attikisten  und  Diogenian  (Hesjchios)  be- 
obachtete ähnlichkeit  eben  auf  die  benntzung  des  Pamphilos  durch 
alle  drei  zurückzuführen  sei?  nun  vergleiche  man  doch  Harpokr.  u. 
q>iXoTiic(a  mit  Pamphilos  bei  Athen.  XI 602  ^,  und  man  wird  völlige 
Übereinstimmung  finden,  auch  Bojsen  citiert  diese  glosse,  aber  zu 
welchem  zwecke?  um  zu  zeigen,  dasz  Harpokration  nicht  aus  Athe- 
naios  selbst  geschöpft  haben  könne  I  hier  htttten  wir  also  eine  andere, 
ältere,  von  einer  fülle  von  gelehrsamkeit  strotzende  quelle  gefunden, 
auf  die  sich  die  drei  fraglichen  lexikographen  ohne  Schwierigkeit  zn- 
rttokfdhren  lassen,  ob  aber  schon  Pamphilos  selbst  als  die  qnelle 
der  Übereinstimmung  der  drei  lexikographen  anzusehen  ist  (vgl.  das 
hierüber  von  mir  *de  lulii  Pollucis  . .  auotoritate'  s.  108  angedeatete) 
oder  erst  die  von  diesem  benutzten  autoren,  das  will  ich  an  diesem 
orte  dahingestellt  sein  lassen«  von  den  vom  vf.  als  beweise  für  seine 
ansieht  angeftkhrten  beispielen  mögen  hier  nur  zwei  besprochen  wer- 
den ,  das  eine  um  die  nn Wahrscheinlichkeit,  das  andere  um  die  Un- 
möglichkeit seiner  annahmen  ntther  zu  zeigen,  die  glosse  des  Photios 
8pmr)b^CT0(Ta:  rd  EOXa  rä  örrö  Opiiruiv  btaßeßpw^i^va,  olc  ivri 
cq>paTiöuiv  ^xP^S^vro.  6pU|i  t&P  Zt^^öv  Icn  KaT€cO(ov  EiiXa  xat  k^- 
paxa  h&lt  der  vf.  für  eine  contamination  der  von  Eustathios  s.  1403, 
35  überlieferten  glosse  des  Pausanias  6  b'  aördc  \ij^i  Kai  ön  Opi- 
irfjbeaa  £uXi^q>ia  rd  önö  Opmuiv  ߀ßpu>M^vo  ibc  dnö  toO  ^iu. 
ok  ixP^VTÖ  9iictv  o\  cq>öbpa  okovojüiiKoi  dvri  tXutttAv  c^poti- 
bu)v.  Tivtc  hk  aörd  ircvracuXXdßuic  GpimiWcTaTa  cIttov',  und  der 

^  den  letzten  satz  tivk  hi  usw.  von  den  übri^n  Worten  abzatren- 
nen  und  einer  andern  quelle  des  Enstathios  (Dionjsios)  sozuschreiben 


FTSIqjcntiB:  anz.  ▼.  CBoysen  de  Harpocrationis  lexici  fontibus.    125 

MDer  mwnnng  nach  ans  Ailios  Dionjsioa  stammenden  glosse  des 
Vb  Bekk.  lex.  oder  der  auch  nach  aussonderong  des  fremden  immer 
aoeh  ToUstftndigem  des  Soidas  6piirtib^aT0v :  ävrl  tou  ßeßpui^d- 
vov  Koi  bi€(p6apMdvov  . . .  6pli|i  Tcip  Z<pöv  ictx  Kareceiov  ivXa  Ka\ 
K^poTO.  iiißvrrnix  TirepibTic  dv  nji  Kord  Ar]M<ibou ,  eine  abstam- 
Bimg  für  die  ich  freilich  den  s.  48  beigebrachten  beweis  nicht  im 
mindesten  als  Überzeugend  erachten  kann,  wegen  ihrer  groszen  Khn- 
iicfakeit  mit  Photios  wird  er  aber  dann  anch  das  schol.  Ar.  Thesm. 
427  EuXa  unö  0pmuiv  ßeßpui^^va  olc  dccppdTiZov.  Gpmec  hk  cTboc 
csuiUiKUiv  fllr  eine  solche  contamination  beider  Attikisten  halten 
Blbsen,  desgleichen  die  nicht  minder  ähnliche  des  Hesjchios  6pi* 
vi^bccTOV:  EuXov  öirö  Opimiiv  ßcßpuiM^vov.  o\  tdp  dv  toic  £üXoic 
cfiTCC  oiinuc  dKaXoCvTO.  aber  auch  in  der  erklKrnng  Harpokrations 
vHrdsn  die  erwShnung  des  Hjpereides  und  die  werte  dvTi  toO 
bicfSopM^vnv  anf  den  sog.  Dionysios  (dvil  toO  ߀ßpiAl^dvov  Kai 
ÖK^Oopfidvov)  weisen,  die  worte  dirö  Tuiv  äirö  OpmiS^v  Karcbri* 
b^6wiv  EuXujv  anf  Pausanias  (£uXifjq>ia  Td  örrö  Optiruiv  ßeßpw- 
MCva  die  6nd  toO  (bw),  pbwol  dem  yf.- unbegreiflicher  weise  die 
voiie  des  Pausanias  ^multum  ab  Harpoorationeis  absuat'  und  er 
dvom  die  ganze  glosse  dem  Dionysios  zuschreibt,  auch  das  endlich 
dfirfte  zu  beachten  sein,  dasz  in  der  glosse  des  Etjm.  m.,  die  in  der 
tbAt  in  zwei  hälften  zerftUt,  von  denen  die  erste  den  sog.  Dionysios, 
die  zweiie Pausanias  reprSsentiert,  doch  in  der  ersten  hafte  das  dirö 
ToO  epup  6piKÖc  Kttl  ToG  dbu)  TÖ  dcOiui  wieder  auf  Pausanias  (die 
M  TOU  Äui)  hinwiese,  so  gelangten  wir  denn  auf  grund  der  Boy* 
ttnaefaen  annahmen  zu  dem  resnltat,  dasz  bei  unserer  glosse  drei  oder 
gir  vier  grammatiker  und  zwar  fast  jeder  auf  seine  eigne  weise  die 
ietika  beider  Attikisten  zusammengeschweiszt  hätten :  denn  eine  allen 
<h«i  oder  vier  gemeinsame  quelle,  in  der  dies  allein  zuerst  ausgeführt 
vire,  etwa  Diogenian,  wird  man  bei  aller  ähnlichkeit  nicht  anneh« 
am  k5nnen.  das  unwahrscheinliche  eines  solchen  resultates  springt 
iz  die  aogen:  wie  viel  näher  liegt  es  hier  eine  sämtlichen  angeftihr- 
tü  gTsrnmatikem  incL  der  Attikisten  zu  gründe  liegende  urquelle 
fianmehmen,  ans  der  alle  Torliegenden  fassungen  ohne  schwierig« 
uit  abgeleiiet  werden  können!  als  zweites  beispiel  diene  die  glosse 
^vaxTpoicäüf)C.  hätte  Boysen  sämtliche  stellen  des  Eustathios  ge- 
tuat,  die  sich  auf  dieses  wort  beziehen,  so  hätte  er  jedenfalls  einen 
giBz  andern  gebrauch  davon  gemacht,  als  durch  die  bloszen  anfOh- 
nageai  s.  49  und  79  geschehen  ist  da  haben  wir  ja,  würde  er  ge- 
«p  haben,  ofienbare  äberelnstimmung  des  Vn  Bekk.  lex.  und  Har- 
pokrations mit  Ailios  Dionysios  1  die  glosse  nemlich  bei  Eustathios 
ft.  1539,  24  diroKTpibcc  tA  dXtdbcc.  dTraxTpctc  xdp  ol  kuvtitoL 
^3nTpOKäLi|C  bt  itXoiov  XqcTptKdv  fiCToSu  ^iroucrpiboc  kqI  k^Xti« 
tx,  &  Kol  aurd  irXouxpid  dcriv  ist  wirklich  eine  glosse  des  Diony- 
no9,  wie  Eostathios  s.  1871,  61  zeigt,     dasz  wir  aber  von  dieser 

HttiüX  mir  «iae  sehr  gewagte  annabme  des  rf.,  noch  gewagter  aber 
te  kieraoa  gezogenea  folgerangen. 


126    FvStojentin:  anz.  y.  CBoysen  de  Harpocrationis  lezici  fontibus. 

glosse  in  des  Eastathios  erster  stelle  eine  durchaus  authentische  fas- 
snng  besitzen,  dafür  bürgt  für  die  erste  hälfte  der  glosse  die  genaue 
Übereinstimmung  der  zweiten  stelle  und  für  die  zweite  h&lfte  die  des 
Suidas  (die  entsprechende  glosse  des  Photios  ist  in  einer  groszen 
lücke  untergegangen):  dnaiCTpOK^Xnc:  nXoTov  XqcrpiKÖv  m^toEu 
dTroncTplboc  xaT  k^Xittoc,  ärrcp  xal  aurd  nXoiäptä  icnv.  dies  allein 
genügte,  um  das  inrtümliche  der  annahmen  darzuthun,  welche  der 
vf.  über  das  verhSltnis  der  dieses  wort  betreffenden  glossen  des  Dio- 
nysios,  des  Vn  Bekk.  lex.  und  Harpokrations  aufgestellt  hat  trotz* 
dem  will  ich  noch  genauer  hierauf  eingehen,  vergleichen  wir  hiermit 
die  glosse  des  Hesychios  diraxTpiöac:  rdc  äXidbac*  dTraicrpeic  ydp  o\ 
dXieic  xal  xaOöXou  o\  KUvr]Toi.  £TraicTpoK^r)c  bi  elboc  nXoiou.  wer- 
den wir  ihren  Ursprung  aus  Dionysios  annehmen  können  ?  gewis  nicht, 
denn  trotz  aller  Übereinstimmung  ist  sie  an  einer  stelle  ausführlicher, 
aber  auch  da  wo  sie  kürzer  ist  (dTraKTpoK^Xfic  bi  etboc  TrXoiou)  zeigt 
den  ursprünglichen  reichtum  ihrer  quelle  die  glosse  Harpokrations 
dTraKipoK^Xfic:  Aicxivtic  dv  ti^  xard  TiMdpxou.  cTbocb'icTi 
TrXoiou  cüvOeTov  i^oy  Tf|V  KaTacK€uf|v  &  t6  dnaicTpibGC  xal  w- 
Xtitoc.  Jiv  hk  die  inmav  XqcTpixöv,  ibc  xal  Aeivapxoc  tv  i^  mii 
TToXu€iJKTOU.  und  nun  sollte  gar  Harpokration  aus  Dionysios  ge- 
schöpft haben?  zeigt  nicht  schon,  abgesehen  von  allem  andern,  die 
klare  ausdrucksweise  in  den  werten  cuvOcTOV  ixov  Tf|v  KaTaCKeirfjv 
£k  t€  dtraKTpiöoc  xal  x^titoc  im  verhiUtnis  zu  den  abgeblaszten 
und  unklaren  des  Dionysios  ^€Ta£u  dnaxrpiboc  xai  x^XfiTOC,  dasz 
nicht  Harpokration ,  sondern  Dionysios  die  abgeleitete  fassung  ver- 
tritt? und  nun  die  glosse  des  Vn  Bekk.  lex.  dTTOXTpox^Xiic :  Xqapi- 
x6v  xal  ßpaxO  TrXoiov.  fcn  bk.  tö  ^vo^a  cuvGctov  dirö  dtraicTpi- 
boc  xal  Ki\r]ioc:  ihr  kommt  am  nächsten  Etym.  m.  iTTOKTpox^XTic: 
cuv€Td6r)  Ik  t€  xAtitoc  xal  ^TraxTpiboc  *  nXoia  bi  J^v  ßpax^oi  Xq- 
CTptxd  usw.  das  cuvCT^On  wollte  der  etymolog  jedenfalls  nicht  von 
der  wortcomposition  verstanden  wissen,  sondern  im  sinne  Harpo- 
krations. denn  im  ersten  falle  würde  er  das  perfectum  aJTK€iTai 
oder  nach  seiner  sonstigen  gewohnheit  überhaupt  kein  yerbum  ge* 
setzt  haben,  die  glosse  des  Etym.  m.  selbst  wird  man  sich  nun  viel 
eher  aus  einer  fassung  wie  die  Harpokrations  als  aus  Dionysios  her- 
vorgegangen denken  können,  das  €cTi  bi  tö  6vopa  cuvScTOvdes 
Bekk.  lex.  endlich  viel  eher  aus  einem  misverstandenen  cuv€T€Or] 
der  fassung  des  Etym.  m.  oder  meinetwegen  auch  direet  aus  der 
Harpokrations  als  aus  dem  ^€Ta£u  des  Dionysios.  auch  bei  der  glosse 
des  Bekk.  lex.  also  spräche  schon  nach  dieser  erwSgung  die  Wahr- 
scheinlichkeit für  einen  nicht-Dionysischen  Ursprung,  und  so  kann 
man  von  des  vf.  prämissen  ausgehend  auch  noch  bei  verschiedenen 
anderen  beispielen  zu  ergebnissen  gelangen,  die  das  unwahrschein- 
liche oder  falsche  der  ersteren  dartbun.  nachdem  Boysen  noch  in 
§  2  dieses  cap.  eine  grosze  menge  von  glossen  angeführt,  in  denen 
allerdings  Harpokration,  Photios  und  das  Ve  Bekk.  lex.  mit  ein« 
ander  übereinstimmen,  die  aber  darum  doch  nur  das  zeigen,  was  er 


PSchwenke:  Cioeros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deonim.     129 

(9.) 

ÜBER  CICEROS  QUELLEN  IN  DEN  BÜCHERN  DE  NATURA 

DEORÜM. 
(•chloBi  Ton  s.  49 — 66.) 


ÜL 

dantellnng  der  sioisofaen  theologie  im  zweiten  buche  ist 
u^  HineU  nniersachiing  (s.  191 — 243),  abgesehen  von  einigen  zn- 
tkitai  Ciceroa,  ans  drei  qnellenschriften  geflossen:  §  3  —  44  und 
164—167  aas  Poeeidonios  7T€pi  0€u>v,  45 — 72  aus  dem  gleichnami- 
gen werke  des  Apollodoros,  73 — 153  aus  Panaitios  irepl  npovoiac. 
dient  resultat  ist  ein  sehr  befremdendes,  wenn  Cicero  das  werk 
des  Poeeidonioe  vor  sich  hatte,  welches,  wie  Hirzel  selbst  zugibt 
\u  196  anm.  2),  die  theologie  mit  einschlusz  der  lehre  von  der  vor- 
idraag  behandelte,  sollte  er  da  noch  das  bedürfnis  geMhlt  haben  zu 
udern  bflehem  zn  greifen?  er  yermiszte,  sagt  Hirzel,  bei  Posei- 
<kmo8  die  etymologischen  und  allegorischen  deutungen  der  mytho- 
logie,  bei  Panaitios  den  beweis  der  Torsehung  aus  der  mantik,  und 
xog  dsahalb  im  ersten  falle  das  buch  des  Apollodoros  heran,  im 
iveüa  kehrte  er  zu  Poseidonios  zurück,  aber  mit  der  umsieht,  die 
er  darin  gezeigt  haben  würde,  steht  die  ausftthrung  seiner  guten  ab- 
nehten  in  wunderbarem  Widerspruch :  denn  nicht  nur  die  stellen,  in 
deMD  das  yermiszte  stand,  nahm  er  auf,  sondern  ganze  teile  der  be- 
treffenden werke,  ohne  zu  bemerken  dasz  er  dadurch  mehrere  paral- 
lele dantellungen  desselben  gegenständes  in  seine  schrift  brachte, 
sad  gesetit  selbst,  es  liesze  sich  das  vereinigen,  müste  man  nicht 
cnrarten  dasz  Cicero  eine  andeutung  über  jene  lücken  seiner  quellen 
gtbc?  so  oft  er  in  den  büchem  de  officiis  aus  sich  selbst  oder  aus 
Poieid<»iios  den  Panaitios  corrigiert,  unterlftszt  er  es  nie  mitteilung 
dATOB  zn  maehen,  und  hier  sollte  er,  der  nie  kar^  war  im  herror- 
Mea  seiner  yerdienste  und  kenntnisse,  yersftumt  haben  seine  um- 
aeht  in  das  hellste  licht  zu  stellen?  mit  6inem  werte:  das  ganze 
Cieero  zngesehriebene  verfahren  ist  so  unwahrscheinlich,  dasz  wir  es 
^  absiveehen  müssen,  wenn  die  beobachtungen  und  thatsachen, 
laf  welche  sich  Hirzel  stützt ,  nur  irgendwie  eine  andere  und  natttr- 
erkUbung  zulassen. 

beweis  gründet  sich  in  der  hauptsache  darauf,  dasz  Cicero 
dw  in  §  3  gegebene  disposition  {esse  deos;  qudUs  sint;  mtmdum  ab 
ttf  odmimkiron;  eonsuHere  eos  rebus  humams)  der  sache  nach  nicht 
•trug  einhalte:  denn  in  dem  teile,  welchen  er  am  schlusz  (44)  als 
*<iaea  ersten  bezeichnei  beweise  er  nicht  nur  dasz  götter  existieren, 
Hmdcm  aoch  dasz  weit  und  gestime  götter  seien ,  was  offenbar  in 
^  tweiten  faUe.  in  diesem  aber  (45^72)  werde  nicht  allein  §  45 
^M  ganz  dasselbe  wiederholt,  sondern  auch  §  57  f.  die  lehre  von 
c«r  ronehong  vorausgenommen,  endlich  werde  zwar  §  132  aus- 
^^^eb  der  dritte  teil  geschlossen  und  133  der  vierte  begonnen, 

Ar  clM«.  philol«  IST»  hfl.  S.  9 


130     FSchwenke:  Cicaros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deorum. 

später  aber  (153)  alles  133 — 158  gesagte  als  zum  dritten  teile  ge- 
hörig betrachtet  and  154  der  vierte  nochmals  angekündigt,  worauf 
154 — 162  wieder  eine  parallele  zu  133  bilden,  die  richtigkeit  die- 
ser beobachtungen  kann  man  im  groszen  und  ganzen  zugeben,  ohne 
deshalb  die  angeführten  Schlüsse  daraus  ziehen  zu  müssen,  denn 
wenn  man  nur  nicht  mit  der  absieht,  spuren  verschiedener  quellen 
aufzufinden,  an  die  sache  herantritt,  wird  man  manches  anders  be- 
nrteilen,  und  die  vergleichung  einiger  griechischen  stellen  wird  das 
bestätigen,  um  jedoch  den  gang  der  Untersuchung  nicht  unnötig 
zu  erschweren,  werde  ich  hier  nicht  auf  Hirzels  einzelne  argumente 
eingehen,  sondern  nur  unter  berücksichtigung  derselben  die  quellen- 
untersuchung  nochmals  zu  führen  suchen. 

Eine  einteilung  der  stoischen  thaologie  ist  uns  aoszer  der  an- 
geführten stelle  Ciceros  (§  3)  nirgends  überliefert,   das  was  bei  ihm 
als  theologie  zusammengefaszt  ist,  wird  bei  La.  Diogenes  Vn  an 
zwei  verschiedenen  steUen  behandelt,  138  f.  in  unmittelbarer  Ver- 
bindung mit  der  kosmologie  die  lehre  von  der  Vorsehung,  und  erst 
147  f.  ^e  von  dem  wesen  der  gottheit.  ebenso  trägt  Areios  Didjmos 
bei  Eusebios  praep.  ev.  XV  15 ,  5,  zum  teil  in  wOrtlidier  Überein- 
stimmung mit  der  erstem  stelle  des  Diogenes,  zugleich  mit  der  koä- 
mologie  den  Vorsehungsglauben  vor;  die  eigenüiche  theologie  be- 
handelte auch  er  jedenfalls  an  einer  andern  stelle,  welche  uns  nicht 
erhalten  ist.   zu  demselben  resultate  führt  uns  die  betrachtung  der 
titel  und  fragmente  der  werke  des  Chrjsippos.    wenn  dieser  eine 
schnft  7T€pl  Tipovotac  neben  der  nepl  6€wv  schrieb,  so  ist  zu  ver- 
muten dasz  er  in  letzterer  vorzugsweise  von  dem  handelte,  was  der 
Stoiker  Ciceros  in  seinem  ersten  und  zweiten  abschnitte  vorträgt, 
und  die  Vorsehung  nur  gelegentlich  berührte,    das  bezeugen  auch 
die  meist  bei  Plutarch  erhaltenen  fragmente  (Baguet  de  Chrysippo 
s.  204  ff.)  und  die  inhaltsangabe  bei  Philodemos  n.  cäc.  77,  13  ff. 
getrennt  behandelte  Chrysippos  ferner  die  lehre  von  der  manük  und 
dem  Schicksal,  welche  bei  La.  Diog.  149  unmittelbar  angeschlossen 
werden  und  deren  Zugehörigkeit  durch  Cic.  de  not,  cL  III 19.  de  dU\ 
19.  II  3  bestätigt  wird,   über  das  werk  des  Antipatros  von  Tarsca 
nepl  Oeujv  (Plut.  stoic.  rep.  38, 3)  ist  uns  nichts  nlüieres  überliefert ; 
Panaitios  schrieb  nur  Tt€pt  npovotac.    Poseidonios  ist  der  einzige, 
von  dem  wir  wissen  dasz  er  unter  dem  titel  ircpi  6€ÜJV  zugleich  über 
das  wesen  der  götter  und  über  die  Vorsehung  schrieb  (Diog.  13h. 
148) ,  während  er  über  mantik  und  Schicksal  besondere  büdier  ver- 
faszte.   mit  dem  umfang  der  ersten  schrift  stimmt  also  der  der  Cice- 
ronischen einteilung  überein.   nun  lassen  aber  nicht  allein  die  citat .' 
im  vertrag  des  Baibus  auf  die  benutzung  eines  jungem  stoikcrs 
schlieszen,  sondern  es  weisen  auch  sowol  der  sdilusz  des  erbten 
buches  als  auch  manche  stellen  des  zweiten  bestimmt  auf  Posex- 
donios  hin.    es  wird  daher  sehr  wahrscheinlich,  dasz  die  fragliche 
vierteilung,  von  der  vrir  nur  1  und  2  sowie  3  und  4  je  zusammen- 
genommen  bei  früheren  stoikem  nachweisen  können,  erst  auf  Pohei- 


PSchvenke:  Ciceros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deorum.     129 

(9.) 

ÜBER  CICER08  QUELLEN  IN  DEN  BÜCHERN  DE  NATURA 

DEORUM. 
(•chloBi  Ton  8.  49 — 66.) 


m. 

Die  danieUang  der  stoischen  theologie  im  zweiten  buche  ist 
nach  Hinels  nntersnchang  (s.  191 — 243),  abgesehen  von  einigen  zn- 
tkaten  (Seeroa,  ans  drei  qaellenschriften  geflossen:  §  3  —  44  und 
164--167  «as  Poeeidonios  TT€pi  0€<Bv,  45 — 72  ans  dem  gleichnami- 
ga  we^e  des  Apollodoros,  73—153  aus  Panaitios  Tr€pl  npovoiac. 
dmet  resoltat  ist  ein  sehr  befremdendes,  wenn  Cicero  das  werk 
des  Powidonioe  vor  sich  hatte,  welches,  wie  Hirzel  selbst  zugibt 
(e.  196  amn.  2) ,  die  theologie  mit  einschlusz  der  lehre  von  der  vor- 
sdnoig  behandelte,  sollte  er  da  noch  das  bedfirfiiis  gefUhlt  haben  zu 
laderaa  bflcbem  zn  greifen?  er  vermiszte,  sagt  Hirzel,  bei  Posei- 
douo«  die  etymologischen  und  allegorischen  deutungen  der  mytho- 
iogie,  bei  Panaitios  den  beweis  der  Vorsehung  ans  der  mantik,  und 
20g  deshalb  im  ersten  fiedle  das  buch  des  Apollodoros  heran,  im 
nreüen  kehrte  er  zu  Poseidonios  zurttck.  aber  mit  der  umsieht,  die 
V  dtfin  gezeigt  haben  würde,  steht  die  ausfllhrung  seiner  guten  ab- 
üditea  in  wunderbarem  Widerspruch :  denn  nicht  nur  die  stellen,  in 
deacB  daa  vermiszte  stand,  nahm  er  auf,  sondern  ganze  teile  der  be- 
treiendeD  werke,  ohne  zu  bemerken  dasz  er  dadurch  mehrere  paral- 
lele daratellungen  desselben  gegenständes  in  seine  schrift  brachte. 
cad  gesetzt  selbst,  es  liesze  sich  das  vereinigen,  mfiste  man  nicht 
«nraiten  dasz  Cicero  eine  andeutung  ttber  jene  Ificken  seiner  quellen 
gibe?  so  oft  er  in  den  bttchem  de  officiis  aus  sich  selbst  oder  aus 
Poteidonios  den  Panaitios  corrigiert,  unterlftszt  er  es  nie  mitteilung 
diTOB  zn  maehen,  und  hier  sollte  er,  der  nie  kar^  war  im  hervor- 
Mea  seiner  Verdienste  und  kenntnisse,  versftumt  haben  seine  um- 
ixbt  ia  das  hellste  licht  zu  stellen?  mit  6inem  worte:  das  ganze 
Cicoo  zageaehriebene  verfahren  ist  so  unwahrscheinlich,  dasz  wir  es 
^  aba|Hreehen  müssen,  wenn  die  beobachtungen  und  thatsachen, 
of  welche  sich  Hirzel  stützt ,  nur  irgendwie  eine  andere  und  natttr- 
Kcbere  erkltmng  zulassen. 

Bein  beweis  gründet  sich  in  der  hauptsache  darauf,  dasz  Cicero 
^  in  §  3  gegeb^  disposition  {esse  deos;  quales  sint;  mundum  ab 
*^  oämtmittrari;  eonsulere  eos  rebus  hufnanis)  der  sadie  nach  nicht 
»trtag  einhalte:  denn  in  dem  teile,  welchen  er  am  schlusz  (44)  als 
wiaen  ersten  bezeichne^  beweise  er  nicht  nur  dasz  götter  existieren, 
><ndcni  auch  dasz  weit  und  gestime  götter  seien ,  was  offenbar  in 
^^  tweiten  &lle.  in  diesem  aber  (45^72)  werde  nicht  allein  §  45 
— d6  ganz  dasselbe  wiederholt,  sondern  auch  §  57  f.  die  lehre  von 
^  vonehong  vorausgenommen,  endlich  werde  zwar  §  132  aus- 
^'Vklieh  der  dritte  teil  geschlossen  und  133  der  vierte  begonnen, 

Ar  dM«.  plüloL  IST»  hfl.  S.  9 


132     PSchwenke:  Ciceros  qadlen  in  den  büchem  de  natara  deorum. 

man  dennoch  aus  ihm  die  berechtigang  herleiten,  den  ganzen  ersten 
teil  Ciceros  unter  die  beweise  für  das  dasein  der  gdtter  zu  rechnen, 
so  müste  man  annehmen  dasz  nicht  nur  bei  einer  reihe  von  argu- 
menten,  wie  bei  Sextos,  sondern  bei  allen  von  §  18  ab  von  Cicero 
die  richtige  schluszfolgerung  ausgelassen  sei,  was  doch  kaum  ^ub< 
lieh  ist.  auszerdem  widersprechen  §  39  die  deutlichen  worte  atque 
hoc  mu/ndi  divinitaie  perspeäa  tribuenda  est  siderümstademdwmUas, 
man  könnte  nun,  wie  Hirzel  zu  thun  scheint,  in  §  18 — 44  den  zwei- 
ten abschnitt  der  ursprünglichen  einteilung  des  Poseidonios:  quäk^s 
sint^  erblicken,  das  verbietet  aber  das  wort  qualiSy  welches  nicht 
nach  den  arten  des  göttlichen  (Hirzel  s.  207  *in  welcher  bestimmten 
form  wir  uns  das  göttliche  vorzustellen  haben') ,  sondern  nach  den 
körperlichen  und  geistigen  eigenschaften  desselben  und  der  einzelnen 
götter  fn^  es  bleibt  daher  nur  die  einzige  und  leicht  erklftrbare 
möglichkeit  übrig,  dasz  sich  Cicero  nicht  erst  hier,  andern  schon 
früher,  bei  angäbe  der  einteilung  der  stoischen  theologie,  irrte,  dasz 
er  also  dieselbe  nicht  einer  directen  angäbe  seiner  quelle  entnahm, 
sondern  aus  einem  flüchtigen  einblick  ihrer  verschiedenen  teile  zu 
gewinnen  suchte,  dabei  fiel  sein  blick  natürlich  immer  anf  die  an- 
fange der  bücher,  und  da  fand  er  allerdings  im  ersten  den  beweib 
für  das  dasein  der  götter,  im  zweiten  die  lehre  von  ihren  eigen- 
schaften ,  bemerkte  aber  nicht  dasz  auch  noch  von  anderen  dingen 
darin  die  rede  war.  im  dritten  und  vierten  buche  traf  er  das  rich- 
tige, weil  ihr  inhalt  einheitlicher  war."  so  eiigab  sich  ihm  da« 
Schema  in  §  3,  zwar  unvollständig,  aber  geeignet  sich  dem  gedftcht- 
nis  einzuprägen,  so  dasz  es  ihm  überall  gegenwärtig  war,  wo  es 
darauf  ankam  die  teile  des  Vortrags  gegen  einander  abzugrenzen, 
denn  das  muste  er  wol  manchmal  selbständig  thun ,  da  er  an  den 
stellen,  wo  er  kürzte  oder  etwas  freier  übertrug,  die  von  der  quelle 
gebotenen  Übergänge  in  der  regel  nicht  gebrauchen  konnte,  wir  wer- 
den es  daher  begreiflich  finden,  dasz  er  §  23  aa. ,  44  ae. ,  72  ae.  un- 
abhängig von  seinem  original  seine  einteilung  anwendet  und  dabei 
fehler  begeht,  als  analoga  dazu  bieten  sich  uns  schon  in  unserm 
ersten  teile  stellen  dar,  wo  er  am  schlusz  des  beweises  sich  in  merk- 
würdiger  Unklarheit  darüber  befindet,  was  denn  eigentlich  bewiesen 
werden  soll;  so  §  15  ae.,  wo  nicht  das  dasein  der  gottheit  zu  bewei- 
sen, sondern  ein  grund  des  allgemeinen  götterglaubens  anzugeben 
war  (vgl.  Sextos  Emp.  IX  26.  27.  Hirzel  s.  204  f.)  und  §  17  f. ,  wo 
er,  wie  Schömann  gesehen  hat,  flüchtig  exoerpierend  den  schlusz  zu 
17  (vgl.  Sextos  86  f.)  ganz  ausgelassen  hat  und  sogleich  mitten  in 
einen  neuen  satz  (vgl.  Seztos  94)  übergegangen  ist.  dieses  versehen 
ist  von  um  so  schwereren  folgen  gewesen,  weil  gerade  hier  der  ab- 


*'  80  erklärt  sich  auch  die  auffällige  erscbeinang,  dau  die  nähere 
zasammengehörigkeit  des  ersten  und  zweiten«  des  dritten  und  viertea  tciL> 
in  §  3  gar  nicht  erwähnt  wird,  ein  Stoiker  konnte  sie  unmöglich  ver- 
nachlässigen, besonders  da  ihm  gegenwärtig  sein  mnste,  dass  die  bei- 
den hälften  gewöhnlich  in  versclüedenen  Schriften  behandelt  wurden. 


FSeliweiike:  Ciceros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deoiurn.     133 

sekntt  iboff  esse  abschloas  und  der  neue  von  der  beseeltheit,  yer* 
lABftigkeit  und  gOttliehkeit  der  weit  begann,  zu  welchem  der  nach- 
«»,  dan  eine  seele  In  der  weit  sein  müsse,  den  leichten  Übergang 
bahnte  (vgl.  Hinel  s.  208).  dasz  Cicero  gertuie  dies  übersah,  macht 
es  begreiflieh,  dasz  er  §  23.  44  sich  immer  noch  in  dem  von  ihm 
ingegebmaii  ersten  teile  za  befinden  glaubt,  für  uns  aber  haben 
diae  thatndien  eine  doppelte  bedeutnng :  sie  zeigen  nicht  nur  in 
«hr  charakteristischer  weise  die  art  wie  Cicero  hier  gearbeitet  hat, 
soBden  wsniea  auch  davor,  aus  werten,  welche  eine  abteilung 
aAüeszen,  allznyiel  fiOr  die  queUe  zu  folgern,  sicherer  wird  es  sein, 
uch  auf  den  materiellen  inhalt  des  gegebenen  zu  verlassen  und  die 
knMmk  yerknüpfungen  desselben  erst  dann  zu  berücksichtigen, 
«am  sie  damit  in  einklaag  stehen. 

£iB  aehlagendes  beispiel  dafür  bietet  sogleich  Ciceros  zweiter 
ttü  (§  45  ff.),   derselbe  wird  als  abhandlung  über  die  beschaffenheit 
dtr  gOttar  angekündigt,  und  wir  haben,  wie  bereits  angedeutet,  kei- 
sa  grand  das  quäUs  hier  anders  zu  verstehen  als  I  65 ,  wo  es  aus- 
fUntieber  beiszt  quake  sM  corpore  animo  vüa.  dasz  in  der  that  da- 
TOB  die  rede  seiB  soll  ,'Zeigt  gleich  die  polemik  gegen  den  anthropo- 
aorpbisaiiia,  dam  gegenüber  als  merkmale  des  gottesbegriffs  beseelt- 
fent  «id  h<ichste  voUkommenheit  aufgestellt  werden,   es  war  nun 
ncksnweiaen,  dasz  diese  merkmale  sich  wirklich  an  den  wesen  fin- 
dcB,  welehe  bisher  als  gütter  dargestellt  waren,  der  weit  und  den 
SertirDMi*  dies  gesehiehi  natürlich  mittels  derselben  argumente,  auf 
vdcfae  vorher  die  gOttUchkeit  eben  dieser  wesen  gegründet  wer- 
te war,  so  jedoch  dasz  dabei  besondere  rücksicht  auf  ihre  gestalt, 
ihitigkeii  and  bewegnngen  genommen  wird,   anstatt  nun  aber  bei 
te  stehen  xa  bleibt,  was  zu  beweisen  war:  anmantem^  sensus 
raOomie  mimdum  esse  oompotem  (47)  und  hanc  in  steüie  con^ 
. .  non  poseum  inUiOegere  sine  merUe  raUone  oonsHio  (54), 
Cicero  über  das  ziel  hinaus  und  fügt  hinzu:  qua  ratione 
mundum  oondudiiur  und  . .  non  possumus  ea  ipsa  {sidera) 
SM  ia  dsorum  numero  reponere'^  ebenso  §  56  ae.    dagegen  ist  in 
im  Chat  aas  Zenon  (57  f.)  wieder  nur  von  der  be wüsten,  plan- 
aioigeB  thBtigkeit  der  weit  die  rede,  und  ebenso  spricht  das  r6sum6 
a  §  59  f.  nar  von  der  thätigkeit,  bewegung  und  form  der  götter. 
ire  afttaende  nnd  heilbringende  Wirksamkeit  bildet  auch  den  über- 
pm%  zQ  den  gOttem  des  Volksglaubens  (60).  wir  erhalten  also  einen 
^bäaitt,  der  lowol  in  sich  als  mit  dem  vorhergehenden  und  folgen- 
beste zosammenhftngt,  wenn  wir  nur  jene  schluszsfttze  weg- 
,  in  denen  Cicero,  wie  unsere  bisherigen  erfahrungen  lehren, 
«i  hiditesten  f^er  begehen  konnte  und  begieng. 

Gerade  anf  diese  sätze  aber  gründet  Hirael  seine  Vermutungen 
IWr  den  ganzen  zweiten  teil,  er  kann  natürlich  die  parallelen  be- 
«ciae  fbr  die  göttlichkeit  der  weit  und  der  gestime  in  Ciceros  erstem 
'-ad  twettem  teil  nicht  6iner  quelle  zusclu'eiben;  also  musz  Cicero 
xi  §  45  eine  zweite  Schrift  herangezogen  haben,  er  soll  es  gethan 


134     PScbwenke:  Ciceroe  quellen  in  den  büchem  de  natura  deomm. 

haben,  weil  er  bei  Poseidonios  keine  allegorischen  und  etymologi- 
schen erklärungen  der  volksgötter  fand,  geben  wir  dies  auch  Yorläufig 
zu,  so  bleibt  doch  unerklärt,  warom  er  nicht  erst  in  dem  angenblicke 
zu  einer  neuen  queUe  griff,  wo  er  ihrer  wirklich  bedurfte,  war  er  aber 
bei  Poseidonios  schon  an  die  stelle  gekommen,  in  der  er  jene  deu- 
tungen  yermiszte ,  so  muste  er  doch  bemerken  dasz  er  jetat  weit  in 
der  Untersuchung  zurttckgriff,  zumal  die  beiden  quellen,  wie  Hirzel 
meint,  eine  ähnliche  disposition  hatten,  das  unwahrscheinlichste  von 
allem  aber  Ist,  dasz  es  das  werk  des  ApoUodoros  irepl  6€Uiv  gewesen 
sein  sollte,  welches  Cicero  benutzte,  zunächst  berechtigt  uns  nichts 
zu  glauben,  ApoUodoros  ^der  grammatiker'  habe  in  der  genannten 
Schrift  die  stoische  theologie  vorgetragen,     dasz  er  Diogenes  von 
Babylon  oder  Panaitios  gehört  hatte,  kann  uns  wol  zu  der  Vermutung 
veranlassen,  dasz  in  seinen  allegorischen  und  etymologischen  erklä* 
rungen  viel  stoisches  enthalten  wai*;  fOr  Hirzels  weiter  gehende  an- 
nähme jedoch  müsten  wir  bestimmte  Zeugnisse  der  Überlieferung 
oder  der  fragmente  haben,  in  letzteren  findet  sich  gar  nichts  spe- 
ciell  philosophisches,  aus  crsterer  hat  Hirzel  (s.  219)  einen  grund  zu 
entnehmen  gesucht:  weil  nach  Photios  bibl.  161  Sopatros  für  seine 
dKXoTOii  ApoUodoros  werk  erst  vom  dritten  buche  an  benutzte,  soll  in 
den  ersten  beiden  büchem  das  rein  philosophische  gestanden  haben, 
diese  Vermutung  würde  einige  Wahrscheinlichkeit  für  sich  haben, 
wenn  Sopatros  vom  dritten  ab  sämtliche  büoher  excerpiert  hätte; 
wir  erfahren  aber  dasz  er  auch  6 — 8.  10.  13.  14  nicht  benutxte;  aus» 
welchem  gründe,  wissen  wir  nicht,  können  also  auch  über  1  und  2 
ohne  weitere  anhaltspuncte  nichts  vermuten,    dagegen  haben  wir 
gerade  in  fr.  1  bei  Müller  (s.  428)  einen  beweis,  dasz  schon  im  ersten 
buche  etymologische  deutungen  vorkamen ,  und  da  sie  aioh  gerade 
auf  Zeus  beziehen,  die  letzten  bücher  aber  vom  hades  handelten 
(Photios  ao.  und  ApoU.  fr.  10) ,  so  liegt  es  viel  näher  dem  werke 
eine  anordnung  nach  mythologischen  als  nach  phüosophischen  ^e- 
sichtspuncten  zuzuschreiben,    gesetzt  aber,  ApoUodoros  behandelt«? 
alles  das  was  Cicero  in  §  45 — 72  gibt,  wie  konnte  dieser  überhaupt 
auf  den  gedanken  kommen,  ein  werk  von  24  büchem  zur  band  zu 
nehmen,  um  aus  22  derselben  das  wenige  auszuziehen,  was  er  63 
— 71  vorträgt?   dem  gegenüber  kann  doch  nicht  in  betracht  kom- 
men, dasz  nach  fr.  2  im  zweiten  buche  die  entdeckung  der  identitüt 
des  morgen-  und  abendstems  dem  Pythagoras  zugeschrieben  wurd»-. 
das  würde  von  bedeutung  sein,  wenn  bei  Cic.  §  53  dasselbe  geschähe ; 
in  wirküchkeit  ist  hier  nur  von  jener  Identität,  nicht  von  ihrem  ent- 
decker  die  rede.   endUch  kann  auch  Hirzels  coigectur,  ad  Att*  XIII 
39  statt  der  überlieferten  unverständUchen  buchstaben  'AiroXXo- 
buipou  zu  schreiben,  nichts  beweisen,  da  sie  erst  auf  der  vermatung^, 
Cicero  habe  ApoUodoros  benutzt,  bemht  und  mit  ihr  f&Ut. 

Wenn  aber  ApoUodoros  Ciceros  quelle  nicht  war,  wer  war  es» 
sonst  von  den  späteren  stoikem?  Panaitios  ist,  wie  Hirzel  s.  212 
selbst  sagt,  durch  §  62  ausgeschlossen.     Antipatros  begann  zwar 


PSckvenke:  Cicerot  quellen  in  den  bücbem  de  natura  deorum.     135 

Bftd  Phii.  8toic.  rep.  38,  3  seine  schrift  ebenso  mit  der  definition 
dttgottesbegriffs,  wie  Cicero  seinen  zweiten  teil,  aber  diese  definition 
•9eöv  .  .  vooO|i€v  KfiQfv  ^oncdptov  Kai  öq)6apT0V  Kai  cuiroiiiTtKÖv 
tv^pttmuiv)  differiert  bedeutend  von  der  des  Balbus.  ftthren  wir 
Aber  §  45  ff.  auf  den  allein  übrigen  Poseidonios  zurück,  so  sind  wir 
wieder  mn  eine  quelle  für  den  ersten  teil  in  yerlegenheit.  so  kom- 
tarn  wir  mit  Hinel  in  endlose  Schwierigkeiten,  denen  gegenüber  die 
amialiBie,  Cicero  sei  bei  derselben  quelle  geblieben  wie  vorher,  habe 
iber  dcB  rweck  der  beweise  misverstanden,  bei  weitem  das  einfachere 
osd  natürlidiere  scheint,  zumal  das  mis Verständnis  durch  die  ana- 
iogn  idilttMe  des  ersten  teils  sehr  nahe  gelegt  war. 

Nun  BQcht  Hirzel  s.  220  ff.  wahrscheinlich  zu  machen,  dasz  Po- 
•eidonioe  sich  der  in  §  63  ff.  angewandten  mythenerklärung  nicht 
bedient  habe,  gegen  seine  erOrterung  wird  kaum  etwas  einzuwenden 
iciB,  aber  sie  beweist  nur  dasz  Poseidonios  die  etjmologie  und  alle- 
gohe  aidit  an  stelle  wissenschaftlicher  gründe  gebrauchte,  wie  es 
Cbr7sii^[Kie  gethan  hatte,  und  in  der  that  Ist  bei  Cicero,  so  weit  die 
itmg  philoeophisdien  beweise  reichen,  keine  spur  davon  vorhanden. 
h:xr  aber  bandelt  es  sich  nicht  mehr  darum,  die  stoische  lehre  zu 
rtOtaen,  Mmdem  die  volksreligion  einigermaszen  mit  ihr  in  einklang  zu 
Wagen.  veiBchrnfthte  Poseidonios  auch  hierbei  jene  mittel,  so  muste 
er  io  liemlidi  alle  besiehungen  zu  den  allgemeinen  Vorstellungen  des 
lolk^s  tmd  dem  hergebrachten  cultus  aufgeben,  was  er  als  stoiker 
Tewis  udit  wollte,  dasz  aber  gerade  auf  diesen  punct  unsere  ganze 
ndle  hinaaslänft,  zeigt  ihr  schlnsz:  quoque  eos  nomine  consuehub 
»wucMpoPcrtf,  hoc  eos  et  venerari  et  colere  dehemus  usw.  (möglicher- 
weise folgte  hier  im  original  ein  besonderer  abschnitt  über  die  gottes- 
mthiiuig,  den  aber  Cicero  sehr  kurz  zusammengezogen  hat),  wir 
ktaaen  äso  die  mytben*  und  namenerklftrungen  §  63  ff.  nicht  «Is 
pvnd  gegen  Poseidonios  gelten  lassen,  ja  man  wird  gerade  seine 
oueht  über  dieselben  darin  erkennen  dürfen,  dasz  sie  nur  mit  masz 
vad  in  gröster  besehrftnkung  angewandt  sind. 

Was  die  quelle  für  Ciceros  dritten  abschnitt,  die  lehre  von  der 
vwiehang,  betrifft,  so  spricht  allerdings  für  Panaitios  irepl  irpovoiac 
der  mstand,  dasz  sich  Cicero  ad  Att.  XHl  8  diese  schrift  von  seinem 
STuade  erbiUet.  anderseits  kann  man  für  Poseidonios  geltend  machen 
<U  wahrseheinliehkeit,  dasz  Cicero  bei  seiner  bisherigen  quelle  blieb, 
«cu  sie  ihm  irgend  genügte,  und  die  bestimmte  angäbe  des  La. 
Diog.  Vn  138,  dasz  Poseidonios  im  dritten  buche  gerade  denselben 
Rgtnstaad  behandelte,  nun  finden  wir  bei  Diog.  hinter  dem  erwähn- 
ten otat  folgende  werte:  (töv  köcmov  bioiKeicOat  xara  voCv  Kai 
Tpdvoiov  . .)  cic  fiiTov  aöToO  M^poc  birJKOVTOC  toO  voO  ,  KaBdnep 
(f*  fniuhf  Tifc  VUXYIC*  äXX*  f[bt\  bt'  div  \kbi  MdXXov,  bt'  Obv  hk 

fTTTOV.    bl'  diV  ^iV  Tüp  die  2£tC  K€XUJP11K6V,  djC  h\ä  TdiV  ÖCTÜJV  Kai 

'^^  vcupuiv*  h\*  div  hk  d)C  voOc,  ü)C  bia  toö  f|T€MOViKoO.  diese 
'deasrkang  kann,  weil  sie  erheblich  von  der  gemeinstoischen  psycho- 
«^abweicht,  nur  die  lehre  des  Poseidonios  enthalten  (vgl.  MHeinze 


136     PSchwenke:  Ciceros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deorum. 

'die  lehre  Yom  logos'  s.  146),  und  es  fragt  sich  nun,  ob  ihr  etwas  in 
Ciceros  abschnitt  yon  der  Yorsehung .  entspricht  und  ob  Überhaupt 
die  stellen  im  zweiten  buche,  welche  die  psychologie  berühren,  mit 
der  Yon  Poseidonios  in  seinem  werke  iT6p\  OeuJV  Torauagesetzten 
Seelenlehre  übereinstimmen. 

In  der  angeführten  stelle  des  Diogenes  werden  ££ic  und  voöc 
(ess  XÖTOc)  im  menschen  unterschieden,   dies  sind  aber  die  ftaszer- 
sten  glieder  der  verschiedenen  abstufungen  oder  dichtigkeitsgiude, 
in  wichen  das  wirkende  princip  die  tote  materie  durchdringt  (ygl. 
Zeller  phil.  d.  Gr.  lU'  1  s.  178),  zwischen  sie  fallen  die  qpucic  und 
ipuxrj,  so  dasz  jeder  dasse  von  wesen  (den  unorganischen,  pflanzen, 
thieren,  vernünftigen  wesen)  eine  dieser  stufen  zukommt,  wie  die 
älteren  stoiker  sagen,   wenn  nun  von  ihnen  abweichend  Poseidonios, 
von  dem  bekannt  ist  dasz  er  der  menschlichen  seele  unvemfinftige 
teile  zuschrieb ,  die  ^ic  auch  im  menschen  annahm ,  so  musz  er  in 
ihm  auch  die  9UCIC  und  x^vxA  anerkannt  haben,  wie  dies  von  seinem 
lehrer  Panaitios  ausdrücklich  durch  Nemesios  de  nat.  hom.  s.  96  über- 
liefert  ist.   ofifenbar  kehrten  beide  zu  der  von  den  älteren  stoikem 
verlassenen  lehre  des  Aristoteles  zurück,  dasz  jede  höhere  stufe  des 
Seelenlebens  die  niederen  mit  in  sich  enthalte,    auf  diesem  stand- 
puncto  steht  durchaus  Cic.  II  33  f. :  den  pflanzen  hat  die  natur  nur 
emährung  und  Wachstum  gegeben,  den  thieren  Wahrnehmung,  be- 
wegung  und  begehren,  hoc  homni  amplius^  guod  addidit  ratio» 
nem^  qiM  regerentur  animi  adpetitus.   es  bleibt  also  neben  der 
Vernunft  die  thierische  seele  im  menschen  bestehen ,  wie  die  pflanz- 
liche in  thier  und  mensch,  obgleich  letzteres  nicht  ausdrücklich  aus- 
gesprochen ist.   ganz  dasselbe  besagt  §  29,  wo  dem  thiere  als  hoch- 
stes  die  begehrende^',  dem  menschen  die  vernünftige  seele  {mens  »= 
voOc)  zugeschrieben  wird,     das  alles  wird  man  freilich  für  nieht- 
Poseidonisch  erklären  nach  der  bekannten  stelle  über  des  Poseidonios 
Psychologie  bei  Ghdenos  plac.  Hipp,  et  Plat.  s.  476 ,  oder  vielmehr 
nach  Zeliers  erklärung  derselben  (ao.  s.  517).    diese  ist  aber  ohne 
zweifei  irrig :  wenn  Poseidonios  schon  den  pflanzen ,  nicht  erst  den 
pflanzenthieren  (bucK(viiTa,  TTpocireqpuKÖTa  öiKiiv  qpuTi&v  ir^Tpaic 
fi  Ticiv  ^T^poic  tgioOtgic)  die  diTiOuMioi  zugeteilt  hätte,  würde  er 
bzw.  Galenos  jene  sicher  mit  genannt  haben,  es  ist  deshalb  unbe- 
dingt die  erklärung  der  stelle  vorzuziehen,  welche  Hirzel  s.  213  vor- 
schlägt, nach  der  Poseidonios  Oupöc  und  ^inOu^ia,  welche  er  in  dem 
werke  nepl  iraOuiv  in  übereinstinmiung  mit  Piaton  unterschied,  nur 
dem  thierreich  zuschrieb  und  nun  ganz  analog  der  Stufenfolge ,  die 
wir  eben  betrachteten,  innerhalb  des  thierreichs  eine  höhere  und 
niedere  classe,  welche  auch  gröszere  und  geringere  grade  der  alc0r|cic 


"  qtdddam  simile  menlU,  unde  oriantur  verum  adpeUlui  in  §  89  ist  am- 
schreibuDg  für  die  thierseele  (h'UxA)«  weil  Cicero  ein  angemessenes  wort 
im  gegensatz  zu  meng  nicht  sa  geböte  stand,  ans  dieser  seele  müssen 
8OW0I  nach  Chrysippos  als  nach  Poseidonios  die  begehrnngen  der  thiere 
entstehen. 


PSdiweiike:  CkexoB  quellen  ip  den  bfichem  de  naiara  deomm.     137 

md  Ktviiac  ehmkieruieren,  sonderte,  von  denen  der  einen  nur  die 
tindv|iia,  der  andern  auch  der  Ou^öc  zukommt,  die  übrigen  ffthig- 
kotaB  und  atnfen  der  beeeelung  kamen  bei  der  frage  nach  den  ndOri 
ebcBflo  wenig  in  betraoht  wie  bei  onterscheidung  von  pflanze,  thier 
nid  mensch  die  arten  der  öpcStC.  ein  widersprach  zwischen  der  an- 
gäbe Oalana  und  Cicero  29.  33  findet  also  in  keiner  weise  statt,  frei- 
beh  wird  die  meinong  des  Panaitios  nicht  erheblich  abweichend  ge* 
«CMA  aon.  es  iat  also  noch  kein  gmnd  gegen  ihn,  wenn  in  Ciceros 
tötem  teile  §  81  pflanze  und  thier  ebenso  unterschieden  werden 
wie  33.  mehr  dagegen  deutet  auf  Poseidonios,  was  gleich  darauf 
folgt  es  soll  bewiesen  werden  amnea  res  subietias  esse  naturae  sen- 
timti:  weQ  die  weit  pflanzen  und  thiere  hervorbringt,  musz  sie  selbst 
gut  von  dem  belebenden  princip  durchdrungen  sein;  etemrn  (86) 
fd  reii^iMu  naiuras  amnes  earumque  semma  contineatj  quipotest  ipse 
«M  nahuna  admimistrari?  tU^  si  gui  denUs  eipuhertatem  natura  dicat 
CMtere,  jpmsm  aiUem  k^minem^  cui  ea  existatii^  non  canstare  natura^ 
Me  nddi^ßai  new.  diese  stelle  entspricht  so  genau  dem  bei  La.  Diog. 
ao.  ans  Poseidonios  drittem  buch  über  die  götter  angeführten  ver* 
gkicfa  zwischen  weit  und  mensch,  dasz  sie  erst  aus  ihm  eine  nähere 
aüaterosg  erhält,  während  er  selbst  durch  sie  bestätigt  und  ergänzt 
wird,  denn  ee  ist  nicht  zu  verkennen,  dasz  zahne  und  hart,  welche 
a  mensehlichen  kOrper  wachsen,  mit  den  vorher  genannten  vüis  et 
wkr  in  parallele  gesetzt  sind,  sie  sind  also  nicht  zufällig,  sondern 
■it  gutem  gmnd  als  beispiele  fttr  die  von  der  qpuctc  durchdrungenen 
teilt  des  menechen  genannt,  wie  bei  Diog.  knocken  und  s6hnen  für 
äe  Sic  ob  freilich  Poseidonios  den  vergleich  bis  in  alle  einzel- 
bsiim  nnd  eonsequenzen  durchgeführt  hatte,  scheint  sehr  fraglich. 

Sonst  enthält  der  dritte  teil  nichts,  was  für  unsere  frage  von 
citseheidender  bedentung  wäre,  die  erwähnung  des  Poseidonios  als 
Ttriertigers  einer  sphaera  (§  88)  kann  ebensowol  aus  dessen  eignem 
werke  genommen  aU  von  Cicero  hinzugefügt  sein,  dasz  die  zwei- 
Uade  besprechong  der  weltverbrennung  §  85. 118  weder  unbedingt 
fcfn  PanaitioB  noch  gegen  Poseidonios  spricht,  hat  Hirzel  s.  225  ff. 
gcseigt  nach  die  von  Poseidonios  abweichende  angäbe  über  die 
grtee  des  mondes  in  §  103  beweist  nichts  (vgl.  Hirzel  s.  193),  weil 
et  lieh  in  einer  stelle  befindet,  in  welcher  Cicero  reimota  suhtüHale 
äiyirfenJi  (98)  spricht,  dh.  wol,  ohne  sich  genau  an  eine  griechische 
qscile  sn  halten. 

Es  ist  nnn  noch  ein  pnnct  zu  prüfen,  auf  welchen  Hirzel  s.  197  ff. 
teil  seiner  aigumentation  gegründet  hat.  §  132  wird,  wie  be- 

fssagt,  der  dritte  teil  des  Vortrags  deutlich  abgeschlossen  und 
|133  ee.  mit  klaren  werten  das  thema  des  vierten,  die  specielle 
Mrge  der  Vorsehung  für  die  menschen,  als  gegenständ  der  unter- 
wfiuig  bezeichnet,  in  §  133  wird  zuerst  kurz  bewiesen,  dasz  die 
weh  um  der  götter  und  menschen  willen  geschaffen  sei,  dann  135 
—163  die  sweckmäszigkeit  und  vortrefflichkeit  des  menschlichen 
lArpeiB  und  geistes  betrachtet,   dennoch  vrird  dieser  abschnitt  §  153 


138     PSchwenke:  ClceroB  qaellen  in  den  büchem  de  nattixa.  deoram. 

80  abgescfalossen,  als  gehöre  er  noch  zum  nachweis  der  vorsehnng 
überhaupt,  und  154  fortgefahren,  als  begänne  hier  erst  der  vierte 
teil:  reatat  uJt  doceam  atque  aUqua/ndo  perorem^  omma  .  .  homimm 
causa  facta  esse,  dies  war  aber,  wenn  auch  kurz,  schon  133  bewiesen 
worden,  da  nun  auch  auszerdem  in  den  folgenden  §§  einige  ge- 
dankenreihen,  nur  ein  wenig  anders  gewendet,  mit  dem  vorhergehen- 
den parallel  laufen,  so  musz  man  annehmen  dasz  Cicero  mit  §  154 
zu  einer  andern  quelle  übergieng  und,  um  die  wiederholmigen zu 
verdecken,  §  133 — 153  zum  dritten  teile  schlag,  weil  aber  §  162  die 
mantik  bestimmt  anerkannt  wird,  kann  die  zuletzt  benutzte  quelle 
nicht  Panaitios,  sondern  nur  Poseidonios  sein;  vorher  aber  mosz 
Cicero  einem  andern ,  also  Panaitios  gefolgt  sein. 

So  einleuchtend  diese  Vermutung  auch  ist,  wird  man  doch  nach 
dem  resultate  der  bisherigen  Untersuchung,  welches  für  den  dritten 
teil  zwar  Panaitios  nicht  unbedingt  ausschlieszt,  aber  mit  grOszerer 
Wahrscheinlichkeit  auf  Poseidonios  führt,  eine  andere  aalSassong  der 
betrefiienden  stellen  nicht  von  vom  herein  zurückweisen  dürfen, 
wenn  unsere  annähme,  der  bisher  nichts  widersprochen  hat,  richtig 
ist ,  dasz  nemlich  jeder  der  vier  teile  des  stoischen  yortrags  einem 
buche  des  Poseidonios  entspricht,  so  begann  Cicero  mit  §  133  das 
vierte  zu  excerpieren.  nun  klingt  §  1 33  wirklich  ganz  wie  die  ein- 
leitenden Worte  eines  neuen  buches,  durch  welche  die  darstellung 
von  der  betrachtung  der  Schöpfung  überhaupt  auf  den  menschen 
übergeleitet  werden  soll,  dies  wird  durch  die  außaUende,  mit  der 
Umgebung  contrastierende  kürze,  mit  welcher  der  betreffende  punct 
behandelt  ist,  und  dadurch  bestätigt,  dasz  das  thema  des  vierten 
teils,  a  dis  inmcrtoLibus  hyminüms  esse  provisum,  erst  nach  jenen 
Worten  angekündigt  wird,  daher  wird  es  wahrscheinlich,  dasz  im 
griechischen  original  nicht  so  abschlieszend  gefolgert  war  wie  bei 
Cicero :  üa  fU  credibüe  dearwn  et  hominum  causa  factum  esse  mundum, 
sondern  dasz  dies  Cicero  in  verkennung  des  eigentlichen  Zweckes  der 
stelle  und  in  Unkenntnis  des  später  folgenden  hinzugefügt  hat.  dann 
erhalten  wir  von  §  134  ab  eine  wolgeordnete  darstellung,  welche  in 
unmittelbarem  anschlusz  des  ersten  arguments  an  die  vorhergehende 
betrachtung  der  zweckmäszigkeit  und  Schönheit  der  übrigen  weit, 
die  sorge  der  götter  für  den  menschen  nachweist  1)  aus  dem  mensch- 
lichen körper  und  geist  (134 — 153),  2)  aus  der  übrigen  natur  welche 
um  des  menschen  willen  geschaffen  ist  (154 — 162),  3)  aus  der  mantik 
(162  f.).  damit  ist  der  hauptanstosz,  die  doppelte  behandlung  des 
punctes  2,  beseitigt;  wenn  auszerdem  ähnliche  gedanken  an  mehreren 
stellen  nur  wenig  verschieden  verwendet  werden,  wenn  zb.  die  her- 
schaft des  menschen  über  die  natur  zugleich  als  beweis  für  die  Über- 
legenheit seines  geistes  und  dafür,  dasz  alles  zu  seinem  gebrauche 
geschaffen  sei,  benutzt  wird,  so  liegt  das  in  der  natur  der  sache 
und  konnte  kaum  vermieden  werden,  allerdings  stört  auch  so  noch 
der  schlusz  von  §  153  und  der  anfang  von  154,  es  wird  aber  gerade 
darauf  nach  dem  oben  aufgestellten  grundsatze  nicht  allza  viel  ge- 


PScbwcnke:  Cicerofi  qaellen  in  den  büehem  de  natura  deorum.     139 

«bht  la  legen  und  nach  den  bisherigen  erfahrongen  gerathener  sein, 
dsa  fiüache  daran  eher  Giceros  ungenauem  Verständnis  und  seiner 
iOeiitigkait  als  seiner  Überlegung  und  absieht  zuzuschreiben. 

Man  wird  zugeben  müssen  dasz  diese  auffassung  an  sich  nicht 
weniger  berechtigt  ist  als  die  Hirzels,  ich  glaube  für  sie  übwdies 
Bocb  einen  taszem  grund  anführen  zu  können. 

Die  stelle  Ton  §  133  ab  zeigt  im  ganzen  und  einzelnen  grosze 
ihafichkeit  mit  Xenophons  apomn.  I  4,  5  ff.  IV  3,  3  ff.,  und  da 
Cioeiü  augenscheinlich  nicht  direct  aus  ihm  geschöpft  hat,  so  ist  es 
wakneheinlieh,  dasz  bereits  seine  quelle  nach  jenem  vorbilde  ge- 
arbeitet war«  die  Ihnlichkeit  erstreckt  sich  bis  §  162  f.,  wo  ebenso 
vie  spemn.  I  4, 15.  lY  8,  12  die  mantik  als  letzter  beweis  der  gött« 
liehen  iüreorge  für  den  menschen  aufgeführt  wird,  wenn  man  also 
sieht  aanefamen  will  dasz  sich  ans  zwei  verschiedenen  autoren,  die 
beide  Xenophon  zum  muster  nahmen,  die  betreffenden  stücke  zu- 
fillig  bei  Cicero  zusammengefunden  haben,  musz  man  die  ganze 
•teile  tiaer  griechischen  quelle  zuschreiben. 

Dasi  ttber  wirklich  eine  griechische  schrift  existierte,  welche 

Midben  stofi^  den  Cicero  vor  und  nach  §  154  vorträgt,  in  gleicher' 

ordnuig  und  weise  behandelte,  scheinen  die  ersten  ^f  reden  des 

biechob  Theodoretoe  über  die  Vorsehung  zu  beweisen,  ihren  inhalt 

gibt  der  readaa§ex  selbst  de  prov.  9  (bd.  IV  s.  632  f.  Schulze)  fol- 

ffwdennaezen  an:  •  .  ^äpTvpac  'naprifayo^v  elc  m^cov  oOpavöv 

«u  t4v  kca  ddXoccav  wol\  d^pa  ical  rd  dv  toutoic  fiiravia  cui^aTa . . 

<i.  2),  Kol  irpöc  TOUTOtc  Tf|v  TUfV  äv8puiic€tu)V  cui^dTOJV  Kara- 

CKorfjiv  . .  (3),  Td  OcöcbOTOv  Toö  Xötou  buipov,  bt '  od  TUlV  dvOpui- 

cwv  i\  «pucic  xal  t^uiptiav  eöpe  xai  vauriXuxv  .  .  Kai  rdc  dXXac 

ÖKicoc  T^xvoc  xal  imcTTJ^ac  . .  (4).  diT€b€i£a^ey  bk  . .  Kai  tujv 

^MfV  ivi^pttiv  T€  Kttl  dtpiuiv  Tf|v  XP^ictv  (5)  usw.    man  erkennt 

dsrii  unsohwer  die  grundzüge  des  stoischen  Vortrags  bei  Cicero 

i  115^162,  und  auch  die  ausführung  im  einzelnen  zeigt  trotz  ihrer 

gieeten  breiie  und  der  eingemischten  specifisch  chrisüichen  argu- 

■eat»  and  citate  eine  oft  überraschende  ähnlichkeit  mit  Cicero  (vie- 

*ei  ist  in  Crenzers  ausgäbe  angeführt),   aus  diesem  selbst  aber  hat 

Theodoretoe  nicht  geadhöpft,  wie  die  wörtliche  Übereinstimmung  mit 

ttdem  Oriechen  zeigt   ebenso  unwahrscheinlich  ist  es,  dasz  er  bei 

bttitaBg  verschiedener  Schriften  von  Xenophon,  Piaton,  Aristoteles, 

öalenoe  und  vielleicht  noch  Nemesios  von  Emesa  zu  demselben  stofF 

ksd  derselben  disposition  wie  Cicero  gekommen  sein  sollte,  es  bleibt 

ftUo  nur  die  directe  oder  indirecte  benutcung  der  gleichen  quellen- 

i^irifi  fiVrigt  wenn  dieselbe  auch  bei  Theodoretoe  etwas  freier  wieder* 

gegeben  und  in  dem  abschnitt  über  die  vortrefilichkeit  des  mensch- 

IkhsB  körpers  manches  nach  den  resultaten  der  spätem  forschung, 

u&cBilieh  des  Oalenos,  berichtigt  ist. 

Ist  demnach  die  Verteilung  des  vierten  abschnitts  und  somit 
^  gtasen  zweiten  buches  auf  verschiedene  quellenschriften  abzu- 
heilen, so  bleibt  als  ergebnis  unserer  Untersuchung  bestehen,  dasz 


140     PSchwenke:  Ciceros  quellen  in  den  büchem  de  natura  deorum. 

Cicero  in  der  darstellnng  der  gesamten  stoischen  theologie,  so  weit 
er  sich  überhaupt  an  ein  griechisches  muster  hielt,  des  Poseidonios 
Schrift  iT€pi  Oeoiv  folgte,  deren  vier  ersten  bttchem  seine  vier  teile 
entsprechen,  ohne  dasz  er  jedoch  in  §  3  ihren  Inhalt  vollständig  an- 
gegeben  hätte,  auch  sonst  hat  er  mehrfach  den  inhalt  seines  Originals 
nicht  richtig  a^fgefaszt  und  falsch  wiedergegeben  und  so  den  schein 
veranlaszt,  als  habe  er  mehrere  quellen  nicht  gehörig  verarbeitet. 

IV. 

Dasz  dem  dritten  buch  eine  schrift  des  Rleitomachos  zu  gründe 
liegt,  ist  unbezweifelt  und  durch  Hirzels  schöne  bemerkung  zu  §  91 
(s.  243  f.)  aufs  neue  bestätigt  worden,  ich  will  daher  nur  mit  weni- 
gen Worten  anzudeuten  versuchen,  wie  Cicero  diese  schrift  zu  seinem 
zwecke  verarbeitete  und  in  wie  weit  wir  aus  seiner  darstellnng  auf 
form  und  inhalt  derselben  schlieszen  können. 

Hier  ist  sicher,  was  wir  bei  der  ersten  rede  Cottas  nur  anneh- 
men konnten ,  dasz  in  der  griechischen  quelle  auf  das  original  des 
zu  widerlegenden  abschnitts  keine  rttoksicht  genommen  war,  weil 
dieses  selbst  später  verfaszt  war  als  jene,  wenn  unsere  Untersuchung 
über  die  vierteilung  des  stoischen  Vortrags  ein  richtiges  resultat  er- 
geben hat,  muste  Cicero  sogar  diese  erst  in  den  bei  Kleitomaohos 
vorgefundenen  stoff  hineintragen,  sollte  ausserdem  auoh  im  ein- 
zelnen die  Ordnung  des  zweiten  buches  eingehalten  (§  10)  und  femer 
die  hauptsächlich  gegen  Chrysippos  gerichteten  argumente  des  Kar- 
neades,  wenn  nötig,  so  umgeformt  werden,  dasz  sie  auch  gegen  Po- 
seidonios-Balbus  galten,  so  gehörte  zur  ausarbeitung  der  akademi- 
sehen  kritik  der  stoa  eine  Vertrautheit  mit  dem  inhalt  der  griechi- 
sehen  quelle  und  des  eignen  zweiten  buches,  wie  sie  Cicero  jeden« 
falls  nicht  besasz,  und  eine  Sorgfalt  welche  er  bei  der  Schnelligkeit 
seines  arbeitens  nicht  anzuwenden  geneigt  war.  es  ist  daher  nicht 
zu  verwundern,  dasz  manche  ungleichmäszigkeiten  und  versehen 
vorkommen,  deren  zahl  noch  vermehrt  werden  würde,  wenn  nicht 
der  gröste  teil  des  abschnitts ,  welcher  von  der  Vorsehung  handelte, 
verloren  gegangen  wäre. 

Die  stoischen  dogmen  und  beweise,  welche  Cotta  widerlegen 
soll,  führt  Cicero  auf  verschiedene  weise  an :  entweder  bezieht  er  sich 
bestimmt  auf  eine  äuszerung  des  Baibus  {dieebas^  cammemarabas^  tibi 
videbatur  uä.),  oder  er  bezeichnet  sie  nur  als  stoisch  überhaupt  (dtci- 
tis^  dicere  soUtis^  vohis  videtur^  placet  uä.),  obgleich  auoh  von  diesen 
manche  von  Baibus  vorgetragen  waren,  offenbar  hat  Cicero  in 
ersterm  falle  die  betreffende  stelle  des  zweiten  buches  vor  sich ,  in 
letzterm  nicht,  nun  wendet  er  aber  diese  beiden  arten  der  anfüb- 
rung  nicht  an  derselben  stelle  neben  einander  an,  sondern  gebraucht 
in  ganzen  groszen  abschnitten  ziemlich  ausschliesslich  die  eine  oder 
die  andere,  die  erste  §  6—28.  39—65,  die  zweite  29—38.  66 — 93. 
er  hat  sich  also  stellenweise  enger  an  Kleitomaohos  angeschlossen, 
um  dann  eine  zeit  lang  die  stoische  darstellung  wieder  mehr  zn  be- 


PSehwenke:  (^oeros  qaellen  in  den  büchem  de  natura  deorum.     141 

ileksiehtigeii.     ein  kurzer  überblick  über  den  inhalt  des  dritten 
boebtt  in  seinem  Terbftltnis  zum  zweiten  wird  dasselbe  lehren. 

In  der  Widerlegung  des  ersten  teils  (7 — 19)  erklärt  Cicero  sich 
gesm  an  die  rede  des  Baibus  halten  zu  wollen  {mandavi  enim  memo- 
fim  wm  nmmerum  sdktm^  sed  eUam  ordinem  argiMnefdonun  tuorum 
§  10)  und  führt  das  bis  §  17  durch;  von  da  an  aber  zählt  er  alle  be- 
wdie  TOtt  n  16 — 44  nur  kurz  auf  und  verschiebt  ihre  behandlung 
wd  den  teil  Aber  die  Vorsehung,  dann  geht  er  (20)  zum  zweiten 
pvaete  seiner  stoischen  einteilung  ttber  und  spricht  §  20 — 22  gegen 
n  45  £  da  aber  Zenons  beweis  für  die  vemflnfügkeit  der  weit  II 
46  t  nur  bertthrt,  dagegen  11  21  vollständig  wiedeigegeben  war, 
•ebttgt  er,  wie  die  wOrtlidie  Übereinstimmung  beweist,  letztere  stelle 
wieder  nach,  bleibt  jedoch  dabei  nicht  stehen,  sondern  geht  III  25 
•ogir  auf  n  16  zurQck  und  schlieszt  sich  nun  an  die  stoische  reihen- 
folge  an,  bis  er  wieder  bei  §  21  anlangt,  nun  gehört  aber  alles  dies 
m  demjenigen  pnncten,  wache  er  nach  §  17  f.  mit  dem  abschnitt 
Aber  ctie  TorBefaang  verbinden  wollte,  wie  kommt  er  also  dazu,  sie 
jetzt  idicm  vorwegzunehmen?  offenbar  ist  er  dazu  durch  die  dispo- 
ntioa  seiner  quelle  veranlaszt,  welcher  er,  wie  Sextos  Emp.  IX  108 
mf^  m  22  f.  gegen  U  46  («*  21)  entnimt.  er  würde  sonst  kaum 
niiem  bisherigen  verfahren  zuwider  den  stoischen  vertrag  rück- 
«irts  anstatt  vorwärts  verfolgt  haben,  eben  dafür  spricht,  dasz 
gUch  daranf  in  dem  stücke,  welches  die  andere  art  zu  citieren  an- 
«vadet,  also  sicher  auf  der  griechischen  schriffc  beruht,  gegen  die 
•toisehe  lehre  vom  feuer  gekbnpft  wird^^  welche  ebenfalls  in  §  18 
Bit  genannt  war.  und  doch  konnte  Cicero  an  jener  stelle  (§17  f.) 
knae  andere  abaiGht  haben,  als  sich  der  Unbequemlichkeit,  welche 
am  das  einhalten  der  stoischen  Ordnung  verursachte,  zu  entziehen: 
er  wollte  die  gründe  nicht  einzeln  aus  Kleitomachos  zusammen- 
■sehea,  sondern  sie  dann  vorbringen,  wenn  dieser  sie  ihm  an  die 
bad  i^be;  er  glaubte  also,  dasz  seine  quelle  die  aufgezählten  stoi- 
Kbn  lehren  in  Verbindung  mit  der  Vorsehung  bespreche;  dies  er- 
weiil  mh  aber  jetzt  für  einen  grossen  teil  derselben  als  Irrtum. 
Mer  intnm  erklärt  sich  am  leichtesten  durch  die  annähme,  dasz 
4cr  titel  der  benutzten  schrift  irepi  npovoiac  oder  ähnlich  lautete.  '^ 
dittelbe  enthielt-wahrscheinlich  als  erstes  argument  gegen  die  gött- 

"  S  36  tt.  swar  wird  §  37  wieder  aaf  eine  spätere  stelle  Terwiesen 
W  loüm  quaie  tii  mox),  aber  kaum  aus  dem  gründe  welchen  Schümann 
«•fibt,  weil  Cieero  üeh  erinnere  daas  die  lehre  von  der  emährung  der 
ftüinM  von  Balbus  im  dritten  teil  vorgetragen  worden  sei.  denn 
öctro  aimt  in  dem  gansen  stück  überhaupt  keine  rücksicht  auf  das 
<«eitc  buch,  und  wenn  er  sie  nähme,  entsprächen  seine  werte  eher 
U  4C  4S  als  118.  wahrscheinlich  aber  versteht  er  unter  hoc  iotum  die 
t*b«  von  der  bownsten  und  vernünftigen  bewegung  und  thätigkeit  der 
^■■•eUkdrper,  welche  dem  aussprach  des  Kteanthes  au  grande  liegt. 

*'  ist  dioa  richtig,  so  kann  die  schrift  nur  gegen  die  Stoiker,  nicht 
^cb  gegen  Epikur  gerichtet  gewesen  sein,  dadurch  wächst  die  wahr- 
KstiaUehkeit  des  resultats.  welches  wir  oben  über  den  zweiten  teil  des 
«vua  buckes  erhielten. 


142     PSchwenke:  Ciceros  quellen  in  den  büohern  de  natura  deorum. 

liebe  Yorsehung  den  beweis,  dasz  götter  Überhaupt  nicht  existieren 
(ygl.  das  analoge  verfahren  im  umgekehrten  sinne  II 75  ff.)^  und  die* 
ser  lieferte  den  stoff  zu  den  ersten  zwei  teilen  Ciceros.  es  Iftszt  sich 
also  leicht  mit  unserer  annähme  vereinigen,  dasz  in  §  29^-38 ,  wo 
die  Unmöglichkeit  des  gottesbegrifiPes  dargethan  werden  soll,  Cicero 
sich  enger  an  seine  queUenschrift  ansdblieszt  und  auch  39—64, 
welche  gegen  die  einzelnen  stoischen  götter  gerichtet  sind,  zum  teil 
ihrer  anordnung  folgt;  obgleich  er  hier  wegen  der  vielen  in  frage 
kommenden  einzelheiten,  etymologien,  erklärungen  usw.  genötigt 
ist  die  entsprechenden ,  in  der  Ordnung  etwas  abweichenden  stellen 
II  60  ff.  einzusehen,  aufs  beste  aber  iaiSt  mit  unserer  annähme  zu- 
sammen, dasz  er  III  65  zum  dritten  teil  übergehend  erkllErt  diesen 
accuratius  behandeln  zu  wollen,  leider  können  wir  dies  nicht  mehr 
verfolgen;  der  erhaltene  schlusz  aber  zeigt,  wie  sehr  er  sich  von  der 
rUcksicht  auf  die  stoische  darstellung  freigemacht  hat.  §  66  ff.  ent- 
spricht der  stoischen  auseinandersetzung  von  der  vortrefflichkeit  des 
menschlichen  geistes  (11  147  ff.) ,  ohne  dasz  irgend  etwas  auf  diese 
stelle  hindeutet,  wl&hrend  das  was  im  zweiten  buche  folgt,  der  beweis 
dasz  alles  für  den  menschen  geschaffen  sei  und  die  mantik,  dann  gar 
nicht  erwähnt  werden,  es  folgt  §  79  ff.  der  vielgebrauchte  grund 
gegen  die  Vorsehung,  dasz  es  dem  guten  schlecht,  dem  schlechten 
gut  gehe,  und  die  Widerlegung  der  stoischen  theodicee,  auch  dies 
ohne  alle  berücksichtigung  des  stoischen  Vortrags,  ja  zum  teil  in 
Widerspruch  mit  ihm«  denn  der  einwand,  welcher  §  93  dem  stoiker 
zugeschrieben  wird :  nan  curat  (deus)  ainguJos  hammeSj  ist  das  gerade 
gegenteil  von  II 165,  wo  behauptet  und  durch  denselben  sorites,  den 
Gotta  jetzt  umgekehrt  anwendet,  bewiesen  wird,  dasz  die  Vorsehung 
für  einzelne  menschen  sorge,  es  ergibt  sich  daraus,  dasz  Cicero  nur 
noch  seine  griechische  quelle  vor  sich  hat. 

Ziehen  wir  kurz  das  resultat  aus  dem  vorstehenden,  so  dürfen 
wir,  abgesehen  überall  von  den  selbstverstfindlichen  zuthaten  Ciceros 
(einführung  römischer  beispiele\idgl.),  nur  §  29 — 38.  66  ff«  für  eine 
im  allgemeinen  treue  nachbildung  einer  schrift  des  Kleitomadios 
über  die  Vorsehung  halten;  spuren  von  der  anordnung  dieser  schrift 
finden  sich  auch  §  20 — 28.  39—64,  und  den  stoff,  so  weit  er  auf 
einer  griechischen  quelle  beruht,  bot  sie  sowol  in  «diesen  partien  als 
§  11 — 17;  es  konnte  aber  Cicero  nicht  schwer  fallen  nach  analogie 
des  vorgefundenen,  wenn  nötig,  eignes  hinzuzufügen,  es  dürfte  da- 
her bedenklich  sein,  mehr  davon  für  echt  Eameadeisch  zu  halten, 
als  durch  parallelstellen  des  Sextos  Empeirikos  beglaubigt  ist. 

Kiel.  Paul  Schwenke. 


L 


CHachtmann:  zu  Livina  [XXVII  44,  7].  143 

23. 

ZU  LIVIUS. 


Liviua  schildert  XXVjQ  44  die  aufregung  die  im  j.  207  vor  Ch. 
in  Born  herschte,  als  Hasdmbal  den  zug  über  die  Alpen  glttcklich 
Tollendet  hatte  und  nun  durch  Italien  marschierte,  um  seinem  bru- 
der  Hannibal  die  hand  zu  reichen,  die  angst,  die  damals  die  gemttter 
aller  erfttUte,  erscheint  uns  durchaus  gerechtfertigt,  wenn  wir  be- 
denken dasz  jetzt  von  zwei  seiten  den  Bömem  die  gröste  gefahr 
drohte,  namentlich  besorgte  man  dasz  Hannibal,  der  bei  Canusiam 
lagerte,  in  der  nächsten  zeit  losschlagen  und  mit  leichtigkeit  den 
flieg  davon  tragen  werde,  da  ja  der  consul  Claudius  Nero  mit  dem 
gröflten  und  besten  teile  des  heeres  heimlich  aus  dem  lager  abge- 
sogen war,  um  mit  dem  andern  consul  M.  Livius  Salinator  gemein- 
sam den  Hasdmbal  zu  schlagen,  es  kam  dazu  dasz  im  jähre  zuvor 
Hannibal  die  beiden  consuln  M.  Marcellus  und  T.  Quinctius  Crispinus 
in  einen  hinterhalt  gelockt  und  beiden  den  Untergang  bereitet  hatte ; 
man  befürchtete  also  mit  recht  dasz  jetzt,  wo  die  Verhältnisse  für 
den  Punier  viel  günstiger  lagen,  er  seinen  gegnem  einen  noch 
viel  empfindlichem  schlag  versetzen  werde,  veteres  eitis  bdli  dadeSj 
sagt  Livius  ao.  §  5,  duo  consules  praximo  anno  interfeäi  terrebant^ 
ef  ea  omnia  occtdts^e,  cum  unus  mperator^  unus  exerdius  hastium  m 
Italia  €8set:  nunc  duo  heUa  Punka  faäa^  duos  ingentes  exercUus, 
duo$  prope  HanmbdUs  in  Italia  esse,  dieser  gedanke  wird  alsdann 
in  §  6  mit  den  werten  begründet:  quippe  et  Hasdrübalem  patre 
todim  HamHoaire  genitum,  aeque  inpigrum  ducem,  per  tot  annos  in 
Hispania  Eomano  exercUatum  beUo^  gemvna  victoria  insignem  duobus 
exereitibus  cum  darissimis  ducibtis  ddetis.  darauf  fährt  Livius  fort: 
nam  itineris  quidem  celerüate  ex  Hispania  et  concitcUis  ad  arma 
GaUids  gentibttö  müUo  magis  quam  Hannibalem  ipsum  ghriari  posse 
usw.  Weissenbom  bemerkt  zu  den  werten  nam  itineris :  ^as  zu  be- 
gründende «in  mancher  beziehung  steht  er  sogar  über  Hannibah 
wird  nicht  besonders  erwähnt.'  man  musz  also  erst  einen  gedanken 
einschieben,  damit  die  conjuncüon  nam  motiviert  werde:  denn  dasz 
sie  zu  dem  vorhergehenden  satze  keine  beziehung  hat,  leuchtet  so- 
fort ein.  durch  diese  erklärung  wird  also  eine  Unterbrechung  in  der 
gedankenfolge  constatiert,  die  ich  gerade  in  der  vorliegenden  stelle, 
wo  sich  die  einzelnen  gedanken  so  eng  an  einander  reihen,  für  sehr 
hart  halte,  es  erscheint  mir  daher  gerechtfertigt  die  frage  aufzu- 
werfen: läszt  sich  durch  eine  einfache  und  leichte  änderung  dieselbe 
beseitigen?  vergleichen  wir,  indem  wir  einstweilen  die  conjunction 
nam  ganz  unberücksichtigt  lassen,  den  Inhalt  der  folgenden  werte 
itineris  quidem  cderiiate  ex  Hispania  et  concitatis  ad  arma  OaUicis 
gentibus  multo  magis  quam  Hannibalem  ipsum  gloriari  posse  mit  dem 
vorhergehenden  gedanken,  so  ergibt  sich,  um  es  mit  wenigen  und 
dürren  werten  zu  sagen ,  folgender  sinn :  ''in  manchen  beziehungen 


144  €HacIitmann:  zu  Livius  [XXVII  44,  7]. 

stehe  Hasdrubal  dem  Hannibal  gleich  {palre  eodem  Hamücare 
genüum,  aeque  inpigrvm  ducem  usw.),  in  manchen  beziehongen 
aber  sogar  höher.'  es  enthält  also  dieser  zweite  gedanke  eine 
Steigerung,  und  dieses  Verhältnis  zu  dem  unmittelbar  yorfaer- 
gehenden  satze  tritt  nach  meinem  dafürhalten  klar  and  deutlich 
hervor,  wenn  wir  für  nam  an  unserer  stelle  iam  in  der  bedeatung 
^vollends'  einsetzen,  dasz  iam  auch  ohne  hinzugefQgtes  vero  gerade 
bei  Livius  oftmals  den  begriff  der  Steigerung  enthält  (ygL  Kühnast 
Liv.  Syntax  s.  361),  dafür  läszt  sich  eine  ganze  reihe  von  beispielen 
anführen;  es  genüge  einige  davon  zu  eitleren:  I  9,  9  muUi  martalts 
convenerej  studio  etiam  videndae  novae  urhi$^  nMocim»propi/i/iqiH  qm- 
que,  CaemnenseSy  Ottö/umint,  Antemnatea^  iam  (Scheibe  corrigiert« 
allerdings  etiam)  Sabinorum  omnis  muUUudo  eum  Uberis  ac  comugi- 
1ms  venu.  IX  19, 8  f.  statarius  uierque  miles  ordines  servans;  sed  iUa 
phalanx  inmobiUs  et  imius  generis^  Bomana  ades  distinctiar^  expluri- 
hus  partibus  canstans,  faciUs  partienti  guacumque  opus  esset,  facilis 
iungenti.  iam  in  apere  quispar  Romano  mües?  III  34,  7  f.  vulga- 
tur  deinde  rumor ^  duas  deesse  tabulasy  quiJbus  adiectis  äbsoUripossf 
vekU  corpus  omnis  Bomani  iuris,  ea  exspectatio,  cum  dies  comitiorum 
appropinquarä ,  desiderkim  decemviros  iterum  creandi  fedt.  iom 
ptebs,  praeterquam  quod  consuhim  nomen  haud  secus  quam  regum 
perosa  erat,  ne  tribunicium  quidem  auxüium  cedentibus  invicem  appel- 
latione  decemviris  quaerebat.  XXni  5, 15  triginta  miUapecUitum,  qmt- 
tuor  arbüror  ex  Campania  scribi passe;  iam  pecuniae  affaiim  est  fru- 
mentique.  XXVIII  3,  8  quod  ubi  animadvertU  ScipiOy  nimia  pauci- 
tote  suorum  exaequatum  certamen  esse,  et  iam  eo  ('und  schon  da- 
durch, vollends  dadurch')  superare  hastem,  quod  ex  murapugnaret 
usw.  vgl.  XXIX  3, 13  f.  während  in  diesen  beispielen  das  adverbiam 
iam  allein  den  begriff  der  Steigerung  enthält,  wird  dieselbe  an  der 
von  uns  behandelten  stelle  noch  besonders  durch  die  hinzufügnng 
von  quidem  zu  den  werten  Uineris  cderitate  hervorgehoben,  man 
vergleich»  damit  die  stelle  bei  Cicero  de  fin,  I  §  56  iam  iüud  qui- 
dem perspicuum  est  animi  maximam  aut  voluptatem  aut  moUstiam 
usw.  dasz  nam  und  iam  in  den  hss.  sehr  häufig  verwechselt  worden 
sind,  ist  bekannt  (vgl.  EUendt  zu  Cic.  Brutus  43,  159);  es  sei  be- 
sonders hervorgehoben  die  stelle  bei  Cicero  de  imp,  CW.  Pomp.  9,  'i-^ 
nam  hoc  fere  sie  fieri  solere  accepimus  usw. ,  wo  nur  6ine  hs.  die  les- 
art  nam  gibt,  während  die  übrigen  iam  bieten,  mit  recht  hat  Sejfiert 
(schol.  lat  I  §  23)  die  lesart  iam  an  dieser  stelle  als  unrichtig  ver- 
worfen und  nam  eingesetzt;  Halm,  Eberhard  und  Heine  haben  sieb 
ebenfalls  fUr  nam  entschieden,  wie  hier  nam  für  iam  gelesen  wor- 
den musz ,  damit  der  Zusammenhang  zwischen  den  beiden  gedanken 
klar  hervortrete,  so  ist  nach  meiner  ansieht  bei  Livius  umgekehrt 
tarn  für  nam  zu  schreiben,  damit  die  beiden  aufeinanderfolgenden 
Sätze  in  ein  deutliches  Verhältnis  zu  einander  gebracht  werden. 
Sbehausen  in  der  Altmark.  Carl  Hacbtmakk. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜB  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HSRAU80E0EBBK  VOK  ALFRED  FlECKEISEN. 


24. 

DAS  DEUTSCHE  INSTITUT  PUR  ABCHÄOLOGISCHE 

CORRESPONDENZ. 

EIKE   SBMISAEOULAB-EBIMNEBXTHa. 


In  Bom,  rlaube  ieh,  ist  die  höbe  schule 
für  aUe  weit. 

Winckelmann« 

Am  Jahrestag  der  grOndtuig  der  atadt  Rom,  am  21ii  april,  &nd 
im  j.  1829  die  feierliche  erffffiiong  des  Instituts  für  archäologische 
cooeqKmdenz  im  palano  Cafhrelli  in  Rom  statt,  und  am  gleichen 
tage  wird  in  diesem  jähre  die  erinnening  an  dieses  bedeutende  er- 
ognis  Mnd  das  jubilfiom  des  fünfzigjährigen  bestandes  dieser  segens- 
tndkm  aastalt  in  deren  eignem  neuem  gebäude  auf  dem  Capitol  fest- 
lich b^gangoi  werden,  wie  dieselbe  entstanden  und  was  aus  ihr  in 
&am  halben  Jahrhundert  geworden,  sollen  in  kurzen  zügen  die 
folgenden  mitteiiungen  den  leeem  dieser  blätter  vor  die  seele  fahren, 
vidn  nichts  neoes,  allen  eine  pietätsvolle  erinnemng. 

Aaf  kein  Tolk  hat  die  ewige  stadt  eine  so  dauernde  anziehungs- 
faift  ansgeabt  wie  auf  das  deutsche,  so  alt  unsere  geschichte,  so  alt 
nd  unsere  besiehungen  zu  dieser  gewaltigen  zaubenn.  und  so  ver- 
MMnbxingend  dieser  magische  zug  nach  Italien  für  unser  volk  in 
fehtisdier  und  religiöser  beziehung  gewesen  ist  ^  so  viel  verdanken 
vir  denuelben  fttr  unsere  cultur,  speciell  fttr  unsere  kunst  und 
visMosohaft  zweimal  hat  ja  Italien  die  erbschaft  der  griechischen 
cslUir  im  vollsten  masze  angetreten,  nach  dem  Untergang  der  alt- 
Wllfaisfhcn  freiheit  und  nach  dem  fall  von  Constantinopel,  und  nur 
Iber  Italien,  in  erster  linie  Aber  Rom  ist  griechische  bildung  auch 
n  OS  Hyperboreern  gedrungen.  Rom  schien  auch  zur  httterin  aller 
tcklln  des  altertoms  berufen»  wie  keine  zweite  stadt.  aber  die  un- 
ttnsnliche  ftUle  dieser  schätze  der  litteratur  und  der  kunst  in  ver- 
bttdimg  mit  dem  umstände,  dasz  man  sie  mit  dem  äuge  des  patriotis* 

^•«iMchcr  ftr  elmt».  phüol.  187S  hfl.  S.  10 


146     PWeizsäcker:  das  deutsche  Institut  für  archäol.  correspondenz. 

mus  als  erinnerungen  der  eignen  vorzeit  anschaute,  bewirkte  bei 
.den  Italianem  eine  gewisse  im  eigentlichsten,  nicht  gehftssigen  sinn 
dilettantische  behandlungsweise  derselben,  in  der  man  bemüht  war 
die  schaden  und  mttngel  zu  verstecken  und  die  trümmer  als  ganzes 
Yor  äugen  zu  stellen,  fttr  die  dem  classischen  altertum  örtlich  und 
ethnisch  femer  stehenden  Deutschen  dagegen  fiel  dieses  int^resse 
weg,  ihnen  war  es  bei  ihren  humanistischen  Studien  vielmehr  darum 
zu  thun^  das  thatsttchliche  vom  erdichteten,  das  echte  vom  unechten, 
den  kern  von  der  schale  zu  scheiden,  und  so  waren  sie  bald  tiefer  in 
das  wahre  wesen  des  altertums  eingedrungen  als  die  ItaliSner,  die 
dasselbe  so  zu  sagen  vielmehr  sich  assimiliert  als  objectiv  erforscht 
hatten,  reisen  in  das  classische  land  hatten  aber  auch  jenen  die  an- 
entbehrliche  persönliche  anschauung  der  antiken  monumente  ver- 
schafft, und  die  fruchte  dieser  Wanderlust  nach  Italien  machten  sich 
bald  in  kunst  und  Wissenschaft  aufs  glänzendste  geltend,  der  auf- 
Schwung  der  monumentalen  maierei  in  Deutschland  im  anfang  un- 
seres Jahrhunderts  ist  den  Studien  unserer  künstler  in  Bom  za  ver- 
danken, die  ausdehnung  und  Vertiefung  der  altertumsstudien  in 
Deutschland  wurzelt  in  dem  gleichen  boden,  nur  mit  dem  onter- 
schied,  dasz  die  deutsche  archäologie,  um  in  Bom  wurzel  fassen  zu 
können,  den  neid  und  die  eifersucht  der  Italiäner  zu  überwinden 
hatte,  die  sich  in  ihrem  eignen  Vaterland,  auf  ihrer  eignen  dom&ne 
ungern  von  den  fremden  überflügelt  sahen,  ein  Winckelmann  mnste 
noch  sein  Vaterland  aufgeben  und  'sich  an  die  fremde  verkaofen', 
um  in  Bom  wirken  zu  können,  wo  man  bewustoder  nnbewust  durch 
seine  anstellung  als  aufseher  der  städtischen  altertümer  den  vorrang 
der  deutschen  bildung  vor  der  einheimischen  anerkannte. 

Seit  Winckelmann  ist  der  zuzug  deutscher  künstler  und  ge- 
lehrten in  beständigem  wachsen  begriffen:  ich  nenne  nur  Gk>ethe, 
Zoega,  Welcker,  Humboldt,  und  zu  anfang  des  Jahrhunderts  finden 
wir  daselbst  eine  ganze  colonie  von  künstlem,  welche  den  grösten 
Deutschlands  nicht  nur,  sondern  aller  Völker  und  zeiten  beizuzählen 
sind,  und  von  forschem,  die  durch  emsiges  sanmieln  und  suchen  der 
monumente  das  gesamtbild  des  classischen  altertums  zu  vervoÜBtSn- 
digen  bemüht  waren,  insbesondere  waren  es  die  preuszischen  ge- 
sandten, Humboldt,  Niebuhr,  Bunsen^  um  die  sich  diese  deutsche 
colonie  als  um  einen  willkommenen  mittelpunct  scharte,  nnd  die 
auch  selbst  regen  und  thätigen  anteil  an  diesen  altertumsstudien 
nahmen,  das  bedeutsamste  zeugnis  und  denkmal  dieses  einmütigen 
zusanunenwirkens,  wo  es  galt  festen  und  zuverlässigen  grond  fllr 
weiteres  forschen  zu  legen,  ist  die  von  Niebuhr  begründete  und  von 
seinem  amtsnachfolger  Bunsen  im  bunde  mit  Platner,  (Gerhard, 
Bösteil  fortgesetzte  'beschreibung  der  stadt  Bom'.  aber  auch  aus  an- 
deren nationen  strömten  gleichgesinnte  herbei,  und  so  finden  wir  in 
den  zwanziger  jähren  in  Bom  beisammen  die  Deutschen:  Bunsen, 
£duard  Gerhard,  Eestner,  Platner,  Panofka,  Thiersch,  Schom,  die 
Dänen  Bröndsted  und  Kramp ,  den  Esthländer  Otto  v.  Stackeiberg, 


FWeizsIcker:  das  deutsche  Insiitnt  f%lr  archäol.  correspondenz.     147 

da  Englinder  QtU^  nicht  zu  reden  von  den  Italiftnem  selber,  unter 
deaen  nftmentlich  Inghirami  eine  emsige  thtttigkeit  in  publicationen 
entwickelte,  wol  waren  znnftchst  alle  diese  männer,  soweit  sie  nicht 
zngleieh  an  der  n>e8chreibüng  Roms'  teilnahmen,  mit  eignen  arbeiten 
b^hlftigt;  allein  die  gemeinsamkeit  des  ortes  und  des  zieles  ihrer 
itndien  im  groazen  brachte  es  unausbleiblich  mit  sich,  dasz  sie  nicht 
bloss  in  personlichem  gesellschaftlichem  verkehr  mit  einander  stan- 
da,  Bondem  auch  gemeinsame  lectflre  trieben,  gemeinschaftliche 
toftige  machten  und  das  lebhafte  bedürfhis  des  gegenseitigen  aus- 
tsBsehes  der  neuen  resultate  ihres  forschens  empfanden,  ein  frischer 
htodi  froher  Schaffenslust  belebte  die  ganze  poetisch  angewehte  ge- 
nUiehaft,  die  sich  danach  auch  den  romantisch-symbolischen  namen 
der  bjperboreisch-rOmischen  beilegte,  aber  das  zusammenleben 
Termochte  jenem  mangel  keineswegs  in  genagender  weise  abzuhelfen, 
'msa  erkannte'  sagt  Curtius  *die  notwendigkeit ,  f^  ein  Studium, 
wddies  so  sehr  wie  die  denkmftlerkunde  einen  regsamen  austausch 
Teriaagt,  einen  mittelpunct  zu  schaffen,  von  dem  aus  alle  erweiterun- 
gCB  arehSologischer  kenntnis  in  wort  und  bild  rasch  zur  kenntnis 
aüer  mitforseher  und  altertumsfreunde  gelangen  könnten.'  das 
KoBstblatt  und  auch  das  Morgenblatt,  deren  sidi  Gerhard  zuweilen 
nr  TerOffentlichnng  seiner  neuen  archftologischen  entdeckungen  be- 
diate,  konnten  dieser  anforderung  nicht  genttgen.  Gerhard,  der, 
cnprflsglich  nicht  archftolog  von  fach,  sondern  erst  durch  den  auf- 
«Bthalt  in  Born  dazu  geworden,  an  breite  und  tiefe  der  philologischen 
ksutniflse  alle  seine  genossen  Übertraf,  war  gleichwol  auf  dem  neuen 
gebiete  der  thStigste  und  trotz  seines  hemmenden  augenleidens  un- 
enaadlichste  in  dem  streben  der  gesellschaft  ein  eignes  organ  für 
ibe  Wirksamkeit  zu  schaffen,  es  sollten  danach  in  regelmäszigen 
teftca  interessante  denkmftler  publiciert  und  von  abhandlungen  be- 
rloUt  werden,  f&r  diese  ^hyperboreisch-römischen  Studien'  hatte 
v  selbst  bereits  drei  abhandlungen  fertig  gestellt,  andere  beitrSge 
litteB  Stackeiberg,  Hirt,  Sarti,  Panofka  geliefert,  schon  waren 
atk  die  kupfer  für  ein  heft  'monumenü  inediti'  (12  tafeln)  ge- 
fiodien,  als  der  Verleger  Cotta,  der  sache  überdrüssig«  den  vertrag 
lofkfiadigte. 

Aber  Gerhard  war  nicht  zu  entmutigen,  die  hjperboreisch- 
iWachen  atndien  gab  er  spSter  (1833  und  1852)  in  zwei  bftnden 
Bit  neuen  beitragen  heraus ;  der  plan  aber,  der  denselben  anfänglich 
n  gründe  gelegen,  gewann  neues  leben  durch  Gerhards  bekannt- 
idsfl  mit  dem  duc  de  Luynes,  einem  für  kunst  und  Wissenschaft 
dtgvistertett  franzteischen  edelmann.  diesen  gewann  er  für  die 
v^^deraofhalone  jenes  planes,  der  nun  dahin  erweitert  wurde,  dasz 
ja  Pttis  unter  redaction  des  damals  dort  befindlichen  Panofka  ein 
'.maal  uaiversel  de  Tarch^ologie  mit  aufsätzen  in  f^ranzOsischer, 
«tfiaifcher  und  lateinischer  spräche  erscheinen  und  von  einem 
'«Ostia  begleitet  sein  sollte,  das  fortlaufenden  bericht  über  neue 
'■tdectamgen  zu  geben  hätte',  damit  war  die  hyperboreisch-rOmische 

10» 


148     P  Weizsäcker :  das  deutsche  Institut  für  archäol.  correspondenz. 

gesellschaft  zu  einer  europäischen  erweitert,  aber  die  ausf&brang 
des  planes  erfuhr  abermals  eine  Verzögerung  durch  Panofkas  Weg- 
gang von  Paris  im  j.  1828,  wodurch  das  unternehmen  wieder  in 
eine  neue ,  diesmal  wesentlich  andere  phase  trat. 

Oerhard  wandte  sich  nemüch  jetzt  an  Bunsen.  dieser  ergriff 
die  idee  mit  lebhafter  teilnähme,  schlug  aber  vor  den  plan  zu  ändern, 
^ich  fand'  schreibt  er  am  24  Januar  1829  an  Niebuhr  *dasz  ich  kei- 
nen beruf  hatte  mich  hierfür  (für  jenes  Journal  universel)  zu  inter- 
essieren, schlug  aber  vor  den  plan  zu  reformieren,  auf  herausgäbe 
von  monumenti  inediti  und  factischen  notizen  zu  beschränken  und 
diese  in  Bom  zu  tage  zu  fordern.'  von  groszer  bedeutung  für 
das  gelingen  war  die  anwesenheit  des  prenszischen  kronprinzen 
Friedrich  Wilhelm  (IV)  in  Bom  im  herbst  1828.  dieser  faszte  die 
idee  mit  freuden  auf  und  liesz  sich  sogar  von  Gerhard  bewegen  das 
protectorat  der  gesellschaft  zu  übernehmen,  eine  gunst  von  hohem 
werte,  wenn  man  bedenkt  auf  welchen  vnderstand  diese  im  wesent- 
lichen deutsche  institution  in  Bom  stoszen  konnte,  in  der  that  zeig- 
ten sich  auch  Italiäner  und  Franzosen  durch  die  neue  Wendung  der 
Sache  verletzt  und  gekränkt,  und  nur  Fea  begrüszte  das  werk  mit 
dem  aufrichtigen  beifaU,  der  aus  dem  interesse  für  die  sache  kommt 
und  andere  rücksichten  nicht  kennt. 

Durch  diesen  gang  der  dinge  war  nun  der  plan  so  weit  gediehen, 
dasz  am  9n  december  1828  als  an  Winckelmanns  geburtstag  bei 
Bunsen  die  bestimmte  Verabredung  zur  gründung  des  Instituts  ge- 
troffen werden  konnte,  an  Gerhard  trat  nun  die  weitere  aufgäbe 
heran,  die  nötigen  Vorbereitungen  zur  eigentlichen  erö£fhung  des 
Instituts  zu  treffen,  und  seiner  unermüdlichen  thätigkeit  gelang  es 
auch  trotz  der  sich  erhebenden  Schwierigkeiten  die  Organisation  und 
die  Statuten  auf  die  bestimmte  zeit  fertig  zu  stellen,  während  Bunsen 
für  die  äuszere  Sicherheit  der  neuen  gründung  thatkräftig  einstand 
und  für  die  Unterbringung  derselben  im  preuszischen  gesandtschafts* 
hotel  die  erforderlichen  räumlichkeiten  zu  schaffen  wüste,  so  konnte 
denn  am  21n  april  1829  (dem  Palilienfeste)  die  feierliche  eröffiinng 
des  neuen  Instituts  vorgenommen  werden,  welches  nunmehr  den 
namen  führte :  ^Instituto  di  corrispondenza  archeologica.' 

Was  nun  die  aufgäbe  dieser  bedeutenden  gründung  war,  ergibt 
sich  aus  der  geschichte  ihrer  entstehung  gewissermaszen  von  selbst, 
sofern  sie  ja  aus  dem  tief  und  lange  empfundenen  bedürfrds  eineä 
centralpunctes  für  samlung  und  Veröffentlichung  neuer  archäologi- 
scher entdeckungen  hervorgewachsen  ist.  genauer  wird  sie  von 
OJahn  dahin  bestimmt,  dasz  *durch  zuverlässige  und  sachkundige, 
möglichst  über  alle  gegenden  des  orbis  antiquus  ausgebreitete  corre- 
spondenzen  von  allen  bedeutsamen  entdeckungen  im  gebiete  der  alten 
kunst,  epigraphik,  chorographie  und  topographie  regelmässige  und 
zusanunenhängende  kenntnis  erlangt,  und  durch  fundberiohte,  be- 
Schreibungen,  Zeichnungen,  plane  und  karten,  welche  im  arehiv  des 
Instituts  ihren  Sammelplatz  finden  sollten,  die  unübersehbare  masse 


FWeniicker:  das  deutsche  Institut  fär  archäol.  correspondenz.     149 

dff  tlglieh  mwachsendeii  facta  der  Wissenschaft  gesichert  werden 
MÜts*.  die  reröfientlichnngen  des  Institats  gliederten  sich  diesem 
iwedk  entsprochend  vorerst  in  drei  teile,  alljfthrlich  sollte  in  groszen, 
Migfilltig  aosgefOhrten  tafeln  eine  anzahl  bisher  noch  nicht  heraus- 
gtgebener  bildwerke  rerOffentlicht  werden  unter  dem  titel  *Monu- 
mmÜ  inediti'.  daran  sdüosz  sich  ein  band  'Annali'  an,  bestimmt 
die  sn  j«ii«n  erforderlichen  erlftnterungen  und  wissenschaftlichen  ab- 
haodlongen,  nötigenfalls  mit  beigäbe  kleinerer  hüfstafeln  zu  geben, 
dn  monatlieh  erscheinende  'Bnllettino'  endlich  brachte  die  fortlaufen- 
den berichte  ttber  neue  erscheinungen,  fände,  ausgrabungen  usw. 
Bsd  Termiitelte  so  am  raschesten  die  ergebnisse  und  fortschritte  der 
ragen  wJaaenachafL 

Da  die  gesellBchaft  anfänglich  trotz  des  prenszischen  protectorats 
doch  eine  internationale  und  zugleich  eine  privatgesellsohaft  war,  so 
wir  sie  zur  bestreitnng  der  kosten  auf  die  j&hrlichen  beitrage  ihrer 
aitglieder  (2  Louis  d'or),  auf  den  buchhändlerischen  ertrag  ihrer 
pablicationen  und  auf  die  besondere  f^eigebigkeit  einzelner  mit- 
^ieder*  angewiesen,  damit  war  die  ezistenz  des  Instituts  freilich 
jedeneit  sehr  in  frage  gestellt,  doch  brachte -es  eine  wesentliche 
aatentatcnng,  dasz  der  königliche  protector  seit  1842  die  besol- 
diagea  für  die  secretSre  Terwilligte,  freilich  auch  diese  nicht  fest 
od  unwiderruflich,  erst  seitdem  1858  das  Institut  in  eine  preu- 
oiache  staataanatalt  verwandelt  wurde,  die  an  die  kOn.  akademie 
der  wiasenachaften  in  Berlin  angeschlossen  wurde,  war  mit  der  da- 
durch gebolenen  bedeutend  hohem  und  regelmftszigen  geldunter- 
ftttmng  die  existenz  des  'Institute  prussiano'  völlig  gesichert,  und 
i^  dadurch  die  möglichkeit  zur  entfaltung  ausgedehnterer  thätig- 
keü  geboten,  aber  es  stand  ihm  eine  noch  glänzendere  entwicklung 
bcTor,  ein  noch  höheres  ziel  war  ihm  gesteckt,  wir  kommen  darauf 
torfidL 

Die  leitnng  der  gesellschaft  war  unter  dem  protectorat  des 
banpnnaen  in  den  h&iden  einer  direction,  deren  erster  präsident 
der  dnc  de  Blacas  war;  secretär  war  Bunsen,  vicesecretäre  Oerhard 
■ad  Fmofka;  der  verschiedenen  nationalität  ihrer  mitglieder  ent- 
ipEiehend  war  die  sodet&t  in  drei  seetionen  geteilt,  deren  secretäre 
Wekker  und  OMOller  ftlr  die  deutsche,  der  duc  de  Luynes  für  die 
bivOsiache,  Mülingen  fttr  die  englische  section  waren;  dazu  kamen 
ib  weitere  ordentliißhe  mitglieder  der  direction  Fea,  Nibbj,  Thor- 
«ildaen  mid  einige  ehrenmitglieder.'  die  hauptarbeit  fiel  den  secre- 

*  diese  war  auch  von  selten  einiger  glänzend,  wie  denn  nameniUch 
ivtk  die  nnterstfitxnngen  des  dnc  de  Lnjnes  Ton  den  Annali  die 
j«krglm  1841,  1843  halb,  1846,  1847  ganz  in  Paris  gednickt  wurden 
(J«ba:  EOeribard  s.  81).  *  die  ordentUehen  mitglieder  der  deutschen 
Mctioa  tfUt  Bnasea  in  dem  oben  erwähnten  brief  an  Niebahr  auf,  worin 
»  teselben  bittet  sieh  ebenfalls  in  ihre  reihe  aufnehmen  sn  lassen,  die 
Me  laniei:  'aaeh  dieser  eialeitong  soU  also  die  bitte  kommen,  dass 
^  vas  erlauben  m9gen  Ihren  namen  in  folgender  gesellschaft  unter 
^  tsej  offdinaij  della  sezione  allemanna  anzuführen:  d*AIton,  Böckh, 


150     rWeizsäcker:  das  deutsche  Institut  für  archäol.  correspondenz. 

tären  Gerhard  und  Panofka  zu,  wie  dies  der  natur  der  sache  nach 
auch  his  heute  noch  der  fall  ist.  die  namen  dieser  yerdienstvollen 
männer  sind  der  reihe  nach  diese :  Gerhard,  Panofka,  Olaus  Keller- 
mann, Emil  Braun,  Richard  Lepsios,  Wilhelm  Abeken,  Wilhelm 
Henzen,  Heinrich  Brunn,  Wolfgang  Heibig.  Henzen  und  Heibig 
haben  das  glück  und  die  ehre  diese  stelle  im  Jubeljahre  des  Instituts 
einzunehmen,  und  mögen  noch  lange  in  ihrer  segensreichen  Wirk- 
samkeit erhalten  bleiben! 

Gleich  nach  der  gründung  des  Instituts  eröfi&ietesich  ein  reiches 
arbeitsfeld  durch  die  bedeutenden  ausgrabungen  in  Etrurien,  welche 
eine  fülle  neuen  Stoffs  zur  veröffentlidiung  und  erklärung  darboten, 
und  wie  wenig  es  auch  in  der  folgezeit  an  aufgaben  gefehlt  hat, 
die  entweder  das  Institut  selber  zu  lösen  übernahm,  oder  zu  der  es 
wenigstens  die  nötige  beihilfe  an  die  band  zu  geben  allein  im  stände 
war,  das  beweist  nicht  nur  die  stattliche  reihe  der  von  ihm  in  fünf- 
zig Jahren  yeröffentlichten  Monumenti,  der  fünfzig  bände  Annali  and 
der  Bullettini;  davon  zeugt  namentlich  auch  das  grosze  werk  des 
Corpus  inscriptionum  latinarum,  dessen  verdienstvoller  herausgeber 
seine  heranbildung  zu  dieser  schwierigen  aufgäbe  eben  dem  Institute 
zu  verdanken  hat.  neben  der  wissenschaftlichen  th&tigkeit  des  Insti- 
tuts wurde  aber  auch  die  sorge  für  seine  äuszere  Unterkunft  nicht 
vergessen,  im  anfang  war  ja  dasselbe  im  preuszischen  gesandt- 
Schaftshotel  zu  gaste;  im  verlauf  der  zeit  aber  gelang  es  den  aus- 
dauernden bemühungen  seiner  Vertreter,  durch  samlungen,  sab- 
scriptionen  und  regelm&szige  beisteuern  eine  hinreichende  summe 
zusammenzubringen ,  um  auf  dem  tarpejischen  felsen  ein  eignes  ge- 
bände  zu  errichten,  das  passenden  räum  für  die  samlungen  und  für  die 
Verwaltung  darbot,  und  wo  auch  ein  saal  für  die  regelmäszigen  zu- 
sammenkünfte  und  festsitzungen  eingerichtet  war.  so  stand  vorerst 
wenigstens  das  haus,  die  casa  Tarpeia,  'auf  felsen  gegründet'. 

Aber  das  Institut  sollte  keine  insel  bleiben,  auch  in  Deutsch- 
land selbst  sollten  die  altertumsstudien  bald  einen  mittelpunct  fin- 
den, der  ihnen  bisher  nur  zu  sehr  gefehlt  hatte  und  ohne  den  die 
Verbindung  mit  den  heimatländem  des  griechisch-römischen  alter- 
tums  eine  allzu  unregelmäszige  geblieben  wäre*  auch  hier  war  es 
Gerhard,  der  die  kluft  ausgefüllt  hat.  im  j.  1837  kehrte  er  nach 
Deutschland  zurück,  und  sofort  erfaszte  er  den  plan,  dem  aus- 
gedehntem archäologischen  Studium  die  thore  zu  öffnen  und  die 
wege  zu  bahnen,  schon  seit  1834  hatte  er  als  anhang  zur  Halle- 
sehen  litteraturzeitung  ein  'archäologisches  intelligenzblatt'  heraus- 
gegeben und  nach  seiner  rückkehr  öffentliche  Vorlesungen  gehalten, 
um  das  interesse  für  archäologische  Wissenschaft  auch  in  weiteren 
kreisen  zu  wecken,  im  gründe  war  es  derselbe  gedanke,  der  ihn  zur 
gründung  des  römischen  Instituts  getrieben  hatte,  welcher  ihn  auch 

Böttiger,  Creazar,  Goethe,  Hammer,  Hirt,  W.  u.  A.  Humboldt, 
JacobB,  Klenze,  Müller  (O.),  Ranch,  Schinkel,  AWSohleff«!, 
Schorn,  Steinbüchel,  Thiersoh,  FTieck,  Uhden,  Welcker.* 


PWeiaIcker:  das  deutsche  Institut  för  archäol.  correBpondenz.     151 

ia  Beriin  nicht  rohen  liesz,  bis  am  Winckelmannstag  des  j.  1841 
fich  auf  seine  anregang  die  'archäologische  gesellschaft'  constitaierte 
da  seitenstflck  und  gewissermaszen  als  filiale  der  römischen,  auch 
ose  ttitschrift  wurde  durch  ihn  gegründet,  welche  analog  den 
rtmtacheB  pnblicationen  *denkmftler,  forschungen  und  berichte'  aus 
dem  gebiete  der  archfiologie  in  regelmftszig  erscheinenden  heften  brin- 
ge sollte  und  seit  1843  in  ununterbrodiener  folge  unter  dem  titel 
'^biologische  zeitung'  unter  Gerhards  redaction  erschienen  ist. 
Mit  1847  erfolgte  die  herausgäbe  'unter  mitwirkung  des  arch&ologi- 
sdwn  InstitntB  und  der  archftologischen  gesellschaft  in  Berlin',  seit 
1849  fthrte  sie  bis  xu  Gerhards  tod  1867  den  titel:  *denkmiüer, 
fondnmgen  und  berichte,  als  fortsetzung  der  arch.  ztg.'  nach  seinem 
tods  wuide  dieeelbe  von  Jahn,  Httbner,  Curtius  und  Matz  bis  zum 
2Zü  Jahrgang  weitergeftihft,  von  wo  an  sie  vom  archSologischen 
Inititot  ds  deasen  oigan  fOr  Deutschland  unter  der  redaction  von 
Max  Fnnkel  fibemommen  wurde. 

So  war  auch  in  Deutschland  ein  neuer  mittelpunct  des  arch&o- 
logiseken  Studiums  gewonneUi  und  es  entwickelte  sich  ein  reger  eifer 
od  eiae  umfassende  und  tiefgehende  thätigkeit  auf  diesem  gebiete, 
dw  iodi  f&r  die  erforschung  der  deutschen  altertümer  nicht  ohne 
friKkt  geblieben  ist«  von  ganz  besonderer  bedeutung  für  die  wissen- 
Mkift  und  für  das  Institut  selbst  war  eine  neue  odelsinnige  Stiftung 
dci  famstliebenden  königs  Friedrich  Wilhelm  IV,  der  dadurch  aber* 
nab  seine  onablftssige  sorge  für  das  gedeihen  des  seinem  schütz  be- 
foUeMB  Ittsütnts  bethfttigte.  es  wurden  nemlich  im  j.  1856  zwei 
roilntipendien  für  junge  philologen  gegründet,  weldie  in  solcher 
VOM  onterstütst  nach  Bom  entsendet  werden  sollten,  um  auf  dassi- 
tdüoi  boden  teils  ihre  eignen  Studien  fortzusetzen,  teils  im  dienste 
uid  aaltnge  des  Instituts  sich  nützlich  zu  machen,  das  Stipendium 
varde  je  auf  6in  jähr  erteilt,  konnte  aber  nach  umstttnden  auch  auf 
c:a  oder  mehrere  weitere  jiüire  ausgedehnt  werden,  die  ersten  sti- 
padiatan  waren  AlConze  und  AdMichaelis  (1859).  hiermit  sind 
vir  sbennala  an  dem  zeitpunct  angekommen,  von  dem  an  das  Institut 
dfixch  seine  constituierung  als  preuszische  Staatsanstalt  allen  weitem 
gciahm  enthoben  und  zu  voller  entfaltung  aller  seiner  kräfte  und 
aiOel  befkfaigt  und  ausgerüstet  dasteht,  in  dieser  günstigen  situa- 
tjoa  Ufihte  es  denn  auch  vorerst  fröhlich  weiter,  bis  neue  günstige 
coKtdlationen  ihm  einen  noch  hohem  aufschwung  gaben,  aber 
Kkm  von  aniang  an  hatten  die  lorbeeren  der  Deutschen  auf  diesem 
gvöiete  den  ItaliSnem  und  Franzosen,  obwol  sie  von  dem  Institut 
ttiaeswegs  ausgeschlossen  waren  —  war  ja  doch  ein  Franzose  zum 
Pittdttten  gemacht  worden'  —  keine  ruhe  gelassen,  und  so  ent- 
itaad  1843  das  'Bnllettino  archeologico  Napolitano'  von  Avellino, 
1^4  ia  Frankreich  unter  mitwirkung  von  Lenormant  und  de  Witte 

'  aadi  waren  1896  und  1888  arsobienen:  Nouvelles  Anuales  da  Ia 
*(«tMB  Fm^aise,  t  bände  in  8  mit  24  kapfertafeln  fol. 


152     PWeiz8&cker :  das  deutsche  Institat  für  archäol.  correapondens, 

die  'Bevae  arch^ologique',  antemehmung^  jedoch  die  nicht  als 
concurrenz  geg&x  die  Deutschen  aufzufassen  sind,  sondern  als  frCLchte 
desselben  Stammes,  hervorgegangen  ans  demselboi  bedflrfiüs  wie 
die  archfiologische  zeitung,  auch  im  eignen  lande  organe  ftbr  den 
austausch  der  neuesten  erscheinungen  auf  dem  archSologisdien  ge* 
biete  zu  besitzen. 

Aber  noch  war  ein  höchst  bedeutendes  gebiet  der  archKologi- 
sehen  forschnng  von  den  vorteilen,  die  das  Institut  als  sammelpnnct 
der  krttfte  und  der  resultate  gewährte,  ausgeschlossoi :  Griechen- 
land selbst,  ohne  das  auch  Rom  für  die  Wissenschaft  nicht  das  ge- 
worden wftre,  was  es  jetzt  ist.  zwar  hatten  die  befireiungskriege  und 
namentlich  der  umstand|  dasz  durch  die  wähl  könig  Ottos  ein  knnst- 
liebendes  deutsches  königshaus  in  enge  beziehungen  zu  Griechenland 
trat,  den  zug  deutscher  gelehrten  in  dieses  Vaterland  der  schOnheit 
erleichtert  und  gesteigert,  und  namentlich  war  es  seit  1832  Ludwig 
Boss,  der  dort  in  ähnlicher  weise,  wie  im  vorigen  Jahrhundert  in 
Bom  Winckelmann,  durch  seine  uinfassenden  philologischen  kennt- 
nisse  der  regierung  als  der  geeignetste  mann  für  eine  an%abe  er- 
scheinen muste,  zu  deren  lOsung  es  im  eigenen  lande  an  auaieiohenden 
kilLften  fehlte,  er  wurde  zuerst  unterconstrvator  der  altertümer  mit 
dem  sitz  in  Nauplia  und  durchforschte  von  hier  aus  den  Peloponnes; 
1834  wurde  er  nach  Athen  berufen  und  zum  oberconservator  er- 
nannt, seine  Verdienste  in  dieser  Stellung  sind  aUbekaont,  ich 
brauche  nur  an  die  wiederaufrichtung  des  Niketempels  zu  erinnern; 
und  auch  als  er  sich  durch  differenzen  veranlaszt  sah  1836  von  seiner 
Stellung  zurüdEzutreten,  wirkte  er  doch,  seit  1837  zum  professor  an 
der  athenischen  Universität  berufen,  noch  lange  einflusz-  und  segens- 
reich durch  seine  überlegraiheit  an  philologischen  kenntnissen  tmd 
wissenschaftlicher  methode,  sowie  durch  forschungsreisen  in  allen 
teilen  Griechenlands,  bis  ihm  die  wachsende  fremdenfeindliche  Strö- 
mung in  Griechenland  1843  ein  weiteres  verbleiben  im  amie  un- 
möglich machte,  später,  seit  der  Stiftung  der  archäologischen  reise- 
Stipendien,  wurde  Griechenland  und  die  inseln  von  jungen  geldirten 
im  anftrag  der  preuszischen  akademie  und  des  Instituts  bereist,  und 
wie  fruchtbringend  diese  Stiftung  auch  in  dieser  hinsieht  war,  be* 
wiesen  sofort  die  reichen  ergebnisse  des  griechischen  aufentbalta  der 
beiden  ersten  Stipendiaten,  aber  die  direction  des  Instituts  trug  sich 
mit  noch  hohem  planen;  immer  entschiedener  brach  sicdi  die  flber- 
zeugung  bahn,  dasz  auch  in  Athen  ein  ähnliches  institut  wie  in  Bom 
seinen  bleibenden  sitz  haben  müsse,  und  namentlich  Ernst  Gurtius, 
dem  auch  die  Wiederaufdeckung  Olympias  verdankt  wird,  war  es 
der  mit  vollem  eifer  darauf  hinwirkte,  solchen  wünschen  und  be- 
dürfiiissen  brachte  die  wiederaufrichtung  des  deutschen  reiches  die 
langersehnte  erfüllung.  am  18n  mai  1874  genehmigte  kaiser  Wilhelm 
die  Umwandlung  des  römischen  Instituts  in  eine  anstalt  des  deut- 
schen reichs ,  und  am  9n  december  desselben  Jahres  wurde  auch  die 
tochteranstalt,  das  deutsche  archäologische  Institut  in  Athen,  feier- 


PW«bi8eker:  dtt  deateche  Iiutitat  für  archAol.  correspondenz.     153 

fick  und  unter  beteiligimg  der  uniTersitftt,  der  archäologischen  und 
dir  pbilologiBchen  gesellfichaft  in  Athen  eröffiiet,  wobei  der  secretftr 
dfa^ben,  Otto  Luders,  nach  yorangegangener  begrttszung  ttber  die 
arbeitfln  denteeher  gelehrten  aaf  griechischem  boden  sprach  und  die 
ntfe  nd  anfgaben  der  neaen  Stiftung  entwickeltem 

80  war  denn  im  lauf  der  seit  aus  der  bescheidenen  pflanzung 
BMT  pTtTatgesellachaft  von  Hyperboreern  ein  stattlicher  bäum  heran- 
gswaehsen,  der  seine  zweige  Aber  alle  teile  der  classischen  Ittnder 
ioibnitete  und  seitdem  in  fröhlichem  gedeihen  grttnt  und  blüht, 
abtr  die  TerSiiderten  verhftltnisse  brachten  auch  yerftnderungen 
ia  der  eiBriehiong  mit  sich,  die  jetzt  im  wesentlichen  folgende  ist.^ 

Die  anfgabe  des  Institute  wird  in  §  1  des  Statute  dahin  fest- 

gettdlt,  'anf  dem  gebiet  der  ardittologie  und  dem  verwandten  der 

piuldogie  die  beziehungen  zwischen  den  heinuitländem  alter  kunst 

ond  Wiesenschaft  und   der   gelehrten  forschung  zu  beleben  und 

ra  regeln  und  die  neu  aufgefundenen  denkmftler  der  griechischen 

uad  römischen  epoche  in  rascher  und  genügender  weise  zu  yeröffent- 

iicfasn.  das  Institat  ist  reichsanstalt  und  hat  sein  domicil  in  Berlin ; 

die  wisBenschaftliche  thfttigkeit  desselben  hat  daneben  ihren  stetigen 

siti  in  Born  und  Athen,  wo  regelmSszig  seine  Schriften  erscheinen/ 

a  der  wpiixe  der  anstalt  steht  eine  centraldirection  in  Berlin  mit 

oaem  Torsitaenden,  Lepsius,  und  elf  ordentlichen  mitgliedem,  von 

deaen  fünf  zugleich  mitglieder  der  preuszischen  akademie  in  Berlin 

cad  zwei  andere  sonst  in  Berlin  ansSssig  sein  sollen ,  während  die 

vier  übrigen  mitglieder  an  anderen  orten  Deutechlands  ansftssig  sind. 

gcgeawirtig  besteht,  diese  reihenfolge  beibehalten,  die  direction  aus 

folgeedeB mitgliedem:  AConze,  ECurtius,  ASarehhoff,  ThMommsen, 

SHeidier  t  \  FErttger,  BSchfoe,  HBrunn,  BKekul6,  AdMichaelis, 

JOrcriieA.   auswSrtiges  mitglied  ist  hr.  J.  de  Witte  in  Paris,   dazu 

koamen  zwei  secretlre  in  Bom,  Benzen  und  Heibig,  und  ein  verwal- 

tsagiratfa  FLand  daselbst,  und  ein  secretär  in  Athen,  Ulrich  Köhler. 

nwsrdem  sShlt  das  Institut  eine  grosse  anaahl  mitglieder,  die  nach 

dm  kategorien  geordnet  sind:   ehrenmitglieder,  ordentliche  und 

«nwpoDdierende  mitglieder.    al^'fthrlich  treten  die  ordentlichen 

■JtgBeder  der  centraldirection  zu  einer  jahresversamlung  zusam- 

MB,  in  welcher  allein  die  wichtigsten  gegenstftnde,  wie  wählen, 

nteongsablagen,  Jahresberichte,  stipendienverleihungen  zur  ver- 

teadfamg  kommen  kfonen.    die  zahl  der  Stipendien  ist  auf  fünf  er- 

bSht  worden,  von  denen  das  fünfte ,  wenn  sich  ein  bewerber  findet, 

nr  «atentfttsung  für  ehristlich-ardiftologische  Studien  bestimmt  ist. 

Den  seeretixen  in  Bom  und  dem  in  Athen  liegt  die  Verpflichtung 

^  die  sdirilten  des  Institute  zu  publicieren,  die  rechnungen  zu  füh- 

IV f  im  Winter  aDwi^ehentliche  Sitzungen,  sowie  jährlich  zwei  fest- 

■tnagiB,  am  geburtetag  Boms  und  am  Winckelmannstag,  zu  ver- 


*  ▼firdae  sUtni  des  kais«  deotsoheo  «roh.  Inst,  in  der  arch.  ztg. 
QX?  (1S77)  0.  199— SOS.  ^  wer  an  die  durch  Berchere  tod  erledigte 
<cUe  feviUt  worden,  ist  mir  zur  zeit  unbekannt. 


154     PWeizsäcker:  das  deutsche  Institut  für  arch&oL  correspondenz. 

anstalten,  und  endlich  fdr  die  Stipendiaten  und  andere  gebildete 
Deutsche  in  Born  (bzw.  Athen)  periegesen  in  den  museen  Torzuneh- 
men,  archäologische  und  epigraphische  vortrage  zu  halten  oder  solche 
Übungen  zu  leiten,  die  periodischen  publicationen  ded  Instituts  haben 
im  lauf  der  zeit  bedeutend  an  ausdehnung  gewonnen,  in  Born  er- 
scheinen wie  von  anfang  an  die  Monumenti  (jährlich  12  tafeln  in 
grosz  folio),  die  Annali  und  das  Bullettino.*  dazu  ist  seit  1872  noch 
eine  epigraphische  Zeitschrift  gekommen:  ^£phemeri8  epigraphica 
corporis  inscriptionum  latinsrum  supplementum.'  in  Athen  erschei- 
nen seit  1876  die  ^mitteilungen  des  deutschen  archäologischen  In- 
stituts in  Athen',  in  Berlin  endlich  seit  1876  als  organ  des  Institats 
die  oben  erwähnte  'archäologische  zeitung*. 

Neben  diesen  periodischen  Schriften  geht  eine  reihe  gröszerer 
wissenschaftlicher  arbeiten  her,  deren  herstellung  grosze  kosten  und 
yiele  arbeit  erfordert,  und  die  ohne  die  bedeutenden  Unterstützungen, 
die  das  Institut  und  die  preuszische  akademie  gewähren,  nie  zustande 
kommen  würden,   es  sind  deren  gegenwärtig  vier: 

1)  eine  grosze  karte  der  ebene  Ton  Athen  im  maszstab  1 :  25O00. 
dieselbe  wird  ausgeführt  unter  leitung  von  ECurtius  nach  neuen 
sorgfältigen  aufnidimen  des  yermessungsinspectors  Kaupert  vom 
groszen  genenJstab.  eine  probe,  welch  glänzende  leistung  wir  zu 
erwarten  haben,  bietet  der  jüngst  erschienene  atlas  von  Athen  von 
Curtius  und  Kaupert. 

2)  eine  samlung  der  sog.  etruskischen  umen  ist  jetzt  bis  zum 
zweiten  bände  der  tafeln  vollendet,  den  text  dazu  hat  HBnmn  in 
bearbeitung. 

3)  eine  samlung  der  römischen  Sarkophage,  dieselbe  wurde 
schon  von  OJahn  begonnen,  dann  von  Matz  und  nach  dessen  tode 
von  AdMichaelis  fortgesetzt,  und  ist  jetzt  in  den  bewährten  bänden 
von  AConze.  der  Zeichner  ist  in  voller  thätigkeit  für  herstellung 
der  tafeln. 

4)  BKekul6  leitet  eine  samlung  der  antiken  terracotten,  woran 
ebenfalls  eifrigst  gearbeitet  wird;  aJs  Vorläufer  ist  bis  jetzt  erschie- 
nen BEekul6 :  griechische  thonfiguren  aus  Tanagra,  und  nahe  bevor- 
stehend ist  das  erscheinen  der  pompejanischen  terracotten,  bearbeitet 
von  A.  von  Bohden. 

So  blühen  denn  im  Jubeljahre  des  Instituts  die  archäologischen 
Studien  Deutschlands  in  einem  vorher  nie  gesehenen,  kaum  geahnten 
fior,  und  im  hinbliok  auf  diesen  noch  weiter  von  der  bedeutnng  die- 
ser segensreichen  gründung  zu  reden  hiesze  eulen  nach  Athen  tragen, 
nur  darauf  sei  kurz  aufmerksam  gemacht,  dasz  das  Institut  nicht  mehr 
blosz  ein  sammelpunct  archäologischen  materials  ist,  sondern  gerade- 
zu die  hochschule  für  das  Studium  der  archäologie  repräsentiert, 
freuen  wir  uns  am  abschlusz  eines  verhältnismäszig  so  kleinen  zeit- 

*  in  swangloser  folge  gibt  das  römische  Institut  auch  berani  'Me- 
morie  delV  Institute  di  corr.  «rcheologic«',  bis  jetzt  zwei  bände  (1832 
u.  1866). 


ABieee:  zu  den  geographi  latini  minores.  1&5 

«bschiiitteB  seit  dem  bestand  des  Instituts  über  all  das  grosze,  be- 
deatniigSTolleY  was  darin  ist  geleistet  worden,  und  blicken  wir  frohen 
aoges  an  der  schwelle  eines  neuen  halbjahrhunderts  in  die  zukunft, 
walcheB  wenigstens  äuszerlich  glänzender  emporsteigt  als  das  erste. 
so  mOge  denn  das  Institut  in  seinem  neubezogenen  wohnsitz  auf  dem 
Capitol  inBom  blühen  und  gedeihen  als  hört  und  bürg  der  deutschen 
altertomsforschung  in  den  classischen  ländem  und  es  ihm  nie  an 
minnexn  fehlen,  die  den  bisherigen  ebenbürtig  das  grosze  und  schöne 
werk  in  den  begonnenen  bahnen  weiter  führen  zu  immer  reicherer 
samlnng  der  kostbaren  schätze  des  altertums,  dasz  es  vor  uns  wieder 
erstehe  in  all  seiner  grosze  und  herlichkeit;  möge  in  Deutschland 
nie  die  edle  begeisterung  erlöschen,  die  in  den  ehrwürdigen  resten 
des  altertums  mehr  sieht  als  Scherben  und  steine,  die  begeisterung 
die  einst  Goethe  erfüllte,  dasz  er  einen  zweiten  geburtstag  zählte, 
eine  wahre  Wiedergeburt,  yon  dem  tage  wo  er  Bom  betrat,  aber 
auch  nie  der  deutsche  ernst  um  das  gründliche  und  sichere  der  alter- 
tOmer  nnd  der  kunst,  den  Goethe  an  Winckelmann  rühmt,  nie  der 
gewissenhafte  Sammeleifer  eines  Gerhard,  der  in  dem  paradoxen 
gipfelte:  *artis  monumentum  quiunum  vidit,  nuUum  vidit,  qui  mille 
yidit,  nnum  vidit.'  kurz,  möge  es  nie  an  treuen  arbeitem  in  dieser 
ernte  mangeln,  denn  die  ernte  ist  grosz! 

Heidenh£im.  Paul  Weizsäcker. 

25. 

ZU  DEN  GEOGRAPHI  LATINI  MINORES. 


In  meiner  ausgäbe  der  geographi  latini  minores  (Heilbronn 
1878)  habe  ich  in  der  angäbe  des  Julius  Honorius  s.  36  B,  4  fluvius 
Dmitis  • .  currü  per  campas  Hispaniae  irUustrans  paramutn  das  letzte 
wort  als  unverstündlich  bezeichnet,  ich  verdanke  jetzt  die  erklärung 
desselben  CZangemeister ,  der  mich  auf  CIL.  11  2660  aufmerksam 
nuu^te.  in  dieser  zu  Leon  gefundenen  metrischen  inschrift  lautet 
nemlich  das  dritte  gedieht :  Cervom  aUifrontum  corntM  Dicat  Dianae 
TüUiuSf  Qfios  vicU  inparami  aequore  Vedus  feroci  sonipede.  Hübner 
bemerkt  dazu  dasz  das  in  den  Wörterbüchern  (bis  auf  De  Vit  udw.) 
fehlende  wort  noch  jetzt  im  spanischen  yorkomme  als  paramo  in  der 
bedeutung  yon  ^planities  alta  et  inculta';  auch  der  städtename 
So^ontia  Faramka  (Ptol.  II  6,  ÖO.  66)  bei  den  Vaccäem  und  Var- 
dnlem  enthalte  das  wort. 

Ich  benutze  diese  gelegenheit  um  zu  einer  stelle  der  früher  dem 
Aethicos  zugeschriebenen  kosmographie  (s.  83,  29  meiner  ausgäbe) 
die  ttberlieferong  g^en  Jordan  zu  verteidigen,  welcher  (topogr. 
von  Bom  I  1  s.  393.  II  s.  425)  für  die  insel  an  der  Tibermündung 
die  seltsame  bezeichnung  dihanus  älmae  Veneris  wünschte,  diese 
insel  wird  vielmehr  wegen  ihres  reichtums  an  duftenden  blumen 
(jprae  fnmiäcUe  sui  odaris  et  floris)  in  den  hss.  ganz  richtig  Lihanus 
almae  Veneris  genannt,   dem  seltsamen  christlich-heidnischen  misch- 


156  HBdhl:  eine  datierbare  altspartanische  inscbriit. 

Charakter  j^ner  durchaus  nicht  nawichtigen  beschreibung  B<nD8  ent- 
sprechend, welchen  schon  die  wenigen  genannten  werte  feigen,  ge- 
ziemt es  auch  sowol  biblische  als  heidnische  belegstellen  zu  bringen, 
erstere  seien:  Hoheslied  4,  11  öcfifj  i^oriuiv  cou  übe  ÖQtf|  Atßdvou 
. .  vdpboc  Kai  KpÖKoc,  KdXa^oc  Kai  Kivväpujfiov  ^€Tä  Trdtvrwv  iüXujv 
ToO  Aißdvou,  Hosea  14, 6  xai  f|  öcqppacta  aÖToO  die  Atßdvou,  Kahom 
1,  4  Td  dEavOoOvra  toö  Aißdvou  na.,  letztere  Ansonins  iedhnop.  de 
vereprmo  5  ftarum  spirat  oder,  lAbani  ceu  montis  honor  ha.  so  ist 
die  hsl.  lesart  in  der  bedeutong  ^blamengarten  der  Venns'  — <  wie 
denn  Jordan  selbst  ao.  II  425  einen  hoHus  Veneris  am  abhänge  des 
Qnirinal  anfuhrt  —  durchaas  gerechtfertigt 

s.  129,  8  ist  die  ansprechende  vermntang  Yon  ürUchs  hiniuzu- 
fügen,  der  (jahrb.  d.  altert,  d.  Bheinl.  1877  heft  60  s.  65)  Viäri- 
censrnm  Novianorum  lesen  will,  da  Novia  (Niederbiber)  seit  186 
Navia  Vidricensis  hiesz. 

Am  Schlüsse  der  ea^pasitio  totius  mwndi  s.  126  unten  finden  sieb 
in  der  zweiten  recension  die  werte  tMiposMdfle  tti  homßivi  mm 
nasse,  wie  verhalten  sich  dieselben  zu  der  56n  unter  den  sentefiiua 
Varronis:  Omnia  nasse  impossiUle,  nanpauca  (überliefert  ist  jNnica 
non)  kuidabüe? 

In  derselben  schrift  findet  sich  eine  verherlichung  der  Libjcr 
8.  124,  3,  welche  den  früher  von  mir  gesammelten  ähnlichen  stellen 
über  die  Aethiopen  (vgl.  idealisierung  der  naturvölker  s.  7)  hinzuzu- 
fügen ist.  auszer  anderen  stellen  wie  Paus.  I  33,  4.  Dionys.  perieg 
559.  Diodor  III 18  ua.  gehört  hierher  auch  Steph.  Bjz. :  Muvbujvec 
£9voc  Aißuiic.  "'Eqpopoc  eiKOcrip  ÖTÖöip  «Muvbujvec  oiTrcp  eurviu 
fiÖTOTOi  boKoCciv  cTvai,  irXouciuiTaTOi  töv  ßiov»  (fr.  149*  Müller 
der  vergleich  mit  jenen  anderen  stellen  sowie  der  zusatz  töv  ßio 
machen  klar,  dasz  hier  statt  irXoucu&TaTOi  zu  lesen  ist  dirXoücTOTOi 
es  ist  von  interesse  hier  zu  sehen,  wie  gerade  Ephoros  die  Liby«^ 
verherlicht,  da  auf  denselben  auch  die  idealisierung  der  Skythen  zi] 
einem  guten  teile  zurückgeht. 

Fbankfubt  am  Main.  Alexander  Biese. 

26. 

EINE  DATIERBABE  ALTSPAETANISCHE  INSCHRIFT. 

Der  in  der  Tainarischen  weihinschrift  äv^OiiKC  AlcxptiUV  ^Anc« 
piIiTac  Tqj  TToo\bävi  'HpaxXiiibav  aöröv  Kai  laördi  •  £q>opoc  'Avii 
CTpaTOC  diroKUj  TTpuaioc  'EiriKubnc  (Kirchhoff  im  Hermes  IH  s.  44| 
und  Studien^  s.  145,  Le  fias  voy.  arch.  n.  255^)  vorkommende  epq 
nyme  ephoros  Hagehistratos  ist  aus  Xenophon  Hell.  II 3, 10  bekanni 
sein  amt^ahr  dauerte  vom  herbst  427  bis  dahin  426.  insehiifteii 
welche  ältere  entwicklungsstufen  des  alphabetes  aufweisen,  falle] 
also  notwendig  vor  diesen  zeitpunct,  die  Tainarische  weihinscbrii 
mit  dem  ephoros  Aristeus  vor  431. 

Berlin.  Hermann  Röhl. 


HMaDer-Strabing :  zu  Thukydides  [VIII 19]  n.  Xenophoo  [Hell.  11,9].  157 

27. 

ZU  THÜKYDIDES  UND  XENOPHON. 


L  Nadi  dem  ab&ll  von  Athen  im  j.  412  zeigten  sich  die  Chier 
l«gruflidier  weise  sehr  thätig  aach  andere  städte  zum  ab&U  zn  ver- 
Uten,  mit  Teoe  war  ihnen  dies  schon  gelungen  (Thuk.  VIII 16); 
dim  gehen  zehn  ihrer  schiffe  nach  Anaia,  an  der  küste  yon  Earien, 
Sfisos  gegenüber,  um  kundschaft  ttber  die  läge  der  dinge  in  Milet 
GBZQ&^n  und  zugleich  die  städte  ao&uwiegeln.  hier  erhalten  sie 
«M  botsefaaft  yon  Chalkideus  und  die  mahnung  wieder  abzufahren, 
dl  ihiett  von  Seiten  des  persischen  rebellen  Amorges,  der  mit  den 
AduBem  in  yerbindung  stand,  gefahr  drohe*;  sie  segeln  nun  nach 
Aiic  kpdv,  einer  Ortschaft  am  kajstrischen  meerbusen  an  der  sfld- 
kOitB  der  erythrftischen  halbinsel ;  als  sie  aber  dort  einer  heransegeln- 
da  ithsaiicilien  flotte  yon  17  schiffen  ansichtig  werden,  flüchten  sie, 
Bit  einem  scbiffe  nach  Ephesos,  die  flbrigen  schiffe  in  der 
hdtnig  auf  Tees;  yier  yon  diesen  fielen  den  Athenern  in  die  bände, 
tbo  ieff,  da  die  mannschaft  sich  ans  land  gerettet  hatte,  die  übrigen 
entbBMi  in  die  Stadt  der  Teier  (ical  ibc  elbov ,  £<p€UTOV  ^i^  ^^v 
vnNc  '€<p€COV,  a\  ht  Xoiiral  IvX  Tf)c  T^ui.  xal  x^ccapac  ^^v 
woc  oi  "ABnvaiöt  Xofißdvouct,  vSjv  ävbpdh^  ic  Ti\v  t^v  cpOacdv- 
Tili'  al  b'  dXÄoi  ic  ifjv  Triluiv  iröXiv  Koraq^cütouci). 

Also  nach  Ephesos  entkommt  das  eine  schiff.  Poppe  sagt 
dun,  obwol  der  ab£Edl  der  stadt  Ephesos  nirgends  erzählt  sei,  so 
gfeiM  dodi  ans  dieser  stelle  hervor,  dasz  sie  damals  den  Athenern 
feädHch  gewesen  sei,  und  ähnlieh  GöUer.  der  meinung  ist  auch 
Krtger  (zu  Dionjsioe  bist.  s.  339),  der  sich  freilich  wundert  dasz 
Tbok^dides  yom  abfidl  dieser  'opiüentissima  ciyitas'  kein  wort  ge- 
^  hebe,  und  dann  meint,  man  kOnne  auf  die  yermutung  kommen 
laK  vbem  iam  {»ridem  Atheniensibus  a  Tissapheme  ereptam  esse*, 
u  pridsm%  aber  wann  ?  auf  jeden  fiill  doch  nach  dem  j.  420 :  denn 
d«  Ephesos  damab  noch  zum  athenischen  bunde  gehörte,  geht  doch 
vol  mit  Sicherheit  daraus  heryor,  dasz  bei  Plutarch  Alk.  12  Ephesos 
iBter  den  Städten  genannt  wird,  die  dem,  wie  wir  heute  sagen  wür- 
4ea,  athenisehen  untersiaatssecretär  für  die  finanzen  Alkibiades  ihre 
^soitbefliaBenheit  durch  reiche  geschenke  bewiesen  (ygl.  mein  buch 
^  Aristophanes  usw.  s.  385  u.  398).  soll  ich  auch  noch  anführen 
^  bei  Piaton  im  Ion,  einem  gespräche  das  doch  sicher  als  während 
dci  pdoponnesiseben  krieges  gehalten  gedacht  ist,  der  Ephesier  Ion 
H^i  i\  pk¥  top  f|M€T^  TTÖXic  fipxerai  örrö  öjiuüV  xa\  cTpaTtiTC^Tat? 
^^tngcat  beweist  ja  auch  das  entsetzen,  das  die  Athener  bei  der 
Wt  Tom  abbll  von  Chios  ergriff,  hinlänglich,  dasz  dies  seit  ge- 
isit  das  erste  ereignis  der  art  war.  wäre  aber  Ephesos  gleich 


Classen  das  schon  ron  Poppe  und  Arnold  verdächtigte  Kai 
^  ^  Hfticht,  ist  gewls  richtig. 


158  HMüUer-Strübing:  2iiThukydide8[VIII19]u.Xenophon[Hell.Il,9.j 

nach  Chios,  etwa  gleichzeitig  mit  Milet,  abgefallen,  wie  hfttte  Tbuky- 
dides  das  verschweigen  können,  zumal  da  Ephesos  ja  im  weitern 
verlauf  des  krieges  eine  so  wichtige  rolle  spielt? 

Mich  dünkt,  dies  alles  reicht  hin  die  nachricht  von  der  flacht 
des  6inen  chiischen  schiffes  nach  Ephesos  im  höchsten  grade  on* 
wahrscheinlich  zu  machen,   dazu  kommt  aber  noch  eine  andere  er- 
wttgung.   denn  wie  soll  ich  es  mir  erklären,  dasz  von  zehn  chüscbeD 
schiffen  neun  vernünftiger  weise  den  curs  nach  westen  nehmen^ 
ihrer  heimischen  insel  zu ,  auf  der  sie  schlimmsten  falles  in  der  vor 
kurzem  abgefallenen  stadt  Teos  eine  Zuflucht  fanden;  dasz  aber  6in 
schiff  sich  von  ihnen  trennt  und  in  gerade  entgegengesetzter  rieb- 
tung,  Ostsüdost  y  die  fahrt  antritt?  abgesehen  davon  dasz  die  wind- 
und  wetterznstttnde  höchst  eigentümlich  gewesen  sein  müsten,  am 
das  auch  nur  zu  gestatten  (die  trieren  fahren  ja  nicht  mit  dampf)^  so 
muste  ja  ein  schiff  auf  diesem  curse  den  zweifellos  von  süden  her, 
wahrscheinlich  von  Samos ,  heransegelnden  athenischen  schiffen  sieb 
in  gefährlichster  weise  n&hem,  ja  ihnen  in  die  arme  laufen,  alles  dies 
ist  undenkbar,  und  so  glaube  ich  jetzt  mit  Sicherheit  behaupten  zu 
können,  dasz  in  der  schon  aus  dem  archetypus  aller  unserer  hss.  her- 
stammenden lesart  de  "'Eqpecov  eine  corruptel  steckt,   wie  dieselbe 
nun  zu  heilen  ist,  das  wird,  hoffe  ich ,  ein  blick  auf  die  karte  leicht 
ergeben:  es  ist  zu  schreiben  de  A^ßeöov.   die  stadt  Lebedos  liegt 
zwischen  Aide  i€p6v  und  dem  cap  Makria,  das  die  schiffe  zu  donblie- 
ren  hatten  ^  um  nach  Teos  und  weiter  nach  Chios  zu  kommen,  etwa 
auf  halbem  wege,  zu  lande  nur  etwa  100  Stadien  (auf  Kieperts  karte) 
von  Teos  entfernt,   es  wird  also  ein  lebhafter  verkehr  zwischen  bei- 
den orten  geherscht  haben,  so  dasz  die  Chier,  die  kürzlich  in  Teos 
gewesen  waren,  von  der  in  Lebedos  gerade  herschenden  politiBcfaen 
Strömung  sehr  wol  unterrichtet  sein  musten.   die  sache  steht  nas 
so :  die  zehn  chiischen  schiffe  segeln,  von  den  Athenern  verfolgt,  alle 
nach  Westen;  eins  derselben  iSuft,  um  nicht  von  den  Athenern  ein- 
geholt zu  werden,  im  hafen  von  Lebedos  ein  (^q>€UTOV  fii^  \iiy  vnl 
ic  A^ßeöov),  die  übrigen  setzen  ihre  fahrt  in  der  richtung  nach  Teos 
zu  fort  (a\  bk  Xomal  iixX  Tf)c  T^ui).  vier  von  diesen  lassen  sich,  um 
nicht  den  Athenern  in  die  bände  zu  fallen,  auf  den  Strand  laufen,  so 
dasz  wenigstens  die  mannschaft  entkommt,  die  übrigen  langen  glück- 
lieh  in  Teos  an:  ai  M  fiXXai  Ic  Tf|v  TtiCuiv  iröXiv  KaracpcOrouci.  und 
nun  lese  man  was  darauf  folgt:  xal  ol  ^^v  'AOiivatot  iiA  Tf)c  Cdfiou 
äir^irXcucav,  o\  bk  Xioi  toTc  Xomaic  vaudv  ävoTOTÖiievoi  xai  ö 
treZöc  ^ct'  aörtüv  A^ßeöov  dir^cTticov  kqI  aG6tc  *€pdc.  wird 
nicht  dieser  abfall  von  Lebedos  durch  die  nachricht  von  dem  ein- 
laufen des  chiischen  schiffs  daselbst  aufs  schönste  motiviert? 

n.  Wann  ist  nun  aber  Ephesos  abgefallen?  wir  wissen  es  nichti 
denn  der  bericht  darüber  ist  leider  verloren  gegangen.  hStten  wir 
das  werk  des  Thukjdides  vollständig,  so  würden  wir,  denke  ich,  da 
wo  das  werk  jetzt  abbricht  gelesen  haben  etwa:  xal  dq)iKÖ^€VOC 
(6  Ticcaqp^pviic)  irpOÜTOV  ic  ''Ccpccov  fibr\  äq>€cniKutav  wie  c.  107, 


HMdllar-Strfibiog:  ra  Thnkydides  [VIII 19]  n.  Xenophon  [Hell.  1 1, 9].  159 

oder  Kttl  dqNKÖpevoc  npujTov  ic  "'Gqpecov  —  dqpccT/JKei  jap  f{br\  in' 
OUTOÖ  —  wie  c.  35,  yielleicht  auch  noch  ansfObrlicher,  wegen  der 
Wichtigkeit  der  Stadt,  dasz  dann  das  was  darauf  folgt  Guciav  inoi- 
^OTO  t^  *A[niinbi  nicht  von  Thnkydides  herrührt,  sondern  von  dem 
gnnen  Terehrer  gerade  dieser  gOttin,  von  Xenophon,  das  haben 
fchon  andere  yermntet^  und  ich  stimme  ihnen  unbedenklich  bei. 

Ich  mnsz  aber  bei  diesem  leider  letzten  capitel  des  Thukydidei- 
ichen  Werkes  noch  einen  augenblick  yerweilen.  die  Sachlage  ist  fol- 
gcsde.  die  peloponnesische  flotte  unter  Mindaros  war  bei  Kynossema 
im  HeUespont  iJlerdings  geschlagen,  hatte  aber  keine  entsdieidende 
liederiage  erlitten;  die  pelop.  flotte,  die  der  athenischen  auch  jetzt 
Bodi  an  zahl  flberlegen  war,  wo  sie  yon  dem  Satrapen  dieser  proyinz 
Pbnabasos  gewis  aufs  beste  verpflegt  ward,  nun  erzi&hlt  Thuky- 
üdei,  TiBsaphemes  sei  auf  die  nachricht,  dasz  die  Peloponnesier  in 
(idff  gerechtem)  unwülen  ttber  ihn  seine  satrapie  verlassen  und  sich 
feinem  alten  rivalen  Phamabazos  au&  engste  angeschlossen  hätten, 
TQB  IqwBdos  in  Pamphjlien  nach  lonien  zurttckgekehrt;  und  da  er 
aua  tlMei  beechwerden  gegen  die  Peloponnesier  hatte  und  zugleich 
fftxtkleie,  sie  mSchten  ihn,  natürlich  unterstützt  von  seinem  rivalen, 
beim  groaikOnig  verklagen,  so  hatte  er  die  absieht,  um  sich 
ibaen  xo  nfthern,  in  der  richtung  nach  dem  Hellespont 
n  gehen:  iropcuecdot  bievociTO  irpdc  aturroöc  iiA  toO  'QXticirövrou 
. .  ttd  AqnKÖ|i€VO€  irpi&TOV  tc  ""Gcpecov  usw.  in  der  griechischen 
gctcfaiehieXeBophons,  die  sich,  wenn  auch  nicht  ganz  genau,  an  das 
wk  daa  Thnkydides  anschlieszt,  heiszt  es  nun  weiter,  der  Bhodier 
D^rieus  habe  den  Peloponnesiem  eine  Verstärkung  von  14  schiffen 
ngvfUirt  TAuiptcuc  •  .  ic  'QX^cirovrov  k^irXei  .  •  T^rrapci  Kai 
öän  youov).  die  athenische  flotte,  die  an  der  europäischen  seite 
te  HeUe^wnt  vor  anker  lag,  griff  das  geschwader  des  Dorieus  an, 
^  danoa  entwickelte  sich  ein  allgemeiner  kämpf  zwischen  den 
obden  fanidlichen  flotten,  der  durch  die  rechtzeitige  anknnft  des 
41kibiadei  an  gonsten  der  Athener  entschieden  ward,  und  an  dem 
fa^  persisehe  satrap  Phamabazos  mit  groszer  tapferkeit  sich  persön- 
^^  beteiligte,  die  Athener  konnten  aber  ihren  sieg  nicht  wol  be- 
BtHB,  da  sie  doreh  mangel  gezwungen  waren  den  grüsten  teil  ihrer 
vkiffs  ansierhalb  des  Pel^ponnes  zur  eintreibung  von  geld  zu  ver- 
«cidflB.  nnd  nun  heiszt  es  bei  Xenophon :  fietä  hl  ToOra  Ticca- 
ftp^njii  jjXOcv  Ic  'CXXifjcwoVTOV.  was  soll  das  heiszen  —  er  kam 
a  dM  HeOflspont?  etwa  wie  Dorieus  mit  schiffm?  gewis  nicht: 
denn  ans  dem  ganzen  achten  buche  des  Thuk*  sehen  wir  deutlich,  dasz 
er  in  dn  dortigen  gegenden  kein  einziges  schiff  zu  seiner  Verfügung 
^fttte.  andi  würde  er  sich  schwerlich  der  geftdir  ausgesetzt  haben, 
«f  dv  fiüurt  von  Epheeos  nach  dem  Hellespont  den  auf  geld  jagd 
atlieniaelMBn  kreuzem  in  die  bände  zu  fidlen,  doch  das  ist 
aber  wie  soll  man  es  sich  erklären,  dasz  Tissaphemes 
■^  «iKhkMs  seine  eigne  satrapie,  in  der  er  herr  und  meister  war, 
A  nrissisn,  und  sich  in  die  seines  feindes  Phamabazos  zu  begeben» 


160  HMüller-Strübing:  zaThukydide6[yiII19]u.Xenoplion[HelLIl,9j. 

in  der  er  gar  nichts  zn  sagen  hatte?  man  bedenke  doch,  wie  er- 
bittert Mindaros,  überhaupt  die  Peloponnesier  (anch  der  Sjrakosier 
Hermokrates,  dessen  wort  sicherlich  damals  gewicht  hatte:  Ygl.  Vm 
29.  45.  82)  gegen  ihn  sein  mnsten.  und  wenn  man  sich  das  allen- 
falls noch  plausibel  machen  wollte:  Tollkommen  unyerstindlick 
bleibt  es ,  dasz  nun  Alkibiades  mit  nur  6inem  schiffe  seinem  alten 
freunde,  der  besten  falles  als  ein  geduldeter  aber  yöllig  machtloser 
gast  bei  Phamabasos  war,  einen  besuch  machte,  so  steht  es  aber  bei 
Xenophon :  Ticcoip^pvtic  fiXG€V  ic  '£XXr)ciTOVTOV  *  äq>iK6^evov  b( 
irop '  aÖTÖv  )üii$  Tpi^pei  'AXKißi(Stöiiv  S^viä  t€  xal  buipa  ätovra  EuX- 
Xaßibv  elpSev  tv  Cäpbect,  q>dcKuiv  KcXeuctv  ßaciX^a  itoXcfieiv  'Aer^ 
vaioic.  wie?  Alkibiades  soll  sich  in  die  hole  des  löwen  gewagt 
haben?  in  die  httnde  seiner  beiden  todfeinde  Mindaros  undPhuma* 
bazos,  er  der  von  den  Lakedaimoniem  zum  tode  verurteilt  war,  eigen!- 
lieh  zum  meuchelmord?  hfttte  er  es  gethan,  so  wftre  diesmal  d&s 
fUchslein  sicher  nicht  dayongekommen,  ganz  mchor  würde  Phania- 
bazos  seinem  rivalen  nicht  gestattet  haben  den  berühmten  oder  be- 
rüchtigten mann  ihm  aus  seiner  satrapie,  in  der  er  gefangen  ge* 
nommen  war,  in  seine  eigne  hauptstadt  Sardeis  zu  entführen  (bei 
l&ufig  gesagt,  eine  hübsche  winterreise  von  etwa  30  deatschen  meilei 
über  denida,  die  mysisehen  gebirge  usw.).  ja,  Tissaphemes,  d 
ohnehin  schon  fürchtete  beim  groszkünig  angeschwärzt  zu  werden 
hätte  es  gar  nicht  wi^en  können,  unter  den  äugen  des  Phamabazo 
auch  nur  ein  gutes  wort  für  ihn  einzulegen,  hatte  er  ihn  dagegei 
in  seiner  eignen  satrapie,  um  den  schein  zu  retten,  gefiangeu  neh 
men  müssen,  dann  konnte  er  leicht  dafür  sorgen,  dasz  er  davon 
wie  er  es  ja  auch  nach  Alkibiades  eigner,  diesmal  durchaus  glauU 
würdiger  aussage  vmrklich  gethan  hat  (Plut.  Alk«  28).  übrigen 
hätte  Plutarch,  der  diese  dinge  ausführlicher  bespricht,  gar  nicht  unj 
hin  gekonnt  der  gefahr,  der  sich  Alkibiades  durch  seinen  besuch  i| 
der  satrapie  des  Phamabazos  aussetzte,  ausdrücklich  zu  erw&hnei 

Daraus  geht,  dünkt  mich,  mit  völliger  Sicherheit  hervor,  d 
die  Worte  f^XOev  dc'EXXrjcTTOVTOV  falsch  sind,  ist  niln  vieÜeic 
ein  anderer  Ortsname  an  die  stelle  zu  setzen,  der  name  eines  haf< 
der  von  Ephesos  nördlich  in  der  richtung  nach  dem  Helleapont 
lag?  darauf  scheint  bei  Thukydidee  das  äq>iK6|i€V0C  npuiTOV  j 
"'Eqpecov  hinzudeuten,  dennoch  glaube  ich  das  nicht«  ich  nebnj 
vielmehr  an  dasz  bei  Xenophon  gestanden  hat  füiCTä  bk  TnOra  Ticcj 
<p^pviic  fjXOev  ic  "'Eqpccov,  gerade  weil  wegen  der  ankunft  d| 
Alkibiades  der  aufenthalt  des  Tissaphernes  daselbst  hier  zu  erwäj 
nen  war.  ein  diorthot,  dem  es  daran  lag  den  anschlusz  der  Hellenif 
an  das  werk  des  Thukydides  möglichst  glatt  herzustellen ,  hat  da^ 
an  dieser  doppelten  erwähnung  anstosz  genommen,  und  dLa  er  wiüj 
dasz  Tissaphernes  beabsichtigte  irti  toC  '6XXiicitövtou  zu  gehen, 
hat  er  hier  das  ic  idv  '£XXi^cnovTOV  ziemlich  ungesdiifckt  hei^gesetj 
und  wird  dann  auch  wol  das  irpu»TOV  bei  Thuk.  eingesetzt  hab^ 

London.  Hermann  Müixbb-Stböbino. 


EBaohof :  Timaioe  als  quelle  f&r  Diodor  XIV  64^78.  161 

28. 

TIMAJOS  ALS  QUELLE  PUB  DIODOK  XIV  54—78. 


QBtenachmigenyolqaardseiis  ttber  die  quellen  dergrie- 
imd  BicOieclien  gesebichten  Diodors  b.  XI — XVI,  welcbe  zu 
das  rMoHate  kamen,  dasz  die  letztem  abeobnitte  mit  wenigen  ans* 
vJuKA  emsig  ans  Timaioe  geecböpft  seien,  batten  die  hoffinong 
cnpttkt  ein  nkbt  unbedeutendes  stQck  dieser  quelle  wiederberstellen 
JB  Utaaen  md  so  der  gescbicbte  wie  der  litteraturgescbicbte  einen 
gWdi  grossen  dienst  zn  erweisen,  freilieb  waren  die  ergebnisse  die* 
«r  mtersnehung  niebt  dnrcbans  unanfecbtbar,  namentlicb  nicbt  in  * 
kirsff  der  bQolier  XV  und  XVI ;  allein  inunerbin  scbien  es  mOglicb 
ia  dem  ansznge,  den  Diodor  in  den  bflcbem  XI — XIV  gibt,  die 
ägcBtflmlielikeiten  dee  originale  studieren  zu  können. 

Dieser  boflhung  bat  uns  zunftebst  AHolm  beraubt,  der  Vol- 
^mdses»  bypothese  m  einem  dem  zweiten  bände  seiner  gescbicbte 
8iQlieM  (s.  373  ffL)  beigegebenen  aabange  bek&mpft  und  der  an- 
aebi  ■■  meisten  zuneigt,  dasz  in  den  siciliscben  abscbnitten  der 
bflek«r  XIII  und  XIV  Epboros  als  bauptquelle  zu  bezeicbnen  sei, 
Tifluttos  aber  nur  als  nebenquelle,  indem  er  überbanpt  eine  gröszere 
Mibstfaidigkeit  Ittr  Diodor  in  ansprucb  nimt,  als  neuere  forscher  die- 
MB  flseerptor  hatten  zngesteben  wollen,  sucbt  er  unter  andenn  s.  372 
te  peeitiTen  beweis  zu  ftthren,  dasz  ein  stück  von  nicbt  unbedeuten- 
llage,  welcbes  Volquardsen  aus  Timaios  herleitet  und  das  im 
den  übrigen  siciliscben  abscbnitten  Diodors  entspricbt,  aus 
qoeile  nicht  herstammen  kOnne. 
Mflaten  wir  seine  beweisführung  als  gelungen  betrachten,  so 
würde  allerdings  unser  urteil  über  Diodors  arbeitsmethode  ganz  an- 
dcnnslsllen;  aoeh  müsten  wir  darauf  verzichten  bestimmte  stücke 
den  sidliflcben  abscbnitten  als  ursprünglich  l^&iscbes  gut  zu 
sllein  bei  einer  genauem  prüfung  wird  man  linden,  dasz 
^  fen  Holm  vorgebracbten  gründe  nicht  stichhaltig  genug  sind, 
iB  vs  sa  bekennem  seiner  Idire  zu  machen,  den  nacbweis  bierfür 
■  fiflim  ist  die  aufgäbe  der  nachfolgenden  anseinandersetzungen; 
nih»  er  gelingen,  so  dürfte  manches,  was  sowol  für  Timaios  als  für 
te  beuteilung  der  thfttigkeit  Diodors  wichtig  ist,  sich  nebenbei  mit 
^es  wlbet  ergeben. 

Bei  Diodor  XIV  54,  wo  von  den  rüstungen  der  Karthager  zu 
grosna  kriege  vom  j.  396  die  rede  ist,  lesen  wir  dasz  Epboros 
fe  aU  der  in  Sieilien  auftretenden  punischen  Soldaten  auf  300000 
hat,  Timaios  dagegen  die  anzabl  der  aus  Africa  herüber- 
nur  auf  100000,  zu  denen  in  Sieilien  noch  30000  söldner 
sden.    nun  findet  sieb  c.  76  die  bemerkung,  die  Ear- 
htttn  bei  der  belagerung  von  Syrakus  150000  menschen 
&  peet  verlöten,  indem  Holm  diese  beiden  stellen  vergleicht, 
das  bei  der  beschreibung  der  kftmpfe  vor  Syrakus  Dio- 

mr  diM.  phfloU  1879  hH.  S.  11 


163  SBachof :  Tiinaio»  als  quelle  fdr  Diodor  XIV  64—78. 

dor  nicht  dem  Timaios  folge,  der  die  niedrigen,  Bondem  dem  Epbo- 
ro8;  der  die  höheren  zahlen  Überlieferfc  habe,  dies  argument  scheint 
allerdings  schlagend  zu  sein:  denn  wer  möchte  nicht  zugeben,  dasi 
ein  Schriftsteller,  der  überhaupt  nur  130000  mann  auf  einem  kriegs- 
theater  auftreten  Iflszt,  nicht  150000  davon  sterben  lassen  kann? 
allein  trotz  des  augenscheinlichen  Widerspruchs  in  den  beiden  an- 
gaben ist  meiner  ansieht  nach  der  beweis  zu  führen,  dasz  der  in  rede 
stehende  abschnitt  XIV  54—78  nicht  von  Ephoros  herstammen  kann, 
sondern  aus  Timaios  hergeleitet  werden  musz. 

Diodors  bericht  lautet  nemlich  von  c.  63  an  folgeadermassen. 
der  karthagische  feldherr  Himilkon,  der  mit  beer  und  flotte  bis  Syra- 
•  kus  vorgedrungen,  schlfigt  im  tempel  des  olympischen  Zeus  sein 
hauptquartier  auf,  setzt  sich  dann  in  den  besitz  einer  vorstadt  der 
Achradina  und  plündert  die  dort  gelegenen  heiligtümer  der  Demeter 
und  Köre;  ein  weiterer  frevel  ist,  dasz  er  zur  anläge  von  vencban- 
Zungen  grSber  aufwühlen  läszt,  ua.  auch  das  prächtige  grab  Oeloos. 
dafür  trifft  ihn  sofort  die  strafe  der  götter:  uirip  iLv  Tax^  ttjc  elc 
TÖ  Oeiov  dceßeiac  ä£iav  tjn^cxc  Ti^uip{av.  die  strafe  aber  ist  drei- 
fach: ein  Umschwung  der  kriegslage  zu  gunsten  der  Syrakosier, 
nächtlicher  spuk  im  lager  der  E[arthager,  dann  eine  entsetzliche  pest, 
welche  den  Untergang  der  belagerungsarmee  herbeiführt. 

Es  ist  hieraus  ersichtlich,  dasz  das  grosze  unglück,  welches  den 
Himilkon  betroffen,  in  die  engste  beziehung  zu  den  gegen  die  götter 
verübten  freveln  gesetzt  wird,  diese  anknüpfung  findet  sich  auch 
c.  70  wieder,  wo  auf  die  einzelnen  erscheinnngen,  unter  denen  die 
Seuche  auftritt,  mit  offenbarer  anlehnung  an  die  berühmte  Thnky- 
dideische  Schilderung  näher  eingegangen  wird:  Kapxilbovioic  M£Td 
T^v  KQTäXiitiiiv  ToC  irpoocTCiou  Kai  Tf|v  cuXr)civ  ToO  T€  Ti\c  ^rj^n- 
Tpoc  Kai  Köpr)c  UpoO  ^v^Trecev  elc  tö  CTpärcufia  vöcoc.  ansdrflck- 
lieh  wird  der  übernatürliche  Ursprung  der  krankheit  als  Schickung 
der  gottheit  hervorgehoben,  und  die  für  ihre  Verbreitung  wirkenden 
physikalischen  momente  werden  nur  insoweit  angeführt,  als  sie  den 
absiebten  der  götter  günstig  sind:  cuveircXdßCTO  KOl  t^  toO 
baijüioviou  cuM<popäTÖ  fiupidbaccicTauTÖ  cuvaQpolcOfivm  xai 
TÖ  Tflc  i&pac  clvai  irpoc  rdc  vöcouc  dveptÖTaTov  usw.  und  dock 
lag  es  nahe  die  Ursache  der  krankheit  auf  ganz  natürliche  weiee  la 
erklären.  Diodor  selbst  erzählt  dasz  in  einem  frühem  feldsuge  — 
allerdings  aus  gleichen  gründen,  wie  oben  angegeben  —  eine  pest- 
artige krankheit  im  beere  der  Karthager  entstanden  sei  (XIII  86), 
dasz  die  heimkehrenden  truppen  sie  nach  Africa  verschleppten  (XIU 
114)  und  dasz  sie  dort  fortgewütet  habe,  ja  dieser  umstand  bildet 
sogar  einen  haaptfaotor  in  der  rechnung  des  Dionysios,  als  er  sieb 
zum  kriege  gegen  den  erbfeind  entschlieszt  (XIV  41,  1.  45,  3.  47,3 
ö  XoiMÖc  auTiXfV  iTafiiiXr)6€tc  äTrcKrdtKei).  was  war  offenbarer  aL 
dasz  die  seuche  jetzt  wieder  mit  aus  Afiica  nach  Sicilien  herüber- 
gebracht wurde?  aber  davon  ist  nirgends  die  rede,  und  so  musz  e: 
uns  um  so  mehr  auffallen  t  dasz  sie  nur  als  eine  folge  der  gottlosig 


RBaaMf:  Timtam  alt  quelle  föx  Diodor  XIV  64—78.  168 

hü  der  bsrhaieii  iii^efaezt  wird,  aaf  diese  ist  auch  noch  c.  73  an* 
fsipiait:  ToTc  b\'  dc^ßeiav  KCpouvuiOctci  qMxivectoi  7rapaiTXr)c(av 
ii|v  dmiiXciay  tuiv  ßapßdparv  und  c.  74  fqpacav  elXtiqp^vai  Toi)C 
Pm)ßdpouc  tfjv  irapdt  toC  bai^oviou  Ti^uip{av  *  dipaivcTO  t^  bt& 
fMxiwO  SeoMCKXiV  napon Xt^ioc  f|  ded. 

Am  denilidisten  tritt  die  bezeiehnete  yerknflpfiuig  von  frevel 
nid  dÜBM  in  den  patlietischen  gegenfiberstellongen  der  sdilnszworte 
&  76  hervor:  so  habe  des  gesehiokes  jfther  Wechsel  die  Karthager 
imd  die  Schwachheit  der  sich  llberhebenden  menschen 
dargetfaan.  nachdem  die  barbaren  ganz  Sicilien  erobert, 
sie  nm  ihr  eignes  Vaterland  kftmpfen  mttssen ;  nachdem  sie 
im  gifbtr  aafgerisaen,  bitten  sie  fünfzehn  myriaden  der  ihrigen  on- 
baardigt  geeehen;  nachdem  sie  im  lande  mit  fener  gewtttet,  sei  ihre 
iotts  Dl  Isner  aofgegangen;  nachdem  sie  so  stolz  in  den  hafen  ge- 
konam,  bitten  sie  so  klfiglich  abziehen  müssen. 

Aadi  der  feldherr,  der  den  tempel  des  Zens  geschändet  and 
den  derscbntzgOttinnen  der  insel  geplündert^  wird  ob  solcher  grenel- 
thstea  Ton  den  gOttem  noch  besonders  gestraft.  geschmSht  nnd  ver- 
acUst  TOB  den  seinen  geht  er  yon  tempel  zu  tempel ,  sich  seiner 
gettksfgkeit  anzuklagen,  und  sühnt  zuletzt  durch  einen  freiwilligen 
hsagartod  eeine  sdmld  (76,  4).  aber  die  gottheit  ist  noch  nicht  be- 
akigt  die  Ponier  gerathen  durch  den  abfall  ihrer  eignen  bundes* 
gmomm  ia  die  Snszerste  not.  schwer  von  den  gOttem  bedrängt 
'fsvcpäc  ind  tuiv  6€iSfV  iroX€fioii)ji€VOt)  beschlieszen  sie  endlich 
&  so  fiPBTeUiaft  verletzten  auf  jede  weise  wieder  zu  versöhnen;  sie 
nebten  d^ier  mit  hilfe  der  unter  ihnen  weilenden  Hellenen  einen 
«Hdor  Demeter  und  Köre  ein,  zu  deren  priestem  die  vornehmsten 
im  itaates  gewühlt  werden  (77,  5).  und  nun  fügt  sich  alles  für  die 
Ksthager  so  herlioh,  dasz  sie  in  kurzer  zeit  der  aufstSndischen  herr 
««dsn  nad  die  not  des  vsterlandee  enden  können  (77,  6). 

H^  heben  also  hier  einen  bericht  vor  uns,  der  die  Schändung 
ier  Wligtttnier  und  den  firevel  gegen  die  ruhestätten  der  toten  zum 
«iten  gäede  einer  ganzen  kette  schwerer  leiden  und  unfftUe  macht, 
te  9a^  denn  aufhören,  nachdem  die  gottheit,  die  am  empfindlichsten 
fnr,  die  vollständigste  genngthuung  erhalten  hat  ähnlichee 
aoch  in  andern  abschnitten  Diodors,  welche  eine  daratellung 
icr  in  jener  epoche  gegen  die  barbaren  geführten  kriege  der  sicüi* 
«ha  bBenen  enthalten,  wie  nahe  hier  die  auffassung  der  verhält* 
>«st  sieb  mit  der  oben  geschilderten  berührt,  bezeuge  folgende  stelle 
KU  der  beaehreibung  der  belagerung  von  Agrigent  XIII 86:  Hanni- 
^  Hart  flineB  dämm  gegen  die  mauern  der  stadt  errichten,  zu  wel- 
^am  zwecke  eine  aaai^  von  gräbem  au%ewtthlt  werden  musz. 
a  islge  denni  entsteht  im  lager  der  barbaren  eine  pest,  deren  nr- 
■cht  aber  aach  hier  keineswegs  etwa  in  der  bloszlegung  der  leichen 
ftssdit  wild,  wnnderseiohen  kommen  dazu,  wie  zb.  ein  blitzschlag 
a  dss  pifdiftige  grab  des  Theron,  und  die  geister  der  abgeschiedenen 
des  nachts  die  posten.  viele  sterben  unter  den  schreck« 


164         EBadiof :  Timaiofi  als  quelle  für  Diodor  XIV  64—78. 

lidisten  quälen,  auch  Hannibal,  der  Urheber  jener  maaxregeL  opfa 
an  die  götter  sollen  auch  hier  abhilfe  schaffen;  der  zweck  wird  aber 
nicht  Yolletttndig  erreicht,  vielleieht  weil  es  nur  XOTÄ  TO  ndrptov 
£6oc  geschehen  ist 

Einen  sehr  breiten  räum  nehmen  femer  in  diesen  abschnitten 
Diodors  die  tempelplflnderungen  ein,  die  gewissenhaft  aufgeftüirt 
werden,  um  die  ruchlosigkeit  der  barbaren  im  hellsten  lichts  zu  lei- 
gen.  mehrfach  wird  dabei  direct  auf  die  dc^ßeia  und  Tropavo^ia 
eic  Touc  Geoüc  hingewiesen,  zb.  XHI  57  tocoöto  T^p  d)fiÖTr|n  bi- 
^q>€pov  ol  ßdpßapoi  tujv  äXXuiv,  i&crc  t«£iv  Xotiriuv  £v€Ka  tou  piibcv 
äc€ß€iv  elc  TÖ  bot^övtov  biacuiZövTuiv  rode  €ic  rd  iepd  Karanecpeih 
TÖTac  Kapxnbövioi  TOuvavTiov  dTr^cxovro  vSjv  nokqäiüVj  öituk 
TOÖc  TUJV  BctüV  vaouc  cuXr)ceiov.  ygL  noch  XTTT  59.  62.  90. 96. 
108.  im  gegensatz  zu  den  barbaren  erscheinen  die  Syrakosier  ils 
fürbitter  für  die  tempel  (Xin  59,  1),  und  selbst  Bionjsioa  O&et 
nach  der  eroberung  von  Motye  die  heiligtttmer  der  Hellenen  als 
asyle  (XIV  53,  2). 

So  weit  finden  wir  die  von  Diodor  gegebene  darstellong  durch- 
aus im  einklang  mit  dem  Volksglauben  jener  zeit:  die  götter  greifen 
direct  in  das  rad  der  menschlichen  geschicke  ein^  sie  lenken  nicht 
nur  die  Schicksale  der  einzelnen  personen,  sondern  auch  die  der  Völ- 
ker und  Staaten;  auf  der  einen  seite  Spender  des  sieges,  sind  siesuf 
der  andern  die  urheber  bösen  misgeschickes  (vgl.  Nttgetebach  nach- 
hom.  theoL  I  49  f.).  vor  allem  ist  es  ihr  amt  den  gottlosen  zu  stra- 
fen (ao.  1 18)  I  und  schnell  rftchen  sie  die  ihnen  angethane  unbill 
(ao.  I  20).  ihr  eigentum  ist  unantastbar;  nicht  ärger  kann  sich  der 
sterbliche  versündigen  als  durch  misacbtung  und  plt&nderong  ihrer 
heiligtümer  (ao.  V  11).  hat  aber  der  mensch  gegen  sie  gefrevelt,  so 
musz  er  sie  versöhnen,  und  die  sühne  besteht  wesentlich  darin,  dasz 
der  empörer  wider  ihre  Satzungen  die  demütigste  Unterwerfung  be- 
urkundet (VI  18) ;  ihre  Versöhnung  beweisen  sie  durch  beendigang 
des  über  den  sünder  verhängten  Unglücks  (VI  20).  durch  zeichen 
und  wunder  aller  art  treten  sie  mit  dem  sterblichen  gesehlecht  in 
Verbindung;  donner  und  blitz  sind  ihre  boten  (lY  6).  die leichname 
der  gestorbenen  müssen  bestattet  werden,  und  ihre  gräber  sind  vor 
jeder  Verwüstung  und  pltinderung  zu  bewahren  (V  38);  die  störer 
der  grabesruhe  werden  durch  gespenstischen  spuk  (U  2)  oder  durch 
Verwünschung  auf  den  denkmftlem  geschreckt  (WABecker  Char.  11 
B.  194.  KFHermann  privatali  §  62,  10  und  cUe  dort  angeftlhrten 
stellen  des  CIO). 

8o  ist  der  glaube  des  Volkes,  und  die  cnftcTo,  T^pora,  oiuivoi, 
<pfi^ai,  irrapfioi,  £vööioi  ciifißouXoi,  Upoacoirioi,  öveipora  ua.  spie- 
len nammtlich  in  den  feldzflgen  eine  grosze  roUe,  in  denen  priester 
und  Zeichendeuter  die  beere  zu  begleiten  pflegten,  es  fragt  sich  nun, 
wie  haben  sich  die  geschichtschreiber  zu  diesem  ihnen  in  der  Über- 
lieferung entgegentretenden  volks-  und  Wunderglauben  verhalten? 
die  antwort  ist  einfach,  entweder  steht  ihre  eigne  Weltanschauung 


EBaehof:  Tünaios  ab  quelle  fQr  Diodor  XIV  54—78.  165 

Booh  mit  dem  glauben  der  menge  in  einklang,  dann  berichten  sie 
glftabig  nnd  kritiklos  alle  wunderbaren  begebenheiten ;  oder  sie  haben 
dnxcfa  philosophische  bildnng  jene  naive  gläubigkeit  verloren ,  dann 
setMn  sie  ihr  urteil  in  einem  mehr  oder  minder  bemerkbaren  gegen- 
■itB  der  Yolksüberlieferung  entgegen,  beispiele  der  erstem  art  von 
historikem  sind  Herodot  und  Xenophon ,  zu  der  zweiten  art  gehört 
ThnkydideB,  der  zwar  auch  nicht  verschmäht  übernatürlicher  dinge 
«rwSlmimg  zu  thun,  dabei  aber  doch  immer  durchblicken  Iftszt,  dasz 
er  selbat  nicht  daran  glaubt. 

Und  Diodor?  die  form  der  darstellung  in  den  oben  angezogenen 
beispielen  weist  in  keiner  weise  darauf,  dasz  zwischen  der  anschau- 
mg  des  beriditerstatters  und  der  Überlieferung  eine  Verschiedenheit 
bestaiiden  habe;  vielmehr  erscheint  namentlich  die  eigentümlich  deisi- 
daimoniiehe  Verknüpfung  von  schuld  und  sühne  als  die  eigenste 
ansieht  des  Schriftstellers:  denn  selbst  da  wo  er,  wie  c.  73  f., 
die  dem  seekampfe  zuschauenden  Sjrakosier  zu  trSgem  dieser  mei- 
nnng  macht,  wird  es  offenbar  dasz  er  ihre  aufbssung  vollkom- 
men  teilt. 

Nun  aber  finden  wir  im  gegensatz  dazu  in  allen  abschnitten  der 
MtdberXI — ^XV,  welche  griechische  geschichten  behandeln,  einen 
ganx  ausgesprochenen  rationalismus.  gewaltige  und  erschütternde 
"begebenheiten ,  in  denen  der  Volksglaube  die  directe  regierung  der 
gOtter  SU  erkennen  meinte,  werden  lediglich  aus  natürlichen  gründen 
hergeleitet,  oder  es  wird,  wenn  auf  die  Überlieferung  rücksicht  ge- 
nommen werden  muste,  ersichtlich,  dasz  der  Schriftsteller  anderer 
meinung  ist  als  diese,  vielfach  wird  dem  urteil  der  menge  das  der 
gebildeten  entgegengehalten,  und  es  bleibt  nicht  zweifelhaft,  auf 
wessen  seite  die  Sympathien  des  erzählers  zu  suchen  sind. 

Vergleichen  wir  zunächst  die  oben  skizzierte  darstellung  der 
pest  im  karthagischen  lager  mit  der  Schilderung  der  pest  in  Athen : 
weldier  untersdiied  1  an  der  erstem  stelle  XIV  63  —  ähnlich  XIII 
86  —  erscheint  die  krankheit  als  eine  unmittelbare  strafe  verletzter 
gOtter,  die  natürlichen  Ursachen  aber  werden  nur  insofern  berührt, 
als  sie  den  göttem  bei  ausübung  ihres  rachewerkes  förderlich  sind 
(cuvciriXajLtßavccGai).  ganz  entgegengesetzt  XII  58 :  hier  findet  sich 
eine  eingehende  erörterang  aller  Verhältnisse,  die  für  die  ausbreitung 
und  heftigkeit  der  seuche  bedingungen  waren ,  und  erst  nach  dieser 
aoseinandersetzung  steht  die  bemerkung,  die  Athener  hätten  in 
der  so  heftig  auftretenden  epidemie  eine  Schickung  der  götter  er- 
blickt, man  darf  nicht  übersehen  dasz  es  heiszt:  ol  'AOrivaToi  .  . 
Tdc  airiac  if^c  cu>iq)0p6ic  dirl  tö  OcTov  dv^TrcMTtov,  dagegen  von  den 
natürlichen  Ursachen:  i'ti\lr]To()cr\c  Tfic  IcTOpiac  Tfiv  t^c  irepl 
•rijv  vöcov  b€ivÖTiiTOC  oliiav,  dvoTKaiöv  dcriv  dK6&0ai  laöra  usw. 
aerstörungen  von  tempeln  werden  einfach  als  thatsachen  registriert, 
zb.  XI 14  Tdc  'A6ifivac  xaT&KOipav  koi  touc  tüjv  Ocaiv  vaoüc  ivi- 
irpncav,  XI 15  TÖ  t^^icvoc  tt^c  'AOnväc  dKOuovT€c  KOT€CKd<peai,  XI 
28  tÄ  icpd  td  KOToAcXeiMM^va  iravTeXwc  dXujüiyjvaTO.  den  eintritt 


166         EBaohof :  Tinudos  als  qneUe  f&r  Diodor  XIY  64-78.; 

der  mondfinstemis  XTII 12  sieht  nicht  der  gesohiohtechretber  als  eiiu 
wamung  der  gOtter  an,  sondern  Nikiasi  q>ucet  b€lClbai^ulV1yT^dpXttnf, 
nnd  die  von  diesem  berufenen  priester.  ttber  den  nntergang  der  per- 
sischen schiffe  nach  dem  ersten  seetreffen  bei  Artemision  weiss  d«r 
echte  Volksglaube  zu  erzfthlen:  diroUcTO  T€  irfiv  öttö  To06€o0fixi»c 
6v  gicuiBclTi  Ti:^  *6XXiiviKi^  t6  TTepcucöv  )Lir)b^  noXXCp  nXifov  ch) 
(Herod.  VULl  13).  wie  eigentümlich  gestaltet  sich  diese  ttberlieferong 
bei  Diodor,  der  XI 13  berichtet:  xct^div  imTCVÖMCVOC  jti^TOCitoXXoc 
£kt6c  toO  Xijüi^voc  öpfioucac  tüüv  veuuv  büqiOctpcv,  Acre  bOKiiv 
TÖ  6€tov  dvTiXaMßdvccOai  til)v  ^EXXVjvuiv,  Iva  toö  ttX/jOouc  tu)v 
ßapßapiK(£iv  vcf&v  TaireivttiO^vToc  dvTiimXoc  f)  tdiv  *£XXVjvuiv  buva- 
MIC  T^vtrrat  koI  irpdc  t&c  vaujüiaxioc  d£t6xp€uic.  die  rettong  du 
delphischen  heiligtums,  welches  im  Perserkriege  von  den  barbam 
bedroht  wurde,  ist  von  den  priestem  des  gottes  selbst  und  vom  Toäe 
mit  den  wunderbarsten  zttgen  ausgemalt  worden,  wie  man  Her.  Vm 
36*— 39  ausflLhrlich  lesen  kann,  dagegen  lautet  Diodors  berioht  II 
14  einfach:  napoböSuic  6fißpuiv  T€  ji€T(ieXuiv  xal  KCpauvÜJV iroKXdnr 

iK   TOO   lt€pl<XOVTOC  TT€c6vTUiV,    TipÖC  bfc  TOUTOIC  TWY  X€IMUWIIV 

ir^Tpac  MeT<iXac  dnoppr)EdvTUiv  de  tö  CTparöirebov  twv  ßappipiuv, 
cuvifßTi  btaq>6apf)vai  cuxvouc  tiI^v  TTcpci&v,  irävTOC  bi  xaTOirXa- 
T^VTQC  Tf|v  TiiJv  6€d)v  dv^pY€io(V  q)trr€tv  hc  xO^v  TÖnuiv.  tö  ^tv  oh 
iy  AeXqpoic  ^avTciov  bai^oviqi  Tivl  irpovoiq  Tf|v  cäXifctvbi- 
^q>UT€V,  ol  bi  AcXqpol  usw.  in  der  ersShlung  von  einem  erdbebea, 
weldies  Sparta  vor  dem  grossen  Helotenaufatande  heimsucht  (U  63), 
ist  es  als  ansieht  der.Lakedaimonier,  nicht  ak  die  des  Diodor  his- 
gestellt,  dasz  es  sich  um  eine  strafe  der  götter  handle:  xatTOuro 
M^v  TÖ  KQKÖv  iücirep  baijyioviou  tivöc  vcjyicci^cavToc  aÖTOk£iro8ov. 
ebenso  sind  es  XII  59  die  Lakedaimonier  die  cctCjüiuiv  ^CT^wv  T^- 
TVOjyi^vuiv  b€icibotMOVt^cavT€c  dv^Kafii|iav  €tc  t&c  iraTpibac  un- 
gestraft thun  die  Athener,  was  den  barbaren  in  Bidlien  eiaepest 
zuzog:  sie  bauen  die  mauern  ihrer  stadt  oÖT€  oiidcBC  OÖTC  tb^ov 
(pcibÖMCVOt  (XI  40,  1). 

Oanz  besonders  charakteristisch  für  diese  anfGsssong  ist  XV 
48 — 55.  schweres  geschick  ist  ttber  die  peloponnesisohen  laad- 
Schäften  verhingt:  c€ic>iol  fiCY^Xci  xal  KQTOKXuqiol  X^P^K  t/A  irö- 
Xcuiv  dmCTOi.  der  allgemeine  glaube  ist,  dasz  namenttioh  die  ttfdte 
Helike  und  Bura  dem  zome  des  von  ihnen  beleidigten  Poseidon  mn 
Opfer  fallen,  allein  ein  wiederholtes  <padv  (49,  d  f.)  und  X^TO^'^ 
(49, 6)  bezeichnet  den  standpunct  des  er^Uers,  der  48,  4  ausdr&ck- 
lieh  erkUfrt:  ol  pkv  (puciKol  iretpdpvTOi  Tdc  aiTiac  tiuv  roioÜTunf 
ira6(&v  oÖK  €tc  tö  Oeiov  dvoqp^pciv,  dXX'  €ic  ^ucuedc  Tivac  ta\ 

KOTTIVCmcaCfA^VaC    ir€piCTdC€lC,     0\    bk    €ÖC€ß<XlC    btaK€(fl€V0« 

npöc  TÖ  e€iov  mdavdc  Tivac  aMac  dnobiboOa  toO  cujyißdvroci 
d)  c  bid  Ocufv  fif^viv  TCvoM^VTic  Tf)c  cuM(popäc  TOic  cic  TÖ  dciov  ic€^ 
Pificoav.  ein  im  jähre  vor  der  schlacht  bei  Leuktra  erscheinender 
komet  hat  natOrlieh  nach  dem  glauben  der  Bellenen  keinen  ander» 
zwetk  gehabt  als  den  Lakedaimoniem  den  Untergang  ihrer  hencbafl 


EBaehof:  TtmUM  als  quelle  fOr  Diodor  XIY  54—78.  167 

makfliidigeii«  Diodor  erwähnt  das  XY  50,  setzt  aber  sofort  hinza : 
tnon  bi  1UIV  qiuoKi&v  t^v  t^vcciv  Tf)c  Xotfünrdboc  elc  qnictKotc  alTioc 
4v^pov,  dnoqxzivÖMCvoi  tA  TOiaOra  q>avTdc^aTa  KaTr]vaTKac)ui^« 
roc  Tfrvcctet  xpövotc  diptqidvotc,  xal  ircpl  tuiv  toioi}tuiv  touc  tc 
^  Bo^uXiBv!  XaXba(ouc  Kai  toCIc  dXXouc  dcrpoXÖTOuc  iroiou- 
p^vouc  npoppiltceic  £vaf>T€ic  £inTUTXdv€tv  *  touc  bi  pi\  dau^dZeiv« 
ftwr  T^firrai  ti  toioOtov,  dXX*  idv  ^ifi  T^viirai  usw. 

Der  aufgeklärte  Epameinondas  Ittszt  sich  durch  keine  ctmcfd 
ud oiuwoi  vom  auszöge  znm  kriege  gegen  Sparta  abhalten,  indem 
«r  ftunal  den  wamerstimmen  den  Homerischen  vers  entgegenhält: 
0C  oiufvöc  dpiCTOC  dfiuv€c6ai  ircpl  Trdrpiic,  das  andere  mal  irpoflTe 
ti  apoTÖncbov  oöbiv  aÖTOic  drroKptOcic,  ffro^cvoc  t6v  t^rr^p 
TUIV  aüUiiv  XoTic^öv  waX  Tf|v  imkp  Tdiv  biKaiutfv  MWjfiiiv  alpctui- 
T<p0v  €?vai  T«uv  iTOpövTuiv  CTiMCiiuv.  dasz  dies  die  ToUstttndige 
büligoBg  des  beriehterstatters  findet,  bezeugen  die  schluszworte 
dM«.53. 

Daaz  der  yolksglanbe  bei  der  ansschmttckung  eines  so  welt- 
UümdieB  ereignisses,  wie  es  die  schladit  bei  Lenktra  war,  sehr 
gMehlflig  gewesen,  ist  natürlich;  die  schriftsteiler  haben  uns  man- 
cbes  diTon  erhalten:  vgl.  Paus.  IX  18,  2.  Xen.  Hell.  VI  4,  7.  Diod. 
XV  53,  4  n.  54«  aber  während  Xenophon  seinem  treuherzig  er- 
tfUlen  berichte  noch  (vielleicht  nur  in  folge  seiner  spartafreund- 
BebsB  genmmng)  hinznillgt:  ol  ^^v  bVj  TiV€C  X^TOuciv  ibc  toOra 
«dvm  Tcxvdcimra  f)v  t«&v  irpoccnpcdTUiv,  ist  es  fär  Diodors  stand- 
pnet  beteiehnend,  dasz  er  geradezu  den  Epameinondas  für  den  rer- 
«Mtriter  aller  wunder  erklärt,  welche  den  mut  und  die  kriegsbegier 
ftiBss  heeres  entflammen  sollten:  biöffcp  TivufV  npoc(pdTuic  irapa- 
nrovdnuv  tx  6tißi&v  Inciccv  dif€7v  0Tt  rd  Korrd  töv  vediv  toO 
*HpittX6>uc  SirXa  irapobdSuic  dqHXvf)  'nh'ovc,  xal  Xöroc  £v  rate  Oil)- 
^  biabAorai  dtc  tdiv  fipiduiv  tujv  dpxaiuiv  dv€tXTtq>ÖTuiv  aötd 
Kol Poi|6civ tote Boiurrotc dtreXfiXuOdruiv.  dXXov biKar^cTticev 
VC  im6  TpoqKuviou  iTpocq>dTU)c  dvaßeßtiKÖTa  xal  X^tovra  btört 
wpoa<mx€V  ö  8cöc  ctörok ,  Atov  iy  AeikTpoic  viki^idciv,  ditl^va 
TMm  Ad  pactXct  CT€<pav(TT)V. 

Mögen  diese  bespiele  genttgen.  sie  setzen  uns  in  den  stand  die 
tlütiailiij  sn  eonstatieren,  dasz  innerhalb  b.  XI— XY  zwei  grund- 
vusdiiedeue  ansehauungen  sieh  finden,  eine  die  in  ttbereinstimmung 
Sit  dem  Volksglauben  die  gOtter  direet  und  wirksam  in  den  lauf  der 
•euehliebeii  gesdncke  eingreifen  läszt,  und  eine  die  solchen  vor- 
rtiiliingm  gegenüber  sich  mehr  oder  minder  skeptisch  verhält  und 
ftr  alle  ervignisse  eine  natürliche  erklärung  zu  suchen  sich  bemflht« 

Was  aber  ist  ans  dieser  thatsache  zu  folgern?  sicher  doch  zu- 
üehsl  das  eine,  dasz  es  sieh  weder  in  dem  einen  noch  in  dem  andern 
<iUe  nm  die  durch  nachdenken  und  Studium  gewonnene  weltan- 
Kksnnag  des  Diodor  salbst  handeln  kann,  altvaterische  gläubigkeit 
^  Isflgeeclirittene  anfklänmg  vertragen  sich  in  solchem  nnmittel- 
M^enebaiider  nidit  in  demselben  köpfe,  wäre  auch  nur  das 


168         EBaohof :  Timaios  als  quelle  für  Diodor  XIY  64—78. 

«ine  von  beiden  der  wirklidie  religiöse  standponct  Diodorsimdhltte 
er  von  ihm  aus  das  in  den  quellen  yorgefundene  matehal  beleuchtet, 
flo  hätte  es  ihm  geradezu  unmöglich  sein  müssen  an  anderen  stellen 
den  so  ganz  entgegengesetzten  einzunehmen,  also  es  kann  nicbt 
Diodor  sein,  der  den  Zusammenhang  der  ereignisse  bald  so  bald  so 
betrachtet,  und  wir  werden  daran  um  so  weniger  denken,  da  wir  die 
eine  betrachtungsweise  in  sicilischen,  die  andere  in  griechisohen  ab- 
schnitten der  genannten  bttcher  gefunden  haben. '  vielmehr  sehen 
wir  auch  hier  eine  auffällige  best&tigung  des  bereits  von  Nissen 
(krit.  unters,  über  Livius  s.  111)  gefällten  urteile,  dasz  Diodor  nicht 
nur  die  darstellung  und  form,  sondern  auch  die  eigensten  gedanken 
seines  gewährsmannes  in  einer  für  moderne  ansdiauung  gass  on- 
faszbaren  weise  entlehnt. 

Wer  aber  sind  die  gewährsm&nner,  um  die  es  sich  hier  handeln 
kann?  niemand  anders  als  Ephoros  und  Timaios. 

Alle  oben  angeführten  beispiele  der  zweiten  art  sind  den  be- 
richten über  die  Perserkriege,  den  anfang  des  peloponnesischen  krie- 
ges,  die  sicilische  expedition,  die  Unternehmungen  des  Epameinondas 
entlehnt,  die  Untersuchungen  über  die  quellen  Diodors  sind  nun 
meiner  ansieht  nach  so  weit  vorgeschritten ,  dasz  ich  nicht  erst  den 
beweis  anzutreten  nötig  haben  werde,  wenn  ichEphorosals  quelle 
aller  dieser  bezeichneten  abschnitte  nenne  (vgl.  auch  Holm  ao.  II 
8.  365  z.  11).  und  der  in  jenen  aus  der  griechischen  geschichte  ent- 
nommenen beispielen  zu  tage  tretende  rationalismus  entspricht  toU- 
ständig  dem  was  wir^über  diesen  aufgeklärten  Schriftsteller  wissen. 
schon  KOMüller  führt  in  seinen  proleg.  z.  einer  wissensch.  mjthol. 
8.  97  ihn  als  einen  bauptvertreter  jenes  Pragmatismus  auf  ^  der  mit 
abstreifung  alles  wunderbaren,  unmöglichen,  phantastischen  ans  der 
mythenüberlieferung  den  kern  geschichtlicher  thatsachen  heraus- 
schälen will,  belege  für  seine  freilich  nicht  durchaus  glückliche  me-l 
thode  geben  einige  der  uns  erhaltenen  fragmente :  vgl.  FH6.  fr.  2.i 
63.  64.  70.  die  hier  aulgestellten  grundstttze  lauten :  imri^äv  toicj 
q>iXofAu0oCciv  ty  tQ  ttic  IcTOpiac  ypa<pi\ ,  iiratveiv  -nPiv  dXi)66iov.i 
iravTaxoC  äpiCTOV  vo)yit2l€iv  TdXr)8^c.  damit  läszt  sich  sehr  wol  dit^ 
in  den  mitgeteilten  beispielen  bemerkbare  nüchterne  auffassung  and 
der  gegensatz  zum  volks-  und  {)riesterglauben  vereinigen,  soll  ich 
noch  etwas  zu  gunsten  der  meinung,  dasz  wir  hier  den  Ephoros  als 
quelle  zu  vermuten  haben,  anführt,  so  ist  es,  nächst  der  übereini 
Stimmung  von  fr.  53  mit  dem  ezcerpte  bei  Diod.  XV  66,  das  fr.  142, 
aus  diesem  erfahren  wir  bestimmt,  dasz  Ephoros  über  den  untezigaD^ 
der  Städte  Helike  und  Bura  in  Verbindung  mit  der  erscheinung  eine:] 
kometen  gehandelt  hat 

Hieraue  folgt  nun,  dasz  der  gläubige  Verfasser  jenes  berichtet 

'  aaf  den  chamKleonartig^n  Wechsel  des  religiösen  sUndponctes  it\ 
Diodor  scheint  nenerdings  besonders  GFUng er  in  den  titsangsbericbtei 
dar  bayr.  akad.  d.  wiss.  1878  1  390  aufmerksam  gemacht  an  haben,  nil 
ist  bis  jetat  leider  diese  abhandlong  sieht  augängUch  gewesen« 


EBachof:  TSnaciot  ak  quelle  för  Diodor  XIV  64--78.  169 

Kl  der  pest  im  karihagiselieii  l^ger  und  ihren  folgen  bei  Diodor 
ST  63 — 78  nicht  Ephoros  gewesen  sein  kann,  wenigstens  wird 
vol  Ton  berufener  seite  nicht  der  einwand  erhoben  werden,  was 
doB  Diodor  mOglich  sei,  das  hfttte  aach  Ephoros  begegnen  kOnnen, 
aoüieh  swei  so  grondverschiedene  auf&ssangen  in  seinem  werke 
eiaander  com  ansdrack  za  bringen,  ohne  des  gewaltigen  wider- 
ih  bewnst  sn  werden  oder  sich  um  diesen  su  kümmern, 
digegen  würden  alle  Zeugnisse  alter  und  neuer  zeit  sprechen,  welche 
sÄi  nur  ein  wirkliches  Studium  der  quellen  und  die  gewissenhafte 
tfbot,  sondern  auch  den  bestimmten  philosophischen  standpunct  die- 
SN  aefariftatelleirs  bestfttigen.  auch  Holm,  der  nicht  überall  den 
■atsracliied  swischen  einem  Ephoros  und  einem  Diodor  einzusehen 
T«mg,  hfttte  sich  eingestehen  müssen,  dasz  seine  polemik  gegen 
CoUwmi  (TgL  gesch.  Sic  n  s.  341)  doch  nur  in  dem  verhftngnis- 
ToQia  Worte  'omninm'  ihre  stütze  findet,  welches  letzterm  gelehrten 
nflbolegisr  weise  und  wider  besseres  wissen  in  die  feder  gekom- 
maist* 

Mfleean  wir  aber  aus  triftigen  gründen  den  Ephoros  als  gewfthrs- 
ma&B  Diedon  in  dem  abschnitte  XIV  63  ff.  zurückweisen ,  so  kann 
vater  alleo  qnellenschriftstellem  hier  nur  noch  Timaios  in  frage 
bmiBin,  Ar  diesen  —  auf  den  übrigens  Diodor  sidi  direct  b.  XTIT 
zenmiial  und  b.  XIV  einmal  beruft  —  ist  neben  der  sucht  alles  zu 
Mrittebi  kaum  etwas  so  charakteristisoh  wie  das  haschen  nach  dem 
vvadeibaren  und  übernatürlichen,  das  ihn  zum  treusten  herold  des 
tiAb-  und  priesteraberglaubens  gemacht  hajt.  mag  Polybios  auch 
Ut  nad  da  sn  hart  über  ihn  geurteilt  haben,  den  Torwurf  eines 
ammtk  aberglanbens  hat  er  XII 24  mit  vollem  rechte  gegen  ihn  aus- 
SopracheB :  £v  Tak  ibiatc  diroqxkcciv  dvuiiviuiv  ical  TCpdrun^  kqi 
iwOoiv  dmOdvttiv  Kod  cuXXtfjßbiiv  beictbaiMOviac  dT^vvoöc 
na  Tcpareiac  T^vaiKidbouc  icrX  irXripiic.  anszer  den  directen 
bmiielallen  FHO.  fr.  64.  65.  66. 103*  104  beatftt^en  dies  Plut. 
Xikias  13,  Alk.  18  (Tgl.  im  gegensatze  dazu  Ephoros  bei  Diodor 
Qu  3),  Dion  24.  29  u.  Timoleon  8.  12.  26.  31 ,  wo  die  spuren  des 
Tmhm  bereite  entweder  aufgefunden  sind  oder  ohne  sonderliche 
nihe  sich  nachweisen  lassm.  wie  er  schwere  geschicke  der  men- 
•ehcn  ak  amaittelbare  strafe  verletzter  gottheiten  hinstellt,  darüber 
Wehrt  nna  sb.  fr.  104  xai  tQ  irepucoirf  tujv  '€p|iuiv  npooiMaivctv 
•noic  To  boifiöviov,  die  ibrd  '6pjioicpdTouc  toO  ^'Epjtiuivoc  nXeicra 
«ikovnn  iropd  t6v  itöXcmov,  und  103  ck  töv  '€pM^v  dc€ßf(COVT€C 
tti  «ffNicö«|NivT€c  oOtoO  xd  drdXfiaTO,  bid  tout'  fbuixav  bdcnv. 
te  voQstlädige  Seitenstück  zur  pest  unter  den  Karthagern  we- 
P^  te  gegen  Demeter  und  Eore  verübten  frevele  bietet  fr.  66 

t  CoUnaBB  de  Diodori  Sicali  fontibue  s.  7:  'nam  Diodomm  ita 
Efktri  iSbrif  osniB  esse,  at  ea  qnae  a  Thacjdide  praetennissa  invenieset, 
Q  iffis  deproBeret,  niniine  statai  potest,  qtiia  haec  scribendl  ratio  cum 
•^  oBBia»  aaliqaoriim  reium  teriptoraio  tun  a  DiodoH  eonsnetadiae 
abbenrtt,  qui,  quanton  fieri  poeeet,  unom  seqoebator  ducem«* 


170         EBachof:  Timaios  ab  quelle  för  Diodor  XIV  54—7«. 

q>8opÄ  bk  Ka\  Xoi^öc  juera  rphov  ^toc  £q(€  xi\v  AoKpibabiitfivk 
Kaccdvbpotv  dO^MiTOv  MtEtv  AlavToc. 

^8  dürften  also  die  in  rede  stehenden  capitel  Dioden  scbon 
wegen  der  ihnen  anhaftenden  deisidaimonie  dem  Ephoroe  alnospre- 
chen  und  dem  Timaios  znzuweisen  sein,  indes  will  ich  nicht  ontar- 
lassen  noch  einiges  anzufahren,  auf  dessen  beweiskraft  an  neb  icb 
zwar  nicht  su  viel  geben  möchte,  das  aber  immerhin  in  TerbisdoBf 
mit  dem  bereits  gesicherten  einige  beachtong  verdienen  mag. 

Für  richtige  und  unrichtige  angaben  geographischer  natar, 
welche  die  insel  Sicilien  betreffen,  können  wir  den  Sicnler  Biodor 
keineswegs  verantwortlich  machen,  auch  Holm  gesteht  ao.  11 8.366 
zu,  dasz  an  (pswissen  stellen  eine  sicilische  quelle  um  deswilkB  üb* 
geschlossen  sei,  weil  die  in  ihnen  vorkommenden  unrichtigkäteiiein 
mit  den  localitSten  bekannterer  schriftsteUer  sicilischer  herkasft  im- 
möglich habe  begehen  können,  nun  finden  sidi  solche  ungeoaaig' 
keiten  zb.  in  dem  aus  Ephoroe  entlehnten  berichte  des  b.  äU  Aber 
die  sicilische  expedition  der  Athener,  so  bezeichnet  na.  Diodor  IUI 
13  mit  dem  namen  Daskon  eine  meeresbncht,  wfthrend  esnftck 
Thuk.  VI  66  und  nach  Philistos  (FHG.  fr.  36  AdcKüJV'  CuccXioc 
Xwpiov)  eine  landspitze  gewesen  ist.  ttbereinstimmend  mit  Thukr* 
dides  und  Philistos,  und  also  abweichend  von  Ephoros,  wirdDOn 
auch  Diod.  XIV  68  u.  72  eine  landspitze  darunter  verstanden. 

Femer  erzfthlt  Polyainos  strat.  V  2,  8,  Dionysios  habe,  uia  die 
macht  der  Karthager  zu  schwächen,  eine  anzahl  forte  und  eutelle 
herrichten  lassen,  welche  diese  zwar  ohne  mtthe  und  ohne  bedeoteDde 
Verluste  eingenommen ,  durch  deren  besatztmg  aber  —  and  d»  «tf 
des  Dionysios  kriegslist  —  sie  ihre  krftfte  sehr  zersplittert  bfttten 
da  in  den  beschreibungen  der  andern  kriege  diese  q>pouptO  nicht  erj 
wtthnt  werden,  so  mnsz  sich  die  angäbe  bei  Polyainos  auf  den  feldj 
zug  des  j.  395  beziehen,  in  dem  sie  eine  rolle  spielen,  unddadN 
stärke  der  Karthager  auf  300000  mann  angegeben  wird,  so  schlieez^ 
Wöl£flin  praef.  s.  XTTT  anm.  16  aus  der  vergleichung  mit  Diod.  S^ 
54  mit  recht,  dasz  die  noiiz  auf  Ephoros  zurOckzuftthren  sei-  nnq 
erwähnt  auch  Diodor  diese  q>poupia,  ohne  ii^endwie  der  knegsü^i 
des  Dionysios  zu  gedenken,  im  gegenteil :  wir  lesen  XlV  56, 4'-'6| 
dasz  eine  grosze  anzahl  der  Messenier  sich  nach  eroberaog  ihre^ 
Stadt  in  die  oastelle  im  land  zurQckgezogen  und  diese  gegen  all^l 
ettlrme  Himilk<ms  so  tapfer  verteidigt  habe,  dasz  der  karthagi&cbj 
feldherr  unverrichteter  saehe  wieder  abziehen  muste.  in  c  58  abe 
heiszt  es  von  Dionysios:  t&  Kard  Tf|v  x^pav  q)poOpia  ir€ptirop€vö| 
Mcvoc  Uixtipoti  Kod  c!tov  irapcKdiüiiZcv  *  im^cX^CTOTO  ht  rdc  ^1 
AcovTivoic  dKpotröXeic  drdxice  Kai  tdv  ^k  tiöv  ncbiujv  otov  €i| 
TaÜTQC  cuv/i6poic€v.  £tT€ic€  bi  Kttl  Toöc . .  KofiirovoJic  de  Tflv  AItI 
vnv  fi€TacTf)vat  bid  tö  Xtav  etvai  to  q>pot}piov  dxupdv.  dies  alld 
geschah  doch  wahrlich  nicht,  um  es  den  feinden  zu  ermöglichen,  di^ 
oastelle  ndvu  dcM^vuic  xal  dvcu  udxtic  in  besitz  zu  nehmen,  aiso 
ist  auch  für  c.  56  n.  58  Ephoros  als  quelle  aaszuschliessea. 


EBi^of:  liauttot  ak  quelle  far  Diodo?  XIY  64—78.  171 

T6i)g|Bblicli  fragieii  wir  uns  aach,  was  wol  den  Ephoros  veran- 
bmi  hAtai  dflrfle  mit  soldier  aogflihrliohkeit  und  solcher  w&rme, 
wie  lie  dach  uiTerkennbar  in  dem  bezeiöhneton  abaohnitt  ersoheint, 
die  aeüMwn  Terliiltiiisee  jener  epoche  ta  sohildem*  anders  liegt 
d»  iMfa«  hm.  Timaioe,  einem  geborenen  Sienler,  der  den  glauben 
na«  folkes  an  die  maeht  der  gOtter,  vor  allem  also  doch  an  die  der 
MtioaalgOtter,  ToUkommen  teil^  einem  manne  femer,  dem  die  ehre 
od  der  glant  seines  heimatlandes  über  alles  geht,  so  dass  er  Sicilien 
ftWdas  eigenUiehe  Griechenland  stellt  und  den  ereignissen  anf  der 
imI  sine  eben  eo  grosze,  wenn  nicht  grOscere  bedeutang  beimiezt 
ib  lUim  WBB  Boaat  in  der  weit  denkwürdiges  nnd  rahmvolles  ge- 
■Ufls  tsl  (TgL  Poljbios  XQ  26^  »-i  FfiO.  fr.  S7).  ihn  hören  wir 
banst,  wenn  ee  bei  Diodor  V  9, 3  heiset:  o\  TOikiifV  odv  icerrotKoOv- 
Tcc  CvAiATon  irapeiX<\(paa  irapä  x&v  irpotövuiv,  dcl  t^c  «pi^ijinc 
ä  oiAvec  iropoibebofi^vnc  t(rtc  ^ktövoic,  icpdv  ötrdtpxeiv  Tf|v  vf)cov 
A^DfTpoc  xa)  Köpi)c.  er  betrachtet  den  kämpf  gegen  ein  land  auch 
il«  «aoi  kämpf  gegen  dessen  gOtter,  und  Persephone  ist  ihm  die 
uttiüdie  bnndesgenosein  der  von  den  Athenern  angegriffenen  Syr»- 
Mtr,  wie  die  Worte  des  fr.  104  bezengen:  in  b*  dicöc  cTvai  rdv 
'Hfiukk  Toic  CupOKodoic  ^riOctv  btd  ri\y  Köpf|V,  irap'  fjc  £Xo߀ 
vtir  K^pfcpov.  kamn  konnte  es  fttr  einen  siciliaehen  historiker  eine 
dtsUNrare  anfgmbe  geben  als  die  ttberüeferang  des  volkes  von  dem 
^ifitehen  natergaage  des  Karthagerheeres  sa  erhalten  imd  aasza- 
,  nnd  mehts  konnte  die  macht  der  heimatlichen  gOtter 
vmhei  liehen  als  der  nachweis,  dasz  sie  anf  die  hftupter  der 
•ie  frevelnden  Panier  nnglllck  anf  anglflek  hSafton ,  bis  diese 
äck  voUsÜndig  vor  ihnen  demtttigten  nnd  ihre  obmacht  anoh  ftoszer« 
U  daroh  tempel  and  ealt  anerkannten,  knrz,  ee  spricht  alles  eben 
M  ^gm  Bphoros  wie  ftlr  Timaios,  den  wir  hier  wie  in  den  flbrigen 
bwiditen  Ober  die  siciliseh-punischen  kriege  b.  XI — XIV  als  qnelle 
Dwdoni  aBsnerkennen  haben. 

Venoohe  ich  aanwehr,  gesULtat  anf  die  bisherigen  erOrtemngen, 
^  ia  den  ahleaasigaben  c.  54  n.  76  bestehenden  widersprach  an*- 
^  n  beseftUgcn  als  mit  jener  anscheinend  so  natttriicben  erkUUung 
B^at,  so  wird  man,  hoffe  ich,  darin  keine  willkflrliohe  nnd  anflgzige 
^>>tM  erbUeken,  sondern  eine  mir  notwendig  gestellte  aufgäbe. 
^  sinfaehste  mittel  die  echwierigkeit  wegsarflamen  wäre  die  an- 
*>^,  dssz  ein  Schreibfehler,  das  versehen  eines  abschreibers  vor- 
k««.  dass  eine  solche  annähme  nicht  zn  gewagt  wfti«,  dafttr  ktante 
idmich  aof  Timaaos  fr.  195  nad  snf  Nissen  ao.  s.  112  bemfen. 
*^  Bsa  konnte  das  sdüieezlieh  nor  f&r  eine  verzweifelte  aasflaoht 
Utm,  nnd  so  m0ehte  ich  anf  einen  andern  weg  hinweisen,  anf  dem 
1*^  die  sehwierigkeilen  wol  ohne  itgend  welche  gewaltthitige 
*>w|mlaliemilBiite  zn  einer  annehmbaren  Idsang  werden  bringen 


An  vier  etsUen,  Xm  64. 60. 80  nnd  XIV  54,  finden  sich  neben 
^  risdrigsa  zaidea  dee  Timaios  die  hdheren  des  Ephoroa.  letzterer 


172         EBaehof :  Tinudos  ak  quelle  fSr  Diodor  XIY  64-^79. 

wird  in  diesen  abechnitten  nur  in  Yerbindoag  mit  dem  erstern, 
TimaioB  auch  ausserdem  mehr£uh  allein  citiert«  dieser  umstand 
und  die  erwttgung,  dasz  ein  schriftsteiler,  den  wir  im  greeien  so  un- 
treu gefunden,  nicht  gerade  in  nebensaehen  bemflht  gewesen  sein 
wird  den  spuren  der  Wahrheit  nachsugehen,  lassen  die  annähme  voa 
Volquardsen  als  h^hst  beifallswert  erscheinen,  dasz  Diodor  jene 
Ephorischen  zahlen  einfach  aus  Timsios  mit  abgeschrieben  habe,  die 
mSglichkeity  dasz  sie  Diodor  dort  finden  konnte,  wird  jeder  ohne 
weiteres  zugeben,  polemisiert  doch  Timaios  so  vielfiich  gegen 
Ephoros,  auch  gegen  seine  zahlen  (vgl.  fr,  126),  und  jene  hohen  an- 
gaben wird  er  sicherlich  ans  dem  gründe  mit  angeführt  haben,  um 
gegen  die  Übertreibungen  seines  gegnurs  zu  felde  ziehen  zu  k^nnoL 
Diodor  wird  diese  hohen  zahlen  aufgenommen  haben,  weil  sie  ihm 
gefallen,  wobei  er  natürlich  die  polemik  seiner  quelle  übeigebt 

Nun  aber  sind  statistisch  genaue  angaben  über  die  aof  einon 
kriegstheater  auftretenden  truppenmassen  und  die  bei  den  einsebien 
Unternehmungen  beteiligten  streitkrftfte  ftnszerst  selten  zu  finden, 
und  selbst  den  nach  chiliaden  und  myriaden  gemachten  berechnnn- 
gen  begegnet  man  nicht  eben  oft  viel  hftufig^r  sind  jene  allgemeinen 
angaben  bei  den  slten  geschichtsehreibem  ansntreffen,  wie  fiirocov 
firotre  Tf|v  bOva^iv,  npor^TC  iieti  ttic  buvdjüicttK,  KaToXiirdiv  ^^k>€ 

Tf)C  buvd^€UK,  CTpaTCUCOC  ITOXXQ  buvd^€l,  TOUC  äptCTOUC  TUlV  CTpa- 

TiuiTÜJV  dvoXoßibv  uft.  solche  allgemeine  angaben  hat  wol  au^ 
Diodor  in  seinen  quellen  gefunden  und  meist  beibehalten,  hie  undl 
da  aber  auch  versucht  eine  ihm  aus  früherer  erwShnung  noeh  im 
gedftchtnis  befindliehe  bestimmte  zahl  einzusetzwi.  er  verfahrt  dabei 
aber  mit  der  ihm  eignen  nachlftssigkeit,  indem  er  die  veriaderung 
ganz  übersieht,  welche  die  kriegsereignisse  in  der  numerischMi  starke 
der  Streitkräfte  hervorrufen  musten.  so  ist  zb«  Xm  34  die  sahl  der 
nach  der  Vernichtung  der  Athener  den  Lakedaimoniem  zu  hilfe  ge- 
schickten schiffe  auf  35  angegeben ;  obwol  die  kriegmachen  ereig- 
nisse  diese  zahl  verringern  musten,  ist  dennoch  XTIT  61  von  den  35 
zurückkehrenden  schiffen  die  rede,  die  inzwischen  voiga&Uenen  er- 
eignisse  nieht  berücksichtigt  zu  haben  iUlt  wol  nur  dem  Diodor  zur 
last;  sa  verschiedene  quellen  hat  man  nicht  zu  denken:  denn  dasz 
Diodor,  nachdem  er  in  der  gesehichte  der  athenischen  expeditioB 
dem  Ephoros  —  ausgenommen  c.  20 — 32,  worüber  spüler  —  gefolgt 
ist,  c  34, 4  wieder  Timaios  herangezogen  hat,  geht  für  mich  daraus 
hervor,  dasz  nach  der  einen  quelle  c.  33, 2  der  tod  des  Diokles,  aber 
0.  35  erst  dessen  gesetzgebung  besproi^en  wird. 

Noch  ein  anderes  beispiel  will  ich  anführen,  welches  wahrschein- 
lich macht  das«  an  stelle  der  allgemeinen  angaben  der  quelle  be- 
stimmte des  Diodor  getreten  sind.  XYI  62  gibt  Diodor,  ohne  seine 
gewfthrsminner  mit  namen  zu  nennen ,  sondern  noit  der  bemerkung 
d)C  }xiy  Tiv€C  dv^TPCiM^<xv  sich  begnügend ,  die  stftrke  des  vor  Sjra- 
kns  erscheinenden  belagerungsheeres  auf  SCXXXX)  mann  zu  fosz  und 
3000  mter  an.   ich  vermute  dasz  er  an  stelle  eines  nnbeetimmten 


EBflehof:  TunaioB  aU  quelle  für  Diodor  XIY  64—78.  173 


etwa  trdca  f|  biivoMiC,  die  ihm  noch  erinnerlichen  zahlen 
4m  l|ihoro»  ans  e.  54  eingesetet  hat,  ohne  sich  klar  zu  machen  wie 
M^iidi  oaterdeeaen  die  stftrkeYerhftltnisse  geftndert  hahen  mnsten. 
die  Karthager  hatten  viele  yerlaste  erlitten:  auf  der  überfahrt 
5000  nmgekommen  (55, 3),  die  erobenmg  von  Motye  (55, 4), 

«Buhflie  Twn  Meeeene  (57,  4)  nnd  die  vergeblichen  stanne 
gigm  die  tapfer  verteidigten  caetelle  (57,  6)  kosteten  blnt.  dazu 
«feidgie  die  beobachtnng  der  vielen  kleinen  forts  im  «lande  —  auch 
(MÜaänm  hatten  sich  nadi  61, 5  in  solche  befestigte  werke  zurttck- 
gnogen  -*  viel  maanschallen;  endlich  giengen  doch  auch  marode 
od  knake  ab,  nnd  aagedchts  des  groazen  marsches,  den  Himilkon 
ibff  Mo^e,  fiiyz.  Thermal,  Kephaloidion,  Peloris,  Messene,  Naxos, 
im  den  Aetna  nach  Katane  machte,  darf  der  procentsatz  dieses  ab- 
pagM  sieht  gering  angeschlagen  werden,  auf  der  andern  seite  aber 
wu  die  poDiMhe  macht  durch  die  CiKOVoi  und  *AXtKuaiot,  welche 
tiB  Mndnii  mit  Himilkon  schlössen  (55, 7),  und  nicht  am  wenigsten 
dnroh  die  QxcXot  verstSrkt  worden ,  die  mit  einziger  ausnähme  der 
sKmtfieh  tu  den  ELarthagem  ttborgiengen  (58, 1).  es  wttre 

widdich  ganz  wunderbar,  wenn  der  abgang  und  Zugang  sich  bis 
tBf  dieUsine  düEnnenz  von  tausend  reitem  ausgeglidien  hätte. 

Wib  nna  aber  hier  Diodor  statt  der  unbestimmten  bezeichnung 
d»  i€0|  crpoTtÄ  die  beetnnmte  zahl  eingesetzt  hat,  nnd  zwar  die 
Ab  anndkmbarer  seheinende  des  Ephoros,  so  mag  er  auch  c.  76  ver- 
iibaiBein,  indem  er  statt  des  allgemeinen  ausdrucks  seines  Originals 
Tok  TA90UC  Tuiv  Cupcncoduiv  dvaTp^i|iavT€c  touc  fifiicctc  tu>v 
cipononiiv  inctbov  dTdq>ouc  die  aus  dem  ausätze  des  Ephoros  be- 
ndaete  zahl  ircvTCKCdbCKa  jüiuptdbac  gewShlt  hat. 

Findet  man  diese  erklämng  zusagend,  so  dfirfte  kein  grund 
■sbr  forhaaden  sein  die  oben  bmichneten  capitel  dem  Timaios  ab- 
s&ipreeben:  denn  daez  ans  ihm  dann  auch  die  eingeschaltete  rede 
€-66-69  entnommen  ist,  kann  als  an  sich  durchaus  wahrscheinlich 
UagwteOt  werden,  da  ich  indessen  nicht  nur  in  dieser  rede,  sondern 
Mck  in  den  beiden  in  den  bericht  des  Ephoros  XUI  20-*  32  einge- 
•'Wtetcn  reden  proben  Timftischer  beredsamkeit  erkenne,  so  behalte 
kfc  mir  vor  meine  ansieht  bei  gegebener  gelegenheit  noch  nfther  zu 

Ermbt  Baobof. 


29. 

ZU  HER0D0T08. 


m  128  dmicÖMevoc  bk  kxA  'Opoircui  k  d^itv  £X6div  vd^  ßußXiuJv 
H  &0KIOV  iC€pttnp€Ö|i€voc  ibibou  tut  TP<XMM<mct^  '^^  ßaciXiiiifi 
teUrcctai*  Tpowiemcrdc  bk  ßaciXiitouc  ol  nävrcc  diropxot  £xouci. 
^*ov€ipiii|i€voc  hl  Tu&v  bopiKpöpuiv  ihibov  Td  ßußXia  6  Baraioc, 
^  Mctekrro  diröciociv  dirö  'Opofrcui.  den  einzigen  anstosz  bietet 
stelle  1l€plalp€Ö^evoc.   Schweighftuser  bemerkt  in  seinem 


174  KJLiebhold :  za  Herodotos  [III  128}. 

lex.  HerocL:  ^litteras  singulas  solyenfl;  admpe  detrabens  sigfllom  ei 
solyens  vinculam  cuiusque  epistolae',  vielleicbt  bestimmt  durch  die 
Worte  n€piaip€Ö|i€VO€  Tf|V  cq>pnT%a  in  der  geschiobte  Tom  ring  des 
Poljkrates  (c.  41).  mit  recbt  bemerkt  dagegen  HStein,  dass  ircpi- 
aip€Öfi€VOC  bier  keinen  bezug  anf  cq>pT)t^ba  baben  k6nne,  somal  da 
die  siegellÖBang  dem  "^pa^iuicaic  des  Oroitee  znkftme.  wenn  er 
dann  aber  femer  sagt  dasz  das  wort,  welcbes  apnet  von  der  weg- 
nähme amschlieezender,  umhüllender  gegenstände  gebraucht  werde^ 
sich  hier  mit  einer  auch  sonst  ttblichen  yerwecbselnng  nicht  auf  die 
kapseln,  sondern  auf  die  sohriftrollen  selbst  beziehe,  so  kann  ick  ihm 
darin  nicht  beipflichten,  sondern  glaube  annehmen  zu  müssen,  dasz 
eine  Verwechselung  seitens  des  abschreibers  vorliegt,  dem  das  wcpi- 
atpeöjii€VOC  der  frühem  stelle  vorschwebte,  und  dasz  «isprflnglieh 
Tr€piq>op€Ö>ievoc  im  texte  stand,  denn  dem  Bagaios,  dem  gesandten 
des  Dareios ,  muste  es  für  seinen  zweck  darauf  ankommen,  die  süm* 
mung  ehrerbietiger  scheu  und  das  bawustsein  pflichtschuldigen  ge- 
borsams  gegen  den  k(^nig  bei  den  trabanten  des  verrftthers  waeh  zn 
rufen,  dies  geschah  dadurch,  dasz  er  die  mit  dem  königlichen  Siegel 
versehenen  sohriftrollen,  damit  jeder  das  Siegel  des  königa  als  sol- 
ches erkennen  könne,  herumreichen  liesz  (irepupopeöiicvoc),  bevor 
er  dieselben  dem  fpa^^aTiQTi\c  zum  vorlesen  des  Inhalts  tibergab. 
nur  dann,  wenn  man  diese  beiden  acte  in  der  Vorstellung  scharf 
sondert,  ohne  etwa  ihren  causalen  Zusammenhang  abzuschwftchen, 
wird  man  die  in  den  folgenden  werten  6p^uiv  b^  cq>€ac  Td  te  ßußXia 
ccßo^^vouc  ixef&kwc  koI  rd  XeTÖ^eva  £k  tuiv  ßußXiuiv  in  fAcZöviuc 
biboi  dXXo  ^v  Tq)  iyr\y  Itita  rdbc  usw.  liegende  Steigerung  ganz 
gerechtfertigt  finden. 

BUOOLSTADT.  KabL  JuLIUS  LlBEHOliO. 


30. 

ZU  XENOPHONS  ETBOPAEDIE. 


I  4, 18  bbk  KCpoc  öpufv  ^KßonOoövTac  koI  toOc  dXXouc  itoc* 
cubl  £Kßor)6€T  kqI  auTÖc  irpuiTOV  t6t€  önXa  tvhic,  oCirore  otöficvoc  * 
oÖTUJC  dir€9uM€t  auToTc  iSoirXicacdai.  die  werte  oCitotc  olö^cvoc 
geben  keinen  rechten  sinn  und  tragen  auch  wenig  dazu  bei,  dJe  un- 
geduldige erwartung  des  Eyros  auf  den  ersten  waffengang  zu  be- 
tonen, dagegen  wird  dies  durch  die  Änderung  in  oö  irpÖTcpov 
dinXic^i^voc  erreicht,  dasz  das  einfache  verbum  sehr  hftufig  anstatt 
des  comp.  ££oirXi£€c6ai  gebraucht  wird ,  ergibt  sich ,  abgesehen  von 
unzähligen  dichterstellen,  aus  Piatons  Tim.  24^  ok  f||i€fc  irpuirov 
d)1rXtc^eea.  staat  VIII  551  ^  xP^^M^vouc  Tip  irXifiOci  durXici&^vqi. 
ges.  VIII  833*"  8v  dq>y)C0^ev  irpunrov  diirXiCfiJ^vov.  Eritias  110^ 
diirXic^^vnv  Tf|V  dcöv. 

I  6,  9  ÖTi  b^  TToXXüjv  jiiiv  b€f)C€t,  iToXXd  bi  Kttl  äXXa  vCv 
ävaipcri  banavdv  ixcivov,  oö  TtTVu>CK€tc;  der  verschlag  von  Madvig 


KJIaabhold)  sa  Xenopbons  Kyropftdie.  175 

adr.  erit  I  f.  362,  col  b€i^6i  zu  schraben,  ist  flberfltUaig,  wenn  man 
teqco  als  fot.  med.  yenieht. 

n  4,  31  Kupoc»  4&  'ApM^vic,  kcXcvci  oötui  nouiv  cc,  Snuic  ibc 
Tvxicia  (xwv  olcctc  Kai  t6v  boc^v  xai  tö  crpdTeu^ou  der  gröste 
tcQ  der  hgg.  bat  mit  recbt  an  dem  part*  £x^v  anetosz  genommen, 
ii  aber  don  Kjroe  nicht  allein  daran  gelegen  sein  mnste  dass,  son- 
dffB  aodi  mit  weldier  geeinnung  der  könig  von  Armenien  seinen 
ferpiiekkiagen  nachkam,  so  ist  ee  gewis  empfehlenswert  iKWV  zu 
•chraben:  TgL  VII 2, 12  unecxö|ii]V  ^  coi  dvrl  toutujv  f\  Mf|v  irop' 
isiinwv  Aubi&v  &€c6at  n fiv  6  ti  koXöv  xäraGöv  icxxv  iy  Cdpbeciv. 

ni  2»  4  ci  M  Taöra  (t&  dpi))  KoraXdßoi^icv  xal  dn'  dKpou 
UvotTO  JiM^Tcpov  ippouptov,  cuHppov€iv  ävdTKii  dv  €li)  irpdc  fjMäc 
S|i9oi^iC  Toic  te  'Apficviotc  koI  toTc  XoXbaioic.  an  dieser  stelle 
^  ouqppovciv  seitens  der  lezikographen  nar  eine  kflnstlidie  aus* 
Wpof  erfahren,  der  b^riff  der  naisfagibigkeit,  der  anstreitig  in  den 
üan  fsast»  d»  der  Toraosgesetate  rerlnst  ihrer  festesten  position  die 
fodt  bewegen  mnste  jeden  gedenken  an  fernem  widerstand  auf- 
ngtbcm,  kOnnta  bestimmt  und  ansebaulich  nur  durch  das  verbum 
cvtmpciv  wiedergegeben  werden,  welches  nach  meiner  Vermutung 
onprli^glich  im  texte  gestanden  hat :  vgl.  V  4,  26  ol  b^  'Accupioi 
liic  lißtoSca^  ToOra ,  ndvra  inoiow  neiGovrec  xdv  ßaciX^a  curx^* 
piicm  laura  xat  öri  qitKpdroTOV  toO  woX^^ou  Xttreiv.  YI  3,  36  f) 
«■1  iiiiac,  IqfHf),  ToOra  curx^pctTe  (so.  Kard  touc  AlTuirTiouc) ; 

V  2, 16  t6  m^v  bi\  irpurrov  cuvbeiTrvwv  aOroic  6  fuißpuac  xal 
ipirv  T^  qwuXoTTiTa  tuiv  irapcmOcfi^viuv  ßpu)^dTUlv  iroXu  cqpdc 
M|ii£cv  äcuBcpiuiT^povc  clvm  crimliv.  H.  van  Herwerden,  der 
nkr  andern  diese  stelle  in  der  revue  de  philol.  II  (1878)  s.  198— 
303  aeiBer  kritik  unterzieht,  hat  zwar  recht,  wenn  er  aÖTOic  auf  die 
Perser,  aber  unrecht,  wenn  er  c<päc  auf  die  Perser  und  aOruiv  auf 
üe  Assyrier  bezieht,  denn  nach  dem  Zusammenhang  und  nach  dem 
eoaeekoD  gebrauch  der  pronomina  kann  Gk>br7as  mit  c<päc  nur  seine 
eigne  naiion,  die  Assyrier,  verstehen,  welche,  da  er  zuerst  seinen 
BSKstab  flu  die  beurteilung  von  dem  comfort  und  relativen  luxus 
<rttehnt,  sunflchst  in  seinen  äugen  edler  und  civilisierter  erscheinen 
•h  die  Perser  (aäniiv).  daher  mnsz  die  von  H.  vorgeschlagene 
fsadation  woXu  cqNuv  (Assyriis)  £v6^i£ev  dXeuOcpiuiripouc  etvat 
euTOuc  (Persas)  nicht  nur  als  überflüssig,  sondern  auch  als  sinn- 
4fiffCBd  betraditet  werden,  besonders  da  der  aufimg  der  nachfolgen- 
im  Periode  (4nel  bi  KaT€VÖT)€€),  zu  welcher  ein  nachsäte  wie  dXXuic 
(vÖMtccv  eiglnst  werden  kann,  und  die  in  §  20  folgenden  werte  des 
Mvyaa  lelbat:  f||A€ic  m^v  Top  £niMeXouM€6a,  diruic  fi^iv  TaOra 
WC  mXciCTO  CcTCu,  ÖMcic  bi  ^oi  bOKCiic  ^nijUXecGai,  öituic  aurol  d>c 
^tmoi  Ic€c6€  rar  genüge  beweisen,  dasz  sein  urteil  mittlerweile 
«m  sid«ee  dh.  richtigeres  geworden  ist 

Vn  1, 40  lUyoy  b*  oöbo^oO  oöb^v  In  ^buvoTO  naTtbciv  TrXJ|v 
tö  Tiiiv  AHvirriuiv-  oOroi  b^  ine\bi\  i^iropoOvro,  irdvrodev  kukXov 
«oi^cdMCVoi«  4&CTC  öpficOai  rd  finXa,  imö  raic  dcirkiv  ixdOiivTG' 


176        CGneisse:  zu  Cicero  de  prorincüs  oonBularibus  [9,  21]. 

Ka\  dnoiouv  \iky  oibiv  £ti  ,  firacxov  bk  iroXXd  kou  beivcL  dasz  an 
dieser  stelle  i^iropoOvTO  ganz  abgesehen  von  der  nngewOhnlichen 
medialen  form  nicht  angemessen  ist,  hat  Madvig  adv.  I  s.  356  mit 
sicherm  blick  erkannt,  indessen  stOszt  sein  Torsc^g  i^pc^oövTO  zn 
schreiben  auf  mancherlei  bedenken,  denn  die  isolienmg  der  A^gypter 
ist  durch  die  yorangehenden  worte  ausreichend  gekennzeichnet  und 
würde  als  vollendete  thatsache  wol  nicht  durdi  das  imperf.  ausge- 
drückt sein,  auszerdem  Yermiszt  man  einen  zur  yeranschaiilichung 
der  Situation,  zur  Schilderung  des  wuchtigen  herandrängens  der 
feindlichen  Übermacht,  durch  welches  der  in  den  folgenden  werten 
beschriebene  rein  passive  widerstand  erklärt  wird,  geeigneten  be- 
griff, wie  er  durch  die  nicht  gewaltsame  Änderung  in  i^vuixXouvto 
gegeben  sein  würde:  vgl.  Vm  3,  9  und  über  den  passive  gebrauch 
V  4,  34. 

Vni  2,  21  dXX'  €ijLil  äirXrtcroc  .  .  kqI  ö^uic  jvbov  fxovrcc  to- 
caCra  oCt€  k6(ouci  nXeiu)  i^  bvivavTQi  q>^p€iv,  biappaY€T€v  Tc0  ^v, 
ofrr'  d>iq>UwuvTai  irXciui  i^  buvavrai  (p^pciv,  änOTtviTCt^v  T&p  äv, 
äXXa  Tä  iT€ptTT&  XP^^^^'T^  irp^TMOTa  ^xouciv.  Herwerden  findet  die 
Wiederholung  von  q>^p€iv  unpassend  und  schlftgt  vor  xtupeiv  aa  stelle 
des  ersten  q>^p€iv  zu  schreiben,  wenn  man  jedoch  bedenkt  dasz  die- 
ses verbum  bei  den  classischen  schriftsteilem  mit  ausnähme  des 
witzigen  vergleiche  in  Aristoph.  Wolken  1238  £(  x^^  Xu^PH^^^n^ 
meist  nur  von  gefUszen  gebraucht  wird,  zb.  Plat.  Symp.  214*  irX^ov 
i^  ÖKTU)  KOTuXac  xuipoOvra  (sa  \|iuicTf)pa) ,  Hipp.  mai.  288  ^  tuiv  ££ 
XÖoc  xu'poucdiv  (sc.  xuTpÜJv),  so  dürfte  die  Vermutung,  dasz  an  stelle 
des  ersten  «p^pciv  der  inf.  9aT€Tv  gestanden  habe,  weder  aus  for- 
mellen noch  aus  sachlichen  gründen  ungerechtfertigt  erseheinen, 
von  der  relativen  gerttumigkeit  einer  stadt  gebraucht  xu»p€!v  Thuk. 
n  17  oö  Täp  £x^Pnc€  EuveXdövrac  aÖTOuc  f|  iröXtc,  in  übertragener 
bedeutung  besonders  die  spätere  zeit,  zb.  ev.  Matth.  19, 11  oö  ndv- 
T€c  xuipoöci  TÖv  XÖTOV  TOÖTOV,  dXX'  o(c  b^borat  und  kurz  darauf 
6  buvd^cvoc  xüip€Tv  xu'pcfTui. 

BüDOLSTADT.  KaRL  JVhlüB  LiEBHOLD. 


31. 

ZU  CICERO  DE  PBOVmcnS  CONSVLAETOVS. 


9, 21  tuuspater^  PhiUppe,  nonne  uno  tempore  emnsuisimm^ 
dssmis  in  grabiam  rediit?  quibus  cum  omnibus  eadem  respMka 
reconciUavU,  quae  älienarai,  in  dieser  von  Kajrser  sowie  von  Klotz 
aufgenommenen  lesart  ist  das  uno  Umpore  unverständlich,  dasselbe 
tritt  erst  ins  rechte  licht,  wenn  wir  mit  Umstellung  von  ommbus^ 
das  an  dem  von  den  hss.  ihm  angewiesenen  orte  überflüssig  ist, 
lesen:  iwua  pater^  Phüippey  nonne  uno  tempore  cum  omnibus 
suis  intmidssimis  in  graiiam  rediü?  quibus  eum  eadem  res  publica 
recondUavit^  quae  alienarat. 

Mbtz.  Carl  OnBiasB. 


HWin;  der  perdaellioiiBprocess  dei  0.  Rabirios.  177 

82. 

DER  PEBDÜELLIONSPBOCESS  DES  C.  BABIRIÜS. 


In  der  kette  der  denkwürdigen  Ciceros  oonsnlatsjahr  auszeich- 
nenden begebenheiten  nimt  der  perduellionsprocesB  des  C.  Babirius, 
ivenn  andi  durch  das  interesse  an  demCatilinarischen  Umsturzversuch 
in  den  hintergmnd  gedrängt,  unsere  volle  beachtung  in  anspruch, 
in  verBchiedener  hingeht:  er  erö&et  einen  blick  in  das  römische 
reeUeleben  im  allgemeinen,  indem  sich  an  ihm  als  einem  recht  greif- 
baren beiepiel  die  rechtsbestftndigkeit  selbst  solcher  formen  darstellt, 
welche y  wenn  auch  Ittngst  abgekommen,  dennoch  fortleben  und  ge- 
legentlieh hervorgesucht  ihre  Wirkung  thun,  und  in  die  rechtspraxis 
insbesondere  mit  bezug  auf  das  bei  demselben  angewendete  criminal- 
yerfihren;  den  darsteUer  der  geschichte  beschftftdgt  das  politische 
momeni,  indem  er  in  dem  processe  Caesars  streich  erkennt,  den  er, 
HIB  gegenüber  der  senatsherschafb  die  unverletzlichkeit  der  volks- 
rechte m  betonen,  gegen  die  nobilität  ftthrt;  dem  geschichtsforscher, 
welcher  die  quellen  prüft  und  sichtet,  tritt  die  frage  entgegen,  in 
welchem  Verhältnis  die  erhaltene  rede  Ciceros  pro  C,  Bdbirio  per- 
imMioniü  reo  zu  den  berichten  der  alten  geschieh tschreiber,  beson- 
ders CassinsDion,  stehe;  an  der  lösung  derselben  ist  auch  der  philo- 
log  im  engem  sinne  beteiligt,  welcher  zur  auslegung  des  Ciceroni- 
edien  Schriftstückes  sich  jene  frage  vorlegen  und  beantworten  musz. 

Eine  controverse  hierüber  hat  sich  indes  erst  erhoben,  seit  Nie- 
bahr in  einem  Yaticanischen  palimpsest  den  bisher  fehlenden  schlusz 
§  32 — 38  aufgefunden  und  veröffentlicht  hat  (Cic.  orationum  pro 
M.  Fonteio  et  pro  C.  Babirio  fragmenta  usw.,  Bom  1820).  vorher* 
gmlt  es  fCb:  ausgemacht,  dasz  Ciceros  rede  in  dem  perduellionsprocess 
nach  erfolgter  Verurteilung  durch  die  duumvim  und  nach  eingelegter 
berafang  an  die  centuriengemeinde  gehalten  worden  sei,  welche  vom 
praetor  Metellus  aufgelöst  wurde,  worüber  Cassius  Dion  37,  26 — 28 
ausführlich  erzählt  (vgl.  Ferratius  epist.  1 14  und  Fabricius  zu  Dion 
ao.).  diese  combination  verwarf  nun  Niebuhr  (ao.  s.  69  f.) ,  ja  Dions 
darstellung  selbst  mit  berufung  auf  stellen  der  Cic.  rede :  dasz  es  sich 
nm  einen  multprocess  gehandelt,  zeige  §  8,  und  dasz  das  perduel- 
liottsverfahren  und  zwar  vom  senat  aufgehoben,  §  10  mit  §  32 ,  wie 
der  Verteidiger  auch  nicht  gegen  carcer  und  crux^  sondern  gegen 
exSiium  peroriere;  zwar  habe  Babirius  ans  volk  provociert,  aber  es  sei 
von  Labienus  der  perduellionsprocess  in  eine  multklage  verwandelt 
worden,  nach  analogie  des  vergebens  der  gegen  P.  Clodius  wegen  ver- 
lostes einer  Seeschlacht  klagenden  volkstribunen  (schol.  Ambr.  zu 
(Sc.  er.  in  Clod.  et  Cur,  s.  337  Or.;  s.  Bein  criminalrecbt  s.  482  f.); 
auf  freisprechuhg  durch  das  volk  deute  Sueton  Caes.  12,  und  auf 

^  im  folg^onden  wird  die  kenntnis  des  rechtshandels  (b.  Mommsen 
r3m.  gesch.  IIP  s.  169  f.  Peter  gesell.  Roms  II  s.  185)  und  der  quellen- 
•tollen  vorausgesaUt. 

Jahrbfteh«r  f&r  clMt.  phiIoL  1879  hfl.  3.  12 


178  HWira:  der  perduellionsprocetB  dee  C.  Rabirh». 

Ciceros  mitwirkang  hierbei  Cic.  in  Pis.  4;  es  sei  daher  die  wenn 
auch  sehr  alte  Überschrift  peräueUianis  reo  zu  streichen  und  dafür  tu 
setzen  pro  C.  Bahirio  ad  Quirües.  die  echtheit  dieser  zwar  hielt  auf* 
rechty  teilte  aber  im  übrigen  Niebuhrs  ansieht ,  wenn  ich  ihn  recht 
verstehe*,  Oöttling:  die  Tolksversamlnngen  der  r6m.  repfublik  (Her- 
mes 1826  XXVI  s.  126  mit  anm.  **,  vgl.  gesoh.  d.  röm.  verf.  s.  475), 
indem  er  vermutet,  das  ohnehin  obsolet  gewordene  fudidum  per- 
dudUoniSj  welches  Labienns  deshalb  gewählt,  weil  diese  anklage  mit 
einer  art  infamie  verbimden  gewesen,  habe  CSoero  wol  durch  emene* 
mng  der  lex  Porcia  beseitigt,  daher  Labienus  nur  bedanre  hier  ntcbt 
die  strafe  des  kreuzes  dem  Babirius  zuziehen  zu  können,  und  indem 
er  die  erwähnung  der  mtdtae  irroffotio  (§  8)  mit  derjenigen  de» 
exils  in  dör  weise  zu  vereinigen  sucht,  dasz  er  annimt,  die  muH  sei 
entweder  unerschwinglich  gewesen  oder  würde  den  reus  so  arm  ge 
macht  haben ,  dasz  er  vorzog  ins  elend  zu  gehen. 

Die  frühere  auffassung  der  dinge  verfochten  wieder  Beiff  gescb 
der  r5m.  bürgerkriege  II  s.  278  f.,  Orelli  Cic.  oratt.  sei.  s.  155  n.  im 
Onom.  Tüll.  u.  C.  Babirius,  Drumann  gesch.  Roms  m  s.  163  anm.  3 
sie  machen  übereinstimmend  geltend ,  dasz  nach  dem  ganzen  inhalt 
der  rede  es  sich  um  ein  vergehen  wegen  mordes ,  um  einen  capital 
process,  um  einen  Strafantrag  auf  leib  und  leben  handle.  wShrend 
aber  Beiff  betont,  dasz  einem  auf  tod  und  leben  angeklagten  bflrgor 
exil  freigestanden,  indes  die  Verurteilung  zu  einer  geldstrafe  das- 
selbe nicht  notwendig  nach  sich  gezogen  habe,  denken  die  andern 
an  eine  hftufung  von  capital-  und  multprocess,  und  zwar  Orelli  bo, 
dasz  Labienus  diesen  wegen  derselben  klagepnncte  angestellt  habe, 
weil  er  nach  den  anstrengungen  des  Senats  jenen  von  vom  herein 
verloren  gegeben ;  Drumann ,  dasz  der  mnltantrag  blosz  die  §  7  ff. 
erwähnten  geringem  vergehen,  die  perduellion  den  mord  des  Sutnr- 
ninus  betroffen  habe;  Dmmann  und  Beiff  behaupten  zudem  die  Über- 
einstimmung zwischen  Dion  und  Sueton.  während  Klotz  Cic.  reden 
II  s.  520  ff.  und  Bein  ao.  s.  496  f.  die  streitigen  puncte  bei  seite 
lassen,  versucht  Bubino  Untersuchungen  I  s.  312  ff.  mit  anm.  eine 
Vermittlung  der  entgegengesetzten  meinungen:  an  Niebuhr  lehnt  er 
sich  an  mit  bezug  auf  dessen  bemerkung,  dasz  das  von  Labienus  zu- 
erst beabsichtigte  tudidum  perdueUionis  mit  duumvim  auf  Cioeros 
antrag  durch  senatsbeschlusz  aufgehoben  worden  (§  17);  so  sei  der 
tribun,  dessen  rolle  bei  der  provocationshandlung  in  jenem  verfahren 
als  anklftger  undenkbar  sein  müste,  auf  ein  anderes  milderes  ver- 
fahren ,  das  tribunidsche ,  verwiesen  worden ;  dieses  sei  auf  capital- 
strafe,  nicht  auf  muUae  irrogatio  ausgegangen;  dahin  gehöre  Ciceros 
rede  und  Metellus  auftreten  —  also  die  hypothese  einer  zwiefachen 
klage,  eine  einheitliche  klage,  jedoch  mit  dem  verspiel  von  Verhand- 
lungen vor  Volk  und  senat  betr.  die  einsetzung  des  gerichts,  nahm 
Zumpt  criminalrecht  d.  röm.  rep.  12  6.  387  f.  an :  auf  grund  eines  von 

*  anders  verstehen  ihn  Orelli  und  nach  ihm  andere. 


HWin:  der  perdnellioiuproeefls  des  C.  Babirius.  179 

LibieBQs  eingebraehten  gesetzes,  das  die  wiedereinfühmng  des  alten 
kAqgUeheii  perdoeUionsproeesses  gegen  Babirias  bezweckte,  aber  mit 
bcng  auf  die  strafe  (ftchtang  und  vermOgensverlust)  durch  Ciceros 
bemflben  modificiert  wurde,  sei  die  anklage  durch  den  tribon  vor 
den  donrnTim,  sodann  vor  den  centariatcomitien  unter  Metellus  vor- 
nti  gefllhrt  worden,  wobei  Cieero  die  rede  hielt;  den  anstosz,  der 
kiar  in  der  erwfthnung  der  mtiUae  irrogatio  liegt,  elndiert  er  (ao. 
8. 471  t)  dadurch,  dass  er  sie  nicht  auf  deigenigen  multprooess  be- 
ziehen w^,  um  welchen  es  sich  bei  Gic.  rede  angeblich  handle,  son- 
dtn  inf  einen  gerade  vorher  berührten  (peculat-)faU  eines  dritten. 

Dagegen  fand  Niebuhrs  ansieht  mit  berichtigenden  ausftlhrun- 
g«B  die  biUignng  von  Brückner  leben  Ciceros  s.  210  ff.  und  Lange 
rtm.  alt.  n  484.  508.  III  236:  nachdem  nach  dem  alten  perduel- 
bouprooesa  Babirius  durch  die  duum vim  verurteilt,  die  provocations- 
rerbaadlung  vor  centuriatcomitien  durdi  auflösung  der  versamlung 
iidi^oben  worden,  habe  Labienus  einen  multprocess  vor  tribut- 
MButifln  angestrengt  und  in  diesem  Cicero  jenen  in  der  erhaltenen 
nde  verteidigt,  diee  ist  auch  die  ansieht  Mommsens  rOm.  Staatsrecht 
I B.  137  aam«  1,  welcher  hinzuftigt,  dasz  die  werte  in  der  flberschrift 
pffMliomis  reo  von  den  herausgebem  aus  der  rede  in  Fisonem  irrig 
oDgesetst  seien. 

Der  reyiaion  der  ganien  controverse  und  der  sichtung  der  ein- 
tthen  momente  widmet  nun  Huschkein  seinem  buche  *die  multa 
«ad  das  sacramentum'  (Leipzig  1874),  welches  in  so  viele  partien 
des  rtoiachen  Staats-  und  rechtslebens  licht  bringt,  einen  excurs 
(i.  512 — 633),  worin  et  zuerst  den  rechtsfall  erzfthlt,  dann  die 
idiwierigkeiten  desselben  hervorhebt  und  die  zu  ihrer  beseitigung 
u^esteUten  verschiedenen  meinungen  berichtet*  und  endlich  seine 
eigiM  ansieht  von  der  sache  darlegt.  Huschke  urteilt  wie  Niebuhr, 
deasen  wenn  auch  noch  mit  manchen  Irrtümern  behaftete  ansieht 
Ml  im  ganzen  das  richtige  unleugbar  andeute:  wfthrend  Dions  und 
Saetona  berichte  des  Babirius  wegen  perduellion  durch  duumvim 
erfolgte  Verurteilung  und  nachherige  rettung  von  der  Verurteilung 
teth  das  volk  melden,  und  übereinstimmend  die  Überschrift  der 
Cic.  rede  wie  die  erwfthnung  in  der  rede  in  Piaonem  auf  die  vertei- 
iigQBg  in  diesem  process  durch  Cicero  führen ,  entstehen  durch  die 
Tsde  adbst  erbebliche  Schwierigkeiten,  vier  puncto  sind  es  zunSchst, 
v«lehe  Huschke  hervorbebt: 

1)  indem  Cie.  im  anfang  der  eigentlichen  Verteidigung  des  ange- 
Uagten  gegen  das,  was  ihm  in  diesem  processe  schuld  gegeben  werde 
ttd  was  er  stillschweigend  in  weniger  wichtige  verbrechen  und  in 
^  kaaptbesehnldigung,  die  ermordung  des  Satuminus,  einteile,  zu- 
vftchst  jene  erwfthne,  schliesze  er  die  diesflillige  abfertigung  mit  den 
vortsn  §  8  nam  quid  ego  ad  id  longam  orcUionem  eomparem^  qisod 


'  &  oben  gegebene  berichterstattung  erhebt  in  versohiedener  bin- 
iMfct  aaipraeli  aof  gröeiere  vollstlindigkeit. 

12* 


180  HWin :  der  perdoellioiiaprooesB  des  C. 

e^  in  eadem  muUae  irrogatiane  perscr^umf  huncneesuaeneeaUemie 
pudicUiae  peperdsse?  daraus  gehe  her?or  'da$e  alle  jene  anklagen 
mit  einschlusz  dieser  die  keuschheit  betreffenden  und  so  denn  not- 
wendig  auch  die  letzte  von  ihm  nur  zu  besonderer  erOrtenmg 
in  einer  aUera  pars  (§  9)  aufgesparte,  dasa  Babiriua  den  Satuminas 
erschlagen  habe,  ein  und  derselben  {eadem)  muttoe  irrogaUo  rar 
grundlage  dienten  und  folglich  der  prooess,  in  welchem  Cic.  den 
angeklt^gten  verteidigte,  nicht  ein  perduellionsprocess  war, 
sondern  auf  eine  hohe  geldstrafe  gieng.' 

2)  entsprechend  befasse  sich  die  peroratio  nicht  mit  der  gm- 
samen  strafe  der  alten  perduellio,  sondern  nur  mit  inf  amie  und 
ezil,  der  gewöhnlichen  Wirkung  bedeutender,  die  stelle 
Yon  capitalanklagen  vertretender  multprooesse. 

3)  die  ftuszerungen  §  10  und  17  nebst  der  dazwischen  liegen- 
den ansfUhrung  zeige,  dasz  der  perduellionsprocess  auf  Cic,  betrieb 
damals  schon  beseitigt  war. 

4)  diese  ausfUhrung  selbst  sei  als  eine  abschweifung  au&ufassen, 
die  den  zweiten  teil  der  Verteidigung  —  üiam  aUeram  partem  de 
nece  Saiumini  §  9,  vgl.  18  —  einleite. 

Hiervon  sind  die  drei  ersten  puncto  schon  von  Niebuhr,  freilich 
nicht  eindringend  genug,  verwertet;  mit  dem  vierten  wird  dem  ein- 
wand Orellis  (s.  o.)  begegnet  zu  diesen  werden  noch  drei  puncte 
geltend  gemacht: 

5)  nach  §  25  spreche  Cicero  auf  dem  forum,  hier  aber  finden 
gerade  regelmftszig  die  tribusversamlungen  statt,  vor  welche 
die  multanklagen  gehörten,  wogegen  die  perduellionsprocesse  murin 
centuriatcomitien  auszerhalb  der  stadt  —  gewöhnlich  auf  dem  Mars- 
feld  —  abgeurteilt  werden  konnten. 

6)  die  ganze  rede  setze  die  anklage  durch  Labienns  ?or- 
aus,  im  provocationsgericht  des  perduellionsverfahrena  würden  sie 
die  duumvim  geftthrt  haben. 

7)  die  ganze  rede  mttste  von  dem  abnormen  und  ungeheuer- 
lichen des  Verfahrens  ausgehen  und  dahin  zurückkehren,  wenn  die 
Voraussetzung,  sie  sei  im  perduellionsprocess  gehalten,  zutreffend 
wäre. 

Von  diesen  puncten  unterstützt  der  7e  den  4n,  den  6n  hat  schon 
Bubino  hervorgezogen,  der  5e  wird  von  Huschke  zuerst  als  bedeut- 
sames argument  ins  feld  geführt,  vgl.. Brückner  ao.  s.  213  anm.  2. 

So  gewinnt  Huschke  zu  dem  von  Dion  und  Soeton  bezeugten 
perduellionsprocess  mit  duumvim  in  zwei  Stadien  einen  zwei- 
ten neuen  process,  einen  tribunicisohen  multprocess,  der  als  der 
letzte  ausULufer  des  ganzen  processuntemehmens  nach  dessen  übri- 
gem mislingen  von  Labienus  auch  formell  noch  angestellt  ward,  und 
der  vf.  denkt  sich  mit  besiehiuig  auf  die  geschichte  diesw  eriminal* 
procedur  überhaupt  den  hergang  folgendermaszen ,  worauf  hin  die 
sämtlichen  quellenzeugnisse  in  einklang  gebracht  werden,  ein  von 
Labienus  trotz  des  Widerstandes  des  senata  durchgebrachtes  plebiscit 


HWin:  der  perduellioiiBprocess  des  C.  Rabirius.  181 

gebot  die  abhaltong  eines  perdtiellionsgerichtes  über  Rabirius  (Dion 
e.  S7, 1.  Snet.  ao.  Cio.  pro  Bah.  38  und  überhaupt  14  ff«,  bes.  17)  — 
abgesehen  von  duumviralem  oder  tribunicischem  yerfahren ;  Cicero 
gelang  et  wahrscheinlich  durch  ein  senatusconsnlt  wenigstens  die 
strafe  dee  dnumviralen  Verfahrens,  welches  Labienus  und  seine 
partoi  Tonogen,  überhaupt  was  auf  die  todesstrafe  gieng,  zu  besei- 
tigen und  dafür  das  recht  der  spfttem  perdueUio  zu  substituieren 
(Cic.  tu  Pis.  4.  pro  Bah.  10.  17);  die  centuriatcomitien ,  an  welche 
der  dnreh  den  spruch  der  duumyim  yerurteilte  proTOcierte,  wurden 
durch  Metellus  vor  der  abstimmung  aufgelöst  (Dion  c.  27,  2.  28,  4) ; 
Labienus  yerzichtete,  wol  zudem  durch  eine  neue  niederlage  im  senat 
{GcSah.  32)  wie  durch  die  umstimmung  des  Tolks  (Suet.)  bewogen, 
anf  die  weitere  Verfolgung  dieser  processart,  obwol  formell  eine  ver- 
tagong  der  abstimmung  denkbar  oder  die  emeuerung  des  processes 
in  fonn  der  tribunioischen  perdueUio  zulässig  war  (Dion  c.  28, 4),  und 
▼erlegte  sich  auf  die  tribunioisehe  multanklage;  dabei  war  der  üibun 
foradl  nnabhttngig  vom  senat;  er  leitete  die  hier  eintretenden  tri- 
bateomitien,  durch  deren  spruch  er,  da  er  ohne  zweifei  eine  uner- 
sdiwingliche  multsumme  irrogierte,  materiell  dasselbe  erreichte,  was 
er  mit  der  perduellionsklage  gewollt,  infamie,  exil  und  vermögens- 
▼•rloat  des  angeklagten  (Oic.  Bäh.  6 ;  Dions  worte  28,  4  schlieszen 
die  anstellung  eines  ganz  neuen  processes  nicht  aus),  die  schwierig* 
kmt  betr.  die  Überschrift  der  Oic.  rede  hebt  der  yf .  also ,  dasz  er  die 
mUgtichkeit  einer  einschwftrzung  derselben  durch  die  absohreiber 
WBOB  der  Pisoniana,  wo  Cic.  seine  ganze  politische  thfttigkeit  in  dieser 
saehe  umfasse,  nicht  ausschlieszt,  aber  auch  die  andere  zugibt,  dasz 
aie  Cic.  mit  rücksicht  auf  das  materielle  des  ganzen  falles  und  abge- 
sehen von  der  neuen  phase  selbst  gewählt  habe ,  zumal  da  die  rede 
hOchet  wahrscheinlich  nicht  am  comitialtage  im  entscheidenden  ter- 
mine,  sondern  gegen  eine  vorläufige  anklage  in  einer  contio  gebalten 
worden  sei  (vgl.  25  mit  11.  6.  9.  17  f.  38),  wo  es  dem  tribun  nach 
ptieedenzföllen  immer  noch  freigestanden,  die  muUae  irrogatio  auf- 
zugeben und  zur  perdudlio  zurückzukehren. 

So  weit  Huschke,  dessen  ansiebt  wir  eingebender  referiert  haben, 
weil  die  folgende  erOrterang  beständig  auf  dieselbe  rücksicht  nehmen 
soll  als  auf  diejenige,  welche  alles  was  denkbarer  weise  für  Niebnhrs 
mainung  vorgebracht  werden  mag  in  betracht  zieht,  im  folgenden 
werden  wir  den  versuch  machen  die  unhaltbarkeit  dieser  ansieht  und 
die  Unzulänglichkeit  der  dafür  vorgebrachten  beweismittel  darzu- 
tfann;  das  ergebnis  deuten  wir  zum  voraus  an:  es  ist  die  bestätignng 
der  Bnbinoschen  auffassung,  wie  sie  sich  uns  in  zwingender  weise 
aus  der  auslegung  der  quellen  herausstellt,  wenn  aber  gelegentlich 
gewisse  einzelzüge,  wie  sie  Niebuhr,  Zumpt,  ja  Huschke  selbst  auf- 
gefunden, in  der  ausfühmng  wiederkehren,  so  möge  man  darin  nicht 
eine  verquickung  oder  contamination  der  entgegengesetzten  ansich- 
ten,  sondern  lediglich  das  folgerichtige  ergebnis  des  eingeschlagenen 
virfefanns  sehen,   der  gang  der  Untersuchung  wird  der  sein ,  zuerst 


182  HWirz:  der  perduellioneprocesa  des  C.  Babinns. 

die  hauptquelle,  das  authentische  actenstück  eine»  mit- 
handelnden,  Ciceros  rede,  nach  allen  seiten  yorarteüafrei  — 
nicht  aus  den  berichten  der  sptttem,  sondern  zunfichst  aus  sich 
selbst  und  aus  dem  autor  —  zu  erkl&ren,  sodann  aus  den  prioe- 
denzfftllen  der  criminaljustiz  das  nötige  zur  erklärung  der  proce- 
dur  beizubringen,  dann  erst  das  so  gewonnene  resultat  mit  dem  ein- 
gehenden berichte  Dions  und  den  gelegentlichen  notizen  an- 
derer in  Verbindung  zu  bringen,  um  schlieszlioh  den  verlauf  des 
ganzen  handeis  durch  zusammenfassen  der  gewonnenen  einselzQgQ 
zusammenhSngend  darzustellen« 

Die  Worte  perdudU/cmis  reo  in  der  landläufigen  ttberschiift  dar 
rede  dürfen  wir  von  vom  herein  als  yoUgttltiges  Zeugnis  für  die  be- 
schaffenheit  des  procesefiiUes  nidit  verwerten,  abgesehen  von  dem 
durch  Niebuhr  und  die  anhänger  seiner  ansieht  ausgesprochenen  zwei- 
fei an  der  echtheit:  darum  weil  nachweislieh  und  bekanntermasien 
auch  sonst  die  Uberliefiorten  Überschriften  nicht  immer  authentisch 
sind,  wie  zb.  die  der  Catilinarisohen  reden  (s.  Halms  ausgäbe  s«  20). 
Gic.  selbst  erwfthnt  seine  Verteidigung  des  Babirias  an  drei  stellen, 
in  der  au&ählung  seiner  samlung  der  consularreden  ad  AU.  11 1, 3  be- 
gnügt er  sich  mit  der  bezeichnung  guarta  pro  Bäbirio;  es  ist  indes 
wenn  auch  nicht  zweifellos,  doch  höchst  wahrscheinlich,  dasz  damit 
unsere  rede  gemeint  ist,  wie  dies  Huschke  selbst  s.  528  anm.  30  bes. 
mit  rücksicht  auf  die  schluszworte  {a  vohispäa  qu/oesoque^  mi  hamc 
meam  defensionem  pro  amici  pericido  fiddem^  pro  re» pubUcae  aaUe 
conaularem  puietis,  vgl.  §  2)  ausftlhrt.  ebenso  unverfibiglich  ist  die 
erwfthnung  im  Orator  §  102  ins  omne  rdinendae  maietUäis  Babthi 
causa  continebaiur^  ergo  in  omni  genere  ampiificatümia  exarsmus^ 
vgl.  die  rede  §  2.  20  ff.  bezeichnender  ist  die  stelle  in  Pis.  4,  wo 
er  dem  gegner  gegenüber  seine  consularische  Wirksamkeit  rechtfer- 
tigt, aber  rhetorisch  gehalten:  ego  in  (7.  Babirio  perdudlionia  reo  XL 
annis  ante  me  constdem  interposiUim  senaius  aucU>riiatem  sustium 
contra  invidiam  atque  defendi\  die  sache  wftre  entschieden,  wenn 
Cic.  sich  ausdrückte  in  0.  Babmo  perdueUionia  reo  defendendo 
usw.;  aber  wenn  auch  dieses  wort  fehlt,  scheint  mir  doch  mit  rück- 
sicht sowol  auf  den  übrigen  zusanunenhang  als  auch  mit  combination 
der  zwei  andern  Zeugnisse  dies  die  natürlichste  auslegung  zu  sein* 
denn  worin  war  die  autorität  des  Senats  bedroht?  darin  dasz  Ba- 
birius  w^en  der  auf  seinen  beschlusz  hin  erfolgten  töinng  des 
Saturninus  in  anklagestand  versetzt  wurde;  durch  den  zasatsj'er- 
dueBionis  reue  wird  die  prooessform  selbst  näher  bezeiohnei»  es  ist 
daher  die  von  Huschke  s.  523  anm.  22  statuierte  Wahrscheinlichkeit, 
es  beziehe  sich  die  erwähnnng  in  der  Pisoniana  auf  eine  rede  im 
Senat,  in  folge  deren  die  prooessform  abgeändert  worden  sei,  also  auf 
die  §  10.  17  der  rede  angedeutete  beseitigung  der  königlichen  per- 
dueUio  (s.  o.  8.  181),  eine  höchst  geringe,  also  scheint  man  prftsn- 
mieren  zu  dürfen,  dasz  die  Überschrift  unserer  rede,  mag  sie  von 
Ciceros  oder  von  anderer  hand  sein,  das  richtige  trifft,  dasz  dieredO) 


HWin:  der  perdaellioiuproceBa  des  C.  BAbiriua«  183 

■it  waldber  im  pardnellioiisprooess  Cieero  den  Babirios  Terteidigfe 
M,  die  in  frsge  stehende  iat 

C.  Babirios  war  angeklagt  den  Satnminas  erschlagen  zu  haben 
(18  mpris  oedeum  esse  a  C.  Rahirio  Saiummum  nsw.)*  der  ansüfter 
te  ptpeeasee  war  der  volkstribnn  T.  Labienns  (33  qui  auctor  huhns 
M^  ^  ▼gl- 11*  13);  dtts  Terfifthren  das  er  snnächst  einsohlug  war 
die  aatiqnierte  perdnellio  aas  der  königszeit  (10  de  perduMams 
tMÜcio,  15  omnes  ei  swppUdcrum  ei  verhorum  acerbüaUs  .  •  ex  anna" 
Khs  wmmmmiBBMtk  atfue  ex  rtgum  eommmtarns  conquisiierü^  ygL  13). 
daich  sprachen  nadi  summarischer  Terhandlong  dnomTim  ohne  mit- 
wirkoag  des  Tolkes  das  nrteil  (12  Ate  poptitorts  a  ämmioms^  ifiimssu 
vako^  mm  mdkari  de  dve  Bcmamo^  sed  indicta  causa  ckfem  Bonuh 
mm  eapäis  ctmdemnari  eoegU)]  dasselbe  vollsog  der  henker;  die 
iMe  bsstand  in  krensigang  nach  yorangegangener  peitsohong  (11 
qmeisSbusBotmaimsm  cofUkme  %psa  earmficem  [vgl.  15],  qui  vimada 
sMeri  puias  apartere^  qui  in  eampo  MariiOj  oarnUHs  oentmiatis^ 
mufioBks  m  loeo  enteem  ad  dfrimn  sußpUdum  defigi  ei  oonsMm  iaibes. 
li  kie  ßageBa  rsiMä.  13  erudakts  carmina:  i  Uäar^  conUga  numus 
• .  csfiä  chmubUöi  arbori  infeUd  suspendOoi  vgl.  16,  wo  nen  der 
Mcw  srwtknt  wird),  da  in  sttmiliohen  stellen  der  henker  in  ▼er' 
biadoig  mit  forum  und  cofUiOj  der  campus  Martms  als  stelle  des 
btises  genannt  wird,  so  haben  wir  nns  die  ezecntion  wol  so  zu  den- 
ko,  dsss  die  aweimfinner  anf  dem  marktplats  pro  tribunali  In  gegen- 
wt  der  eofilio  den  sprach  ftllten,  den  von  ihnen  verorteilten  ge«» 
bsadsB  der  lictor  dem  anwesenden  henker  überantwortete,  dass 
dieMr  hernach  ans  dem  gefibignis  den  delinqoenten  am  haken  zam 
Masfeld  sdileiftc,  hier  geiszelte  and,  nachdem  er  ihm  das  haapt 
TCfkUllt,  am  kreas  befestigte,  diese  prooedor  wurde  durch  Cioeros 
bewitigt  (10  de perduManis  fudteto,  qmd  a  me  sMaium 
sdes  m  .mein canemUgiu meo carnificemdeforo,  crucem 
dr  ssnpo  jMsMasse.  11  c|^  ^  funesiari  osw.  15  ^  « .  resOierim 
nyMüfäu  17  proßeor  ..ieexiüa  entddi^  inparkma^  non  iribunieia 
sdism  ssd  regia  meo  consiUo  virtute  audorUaie  esse  depidsum)*  darin 
•hs  smd  wir  mit  Kiebuhr  und  den  andern  einig,  dasz  in  diesem 
pwdisllionsprooess  mit  der  in  frage  stehenden  rodle  Cicero  den  Ba« 

Hon  sog  Labtenus  die  saehe  vor  ein  Yolksgeridht,  vor  welchem 
er  Silber  die  klsge  flihric;  als  pers5nliehes  motiv  madite  er  anch 
^smms  seiner  lamilie  geltsnd,  dasz  mit  Satnminas  sein  oheim  Q.  La- 
^ms  OBgekomnien  sei  (14  paiirui  tui  mors  •  •  Labiemts  isiepairum 
*9ter*  fuisquis  fmt  [vgL  18].  20  addam  . .  eodem  Q.  Labiemm^  pa- 
^mm  hmm.  23  de  pairuo  tuo.  ebd.  fkiä  vester  patruus^  22  pro- 
fiofd  fesM,  equOes  Bomam).   in  eine  von  ihm  Teranstaltete  contio 


des  vetter,  das  Ernesti  bemängelte  und  nach  ihm  Kayser 
*^  vvtdt  streieht,  nü  Hnschke  s.  626  anm.  24  an  die  mitwirknng  eines 
^•o  odsr  gteehwisierkindes  als  College  oder  sabsoriptor  sa  denken 
ittgaat  sonSttg. 


184  üWin:  der  perdaellioiitprocesB  des  C.  Babiiiut. 

auf  dem  forum  brachte  er  das  bild  des  Sa^uminuB  mit  (26 
istam  imagmem  [L.  8atumim\  in  rastra  aique  in  eonüonem  aäw- 
Usses)]  als  yoraitsender  verstattete  er  dem  einen  Terteidiger,  Cicero, 
nur  eine  halbe  stunde  zum  werte  (6  me  .  •  in  semihorae  dreukm 
ooegisii^  vgL  9.  17.  38);  vor  diesem  hatte  Hortensius  gesproeha 
(18  Q.  Hortensio  capiosiesime  defendetiie)^  und  zwar  über  das  einge- 
klagte vergehen  selber;  Cic.  verbreitet  sieh  über  den  politisehea  ge- 
sichtspunct  des  ganzen  fialles  (s*  o.  s.  182). 

Bine  reihe  anderer  punote,  welche  der  kläger  ausser  dem  eigtat- 
liehen  gegenstände  des  prooesses  zur  spräche  gebracht  hatte,  fertigte 
dieser  desultorisch  ab ;  diese  betrafen  entweihung  heiliger  stfttieD, 
Unterschlagung  und  brandstiftung,  ermordung  eines  sohwoatersohoeSt 
Sklavenraub,  Vergewaltigung  rOmischer  bfirgeri  vergehen  gegen  die 
Sittlichkeit  (§  6.  7.  8).  im  Zusammenhang  mit  diesen  eingeklagten 
vergehen  erwähnt  nun  der  redner  die  muUae  irrogaüo,  und  —  stellen 
wir  gegenüber  Huschke  (s.  o.  s.  180  f.)  fest  —  lediglieh  mit  bemg 
auf  diese,  hierin  hat  schon  Drumann  ao.  das  richtige  gesehen,  in- 
dem er  sagt:  *sehr  bestimmt  unterscheidet  Cic»  §  3  die  geringeren 
veigehen,  welche  der  antrag  auf  eine  geldstrafe  betrifft,  von  dem  ver- 
brechen des  hochverraths:  nam  quid  ego  usw.  Hüam  aUeram  VBir* 
(s*  0.  B.  180).  wie  sollte  hier  eadem  auf  etwas  gehen  können,  was 
erst  nachher  genannt  wird?  eine  solche  annähme  wideiBtreitet  aller 
gesunden  Interpretation;  einzig  auf  das  vorhergehende  kann  damit 
rücksicht  genommen  sein ;  hat  doch  der  redner  das  haaptveigehen 
tlberbaupt  noch  nicht  namhaft  gemacht,  ich  eig&nze  also  zu  eodem: 
qua  perseriptum  est^  looa  rdigiosa  ah  hoc  violata  ease^  jMetifafM» 
fadum  d  tabidariium  inoensum^  sarims  ßkun  necatumj  aervoa  nHkM 
reUntoSf  cives  Somimos  vetberqtoB  et  neoaios. 

Dagegen  iKszt  die  peroratio  (§  36.  37)  darauf  s<ddiesien, 
dasz  der  strafantrag  des  klfigers  auf  exil  und  Infamie  gieng;  dass 
er  das  oaput  des  angeklagten  bedrohte,  zeigen  andere  stellen  (86  eodm 
erimine  in  mmmum  periculum  capitis  arcessoB?  nam  9%  C.  Sahims 
fraudem  eapikdem  admieit^  quod  arma  contra  Saturmnum  hdd  asw. 
[vgl.  Bein  cnminalrecht  s.  1 1 5].  31  capitis  C.  Babürii  nomiine  eUantur). 
von  vom  herein  ist  jeder  gedenke  daran  auszusohlieszen,  daez  capital* 
anklage  mit  muUae  irrogatio  verbunden  gewesen,  als  unvereinbar  mit 
dem  reohtsgrundsatz,  den  Cic.  de  domo  sua  45  geltend  macht:  ut  ne 
poena  capitis  omn  pecunia  cotmngatur  (Huechka  s.  214.  520) :  hätte 
Labienus  versucht  densdben  für  diesen  £aU  umzustoezen,  so  würde 
der  Verteidiger  nieht  ermangeln  dies  tadelnd  hervonnheben.  aber 
ebenso  unstatthaft  ist  der  avalegungsversuch  Husehkes  (s.  o.  s.  IdO 
und  181)^:  da  der  multprocess  das  exil  zur  folge  habe,  so  könne 
derselbe  auch  causa  capitis  heiszen.  denn  wenn  zugegeben  werden 
musz,  dasz  die  muUae  irrogatio  nicht  notwendig  das  exil  nach 

*  ähnlloh  Lange  röm.  alt  III 1  s.  236:  der  anadrack  rems  empOU  sei 
mllaaig,  da  bei  eiaem  maltproceas  indireet  aaeh  daa  capiä  Mif  dem 
spiel«  gestanden  habo. 


HWin:  der  perdaelliaiitprooew  de«  C.  BabirioB.  185 

neb  wog  «ad,  wenn  die  midi,  eie  mochte  noch  so  hoch  sein,  erlegt 
wvde,  die  eiTitit  sieht  vertoren  gieng,  dass  aber,  wer  ihr  durch 
Mviügee  eiil  aot  dem  wege  gieng,  also  ent  mittelbar  selbst 
äeb  d«  bOi^gerreehts  und  des  mrttekgebliebenen  Vermögens  begab, 
10  bOiIri  wir  an  Cieeros  fthigkeit  sieh  dentlich  und  wirksam  ans- 
nMeksBiirs  werden,  sollte  er  schlechtweg  von |pertoi42tim  copi- 
tif  rete,  lediglich  gegen  exSmm  perorieren,  ohne  über  die  exor- 
büaate  aalt  sich  aossnlassen,  die  den  moltprocess  zu  einem  capital- 
•tsmple,  wodnrdi  auf  die  geldstrafe  die  capitalstrafe  gehftnft 
die  hin  Weisung  auf  die  thatsache,  dasz  eine  verarteilung,  die 
isfsaie  tnr  folge  hat,  poena  eapUia  heisze  (Hosehke  s«  616  anm.  14), 
bn  lioht  gegen  unsere  anl&ssung,  dase  Labiemw  auf  vom  relks- 
gwiehi  aosaspreehende  lehtnng  (vgl.  Znmpt  crinu  proc.  s«  466  ff.) 
aagstiagea,  beweisen;  die  fiage  aber,  ob  irrogierte  mult  an  sich  in-* 
fwRend  sei,  bei  seüe  lassend,  die  Husehke  s.  t44  f.  bejaht,  wdr* 
te  wir,  disa  sogar  vorausgesetst,  immerhin  eine  bedehung  von  die« 
MT  ansehe  aof  die  betrefßmde  Wirkung  erwarten;  aber  es  ittsst  sich 
tekaipt  an  der  schlnssstdle  nicht  die  geringste  andeutung  auf 
wfogatio  entdecken. 
Aas  den  im  eiordium  hinwiederum  gebrauchten  anadrficken 
don  knraen  disorwnen  copjto  §  3  —  vgl.  Paulus  in  §2  Dig.de 
pshL  iad.  [48,  1]  eaytfoMa  wmU  [whKm],  ex  qmtuspoena  mors  amt 
odissi  4H  —  ▼ollstiDctiger  §  6  dmieaUo  capitis  famaa  fariumantm- 
m  eoMMM»,  desgl.  §  1  mit  defemio  —  vüa  BabkU  . .  in  hamhris 
fvtimy  TgL  das  swar  allgemein  gesagte  misera  ed  ignomma  fudi* 
otni  jwiMicwrMW,  intsera  midMio  homontm^  miserum  e9D0itim  §  16) 
ckBt,  dsei  an  ezil  und  inlamie  noch  ▼ejpnOgensverlust  (vgl.  Husehke 
>*S4S)  treten  sollte,  ee  wire  wiederum  unerklärlich,  warum  Gic 
^f  wo  er  friach  den  fall  sn  besprechen  anhebt,  nur  die  mittelbare 
WfB  dsr  mult  andeuten  sollte,  anstatt  die  sadie  gleich  beim  namen 
a  aonen,  wnrum  er  nickt  von  der  'unerschwinglichen*  mult  ein 
*nt  ipciAt,  die  den  angeklagten  um  bfli^rrecht,  guten  namen, 
'■isggM  briagm  mflsse,  um  ein  Tcrmögen,  welches  sogar  unter 
^  beirag  der  irrogierten  mult  stehe. 

Wir  Tenttrben  unsem  beweis,  welcher  der  natur  der  sache 
ndi  Bor  indirsct  gefllhrt  werden  kann,  durch  bemfung  auf  Cieeros 
fixtgelnamh  und  gewohnheit  mit  den  in  rede  stehenden  aus- 
kkSktm,  ummapringen.  wir  wählen  zunflchst  die  rede  für  Quinctins, 
*^  äs  auf  den  ersten  fluchtigen  blick  eine  handhabe  gegen  uns  zu 
^■tm  seheint,  obwol  in  einer  causa  private  sprechend  behauptet 
^  taehwalter  seines  dienten  oopii^  fanuim  foriunasque  zu  vertreten 
^  §  8  mit  §  1  u.  r.);  in  allen  möglichen  tonarten  bespricht  er 
^^i«  uB^Odi:  es  han^e  sich  um  dessen  copui  31.  32.  40.  44.  46. 
71-  72. 95;  mp¥t  fortmnaegue  94;  fama  30;  fama  et  eaMimatio  50; 
'"•e  farhmacque  38;  lona  fama  fortunaegue  omnes  59;  fortunae 
^n.95'^  vitaB,  vüaei  sanguis  39.  46,  vgl.  43.  60.  94;  in 
flberMhwinglichkeit  geht  er  sogar  so  weit,  denselben  als  exi- 


186  BWira:  der  perdaellionsprooess  des  C.  Babirios. 

liert  hinzQBtellen:  43  quid  igüur  puffnas?  an  ne  in  ckniate  sU  qbw.; 
^^  8%  est  hamini  honesta  locus  in  anniate'^  doch  der  sdhlius  (§  98; 
▼gl.  sowol  hierüber  ak  ttber  den  ganzen  handel  JFrei:  dw  rechts- 
etreit  zwischen  P.  Qoinctius  und  8.  Naevias,  Zürich  1853,  zanftchat 
8.  15.  37)  zeigt,  dasz  dem  Qainctius  zwar  verluat  der  bfligerehre 
und  dee  ganzen  yermögens  droht,  aber  weder  leiblicher  noch  bfirgor- 
lieber  tod  im  ganzen  umfang,  dasz  nun  durch  jene  einbnsze  du 
Caput  im  eigentlichen  sinne  nicht  betroffen  wird,  sagt  Cic.  selbst 
deutlich  in  der  rede  pro  Q.  Bosäo  16  st  qua  sunt  privata  niäkia 
summae  existimationis  et  paene  dicam  capiüs^  tria  haee  sunt  fidu^ 
ciae  tutdae  sooietatis  (vgl.  Liy.  II  52,  5.  Lange  BA.  I  s«  160).  mit 
dieser  hinweisung  soU  nur  so  viel  bewiesen  werden,  dasz  trott  ond 
neben  aller  rhetorischen  Übertreibung  aus  der  im)oes8rede,  lamai 
aus  der  peroratio  das  thatsKchliche  TerhiUtnis  der  processualischea 
momente  sich  unzweideutig  erkennen  läszt,  wie  auch  dasz  Cio.|  wenn 
er  auch  mit  dem  ausdmck  cc^^  zu  spielen  pflegt,  doch  nicht  mit 
dem  begriff  Versteckens  spielt,  anderseits  spricht  Cic  in  der  Ver- 
teidigung des  Cluentius  wegen  giftmord  von  des  dienten  perionhm 
capUis  (186  vgl.  195),  seinem  bedrohten  leben  (195  vgL  200  f.)  und 
existenz  (196  de  umus  munidpis  fortums*)^  von  dem  ausschlasx 
aus  der  vftterlichen  grabstfttte  (201  fitors  sqndaro  patris  pnoaia\, 
ganz  wie  in  den  frttherhin  angeführten  stellen  unserer  rede,  noch 
sprechender  ist  die  fthnlichkeit  der  schluszworte  der  reden  pro  SuBä 
(89)  und  pro  Müone  (101  und  104)  mit  der  peroratio  der  Babiiiana, 
besonders  was  den  passus  über  die  grabstelle  betrifiL  in  den  e^ 
wähnten  drei  criminalfäUen  nun  traf  den  oondemnierten  aquae  ä 
iffnis  kUerdictio:  sollte  nun  der  redner  vor  einem  muUa  irrogata 
bestätigenden  volksgericht,  welche  eventuell  ins  ezil  führte,  wenn 
nemlich  die  mult  nicht  erlegt  werden  konnte,  genau  ebenso  was  die 
strafe  betrifft  sich  äuszem,  wie  vor  dem  die  gesetzlich  geforderte  fich- 
tung mit  dem  schuldig  aussprechenden  gesohworenengerichi?  sollte 
«r  nur  die  mögliche  folge  jener  berücksichtigen,  mit  keinem  werte, 
keiner  andeutung  die  sache  selbst,  von  deren  folge  er  spricht,  be- 
rühren? 

Indem  wir  vcm  dem  einwand,  der  allen£zlla  noch  erhoben  wer- 
den könnte,  wegen  der  lückenhaftig^eit  des  Schlusses  unserer  rede 
sei  der  streitpunct  nicht  zu  entscheiden,  als  irrelevant  absehen, 
£ftssen  wir  das  ergebnis  unserer  beweisfüfarung  dahin  zusammen, 
dasz  Cicero  den  Babirius  als  perdudUonis  reus  in  einem  volksgericht 
wegen  tötung  des  Satnminus  gegen  den  Strafantrag  des  klagenden 

*  für  diese  bedeatnng  des  plur.  fortunae  geben  dio  wörterbQcber 
das  nötige  nicht,  aneh  Seyffert-Mflller  zu  Cia  itoel,  s.  489  reicht  nicht 
aaa ;  belege  für  dicaelbe  ib.  pro  QidmeHo  46  pouumm»  aliqumndo  depomtu 
ondM  sln0  perieulo  forimnanm  de  re  peeunimia  diäoeptäre  und  andere  der 
oben  angeführten  atellen;  pro  SRotcio  5  pro  eapite  ei  fortunii^  TgU  S  7 
peto  ut  peeufUa  forturä$que  nottrii  eonienhia  tii,  »angtdnem  et  viiam  ne  petat: 
pro  Flaceo  2  perieuk/m  flfrtunU^  nnd  gleich  nachher  pemteies;  eo  auch  in 
§  6  wuerer  rede  in  hominis  fortunk  .  .  in  rei  pttbHeae  ealuU, 


HWixs:  der  perdoellionsprocets  des  C.  RaVirina.  187 

toBoftrihnuB  riabienMS  auf  exil,  infamie  and  einziehiing  des  yer- 
wOgam  vertaidigfe  habe,  wie  nan  damit  die  in  anderem  zusammen- 
hmg  «rtrtarte  wmUae  inogaiia  xu  vereinbaren,  davon  später;  znm 
fonos  aar  die  aadeutong  daes,  da  thatsftehlich  ein  conears  von  ver- 
gebsB  seitfliis  Mnee  angeklagten  vorliegt,  vielleicht  die  analogie  des 
KkwmgeriohtUohen  verfahrene  beiznsiehen  ist,  wonach  die  einielnen 
TOfefasn  an  Terachiedene  gerichtahOfe  gewiesen  waren  (vgL  Bein 
cnniiialreeht  s.  246  ff»,  der  swar  unsere  stelle  citiert,  aber  die  sdiwie- 
rigbit  übergeht,  OsenbrOggen-Wirz  zu  Cic.  Mil.  einl.  s.  35),  so  dass 
&  eoaeaiTenz  des  moltiMrooeaees  vor  tributcomitien  wegen  jener 
MbcBsIdiliehan  vergehen,  und  des  perdoellionsprooesses  vor  oen- 
taiiiteeBitieB  wegen  des  capitalverbrechens  nicht  von  vom  herein  zu 
te  proeesiBaliaehen  nnmdgliohkeiten  gehören  dflrfte,  wie  Hnachke 
s.  6)0  mit  bemg  anf  die  freilich  unvollkommen  entwickelte  ansieht 
DraeiBBS  meinL  hiermit  gehen  wir  dazu  Aber,  an  band  der  aber« 
iMisrtcB  perdndlionsprocesse  zur  belenchtong  unseres  fedlee  das  ge* 
hthfliehe  verfahren  seibat  nfther  zu  besprechen. 

Der  ilteaie  perduellionsprocess,  von  dem  wir  künde  haben,  zu- 
gsäck  der  eiBsigo  von  welchem  daa  duumviralver&hren  greifbar 
botogt  ist,  indem  derjenige  process,  an  den  die  tradition  die  ent* 
■tebag  der  provocation  knttpfto,  ist  der  bekannte  des  Schwester* 
nMsn  P.  HöratiuSi  welcher  durch  sein  eigenmächtiges  eingreifen 
a  du  nur  der  obrigkeit  zustehende  recht  sich  einer  feindseligen  band« 
^  MW  den  ataat  schuldig  gemacht  hatte.'  für  die  Staats-  und 
finfredrtliche  aeite  des  falles  verwendbare  einzelbeiten  gibt  nur  die 
änkSioig  des  Livius  1 26,  der  wol  aus  denselben  quellen  schöpfte, 
m  welchen  Labienus  seine  kenntnisse  des  antiquierten  verfahrene 
^|>n«8oehte,  aoa  den  sog.  anfzeichnungen  der  könige  und  den  pon- 
^ifrilsmulen  (Oic.  p.  Bob.  15,  vgl.  derep.U  54).  dee  Horatins  ver- 
Is^efea  war  notorisch ;  das  todesurteil  von  seite  des  kOnig-richters 
aibwcndbar  (vgL  Mommsen  STB.  11  s.  9  f.) ;  um  seine  rettung  zu 
«nfi^üehen,  ernannte  dieser  flbr  den  vorliegenden  fall  die  zwei» 
■*Mu  zu  richiern,  die  nicht  umhin  konnten  zu  condemnieren,  von 
^f>ai  tber  dem  verurteilten  provocation  an  das  volk  verstattet  war; 
ikm^  aarlidem  es  anklage  und  Verteidigung  gehOrt,  begnadigte  den 


^  I.  «e  Utieratar  bei  Bein  ao.  s.  464  ff.  bes.  470  und  Sohwegler  BQ.  I 
IJHi  wsttndlieh  Zompl  CBB.  I  1  t.  88  ff.;  vgl.  aasserdom  Monunsen 
tt  I  •.  46ä.  8TB.  I  s.  m  ff.  II  B.  876  ff.,  Becker  handbnch  II  % 
•>  M.  S  a.  148,  Laaff«  BA.  I  s.  276  ff.,  Haschke  s.  186.  187  £.  288  f. 
pl  <<swa  erkläroBg  von  perdnelUo  hier  pUti  finden  möge :  'das  wort 
^^•j^ael  eigeallieh  aicbi  eine  verbreeherisehe  thal,  sondern  einen 
'■Mtthtn  stealknalaad,  die  behandlang  als  ttaatsfelnd,  in  weleben 
^  ^k|«r  wegen  Verbrechens  riohfterUoh  Teisetsi  wird  (s.  179),  nad 
**w  4m  verbfleebeas,  dasa  derselbe  dem  slaat  als  solchem,  also  wie 
fa  otpaieeher  einheit  nrsprfinglieh  in  dem  könig  repräsentiert,  sieh 
{^••ilBade  gegenlber  behauptet,  und  daher  ebenso  wie  rechUioh  ein 
»mim  fslfc  amter  seinem  annhrer  im  kriegsstaade,  sich  th&tlieh  ent- 
"^       t*  (••  IM). 


188  HWirz:  der  perduellionsprocess  des  C.  Babirins. 

a^nldigen.  yergleiohen  wir  nun  Cicero  und  Livins,  so  finden  wir 
bei  beiden  die  daamvim  als  richter  (Liv.  dnaavki  eym  amdemiktt* 
sewt  —  Gic«  a  dmunvwis  .  .  ckfem  Bomainum  capi^c(mäemnan\  ^e 
in  snmmaxisehem  verfahren  aburteilen  (Cic.  indUia  causa  —  Lir. 
qtU  96  ahs6k>ere  nan  rebaniur  ea  lege  ne  imMBkum  guiäem  posst^y 
dagegen  schweigt  Cicero,  wfthrend  Livins  eingehend  die  pro- 
Yocaücnsverhandlung  erzfthlt,  in  rabuUstisoher  absieht,  indem  er 
einseitig  die  yerurteilung  durch  dnumvim  als  ohne  begtfissmig  des 
▼olkes  vollzogen  hinsteÜt,  von  der  zulässigkeit  der  provoestioo, 
zn  welcher  es  ohne  die  aufhebnng  des  processes  (s.  o.  s.  183)  selbst* 
yeretSndlieh  gekommen  wSre  (Liy.  de  pravooaiiome  certahm  adftfpw- 
Iwm  est  -^  Cic.  iniussu  vestro  . .  cattdemnari  eoegU)^  ebenso  ignoriert 
er  den  volksbeschlusz,  welcher  unzweifrihaft  die  emeoerung  diese« 
perdaellionsTerfahrens  für  diesen  fall  anordnete.'  dadurch  wird  aocb, 
wie  in  dem  process  des  Horaüus  der  kOnig  die  dunm\rini  selber  er- 
nannt hatte,  ihre  wähl  nicht  dem  volke  (Liv.  duaviros  .  .  /aoo, 
nachher  duaviri  creaUj  s.  Huschke  s.  188  anm.  117,  Mommsen  ao. 
anm.  2 ;  anders  Zumpt  ao.  I  1  s.  92  f.),  die  provcoationsverhaadlong 
statt  den  curiatcomitien  der  centuriengemeinde  zugewiesen  worden 
sein  (Becker  handbuch  II  B  s.  148  ff.  Lange  BA.  II  s.  467,  Tgl. 
Huschke  s.  164  f.  191  anm.  122);  das  ceremoniell  der  prooedor,  be- 
sonders auch  der  execution,  war  nach  dem  angeblichen  schena  des 

«  beide  stelleo  verleiten  sa  dem  irrtom,  dass  dnreh  dea  attftrt| 
der  perduelUomM  iudicotio  schon  die  condewmmtio  bedingt  gaweies  %A 
wenn  nan  auch  Huschke  einerseits  (s.  624  anm.)  mit  recht  Cicero  de^ 
Sophisterei  und  der  specnlation  auf  ein  misTerst&ndnis  der  menge  be 
nehtigt,  anderseits  (s.  188  anm.  118)  scharfsinnig  des  LlTlns  irrige  auf 
faseung,  ab  liege  in  dem  iudicare  mehr  als  ein  die  strafart  bestimmcB 
des  arteil,  blosalef^,  wie  aach  Mommsen  STR.  II  s.  577  anm.  S  leugne 
dass  die  instraction  der  duümvirn  die  condemnation  gefordert  habe 
so  d&rfte  doch  die  competens  der  daumvirn  erst  durch  <Ue  naheliegend 
Termutung  aufgekISrt  werden,  dass  diese  die  thatfrage  sn  entscheide! 
gehabt  haben,  während  die  erörtemng  und  entaoheidung  der  rechts] 
frage  in  der  provocationsverhandlung  vor  dem  volk  and  dareh  das  vol^ 
erfolgte,  wie  nemlich  des  Horatias  that  notorisch,  so  war  es  die  nuti 
Wirkung  des  Rabirius  an  dem  angriff  auf  Satarninus :  Cicero  p.  R^- 1 
eonfiteor  interficiendi  Satumhd  cau»a  C.  RMrium  arma  cepie»e,  Tgl-  ^*\ 
Yon  [Aar.  Victor]  vtW  UL  73  aufbewahrte  detail:  eafnti  eiug  (Satiirna\ 
RabirUu  guidam  Senator  per  eonvioia  in  bidtbrium  cireumtuHt.  *  der  aiU 
druck  eoeffii  Ittsst  an  eingetretenen  widersprach  denken,  natürlich  to| 
Seite  des  senats,  also  antagonismos  swischen  Tolk  und  senat  und  f><i 
der  tribnnen  durch  ein  plebiscit;  Tgl.  83  is  ^  eueior  kume  imHeä  ed 
17  noH  trUnmieia  aetione  $ed  regia  .  .  quü  tu  in  aetkmt  .  .  oauiM  txemf^ 
matorum^  ömne»  leget  y  omnem  auttoritatem  »enatvs,  amne»  reägionet  ai^ 
aueptdorum  [publ£d\  iura  neglexitti^  wo  Huschke  s.  SSS  anm.  SO  m 
reeht  die  txemola  maiarum  und  leges  darauf  besieht,  dass  man  fi^^ 
stets  Terschm&ht  hatte,  statt  der  gewöhnlichen  anklagen  nach  den  gt 
setien  die  königliche  perdueiHo  cur  anwendung  tu  briagen,  die  ve^ 
achtete  aueftfrtfe»  eenatu»  usw.  aber  auf  die  durohsetsang  des  plebiicil 

Segen  den  willen  des  Senats  wahrsoheialieh  tugleleh  mit  nlehtachtsol 
er  lex  Aelia  und  Fofla  und  des  de  eaeto  eervart»    Tgl.  überdies  Znmt 
ao.  I  2  s,  892,  Mommsen  ao.  s.  676  anm.  1. 


HWin:  der  pardueUionflprocess  des  G.  Babmus.  180 

TbQh  Eoatilias  oopiert;  man  beachte  die  dbereinstimmaiig  der  for- 

Bib  bei  CSeero  und  liviofl. 

Der  dmimYizale  perdaellioiisprooess  wird  noch  eixunal  eirwähnt 
ia  dem  laD  des  M.  If  anliiie  Capitolinos  370/384,  aber  nur  in  einigen 
qoeün,  indes  andore  an  eteUe  der  dunniTim  yolksiribonen  nannten 
(lif.  VI  19  £  Mommeen  ao.  Hntdike  s.  191  anm.  122);  diese  er^ 
i^efaMn  mm»  während  allein  in  dem  proeess  des  Sp.  Cassias  Yecel- 
ÜBV  269/485  die  qnaestcHnen  auftreten,  seit  278/476  ständig  ak  die 
i^ilgfr  in  perdndlionsprooessen  (Hnschke  s.  170  anm.  78.  186. 
191);  imd  zwar  entwickelt  sich  diese  tribnnicische  perduellio 
adaem  swiefaehen«  parallel  verlaufenden  yer&hren,  der  eigentlichen 
opitüen  pexdodlio  mit  centnriatcomitien  einerseits,  und  dem  mnlt- 
pcoeess  mit  tribntoomitien  anderseits,  hierftber  hat  erschöpfend  im 
Ss  espitel  des  mefarerwähnten  bnches  Husohke  gehandelt,  dem  es 
Tawßgp  seiner  omtesenden  gelehrsamkeit,  sdiarfen  Urteilskraft  und 
giliiandett  oombinationsgabe  in  mancher  beziehung  gelungen  ist,  die 
is  dieser  mafterie  TieUach  herschende  Verwirrung  zu  zerstreuen,  wenn 
«eh  nicht  alle  seine  aufstellungen  gegen  jedes  bedenken  gesichert 
«MhniMn  mOgen.  ich  fasse  die  ergebnisse  seiner  Untersuchung  zu* 


Ton  der  ansdiauung  ausgehend,  dasz  die  plebs  als  neubfirger- 

mUI  mit  dem  geschlossenen  staat  der  politisch  bevorrechteten 

fänkt  vorerst  nur  in  einem  losen,  mehr  militärisch- Völkerrecht- 

fi^ca  sIs  inaeriich-staatsrechtlichen  verbände  stand,  entwickelt  er 

SU  der  notwendigkeit,  frevel  eines  angehOrigen  des  patricierstaates 

«  der  plebejischen  gemeinde  zu  ahnden,  die  entstehung  einer  ge- 

nditliehstt  form,  in  der  die  beleidigte  plebs  genugthuung  verlangte 

od  eihieU;  dieselbe  leitet  er  ab  aus  der  geschichte  des  processes 

^  C.  (so)  Marcius  Coriolanus  263/491  hauptsächlich  nach  der  er- 

dUoBg  des  Dienjsios,  in  welchem  er  die  grundzttge  des  tribuni« 

oteboi  perduellions-  und  multver^hrens  vorgezeichnet  findet;  diese 

9B3chtsberkeit  der  plebs  wurde  kurz  vor  dem  j.  278/476,  in  welches 

te  sDeia  processualisch  genau  dargestellte  proeess  des  consularen 

T.XflMnius  Agrippa  ttUt,  gesetzlich  festgestellt  und  geregelt   seit* 

^  tksnd  den  tribnnen  das  recht  zu,  dei^enigen  bflrger,  ob  patrieier 

^  pUb^er,  der  sich  eines  Verbrechens  gegen  die  Staatsverfassung 

NhiÜig  gemacht,  fiir  einen  perduMa  zu  erklären  (perdueäUHnem 

t);  in  jedem  einzelnen  falle  werden  sie  hierzu  durch  ein  sena* 

das  den  praetor  beauftragte  sie  zu  duumvim  zu  er- 

ermäehtSgt;  die  entscheidung  über  die  perdudUonis  tudi" 

siMid  bei  dna  eilein  Aber  eopti^  cMß  JBomam  urteilenden  cen- 

^■iitcsnitisB.    alternativ  wurde,  wenn  die  bestätigung  der  per* 

^*diie  deich  die  oentoriatcomitien  nicht  zu  erwarten  war,  ein  ver* 

^^n^  ngelassen,  welches  auf  composition  in  geld  gerichtet  war, 

üt  siBitielber  von  der  plebs  selbst  beschlossen  wurde  {muUae  nro- 

P^);  \atna  waren  audi  die  aedilen  befugt   ob  mit  perdudUo  die 

opitalstrsfe  und  zwar  Jöni  saerum  esse  durch  stürz  vom  tarpejiscfaen 


190  HWin:  der  perdaellionsproceas  den  0.  RabiriaB. 

felfien  und  TermOgenseiiiziehuiig,  oder  mit  muUa  irrogaUn  die  geld- 
strafe,  die  auch  infamie  nach  sich  zog,  TeThttngt  werden  sollte,  sowie 
die  gprösze  der  mnlt  hieng  nach  dem  ermessen  des  klagenden  beamten 
von  der  schwere  des  YeH)rech«tt8  ab;  zu  den  klagbimn  handlnngen 
gehörten  Staatsverbrechen  jeder  art  von  dem  offenbaren  nmstiin  der 
yerfiftssnng  bis  za  jedem  unrecht  herab,  welches  dem  Yolk  unmittel- 
bar oder  mittelbar  in  irgend  einem  Öffentlichen  verhftltnisse  geschah; 
die  ansetzung  einer  unerschwinglichen  malt  nötigte  den  angeklagten, 
wenn  er  nicht  lebenslängliches  gefängnis  Yonog,  zum  exil,  wodurch 
das  nemliche  erreicht  wurde  wie  durch  perdueüio,  und  ersetzte  diese 
in  der  spStem  periode.  an  dem  zum  voraus  angekündigten  Tolb- 
yersamlungstage  {dies  dida)  accusierte  der  tribun  oder  aedil  mit  vor* 
Iftufiger  begründung,  jener  ohne  vorerst  definitiv  ftLt  perdmdHo  oder 
muUa  sich  zu  entscheiden  (daher  eigentlich  anquirere)^  und  wieder- 
holte dies  an  zwei  weitem  tagen ,  wogegen  jeweilen  der  angeklagte 
(oder  seine  freunde)  mit  erlaubnis  des  berufenden  beamten  sich  ver- 
teidigen konnte;  am  dritten  termin  fand  die  festsetzung  des  straf- 
antrags,  sei  es  mit  perdudUanis  tudicatio  oder  mit  muUae  irrogaüo, 
in  der  ftltesten  zeit  mit  beiden,  so  dasz  was  eigentlich  ein  todes- 
urteil  war  auf  geld  reduciert  wurde,  statt,  sowie  die  ansagungdei 
tages  der  volksversamlung  für  die  hauptverhandlung  und  die  urteils- 
fällung  {diem  prodicere\  in  diesem  falle  mit  tributcomitien  auf  frUhe- 
stens  den  dritten  markttag  {trmtMn  nundinum  die)y  in  jenem  in  oen- 
turiatcomitien  nach  verlauf  von  dreiszig  tagen  (den  sog.  dies  iustij^ 
zu  deren  abhaltung  der  praetor  die  bewilligung  gab.  nachdem  m 
canHone  das  volk  den  anklagenden  tribun  und  die  Verteidigung  ge- 
hört und  die  zeugen  vernommen,  sprach  es,  früher  in  offener,  dann 
in  geheimer  abstimmung,  in  comitien  das  endgültige  urteil,  welches 
indes  unter  umständen  vertagt  werden  konnte;  so  lange  die  Ver- 
urteilung noch  nicht  ausgesprochen  war,  konnte  der  klKger  den  staraf- 
antrag  fsllen  lassen  oder  ihn  modifioieren,  so  dasz  WYonperdudUo  zur 
muUa  übergieng  oder  umgekehrt,  entwich  der  beklagte  ins  ezil,  so 
wurde  dieses,  als  selbstverurteilung  zur  capitalstrafe,  durch  plebiscil 
ftir  rechtskräftig  erklärt  und  zum  ersatz  verkauf  der  guter  dnrchg^ 
führt,  die  multgelder  konnte  der  rächer,  zu  dem  sie  in  einem  ge- 
wissen persönlichen  Verhältnis  standen ,  wenn  er  sie  auch  als  geld- 
körper  ins  aerar  einzog,  nach  seinem  gutdünken  auf  irgend  eine 
weise  zu  ehren  der  götter  verwenden. 

Dies  in  wenigen  zeilen  der  dürftige  auszug  der  beiläufig  100 
Seiten  haltenden  und  mit  350  anmerkungen  versehenen  darstellmig 
Huschkes,  welche  vor  allen  kein  erklärer  des  Livius  und  Cicero  im- 
beachtet  lassen  wird,  eine  sowol  das  ganze  umfassende  als  auch  auf 
das  einzelne  eingehende  prüfung  berufeneren  überlassend*^  greifen 
wir  diejenigen  puncto  heraus,  welche  mit  rücksicht  auf  den  gegen- 

'®  80  wird  gerude  der  aasgangBpnnct  des  als  geschichtlich  voraua- 
geaetzten  Coriolanproceaaea  begründete  anfechtnng  finden. 


HWint  der  perdnellionsprooesB  des  C.  Rabirius.  191 

8tud  nuera'  unterstichiiiig  zn  beeoiiderer  anfmerksamkeit  heraus« 
Mn.  der  erste  betrifft  die  auf  perdueimo  stehende  strafe;  diese 
mO  dis  todesstnfe  dnreh  stan  Tom  tarpejischen  felsen  gewesen  sein, 
dm  Ist  nne  nur  llberliefert  ftir  die  Wie  des  8p.  Cassins  und  des 
M.  Mailiiis  (Dion.  VHI  78  und  Livins  VI  20);  meist  gediehen  zwar 
disK  procease  gar  nidit  zum  schlnsz  des  Terfahrens  und  zur  execn« 
ÜOB,  sei  ee  dnreh  zorflcktreten  des  klKgers  oder  freiwilliges  ezil 
oder  Mlbatentleibmig  oder  anch  frebprechnng  des  angeklagten;  aber 
m  ttheint  Hosehke  entgangen  zn  sein ,  dasz  für  zwei  sichere  per- 
dwnioBsproeesse  das  ezil  als  die  den  yercirteilten  treffende  strafe 
usdrfleklich  bezeagt  ist.  (Aber  die  milderung  des  strafyerfiahrens 
fiberhaapt  s.  Lange  ao.  II  s.  479.   Zompt  ao.  I  2  s.  181.) 

Im  jähre  585/169  geriethen  die  censoren  C.  Clandins  Polcher 
oad  Tl.  Sempronins  Gracchus  wegen  yerpachtang  der  staatsein- 
blsfie  mit  den  pnblicanen  in  oonflict;  zndem  hatten  sich  dieselben 
Bit  dem  yolkstribnnen  P.  Bntiliiis  Bnlns  verfeindet,  weil  sie,  bzw. 
Gnedmi,  trotz  dessen  dazwischentreten  gegen  einen  renitenten  be- 
ntriehtiger  eines  staatsgebftodes  mit  Strafmitteln  eingeschritten. 
n  gonslea  der  pnblicanen  griff  nun  der  tribnn  mit  einer  rogation 
a «fit  ▼erfttgung  der  censoren  betr.  die  Verpachtung  ein;  in  der  ver- 
Midhoig  vor  der  plebs  liesz  Claudius  der  seinem  widerrathenden 
votaa  eotgegenlftrmenden  menge  durch  den  herold  stillschweigen 
ivbieteB,  was  der  tribun  als  ein  wegberufen  der  von  ihm  berufenen 
Tcmmhnig,  also  eine  Verletzung  der  irihwnda  paiestas  auslegte, 
pgn  beide  eeneoren  erhob  er  die  perduellionsklage;  der  stadtprae- 
Vir  bewilligte  ihm  die  comitien;  auf  den  23n  sept.  wurde  ftlr  Clau- 
dniB,  saf  den  S4n  für  Oracchus  der  geriohtstag  angesetzt,  die  stim- 
mig war  jenem  ungünstig:  8  von  12  reitercenturien  sowie  viele 
ttdfre  eentorien  hatten  schon  gegen  ihn  entschieden ,  als  die  nobi- 
itit  mit  den  flblichen  demonstrationen  um  gnade  bat ;  Claudius  wurde 
bH  eiaer  mebrlieit  von  nur  8  centurienstimmen  freigesprochen,  wo- 
^afham  das  verfahren  gegen  Oracchus  fallen  gelassen  wurde;  jener 
htfte  aber  seine  rettung  hauptsBchlich  der  fQrsprache  dieses  seines 
^ttegen  selbst  zu  verdanken,  welcher  die  fttr  ihn  gOnstigere  stim- 
Rag  benntsend  eidlich  erkiSrte,  er  werde  im  falle  der  Verurteilung 
^Mtlbca,  ohne  sein  gericht  abzuwarten,  ihm  ins  exil  folgen  (Liv. 
lUn  16  mä  nach  ihm  Tal.  Mai.  VI  5,  3;  [Aur.  Victor]  v.  m.  57 
i^iUBt  in  der  hauptsache  mit  Livius,  vgl.  Lange  ao.  II  s.  483  mit 
M  lad  686).  hier  haben  wir,  da  von  freiwilligem  ezil  vor  dem 
^^tcd  aidit  diie  rede  ist,  das  bündige  zeugnis  dafür,  dasz  im  folle  der 
Y«nrteilong  durch  die  comitien  als  strtie  der  perdnellio  aquae  et 
fw  mUrdidio  eingetreten  wäre. 

Bis  zweite  leugnis  steht  im  Zusammenhang  mit  der  erwähnung 
^  lex  iabeUaria  des  tribunen  C.  Caelius  Caldcis  647/107,  welcher 
^  TOB  der  lex  Cassia  617/137  für  die  richtenden  comitien  fest- 
f*^eUte  gdMime  abstimmung  auch  auf  die  von  derselben  ausgenom- 
perdnellion^pfroceese  ausdehnte,  und  zwar  lediglich  zum  zweck 


192  HWizs:  der  perduellionaprooess  de«  C.  BAlMiia«. 

den  von  ihm  angeklagten  C  PopiUius  LaenaB  znr  vemrteilnng  zu 
bringen,  was  ihm  gelang:  dieser  hatte  als  legat  des  eonsula  L.  Caseiiu 
647/107,  welcher  gegen  die  Tigariner  achlacht  and  leben  Terloren 
hatte,  am  seine  trappen  zu  retten,  mit  dem  feinde  einen  sobimpf- 
liehen  vertrag  gesohlossen  (Cio.  de  leg.  III  36  um  im  geifere  r^^ 
qui  videbatur  vods  auffragwm^  quod  ipse  Caasim  excepenU^  perdud- 
lianis:  dedU  kuic  guogue  intdicio  C,  Oadms  tabeUam  doktüque  gttäoad 
.vixUj  se  ut  opprimeret  C,  P(t)piZ{M«m  nocmase  reipuMicae).  gegenüber 
dieser  bestimmten  erwfihnang  des  perduellionsprocessee  und 
der  Yon  selbst  sich  ergebenden  folgerung,  dasz  dann  PopüUoa  durch 
die  geheime  abstimmung  auch  verurt^t  worde  —  er  begab  sich 
nach  Nuceria  nach  C\c.  pBiMo  28  —  kann  nicht  aufkommen  die 
materiell  zwar  nicht  unrichtige  angäbe  ad  Her.  1  35  C.  FapiUhis  . . 
arcesaitur  maiesiatia  noch  die  notiz  bei  Orosias  Y  15  in  exüium  pro- 
fvgü'^  s.  Zumpt  ao.  I  2  s.  348.  Huschke  s.  283  anm.  103." 

unsere  kritik  richtet  sich  femer  gegen  die  annähme  Hoaohkeä 
von  einer  vorgftngigen  bevoUmttchtigang  der  tribonen  sor  klage 
durdi  den  senat,  und  gegen  die  damit  in  Wechselbeziehung  stehende, 
dasz  die  emennung  derselben  zu  ÖMWfiariperdMtXliiom  iudioandae  durch 
den  praetor  erforderlich  gewesen,  beide  annahmen  flieezen  eigentlich 
zunächst  aus  Voraussetzungen  die  auf  die  vielfach  bestrittene  Coriolan- 
geschichte  zurückgehen,  und  die  hinwiederum  durch  ungenllgende, 
zurecht  gelegte  quellenzeugnisse  gestützt  werden,    da  nemlich  erst 
aus  dem  zusammenfassen  sämtlicher  bei  den  einzelnen  fUlen  über- ! 
lieferter  einzelheiten  ein  mehr  oder  weniger  deutlichee  gesamtbild  des 
Verfahrens  sich  gewinnen  Iftszt,  so  glaubt  Huschke,  es  rechtfertige 
sich  die  sachgemftsze  ergftnzung  innerlich  begründeter  formalien  von 
selbst,  er  dttrfte  aber  gerade  hierin  über  das  ziel  hinausgeaehossen 
haben,   thatsache  ist,  dasz  jene  ermKchtigung  des  Senats  nirgends, 
nicht  nur  nicht  ausdrücklich,  sondern  auch  nicht  mittelbar,  be- 
zeugt ist:  die  angezogenen  stellen  (Dion.  X  9 — 13.  34.   exo.  XIU 
12.  Diod.  exe.  leg.  34  [s.  anm.  11].   Liv.  XXV  4.  XLm  16  [s.  o,]) 
beweisen  gerade  nur  so  viel,  dasz,  wie  natürlich  und  notwendig,  die 
das  staatsieben  in  seinem  innersten  berührenden  vorftUe,  welche  die 
gegenstände  gerichtlichen  einschreitens  bildeten,  auch  im  senat  zur 
Sprache  kamen,  dasz  unter  umständen,  vrie  später,  zur  zeit  der  ordent- 
lichen und  auszerordentlichen  quaestionen,  derselbe  der  inteUectnelle 

*^  dieser  will  ao.  und  b.  216  aueb  einen  von  Diod.  exo.  leg.  M  (II  t 
8.  176  Ddf.)  erwähnten  process  des  bekannten  Sataminos  wogen  be- 
BchimpfuDg  der  gesandten  des  Mithradates  (Mommsen  RG.  II 802)  als  eim-r 
perdnellionsprocess  auffassen;  diese  deutung  ist  willkürlich  (s.  Momm&ex 
8TB.  II  s.  62);  aber  auch  wenn  sie  statthaft  wäre,  so  würde  OavdTox 
KaTi)topoü|i€VOC  ao.  niohta  anderes  heitten  als  eapUU  atauahi*^  wie  Plat 
C.  Gracch.  3  cl  Tic  (tx^uv  b\xi\y  6avoTtirf|v  |iV|  öirOKoOci  richtig  übersetz 
wird  si  quU  iudido  capiUUi  circumoeniut  non  adesi,  anf  welche  stelle  end 
lieh  Znmpt  s.  347  die  angäbe  gründet,  P.  Popillins  (der  yater  des  ▼or 
erwähnten)  nnd  P.  BotiHns,  681/123  Ton  0.  Graoohus  angeklagt,  h«be] 
gefäagnis  nnd  körperliehe  strafe  gefflrohtet,  ist  mir  nnerfiadlioh. 


HWin:  der  perdnellionsprooeBB  des  C.  Rabirius.  193 

vrMer  der  klage  war  (vgl.  Mommsen  im  Hermes  I  s.  178).  femer 
iit  «techeidend  die  erwfigung,  dasz  nnerklirlich  wire,  wie  gerade 
6mt  fonnalitftt  nie,  oder  wenigstens  nicht  deutlich  erwfihnt  wird, 
wllimd  sb.  diejenige  des  diempetere  apraäare  [urhano]  (Liy.  XXVI 3. 
mn  16.  Oea  vi  [yn]  9,  9)  öfter;  und  noch  mehr,  nnwahrschein- 
bdi  ist  die  stillsehwmgend  gemachte  Voraussetzung,  es  habe  der  senat 
die  I^timation  immer  ausgesprochen  und  aussprechen  mttssen,  da 
er  dodi  in  so  vielen  fUlen,  so  gerade  in  dem  oben  erwtthnten  per- 
doellioDsprocees  der  censoren  Claudius  und  Gracchus,  wenn  nicht  soll- 
dsriaeh  mit  dem  angeklagten  odef  anzuklagenden  verbunden,  doch 
ftr  um  interessiert  war.  '*  damit  ftllt  audi  die  grondlage  fllr  die 
aBBabne  der  jeweiligen  emennung  von  tribunen  zu  duumvim  durch 
des  praetor:  nicht  nur  ist  uns  von  dieser  formalitttt  so  wenig  etwas 
fiberiiefert  als  von  der  andern,  wol  aber  das  diempetere  (s.  o.),  son- 
doB  Huschke  kann  nicht  umhin,  einige  fUIe  zu  erwtthnen ,  wo  aus- 
drBcUidi  nar  6in  tribun  als  perduellionsklSger  aufiaritt  (aus  der 
MMsten  zeit  A.  Yerginius  gegen  Kaeso  QuinctiusLiv.  m  11 ,  aus 
ipttomr  C.  Sempronius  gegen  Cn.  Fulvius  ebd.  XXVI  2  f.  und  Bu- 
tüius  gßgen  Qracchns  und  Puleher,  s.  o.);  aber  auch  wo  zwei  klftger 
geaumt  werden,  findet  sich  nie  die  bezeichnung  duoviri]  die 
bemiuig  (s.  200  anm.  148)  auf  Cic.  orat.  156,  wo  blosz  der  form 
vtgoi  der  geniUv  dmimvirum  erwähnt  wird,  kann  nicht  genügen. 
Naeh  dieser  Iftngem  abschweifnng  kehren  wir  zum  ausgangs- 
pmet  unserer  Untersuchung  zurflck,  zur  processrede  des  Cicero,  wir 
bbsD  oben  gefunden,  dasz  sein  dient  von  dem  tribun  Labienus 
dir  perdoellion  angeklagt  und  capitaler  strafe  durch  eiil,  infamie 
od  vennAgensverlust  gew&rtig  war,  und  dasz  neben  der  perduel- 
boBtkli^  noch  eine  multklage  wegen  einiger  geringerer  vergehen 
bef ;  famer  dasz  der  redner  in  einer  vom  tribun  berufenen  contio  in 
diB  von  diesem  vorgeschriebenen  leitmasz  einer  halben  stunde  gespro- 
^o.  nmicfast  entsteht  die  frage:  wie  fügt  sich  diese  Verhandlung 
a  den  lähmen  des  ganzen  processverfahrens?  verschiedene  puncto 
Hmefaen  dafttr,  dasz  Ciceros  Verteidigung  in  eine  contio  an  einem 
der  vorliafigen  anquisitionstermine  zu  verlegen  ist:  es  ist  nicht 
doikfaar  dass,  selbst  wenn  der  tribun  in  den  entscheidenden  comitien 
d«B  vornti  geführt  bitte,  am  eigentlichen  gerichtstag  jene  beschrfin- 
bog  der  Verteidigung  hätte  eintreten  dürfen,  oder  dum  würde  dies 
Ciecro  in  ganz  anderm  tone  beklagt  und  gerügt  haben  —  dagegen 
Klbstverstlndlich,  dasz  der  praetor,  an  welchen  der  tribun  sich 
««gen  des  tages  der  comitien  zu  wenden  hatte,  dieselben  auch  be- 
rief imd  präsidierte  (Huschke  s.  231  anm.  278);  entscheidend,  dasz 
Cic  Mlbet  an  einer  stelle  die  Zuversicht  ausspricht  bei  anderer  ge- 
icgeaheit  voU  und  unbeschränkt  zu  worte  zu  kommen  (§  17  a  ^ 

**  UM  andere  frage,  ob  in  jener  seit,  als  dieses  verfahren  ein  sehais 
^  pkbs  fef en  patrieiache  vergewaltig^ong  war,  der  senat  die  Vorsteher 
^  pltba  aar  Verfolgung  eines  patriciers  ermächtigte  (Dion.  Yll  68. 
Htsckke  s.  191.  216),  bleibe  fOr  jetet  dahingestellt. 

rar  ebn.  philol.  1S79  hft  S.  18 


194  HWin:  der  perdaeUionspiooen  des  C.  RabirioB. 


haee  in  hce  tarn  exiguo  meo  iemportnanaudiea:  JXbenmUmpasmib^ 
äabUiuir  ad  istam  diseeptoHonem.  **)  es  wird  aber,  wenn  auch  die  for- 
melle perduMoms  tudicatio  durcb  den  tribon  noch  nicht  aosgespro- 
dien  worden  war,  die  klagef  tthmng  Yon  ihm  so  an  die  band  genom- 
men worden  sein,  dasz  der  Verteidiger  sowol  im  ezordiom  von  eapital- 
process  sprechen,  als  in  der  peroratio  gegen  capitalstrafe  sich  wen- 
den konnte  und  mnste.  '^ 

Es  erübrigt  die  mögliche  ooncurrenz  der  mnlt-  und  perdnellions- 
klage,  wie  wir  sie  mit  rttcksicht  auf  die  stelle  §  8  angenommen,  tu 
besprechen,  erstlich  ist  zu  erinnern  an  die  anf  der  antiken  rechU- 
anschannng  und  -praiis  beruhende  gewohnheit  der  processredner, 
auch  das  vorleben  ihrer  dienten  in  die  beweisführung  hereinsuziehen 
und  aus  dem  probahüe  ex  vUa  einen  teil  des  schuldbeweises  sa  ge- 
stalten, sodann  ergibt  sich  aus  genauerer  betrachtnng  der  in  ler- 
bindung  mit  der  mMae  irrogaiio  ao.  genannten  vergehen,  dsss  sie 
zum  grOszem  teil  damals  durch  speciaJ^esetze  verpönt  und  ihre  be- 
strafimg  oommissarischen  gerichten  übertragen  war,  nach  früherer 
Übung  aber  den  gegenständ  von  multklagen  der  tribo- 
nen  oder  aedilen  bildeten,  wegen  schSndung  religiöser  stat- 
ten'' war  Babirius  früher  von  C.  Licinius  Macer,  dem  bekannten 
Volksredner  und  berufenen  annalisten,  trib.  pl.  681/73  **  vor  gericht 
gezogen,  aber  freigesprochen  worden,  während  nun  die  obhnt  jedes 
göttereigentums  dem  pontifex  obliegt,  die  pecuniftren  vorteile  aus 
profanem  gebrauch  gewidmetem  götteigut  der  censor  wahmimt,  so 
finden  wir  anderseits,  dasz  die  aedilen  sowol  die  j^rocuro^to  aieäim 
sacrarum  haben  als  auch  besonders  die  aufsieht  über  das  begrib- 
niswesen  führen  (Mommsen  STB.  11  s.  480),  femer  dasz  aucb  die 


'*  Hnaehke,  mit  welchem  ich  hierin  losammentreffe ,  macht  s.  527 
noch  ein  argament  freltend,  welches  nicht  lotiifft:  es  passe  in  der 
contio  eher  die  §  18  f.  erwähnte  and  berücksichtigte  anterbreehang  al> 
sn  einer  richtenden  comitienTersamlnng;  dagegen  vgl.  Cic  pMÜ.  §  H 
nnd  dasa  die  anm.  bei  Oaenbrüggen-Wirs,  ebenso  in  §  1.  mit  recht 
dag^egen  bemerkt  derselbe,  die  erwtthnong  von  iudiemm  und  nffragia 
§  36  sei  kein  beweis,  dasa  Cic.  damit  ein  gericht  nnd  eine  abstimmon^ 
an  demselben  tage,  an  welchem  er  sprach,  gemeint  habe,  und  wendet 
sich  K^g^n  Zumpts  annähme,  das  plebiscit  habe  diese  beschriLakan; 
vorareachrieben.  '^  es  sind  awei  fälle  bekannt,  wo  die  anfängliche  per- 
dnellionsklage  in  mnltklage  übergieng,  awei,  wo  daa  umgekehrte  eintrat: 
LiT.  U  62  vom  j.  S79/476.  achol.  Bob.  a.  887  vom  j.  606/249 ;  Liv.  XIV 
3  vom  j.  648/812.  XXVI  8  vom  j.  643/211:  a.  Hoschke  a.  146  f.  dieser 
aoheint  mir  freilich  durch  daa  angeatändnia ,  ea  sei  die  überachrift  der 
rede  pro  perduellionis  reo  materiell  aaläsaig,  und  Cic.  habe  in  einer  vor* 
l&nfigen  Tcrhandlangr  gesprochen,  da  ea  dem  ankläger  noch  freistand 
aar  perdutlUo  an  greifen,  au  einem  guten  teil  die  eigene  bewei^hraog, 
^aa  dea  Labienna  klage  anf  eine  malt  gieng,  aufgehoben  aa  habeo. 

<^  ist  wol  anter  loea  refigiasa  violaia  §  7  ein  sepulermm  violaiMm  aa  Ter* 
atehen,  oder,  weil  Uui  folgt,  an  ach&digang  von  aa  heiligtümem  der 
anterirdiachen  gottheiten  gehörigen  hainen  aa  denken?  ^*  ob  gerade 
ala  aolchem,  wie  Bnxmann  IV  a.  194  nnd  nach  ihm  die  Stattgarter 
realencjTol.  adw.  behaupten,  tat  nicht  geaagt. 


HWixs:  der  perdueUionspTOceBa  dea  C.  Babirins.  195 

tninaMB  Aber  tnndocation  von  leichnamen  Terfdgeii  (ebd.  b.  300). 
a  italit  also  notwendig  die  ahndnng  eines  solchen  vergebens,  wie  es 
JkUrias  aar  last  gelegt  wurde,  abgesehen  von  seiner  die  stsatsfnn- 
dioMiiB  bertUuenden  bedentnng,  der  strafrechtlichen  thfttigkeit  der 
tribsBtt  nnd  aedilen  zn,  wie  sie  oben  geschildert  worden  (vgl. 
Bndkkd  s.  331 1).  im  znsammenhang  hatte  Labienus  femer  in  sei- 
ur  aiUage  die  ontersohlagong,  die  brandstiftung  im  archiv  nnd  die 
OBordiiBg  des  sdiwestersobnes  besprochen:  §  7  de  peciiUäu  facto 
md  de  toMond  ütemao  . .  sororis  fOhtm  .  .  necahym\  das  thatsftch- 
&k  beiittid  wol  darin,  dasz  das  archiv,  in  welchem  die  actenstttcke, 
nUe  den  schwager  des  Babirios,  G.  Cortius,  der  nntersehlagnng 
fthsfthren  sollten,  verbrannte,  imd  der  gerichtstag  wegen  pl5tz- 
ficte  todes  des  neffen  vertagt  wnrde.  der  angelpunct  dieses  crimen 
«vjedaa&Us  der  peeiilaii»,  zn  dessen  begünstiger  Babirins  doroh 
bnaditiftiiag  nnd  verwandtenmord  sich  gemacht  haben  sollte  (s. 
Bdaeriminalrecht  s.  201  nnd  676  f.);  das  aber,  was  damals  als  pecu- 
2^  Hi%e&cst  wnrde,  vemntrennng  öffentlichen  gutes,  war  früher 
^nreh  «insehreiten  der  tribnnen  nnd  dorch  das  volksgericht  abgewan- 
nt vorden  (vgL  die  processe  gegen  M\  Olabrio  565/189  und  L.  Scipio 
567/187  nnd  hierilber  Mommsen  im  Hermes  I  s.  161  ff.  bes.  183  f. 
bxU»  8. 209).  auch  die  zwei  folgenden  incriminierten  handlangen, 
Twistnng  der  lex  Fabia  wegen  znrflckbehaltens  fremder  Sklaven  nnd 
^l«z  Poroia  wegen  vergreifens  an  leib  und  leben  römischer  bfirger 
'i  8  <fe  $ems  oliaMts  etmtra  legem  Fabiam  retenüs  atd  de  cif?ibus  A>- 
■MOMrfr«  legem  Fardam  verheraHs  aiut  necaltis)  scheinen  znsammen- 
ngdiSm;  während  jene  anter  plagiMm  WM  (Bein  ao.  s.  386  ff. 
HucUb  s.  258  anm.  30),  ist  die  letztere  ein  eigentliches  perduellions- 
^vgsbsDy  beide  hier  aber  wol  der  aosflasz  des  misbraachs  militftrischer 
KtBgewalt  (vgl.  den  process  gegen  L.  Manlius  Imperiossos  392/362 
WiLir.  Yn  4):  denn  aas  der  peroratio  erhellt,  dasz  Babirins  mit 
HBBKhmmg  gedient  hatte,  wol  im  bttrgerkrieg  nnter  SoUa.  end- 
Ixfc  wnrde  Babirins  siuprum  imd  zwar  in  zweierlei  form  vorgehalten 
\  S  hme  nee  ma/t  nee  älienae  pudicUiae  peperdsse),  welches  vor  der 
.ex  Seatiiia  (Bein  s.  865.  Haschke  s.  257)  durch  die  aedilen  vor 
^  Tolk^eriefat  gezogen  wurde  (Haschke  s.  198  anm.  141.  210 
¥ousan  STB.  n  s.  462). 

In  weleher  weise  kann  nun  wol  Labienus  in  Verbindung  mit 
^>>Ma  vergehen  von  muUae  irrogaUo  gesprochen  haben,  wäirend 
'  HÜ  bezog  aof  die  ermordung  des  Satominus  die  perdueUions- 
<^«  betrieb?  ich  glaube  erstens,  dasz  der  accusierende  tribun  in 
^  aaai  teQe  seiner  oontio  des  Babirins  vorleben  in  der  art  behan- 
^*^  dasz  er  nachwies,  es  habe  derselbe  abgesehen  von  seinem  mord 
«  Satanunna  nach  altem  ver&hren  wegen  der  genannten  vergehen 
^■alt  verwirkt,  zweitens  dasz  derselbe  für  den  fall,  dasz  wider 
^'vvtaa  die  eentnriatcomitien  ihn  der  strafe  fUr  jenes  principal- 
'"'^v^B^tn  fi«i  nnd  ledig  lieszen,  wie  schon  früher  Cicero  und  der 
ihn  der  perdnellio  durch  dnumvim  entrissen  hatten,  gleioh- 

18* 


196  UWin:  der  perduellionsprocesB  des  C.  Babirios. 

zeitig  das  mnltverfabren  einschlug,  um  durch  tribatcomitien,  die  er 
selbst  abhielt,  wegen  dieser  vergehen  ihn  jedenfalls  zur  Verurteilung 
zu  bringen. 

Erst  jetzt,  nachdem  das  zeitgenössische  actenstflck  einerseits 
aus  sich  selbst,  anderseits  durch  beiziehung  aufklArender  praecedenz- 
fälle  erklftrt  ist,  wobei  sich  eigeben  hat  dasz  Labienus  gegen  Babi- 
rius  als  den  mtfrder  des  Satuminus  einen  perduellionsproeesa  er- 
hoben, zuerst  nach  dem  ftltesten  summarischen  verfahren  seine  Ver- 
urteilung durch  duumvim  erwirkt,  dann,  nach  Sistierung  desselben 
durch  den  senat,  das  tribunicische  verfahren  eingeschlagen  und  nach 
dreimaliger  voranklage  den  Strafantrag  auf  Verbannung,  infamie  und 
confiscation  vor  die  centuriatcomitien  gebracht  hat,  sowie  dasz  die  er- 
haltene Verteidigungsrede  Ciceros  in  einem  der  frühem  termine  ge- 
halten  —  erst  jetzt  nachdem  alles  dies  festgestellt  ist,  wenden  wir 
uns  zu  der  von  dem  sp&ten  Cassius  Dion  gegebenen  darstellnng 
37,  26  —  28,  einerseits  um  sie  mit  den  aus  der  rede  gewonnenen 
resultaten  zu  vergleichen,  anderseits  um  weitere  einzelheiten  zur  auf- 
heUung  des  ganzen  handeis  zu  gewinnen,  etwelches  vertrauen  sollte 
von  vom  herein  der  umstand  erwecken,  dasz  unmittelbar  vorher 
c.  25  T.  Livius  als  quelle  benutzt  war,  wie  die  vergleichung  mit 
Julius  Obsequens  122  lehrt;  man  halte  zumal  Dion  37,  9  mit  Cic. 
in  Cai,  m  18  f.  zusammen,   die  hauptsache  nun  ist,  dasz  Dion  aus- 
drücklich centuriatcomitien  erwähnt,  welche  durch  herabnehmen  der 
fahne  vom  Janiculum  durch  den  praetor  Metellus  Celer,  der  zugleich 
augur  war,  aufgelöst  worden  seien,  ehe  die  abstimmung  vollzogen, 
und  dasz  er  beiftigt,  Labienus  habe  auf  die  emeuerung  der  anklage 
verzichtet  (c.  27  6  M^tcXXoc  ö  K£\€p  oiuivicnfic  t€  u)v  xal  ctpcmi- 
YUJV  . .  äv^bpaiiev  ic  tö  1av(KOuXov  irplv  kqI  ötioOv  cq>äc  i|n]q>ica- 
c6ai,  Kai  TÖ  oificiov  tö  ctpotiuitiköv  xaT^CTracev.  28  toOto  hk  bi 
fiövaic  TQic  KttToi  ToOc  Xöxouc  ä6poi2:o|üi(^vaic  ^locXiiciaic  ^TiTvcro).  I 
zu  einer  provocationsverhandlung  über  den  Spruch  der  duumvim  ist  i 
es,  wie  wir  früher  gesehen,  nicht  gekommen :  denn  Cicero  rühmt  e^ 
als  sein  verdienst,  das  grausame  veraltete  verfahren  beseitigt  zu  i 
haben  (s.  o.  s.  183.  188);  also  können  die  von  Metellus  au^^Osten  i 
centuriatcomitien,  von  denen  Dion  erzfihlt,  nur  diejenigen  gewesen 
sein,  welche  über  den  Strafantrag  des  Labienus  wegen  perdaellio! 
entschieden;  Dions  erzählung  selbst  also  ist  darin  lückenhaft, 
dasz  er  diese  comitien  über  das  urteil  der  duumvim  entscheiden  l&szt. 

Ich  prüfe  daher,  was  Dion  über  den  duumviralprocess  erzfthlt^ 
schritt  für  schritt:  a)  Labienus  erhob  gegen  Babirius  klage  wegen 
mordes  auf  perduellio  (26  TItoc  Aaßitfvoc  fdiov  Taßiptov  diri  rui 
ToO  CaTOupv(vou  qpövqi  TpaU'<iM€VOC . .  27  oö  T^tp  dTrXiiK:,  dXXd  x6 
bf|  XcTÖfiCVOV  iTCpboueXXiuivoc  ö  'Papiptoc  ^KpiOri);  h)  über  die  eix&> 
Setzung  des  gerichtshofes  sowol  als  über  das  urteil  fanden  heftige 
parteikämpfe  statt;  Caesar  und  sein  anhang  setzten  jene  durch  (27 
OTOubai  t€  ofiv  Tapax(I>b€ic  Kai  qpiXoveiKiai  dqp  *  ixaT^puiv  ircpi  re: 
toO  biKacnipicu ,  täv  fitv  ßrrujc  fif|  cuvcxO^li  twv  bi  Iva  xaOiZi^oii 


in:  der  perdaellionBpFOcess  des  C.  HabirinB.  197 

hoDOuvTUfv,  xai  inehi\  toGto  btd  t€  töv  Kakapa  xal  bi '  dXXouc 
Tiydc  ^inicc ,  ircpi  t^  rnc  xpkeuK  adOic  cuv^ßiicav) ;  c)  G.  Caesar 
sdbcr  aad  L.  Caesar  worden  Yom  praetor  selbst,  nicht  vom  volke 
n  riehtmi  gewählt,  nnd  verurteilten  den  angeklagten  (mX  fjv  T^p 
outAc  ixcTvoc  Kai  mctö  toö  Kaf capoc  toO  Aouk{ou  biKdZuiv . .  xare- 
^^fffpUavro  aÖToO,  Kai-rot  fif|  irpöc  töC  örj^ou  xaTd  rd  irdrpia,  dXXd 
vpAc  aÖToG  ToO  crponiToO  oök  Höv  alpcO^vrec) ;  d)  Babirius  pro- 
Toderie  ans  volk  (xal  £q)f)Ke  ^Iv  6  Taßipioc,  irdvTUic  b'  dv  Kai 
«Opa  Tif^  b%iH»  ^dXui,  €l  ^i\  usw.)- 

Zu  a:  anklftger,  welche  den  schwestermtfrder  Horatius  dem 
lichter  überlieferten,  setzt  auch  des  Livins  erzfthlnng  dieses  znm 
typuchan  ptraecedens  gewordenen  processfalles  voraus:  1 26, 5  raptus 
mmäd  regem,  die  frage,  bei  wem  Labienus  klage  erhoben,  hingt 
irinimfn  mit  (6)  der  andern,  worin  der  streit  wegen  einsetzung  des 
gsnefathofea  bestanden,  in  der  hauptsadie  ist  diese  oben  (s.  188) 
dihiB  entachieden  worden,  dasz  ein  spedalgesetz  des  tribunen  die 
dmnifirale  perduellionsprocedur  trotz  des  Widerstandes  des  Senats 
aageoidnet  habe;  möglich  aber,  dasz  Labienus,  wie  er  nach  damals 
fiblkhem  verfahren  einen  mordfall  bei  dem  vorsitzer  der  quaestio 
Mfer  tioarias  hfttte  anhängig  machen  müssen,  zuerst  versuchte  bei 
dem  praetor  nrbanus  als  dem  verfassungsrechUichen  nachfolger  des 
kfiaigi  die  anhandnahme  des  perduellionsprocesses  durch  emennung 
TOB  äitovwi  zu  erwirken,  aber  erst  auf  dessen  Weigerung  zur  ein- 
hriignug  eines  gesetzes  schritt,  danach  wäre  auch  hierin  Dions  be- 
Qcfatnidht  ganz  vollständig  deutlich;  dafGLr  aber  nennt  er  ausdrück- 
Beb  C.  Julina  Caesar  als  den  verbündeten  des  Labienus,  und  entrollt 
fai  politischen  hintergrund ,  auf  welchem  der  ganze  handel  sich  ab- 
^itit  bei  Cicero  dagegen  ist  jede  erwähnung,  jede  anspielung  auf 
CwHr  onterdrückt.*'  im  übrigen  entspricht  seine  auffassung  von  der 
politischen  bedentnng  des  processes  ganz  den  anslassungen  Giceros 
(i.  die  stellen  oben  s.  182). 

Zu  e:  Dian  nennt  den  praetor,  welcher  die  duumvim  bezeichnet 
hi^  ttiehi.  wenn  unsere  Vermutung  richtig  ist,  dasz  es  der  praetor 
Bbsnns  geweeen  sein  müsse,  so  ist  es  kein  anderer  als  der  gleich  nach- 
kr  genannte  Q.  Metellus  Celer,  welcher,  da  ihm  die  Versandung 
■idit  anders  anfindOeen  gelingt,  zu  jenem  äuszersten  mittel  greift." 


"  aaeh  Zanipts  (eriminalrecht  I  2  s.  896  f.)  beachtenswerter  ver- 
isi  die  erhaltene  rede,  vom  redner  094/80  mit  andern  eonmla» 
liiekea  heraaagegeben,  eine  teilweise  nmarbeitnng  der  gehaltenen. 
*  ibw  den  praetor  nrbaans  als  versitzenden  dieser  richtenden  eomitien 
T|l  eWn  ••  198.  irrelevant  ist  der  von  Drumann  gesch.  Bomi  ni 
1  in  sam.  97  erhobene  einwand  gegen  diese  schon  von  Fabrieins  zdst. 
HMteeUaMae  eombination,  es  mOsse  ein  anderer  praetor  gewesen  aein, 
W  Melclivs  Celer  ein  freund  des  Rabirin s  war.  einen  Q.  Metellns 
*te  befnameo  als  stadtpraetor,  jedenfalls  nach  dem  j.  677/77,  erwähnt 
▼iUfiss  Kas.  VII  7,  7,  eine  stelle  welche  Wehrmann  Fasti  praetorii 
■»  M  catfangen  ist.  die  notii  dasz  Celer  angnr  war  wird  bestätigt 
V«  Cie.  In  FA  t  19.    vgl.  Dromann  II  s.  98  anm.  62. 


198  &Win:  der  perduellioxiBprocess  des  G.  Rabirim, 

nahe  Iftge  nun  die  vermatang,  es  sei,  um  dem  anstifter  des  gnn- 
samen  Verfahrens  das  gehftssige  des  Urteils  aufzabttrdeni  ans  bcralieit 
und  ironie  gerade  C.  Julius  Caesar  vom  praetor  zum  perduellions- 
commissttr  ernannt  worden,  aber  er  hatte  vielmehr  die  wähl  dem  so* 
fall  des  looses  zu  danken,  wie  zur  willkommenen  ergänzung  Saeto- 
nius  überliefert:  c.  12  suhamavU  (sc.  Caesar)  etiam  qiU  C.  SaMrio 
perduManis  diem  dicerä,  quo  praedpuo  aäkiäore  äUquot  amU  omcs 
L.  Satumini  seäUiosum  trUmfwium  senahu  ooercuerai^  ac  softe  mäex 
in  reum  duäus  tarn  cupide  condemnavit^  ui  ad popiämn provoctmä 
mkä  aeque  ac  iudicis  aoerbitas  profuerü.  es  darf  nicht  be&emden, 
dasz  Suetonius  nur  von  iudex  ^  nicht  von  duumvir,  und  nur  toq 
C.  Caesar  allein  spricht:  er  vermied  den  seinem  publicum  ohne  erilo- 
terung  nicht  verständlichen  technisch  genauen  ausdruck,  und  durfte 
den  ooUegen  L.  Caesar  um  so  mehr  bei  seite  lassen,  da  doch  nur 
der  eine  der  duumvim  die  oondemnation  vollzog,  dh.  also  C.  Caesar, 
die  Worte  sarte  dudus  lassen  eine  zwiefache  auslegung  zu,  entweder 
dasz  er  überhaupt  als  richter  aus  der  zahl  der  hiexfELr  zur  loosong 
kommenden  personen,  wol  gewesener  curulischer  beamter,  aedilider, 
praetorier  oder  consularen,  ausgeloost  worden,  ein  verfahren  durch 
welches  der  creierende  praetor  die  directe  namennennung  vermied, 
oder  dasz  von  den  zwei  vom  praetor  direct  ernannten  duumvim  das 
loos  Caesar  als  dei^jenigen  bezeichnete,  der  condemnierte;  s.  Momm- 
sen  8TB.  II  s.  578  anm.  L.  Caesar,  consul  690/64,  war  ein  weit- 
läufiger verwandter  des  nachmaligen  dictator,  aber  nicht  dessen 
oheim,  wie  Huschke  s.  614  behauptet:  s.  das  stemma  bei  Dnunann 
m  s.  113  vgl.  120  f. 

Zu  d:  Dion  überspringt,  wie  oben  bemerkt,  ein  zwisdhengbed 
der  erzählung:  die  aufhebung  des  urteile  der  duumvim  und  dasnan- 
mehrige  eintreten  des  tribunicischen  verfahrene,  und  sehlieszt  den 
bericht  über  die  bei  diesem  richtenden  centuriatcomitien  gleich  an 
jenes  urteil  an  —  ein  leicht  erklärlicher  verstosz  des  venurbeitenden 
epitomators :  denn  es  ist  nicht  anzunehmen,  dasz  seine  quelle,  Livios, 
hierin  gefehlt,  noch  weniger  dürfen  wir  bei  Sueton  Vollständigkeit 
erwarten:  ihm  durfte  die  angäbe  genügen,  dasz  Caesar  der  anstifter 
jenes  perduellionsprocesses  war,  und  dasz  er  selber  als  richter  die 
oondemnation  zu  vollziehen  hatte,  der  angeklagte  aber  gerettet  wurde. 
zwar  bezichtigt  hier  Niebuhr  Sueton  des  Widerspruchs  mit  Dion,  als 
wolle  er  sagen,  Babirius  sei  vom  volke  freigesprochen  worden;  allein 
die  werte  adpapulum  gehören  gnunmatisch  nur  zn  provoeanii^  und 
der  sinn  ist  nur:  die  leidenschaftliche  härte  des  condemnierenden 
richters  verhalf  dem  verurteilten  bei  der  provocationsverhandlung  nur 
um  so  mehr  zur  rettung,  nemlich  gei-ade  durch  das  eigentümlicbe 
auskunftsmittel  der  auflösung  (Drumann  in  s.  136  anm.  3).  gav 
unstatthaft  ist  es  endlich,  trotz  Dions  bündiger  versidierung,  Labie- 
nus  habe  auf  eine  wiederaufnähme  des  processes  verzichtet  (28  oOtw 
lily  bf|  TÖTC  fi  TC  iiocXr^cia  KaOaipcS^vroc  toO  ouiclou  bteXi^On  ^ 
6  Taßipioc  icibOr)  *  £Sf)v  \xkv  t&P  Tip  AaßiViviti  ko\  oOOtc  biKäcocOai, 


HWin:  der  perdaellionsprooess  des  C.  Rabiriui.  198 

ou  \dn(H.  Kai  irroificev  oöröf  8.  Haschke  s.  526),  anzunehmen,  der 
ttigebliebe  moltprocess  sei  auf  jene  anflösung  der  centuriatoomitien 
gefolgt  and  von  tribntcomitien  entschieden  worden,  unsere  beweis- 
fthnmg  hat,  so  hoffen  wir,  gezeigt  dasz  Dion,  abgesehen  von  einer 
locke  in  dem  bericht,  mit  den  aus  der  primären  quelle  geschöpften 
timalioinmten  des  ereignisses  im  besten  einklang  steht,  die  an- 
Bthme  eines  moltprocesses  aber  nur  auf  eine  misverstandene  stelle 
ia  CieeroB  rede,  nicht  im  mindesten  auf  irgend  etwas  thatsfiohliches 
•khstatzt. 

Diesen  aosftlhrangen  entsprechend  erzählen  wir  den  hergang 
dai  pcoeeeeee  des  C.  Babirius  also. 

Eines  der  grundrechte  der  römischen  republik,  die  unantast- 
barkeit dee  bürgere,  welcher  nur  durch  die  instanz  der  gemeinde  an 
Idb  und  leben  geeiaraft  werden  konnte,  hörte  übungsgemäsz  auf  zu 
bestehen,  so  oft  in  zeiten  innerer  krisis  der  senat  mit  der  stehenden 
ibnnel  dee  SC.  ultimum  die  consuln  mit  xmbeschränkter  vollmacht 
leiriUtete,  ja  die  gewalt  Aber  leben  und  tod  ihnen  in  die  band  gab. 
liegen  war  aelbst  die  sacrosancte  person  des  tribunns  plebis  nicht 
gesekfltst.  so  hatte,  als  gegen  ende  des  j.  654/100  das  anarchische 
treiben  der  volkspartei  in  dem  an  dem  regierungsfreundlichen  con- 
•dsnandidnten  verfibten  totschlag  gipfelte  und  die  consuln  im  rer- 
eia  mit  den  übrigen  beamten  aufgefordert  wurden  die  fdr  die  wol- 
hhii  des  römischen  volkes  geeigneten  schritte  zu  thun,  der  senat 
aar  eine  durch  das  herkommen  gerechtfertigte  ausnahmemaszregel 
gHroien,  welche  thatsächlich  ebenso  das  provocationsrecht  wie  die 
aareileldiehkeit  des  volkstribunats  illusorisch  machte. 

Ein  Tolles  menschenalter  war  dahingegangen;  indessen  hatten 
rarolotion  and  reaction  ströme  blutes  gefordert;  noch  trennten  die 
altea  gegensitae  das  neue  geschlecht,  und  die  sache  der  parte!  der 
popil«en  gewann  leben  und  gestalt  in  den  bänden  eines  fllhrers, 
tieieen  sieg  schlieszlich  die  monarchie  brachte,  eine  ungemeine 
fttbri^it  entwickelte  die  Opposition  unter  Caesars  leitung  im 
j.  691/63,  and  der  consul  Cicero  hatte  vollauf  zu  thun,  die  reihe 

angriffe  gegen  die  regierung  abzuwehren  oder  zu 
80  griff  man  auch  zu  dem  beliebten  mittel  der  tendenz- 
I,  nnd  wählte  zum  gegenständ  die  tötung  des  Satuminus, 
TOT  37  Jahren  als  volkstribun  mit  seinen  gesinnungsgenossen 
—lieht im  oflBsnen  kämpfe  gefallen,  sondern  gefangen  verrätherischer 
vcies  hingeschlachtet  woiden  war.  zunächst  war  der  darum  ange- 
bobcM  rechtshandel  eine  antwort  auf  die  nugestätsprocesse,  welche 
nlingst  die  optimaten  gegen  G.  Cornelius  wegen  angeblicher  yer- 
^•tnnig  der  tribaniciscfaen  gewalt  angestrengt  lütten;  sodann  bot  er 
^kgeaheit  die  durch  jene  anwendung  der  brutalen  gewalt  jeweilen 
tts  «evk  gesetste  verfassungsTerletzung  zu  brandmarken  und  even- 
tMÜ  dnrdi  riditerspruch  verurteilen  zu  lassen;  endlich  wurde  eine 
Foeador  gewählt,  welche  an  einem  beispiel  die  blutgerichtsbarkeit 


HWin:  der  pefduellionsproceBS  des  C.  Rabirius.  201 

der  YorlSufigen  termine  das  bild  des  märtyrers  für  die 
Tolfafrrilieit ,  des  Opfers  der  blutgier  der  optimaten  zur  schau  aus; 
od  frtüier  war  es  strafbar  gewesen  seinen  tod  öffentlich  zu  beklagen, 
ja  ndi  nur  das  bild  zu  besitzen  (§  24  der  rede:  vgl.  schol.  Bob. 
iSdO.  yal.Max.Yini,  3)! 

Gcgeiillber  der  durch  deigleichen  mittel  gereizten  Stimmung 
der  li5rer  hatte  di^  yerteidigung  einen  schweren  stand,  dieselbe 
fllkitMi  Hoitenaius  und  Cicero,  jener  hatte  sich  über  das  sachliche 
vwhieitet  und  nachgewiesen,  dasz  Babirius  nicht  der  mörder  des 
SttsniuBs  (§  18  d.  r.,  ein  fn^ent  citiert  Charisius  s.  125  E.:  vgl. 
HMejfir  or.  rom.  &agm.  s.  371  f.);  hatte  man  wenigstens  seiner  zeit 
cMn  lUaTen  daftlr,  dasz  er  die  that  vollbracht,  die  &eiheit  geschenkt 
§  31).  Cioero  beschrftnkte  sich  in  seinem  vortrage ,  der  uns  in 
jArifthclwr  redaction  erhaltenen  rede,  wofür  ihm  der  tribun  nur  eine 
hilbe  stunde  seit  veigOnnte,  auf  die  ertfrterung  des  politischen  mo- 
flUiti  der  frage;  er  betonte,  unierbrochen  von  zeichen^es  misfallens 
dar  aeage,  daas,  hfttte  gar  Babirius  den  Satuminus  erschlagen,  dies 
eise  verdienstlidie  that  wftre  (§  18  f.) ,  dasz  es  Babirius  pflicht  ge- 
viMn,  dem  rufe  des  consuls,  die  republik  zu  retten,  zu  folgen  und 
ük  Bit  allem  volke  zu  bewafinen  (§  20  f.),  dasz,  wenn  wirklich 
Ibnis  sieh  dem  Satuminus  mit  seinem  werte  verbürgt,  jener  die 
WBitirortDSg  auf  sich  geladen,  aber  ohne  einen  senatsbeschlusz 
aieki  das  recht  gehabt  habe  es  zu  geben  (§  28).  der  consul  vertrat  un- 
nwaaden  den  standpunet  der  regierung,  er  wahrte  dem  senat  das 
ndA  bei  revelutioniren  krisen  die  behörden  mit  unbedingter  voll- 
nacÜaiMsarttaten,  den  behörden  die  pflicht  diese  zu  üben,  und  ge- 
itad,  er  würde  eintretenden  falls  ebenso  handeln. 

Dw  schlnartermin  kam;  die  centurien  waren  auf  dem  Marsfelde 
^«Mimelt,  auf  dem  Janiculus  drüben  wehte  die  fahne,  aus  alter 
lot,  da  Rom  noch  von  feindlichen  nachbam  umgeben  war,  das  her- 
fckndrta  zeichen,  dasz  man  sicher  tagen  könne,  die  sache  des  Babi- 
öai  äaä  scUeeht,  die  regierungspartei  fürchtete  mit  dem  Werkzeug 
■flvl  dwch  das  verdict  des  souveräne  verurteilt  zu  werden,  und 
pH  am  die  Niederlage  abzuwenden,  zu  einem  mittel,  das  wirksamer 
w  denn  gewalt:  als  es  dem  leitenden  praetor  nicht  anders  gelang 
&  MsitieB  aufimlOeen,  eilte  er,  ehe  die  abstimmung  vollzogen  war, 
^iilber  auf  den  Janiculus  und  risz  die  fahne  herunter,  damit  war 
&  fwmlnng  in  aller  form  aufgelöst,  Babirius  gerettet.  Labienus 
f taichtele  auf  die  weiteriührung  des  handeis ,  obwol  er  den  tribut- 
Msitiai  den  Strafantrag  auf  eine  mult  für  tötung  des  Satuminus 
^ittB  veriegen  kfonen,  und  obwol  die  multklage  wegen  der  andern 
vQ|«hcu  des  angeklagten  noch  zum  austrag  zu  bringen  war. 
ZfoiQB.  Hah8  Wxrz. 


202  FVoUbrecht:  zn  Xenopbons  anabaaU  [V  e.  2]. 

(17.) 

ZU  XENOPHONS  ANABASIS. 


Das  zweite  capitel  des  fünften  buchs  der  anabasis  ist  in  dea 
letzten  ftlnf  jähren  nach  verschiedenen  rflcksichten  besprooben  wor- 
den, nnd  zwar  von  JHHeller  in  der  zts.  f.  d.  gw.  1874  s.  331  ff. ;  von 
EABichter  'kritische  Untersuchungen  über  die  interpolaüonen  in 
den  Schriften  Xenophons'  (Leipzig  1873)  s.  690  ff.  und  in  diesen 
Jahrbüchern  1878  s.  601  ff.  nnd  von  WVoUbrecht  (in  Batzeburg) 
im  Philologus  XXXV  s.  446  ff.  wenn  ich  dasselbe  jetzt  auch  einer 
kurzen  erOrterung  unterziehe,  so  werde  ich,  da  ich  auf  meinem  in 
diesen  jahrb.  1874  s.  627  bezeichneten  standpuncte  noch  heute  atehe 
und  das  capitel  für.  nicht  interpoliert  halte,  die  kritische  aeite  gar 
nicht  berühren :  ich  werde  nur  wie  Heller  über  die  örtlichkeit  oder 
richtiger  gesagt  über  die  Interpretation  zweier  stellen,  in  denen  ich 
mit  Heller  nicht  übereinstimme,  meine  ansieht  darlegen,  ohne  mich 
auf  eine  Widerlegung  anderer  ansichten  einzulassen. 

Die  gegenüberstehende  terrainskizze  mag  meine  ansidit  veiaa- 
schaulichen;  ich  bemerke  dazu  als  selbstverständlich,  dasz  die  ftuazere 
form ,  welche  durch  die  schlucht  und  den  graben  um  die  atadt  dem 
abhänge  der  höhe  und  der  höhe,  richtiger  dem  plateau  auf  der  höhe 
gegeben  wird,  eine  von  mir  gewählte  ist,  und  dasz  die  linien  nur 
dazu  dienen  sollen,  die  von  Xenophon  gebrauchten  ausdrücke  ein- 
zuschreiben, welche,  wenn  wir  die  natürliche  form  kennten  nnd 
durch  linien  bezeichneten,  auf  gleiche  weise  eingeschrieben  worden, 
eine  genaue  örtliche  beschreibung  halte  ich  nemlich  für  möglieh, 
wenn  deutsche  gelehrte  oder  höhere  Offiziere,  die  mit  Xenophons 
anabasis  bekannt  sind  und  längere  zeit  in  Trapezunt  venveüen, 
nachholten,  was  alle  reisende,  welche  über  die  örtlichkeiten  der 
anabasis  bisher  geschrieben,  versäumt  haben,  eine  durchforsdran^ 
des  Drilengebirges  kann  die  in  unserm  capitel  erwähnte  höhe  nacl^ 
meiner  meinung  leicht  feststellen,  weil  dieselbe  in  der  entfemon^ 
einer  nicht  vollen  tagereise  von  Trapezunt  liegt  und  weU  sie  dre 
sehr  charakteristische  merkmale  hat:  denn  erstens  fährt  der  we^ 
von  Trapezunt  aus  zu  ihr  nach  §  28  durch  einen  hohlweg;  zweitens 
befindet  sich  am  abhang  eine  tiefe  schlucht,  und  drittens  ist  dn^ 
plateau  der  höhe  so  grosz,  dasz  nicht  nur  räum  zu  der  DrilenstadI 
auf  derselben  ist,  sondern  auch  nach  §  16  mehrere  einzeln  liegende 
dxpo  sich  auf  derselben  befiinden.  es  ist  sogar  nicht  unmöglich 
dasz  sich  auch  noch  spuren  des  von  den  Drilen  angelegten  grabenj 
und  Walles  finden,  eine  solche  Untersuchung  würde  auch  die  Irm^i 
beantworten,  die  sich  jedem  erklärer  aufdrängt,  die  aber  Xenophon 
weil  er  die  höhe  nur  von  6iner  seite  kennt,  nicht  erörtern  konnte: 
ich  meine  die  frage,  ob  denn  die  Drilen  bei  ihrem  marsohe  nach  da 
hauptstadt  auch  nur  die  irpöcoboi  x^iX^irai  und  den  schmalen  ^pre^ 
benutaen  konnten,  oder  ob  nicht  auf  der  hinter  der  bürg  in   d« 


FVoUbmoliti  sn  Xesophont  uabMÜ  [V  o.  t].  203 

Hidt  gdegtiMB  Mite  nn  beqnamerer  weg  sidi  findet,  der  auf  einem 
gituua  nmwag»  in  «in  uiderea  saiteathal  fuhrt,  welcher  weg  «ber 
iUkk  im  Orttielikeit  im  an  o^.  dae  4n  bncbs  von  einem  firämden 
■r  mtar  aUuimg  eines  kimdig«ii  Wegweisers  an^efniiden  werden 
ima,  wUt«  äch  «in  loloher  w^  finden ,  so  wtre  damit  bewiesen 


'■B  fc  DrQeo  lidi  den  %  6  erwKbnten  sofanulen  ftiauteig  nur  nun 
Hmbmh  friedlidten  Tsrkehr  mü  Trapannt  «ngelc^  und  also  troti 
•tm  ^Bitcägi  wegen  der  andern  hindemiue  ihre  stadt  für  nneio- 
''^kar  gehalten  bitten,  in  dieser  meinong  waren  sie  berechtigt, 
*^  iks  itadt  TOB  der  nator  durch  hindemiHe  and  Ton  ihnen  dunh 


204  FVoUbreclit:  zu  Xenophone  anabaais  [V  c  2]. 

befestdgiings werke  geschtttzt  war.   der  natürlichen  sind  zwei:  dexa 
Xenophon  sagt  §3:1)  iT€p\  bk  toCto  fjv  xopabpo  kxupwc  ßaBeio, 
2)  Kai  irpöcoöoi  xotXeiral  irpöc  tö  xujpiov.  das  erste  hindemis  sehen 
die  Griechen  nicht  eher  als  bis  sie  davor  stehen,  weil,  wie  jeder  der 
hohe  hflgel  oder  berge  mit  fthnlichem  hindemis  bestiegen  hat  aas 
erfahrung  wissen  wird,  solche  einschnitte  von  unten  nnd  aus  der 
ferne  gesehen  nicht  da  zu  sein  scheinen;  weil  es  höchstens  schemt» 
als  sei  in  der  abdachung  ein  absatz.   ebenso  wird  aus  der  ferne  und 
Ton  unten  die  Steilheit  eines  berges  falsch  beurteilt,  und  andere  hin* 
demisse ,  die  sich  an  ungebahnten  abhängen  befinden,  werden  kaom 
bemerkt  oder  erscheinen  unbedeutender  als  sie  in  Wirklichkeit  sind. 
es  ist  daher  ganz  natürlich ,  dasz  die  Griechen ,  als  sie  aus  dem  bei 
ihrem  rückzug  in  §  28  erwüinten ,  auf  beiden  selten  mit  buschwerk 
bewachsenen  hohlwege*  herausgekommen  sind  und  auf  der  Yon  di^ 
sem  austritt  an  unbewaldeten  höhe  die  Stadt  sehen,  dieselbe  trotz 
der  aus  der  ferne  und  von  unten  gesehenen,  aber  unbedeutend  er- 
scheinenden befestigungswerke  ftlr  einnehmbar  halten  nnd  deshalb 
die  peltasten  voraufsenden,  welche  dann  in  der  hoffiiung  auf  beute 
rasch  voraneilen,  während  Xenophon  mit  den  hopliten  entweder  an 
dieser  stelle  halt  macht  oder  sehr  langsam  weiterrückt,  worüber  aber 
Xenophon  ebenso  wenig  eine  mitteilxmg  macht  als  darüber,  ob  die 
peltasten  in  der  gewöhnlichen  marschcolonne  oder  in  breiterer  linie 
▼oraneilen.    ich  halte  wegen  des  gebrauchten  ausdrucks  irpobpa- 
^ÖVT€C  das  letztere  für  wahrscheinlich,    die  peltasten  kommen  an 
das  erste  hindemis,  an  die  XGtp<i^P<X-   diese  hält  sie  nicht  auf,  sie 
beginnen  in  dieselbe  hinabzusteigen  und  damit  den  yersuch,  das 
zweite  hindemis,  die  irpöcoboi  xc^^irai,  zu  überwinden,   bei  diesem 
durchgang  durch  die  XGipoibp<i  haben  sie  aber  die  in  §  6  erwähnte 
Kord^ctc  ^K  ToO  xuJpiou  eic  Tf|v  xapdbpav  nicht  benutzt,  weil  diese 
Kordßacic  nach  Xenophons  deutlichem  ausdrack  von  oben  ck  Tf|V 
XOpdbpav  führt,  also  nicht  durch  dieselbe,  und  weil  ich  nicht 
glaube  dasz  dieselbe  schon  an  dieser  stelle  von  den  Griechen  be-l 
merkt  ist,  weil  Xenophon  in  diesem  falle  gewis  in  §  3  bei  den  wor^ 
ten  npöcobot  x^t^^nai  schon  gesagt  hätte:  J^v  T^  £<P*  ^öc  f|  dvä^ 
ßacic  £k  Tf)c  xopdbpac  irpöc  tö  x^P^ov. 

Wenn  nun  irpöcoboc  nach  Suhle  in  seinem  Schulwörterbuch  in 
eigentlicher  bedeutung  der  weg  ist,  auf  dem  man  npoc^pxcrat,  so  isl 
nach  meiner  ansieht  der  ausdrack  npöcoboi  xotXeiraf,  der  dem  in  §  'J 
gebrauchten  ausdrack  xu'piot  T€  öp€iv&  Kai  bOcßara  gleichbedeu^ 
tend  ist,  so  zu  verstehen,  dasz  jeder  einzelne  peltast  1)  sowol  beizzj 
hinabsteigen  in  die  x<3ipdbpa  als  auch  beim  hinaufsteigen  aus  dersel* 
ben  mit  ganz  natürlichen  Schwierigkeiten  zu  kämpfen  hat,  und  2)  dasz, 
wenn  Xenophon  sagt  irpöcoboi  x^iXeiral  irpöc  tö  xuipiov,  auch  aal 

*  obwoi  Xenophon  in  §  8  diesen  hohlweg  nicht  erwähnt  und  nni 
keine  beachreibang  des  weges  bia  zur  dvui  Xibpa  gibt,  ao  wird  doch 
wie  ich  meine,  jeder  leaer  überaeugt  aein,  daas  aie  bei  der  rÜekkebl 
nach  Trapemat  denselben  weg  nehmen,  anf  dem  sie  herangezogen  aind 


FVollbrecfat:  zo  Xenopbons  apahaais  [Y  c.  8].  205 


te  gimen  nnme  zwiBchen  der  xaf^^P^  und  dem  xuipCov  der  im- 
yMDta  weg  jedem  einzelneii  peltasten  das  aarOcken  (npocßdXXeiv) 
gtgm  das  xu^piov  erschwert  welcher  art  diese  Schwierigkeiten  imd 
kndoBisse  «ind,  sagt  Xenophon  nicht;  es  sind  aber  dieselben  schwie- 
ligknteB  nnd  hindemiBse,  welche  wir  noch  heute  in  allen  gebirgen 
iafai,  wenn  wir  auf  ungebahnten  wegen  bttgel  oder  bergspitsen 
cnrtngeB.  soldie  hQgal  oder  bergspitzen  sind  in  der  Wirklichkeit  oft 
stakr  als  sie  von  unten  erseheinen,  können  also  nur  mühsam  er- 
ftngea  werden;  der  abhang  selbst  hat  kleinere  oder  gröszere  ab- 
ättii;  bdd  liegen  steine  im  wege,  bald  hindern  baumwnrzeln  oder 
Mg.  itoken,  bald  nicht  sehr  hohes  domgestrttpp  das  rasche  gehen. 
diAr  dass  der  räum  zwischen  der  x^^bpct  ^i^d  dem  xuipiov  steil 
pwemi,  haben  wir  in  Xenopbons  ausdruck  xoräßaac  einen  anhalts- 
paaet,  und  daflir  dasz  baumwurzeln  und  niedrige  stuken  im  wege 
tlAm^  spricht  die  Wahrscheinlichkeit,  dasz  die  Drilen,  um  ihre  )iir]- 
ipÖRokic  auf  dem  walle  mit  palissaden  und  tllrmen  zu  schlitzen,  in 
^cndben  hölzerne  hftuser  zu  bauen  und  dabei  noch  nach  §  23  EOXo 
fKTdki  in  bereitschaft  zu  haben,  das  holz  nicht  aus  weiter  ferne 
Wrbdgeschafft,  sondern  den  ganzen  abhang  bis  über  die  x^tpäbpo 
UasB  abgeholzt,  die  stuken  aber  zur  yermehrung  der  hindemisse 
ftr  maai  anrttekenden  feind  stehen  gelassen  haben,  auszerdem 
kitlai  die  Drilen  durch  dieses  abholzMi  auch  den  zweck  erreicht, 
voa  Dmr  bnxg  aus  einen  aus  dem  oben  erwfthnten  hohlwege  her- 
uatrsfendfln  feind  (der  nach  §  4  noch  ftlnf  bis  sechs  Stadien  yon  der 
l<9ibpQ  entfernt  ist)  so  frfih  zu  sehen,  dasz  sie  sich  zur  yertei- 
^iSQBg  der  croupdipaTa  imd  Ttjpceic  sammeln  und  in  bereitschaft 
rteUoi  konnten. 

BaUb  dass  unter  itpöcoboi  x<>^c^o(  die  Schwierigkeiten  des 
vfckeas  Aber  den  ganzen  räum  zwischen  der  xap&hpa  und  dem 
Xnpiov  ventaiiden  werden  müssen,  spricht  nach  meiner  überzeu- 
giag  das  was  Xenophon  in  §  6.  7  und  27  über  den  beabsichtigten 
^  wirklichen  rttckzug  sagt  dem  gOk  ibtivovTO  diroTp^x^^v  ist 
Mivcadig  beim  anrücken  als  gegensatz  ein  oÖK  ibOvavTO  irpoCTp^- 
|cnr;  dem  oök  direXOcTv  ^biov  ein  ou  irpoc^pxecOai  oder  irpoceX- 
^;  der  Supolboc  x^Xcir/j  die  irpöcoboi  xctXeirai  und  dem  pöXtc 
ivdiaciv  in  §  27  ein  pöXic  irpoc^pX€c9ai  oder  irpoceXOeiv  zu  den- 
^  denn  die  Griechen  sind  auf  demselben  ungebahnten  wege  zu- 
Ttdgegaagen  und  haben  auch  dabei  die  Kardßacic  entweder  gar 
^^  oder  nur  sehr  einzeln  benutzt,  weil  sie,  da  die  ganze  hftlfte  des 
3>ier  XsBophon  gegen  die  Drilen  geführten  heeres  mindestens  4000 
■>u  tfhlt,  bei  einem  marsche  einer  hinter  dem  andern  über  zwei 
■■^odcB  bis  zur  xofAbpa  nOtig  gehabt  hfttten.  so  viel  zeit  haben  sie 
^1  da  es  §  23  heiszt:  kqI  f|  yi)i  (poßepd  fjy  £iTioCca,  nicht  übrig 
gtbbt. 

Obwol  also  die  Griechen  weder  beim  anrücken  noch  beim  ab- 
ng  die  Ksrd^ac  benutzt  haben,  so  ist  ihre  erwfthnung  für  mich 
tebsdeotungSToU.  diese  gelegentliche  bemerkung  Xenophons,  die 


206  FVoUbrecht:  xu  Xenophona  anabasis  [Y  c  S]. 

er  natürlich  Tom  boten  hat,  beweist  nemlich  nach  meiner  ansidii» 
dasz  die  Korößaci^  nicht  vom  thore  der  Drilen  geradans  nach  der 
XOpdbpa  führt,  sondern  in  einem  bogen,  damit  sie  yon  einem  am 
dem  hohlwege  anrückenden  feinde  nicht  sogleich  bemerkt  werden 
kann,  als  nun  die  peltasten  nach  ihrer  ankanft  vor  der  Drilenstadt 
einsehen,  dasz  sie  dieselbe  nicht  erobern  können,  dasz  sie  bei  einem 
rfiokznge  auf  den  wegen  auf  denen  sie  gekommen  in  grosse  bedring* 
nis  gerathen,  sehen  sie  sich  nm,  ob  nicht  links  oder  rechts  ein  be- 
quemerer weg  zu  finden  sei.  da  finden  sie  allerdings  die  xaraßacic, 
allein  diese  ist  nur  iqp'  £vöc,  also  auch  unnütz,  und  deshalb  senden 
sie  jetzt  erst  einen  boten  an  Xenophon,  der  an  der  spitze  der  hopliten 
nocli  nicht  bis  an  die  x^P^^^  vorgerückt  ist. 

Die  von  den  Drilen  angelegten  befestigangswerke  bedürlm 
keiner  erlftuterung,  sie  sind  wegen  ihrer  fthnlichkeit  mit  der  römi- 
schen lagerverschanzong  zu  bekannt  und  schon  oft  genug  durch  ab- 
bildungen  Teranschaulicht.  nur  das  mOchte  ich  bemerken,  dasz  nadi 
dem  ganzen  zusammenhange  der  erztthlung  die  palissaden  und  tflnne 
so  hoch  sind,  dasz  die  Griechen  nicht  in  die  Stadt  hineinsehen  kön- 
nen und  deshalb  die  fixpa  in  der  stadt  erst  dann  bemerken,  als  sie 
durch  die  dahin  führende  strasze  in  der  Stadt  yor  derselben  ange- 
kommen sind  (§  17).  daraus  folgt  aber  dasz  die  in  §  16  erwfthnten 
fixpa  icxupd,  auf  welchen  der  vor  dem  thore  stehende  Xenophon 
feinde  ankommen  sieht,  ausserhalb  der  feste  gelegen  haben,  ft^ 
diese  ansieht  spricht  auch  der  umstand,  dasz  Xenophon  beim  er- 
scheinen der  feinde  möglichst  viele  hopliten  ausserhalb  der  stadt  xn- 
rückbehftlt,  um  gegen  einen  angriff  der  auszeihalb  der  feste  an- 
rückenden feinde  eine  hinreichende  schntzmacht  zu  haben. 

Woher  diese  feinde  kommen,  wo  i^ie  sich  bis  zu  ihrem  erschei- 
nen auf  den  höhen  aufgehalten  haben ,  sagt  Xenophon  nicht,  weil  er 
keinen  überblick  über  das  ganze  plateau  hat.  da  aber  nach  §  3  alle 
Drilen  in  diese  metropolis  gezogen  sind,  so  liegt  die  Vermutung  nahe, 
dasz  die  Drilenstadt  hinter  der  uneinnehmbaren  feste  einen  ausgang 
gehabt  hat  (vgl.  oben),  und  dasz  abteilungen  ihrer  Streitmacht  dmtfa 
diesen  ausgang  ausrücken  und  auf  den  auszerhalb  gelegenen  dxpa 
icxupd  erscheinen,  um  entweder  einen  Seitenangriff  oder,  wenn  alle 
Griechen  durch  das  vordere  thor  eindringen  sollten,  einen  angriff 
im  rücken  zu  wagen,  was  sie  bei  der  vorsieht  des  Xenophon  unter- 
lassen. 

Ottcbndobf.  Fbrduvahd  Vollbrboht. 


EBaelireiis:  nur  latdiÜBchen  anthologie.  207 

33. 

ZÜB  LATEINISCHEN  ANTHOLOGIE. 


Dm  tob  Lacwn  MUUer  in  diesen  jahrbflchem  aasftlhrlich  behan- 
daüa,  in  Rieses  samlnng  unter  nr.  727  befindliebe  gedieht,  welches 
dam  linkenden  altertom  angehlbrt,  hat  im  mittelalter  gar  manche 
wiatioBen  benroigemfen,  von  denen  eine  Biese  selbst  (später  auch 
HH^got  'earmina  medii  aevi*  s.  145  f.  nach  einer  Bemer  hs.)  unter 
den  leite  mitgeteilt  hat;  eine  Ähnliche  findet  man  im  *catalogae  des 
Mit.  des  d^partements'  IV  s.  699.  beachtenswert  ist  dasz  der  Pari- 
sam  8091  saec.  XII  nnter  jener  von  Biese  und  Hagen  edierten  varia- 
um  die  werte  hat  TkamoB  Seottus  hos  uer$u8  composuU.  dieser  codex 
Hot  nnn  hieranf  folgen  ein  bisher  unbekanntes ,  wie  ged.  727  in 
distkhen  abgefasites  stück,  welches  wol  nicht  als  mittelalterliches 
prodnet,  sondern  als  zn  derselben  zeit  wie  ged.  727  (wenn  auch  von 
cöem  andern  verfiisser)  verfertigt  betrachtet  werden  musz.  dies 
itflck  befindet  sich  auch  im  codex  Bodleianus  F.  1.  17  saec.  XTV 
(lack  727  ond  dem  zusatz).  die  mitteilung  des  kleinen  ineditum 
bitte  idi  fllr  die  'poetae  latini  minores'  verspart,  als  mir  die  so 
Biocfae  dankenswerte  beitrage  auch  zur  anthologie  enthaltende  ab- 
Iwadlimg  von  GGOts  und  GLöwe  (Leipziger  Studien  I  s.  363  ff.) 
ogcetadt  wurde,  in  welcher  nach  einer  Madrider  hs.  (aus  saec.  IX 
—I)  das  betreffende  gedieht  nun  zum  ersten  male  veröffentlicht  ist. 
di  jedoch  der  Matritenais  nicht  nur  sehr  verdorben  ist,  sondern  auch 
QDge  verse  aoslSszt,  so  will  ich  die  wenig  räum  beanspruchenden 
Twie  nach  meinem  apparat  und  mit  benutzung  des  Matritensis  hier 
ii  gtelriMrter  gestalt  folgen  lassen,  in  den  noten  bezeichnet  B  den 
Bodleiaaus,  K  den  Matritensis ,  P  den  Parisinus. 

Idem  forte  uigens  dux  quadam  mane  rubente 

Eznerat  sterili  membra  sopore  sua, 
Purpnreo  uestis  quae  comptae  tegmide  texit; 
Adque  suos  tali  famine  fatus  eratT 
6  'Snrgite  uos  iuuenes;  sterilem  depellite  somnum; 
Iiierepat  aruigenas  lux:  uigilate  uiri.' 
Hine  bnmeros  rutilis  heros  onerauerat  armis, 
Protenus  ostriferum  liquerat  atque  torum, 
Undeciesque  uirum  secum  deduxerat  unum : 
10      Alter  sl)  imdecimo  Candidus  ipse  fuit. 
Qni  simul  egressi  bis  seni  terue  quatemi, 

Üslins  (es  Item  mlitis)  K»  Item  alii  ueraas  P  inseribunt:  ooi.  B  1 1  forte 
^i^tat  das  teri]^''  sorte  qnidem  dax  P  forte  dnx  B  X  |  qnondam  P  | 
fVai«  Bis  ■tereli  X  |  menbra  P  |  8  Porporeo  X  Corporeo  B  |  neetis 
f*M  1  oestieqae  X  neetee  qa^  P  |  compte  X  P  compote  B 1 4  Adque 
^•cftM  cf  Loernrns:  Atque  eodtL  \  erar  X  |  6  iubenes  X  |  sterilem,  i  ex 
*  K I  <  eraif  enae  B  P  arbienae  X  |  7  honerauerat  B  honeraberat  (b  m. 
^  ^)  X  I  armae  X  I  8  ProUnna  B  P  |  linquerat  X  |  tborum  eodd,  1 11 
9^  CS  qae  corr.  X  |  bieceue  B  | 


208  EBaehrens:  zur  lateinischen  anihologie. 

Tres  quater  aetate  robore  gente  pares, 
Comipedum  sulcant  fulti  gestamine  fiabra, 

Passibns  aligeris  lustra  ferina  legont. 
16  Siluicolas  facili  constemunt  strage  cateruas: 

Sanguinis  innocui  funditar  nnda  rabens. 
His  iugiter  gestis  aeüier  densatns  in  imbres 

Conglomerat  nubes;  falgura  crebra  mioant 
Altiionans  sommo  resonat  de  nertioe  recior , 
20       Dans  proeeris  Signum  tecta  propinqua  peti. 
Candidns  binc  unam,  fuerat  quae  forte  propinqua, 

Orandine  conpnisos  ducit  ad  usque  domum. 
Quam  prius  arripiens  tenuit  dux  inclitus  Ater, 

Tandide'  qui  dixit,  'altera  tecta  pete. 
26  Nam  domus  baec  plures  socios  quam  parunla  nostros 

Non  teget,  ut  nitilo  lumine  cuncta  patent. 
Set  quia  mente  uiges  artisque  cacnmina  scandis, 

Duo  mea  sub  tecta  arte  regente  uiros.' 
Haec  ait  iUe  uolens  certis  praediscere  signis, 
80       Qua  ualet  artifice  Candidus  ingenio. 
Talibus  excepit  dictis  quae  Candidus  heros, 

Multiplices  uoluens  mentis  in  arce  dolos : 
'In  tua  tecta  meos  possum  subduoere  cunctos, 

Viribus  ingenio  marte  potente  uiros. 
86  Viribus  ingenium  melius,  set  praestat  et  armis: 

Ingenio  cuncta  quaeque  gerenda  bona.' 


12  Tres  B  M    Ter  P  |  (a)eUte  B  P:  om.  M  |  po9t  pares  raamra  8  fett 


9cnpn'.    -^ ■  --  r r ' 

utrba  secundum  ultimae  latiräiaHs  usum  sie  inieüegei  sigoum,  nt  aicisi  ali' 
cniiis  nobilis  tecta  petantar  |  21  nnam:  en  artiadum  Hnguamm  Roman- 
canm  |  faeratqae  M  y22.conpul8as  (comp.)  eodd.,  correxi  |  daeit  GaetttM» 
et  Loewku:  dnctus  eodd.  |  28  tenuit  dox  scripti:  ^dem  dux  P  idem  dox 
B  ednzit  M  ^it  dux  Lipsienses  \  Ater  seripsi:  alter  eodd.  |  26  qnam 
B  X  qai  P  |  nros  P  nsos  M  nros  (i*  aestros)  B  |  26  patent  earruphm 
puio ;  ut  pro  licet  potitum  tädetwr  \  27  Set  B  Sed  M  P  |  qnia  VB  qne  V 
uiges  artisque  P  uiges  arcisque  B  uige  sacrisque  M  |  28  arte  P  arce 
B  M  I  regente  eodd,  recente  Lipsienses  |  29  hec  aut  ille  X  |  certts  B  P 
herns  M  tinde  heros  Lipsienses  |  80  artifice  B  artifico  M  P  |  81  dictü 
B  P  dicens  M  |  qu^  P  quam  B  M  quem  Lipsienses  |  82  uolens  ■ 
arte  P  |  88  tecto  B  1*84  om.  M  |  marte  scripsi:  arte  B  P  sed  qua  noHone 
opus  Sit  docet  u,  86  armis  |  uiros  corruptum\  fortasse  bonos  |  86  Ingeniom. 
\k  ex  o  eorr,  M  |  86  s;  B  sed  M  P  |  praestat  scripsi:  oonstat  eodd.  |  et 
HP    in  B  y  finem  earmnis  deesse  uidenaU  Goetzius  et  Loembu, 

Gbonimqen.  Emil  Babhrenb. 


ThPlfln:  des  Horatias  elfte  ode  des  zweiten  buchs.  209 

84. 

DES  HORATTOS  ELFTE  ODE  DES  ZWEITEN  BUCHS.* 


Jka  lied,  welches  Horatias  an  Qninctios  Hirpinos  gerichtet  hat, 
vird  Ton  Einern  teile  seiner  erklSrer,  Hofman  Peerlkamp  an  der 
fpitie,  mit  besonderem  ingrimm  behandelt  und  aus  dem  kreise  Ho- 
madier  gediehte  geradem  yerstoszen;  auch  wolwollendere  finden 
biU  da  bald  dort  etwas  auszusetzen;  nur  Meineke  hat  den  mut  ge- 
kibt  das  arme  ding  geradezu  als  seinen  kleinen  liebling  in  schütz  zu 
Bebseii.  ich  bitte  nicht,  wie  es  jetzt  seltsamer  weise  oft  geschieht, 
m  entschaldigung  dafttr,  wenn  ich  das  vielbesprochene  noch  einmal 
bopredie;  ein  endgültiges  urteil  ist  noch  nicht  gefunden,  und  bis 
das  gefunden  wird,  ist  es  pflicht,  um  die  erklärung  sich  immer  wie- 
der n  mühen. 

Quid  beüieosus  Caniäber  et  Scythes  — .  man  sagt,  es  sei  unsinn 
jemand  über  die  gefahren  eines  Skjthenkrieges  damit  beruhigen  zu 
wolkn,  dass  man  ihm  entgegenhalte^  das  hadriatische  meer  trenne 
js  die  Skythen  von  Italien,  dasz  man  also  die  wirkliche  entfemung 
det  femdes  Termindere  und  die  stärker  als  das  meer  trennenden  be- 
Tflkflrten  landatrecken  ignoriere,  gewis  ist  das  unsinn.  ich  nehme 
iber  an,  der  dichter  wolle  seinen  freund  mit  dieser  geographischen 
Uiireisimg  gar  nicht  beruhigen,  er  motiviere  vielmehr  aus  des  freun- 
^^  vielleicht  aus  seinem  eignen  sinne  sogar,  die  besorgnisse  des 
fremdes:  *frage  nicht,  was  der  Skythe,  nur  noch  durch  das  boUwerk 
^  Hadriameers  von  uns  geschieden,  im  sohilde  führe.'  wOrtlich 
bu  <fie  stelle  dies  genau  ebenso  gut  besagen  wie  das,  was  man  sie 
gwöhalieh  besagen  Iftszt;  im  gedankenzusammenhang  aber  ist  jenes 
Qsnni,  dieses  sinn,  freilich  in  beiden  flülen  liegt  eine  ignorierung 
fo  Wirklichkeit  vor;  aber  eine  Unwahrheit,  welche  trCsten  soll  und 
iM  dessen  beunruhigt,  ist  Iftcherlich;  eine  hyperbel  welche  einen 
^»gitKchen  in  seiner  erregung  schwärzer  sehen  läszt  als  in  wirklich- 
Mit  aStig  ist,  kann  ernsthaft  genug  sein,  und  ernsthafte  hyperbeln 
^^  stärkerer  und  doch  verwandter  art  kommen  öfter  vor:  im 
g'^iwusti  zu  Sorem  und  Indem,  welche  unter  dem  östlichen  him- 
B^httmne  wohnen,  sieht  Hör.  nach  westen  die  Parther  über  Latium 
^oviadrohen ;  er  ermutigt  den  Maecenas,  nicht  länger  für  die  haupt- 
*^  besorgt  zu  sein,  da  Cantabrer,  Daker  und  Sl^then  geschlagen 
vordcn;  sieht  doch  Vergilius  den  Octavianus  sogar  die  Inder  von 
^  asaeni  Borns  abwehren,  und  in  den  gedankenzusammenhang 
^  gmen  Hedee  pssst  die  hyperbel  in  diesem  sinne.  *deine  sorgen' 
^  er  dem  freonde  *gehen  auf  ferne,  zukünftige  dinge :  denke  statt 
sn  den  augenblick  und  geniesze  ihn.'   also  die  gefahr  wird 


*  ▼«rriteheo  sind  anszer  den  commentaren  bis  anf  Lehrs  aad  Sehfits 
^vomde  von  Meineke,  Oruppes  Minos,  das  ZülUchaner  nrogramm 
W  von  RHaiiow  and  das  Oüatrower  prommm  1877  Ton  ThFritztche» 
***ic  fie  abh.  von  JBartseh  in  diesen  jafarb.  1878  s.  250—266. 

flrdMkpUlol.  IST»  b(tS.  U 


210  ThPlfiBt:  des  HoiatiiiB  elfte  ode  des  xweiten  buche. 

weiterhin  nicht  geleugnet;  der  wein  ist  es,  der  die  nagenden  sorgen 
vertreiben  soll,  nicht  eine  geographisch-politische  erwftgnng.  den 
Cantabrer  sodann  nennt  er  den  kriegslastigen ,  den  rasüos  kriege- 
rischen,  und  zwar  mit  affectroller  stellang  des  attribnts:  das  ist 
selbstyerstftndlich  keine  berohigang,  sondern  entweder  im  sinne  des 
Qninctius  eine  Steigerung  oder  im  sinne  des  Horatius  wenigstens  eine 
anerkennung  der  gefahr;  da  Hör.  selbst  öfter  die  geffthrlichkeit  des 
Cantabrers  mit  noch  viel  stärkeren  ausdrücken  bezeichnet,  als  es 
hier  geschieht,  so  kann  er  hier  nicht  etwa  blosz  einen  übertriebenen 
ausdruck  des  freundes  citieren  wollen,  er  erkennt  die  gefahr  eben 
an:  da  muss  doch  nach  allen  regeln  und,  was  mehr  ist,  nach  allem 
natürlichen  gefühl  das  attribut  des  Skythen  für  diesen  eine  bedeu- 
tung  haben,  wodurch  es  dem  attribut  des  Cantabrers  entspricht;  also 
auch  für  die  Skythen  steigert  der  dichter  oder  anerkennt  er  wenig- 
stens die  gefahr,  er  sieht  sie  nur  noch  durchs  Hadriameer  von  Ita- 
lien geschieden. 

Nee  trepides  in  usum  poscentis  aevi  pamca.  man  fragt:  ist  es 
lateinisch  oder  Augusteisch  trepidare  in  äUquam  rem  su  sagen?  ich 
würde  nicht  fragen:  sagt  man  lateinisch  esse  in  äUquam  remf  oder 
aber  ich  würde  mir  die  frage  mit  nein  beantworten  müssen;  und 
doch  ist  die  redensart  est  in  rem  gut  lateinisch,  hfttte  ich  den  aus- 
druck zu  erklären  candere  urbem  in  apem  cMumitatis  oder  Capwm 
captam  osteniare  in  fidem  rerum  secundarum^  so  würde  ich  meine  Zu- 
flucht nicht  nehmen  zu  der  grammatischen  zulässigkeit  eines  amdere 
in  äUquam  rem  u.  dgl.  nein,  jenes  tu  rem  im  sinne  von  *in  der  rieh- 
tung  des  gegenständes,  im  sinn  der  sache,  zum  vorteil,  vorteilhaft' 
ist  eine  feste,  geschlossene  redensart  fast  ac^ecti vischen  sinnes  ge- 
worden, und  ich  verbinde  sie  als  prädicatsbestimmung  auch  mit  esse, 
ebenso  sind  in  spem^  in  fidem  ^  in  gratiam  oMcmAS  oder  cMcum  rei 
geschlossene  adverbiale  Verbindungen,  welche  sehr  wol  mit  verben 
verbunden  werdet  können,  die  sonst  überhaupt  nicht  oder  in  gani 
anderm  sinne  mit  in  und  acc.  verbunden  werden,  die  frage  ist  nicht 
eine  grammatische,  sondern  eine  logische:  kann  logischer  weise  zb. 
zu  dem  in  sich  geschlossenen,  absoluten  aasdruck  urbem  candere 
unter  umständen  eine  adverbiale  bestimmung  hinzutreten,  welche 
sagt,  in  welcher  absieht,  auf  welche  hoffnung  hin  man  die  Stadt 
gründe?  an  unserer  stelle  also  sage  ich:  in  usurn  alicmus  oder  aU- 
cuius  rei  ist  eine  Verbindung  im  sinne  von  *zum  zweck  und  ziele  der 
benutzung  durch  jemand  oder  ftlr  etwas* ;  so  findet  sich  bei  Livius, 
nur  ohne  genitiv  dabei,  der  ausdruck  piures^  quam  quot  saiis  sunt 
in  usum^  ignes  accendere  *mehr  feuer  anzünden,  als  zum  zwecke 
der  benutzung  durch  die  Soldaten  nötig  sind' ;  der  dichter  der  viel- 
leicht unechten  strophe  Hör.  carm.  III  3,  49  fif.  hat  die  werte  hu- 
manos  in  usus  omne  sacrum  rapiente  dexira^  und  es  ist  nicht  etwa 
zu  construieren  rapere  in  äliquam  rem^  was  einen  ganz  andern  sinn 
hat,  sondern  rapere  hat  für  sich  den  geschlossenen,  absoluten  sinn 
von  ^rauben ,  wegrafifen*,  und  dazu  wird  hier  auf  die  frage  'zu  wel- 


TliFlfiis:  dflB  Hontiiu  elfte  ode  des  sveüen  bacbs.  211 

Am  nraeke?  za  weaaen  bennisong,  zu  wessen  nutz  und  frommen  ? ' 
die  Mimmnng  fainzngeftlgt  *ziim  zweck  der  mancherlei  benntzangen 
dock  die  menschen*;  die  trinkbecher  nennt  Hör.  noH  in  usum 
luiitiüe  scupM:  ancfa  der  grandbedentung  von  nasd  'entstehen, 
giboran  werden'  liegt  die  bedentnng  'bestimmt  werden  wozu'  noch 
fen,  es  ist  sbeolnt;  aber  es  ist  logisch  und  natflrlich ,  dasz  eine 
tAb  Ton  bestünmnngen  der  zwecke  und  ziele  dieses  werdenden 
(ineiis «ttiiasd  und  fiaäts  sich  anschlieszen:  Cicero  wagt  sogar  das 
klkw  MSMMir  m  umseriam  sempUemamy  Hör.  gebraucht  das  weit 
raifv  kOhne  mdw  im  itmum  laetiHae  'geschaffen  und  existierend 
asots  und  frommen,  zum  dienst  der  frOhlichkeit'.  also  an  unserer 
ilaBt  wiederum  heiszt  m  uaum  aevi poscenHs pauca  wörtlich:  'zum 
iweek  dar  benuftiung  durch  eine  Zeitdauer,  zu  nutz  und  frommen 
eiser  Mit  weiche  weniges  fordert',  kann  denn  nun  logisch  diese 
bettnoBg  mit  dem  b^giriff  trepidare  verbunden  werden? 

MfiitiH  bedeutet,  wie  die  alte  und  die  neue  etymologie  sagt, 
'neh  iz  Verlegenheit  hin  und  her  wenden';  es  bezeichnet,  wie  der 
spodigshrBach  namentUoh  der  historiker  zeigt,  ein  hastiges  hinund- 
hffhafcn  im  znatande  und  gefUhle  der  innem  aufregung  oder  angst; 
^  b^giiff  der  eile  und  der  begriff  des  hinundher  erscheinen  Überall 
wkmdn,  daher  überall  der  sinn  der  Unsicherheit  und  innem  er- 
npag:  das  scbene  bSchlein  bei  Hör.  strengt  sich  gewaltig  an,  sich 
cveiBBhssten  im  zickzacklanf  seines  gerinnes,  und  man  sieht  ihm 
»tetlich  die  innere  aufregung  an,  mit  der  es  um  alle  ecken  und 
hsfta  hemmlftiift;  das  leben  des  Hör.  hat  sich  hasten  müssen  das 
idu  Instnim  nbsuschlieszen,  und  weil  das  schon  einige  angst  und 
ä^tg^osiet  hat,  ist  das  urteil  des  dichters  über  die  reize  der  blon- 
^jaagsBPhjll^  um  so  unparieiischer.  aus  diesem  hinundhereilen 
a  wwicherer  hast  und  enegung  folgt,  wie  schon  die  lexika  zeigen, 
im  bfdwrtnng  einer  angeregten  geschftf ügkeit  und  hastigen  viel* 
peMfligkeit,  die  wol  ein  ziel  hat,  aber  vor  sich  selber  nicht  recht 
na  ode  kommen  kann  —  etwa  wie  die  fliehenden  mftuse  bei  Phae- 
^  Tor  den  engen  mauselOchem  umherhasten  und  sich  abmühen 
'SB! n  kommen:  cum  eicM  imfres • .  artos  dreumtrepidar^U  com», 
^  vie  bei  den  historikern  bei  plötzlichem  alarm  die  Soldaten 
3Kk  Mh  SU  waffiien  und  zu  ordnen  suchen  und  vor  hastigem  rennen 
^  iadsB  nicht  rasch  genug  zur  Ordnung  kommen,  sehe  ich  von 
^  «Wien  tu  «iwii  aein  vorlftufig  noch  ab,  so  passt  auch  das  nee 
^ffiim  m  dem  zuletzt  erwihnten  sinne  sehr  gut  zu  den  vorangehen- 
^  «orten,  man  hat  in  die  werte  nee  trepides  freilich  durchaus 
^  an  bringen  wollen:  'suche  doch  nicht  Ängstlich  dir  besitz  und 
^^^f^^m  zu  erwechen';  aber  was  haben  denn  etwaige  neue  Can- 
^>^-  ond  Skythenkriege  mit  dem  erwerb  zu  thun?  ist  Hirpinus 
P^äadmaok  und  börsenmann?  sollen  seine  gedenken  und  plftne 
^  te  swigkcit,  von  denen  der  dichter  nachher  redet,  nahrungs* 
4e  gftodangssorgen  sein?  und  die  Unsicherheit  finanzieller  unter* 
sollte  der  dichter  mit  den  blumen  des  frfihlings  und  dem 

14* 


212  ThPlOas:  des  HoraiiuB  elfte  ode  des  sweiten  buchB. 

wechselnden  monde  illostrieren?  dann  hfttte  freilich  das  sefafine  Ued 
II  6,  das  man  in  neuester  zeit  zu  einem  gedichte  über  Wohnungs- 
not gemacht  hat,  an  unterm  gedichte  hier  ein  würdiges  pendant. 
die  Verbindung  der  beiden  gedanken  'frage  nicht  nach  den  drohen- 
den kriegsgefahren'  und  *sei  doch  nicht  ängstlich  wegen  erwerbs  too 
besitz'  wftre  um  so  wunderlicher,  als  sie  durch  die  partikel  nee  ver- 
mittelt ist;  nee  statt  neve  oder  neu  bezeichnet  doch  dasz  der  zweit« 
gedanke  kein  neues,  selbstfindiges  verbot  bringt,  sondern  nur  die 
nfthere  bestimmung  der  ausführungsform  für  das  vorangehende  ge- 
bot oder  verbot  gibt:  au^ne  Utero  nee  speme  'schlag  zum  gawinn, 
indem  du  nicht  verschmähst';  ne  quaesieris  nee  tempUmB  'fnge 
nicht  nach  der  Zukunft  und  versuche  also  nicht',  so  hier:  'lass  ab 
vom  fragen  und  sinnen  über  die  kriegspläne  der  Cantabrer  und  Sky- 
then, indem  du  also  nicht  in  hast  und  vielgeechäftigkeit  dich 
plagst.'  also  nicht  den  neuen  und  mindestens  überraschenden  ge- 
danken von  der  sorge  um  erwerb  und  besitz  bringt  nee  tr^^ides^  son- 
dern den  blosz  genauer  ausführenden,  und  non  tr^pidare  steht  zu  r^ 
mütere  quaerere  im  gleichen  Verhältnis,  wie  an  den  vorhin  angefllhr- 
ten  stellen  non  temptare  zu  non  quaerere  und  non  apemere  zu  einem 
zu  denkenden  non  apponere  lucro^  also  in  dem  verhälinis  eines  syno- 
nymen, blosz  generelleren  oder  specielleren  begrifElar.  insofern  pass; 
der  oben  erörterte  sinn  von  trepidare  'sich  geschäftig  mühen,  qufilen'. 
wie  gesagt,  recht  gut  zu  den  vorangehenden  Worten;  es  fragt  sich 
nun  blosz,  ob  es  auch  zu  dem  passe  was  folgt:  tu  usum  aevipauca 
po8oeint%8y  was  also  mit  den  werten  'sich  ängstlich,  hastig  bemtthen 
zum  zwecke  der  benutzung  durch  eine  zeit  die  weniges  verlangt' 
gemeint  sei.  ich  erinnere  an  das  lied  m  29 :  Maecenas  sorgt  orni 
fürchtet,  was  wol  die  Serer,  die  Baktrer  oder  die  Skythen  für  ge- 
danken und  plane  haben  mögen,  und  da  meint  Hör.,  gott  habe  die 
Zukunft  weislich  verhüllt  und  lächle,  wenn  ein  sterblidier  mehr 
als  recht  sei  sich  mühe  und  quäle,  die  stelle  ist  für  uns  wichtig: 
trepidare  wird  hier  ebenfiEdls  im  sinne  von  'sich  mühen,  sich  abquälen* 
gebraucht,  Nauck  übersetzt  es  auch  so,  und  es  wird  gebraucht  ganz 
von  denselben  politischen  sorgen  um  die  Sicherheit  des  reiches,  tos 
denen  wir  es  an  unserer  stelle  verstanden  wissen  woUenff  es  bezeich- 
net das  vielgeschäftige  bemühen,  durch  befragung  der  freunde  fern 
und  nah,  durch  haschen  nach  politischen  nachrichten,  durch  poli- 
tische co^jecturen  und  combinationen ,  durch  befragung  des  Schick- 
sals auf  allerlei  art  sich  über  die  läge  und  den  bestand  des  reiches 
zu  versichern;  endlich  —  und  das  ist  ebenfalls  wichtig  —  sagt  Bor. 
in  den  worten  an  Maecenas  deutlich,  dasz  dessen  bemühen  und  sor- 
gen darum  nutzlos  sei,  weil  der  mensch  die  zuknnft  doch  nicht 
wissen  und  für  sie  nicht  versorgen  könne,  zweierlei  ist  mir  nach 
dieser  stelle  unzweifelhaft:  erstens  dasz  trepidare  in  solchem  sinn^ 
von  politischen  sorgen  und  mühen  gebraucht,  durchaus  eine  bestim- 
mung des  Zweckes  bei  sich  haben  kann,  und  zweitens  dasz  die  Zeit- 
dauer, welche  nutzen  haben  soll  von  den  politisdien  sorgen  und 


ThPlfisa:  des  Horatias  elfte  ode  des  zweiten  bndiB.  213 

aflha,  eme  ziikfinllige  ist,  ftlr  die  eben  ein  solches  bemühen  doch 
utikH  bleibt,  es  finsgt  sich  aberi  ob  wir  die  daner  der  dinge  über- 
linpt  oder  die  daner  des  reiches  oder  die  des  Hirpinns  und  seines 
IthioB  Tentehen  sollen;  aevurn^  mit  dem  gmndbegriff  der  zeitlichen 
daner,  kian  nnter  umständen  die  dauer  im  weitesten,  höchsten  sinne, 
dieewigkeitY  besdcfanen,  es  kann  die  relative  dauer  menschlicher 
diflgs  odtr  eines  menschliehen  lebens,  also  die  zeitlichkeit,  bedeuten, 
Tad  dss  ist  die  gewöhnlichste  bedeutung;  in  letzterer  anwendung 
km  wiedemm  die  dauer  des  ganzen  daseins  oder  lebens  oder  die 
lUDM  der  bisherigen  dauer  oder  aber  die  zukünftige  dauer  damit 
fuomi  sein«  hier  steht  aevum  ganz  ohne  besondere  unterscheidende 
Mmmnng  —  denn  posceniis  pauca  ist  offenbar  nicht  unterschei- 
deodcs  sttribnt,  sondern  es  ist  prttdicativ  gebraucht  und  gibt  den 
grasdin,  warum  Hirpinns  nicht  Ängstlich  bemüht  sein  soll,  unter- 
scbeited  anch  deshalb  nicht,  weil  man  von  jeder  der  oben  genannten 
viel  wenigstena  der  relatiyen  dauer  sagen  konnte,  sie  fordere  weni- 
ges — ,  fenier  steht  aevum  in  einer  Stellung  zwischen  poscenUs  und 
potMt  öasz  es  ganz  tonlos  gesprochen  werden  musz  als  ein  begriff, 
der  m  zosemmenhang  rOllig  selbstyerstttndlich  ist:  aus  beiden  grün- 
de! Bekme  ieh  aevum  hier  in  der  allgemeinsten,  selbstverstttndlichsten 
Msntimg  Ton  der  relativen  dauer  der  dinge  überhaupt,  von  der 
uitKehkeit,  so  dan  die  dauer  dee  reiches  und  die  dauer  des  Hirpinns 
SV  in  dem  allgemeinem  begriff  mit  enthalten  sind,  der  zusammen- 
lag ergibt  auazerdem,  wie  gesagt,  dasz  an  eine  noch  nicht  vergan- 
gne,  sondem  erst  kommende  zeitlichkeit  gedacht  ist.  zu  nutz  und 
^raiBBeD  dieser  seitlichkeit  also  quält  sich  Quinotius,  er  sucht  sie 
nit  Minen  gedaaken  und  planen,  seiner  politischen  thätigkeit  sicher 
tsd  gHteklich  zo  machen,  natürlich,  damit  das  reich  und  Italien, 
«M  miibtti^er  und  er  selbst  in  dieser  zeitlichkeit  ebenfalls  sicher 
=ad  gHlddieh  bestehen  und  leben  mögen« 

Dieses  b^nühen  aber,  sagt  ihm  der  freund,  soll  er  lassen:  denn 
üe  ttitHdikmt,  Air  die  er  so  vielgeschäftig  ist,  fordert  nur  weniges, 
nebt em  weniges  Ton  reichtum,  macht,  genusz,  sondern  eben  ein 
voigss  Ton  sorgen,  mühen  und  geschäftigkeit;  man  kOnnte  trepi- 
dw,  wie  es  aneh  einzelne  lezika  richtig  thun ,  durch  sat  agere  und 
*itti  sfere  wiedergeben.  Hör.  gibt  denselben  sinn  ein  andermal 
^vcb  vimmm  cavere  wieder,  und  zu  diesem  satj  müUa,  nimium  im 
begriff  von  irepidare  ist  unser  pauca  der  ganz  entsprechende  gegen- 
*^  in  dem  liede,  worin  Hör.  die  Sehnsucht  der  menschen  nach 
1^  snd  Seelenfrieden  schildert,  ruft  er  aus:  quid  hrevi  farUs  iacu- 
•^■r  oese  wtuUa?  man  hat  auch  da,  wie  an  unserer  stelle,  an  das 
Jtpi  nach  besitz  gedadit,  aber  gewis  mit  gleichem  unrecht:  denn 
^Blaige,  welcher  nach  der  folgenden  Schilderung  nach  südlichen 
VI«  zieht,  welcher  das  kriegsschiff  besteigt  oder  im  reitergeschwa- 
^  dskin  sprengt,  will  ja  in  der  fremde,  in  see-  und  landkrieg  nicht 
P^  sad  ehr»  gewinnen,  sondem  der  innem  unrnhe,  sich  selber  ent- 
^^>ka,  saf  reisen,  in  abenteueryoUem  leben  den  Seelenfrieden  fin- 


214  ThPlüBs:  des  HoratiaB  elfte  ode  des  zweiten  bnchs. 

den;  und  da  fragt  ihn  der  dichter:  warum  ao  vielei  nmstXndliohe  an* 
stalten,  so  viel  plane  und  gedanken  um  hin  ziel?  warum  so  mutig  in 
diesen  vielen  Unternehmungen,  da  du  doch  über  solchen  vorbereitan- 
gen  und  anstalten  hinsterben  kannst,  ehe  du  das  6ine  siel  emicht 
hast?  da  du  mit  diesen  anstalten  das  siel  doch  nicht  erreichst?  ea 
entspricht  also  der  ausdruck  muUa  taentort  dem  ausdruck  tnpidare 
an  unserer  stelle,  und  das  wort  muUa  dort  hat  an  unserm  jNWoa  hier 
seinen  genauen  gegensatz. 

Welches  ist  nun  aber  der  Zusammenhang  der  eben  erlluterten 
Worte  mit  den  asjndetisch  angereihten  folgenden  fuffU  rdro  houm- 
vefUas?  man  faszt  das  letztere  als  eine  begrttndung  zum  erstem,  und 
ich  kann  nach  der  art  solcher  asyndeta  auch  nichts  anderes  darin 
sehen;  aber  was  wird  begrtlndet?  dasz  die  zeitliohkeit  ftberfaaopt 
wenig  mühe  und  sorge  verlange?  oder  dasz  Quinctius  sieh  nicbt 
quälen  solle  um  dieser  wenig  fordernden  zeiÜichkeit  willen?  icb 
glaube,  das  zweite,  man  hat  die  worte  fugü  retro  levis  HMWHfoi  usw. 
freilich  auch  allgemein  als  eine  Charakteristik  alles  menschlichen 
lebens  verstanden;  aber  ist  denn  das  menschliche  leben  von  Jugend 
auf  und  ins  hohe  alter  hinein  fortwährend  ein  zustand  des  Übergang) 
der  vollen,  weichen,  blühenden  jugendfülle  in  daa  gnaoe,  trockene 
alter?  nein,  dieser  Übergangszustand,  wie  ihn  die  beiden  gleich- 
zeitigen thätigkeiten  fugü  iuvenias  und  paMente  caimtie  bezeiehnen,  ist 
ein  ganz  specieller,  welcher  im  reifem  mannesalter  eintritt,  und  wir 
können  also  diese  altersbeschreibung  nicht  als  Charakteristik  des 
menschlichen  lebens  übeiiiaupt,  sondern  nur  als  Charakteristik  de6| 
kritischen  alters  betrachten,  in  welchem  augenblicklich  Hirpinoä 
und  mit  ihm  wol  auch  Horatius  steht,  ich  stelle  mir  also  den  Hirj 
pinus  als  einen  mann  vor,  bei  dem  das  haar  grau  wird,  bei  dem  die 
Schönheit  und  die  Weichheit  und  glätte  von  gesiebt  und  leib  ein« 
Jüngern  mannes  im  Übergang  begriffen  ist  in  die  trockene  härte  d 
alters,  bei  dem  die  liebe  das  ungestüm  und  den  Übermut  ablegt  on 
der  schlaf  nicht  mehr  der  freundliche,  stets  zuvorkommende  und  be| 
liebig  lang  bleibende  freund  ist,  sondern  der  praktisch  uaentbehrj 
liehe,  aber  nur  auf  bestimmte  zeit  und  dauer  sich  eineteilende  dienel 
wird;  und  alles  dies  trat  bei  einem  sinnlichen,  nervösen,  rasch  leben 
den  und  rasch  sich  verlebenden  geschlechte,  wie  das  der  letzten  bOr 
gerkriege  war,  gewis  früh  genug  ein;  mit  weiss  sieh  fftrbeDdei]| 
haare  und  gedämpftem  liebesfeuer  schildert  sich  Hör.  selbst  in  einez^ 
gedichte,  welches  man  aus  andern  gründen  ungefähr  in  derselbeij 
zeit  entstanden  denkt  wie  das  unsrige.  statt  aber  so  die  aituatio] 
und  die  figuren  in  aller  lebendigkeit  zu  nehmen,  wie  sie  uns  de] 
dichter  gibt,  hat  man  mit  wunderbarer  kunst  der  erklärung  aus  on 
serer  zweiten  Strophe  herausgelesen,  dasz  die  beiden  gestalten  nocl 
jugendliche  männer  seien,  und  hat  darauf  mit  unerbitÜich  folgericfa 
tiger  logik  in  einer  spätem  Strophe  die  grauen  haare  der  beiden  si 
unpassend  für  zwei  solche  Jünglinge  erklärt  und  sie  irgendwie  andei] 
zu  färben  oder  als  unechtes  haar  zu  beseitigen  gesucht,  wenn  denl 


V 


TliPltlBs:  des  Horatias  elfte  ode  des  zweiten  bachs.  215 

tber  mit  den  worten  fugit  räro  nsw.  Hirpinns  geschildert  wird, 
diBB  k^hmen  die  merkmale  des  kritischen  alters  eines  Hirpinus  keine 
beweise  sein  dafllr,  dasz  die  daner  menschlicher  dinge  nnr  wenig 
ncge  and  mühe  verlange  —  wol  aber  eine  begrftnduag  daftir,  dasz 
Hirpinns  bei  seinem  alter  erst  recht  sich  diese  gar  nicht  erforder- 
bebin  sorgen  um  die  zeitlichkeit  nicht  machen  darf.  *mfihe  dich  nicht 
MTiel  nm  dinge  die  mit  aller  mfihe  doch  nicht  zn  ändern  sind  —  du 
wirst  alt,  lieber  freund,  und  es  ist  zeit  dasz  du  7om  leben  noch  ge- 
akoest  was  du  kannst!  *  man  mnsz  blosz  nicht,  wie  man  es  gethan 
ist,  den  Hirpinns  ftUr  eine  alte  Jungfer  ansehen ,  mit  der  man  klttg- 
Ikker  weise  über  ihr  alter  besser  nicht  spricht,  wenn  man  sie  nicht 
Torletien  wüi;  auch  darf  man  nicht,  wie  man  angenommen  hat^  an- 
oehmen,  Hör.  wolle  seinen  freund  ttber  die  dauer  und  den  bestand 
des  reiches  and  seines  eignen  lebensglttokes  beruhigen  und  ihm  ein 
lug«,  sicheres  leben  und  besitzen  prophezeien:  dann  freilich  wftre 
«ae  10  deutliche  erinnemng  an  das  kommende  alter  und  seine  ent- 
behmngen  sehr  unzweckmttszig.  nein.  Hör.  sagt  ja  imgegenteil: 
'&  Sl^then  stehen  schon  drüben  ttber  dem  Hadriameer:  morgen 
kteeB  wir  es  nicht  mehr,  darum  laszt  uns  heute  leben!'  ebenso 
offen  und  männlich  wie  diese  anerkennung  der  drohenden  gefahr  ist 
<ier  kiaweis  auf  das  nahende  alter. 

'Nicht  immer  behalten  die  frtthlingsblumen  ihre  zier,  und  der 
beute  Toll  leuchtende  mond  zeigt  nicht  immer  dies  6ine  angesicht: 
was  qallst  du  dein  herz  mit  gedanken  fttr  zeit  und  ewigkeit,  da  es 
4odi  dazu  nicht  stark  genug  ist?'  so  fährt  <M  dritte  Strophe  fort. 
«Mh  hier  iat  die  mahnung  ausgesprochen:  ^kttmmere  dich  nicht  nm 
<üe  mknnft',  aber  sie  ist  Ton  einer  andern  seite  her  begründet  als 
TQffkin  in  der  zweiten  strophe.  dort  hiesz  es:  *mache  dir  nicht  nutz- 
ki  so  Tieleriei  sorgen:  denn  die  zeit  zum  gemessen  ist  bald  yorbei'; 
bier  heiszt  es  mit  chiastisch  gegen  vorhin  yerftnderter  Stellung  von 
iKgrUndung  und  begründetem :  ^nichts  in  der  weit  dauert;  also  mache 
&  keine  sorgen  um  dauer  und  bestehen.'  dort  eine  begrttndung 
pcnOnlicher  art  ans  dem  kritischen  alter  des  freundes  selber,  hier 
Ä  allgemeine  aus  dem  wesen  der  weit,  in  welcher  nichts  besteht 
A  der  unbestand;  dort  eine  abmahnung  von  der  hastigen  vielge- 
•eUtigkeit  um  die  zukunft,  hier  von  zukunfts-  und  dauergedanken 
ttnhsnpt.  diese  art  einen  gedanken  zweimal,  aber  jedesmal  von 
^9ef  Badem  aeite,  mit  asyndetischer  anreihung  der  beiden  perio- 
d«  «aeinander,  mit  anaphorischer  oder  chiastischer  Ordnung  der 
periodcnglieder  dannstellen,  ist  gut  Horazisch.  mit  anaphorischer 
^OQg  zeigt  diese  form  zb.  gleich  das  nnseip  gediohte  voran- 
rbcnde  anLicinius;  chiastisch  sind  folgende  perioden:  *  wenn  du 
V«  Telephns  sprichst,  verzehrt  mich  unauslöschliche  glnt;  feuer 
^«nekrt  nudi,  wenn  ich  an  dir  die  spur  des  wilden  sehe';  *ich  singe 
doas  Ualfln,  Agrippa,  so  wenig  wie  ich  eine  Dias  singe:  ich  bin  zu 
J^waeh  tu  beidem;  niemand  ist  stark  genug  beiden  der  Hiaa  zu 
:  ich  also  singe  leichtere  Ijedohen.'  den  ausdruck  oonsüla 


216  ThPlfl88:  deB  HoraÜns  elfte  ode  des  zweiten  bucht. 

aetema  fasse  ich  folgerichtiger  weise  in  demselben  sinne  wie  Torher 
trepidare  in  usum  aevi,  also  aäemus  im  sinne  der  relativen  daner 
menschlicher  dinge,  consüia  im  sinne  der  politischen  gedanken  and 
entwUrfOy  mit  denen  sich  Hirpinns  qnftlt  und  die  anf  den  bestand  und 
die  dauer  des  römischen  reiche  und  damit  des  daseins  seinerein* 
wohner,  Hirpinns  inbegriffen,  gerichtet  sind. 

Dieser  erste  teil  unseres  liedes ,  die  drei  ersten  Strophen  um- 
fassend ,  ist  negativ ,  abmahnend  von  zaknnfts-  und  daueigedanken; 
die  übrigen  atrophen  bilden  dazu  den  positiven  zweiten  teil,  eine 
mahnung  zum  genusz  des  allernächsten  augenblicks.   der  negatiTe 
erste  teil  war  seiner  natur  gemftsz ,  eben  weil  er  negativ  und  weil 
er  einleitend  war,  ruhig,  sententiös,  argumentierend  gehalten;  der 
zweite  teil  ist  von  einer  lebendigkeit  der  anschauung,  von  einer 
dramatischen  unmittelbarkeit  der  darstellung  und  einer  dramatisch 
sich  steigernden  Stimmung,  dasz  von  einem  solchen  dichter,  wenn  es 
denn  nicht  Hör,  sein  sollte,  nicht  blosz  Hör.,  sondern  auch  recht  viele 
moderne  lyriker  lernen  könnten,  und  diese  dramatische  lebhaftigkeit 
ist  für  den  zweiten  teil  ebenfalls  naturgemftsz:  es  gilt  den  sinnenden, 
planenden  politiker  aus  dem  grauen  nebel  der  zukunftsspecnlation 
mit  6inem  schlage  unter  die  grünen  bäume  des  lebens  zu  versetzen; 
es  soll  ja  der  allemächste  augenblick  schon  sein,  der  genossen  wird, 
da  für  den  nächsten  schon  keine  Sicherheit  mehr  ist.  'idso  keine  mfib- 
seligen  umstände,  um  gottes  willen  nicht:  unter  eine  hohe  platane, 
wenn  du  willst,  oder  hier  gleich  unter  diese  pinie,  so  ohne  weiteres 
hingelagert;  duften^  rosen  und  assyrische  narde  in  die  grauen  haare» 
und  dann  getrunken!  — -  ja,  er  zerstreut  sie,  ich  spür*  es,  der  gott 
der  freude  zerstreut  die  nagenden  sorgen,   da,  wer  läuft  von  euch 
pagen  hin  und  kühlt  den  hitzigen  Falemer,  gleich  aus  dem  quell,  der 
hier  vorbei  flieszt?  du,  hol  uns  die  Lyde  mit  der  laute  zur  gesell- 
Schaft  her!' 

Der  anstosz,  den  man  in  diesem  teile  des  gedichts  an  den  werten 
sub  aUa  vd  platano  vd  hac  pitiu  iacenies  genommen  hat,  braucht  nicht 
genommen  zu  werden,  wenn  man  nur  die  dramatische  lebhaftigkeit 
der  anschauung  nicht  verkennt:  Hör.  sieht  sich  in  einem  park  oder 
garten,  und  um  die  nächsten  augenblicke  zu  genieszeui  will  er  eine 
hohe  platane  oder  sonst  einen  bäum  aufsuchen,  in  dessen  schatten 
es  sich  behaglich  zechen  lasse;  da  sieht  er  zu  allemächst  eine  pinie, 
und  auf  diese  weist  er  hin:  *oder  hier  gleich  unter  der  pinie  —  das 
ist  noch  einfacher.'  auch  an  den  grauen  haaren,  um  welche  die  beiden 
zecher  rosen  duften  lassen  vrollen ,  hat  man  unnötiger  weise  anstosz 
genommen:  die  färbe  passt,  wie  schon  bemerkt,  durchaus  zur  zweiten 
Strophe  und  zum  britischen  alter  der  beiden  freunde,  freilich  ge- 
wissenhafte erklärer  sagen,  wenn  die  jugendfrische  noch  im  fliehen 
sei,  sei  doch  nicht  gleich  das  dürre,  graue  alter  da,  und  wenn  das  grau 
des  alters  noch  dabei  sei  die  Jugendblüte  zu  vertreiben,  so  sei  dju 
alter  noch  nicht  grau,  sondern  werde  es  erst,  wie  weit  derproces:> 
dee  ergrauens  vorgerückt  war,  wissen  wir  nicht  und  brauchen  wir 


ThPlfiiB:  des  Hontiiu.  elfte  ode  des  zweiten  bnclis.  217 


IUI  poetiaeben  ▼entfindnis  glfieklicfaerweise  nicht  zu  wissen;  aber 
das  ii  der  vonieUnng  Ton  swei  rosenumkrttnzten  gnukOpfen  ein 
bebr,  flbermtttiger  und  für  verebrer  Anakreons  und  Zeitgenossen 
da  HonÜus  nicht  etwa  anstOsziger  Widerspruch  sich  ausspricht,  der 
nr  bikdiaatischen  stinunung  des  zweiten  teiles  der  ode  sehr  gut 
idauDt,  das  glaube  ich  zu  fthlen,  und  zu  diesem  kecken,  ttbenntttigen 
t«,  dordi  welchen  der  dichter  seinen  freund  in  andere  Stimmung 
bringoi  will,  wflrde  selbst  eine  Übertreibung  der  thatsttchlichan  er- 
kaslMrkeit  dee  alters,  wenn  eine  solche  ttbertreibung  hier  yorll^e, 
ndt  wd  stimmen,  also  dasz  die  beiden  freunde  auf  einmal  gans 
Tertroeknete,  eisgraue  greise  geworden  seien,  davon  ist  hier)  in  der 
Ticrtea  itrophe,  gewis  nicht  die  rede,  und  ebenso  versteht  man  die 
nr«te  ttroj^  grundfalsch,  wenn  man  meint,  mit  der  zeit,  wo  das 
trockoie,  graue  alter  die  Jugendblüte  und  jugendfreude  vertreibe, 
m  ea  wüke%  greisentnm  bezeichnet;  man  denke  sich  doch  bloss 
jogesd  ond  alter  so,  wie  es  der  dichter  will,  als  zwei  persönliche 
oldile  and  gestalten ,  die  sich  in  das  menschliche  leben  und  die 
iwnditft  darflber  teilen,  doch  so  dasz  zwischen  den  unbestrittenen 
b«rgckiftsgebieien  der  einen  und  der  andern  die  streitigen  durch- 
ud  fikeigangsgebiete  liegen:  ganz  von  selber  stellt  man  sich  dann 
die  jogsnd  als  eine  gestalt  von  frischer,  blflhender  kraft,  von  glatter, 
nudlcser  Weichheit  vor,  das  alter  als  eine  verschrumpfte,  graue, 
gifmliche  erscheinung,  und  man  ei^ennt  im  reifem  männlichen  alter 
ua  tignneaden  oder  ergrauten  haar  und  an  der  hartem,  durchftirchten 
bot  das  siegreiche  vordringen  des  grauen,  trockenen  alters  und  das 
kUinlUiebe  lurfickweichen  der  blflhenden,  glatten  Jugend,  ohne  dasz 
<icfv«g^  wie  über  nacht  der  mann  zum  greise  geworden  wttre. 

dtirkem  anstosz  gibt  die  bezeichnung  der  lautenspielerin  Ljde 
^  dinie.  und  gewis,  ein  ehrenname  ist  soarium  nicht,  aber  es  be* 
täcbet  auch  nicht  unmittelbar  wie  merärix  das  gewerbe ,  sondern 
^  iseh  ableitung  und  neutralform  ein  bildlicher  volksausdruck,  und 
>U  ideher  ist  ^es  immerhin  geeignet  auch  scherzhaft  gebraudit  zu 
*<tdai.  und  mich  dünkt,  in  der  Stimmung  in  welcher  Hör.  hier  am 
•^■»e  des  zweiten,  des  dramatischen  teiles  unserer  ode  spricht, 
v«e  ichoa  mitten  in  das  improvisierte  Zechgelage  und  dessen  wein- 
^VM  hinein  versetzt  ist,  wo  er  schon  keck  den  grauen  haaren  trotz 
i!*bolcn  hat,  in  dieser  etwas  tumultuarisch  bakchischen  Stimmung 
:vder  Junggesellen  ist  der  ausdruck  zwar  drastisch  derb,  aber  auch 
^fuoa&eh  lebendig  ^-  dasz  er  auch  streng  thatsächlich  für  wesen 
*ie  Ljrde  der  bezeichnende  sei,  ist  ja  nicht  zu  bezweifeln,  übrigens 
'»B  das  seltsamst  klingende  snbstantivum  seinen  richtigen  ton  und 
KUag  bekommen  durch  sein  attribut:  Hör.  nennt  Ljde  devium 
'^'twm.  wenn  freilich  Peerlkamp  in  der  küstlich  ingrimmigen  laune, 
•B  «dcfaer  er  gerade  unser  lied  behandelt  hat,  den  grimmig  kurzen 
^<viit  fUurt,  weil  devms  heisze  Won  der  strasze  fem%  so  bedeute  es 
bct  'inirgittd  einem  engen  seitengftsschenBoms  wohnend',  und  abo 
**>  dfsiM«  soprdMH  eine  ganz  niedrige  und  gemeine  dime  —  wenn. 


218  ThPlüBB:  des  HoratiaB  elfte  ode  des  sweiten  bacha. 

sage  ich,  dieser  beweis  ebenso  logisoh  zwingend  wftre,  wie  er  km 
und  willkflrlieh  ist,  dann  wäre  es  um  Lyde  völlig  geecheben,  und 
dann  ^ilicb  htttte  Hör.  diese  worte  nicht  geschrieben.   Bhet  ich 
möchte  wirklich  wissen ,  was  das  auch  nur  fOr  ein  inteipolator  ge- 
wesen sein  sollte,  der  den  Hör.  seinen  pagen  ausdrücklich  nach  des 
Terrufensten  quartieren  schicken  liesz ;  schon  wegen  der  weiten  e&t- 
femung  wflrde  hier,  wo  alles  auf  rasche  Improvisation  des  geliges 
ankommt,  die  bezeichnung  einer  abgelegenen  wohnung  selbst  f&r 
einen  interpolator  thOricht  sein,  gewöhnlich  nimt  man  an,  dmm 
bedeute,  dasz  Lyde  als  dime  ihrem  gewerbe  nicht  auf  der  öfliNitliehen 
Strasse  nachgehe,  also  eine  nicht  ganz  gemeine,  sondern  Terbfiltniä- 
mttszig  anständige  dime  sei ;  damit  freilich,  dünkt  mich,  madit  um 
den  ton  Iftcherlidi  pedantisdi ,  zumal  durch  Stellung  und  betoonog 
Ton  devium  diese  eigenschaftsbezeichnung  'nicht  ganz  unanstftndig' 
neben  dem  substantivum  seortum  nachdrücklich  hervorgehoben  wird. 
ich  versuche  eine  andere  deutung.  demuB  heiszt  an  sich  'entfernt, 
weg  von  der  strasze' ;  je  nach  umständen  kann  ich  näher  bestimmen: 
'fem  von  der  offenen,  der  geraden,  der  richtigen,  der  bestimmten, 
der  sichern  strasze'  usw.    unser  dichter  nennt  sich  selbst  dems, 
da  wo  er  in  bakchischer  Verzückung,  fem  von  stadt  und  menschen, 
in  wildfremde  gegenden  und  pfadlose  wildnis  sich  Mitrttckt  sieht;  er 
nennt  in  der  idylle  vom  Lucretilis  seine  ziegen  deviaCy  wenn  sie  feinAb 
von  hof  und  bürde  in  einsamer  wildnis  streifen,  ungefährdet  freilich, 
weil  Faunus  sie  behütet,   an  beiden  stellen  ist  die  sinnlioh  räumliche 
bedeutung  'fernab  von  der  allgemeinen  strasze'  noch  recht  erkennbar, 
aber  es  verbindet  sich  auch  deutlich  schon  damit  die  vonteUung  von 
gefährlicher  einsamkeit  und  gefährlichem  irregehen,  und  weil  der 
Bakchant  mit  lust  die  einsame  wildnis  schaut  und  di6  gefahr  ihm 
süsz  ist,  wie  der  dichter  sagt,  und  weil  die  ziegen  gern  und  ohne 
furcht  vor  schlangen  und  Wolfen  in  die  wildnis  eindringen ,  entsteht 
zugleich  die  Vorstellung  von  einem  schwärmerischen  oder  launischen 
trotze  der  einsamkeit  und  ge&hr  gegenüber,  bei  weiterer  flbertragong 
des  Wortes  kann  der  begriff  des  furchtlosen  eigen  willens  mehr  snrflck- 
treten  vor  dem  sinne  einer  bewusten  sittlichen  directionsloaigkeit  and 
grundsatzlosigkeit,  oder  er  kann  stärker  hervortreten  in  dem  sinne 
eigenwilliger  tollheit.   Cicero  spricht  im  Laelius  c.  26  von  der  ver- 
derbliehkeit  der  Schmeichelei  für  die  freundschafb;  das  wesen  der 
freundschaft  beruhe  darauf,  dasz  durch  sie  zwei  herzen  eins  würden ; 
der  Schmeichler,  der  nur  nach  dem  munde,  nie  nach  der  Wahrheit 
rede,  sei  aber  nicht  einmal  selbst  eine  einzige  seele,  sondern  sei 
eine  wechselnde,  veränderliche,  vielförmige  und  vielgestaltige  seele. 
diesen  letzten  gedanken  von  der  vielförmigkeit  der  schmeichlerseele 
begründet  nun  Cicero  mit  den  werten:  ^uid  enm  patest  esse  tarn 
flexihile^  tarn  devium  quam  ammus  eius  qui  ad  eMerius  non  modo 
sensum  ae  vchmiaUm,  sed  diam  vuUium  atque  mUum  canvertüury 
das  heiszt:  es  gibt  ja  nichts,  was  sich  so  drehen  und  wenden  und 
biegen  könnte,  was  so  ohne  jede  feste,  bestimmte  riohtang 


TliPlflBt:  des  HoratiuB  elfte  ode  des  zweiten  buche.  2 19 

wlre  wie  einer  der  sich  sogar  nach  mienen  und  augenwinken  eines 
andern  richtet.  SeyfPert  bringt  hier  schon  in  das  wort  demus  den 
begriff  der  Unwahrheit,  falschheit  hinein;  dann  ist  aber  der  satz  keine 
legiach  richtige  begrOndung  mehr  zu  dem  was  er  doch  begrttnden 
floU;  in  dem  allgemeinen  gedanken  'es  gibt  in  der  weit  nichts  der 
art'  heiszt  tarn  devium  ganz  allgemein  *so  ohne  feste  richtung' ,  im 
aitÜiehen  sinne  auf  den  Schmeichler  angewendet  heiszt  devius  der- 
jenige ,  der  keinem  bestimmten  sittlichen  willen  und  urteil ,  keinen 
allgemein  und  stets  gültigen  sittlichen  grundsätzen  folgt,  hier  ist  in 
deüms  die  öffentliche,  allgemeine  heerstrasze  Sinnbild  fUr  die  allge- 
meine sittliehe  norm;  an  einer  andern  Cicerostelle,  die  Seyffert 
ebenfidls  misrerstanden  hat,  ist  die  heerstrasze,  ähnlich  wie  in  den 
oben  angeführten  Horazstellen,  Sinnbild  des  allgemeinen,  gesunden, 
bedSchtigen  menschen  Verstandes ,  und  die  abweichung  von  dieser 
heerstrasze,  auf  welcher  alle  andern  menschen  gehen,  steht  auf  öiner 
linie  mit  tollheit.  in  der  fünften  Philippischen  rede  nemlich  wird 
Antonios  bezeichnet  als  homo  amefUissimus  atguein  amnibus  cansüiis 
praeceps  et  devius;  Seyffert  übersetzt  *in  seinen  Überlegungen  und 
entsehlieszungen  vorschnell  und  fehlgehend'  und  meint,  Antonius 
entferne  sich  vom  wege  der  Wahrheit  oder  der  tugend;  aber  von 
Wahrheit  und  tugend  ist  schon  nach  dem  vorausgehenden  ausdruck 
mMtUissimuSj  nach  dem  gleich  folgenden  ausdruck  für  das  gleiche 
wesen  des  Antonius,  furor^  und  nach  dem  Zusammenhang  der  ganzen 
stelle  nicht  die  rede;  Cicero  sagt  vielmehr,  ein  mensch  wie  Antonius, 
der  80  ganz  von  sinnen  sei  und  bei  allen  entsehlieszungen  kopfüber, 
rein  wie  toll  und  nicht  auf  der  gebahnten ,  sichern  strasze  wie  die 
andern  menschen,  sondern  mitten  durchs  wüste,  wilde  in  die  ge- 
fahren hinein  sich  stürze  —  ein  solcher  mensch ,  sagt  Cicero,  würde 
eich  natürlich  nicht  einen  augenblick  besonnen  haben  die  barbaren 
gegen  Bom  zu  führen.  —  Das  eigenwillige  abschweifen  des  schwär- 
merisch verzückten  von  der  allgemeinen ,  sichern  strasze,  das  eigen- 
willige abirren  der  launischen  ziegen  von  allgemein  betretenen  wegen, 
das  eigenwillige  abgehen  des  eigennützigen  Schmeichlers  von  der  all- 
gemeinen richtschnur  sittlicher  grundsätze,  das  eigenwillige  abgehen 
des  tollen  abenteurers  von  der  lälgemeinen  richtschnur  der  vemunft 
—  alles  das  bezeichnet  devius  y  und  überall  bezeichnet  es  ein  eigen- 
williges abgehen  vom  allgemeinen  und  natürlichen,  wende  ich  nun 
diesen  allgemeinsten  grundbegriff  von  devius  —  denn  von  einem 
wörtlich  räumlichen  sinne  ist  nach  dem,  was  oben  über  Peerlkamps 
deutung  bemerkt  worden,  hier  abzusehen  —  auf  unsere  stelle  an,  so 
ist  devium  soartum  eine  dirne  die  eigenwillig  abweicht  vom  allge- 
meinen und  natürlichen ;  welcher  art  dieses  allgemejne  und  natür- 
liche sei,  das  musz,  wie  an  den  vier  parallelstellen,  so  auch  hier  aus 
dem  Zusammenhang  der  stelle  selbst  sich  ergeben,  so  ist  zb.  devius 
tfi  consüHs  oder  —  man  gestatte  den  ausdruck  —  devius  constdtor 
ein  menseh ,  der  eben  in  seiner  thätigkeit  als  beschlieszender  eigen- 
willig abweicht  von  allen  gangbaren,  natürlichen  wegen  des  ent- 


220  ThPlfi88:  des  Horatins  elfte  ode  des  zweiten  bnclu. 


scfaliesseiui  nnd  besohlieazens;  demgemftsz  ist  dcvium  soortmn  eis 
m&dohen  das  in  seinem  stand  und  wesen  als  dirne  von  allen  naiOr- 
liehen  wegen  solcher  dimen  eigenwillig  abweicht,  in  der  that,  die 
schon  oben  besprochene  Stellung  von  devkum  vor  dem  subsi  scortum 
und  die  vom  vers  bedingte  betonung  des  attributes  legen  es  nahe, 
dieses  attribut  als  eine  art  gegensatz  zum  substantivom  so  fassen, 
als  g^ensatz  der  die  böse  bedeutuiig  des  Substantivs  teilweiM  auf- 
hebt und  dem  ausdruck  klar  nnd  deutlich  den  ton  scherzhaften  vor- 
würfe gibt;  ebenso  macht  es  der  eigentOmliche  ausdruck  *wer  lockt 
uns  Lyde  aus  dem  hause?*  ein  ausdruck  der  offenbar  individuell  be- 
zeichnend ist  fOr  Lyde,  aber  für  sich  allein  nicht  recht  motiviert  nnd 
verständlich  ist,  dringend  wünschenswert,  dasz  in  dem  werte  devm 
ebenMls  ein  individuell  bezeichnendes,  nicht  auf  viele  dimen  gleich- 
falls passendes  merkmal  Lydes  enthalten  sei  und  dadurch  jener  zog 
vom  herauslocken  erklärt  werde :  nun  ist  ja  der  individuelle  zug,  dasi 
man  Lyde  aus  dem  hause  erst  künstlich  locken  musz,  gerade  dadurch 
individuell,  dasz  er  entschieden  abweicht  von  aller  art  und  weise  sol- 
cher mädchen,  aber  er  wird  eben  erklärt  durch  den  gesamtchankter 
Lydes ,  der  überhaupt  abweicht  von  der  art  und  weise  ihrer  genos- 
sinnen,   ganz  dieselbe  Lyde  ist  ja  die  im  lln  und  im  28n  liede  des 
dritten  buches  von  Hör.  besungene:  auch  dort  ist  sie  nach  ihrem 
Verhältnis  zum  dichter  und  nacä  dem  was  er  von  ihr  wünscht,  ein 
mädchen  das  er  im  derben  Übermut  und  scherzhaften  Vorwurf  mit 
thatsächlichem  recht  eine  dirne  nennen  kann;  aber  auch  dort  ist  sie 
eigenwillig  und  seltsam,  hartherzig,  hartnäckig,  verschanzt  hinter 
eine  strenge  nüchtemheit  und  Verständigkeit,  so  dasz  der  dichter 
das  eine  mal  verzweifelnd  nur  noch  durch  das  schreckbild  von  der 
ewigen  Verdammnis  der  hartherzigen  Danaiden  und  das  rührende 
gegenbild  von  der  aufopf^rung  der  6inen  HypermnestraLyde  zu  er- 
weichen hofft,  das  andere  med,  am  Neptunusfeste,  durch  list  zum 
ziele  zu  gelangen  sucht,  indem  er  die  gestrenge  Lyde  erst  zum  wein 
und  dann  zum  gesang,  und  im  gesang  vom  schuldigen  lobe  des  fest- 
gottes  Neptunus  in  klug  berechneter  abaftufung  bis  zum  preise  der 
güttinnen  der  liebe  und  der  nacht  verleitet;  und  wenn  an  dieser 
letzten  stelle  Lyde  im  hause  des  dichtere  wohnt  und  als  herrin  seines 
haushalte  waltet ,  so  passt  das  ebenfalls  wiederum  auf  unser  lied  an 
Hirpinus:  da  hier  alles  auf  rasche  improvisation  desmahles  und  seiner 
freuden  ankonmit,  das  wasser  zum  mischen  des  weins  aus  dem  zu- 
nächst vorüberflieezenden  bache  geschöpft  wird  und  lieber  die  nächste 
pinie  als  etwa  eine  femerstehende  platane  gewählt  wird,  so  ist  es  am 
natürlichsten,  wenn  Lyde  nicht  erst  aus  i  hrem,  vielleicht  fernliegen- 
den hause  geholt  wird,  sondern  aus  dem  hause,  dh.  dem  hause  des 
gartens,  dies  landgut^  herausgelockt  wird;  zumal  wenn  man  bei 
platane  und  pinien  am  einfachsten  an  ein  landgut,  einen  ländlichen 
park  denkt,  kann  eine  eigene  wohnung  Lydes  nicht  gut  in  unmittel- 
barer nähe  gedacht  werden,  und  kein  wort  des  gehens  oder  laufens 
in  den  wortoi  des  herm  an  den  pagen  weckt  die  Vorstellung  von  ent- 


ThPlfiBs:  des  HoratiuB  elfte  ode  des  zweiten  bnchi.  221 

iBmimg:  bloBZ|  dasz  sie  rasch  machen  soll,  läszt  der  dichter  den  pagen 
tagen,  und  dabei  denkt  man  nach  den  werten  vorher  nnd  nachher 
mehr  an  die  beschleonigong  ihres  entschlnsses  nnd  ihrer  toilette.  also 
alle  drei  gediohte,  in  denen  Ljde  auftritt,  geben  uns  dasselbe  bild 
ihres  wesens,  eines  wesens  das  hier  derb,  aber  treffend  mit  dem  aus- 
dmck  devium  scortum  bezeichnet  wird,  freilich,  wie  ich  den  ausdruck 
ftbersetKen  soll,  nm  ebenso  kurz  und  treffend  den  ton  der  ganzen 
stelle  wiederzugeben,  weisz  ich  nicht :  die  absonderliche  dime,  die 
eigensinnige,  die  tolle,  Yerdrehte,  der  Sonderling  oder  der  trotzkopf 
Ton  dime  —  alles  das  befriedigt  als  Übersetzung  nur  halb,  und  trotz- 
4im  wftre  ich  zufrieden,  wenn  ich  auch  nur  den  sinn  der  werte  erklärt 
nnd  den  anstosz  einer  stelle,  welche  freunden  des  dichters  immerhin 
peinlich  ist,  wenigstens  gemildert  hätte. 

Ueber  die  letzten  werte  des  gedichtes,  die  haartracht  der  Lyde 
betreffend,  bemerke  ich  nur,  dasz  die  haartracht  einer  Laconerin  zu 
dem  wesen  Lydes  ganz  besonders  gut  passt;  mit  ihrer  Sparsamkeit 
im  haushält  und  ihrer  verständigen,  nttchtemen  enthaltsamkeit  in  der 
Hebe  ist  sie  in  Hör.  äugen  eine  Laconerin  alten  Schlages,  und  wie  sie 
dort  am  Keptunusfeste  als  Verehrerin  der  jagenden  Artemis,  dieser 
göttin  herber  jungMulidikeit  und  abgehärteter  einfachheit,  ersdieint, 
80  trägt  sie  hier  das  haar  schlicht  nach  art  der  Laconerinnen,  deren 
Vorbild  eben  jene  göttin  ist. 

Zum  schlusz  noch  ein  wort  über  ton  Und  Stimmung  des  ganzen. 
*im  Westen  kämpfen  unbezwinglich  die  Cantabrer,  von  osten  her 
dringen  die  Skythen,  deren  reiterscharen  schon  drüben  am  strande 
des  hadriatischen  meeres  schwärmen ;  wie  die  frühlingsblume  heute 
im  ganzen  schmelz  ihrer  färben  prangt  und  morgen  welk  und  fahl 
wird ,  so  ist  vielleicht  morgen  das  römische  reich  dahin ,  und  Bom 
sinkt  in  den  staub,  und  wir  sind  tot:  darum  heute  noch,  in  dieser 
stunde  noch,  noch  in  diesem  augenblicke  genieszen  was  ist,  und  ver- 
gessen was  kommt.'  furcht  vor  den  borbaren,  kein  glaube  an  die 
daner  des  reiches  —  das  gibt  die  grundstimmung.  es  ist  dieselbe 
Stimmung  wie  die  in  welche  die  sechs  Bömeroden  ausklingen :  nach- 
dem dort  der  dichter  mit  allem  ernste  dem  lebenden  geschlechte  seine 
schuld  vorgehalten  und  dem  heranwachsenden  geschlechte  den  weg 
der  sühne  gezeigt,  schlieszt  er  mit  der  eindringlichen,  schmerzlichen 
klage,  wie  die  volkskraft  des  Bömervolkes  von  geschlecht  zu  geschlecht 
immer  mehr  gesunken  sei  und  wie  sie  noch  mehr  sinken  werde,  und 
wenn  für  die  sittliche  und  physische  Schwächung,  entartung  des 
römischen  volkes  die  triumpbe  der  barbaren  zeugnis  ablegen ,  wie 
wird  das  nächste  geschlecht,  das  noch  schwächere,  dem  andrang  der 
reichsfeinde  widerstehen  ?  —  Hör.  steht  ja  auch  mit  dieser  Stimmung 
nicht  allein  unter  seinen  Zeitgenossen,  auch  Livius  glaubt  nicht  an 
die  daner  der  römischen  weit ,  und  er  flüchtet  in  die  Vergangenheit, 
um  gegenwart  und  zukunfb  zu  vergessen;  ist  ja  doch  all  die  em- 
sige, vielgeschäftige  altertumsforschung  und  geschichtschreibung  der 
Augustischen  zeit,  wo  sie  nicht  politisch  tendenziös  die  gegenwart  zu 


222  ThPlfiBs :  des  HoratinB  elfte  ode  des  zweiten  bnchs. 

rechtferügen  und  die  znkimft  yorzabereiten  beflies«!  ist«  iiichtB  sIb  m 
TergessenwoUen  der  praktischen  gegenwart;  yergessen  aber  wollen 
die  gegenwart  edlere  geister  nur  dann,  wenn  eie  nicht  für  die  lobmft 
schaffen  können,  und  das  wiedenzm  können  sie  nicht,  wenn  sie  nicht 
an  die  sokonft  nnd  die  dauer  der  dinge  glauben,  des  Vergilins  dich- 
tung  femer  schaut  rttckwKrts  in  die  vergangenen  beiden  weiten  der 
hirtenidylle  nnd  des  religiösen  rittertcuns,  nnd  der  ton  in  weldiem 
sie  spricht  hat  etwas  ergpretfend  resigniertes,  als  versichtete  sie  dar- 
auf  die  gegenwärtige  weit  mitbilden  und  gestalten  zu  helfen  fi&rema 
schönere  zukunfL  was  sind  denn  auch  die  zahllosen  Weissagungen  and 
trftumereioi  Ton  einem  neuen  goldenen  Zeitalter  und  einer  yöUigen 
Umwandlung  der  weit  durch  die  götter  —  und  Vergiliua  undHoratina 
haben  beide  je  nach  ihrer  art  mitgetränmt  und  mitgeweiasagt  —  was 
ist  das  anders  als  ein  ausdruok  des  glaubens,  dasz  die  weit  und  das 
reich,  wie  sie  sind,  nicht  dauern  können  und  dasz  menschen  sie  nicht 
mehr  zu  gestalten  yermögen?  also  auch  Horatius  glaubt,  mag  er  in 
gedichten  yon  mehr  öffentlicher  art  auch  anders  sprechen,  doch  in  so 
persönlicher  geftthlsftuszerung,  wie  unsw  lied  ist,  nicht  an  die  dsoer 
yon  Born  und  reich,  während  aber  Vergilins  dureh  diesen  Unglauben 
und  diese  bangigkeit  zum  idealistböhen  romantiker  wird,  wird  dorch 
dieselben  dinge  der  verstandesmäszige  nnd  sinnliche  Horatius  nun 
philosophisch  praktischen  dichter  des  lebensgenusses.  in  zeiten  der 
angst  und  des  grauens  yor  allgemeinem,  unentrinnbarem  y erderben, 
in  Zeiten  der  pest  oder  des  bttrgtfkriegs  und  der  reyolution,  haben 
die  menschen  immer  zum  teil  in  bakchantischem  taumel  ihre  herzens- 
angst  yergessen:  nadi  uns  die  sinflut!  ruft  ein  solches  geschlecht. 
kein  wunder,  dasz  auch  in  unserm  liede  die  bakchisehe  Stimmung,  mit 
welcher  der  dichter  herr  werden  will  über  seinen  und  seines  freundes 
trUbsinn,  rasch  aufgeregt,  trotzig  und  derb  flbermtttig  wird,  aber  die 
leichtsinnig  leidenschaftliehe  lebenslust  des  zweiten  teües  der  ode 
klingt  für  den,  der  überhaupt  eine  lyrische  grundstimmnng  festzn- 
halten  yermag,  mit  dem  zu  gründe  liegenden  ernst  in  maazyoUe  bar- 
monie  zusammen,  wie  die  traurige  Weisheit  des  ersten  teils  durch  die 
sttsze  Sinnlichkeit  der  lebens-  und  naturschilderung  in  der  zweiten 
und  dritten  strophe  poetisch  schön  wird,  hervorgegangen  sind  beide 
teile  aus  6iner  Stimmung,  wie  auch  in  der  tragödie  die  soenen  der  dra- 
matischen  handlung,  in  denen  leben  und  weit  vernichtet  wird ,  und 
die  lieder  des  chors,  in  denen  durch  die  empfindung  leben  nnd  weit 
wieder  hergestellt  wird,  aus  6iner  Stimmung  des  dichters  hervorgehen, 
da  aber  die  Stimmung  des  Horatius  ihm  mit  einem  groszen  teile  seiner 
Zeitgenossen  gemeinsam  ist,  indem  diese,  wie  er,  den  unbestand  und 
die  Vergänglichkeit  in  den  bürgerkriegen  tagtäglich  schaudernd  em- 
pfunden haben,  da  femer  der  ausdruck  dieser  allgemeinen  Stimmung 
ein  fonnschöner,  empfindungsvoUer  und  dramatisch  lebendiger  ist, 
80  möchte  ich  das  geweht  mit  Meineke  als  ein  echt  lyrisches  and  echt 
Horazisches  lied  in  schütz  nehmen. 

SOHDLFFOBTE.  ThEODOE  PlÖSS. 


Pkilologifche  gelegenheitsschrifleiL  228 

35. 

PHILOLOGISCHE  GELEGEKHEIT8SCHBIFTEN. 


iATAB  (kaatoowehiile)  Frans  Fröbliob:  der  triamphsag  des  0er- 
■ftnieas.  ein  koltorbild  ans  der  römiechen  kaiserseit.  öffentlicher 
tortraf  fehaltan  am  4n  deeember  1878  in  der  anla  dee  stlldtischen 
Khelhaosee.  draek  nnd  Terlag  Ton  H.  B.  SauerlKnder.    1879.   24  s. 

r.  & 

Birlia  (aair.,  lectionikatalog  tommer  1879)  Job.  Vablen:  de  locis 
qaibtttdam  Platonit  Pbilebi.  akademiecbe  bocbdruckerei  (0.  Vogt). 
1<  a  fr.  4. 

Btri (kaatanaaohale)  Karl  Frey:  Aescbjias-stadien  [inbalt:  Idiefigar 
M  KOivoO  oder  Ik  irapoXAVikou.  II  die  Terf  leiebnngen  des  Aescby- 
luf.  in  Kassandra,  Eteokles,  Antigene.  IV  index],  dmek  Ton  Jeni 
a  Seisert.    1879.   66  s.   fr.  4. 

fiUsktabnrf  am  Hars  (fTmn.)  Steinboff  t  proleg omena  sa  Plantns 
AapUtrao.  II.  draek  Ton  J.  Hörlinf s  wilwe  in  HalbertUdt.  1879. 
19  I.  fr.  4.    [I  erschien  ebd.  1872.] 

BrtilsQ  (oniT..  lectionskatalof  sommer  1879)  Martini  Herta  aoa« 
Iccta  ad  earaunom  Horatianornm  blstoriam.  III.  draek  Ton  W.  Fried- 
rieb. 26  s.  gr.  4.  ri  and  11  erscbienen  aaf  dieselbe  Teranlassung 
lt3i  and  1878.]  -*  (doctordiss.)  Max  Sobmerl  (ans  Posen):  qoibas 
Atkca&ensiam  diebns  festis  fabalae  in  scaenam  commissae  sint. 
dmk  Ton  8.  Sobottländer.    1879.   47  s.   g r.  8. 

Cheasits  (fjmn.)  Kurt  Bernbardi:  de  toaes  in  medüs  sjncopatis 
IM  Aesehjleo.  druck  Ton  J.  C.  F.  Pickenbabn  u.  sobn.  1879. 
tt  a  fr.  4. 

FfMkfart  am  Main  (fymn.)  Tyobo  Mommsen:  I  febrauob  der 
fripoeittoneii  cOv  und  ^CTd  bei  den  nacbbomeriscben  epikern. 
H  l>ioa7aioa  der  periefet.  draek  von  Mablau  u.  Waldscbmidt. 
1819.  88  s.  fr.  4.  —  (Wöblersebule)  Eduard  Wolff:  die  spräche 
4«  Taeitiu.    draek  Ton  C.  Adelmann.   1879.   84  s.    gr.  4. 

fiitists  (UAIT.,  doctordiss.)  Peter  Dettweiler  (ans  Wintersheim): 
^od  Aeschylns  de  repnblica  Atheniensium  iudioaTerit  quaeritur. 
4rwk  fon  W.  Keller  (Tcrlaf  der  Bickerschen  bnohh.).  1879.  41  s.  gr.  8. 

^Gladbach  (gymn.)  Ernst  Schweikert:  Craquiana*  draek  yon 
£.  Öcbellmann.    1879.    16  s.  gr.  4. 

'«vUiagea  (ooIt.,  leetionskatalog  sommer  1879)  Friderici  Wiese* 
Itri  eomm.  de  Cyaneis  sIts  Symplegadibns.  Dieterichsche  buob- 
^rackerei,  SOs.  gr«4.  —  (doctordiss.)  Ludwig  Qurlitt  (aus  Hol- 
*eia):  de  M.  Tulli  Cieeronis  epistnlis  earumqne  pristina  colleotione. 
tek  TOB  H.  Qerlaeh  in  Freiberg  in  8.  (Terlag  Ton  B.  PeppmfUler 

^    ii  GdHiagen).   1879.   47  s.   gr.  8. 

'ütrow  (dosBSohnle)  Claudii  Galeni  libram  de  panrae  pilae  exercitio 
W  codicnm  Lanrentiaai  Parisini  Marciani  anetoritatem  edidit 
Itsaaes  Harquardt.  aocedit  de  sphaeromacbüs  Teteram  dispn- 
Mia.  draek  Ton  C.  Waltenberg.   1879.   21  s.    gr.  4. 

S«n«(niT.,  leetionskaUlog  sommer  1879)  Henrioi  Keilii  quaestio- 
»a  grammaticaram  p.  VI  de  Arasiani  Messii  exemplis  elocntionum. 

,    *ntk  TOtt  HendeL   12  s.   gr.  4. 

«•u^niv.,  leetionskatalog  sommer  1879)  Manrioii  Sebmidt  misoel- 
^miernm  philologiooram  partienla  tertia  [Inhalt:  VII  emendationum 
^mdaricaram  heptas.  VIII  emendantur  Soph.  OC.  1696.  £nr.  Hippel. 
lU   Affistot.  polit.  I  10  p.  1268^  8].    Terlag  Ton  Ed.  Frommann. 

^*^rsif  (Hieolaigymn.)  Emil  Prensst  qnaestiones  Boeotlcae.  druck 
^  A.  Edelmann.    1879.  40  s.   gr.  4. 


224  PhilologiBche  gelegenheitsschnfteEu 

London  (anly.)  F.  A.  Paley:  'Homeiiis^  Periclis  aeUte  qainam  habi- 
tns  Sit  qaaeritnr.  Terlag  yon  O.  Bell  and  aons.  1877.  16  s.  gr.  8, 
—  F.  A.  Paley:  Homeri  quae  nunc  exstant  an  reliqaii  cyeli  cm- 
minibuB  antiqniora  iure  habita  sini.  yerlag  Ton  F.  Norgate.  1878. 
39  8.  gr.  8.  —  F.  A.  Paley:  Qaintus  Sroymaens  and  the  'Homer' 
of  the  tragie  poeta.  second  edition.  verlag  von  F.  Norgate.  1879. 
84  8.    gr.  8. 

Luckenwalde  (höhere  bttrgersohule)  Arthnr  Niemir:  fiberdiedidu- 
kalien  de8  Terens.    druck  von  G.  Outdentaeh.    1879.    13  s.  gr.  L 

Meseritz  (gymn.)  Walther  Oebhardi:  kritisch  -  exegetische  lindieo 
snm  zweiten  teil  von  Vergils  Aeneis,  druck  von  P.  Matthias.  1879. 
24  8.    gr.  4. 

Mühlhausen  in  Thüringen  (gymn.)  Edmund  Weissenborn:  noter- 
suchungen  über  den  satz*  und  periodenbau  in  Vergils  Aeneide. 
druck  von  Th.  Yorhauer.    1879.    60  s.    gr.  4. 

Münster  (gymn.,  zum  50j&hrigen  doctoijubilftum  des  GO RR.  Friedrich 
Stieve  in  Berlin  31  dec.  1878)  loannis  Oberdick  quaestiones 
Aeschyleae.  druck  von  Coppenrath.  15  s.  gr.  4.  —  (oaterpro- 
gramm)  Job.  Oberdick:  atudien  zur  lateiniachen  Orthographie. 
1879.    18  s.    gr.  4. 

Norden  (Ulrichs-gymn.)  Richard  Schneider:  commentarii  critici et 
exegetici  in  Apollonium  Dyscolum  speeimea.  aecedont  emendationefl. 
druck  Ton  D.  Soltau.    1878.   16  s.   gr.  4. 

Otterndorf  (höhere  bürgerschule)  J.  A.  F.  Vollbrecht:  die  gedenk- 
feier  des  25n  october  1878  [des  tages  an  dem  vor  100  jahreo 
JHVoss  seine  Wirksamkeit  als  reotor  in  O.  begonnen  hatte],  fe<t- 
rede  des  rectors.    druck  von  H.  Hergeröder.    1879.    14  s.   gr,  i. 

St.  Petersburg  (akademie  der  wias.)  A.  Nauck:  de  epioorum  gr&e- 
corum  fragmentis  a  G.  Kinkelio  editis.  (ans  den  melanges  greeo* 
romains  torae  IV  s.  398 — 406.)    1878.    gr.  8. 

Posen  (Friedrich- Wilhelms-gymn.)  F.  L.  W.  Schwarts:  erster  nach- 
trag  zu  den  materialien  zur  pr&historischen  kartographie  der  pro- 
▼inz  Posen,  hofbuchdruckerei  von  W.  Decker  u.  comp.  1879.  U  s. 
gr.  4  mit  einer  steindrucktafel  in  folio. 

Prag.  Gottfried  Ritter:  das  litterarische  leben  im  alten  Rom.  ve^ 
lag  Ton  F.  H&rpfer.    1878.    23  s.    gr.  8. 

<2uedlinburg  (gymn.)  Edmund  Hedioke:  varia  [I  Vergilins  Bent- 
leianus.  II  scholia  in  Caesarem  et  Sallustium].  druck  von  K.  Vo^es. 
1879.    18  s.   gr.  4. 

Rheinbach  (progymn.)  G.  Ungermann:  bemerkungen  zu  Ballast 
druck  von  J.  Heuser.    1878.    17  s.    gr,  4. 

Rudolfswerth  in  Krain  (gymn.)  M.  Petscher:  de  satira  Horatiao«. 
druck  von  J,  Krajec.    1878.    22  s.    gr.  8. 

Upsala  (univ.)  C.  £.  Sandström:  studia  critiea  in  Papiniom  SUtioo. 
(aus  Upsala  universitets  arsskrift  1878.  IIL)  druck  von  E.  Edijoiit 
61  s.-lex.  8.  —  C.  E.  Sandström:  emendationes  in  Propertinoii 
Lucanum ,  Yalerium  Flaccum.  (ebendaher  IV.)  44  s.  lex.  8.  — 
Collatio  codicnm  Livianorum  atque  editionum  antiqaissimaram. 
contulit,  collegit,  commentationibus  instruxit  Andreas  Frigeli. 
pars  I  libros  I—III  continens.   (ebendaher  V.)   90  s«   lex.  8. 

Utrecht  (univ.,  doctordiss.)  A.  E.  J.  Holwerda  (aus  Oorincbeo)' 
disputatio  de  dispositione  verborum  in  lingua  graeca,  in  liogna 
latina  et  apud  Plutarchum.  aocedunt  commentarioli  ad  libros  de 
Iside  et  Osiride  et  de  genio  Sooratis.   verlag  von  A.  J.  van  HuffeL 

1878.  166  8.    gr.  8. 

Waidenburg  in  Schlesien  (gymn.)  Heinrich  Guhrauer:  sur  ge- 
schichte  der  aulodik  bei  den  Griechen,    druck  von  Paul  Schmidt. 

1879.  16  s.   gr.  4. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜB  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HKRAU8GEGBBBN  VON  ALFBED  FlECKEISSN. 


36. 

BESTE  UND  ZWEITE  LESUNG  IN  DER  ATHENISCHEN 

VOLKSVERSAMLyNG. 


In  dem  zweiten  teile  yon  WHartels  Demosthenischen  Studien 
s.  46  iL  ist  von  diesem  die  begrttndmig  der  ansieht  versucht  worden, 
duz  in  Athoi  bei  gewissen  gegenstftnden  der  rath  erst  der  autori- 
odon  durch  die  Tolksversamlung  bedurft  habe,  um  über  dieselben 
es  probnlenma  bei  der  letztem  einzubringen,  und  dasz  diese  autori- 
ntion  mit  dem  terminus  tecbnicus  irpox€ipoTOVta  bezeichnet  werde* 
ia  deaa^ben  yf.  nnlSngst  ersehienenen  ^Studien  ttber  attisches  Staats- 
ndit  imd  urkundenwesen'  (Wien  1878)  ist  die  notwendigkeit  einer 
iawxügen.  antorisation  für  alle  vom  rath  an  die  volksyersamlung  zu 
bangcBdea  antrSge  behauptet  worden,  diese  Studien  sind  reich  an 
▼octeefflicheB  bemerkungen  über  einzelne  inschriften,  stellen  das  in- 
i^fifUicfae  material  in  erschöpfender  vollstftndigkeit  unter  bestimm- 
st gezicfatepuncten  zusammen  und  sind  deshidb  wegen  der  reich- 
ktltigkeii  der  samlungen  für  das  Studium  der  Urkunden  yon  hoher 
Meotong.  was  dagegen  die  in  denselben  gewonnenen  resultate  be- 
trüt,  so  kann  ich  diesen  im  groszen  und  ganzen  nicht  beitreten. 
Harte!  (s.  59)  teilt  die  attischen  decrete  in  drei  classen  ein,  in  raths- 
pwphiamen,  deren  sanctionierungformel  (boH  tQ  ßouX^  lautet  und 
^fm  unmittelbar  yor  dem  folgenden  antrag  ein  SeböxOäi  Tf)  ßouX^ 
eatipridit,  in  yolksdecrete  mit  der  sanctionierungsformel  ÄoSe  tCD 
^MH'  md  der  einleitungsformel  bcböxOm  ti^  brj^tji,  und  in  probu- 
^«aoiatisdte  decrete  mit  IboH  tQ  ßouXQ  xal  tiXi  bfj^iji  und  nachher 
Kit  b€böx6on  tQ  ßouX^  worauf  noch  die  bekannte  einführungsordre 
^  die  pro€droi  folgt. 

Ton  diesen  drei  classen  bieten  natürlich  die  selbständigen  raths- 
(•cphiamen  keine  bedenken,  und  die  yon  Hartel  (s.  60)  zusammen- 
mldltea  beispiele  ans  dem  CIA.  beschftftigen  sich  inhaltlich,  soweit 

Ar  elMS.  phllol.  1879  hH.  4.  15 


226    GGilbert:  erste  u.  zweite  leaung  in  d.  athenischen  Tolksyersamlang. 

sich  dieses  aus  dem  nicht  selten  fragmentarischen  Charakter  derselben 
erkennen  läszt,  mit  gegenständen,  fttr  die  man  wol  eine  selbstftndige 
entscheidang  durch  den  rath  anzunehmen  berechtigt  ist  den  unter- 
schied der  beiden  andern  classen,  der  volksdecrete  und  der  probn- 
leumatischen  decrete,  definiert  Hartel  (s.  201  f.)  im  anschlusz  an 
seine  annähme  von  einer  doppelten  lesung  der  antrtlge  in  der  ekklesie 
so,  dasz  die  erstem,  aus  den  Protokollen  der  ekklesie  entnommen, 
das  resultat  der  schlusz Verhandlung  bringen,  die  letztem  dagegen 
nach  den  rathsprotokoUen  die  passierung  der  ersten  lesung,  dh.  die 
autorisation  des  rathes  durch  die  ekklesie  den  betreffenden  antrag 
in  der  nächsten  volksversamlung  zur  echlnszabstimmung  einbringen 
zu  dürfen,  bezeugen,  da  diese  beiden  formen  der  beurkundung  ohne 
unterschied  bei  gleichem  und  gleichartigem  inhalt  der  beschlösse  in 
anwendung  kommen,  so  kann  die  verschiedene  beurkundung  der- 
selben mit  rücksicht  auf  die  parlamentarische  -  Verhandlung  der  an- 
trage nicht  begründet  werden.  Hartel  (s.  236  ff.)  meint  deshalb 
dasz  antrage,  auf  deren  materiellen  inhalt  der  rath  keinen  einflnsz 
gehabt  hatte  und  die  nur  formell,  weil  die  ekklesie  nichts  ditpoßou- 
XeuTOV  verhandeln  durfte^  von  dem  rathe  zur  beschlugzfassung  bei 
der  volksversamlung  eingebracht  waren ,  von  dieser  zum  beschlosz 
erhoben  durch  ihoie  iCji  bi^fiqi  eingeleitet  wurden,  während  die  pro- 
buleumatischen  decrete  auf  ein  vom  rath  eingebrachtes  probnleuna 
materiellen  Inhalts  zurückgehen,  abgesehen  yon  der  annähme  Bar- 
tels, die  probuleumatischen  decrete  böten  die  beurkundung  vom 
standpunct  der  ersten,  die  volksdecrete  vom  standpunct  der  zweiten 
lesung ,  halte  ich  die  letzte  Vermutung  Harteis  im  groszen  und  gan- 
zen für  nicht  unwahrscheinlich,  nur  kann  ich  ihm  nicht  folgen,  wenn 
er  alle  ausnahmen,  welche  sich  von  dieser  cegel  in  nicht  unbedeuten- 
der anzahl  finden,  bald  durch  eine  private  au&tellung  der  betreffen- 
den Urkunde,  bald  durch  das  versehen  entweder  des  steinaohreibers 
oder  des  ursprünglichen  conceptes,  bald  durch  ein  beabsichtigtes  ge- 
präge  der  feierlicbkeit  in  der  sanctioniemngsformel  (s.  70  ff.  86  ff.) 
erklärt,  mein  urteil  über  die  formulierang  der  attischen  Urkunden 
ist  von  dem  Harteis  principiell  verschieden:  denn  während  er  in  der 
form  der  decrete  überall  strenges  gesetz  und  bestimmte  regel  er- 
kennt, trat  mir  bis  jetzt  überall  die  individualität  des  die  Urkunden 
concipierenden  jedesmaligen  rathschreibers  entgegen,  und  ich  musz 
bekennen,  dasz  auch  jetzt  die  von  Harte)  aufgestellte  regel  für  mich 
noch  zu  viele  ungenügend  erklärte  ausnahmen  hat,  um  als  solche 
auf  gültigkeit  anspruch  erheben  zu  können,  ich  glaube  deshalb  aoch 
annehmen  zu  dürfen ,  dasz  fttr  die  stilistischen  abweichungen  in  den 
oben  angeführten  formein  vor  allen  dingen  die  nachlässigkeit  der 
Schreiber  verantwortlich  zu  machen  ist,  die,  wie  mir  scheint,  bei  der 
formulierang  der  Urkunden  eine  grosze  rolle  gespielt  hat.  J€Mlenfalls 
wird  man  nur  zugeben  müssen,  dasz  für  die  ausbildung  und  bewah- 
mng  eines  festen  kanzleistiles  im  laufe  der  jähre  kein  organ  un- 
geeigneter sein  konnte  als  ein  Schreiber,  der  ungefähr  bis  zur  mitte 


GOilbert:  ente  a.  nreite  leanng  in  cL  athenischen  yolk&verBamlang.    227 

da  Tiertai  jh.  in  jeder  prytanie  wechselte  und  dessen  bildung  sich 
Aber  die  durchBchnittsbildung  des  athenischen  kleinbttrgers  nicht 
ahch,  wie  kann  man  die  sichere  Überlieferung  eines  fest  gebildeten 
hulentiles  Ton  einem  Schreiber  auf  den  andern  erwarten,  wenn 
denelbe  acfaieiber  die  praescripte  der  yon  ihm  concipierten  urkanden 
bdd  so  bald  anders  faszt  (vgl.  zb.  CIA.  11  54  mit  55.  62  mit  63. 
e6  2iut66\   69  mit  70.   124  mit  125.   322  mit  323). 

Hartel  ist  zu  seiner  annähme  einer  doppelten  lesung  der  raths- 
uirige  in  der  ekklesie  durch  die  in  einzelnen  Urkunden  sich  fin- 
dende und  abgesehen  von  kleinen  Varianten  folgendermaszen  lau- 
toie  formel :  4i|niq>icOai  tQ  ßouX^  toöc  irpo^bpouc  o1  fiv  Xdxuiciv 
Tpocöpcuciv  cic  Tf|v  TTpiirniv  ^xicXiiciav  (irpocaTaTciv  töv  bciva 
m)  xpriMoricai  irepl  toutuiv,  fy\bixt\v  hk  SufißdXXccOai  rffc  ßouXf)c 
QC  riv  M||iov,  8n  boxci  tQ  ßouXQ  (s.  Hartel  s.  166  ff.)  verleitet 
werden,  indem  er  meinte,  die  werte  clc  Tf|v  rtp\bvi\v  ^KxXiiciav  in 
«aeoi  beseblosz  der  volksversamlung  mfisten  sich  auf  die  erste 
ekkkiitt  nach  deijenigen  beziehen,  in  der  der  beschlusz  mit  dieser 
f<mfil  gefasst  sei,  und  volksbeschlttsse  mit  dieser  formel  seien  des- 
hilb  aiekta  anderes  als  die  autorisation  des  rathes  durch  die  volks- 
vBCttmfanig,  die  in  den  beschlüssen  angeführten  gegenstftnde  in  der 
Bichstan  volksversamlung  zur  schluszabstimmung  einbringen  zu 
dftrfea.  da  nach  meiner  meinung  diese  annähme  auf  einer  verkehr- 
tes ansieht  ftber  die  formnlierung  der  attischen  Urkunden  beruht,  so 
gisabe  kk  zn  einer  widerlegnng  von  Harteis  hypothese  am  besten 
isdoreh  beizatragen,  dasz  ich  kurz  andeute,  wie  man  sich  die  ab- 
hmnng  der  attischen  Urkunden  zu  denken  hat.  wenn  sich  aus  dieser 
iSifUvung  eine  ansprechende  mOglichkeit  der  von  mir  vorgetra- 
ff«M  aa^chi  ergibt,  so  ist  damit  der  inschriftliche  beweis  Harteis 
^  Mine  annähme  einer  ersten  und  zweiten  lesung,  die  nur  auf  die 
aSghefakait  der  oben  angefUurten  interpretation  der  gleichfalls 
^rten  inncbrifUichen  formel  sich  sttttzt,  paralysiert,  und  es  bleibt 
«n  aar  noch  flbrig  die  schriftliche  ttberlieferung  im  anschlusz  an 
le  ia  den  Demosthenischen  Studien  gegebene  erörterung  zu  prüfen. 

Jeder  antrag  gieng  durch  Vermittlung  des  rathes  an  die  volks- 
TOBBiiiiiig.  die  formt^erung  desselben  stand  unzweifelhaft  ebenso 
vic  a  der  volksversamlung  dem  antragsteller  zu,  der  sich  dabei  wol 
»ekt  selten  der  hilfe  des  rathschreibers  bediente  (s.  für  die  volksvers. 
AJidones  vdges.  68.  83.  Arist.  Thesm.  432).  war  der  antrag  im 
ütb  Bit  oder  ohne  debatte  angenommen,  so  erhielt  er  durch  den 
"cfeiiber  seine  &ssung  als  probuleuma.  die  einfiushste  form  des- 
«ibca  war  wol  die,  dasz  man  dem  antrage  die  sanctionierungsformel 
Aob  T^  ßovXQ  vorsetzte,  denselben  auch  noch  Ähnlich  wie  bei  den 
pwpbismen  der  ekklesie  mit  einem  auf  die  rathssitzung  bezüglichen 
Fncsoript  versah,  spftter  —  vor  Eukleides  ist  es  mit  bestimmtheit 
^1^  aaefaweisbar  (s.  Hartel  s.  249)  —  wurde  es  üblich  in  das  pro- 
^«Wasa  die  oben  angeführte  probuleumatische  formel  aufsunehmen. 
^  probulenma  selbst  nun,  welches  auf  diese  formel  folgte,  konnte 

16' 


228   GGilbert:  erste  a.  zweite  lesuDg  in  d.  athenischen  TolksYenamlong. 

entweder  einen  bestimmten  Vorschlag  enthalten,  die  angelegenbeit 
in  dem  vom  rathe  angegebenen  sinne  zu  entscheiden,  oder  es  konnte 
der  ekklesie  die  selbstftndige  entscheidong  überlassen  —  eine  solche 
form  bietet  CIA.  II  168  dKOÜcavTa  töv  bf))biov  tüjv  Kmeiuiv  nepl 
THC  Ibpuceuic  ToC  UpoO  koi  äXXou  'AGrivaiuiv  toO  ßouXo^^ou  ßou- 
Xeucacdai  öti  fiv  aisrCj)  boKCi  äpiCTOv  clvai  —  oder  es  konnte  für 
die  erledigung  einzelner  puncto  bestimmte  vorschlftge  machen ,  für 
die  anderer  die  selbständige  entscheidong  der  ekklesie  anheimgeben, 
wie  es  das  probuleoma  des  ersten  volksb^chlusses  für  Methone  (CIA. 
I  40)  gethan  hat. 

War  die  vom  rathe  vorberathene  angel^enheit  in  der  ekklesie 
durch  beschluszfassung  erledigt ,  so  war  es  wiederum  aufgäbe  des 
rathschreibers ,  den  eigentlichen  volksbeschlnsz  zu  formulieren,  er 
bediente  sich  dazu  je  nach  der  natur  des  vorangegangenen  probu- 
leuma  entweder  dieses  und  etwaiger  zu  demselben  gestellten  amen- 
demente  oder ,  wenn  das  probuleuma  keinen  bestimmten  antrag  ein- 
gebiBcht  hatte,  des  von  irgend  einem  bürger  in  der  ekklesie  gestellten 
antrags  und  etwaiger  amendements  zu  demselben  oder,  wennd&> 
probuleuma  für  einzelne  puncto  bestimmte  vorschlfige  gemacht,  an- 
dere der  selbständigen  entscheidung  der  ekklesie  überlassen  hatte, 
des  probuleuma  und  der  aus  der  mitte  der  ekklesie  gestellten  antrftge. 
ein  richtig  formulierter  volksbeschlnsz  muste  natürlich  von  dem 
Schreiber  so  abgefiaszt  werden,  dasz  das  ihm  zu  gründe  liegende  pro- 
buleuma als  solches  in  dem  volksbeschlnsz  nicht  mehr  erkannt  wurde. 
zum  beweise  dessen,  dasz  derselbe  den  verfassungsmäszigen  weg 
durch  den  rath  gemacht  hatte,  genügte  die  vorgesetzte  sanctionie- 
rungsformel  £bo£€  t^  ßouX^  Kai  ti^  önfiifi.   vor  Eukleides,  als  die 
sog.  probuleumatische  formel  in  dem  probuleuma  noch  nicht  üblich 
war,  bot  die  formulierung  eines  Volksbeschlusses  wenig  Schwierig- 
keiten,  der  Schreiber  konnte,  wenn  ein  probuleuma  materiellen  in- 
halts  vorlag  und  von  der  ekklesie  acceptiert  war,  dasselbe  in  den 
volksbeschlnsz  mit  alleiniger  Veränderung  des  föoSe  T^  ßouX^  in 
ihoie  tQ  ßouX^  Kai  T({i  brjibiip  ganz  herübemehmen.  etwaige  in  der 
volksversamlung  gestellte  amendements  wurden  dem  probuleuma 
angefügt,    war  das  probuleuma  nur  formellen  inhalts  gewesen,  ^o 
war  die  formulierung  des  volksbeschlusses  ebenso  einfach,  indem  der 
Schreiber  den  mit  hilfe  des  antragstellers  abge&szten  hanptantra^' 
voranstellte  und  demselben  etwaige  amendements  folgen  liesz.  etwx^ 
schwieriger  wurde  die  formulierung,  wenn  das  probuleuma  für  ein- 
zelne puncto  bestimmte  vorschlage  machte,  andere  der  selbst&ndigi^i^ 
entscheidung  der  ekklesie  überliesz.    der  Schreiber  muste  alsdanc 
diesen  letzten  teil  des  probuleuma  nach  der  beschluszfassung  dct 
ekklesie  fQr  den  volksbeschlnsz  neu  formulieren,  und  nach  meiner 
ansieht  ist  die  formulierung  des  ersten  volksbeschlusses  für  Methono 
charakteristisch  fCLr  die  gewohnheit  der  Schreiber,  bei  der  foimulieruBk^ 
der  Volksbeschlüsse  auch  in  diesem  falle  möglichst  genau  das  probu  ^ 
leuma  wiederzugeben,  der  erste  teil  des  in  dem  rat^e  gestellten  an^ 


GGflbort:  en^  o.  zweite  lesuDg  in  cL  aÜLenischen  volksyersamlung.    229 

tnga  des  Diopeitfaes  bi(a)x€ipoTOvf)cai  töv  bf\ixov  aÖT(K(a  npöc 
M)cduvaiouc  cTtc  qnSpov  öokcT  tottciv  töv  5f]Mo(v  aäTiK)a  fiäXa  f| 
e&pHiiv  ouTOtc  TcXcTv,  öcov  T^  6€(Ä  dird  t)oö  cpöpou  iTiT(v)€TO, 
8vTokirpoT^icTTcrv(a6iiva(oic)  iTex&xaTax  cp^peiv,  toO  bk  äXXou 
drcXcic  €Tvo(i)  paset  wol  in  ein  probnlenma,  aber  nicht  in  einen 
Tolbbeschlnsz.  es  ist  offenbar  stilistische  unbehilflichkeit  des  schrei- 
ben, mam  er  bei  der  nmsetznng  des  probnlenma  in  den  volksbe- 
tcUan  diesen  passns  so  stehen  liesz  nnd  alsdann  am  schlasz  der  nr- 
kosde  hinsoftgte:  ^X€iP0TÖVT)C6V  ö  bf\ixoc  (M€6uivaiou)c  reXeiv, 
j6co)v  t9  0€i{)  drrd  toO  (pöpou  iTiTV€(To,  8v  toT)c  n(p)oT^po(ic) 
fTavo6r|va{oic  iTCTdxoTO  <p(^p€iv,  toO  bk  d)XXou  dT€(X€ic  €T)vai 
CU.  1 40). 

£n  Ihnlicbes  verfahren  des  Schreibers  kann  man  auch  an  der 
arkoKle  im  CIA.  11  403  beobachten,  an  der  spitze  derselben  steht 
dtt  tiif  die  ekklesie  beztlgliche  praescript,  die  folgende  urkonde 
dmdi  (Mj^ou  Hni)q){c|üiaTa  und  (dKKXii)cia  Kupia  iy  tüj  6€dT(p)(p 
ab Toüabescblnsz  bezeichnend,  und  dann  folgt,  mit  iboH  T€T  ßou- 
l((i)  und  'EMirebiuiv  €u>iifjXou  €vujv(ufi€uc  cTirev)  eingeleitet,  ein 
ng^reehtes  probnlenma  mit  probuleumatischer  formel ,  in  dem  die 
nhl  einer  commission  beftlrwortet  wird,  an  das  probuleuma 
lehSecnn  sieb  die  worte  inX  Tf|v  KoracKCufiv  Tf)c  civcxönc  tu)  f^ptp 
ttt»  kirptfi  iE  *AeT]va{uiv  dirdvTUiv  K€X€ipoTÖviiVTai,  worauf  die 
B&nen  der  gewählten  folgen.  hStte  der  Schreiber  nicht  noch  die 
ittOB  der  erst  in  der  ekklesie  gewählten  hinzuzufügen  gehabt ,  so 
«Me  er  unzweifelhaft  das  probuleuma  unverändert  nur  mit  vor- 
MtzoBg  des  auf  die  ekklesie  bezfiglichen  praescriptes  als  volksbe- 
sdihitx  formuliert  haben,  und  das  ist  denn  auch  wiederholt  ge- 
MJMheB.  in  allen  sog.  probuleumatischen  decreten  lehrt  nur  das  vor- 
gesetzte {bo£€  tQ  ßouX^  Kai  Till  öfifiip,  dasz  wir  es  mit  einem  volks- 
^«kUdsz,  nicht  mit  einem  einfachen  probuleuma  zu  thun  haben. 
^  in  der  probuleumatischen  formel  genannte  irpidTT)  £KKXT]cia  ist 
<Mii]b  auch  ftlr  mich  unzweifelhaft  die  erste  volksversamlung  nach 
^  TtUissitznng,  in  der  das  probuleuma  abgefaszt  war.  jedenfalls 
*ird  man  die  mOglichkeit  dieser  beziehung  zugeben  müssen,  und 
mittut  ediwindet  ftr  Hartel  das  inschriftliche  zeugnis  für  seine  an- 
ub&e  einer  doppelten  lesung  der  antrage  in  zwei  verschiedene 
^kleden.  damit  schwindet  aber  auch  die  von  Hartel  angenommene 
^anbliehe  gewohnheit  der  Athener,  beschlüsse,  für  die  ein  pro- 
tolnmia  materiellen  Inhalts  vorlag,  vom  standpuncto  der  ersten 
'^nagaos  in  beurkunden,  beschlösse,  die  selbst  zu  finden  das  pro- 
V^leuma  die  ekklesie  aufgefordert  hatte,  vom  standpuncte  der  schlusz- 
ibitimniung  oder  der  zweiten  lesung  zu  redigieren. 

Dev  bei  der  redaction  der  attischen  Urkunden  stilistische  un- 
8*>ehiekliehkeit  nicht  selten  die  band  des  Schreibers  führte,  kann 
*■>  beMinden  deutlich  an  den  bflrgerrechtsurkunden  sehen,  wir 
*^BeD,  dasz  zur  Verleihung  des  bürgerrechtes  erstens  ein  beschlusz 
^  Tdknrenamlung,  zweitens  eine  besttttigung  desselben  durch  eine 


230   GGilbert:  erste  n.  zweite  lesUng  in  d.  athenischen  ▼olksvenambng. 

voUyersamlung  von  wenigstens  6000  teilnehmen!  in  geheimer  ab- 
Stimmung  und  in  der  spätem  zeit  —  in  der  frühem  ist  es  wenigstens 
nicht  über  jeden  zweifei  erhaben  —  noch  eine  dokimasie  Tor  gericht 
nötig  war  (s.  Hartel  s.  271  ff.),   sehen  wir  nun,  wie  die  decrete  die- 
ses beurkunden,   die  filteste  formel  lautet,  abgesehen  Ton  geringen 
Varianten:  etvai  töv  beiva  'A6T]vaiov  aüidv  Kai  dicrövouc  auToO 
Kai  clvai  auriu  TP<iM^otc6ai  (puXfic  Kai  brJMOu  xal  (ppaTpiac  fjc  &v 
ßoüXTiTai  Kaia  töv  vomov,  toüc  bk  irpurdveic  toüc  Tf|v  elcioöcov 
irpuraveiav  irpuiavcucvTac  boCvoi  ncpi  auioö  Tf|v  vflipov  Tuibfipa' 
€lc  Tf|V  npüJTTiv  ^KKXriciav  (CIA.  II  243).   die  zweite  formel,  wie- 
derum abgesehen  von  unbedeutenden  Varianten,  lautet:  clvai  hk 
aÖTÖv  *A0Tivaiov  Kai  toüc  etrövouc  auioO  koI  dScTvai  oötuj  tp»* 
(|iac6ai  q)uXfic  Kai  bf\}xo\)  Kai  cpparpiac  fjc  &m  ßouXriTai ,  touc  bc 
npuidveic  o'i  Sv  npdiTOv  Xäxuiciv  irpuravcüeiv  boCvai  ncpi  auroO 
Tf|v  ipf]q)ov  €ic  Tfm  npütiTriv  ^KKXnciav,  touc  BecjnoGcTac  elcaTOTCiv 
auTi^  Tf|V  bOKi)Liac{av  Tflc  öu)peäc  de  tö  biKacTrjpiov  ÖTav  irpunov 
oiöv  t'  fj  (CIA.  n  312).   in  der  jüngsten  formel  endlich  heisztes: 
beböcOai  bk  aÖToi  Kai  noXiTeiav  boKipacG^VTi  ^v  ti|j  biKacnipiu) 
KaTd  TÖV  vöjiov,  TOÜC  be  OecfioO^Tac ,  ÖTav  irpoiTOV  ttXt)P&civ  bi- 
KacTTipiov  elc  ?va  Kai  irevTaKociouc  biKacTdc,  elcaTaxciv  auTa 
TTjv  boKijiaciav   KaTd  töv  vöjiov  Kai  etvai  auTifi  boKi^acOevTi 
TpdipacOat  cpuXfic  Kai  brJMOu  Kai  cppaTpiac  fjc  dv  ßouXtiTat  (CIA. 
n  396). 

Die  Ungeschicklichkeit  der  stilisiemng  spricht  sich  in  den  bei- 
den ersten  formein  darin  aus,  dasz  zuerst  die  emennung  zum  Athener 
und  die  daraus  sich  ergebende  aufnähme  in  eine  phyle,  einen  demo.^ 
und  eine  phratrie  decretiert  wird,  dann  die  prjtanen  beauftragt  wer- 
den in  der  nächsten  volksversamlung  die  geheime  abstimmung  über 
ihn  vorzunehmen,  und  dann  den  thesmothet«n  befohlen  wird  ditf 
dokimasie  des  neuemannten  vor  gericht  zu  bringen,  da  es  einmal 
sitte  war,  die  bürgerrechtsverleihung  durch  den  beschlusz  der  eri»tei) 
volksversamlung  zu  beurkunden,  so  hfitte  man  ordnungsmftszig  du 
Verleihung  wenigstens  so  formulieren  müssen,  dasz  man  sagte,  derj 
betreffende  solle  athenischer  bürger  werden,  nachdem  die  prjtanen 
die  geheime  abstimmung  über  ihn  vorgenommen  und  die  thesmv- 
theten  seine  dokimasie  vor  gericht  beendet  hätten,  die  dritte  forme! 
ist  geschickter  stilisiert,  sie  sagt  vom  standpuncte  der  vollendeten, 
doppelten  Volksabstimmung  ^es  sei  dem  betreffenden  das  bflrgerreclt 
erteilt',  fügt  dem  aber  richtig  beschränkend  hinzu:  *wenn  er  die  ge- 
setzliche dokimasie  vor  gericht  bestanden  habe',  die  dann  folgende' 
autorisation  der  thesmotheten,  diese  dokimasie  vorzunehmen,  pa^^' 
eigentlich  wieder  nicht  in  eine  Urkunde,  welche  die  perfeet  gewor^ 
dene  bürgerrechtsverleihung  beurkunden  soll ,  aber  richtiger  aL  in 
den  beiden  ersten  formeln  wird  in  dieser  die  auÄiahme  des  neubürgerd 
in  eine  phyle,  einen  demos  und  eine  phratrie  erst  von  der  bestanden 
nen  dokimasie  abhängig  gemacht 

Directe  inschriftliche  Zeugnisse  für  eine  erste  und  zweite  lesunt^ 


GGilberi:  exite  u.  zweite  lesoog  in  d.  athexuBchen  yolkaversamlaog.   231 

<ier  mtlisaiitrilge  sind  nicht  vorhanden.  Hartel  weisz  sie  freilich  in^ 
flUtÜicbcr  xahl  lar  verteidigang  seiner  hypothese  zu  entbieten,  aber 
üätt  man  den  wackem  Streitern,  die  er  ins  feld  führt,  etwas  genauer 
iai  gesteht,  so  zeigen  sie  sich  ids  harmlose  gesellen,  und  es  gehört 
der  schilfere  blick  Harteis  dazu,  um  in  ihnen  kämpfer  fttr  seine 
oMBiiag  zu  finden,  in  alle  diese  inschriften  musz  Hartel  den  beweis 
fli  Mine  erste  nnd  zweite  lesung  erst  durch  eine  künstliche  erklärung 
hinetainterpretieren.  dasz  es  aber  wirklich  eine  yorgefaszte  meinung 
iit,  wsleher  Hartel  die  inschriften  unterordnet,  ^ßitXr  zwei  beispiele, 
«dehe  bei  seinem  beweise  eine  nicht  unbedeutende  rolle  spielen,  in 
eiaem  rathsantrage  soll  die  einbringung  desselben  ausdrücklich  von 
im  tosümmung  der'ekklesie  abhängig  gemacht  werden  (s.  Hartel 
^  191).  beweis  daftLr  die  folgenden  worte  aus  CIA.  II  114:  öuuic 
^'  &v  Kai  ö  ^fi^oc  eibuic  t&  di|it)9i€M^va  t^  ßouX^  trcpl  0avobii)biov 
tiw€t  xal  aÖTÖc  (K)al  creqMtviiicci ,  ^äv  öokci  t(£>  öriMM'  KaOdiT€p 
tq  ßouXQ  Touc  irpo^bpouc  usw.  mit  der  bekannten  probuleumatischw 
focineL  wenn  man  unmittelbar  vorher  in  der  betreffenden  Urkunde 
gel«sea  hat,  dasz  der  rath  anf  eigne  band  den  braven  Phanodemos 
mit  einem  goldenen  kränze  zu  begaben  beschlossen  hat,  so  gehOrt 
doch  gewis  ein  nicht  geringer  mut  der  Überzeugung  dazu,  um  mit 
ktthner  band  das  komma  da  zu  setzen,  wo  es  nach  Hartel  in  den 
Torber  abgeschriebenen  werten  gesetzt  ist. 

Als  zweites  beispiel  wfthle  ich  dasjenige  document,  welches  die 
aimahnie  erster  nnd  zweiter  lesung  nach  Harteis  meinung  gegen 
jeden  widersprach  sichert,  CIA.  II 168.  um  aber  auf  s.  213  eine 
K)ldie  roUe  übernehmen  zn  können,  hat  die  Inschrift  auf  s.  79  ff.  in 
eiaem  ihrer  beetandteüe  erst  einen  läuterungsprocess  durchmachen 
Dflflsen.  in  diesen  läuterungsprocess  gieng  die  erste  der  beiden  diese 
auckrift  bildenden  Urkunden  mit  der  formel  £bo£€  tQ  ßouXQ  an 
der  Stirn  hinein,  heraus  kam  sie  mit  der  erweiterten  formel  £boEe 
TQ  ßouX^  Kai  Tip  bi^ui.  die  Urkunde  musz  sich  bei  diesem  läuterungs- 
pnMsss  sagen  lassen,  dasz  sie  an  nicht  unbedeutenden  gebrechen 
ieide,  die  aie  ihrer  privaten  aufstellung  verdanke,  denn  erstens 
«erde  in  ihr  Aber  ihre  aufstellung  weder  von  staatswegen  noch  ttber- 
^■opt  besehlossen,  zweitens  fehle  ihr  auch  die  legalisierungsclausel 
0  Viva  itPOMMdreucv,  und  drittens  habe  ihr  praescript  eine  den  ofiß- 
ckOen  aetenstfltken  dieser  zeit  fremde  kürze,  wenn  sich  freilich  je* 
aaad  zun  anwalt  der  getadelten  Urkunde  aufwürfe  und  bemerktOi 
*cn  es  auch  zuzugeben  sei ,  dasz  dieselbe  von  den  kaufleuten  aus 
^^i^  aufgestellt  sei  und  dasz  ihre  praescripte  wol  nicht  ganz  in 
^^daang  sein  möchten,  so  sei  dieselbe  doch  nichts  weiter  als  ein  ein- 
^Khis  probolenma,  wie  das  iboie  r^  ßouXiJ  bezeuge,  und  die  zweite 
^^  AoEc  T^i  brjiiui  b^innende  Urkunde  sei  der  volksbeschlusz,  der 
:*U^  dieses  probuleuma  gefaszt  sei  (s.  Köhler  im  Hermes  Y  s.  352), 
IC  BÖchle  gegen  eine  solche  arg^umentation  wol  nichts  erhebliches 
«vnwenden  sein,  und  mit  der  beweiskraft  der  Urkunde  die  annähme 
eesien  und  zweiten  lesung  gegen  jeden  widersprach  zu  sichern 


232   GOilbert:  erste  u.  zweite  lesang  in  d.  athenischen  TolksTenamlaDg. 

^ würde  es  übel  bestellt  sein,  und  das  ist  es  in  der  that,  und  nicht 
besser  steht  es  mit  den  übrigen  inschriften ,  die  Hartel  zum  beweifie 
anführt,  hätte  H.  die  notwendigkeit  einer  doppelten  leaung  f&r  be- 
stimmte gegenstände  in  den  'Demosthenischen  Stadien'  aus  der 
schriftlichen  Überlieferung  erwiesen,  so  wäre  wenigstens  die  mög- 
lichkeit  seiner  interpretation  der  inschriften  nicht  ausgeschlossen, 
dasz  ihm  aber  dieser  nachweis  nicht  gelungen  ist,  werde  ich  in  der 
folgenden  erörterung  erweisen. 

Der  erste  gegenständ,  bei  dem  nach  der  ansieht  Harteis  zur  ein- 
bringung  von  rathsgutaditen  der  rath  einer  Yorhergehenden  aatori- 
sation  durch  die  ekklesie  benOtigt  war,  war  das  gebiet  der  ausw&r* 
tigen  angelegenheiten.  der  rath  muste  zur  einführung  fremder  ge- 
sandten bei  dem  volke  von  diesem  In  jedem  einzelnen  falle  vorher 
autorisiert  werden,  das  bezeugt  nach  Hartel  Aischines  vdgea.  §  58  f., 
wo  das  hauptgewicht  auf  die  worte  fällt:  Taic  bk  Eevucaic  Trpecßeiaic 
f)  ßouXfi  rdc  eic  töv  hf\ixoyf  irpocöbouc  irpoßouXcüei  (Hartel 
s.  53  ff.),  die  worte  des  Aischines  besagen  nichts  anderes  als  dasi 
der  rath  fremde  gesandtschaften  mit  einem  probuleuma  in  die  volks- 
versamlung  einführte,  und  deshalb  fordert  auch  der  redner  (§  59) 
zum  beweise,  dasz  hellenische  gesandte  in  Athen  anwesend  gewesen 
seien,  den  Demosthenes  auf:  Kai  TOt  irpoßouXeüjLiaTa  aördiv  (nem- 
lieh  Tüjv  dtrö  tüjv  *€XXr)vuüV  Trpecßciuiv)  ^k  toO  ßouXeuTnpiou  Wc 
dvaTVUJVai.  mit  dieser  angäbe  stimmt  Pollux  VIII  95  überein,  der 
in  beziehung  auf  die  ordenüichen  volksversamlungen  sagt:  f)  biTpiti) 
(^KKXncia)  KrjpuEi  xal  irp€c߀iaic  d£ioi  xpiim<xtUI€iv,  gOc  bei  irpore- 
pov  ToTc  npurävcciv  dTroboCvai  rd  TpdMM<XTa.  die  bedeutung  des 
ausdruckes  dEioi  ist  wegen  der  analogie  des  unmittelbar  vorher- 
gehenden für  die  zweite  ekklesie  gebrauchten  dveTrai  «s  ^ist  be- 
stimmt' sicher  gestellt,  es  können  jene  worte  nur  bedeuten:  die 
dritte  ordentliche  volksversamlung  verlangt  nach  den  über  den  ge- 
Schäftsgang  der  vier  Kupiai  ^KKXiictai  geltenden  gesetzlichen  he- 
Stimmungen,  dasz  man,  dh.  die  prytanen,  für  die  gesandtschafleD, 
die  bereits  vorher  den  prytanen  ihre  beglaubigungsschreiben  über- 
reicht haben  musten,  eine  berathung  veranstalten  solle,  nun  ucd 
nimmer  aber  kann  man  mit  Hartel  (s.  73  f.)  das  wort  d£ioi  als  Zeug- 
nis für  eine  vorverhandlung,  eine  autorisation  des  rathes,  verwenden, 
das  gleiche  gilt  von  der  probuleumatischen  formel,  durch  welche  die 
gesandten  vom  rathe  in  die  volksversamlung  eingeführt  zu  werden 
pflegten,  dieselbe  lautete  ungefähr  folgendermaszen:  Trepi  «Lv  o\ 
7rp^cß6ic  Tuiv  öeivuiv  X^touciv,  ^HincplcOai  t^  ßouX^  touc  ptvirpo- 
^bpouc  ol  Äv  TUTXdvuici  npocbp€ÜovT€€  elc  Tf|v  iTpiüTT|v  iKicXi^ciav 
TTpocoTOTCiv  auTOuc  Trp6c  töv  öfiMOv  kqi  xpilMCiTlcai  irepi  &v  dirar- 
T^XXouci,  TViüMnv  bi  £ü|LißdXX€ceai  Tf\c  ßouXfic  elc  töv  bfi^ov,  ön 
boKei  tQ  ßouX^  (CIA.  II  66.  49.  50;  s.  auch  54. 55),  worauf  die  an- 
gäbe, wie  die  angelegenheit  zu  erledigen  sei,  folgt  wie  diese  formel 
in  den  volksbeschlusz  gekommen  ist,  habe  ich  oben  ausgeführt,  der 
geschäftegang,  der  sich  aus  ihr  für  die  einführung  fremder  gesandten 


Grübelt:  ente  u.  zweite  lesoiig  in  d.  athenischen  yolksyenamlimg.   233 

ergibt,  ist  folgender,  die  pro^droi  bringen  in  der  ekklesie  ein  pro- 
boleoiui  ein,  in  dem  es  heiezt,  mit  rflckeicht  auf  die  mitteilung  der 
gwttdten  habe  der  rath  beechlossen ,  die  pro6droi  sollten  dieselben 
la  die  Bichste  Tolksversamlang  einführen  und  den  bericht  derselben 
nr  benthnng  stellen ,  sie  sollten  als  gutachten  des  rathes  vor  die 
TolksTsnamlnng  bringen,  dasz  derselbe  für  recht  halte  die  angelegen- 
hat  in  der  dann  näher  angegebenen  weise  zn  erledigen,  die  ab- 
stimmniig  der  ekklesie  über  dieses  probulenma  erfolgte  nui  so  zu 
sagn  panignq»henweise.  die  pro^droi  lieszen  zuerst  abstimmen ,  ob 
ä»  gssudten  einzuführen  seien  und  ob  der  bericht  derselben  zur 
benthoBg  gestellt  werden  solle,  die  ekklesie  hatte  natürlich  das 
recht,  die  vom  rathe  beantragte  einführung  der  gesandten  kurzer 
band  auf  antrag  eines  mitgliedes  der  volksversamlung  abzuweisen. 
dien  m^ehkeit  ergibt  sich  aus  der  frage  des  Demosthenes  (18,  28) 
oUd  ri  txpl\[v  |i€  TTOUiv ;  )bif|  irpocäTCiv  TP<JiM^oit  touc  inX  toCG  ' 
tpcovroc,  fv'  iiixy  biaktxBtSjciv;  wurde  aber  die  einführung  be- 
xUosien,  so  erfolgte  dieselbe  sofort  die  gesandten  wiederholten 
ftiMbui  ihre  bereits  im  rathe  gemachten  mitteilungen,  und  die  pro6- 
<im  schlössen  daran  die  Verlesung  des  zweiten  teiles  des  rathsgut- 
^tois  über  die  art,  wie  nach  ansieht  des  rathes  die  angelegenheit 
eriedigt  werden  solle. 

Mir  scheint,  diese  form  des  geschäfbsganges  ist  so  einfach  und 
atftrlieh  und  wird  allen  Zeugnissen  so  vollständig  gerecht,  dasz  eine 
Toriiergehende  autorisation  des  rathes  durch  die  volksversamlung 
vu  den  uns  vorliegenden  Zeugnissen  wenigstens  nicht  erschlossen 
vodn  kann.  Hartel  (s.  74  f.)  glaubt  freilich  eine  willkommene  be- 
»tiUgimg  seiner  auffassung  noch  in  einer  stelle  des  Demosthenes 
19t  185)  sn  finden,  dessen  hierher  gehörige  werte  folgendermaszen 
•«ten:  iy  ^Kcivaic  fi^v  TÄp  oTjiai  toTc  iroXiTciaic  TcävT*  iE  inn&f- 
w«oc  AHüK  Tiirv€Tar  umTv  bi  npuiTOV  iiiv  Tf|V  ßovXf|v  dKoCcat 
"^  v&vTUfv  Kai  TTpoßouXcOcai  bei,  xai  toöG'  ötuv  ^  KrjpuSi  Kai 
^pcc^cimc  TrpoTCTPOMM^vov,  oök  ä€i'  €?t'  ^KKXnciav  noincai,  xai 
™thv  ätov  bc  Twv  vÖMUiv  KaOnKf).  €?Ta  Kparf^cai  Kai  irepitev^- 
^  b€i  TOUC  TQ  ß^Ticra  X^TOVxac  toiv  f|  bi  *  dtvoiav  f\  biä  fioxOrj- 
W  ivnXcTdvTuiv.  Demosthenes  hat  hier,  wie  Hartel  durchaus 
"ichtig  bemerkt,  den  regelmfiszigen  gesdiSftsgang  in  Athen  bei 
itr  behandlnng  auswärtiger  angelegenheiten  im  gegensatz  zu  der 
FTPapten  gescliäftsfflhrung  monarchischer  Staaten  im  äuge,  die  er- 
'^'niBg  dagegen,  welche  Hartel  von  der  stelle  gibt,  halte  ich  für 
•iuiich  verfehlt,  denn  wenn  nach  seiner  ansieht  in  den  werten 
^^^^  4  K^ipu£i  Kai  irpccßciaic  irpoTCTPCiMjLi^vov  das  7rpoT€TpaMM^vov 
•s  dem  ftinne  von  iTpOK€X€tpOTOVim^vov  —  ich  nehme  für  diesen  fall 
***  dsii  itpoxcipOTOvia  als  terminus  technicus  die  autorisation  des 
niks  besdchne,  was  sie  in  Wirklichkeit  nicht  thut  —  gebraucht 
**»  mU,  io  ist  das  ein  interpretations versuch,  den  man  ebenso  wenig 
^*«ft  wie  die  ihm  gegebene  begrttndung:  'er  nennt  statt  dieser 
'  ffgcad  einer  ekklesie  vorgenommenen  npoxeipoTOVia  die  un- 


234   GGilbert:  erste  u.  zweite  lesung  in  d.  athenischen  volksTersamlung. 

mittelbare  folge  und  konnte  dies,  indem  ja  nur  nach  erfolgter  ge- 
nehmignng  des  demos  die  Verhandlung  über  diese  botschafk  auf  das 
npÖTpoiMMa  der  dazu  bestimmten  volksyersamlnng  gesettt  wurde.' 
Die  erM&rung  der  Demosthenischen  stelle  ist  so  einfach  wie 
möglich,  weisz  dann  aber  von  jener  neuen  staatsrechtlichen  Institu- 
tion der  7rpox€ipoTOv{a  nichts  zu  berichten,  eine  prompte  erledigimg 
der  meidungen  fremder  gesandten  könnte  man  aich  ungefähr  fol- 
gendermaszen  denken :  heute  ankunft  der  gesandten,  moi^gen  Vortrag 
derselben  vor  dem  rathe ,  übermorgen  einiühmng  der  gesandten  in 
die  volksversamlung  und  entscheidung  derselben  Aber  ihre  botachafL 
wir  sind  zu  einer  solchen  prompten  geschäftsführung,  meint  der 
redner,  nach  unserer  geschftflsordnung  nicht  im  stände,  zuerst  musz 
der  rath  die  gesandten  hören  und  über  den  vertrag  derselben  ein 
probuleuma  abfassen,  das  kann  er  aber  nicht  zu  jeder  zeit,  sondern 
nur  wenn  als  tagesordnung  vorher  die  Verhandlung  für  die  herolde 
und  gesandten  angesetzt  ist.  dasz  auch  ftlr  die  rathssitzungen  durch 
die  prytanen  vorher  die  tagesordnung  aufstellt  wurde,  bezeugt 
Pollux  YIII 95  Ka\  irpoypdipouci  trpd  Tf^c  ßouXf)c  xai  npö  Tfjc  äocXn- 
ciac  ÖTT^p  tBv  bei  XPT1M<XTi2[€iv,  und  ebenso  auch  die  in  beziehuug  auf 
eine  rathssitzung  CIA.  II  61  gebrauchten  worte  ^Treibäv  bi  raOra 
irapacK(eua)cd€T,  to(u)c  7rpuTdv€(0c  irpoTpötipai  ircpl  toutujv  (ev 
ßovX€v)Tiipitfi,  örav  olöv  t€  j.  ich  vermute  wegen  analogie  der 
ekklesie,  dasz  dieses  fünf  tage  vorher  (s.  Bekker  anecd.  s.  296,  8  ff.) 
geschah,  um  so  mehr  da  gegenüber  der  langsamen  geschäftsbahand- 
lung  bei  dem  rath  und  der  volksversamlung  in  Athen  (s.  Xen.  v. 
Staat  d.  Ath.  3,  1  ff.)  die  athenische  bule  445  den  wieder  unterwor- 
fenen Chalkidiem  als  Vergünstigung  für  dieselben  zuschwört:  xai 
npccßeiav  ^XOoOcav  npocäEui  irpöc  ßouXf|V  xal  bfi^ov  Mxa  fi^cpdiv 
örav  TrpuTav€Uui  xara  rö  öuvaTÖv  (CIA.  IV  27*),  und  da  eine  zehn- 
tägige  frist  bis  zur  abhaltung  einer  ekklesie,  dh.  fünf  tage  für  die 
ausschreibung  und  abhaltung  des  rathes ,  fünf  tage  für  das  gleiche 
verfahren  bei  der  volksversamlung,  sich  auch  sonst  wol  in  den  In- 
schriften findet  (s.  CIA.  1 49.  55).  früher  als  in  zweimal  fünf  tagen 
nach  ihrer  meidung  bei  den  prytanen  konnte  also  höchst  wahrschein- 
lich nach  der  geschäftsordnung  für  rath  und  volksversamlung  die 
botschaft  fremder  gesandten  in  Athen  nicht  erledigt  werden,  aal 
diese  notwendige  Zwischenzeit  zwischen  der  aufstellung  der  tages- 
ordnung und  der  abhaltung  der  rathssitzung  einerseits,  der  volks- 
versamlung anderseits,  beziehen  sich  in  der  oben  citierten  stelle  de^ 
Demosthenes  die  worte  xai  toOO'  öxav  j  K^ipuEi  xal  Trpccßcioic 
Trpar€Tpa^p^vov  und  xal  rav-niv  ötov  ^k  tüjv  vÖ)liuiv  KoOi'pci),  wo> 
mit  die  in  der  probuleumatischen  formel  einiger  Inschriften  statt  cic 
Tf|v  irptuTTiv  ^KKXiiciav  sich  findende  Zeitbestimmung  ÖTOV  al  ^|i^pai 
ai  ^K  ToO  vö^iou  ^EriKUiciv  (s.  CIA.  U  331.  309.  318)  zu  vergleichen 
ist.  es  bedeuten  demnach  die  worte  des  Demosthenes;  'bei  euch 
musz  zuerst  der  rath  die  gesandten  anhören  und  über  ihren  bericht 
ein  probuleuma  an  die  volksversamlung  abfassen,  aber  erst  nachdem 


GQSbed:  erste  n.  zweite  lesang  in  d.  atheniBchen  YolksverBamlang.   235 

d»  geMtiliefae  zeit  zwischen  veröffentlichnng  der  tagesordnung  fOr 
(Se  lichsle  rathssüzong  und  dieser  selbst  rerflossen  ist.  dann  mosz 
oaa  eine  Yolksyersamlung  veranstalten,  aber  erst  nachdem  die 
tagemdanng  fttr  dieselbe  fttnf  tage  ausgestellt  war,  und  dann  mnsz 
JB  dieser  der  gate  berather  den  schlechten  durch  seine  reden  über- 
wiBdeii.' 

Kich  der  vorhergehenden  ansführong  finden  non  auch  die  bei- 
den intrSge  des  Demosthenes  ttber  die  einführung  der  makedonischen 
^«sandten  in  die  ekkleeie  bei  den  Verhandlungen  ttber  den  Phüokra- 
tiaeheB  frieden  ihre  erklftrung.  Demosthenes  brachte  zuerst  in  der 
ekkiesie  ab  antragsteller  das  probnleuma  des  rathes  (s.  Hartel  s.  38) 
OB,  es  soQten  die  piytanen  am  8n  Elaphebolion,  an  dem  letzten  tage 
TV  den  I>iony8ien,  an  dem  ein  opfer  för  Asklepios  und  ein  irpoaTtiiv 
ititt&nd,  eine  ekkiesie  veranstalten,  damit  das  volk  sich  so  schnell 
ih  mSgUeh  ncpl  tuiv  irpöc  OiXiTnrov  berathen  könne  (Aischines  g. 
Kies.  §  67).  dieser  antrag  ist  nicht  als  das  notwendige  gesuch  um 
aotonaatioB  des  rathes  zur  einfOhrung  der  gesandten  in  die  ekkiesie 
ufntesen.  weshalb  in  diesem  falle  ein  volksbeschlusz  für  die  an- 
^edmig  der  ekkiesie  am  8n  Elaphebolion  nötig  war,  lehren  uns  die 
vorte  des  Aischines  ttber  die  motive,  welche  Demosthenes  zu  diesem 
astrsg  bestimmten:  TP<Jt<P€i  Y|irjq>ic|üia,  touc  icaipouc  Tf)c  TrdXeuic 
^)9<npouM€voCv  ^KicXr|ciav  irouiv  usw.  und  nachher  toic  oCirui  ira- 
pouQ  irp^cßcci  TrpOKonaXaiüißävufy  Tf)v  iKKXticiov  xal  toOc  xpövouc 
wonr  ihrot€fivö|üi€voc  icat  tö  irpfiTM<x  KoracTreubujv  (gEtes.  §  66  f.), 
cad  sa  einer  andern  stelle,  wo  Aischines  den  Demosthenes  sich 
Hulippos  gegenüber  rtthmen  läszt:  ön  irpüJTOC  ^TncT0)bik€i€  touc 
%  eip<|vi|v  incXi^ovrac,  oö  toTc  Xötoic,  dXXä  toic  xpövoic  (vdges. 
$  HO),  die  prytanen  konnten  aus  eigner  machtvollkommenheit  die 
^ssie  nicht  ansetzen  zu  einer  zeit,  als  die  gesandten  ttberhaupt 
soch  gar  iiieht  in  Athen  eingetroffen  waren;  bei  einer  ordnungs- 
■ingm  eriedigung  der  sache  musten ,  wie  ich  oben  wahrscheinlich 
^idit  zu  haben  glaube,  zwischen  der  ankunft  der  gesandten  in 
itiieii  und  der  einfUrung  derselben  in  die  ekkiesie  wenigstens  zehn 
Uge  Terfliessen.  sollte  diese  gesetzliche  frist  nicht  eingehalten  wer- 
<ki,  BO  konnte  das  nur  die  ekkiesie  beschlieszdn,  und  deshalb  der 
vtiig  des  Demosthenes,  um  dieses  zu  bewirken,  als  aber  die  ekkle- 
M  im  8n  Elaphebolion  zusammentrat,  waren  die  gesandten  noch 
adit  in  Athen  angekommen,  ihre  ankunft  aber  unmittelbar  bevor- 
stehend, da  ihnen  fttr  die  am  folgenden  tage  beginnenden  Dionysien 
pn)«dne  decietiert  wird  (Aisch.  vdges.  §  110,  s.  Hartel  s.  39  f.). 
DoBosthenes  brachte  nun  in  dieser  ekkiesie  am  8n  Elaphebolion  * 

'  tei  die  Toriier  angesetite  ekkiesie  am  8ii  Elaphebolion  wirklieh 
•tati|eftndea  hat,  wird  wahricheinKch  dorch  eine  betrachtnag  der  ur- 
■»^  IM  CIA*  II  109  «nd  des  ehrendecretes  für  die  söhne  Leakona 
«  rWin.  aas.  XXXIII  s.  480  ff.,  die  beide  an  demselben  tage  be- 
*<^kMftn  worden,  da  in  beiden  derselbe  4incTdTT)C  genannt  wird. 
'  Aftchaefer  ao.  s.  422  f.    da  beide  decrete  in  der  achten  prytanie  be* 


236   GGilbert:  erste  u.  ssweite  lesung  in  d.  athenischen  Toiksrenamlang. 

den  neuen  antrag  ein,  die  prytanen  sollten  zur  verhandlnng  mit  den 
makedonischen  gesandten  nach  den  Dionysien  für  den  18n  und  19n 
Elaphebolion  zwei  volksversamlongen  ausschreiben  (Aisch.  gRtes. 
68.  Ydges.  61).  auch  hier  war  zur  beschlennigung  der  angelegenbeit 
ein  volksbeschlusz  nötig,  denn  ordnungsmftszig  konnte  die  ange- 
legenbeit bis  zum  18n  Elaphebolion  nicht  bis  zum  einbringen  in  die 
ekklesie  gefördert  werden,  da  der  rath  wfthrend  der  feste  (Xen.  v. 
Staat  d.  Atfa.  3,  1  f.)  und  also  auch  während  der  unmittelbar  beror- 
stehenden  Dionysien  keine  sitzung  zu  halten  pflegte.* 

Diejenigen,  welche  den  frieden  mit  Philippos  ausschlössen  and 
denen  Demosthenes  nach  der  angäbe  des  Aisohines  sich  rflhmte  nicht 
durch  Worte,  sondern  durch  zeiten,  dh.  durch  festsetzung  derter- 
mine  für  die  abzuhaltenden  volksversamlungen,  den  mund  gestopft 
zu  haben,  waren  die  athenischen  bundesgenossen.  ich  lege  kein  so 
groszes  gewicht,  wie  es  Hartel  s.  39  ff.  thut,  auf  den  unterschied, 
dasz  Demosthenes  in  seinem  letzten  antrage  am  18n  und  19n  Ela- 
phebolion über  frieden  und  bttndnis  mit  Philippos,  die  bundes- 
genossen in  ihrem  bÖTMOi  nur  über  frieden  zu  verhandeln  beantragen 
(s.  Schaefer  Dem.  11  s.  208).  das  was  in  dem  dogma  der  bundes- 
genossen für  die  Verhandlungen  mit  Philippos  verhftngnisvoll  wer- 
den konnte,  war  der  antrag:  ineibotv  dnibriMlicuiciv  o\  irp^cßciCKai 
Tdc  iTp€c߀iac  dTratrciXuiciv  'AOfivaiotc  xal  toTc  cu)bi)i6xoic,  irpo- 
TP^Miai  Touc  TTpuTdv€ic  dKxXnciac  biio  Korä  töv  vöfiov  (Aisch. 
vdges.  60;  s.  Hartel  s.  41,  1),  dh.  also  die  entscheidnng  auf- 
zuschieben ,  bis  die  hellenischen  gesandten ,  auf  deren  ankunft  die 
bundesgenossen  noch  immer  rechneten,  angekommen  wftren  und 
ihre  botschaft  ausgerichtet  hfttten  (Schaefer  ao.  II  s.  206  f.).  erst 
nachdem  dieses  geschehen,  sollten  die  prytanen  ordnungsmäszig  zwei 
volksversamlungen  durch  programm  ausschreiben,  zwei  volksver- 
samlungen deswegen,  weil  auch  der  Demosthenische  antrag  zwei  be- 
antragte, denn  mit  dem  infinitiv  TrpOTpd(|iai  ist  das  xard  töv  vö^ov 

schlössen  sind,  diese  aber  in  dem  Jahre  des  archon  Themistokles,  d&5 
nach  Böckhs  berechnnng  (mondcyclen  s.  27)  ein  Schaltjahr  von  3S4 
tagen  war,  sich  etwa  vom  6n  Elaphebolion  bis  zum  ISn  MunyebioD  er- 
streckte nnd  da  in  dem  ehrendecret  für  die  söhne  Lenkons  auf  eint 
am  18n  Elaphebolion  bevorstehende  versamlang  rneksieht  genommen 
wird  nnd  da  ferner  am  9n  Elaphebolion  die  Dionysien  begannen,  so 
mnsz  die  ekklesie,  in  der  die  beiden  oben  erwähnten  beschl&sse  gefaszt 
wurden,  zwischen  dem  6n  nnd  9n  Elaphebolion  stattgefunden  haben,  es 
liegt  gewis  am  nftchsten  dabei  an  den  8n  Elaphebolion,  auf  den  eine 
ekklesie  angesetzt  war,  zu  denken. 

*  anch  der  wol  an  demselben  taj^e  wie  der  Demosthenische  antrig 
^efaszte  volksbeschlnsz  für  die  söhne  Leakons  setzt  den  18n  Elaphebo- 
lion als  termin  für  die  volksversamlung  statt  de  Tf|V  irpiÜTT)V  ^KicAnciav 
an,  in  der  der  rath  ein  probnlenma  über  die  rücksahlnng  der  gelder  an 
die  söhne  Lenkons  einbringen  soll,  wol  nicht  bloss  deshalb,  wie  Schaefer 
ao.  s.  432  will,  weil  die  erste  versamlnng  am  17n  ElaphehoUon  im  theater 
des  Dionysos  sich  nur  mit  dem  eben  gefeierten  feste  der  Dionysien  fa 
befassen  hatte,  sondern  anoh  deshalb,  weil  eine  Verkürzung  der  regel- 
mSszigen  frist  beabsiohtigt  war. 


(lOiibeii:  ente  n.  zweite  lesang  in  d.  athenischen  volksTersamlung.   237 

xA  Ttfbinden  und  bezeichnet  nur  das  ordnungsmftszige  ausschreiben 
darTolksrenamlnng  im  gegensatz  zu  dem  antrag  des  Demosthenes. 
dagtgoi  kann  ich  es  Hartel  s.  83  £  wieder  nicht  zugeben,  dasz  die 
xvotlgige  berathong  in  solchen  fttllen  der  gesetzmäszige  modus 
w.  dir  umstand  dasz  Demosthenes  in  seinem  letzten  antrage  ge- 
ua  bestimmt,  wie  in  den  beiden  bevorstehenden  ekklesien  verhan- 
dtti  werden  solle  (s.  Aisch.  vdges.  65),  scheint  mir  gerade  dafttr  zu 
bjpreeheB,  dasz  diese  art  der  yerhandlung  nicht  die  gewöhnliche  war. 
vcBB  Hsrtel  als  weitem  beweis  flbr  seine  annähme  Thnk.  I  44  an- 
fUrt,  wo  für  die  yerhandlungen  mit  den  Korinthem  und  Eerkyraiem 
xwd  ekklesien  abgehalten  werden,  so  kann  man  dem  gegenüber  auf 
TbL  y  45  Terweisen,  wo  bei  yerhandlungen  mit  den  Lakedai- 
moBJeni  die  angelegenheit  in  der  ersten  ekklesie  erledigt  wäre,  wenn 
liebt  ein  erdbeben  die  fortsetzung  der  versamlung  gehindert  hfttte. 
Hartel  hat  auszer  bei  auswärtigen  angelegenheiten  eine  solche 
sotoriaation  des  raüies  durch  die  volksversamlnng  noch  ftbr  cultus- 
lagtlegenheiten,  f&r  Upa  Kai  öcid,  annehmen  zn  mflssen  geglaubt. 
am  das  aber  zu  können,  galt  es  zuerst  das  wort  irpoxcipoTOvia  als 
t^nnians  technicus  ftlr  diese  autorisation  nachzuweisen  (s.  58  ff.), 
icb  piikfe  zuerst  diesen  nachweis.  Harpokration  (und  ebenso  Photios 
oad  Snidas)  leitet  seine  definition  der  7rpox€ipOTOvia,  nach  welcher 
dieielbe  die  Tor  beginn  der  debatte  in  der  ekklesie  stattfindende 
Tcrabstimmung  bedeutet,  ob  die  volksyersamlung  den  vom  rathe  be- 
guUcbteten  gegenständ  noch  erwägen  wolle  oder  dem  probuleuma 
oitiaune,  dai«h  foiKCV  'A6iiVT)Ci  toioötö  ti  ifiTV€c6ai  ein  und 
xblieBt  dieselbe  mit  raura  b '  önoamaiveTai  iy  Tip  Auciou  Trpdc 
Tnv  Mi£ibTJ^ou  TP<upt^v.  Hartel  hält  eine  solche  anordnung,  wenn 
sie  die  bedeutong  haben  sollte,  dasz  die  Zulassung  der  debatte  über- 
hupt  in  daa  belieben  der  miyorität  gestellt  gewesen  wäre,  für  un- 
^eueriidi,  da  sie  auf  eine  rttcksichtslose  Unterdrückung  der  mino- 
ntit  hinaoslaufen  würde,  eine  Widerlegung  seiner  ausführung  über 
^  vpoxcipoTOvia  in  seinem  zweiten  werke  (s.  202  ff.) ,  wo  er  aus 
^  mibestimmtheit  des  Harpokration  sich  das  recht  ableiten  zu 
*Mm  giaiaht  'nach  maszgabe  unserer  einsieht  das  zeugnis  desselben 
n  ergänzen  und  von  seinen  Widersprüchen  zu  befreien,  selbst  aaf  die 
gefibr  hin,  vielleicht  nicht  den  sinn  des  ersten  erklärers  zu  treffen, 
^fnieoL  wol  nur  das ,  was  er  aus  der  ihm  vorliegenden  stelle  hätte 
*^%an  soUen  oder  deutlich  in  ihr  ausgesprochen  war,  zu  divinieren' 
uite  idi  nach  diesen  werten  für  unnötig,  was  die  in  seiner  ersten 
<^nft  geänsserten  bedenken  betrifft,  so  kann  man  darauf  antworten, 
^  m  der  praxis  sich  solche  bestimmungen  immer  milder  erweisen, 
tb  sie  es  der  theorie  nach  sind ,  und  dasz  man  wol  nur  bei  unwich- 
^^^  gegenständen  sich  mit  dem  probuleuma  des  rathes  begnügte« 
cb  bebe  oben  gesagt,  dasz  über  das  rathsgutachten  paragraphen- 
^^  abgestimmt  wurde,  über  den  passus  desselben ,  der  die  ein- 
^^fervig  fremder  gesandten  in  die  ekklesie  empfahl,  wurde  von  die- 
«r  gtwia  ia  den  meisten  ftllen  durch  die  irpoxcipoTOVia  entschieden. 


238   GGilbert:  erste  vu  zweite  lesung  in  d.  athenisohen  yolksTenainliug. 

Wenn  Hartel  es  weiter  als  eine  unomgftngliche  fordenmg  ge- 
sunder methode  bei  der  beetinunung  der  procheirotonie  hinstellt, 
nicht  von  einer  coigector,  sondern  von  der  thatsSchlioben  anwen- 
dnng  derselben  auszugehen,  so  Iftszt  sich  dagegen  allerdings  wenig 
einwenden,  wenn  aber  die  fülle  der  thatsftchlichen  anwendnng  nichts 
beweisen,  so  musz  man  sich  meines  erachtens  freuen  fttr  die  prochei- 
rotonie eine  definition  zu  besitzen,  welche  sich  der  quelle  des  Har- 
pokration  aus  einer  rede  des  Lysias  zu  ergeben  schien,  zumal  wesa 
die  flQle  der  thatsftchlichen  anwendung  dieser  definition  nicht  wider- 
sprechen, dasz  sie  aber  das  nicht  thun,  werden  wir  jetzt  nachweisen. 

Der  erste  fall,  wo  von  einer  procheirotonie  die  rede  ist,  bezieht 
sich  auf  die  firjvucic  des  Euktemon  gegen  die  trierarchen  Archebios 
und  Lysitheides,  welche  Öffentliche  gelder  im  besitz  hatten  (s.  Hartel 
s.  60  ff.)*  npocfiXOe  (nemlich  £uicTiifiuiv)  —  heiszt  es  bei  Dem.  24, 
11  —  T^  ßouX^,  TrpoßouX€u^*  dTpäqni*  MCtoi  TaCra  t€vo^^vt)c 
iiocXiiciac  iTpouxeipoTÖVT)cev  ö  bf\ixoc.  dvacrdc  £OicTi)jiuiv  flicrev 
usw.  ich  stimme  Hartel  bei,  dasz  das  vom  rath  eingebrachte  proba- 
leuma  unge&hr  folgende  fassnng  hatte:  ÖTi  bOK€i  Ti}  ßouX^  dxou- 
cavra  töv  bn^ov  £uktiimovoc  xal  äXXou  'AOtivaiuiv  toO  ßouXo- 
M^vou  ßouX€ucac6ai,  6rx  &v  aint^  boicQ  dpiCTOV  elvai.  dann  aber 
sehe  ich  keinen  grund  ein,  weshalb  die  Demosthenische  stelle  gegen 
die  von  Harpokration  bezeugte  bedeutung  der  TrpoxcipoTOvia  spn- 
eben  soll,  die  er  wägung  Harteis,  dasz,  wenn  nicht  mit  dieser  irpo- 
XCipoTOvia  ein  wichtiger  und  selbstftndiger  act  des  proceases  hfttte 
bezeichnet  werden  sollen,  der  redner  über  diese  bei  der  knappheit 
der  darstellung,  welche  nur  die  wichtigsten  Stadien  des  processganges 
markiere,  kein  wort  verloren  haben  würde,  ist  rein  subjeetiver  natnr. 
ich  kann  sie  beantworten,  indem  ich  sage:  die  Schilderung  der  ekkle- 
sie  bei  Dem.  24,  11 — 13  scheint  mir  weitlftufig  genug,  um  auch  für 
die  stattgehabte  procheirotonie  in  der  gewöhnlichen  bedeutung  einen 
platz  zu  haben,  sie  scheint  mir  bei  der  von  Hartel  angenommenen 
bedeutung  von  irpoxcipOTOVia  zu  knapp,  um  noch  veratftndlicfa 
zu  sein. 

Weiter  will  Hartel  (s.  62  f.)  die  irpox^ipOTOvia  in  seinem  sinne 
in  dem  ausgebildeten  eisangelieprocesse  wiedererkennen,  wo  der 
rath  nach  seiner  ansieht  den  antrag  auf  erhebnng  der  anklage  bei 
der  ekklesie  einzubringen  und  ihre  entscheidung  abzuwarten  hat, 
ob  sie  auf  dieselbe  eingehen  wiU^  und  erst  wenn  die  ekklesie  sich 
als  gerichtshof  zu  constituieren  beschlossen,  weitere  antrttge  vorzu- 
bereiten und  zu  stellen  hat.  ich  will  kein  besonderes  gewicht  darauf 
legen,  dasz  die  bezeichnung  irpoxcipoTOvia  für  dieses  verfahren  uns 
nicht  überliefert  ist:  es  genügt  durch  recapitulation  des  bei  dieser 
gelegenheit  üblichen  Verfahrens  nachzuweisen,  dasz  in  diesem  &lle 
von  einer  autorisation  des  rathes  durch  die  ekklesie,  einen  vorher 
angegebenen  antrag  bei  derselben  einzubringen,  wie  früher  die  npo- 
XCipoTOvia  von  Hartel  definiert  ist,  nicht  die  rede  sein  kann,  aus 
der  Verhandlung  des  Arginusenprocesses  ergibt  sich,  dasz  bei  dem 


GGdbext:  ertte  n.  zweite  lesong  in  d.  athenischen  volksTersamlnng.    239 

eimgiiieTeifahren  die  frage  des  rathes,  wenn  die  eisangelie  nicht 
sofort  durch  ihn  erledigt  oder  an  ein  gericht  verwiesen  wurde  (Dem. 
47, 41  fL)j  an  die  volksversamlung  lautete,  ci  öiKOioi  eiciv  o\  beWec 
Utov  öirocxciv  bidri,  worauf  dann  die  angäbe  ihres  Vergehens 
rblgte  (s.  Xen.  Hell.  I  7,  4).  die  ekklesie  konnte  diese  frage  ver- 
ooaeB,  dann  war  die  angelegenheit  erledigt  bejahte  sie  dieselbe» 
10  geediah  dies  wol  regelmttssig  in  der  form,  dasz  sie  den  rath  be- 
Mfingte  ein  piobolenma  an  das  volk  zn  bringen ,  Snuic  &v  biicnv 
Ukx  xora  touc  vöpouc  (s.  CIA.  II  65).  der  rath  konnte  dann  ent- 
wedsr  das  probolenma  einbringen,  die  ekklesie  sollte  den  fall  unter 
bwtiHiintfrB,  in  dem  rathsgntachten  angegebenen  normen  selbst  ent- 
Ktkmdmk  oder  an  ein  gericht  verweisen,  wo  der  fall  gleichfalls  nach 
ciaen  bestimmten,  in  dem  probuleuma  angegebenen  gesetze  abzu- 
vteilea  war.  es  ergibt  sich  dieser  geschäftsgang  meines  erachtens 
giai  bestimmt  ans  dem  antrage  des  Euryptolemos  bei  dem  Argi- 
loseoprooeM  (Xen.  HelL  I  7,  20  ff.),  damit  aber  erweist  sich  diese 
eoto  abetimmnng  der  ekklesie  als  gftnzlich  verschieden  von  der  von 
Hstil  fttr  die  irpox€ipoTOvia  gegebenen  definition. 

Die  wpoxcipOTOvIa  bei  dem  ostrakismos  (Hartel  s.  63  ff.)  kann 
ich  i^leidilalla  nicht  in  der  festen  bedeutung  eines  technischen  ter- 
uns  iMsen.  bei  jedem  vöfioc  In'  dvbpi  war  bekanntlich  eine 
dsppelie  abjitimmnng  der  volksversamlung  nOtig,  so  bei  der  bdrger- 
rwklivefkihnng,  so  auch  bei  dem  ostrakismos.  man  konnte  dabei 
von  MMT  irpOT^  und  b€UT^pa  x^ipoTOvIa  reden,  man  konnte  aber 
aoch,  die  zweite  abstimmung  als  die  eigentliche  x^^P^^^ovla  auf- 
fiad,  von  der  ersten  als  von  einer  npoxcipOTOVia  sprechen,  und 
j  diesem  sinne  ist  die  TrpoxcipOTOvia  an  den  bekannten  stellen  über 
i«  ostnldsmos  zu  verstehen,  gerade  die  bei  dem  vö^oc  in '  dvbpi 
^  gebriodilich  betonte  doppelte  abstimmung  der  ekklesie  scheint 
^iftr  za  sprechen,  dasz  dieselbe  ftlr  gewöhnlich  nicht  üblich  war. 

Llazt  sich  demnach  der  terminus  npox€ipoTOvia  und  Trpox€i- 
POTOvciv  in  der  von  Hartel  angenommenen  bedeutung  in  den  an- 
gtlUrlen  stellen  nicht  erweisen,  so  werden  wir  schon  von  vom 
dmm  anstand  nehmen,  in  den  werten  jenes  alten  gesetzes  bei 
Aisdnaes  gTim.  23  den  beweis  zu  finden,  dasz  auch  für  die  be- 
ntknng  von  cultusangelegenheiten,  für  icpd  xal  öcia,  eine  irpoxei- 
POTovia  in  der  von  Hartel  (s.  67  ff.)  angenommenen  bedeutung 
lUeh  gewesen  seL  die  werte  des  gesetzes  lauten :  ical  Trübe  KeX€U€t 
toiic  «po^bpouc  xPnMccxUleiv ;  dircibav  tö  Ka6dpaov  irepicvex^ 
(A  6  id)puE  Toc  TTorptouc  cöxctc  cfiEn'^ai,  irpoxciporovciv  KcXeüet 
^^  npo^bpouc  ncpl  iepuiv  icai  öciuiv  (so  ist  zu  lesen:  s.  Hartel 
y  n  C)  Kttl  xVipuii  Kai  np€c߀taic  xal  jierä  TaCra  ^itepuir^ö  Kf)puE 
^  ^Topeuciv  ßouXcTat  iwv  öirip  TrevnfiKOVTa  iix]  tctovötujv.  durch 
i^sei  leugnis  soll  nach  Hartel  fest  stehen,  dasz  der  eigentlichen 
'«A^dordauag  anfingen  iT€pl  Upütiv  xal  öciuiv  und  über  auswftrtige 
ugelogenheiten  vorausgiengen,  indem  der  rath  sich  autorisieren 

!,  sie  auf  die  tagesordnung  der  nächsten  Sitzung  zu  setzen,  in 


240    GGilbert:  erste  u.  zweite  lesung  in  d.  athenischen  volksTenamlnng. 

seinem  zweiten  werke  (s.  173  ff.)  hat  Hartel  für  diese  annähme  noch 
einen  beweis  in  der  bestimmung  einiger  arkonden  gefanden,  in  der 
die  einführung  einzelner  personen  in  die  ekklesie  diesen  angesetzt 
wird  iv  \€poTc  oder  rrpUbTOic  perä  t&  kpd.  ich  kann  in  diesem  l€pd 
trotz  Bartels  widersprach  nar  die  religiösen  eröffnungsceremonien 
der  ekklesie  erkennen,   was  das  bei  Aischines  angeführte  gesetz  be- 
trifft ,  so  ist  darüber  folgendes  zu  bemerken,   da  die  bedentang  von 
irpox€ipoTOvia  in  dem  von  Hartel  angenonmienen  sinne  bis  jetsi  nicht 
erwiesen  ist,  so  kann  auch  dieses  gesetz  für  seine  auffassnng  nicht 
als  beweis  dienen ,  wenn  die  hier  erwähnte  rrpoxcipOTOvia  sich  un- 
gezwungen in  der  von  Harpokration  bezeugten  bedeutung  erkl&rt. 
das  oben  angeftthrte  gesetz  soll  angeben,  wie  die  Athener  sioh  in  der 
ekklesie  berathen  sollen  (s.  §  22).  zuerst  findet  das  reinigungsopfer 
statt,  dann  der  fluch  des  heroldes,  dann  nehmen  die  proßdroi  die 
procheirotonie  vor,  dh.  nach  der  von  Harpokration  gegebenen  defini- 
tion:  sie  verlesen  das  probnleuma  und  lassen  abstimmen,   ob  die 
ekklesie  demselben  zustimmt  oder  eine  debatte  wünscht,  und  darauf, 
dh.  wenn  das  volk  die  debatte  verlangt,  fragt  der  herold,  wer  reden 
wolle,    dieser  verlauf  der  geschäftsbehandlung  wird  uns  teilweise 
auch  anderweitig  bezeugt  und  ist  durchaus  sachgemftsz,  während  bei 
beseitigung  von  TrpoxctpOTOveiv  in  der  von  Harpokration  angegebe- 
nen bedeutung  sich  offenbar  zwischen  dem  fluche  und  der  frage  de^ 
heroldes ,  wer  reden  wolle ,  eine  lücke  in  der  Verhandlung  ergeben 
würde,   auffallend  in  den  werten  des  gesetzes  ist  nur  die  scheinbare  j 
beschrftnkung  des  TrpoxcipOTOveTv  auf  die  gegenstände  ircpl  Icpuiv 
Kai  öciujv  Kod  KfjpuEi  Kai  irpccf^iaic,  aber  auch  das  erklärt  sich  sehr 
einfach,    das  gesetz  über  den  gesohäftsgang  in  den  Verhandlungen 
der  ekklesie  hatte  naturgemäsz  zunächst  nur  die  vier  ordentlichen 
volksversamlungen  jeder  prjtanie  im  äuge,    von  diesen  waren  dit^ 
dritte  und.  vierte  ekklesie  den  oben  erwähnten  gegenständen  gewid- 
met,  die  erste  und  zweite  dagegen  waren  für  gegenstände  besümmt, 
bei  denen  von  einem  probuleuma  des  rathes  und  deshalb  auch  von 
einer  procheirotonie  nicht  die  rede  sein  konnte  (s.  PoUux  YUI  ^5  f.  *. 
so  hat  denn  auch  das  von  Aischines  überlieferte  gesetz  seine  gegen 
die  auffassung  Harteis  von  der  rrpoxcipOTOvia  sprechende  erklärung 
gefunden. 

Ich  bin  mit  meiner  Widerlegung  von  Harteis  hypothese  aber 
die  iTpox€ipOTOvia  zu  ende,  die  wissenschaftliche  bedeutung  de- 
Verfassers  und  der  grosze  Scharfsinn,  welcher  in  seinen  ausffihrungen 
zu  tage  tritt 9  erheischten  eine  eingehendere  Widerlegung,  als  unter 
andern  Vorbedingungen  nötig  gewesen  wäre,  um  nicht  in  die  dar- 
Stellung  des  athenischen  Staatsrechtes  einer  lehre  eingang  zu  ver- 
statten,  welche  dasselbe  nach  meiner  Überzeugung  niemals  ge> 
kannt  hat. 

Gotha.  Gustav  Gilbkrt. 


AEog:  am.  ▼.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico.     241 

37. 

M  AKRAS  OOaOCBBTA&IO  POLIOBOBTIOO.    80BIP8IT  ADOLFOSOARO- 
LUa  LÄNGS.    PRASFATU8  EST  LBOPOLDüS   SCHMIDT.    BoTO- 

lim  mmptibiu  8.  Calyaiy  eiasque  booü    MDCCOLXXVIIIL    IV  u. 
204  t.  gr.  8. 

I. 

Der  schwerpunct  dieser  schrift,  deren  motte  am  besten  mit  den 
ttsprnehsToIlen  worten  des  interpolators  in  Aeneas  16, 1  bezeichnet 
werden  kSnnte  Bhe  odv  äXXoc  Tpöiroc  ßori0€(ac  ßcXTiiuv  &v  eTr], 
Hegt  in  der  behandlang  der  texteskritischen  fragen  bzw.  in  der  be- 
klfflpfnng  der  zuerst  von  H  e  r  c  h  e  r  aufgestellten,  von  dem  r  e  f  e  r  e  n  - 
ten  in  weiterm  nmfange  durchgeftlhrten  annähme,  dasz  der  text  des 
Aeneas  durch  zahlreiche  und,  wie  ref.  glaubt  erwiesen  zu  haben,  ge- 
legentlich auch  umfangreiche  Interpolationen  entstellt  sei  (vgl.  s.  68). 
eine  reihe  von  stellen,  die  Hercher  oder  Sauppe  oder  ref.  interpola- 
toren  zugeschrieben  hatten,  will  der  yf.  durch  'bessere'  erklKrung, 
<brth  zum  teO  sehr  kfihne  emendationen ,  wobei  besonders  trans- 
poeitioneB  eine  bedeutende  rolle  spielen,  dem  echten  Aeneas  vindi- 
deren.  er  ist  in  diesem  geschSfte  sehr  eifrig,  und  man  ist  diesem  ge- 
waltigen eifer  gegenüber  einigermaszen  erstaunt  zu  sehen,  dasz  auch 
er  m  zahlreichen  ausscheidungen  seine  Zuflucht  nimt,  wie  die  ttber- 
ndd  8.  179 — 188  beweist,  wo  der  vf.  es  leider  unterlassen  hat  bei 
jeder  stelle  den  ersten  urheber  der  athetese  anzugeben,  übersieht  man 
jenes  stattliche  register,  so  nimt  man  wahr  dasz  er  die  grössere  an- 
zahl  dieser  athetesen  nach  Hercher,  eine  kleinere  zaU  nach  mir, 
einige  nach  Banppe  und  Hertlein  vorgenommen  hat;  was  er  in  die- 
ser lunsicht  selbst  leistete,  beschränkt  sich  in  der  regel  auf  reduction 
der  von  andern  vollzogenen  ausscheidungen.  wir  sind  weit  entfernt 
dem  vi  die  berechtigung  zu  solchen  reductionsversuchen  abzuspre- 
d»en,  ja  wir  wtlrden  sie  ihm,  falls  sie  gelingen  sollten,  als  verdienst 
earedmen«  nur  hStte  er  nicht  nOtig  gehabt  den  gegensatz  zu  seinen 
Torgiagem  zu  einem  prindpiellen  aufzubauschen,  während  er  nur 
ea  quantttatirer  ist.  zudem  liegt  bei  einer  solchen  menge  von  inter* 
poktionen,  wie  sie  auch  hr.  L.  anzuerkennen  sich  genötigt  gesehen 
^,  die  frage  nahe,  ob  es  nicht  in  f&llen,  die  bei  anderen  sohrift- 
ndlem  zweifelhaft  wSren,  richtiger  sei  das  Verderbnis  in  demjenigen 
itUsr  der  Überlieferung,  den  auch  er  in  unserm  texte  als  weitgrei- 
fend beliehnen  musz,  in  den  unberufenen  Zusätzen  leerer  Schwätzer 
m  suchen  als  in  gewaltsamen  Veränderungen,  Verrenkungen  und 
kfinstiichem  hineininterpretieren  von  dingen  die  nicht  dastehen. 

Die  atreitbarkeit  des  hm.  L.,  den  Leopold  Schmidt  der  gelehr- 
te velt  als  'iuvenis  strenuus'  vorführt,  zeigt  sich  zunächst  in  der 
vt  ^  er  seine  Vorgänger  schulmeistert :  er  ist  der  erste  der  in  der 
^  jetzt  aachlich  und  leidenschaftslos  geführten  polemik  über  die 
Aeneasfrage  einen  oft  unwürdigen  ton  anschlägt,  hr.  L.  weisz  uns 
QBidist  8.  95  ganz  genau  zu  berichten,  .dasz  Hercher  über  etwas 

flr  clM«.  phnot  1S79  hf).  i.  16 


242     AHug:  anz.  y.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetioo. 

mehr  als  90  stellen  richtig  geurteilt,  dagegen  an  46  andern  geirrt 
habe,  der  ton,  in  welchem  er  diese  letzteren  gegen  Herchers  athe- 
tese  verteidigt,  ist  stellenweise  recht  tapfer,  m.  vgl.  zb.  s.  81  'om- 
nino  vero,  quod  ad  universam  hanc  Hercheri  raüonem  apectat,  non 
debebat  ille  delere,  quae  intellegere  non  poterat,  ea  de  cansa  quod 
intellegere  non  poterat' :  ein  satz  der  da  wo  man  es  notorisch  mit 
interpolatoren  zu  thun  hat,  die  nar  um  zu  sprechen  auch  sachlich 
ganz  thOrichtes  vorzubringen  sich  nicht  scheuen,  wissenschaftlich 
sehr  anfechtbar  ist:  denn  sachlich  unmögliches  ist  nun  einmal  un- 
verständig, wenn  es  auch  formal  logisch  erscheinen  sollte,  und  in  &o 
fern  auch  unverstKndlich.  (in  Khnlicher  weise  wird  auch  Sauppe  s.  96 
angeherscht)  indessen  kommt  doch  trotz  der  46  irrtQmer  Hercher 
in  der  s.  66  von  hm.  L.  den  editoren  erteilten  gesamtcensur  noch 
sehr  gut  weg:  es  wird  das  ihm  von  allen  Seiten  mit  vollem  recht  er- 
teilte lob  wiederholt,  dasz  er  von  allen  editoren  seit  Casaubonus 
sich  am  meisten  um  den  text  des  Aeneas  verdient  gemacht  habe; 
die  absolution  fUr  die  46  Irrtümer  wird  ihm  herablassend  gew&hrt 
in  den  Worten:  'etsi  nonnumquam  erravit,  id  quod  minimemirum 
est  in  tam  difficili  scriptore.' 

Desto  schlimmer  ergeht  es  nun  bei  der  austeilung  der  gesamt- 
censur  dem  unterz.  über  mich  wird  ein  wahrhaft  vernichtendes  ur- 
teil gesprochen ,  das  ich  um  so  mehr  hier  in  extenso  mitteile,  als  es 
mir  gelegenheit  gibt  über  verschiedene  dinge  mich  auszusprechen, 
es  lautet:  'Hercheri  vestigiis  Amoldus  Hugius  institit,  qui  malto 
longius  illo  procedendum  ratus  permultis,  quae  genuina  Aeneae 
sunt,  deletis  dilaniavit  commentarium  poliorceticum ,  ad  qaem 
tractandum  omnino  praeoccupata  opinione  et  indagandis  interpola- 
tionibus  magis  quam  explicando  scriptori  addictus  accessit:  paucs 
tamen  recte  delevit.  ipse  quoque  coniectüris  nonnullis  emen- 
dare  textum  conatusest.  praeterea  vero  tam  accurate  Hercberia- 
num  textum  expressit,  ut  nonnumquam  etiam  receperit,  quae  falsa 
ille  exhibet.  sie  e.  gr.  18;  8  post  TTÖXei  vocem  Hugius  qaoque 
'Hpai^wv  inseruit,  quamquam  iam  Koechlyus  edocuerat  hanc  Casau- 
boni  coniecturam  stare  non  posse.  —  31,  31  cum  Herchero  Hugius 
litteris  exaratum  praebet  'HpaKXeCbac ,  sed  statim  pro  a  postrcmae 
syllabae  tria  puncta  ponit,  cum  unum  ponendum  sit,  quoniam 
a  prima  vocalium  est.' 

Ich  beginne  mit  der  zuletzt  behaupteten  'abhängigkeit'  vom 
Hercherschen  texte,  von  welchem  doch,  wie  jeder  weisz,  der  meinige 
sehr  stark  abweicht,  hr.  L.  entblödet  sich  nicht  mir  zum  Vorwurf 
zu  machen,  dasz  mir  31,  31  allerdings  passierte  einen  ganz  unbe- 
deutenden druckfehler  aus  der  Hercherschen  edition,  die  dem  satz 
meiner  ausgäbe  zu  gründe  gelegt  war,  unbeachtet  in  die  letztere 
übergehen  zu  lassen,  wie  würde  er  selbst  und  mit  recht  über  elen- 
den klatsch  sich  beklagen,  wenn  ich  ihm  sklavische  abhftngigkeit  von 
mir  deswegen  vorwerfen  wollte,  weil  er  den  ärgerlichen  druckfehler 
meiner  proleg.  s.  7  'interpolator  alicuius  referebat'  ruhig  abgescbrie- 


iflog:  anz.  T.  ACLange  de  Aeneae  comxnentario  poliorcetico.     243 

ba  imd  abgedruckt  hat  (s.  103).  betreffend  die  andere  stelle  18,  8 
TffvoM  ieh  ihn  anf  meine  ihm  wolbekannte  abhandluig  'Aeneas 
T<A  Stymphalos'  s.  36  anm.  1,  wo  er  das  nötige  finden  wird,  in- 
desMD  aneh  anderwärts,  zb.  s.  114,  wird  der  Torwnrf  gegen  mich  er- 
boben,  daaz  ich  gelegentlich  anch  einen  von  mir  dem  interpolator 
migieidiriebenen  abschnitt  doch  mit  den  Herchersehen  emendationen 
TfneheB  habe,  es  geschah  dies  mit  vollkommenem  bewnstsein  da,  wo 
ich  ghnbte  wahrnehmen  za  kOnnen  dass  der  interpolator,  so  nichtig 
seiat  vorte  sind,  doch  nicht  barbarisches  griechisch  schreibt,  auch 
biffflber  habe  ich  meine  ansieht  hinlänglldb  angedeatet  in  den  wor- 
tcD  i^toltg.  s.  6)  *etsi  concedo  moltis  locis  interpolationes  ipsas  item 
lifarviofQm  sordibns  •  •  esse  obmtas  et  deformatas.'  auf  andere 
kkialiehe  schnlmeistereien ,  denen  ich  von  seite  meines  unfehlbaren 
ceason  ao^gesetst  bin,  verzichte  ich  einzutreten,  da  sie  zur  entschei- 
ing  dar  saehe  nichts  beitragen. 

Dig^en  moaz  ich  auf  die  *praeoccapata  opinio',  mit  welcher 
icb  ^ia^andia  interpolationibns  magis  quam  ezplicando  scriptori 
addktas'  meine  beschftftigung  mit  Aeneas  brennen  habe,  um  so 
nebr  etwas  eintreten,  da  die  Sicherheit,  mit  welcher  hr.  Lange  diese 
nb  SOS  falscher  achlaszfolgerang  hervorgegangene  behauptung  vor- 
trigt,  eine  art  aanction  durch  die  urbaner  redigierten  worte  der  prae- 
fitio  Tcm  Leop.  Schmidt  erhalten  hat:  *ille  audadus  agens  onmia 
)ue  primo  obtutu  displicere  poterant  vel  ut  spuria  vel  ut  cor- 
nipU  BOtavit.'  ich  bestreite  beiden  henren  das  recht  zu  einer  sol- 
^  bebaoptnng:  in  Wirklichkeit  ist  die  sache  umgekehrt  zugegan- 
gen. SS  gieng  mir  zunftefest,  wie  es  allen  andern  philologen  gehen 
antte,  dasz  ich  den  köpf  schüttelte  ttber  die  kühnheit  Herchers  und 
äsen  mitgliede  des  hiesigen  philologischen  seminars  das  thema  an- 
rieih,  nmichst  an  den  ersten  10  capiteln  genau  bei  jeder  einzelnen 
itdfe  zu  pfllfen,  ob  wir  wirklich  zu  solchen  athetesen  sprachlich  oder 
lacUidi  berechtigt  oder  genOtigt  seien,  spftter  nahm  ich  die  unter- 
Mcknag  seihet  vor  und  kam  erst  allmählich  zur  billignng  der  Hercher- 
ichca  methode:  was  ich  ttbrigens  ftür  jeden  der  lesen  kun  proleg.  s.  6 
•dbvt  andeutete:  *in  eandem  sententiam  ego  quoque  quamvisini- 
•io  kaesitarem  abii.'  zu  der  bestimmten  annähme  auch  umfang* 
nkber  Interpolationen,  in  der  ich  ttber  Horcher  hinausgieng,  kam  ich 
«boiUls  ganz  langsam,  c.  16,  das  ttberhaupt  die  feste  bürg  dieser 
tjpothese  ist,  die,  wie  wir  sehen  werden,  auch  hr.  L.  nicht  anzutasten 
^cmochte,  gab  mir  hierin  erst  Sicherheit,  wenn  also  von  einer  ^prae- 
'««capata  opinio*  bei  mir  die  rede  sein  kann,  mit  der  ich  an  Aeneas 
C^y  so  lag  sie  nach  der  seite,  nach  der  sie  bei  Leop.  Schmidt  jetzt 
^^  liegt:  nur  dasz  ich  mich  davon  befreite,  sobald  mir  die  wucht 
^  thstsachen  entgegentrat,  in  der  that  hat  hr.  prof.  Schmidt,  den 
.sb  hrieffieh  befragte,  wie  er  sich  zu  der  von  ihm  protegierten  arbeit 
I-ttges  stelle,  geantwortet  daaz,  wenn  er  auch  im  gegenwärtigen 
^«gcaUicke  nidit  mehr  im  stände  sei  den  grad  seiner  Übereinstimmung 
^'  dm  detail  der  ausfllhrungen  L.s  näher  zu  fixieren,  doch  der  ten- 

16» 


244     AHag:  anz.  t.  ACLange  de  Aeneae  commentario  polioroetico. 

denz  des  ganzen  von  anfang  an  besondere  teilnähme  gewidmet  habe: 
denn  die  methode  des  auswerfens  ohne  unmittelbare  eyidenz  erscheine 
um  des  ansteckenden  willen,  das  sie  habe,  gefährlich  und 
forder«  aus  diesem  gründe  zur  bekämpfung  heraus,  wo 
also  gegenwärtig  noch  eine  'praeoccupata  opinio'  vorhanden  ist> 
brauche  ich  nicht- weiter  auseinanderzusetzen,  ich  kann  dieses  ge- 
fühl  des  Philologen,  der  sich  zum  natürlichen  beschtttzer  gefthrdeter 
antiker  texte  berufen  erachtet,  um  so  eher  begreifen,  als  ich  es  wirk- 
lich 'primo  obtuto'  gegen  Hercher  selbst  teilte:  auf  dieses  natttrlicfae 
Vorurteil  muste  die  Herchersche  sowol  wie  meine  ausgäbe,  und  die 
letztere  natürlich  in  stärkerm  masze,  bei  jedem  stoszen,  und  dieses 
Vorurteil  bleibt  bei  jedem,  so  lange  er  nicht  genau  die  ein- 
zelheiten  studiert  und  dadurch  zur  einsieht  kommt,  dass  du 
Schicksal  der  Überlieferung  nicht  bei  allen  autoren  das  gleiche  ist, 
bei  einigen  auch  einmal  ein  ezceptionelles  gewesen  sein  kann,  bei 
hm.  L.  nehme  ich  wahr,  dasz  durch  das  Studium  der  einselheiten 
seine  ursprüngliche  ^praeoccupata  opinio'  nach  dieser  richtung  zum 
teil  erschüttert  worden  ist,  und  er  nun  um  so  heftiger  poltert  om 
den  rest  zu  retten. 

£r  poltert  aber  gegen  mich,  den  er  als  den  hauptsächlich  zu  be- 
kämpfenden gegner  ansieht,  an  verschiedenen  stellen  seiner  sdurift 
in  einem  wahrhaft  anmaszenden  tone,  zb.  s.  90,  wo  er  unmittelbar 
bevor  er  mir  in  einer  kleinigkeit  gegen  Hercher  recht  gibt,  bei  an- 
lasz  der  athetese  4,  7,  worin  ich  auch  jetzt  noch  Hercher  bestimme, 
sich  zu  dem  satze  versteigt:  *quod  Hugius  Hercheri  suspicionem  secu- 
tus  verba  delet,  oerte  nullius  momenti  äkt  ad  illius  sententiam  sta- 
biliendam' ;  m.  vgl.  femer  die  lächerliche  Insinuation  s.  144,  die  mit 
den  Worten  beginnt:  *nam  praeter  eum  nemo  non  perspexit.'  es  ist 
in  der  that  neu,  dasz  ein  junger  autor  sich  einem  manne  gegenflber 
einen  solchen  ton  gestattet,  dem  er  trotz  alledem  in  manchem  nicht 
unwichtigen  puncte  folgt. 

Freilich  nach  der  von  ihm  mir  erteilten  gesamtcensur  sollte 
man  das  in  der  that  nicht  schlieszen.  sein  urteil  über  meine  leistun- 
gen  im  Aeneas  kann  mir  an  sich  gleichgültig  sein:  dasjenige  meiner 
sämtlichen  recensenten  (Hertlein,  Eberhard,  Orauz),  das  im  ganzen 
über  meine  athetesen  übereinstimmend  lautet,  insbesondere  aber 
dasjenige  Kirchh  off  s  undHerchers  selbst,  der  in  freundlichem 
briefe  seine  freude  darüber  aussprach ,  dasz  seine  arbeit  an  Aeneas 
eine  so  würdige  fortsetzung  gefunden  habe,  gilt  mir,  das  wird  auch 
hr.  L.  begreifen,  mehr  als  das  seinige.  aber  dem  letztem  kann  ich 
es  nicht  ersparen,  an  seinen  eignen  entscheidungen  dieses  urteil 
etwas  zu  beleuchten  und  auf  sein  verfahren  aufmerksam  zu  machen. 
es  wird  mir  jedermann  zugeben,  dasz  die  werte  *ipse  quoque  con- 
iecturis  nonnullis  emendare  teztum  conatus  est'  in  diesem  la* 
sammenhange  besagen  sollen,  dasz  meine  coi^jecturalkritik  durchweg 
als  verunglückt  zu  betrachten  sei.  auf  eine  reihe  meiner  emenda- 
tionen  ist  der  vf.,  da  die  gelegenheit  dasu  fehlte,  nicht  eingegangen; 


AHag:  ans.  v.  ACLange  de  AeiieAe_commentario  poliorcetico.     245 

iber  kAmn  wird  es  mit  der  Wahrheit  Tertrftglich  sein  sich  so  auszu- 
drucken, wie  hr.  L.  gethan  hat,  in  der  gleichen  schrift,  in  welcher 
«rgriegenÜich  folgende  meiner  coiijectoren  adoptiert;  s.  62  die  ver- 
Mtxong  von  toic  auTi&v  nach  irpoci^x^iv  22, 15,  s.  70  die  Versetzung 
TOB  irp6c  Touc  uiTOM^vovrac  4,  5  *,  s.  79  toütoic  dTriTr^^rreiv  ftlr 
ovTuic  ^Kir^^TTCiv  15,  4,  8. 102*  Kai  töv  äXXov  fttr  xal  ol  fiXXov 
40,  7,  s.  113  Sb"  CUV  dXXoc  TpÖTTOC  16, 1,  s.  148  Kpuipac  24,  48, 
s.  203  kxupaic  CK€uaciaic  und  im  folgenden  die  Streichung  von  tö 
m)p.'  flÖOT  meine  athetesen  spricht  sodann  hr.  L.  das  schon  erwähnte 
Terdammangsnrteil  in  betreff  meiner  ^praeoccupata  opinio'  aus,  ist 
iber  inunerhin  noch  so  gUtig  hinzuzufügen :  'pauca  tarnen  recte  eiecit.' 
vir  mflssen  diese  'pauca'  an  der  hand  seiner  schrift  uns  etwas  näher 
betehen.  dabei  stoszen  wir  auf  ein  merkwürdiges  verfahren,  in  dem 
ibtebiitt  ttber  Herchers  athetesen  s.  67 — 95  werden  am  Schlüsse 
denslben  s.  93  diejenigen  zusammengestellt,  die  die  billigung  von 
Bcito  des  hm.  L.  fahren,  und  in  dieser  Übersicht  auch  diejenigen 
stBÜeii  eingeschlossen,  in  denen  hr.  L.  über  den  umfang  des  hinzu- 
koBiiiendea  Ton  Hercher  differiert,  auch  bei  der  behandlung  meiner 
athetesen  gibt  der  vf.  am  Schlüsse  jedes  abschnitts  jeweilen  die  von 
ibm  gebilligten  an.  zu  1 1  s.  145:  22, 8,  zu  I  2  s.  162:  21, 1.  12, 4. 
22, 26.  24,  17.  22,  1.  35;  zu  I  3  s.  170:  kein  beispiel,  zu  II  (athe- 
tesen der  aoagabe)  s.  176:  23,  6.  31,  15.  31,  27.  39,  6.  40,  5.  diese 
12  beispiele  würden  demnach  die  *pauca'  darstellen,  dieses  resultat 
bfti  aber  hr.  L.  nur  dadurch  zu  stände  gebracht,  dasz  er  in  der  re- 
t^tolation,  anders  als  er  es  bei  Hercher  gethan  hatte,  aUe  diejeni- 
gen meiner  athetesen  unterdrückte,  in  denen  er  nicht  über  den  um- 
ÜMg  derselben  vOllig  mit  mir  einig  war.  zu  den  'pauca'  müssen 
»ir  mit  hinzurechnen  die  von  ihm  hier  verschwiegenen  athetesen, 
die  er  von  mir  annahm  in  16,  2.  3.  7—10.  19—22  (s.  s.  110  ff. 
ud  180),  sodann  9,  3  (s.  117),  18,  21  fn  5i  .  .  £v^bu)K€  (s.  123), 
^  19  Kai  iirrre  Xaeciv  m/jtc  mOdcai  (s.  138),  24,  7  xai  TOUTUiV 
WC  dxftaXUmuv ,  24,  8  xal . .  &pMif|cavT€c  (s.  148),  28,  4  toOc  ^iy 
Tiiv  «oXiTUfv  Xadövrec  toOc  bk,  96dcavT€c,  Tiväc  bi  tuiv  icw  cuvep- 
Touc  fxovrec  (s.  151  vgl.  185),  3,  6  ou  irpöcui  axniSty  biaT€Xouv- 
nc  (s.  152),  1,  1  Toö  dcTCOC  (s.  157),  22,  10  iroXXoi  t€  . .  ir€pio- 
öcuoua  (s.  159  und  182),  37,  5  koI  ävTioOcOai  (s.  162),  18,  16.  17 
jL  165  und  166).  denn  wenn  auch  einige  derselben  durch  hm.  L.  be- 
trtAtlich  redudert  wurden,  so  wird  er  doch  nicht  leugnen  dasz  in 
•Uta  diesen  stellen  meine  athetese  der  seinigen  zur  basis  diente,  da- 
Wi  tiad  diejenigen  stellen  noch  gar  nicht  berücksichtigt,  in  denen 
br.  L  von  zwei  von  mir  als  unvertrftglich  erkannten  sfttzen  oder  satz- 

'  freiliek  b*  71  ohne  die  von  mir  vorgenommene  ergänsong  von 
cvpuiiUvuiv  in  gans  sinnloser  weise.  *  bier  atillschweigend. 

'  «o  Ith  nabefangen  genog  bin  ancnerkennen ,    dass  die  von  hm.  L. 
^^ffee^ngene  form  ^r  die  ersten  worte  (dv  b^   n  ol  iroX^fiiot  ir€i- 
iinnvpdvttt   eine    verbessemng   der   von   mir  vorgeschlagenen 
bildet 


246     AHug:  anz.  y.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico. 

teilen  den  einen  derselben  athetierte ,  während  ich  den  andern  be- 
seitigt hatte. 

Diesem  verschweigen  der  obigen  stellen  bei  der  recapitnlation 
zum  zwecke  der  Yorringerung  der  leistungen  seines  nnmittelbaren 
Yorgftngers  stellt  sich  würdig  zur  seite  die  einftthrang  der  wichtig- 
tigsten  derselben  am  gegebenen  orte,  an  c.  16  hatte  vor  mir  nie- 
mand anstosz  genommen;  ich  wies  nach  dasz  es  zom  grOsten  teil 
einem  rhetorisierenden  interpolator  angehöre,  wer  meine  hypothese 
von  umfangreichen  interpolationen  umstoszen  will^  masz  vor  allem 
sich  auf  die  rettong  dieses  cap.  werfen,  wie  ist  man  erstaunt  s.  110 
die  behandlung  dieses  cap.  ohne  irgendwelche  erwfthnung  dessen, 
der  die  entdeckung  gemacht  hat,  mit  dem  quasi  selbstverstSndlichen 
satze  eingeleitet  zu  sehen  ^transeamus  iam  ad  id  caput,  quod  foedis- 
sime  interpolatomm  licentia  corruptum  est',  sieht  man  nun  nfther 
zu,  so  werden  s.  111 — 115  unter  eindringlicher  polemik  g^nmich 
von  67  Teubnerschen  zeilen,  die  ich  aus  diesem  cap.  gestrichen  habe, 
ebenfalls  40  gestrichen ;  es  war  in  der  that  nötig,  nachdem  hr.  L  in 
der  hauptsache  mir  gefolgt  war,  mit  den  groszartigen  worten  über 
meine  behandlung  dieses  cap.  s.  115  hinwegzuschreiten:  *nec  melios 
(sc.  als  in  c.  16)  Aeneae  Hugius  consuluidse  videtur  c.  9.'  tthnlieh  ver- 
steckt der  vf.  s.  138  oben  die  Zustimmung  zu  einer  meiner  athetesen 
in  eine  halbe  Verteidigung  des  von  mir  ungerecht  angegriffenen,  aber 
als  selbstverständlich  vorausgesetzten  interpolators ,  ebenso  s.  151 
die  Zustimmung  zu  einer  meiner  athetesen  in  c.  28  in  eine  ganz  an* 
bedeutende  reduction  derselben,  imd  erst  s.  185,  wo  er  keine  namen 
nennt,  erkennt  man  dasz  er  mir  im  wesentlichen  beitritt. 


n. 

Doch  wenden  wir  uns  von  diesem  bilde  weg  zur  sache  selbst, 
und  prüfen  wir  die  von  hm.  L.  ins  werk  gesetzten  rettungen  od^ 
reductionen  der  athetesen  an  einigen  der  wichtigeren  beispiele. 

Ich  beginne  mit  c.  16,  wo  der  vf.  mit  mir  §  2  u.  3,  7 — 10,  19 
— 22  und  auszerdem  in  §  4  noch  die  werte  1rpocb€XÖ^€Vo(  nvac 
.  .  ßo^jOeiav  streicht,  dagegen  §  1,  den  übrigen  teil  von  §  4,  sodann 
5  und  6,  11 — 13  zu  retten  versucht,  während  ich  auch  diese  par- 
tien  für  unecht  ansehe,  indem  ich  nur  14—18  dem  Aeneas  zuweise, 
zunächst  wendet  hr.  L.  gegen  meine  ansieht  ein ,  dasz  diese  letztere 
partie  16,  14 — 18  sich  nicht  an  c.  15  anschliesze.  dieses  cap.  enU 
wickelt,  wie  man  den  einfallen  der  feinde  in  das  land  (beim  beginn 
des  krieges  und  bevor  man  sich  in  die  stadt  hat  einschlieszen  lassen) 
durch  eine  richtig  organisierte  ßo^jOeia  begegnen  müsse,  dabei  wird 
ein  hauptgewicht  auf  die  vorsieht  gelegt,  die  sowol  beim  auszng 
(§  4  f.)  als  beim  rückzug  in  die  stadt  (§  7)  bethätigt  werden  müsse, 
•aach  seiner  weise  belegt  Aeneas  diese  regel  mit  beispielen:  1)  15,  8  f. 
führt  er  uns  aus  der  geschichte  Abderas  die  folgen  einer  dq^üXoiCTOC 
ßoilOeia  vor;  2)  16,  14  als  gegensatz  dazu  die  ganz  besonders  vor- 


AHng:  am.  y.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico.     247 

oebtige  art  eine  pcocpci  ßoi^Oeia  zu  bewerkstelligen,  darch  welche 
dieKjxenSer  nnd  BarkSer  sich  heirorthaten*  (vgl.  auch  die  enge  be- 
Mmg  Ton  16,  14  iv  TdSei  T^vö^cvoi  and  15,  3  iövTQC  Iv  räEet 
ik  fuiXicra).  ich  wüste  nicht  was  man  an  diesem  Übergang  aas- 
«etien  kSnnte.  allerdings  war  aach  derjenige  der  16, 11 — 13  schrieb 
uf  einen  Übergang  zq  16, 14  bedacht.  16, 13  nemlich  lautet  äptCTOV 
<b')  Tva  vcoigifict  toic  CTpanuiTaic  XP^^Q«  uirapxövTUiv  T€  irXoiuiv, 
xord  OdXoTTav  Tf|v  bCiuEiv  iroieicOm  *  tö  tc  Tctp  96dcai  xai  tq  &XXa 
€k  TÖ  biov  coi  cuMßi^ccrai,  ddv  ixi\  KOToqpO^c  irX^iuv  ött"  aunjüv. 
oflaW  soll  hier  das  vcoK^f^ci  toTc  CTponidraic  den  worten  §  14 
€tj6uc  V€OKyif)TCC  iTpoccqp^povTO  TOIC  TToXe^ioic  genau  entsprechen. 
ilkm  bei  nSherer  betraohtung  wird  sich  gerade  dieser  Übergang  als 
«1  kflnatUeh  gemachter  herausstellen,  es  ist  im  ganzen  c.  15 
tad  selbst  in  den  vom  interpolator  als  fortsetzung  in  16  dazu  ge- 
fügten teilen  nur  von  einem  einfall  zu  lande  und  einer  dagegen  vor- 
gocmmenen  landexpedition  (ßorj8€ia)  die  rede,  nun  wftre  an  sich 
die  mOglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dasz  eine  Seestadt  von  der 
ludwite  angegriffen,  diesem  angriff  aber  von  seite  derselben  durch 
eiaen  einfall  in  feindesland  auf  dem  seewege  begegnet  würde ,  wäh- 
nai  man  mehr  zum  schein  die  feinde  auch  auf  der  landseite  ver- 
Ugte.  ein  verstftndiger  autor  hätte  aber  dann  nicht  den  ausdruck 
gebracht  KOtrd  OdXarrav  Tf|v  btufiv  iroteicOar.  denn  da  der  begriff 
da  Terfolgena  auch  die  mOglichkeit  des  erreichens  in  sich  schlieszti 
so  ist  niehi  abzusehen,  wie  man  eine  landexpedition  auf  dem  see- 
veg«  verfolgen  kOnne:  das  wftre  doch  durch  den  einfachen  be- 
gnff  des  zuTorkommens  zu  bezeichnen  gewesen:  was  unser  autor 
ftlbst  in  fühlen  scheint,  indem  er  nachher  den  ausdruck  q>9dcai 
wweadet.  sonderbar  und  ganz  in  der  weise  des  interpolators  (nu 
vgl  S,  8,  wo  ich  die  von  hm.  L.  vorgenommene  rettung  auch  als 
Tcnm^flckt  ansehen  musz)  die  verclausulienmg  durch  zwei  bedin- 
gOAgeu:  1)  öiropxdvTUiV  yc  irXoiuiv,  etwas  das  man  doch  bei  einer 
Meitadt  von  vom  herein  erwarten  sollte,  und  besonders  2)  iäv  ^f| 
ttto^OQc  irX^uiv  ihr'  aÖTi&v.  durch  den  umstand ,  dasz  die  see- 
<ipefition  vom  lande  aus  gesehen  wird,  wird  das  q)0<icai  an  sich 
Bxht  veriundert,  da  dasselbe  auf  dem  hiervon  unabhängigen  um- 
itade  beroht,  dasz  die  schiffe  sich  schneller  bew^en  als  die  mann- 
Kkaft  Bttidiiert.  femer  ist  es  von  vom  herein  unmöglich  das  ge- 
Mkawerden  zu  verhindem,  es  sei  denn  dasz  man  für  die  Seefahrt 
&  nsdit  auswähle:  was  ein  verstftndiger  autor  kurz  und  bündig 
Hg«  würde. 

hk  hatte  bemerkt,  dasz  der  interpolator  zum  teil  die  gedanken 
^AoMis  wiedeifaolt,  zum  andern  teil  einiges  (unbedeutende)  neue 
^srgebradit  habe,   für  hm.  L.  steht  nun  aber  als  dogma  fest,  dasz 

*  ieh  tUmoie  jetat  dem  vf.  bei,  wenn  er  s.  4]  das  irpoc€<p^VTO 
im  Medieeos  beiinbehalten  anrSth  gegenüber  der  Hercherschen  con* 
J*<ter  «poopdpoivr'  Av.  sor  ergSnrang  fflge  ich  hlnsn  dasz  wir  ia 
^fm  MlMv  den  inf.  imperf.  vor  uns  haben. 


248     AHag:  anz.  y.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico. 

der  interpolator  darcbaus  nur  die  gedanken  des  Aeneas  reproduciere: 
also  dürfe  man  auch  nnr  d4s  athetieren ,  was  absolut  niclits  anderes 
sei  als  Wiederholung  des  im  echten  texte  gegebenen,  ftlr  uns  existiert 
dieses  ganz  unbewiesene  axiom  nicht:  ist  ja  doch  a  priori  ein  solcher 
Pruritus  auch  einige  eigne  Weisheit  vorzubringen  einem  interpolator 
angemessen;  nur  wird  sich  dieselbe,  abgesehen  vom  stile,  der  nicht 
immer  ein  gleich  sicheres  kriterium  ist,  daran  in  der  regel  erkennen 
lassen,  dasz  sie  den  sachlich  unkundigen,  den  bloszen  schwfttzer  ver- 
rSth,  oder  dasz  sie  unter  dem  scheine  der  ergKnzungen  doch  nur 
Variationen  des  alten  bietet.*  auf  den  genannten  falschen  satz  wird 


^  1,  8  wird  doch  auch  von  hro.  L.  dem  interpolator  xngeschrleben, 
was  Hercher  unter  den  tezt  gesetzt  hatte;  tö  bt  ircptöv  irXf|0oc  M^P^' 
cavra  irp6c  t6  fif^xoc  ti&v  vuKTiItv  xal  ti&v  «puXdxwv  t6  irXfjidoc  kotq- 
vct^ai :  hier  will  doch  derselbe,  was  namentlich  aus  yJ^KOC  rtSt^t  vuktüv 
hervorgeht,  etwas  neues  hinzufügen,  wobei  es  ganz  irrelevant  ist,  o\> 
er  das  aoch  in  c.  22  finden  konnte,    auch  3,  6  TÜbv  dpx6vTUJV  M  irpo- 
K€KXT)pO[»cOat  de  Ov  IxacTot  röirov  usw.,  so  nnklares  gefasel  dies  aneb 
ist,  enthält  etwas  anderes  als  S,  1  cl  ^Kdcng  qniXQ  |idpoc  Ti  toO  Tdxovc 
KXfipif)  diroöciEcicv.    ebenso  sehr  ist  a  priori  der  von  hrn.  h,  aufffestellte 
satz  unwahrscheinlich,  dasz  nie  ein  interpolator  darauf  verfallen  sei, 
ein  neues  historisches  beispiel   anzufügen,    diesem  angeblichen  axiom 
haben  wir  es   zu  verdanken  dasz  hr.  L.   s.  86  e.  81,  9   nach  IWppo- 
V€V  die  von  Hercher  gestrichene  längere  erzählnng,  die  mit  den  werten 
beginnt  ^t^vcto  bi  trcpl  4iTiCToXf)v  Totövöc,  glücklich  wieder  in  den  teit 
setzt,  mit  der  doppelten  änderung,   dasi  er  das  letzte  drittel  von  t€x- 
viKilfc  bi  an  doch  streicht  und  die  ganze  erzählung  nach  §  5  versetzen 
will  nach  den  werten  übe  dbriXordrac  iroidv.    demgemäsz  wird  nun  die 
lücke,   die  vor  §  4  ist,  von  hrn.  L.  s.  86  so  aosgeffillt,   dasi  dadurch 
eine  art  Zusammenhang,  ein  gemeinsames  zwischen  der  erzählnng  §  4  f. 
nnd    dem    fraglichen    stuck   hergestellt   werden  soll;    es  sei  in  beiden 
fällen   von  einem  boten  die  rede,  dem  man  nicht  trauen  könne,    da- 
gegen ist   1)  zu  bemerken,   dasz  es  unrichtig  ist,  diese  voranssetsnng, 
dasz  ein  brief  auch  einem  boten  verborgen  bleibe,  passe  nnranf§if'; 
sie  passt  auch  für  die  beisplele  §  1 — 8  und  für  eine  ganze  reihe  voo 
den  andern;  2)  im  ganzen  cap.   ist  nur  von  solchen  briefen  die  rede, 
die    entweder   geheimschrift    enthalten    oder  auf  eine   besondere 
geheime   art   transportiert  werden,    in  der  von  Hercher  gestriche- 
nen ersähinng  ist  aber  von  ganz  gewöhnlichen  briefen ,  die  von  jedem 
gelesen  und  verstanden  werden  können,  nnd  von  einem  ganz  gewöhn- 
lichen  transport  derselben  durch  einen  boten  die  rede,  dar  freilich  den 
verräther  macht,    die  erzählung  ist  also  dem  Inhalt  des  cap.  vollstän- 
dig fremd,  und  das  ganze  gebände  von  hypothesen,  bei  denen  ich  in 
der  that  bedaure,  daaz  hr.  L.  für  seine  combinationsgabe  keinen  w6r- 
digern  gegenständ  gefunden  hat,  fällt  in  sich  zusammen,    ebenso  InftifT 
ist  die  Vermutung,  dasz  die  erzählung,  einmal  ausgelassen  und  an  den 
rand  geschrieben,  mit  der  bemerkung  begleitet  woraen  sei  ^ea  inserenda 
esse  post  illud  ezemplum,  übt  de  insuenda  epistula  agatur';  der  spStere 
habe  das  misverstanden  und  habe  daher  nach  Mppa^v  die  erzäblnn^; 
eingefügt;    werden  solche  Verweisungen  gemacht,   so  lanten  sie  nach 
dem  schluszwort  und  nicht  nach  einer  allgemeinen  Inhaltsangabe,   nnd 
wozu  gibt  sich  hr.  L.  alle  diese  mühe  jene  erzählung  dem  Aeneas  zu 
Tindicieren?    doch  wol  nur  nm  das  aziom,  dasz  der  interpolator  oder 
die  interpolatoren  unter  keinen   umständen  je  eine  eigne  erzählung  in 
den  text  eingefügt  hätten,  mir  entgegenhalten  zu  können,  der  ich  in  c.  19 
and  23  spuren  von  solchen  eingeschobenen  erzählungen  zu  entdecken 


AHog:  ans,  t.  ACLaoge  de  Aeneae  coxnmentario  poliorcetico.     249 

wm  die  Verteidigung  von  §  4 — 6  a.  11 — 13  gebaut  und  durch  eine  die 
spitiea  abbrechende  Übersetzung  gestützt,  der  gedanke,  der  in  die- 
ses §§  enthalten  ist,  Iftszt  sich  in  folgende  zwei  sfttze  zusammen- 
diiiigen:  1)  lasx  die  ins  land  eingefallenen  feinde  zuerst  etwas  ge- 
wthreD,  bis  sie,  sicher  geworden,  sich  zu  Unvorsichtigkeiten  verleiten 
lusen  (4—6);  2)  ist  dir  das  nicht  gelangen,  sondern  sind  sie  mit  der 
beute  bereits  über  die  grenzen  zurückgegangen ,  so  verfolge  sie  auf 
anderen  wegen  und  überfalle  sie  in  der  gegend  der  grenze  wfthrend 
der  abendmahlzeit  (11— 13).  diese  rathschlKge  würden  von  Aeneas 
§  1  mit  den  Worten  eingeleitet:  'folgendes  wäre  eine  andere  bessere 
irt  der  ßorjOeicu'  es  ist  aber  rein  nicht  abzusehen,  wie  Aeneas  diese 
aStie  ab  einen  äXXoc  TpÖTroc  ßonOeiac  hätte  bezeichnen  können,  der 
den  vorher  von  ihm  geschilderten  vorzuziehen  wäre:  denn  durch 
dieselben  werden  die  in  c.  15  gegebenen  regeln  in  keiner  weise  tan- 
^ert,  sondern  bleiben  in  voller  kraft  bestehen,  sodann  hat  L.  durch 
tromuDg  der  §§  7 — 10  von  11 — 13,  die  er  verschiedenen  autoren 
xQsdnreibt,  den  offenbar  beabsichtigten  Zusammenhang  zerstört;  auf 
^  X€i)XorröOvT€C  xai  TreirXiipu)fJi^voi  Xa9upujv  in  §  8,  in  welchem 
zustande  man  die  feinde  angreifen  soll,  bezieht  sich  §  11  als  gegen- 
oti:  'sollten  aber  diese  angriffe  auf  die  feinde  in  deinem  eignen  lande 
sieht  gelungen  sein,  sondern  dieselben  unversehrt  mit  der  beute  sich 
ia  ihr  land  zurückgezogen  haben  (£dv  bk  XdOg  f{  qpOdcq  lä  Ik  Tf\c 
XuipQC  XcTiXaTY^O^vra),  nun  so  verfolge  sie  bis  in  ihr  eignes  gebiet 
biaein';  wobei  aber  in  merkwürdiger  weise,  nachdem  sie  bereits  bis 
aber  die  grenze  zurückgekehrt  gedacht  sind ,  doch  noch  empfohlen 
wird  ihnen  in  der  g^;end  der  grenze  (ir€pl  Td  6pia)  aufzulauern, 
«usordem  haben  die  von  L.  beibehaltenen  stücke  nicht  minder  als 
die  von  uns  beiden  gestrichenen  abschnitte  einen  rhetorisierenden 
chinkteri  der  sich  im  breittreten  derselben  unwichtigen  gedanken 
iQfiert,  worunter  besonders  hervorzuheben  ist,  dasz  die  feinde  ein- 
mal im  besitze  von  beute  sich  der  habsucht  und  Völlerei  im  essen 
aod  trinken  überlassen  und  jede  vorsieht  und  mannszucht  vergessen 
werden:  §  5  (nach  L.  echt)  £^a  h*  dv  ciriujv  Kod  iröc€U)c  TrXr)pou- 
ucwH  dpeXeic  xal  direiOctc  toTc  dpxouci  tWvoivto  —  §  8  (nach  L. 
uMcht)  Iva  X€T|XoToOvT€C  Kai  iT€irXiipu)fi^voi  Xa9!}pu)v  ßqibiwc  coi 
T^  hiajy  bujciv.  §  12  (nach  L.  echt)  o\  ydp  XeiiXaryicavTec . .  irpöc 
Mu|iiav  Tpeirö^evoi  d9uXaicT0T^puic  dv  biaK^oiVTO  und  vorher  ebd. 
Tnv  y  iiriOeciv  auroic  iroieicOai  bemvoTioiouM^voic  uam.  vgl.  fer- 
str  in  §  4  die  wichtigthuende,  den  rhetor  verrathende  einleitung  die- 
N*  angeblichen  dXXoc  Tpörroc  ßoriOeiac  ßeXTiuJV  mit  den  werten  bei 
Tip  c€  clb^vat,  ÖTt  Twv  noXe^iujv  o\>i€Tdcuv^c€uic  Kai 
^KiCTrJMn^  T^TVÖ^evoi  dv  iroX€^iqiusw.  wo  in  aller  weit  hat 
Aeaeaa  eine  solche  classe  von  wissenschaftlich  verfahrenden  feinden 
^atcncfaieden?  und  was  thun  diese  mit  einsieht  und  Wissenschaft 

t\mihU  (ond  noch  jetst  glaube),    sehr  komisch  ist  es  sa  sehen,  wie  br. 
• «-  M  a.  162  sich  dreht  lud  windet,  um  dieses  sein  dogma  mit  der 
sich  iha  notwendig  scheinenden  athetese  81,  24  in  einklang  su  bringen. 


250    AHug!  ans.  ▼.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico. 

verfahrenden  feinde?  im  an  fang  (kqt'  dpx<ic)-ftlhren8ieibr]iaapU 
Corps  in  Ordnung  dorch  das  von  ihnen  Überfallene  land;  her  nach 
aber  lassen  sich  diese  einsichtigen  und  wissenschaftlichen  feinde  Ton 
der  lust  an  beute  und  am  essen  und  trinken  zur  Sorglosigkeit  und 
unbotmftszigkeit  gegen  ihre  befehlshaber  verleiten,  welchen  omstasd 
der  Verteidiger  des  Tandes  zu  benutzen  aufgefordert  wird,  was  wür- 
den wol  iroX^^ioi  £v6U  cuv^ceujc  kqI  diriCT^^ric  thun?  wahrschein- 
lich ganz  das  nemliche.    zu  den  merkmalen  der  interpolation  rechne 
ich  die  stilistisch  wie  sachlich  ebenso  unerträgliche  Wiederholung  des 
begriffs  (pOdvciv:  vgl.  §  9  q>Odc€iav,  §  11  (pOdcij  und  <pedcav,  §  12 
90dcai,  §  13  wieder  qpOdcai.   dasz  der  interpolator  mit  dem  begriff 
q)8<iv€iv  gern  operiert,  besonders  in  der  auch  hier  vorkonmienden 
Verbindung  §  13  XaOeTv  f\  q>8dcai,  habe  ich  in  den  proleg.  mehr- 
fach hervorgehoben;  wobei  ich  natürlich  nicht  bestreite,  dasz  auch 
der  echte  Aeneas  diese  Verbindung  habe  anwenden  kOnnen;  doch 
sehe  ich  sie  blosz  noch  in  37,  6  (während  22,  6,  wie  ich  bei  dieser 
gelegenheit  bemerken  will ,  mir  als  blosze  Variation  zu  22,  5  schon 
längst  verdächtig  ist),   auch  in  den  von  L.  selbst  anerkannten  athe* 
tesen  28,  5  und  22,  19  kommt  diese  Verbindung  vor.    doch  wenn 
diese  beobachtung  nicht  als  zwingend  angesehen  werden,  sondern 
blosz  als  Unterstützung  da  dienen  kann,  wo  sonstige  verdachtsgrOnde 
vorliegen,  so  musz  ich  gegenüber  hm.  L.  doch  darauf  beharren,  dasz 
der  ausgibige  gebrauch  von  cO  in  seinen  verschiedenen  casus  nnd 
der  zweiten  singularperson  (ind.  praes.  oder  fut.  oder  imper.)  in  c.  16 
etwas  dem  sonstigen  individuellen  usus  des  Aeneas  fremdartigeg 
hat  (vgl.  proleg.  s.  13);  mit  der  allgemeinen  behauptung,  dasz  ein 
solcher  gebrauch  gut  griechisch  sei ,  ist  eine  individuelle  beobach- 
tung bei  einem  einzelnen  Schriftsteller  nicht  widerlegt,  auch  wenn 
wirklich  31,  18  für  den  gebrauch  des  imperative  (um  den  es  sich 
nicht  allein  handelt)  ein  sicherer  beleg  wäre.*  und  mit  dieser  eigen- 
tümlichkeit  der  von  mir  ausgeschiedenen  bestandteile  von  c.  16 
stimmt  auch  c.  9 ,  und  nur  dieses ,  merkwürdig  zusammen :  vgl.  §  1 
imövra  rrpöc  c€,  toöc  ceauroO,  §  2  buvacot^  §  3  £fiiroiif|C€ic,  iii^a- 
pacKCudceic. 

Auch  in  diesem  c.  9  hat  sich  L.  dem  gewicht  der  von  mir  aus- 
gesprochenen gründe  für  die  athetese  nicht  ganz  entziehen  können, 
er  reduciert  dieselbe  auf  §  3.  will  er  sich  der  schluszfolgemng 
entziehen,  die  ich  aus  den  auch  von  ihm  athetierten  Worten  16,  3 
fi^a  T(&v  liiv  TÖ  beTpa  dq>aipoOvTa,  rote  bk  Odpcoc  ^iroioOvta, 
ToCic  bi  öirXiZovra  gezogen  habe,  dasz  wir  dort  den  gleichen  inter- 
polator vor  uns  haben,  der  9,  3  schrieb  Totc  jiky  qpiXtoic  Gdpcoc 


*  da«!  6€l  C€  el6^vai  16,  4  nicht  mit  dem  sprachsebrAnche  des 
Aeneas  stimmt,  sollte  doch  L.  sngeben,  er  der  s.  88  bei  einer  andern 
gelegenheit  selbst  sagt:  'nee  sabiectam  desiderari  in  hoo  praeeepto 
sezcenti  similes  loci  apnd  Aeneam  edocent.'  *  hier  will  L.  allerdtnga 
jetst  nicht  mit  Hercher  bOvacai  d1roTp<g^lat  (Med.  bi>vavTat  dwoTp^trat) 
sondern  bOvavrai  diroTp^wccOai  lesen. 


AHog:  anz.  v.  ACLaage  de  Aeneae  comme&tario  pölioreetico.     251 

ilitot^cctc . .  tote  bk  iroXc^iotc  qpößov  d^irapaaceuäceic?  und  die- 
ser iBiMpolator,  der  auch  nach  L.  dort  ein  sehr  umfangreiches  stück 
aalg^f  soll  sieh  hier  auf  diesen  §  beschrftnkt  haben?  jedenfalls 
haboi  wir  alle  Teranlassnng  nns  die  nftchsten  Umgebungen  darauf  hin 
umseben,  und  sollte  sich  auch  da  rhetorisches  geflunker  zeigen  statt 
nfiehten  saehrerstftndiger  behandlung,  so  ist  der  yerdacht  wissen- 
ichaftHeh  berechtigt,  aber,  ruft  L.  aus,  'obitertantum  loco  inspecto' 
hitta  ieb  c.  9  gar  nicht  yerstanden;  er  belehrt  mich,  OpacüvecOai  Tl 
änxcipctv  bedeute  *einen  kecken  handstreich  wagen  wollen'  (wo- 
bodis  'wollen'  willktlrlicher  zusatz  ist),  dh.  L.  sagt  dasselbe,  was  ich 
sagte  proleg.  s.  14:  'quod  verbum  siye  censeas  adsubitosinmu- 
rot  facto 8  impetus  spectare  sire  intellegi  malis  de  incursionibus 
iloitnuD  in  ciritaüs  agros.'  ein  hauptbedenken  war,  dasz  die  erwKh- 
wag  eines  solchen  kecken  handstreichs  auf  die  stadt  selbst  bei  der 
guuen  sQoeesslT  und  chronologisch  Torschreitenden  disposition  die- 
ses tnetates  (vgl.  meine  praefatio  s.  X)  noch  nicht  hierher  passe, 
Madern  erst  in  die  spätem  cap.  gehören  wttrde  {vgl,  zb.  39,  6  1\br\ 
^  tivcc  Toic  Gpamvo^^voic  t€  X(av  Kai  irpocireXdlouct  tiISj  tcCxci), 
^  tber  auch  das  frühere  Stadium  plötzlicher  einfalle  in  das  land 
Qsd  Oorer  abwehr  durch  ßorjOcton  erst  in  c.  15  behandelt  werde,  hr. 
L  veisz  ebenso  wenig  wie  ich ,  ob  das  erstere  oder  das  letztere  ge- 
BciBt  ist,  Wel  in  agros  vel  in  urbem'  sagt  er  ebenso  unbestimmt 
^  idi.  «ramm  sagt  uns  der  Schriftsteller  hierüber  nichts?  Aeneas 
P^t  sicD  sonst  deutlich  auszudrücken:  15,  1  dirl  t&  KQKoOfieva 
T^ic  xtupac.  L.  scheint  der  ansieht  zu  sein,  dasz  die  feinde  in  die- 
3«Q moment,  wo  sie  den  handstreich  unternehmen,  die  grenzen  des 
^ote  noch  gar  nicht  überschritten  hätten,  in  der  that  scheint  es 
^<^iigsteiis  nach  §  2  dasz  sie  bis  dahin  noch  ruhig  zu  hause  sitzen : 
n  TJjv  ir6Xtv,  womit  o\  dtnövrec  irpöc  C€  wieder  nicht  recht  stim- 
&a  wül,  während  diese  worte  sich  mit  der  andern  möglichkeit  €lc 
^  crpoTÖirebov  Tdiv  ttoXc^Cuiv  allenfalls  noch  vertragen. 

Zugegeben  aber,  es  sei  mit  L.  an  einen  plötzlichen  hand- 
streich la  denken,  der  sonderbarer  weise  noch  Ton  dem  feindlichen 
g«bict  tos  selbst  betrieben  würde  (wobei  dessen  grenzen  jedenfalls 
Outthe  zu  denken  wären),  so  ist  doch  die  gemütlichkeit,  mit 
^diesem handstreich,  der  bereits  im  thun  ist',  begegnet  wird, 
*>Uift  staunenswert,  in  einem  solchen  falle  würden  doch  die  'bür- 
^  oder  Soldaten'  sofort  auf  den  bedrohten  punct  berufen,  um 
^<*Mlbe&  zu  verteidigen,  statt  dessen  sollen  1)  gewisse  puncto  (tö- 
^oiTiv^c)  und  zwar  wunderbarer  weise  Tf)c  olKcCac  X^P^^^  (^^^  ^^ 
'^ttdit  sdbetverständlich  wäre)  besetzt,  2)  nachdem  das  geschehen, 
^  facKXi)cfax  zusammenberufen  werden,  um  die  bürger  auf  die  ihnen 

*  iv  epac6vcc6a(  ti  (wtX€ipd>ctv.  man  sage  nicht  dass  das  be- 
^'^^  kSaaa  'wenn  die  nachrieht  (etwa  duroh  tiberUnfer  oder  8<nut 
*|*  «a  4i«li  gelangt,  dass  ein  solcher  streich  geplant  werde',  der 
^^  Ataeaa  spricht  sich  in  solchen  fällen  dentlich  aas:  8.  15, 1  dv  Tt 


252     AHag:  anz.  y.  ACLange  de  Aeneae  commentario  polioroeiico. 

bevorstehende  irpolEic  vorzubereiten  und  sie  aufzufordern,  sofern  dea 
nachts  ein  trompetensignal  ertönen  sollte ,  mit  den  waffen  an  einem 
bestimmten  platze  zu  erscheinen  und  dann  dem  feldherm  zu  folgen, 
man  begreift  in  der  that  nicht,  warum  die  Soldaten  bei  dem  drohen- 
den plötzlichen  handstreich  nicht  jetzt  schon  vom  feldherm  zurück* 
behalten,  sondern  noch  gemütlich  in  ihre  quartiere  entlassen  werden« 
auf  die  merkwürdigkeit,  dasz  das  signal  gerade  auf  dienachtzeit 
in  aussieht  genommen  wird,  während  man  doch  meinen  sollte,  die 
zeit  würde  durch  das  herannahen  der  feinde  bestimmti  antwortet  L 
mit  der  bemerkung,  es  verstehe  sich  von  selbst,  dass  der  feind  des 
nachts  den  angriff  machen  werde:  wer  weisz,  ob  diese  es  nicht 
vorziehen  würden,  wissend  dasz  man  sie  erst  des  nachts  erwarte, 
gerade  zu  einer  unerwarteten  zeit  am  tage  die  Überrumpelung  zu 
versuchen,  etwa  zu  den  stunden  wo  diese  bürgerschafb,  von  ihrem 
feldherrn  ruhig  wieder  entlassen,  ihr  mitiagsschläfchen  hielte?  sollte 
aber  yon  vom  herein  nur  an  die  möglichkeit  eines  nächtlichen  hand- 
streichs  gedacht  werden,  so  hätte  ein  verständiger  autor  dieses  vuktöc 
schon  zu  seinem  Opacüvecdai  als  nähere  bestimmung  hinzngefü^  ea 
ist  sehr  zu  fürchten  dasz,  wenn  die  feinde  diese  gemütliche  geschäfli- 
behandlnng  yon  seite  der  stadtstrategen  erfahren,  sie  nicht,  wie  un- 
ser rhetor  meint,  abgeschreckt,  sondern  vielmehr  ermuntert  wer- 
den, das  ganze  cap.  aber  hat  keinen  andern  zweck  als  zu  beweLten, 
welche  wunder  eine  wol  angebrachte  contio  auf  freund  and  feind 
zu  wirken  im  stände  sei:  es  ist  also  ein  neues  praeceptum^  das  der| 
rhetor  hier  aus  eigner  küche  uns  gibt,  mit  einziger  entlehnung 
der  TÖiroi  Tiv^c  aus  16,  17,  nar  dasz  hier  noch  oUeloc  tbörichter 
weise  zu  Tf^c  X^P<^C  hinzugefügt  wird,  dort  dagegen  wird  ans  an- 
gegeben welche  TÖirot  gemeint  seien:  es  sind  solche  die  die  itdpoboc 
zur  Stadt  beherschen. 

Hr.  L.  sucht  sodann  auch  das  von  mir  einem  interpolator  zu- 
geschriebene stück  32,  8 — 10,  welches  die  einzige  erwähnong  der 
wandeltürme  und  katapulten  enthält,  in  weitläufiger  Verteidigung 
s.  105 — 110  zu  retten,  auf  die  frage  des  Zusammenhangs  (vgl.  m. 
proleg.  s.  8  f.)  trete  ich  hier  nicht  mehr  ein  und  überlasse  ee  dem 
mhig  prüfenden  leser,  ob  er  die  von  L.  hier  statuierte  künstlich«, 
einteilung nach  unbeweglichen  und  beweglichen  ^r)xovii^aTa 
für  so  einleuchtend  erachtet,  dasz  er  die  einschiebang  der  wandel- 
türme  zwischen  der  behandlung  des  Kpuk  §  7  Q  &v  Kpiöc  iipocd- 
TH^ai  T(|i  T€iX€i  und  der  mit  ganz  parallelen  werten  eingeleite t«-c 
behandlung  der  x^Xtlivr)  §  11  Q  b'  fiv  ToO  reixouc  x^^^vii  Ttpoc- 
axOeica  büyiiTai  tö  tcixoc  biopü£ai  f{  KQTaßaXetv  als  wahr- 
scheinlich ansieht,  ich  modificiere  meine  früher  vorgetragene  an« 
sieht  bloez  in  d6m  puncto,  dasz  ich  in  dem  Schreiber  der  fraglich oe 
Worte  einen  rhetor  und  nicht  einen  praktischen  militär  yor  mir  seh«: 
und  mir  daraus  das  sehr  bescheidene  wissen,  das  er  vorträgt,  er 
kläre,  betrachten  wir  dasselbe  etwas  näher,  das  erste  von  den 
Schreiber  vorgeschlagene  mittel  gegen  die  wandeltürme  iät  das  Otto 


ABagt  ans.  ▼.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico.     23S 

(MCCSiv,  das  ans  der  praxis  allgemein  bekannt  war.  das  zweite  gegen- 
oitlslistdie  mit  wenig  variaücn  vorgebrachte  copie  von  §2dvTa(- 
p€c6ai  ht  icäpTouc  EuXivouc  i^  fiXXa  fii|in  ^k  q>op^aiv  nXiipou- 
M^viuv  ^ß&\iixov  fi  Ik  XOuiv  fi  £k  ttXIvOuiv,  wofür  hier  ge- 
ttgt ist  {ircrra  fcuiOcv  dvToipciv  dx  (pop^il^v  irXtipouM^vuiv 
fdfifiou  i^  Ik  XiOuiv  tuiv  öirapxövTuiv  fpufüia,  was  doch 
wol  das  gleiche  ist^  nur  dasz  hier  ein  beim  interpolator  sehr  beliebtes 
oi  ihnipxovTCC  sn  den  Xtdoi  hinznkonmit'  das  dritte  gegenmittel 
ist  dem  wesen  nach  identisch  mit  den  §  2  vorgeschlagenen  rapcoC 
aad  den  §  8  gegen  die  Kptol  proponierten  cdKKOi,  nnr  hSlt  sich  hier 
der  Schreiber  an  den  allgemeinen  begriff  irpoKaXi}irr€iv  irapatreTdc- 
MorallkTta,  ^pii^OTO  t^  €icaq)i€|yi^vuiv  ßeXuiv,  während  Aeneas 
&se  ipüiuna  genauer  specialisiert.  man  wird  erwidern ,  dasz  es  in 
instar  der  sache  liege,  die  gleichen* gegenmittel  gegen  diejenigen 
gwchoise  cn  gebrauchen,  die  von  den  unbeweglichen  belagerungs- 
tflnscB  herkommen,  wie  gegen  diejenigen  die  von  den  wandeltürmen 
abgMchoesen  werden,  gewis;  aber  dann  würde  sich  ein  sachverstän- 
diger sntor  nicht  den  sdiein  geben,  als  ob  er  hier  etwas  neues,  der 
mteidigang  gegen  die  wandeltttrme  eigentümliches  vorbrächte; 
eis  Aeneas  hätte  einfach  mit  einem  die  TrpOT^Ypairrai  auf  die  frühere 
«dUhrang  verwiesen,  unser  autor  ist  aber  auch  mit  der  wieder- 
MiBg  der  Bwei  schon  früher  angegebenen  abwehren  gegen  geschosse 
sod  nicht  zufrieden,  er  ftlhlt  sich  berufen  seine  Weisheit  noch  ein- 
ml  za  verkünden  in  §  10  TÖ  bi  oörö  iroieiv  kqI  $  fiv  dXXi]  toO 
Tiixouc  (wo  denn  anders  als  woher  eben  geschosse  kommen  kün- 
Ma?)  ihr€pirrrf)  jiTvÖMCva  rd  ß^Xt]  touc  dirnpcTouvrdc  n  kqI  toOc 
imopcuoiiiivouc  ßXdirrn  xai  TiTpidocQ.  ich  glaubte  früher  mich 
■H  den  sachlichen  gründen  und  denen  des  zusammenhange  begnü- 
gen und  den  rhetorischen  Charakter  einfach  andeuten  zu  können. 
L  aOtigt  mich  den  stil  noch  etwas  genauer  zu  zergliedern,  der  echte 
AensM  als  der  nüchterne,  kni^pe  und  sachverständige  Schriftsteller 
Oft  §  2  mit  elaseischer  einfachheit  Icxoi€V  &v  xd  P^X^.  unser  autor 
iber  gibt  ans  über  die  ß^Xr)  vielfache  belehrung:  1)  dasz  sie  von  den 
fciidfln  herkommen  (§  8  rd  iK  tuiv  dvovriuiv  ß^Xn) ,  2)  dasz  sie  in 
die  itadt  hineingeschossen  werden  (§  9  tuiv  clcaqpiefüi^vuiv  ßeXuiv), 
3t  er  erwähnt  zweimal  dasz  sie  über  die  höhe  der  mauer  hinaus- 
^MBnen  (rd  ÖYrcpirdrrovTa  Tdiv  ߀Xu»v  §  9  und  öncpircTf)  t^tvö- 
Mou  Td  ßAii  §  10),  4)  dasz  diese  bösen  ß^Xr)  schaden  anrichten  und 
(ßXdirn)  KoA  TtTpuiCKi)) :  erst  jetzt  natürlich  wird  uns 


*  Ttl«  den  Ton  Hereher  S3,  4  nael^  &uiO€v  beseitigten  lusati  xal 
^  Ti  ocq  Ik  Tdrv  coi  6icapxövTUiv  (cuvuirapxövruiv  ist  cormptel  aas 
<K)  tApcra  ci  bi  |Af|  Ik  TObv  tn<nara  oUiubv  KaOatpoOvra  (das  leti tere 
^b  t,  f  Ik  Tihf  IrnixdTui  o(kiiIpv):  dieser  susati  ist  an  sieb  völlig 
^f  «aa  nicht  hindert  dass  er  läppisch  ist.  merkwUrdirer  weise  aber 
M  U  aash  diesan  wieder  gerettet  s.  89,  ans  dem  gründe  weil  er  ihn 
^  cermpt  balte:  'sed  delere  illa,  qnae  quid  signiticent  ignoro,  non 
*^<ia'«  TgL  40,  1  ol  6irdpxovT€C  dvOpuitroi  in  den  von  mir  beseitigten 


254     AHug:  anz.  v.  ACLange  de  Aeneae  commentario  polioroetico. 

klar,  warum  man  sich  gegen  sie  schützen  mnsz;  5)  diejenigen  aber, 
die  geschädigt  und  verwundet  werden ,  zerfallen  in  zwei  dassen :  in 
die  öirnp€TOUVTec  und  die  biairopeuö|ievoi.  L.  wird  natOrlich  wie- 
der antworten,  wie  in  diesen  fallen  gewöhnlich:  das  sei  ja  alles  wahr, 
wir  wollen  ihm  diesen  trost  nicht  rauben,  nur  soll  er  nicht  graben 
mit  dem  palliaÜTmittelchen  hier  durchzukommen,  blosz  dpufiaxa 
Tiltv  elcaq)i€^^vu)V  ßeXoiv  zu  streichen:  damit  wird  der  Charakter 
leeres  geschwätzes,  den  die  ganze  stelle  von  £ii€iTa  bis  Tirptuoci) 
hat,  nicht  aufgehoben,  das  vorhergehende  stttck  irpdc  bt  .  •  i^o- 
pUTMGtTa  streichen  wir  wesentlich  aus  gründen  des  Zusammenhang 
und  weil  uns  die  belehrung  über  das  verfahren  gegen  die  wandel- 
türme  und  die  darauf  befindlichen  schweren  gesohütze  für  einen  mili- 
tär  zu  mager  ist. 

In  2,  7  und  8,  welche  stelle  L.  s.  117 — 120  gegen  mich  ebenso 
eifrig  veiteidigt,  hat  er  vielleicht  mit  recht  eine  störende  gramma- 
tische incongruenz  dadurch  beseitigt,  dasz  er  die  als  dittographie  der 
endung  von  toijtoic  streicht,  auch  hierin  geben  wir  ihm  red^  wenn 
er  als  Voraussetzung  für  den  ganzen  passus  die  ergftnzung  hinaiinimt 
'non  obstructis  areis',  obsehon  wir  von  seite  eines  klar  schreibenden 
Schriftstellers  eine  andeutung  hiervon  erwarten  würden,  aber  wenn 
ich  dieses  beides  zugestehe,  was  wird  für  die  hauptfrage  gewonnen? 
ich  erkl&rte  rd  utrevavria  toütoic  als  einen  der  vorangegangenen 
regel  (die  freien  plfttze  zu  verbarricadieren)  entgegengesetzten  vor* 
schlag.  L.  hält  sich  an  die  Übersetzung  Küchljs  ^einwände  gegen  das 
vorhergehende',  was  meines  erachtens  praktisch  auf  dasselbe  hinaus- 
kommt :  denn  wer  einwendungen  gegen  die  vorteile  der  verbarrica* 
dierung  erhebt ,  will  den  rath  erteilen  es  zu  unterlassen,   nur  musz. 
ich  gegen  Eöchlj  und  L.  bemerken,  dasz  in  ^oiCT^ov  nicht  der  be- 
griff des  'erörtems'  liegt,  sondern  dasz  dieses  verbum  bloea  *  vor- 
tragen' bedeutet  in  der  that  werden  die  'einwendungen'  bloss  vor> 
getragen  ohne  jegliche  äuszerung  darüber,  ob  sie  ganz  oder  teilweise 
berechtigt  seien,  und  gerade  das  ist  unter  der  voraussetsong,  dasz 
Aeneas  autor  sei,  rein  unbegreiflich :  in  irgend  einer  weise  mllste  er 
sich  doch  mit  diesen  einwendungen  abfinden,  bzw.  sie  widerlegen. 
betrachten  wir  die  einwendungen  selbst,  wie  sie  L.  durch  interpreta« 
tion  herausgebracht  hat:  *die  verbarricadierung  soll  nicht  stati&nden, 
wenn  zwei  oder  drei  freie  platze  sind  (oder,  fügen  wir  hinzu,  vier 
oder  fünf  usw.,  überhaupt  1  -f~  ^)i  clagegen  soll  sie  stattfinden 
1)  wenn  nur  6in  freier  platz  da  ist,  oder  2)  ^si  adversarionun  manus  i 
maxima  est  metuenda'  (dh.  fügen  wir  hinzu:  *wenn  mehrere  freir 
platze  da  sind),    welch  ein9  ungeheuerliche  ausdrucksweise ,   um  i 
schlieszlich  blosz  zu  sagen :  es  empfiehlt  sich  die  verbarricadierung  i 
dann,  wenn  nur  ein  platz  ist.    das  hinzufügen  einer  zweiten  be-| 
dingung'®  (ci  ^KdcTip  jiip^i  öncp^xo^^v,  welche  werte  sich  übrigens 
mit  der  Langeschen  Übersetzung  keineswegs  decken)  bringt  yOUigt- 

'®  vgl.  16,  13  die  yerclaasulierang  darch  ^&v  ^?l  KaToq;>6Qc  irX^uiv. 


AHag:  aiiz.  y.  ACLaoge  de  Aeneae  commentario  poliorcetico.     255 

Terwimmg.  als  ob  man  schon  zu  der  zeit,  wo  man  beschlusz  über 
die  Terbarricadiemng  zn  fassen  hat,  zum  voraus  wissen  könnte,  ob 
die  feinde  sp&ter  dKdcTip  ^^p€i  überlegen  sein  werden  oder  nicht ; 
iisd  sie  68  aber  schon  von  anfang  an  (dKäcTifi  fi^pei,  was  doch  wol 
kiszeB  soll  'an  jedem  der  freien  platze'),  so  wird  überhaupt  die  be- 
Klilosz&sanng  unnOtig  sein,  es  kommt  noch  daza  die  weitere  an- 
kkrheit,  auf  die  ich  schon  früher  hinwies,  dasz  die  ivavrioi  und 
mvavTloi  merkwürdiger  weise  nicht  die  zuerst  genannten  iTTißou- 
UiiovTCC  sind,  sondern  die  bürger  selbst :  oWv  tQ  iröXet.  im  gründe 
tpiegelt  sich  die  Verlegenheit  des  Verteidigers  unserer  stelle  sehr 
deatUeh  in  seinen  worten  ^praeterea,  etsi  fortasse  paulo  darius 
Kutentia  ezprimi  potuisset,  tarnen  iniuria  obscuritatis  iusto 
B&ioris  auctor  accosatur'.  mOge  uns  hr.  L.  mitteilen,  welches 
uch  seiner  ansieht  das  billige  masz  der  'obscuritas'  ist,  die  dem 
Aeneas  noch  verziehen  werden  kann;  für  den  Aeneas,  wie  wir  ihn 
knmen,  ist  dergleichen  zu  schlecht;  für  uns  ist,  wer  so  schreibt,  ein 
Tortmacfaer,  der  sich  übrigens  auch  dadurch  charakterisiert,  dasz  er 
19  &v  vpoKOTaXapßdvuJCtv  ol  ^TrtßouXeuovrec  noch  eine  begründung 
fSr  nOtig  hftlt:  KOivoC  T^P  xai  dvöc  ÖVTOC  toitou  toioutou  tiBv 
fdacdvTuiv  &v  eil)  tö  IpTOV.  ist  denn  nicht  ebenso  gut  tuiv 
fdocdvTuiv  TÖ  fpTOV  in  dem  nachher  vorausgesetzten  falle,  dasz  die 
gieidiea  lente  unter  drei  plfttzen  zwei  einnehmen?  diese  rettung 
kennen  wir  ebensowenig  anerkennen  wie  die  frühem. 

31  am  schlusz  von  §  14  hat  Horcher  (und  ich  bin  ihm  gefolgt) 

fvlgende  erzfthlung  gestrichen:  X^T^xai  b^  Kai  elc  iruSiov  "XQd^^aYva 

^{kayn  die  ߀XT{cTiti  däv  £i]pov8f)vai  £iretTa  Xeuxdicavra  dcpaviZeiv 

id  "ifiä^iiiaja.  ötqv  oSv  d9iKi|Tai  irapd  töv  irefiiröpevov,  Xaßövra 

uc  ubciip  Ocivat  TÖ  miiiov.    9aveiTai  oCv  iy  tijj  {iboTi  dxpißuic 

TovTa  Td  TCTP<W^^va.   L.  verwandelt  diese  erzfthlung  s.  88  <)urch 

ocendalionen  in  ein  praeceptum  (er  schreibt  zb.  draOöv  statt  X^T^" 

toi),  und  wir  glauben  er  hat  hierin  recht,  da  das  folgende  in  der  that 

iureh  ÖTOV  nnd  qNZveiTQi  diesen  Charakter  verrftth.  ob  er  berechtigt 

•at  den  barbarischen  ausdruck  irapd  TÖv  irefinöfievov  in  irap'  8v 

bei  zB  verwandeln,  wird  freilich  eine  andere  frage  sein;  aber  da  er 

di  beispiel  dem  Aeneas  vindiciert,  ist  er  natürlich  dazu  genötigt, 

^d  wir  wollen  auch  hierin  nicht  mit  ihm  rechten,    aber  die  sach- 

Uhen  gründe,  aus  denen  Hercher  dieses  beispiel  beseitigte,  sind 

ulaetwegs  'futiles',  sondern  bleiben  vollkommen  bestehen.    1)  ist 

^  beispiel  in  technischer  beziehung  mit  dem  folgenden  fast  iden« 

*.Hh,  denn  das  TiivdKiov  von  §  15  könnte  auch  ein  ttuÜov  sein;  das 

lacht  ttr  die  sache  nichts  aus ;  das  schreiben  und  überweiszen  des 

|t»ckriebenen  und  die  nachherige  ablösung  der  kreide  durch  eine 

i&ttigkeit  bilden  wieder  vollkommene  Übereinstimmung;  dabei  ist 

*3  TÖlÜg  irrelevant,  ob  öl  oder  wasser  dazu  verwendet  werde  (ich 

übe  darüber  sachverst&ndige  gefragt),    hfttte  daher  Aeneas  selbst 

Kxk  an  die  möglichkeit  des  wassere  gedacht,  so  hfttte  er  sicherlich  in 

>^  folgenden  erzfthlung  §  16  am  ende  blosz  gesagt  6eivai  elc  ^atov 


256     AHug:  anz.  t.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetieo. 

i^Kaiöbuip,  und  damit  wftre  die  ganze  Bcbreiberei  ttberein  beson- 
deres beispiel  Überflüssig  geworden,  nnn  sagt  freilich  L.:  *certe 
mnlto  simpliciorest  haec  ratio  (nemlich  in  anserm  beispiel):  qua 
in  simplicitate  ipsa  cum  offendit  Hercherus,  iusto  longius  procedit.' 
gerade  dieser  punct  bildet  das  entscheidende,  bei  dem  beispiel  §  15  f. 
bat  das  überweiszen  einen  guten  sinn :  es  wird  auf  kreidegnmd  ein 
*beiligenbild'  gemalt  und  dasselbe  in  einer  capelle  als  votivgemftlde 
aufgebftngt.  und  darin  eben  liegt  der  witz  der  sache.  niemand 
ahnt  dann,  dasz  unier  der  kreide  und  unter  dem  gemttlde  ein  brief 
verborgen  sei ;  der  durch  das  yerfahren  hergestellte  gegenständ  ist 
ein  im  gewöhnlichen  leben  vorkommender  und  daher  dem  verdacht 
nicht  ausgesetzt,  man  erzählt  sich,  dasz  bei  der  verschwömng  der 
Carbonari  aus  dem  Schweizercanton  Tessin  eine  menge  von  gebet- 
büchem  nach  Italien  geschmuggelt  wurde  mit  dem  gewöhnlichen 
einband  derselben  und  mit  den  gewöhnlichen  gebeten,  nur  dasz  auf 
gewissen  den  eingeweihten  bekannten  selten  statt  dieser  gebete 
revolutionäre  proclamationen  enthalten  waren,  also  auch  hier  wie 
in  dem  echten  beispiel  des  Aeneas  die  einschmuggelung  unter  der 
firma  eines  der  andacht  geweihten  gegenständes,  aber  in  dem  an- 
dern beispiel  hat  das  nu£iov  XcuxuiO^v  ohne  darauf  folgende  über- 
malung  keinen  sinn,  dieser  gegenständ  ist  im  praktischen  leben 
nichts ,  mttste  also  gerade  umgekehrt  als  etwas  auszergewOhnlichea 
verdacht  erwecken,  das  procedere  ist  an  sich  mOglich,  hfttte  aber 
nicht  mehr  bedeutung  als  ein  irgendwie  verschlossener  brief,  ja 
würde  umgekehrt  wegen  seiner  &uszem  gestalt  zur  confiscation  auf- 
fordern, dagegen  ist  das  beispiel  ftir  unsere  interpolatoren  charak- 
teristisch, die  sich  damit  begnügten  ein  ntvdKiov  zu  einem  miEiov 
zu  individualisieren  und  statt  Ol  wasser  zu  setzen. 

Gehen  wir  zu  weniger  selbständigen  stücken  über,  die  mehr  als 
ausschmückende  zusätze  zu  betrachten  sind.  s.  71  empfiehlt  uns 
hr.  L.  zu  5, 1  £Tr€tTa  TruXuipoOc  KaOtcrdvat  \ii\  TOirc  tuxövtqc  ÄkXä 
q>pov(MOuc  xal  ärx^vouc  den  von  Hercher  beseitigten  lusatz  icat  yr\ 
uTTOVociv  }xi\  buvap^vouc  d€(  n  toiv  eicKO^tZofi^vuiv  in  der  von  ihm 
'emendierten'  form  ibiq,  Tt  T(£rv  eicK0^t2[0fi^vu;v  wieder  aofouneh- 
men  mit  der  erklftrung:  *und  nicht  solche  (neve  eos)  die  nicht  Im 
Stande  sind  auf  eigene  faust'  (oder  ^für  sich')  'suspectare  quae  im- 
portentur'.  was  heiszt  wol  *auf  eigene  faust'  etwas  beargwöhnen  V 
die  emendation  ist  ebenso  abscheulich  wie  die  restitution  dieser 
schleppenden,  in  ganz  ungehöriger  weise  einen  speciellen  fall  heraus- 
hebenden  erklftrung  des  prftdicates  drxivouc  —  s.  73  f.  und  171 
behandelt  L.  die  werte  10,  19  et  ttc  ßouXerai  dni^vat  )yif|  dpcocö- 
M€voc  Toic  TrapoOciv,  ^ctvat  dTroXXdrrecOai,  dXX'  Ccrcpov  rrcirui- 
Xif|C€Tm.  Td  b'  iXdccw  toutujv  dbiicfi^aTa  xard  rdv  vö)iOv  töv 
TrpoKctficvov  bcc^öc  f)  lr\\xia  *  £dv  bi  Tic  (pa(viiTai  ßXdnrwv  Tt  rö 
CTpdT€U|yia  i^  biaXüuiv  tö  crpaTÖTrebov,  Odvaroc  ^cnu  f|  Hiiiiia. 
durch  Herchers  und  meine  athetesen  hatte  diese  stelle  folgende  ein- 
fache gestalt  angenommen:  €l  Tic  ßoOXcTai  ditt^vai  ^f)  d^CKÖ^€voc 


Aflug:  uuL  V.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico.     25T 

Tok  irapoOciv,  äeivat  dTraXXdrTecOai  *  d&v  hi  Tic  qpaiviiTat  ßXdTiTuiv 
Ti  TÖ  apcttcu^a  t\  biaXüuiv  tö  cTpaTÖrrebov,  Gdvaroc  £ctui  f)  lr\iiia. 
Herder  hatte  rd  b*  iXdccui .  .  lr\^ia  gestrichen,  ich  dem  noch  hin- 
lagefttgt  die  in  der  hs.  vorhergehenden  worte  dXX*  uCTCpov  Treiiui- 
X^€Tat,  Ton  der  ansieht  ausgehend,  der  interpolator  habe  hier  eine 
Kb5o8  scala  von  strafen  herstellen  wollen :  TrerruiXrjceTai ,  becfiöc, 
OdvoTOC.  L.  restituiert,  was  Hercher  und  ich  gestrichen  hatte,  mit 
onutellang  nnd  &ndemng:  et  Tic  ßouXeTai  dtriivai  \xi\  dpeCKÖfievoc 
TokiropouciVt  ilexyai  dTraXXdrrecOoi,  dXX*  öcTepov  TreTruiXnceTai' 
^av  hl  Tic  qMiiviiTai  ßXdTTTuiv  ti  tö  cTpdTCu^a  f\  biaXuuiv  tö  CTpa- 
Töinbov,  9dvaToc  Jctuj  f|  2Ii]fi{a'  twv  5'  iXaccövuiv  toutujv 
dbtxrmdTuiv  Korrd  töv  vö^ov  töv  TrpoKeifievov  (oder  TT€p\  bk  Td 
^Xdccui  TOtJTUiv  dbuc/j^aTa)  becpöc  f|  lr\^\a.  was  zunächst  die  erste 
fehr  gewaltsame  Snderung  betrifft,  so  dürfte  sie  wegen  der  Zwei- 
deutigkeit des  TOUTuiv,  das  jedermann  auf  dbiicnM<^UJV  beziehen 
vtlrde,  sich  kaum  empfehlen;  mit  der  zweiten  irepl  bk  Td  mag  er 
eber  das  richtige  getroffen  haben ,  nur  wird  die  Schreibweise  kaum 
clissisch  sein,  die  Umstellung  hat  L.  nach  Herchers  bemerkung  ge- 
macht, dasz  der  interpolator  diesen  satz  Td  b^  dXdccu)  hinter  Odva- 
Toc  fcTUi  f|  Zt\\i\a  setzen  wollte,  nur  hatte  Hercher  diesen  zusatz 
ftis  thOridit  angesehen,  was  er  auch  ist,  1)  weil  man  bei  der  unbe- 
itimniUieit  des  ausdrucks  ßXdTTTwv  Ti  tö  CTpdTCOfia  fi  biaXuuiv  tö 
crpctrdircbov,  womit  jede  meuterische  oder  yerrtttherische  handlunga- 
veise  bezeichnet  wird,  gar  nicht  weisz,  in  welchem  gebiet  die  £Xdc- 
cu  dbticifi^aTa  in  diesem  zusammenhange  gesucht  werden  sollen: 
^esB  es  handelt  sich  hier  gar  nicht  um  die  kriegszucht  im  allgemei- 
aco,  •ondem  nur  um  die  treue  des  ieviKÖV  CTpaTÖTiebov.  2)  aus 
«bcB  dem  gründe  offenbar  nahm  auch  Hercher  anstosz  an  xaTd  töv 
^^v  töv  irpOKetpevov,  unter  welchem  hier  ja  nur  das  eben  jetzt  erst 
n  Terkfladende  gesetz  zu  verstehen  wäre,  jedenfalls  ist  es  wider- 
en, wenn  man  im  ersten  moment,  wo  man  einem  neuen  Söldner- 
ictf  durch  den  herold  die  kriegsgesetze  verkündet,  in  dieser  ver- 
tfiadmig  sieh  auf  das  bestehende  gesetz  beruft,  dagegen  hat  der 
Atcrpolator  wol  an  bereits  bestehende  landesgesetze  gedacht,  s.  171 
4t  Boa  Boeh  L.  'diu  iterum  atque  iterum  deliberata  re'  dazu  gelangt 
^  Toa  mir  gestrichene  dXX'  CcT€pov  ircTruiXriceTai  zu  schützen. 
HSiiend  aus  dem  vorhergehenden  sich  keine  andere  ergftnzung  als 
aotivienmg  dieser  strafe  ergeben  kann  als  }ii\  dpeCKÖfi€VOC  TOic 
copoCav,  was  doch  zunächst  nur  eine  innere  Stimmung  bezeichnet, 
^  lolaiige  sie  nicht  in  worte  nnd  handlungen  umschlägt,  der  äuszem 
i^nfe  aicbt  verfallen  kann,  interpretiert  L.  folgendes  hinein:  ^si 
^vvaaesiit^  ae  audeant  in  posterum  profiteri,  sese  non  esse  contentos 
roTiB  ttata,  sermonibusque  et  lamentationibus  suis  alios  quoque  in 
«3181  seatentiam  perducere.'  sollte  aber  dieses  \if[  dp€CKÖ|i€VOC  TO  ic 
^^ipoOciv  sich  auf  diese  weise  äuszem,  was  doch  ausgedrückt  sein 
Bttite,  10  unterscheidet  sich  diese  offenbare  meuterei  in  keiner  weise 
TOB  den  folgenden  biaXuu>v  tö  cTpaTÖTiebov  «»  ^milites  ad  seditio* 

fir  cbM.  pbiloL  1S79  hH.I.  17 


258     AHug:  anz.  v.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico. 

nem  excitare',  und  in  der  that  ist  kein  grnnd  zu  einer  solchen  gra- 
dation  von  strafen  bei  vergehen  die  einander  so  ähnlich  sehen  wie 
ein  ei  dem  andern,    zu  der  Unklarheit  des  ausdrucks  kommt  noch 
der  schroffe  Übergang  von  d^eivai  zum  ind.  fut  innerhalb  desselben 
Satzes ;  viel  milder  ist  der  Übergang  von  dem  auch  ein  sollen  aus- 
drückenden inf.  ('es  soll  gestattet  sein'  «=  directes  iiicTWi)  in  den 
imp.  fcTUi  f)  2[Ti^ia,  der  erst  nach  einem  neuen  Vordersatz  läy  bi  Tic 
q)aiVT)Tai  eintritt,   ganz  ebenso  11,  9  nach  vorangegangenem  Infini- 
tiv £dv  bk  (pav^,  Tiacx^TUi  ti.   dagegen  steht  unser  beispiel,  wenn 
wir  die  fraglichen  worte  beibehalten,  auch  in  der  von  L.  s.  40  £.  ge- 
brachten samlung  allein  da.  —  10,  24  und  25  liest  L.  (man  musz  es 
mühsam  aus  s.  75  ff.  und  s.  124  ff.  zusammenlesen)  so :  idv  bk  dpa 
bucx€pk  fi  \xv:ä  buvaTÜJV  (Med.  Tuivbe  tOuv)  Tipocpaceuiv  ^ncfi- 
Treiv,  cuvbidT€iv  aurouc  ujc  dXaxicTuiv  ^eT^xoviac  ^pTUJV  kqi  irpd- 
Eewv  KQi  liiere  öttou  fcovrai  ^rJT€  öti  TipdEouci  7rpo€ib^vai  ^f\y  kqi 
UJC  f^KiCTQ  im  cq)(£)V  auTÜüv  biaTcXeiv  (Med.  bianipouvrac)  kqI 
vuKTa  Kai  fiM^pav  Kai  dXXac  £tt*  dXXaic  TrpdEeic  Kai  XeiTOupT^oc 
aÖTOic  TÖ  TTXf]6oc  ^TTippeiv  dvuTTÖTTTwc ,  pe6'  iliv  ävTec  Iv  q)uXaK^ 
pSXXov  fcovTai  t\  q)uXd£o\jciTi.  fcTwcav  hi  bieiXii^^^voi  eic  irapa- 
TTipTiciv '  oikw  ifdp  dv  biaKCifxevoi  i^KiCTa  dv  buvaivTO  veurrcpicat 
da  mag  als  brauchbare  conjectur  buvaTUiv  für  TÜüvbe  tujv  anerkannt 
werden ;  im  übrigen  ist  der  ganze  vorherchersche  wüst  beibehalten ; 
selbst  cuvbidxeiv,  was  aber  L.  zu  erklären  unterlassen  hat;  ebenso 
XeiTOUpTiocc  aÖTOic  tö  TrXnOoc  dnippeiv  dvuTrÖTTTwc  'es  sollen  ihnen 
leiturgien  in  menge  unverfänglich  zuflieszen',  to  nX^Ooc  sei 
'quasi  adverbii  vice'  >■»  'in  menge',  und  was  dgl.  mehr  ist.    auch 
das  sei  verkehrt,  wenn  ich  gemeint  hätte,  dasz  das  firJT6  Snox)  fcov* 
Tai  p/JT€  ÖTi  irpdiouci  TTpoeib^vai  nur  zu  dem  zweitvorgeschlagenen 
mittel  passe,  ihnen  beschäftigung  über  beschäftigung  zu  geben,   nach 
L.  passt  es  nicht  zu  dem  mit  dXXac  in  *  dXXaic  TipdEcic  bezeichneten 
zustand,  sondern  zu  demjenigen  wo  man  nichts  zu  thun  bekommt: 
'ad  eos  referuntur  (haec  verba) ,  qui  dum  muneribus  publicis  arcen* 
tur,  ignorant,  quid  sibi  magistratus  sint  mandaturi.'    ich  enthalte 
mich  jeder  weitern  kritik.  —  40,  7  will  L.  (s.  100)  lesen:  ddv  bt 
Tpeic  (cod.  Tpia)  irepiiwciv,  töv  ^^v  irptliTOV  dvbpa  im  Td»  bcEiüJ 
i&fiLU  Ixuv  TÖ  böpu,  TÖV  bi  ^T€pov  iixX  Tifj  dpicTcpqj  KalTÖvdXXov 
Kard  TauTÖ  (cod.  Kai  oi  dXXoi  KaTd  TauTd)  <Tip  npuiTqi>-  kqi 
oCtui  q)avoOvTat  eic  bOo.   die  erste  conjectur  ist  von  ihm,  während 
Hercher  und  ich  mit  HerÜein  in\  TpiüüV  schreiben;  die  zweite  &n- 
derung  töv  dXXov  von  mir  (L.  hat,  ich  weisz  nicht  warum,  ganz  un- 
nötiger weise  Kard  Taurd  in  den  sing,  verwandelt),  Tip  npUinp  i>t 
Zusatz  von  L.  das  soll  heiszen :  'wenn  drei  mann  (hintereinander; 
gehen ,  so  soll  der  vorderste  die  lanze  auf  der  rechten  Schulter  tra> 
gen,  der  zweite  auf  der  linken  und  der  dritte  ebenso  wie  der  erste  ; 
und  so  werden  äie  (dh.  jeder  von  ihnen)  zu  zweien  zu  gehen  scheinen 
S8  man  wird  sie  von  weitem  für  sechs  mann  ansehen.'  ich  will  mit: 
L.  darüber  nicht  streiten,  ob  der  Schreiber  dieser  worte  es  so  gemeint 


AHag:  ans.  y.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico.     259 

bat,  oder  so  wie  ich  proleg.  s.  6  ff.  seinen  gedanken  auffassen  zu 
fflfltta  glaubte,  aber  nur  soll  er  eine  solche  absurdit&t  nicht  dem 
AflBMS  imputieren  wollen,  zunächst  heiszt  täv  Tpeic  TiepUuiciv  doch 
niditi anderes  als  *wenn  im  ganzen  auf  der  mauer  drei  mann 
patroullieren'.  Aeneas  soll  demnach  nach  L.  ernsthaft  darüber 
eoMii  rath  geben  wollen,  wie  man  einer  Streitmacht  von  drei  mann 
daich  eine  li«t  den  schein  einer  armee  von  sechs  mann  geben  könne. 
dm  kommt  weiter  dasz  doch  irgendwie  ausgedrückt  sein  sollte, 
da«  sie  hintereinander  marschieren;  es  müste  also  £9'  £vöc 
hiniogefllgt  sein,  soll  man  aber  an  eine  grOszere  reihe  als  drei,  also 
u  eine  gans  unbestimmte,  zu  denken  haben,  so  ist  absolut  kein 
graad,  warum  gerade  drei  genaivit  werden,  dann  htttte  er  zb.  ebenso 
gut  sagen  kOnnen:  däv  bi  äifJKOVTa  £q>*  iyöc  Ticpiiuiciv:  überhaupt 
wire  dann  eine  zahl  als  subject  ganz  unnötig  und  ein  Aeneas  htttte 
»ich  einfach  so  ausgedrückt:  iäv  ti,  £q>*  ^vöc  TiepuuJCiv  usw. 
dareh  emendation  werden  wir  das  aber  aus  rpia  nie  herausbringen, 
nad  halten  wir,  wie  wir  wol  müssen,  in  irgend  einer  form  an  der 
laU  drei  feet,  so  können  wir  nicht  anders  als  in  dem  elc  büo  den 
dorch  den  achein  hervorgebrachten  gegensatz  dazu  finden,  also  die 
regel,  wie  man  umgekehrt,  wenn  man  zu  drei  numn  hoch  sei,  sich 
^  fdiein  grösserer  schwäche  geben  könne,  eine  regel  die  dem  zu- 
»mmenhang  widerspricht,  folglich  auch  dem  schriftsteiler  selbst 
akbt  zuffeechrieben  werden  darf.  —  39,  8  ol  bk  iroX^jüiot  iav  bia- 
T^veiv  Imx^WMJCi,  npöc  Taöra  irdXiv  ol  &ui6€v  KnXuiveioic  XpdiV' 
m  jKdkiYtec  <Tiväc>,  !va  iii\  biaT^fiviiTar  al  fäp  dXüceic  npdc 
la  Toiaura  irporiAaTuubcc  xal  buc^eTaxcipicrov,  fifia  bk  xal  dXuci- 
tfkU.  hier  mag  wirklich  L.  s.  121  iL  den  sinn  des  Schreibers  die- 
ser Zeilen  richtig  ausdrücken,  wenn  er  nach  einer  andeutung  von 
CaMubonoB  ein  Tivdc  einschiebt,  das  nach  KaGUvrec  leicht  ausfallen 
kaoBta»  ala  object  zu  Kodt^VTCC  w&ren  demnach  menschen  zu  denken, 
iia  BMa  za  dem  zwecke,  Iva  }ii\  biaT^vriTai  (ö  ßpöxoc),  von  der 
maer  henmterlSszt  die  folgenden  werte  al  fäp  dXOcetc  Trpöc  rä 
^oioura  icpoT^aTuibcc  xal  buc^eroxcipicTov,  ö^ia  bi.  xal  dXuctTcX^c, 
^  tr  aach  dem  Aeneas  'rettet%  Ic^  sich  L.  so  zurecht:  *wenn  sie 
«a  den  ketten  hinabglitten'  (npöc  Td  TOiaöra  «*  irpöc  tö  xaSi^vai), 
>o  vire  es  'laboriosum  et  inutile,  quoniam  multo  plus  temporis 
^«cmdentibus  opus  esset,  dum  in  solum  pervenirent,  ita  ut  facile 
2>Htes  lam  antea  funem  possent  resecare'.  dies  zugegeben,  obwol 
ssn  einen  groazen  Wortschwall  nicht  verkennen  wird  in  al  dX\JC€ic 
•  ^tpoTMOTuibec  xal  bucHeiaxeipiCTOV;  ät^ia  bi  xal  dXuctreX^c,  so  iät 
*»  an  sieh  schon  eine  schwer  zu  vollziehende  Vorstellung,  dasz  man 
tasAen  an  kranichen  herunterlttszt  (Casaubonus  hat  wenigstens 
>s  körbe  an  den  kranichen  gedacht,  wovon  aber  leider  nichts  da- 
-2tki);  aodaan  wäre  zu  fragen,  ob  man  für  diese  ganz  schnell  zu  voU- 
Verhinderung  des  btav^^veiv  eigene  kraniche  so  rasch  her- 
kann: denn  dasz  es  nicht  die  gleichen  sind,  mit  denen 
^  ßpöxoc  aufgezogen  wird,  beweist  das  fehlen  des  artikels:  es  ei- 

11* 


260     AHag:  anz.  t.  ACLange  de  Aeneae  commentario  polioreetieo. 

innert  das  stark  an  die  gemütiichkeit,  mit  der  dem  'plötzlichen  hand- 
streich'  in  c.  9  begegnet  wird,  femer  sollte  man  meinen,  es  sei  schon 
dafür  gesorgt,  dasz  kein  darchschneiden  von  seite  der  feinde  statt- 
finden könne,  §  7  t6  bi  ^Xkov  ^Tri  bOo  nifix€tc  fiXucic  toG  ^fi  bia- 
Tfin^^vat.  wie  kommen  dem  die  feinde  za  einem  solchen  (ver- 
'  geblichen)  versuche?  oder  wenn  ein  solcher  doch  gemacht  würde, 
müste  dann  nicht  stehen:  'wenn  trotz  alledem  die  feinde  es  ver* 
soeben  sollten'  ?  alles  aber  wird  fiberboten  darch  den  aberwitz,  dasz 
blosz  za  dem  zwecke,  um  zu  verhindern  dasz  der  ßpöxoc  oder  viel- 
mehr das  seil  an  demselben  durchschnitten  werde  (wfthrend  er  ja  im 
notfall  einfach  aufgezogen  werden  kann :  vgl.  §  7  avaciräroi),  man 
menschen  mitten  unter  die  zu  einem  handstreich  (dpacuvö^icvoi) 
versammelten  feinde  hinunterlttszt  (ja  nicht  um  diese  selbst  anzn- 
greifen,  sondern  um  den  ßpöxoc  zu  schützen)  und  sie  damit  den 
feinden  einfach  ans  messer  liefert ! 

Wir  hätten  neben  den  angeführten  beispielen  noch  eine  reihe 
anderer  erwfthnen  können,  in  denen  in  gleicher  weise  wie  in  die- 
sen bald  mangel  an  sachlichem  Verständnis  oder  sachlichem  vor- 
Stellungsvermögen,  bald  auch  ein  nicht  genfigend  ausgebildetes  Stil- 
gefühl von  Seite  des  vf.  uns  entgegentritt.  lettungsversnehe,  wie 
sie  in  dieser  schrifb  gemacht  werden,  mttsten  unbedingt  auf  jenen 
eigenschaften  basieren ,  und  können  nicht  blosz  gegründet  sein  aof 
eine  gewisse  formale  gewandtheit  im  disputieren  sowie  ein  gewisseü 
dem  vf.  nicht  abzusjMrechendes  geschick  zu  mehr  formaler  co^jectaral- 
kritik.  kommt  zu  den  letztem  an  sich  sdiStzensw«rtMi  eigenschaftea, 
wenn  sie  nicht  durch  die  erstem  gestützt  sind,  noch  ein  unveikean- 
bar  starker  eifer  hinzu ,  etwas  absolut  neues  zu  liefern ;  der  sich  — 
ich  weisz  nicht  warum  —  gegenüber  dem  ref.  su  einer  art  feind* 
Seligkeit  gesteigert  hat,  so  erhält  das  disputieren  eine  sdiolastisch- 
rabulistische  ftrbung,  die  den  wissenschaftlichen  Charakter  verliert, 
ganz  ohne  ertrag  wird  die  schrift,  abgesehen  von  einigen  einzelnen 
puncten,  die  aber  von  der  frage  der  athetesen  unabhängig  nnd,  in 
denen  man  dem  vf.  recht  geben  kann ,  immeriiin  schon  dann  nicht 
sein,  wenn  die  auch  von  LSchmidt,  f^ilich  ans  anderen  grtinden, 
ausgesprodiene  hofihung  sich  erfüllen  wird  'plures  inde  scriptori 
attentione  dignissimo  in  posterum  lectores  conciliatnm  iri'. 

m. 

Dieser  gedanke  war  auch  nicht  blosz  in  den  prolegomena  und 
der  ausgäbe,  sondern  ganz  besonders  in  der  schrift  ^Aeneas  von 
Stjmphalos'  (1877)  mein  leitender  gesichtspunct  gewesen,  ich 
suchte,  wol  wissend  dasz  Aeneas  bis  jetzt  nur  von  sehr  wenigen 
gelesen^  geschweige  denn  studiert  und  gewürdigt  werde,  ihm  eine 
bestimmtere  stelle  in  der  griechischen  litteratur,  als  es  vorher  mög- 
lich gewesen  war,  zuzuweisen,  ich  wollte  bewirken  dasz  man  ihn 
aus  seiner  zeit  begreife ,  und  bemühte  mich  seine  Studien ,  sein  Ver- 
hältnis zu  den  historikem,  zu  der  mündlichen  Überlieferang,  zn  den 


AHag:  ans.  t,  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorceüco.     261 

Sokratiseb-Xenophontifichen  beatrebungen  und  zu  der  militftrischen 
pnxis  etww  genauer  zu  defioieren:  UBgesticht  ergab  sich  dabei  das 
resolut,  dasz  wir  ea  mit  einem  in  seinen  Studien  gewissenhaft  ver- 
üikraiden  nflchtemen  autor  zu  thun  haben,  es  führte  das  weiter  zu 
der  ontenuchnng  ttber  seine  beimat,  die  zur  bestätigung  der  seiner 
lai  Ton  Casanbonufl  unzulänglich  begründeten  Vermutung  hinleitete, 
dan  wir  es  mit  dem  Xen.  Hell.  VU  3  erwähnten  Strategen  des  ar- 
kadischen bnndes  Aineias  von  Stjmphalos  zu  thun  hätten,  der  Ittn- 
gtre  zeit  in  Sikyon  verweilte,  nachdem  er  den  tyrannen  Euphron  ge- 
itflni  hatte. 

flr.  Lange,  dem  diese  litterarhistorische  Untersuchung  erst  spät, 
isdukm  schon  sein  abschnitt  über  die  pers(Snlichkeit  des  Araeas 
gedruckt  war,  bekannt  geworden  ist,  sah  mch  nachträglich  veranlaszt, 
was  er  darüber  geschrieben  hatte,  wieder  umzustoszen  und  einen 
Moea  absdmitt  s.  7 — 22  auszuarbeiten,  der  gar  keinen  andern  in- 
bslt  hat  als  die  polemik  gegen  mich,  der  eifer,  mit  dem  er  diese 
AUrrt,  scheint  auch  hm.  prof.  Schmidt  (in  der  praefktio)  etwas  allzu 
grou  zu  sein;  indessen  billigt  dieser  es  doch,  dasz  versucht  würde 
dieses  litterarbistorische  bild  wieder  zu  verdrängen,  sehen  wir  uns 
dieesB  versuch  in  aller  ruhe  an« 

Ich  hatte  die  ansieht  aufgestellt,  in  1 1,  7  sei  die  erwähnung  der 
\  bcvdpa  iJixQ€C\c  der  argivischen  oUgarchen,  ebenso  die  §  7  f. 
Ttfkoanwnde  erwähnung  des  singulären  argivischen  beamten  ö 
^pOCTonic  ToO  bifJHOu  ein  beweis,  dasz  der  autor  selbst  (als  Felo- 
fcaaesitf )  ein  genau  mit  der  argivischen  zeil^eschichte  vertrauter 
moa  sei ,  und  ebenso  dasz  er  zunächst  leser  aus  der  Umgebung  von 
Arges  voraussetze,  die  sofort  wüsten,  welche  ereignisse  er  im  ange 
übt.  L.  erklärt  diese  Vermutung  für  unbegründet  und  will  durch 
:wci  andere  mOglichkeiten  helfen,  entweder  habe  Aeneas  diese 
bGtii  ans  einer  seiner  firühem  Schriften  (zb.  aus  der  §  2  angedeuteten 
>c)irift,  ans  der  er  jetzt  beispiele  zu  citieren  gedenke)  einfach  herüber- 
<;eBomawa,  in  welcher  auch  der  erste  aufstand  der  oligarchen  in 
Atben  schon  behandelt  worden  sei;  oder,  was  ihm  noch  plausibler 
vorkommt,  Aeneas  habe  'quamvis  ipse  imperitissimus  retum  Argi- 
Tinun'  (s.  9)  jene  erzählung  verbo  tenus  von  irgend  einem  sdirift- 
•wlier  abgesehrieben,  über  die  erstere  Vermutung  L.8  ist  zu  sagen, 
^  damit  die  Schwierigkeit  nicht  gehoben  wäre:  im  gegenteil 
vtrde  eine  solche  ausführliche  behandlung  auch  des  ersten  auf- 
itisdea  der  oligarchen  ja  nur  beweisen,  was  ich  sagen  wollte,  dasz 
der  sntor  mit  der  geschichte  der  letzten  decennien  von  Argos  sehr 
icrtfiot  war;  in  dem  ausdruck  f|  beur^pa  £7rid€cic  liegt  sodann  keine 
Verweisung  auf  eine  andere  schrift ,  sondern  eine  appellation  an  das 
Vitien  des  publicums;  blosz  gedankenloses  abschreiben  aber  ist  nicht 
•sehe  onserea  Aeneas;  und  das  iat  zugleich  ein  hauptgrund,  der  auch 
^  zweite  aimahme  L.s  von  nachlässig  herübergenommenen  ab- 
schnitten ans  einem  andern  historiker  (oder  autor  überhaupt)  un- 
2.S|ß]idi  macht,   wie  sorgfUtig  Aeneas  in  der  benutzung  von  histo- 


262     AHug:  anz.  v.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetioo. 

rikern  yerfabren  ist,  glanbe  icb  in  meiner  abh.  8.  9  ff.  binlinglich 
erwiesen  zu  haben,  insbesondere  sei  ancb  noch  yerwiesen  auf  8.  15 
anm.  1 ,  wo  ich  zeige  wie  Aeneas  im  interesse  seiner  leser  Her.  IT 
200,  welche  stelle  er  benutzt,  ans  dem  entlegenen  c.  167  desselben 
baches  ergänzt,  diese  zweite  vermntnng  L.s  ttber  die  benntzung 
eines  historikers,  der  seinerseits  mit  der  geschichte  Ton  Argos  ver- 
trant  war,  erweist  sich  vollends  durch  die  betrachtnng  als  haltlo«, 
dasz  das  fragliche  ereignis  erst  870  vor  Ch.  stattfand,  und  im  j.  358, 
wo  der  tractat  des  Aeneas  spätestens  geschrieben  sein  mnsz,  weder 
Xenophons  Hellenika  noch  Theopompos  noch  Ephoros  ihm  vorliegen 
konnten,  es  gehört  jener  bericht  vielmehr  unter  die  erzShlungen 
zeitgenössischer  ereignisse,  in  denen  er  aus  autopsie  oder  persön- 
licher erkundigung  schöpfte,  dasz  gerade  diese  berichte  individuell 
sind,  habe  ich  s.  14  ff.  auseinandergesetzt. 

Wenn  ich  sodann  auf  die  eigentümliche  kürze  in  29, 1 2  bei  der 
ei'wfthnung  eines  Sikyon  betreffenden  ereignisses  hinwies",  in  der 
meinung  dasz  Aeneas  bei  seinen  ersten  lesem,  den  Bikjoniem,  auf 
sofortiges  verst&ndnis  rechnen  konnte,  nicht  aber,  wenn  er  am 
schwarzen  meere  für  dortige  leser  zunächst  geschrieben  hätte ,  sich 
80  dunkel  ausgedrückt  haben  würde,  will  L.  durch  berufung  auf  31, 
34  "  widerlegen ,  wo  mit  ähnlicher  kürze  der  befreiong  Thebens  ge- 
dacht sei.  ich  glaubte  bis  jetzt,  dieses  letztere  ereignis  habe  einen  >«> 
starken  wendepunct  in  die  Zeitgeschichte  gebracht,  dasz  überall  wo 
griechische  zunge  herschte,  davon  als  von  einem  allgemein  bekannten  ' 
gesprochen  werden  konnte,  will  aber  L.  dasselbe  zu  einem  blosz 
localen  ereignis  stempeln;  so  könnte  ich  ihm  auch  hierin  folgen :  für 
die  Arkader,  die  speciellen  bundesgenossen  der  Thebaner,  war  das- 
selbe von  eminenter  Wichtigkeit,  so  dasz  man  wenigstens  bei  ihnen 
es  als  bekannt  voraussetzen  durfte,  betreffend  das  ebendaselbst  er- 
wähnte ereignis  in  Mjtilene  ist  darauf  hinzuweisen ,  dasz  gerade  an 
jener  stelle  Horcher  aus  andern  gründen  eine  lücke  annimt. 

Nirgends  habe  ich  gesagt  (wie  L.  s.  11  mir  zuschreibt) ,  Vor- 
schriften über  Wasserbauten  hätten  'viz  ab  alio'  aufgestellt  werden 
können  als  von  einem  Stymphalier;  ich  sage  blosz  s.  36:  'aufgaben 
der  art  zu  lösen  muste  (wegen  der  berühmten  Wasserbauten  daselbst 
einem  geborenen  Stymphalier  besonders  nahe  liegen',  und  ebd.:  'doch 
von  diesen  einzelheiten ,  die  für  sich  wenig  beweiskraft  haben ,  wol 
aber  im  zusammenbang  mit  andern  von  bedeutung  sind,  wenden 
wir  uns  zu  dem  historisch-politischen  hintergrunde.*  L.  aber  sprich  r 
nach  diesem  muster  gewisser  interpretation ,  die  er  an  mir  übt,  jor. 
'simplicissimis  rebus  prava  interpretatione  (durch  mich)  deiortis'. 

**  auch  die  s.  6  anm.  3  von  mir  ausgesprochene  meinung,  et  st  . 
dumit  die  von  Polyainos  V  IS,  8  erwähnte  einnähme  dea  hfäias  roTi 
iSikyon  durch  Pammenet  den  Theb«ner  (869  vor  Ch.)  verstanden,  b«> 
kämpft  L.  8.  10  mit  den  nichtssagenden  Worten  'etsi  fieri  potest,  Immen 
pro  certo  nequit  demonstrari'.  '*  an  der  andern  stelle  S4,  18  sin«) 
übrigens  einige  details  gegeben. 


AHog:  ans.  ▼.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorc6tico.     263 

id  fasUe  aoB  Terscbiedenen  SuBzerungen  des  Aeneas  nachzuweisen 
geiocbt  dasz,  so  wenig  er  den  parteistandponct  in  dieser  rein  tech- 
Bischen  schrift  henrorhebt,  er  doch  eine  gewisse  gem&szigt  demo- 
kratische gesinnung  Terrathe,  wie  sie  damals  unter  Ljkomedes  in 
Arkadien  die  herschende  war.  mit  beziehung  auf  eines  der  dort  ge- 
bnuchten  argomente  sagt  L.  s.  14:  *nec  quod  optimates  irXoucioi, 
popolos  bfyAOC  usitatissimis  ad  hanc  rem  vocibus  ab  Aenea  appellan- 
tor,  qoidqnam  yalet  ad  hanc  quaesUonem  diiudicandam.'  aber  auch 
läer  referiert  er  nicht  getreu  über  meine  ansieht:  nicht  dasz  die  bei- 
den Parteien  Überhaupt  so  genannt  werden ,  war  nach  mir  entschei- 
dead,  wol  aber  dasz  sie  ausschlieszlich  so  bezeichnet  sind,  und 
vir  nirgends  wie  beiXenophon,  Piaton,  Aristoteles  für  die  oligarchen 
dieehrenTollen  bezeichnungen  äpiCTOi,  ß^XriCTOt,  dTa8o(  finden,  nir- 
gends ftkr  die  demokratie  oder  deren  fdhrer  eine  weniger  ehrenvolle 
ib  hf^oc  und  o\  toO  brjpou  irpocTdrai. 

Bei  jedem  einzelnen  meiner  argumente,  sei  es  über  den  politisch- 
coltuhiatorischen  hintergrund  im  allgemeinen,  derauf  den  Pelopon- 
nes  passe,  sei  es  ftlr  die  bestimmte  Persönlichkeit  des  aus  Xenophons 
Helk&ika  bekannten  Aineias  von  8tjmphalos  macht  L.  zunächst  den 
verBOfifa  es  umzustoszen;  da  ihm  das  aber  aber  nicht  gelingen  will 
(in.  TgL  seine  Zugeständnisse  s.  14  ^ut  vero  nihilo  minus  concedamus 
(vyioxpcmKÖv  esse  Aeneam';  s.  15  *atque  equidem  concedo  satis 
bäe  banc  rem  ezplicari  posse,  si  Stjmphalium  nobis  fingamus 
Aeneam'  sagt  er  bei  einem  meiner  hauptbeweise) ,  so  recurriert  er 
jeweQen  darauf,  dasz  dergleichen  auch  anderwSrts  hätte  vorkommen 
kuaaen;  s.  16:  keines  meiner  argumente  sei  v5llig  zwingend,  hm. 
L  SU  meiner  Überzeugung  zu  zwingen,  darauf  verzichte  i<£  natürlich ; 
sber  so  viel  hätte  doch  auch  ein  so  verbissener  gegner  merken  sollen, 
diaz  die  hauptkrafb  meines  be weises  darin  liegt,  dasz  die  von  mir 
ugefthrten  indicien  zusammentreffen  auf  dem  boden  des  Pelö- 
ponoes,  dasz  einige  derselben  zudem  zusammentreffen  in  der  person 
<iei  von  Xenophon  genannten  Aineias.  erst  dann  wenn  uns  L.  eine 
isdere  landschaft  nennt,  in  der  die  genannten  umstände  in  eben  so 
ctaAer  weise  sich  vereinigt  finden  und  eine  sonst  bekannte  per- 
•Qnliehkeit  aus  dieser  landschaft,  in  welcher  in  ähnlicher  weise  diese 
bedingnngen  allgemeiner  und  specieller  art  ebenso  zusammentreffen, 
den  namen  selbst  eingeschlossen,  erst  dann  wird  er  mit  eini- 
gln Mbein  von  wahriieit  meine  annähme  bekämpfen,  einstweilen  bin 
ifh  doch  wol  berechtigt  zu  sagen,  es  gibt  keine  landschaft  und  keine 
penoB  dieser  art,  auf  welche  alles  zusammen  so  gut  passen  würde. 

Idi  habe  zu  diesem  meinem  beweise  eine  reihe  von  zustimmun- 
gm  von  vielen  philologen  und  historikem  erhalten*';  die  einen 
■uuiten  denselben  vOllig  überzeugend,  die  andern  erklärten  das 
moltat  wenigstens  für  sehr  wahrscheinlich,    mehr  kann  ich  nicht 

"  abfcteben  von  den  anzeigen  meiner  sohrift  durch  Bauchensteia 
«  ^kSkA.  Mueiger  IX  (1878)  s.  97  ff^  Hertlein  in  der  Jenaer  LZ.  1877 
•-  7QS  ff.,  Oranx  in  der  revue  critiqae  1878  nr.  61. 


264     AHug:  anz.  t.  ACLange  de  Aeneae  commentorio  poliorcetico. 

verlangen,  da  in  solchen  dingen  urkundlicbe  gewiaheit  nicht  erreicht 
werden  kann.  L.  aber  ist  anderer  ansiebt,  er  erklärt  schlieaslicb 
8. 16  meine  annähme  für  unmöglich:  vgl.  s.  20  ^ut  confidenter 
negemua  Peloponnesium  Arcademve  esae  Aeneam'.  diese  confidentia 
idt  sehr  charakteristisch. 

1)  soll  die  stelle,  die  Casaubonus  für  die  arkadische  abkuoft 
des  Aeneas  als  beweis  verwendete,  27,  1  firrep  utt6  tivuiv  KoAciTai 
irdvcia  (Jen  bk  tö  övopa  TTcXoTrovvriciov  xai  ^dXicra  *ApKabiKÖv) 
vielmehr  dagegen  sprechen,  ich  habe  ao.  s.  29  absichtlich  diese  stelle 
nicht  betont,  weil  ich  der  ansieht  war  und  noch  bin;  dasz  sie  weder 
pro  noch  contra  etwas  beweise;  und  —  es  ist  das  ein  punet  worin 
ich  mit  meinem  gegner  zusammentreffe  —  weil  ich  wie  er  geneigt 
war  die  werte  fcTi  .  .  *ApKabiKÖv  als  gelehrte  randbeinerkung  anzu- 
sehen, ich  bin  froh  diesen  zweifei  verschwiegen  zu  haben,  sonst 
wäre  er  sicherlich  unter  mein  Sündenregister  aufgenommen  worden, 
die  übrig  bleibenden  werte  fiirep  uttö  tivuüv  KaXeirai  ndvcm  kann 
ich  aber  ganz  ruhig  beibehalten ,  und  brauche  von  dem  gütigen  an- 
erbieten L.s ,  auch  noch  uttö  tivujv  fallen  zu  lassen ,  gar  keinen  ge- 
brauch zu  machen,  wenn  einmal  Aeneas  wüste  dasz  der  name  TTOVCia 
keineswegs  allgemein  sei,  so  ist  es  nur  ein  zeichen  seiner  gewissen- 
haftigkeit,  wenn  er  das  durch  öttö  tivwv  andeutete:  'welche  von 
manchen ,  oder  in  einzelnen  gegenden  so  genannt  werden* ;  dasz  er, 
der  überhaupt  auch  in  seinem  buche  seine  specielle  heimat  keines- 
wegs in  den  Vordergrund  stellt  und  sie  in  der  that  auch  sonst  nicht 
genannt  hat,  nun  hier  aus  Patriotismus  gezwungen  gewesen  wäre 
die  erfinder  dieses  namens  zu  nennen,  ist  bei  einer  so  harmlosen 
Sache  nicht  abzusehen,  aus  dieser  stelle  Iftszt  sich  also  nichts  ent- 
nehmen als  dasz  er  mit  diesem  arkadischen  namen  bekannt  war. 

2)  *num  autem  veri  videtur  similius  esse  Arcadem  bominem 
mediterraneum,  maritimae  urbis  defendendae  rationes  exposuissean 
mediterraneae  ? '  dieses  dilemma  ist  nach  andern  ftuszerungen  unsere 
vf.  selbst  falsch  gestellt  Aeneas  hat  beides  berücksichtigt,  die  Ver- 
hältnisse der  landst&dte  in  erster  linie,  gelegentlich  aber  auch  die 
der  Seestädte,  sodann  hielt  sich  der  historische  Aeneas  längere  zeit 
dauernd  in  Sikjon  auf,  und  Sikjon  wird  anderwärts  von  L.  selbj>t 
8.  10  als  eine  'urbs  magna  et  maritima'  bezeichnet,  endlich  nehme 
ich  an  dasz  Aeneas  selbst  condottiere  gewesen  war  und  daher  eine 
reihe  von  küstenstädten  kannte. 

3)  während  ich  s.  30  meinte  dasz  aus  der  Zählung  der  beispiele 
sich  kein  sicheres  argument  über  die  heimat  ergebe,  da  die  lösung 
mehr  in  der  qualität  derselben  zu  suchen  sei,  will  L.  aus  der  zahl  der 
wenigen  beispiele  wenigstens  negativ  entscheiden,  weil  hier  (in  die- 
sem kleinen  tractat)  keine  stadt  und  keine  person  aus  Arkadien  ge- 
nannt sei ,  so  sei  der  arkadische  Ursprung  der  schrift  nicht  denkbar, 
er  vermiszt  zb.  den  namen  Lykomedes.  als  ob  dieser  apeciell  eine 
rolle  in  der  geschichte  von  belagerungen  gespielt  hätte !  ich  soll  m 
diesem  schlusz,  mit  dem  es  L.  selbst  doch  kaum  ernst  ist,  dadurch 


AHog:  «nz.  t.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico.     265 

gcnmogen  werden,  weil  ich  die  einmalige  erwäbnung  von  Athen 
Bidt  mit  der  aatorschaft  eines  Atheners  vereinbar  erkl&rt  hätte. 
aber  ein  Athener  betrachtet  doch  seine  Vaterstadt  ganz  anders  als 
Qu  Arkader  sein  armes  heimatland;  Athen  ist  das  centram  der 
Weltgeschichte  und  spielt  auszerdem  in  kriegen  eine  hervorragende 
roOe.  gegen  einen  Athener  schien  mir  besonders  za  sprechen ,  dasz 
iwei  ereignisse,  die  Athen  berühren,  aus  historikem  abgeschrieben 
sisd  und  kein  detail  ans  der  tradition  enthalten,  wie  wir  das  in  den 
peloponnesischen  erzählungen  sehen:  1)  2,  3  aus  Thukjrdides  die 
epiiode  ans  der  belagerung  von  Plataiai,  2)  aus  Athens  früherer  ge- 
Kbichte  4,  8,  welcher  bericht  ebenfalls  einem  historiker  entnommen 
iit,  s.  m.  abh.  s.  13  und  rh.  mus.  XXXII  s.  629  ff.  zu  alledem  koznmt 
noch  hinzu,  dasz  mir  Aeneas  über  ihm  naheliegende  ereignisse,  oder 
in  denen  er  selbst  eine  rolle  spielte,  eine  gewisse  Zurückhaltung  zu 
Uobicbten  scheint.  L.  freilich  glaubt  mir  das  nicht. 

Die  gmppieruog  der  beispiele  bei  L.  s.  19  ist  sehr  bezeichnend. 
L  will  sidi  8. 21  an  Sauppe  anscklieszen,  der  die  heimat  des  Aeneas 
iffl  schwanen  meere  suchte,  mit  der  sehr  liberalen  er  Weiterung  je- 
dodi,  dasz  er  auch  die  ganze  küste  Eleinasiens  nebst  den  inseln,  und 
wenigstens  in  der  dazu  gehörigen  gruppell  seiner  beispiele  auch  noch 
Afriea  mit  hineinzieht,  und  wir  denmach  das  Vaterland  des  Aeneas 
\Qm  kimmerischen  Bosporos  bis  nach  Barke  ad  libitum  uns  aus- 
TlUen  können,  in  folge  dessen  wird  die  gruppe  von  beispielen,  die 
diesem  ungeheuren  Vaterland  des  Aeneas  angeboren,  eine  erdrückend 
grooe,  und  da  die  zahl  entscheidet  und  nicht  die  qualität,  so  w&re 
ftUo  mit  Stimmenmehrheit  das  grosze  Vaterland  über  den  kleinen 
PelqKmnes  als  sieger  erklArt. 

Dasz  übrigens  wegen  zahl  und  qualität  der  beispiele  man  nur 

die  wähl  habe  zwischen  dem  Peloponnes  und  den  kleinasiatischen 

kittten,  habe  ich  in  bündigster  weise  s.  29  selbst  ausgesprochen. 

L  31  Ähre  ich  aus  dasz  die  qualität  der  peloponnesischen  beispiele 

xit  heziehnng  auf  ihre  individualität  mehr  für  meine  annähme 

fprecbe,  dasz  aber  auch  einige  kleinasiatische  individuell  gefärbt 

•eien,  so  namentlich  der  über  Chios  11, 3 — 6.   wollte  man  auch  hier 

tickt  an  eine  oopie  aus  einem  historiker  denken  (wie  dies  mOglich 

wire,  da  wir  vielleicht  kein  zeitgenossisches  ereignis  vor  uns  haben), 

io  lei  die  annähme  vOllig  wahrscheinlich ,  dasz  Aeneas  wie  viele  an- 

^  Arkader  seiner  zeit  als  anführer  von  sOldnertruppen 

»ich  in  Asien  aufgehalten  habe,  dasz  er  also  manches  entweder 

»Ol  antopsie  oder  aus  berichten  von  landsleuten  und 

«tffengenossen  gerade  über  Asien  wüste:  eben  die  that- 

tiche,  dasz  dem  autor  ereignisse  und  Verkommenheiten  im  Felo- 

Fennes  nnd  zugleich  solche  in  Kleinasien  am  besten  unter  allem  was 

^  Griechenland  vorgieng  bekannt  sind,  schien  und  scheint  mir  am 

utflrliehsten  erklärlich ,  wenn  wir  es  mit  einem  peloponnesischen 

(«'Zdottiere  zn  thun  haben ,  der  in  -seinen  jungem  jähren  wie  sein 

zimcBsfctter  in  der  Anabasis,  der  lochage  Aineias  von  Stymphalos 


266     AHug:  anz.  v.  ACLange  de  Aeneae  commentario  poliorcetico. 

(der  freilich  ein  unglflckliches  ende  fand) ,  in  yerscbiedener  herren 
iSndem  in  Eleinasien  diente,  und  später,  als  seine  heimat  eine  poli- 
tische Organisation  gewann,  als  Stratege  derselben  dienste  leistete 
und  sich  berufen  fühlte  nun  auch  litterarisch  (tlr  die  kriegswissen- 
schaft  zu  wirken,  durch  Sokratische  kreise  oder  Strömungen  dazu 
angeregt,  über  einige  Vorgänge  in  Asien  konnte  er  durch  landslente, 
die  dort  im  dienst  standen,  auch  jetzt  noch  unterrichtet  werden,  bei 
einem  geborenen  Eleinasiaten  dagegen,  der  in  Kleinasien 
bleibt  und  in  Eleinasien  sein  buch  schreibt,  fehlt  uns  jede  er- 
klärung  für  die  individuellen  berichte  aus  dem  westen 
(vgl.  auch  über  Eorkyra  11,  13),  so  weit  sie  zeitgenössische  ereig- 
nisse  betreffen,  es  ist  mehr  als  auffallend,  dasz  hr.  L.,  der  mir  sonst 
wie  ein  schatten  auf  jedem  meiner  schritte  folgt,  gerade  diesen  punct, 
den  ich  s.  30  f.  hervorgehoben,  verschweigt. 

Es  bleibt  mir  übrig  noch  etwas  in  dieser  richtung  zu  beleach* 
ten,  woran  ich  früher  nicht  gedacht  hatte,  sehr  individaell  ist  die 
notiz  5,2,  dasz  Leukon  im  Bosporos  TuüV  (ppoupuiv  touc  XP^uKpci- 
XeTQC  bid  Kußeiav  fi  bx'  fiXXac  dKoXaciac  dTTOfiicOouc  £7ro(€t.  wer 
aber  waren  die  (ppoupot  der  fürsten  im  Bosporos?  nach  Diodor  XX 
24  hatten  sie  griechische  Söldner,  aber  aus  CIO.  2103*  wissen  wir 
noch  genauer,  dasz  es  Arkader  gewesen  sein  müssen,  denn  jene  in 
Pantikapaion  gefundene  inschrift  enthält  ein  ehrendecret  der  Arka- 
der zu  gunsten  des  Leukon ,  das  sie  ihm  errichteten  für  erwiesene 
wolthaten.  diese  Verbindung  der  Arkader  mit  Leukon  kann,  da  Ar- 
kadien kein  seestaat  ist,  wie  Böckh  richtig  bemerkt,  keine  blosse 
handelsverbindung  sein ,  sondern  musz  darauf  beruhen ,  dasz  die  Ar- 
kader dem  Leukon  Werbungen  in  ihrem  lande  gestatteten,  wofür  demi 
er  wieder  ihnen  wolthaten  erwies  und  sie  ihm  den  dank  in  jeneai 
cprjcptcpa  abstatteten,  vgl.  das  1877  gefundene  iprjcpiCMa  der  Athener 
vom  j.  346;  wonach  die  söhne  des  Leukon  mit  Athen  unterhandelten, 
um  dort  seeleute  anwerben  zu  dürfen  (ASchaefer  im  rh.  mus.  XXXUI 
s.  418  ff.),  woher  hat  nun  Aeneas  diese  notiz  über  die  behandlang 
der  (ppoupoi  von  seite  des  Leukon?  wenn  er  nicht  selbst  in  dessen 
diensten  stand,  was  ich  nicht  behaupten  will,  doch  wol  von  arka- 
dischen landsleuten,  die  bei  Leukon  als  söldner  gewesen  waren. 

Endlich  gereicht  es  mir  zur  freude  und  interessiert  vielleicht 
andere  freunde  des  Aeneas  zu  vernehmen,  dasz  Her  eher,  dessen 
allzufrühzeitigen  tod  wir  alle  schmerzlich  beklagen,  nicht  blosz  mei> 
ner  annähme  gröszerer  athetesen,  sondern  auch  dieser  hypotbese  über 
die  heimat  und  person  des  Aeneas  seine  Zustimmung  gegeben  hat. 
in  einem  briefe  Vahlens  an  mich,  datiert  Berlin  22  oct.  1877,  heiszt 
es :  *auch  Hercher,  der  mich  ein  paar  tage  nachher  besuchte,  während 
deine  abhandlung  (Aeneas  von  Stjmphalos)  noch  auf  meinem  tische 
lag,  hatte  sie  bereits  gelesen,  und  war  mit  mir  der  ansieht,  dasz  da 
recht  behalten  werdest.' 

Zürich.  Arnold  Huo. 


WGemoll:  zu  Caesar  und  Beinen  fortsetzen!.  267 

38. 

ZU  CAESAB  UND  SEINEN  FOBTSETZEBN. 


ie  hdlo  ctv.  I  44,  2  getius  erat  pugnae  müUum  ührutn  tU . .  rari 
di$pmiquep%$gnarent;  si  premeretUur  ^  pedem  referre  et  loco  excedere 
AM  turpe  esistimarent  cum  Lusüanis  reUquisque  harharis  genere  quo- 
dampitgnae  adsuefaeti.  so  Nipperdey  nach  den  hss.,  von  denen  eine 
rtkjms  harbaris  hat  aber  der  ansdrnck  genere  quodam  ist  geradezu 
mcbtaaagend.  Hofmann  setzt  in  der  neuesten  (7n)  ausgäbe  (1878) 
harharo  genere  quodam,  gewis  richtig:  denn  so  nennt  Caesar  die  von 
üun  bezeichnete  art  zu  kämpfen  auch  11  38,  4  g^uadam  Ifarhara  con- 
näwäine,  doch  was  machen  wir  nun  mit  dem  sprachlich  und  sach- 
lich lostAszigen  rdiquisque?  sprachlich  schwebt  es  nach  der  Hof- 
fflumtehen  eonjectnr  ToUständig  in  der  luft,  sachlich  erhebt  sich 
(iigegen  dasselbe  bedenken  wie  gegen  Nipperdeys  rdiquisque  bar- 
Uirig.  Caesar  macht  hier  nemlich  die  bemerkung,  dasz  der  römische 
M>ldat  leicht  die  kampfesart  d6r  gegend  annimt,  in  der  er  längere 
zdt  Terweilt:  Ygl.  §  3  quihus  quisque  in  locis  mües  inveteraverit,  tU 
mHum  earum  regionum  consuäudine  moveatur.  also  die  kampfes- 
tft  der  spanischen  vOlker,  nicht  die  aller  übrigen  haben  sich  Caesars 
Tegoer  angeeignet,  dasz  aber  rdiquü  heiszen  könnte  *der  flbrigen 
-panischen  vOlker*,  kann  nicht  zugestanden  werden,  obwol  es  Hof- 
ntim  zu  glauben  scheint,  da  nun  auch  cum  Lusitanis  ohne  schwere 
^«leiiken  weder  zu  existimarent  noch  zu  adsuefaäi  gezogen  werden 
bu,  so  mnsz  cum  Lusitanis  rdiquisque  als  glossem  gestrichen  wer- 
'Wb.  dasselbe  konnte  leicht  entstehen,  nachdem  einmal  harharis  für 
^"ifhsro  geschrieben  war. 

ebd.  I  76, 1  Pdreius  man^fndos  circumU  müitesque  appdlat,  neu 
V  neu  P&mpeium  in^peratorem  suum  adversarns  ad  supplicium  tra- 
^«f.  tradani  kann  nicht  von  dem  spanischen  beere  gesagt  werden, 
obgldeh  Hofmann  es  zu  halten  Tersucht.  man  musz  mit  Eraner 
P'mpeium  streichen  und  se  auf  die  Soldaten  beziehen. 

ebd.  n  16,  2  cum  paene  inaedificata  in  muris  ah  exercUu  nostro 
^omia  viderentur,  in  muris  inaedificata  scheint  mir  für  den  allmäh- 
*-cfa  ta  die  Stadtmauern  herangeführten  belagenmgsdamm  nicht  der 
riditige  aosdruck  zu  sein,  sondern  miuris  inaedificata,  es  wird  aedi- 
<o»t  gebraucht  ^  'verbauen*  6.  c  1 27,  3,  ■=  'anbauen'  5.  ff.  VIII 
'.  2  und  hier,  dort  absolut,  nur  hier  mit  casus,  den  dativ  hat  zb. 
8«]ieea  ad  Märciam  2,  3 ,  er  hat  auch  die  analogie  zahhreicher  ahn- 
••eher  verba  ftr  sich. 

ebd.  n  31^  4  nam  neque  pudentes  suspieari  oportd  sibiparum 
ve^  neque  itnprobos  scire  sese  timerij  quod  iüis  licentiam  timor  augeat 
^fister,  Ms  sMliia  deminuat,  lioehtiam  kann  nicht  heiszen  *die  etwa 
vofbnidene  drnstigkeit',  sondern  wegen  augeat  'die  schon  verhan- 
gne dreifiigkeit',  so  dasz  es  nur  Bxifimprohos  bezogen  werden  kann; 
aber  dum  mosz  his  und  üHs  umgestellt  werden. 


268  WGemoll:  zu  Caesar  und  seinen  fortseUern. 

ebd.  m  40.   der  Yon  Caesar  mit  der  vorteidigung  von  Oricom 
beauftragte  legat  M'.  Acilius  hat  alle  schiffe  mit  ausnähme  von  zwei 
in  den  innem  hafen  zurückgezogen,  von  diesen  zwei  das  eine  am 
eingang  des  hafens  versenkt;  das  zweite  mit  einem  türm  Tersehen 
und  mit  Soldaten  bemannt:   vgl.  39,  2  ad  ipsum  ifUraüum  portus 
opposuü  et  müUihus  complev^iL   der  junge  Cn.  Pompejus  nun  greift 
Oricum  an  von  zwei  seilen,  er  forciert  den  eingang  des  hafens  und 
bringt  auf  walzen  vier  zweiruderer  über  den  dämm,  der  Oricum  mit 
dem  festlande  verbindet,  in  den  innem  hafen,  dann  greift  er  von 
vom  und  hinten  die  dort  liegenden  Caesarianischen  kriegsscbiffe  an. 
das  forcieren  des  hafeneingangs  bewirkt  er  so,  dasz  er  das  verrenkte 
schiff  wegzieht,  das  zweite,  welches  den  eingang  verteidigt  (40, 2  quae 
erat  ad  ctistodiatn  ah  Acüio  posita)  mit  überlegenen  kräften  angreift 
und  erobert   Caesar  sagt  hierüber  §  2 :  aUeram  navem  .  .  plurib\jLS 
adgressus  navibuSy  in  quibtM  ad  lihram  fecerat  turre$,  ut  ex  super hre 
pugnans  loco  integrosque  semper  defatigatis  summütcns  et  reliquis 
partibus  simul  ex  terra  sealis  et  classe  tnoenia  oppidi 
temptans^  uti  adversariorum  manus  diduceret^  labare  tt 
müÜUudine  tehrum  nostros  vidi  deieäisque  defensaribus . .  eam  navem 
expugnavit   es  handelt  sich  offenbar  nur  um  die  erobemng  des  achiffs, 
das  den  hafeneingang  verteidigte,  wie  der  anfang  und  schluaz  der 
ausgehobenen  stelle  zeigt,   es  genügte  dazu ,  dasselbe  mit  mehreren 
schiffen  anzugreifen,  und  man  wird  sich  billig  wundem,  wenn  Pom- 
pejus noch  dazu  die  mauern  der  stadt  mit  leitem  und  mit  der  flotte 
angreifen  Iftszt.    tantae  moUs  erat,  denkt  man,  das  6ine  schiff  zu 
erobern,     es  war  aber  nicht  blosz  unnötig,  sondern  auch  unmög- 
lich ciasse  moenia  temptare:  noch  kann  die  flotte  nicht  heran  an 
die  mauern  Oricums^  so  lange  das  wachtschiff  noch  den  hafenein- 
gang  verteidigt,   es  ist  also  klar,  dasz  die  durch  den  druck  hervor- 
gehobenen werte  nicht  an  ihrer  stelle  stehen,  sie  machen  aber  durch* 
aus  nicht  den  eindruck  einer  Interpolation,  und  ich  glaube,  sie  stan- 
den ursprünglich  in  §  4  hinter  atque  inanes.  gegen  die  im  innem 
hafen  liegenden  kriegsscbiffe  richtet  Pompejus  sich  hauptsächlich: 
jetzt,  nachdem  er  den  eingang  in  den  hafen  erzwungen  und  die  vier 
zweiruderer  über  den  dämm  gebracht  hat,  greift  er  die  kriegsscbiffe 
von  zwei  Seiten  an ,  jetzt  ittt  auch  die  berennung  der  stadt,  aim  die 
kräfte  der  gegner  zu  teilen,  ganz  in  der  Ordnung,  jetzt  machen  die 
ausdrücke  reJiguis  partibus  imd  dasse  moenia  temptare  keine  Schwie- 
rigkeit mehr. 

ebd.  III  97,  1  Caesar  castris  potitus  a  miUtibus  contendit^  ne  ifi 
praeda  occupati  reliqui  negotii  gerendi  facuUatem  dimUtereni»  qua  rr 
impetrata  montem  opere  drcummunire  instUuit.  welchen  berg?  fra^t 
man  sich  unwillkürlich,  o.  95  schildert  die  erstürmung  des  Pompe- 
janischen  lagere  und  schlie9it  protinusque  omnes  in  äliissimos  mont€>. 
qui  ad  castra  pertinebant,  confugerunt.  c.  96  beschäftigt  sich  mit 
der  beute  im  lager  und  mit  der  flucht  des  Pompejus.  c  97  beginnt 
mit  den  oben  angeiUhrten  werten,  die  einzige  beziehung  also,  welche* 


WGemoll:  zu  Caesar  und  seineii  fortsetKern.  269 

dk  Worte  monkm  opere  dreummunire  instüuU  auf  Torbergebendes 
hiba,  18t  enthalten  in  95  ae.  aber  1)  ist  ein  ganzes  capitel  dazwi- 
sekea,  2)  ist  der  ansdmck  in  aUissimos  fnanies  qui  ad  castra  pertine- 
baHi  emfugermU  docb  von  allgemeiner  natnr:  der  berg,  den  Caesar 
«ittdib'eszt  und  zugleich  auf  ihm  die  Pompejaner,  wird  dadureb  nicht 
liher  bezeichnet,  und  was  ist  das  für  eine  Schreibweise  *die  Pom- 
pejuer  flohen  auf  die  höchsten  berge  •»  Caesar  begann  den  berg 
n  omsdianzen'?  zwischen  beiden  lAtzen  liegt  so  viel,  was  Caesar 
nr  orientiening  seiner  leser  nicht  yerschweigen  konnte,  dasz  man 
lor  annähme  einer  Ittcke  gedrftngt  ist.  am  passendsten  wird  man 
sie  iwiadien  qua  re  impdraia . . .  und  moniem  circummunire  instihiU 
nseizen. 

Mb'  Alex,  1,  4  f.  Caesar  fnaxme  studebai  iä,  qi»am  anffttstieei'' 
^ampofiem  cppidi peius  .  .  effickhaty  hanc  .  .  ab  reUqua parte  urfns 
^xdudeniy  ük»d  epedanSj  prmum  ut^  cum  in  duas  partes  esset  wrhs 
Mo,  aries  uno  consüio  atque  tmpmo  aäminisirarelury  deinde  ut 
^o^onntft^i»  8%ieeurri  aique  ex  äliera  appidi  parte  auxüium  ferri  passet. 
9  cMtra  appidi  parte  bezeichnet  doch  wol  den  von  Caesar  besetzten 
t<ä  der  Stadt,  der  oben  quam  angustissknam  usw.  geschildert  wird. 
vtfBm  derselbe  aber  äUera  genannt  wird»  sieht  man  nicht  ein,  und 
nu  wird  diese  vier  werte  als  einen  mttszigen  zusatz  zu  streichen  haben. 

ebd.  26,  2  idque  appidum  {Pdusium)  repenie  maffnis  circumda- 
»'««  afpUs  wiuUipUd  praesUio  pertinacUer  prapugnantibus . .  in  suam 
f^^tgü  (MUhridates)  polestatem.  die  worte  nnuUipUei  praesidio  schei- 
CAi  mir  zo  m/uliis  chrcumdatum  capOs  glossem  zu  sein:  so  wie  sie  da- 
<triwB,  sind  sie  zn  pertinaeiter  prapugnantibus  zu  ziehen,  ohne  dasz 
ue  einen  rechten  sinn  gftben. 

ebd.  27,  2  nam  pars  quaedam  fluminis  NUi  derivata  inter  se 
Mm  itimeribus  pauUdim  medium  inter  se  spatium  rdinquens  mari 
^^mtigüur.  was  beiszt  derivaia  inter  se  duohus  Uineribus?  ich 
Tcnnste,  das  zweite  richtige  inter  se  war  hier  an  die  falsche  stelle 
fsbndit,  dann  zu  der  richtigen  an  den  rand  geschrieben,  worauf 
^sbidireiber  ein  doppeltes  inter  se  in  den  tezt  brachte. 

ebd.  34,  4  adkmgü  DomUius  duas  ah  Deiotaro  (legiones) ,  quas 
^  diie^iKfMi  atque  armaiura  ncstra  campiures  annos  constittUas 
^hthat.  man  hat  ohne  zweifei  instUutas  zu  schreiben:  con  und  in 
•*t  bier  wie  oft  Terwechselt. 

Ml  Afrieae  9,  2  Haque  magno  numero  firunnenti  invenio  Buspi- 
*>"  ftäU.  kue  eum  idciroo  existimo  reoepisse.  reeepisse  se  ist  ebenso 
leidit  batastellen  wie  notwendig:  redpere  •»  *sich  zurflckziehen' 
ot  aar  bei  Plaotns  zu  finden,  und  die  einzige  Caesarstelle  5.  0. 1 48 
ji  doch  Ton  ganz  anderer  natur. 

ebd.  28,  1  expedHoque  exereitu  numero  8erf?arum,  Uberarum  II 
..ad  oppidum  accedere  coepU.  numero  ist  zwar  an  dieser  stelle 
^^  gut  bezeugt;  dennoch  ist  die  Verbindung  selbst  für  den  Terfasser 
^  (.  Afr.  zn  hurt,  und  ich  yermute  dasz  es  vor  II  müium  seine  rieh- 
st iteUe  hat 


270  KHartfelder:  za  Cicero  de  divinatione  [I  3,  6]. 

ebd.  68,  4  quem  Caesar  in  miUbus  passuum  IUI  consecHius 
recijperata  quinqueremi  cum  suis  omnilfus  epibatis  atqueetiam 
hostium  custodibus  CXXX  in  ea  nave  captis  triremem  hostium  prozi- 
mam  .  .  c^.  die  durch  den  druck  hervorgehobenen  worte  sind  ent- 
schieden unecht,  der  hanptteil  von  Caesars  flotte  steht  bei  Leptis 
leer:  vgl.  62,  4  reUqua  dassis  in  salo  ad  Leptim  egressis  remigxhus 
vacua  a  defensaribus  stabat.  diese  schiffe  greift  Yants  an,  steckt 
mehrere  in  brand  und  fährt  zwei  leere  fdnfruderer  fort:  62,  5  Varus 
cum  primo  mane  Leptim  unwersa  dasse  vectus  naves  onerarias  . .  in- 
cendit  et  penieres  duas  vacuas  a  defensaribus  nuUo  repugnante  cepit. 
Caesar  verfolgt  den  Varus  und  nimt  ihm  den  einen  ftLnfruderer  wie- 
der ab.  nachdem  aber  62, 4  die  ganze  flotte  und  62,  5  die  betr.  zwei 
fdnfruderer  als  leer  bezeichnet  sind,  heiszt  es  plötzlich  redperota 
quinqueremi  cum  suis  amnibus  epibatis,  wir  haben  hier,  da  der  wie- 
dergewonnene  fOnfruderer  ohne  zweifei  einer  von  den  zwei  durch 
Varus  weggeführten  ist,  den  zusatz  eines  mannes  vor  uns,  dem  es 
noch  nicht  genug  war  dasz  Caesar  auf  diesem  schiffe  130  feinde  ge- 
fangen nahm. 

Ohlau.  Wilhelm  Gsmoll. 


39. 

ZU  CICERO  DE  DIVINATIONE. 


Die  lesart  der  groszen  Cicero-ausgabe  von  Baiter-Habn  de  dir. 
I  3,  5  e  quibus  (philosaphis)^  ut  de  antiquissumis  loquar^  Colaphonius 
Xenophanes^  unus  qui  deos  esse  dkeret  kann  unmöglich  richtig 
sein:  denn  sie  enthält  einen  groben  verstosz  gegen  die  geschieh le 
der  Philosophie.  Xenophanes  war  keineswegs  der  einzige  unter  den 
ältesten  griechischen  philosophen,  der  die  existenz  der  götter  be- 
hauptete, der  etwaige  einwand,  dasz  Cicero  sich  hierin,  wie  oft  in 
seinen  philosophischen  Schriften,  geirrt  habe,  kann  vor  der  thatsache 
nicht  bestehen,  dasz  Cicero  selbst  von  einer  reihe  der  anttguissumi 
phHasophi  berichtet,  dasz  und  wie  sie  die  existenz  gottes  sich  gedacht 
haben  (vgl.  de  nat,  d.  1 10,  25  ff.),  es  liegt  also  kein  irrtum  Ciceros, 
sondern  eine  verdorbene  lesart  vor.  bei  der  heilung  der  stelle  ist 
von  zwei  thatsachen  auszugehen,  der  cod.  Leidensis  Heinsianu» 
n.  118  (bei  Baiter-Halm  mit  H  bezeichnet)  liest  nicht  deoSy  sondern 
deum.  dann  ist  zu  beachten  acad.  H  37,  118  Xenapkanes  .  .unum 
esse  omnia  cUxit  neque  id  esse  mutabik  et  id  esse  deum.  Xeno- 
phanes bezeichnete  den  deus  als  unus\  es  ist  dies  eine  wörtliche  Über- 
setzung des  bekannten  elc  9€Öc  von  Xenophanes.  daher  ist  die  stellt* 
zu  verbessern  unum  gui  deum  esse  diceret,  unum  ist  aber  mit  gruiad 
vor  das  relativum  gesetzt,  da  es  die  hauptsache  enthält. 

Freibubg  im  Brbibqau.  Karl  Hartfbldbr. 


QWMgentr:  die  peifectischen  formen  von  -eo  und  «einen  compositsw    27 1 

40. 

DIE  PEKFECTI8GHEN  FORMEN  VON  EO  UND  SEINEN 

COMPOSITA. 


la  betreff  der  peifectischen  formen  von  eo  herscht  in  nnsei^n 
ktenutchen  Bchulgrammatiken  eine  ganz  merkwürdige  übereinstim- 
moag.  £ut  flber&U  —  ich  kann  dies  wol  sagen,  da  ich  in  mehr  als 
dreißig  lat  lehrbüchern  nachgesehen  habe  —  wird  die  form  ivi  den 
KhUleni  xom  aoswendiglemen  vorgeschrieben,  manche  grammatiker 
Cbcigehen  die  form  n  gans  mit  stillschweigen,  einige  halten  sie  fUr 
sagebflnchlich.  und  trotsdem  erklftre  ich  ivi  und  die  davon  mit  v 
gebildeten  formen  mit  rücksicht  auf  den  schulgebraach  für  falsch, 
^  die  Schriftsteller  der  besten  zeit,  also  doch  die  weiche  anf  schulen 
^esen  werden ,  nur  die  verkürzten  formen  angewandt  haben« 

Dsss  die  perfectischen  formen  von  den  composita  nur  ohne  i; 
gcbrlochlich  sind,  wird  wol  in  den  lehrbdchern  gewöhnlich  gesagt, 
ftber  meistenteils  nicht  hinzugefügt,  dasz  in  der  zweiten  person  sing. 
cod  plor«  des  ind.  perf. ,  im  conj.  des  plusqperf*  und  im  inf,  perf. 
Affler  contraction  eintritt. 

Zorn  beweise  will  ich  die  Schriftsteller  der  reihe  nach  durch- 
Ahea,  welche  auf  den  heutigen  gjmnasien  gelesen  zu  werden  pflegen. 

Cornelius  Nepos  (Halm):  iU  XXV  6,  3;  adiU  II  7, 4;  XXIII 
:^3;  ezM«  XX  4,  2;  iniU  VI  3,  1;  XXIII  10,  3;  inUriU  XIV  2,  3; 
XU  2,  2;  introiU  TU  7,  4;  obiU  I  7,  6;  VIIIO,  6;  X  2,  5;  X  10, 3; 
in  1,  2;  perOi  XU  4,  1;  XXI  3,  3;  praeternt  XVQ  3,  1;  rediU  U 
10,  2;  IV  3,  1 ;  IV  3,  5;  X  2,  3;  X  4,  ö;  XU  3,  1;  XXÜI  7,  4; 
IHV  1,  2;  XXV  10,  1;  tramiU  VU  9,  3;  VII  10,  ö;  VIU  2,  4; 
XIV 4,4;  XrV7,  1;  XXH  4,  1 ;  XXffl  3,  3;  XXIII  4,  2;  caierufU 
Xn  2,  3;  exienmt  XVI  2,  5;  ifUerierupU  II  3,  1;  interierü  X  4,  5; 
XXm  13,  1;  iniroimi  X  5,  3;  transierü  XVH  4,  4;  coierai  IX  2,  2 ; 
'iMTot  XVII  2,  1;  imerat  XXV  22,  3;  redierat  X  10,  3;  transierai 
um  3,  4;  transierafU  XIV  6,  6;  iisset  XVQ  8,  2;  ifUeriissä  1 3, 4; 
'--UKt  Vn  4,  2;  XIV  6,  3;  inir<ris8a  X  10,  1;  obisset  XX  5,  A;pr<h 
^<M«TU3,  5;  redissälA,  1;  IV  4,  1;  VI  4,  3;  XII  3,  l.exissent 
IVI  3,  5;  adisse  XX  5,  2;  exiase  VII  8,  6;  XXIU  9,  2;i>emse  IX 
^*  4;  rtdttse  XXV  17,  1;  tranaisse  II  9,  1;  XVQI  3,  3;  XVIU  9,  2. 

Caesar  (Kraner  bei  BTauchnitz*):  ahiü  civ.  II  22,  17;  depe- 
r^  äf.  m  87,  6;  itUeriU  galL  VII  38,  4;  civ.  UI  71,  7;  civ.  III 
*^  14;  pcriU  gall.  VI  40,  24;  civ.  UI  22,  7;  ierufU  gaU.  I  26,  14; 
^  la,  10;  VI  62,  20;  adüruni  civ.  1 87,  7 ;  UI  59, 16;  drcumierufU 
-t.  in  93,  26;  exiarufU  civ.  I  18,  8;  interierufU  gall.  VU  38,  20; 
?thmmi  galL  I  53,  11;  IV  15,  7;  redieruni  gall.  I  29,  10;  civ.  IU 
^3, 11 ;  tramiierufU  gall.  IV  1, 4;  IV  4, 20;  civ.  UI  60,  20;  deperierai 


•  da  in  dieser  ansgabe  keine  parsgraphen  verseiehnet  sind,    sq 
^1%  iaii  nach  capiteln  and  seilen. 


272    CWagener:  die  perfectisclien  formen  von  eo  und  seinen  compoiita. 

gall.  VII  31,  11;  inierat  gall.  VI  31,  11;  redierat  gall.  V  11,  15;  Y 
48,  2;  VI  12,  16;  civ.  I  4,  6;  transierat  gall.  I  12,9;  cit.  III61»8; 
ierant  gall.  I  21,  9;  I  28,  2;  IV  12,  4;  deperierant  galt.  V  23,4; 
redierant  gall.  IV  12,  5;  civ.  III 111,  11 ;  iransierant  gall.  I  5. 13; 
II  10,  7;  IV  14,  14;  V  12,  3;  VI  42,  8;  exissei  gall.  I  12,  14; 
I  29,  4 ;  VII  35,  1 ;  redissä  galL  VII  20,  1 ;  exissent  civ.  I  64,  2§; 
interisseni  gall.  VII  17,  23;  redissent  gall.  VII  54,  14;  suhisml 
gall.  I  36,  19;  transissent  gall.  I  13,  14;  in  2,  2;  Vn  5,  13;  civ.  I 
40,  10;  adisse  gall.  VI  25,  8;  exisse  gall.  VII  20,  31;  inierisse  galL 
V  38,  8;  civ.  m  49,  7;  transisse  gall.  I  31,  14;  I  44,  3;  11  24,  6; 
IV  16,  9;  V  27,  27;  V  41,  5;  civ.  HI  33,  5. 

HirtiuB  (Kr.):  interiU  44,  10;  rediU  52,  3;  trafisUi  55,  8; 
adisset  46,  4;  inissetU  44,  5;  transi6sent  13,  5;  tnterisse  21,  8. 

Bellum  Hispaniense  (Kr.):  adierunt  19,  15;  perieruntU, 
13;  exierant  19,  15;  adi$sent  3,  7;  exissent  4,  7;  perisse  18,  8;  18, 
9;  22,  17. 

Bellum  Alexandrinum  (Kr.):  interiü  21, 10;  iniroiU  32,4; 
penU  25,  27;  43,  19;  64,  21;  transierwU  29, 15;  prodierant  20, 10; 
suhierafU  76,  6;  transierafU  27,  21 ;  redissd  51,  11 ;  subissent  70, 16; 
perisse  31,  23. 

SalluetiuB  (Jordan):  internt  Gat.  10,  1;  lug.  18,  3;  or.  Phil. 
19;  introiU  lug.  71,  4;  rediU  lug.  104,  1 ;  iere  lug.  79,  5;  105,  2; 
ifUeriere  lug.  17,  6;  52,  4;  transiere  Gat.  2,  8;  lug.  38,  6;  ierit  or. 
Macri  11 ;  perierint  lug.  31, 2;  ierat  lug.  42, 1 ;  101, 8 ;  abierat  Cat. 
25,  4 ;  lug.  35,  1 ;  äbierant  lug.  62,  7 ;  isse  lug.  22,  4. 

Bei  Li  vi  US  (vgl.  Hildebrand  beitrage  zum  sprachgebrancbe 
des  Livius,  Dortmund  1865,  s.  19  f.),  bei  Gicero  (vgl.  Frohwein 
perfectbildungen  auf  vi  bei  Cicero,  Oera  1874,  s.  8  f.)  und  bei  Ta- 
citus  (vgl.  Sirker  Taciteische  formenlehre,  Berlin  1871,  s.  52  V 
finden  sich  die  perfectischen  formen  von  eo  und  seinen  composiu 
nie  mit  t;,  ausgenommen  ist  nur  eine  einzige  stelle  bei  Tac  ann. 
XI 24,  wo  in  einer  rede  des  kaisers  Glaudius  transivisse  gelesen  wird. 
BKtthner  (ausf.  lat.  gramm.,  Hannover  1877,  I  s.  505)  ftthrt  drei 
stellen  aus  Gicero  an,  wo  t;  beibehalten  sein  soll;  aber  dies  ist  jeden- 
falls ein  versehen:  denn  an  den  angegebenen  stellen  kommt  keine 
dieser  formen  vor.  auch  tritt  nicht  allein  bei  Gicero,  Livius  xm^ 
Tacitus ,  sondern  auch  bei  den  besprochenen  Schriftstellern  llberalll 
in  den  oben  angegebenen  formen  contraction  ein  auszer  an  zwej 
stellen  bei  Nepos :  iisset  (XVII  8,  2)  und  ifUerüssei  (I  3,  4).  aber 
gegenüber  einer  so  groszen  zahl  von  stellen  kommen  diese  drei  ans  t 
nahmen  nicht  weiter  in  betracht,  und  ich  stelle  deshalb  ftlr  dei^ 
schulgebrauch  folgende  regel  auf:  *in  den  perfectischen  formen  vonj 
eo  und  seinen  composita  wird  immer  das  v  ausgestoszen,  und  wenn 
auf  ii  ein  s  folgt,  tritt  immer  contraction  ein',  also :  ti,  isH,  iäy  iimus, 
istis^  ierunt;  ierim;  teram,  issem;  iero;  isse;  ebenso  geben  auch  die 
<^ompo8ita. 

Bremen.  Gael  Waobhbb. 


HSchütz:  zu  Tacitas  Germania.  273 

41. 

Zu  TACITÜS  GERMANIA. 


e.  2:  daaz  die  ▼on  Kritz  gegebene  onterscheidimg  von  advenUis 
aad  ko^püiaz  *atheniU8  sont  peregrinorom  ex  remotis  terris  immi- 
gruitiiim,  katpUia  proximorum  et  confiniam'  unhaltbar  ist,  lehrt 
Mhon  die  ▼ergleichung  mit  c.  40  quaeaumque  (foca)  (idvefUu  hospi- 
tiofM  dignaiur  {Nert^):  denn  die  gGttin  konnte  doch  nicht  zu- 
gleich aog  nahen  und  fernen  Iftndem  kommen,  und  worin  sollte 
lach  der  innere  grund  zu  einer  solchen  Unterscheidung  liegen?  aus 
der  loletit  angeführton  stelle  könnte  man  allenfalls  auf  ein.  tv  biä 
öuoiv  seUieesen,  doch  ist  es  nicht  nötig.  ho9piHiim  ist  die  aufiiahme 
all  gast,  dies  auf  ein  volk  abertragen  gibt  das  verhftltnis  der  öffent- 
itdioi  i^voi  oder  m^toikoi.  sie  sind  idso  auch  advenaej  haben  aber 
m  der  fremde  zugleich  ihre  Wohnsitze  aufgeschlagen  oder  verweilen 
«BBigstens  Ifingere  zeit  daselbst,  dem  entspricht  im  wesentlichen 
die  flbersetznng  Baumstarks  ^eindringen  und  einkehren'. 

ebd.  immensus  üUra  usw.  üUra  wird  von  Kritz  rein  adverbial 
gdifist  *der  weithin  unermessene  Ocean'.  aber  tdhra  ist  nicht 
'vtit]iin\  and  der  zusats,  es  bezeichne  die  weite  entfemung,  die 
ftber  die  bekannten  grenzen  hinausgehe,  weist  von  selbst  darauf 
^1  dasz  man  bei  jenem  üUra  an  eine  bestimmte  grenze  zu  denken 
^.  als  diese  grenze  erkennt  Baumstark  (ebenso  Prammer)  den 
rtoisehen  erdkreis,  ergSnzt  also  (uUra)  orbem  nasirtim^  welches  aus 
dn  folgenden  hier  herbeigezogen  werden  mttsse.  aber  lag  nicht 
■ehoB  das  ganze  eigentliche  Germanien  tdira  orbem  nastrum  im  römi- 
ichea  sinne?  nnd  soll  man  die  begriffsergSnzung  nicht  lieber  aus 
des  vorhergehenden  als  dem  nachfolgenden  entnehmen?  ich  meine, 
<•  iit  «ttra  Crermamam  zu  verstehen,  von  welcher  seite  man  ja  allein 
^^«■snien  sor  see  erreichen  konnte,  dazu  passen  auch  viel  besser 
die  von  Banmstark  angeftLhrten  belegstellen  19  eogüatio  tdira  und 
^.  25  mtmversarum  %dira  gefUium.  —  Zweifelhaft  ist,  wie  adversus 
sn  Acidaliua'  lesart  overstM  liegt  kein  grund  vor)  Oceamts  zu 
seL  Bitter  versteht  'feindselig',  aber  die  offenbare  entgegen- 
ReUng  von  ah  erbe  nosiro  verlangt  die  bedeutung  'antipodisch', 
od  am  die  flbertreibnng  dieses  ausd^ucks  zu  mildem,  ist  ut  sie  dixe- 
fMi  luttzagefElgt« 

ebd«  §  3  für  eandUores  würde  ich  condUarem  vorziehen ;  dann  Iftszt 
*Kh  origo  anf  den  gott  Tuisco  allein  beziehen,  candUar  auf  den  mensch- 
^^<^  heros  Mannns.  das  abstractum  würde  sich  zur  bezeichnung 
^  gölüiflhen  abetammung  vortrefflich  eignen,  so  wftre  beispiels- 
vQse  Bebe  angoy  Assnr  candUar  der  Assyrier;  Mars  crigo^  Bomulus 
"^^däor  der  Bömer.  s.  Liv.  praef.  §  7.  zu  der  weiter  gehenden  ftnde* 
'^  ürliohs'  (rh.  mus.  XXXI  s.  509)  edUum,  originem  genüs  candUth 
'^ftK.  ei  fimtm  JKammm,  Mäimo  usw.  kann  ich  mich  nicht  ent- 
*A!ifHBa,  jedenfalls  wftre  aber  dadurch  zwischen  origo  und  eandiior 

rftr  dM>.  plulol.  1S79  hfl.  4.  18 


274  HSchütz:  zu  Tacitus  Germama. 

derselbe  unterschied  gemacht.  —  eague  vera  ti  afi^iqua  wmma. 
man  streitet,  ob  die  worte  bemerkung  des  Tac.  oder  seiner  gew&hn- 
männer  seien,  also  ob  swü  oder  esse  za  ergänzen  sei.  da  ^e  oratio 
obliqua  nachher  fortgesetzt  wird ,  so  hat  das  erstere  offenbar  seine 
Schwierigkeit,  während  die  bemerknng  seibat  doch  ganz  wie  eine 
des  Tacitus  erscheint,  der  die  namen  Marser,  Oambrivier,  Soeben, 
Vandilier  sehr  gut  kannte  und  oft  anführt,  ich  glaube,  es  gibtbier 
einen  mittelweg,  der  beide  auffassungen  vereinigt:  nemlich  wenn 
man  ohne  alle  ergänzung  que  epexegetisch  nimt  fdr  et  —  qwdm» 
die  gebräuchlichkeit  dieser  kurzen  energischen  wendung  bei  Tadtos 
braucht  nicht  erst  nachgewiesen  zu  werden. 

Das  ende  dieses  cs^itels  bietet  manigfaohe  Schwierigkeiten,  zu- 
nächst ist  das  vom  cod.  Leid,  überlieferte  (auch  von  Halm  beibehal- 
tene) ui  (nunc  Tungri)  dem  ac  der  ttbrigen  bss.  entschieden  Tona* 
ziehen,  der  Schriftsteller  will,  wie  das  folgende  ergibt,  erweisen,  wie 
aus  dem  namen  eines  Stammes  ein  allgemeiner  volksname  geworden 
sei.   die  zuerät  über  den  Bhein  gegangenen  Deutschen,  die  er  als 
einen  besondem  volksstamm  ansieht,  erhielten  den  namen  Oermanen; 
als  dann  dieser  name  allgemein  für  die  Otoamtdeutschen  üblich  ge- 
worden war,  passte  er  nicht  mehr  zur  bezeichnung  jenes  linksrheini- 
schen Zweiges  derselben,  welcher  deshalb  einen  jungem  namen  Tufi^ 
angenommen  hat.    in  id  ist  mithin  die  ähnliche  entstehung  eines 
sondernamens  viel  besser  bezeichnet  als  in  dem  blosz  verknüpfen- 
den acy  welches  obenein  das  Satzglied  in  eine  lose  und  fast  unlogische 
Verbindung  mit  qui  .  .  exputerint  setzt,  während  fä  ganz  richtig  seine 
correlative  Stellung  zu  quoniam  .  .  tunc  vocaii  sM  einnimt.  hat  Tac. 
wirklich  ac  geschrieben,  was  immerhin  möglich  ist,  so  musz  man  die 
änderung  im  Leid,  als  eine  sprachliche  Verbesserung  anerkennen.  - 
In  dem  folgenden  satze  ist  die  von  Eritz  als  ^certissima'  bezeichnete 
emendation  in  (genHs)  statt  tum  aufs  entschiedenste  zurückzuweisen; 
ja  ich  glaube,  ein  solcher  Sprachgebrauch  naiioms  now^tningedis 
(sc.  nomen)  ist  so  ungewöhnlich ,  dasz  man  ihn  nicht  ohne  not  hin- 
eincorrigieren  darf,  wenn  auch  Agr.  39  ähnlich  gesagt  ist:  jprivati 
hominis  nomen  supra  prindpis  atioUu    auch  hat  Acidalius  selbst 
nicht  so  schreiben  wollen,  sondern  in  nomen gentis;  erst  Breuer 
und  nach  ihm  andere  haben  jene  kühnheit  des  ausdrucks  zulttsäig 
gefunden,    wollte  man  aber,  um  die  lästige  Wiederholung  zu  ver- 
meiden ,  nach  der  sog.  locutio  compendiaria  blosz  in  gefUem  lesen, 
so  würde  wieder  eine  Zweideutigkeit  entstehen,    mag  man  inded 
ändern  wie  man  will ,  in  jedem  falle  erfordert  die  erklftrung  eint] 
synonyme  Unterscheidung  von  gens  und  natio^  die  sich  sonst  schwer^ 
lieh  erweisen  lassen  wird,   natio  soll  den  volksstamm,  gens  das  ge^ 
samtvolk  bezeichnen,   für  das  letztere  liesze  sich  das  kurz  vorheri 
gehende  gentis  appeUationes  und  anginem  genJtis  anführen,    allein 
man  vergleiche  10,  5  eins  genJtis  cum  qua  beHum  est^  wo  von  kriege« 
germanischer  stamme  unter  einander  die  rede  ist.   27, 3  nunc  sine/ui 
larum  gentium  instUtäa  usw.  und  sofort  wieder  quae  nationes.   30,  j 


HSchäts:  eu  Tacitiu  Germania.  275 

Hdi  ruma  Ckemseontm  d  Fosi^  eonUrmma  gens.  38,  1  de  Btuhis^ 
ftanm  mm  una  gena;  dann  wieder  sofort  proprüs  nationüms^  in* 
tifiiegmtia  and  3  in  dm  genübus.  39,  4  inüia  genüs  (nemlich  Sue- 
h$nm).  43  ae.  eäerae  Oermanorum  getUes,  45  ae*  Sü<mum  gentea 
A§r.  26  umvenantm  uUra  gtntiwm,  ans  allen  diesen  beispielen  er- 
gibt iidi  daas  eine  derartige  anterscheidung  von  Tac.  nirgends  be- 
abocfatigt  ist.  daher  kann  auch  die  von  £[ritz  herbeigezogene  stelle 
VeU.  n  98,  1  €MNmdii5  eius  gentis  naiiombus  schwerlich  beweiskraft 
babsD,  ramal  wenn  wieder  nmgekehrt  Caesar  &•  0.  YI 16  naiio  amnis 
Gdhnm  und  dagegen  gens  Äüobrogum  ua.  sagt,  der  allgemeine 
apncbgebraoch  wflride  auch  widersprechen:  denn  wenn^€f»  selbst 
&  eiDselne  sippschaft  innerhalb  eines  Stammes  bedeutet,  wie  sollte 
flf  kommm  daaz  es  aUgemeiner  witre  als  das  in  solchem  sinne  nie 
gebrauchte  futHof  der  unterschied  liegt  offenbar  nicht  in  einer  sub- 
nmptioB:  gens  bezeichnet  einfach  die  abstammung  oder  herkunft, 
«Mtia  das  Tolk  oder  den  stamm  hinsichtlich  der  physischen  oder 
oonlischen  raasenunterschiade ,  ist  also  mehr  qualitativ  zu  fassen : 
w  xb.  4  aa.  kurz  ich  halte  non  genHs  für  den  mflszigen  zusatz  eines 
nicbt  nakundigen  erklltrers,  dem  das  obige  gentis  appeUaHanes  vor- 
•ebveben  mochte.  —  Was  nun  den  namen  Tungri  betrifft,  so  ist 
ftttznhalten,  dasz  er  bei  Caesar  noch  nicht  vorkommt,  weder  11  4 
loeb  VI  32 ,  an  welchen  beiden  stellen  er  von  den  linksrheinischen 
T^ttBchaften  spricht,  die  den  gemeinsamen  namen  Oermani  fort- 
nUirea,  während  die  Beiger  zwar  auch  von  jenseit  des  fiheins  ein- 
fwaadert  seien,  aber  von  jen^n  bestimmt  unterschieden  werden. 
TOB  »olchen  (}ermanen  nennt  Caesar  als  die  mächtigsten  die  Ebnronen, 
Bcbea  ihB«n  die  Condrusen,  Caeroesen  (wenn  der  name  so  richtig  ist) 
lad  Psemanen,  auszerdem  VI  32  die  Segner.  bei  der  groszen  ttber- 
cüitimmmig  beider  schriftsteiler  Über  diese  Völkerschaften  selbst 
iB  omehien  (Caesar:  plerasque  Beigas  esse  artos  ab  Ghrmanis  Bhe- 
««ifiie  anüquUus  traducU>s  .  .  ibi  oonsedisse  CfaOosque  . .  expuUsse\ 
Taeitas:  qm  prmi  Shenum  transgressi  OaUos  expul^nt)  wird  man 
fiicbt  ku^ien  können,  dasz  Tac  jene  stelle  des  Caesar  vor  äugen 
9>btbt,  also  dieselben  vier  oder  fllnf  Völkerschaften  gemeint  habe, 
ik  dann  in  der  zeit  zwischen  Caesar  und  Tacitus,  dh.  eben  in  der 
«i,  da  die  rechtsrheinischen  Deutschen  in  ihrer  gesamtheit  als  öer- 
^•Bai  den  fiömem  durch  des  Caesar,  Drusus,  Tiberius,  Oermanicus 
'eUzQge  ent  näher  bekannt  geworden  waren,  den  jttngem  collectiv- 
uaen  Twngri  angenommen  haben,  genannt  werden  sie  noch  Ägr. 
H,  «o  zwei  cohorten  derselben  neben  den  cohorten  der  Bataver  an 
kx  icUacbt  am  mons  Graupins  in  Caledonien  die  entscheidung  her- 
cttfUarcn.  ebenso  werden  hist.  H  14  zwei  tungrische  cohorten  neben 
f^Bcm  reitergeachwader  der  Treverer  unter  den  truppen  des  Fabiua 
y«lAs  erwähnt;  desgleichen  hist,  IV  55  zusammen  mit  den  üblem, 
iV  66  wieder  mit  den  Baetasiem  und  Nerviem.  Plinius  zählt  sie  n.  A. 
I^  1 «  (31)  einfach  mit  vielen  anderen  belgischen  Völkern  auf;  XXXI 
^  ^  spricht  er  von  einer  eisenhaltigen  heilquelle  in  deren  gebiet. 

18» 


276  HSchütz:  zu  Tacitus  Germania. 

der  name  war  nach  aufgebung  der  alten,  nach  Caesarnicht mehr 
vorkommenden  allgemein  gebräuchlich  geworden,  natttrlich  weil  der 
gesamtname  Germani  für  sie  nicht  mehr  passte.   dasz  sie  aber  bei 
ihrem  einfall  in  Gallien  einen  gemeinsamen  namen  {ob  mät$m^  dh.  um 
durch  andeutung  ihrer  einheit  schrecken  &u  verbreiten)  fahrten,  ut 
leicht  erklärlich;  nicht  minder,  dasz  sie  mit  demselben  namen  die 
sämtlichen  zurttckgcbliebenen  verwandten  stamme  umfaszten.  daber 
ist  es  nicht  nötig,  mit  JOrimm  (gesch.  der  deutschen  spräche  s.786, 
Victore  in  victo  umzuwandeln,    dasz  in  dem  namen  etwas  besonders 
erschreckendes  gelegen  habe,  halte  ich  nicht  fttr  nötig;  ebenso  wenig 
dasz  er,  um  auf  die  Gallier  Wirkung  zu  thun,  keltischen  nrsprangi 
gewesen  sein  müsse,  es  genfigte,  den  besiegten  Völkern  zum  bewnst- 
sein  zu  bringen,  dasz  sie,  die  sieger,  einer  groszen  Volksgemeinschaft 
angehörten,  offenbar  hat  Tac,  indem  er  den  namen  fttr  einen  special- 
namen  ansah,  ihm  nicht  eine  allgemeinere  appellative  bedeutung  geben 
wollen;  wie  wenn  Strabon  VII  s.  290  ihn  aus  der  lateinischen  spräche 
erklärend  durch  TvriciGi  (nemlich  faXdiTai)  wiedergibt,  als  hätten  sie 
damit  zwar  ihre  Stammesverwandtschaft  mit  den  Galliem  zogegeben, 
sich  selbst  aber  fttr  die  echten  (unverfälschten)  ausgegeben,   wenn 
sie  diesen  namen,  so  erklärt,  selbstverständlich  nur  von  Lateinern 
erhalten  konnten ,  so  ist  anderseits  mit  den  deutungen  als  'wehr- 
mannei'  oder  ^ungestüme  krieger'  usw.  auch  nicht  viel  gethan.  da- 
gegen ist  es  bedeutsam,  dasz  die  ersten  von  Deutschland  in  den  nor 
den  Galliens  eingedrungenen  deutschen  eroberer  ebenso  hieszen,  wie 
die  am  ende  des  dritten  jh.  vor  Ch.  den  Galliem  Oberitaliens  zu  hilf« 
geschickten  Völker,  welche  nach  Polybios  11  22  b\ä  tö  fitcOoG  apa- 
T€U€iv  den  beinamen  'Gaesaten',  dh.  reisläufer  oder  Landsknechte, 
ftthrten  (1TpocaTopeuö^€VOl).  wenn  sie  nun  erst  in  Italien  so  genannt 
wurden,  wo  sie  um  sold  dienten,  so  wttrde  ihr  eigentlicher  naoit^ 
Germanen  gewesen  sein,   wie  soll  man  sich  aber  den  zufall  erklftren, 
dasz  Kelten  zwischen  Alpen  und  Rhone  ebenso  hieszen  wie  ein  in 
verschiedene  einzelne  stamme  geteiltes  deutsches  volk?  das  wunder- 
liche ist  beseitigt,  wenn  man  sich  Mommsens  ansieht  (röm.  gesoh- 
lt s.  561)   ansdüieszt,  dasz  diese  Germanen  oder  Gaeaaten  schon 
Söldner  der  rhonischen  Kelten  gewesen  seien,    sie  waren  aldO  — 
und  zwar  ohne  zweifei  aus  Deutschland  —  ebenso  als  hilfsvölker 
und  bundesgenossen  herbeigezogen,  wie  nach  Caesars  bericht  andert- 
halb Jahrhundert  später  von  den  Sequanem,  dh.  ziemlich  in  den- 
selben gegenden ,  die  snebischen  oder  marcomanischen  heerscharen 
unter  Ariovist;  und  man  mag  sie  dann  bereitwilligst  nach  Italien 
geschickt  haben,  um  sich  ihrer  wieder  zu  entledigen,   denn  die  rcr- 
suche  der  Deutschen  in  Gallien  sich  anzusiedeln  reichen  ja  in  viei 
f rtthere  zeiten  hinauf  als  die  Caesars  und  selbst  der  Cimbem.  ist  dcui 
aber  so,  so  könnte  der  name  Germanen  doch  wol  deutschen  urspruui.n 
und  mit  dem  keltischen  der  Gaesaten  gleichbedeutend  sein,  jedeiv 
falls  irrt  Tacitus ,  wenn  er  ihn  ffir  den  specialnamen  eines  stamme: 
ansieht ;  das  ist  er  noch  weniger  als  die  namen  der  Sueben  und  Mar 


HScfaütc:  zu  Tacitns  Germania.  277 

comuieo,  obgleich  dieselben  Ton  Caesar  &•  (r.  I  51  in  einer  linie 
mitHarDden,  Tribokem,  Vangionen,  Nemetem  und  Sedosiem  anf- 
geftkrt  werden,  knrz,  auf  die  ganze  dedaction  des  Tac.  ist  nicht 
riel  za  geben,  nnr  das  steht  fest,  dasz  die  hier  erwilhnten  völker- 
sdttften  längere  zeit  den  —  doch  wol  heimischen  —  gesamtnamen 
Gtnnanen  geiUirt  haben,  bevor  sie  den  localen  der  Tangern  an- 
uhmen.  und  dieser  ?erlaaf  ist  ja  der  allein  natorgemftsze. 

t,3neetamvoeisülequamfMiäi8C(mcentusvidetur.  nachdem 
äcM  schöne  yerbesserang  von  Rhenanns,  die  sich  auch  im  cod.  S 
äsdet,  in  die  meisten  and  bedeutendsten  aasgaben  übergegangen  ist, 
befremdet  es  dasz  nicht  nur  Eritz ,  sondern  aach  Baumstark  za  der 
Ttfdorbenen  leaart  der  meisten  hss.  .  .  voees  iüae  . . .  videntur  za- 
rfickgekehrt  sind,  wenn  Tac  wirklich  sagen  wollte ,  jene  lieder  be- 
fttladen  nicht  sowol  ans  gesungenen  Worten  als  aus  einem  harmoni- 
seben  (oder  disharmonischen?)  geschrei  ohne  worte,  so  würde  das 
sebwer  zom  obigen  passen ,  wo  ausdrücklich  camUna  erwähnt  sind. 
&ber  Mch  der  aasdruck  videntur  wäre  sonderbar.  Tac.  muste  ent- 
weder, wenn  er  bestimmt  wüste  dasz  es  lieder  ohne  worte  waren, 
f*nt  statt  videntur  sagen,  oder  wenn  er  davon  nur  darch  hörensagen 
o^hren  hatte,  dicuntur.  in  videri  ist  gesagt,  welchen  eindruck  der 
gumg  {conoentus)  hervorbringe ;  der  gegensatz  liegt  nur  in  vox  und 
rirfitf,  nicht  in  vox  und  conoentus:  in  dem  rauhen,  wilden  schrei 
aaebt  sich  die  stürmische  kriegslust  luft,  und  das  ist  im  folgenden 
Biber  beschrieben.  —  Oleich  darauf  hat  zu  meiner  Verwunderung 
ucaand  an  tu  hunc  Oceanum  anstosz  genommen,  hie  Oceanus 
(Suite  nicht  den  Ocean  bezeichnen,  von  dem  nicht  hier  —  wie  Kritz 
neiat  — ,  sondern  zu  anfang  des  vorigen  cap.  die  rede  gewesen  ist. 
liefet  man  dennoch  so,  so  würde  ohne  zweifei,  wie  oben  ah  orbe 
Mtfro,  das  rOmische,  idso  Mittelmeer  zu  verstehen  sein,  von  dem  aus 
niB  doch  nicht  nach  Germanien  gelangen  konnte,  ich  glaube,  man 
bu  m  illum  Ooeanum  zu  lesen,  dasz  hie  auch  sonst  auf  römische 
fcrblltnisae  zu  beziehen  ist,  wenn  der  sinn  nicht  von  selbst  etwas 
vderes  verlangt,  dafür  s.  auch  c.  10  et  ülud  quidem  etiam  hie  notum^ 
vo  sinnwidrig  Kritz  (and  Baumstark,  wenn  er  meint,  es  wäre  da- 
^  saeh  «Die  möglich)  versteht  in  Oermaniay  während  Tac.  sagt,  die 
propbezeiongen  aus  den  stimmen  und  dem  flug  der  vögel  hätten  die 
'yomanen  mit  den  Römern  gemein. 

c  5 :  statt  non  in  älia  vilitate  Ui  von  Bhenanus  fälschlich  nobi- 
**ftei€  conjiciert,  während  die  lesart  der  schlechteren  hss.  utiUtate  von 
Kritz  in  sehr  wunderlicher  weise  verteidigt  wird,  er  widerspricht 
^>bä  sieh  selbst:  denn  wenn  silberne  gefksze  non  in  oZta,  also  in 
*9irm  utmtaie  sind  wie  thöneme,  so  mttssen  sie  doch  wenigstens  in 
V«  lein;  vorher  aber  erklärt  Kritz  die  worte  poseessione  et  usu  haud 
l^rirndt  affiemntur^  allerdings  falsch  'possessionem  quidem  non 
rtipaimt,  asn  tamen  non  gaudent'.  mit  recht  haben  Haupt,  Halm  ua., 
ueh  Hirsehfelder  in  der  neuen  bearbeitung  von  £[ritz*  ausgäbe,  die 
tttt  unbedingt  eine  'emendatior'  nennen  darf,  an  vüitate  nicht  ge- 


278  HSchütz:  zu  Tacitas  Germania. 

rüttelt.  Tac.  sagt:  die  silbernen  gefftsze  haben  für  sie  denselben  ge- 
ringen wert  wie  thöneme.  sie  besitzen  zwar  welche  und  gebraachen 
sie  dann  auch,  nicht  wie  in  Rom  znr  schanstellnng,  sondern  ohne 
unterschied  wie  das  übrige  hausgeräth.    daher  konnte  er  oben  mit 
recht  sagen :  'auf  besitz  und  gebrauch  geben  sie  nicht  eben  (nicht 
sonderlich)  viel.'    von  einer  vergleichung  aber  zwischen  postessio 
und  fisus^  die  Eritz  annimt  (wfthrend  Baumstark  zwischen  drei  auf- 
fassungen  schwankt) ,  ist  schlechterdings  nicht  die  rede,    dasz  haud 
perinäe  diesen  absoluten  sinn  haben  kann,  beweist  namenüicfa  Sneton, 
zb.  Tib.  52  ne  mortw>  quidem  perinde  affeäus  est  ^selbst  sein  tod  be- 
rührte ihn  nicht  sonderlich'.   Qalha  13  nan  perinde  grains.  ÄugM 
non  perinde  välehat.    so  auch  Tac.  Agr,  10  perhtbeiu  ne  veniis  qui- 
dem perinde  (so  Grotius  st.  proinde^  von  Wex  und  Halm  aufgenom- 
men ,  wiewol  prainde  ohne  zweifei  ebenso  gebraucht  werden  kano, 
da  beide  worte  sich  nur  unterscheiden  wie  absolutes  und  relatives, 
der  bedeutung  von  per  und  pro  entsprechend)  attotti.    ann.  11  B8 
haud  perinde  cdehris  (sc.  acpar  est),  natürlich  liegt  diesem  gebraocb 
überall  eine  versteckte  vergleichnng  zu  gründe;  so  hier  mit  anderen 
Völkern,  besonders  den  habsüchtigen  Römern,  gleichsam  zur  probe 
für  die  richtige  auffassung  von  ustts  und  vüitas  steht  am  ende  det 
cap.  .  .  lisui  est  promiscua  ae  vtUa  mercantibus.    and  umgekehrt 
scheint  das  obige  afficiuniur  ein  beweis  dafür  zu  sein,  dasz  auch  am 
schlusz  affectione  zu  lesen  ist,  nicht  mit  den  besten  hss.,  denen  nach 
Kritz  auch  Hirschfelder  gefolgt  ist,  affectaiione,  die  vergleichnng  mit 
28,  5  lehrt  gerade  im  gegenteil,  dasz  dies  wort  dort  eine  ganz  andere 
bedeutung  hat  als  die  hier  erforderliche,    dasselbe  ergibt  sieb  aus 
c.  37  GäHias  affeäavere,  desgl.  aus  c  3  affedatur . . .  asperiias  s(mu 
An  dieser  stelle  steckt  aber  ein  gröberer  fehler  in  argentwn 
quoque,   auf  den  meines  Wissens  noch  kein  hg.  aufmerksam  ge- 
macht hat.   was  soll  hier  quoqt^e?  als  wenn  sie  auch  etwas  andere> 
auszer  dem  silber  dem  golde  vorzögen,    davon  ist  nichts  gesagt, 
oben  heiszt  es  nur,  dasz  die  dem  Rhein  zunftchst  wohnenden  Völker* 
Schäften  gold  und  silber  zu  schfttzen  gelernt  haben  und  römisches 
geld  im  verkehr  annehmen,   wenn  Gerlach  übersetzt  'auch  trachten 
bie  nach  silber  mehr  als  nach  gold',  so  müste  das  heiszen  eidem  oder 
etiäm  magis  st.  quoque,  es  läszt  sich  auch  nicht  annehmen,  dasz  vor- 
her unter  pecunia  nur  goldenes  geld  verstanden  sei,  dem  nun  mit  ar- 
gentum  quoque  das  silberne  noch  hinzugefügt  sei.   erstens  müste  es 
dann  heiszen  *  u  nd  z  w  ar  mehr  als',  also  et  magis  quidem  oder  magis- 
que;  sodann  lehrt  Plinius  XXXIII 3  (13)  bestimmt,  dasz  die  hier  er- 
wfthnten  münzsorten  silberne  gewesen  seien:  notae orgenH  fuertbigat 
atque  quadrigae  ei  inde  higaii  quadrigatique  dieti.   endlich  dasz  man 
hier  unter  argentum  nicht  etwa  vasa^  sondern  wirklich  geld  zu  ver 
stehen  habe,  lehrt  unten  der  ausdruck  numerus  argeniearum,  kurz 
quoque  ist  verderbt:  es  musz  einfach  argenhimque  heiszen,  was  sieb 
eben  vortrefflich  als  erklftrung  an  die  genannten  serraü  bigatiqitt 
anschlieszt. 


HSchfits:  zn  Tacitos  Germania.  279 

e.  6,  3  phnraque  haben,  so  viel  ich  sehe,  alle  hgg.,  und  doch 
biet«  andere  hss«  das  viel  bessere  pfura.  jenes  que  läszt  sich  nur 
«pa^getisch  fiiasen  für  et  quiäem^  wie  es  auch  Baumstark  thut.  nun 
ib%t  aber  wieder  atque  {in  imimensium  whrani) ,  das  ebenfalls  sich 
nr  epexegeiisch  nehmen  Iftszt;  und  dies  dem  Tac.  zuzutrauen  ist 
dock  n  Viel ,  wenn  die  hilfe  so  nahe  liegt,  will  man  plwra  nicht 
(wmm  aber  nicht?),  so  musz  entweder  pleraque  gelesen  oder  mit 
beibehaltong  Tcm  phurcuiue  nachher  eaque  statt  cUgue  gesetzt  werden, 
flfarigeiis  ist  in  vor  immensuim  im  Leid,  von  anderer  band  ttberge- 
icbxieben:  Bitter  schlieszt  daraus  mit  recht,  dasz  es  zu  streichen  sei. 
dsflir  finden  sich  gerade  bei  diesem  werte  viele  beispiele,  von  denen 
freQicb  ann*  m  30  iimmensum  viguU  nicht  ganz  analog  ist.  den  auch 
TOB  anderen  angeführten  fflge  ich  hinzu  ctäemum  st.  in  aetemum 
OB.  m  26.  Xn  28  ua.  es  sind  hauptsächlich  locale  und  tempo- 
rale adjeetiva,  die  so  gebraucht  werden,  um  eine  dauer  oder  eine 
Krade  zu  bezeichnen. 

c  7  ae.  unde  feminarum  ültUattis  audiri.  wenn  Baumstark  zur 
reditfertigung  dieses  inf.  bist,  zwei  andere  stellen  des  Tac.  herbei- 
üeht,  80  hat  er  damit  nichts  erreicht.  Agr.  34  zunächst  kann  sowol 
fWre  als  ruire  verstanden  werden,  und  für  jenes  entscheiden  sich 
wol  die  meisten  hgg.,  die  nicht  etwa,  wie  Wex,  eine  andere  form 
luBttocorrigieren.  aber  selbst  der  inf.  liesze  sich  hier  als  bist,  er- 
tzagen,  wie  ja  sofort  das  demselben  analoge  impf.  pdUbaniur  folgt 
öam  dasB  an  sich  ein  in£  bist,  mit  quo  modo  verbunden  werden 
kOase,  so  gnt  wie  mit  posiguam^  zb.  ann.  III  26,  wo  völlig  ent- 
iprechend  erat  esmi  und  dann  incedehat^  oder  mit  w&i,  zb.  ann.  11  4, 
«0  wieder  erat  minüaH  und  nachher  sumendum  eraty  das  leugnet 
«ol  niemand,  allein  es  musz  doch  die  historische  bedeutung  auch 
aOgtieh  sein,  wie  denn  an  allen  jenen  stellen,  auch  Äffr.  34  (ob- 
gioch  dort  Wex  pdU  9olent  st.  peUebaniur  vorschlägt)  nach  Spengels 
riditiger  erklämng  kein  allgemeiner  gedanke  vorliegt;  hier  wflrde 
ÖM  Tertanscbnng  von  audiri  mit  audiehatu/r  unmöglich  sein,  was 
«bcr  Banmstark  fdt  eine  zweite  stelle  äM.  30  meint,  ist  mir  nicht 
kkr:  denn  tiMiMiiere  findet  sich  im  ganzen  cap.  nicht,  nur  zu  anfang 
wtüwtfur  ohne  Variante,  vielleicht  \kt  er  in  der  mitte  des  cap.  refenre 
^nmai,  welches  st.  refert  vom  Leid.  pr.  m.  und  Farn,  geboten  wird, 
«ad  wofftr  Bitter  refenre  euscepü  vermutet,  indes  selbst  dort  würde 
^ent  sidi  noch  eher  verteidigen  lassen,  weil  wenigstens  von  einer 
Togagenen  handlnng  die  rede  ist;  aber  der  fehler  liegt  ja  auf  der 
kasd,  und  auch  der  grund  des  entstehens,  indem  die  unmittelbar 
Mgeaden  Infinitive  der  or.  obl.  dii^ciesey  hausisee  usw.  den  Irrtum 
MaigefUirt  haben.*  die  rechtfertigung  des  inf.,  die  B.  versucht, 
>ailiA  ans  einer  'rohen  ftrt  des  Vortrags',  die  bei  den  vielen  un- 
ngdmäaiigkeiten  des  Tac.  nicht  befremden  dürfe,  ist  völlig  von  der 

'  ich  fttrehte  nicht  dasi  jemand  Oerm,  80  die  iafiniiive  praiponerej 
«<fcv«  aMw  aaw.  als  historische  anführen  werde;  sie  sind,  wie  Kriti 
^ukt.  Unter  appoaita  sn  wuiHum  raiiofdt. 


280  HSchütz:  zu  TacituB  Germania. 

hand  zu  weisen,  um  von  anderen  erkl&rangen  abzusehen ,  ftihre  ich 
nur  an  dasz  Madvig  audiunt,  Nipperdey  und  Eritz  audUwr  com- 
gieren ;  doch  kann  ich  auch  ihnen  nicht  beistimmen,  schon  weil  hier 
nicht  eine  thatsache  erzählt,  sondern  eine  Sachlage  geschildert  wird, 
die  sich  nur  wiedergeben  läszt  durch  'ist  zu  hören*,  eher  wftre  der 
conj.,  entweder  audiaa  nach  Wöl£flin  oder  audiatU  nach  Hirschfelder, 
zu  ertragen;  und  auch  Bitter  kommt  dem  richtigen  sinne  nfther, 
wenn  er  audiri  ganz  verwirft,  indes  wie  dies  von  einem  halbgeiehr- 
ten  leser  als  glosse  habe  beigeschrieben  werden  können,  verstehe  ich 
nicht:  ein  solcher  wftre  wol  auf  atidiri  Ucet  verfallen,  aber  nicht  auf 
audiri  allein,  kurz  ich  vermute,  es  ist  est  au  dir  e  zu  schreiben ', 
gerade  so  wie  c.  5  e^  videre ;  und  dasz  diese  dem  griechischen  ent- 
sprechende Wendung  nicht  nur  dichtem,  wie  Horatins  und  Vergilius, 
sondern  schon  dem  Livins  und  dann  den  sp&teren  prosaikem  eigen 
ist,  bedarf  keines  nachweises.  vgl.  indes  bei  Tac.  noch  ann.  XVI 34 
ut  coniedare  erat  intentione  voUus,  den  ausfall  von  est  nach  uhdatus 
wird  jeder  begreiflich  finden. 

c.  8  nohües  ist  auf  grund  der  änderung  des  Leid,  von  Hanpt, 
Halm ,  MüUenhoff  meiner  meinung  nach  mit  vollem  recht  in  nuibües 
verwandelt  worden,  was  Kritz  dagegen  sagt,  es  habe  bei  der  Stellung 
von  Jungfrauen  als  geisein  nicht  darauf  ankommen  können,  ob  sie 
mannbar  waren  oder  nicht,  verräth  eine  schiefe  auffassung  der  sache: 
als  ob  nicht  für  die  keuschheit  (und  gerade  darum  handelt  es  sich 
hier  augenscheinlich)  der  mannbaren  mehr  zu  besorgen  gewesen 
wftre  als  der  unerwachsenen,  nobües  dagegen  ist  mttszig :  denn  wer 
wird  andere  geisein  fordern  als  aus  den  edlen?  wenn  Hirschfelder 
nohües  noch  durch  hinweisung  auf  hist,  lY  28  zu  schützen  sucht,  so 
begründet  dort  der  Superlativ  einen  wesentlichen  unterschied,  an 
sich  soll  ja  nicht  geleugnet  werden,  dasz  ohsides  nobües  vorkommen ; 
es  handelt  sich  nur  darum,  was  hier  passender  ist. 

c.  10  publice  aJuntur  isdem  nemorihus.  ThKock  verwirft  in  dem 
progr,  des  gymn.  von  Memel  1864  isdem  ^  übergeht  aber  die  einzig 
richtige  und  mögliche  erkl&rung.  es  sind  nemlich  die  c.  9  ae.  schon 
erwfthnten  lud  ac  nemora  gemeint,  man  wende  nicht  ein ,  dasz  es 
nicht  möglich  sei  nach  einem  so  groszen  Zwischenraum  auf  die  obigen 
Worte  durch  idem  hinzuweisen,  alle  heiligen  handlungen,  die  im  an- 
fang  dieses  cap.  beschrieben  werden,  also  die  au^^ida  et  sortes,  wer- 
den ja  in  den  heiligen  hainen,  die  statt  der  tempel  dienen  (c.  9), 
vprgenommen.  die  coigectur  Eocks  üs  deum  oder  in  deum  sieht  ver- 
lockend aus,  ist  aber  überflüssig. 

c.  12  sed  et  levioribus  ddidis  , .  muUantur.  zunftchst  bildet  das 
ganze  6inensatz,  wfthrend  die  meisten  hgg.,  Acidalins'  coigecturj^ena 
annehmend,  zwei  sfttze  daraus  gemacht  haben,  die  unverbunden  neben 

*  nachtrilglich  »ehe  icb,  dasz  schon  MShIy  so  vermatet  bat.  (|a 
ich  seine  begriindang  dieser  conjector  nicht  kenne,  so  habe  ich  die 
meinige  nicht  'nnterdrüeken  wollen,  die  verbesaemng  seibat  ist  mir 
nur  um  so  glaabwürdiger. 


HScIliiiE:  zu  Tadtos  Germania.  281 

aaiader  stehen.  6uieii  satz  erkennt  auch  Banmstark  an ,  hat  aber, 
M  vid  idi  sehe,  die  conainiction  nicht  richtig  aufgefiaszi,  wenn  er 
TV  Imorüms  ddidis  die  prftp«  in  ergänzt.  Oerlach  leugnet  dasz  dies 
TOfi  comviäi  abhingen  kOnne.  daaz  die  Wortstellung  kühn  sei  ist  zu- 
ageboi;  aber  ich  sehe  nichts  was  mit  der  richtigkeit  derselben  im 
videnproch  stände,  warum  amvidi  von  levioribus  ddiäis  getrennt 
isti  liegt  ziemlich  klar  vor  äugen,  die  ddida  leviara  mu s ten  voran- 
geitoQt  werden,  weil  sie  durch  et  mit  den  vorher  besprochenen 
Mhvtreii  sedera  und  flagüia  verglichen  werden  sollten;  convidi 
koute  wieder  von  miätamiur  nicht  wol  getrennt,  muste  also  ans 
ende  verlegt  werden,  demnach  blieb  für  die  übrigen,  die  strafe  be- 
xaeksenden  worte  eine  andere  als  die  mittelstellung  nicht  übrig, 
dft  ne  nach  muUaniur  doch  nicht  gebracht  werden  durften,  über- 
dies fthrt  der  sinn  von  selber  auf  die  lesart  sämtlicher  hss.  denn 
ücht  darin  liegt  die  neuheit  dessen  was  hier  hinzugefügt  wird,  dasz 
uch  die  geringeren  Vergebungen  nach  masz  bestraft  werden ;  das 
^«nteht  sieh  teils  von  selbst,  teils  ist  es  mit  den  werten  distinäio 
/wweriiw  ex  ddkio  eben  zur  genüge  gesagt  vielmehr  handelt  es 
iidi  nfort  um  das  straf  masz,  welches^  während  die  schweren  ver- 
bncher  den  tod  erleiden ,  in  einer  busze  an  pferden  oder  kleinvieh 
bcfteht;  was  zu  berichten  sich  verlohnte,  weil  es  gegen  das  recht 
ud  die  gewohnheit  der  BOmer  verstiesz.  so  ist  denn  gegen  die  ver- 
MsdoBg  pro  modo  poenarum  nichts  einzuwenden,  natürlich  für  alle 
ieichteien  vergehen  besteht  ein  viehgeld  als  strafe;  wie  aber  die 
vergehen  selber  verschieden  sind,  so  auch  das  masz  der  dafür  be- 
stimmten strafen;  und  deshalb  wird  nachher  auch  equorum  .  .  nu- 
Meroi  nicht  einfach  equis  gesagt. 

e;  13  haee  digmUu  .  .  praesidkim.  die  auffassung  ist  verschie- 
<^,  je  nachdem  man  mit  Kritz  die  ersten  worte  bis  vires  durch  ein 
-cmikolon  von  den  übrigen  trennt  oder  mit  Haupt  ua.  den  satz  bis 
vamdari  ausdehnt  das  richtigere  ist  freilich ,  gar  kein  Semikolon 
n  Mtien,  wie  Halm  ua.  thun.  denn  inpace  decus^  in  heHo  praesidium 
•it  nicht  ein  satz  für  sich,  auch  nicht  prädicatsbestimmung  zu  etr- 
cMidori,  wie  Eriti  will,  sondern  eine  dem  Tac.  eigentümliche  satz- 
Wwition,  die  meist  eine  finale  bedeutung  gewinnt  so  c.  16  8%Mfn 
<l^ii»g^dommmspaiiocircmndaiySiveadver8U8C€^ 
Moe  osw*  so  riel  wie  td  sU  remedium.  gleich  darauf  solfti^  .  .  specus 
^9fnn . .  Muffugium  hkmi  ei  recepiaculum  frugibua. 

c.  14  non  nisi  vi  beUoque  tueniur,  die  lesart  schwankt  zwischen 
•  tMflhir  [<iieaii<tir]  und  tueare.  dasz  dies  letzte  nicht  genügt ,  gebe 
^  gen  zu;  aber  die  beiden  ersten  lassen  sich  vielleicht  noch  weni- 
^  halten.  Kritz  sagt,  es  besiehe  sich  das  gesagte  nur  auf  die  häupt- 
^<*gt  der  Ckrmanen,  die  eine  gefolgschaft  haben,  in  derselben  weise 
^4  Yorker  dareeewU  gesagt  sei.  aber  dies  dareecunt  gilt  ja  den 
*«^ik$  ^ditkteenies^  nicht  den  fürsten;  und  sofort  heiszt  es  wieder 
^  'U  den  Jünglingen,  ohne  Setzung  eines  neuen  subjects,  dasz  sie  von 
^  freigebigkeit  des  fürsten  ein  kriegsros  usw.  fordern,   auch  kann 


282  HSchiits:  zu  Tacitu«  Germania. 

man  nicht  tuerUur  allgemein  dorch  ^man'  übersetzen ,  fllr  welches 
nach  Baomstark  tueare  in  gleichem  sinne  eingesetzt  sei«  ich  gUabe 
dasz  hier  eine  weiter  gehende  oorraptel  vorliegt:  entweder  ist  915 
heüumque  tuetur  oder  vi  bdhque  tueri  licet  zn  schreiben. 

c.  15  nan  muUum  venatUms  ist  von  allen  hss.  überliefert,  tod 
Lipsins  aber  nan  gestrichen,  weil  es  mit  der  bekannten  stelle  Csessn 
h,  G,  IV  1  (SWeM)  muUum  sunt  in  venatümünts  nnd  VI  21  vita  tmm 
in  venatianihus  .  .  coMislii  streitet  die  neueren  bgg.  folgen  ihm 
grOstenteils ,  wtthrend,  nm  von  anderen  abzusehen,  Baumstark  und 
Hirschfelder  non  mit  richtigen  gründen  verteidigen,  diesen  bei- 
stimmend füge  ich  folgendes  hinzu :  Tac.  leugnet  gar  nicht  dasx  die 
Germanen  sich  überhaupt  mitder  jagd  beschäftigt  haben;  es  handelt 
sich  nur  darum ,  ob  sie  im  frieden  mehr  jagten  oder  auf  der  biren- 
haut  lagen,  darüber  aber  konnte  zwischen  ihm  und  Caesar  leicht 
eine  differenz  der  ansieht  obwalten;  ja  es  scheint,  als  ob  Tac.  aaf 
jene  stellen  Caesars  absichtlich  rücksicht  genommen  und  ihnen  mit 
bewustsein  widersprochen,  wenigstens  eine  engere  begrensnng ge- 
geben habe,  wie  viele  verschiedenhexten  finden  sich  auch  sonst  in 
der  auffassung  beider  Schriftsteller!  femer,  wenn  Tac.  sagen  wollte, 
sie  hätten  sich  viel  mit  jagd  beschäftigt,  so  sollte  man  sowol  hier 
als  c.  17,  wo  von  den  pelzen  wilder  thiere  die  rede  ist,  ein  etwas 
näheres  eingehen  darauf  erwarten,  statt  dessen  tadelt  er  nur  ihre 
trägheit:  fartissimus  quisque  ac  hdlioosisHmus  nihü  agens^  ddegcia 
domus  et  penatium  ä  agrarum  cura  feminis  eembusque  et  if^inrnssmo 
cuique  ex  famüia^  ipsi  hebent  usw.;  und  c.  17  totes  dies  iugia  foctm 
aigue  ignem  agunt.  ein  so  herber  tadel  liesze  sich  mit  einem  eifrigen 
jägerleben  nicht  zusammenreimen ,  wie  Baumstark  richtig  ausf&hrt. 
endlich  ist  nicht  zu  fibersehen,  dasz  der  ausdruck  selbst  auf  non 
muttttfn,  nicht  auf  nnUtum  führt.'  denn  jenes  i>Itf5  lässt  als  gegen- 
satz  offenbar  Venig'  erwarten,  nicht  *viel'.  sollte  aber  in  miil^uiii 
—  plus  eine  blosze  Steigerung  ausgediückt  werden,  so  würde  ein 
etiam  kaum  zu  entbehren  sein;  man  müste  denn  eben  alles  mit  der 
Taciteischen  härte  und  kürze  rechtfertigen  wollen. 

c.  16  quaeäam  loca  düigentius  iUinunt .  .  imitetur.  das  hier  so 
vielfach  angefeindete  wort  oolorum^  für  welches  Haupt  und  Nipper- 
dey  locorumy  Eöchlj,  dem  auch  Halm  folgt,  corpan$m  vermuteten, 
ist  mir  gar  nicht  aufftllig.  denn  Tac.  will  offenbar  sagen ,  die  Ger- 
manen hätten  durch  jenen  erdanstrich  etwas  einer  Wandmalerei  — 
pictura  —  ähnliches  erreicht,  wenn  es  auch  eine  wirkliche  maler^i 
nicht  wäre,  dasz  imitari  diese  bedeutung  hat  für  imitando  expnmert, 
effingere^  ist  bekannt,  und  dies  wird  durch  den  zusatz  zupidwa^ 
nemÜch  Uneamenta  ooUmum^  näher  bestimmt:  denn  damit  soll  die 
pii  der  pictura  genauer  erklärt  werden,  dasz  sie  nemlich  aus  blossen 
farbenumrissen,  also  dem  contrast  der  verschiedenen  grellen  färben 
bestanden  habs,  ohne  wirkliche  figuren  darzustellen,  bei  dieser  ein- 

'  gans  analog  22,  2  raro  eamnciii,  saepiui  eaede  nsw. 


HSchdtz :  in  TaoitnB  Germania.  283 

UAmt  aUSiung  befremdet  nur  der  sing.  imUetur,  wenn  Baumstark 
menit,  das  snbject  sei  ttrra  und  imUtni  beisze  *nahe  kommen,  fibn- 
M  sein',  so  modificieri  er  seine  erklftmng  docb  nnwillkürlicb  so, 
dtti  er  naebber  sagt,  die  loca  terra  UlUa  bekttmen  ein  aasseben  wie 
g«Dllde,  also  nicbt  die  erde,  die  nur  mittel  dazu  ist.  aucb  sind  es 
nidit  einnial  die  rftume  selbst ,  vielmebr  der  austrieb  allein ,  der  ein 
soldies  anseben  bekommt  daraus  würde  sieb  ober  ergeben ,  dasz 
mti  dis  allgemeine  subject,  das  aus  dem  ganzen  vorangebenden  satze 
eitnommen  werden  kann,  zu  ergSnzen  babe,  also  ^es  abmt  nacb', 
Donlidi  der  anstricb.  aber  icb  ftlrebte  dasz  eine  solcbe  ausdrucks- 
wfiie  nidit  nur  unverstSudlicb ,  sondern  geradezu  unlateiniscb  sein 
fflSebte;  es  müste  in  diesem  falle  wol  res  eingesetzt  werden,  icb 
neiBe  daber  dasz  wie  zu  üUnunt  und  ebenso  zu  dem  vorangebenden 
läwäur  und  folgenden  soUnt  usw. ,  so  aucb  bier  nur  Germani  sub- 
ject sein  kann,  also  imUentur  gescbrieben  werden  musz,  was  ja  aus 
mißhtr  so  leicbt  in  imUäur  verdorben  werden  konnte,  übrigens 
geftUt  mir  aucb  Ua  vor  pura  nicbt  recbt.  war  denn  die  reinbeit  und 
<kr  glans  der  erde  der  einzige  und  eigentlicbe  grnnd ,  dasz  der  an- 
strich einem  gemftlde  nabe  kam?  die  folgerung  gescbiebt  vielmebr 
SOS  dem  ganzen  satze  quaedam  loca  . .  f0munl,  nicbt  aus  den  bloszen 
«pHfaeta  pura  ac  apleHdefrie*  ist  dem  aber  so,  dann  musz  üa  fallen 
öd  mit  richtigerer  interpunction  der  satz  lauten :  quaedam  loca  düi- 
^mtmiOmmd  terra  pura  ac  sptendente:  ut .  .  imUentur. 

e.  17  partemque  vettUus  superioris  '(sie  verlängern  nicbt)  einen 
teil  des  obergewandes  in  ermel.'  welcben  denn?  partem  konnte  m 
^mn  Verbindung  nicbt  ebne  bestimmung  bleiben,  es  ist  wol  mit 
Petras  Voesins  superiorem  zu  lesen. 

c  21  die  werte  victus . . .  comis  bat  nocb  neuerdings  Baumstark 
retten  wollen,  ja  sie  vortrefflicb  gefunden,  icb  meine  Bitter  bei- 
stimmen zu  müssen,  dasz  es  vergeblicbe  mübe  ist  einen  mobren  weisz 
n  waschen,  keine  eonjectur,  auch  nicbt  die  sonst  so  anmutende 
Ton  Tiadimann  vindum  inter  hospUes  comUae  oder  die  von  Tross 
riäiti  Mer  owmes  panier  commums*^  nocb  aucb  Versetzung,  wie 
>3e  Tkiersdi  na.  vorgeschlagen ,  haben  ansprucb  auf  wabrscheinlicb- 
^tit  Bneeti  hat  zuerst  die  werte  als  unecht  notiert,  Bitter  weist 
i^  entrtehnng  aus  einer  beigescbriebenen  inbaltsangabe  so  klar 
■eh,  da»  aa  mir  am  vorsichtigsten  scheint,  sie  als  solcbe  unver- 
ladert  cinzaklammem. 

c.  S3:  dasz  die  werte»  erffo  deteda  . .  retraotatur  einen  einzigen 
nti  hilden,  also  die  interpunction  nach  mens  (Halm  setzt  sogar  ein 
l^setam)  zu  streichen  ist,  erkennen  mit  Haupt  und  Müllenboff  von 
^  aeneren  erklirem  aucb  Baumstark  und  Hirscbfelder  an^.   die« 


Hireehfelder  will  vteiu»  inier  koipite»  communis  und  ver- 

x^  dicM  lesart  geschickt  dareh  bemfang  auf  Caesar  b.  Q,  VI  22 

^^ld«a)  wirtm»  nrnmunieatur,    allein  dann  können  die  worte  wenigstens 

«Kkt  kier  stehen.         *  Prammer  hat  nach  Meisers  Vorschlag  re«  vor 

'«^wMer  etageechoben ,  schwerlich  cnm  vorteil  der  saohe. 


284  HSchütz:  zu  Tacitus  Gennania. 

selben  baben  aber  kurz  vorher  gleich  Kritz  ua«  adhue  so  gefasst,  als 
bedeute  es  die  noch  anhaltende  dauer  eines  bildungsstandes,  welcher 
von  der  überfeinerung  und  ihren  fehlem  frei ,  aber  möglicher  weib« 
denselben  ausgesetzt  sei.  das  ist  überaus  gesucht,  warum  nicht  adhuc 
secreta  zusammen,  dh.  quae  adhuc  {peäore)  indusa  sunt?  das  fol- 
gende däeda  ac  nuda  weist  ja  darauf  hin.   so  schon  Ritter. 

c.  24  ae.  guoque  würde  hier  voraussetzen ,  dasz  durch  den  Ter- 
kauf  die  sklaven  von  der  schände  der  besiegung  (im  wttrfelspid)  be- 
freit würden.  Baumstark  ist  geneigt  es  für  den  abl.  von  qmisqtne  vx 
halten  Won  jedem  Schamgefühl',  müste  das  nicht  omni  heiszen? 
quisque  ist  distributiv,  die  schände  bei  allen  dieselbe,  er  htttte  einen 
schritt  weiter  gehen  und  quisque  schreiben  sollen,  damit  ist  Tor- 
trefiflich  bezeichnet,  wie  in  jedem  einzelnen  falle  jeder  nur  sich  von 
der  schände  befreien  will;  die  schmähliche  gewohnheit  selbst  abzu- 
schaffen ,  daran  denke  niemand. 

c.  26 :  wenn  ich  auch  nicht  den  ersten  satz  als  unecht  verwerfe,  so 
scheint  mir  doch  die  rechtfertigung  von  servatur  dadurch,  dasz  mao 
wegen  ignotum  als  subject  faenus  non  agUare  denken  soll,  deshalb  un- 
möglich, weil  zu  vetüum  esset  wieder  agUare^  nicht  fion  agUare  subject 
ist.  servatur  wird  auch  durch  das  c.  27  aa.  richtig  gebrauchte  obser- 
vatur  verdächtig,  ich  möchte  esin  arcetur  ändern.  —  Im  folgenden 
satze  verteidigt  Eritz  wenig  überzeugend  die  nur  von  einer  schlechten 
hs.  überlieferte  lesart  ab  umversis  vicis;  Hirschfelder  besser  die  conj. 
von  Waitz  in  vicis  ^  das  für  vicatim  stehe,  die  hsl.  allein  gesicherte 
lesart  in  vices  ist  von  Baumstark  meiner  Überzeugung  nach  völlig 
richtig  erklärt,  insbesondere  stimme  ich  ihm  auch  darin  bei,  dasz  unter 
universiy  welches  Kritz  ohne  vicis  nicht  glaubt  verstehen  zu  könoen, 
die  cuUores  gemeint  sind,  übrigens  ist  die  ganze  stelle,  auch  mit  ver- 
gleichung  von  Caesar  b.  Q,  IV 1,  schon  vielfach  so  gründlich  ei-örtert, 
dasz  eine  dunkelheit  kaum  noch  übrig  bleibt,  namentlich  wenn  man 
mit  JGrimm  DBA.  s.  495  diese  ganze  jährliche  teilung  auf  das 
gemeinland  beschränkt,  auch  im  folgenden  ist  das  von  Eritz  ao:- 
mehreren  hss.  entnommene  laborare  statt  labare  entschieden  zu  mU- 
billigen;  auch  diese  wortesind  von  Baumstark  vollständig  klar  gelegt. 

c.  30  aa.  folge  ich  am  liebsten  der  interpunction  Orellis  und 
Haupts  bis  paiescU^  wo  ich  ein  Semikolon  setzen  würde,  ob  man  mit 
Halm  und  Hirschfelder  nach  der  besten  hs.  incohatur  st.  incokaf»' 
schreiben  und  daher  entweder  nach  Chatti  eine  starke  interpunction 
setzen  oder,  was  ürlichs  mit  Zustimmung  Hirschfelders  vorzieht, 
mixtum  .  .  incohatur  in  parenthese  einschlieszen  will,  ist  ziemlid 
gleichgültig,  jedenfalls  ist  mit  non  Ha  effusis  usw.  im  allgemeinen 
die  beschi^enheit  des  bodens  der  Chatten  angegeben,  die  von  den 
vorigen  nicht  durch  stärkere  interpunction  getrennt  werden  darf. 
von  patescU  ab  ist  die  lesart  sehr  bedenklich,  was  Halm  nach  Leid. 
pr.  m.  bietet,  durans,  auf  inüium  bezogen,  verstehe  ich  kaum;  eben.^o 
wenig,  dasz  er  bei  dieser  lesart,  in  der  durans  von  oo27e9  getrennt  i:^t. 
auch  nach  cöües  ein  komma  gesetzt  hat.   überhaupt  ist  durare,  mag 


HSchfitz:  zu  Tacitos  Germania.  285 

man  es  auf  die  Chatten,  was  bei  der  lesart  durant  entsprechend  dem 
fkngOL  ineokani  am  natürlichsten  sein  würde,  oder  aaf  die  hügel, 
oder  tnf  das  land  selbst  beziehen ,  in  keiner  weise  erträglich :  denn 
(fan  eB  den  sinn  'fortsetzen'  haben  sollte,  Iftszt  sich  schwerlich  durch 
irgend  welche  beispiele  belegen,  wenn  nun  sofort  duriara  corpora 
gnaimt  werden,  ist  es  da  nicht  sehr  wahrscheinlich,  dasz  dies  die 
qaeUe  lu  jenem  dwrare  sei?  freilich  mit  dem  bloszen  streichen  von 
iimmi  (so  Bitter  und  nach  ihm  Prammer)  ist  nichts  erreicht,  man 
Teringt  einen  begriff,  der  zu^rore^etifi/  im  gegensatz  steht:  die  berge 
Terameln  sich  allmfthlich,  dh.  nehmen  ab;  es  musz  also  vorher  ge- 
sagt sem ,  dasz  sie  mit  dem  beginn  des  Chattenlandes  sich  erheben, 
wai  aoefa  der  gegensatz  zu  effusa  et  pcdustria  hca  erheischt  ein 
solches  wort,  das  zugleich  dem  durant  am  nftchsten  kommt,  wire 
ivr^ttnl,  im  geographischen  sinne  so  gewöhnlich,  dasz  es  der  be- 
lege, die  jedes  lezikon  bietet,  kaum  bedarf.  Tac.  sagt  ann.  I  64 
aram  awrgeniOms  iugis,  fthnlich  Qtrm.  46  quicquid  .  .  numtium 
ffifümr,  so  entsteht  die  unyerf&ngliche  lesart  swrgunt  siqmdem  coUes 
paMim^ue  (denn  dies  que  möchte  ich  nach  Bhenanus  hinzufügen) 
rwocaifi^.  nun  aber  bleibt  noch  am  ende  des  satzes  eine  kleine 
Kkwierigkeit.  warum  nemlich  et  Chattos  suos?  der  Schriftsteller 
vfll  sagen,  der  hercjnische  wald  begleite  die  Chatten  wie  seine 
sBgehörigen,  dergestalt  dasz  er  zugleich  mit  ihnen  beginne  und  auf- 
bore; daher  deponiij  dh.  setzt  sie  ab  wie  kinder,  die  er  aus  seiner 
pflege  eatlftaxt.  sollte  hier  nicht  et  aus  tU  gefälscht  sein?  nachdem 
&)  geschehen  y  war  die  Umstellung  von  Chattos  und  stws  leicht  ge- 
boten, ich  glaube,  man  musz  schreiben  ut  suos  Chattos  usw. 

Im  weitem  verlauf  desselben  cap.  möchte  ich  nicht  mit  Baum- 
stark raliane  für  Bomanae  einsetzen,  da  es  durch  den  hinblick  auf 
^  obige  ratioms  in  den  schlechteren  hss.  hier  eingeschwftrzt  zu  sein 
KbeinL  dagegen  ist  mir  concessum  anstöszig :  man  könnte  es  freilich 
&tten  als  '(allgemein)  zugestanden',  also  'anerkannt',  nicht  etwa 
*geitattet',  was  unsinnig  wSre;  aber  die  Vermutung  liegt  nahe,  dasz 
ci  US  eonsueium  verdorben  sei.  Äffr,  4  heiszt  es  allerdings  auch 
1^  qitam  concessum  Romano^  aber  da  hat  es  den  eigentlichen  sinn. 

e.  36  redU  wird  zwar  allgemein  richtig  gefaszt;  ich  vermisse 
*bcr  einen  passenden  beleg,  den  unsVergilius  gihtge.  III 351  qtmque 
ftdit  wiediim  Bhodope  porreda  stih  axem. 

c  38  Hl  eHm  gentibus . .  rdigant.  in  dieser  stelle  stöszt  man  sich 
QBidist  an  ramm,  die  meisten  erklärer  nehmen  es  prftdicativ  und 
bilten  daher  irgend  eine  subjective  ergftnzung  aus  den  folgenden 
vortea  ffkr  notwendig;  nach  spattum  setzen  sie  dann,  den  bis  dahin 
»ToUstindigen  satz  vom  folgenden  trennend,  eine  stärkere  inter- 
pvnction.  Baumstark  teilt  nicht  so  ab;  aber  wie  er  nun  die  werte 
^oMtroiert,  ist  mir  nicht  klar  geworden.  Kritz  verwandelt  rarum 
A  raro  und  erreicht  damit  gar  nichts,  denn  es  können  doch  nicht 
AMsdbea,  die  bei  anderen  Völkern  nur  selten  und  innerhalb  der 
r^gvadzcit  (es  thun?),  bei  den  Sueben  das  haar  räro  sequi  (um  diesen 


286  HSchütz:  zu  Tacitus  Germania, 

wunderlichen  ausdruck  zunftchst  ungeschoren  zu  lassen).  KriU  er- 
klärt rarum  für  unsinnig,  weil  er  die  construction  nicht  verstanden 
hat.  man  hat  nach  spcUium  alle  interpunction  zu  streichen  und  rarum 
zu  lassen,  dies  nimt  die  stelle  eines  objects  ein,  abh&ngig  von  dem 
folgenden  verbum  transitivum  sequufUur  (oder  ¥rie  sonst  tu  lesen), 
aus  dem  man  aber  hierzu  den  allgemeinen  begriff  der  th&tigkeit  her- 
ausziehen musz.  rarum  steht  nun  ebenso  wie  c  31  raro  umrpatum 
für  quod  rarum  €8t\  es  heiszt:  'was  bei  anderen  stftmmen  selten  ist 
und  nur  innerhalb  der  Jugendzeit  vorkommt,  das  thut  man  bei  den 
Sueben  bis  zum  grauen  alter,  nemlich  dasz  man'  usw.  also  retro 
sequtmtur  für  faciunt^  ut  r.  s.  den  weitem  gebrauch  dieser  Wen- 
dung bei  Tac.  darzulegen  ist  hier  nicht  der  ort;  in  der  gewöhnlichen 
spräche  beruht  darauf  ja  schon  die  so  gebräuchliche  Wendung  ügv^ 
*und  zwar*. 

Was  ist  aber  mit  retro  sequufUur  zu  machen?  alle  erkläningen 
scheinen  mir  unzulänglich  und  so  weit  hergeholt  za  sein,  dasz  man 
sie  als  ungeeignet  verwerfen  musz.  was  Tac.  will,  ist  nicht  dunkel: 
er  beschreibt  ausführlicher,  was  er  oben  kurz  ohUguare  armem  g^ 
nannt  hat.  wenn  man  nun  bedenkt,  dasz  an  dieser  ganzen  stelle  der- 
jenige begriff,  den  jeder  zur  erklärung  unwillkürlich  hineinbringt, 
nemlich  der  des  kämmens,  nirgends  vorkommt,  so  scheint  es  kaum 
zweifelhaft  zu  sein,  dasz  pectunt  gelesen  werden  musz;  und  seist 
man  nun,  um  eine  entstehungsart  der  corruptel  sequufUur  zu  veran- 
schaulichen, retrosus  statt  retro* ^  so  ist  man  damit  auch  dem  Wort- 
laut so  nahe  wie  möglich  gekommen. 

Nun  bleibt  noch  das  ende  übrig,  welches  offenbar  ebenso  eine 
ausführung  von  nodo  suhstringere  sein  soll  wie  retrosus  pectunt  von 
ohliquare,  zunächst  ist  es  gleichgültig,  ob  man  reUffant  oder  rdi- 
gatur  schreibt,  nur  dasz  jenes  die  concinnität  der  rede  verlangt,  es 
ist  wol  ursprünglich ;  als  aber  pecttmt  in  sequuntur  verdorben  war, 
hat  dies  eine  neue  änderung  nach  sich  gezogen,  was  heiszt  aber  in 
ipso  solo  vertice?  lächerlich  meint  Kritz,  sdus  Vertex  sei  ein  kahler 
Scheitel ;  die  vergleichung  mit  sda  loca  (Sali.  lug.  103)  bedarf  keiner 
Widerlegung,  nicht  minder  verkehrt  ist  es,  sokim  als  *fandamentum 
capilli'  aufzustellen  und  in  vertice  eine  corruptel  zu  suchen,  wer 
aber  wie  Bitter,  Halm,  Hirschfelder  ua.  solo  ganz  wegläezt,  der  kann 
sich  freilich  darauf  berufen,  dasz  es  im  Leid,  dem  tp<o  nur  überge- 
schrieben ist ;  aber  der  sinn  wird  dann  unvollständig:  denn  man  weisx 
nicht  was  man  nun  mit  dem  ^scheitel  selbst'  ohne  weitem  zusatz 
anfangen  soll,  auch  wenn  Lachmann  conjiciert  in  ipso  scHo  vertici, 
so  fragt  man  wieder,  wie  sich  scHum  von  vertex  unterscheide,  ich 
habe  früher  vermutet,  dasz  mit  einer  leichten  Wortumstellung  in 
ipso  vertice  nodo  rdigant  zu  schreiben  sei,  gerade  wie  oben  nado 

*  retrotvm  agunt  vermutete  Hanpt,  Madvig  retorquent,  Lachmtoo 
recurvant,  Halm  und  nach  ihm  Prammer  reiorquere  suetum  usw.  [in  dem- 
selben sinne  wie  oben  ist  in  diesen  iahrb.  1867  s.  283  von  FDrotibn 
vorgeechUgen  worden  retrotum  comunt] 


HSchfits:  zu  TacÜDB  Gennanio.  287 

tMrin^en  gesagt  ist.  aber  gerade  daez  nodo  Bchon  dagewesen  ist, 
Bidi  es  wieder  yerdfichtig  und  jedenfalls  überflüssig,  sodann  w&re 
<8  lichl  streng  richtig,  dasz  hier  gesagt  würde,  sie  thftten  es  oft 
(woAr  übrigens  Halm  semper  vermutet),  w&hrend  es  oben  hiess,  sie 
tbiftett  es  alle;  es  soll  also  ein  kennzeicben  (insigne)  der  Sueben 
MB,  doreh  das  sie  sich  yon  den  übrigen  Germanen,  und  bei  ihnen 
wilder  die  freien  yon  den  sklayen  unterschieden,  genug,  man  braucht 
hier  das  wort  'allein,  blosz',  um  zu  bezeichnen  dasz  dies  das  allge- 
none  ist  und  oft,  nemlich  von  der  groszen  masse  der  freien,  ohne 
weitere  luthat  geschieht,  wfthrend  die  hftuptlinge  noch  weitem 
•duanck  hinzuftigen  {pHndpes  et  amatiorem  Aa&en^)*  das  führt  zu 
dff  allereiniaohsten  conjectur  m  ipso  solum  vertiee  reUgatU^  dh.  oft 
tba  sie  weiter  nichts,  als  dasz  sie  das  haar  auf  dem  Scheitel  selbst 
kühadm. 

e.  39  adieU  cmdoriMem  erklürt  der  rec.  von  Prammers  ausgäbe 
in  litt  eentralblatt  1878  nr.  33  sp.  1088  gleich  ndnUMem^  was  wol 
u  wA  undenkbar  ist.  es  heiszt  offenbar  'das  glück  der  Semnonen 
bcglaabigt'  (sc.  smperstüiom)  den  aberglauben,  dasz  bei  ihnen  die 
sApfflage  des  volks  usw.  seien. 

e.  43  ipeo  m  Oceano  halte  ich  für  die  allein  richtige,  ja  mögliche 
leart  Ooeömo  hat  der  Leid,  wenigstens  in  der  correctur;  und  wenn 
Hilffl  9%tat  m  Oceanum  liest,  so  ist  mir  das  weniger  verstftndlich, 
weil  dies  nur  heiszen  könnte  'nach  dem  Ocean  hin'  oder  'in  den 
Oceaa  hinein',  das  wäre  eine  unklare  bezeichnung,  nachdem  un- 
fiittelbar  worher  schon  Völkerschaften  genannt  sind,  die  ebenfalls 
«&  der  kflste  der  Ostsee  wohnten,  wie  die  Qotones  und  jedenfalls  die 
%H  and  Lemavü  (proimus  ab  Oceano),  denn  dasz  Tac.  die  Ostsee 
Bit  xvm  Ocesn  rechnet,  unterliegt  schon  nach  dieser  stelle  keinem 
iwedeL  man  kann  also  auch  nicht  erklftren,  die  Suionen  wohnten  Jen- 
"«it  der  Ostsee  nach  dem  Ocean  hin,  zumal  da  sofort  c.  45  gesagt  ist, 
/aseit  der  Suionen  sei  ein  anderes  meer,  das  von  dem  Ocean  mit- 
kia  bestimmt  gesondert  wird.  Tac.  hat  durch  in  Oceano  die  läge 
da  jetzigen  Sdiweden  ganz  richtig  angegeben;  und  sie  wird  noch 
9Qsocr  bezeichnet  durch  t|>50,  wogegen  die  von  Halm  aufgenom- 
2<Be  eoiy.  des  Bhenanus  sitae  eine  reine  abschwftchung  sein  würde, 
ifio  tu  0.  steht  im  gegensatz  zu  den  Staaten  die  nur  an  demselben 
*^ie^  nun  hat  der  Leid,  allerdings  ipsae^  und  dies  hat  Baumstark 
ta^eaonunen,  indem  er  es  erklärt  'im  weiten  meere  für  sich', 
^'Älesteas  sehr  gekünstelt  und  an  einfachheit  und  klarheit  mit  ipso 
i^t  tu  ?ergleichen. 

c  45,  2  idpro  armis  amniumque  tutda  usw.  die  lesart  scheint 
nir  durch  ürliehs'  haminumque  nicht  wesentlich  gebessert,  erträg- 
•teWr  ist  omnique^  wie  Halm  und  Bitter  nach  dem  Tur.  schreiben, 
^cher  wire  mir  aUaque.  vielleicht  aber  ist  die  corruptel  zu  anfang. 
•diiebe  man  sie.  omnium  ttUda  usw.,  so  wäre  gegen  amnium  nichts 
^JiZQwenden.  —  ebd.  7 :  die  schluszworte  von  den  Sitonen  als  nach- 
*-«ni  der  Suionen  stehen,  wie  von  vielen  bemerkt  ist,  an  falscher 


288  HScbfltz:  zu  Tacitus  Germania. 

stelle,  ich  finde  nicht  dasz  diese  ansieht  widerlegt  wftre;  am  wenig- 
sten von  Baumstark  durch  die  Verweisung  auf  JOrimm.  Tac.  war, 
wie  Baumstark  selbst  zu  c.  44  klar  nachweist,  bisher  streng  von 
Süden  nach  norden  gegangen,  die  Aestier  aber  wohnen  nach  c.  45 
auf  der  rechten  (dh.  östlichen)  kttste  der  Ostsee ;  wie  war  es  also  mög- 
lich, dasz  er,  nur  aus  dem  gründe  weil  der  bemstein  ihn  mehr  an- 
zog, oder  weil  die  reprftsentanten  der  extremsten  Sklaverei  nicht 
vor  den  Aestiem  (warum  denn  nicht?),  sondern  nur  dort,  wo  Ger- 
manien selbst  aufhOrt,  besprochen  werden  konnten,  plötzlich  vom 
auszersten  norden  zum  osten  absprang,  dann  wieder  zum  norden  mit 
zwei  kurzen  Sätzen  zurückkehrte ,  um  zuletzt  die  fibersicht  mit  den 
hinter  den  Aestiem  wohnenden  Völkerschaften ,  die  kaum  noch  Ger- 
manen seien,  abzuschlieszen  ?  das  ist  alles  um  so  weniger  glaubhaft, 
als  Tac.  vor  dem  Übergang  zu  den  Aestiem  o£fenbar  mit  der  betrach- 
tung  des  nordens  völlig  abschlieszen  will,  indem  er  nach  der  Schil- 
derung der  polargegenden  mit  ihren  wundem  hinzufügt  iSnc  usgw, 
et  fama  vera  (nicht  eher  si  fama  vera'^)^  tantum natura,  die  Sitonen 
gehören  ohne  zweifei  nach  c.  44;  auch  der  gegenständ  dessen,  was 
von  ihnen  noch  berichtet  wird,  stimmt  zu  dieser  stelle,  wo  ebenfalb 
von  der  königlichen  gewalt  die  rede  ist,  die  eine  beschränkung  der 
freiheit  zur  folge  habe,  die  Sitonen  bilden  überhaupt  nur  einen 
nebenzweig  der  Suionen ;  weshalb  denn  auch  wenige  worte  über  sie 
ausreichen,  insbesondere  dasz  die  knechtschaft  bei  ihnen  eine  noch 
schimpflichere  form  angenommen  habe,  insofem  als  sie  sich  von 
einer  frau  beherschen  lieszen.  daher  darfauch  nicht  auffallen,  dasz 
c.  45  aa.  mit  transßuionas  auf  die  Suionen  als  das  hauptvolk  xn- 
,  rückgegangen  wird,  sicher  ist  dies  der  grund  gewesen,  weshalb  die 
zwei  sfttzchen  über  die  Sitonen  von  dieser  stelle  entfernt  und  nun- 
mehr an  eine  ungeeignete  gebracht  wurden,  natürlich  triffb  das  die 
Worte  hie  Suehiae  finis  nicht  mit.  denn  da  Tac.  bestimmt  die  Aestier 
noch  zu  den  Sueben  rechnet,  bei  den  folgenden  Peuoinem  usw.  aber 
sogar  die  germanische  nationalitSt  in  fkttge  stellt,  so  gehören  jene 
Worte  an  das  ende  von  c.  45  oder  den  anfang  von  46. 

Potsdam.  Hermann  SohOtz. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜB  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HERAUSGEGEBEN  VON  ALFRED  FlECKEISEN. 


42. 

NOCHMALS  FÜR  HOMER  UND  ARISTARCH. 


la  dem  ^offenen  schreiben',  das  an  meine  adresse  diese  jahr- 
VOdur  (1878  8.  433—444)  brachten,  nimt  hr.  Karl  Brugman 
die  Terteidigong  seines  «£f)oc  «»  heri «»  herr»  noch  einmal  auf,  das 
er  in  seinem  buche  'ein  problem  der  Homerischen  textkritik'  usw.  f(lr 
i505  und  o  450  vorgeschlagen  hatte,  hier  hatte  hr.  Br.  gerade 
tttr  die  erstere  stelle  (E  505)  seine  hjrpothese  •if\oc  «»  herr»  beson- 
^  g^t  gefunden:  *die  stelle  gewinnt  bei  substituiemng  dieser  be- 
^tahg  einen  viel  befriedigendem  sinn  als  sie  vordem  hatte . . 
jetzt  erst  kommt  die  doppelsinnige  rede  des  Schalkes  zur  vollen  gel- 
«ag.'  hr.  Br.  sieht  sich  jetzt  genötigt  für  diese  stelle  die  bedeutung 
•djoc  «3  herr»  zurückzuziehen  und  *die  herkönunliche  Interpretation 
TOB  9urröc  ifioc  als  «des  wackem  mannes»  als  die  richtige  anzuer- 
kemoi' :  dafür  wird  von  ihm  Ähnlich  wie  früher  für  £  505,  so  jetzt 
^  0  450  «df)oc  e»  herr»  empfohlen  Vorzugsweise  dai'um,  weil  die 
frteOe  so  einen  befriedigendem  sinn  bekäme  als  sie  bisherhatte' 
.6. 441).   wir  wollen  die  richtigkeit  dieser  behauptung  prüfen. 

Die  phoinikische  sklavin  in  dem  väterlichen  hause  des  Eumaios 
hatte  dem  Phoiniker,  mit  dem  sie  bekannt  geworden,  den  palast  von 
EoBuios  vater  gezeigt  und  weiter  mitgeteilt,  dasz  sie  aus  Sidon 
ttamme,  aber  von  Taphischen  mftnnem  geraubt  und  verkauft  wor- 
^  aei  ToOb'  dvbpöc  npöc  boiMaO'  (o  429),  womit  sie  also  offenbar 
*^  als  Sklavin  und  den  besiüer  jenes  hauses  als  ihren  herm  be- 
>>Bidmet  hatte,  auf  die  frage  des  Phoinikers ,  ob  sie  wieder  zu  ihren 
^^^  zorüekkebren  möchte,  erklftrt  sie  sich  bereit  dazu  und  ver- 
spricht als  entgelt  ftlr  diesen  dienst  gold  mitzubringen  und  föhrt 
«fort: 

Kcd  hi  K€V  &\y  inißaepov  ifibyf  dSAcucd  tc  boiiiv.     449 
natba  tap  dvbpdc  Ifjoc  *  ^v\  ixef&poxc  &m&\\u) , 

'  'problea*  s.  67  f.  gibt  Br.  den  Inhalt  dieses  vertes  so  an:  Mie 
»Utib  woüe  soeh  etwas  besonderes  Ihnen  siim  fährlohn  mitbringeo, 


'"^'««1^  Itr  «laM.  philol.  1S79  hft.  6  o.  &  19 


290  EKammer:  nochmals  für  Homer  und  AriBtarck. 

KCpbaXco V  bf)  ToTov,  djuiaTpoxöuiVTa  9upa2l€  * 
TÖv  K€V  ÄToi^'  tni  VTiöc,  6  b*  u^tv  Mv^piov  tlivov 
jiXqpoi,  öirq  iT6pdcr)T6  Kar"  dXXoDpöouc  dvBpidirouc. 
auf  Faesis  bemerkung  «dvbpöc  if\oc^  des  edlen,  fürstlichen  mannes^ 
weshalb  der  knabe  auch  einen  hohem  preis  gelten  wird»  erwiderte 
Br.  ^problem'  s.  58:  *aber  £uc,  von  dem  unser  £t]OC  oder  lf\oc  der 
genetiv  sein  soll,  hat  sonst  nirgends  diese  bedeutung',  und  dasselbe 
wiederholt  er  jidirb.  1878  6.  441.    Br.  übersetzt  duc  mit  ^wacker', 
dessen  Sphäre  er  jedoch  viel  za  eng  faszt,  wenn  er  es  •=  strenui, 
honi  setzt,    die  alten  haben  es  durch  dTOiBöc  erklärt,  das  nicht  nur 
und  in  erster  reihe  die  gute  und  tüchtigkeit  in  moralischer  beziehong 
bedeutet ,  sondern  auf  die  edle ,  vornehme  geburt  (aT^aTÖc  ek  i^a- 
9oTo  b  611)  geht  im  gegensatze  zu  den  X^P^l^c  (oldre  TOicdTaGoici 
Trapabpiduici  xipr\^c  o  324) ,  und  im  zusammenhange  damit  die  auf 
körperkraftund  körperübung  sich  stützende  tapferkeit,  die  edle  ritter- 
lichkeit,  die  in  vornehmen  kreisen  besonders  gepflegt  wird,    dies 
ist  auch  bei  Homer  die  bedeutung  von  £uc  'edel,  vornehm,  tapfer, 
tüchtig*,   so  von  Aineias  iuc  iraTc  *ATXicao  B  819.  M  98.  P  491,  so 
i^Oc  6€pdiTUiv  (Thrasymelos  TT  464 ,  Patroklos  TT  653 ,  Meriones  N 
246.  ¥  528.  860.  888) ;  so  in  der  häufig  vorkommenden  Verbindung 
von  fi^c  T€  M^TCtc  t€  ,  die  zwei  für  den  beiden  besonders  charakteh* 
stische  eigenschaften  zusammenfaszt;  so  ist  auch  iv^Trv€UC€v  oder 
ivf\K€  oder  dv^CTQKTai  ^^voc  f\i  zu  verstehen  von  dem  edlen  mut, 
der  mit  edlem  blute  sich  so  gern  verbindet,  und  ganz  gewis  auch 
die  stelle  2  191  t^TVWckc  6€0ö  tövovi^uv  Wvxa  (Bellerophonl 
und  ebenso  das  compositum  cöiraT^peia,  das  edelentsprossene  kind 
(Helene  und  Tyro).  die  bedeutung  'edel,  vornehm'  also,  die  Br.  dem 
ivc  abstreitet,  ist  die  ihm  gerade  eigentümliche,  durchaus  richtige, 
und  die  stelle  o  450  ist  in  bester  Ordnung  und  bedarf  keiner  Sn- 
derung :  'denn  ich  ziehe  auf  das  kind  des  edlen,  vornehmen  mannes, 
ein  recht  gescheites;   das  dürfte  euch  einen  hohen  kaufpreis  ein- 
bringen' sagte  die  Sklavin,  die  den  preis  für  das  kind  eben  darum 
so  hoch  angab,  weil  es  von  vornehmen  eitern  abstammte. 

Ich  hatte  in  meiner  recension  auch  darauf  aufinerksam  gemacht, 
dasz  der  begriff  'herr'  für  o  450  ganz  überflüssig  sei,  ^da  die  Wärterin 
schon  vorher  gesagt  hat-,  dasz  sie  und  bei  wem  sie  in  diensten  stehe; 


nemlich  den  jungen  »ohn  des  wackern  mann  es  (nemlich  des  k<)m^s\ 
welchen  sie  erziehe',  and  fährt  dann  fort:  'dssE  dies  nicht  angeht,  liefrt 
auf  der  hand.'  in  dem  'offenen  schreiben'  erklärt  Br.  wanim  dies  'nicht 
angeht':  'weil  die  untreue  sklavin  in  demselben  moment,  in  dem  lie 
sagt,  sie  wolle  ihren  herrn  ausplündern  und  ihm  sein  kind  rauben,  io 
der  vorliegenden  Situation  diesen  nicht  als  einen  €wackem  mann>  he* 
seichnen  wird'  (s.  441).  hat  Br.  den  d|Li0^uiv  ATticOoc  vergessen  nnd  die 
MWICTfipcc  dravoi,  dvriOcoi  nnd  dass  Telemachos  dem  Theokljmenos  den 
Enrymachos  empfiehlt  dtXaöv  uiöv*  Kai  yäo  iroXXöv  dpicroc  dW|p,  dem 
er  dann  sogleich  darauf  wünscht  kuköv  ^|Liap  o  619  ff.?  solche  bei- 
wörter  sind  gar  nicht  in  der  sittlichen  bedeatnng  anfassen,  sondern 
in  der  verallgemeinerten,  mit  besiehnng  auf  die  vornehme  gebnrt. 


EKammer:  nochmals  für  Homer  and  Aristarch.  291 

duz  das  kind  also  diesem  ihrem  herm  zugeböre,  war  natürlich'. 
B^.  erwidert  mir  hierauf:  'erstlich  ist  der  possessive  genetiv  «des 
kern»  nicht  so  überflüssig  ftlr  das  Verständnis,  wie  Sie  gern  glauben 
Bidwn  mochten'  (s.  442),  fügt  aber  nicht  mit  6inem  werte  hinzu, 
wiram  er  'nicht  so  überflüssig  ist' ;  diesen  grund  h&tte  er  doch  mir 
nd  illen  andern,  die  bisher  an  der  stelle,  was  das  Verständnis'  der- 
selben anbetrifft,  gar  nichts  auszusetzen  gehabt  hatten,  nicht  ver- 
Khweigen  sollen«  Br.  fährt  dann  fort:  *and  zweitens,  wenn  er  ent- 
behrlieh wäre,  so  wäre  er  darum  noch  lange  nicht  unhomerisch  und 
meine  annähme  stürzend'  (ao.).  aber  zu  einer  coigectur  hat  man 
doch  erst  dann  ein  recht,  wenn  die  stelle,  wie  sie  uns  überliefert  ist, 
keinen  oder  einen  falschen  sinn  gibt;  man  conjidert  doch  nicht,  wenn 
die  stelle  plan  und  für  den  ersten  blick  schon  verständlich  wird! 
sodinn  bringt  man  nicht  durch  coigectur  in  einen  schriftsteiler  wie 
Hcxmer  ein  wort  hinein,  das  er  für  diesen  begriff  nicht  kennt.  Homer 
bietet  ft^  *herr'  das  wort  fiva£,  das  *könig,  herscher,  beschinner, 
gebieter  und  herr'  bedeutet,  das  kühne  gebilde  «£c€U€  —>  ieüc  «■ 
Aemi^  harr»*,  das  Br.  in  o  450  hineininterpretiert,  werden  wir 
sdun  dämm  als  unhomerisch  zurückweisen,  sollen  wir  denn  wirk- 
iieh  Homer,  der  so  oft  sein  bezeichnendes  und  charakteristisches 
dyoE  gebraucht  (zb.  sagt  Eumaios  oö  T^p  h*  fiXXov  fimov  dib€ 
ävoKTa  laxTico^al  1 139,  ti|i  k^  ^€  nöXX"  tliviiccv  fivoE  l  67,  von 
der  Euykleia  vtZe  . .  fivaxO*  i6v  t  392  usw.  vgl.  i  60.  170.  p  318. 
.':^.  o  397.  b  87.  i  440.  k  216.  ¥  517.  Q  734),  einmal  sich  des 
*ortei  tok,  nur  weil  Br.  es  so  will  und  für  seine  zwecke  es  ihm 
Bftuhch  erscheint,  si^  bedienen  lassen,  eines  wertes  das  überhaupt 
Ji  der  ganzen  litteratnr  nicht  nur  nicht  vorkommt,  sondern  für  das 
HKh  die  gesamte  griechische  litteratnr  gar  keinen  anhält  darbietet? ' 
bisher  mnsz  auch  Br.  behaupten,  es  sei  von  den  Griechen  selbst  nicht 
aehr  ventanden  worden,  in  seinem  'problem'  (s.  62)  äusserte  er 
tich  also:  'dieeee  wort  verstanden  die  alten  Homeriker  nicht, 
ue  sahen  es,  weil  es  in  Verbindung  mit  dvbpöc  und  9WTÖC  auftrat, 
:flr  ein  adjectiv  an  und  hielten  es  für  einen  genetiv  von  £uc.'  die 
'ftltca  Homeriker'  kOnnen  —  das  geht  aus  dem  zusammenhange  her- 
Tor  —  doeh  nur  die  alezandrinischen  grammatiker  gewesen  sein, 
die  TOB  der  bedeutnng  df)oc  ^  heri  nichts  mehr  gewust  haben,  jetzt 


'  M  ist  die  frage,  oh  'herr'  in  der  ephäre  und  dem  umfang^e  des  lat. 
*trt«e  kenM  [riehtiger  eruä]  überhaupt  schon  Homerisch  ist.  die  Odyssee 
i«atv  VM  für  sie  beseichneDd  ist,  schon  das  wort  ö^ciroiva,  b€CirÖTT)C  je- 
doch weder  Uias  noch  Odyssee.  avoE  ist  von  viel  weiterm  umfange,  da 
Ho«er  aas  als  'herm'  meistens  weithin  gebietende,  fürsten  nnd  köoige 
HkUdcrt.   für  das  einfache  Verhältnis  des  haus  herm  zu  seinem  bans- 

Cid«  scheint  ein  ansdruek  nicht  vorhanden  sn  sein:  wir  finden  dafür 
«lea  dvf|p,  so  0  429  toOb*  dv6p6c  irpöc  {MO^aO*  and  o  489  f.,  wo 
'>^?«seas  sn  Eamaios  sagt,   er  sei  dvbpoc  bxhiuxta  .  .  Viirlou  gelangt 
*  ta  den  'sehn  geboten  für  damische  philologen'  nennt  Lehrs  lüs 
^-  'da  soUst  aieht  sanskritwarseln   klauben   nnd   mein   manne  ver- 

19* 


292  EKammer:  nochmals  für  Homer  und  AristarcL 

musz  Br.,  gedrängt  durch  sein  Zugeständnis,  i  504  bedeute  q>urröc 
if\OQ  *des  wackem  mannes',  noch  weiter  zurückgehen  und  erklftren, 
dasz  ^diese  stelle  zugedichtet  wurde  zu  einer  zeit,  da  man  den  wahren 
sinn  des  Wortes  if\oc  in  o  450  schon  nicht  mehr  verstand  und  es  mit 
i\)C  in  Verbindung  gebracht  hatte'  (s.  442).  nun  wenn  ein  Homeri- 
scher Sänger  schon  df^oc  so  auffassen  konnte,  so  gestehe  ich  dasz 
ich  lieber  dem  Sänger,  der  doch  sicherlich  eine  feinere  fCQilung  mit 
der  griechischen  spräche  und  den  wortwurzeln  gehabt  hat,  als  sie 
Br.  besitzt,  folge  als  an  die  hjpothese  Br.8  glaube,  auch  wenn  die 
bildung  des  if\oc  eine  singulare  sein  mag.  wie  viele  wOrter  bei  Ho- 
mer sind,  was  ihre  bildung  und  herkunft  anbetrifft,  uns  noch  Pro- 
bleme und  werden  es  wol  bleiben :  mögen  wir  doch  ja  nicht  glauben 
durch  zu-  und  aufdringliche  hypothesen  und  Phantastereien  laerüber 
uns  klarheit  zu  verschafften  1 

Also  ein  Homerischer  Sänger  oder  interpolator  —  doch  aber 
vermutlich  vor  der  Peisistratischen  zeit,  wenn  nicht  Br.  hierüber 
genauer  unterrichtet  ist  —  hat  E  504  if]OC  schon  als  genetiv  von  ^uc 
aufgefaszt  in  der  Verbindung  qpuiTÖc  £f|oc,  und  diese  lesartistuns 
als  sicher  überliefert,   wie  nun  Br.  nach  solchem  Zugeständnis  doch 
fortfahren  kann:  Mm  gründe  genommen  steht  also  ä)0C  nur 
an  6iner  Homerstelle  o  450  fest'  (s.  442),  das  ist  völlig  unverständ- 
lich, jedenfalls  —  und  das  ist  mir  besonders  wichtig  gegen  Br.  zu 
betonen  —  ist  an  ^iner  stelle  ^f^oc  ^^  dTCtSoö  als  auf  eine  dritte  per- 
son  bezogen  sicher  bezeugt:  denn,  wie  gesagt,  ein  dichter  hat  es 
doch  so  gebraucht,    ist  dem  aber  so,  dann  ist  damit  für  dies  ganze 
gebiet  der  kritik  Br.s  der  boden  entzogen,  für  den  ja  das  ein  haupt- 
moment  war,  dasz  ii]OC  in  bezug auf  eine  dritte  person  von  guten 
hss.  uns  nicht  überliefert  sei,  und  der  daraus  die  Vermutung  gezogen. 
^f)oc  sei  für  ioio  mit  bezug  auf  eine  erste  oder  zweite  person  ^einer 
marotte  zu  liebe'  an  fünf  stellen  der  Ilias  von  Aristarch  'einge- 
schmuggelt' worden  ('problem'  s.  57  und  VI),   aber  auch  jetzt  nocb 
hält  Br.  an  den  fUnf  Iliasstellen  (A  393.  0  138.  T  342.  Q  422  un  1 
550)  Zenodots  lesart  ^oio  für  die  richtige:  denn  'es  begreift  sich 
leichter,  dasz  ein  alter  Homerkritiker  an  den  fünf  stellen,  wo  ioio 
die  bedeutung  «deines»  hatte ,  einer  irrigen  doctrin  zu  liebe  dieses 
tdio  aus  dem  tezt  entfernte,  als  dasz  von  alters  her  an  den  ftnf 
stellen  if\oc  im  sinne  von  «wacker»  gestanden  hatte  und  nun  anstatt 
der  dem  sinne  nach  nicht  im  mindesten  anstöszigen  Verbindungen 
iratböc  ^fjoc  usw.    die  Verbindungen  iraiböc  ^oio  «deines  sohnes* 
usw.  sollten  eingesetzt  worden  sein  mit  einer  gebrauchsweise  de^ 
reflexivpronomens,  die  sonst  in  den  Homerischen  gedichten  durchaus 
nicht  geläufig  war'  (s.  443).  aber  für  wen  begreift  sich  dies  leichter? 
für  einen  der  da  weisz  dasz  dieser  'alte  Homerkritiker'  kein  anderer 
war  als  Aristarch  ?   der  da  weisz  dasz  dieser  eben  nichts  höher  hielt 
als  *codicum  auctoritatem'  (Lehrs  Arist.'  s.  360),  von  dem  es  hei^zt 
dasz  er  selbst  da  wo  er  an  eineid  ausdruck  anstosz  nahm,  5fi(UC  uttö 
TT€piTTf\c  €uXa߀iac  oubfev  ^€T^enK€v  (Didjmos  zu  I  222.  f  262. 


EKAmmer:  nochmals  fBr  Homer  und  AriBtarcb.  293 

B  665;  TgL  Aristonikos  za  H  114.  fT  636.  X  468.  ¥  857),  der  also 
der  eonjectoralkritik  entsagte?  freilich  das  hält  Br.  für  einen  aber- 
grlaaben:  denn,  sagt  er,  *es  steht  Iftngst  fest,  dasz  der  wegen  seiner 
ooBserrativen  tendenz  so  vielfach  gepriesene  kritiker  sich  in  freier 
ooi^jeetanUcritik  ergangen  hat  und  auf  diesem  wege  zum  textTer- 
fllicher  geworden  ist.  so  hat  er  zb.  —  und  ich  wähle  gerade  die- 
ses beispiel,  weil  hier  selbst  Lehrs  seinen  Schützling  nicht  zu  ver- 
teidigen weiaz  —  sich  eingebildet'  (problem  s.  2) ,  und  nun  folgt 
ds8  Ton  den  Aristarohomastiges  beständig  vorgeführte  paradestück 
TTHACI'AH'GEA- ,  das  Aristarch  so  schrieb ,  indem  er  einem  von  ihm 
Sber  JO^Xui  beobachteten  gesetze  glaubte  folge  leisten  zu  müssen 
(TgL  Lehrs  Arist.*  s.  362)  I  warum  wählte  nicht  Br.  ein  schlagen- 
deres beispiel  und  aus  eignem  verrat?  das  wäre  ihm  wahrlich  schwer 
g«&nen!  und  gesetzt,  Aristarch  habe  wirklich  ^oc  conjidert  für 
ioto,  das  in  dieser  gebrauchsweise  ^^  sonst  in  den  Homerischen  ge- 
diditcn  dorchaos  nidit  geläufig  war*,  wird  man  mit  solcher  leiden- 
scbftihn  darum  einen  'textverfälscher'  nennen? 

Nun  aber  erweist  sich  die  ganze  argumentation  Br.s,  die  er  in 
dem  latze  *e8  begreift  sieh  leichter'  usw.  darlegt,  als  eitles  gerede: 
doB  er  mnaz  sich  nach  seinem  *problem'  jetzt  zu  der  weitem  sehr 
folgenschweren  ooncession  verstehen,  dasz  Aristarch  es  gar  nicht  ein- 
ml  gewesen,  der  ^f)oc  für  idio  einsetzte,  was  wir  im  'problem'  s.  62 
ili  aeoste  Wahrheit  zu  lesen  bekamen:  *  Aristarch  benutzte  dieses 
Temeintlidie  adjectivum,  um  an  fünf  Iliasstellen,  wo  die  ausdrücke 
ircDbdc  ioto,  uloc  loio  und  dvbpöc  ioxo  auf  eine  zweite  person 
fieagen,  diesen  ihm  anstOszigen  gebrauch  aus  dem  text  zu  entfernen.' 
VIS  war  das  für  ein  geschrei,  das  darauf  hin  gegen  Aristarch  den 
'textrerderber' ,  den  *textverfälscher'  erhoben  wurde!    und  nun? 
vekben  traorigen  rflckzug  tritt  Br.  an ,  wenn  er  jetzt  also  schreibt : 
*dafiz  statt  dieses  icio  das  als  gen.  von  üc  angesehene  ix\oc  der 
Odfnee  schon  vor  Aristarch  eingedrungen  sein  konnte,  ja  wahr- 
Mheinlich  schon  von  ihm  vorgefunden  wiorde'  —  wie  verclausuliert, 
weil  gezwungen  V  kommt  hier  die  spräche  von  Br.s  lippen,  wo  ein- 
^des  Zugeständnis  das  einzig  richtige  gewesen  wäre,  nachdem  er 
»elbit  vorher  9UITÖC  iiioc  «»  *wacker'  als  von  einem  Homerischen 
diditsr  schon  gebraucht  angenommen  hatt>e !  —  'gebe  ich  zu.  wurde 
CS  Mhon  vor  Aristarch  gelesen,  so  hat  er  dann  doch  immerhin  d6n 
Wgriff  gethan,  dasz  er  unter  den  beiden  ihm  vorliegenden  lesarten 
^ilsefa  wählte'  (s.  443).   also  Aristarch  hat  nach  Br.  jetzt  nur  noch 
oita  'iehlgriff  gethan',  er  hat  falsch  gewählt !  wie  ?  Br.  hat  ja  selbst 
konTorher  erUhrt,  die  Verbindungen  iraibdc  ioio  ■=>  'deines  sohnes' 
^^.  teigteD  eine  gebrauchsweise  des  ioio,  'die  sonst  in  den  Home- 
riichen  gediehten  durchaus  nicht  geläufig  war*,  und  in  diesem  falle 
«oQte  Aristarch,  wenn  er  if\oc  in  seinen  hss.  fand  —  und  Br.  ge- 
steht ja  das  zu,  sowie  auch  dasz  sein  'handschriftlicher  apparat  ein 
^^v^Wgreicherer  war  als  der  seiner  Vorgänger'  und  dasz  'er  diesen 
•ppsrat  im  grossen  und  ganzen  auch  verständiger  und  gewissen- 


294  EKammer:  nochmals  fOr  Homer  und  Aristarch. 

hafter  benutzte  als  die  Vorgänger  den  ihrigen'  ('problem'  s.  3)  ~ 
ich  sage ,  wenn  Aristarch  unter  solchen  umständen  tf[oc  dem  ^oio 
vorzog,  sollte  er  darum  einen  Vorwurf  verdienen?  würde  nicht  jeder 
wissenschaftliche  und  seiner  sache  ernsthaft  dienende  kritiker  ganz 
ebenso  verfahren  ?  und  Aristarch  hat  —  von  allem  abgesehen  - 
£f)oc  handschriftlich  vorgefunden,  nicht  selbst  erst  in  diese  stellen 
der  nias  hineinconjiciert:  das  ist  auszer  aller  frage,  die  Wendung 
i^TVÖTiKC  (sc  ZiivöboTOc)  bk  Tf|V  \ii\v  (Ariston.  zu  0  138,  vgl.  zu 
Q  528)  sagt  das  offenbar,  wenn  man  nicht  Aristarch  hier  der  Ifige 
zeihen  will. 

Ob  Aristophanes  auch  if]OC  gelesen  und  ob  er  zu  dem  freiem 
gebrauch  des  pronomens  dieselbe  Stellung  gehabt  hat  wie  AiistarckV 
Br.  meint  dasz  sich  dies  nicht  ermitteln  lasse  ('problem'  s.  116'. 
da  man  weder  aus  den  scholien  zu  K  397  noch  zu  ß  206  einen  an- 
hält finden  kOnne.  ich  meine  äoch ,  dasz  diese  beiden  stellen  einen 
einblick  gewähren,  wenn  man  sie  eben  nicht  absichtlich  misverstehen 
wül.  denn  aus  welchem  andern  gründe  hätte  Aristophanes  K  397 
— 399  athetieren  sollen  als  wegen  des  anstöszigen  gebraachs  von 
cq){ct  B=  ö^Tv  aäroic?  Aristarch  verfuhr  ja  zuletzt  ganz  ebenso! 
und  sicher  las  Aristophanes  ß  206  Tt)c  dp6Tf)c,  nicht  fjc  ^perfic  » 
fmfcT^pric:  denn  die  werte  'ApiCToq>dviic  bt  Ö7rdiTrr€U€  töv  ctixov, 
V€urr€ptKÖv  X^T^v  Svo^a  tö  Tf)c  dp€Tt)c  besagen ,  dasz  er  den  ihm 
auffälligen  gebrauch  des  artikels  nicht  durch  coxgectnr,  sondern 
durch  annähme  der  unechtheit  beseitigte,  wir  sind  eher  berechtigt 
in  dieser  frage  zwischen  Aristophanes  und  Aristarch  Übereinstim- 
mung anzunehmen,  da  in  den  scholien  kein  anhält  zu  einer  ent- 
gegengesetzten ansieht  vorhanden  ist. 

Zenodotos  war  es  der  doTo  schrieb  statt  Ifloc,  das  er  nicht 
kannte  (i^tvöiik€  Tf|V  \&\V'  Ariston.  zu  0  138);  es  ist  wol  anzu- 
nehmen,  dasz  er  ^olo  schlechtweg  ^  lb{ou  nahm  und  so  sich  auch 
hier  nicht  unterrichtet  zeigte  über  den  eigentlichen  und  Homeri- 
schen gebrauch  des  pronomens.  gerade  die  Homerische  wort- 
erklärung  befand  sich  vor  Aristarch  in  dem  allertraurigsten  zu- 
stande, erst  ihm  war  es  vorbehalten  dieses  gebiet  mit  wissenschaft- 
licher kritik  zu  behandeln,  über  die  kindlichen  versuche  zu  einer 
Worterklärung  vor  diesem  gelehrten  sind  wir  durch  seine  bemer- 
kungen  gegen  die  glossographen  unterrichtet  (vgl.  Lehrs  Arist ' 
s.  36  ff.),  ein  beispiel  mag  hier  erwähnt  sein,  die  erklärung  von 
ToToc.  wir  lesen  bei  Ariston.  zu  ¥  16:  f|  bm\f\  ÖTi  aöSriTiKOJC  tö 
TOiov,  oäx  Oüc  o\  TXuiccoTp<iq>oi  diStoOciv  dtaOöv,  und  bei  Eust.  zu 
b  206  über  to(ou  tdp  Kai  irarpöc :  icT^ov  ön  tö  Toiou  jap  norpoc 
o\  TXuiCCOTpdq)Oi  dvrl  toO  dtaOoO  q>adv.  danach  kOnnte  man  auch 
annehmen,  dasz  schon  sehr  früh  ^oto  zum  teil  in  folge  der  Wen- 
dungen iraiböc  ioiOj  uloc  ^oio,  dvbpöc  doio,  wo  neben  toio  dieles- 
art  if\oc  sich  befand ,  als  in  der  bedeutung  identisch  mit  ^fioc  » 
dtctOoC  gefaszt  wurde,  die  Vorstellung ,  dasz  iöv  nicht  nur  prono- 
men  sei ,  sondern  auch  dasselbe  wie  dtaDöv  bedeute ,  war  jedenfiall» 


EKunmer:  nochmals  fSr  Homer  und  Aristarch.  295 

iptterTerbreitei:  vgl.  Apoll.  Dysk.  ircpi  CUVT.  s.  155,  28  vCv  y&Q 
4paav  oÖK  dvTUJVu^iKuic  xeicOai  tö  Iöv,  dXX'  ^irtTaTiKoic 
ojMnvov  TÖ  äxoBöy,  und  ircpl  dvruiv.  p.  60^,  wo  zu  der  stelle  aTrei 
i'oiuivöv  ^öv  firrcXov  (Q  292)  ApoUonios  bemerkt,  dasz  einige  hier 
das  iiCTOpcmKÖv  des  pronomens  nicht  erkannt  und  entweder  Tax^  v 
irr^ov  geschrieben  oder  das  iöv  «»  dTOiOöv  verstanden  hätten. 

Also  ^öv  wurde  nach  diesem  zeugnis  allgemein  durch  dxaOöv 
pmphrasiert.  Br.  will  dies  nicht  gelten  lassen ;  er  ist  der  ansieht, 
daa  nur  an  Abn  stellen,  wo  iöc  auf  die  zweite  person  sich  bezieht, 
e8  durch  &xaB6c  erklärt  sei,  'bei  bezug  auf  die  dritte  person  sich 
iOBst  nirgends  ein  iöc  durch  dyaOöc  erklärf  finde  (^problem'  s.  63). 
ftr  ihn  war  diese  behauptung  darum  von  solcher  bedeutung,  weil 
ach  so  leicht  die  folgerung  ergab,  dasz  Aristarch,  der  ja  nach  Br. 
zoost  für  Idio  sein  ^oc  «»  dtctOoD  als  correctnr  schrieb,  somit 
mittelbar  die  Veranlassung  ward,  dasz  an  diesen  stellen  ioio  «=> 
droteO  erklärt  werden  konnte,  jetzt,  nachdem  Br.  seine  behauptung 
zarfickgenommen  und  if\oc  an  den  fünf  Iliasstellen  ^schon  von  An- 
storeh  vorgefunden'  sein  läszt,  und  zwar  —  fügen  wir  hinzu  —  nicht 
alt  oocreetnrf  sondern  als  lesart  (i^öiik€  bk  Tf|v  X^Siv),  fällt  jede 
beochung  von  Br.s  argumentation  auf  Aristarchs  verfahren  fort,  es 
mig  richtig  sein ,  dasz  wir  in  den  scholien  die  paraphrase  des  döc 
duth  droOöc  nicht  finden:  kann  das  nicht  bloszer  zufall  sein  bei 
der  so  Iflokenbaften  Überlieferung  derselben?  und  läszt  sich  dieser 
negative  beweis  Br.s  festhalten  gegenüber  dem  positiven  oben  an- 
gefahrten Zeugnisse  des  ApoUonios?  wie  verhält  sich  nun  Br.  zu 
daa  letztem?  er  sucht  es  für  ungültig  zu  erklären,  war  es  denn 
wX  nch  selbst  im  widersprach  und  im  gedankengange  verworren, 
da«  ein  kritiker  berechtigt  war  es  als  zeugnis  zu  bemängeln?  mit 
aidten:  an  klarheit  läszt  es  nichts  zu  wünschen  übrig. 

Des  ApoUonios  bemerkung  nepl  dvruiv.  s.  60**  bezog  sich,  wie 
tdon  gesagt,  auf  Q  292  atrci  b'  oiuivöv  ^öv  dTTcXov,  worte  der 
Hekabe,  mit  denen  sie  Priamos  auffordert  Zeus  um  einen  wahrsage- 
Tog^,  seinen  boten  (^öv  äTT^Xov)  zu  bitten;  v.  310  wendet  sich 
Piunios  im  gebet  an  Zeus:  ir^^ifiov  b*  oiujvöv,  raxuv  fiTT^Xov. 
ApoQonios  las  also  v.  292  iöv  dVrcXöv:  er  erklärt  die  auffassung 
Tim  üv  ■"  aÖToC,  weist  die  lesart  tqxuv  zurück  und  verwahrt  sich 
gegen  die  bedeutung  dtaOöv:  es  ist  demnach  doch  offenbar,  dasz 
n  Toa  iöv  für  v.  292  spricht,  dasz  er  v.  310  nicht  auch  i6v  vor  sich 
gehabt  haben  kann,  da  dies  dann  mit  bezug  auf  eine  zweite  person 
giaagt  und  von  ApoUonios  mit  der  entsprechenden  bemerkung  be- 
S^eitet  worden  wäre.  Br.  aber  kommt  es  gerade  darauf  an,  für 
T.  310  iöv  mit  bezug  auf  die  zweite  person  als  die  ursprüngliche 
l«iart  xa  bekommen,  und  indem  er  sich  beraft  auf  die  fragliche  be- 
obichtoBg,  dasz  'bei  bezug  auf  eine  dritte  person  sich  sonst  nirgends 
«ia  Üc  durch  äcfoBöc  erklärt'  findet,  schlieszt  er  frischweg :  *es  kann 
vol  kein  zweifei  obwalten ,  dasz  ApoUonios  oder  schon  seine  quelle 
auf  292  bezogen,  was  eigentlich  auf  310  gieng*  (*problem' 


296  EEammer:  nochmals  für  Homer  und  Aristarch. 

s.  63).  aber  Apollonios  spricht  sich  über  diese  stelle  nicht  nur  ncpi 
dvT.,  sondern  noch  einmal  iT€pl  CUVT.  s.  155,  28  aus;  er  erklftrtanch 
hier  i6v  in  iöv  äTT^^ov  als  nicht  reflezivisch ,  sondern  ^€Tiöv  de 
d7rXf]v^€TdG€Civ  und  paraphrasiert  aiT€i  ^öv  drT^Xov  mitolTEi 
TÖv  auTOÖ  äTT^Xov.  wie  soll  sich  dies  nur  auf  v.  310  beziehen 
können,  womit  Zeus  angeredet  wird?  wie  sollte  Apollonios  die  dirXii 
jüi€Td6€Cic,  die  erklfirung  des  iöv  durch  aäroö  für  y.  310  haben  an- 
nehmen können  ?  man  müste  nur  glauben,  dasz  dann  Apollonios  bei 
dieser  partie  so wol  in  der  schrift  irepi  dvT.  als  auch  und  noch  Iftnger 
in  der  Tr€p\  cuvT.  geschlafen  habe ,  was  anzunehmen  allerdings  gu 
keine  Schwierigkeit  für  Br.  zu  haben  scheint,  es  sei  aber  auch  nur 
auf  die  bei  Lehrs  quaest.  ep.  s.  67  —  auch  Br.  citiert  die  stelle  — 
gesammelten  Zeugnisse,  in  denen  i6v  ganz  allgemein  und  schlecht- 
weg durch  dtoiGöv  glossiert  wird:  i6v  TÖ  Ibtov  Kai  TÖ  dyadöv  — 
dd  Td  dTaOd,  und  dies  ist  gewis  der  hauptgrund  für  t6c  «»  dtoBoc, 
weil  TÖ  iöv  *das  einem  zugehörende,  der  besitz'  leicht  in  die  bedeu- 
tung  'das  gut'  übergehen  konnte. 

Das  ist  eben  das  tadelnswerte,  ich  musz  es  sagen,  das  dilettan- 
tische in  dem  verfahren  Br.s,  dasz  er  unter  den  lockenden  yor- 
Spiegelungen  seiner  hypothesen  die  quellen  völlig  willkürlich  be- 
nutzt und  sich  oft  nicht  einmal  die  musze  gönnt,  zum  verstftndnis 
derselben  durch  einfaches  übersetzen  zu  gelangen,  ich  habe  in  mei- 
nen recensionen  beispiele  hierfür  zur  genüge  angeführt;  hier  beige- 
legenheit  des  if\oc  sei  noch  auf  eins  aufmerksam  gemacht,  das  gleich- 
falls von  seiner  willkürlichen  art  zu  schlieszen  und  behauptongen 
auszusprechen  zeugnis  ablegt. 

H  9.  10.  11  lauten  die  versausgänge  also:  uloc  ^oio  —  linro- 
bd^oio  —  narpöc  ^oio.  für  uloc  ^oio  bietet  Eustathios  s.  964,  IS 
moc  ^f)Oc,  was  Br.  zu  sein  scheint  'ohne  zweifei  die  emendation 
eines  grammatikers,  dem  der  reimende  ausgang  der  drei  verae  9—11 
nicht  behagte'  (s.  58).  Br.  f&hrt  darauf  also  fort:  'überdies  gibt 
Eustathios  zu  seiner  lesart  eine  längere  auseinandersetzung,  die  ganz 
so  audsieht ,  als  habe  ihm  eine  auslassung  eines  grammatikers  vor- 
gelegen, die  sich  auf  den  gleichen  ausgang  idlo  in  v.  9  und  11  be- 
zog, und  als  habe  er  nun,  der  in  seinem  exemplar  v.  9  £t]0C  vor 
äugen  hatte,  diese  auslassung  falsch  bezogen  und  danach  seine  an- 
merkung  zu  £f)oc  zurechtgemacht.'  die  'längere  auseinandersetzung' 
bei  Eustathios  lautet  also  s.  964,  18  £f.:  öpa  b'  ^vraOBa  Trapiciu* 
civ  &ixa  Kai  noXuu)vu^(av  cuvi'iGn  xal  uiroiraprixnc^v  U 
Tiva  7ToiiiTiicf|V  iv  Tip,  cdKOC  cUcTO  uloc  dfjoc,  6  b*  H* 
dcTfiba  TTttTpöc  doTo*  tö  ^tv  T^p  uloc  Kai  tö  if\oc  irapicoöci. 
TÖ  bi  4fioc  KCl  TÖ  doTo,  cl  Kol  ^f|  cöxpTicToOvTai  XÖTip  weZiJ»,  dXXä 
iTOiiiTiKU)T€pov  Kai  TToXuuivu^oOvTai  Kai  irapiixoöci.  ob  diese  note 
geistvoll  ist,  darauf  kommt  es  hier  nicht  an;  an  deutlichkeit  Iftszt  sie 
jedenfalls  wieder  nicht  das  mindeste  zu  wünschen  übrig.  Eustathios 
betrachtete  —  das  sagt  er  mit  klaren  Worten  —  uloc  ^oc  und 
irarpöc  ^oTo  und  fand  nap(cuictcinulocdf]oc  (ÖM0idnTU)T0v\ 


EEammer:  nochmalB  fQr  Homer  and  AriBtarch.  297 

poljonymiein  dem  abwechsehiden  gebraache  von  if\oc  und  ^oTo 
Qiid«Bsiadem  in  dem  gleichen  anlaat von  ^fioc  und  ioio  noch  irap- 
nxncic.  wer  aus  diesen  werten  herauslesen  kann,  dasz  eigentlich 
her  dem  Enstathios  eine  auslassang  eines  grammatikers  vorgelegen 
habe,  da»  den  gleichen  ausgang  löxo  in  v.  9  und  11  betraf,  die 
Ewtathios  aber  fUschlioh  bezogen  habe,  der  ist  ein  rflckwftrts 
Khniaider  prophet,  der  mehr  sieht  als  sonst  eines  sterblichen  äuge« 
«K  Enstathios  sagt,  passt  nur  auf  ^f)OC  und  ioTo,  nicht  für  ioio  — 
ioto,  denn  dann  wftre  nicht  iropicuicic,  nicht  iToXuwvu|iia,  nicht 
;ra(N|xr|cic.  Br.  ftUt  es  aber  wieder  nicht  schwer  zu  erklKren,  Eusta- 
Udos  habe  geschlafen  und  in  solchem  zustande  eine  anmerkung  sich 
znrecfat  gemacht,  die  sich  auf  ganz  anderes  hfttte  beziehen  sollen. 

Constatieren  wir  nun,  zu  welchen  modificationen  und  con- 
(xmimmt  Br.  sich  bereits  seit  erscheinen  seines  'problems'  herbei- 
gebssen  hat,  welche  von  seinen  dort  vorgetragenen  hypothesen  er 
lorfickgenonunen ,  welche  er  noch  festhält. 

1)  {f|OC  war  nach  seinem  ^problem'  nur  an  zwei  stellen  der 
Odyssee  ursprünglich  und  hier  in  der  bedeutung  'herr*  gebraucht; 
jetxt  hSlt  er  diese  bedeutung  nur  fOr  o  450  fest,  während  £  505 
if\fK  «B  *waeker'  schon  ein  nachdichter  gebraucht  hat. 

2)  nach  dem  *problem'  war  das  später  misverstandene  if\oc  «» 
^herr'  von  Aristarch  benutzt,  um  es  fdr  ioxo  mit  bezug  auf  die  zweite 
penoB  einsusetzen:  dort  las  man  s.  54:  Von  der  lesart  ix\oc  be- 
tttpten  wir,  dasz  sie  eine  erfind ung  Aristarchs  ist.'  jetzt  gibt 
Br.  zo  dasz  'wahrscheinlich  if\oc  schon  von  Aristarch  vorgefunden 
wurde',  damit  fiült  aber  die  eine  hälfte  der  so  laut  und  so  zuver- 
deküidi  hiiiaasgesproohenen  behauptungen  von  Aristarchs  ganz  will- 
kflriidie&  ändemng^n  in  sich  zusammen,  im  'problem'  s.  53  las 
ssA:  'dar  verdacht,  dasz  die  systematische  austreibung  des  allge- 
neiaen  reflexivpronomens  Aristarchs  werk  ist,  wird  zur  gewisheit 
traben  durch  genauere  betrachtung  einiger  Iliasstellen,  in  denen 
Zeaodot  toto,  Aristarch  aber  if\oc  las.'  was  ist  jetzt  aus  der  'ge- 
uoeni  betrachtung'  herausgekommen?  wie  kann  sie  jetzt  noch 
jenen  ^verdacht  zur  gewisheit'  erheben? 

3)  jener  'verdacht'  bezog  sich  darauf,  dasz  Aristarch  nach  Br. 
u  mehreren  stellen  für  oiS,  fjc  den  artikel  toO,  Tf^c  eingesetzt  habe. 
Br.  hatte  dafür  zwei  durchschlagende  gründe:  ^erstens  kommen  die 
«eadiingen  wie  toö  noTpdc  immer  nur  da  vor,  wo  bezug  auf  die 
<rM  odier  zweite  person  stattfindet,  nie  da  wo  der  ausdruck  auf  die 
'intte  person  geht,  hier  steht  allemal  oü  norrpöc  usw.  das  zweite 
^rgoacBt  ist,  dasz  einzig  auf  grund  der  fraglichen  stellen  dem  ar- 

funetion  substituiert  worden  ist,  die  er  sonst  bei  Homer 
hat.  allein  auf  ihnen  nemlich  basiert  die  annähme  eines 
pc f  lesaiven  gebrauche  des  Homerischen  artikels'  (problems.45  f.). 
't  hsMe  Jahrb.  1877  s.  654  ff.  darauf  hingewiesen,  einmal  dasz  toO, 
*t)c  aadi  mit  bezug  auf  die  dritte  person  vorkommen,  sodann  warum 
7CÜ  tfkc  gerade  besonders  in  bezug  auf  die  erste  oder  zweite  person 


298  EKammer:  nochmals  für  Homer  und  Ariatarch. 

80  passend  sei ,  und  drittens  dasz  man  durchaus  nicht  in  diesen  bei- 
spielen  possessiven  gebrauch  des  Homerischen  artikels  anzuneh- 
men habe,  sondern  dasz  hier  noch  die  Überreste  des  alten,  erhöhten 
artikels  vorliegen,  der  wie  ein  abgeschwächtes  demonstrativprono- 
men  so  prägnant  und  so  schön  hinweise  und  absondere.  Br.  hat  in 
seinem  'offenen  schreiben'  gegen  diese  meine  ausführungen  nichu 
positives  beizubringen  vermocht,  er  gesteht  mir  sogar  zu,  dasz  er 
aus  diesem  abschnitte  meiner  recension  ^einiges  nützliche'  lernen 
konnte,  damit  fällt  denn  aber  auch  die  andere  hälfte  von  Br.s  be* 
hauptungen  über  Aristarchs  'willkürliche  änderungen'.  was  bleibt 
also  von  seinem  'problem'  in  bezug  auf  Aristarchs  kritik  noch  als 
zu  recht  bestehend  übrig?  bekommt  der  vorurteilslos  prüfende  da- 
durch nicht  den  eindi^ck,  dasz  auf  der  ganzen  schlachtlinie  g^en 
Aristarch  der  rückzug  angetreten  und  die  lärmtrompete  abgesetzt 
worden  ist?  allerdings  das  offen  einzugestehen  geht  schon  nicht:  der 
kämpf  musz  noch  im  kleinen  und  einzelnen  durch  eine  schlecht  ge< 
übte  polemik  fortgeführt  werden. 

1.  Br.  hatte  Q  310  ^öv  ärTcXov  mit  'lieblingsbote'  übersetzt, 
ich  wies  darauf  hin,  dasz  auf  Br.s  ^öv  fixTcXov  folge  6ct€  col  auru! 
q>iXTaTOC  oiuivuiv,  auf  die  tautologie  'lieblingsbote  der  dir  der  liebste 
ist'.  Br.  erwidert  jetzt  mit  der  Übersetzung:  *den  lieblingsboteir  der 
dir  der  trauteste  isf  und  fügt  hinzu:  ^dadurch  wird  die  sache  zu- 
nächst schon  ein  bischen  anders',  diese  Übersetzung,  durch  die  die 
Sache  zunächst  schon  'ein  bischen  anders'  wird,  ist  doch  gar 
zu  spaszhaftl  ich  soll  mir  aber  auch  stellen  wie  iraTp(Hpovf)a  .  . 
6  o\  iraT^pa  kXütöv  ^icra  (a  2^9),  irepncriovac  dvOpuiTrouc  ot  irepi- 
vaierdtouci  ß  65,  Aiveiav  imövia . .  öc'^ot  foetci  usw.  ansehen  und 
nicht  so  thun,  als  existierten  die  allbekannten  epexegetischen  relativ- 
Sätze  überhaupt  gar  nicht  I  nach  diesem  zusammenhange  zu  urteilen, 
scheint  Br.  über  diese  epexegetischen  relativsätze  der  ansieht  zu 
sein,  dasz  sie  eigentlich  nichts  weiter  als  tautologien  sind;  ich  be- 
daure  dasz  ich  hierüber  eine  ganz  andere  ansieht  habe,  das  wird 
freilich  Br.  ganz  gleichgültig  sein;  so  «itiere  ich  ihm  eine  autoritäi. 
nemlich  Nitzsch,  der  zu  a  199  also  bemerkt:  'den  Vatermörder,  der 
ihm  den  vater  tötete',  wie  N  483  Alv€(av  ^mövra  •  .  2c  ^oi 
^TTCiciv.  dies  ist  die  zweite  art  der  epezegese.  teils  nemlich  ent- 
wickelt diese  den  gehalt  eines  inhaltsschweren  beiworts,  wie  wir  bei 
iToXtJTpOTroc  gesehen  haben,  teils  2)  gibt  sie  demselben  die  genauere 
beziehung,  wie  hier,  teils  endlich  3)  hat  sie  nur  die  Homerische  aru 
welche  einerseits  dem  hörer  die  geflügelten  werte  nicht  zu  karg  zu- 
miszt,  anderseits  den  neuen  gedanken  gern  mit  neuem  verse  anhebt' 
oder,  würde  ich  hinzufügen,  der  epexegetische  relativsatz  führt  in 
ausführlicherer  beschreibung  ein  gleichsam  voraus  angegebenes  thema 
weiter  aus,  zb.  M  294  dciT(ba  . .  KaXf)v  xctXKciriv  ärjXcrrov,  i^v  dlpa 
XaXxeuc  fiXac€V,  fvTocGev  hk  ßoeiac  ßdip€  9a^€tdc  usw.  vgl.  A47.')  i. 
hält  Br.  sein  ^6v  etwa  auf  der  stufe  wie  ircpiicriovcc ,  irarpoqpovtja, 
d6Xoq>öpouc  usw.  fQr  so  inhaltsschwer,  dasz  es  noch  durch  9(XTaT0C 


EKamnier:  nochmalB  tut  Homer  und  Aristarch.  299 

wdtcr  entwickelt  werden  xnusz  ?  das  döv  '=^  'lieb'  und  9iXTaT0C  kann 
doch  Ar  Br.  nnr  durch  die  abwechslang  von  'lieb'  und  ^traut'  'ein 
blicken  anders'  sein. 

2.  Wenn  Br.  es  noch  einmal  untemimt  Zenodots  lesart  olciv 
in  ßeX^cca  xaX  iyx^cw  C  231  zu  verteidigen  und  es  wirklich  ftlr 
mfi^üdi  hllt,  dasz  'noch  wtthrend  des  verwirrten  rttckzngs  von  den 
Troern  geschosse  geworfen  und  dabei  Troer  von  Troern  verwundet 
wurden'-- 'problem'  s.  31  stand  sogar  'im  hagel  der  geschosse'—, 
so  wehre  ich  es  ihm  durchaus  nicht  an  das  unnatürliche  dieser  sach- 
lagt  m  glauben,  wenn  er  mich  fragt,  woher  ich  das  so  genau  wisse 
'dKS  onmitielbar  beim  eintritt  der  Verwirrung  der  heeresmassen  das 
werfen  von  geschossen  von  seiten  der  Troer  eingestellt  wurde' 
IL 439),  so  erwidere  ich:  weil  das  in  der  natur  des  Schreckens  liegt, 
der  ZOT  wilden  flucht  treibt  und  hier  ganz  besonders  eines  Schreckens, 
den  das  gewaltige  geschrei  des  Peliden  verbreitet  über  die  Troer, 
^  sie  entsetzt  von  der  leiche  ablassen  und  zu  wildem  knftuel  zu- 
sumnengedräiigt  den  rttckzug  antreten:  iräciv  öpivOr)  Ou^öc*  drap 
raXUrpiXec  firrroi  |  &i|i  6x^0^  Tpöir€0 v  *  Sccovto  t^p  äXT€a  Ou^iiji.  | 
ijvioxoi  ö'  ^KnXnTCV  .  .  rpic  }iiv  . .  \ief6X*  faxe  öToc  ^AxiXXcüc, 
Tpic  Ik  KUKrjOii ca V  Tpu)€C  xXciToi t'  £it(koupoi  C  223  ff. :  ich  finde 
licht,  dasz  hier  vom  schleudern  der  geschosse  seitens  der  Troer  die 
rede  ist,  und  halte  auch  die  Situation  in  der  sich  die  Troer  befinden 
!xuxf|6r|ca  v)  als  nicht  geeignet  dazu,  wenn  mir  aber  Br.  das  gleich 
mof  folgende  'Axaiol  acnaciuic  TTcitpokXov  öit^k  ßeX^uiv  ipv- 
comc  entgegenhält,  so  verstehe  ich  das  so,  dasz  die  Achaier  die 
9nt.  die  ihnen  die  verwirrte  flucht  der  Troer  gegeben,  benutzten, 
UB  den  leiebnam  xmkK  ßcX^UiV  dh.  aus  schuszweite  zu  retten;  so 
i'^  imbc  ßcX^uiv  auch  TT  668  und  78  (vgl.  E  130)  von  geschossen, 
d:if  etwa  geworfen  werden  konnten,  ganz  allgemein  für  'aus 
«koazweite'.  —  4^  Grashofs  einwurf ,  dem  ich  gleichfiills  zuge- 
«ümmt,  dasx  ßeX^ecci  und  ^TX^c^  nicht  zusammengestellt  werden 
koBBten,  da  die  ^TX^^  unter  den  ß^Xea  schon  begriffen  seien,  hatte 
Br.  'problem'  s.  31  erwidert:  'dies  ist  unrichtig  (so  —  im  'offenen 
Khräien'  wird  dieser  passus  weggelassen  — ) :  die  lanze  diente  vor- 
^Q^iwiise  xom  stosz  im  nahkampf  und  gehört  also  nicht  schlechthin 
n  dai  wnrf  gesehoesen.'  ich  gab  ein  langes  Verzeichnis  von  stellen, 
Ji  dencB  das  tfXOC  geworfen  wurde,  natürlich  aus  keinem  andern 
poAde  als  um  zu  zeigen,  wie  oft  man  die  lanze  auch  warf,  und  dasz 
^  a  gleicher  weise  zum  stosz  wie  zum  wurf  diente,  je  nach  der 
fciegenheit,  dasz  sie  jedenfalls  also  auch  ein  wurfgeschosz  genannt 
wfrdcn  kOmie:  daa  trftgt  mir  von  Br.  die  beurteilung  ein  'bei  dieser 
.foaierliohkeit  Ihrer  argumentation'.  und  versteht  nicht  Br.  selbst 
^lUs  pAca  die  geworfenen  lanzen,  wie  das  ja  aus  seiner  aufTassung 
fca  uffix  ßcXäuv  hervorgeht?  und  da  kann  er  behaupten,  dasz  'es 
txkt  riditig  ist',  dasz  unter  den  ß^Xea  die  IfXea  schon  begriffen 
«m?  ich  verweise  noch  auf  6  513  f.  uic  Tic  ß^Xoc  . .  ir^cci], 
SMmcvoc «iUji fj  IfX^i  dEudcvn. 


300  EKammer:  nochmals  für  Homer  and  Aristarcix. 

Und  nun  noch  ein  paar  worte  über  Br.s  verfahren  gegen  An- 
starch  als  kritiker.  in  seinem  'offenen  schreiben'  behauptet  er,  ich 
hätte  ihm  das  'gröbste  unrecht'  angethan ,  wenn  ich  ausgesprocheii, 
Aristarch  sei  von  ihm  ^textverderber'  genannt  worden;  er  will  dieses 
prädicat  jetzt  nur  auf  die  verse  beschrftnkt  wissen,  'in  denen  68  sich 
um  den  freiem  gebrauch  der  reflezi vpronomina  der  dritten  person  ban- 
delt' (s.  444).  wie  ?  wenn  Aristarch  wirklich  in  diesen  yersen  die  finde- 
rung  getroffen  hat  in  der  art  wie  sie  Br.  ihm  schuld  gibt,  dann  wftre  er 
nicht  der  'eigentliche  textv  erderber'?  aber  Br.  scheint  jetzt  seine 
vorrede  völlig  vergessen  zu  haben,  wo  s.  VI  also  zu  lesen  ist:  'dasx 
Aristarch  mit  der  Überlieferung  gelegentlich  ganz  willkürlich  oxnge* 
sprangen  ist  und  einer  marotte  zu  lieb  weitgreifende  und  stellenweise 
recht  ungeschickte  ttnderungen  sich  erlaubt  hat,  dafür  glaube  ich  in  der 
vorliegenden  Untersuchung  nicht  wol  anzufechtende  beweise  geliefert 
zu  haben',  sowie  s.  2 :  'es  steht  l&ngst  fest ,  dasz  der  wegen  eeiser 
conservativen  tendenz  so  vielfach  gepriesene  kritiker  sich  in  früer 
conjecturalkritik  ergangen  hat  und  auf  diesem  wege  zum  textver- 
falscher  geworden  ist.'  kann  man  deutlicher  und  ungeschminkter 
seine  ansieht  aussprechen?  Br.  beschuldigt  mich  aber  femer,  dasz 
es  'eine  ganz  ungerechtfertigte  verdSchtigung' meinerseits  sei 
dasz  ich  behauptet  hätte,  er  hätte  'Verdächtigungen  gegen  Aristarch 
ausgestreut',  und  das  soll  keine  'Verdächtigung'  sein,  wenn  man 
den  mut  hat  von  Aristarch  zu  sagen,  er  habe  sich  das  &\(K  an  ftlnf 
Iliasstellen  aus  den  fingern  gesogen,  trotzdem  es  bei  Aristonikoä 
deutlich  lautet:  i)tv6iik€  (Zenodotos)  Tf|v  X^gtv,  was  doch  heistt, 
Aristarch  habe  df)oc  an  dieser  stelle  vorgefunden?  Br.  erklärt  jetzt 
er  habe  diese  worte  bei  Aristonikos  'nicht  gehörig  berücksichtigt' 
(s.  434).  kann  dies  geständnis  sein  verfahren  entschuldigen,  wenn 
er  solche  behauptungen  ausspricht,  ohne  einmal  das  wenige  in  dieser 
frage  vorliegende  material  'gehörig  berücksichtigt'  zu  haben?  und 
gesetzt,  Aristarch  habe  im  sinne  Br.s  im  gebrauch  des  reflexivprono- 
mens  sich  änderungen  erlaubt,  jeden&lls  hat  er  doch  in  dieser  frage 
ein  wissenschaftliches  princip  verfolgt:  ist  es  da  'pietätsvoU',  wenn 
Br.  dies  'eine  marotte'  zu  nennen  wagt?  wie  soll  man  solche  un- 
reife des  Urteils  nur  benennen?  und  wie  steht  es  jetzt  überhaupt 
mit  Br.s  behauptungen  von  Aristarchs  'weitgreifenden  und  stellen- 
weise recht  ungeschickten  änderungen'  ?  ich  habe  ja  oben  constatiert, 
was  von  diesen  noch  bestehen  bleibt. 

Br.  glaubt  nach  seinem  'offenen  schreiben'  berechtigt  zu  sein. 
auch  einem  manne  wie  Aristarch  gegenüber  'da,  wo  es  das  interesse 
der  Sache  erheischt,  Irrtümer,  die  man  für  soldie  halten  musz,  un- 
umwunden au&udecken'  (s.  444).  gewis,  das  bestreite  ich  nicht  nur 
musz  man,  besonders  wenn  man  auf  einem  gebiet  anftnger  ist, 
gegenüber  einem  meister  auf  diesem  gebiet  auszerordentlidi  tot* 
sichtig  sein,  seinem  eignen  urteile  mehrmals  mistrauen,  bevor  man 
über  irrtümer  in  so  lauter  weise  spricht  imd  —  man  musz  überhaupt 
der  mann  dazu  sein,   dasz  Br.  wenigstens  mit  seinem  'problem'  al^ 


EEunmer:  nocfamalB  für  Homer  und  Aristarch.  301 

noch  sieht  dazu  berufen  8icb  erwiesen,  das  habe  ich  an  einer  reihe 
edatiBter  beispiele  zu  zeigen  gesucht,  in  denen  er  in  der  allergröb- 
Uduten  weise  die  scholien  misverstanden  bat :  Br.  drückt  sich  selbst 
Üertber  —  ich  glaube  recht  milde  —  also  aus:  *meine  Untersuchung 
eotklU  im  einzelnen  wirklich  ein  paar  recht  unschöne  irrtllmer.'  ich 
hah9  ferner  nachgewiesen,  dasz  Br.  über  den  griechischen  artikel 
tnrts  der  hoehfahrendsten  redewendungen  nicht  im  mindesten  orien- 
tiert war.  offen  dies  anszusprechen  und  nach  kräften  zu  verhindern, 
diu  fthaliehe  ohne  die  genügende  Vorbereitung  erfolgende  angriffe 
nf  ein  gebiet  fem  bleiben,  das  nicht  durch  sdbnellfertiges  anlesen 
a  erobani  ist,  das  erschien  mir  pflicht,  und  wenn  jetzt  Br.  behauptet, 
'lodere  leute'  als  ich  hätten  ihr  urteil  ja  schon  über  seine  unter- 
adimg  abgegeben,  hat  er  wirklich  denn  schon  das  völlig  zer- 
malmende urteil  von  Lehrs,  das  die  'monatshefte'  brachten,  ver- 
genen?  es  wäre  gehässig  von  mir,  wollte  ich  hier  jetzt  einige 
passos  aus  dieser  recension  hersetzen,  ein  mann  aber,  dem  die 
lOendüinunsten  Sachen  nachgewiesen  sind,  sollte  nicht  den  mund 
to  Tott  nehmen  und  worte  gebrauchen ,  wie  'er  wolle  mir  öffentlich 
tmm  qiiegel  vorhalten'  —  um  was  darin  zu  zeigen?  die  eigne  leer- 
beit,  die  jetzt  mit  groben  ausfUlen  sich  zu  umhüllen  sucht,  ich  kann 
midi  in  seinem  'spiegel'  ruhig  betrachten,  ich  wünsche  Br.  dieselbe 
gtmfllBnilie  meinen  recensionen  gegenüber. 

Und  niin  noch  eins.  Br.  sagt  s.  437:  *meine  sanskritformen 
uid  meine  sla vischen  und  litauischen  formen  sind  Urnen  ja  doch  wol 
BBT  blendwerk  der  hölle.'  wie  sollten  sie  mir  das  sein,  da  ich  nichts 
dsTCB  veratehe  und  mich  wol  hüte  über  Sachen  zu  sprechen ,  die  ich 
oicbt  verstdie?  ich  meine  nur  —  und  das  betrifft  auch  den  mir  von 
Br.  gemachten  Vorwurf,  ich  hätte  die  sprachwissenschaftliche  grund- 
4ge  seiner  gansen  Untersuchung  bestritten  — ,  man  wird  auszer- 
tTdentlieh  mistranisch,  wenn  ein  gelehrter  von  sprachwissenschaft- 
Umu  Stadien  aus  auf  ein  speciell  griechisches  gebiet,  um  hier  zu 
'fencnoy  sich  begibt  und  da  als  völlig  ungenügend  vorbereitet  und 
'•hat  die  nötigsten  Vorkenntnisse  sich  ausweist:  ein  derartiges  ver- 
t^hm,  glaube  ich,  kann  auch  der  Sprachwissenschaft,  vor  deren 
ieh  mich  in  ehrfurcht  beuge,  nicht  erwünscht  sein.* 

EdnoeBBBO.  Eduabd  Eammsb. 

*  [kiemit  möge  diese  polemik  in  dieeen  biftttem  getehlossen  sein. 

die  redaetion.] 

43. 

ZU  APOLLINABIS  SmONIUS. 


Paol  Mohr  bespricht  in  seiner  programmhandlung  'in  Apolli- 
^  SidonH  epistulas  et  carmina  observationes  criticae  ezegeticae 
^«^ncae*  (Bondershausen  1877)  ua.  auch  die  stelle  carm.  II  271  ff. 
-«  Überlieferung  lautet  hier: 


302  EBoBsberg:  zu  Apollinaris  Sidonios  [carm.  II  273]. 

gens  ista  repenie 
erumpens  soUdumgue  ratis  transvecta  per  Isintm 
venerat  et  sectas  inddercU  orbita  lymphas. 
mit  recht  hält  Mohr  seäas^  welches  mit  inciderat  zusammen  einen 
unerträglichen  pleonasmus  hervorbringt^  für  verderbt  wenn  er  je- 
doch statt  jenes  wertes  siccas  su  lesen  empfiehlt,  so  kann  ich  diesem 
vorschlage  nicht  beistimmen,  zwar  will  ich  nicht  leugnen  dasz  unter 
siccas  lymphas  zur  not  eis  verstanden  werden  könnte;  indessen  wSre 
der  ausdruck  doch  in  einem  masze  geschraubt,  wie  es  der  vorliegen- 
den stelle  nicht  wol  anstünde,  wenn  Martiijis  IV  3,  7  sagt:  guis 
skcis  lascivü  aguis  et  ab  aethere  ludit?  so  ist  diese  bezeichnung  der 
Schneeflocken  dem  tone  des  ganzen  gedichts  völlig  angemessen;  hier 
aber,  wo  einfach  von  dem  Übergänge  der  Hunnen  über  die  gefrorene 
Donau  die  rede  ist,  werden  wir  einen  einfachem  und  natürlichem 
ausdruck  erwarten,  mir  ist  nicht  zweifelhaft  dasz  Sidonius  schrieb: 
et  strictas  inciderat  orbita  lymphas. 

Es  sei  mir  bei  dieser  gelegenheit  gestattet  eine  anzahl  von 
stellen  lateinischer  Schriftsteller  vorzuführen,  in  welchen  stringert 
sowie  seine  composita  adstringere  und  constringere  vom  gefrieren  ge* 
braucht  sind. 

1)  stringere:  Val.  Flaccus  Argon,  I  513  strictosque  insedi- 
mtis  afnnes.  Gellius  Vn  8  {Herodotas)  scribit  mare  JBosporioum  . . 
gdu  stringi  et  oonsistere.  Euphorbius  (anth.  lat.  537  Biese):  orbita 
signat  iter^  modo  qua  cavfM  alveus  ibatj  Strinxit  aquas  tenues  ui 
glaciaiis  hiems. 

2)  adstringere:  Ov.  ex  Ponto  III  3,  26  e^  coU  adstrictis 
barbarus  Ister  agtUs.  Lucanus  Phars.  1  18  bruma  rigens  .  .  Ad- 
stringit  Soythico  glaciaiem  frigore  pontum.  ebd.  V  436  sie  stau 
iners  Scythicas  adstringens  Bosporus  widas.  Curtius  VIU  4  im\ 
brem  vis  frigoris  concreto  gdu  adstrinxerat.  Butilius  Namat  I 
485  glade  riget  horridus  Ister  Orandiaque  adstricto  ftumme  plau- 
stra  vehit.  Claudianus  de  raptu  Pros.  II  praef.  18  pigrior  adstrict ks 
torpuit  Hebrus  aquis.  Anth.  lat.  709,  1  B.  Thrax  puer  adstrict ii 
glacie  cum  luderet  Hebro. 

3)  constringere:  Curtius  VII  3  oeterum  adeo  aUae  mves prc 
munt  terram  gdu  etperpetuo  rigore  constrictae^  ut  ne  avhim  qui 
dem  feraeve  uüius  vestigium  exstet.  Claudianus  de  bdto  Ottico  6( 
Gadülas  AquHo  glacie  constringat  arenas. 

Diese  beispiele  werden  genügen  meine  oben  ausgesprochene 
Vermutung  zu  stützen,  wie  leicht  übrigens  sectas  aus  strictas  ent 
stehen  konnte,  sieht  jeder,  dem  bekannt  ist  dasz  letzteres  wort  mil 

abkürzung  sldas  geschrieben  wird.  vgl.  auch  Bentlej  zu  Hör.  carm 
I  6, 18  gegen  ende. 

Norden.  Eonrad  Bossbbro. 


ALndwich:  zQm  Homerischen  Deneter-hymnos.  303 

44. 

ZUM  HOMEBISCHEN  DEMETER- HYMNOS. 


10  c^ßac  hi  T€  Trficiv  ibecOat 

dOovdTOtc  T€  Oeoic  f\bi  Oviitoic  dvOpumotc. 
ii  der  ha.  ist  t(bi  aus  \bk  corrigiert,  wodurch  Bücheier  zu  der  bemer- 
koag  bewogen  wurde:  'non  melius  Ocoictv  \hk.*  wenn  auch  nicht 
besser,  so  doch  Tielleicht  ebenso  gut?  nein:  denn  in  dieser  formel- 
bift  gewordenen  Wortverbindung  ist  zwar  i^b^  üblich  (wie  oöb^, 
OVTC,  1^,  keineswegs  aber  ib^.  die  einzige  stelle  an  der  dies  vor- 
kozrimt  wnrde  durch  metrisches  bedürfnis  veranlaszt:  irXeTcTa  6€U)V 
«bubcv  U>€  Ovt)t£iv  ivOpiIrrruiv  Hesiod  Th.  887.  vgl.  de  hezametris 
poetarum  gr.  spond«  s.  51  f. 

12  ToO  xai  diTÖ  i^ar\c  dxaTÖv  xdpa  ä€iT€(puK€t , 

KTlUlbCl  b'  Öbfl^  TläC  t'  OUpaVÖC  €UpÜC  U1T€pd€ 

rata  T€  Tide*  £T^Xacc€  xal  dXfiupöv  oib^a  OoXdcciic. 
so  Bnhnken  und  nach  ihm  die  meisten  hgg.  für  xwbiCT*.  öbfif)  irfic 
h*  oupavöc  usw.,  dh.  'von  duftendem  wolgeruch  lachte  der 
ganze  weite  himmel  droben  und  die  ganze  erde  und  die  salzige  woge 
des  meeres',  ähnlich  wie  bei  Catullus  64,  284  guo  permidsa  damus 
mamdo  risU  odore.  die  metapher  ist  unzweifelhaft  sehr  ungewöhn- 
lich ond  will  mir  der  einfachen  ausdrucksweise  unsere  hymnendich- 
Un  am  allerwenigsten  angemessen  erscheinen,  da  sie  nur  auf  con- 
.«ctur  beruht,  so  mag  es  erlaubt  sein  etwas  anderes  vorzuschlagen, 
vai  der  Überlieferung  ebenso  nahe  kommt,  ohne  doch  in  dem  grade 
«vRohnkens  coigectur  gegen  den  ton  des  dichtere  zu  verstoszen: 

ToO  Kod  dirö  ^(Ztic  ^kotöv  xdpa  £E€Tre(puK€i 

Ttttd  TC  itfic'  ^^acc€  xal  dXfiupdv  oTb^a  6aXdccTic. 
womit  lieh  dann  schon  eher  vergleichen  Iftszt  Theognis  8  ff. 
iffica  |iiv  iitX^cOii  Af)Xoc  ditetpeciti 
öbfAfic  dfißpocirfc,  ir^Xaccc  bk  yaia  mXiiipn, 
tA^ccv  bt  ßoOuc  itövTOC  dXöc  TroXif)c 
«a  wenig  ertrtglicher  als  die  Buhnkensche  conjectur  f&nde  idx  übri- 
gus  lehon  folgendes,  was  der  hsl.  lesart  noch  näher  steht: 
Toö  xal  dird  pilr\c  dxaTÖv  xdpo  ££€ir€(pux€t, 
Knuibfic  ^'  ^1>m4  ^^c  'f'  oöpavöc  edpOc  Stt€p6€  usw. 
Will  dnn  dbfiQ  sieh  natnrgemäsz  an  Kr)dibn^  anschlieszt  und  so  dem 
Tcrbuii  irä^cc  entrückt  wird. 

<o  Tf|v  b'  dexaZofi^VTiv  f)T€v  Aide  £w€cir|Ci 
icorpoxadtviiToc  iroXuamdvTuip  iroXub^TMUJV 
Iinrotc  ddotvdrroict  Kpövou  iroXuiiivufioc  ulöc. 
^  ktile  vers  seheint  mir  hier  viel  unpassender  sich  anzuschUeszen 
^  aa  das  vorausgegangene 

Xdv€  bi  xMiv  cdpudtuia 
Nuaov  hß  ir€btov ,  tQ  6poucev  dvc£  TioXub^TMu^v 


304  ALndwich:  znm  Homerischen  Demeter-hymnos. 

y.  16  f.,  während  Bücheier  umgekehrt  ihn  v.  18  getilgt,  dagegen 
y.  32  beibehalten  wissen  will:  v.  32  sei  'adscriptus  olim  ad  19\ 
ich  glaube  yielmehr,  dasz  durch  die  epitheta  iroXucimdvTUip  ttoXu- 
b^T^uiV  y.  31  sich  ein  Schreiber  bewogen  sah  dazu  den  y.  18  an  den 
rand  zu  schreiben:  fTnrotc  ädavdTOtci  Kpövou  ttoXuuivu^oc  iHöc. 
überflüssig  ist  dieser  yers  an  der  spätem  stelle  (y.  32)  jedenfalls : 
denn  dasz  Hades  bei  dem  raube  sich  seines  trefflichen  gespanna  be- 
diente, wissen  wir  bereits,  dagegen  an  der  frühem  stelle  (y.  18)  ihn 
zu  streichen  halte  ich  deswegen  für  bedenklich,  weil  hier,  wo  dts 
plötzlich»  heryorstürmen  des  unterweltsgottes  geschildert  wird ,  die 
erwähnung  seines  berühmten  gespanns  mehr  als  irgendwo  geboten 
erscheint,  das  6pouC€V  allein,  ohne  den  fraglichen  yers,  ist  doch 
gar  zu  kahl,  mit  Ilgen  (Matthiae  und  Preller)  anszer  y.  32  noch 
y.  30  f.  zu  yerwerfen  sehe  ich  keinen  grund. 

61  dXX'  ÖT€  bf|  b€KdTTi  ol  (sc.  Af\\xr\Tp\)  ini\\vB£  q)atvoXk  ^uic 
flVTCTÖ  ol  *6KdTTi  cikac  dv  X€ip€cctv  ^xouca 
Kai  ^d  Ol  dTT^J^^owca  ^ttoc  9dT0  9ÜJVTicdv  tc 
«TTÖTVta  Arj)iT]T€p,  (bpTi(pöp€  dTXaöbujp€, 

65   Tic  9€lI»V  OUpaVlUJV  ^k  ÖVriTUIV  dvGplilTTUJV 

f^p7rac€  n€pC€<pövTiv  Kai  cdv  9{Xov  flKaxe  Gu^öv ; 
9u)vf)c  )iäv  Tdp  dKOUc',  drdp  oäx  Tbov  öq)8aX^otctv 
öc  TIC  ir\v'  coi  b*  lixa  \ifijj  VTijiepTte  irdvTa.» 

in  diesen  yersen  ist  mir  zunächst  anstöszig  dTT^X^ouca,  da  die  wort« 
der  Hekate,  wie  sie  dastehen,  unmöglich  als  eine  dTT^Xta  anfgefaszt 
werden  können,  wenn  uns  jemand  gelegentlich  ganz  aus  freien 
stücken,  ohne  auftrag  und  ohne  befragen,  nichts  weiter  als  die  y er* 
Sicherung  abgibt,  er  habe  zwar  die  geraubte  schreien  gehön, 
wisse  aber  nicht,  wer  den  raub  verübte,  so  wäre  es  lächerlich,  die? 
als  b 0  ts ch af  t  zu  bezeichnen ;  und  ebenso  unpassend  ist  drr^X^ouca 
an  unserer  stelle.  Matthiae  war  einer  der  wenigen,  die  dies  fühlten : 
'puto  äfx^  Qiovca'  sagt  er;  'neque  enim  nuntiat,  drT^XXet,  quic- 
quam  Hecate.'  die  conjectur  ist  nicht  annehmbar;  ich  schlage  vor 
^TKOv^ouca  (ygl.  Hesychios:  ^tkovcovtcc'  circubovrcc,  ivcp- 
ToOvT€c,  dTieiTÖ^evoi.  ^tkövujc-  t^X^wc,  ^cireucfi^vuic.  Hom. 
r\  340  CTÖpecav  itukivöv  X^xo^  dTKOV^oucat  uö.).  —  Da  nun  ferner 
Hekate ,  wie  sie  selber  eingesteht,  der  suchenden  mntter  nichts  über 
das  yerbleiben  ihrer  entführten  tochter  sagen  kann,  sich  yielmehr 
auf  eine  teilnehmende  frage  und  eine  kurze  andeutnng  dessen  be- 
schränkt, was  Demeter  ohnehin  schon  weisz  (ygl.  y.  39):  so  sind  die 
Worte,  mit  denen  sie  ihre  anrede  schlieszt,  col  ö'  dixa  X^füi  vtiM^p- 
T^a  irdvTa  doch  mehr  als  naiy.  und  wie  erklärt  sich  nun  gar,  da&z 
beide  Göttinnen,  ohne  yorher  darüber  ein  wort  zu  yerlieren,  sofort 
zu  Helios  eilen?  'prorsus  mirum  est'  sagt  Hermaim  mit  recht,  'ne 
dicam  absurdum,  quod  Ceres  Hecaten,  negantem  se  quioqnam  scire, 
sequitur,  ita  ut  temere  et  casu  ad  Solem  peryenianl  sie 
demum  sequipoteratHecaten,  sihaecyiam  monstrasset/ 


ALudwich:  zum  HomeriBchen  Demeter-hymnos.  305 

Hennaan  vermutete  dasz  orsprttnglich  etwa  folgende  werte  den 
«cUna  der  rede  Hekates  bildeten: 

coi  b'  dixa  X^TOt  viuicpTca  irdvTa 
*HäLtoc,  Sc  irdvT*  £q)Op$  xal  irdvT"  £iTaKOU€t. 
mir  scheint  diese  Vermutung  vor  allen  anderen,  die  sonst  noch  vor- 
g«fancht  sindy  den  vorrog  zu  verdienen;  höchstens  kOnnte  man  sich 
Tenocht  fühlen  anzuneWen,  dass  in  dem  verlorenen  verse  auch 
Bocfa  die  snfforderung  enthalten  war,  die  rathlose  mutter  möge  sich 
SB  Helioe  wenden,  so  dasz  die  lücke  etwa  so  auszufüllen  wftre: 

cd  b'  lÜKa  X^TCiv  vTificpT^a  ndvra 
'H^Xioc  bOvarar  töv  b*  clpeo  cf)c  ncpl  Kouptic. 
(t^  unten  ▼.  63  xal  elpCTO  bm  Oeduiv  und  1 89  ou  tdp  Tic  buvarat 
tapa  ciir^cv.) 

et  'HAiov  b'  Tkovto  Oeuiv  acoiröv  iH>i  xal  dvbpuhf , 
CTOV  b'  '{inruiv  irpoirdpotOe,  xal  eipcTO  bta  Oeduiv* 
«*H^Xt'  alb€cca(  mc  O^ac  Cirep,  cl  irore  hi\  ceu 
i^  fiTCi  f{  IpT^P  xpabitiv  xal  6]U^öv  Ir|va  . . . 

aber  das  viel  besprochene  aTbecccrf  |i€  G^ac  Sit€p  urteilte  Hermann: 
'mihi  Sanum  videtur  6^ac  fiiT€p^  nisi  quod  lonice  scribendum  puto 
8ä|c  Heejohins:  6^av*  di|iiv,  6€uiptav,  fififiaTa.  obtestamur 
eftim  aliquem  per  ea  quae  is  potissima  habet/  an  sich  ist 
g«gen  den  letzten  satz  gewis  nichts  einzuwenden,  so  fleht  Hektor 
nAeh]llea8(X3S8f.): 

Xiccofi  *  öirtp  viixflc  xai  toövujv  cfflv  T€  Toxriun^ , 
^Tj  ^e  la  TTOpd  VTiucl  xuvac  xorabdiiion  *Axatdiv. 

KbHch  bittet  in  der  Odyssee  (o  260  ff.)  Theoklymenos  den  Tele- 

midios: 

tZi  q>(X*,  diT€i  C€  Ouovra  xtxdvui  Tif»b'  dvl  x^PM^t 
Xicco^i*  xmkQ  Ou^uiv  xal  ba{|iovoc,  aurdp  luena 
öfc  T*  auToO  Kcq>aXf)c  xal  Iralpwv,  o7  toi  Snovrai, 
dni  fiot  cipofi^vqi  vivicpT^a  usw. 

rt  wol  bezeugt  aber  auch  dieser  gebrauch  ist,  so  wenig  beweist  er 
^Mh  filr  unsere  stelle,  kann  denn  atbcccai  ^€  6^ac  6iT€p  jemals 
^oebbedeutend  sein  mit  Xicco^iai  C€  O^ac  uTicp?  kann  in  der 
oitn  Wendung  etwas  liegen,  was  dem  von  Hermann  darin  ver- 
dateten 'obtestor  te  per  visum  tuum,  per  oculos  tuos'  thatsftch- 
ü^  «ntspriehe?  gewis  nicht,  und  dennoch  sind  seit  Buhnken  die 
bitiker  immer  wieder  auf  jenee  Homerische  Xiccofi*  urrfep  —  zu- 
rtekgekommen.  nach  Aristonikos  zu  X  126  und  Q  208  erklärte 
AziiUrth  alb^C€Tai  durch  icpocbd£€Tat  djc  Ix^ttiv:  man  mag  diese 
<rUlrang  drehen  und  wenden  wie  man  wolle,  sie  wird  dennoch 
^BBrnennehr  sich  mit  deijenigen  Interpretation  unserer  stelle  ver- 
einbaren lassen,  nach  welcher  ^Demeter  den  allschauenden  Helios 
^iac  üircp,  bei  seinem  geeicht,  anflehen'  (JHVoss)  soll.  —  Dazu 
k^wmt  daez  nach  dem  vorausgegangenen  fi€  das  nachfolgende  Qiac 
0«ip  immQglieh  ohne  weiteres  bedeuten  kann  'bei  deinem  ge- 

Ar  dsM.  pUlol.  18T9  hit.  5  o.  0.  20 


306  ALndwich:  zum  Homeriscben  Demeter-hymnot« 

sieht'.*  das  fühlte  spftter  auch  Hermann :  'scribendnm  Ocöc  Girep, 
ob  filiam'  sagt  er  in  Frankes  ausgäbe,  daran  hatten  vor  ihm  schon 
andere  gedacht:  'ehre  mein  flehen  für  eine  gOttin,  fOr  die  rettong  der 
Persephone'  Voss,  'malim  tamen  dcdc  finep  de  ipsa  Cerere  dictum  ac- 
cipere,  ut  fere  Santenias :  me  oole^  si  dea  sum*  Mitscherlich.  ab  ob  das 
griechisch  wäre!  die  übrigen  coigecturen  (Bflcheler  hat  die  meisten 
aufgeführt)  übergehe  ich  mit  stillschweigen;  es  ist  keine  unter  ihnen, 
die  einen  Schimmer  von  Wahrscheinlichkeit  für  sich  hfttte.  alle  Schwie- 
rigkeiten werden  durch  hinzufügung  eines  einsigen  buchstaben  ge- 
hoben: *Hi\\*  o!b€Cca{  ^€  Gc&v  cO  Trcp,  cl  TtOT€  bi\  C€u  usw.  De- 
meter bittet,  Helios  wenigstens  möge  ihr  ehrende  achtung  beweisen, 
nachdem  sie  weder  bei  gOttem  noch  bei  menschen  hilfe  gefunden: 
T^  b'  oiinc  dufj-rufiia  fiiudificacOat  fiOeXcv  oCre  Ocuiv  oCre  6vrrnl»v 
ävOpuiTTWV  44  f.  die  nachdrückliche  hervorhebung  durch  irep  (rgl. 
y.  116)  ist  in  ähnlichen  fällen  bei  Homer  gew^mlich:  dXXd  cu 
TT^p  fitv  Ttcov  A  508.  cu  b*  äXXouc  Trep  TTavax^^o^  xeipo^dvouc 
iX^mpc  Karä  CTporöv  I  301.  dXXd  c^  ir€p  Trpo^Tui  A  796.  dXXd 
TTCp  oToc  Ttui  M  349.  —  Für  Ocdv  werden  andere  vielleicht  Oeuiv 
verlangen;  mir  schien  das  erstere  näher  zu  liegen. 

202  irp{v  T*  8t€  bf\  xXcuijc  ^iv  Md^ßt)  K^bv'  cibuTa 
TToXXd  itapacKunTTOuca  Tp^tiiaro  [irÖTVtav  drvfiv] 
MCibflcai  TcXdcai  t€  [xal  TXaov  qceiv  6u^öv] , 
fi  bf\  o\  xal  in&xa  [fiicOucTepov  eCabcv  öptoic]. 
Matthiae  und  Hermann  erklärten  diese  ganzen  vier  verse,  Franke 
nur  die  eingeklammerten  werte  für  Interpolation,    die  erwähnnng 
der  lambe  und  ihrer  erheiternden  späsze  ist  wol  ursprünglich;  da- 
gegen halte  auch  ich  es  für  sehr  wahrscheinlich ,  dasz  im  tfchetypn<s 
die  letzten  werte  von  v.  203  —  205  unleserlich  gewesen  und  von 
einem  abschreiber  ungeschickt  ergänzt  sind,     die  grenze  zwischen 
echtem  und  unechtem  hier  genau  zu  ziehen  ist  allerdings  schwierig:. 
Tp^iliOTO,  welches  Bücheier  für  ^nihilo  sanius'  als  TTÖTVtczv  dTvf)v 
erklärt,  möchte  ich  wenigstens  nicht  ganz  aufgeben:   der  dichter 
könnte  ganz  gut  TrpOTp^t|iaTO  geschrieben  haben,   ob  den  letzten 
vers  zu  retten  die  leichte  änderung  öpT^  statt  6pja\c  genügt ,  ist 
mir  sehr  fraglich;  man  erwartet  etwa  €0ab€  Xyjpotc. 

285  fi  ixiv  flT€ITa 

rcaüb '  dvd  x^pdv  ^XoOca  ^i^  ivc&rOeto  KÖXnip  * 
fi  b'  dpa  TTup  dv^xar-  fl  b'  ?ccvto  ttöcc*  dTToXotci 
l^iTlT^p '  dvacTi^couca  Outlibcoc  ix  0aXd^oto. 
drpÖMevat  bi  ixiv  d|i(p\c  iXoüeov  dcnaipovro 
290  d^(paTaiTa2[ö^€var  toO  b'  oö  fieiXicccTO  6u^6c. 
XCtpÖTcpat  Totp  bii  MW  Ixoy  Tpo(pol  f{bk  nOflvat. 

*  nur  «Jinen  kritiker  kenne  ich,  der  das  O^ac  {fircp  wirklich  am 4 
Demeter,  nicht  aaf  Helios  besehen  hat:  es  ist  PhWegener,  der  im  Philo 
logiu  XXXY  (1876)  8.  283  sagt:  *in  Übereinstimmnng  mit  der .  . .  lanfr^a 
wanderang  weist  sie  anf  ihr  entstelltes  aussehen  hin  (▼.  64  ■<•' 
der  anfsatE  Wegeners  enthält  übrigens  unglanblicbe  dinge;  hoffentlid 
richtet  er  kein  weiteres  anhell  an. 


ALudwich:  zum  Homerischen  Demeter-hymnos.  307 

der  nuttmmenhiBig  iat  dieser.  Demeter,  die  im  hause  des  Eeleos  als 
wiiteria  des  kleinen  Demophoon  dient,  salbt  das  kind  tftglich  mit 
aabrona  «nd  birgt  es  nadits  in  der  glut  des  feuers.  so  gedeiht 
DtBophoon  ohne  speise  und  trank  herlich  zur  frende  and  znm  er- 
ftiooa  semer  dtem  and  ist  anzusehen  wie  ein  gOtterkind.  aber  in 
öaer  sieht  sehaat  die  matter  Metaneira  aus  ihrem  schlafgemach  das 
beginen  der  wtrterin,  schreit,  da  sie  ihren  söhn  im  feuer  sieht,  vor 
sdveek  aogstToll  auf  und  bricht  in  lautes  wehklagen  aus.  ertflmt 
nimt  Demeter  das  kind  aus  dem  feuer,  legt  es  auf  den  boden  und 
Terllotr  nachdem  sie  sich  dem  unverstftnd^en  weihe  zu  erkennen 
gegeben,  filr  immer  das  haus.  Metaneira  ist  so  ergriffen  von  der  er- 
lebeiaiiog  und  den  werten  der  hehren  gOttin,  dasz  sie  des  kindes 
tm  boden  nicht  achtet,  auf  dessen  klSglidies  geschrei  springen  die 
•diwestera  aus  den  betten :  unkundig  dessen ,  was  vorgefallen  ist, 
sifflt  die  eine  das  kind  auf  den  arm,  die  andere  facht  das  feuer  wie- 
<i<r  in,  die  dritte  eilt  die  mutter  zu  wecken;  dann  sammeln  sie  sidi 
im  da  kleinen  zappelnden  schreihals  und  —  was  thun  sie  nun,  um 
M  zu  beruhigen?  sie  baden  ihn,  iXoueov  äciratpovra  dfiqpa- 
Tnrtfö^cvat.  so  weit  meine  häuslichen  erfahrungen  reichen,  ist 
<ies  beschwichtigungsmittel  ein  ziemlich  umständliches  und  schon 
dmzm  ganz  ungewöhnliches,  überdies  von  sehr  problematischer  Wir- 
kung, idi  meinorseits  wundere  mich  gar  nicht,  dasz  die  sinnige  und 
»itgemlsie  badecur  (es  war  mitten  in  der  nacht!)  bei  dem  kleinen 
I^ophoon  nicht  yerfieng:  toC  b*  ou  u€tXicc€TO  OuMÖc*  X€tp6T€pat 
IBp  Mj  ^tv  ^xov  tpcMpoi  1^  TiOf)vm.  wenn  nötig,  werden  hoffent- 
i^  wenigstens  diese  beiden  verse  mich  dagegen  schtttzen,  dasz 
jeoiad  etwa  alles  ernstes  mir  einwende:  aber  das  kind  hatte  ja 
Backt  and  bloss  in  der  asche  und  auf  dem  fuszboden  gelegen,  war 
UK>  des  reinigenden  bades  dringend  benötigt,  nicht  reinigung, 
•3idcni  beruhigung  war  der  zweck  der  handlung,  die  in  dem 
^berüefarten  £Xou€OV  steckt;  und  gerade  dafCLr,  meine  ich,  ist  dieser 
uidraek  so  ani>assend  gewollt  wie  nur  möglich.  —  Während  dieses 
tichliehe  bedenken  gegen  die  flberlieferung  bisher,  so  viel  ich 
Mbe,  aieniandem  anfgestoszen  ist,  hat  wenigstens  das  sprach- 
hebe  sieh  bei  einigen  kritikem  geregt  —  freilich  auch  nicht  bei 
^ea:  dem  Matthiae,  Hermann,  Franke  ua.  lieszen  die  stelle  unan- 
fvtsitet,  obwol  schon  Buhnken  die  form  iXoueov  verdächtig  gefun- 
4«  hatte.  Tees  versichert  uns:  'man  sagte  Xöui,  Xo^ui,  Xouu), 
^^m6ii.  die  letzte  form  hat  sich  nur  hier  erhalten'  —  und  wahr- 
•chnaBeh  fast  diese  Versicherung  sehr  dazu  beigetragen,  aufisteigende 
bedc&ken  bald  wieder  zu  beschwichtigen  ('^Xoijcov  forma  singoJaris, 
led  qoM  immerito  suspecta  erat  Buhnkenio'  Baumeister),  unter 
^  versudien,  welche  bidier  gemacht  worden  sind,  um  die  aller  ana- 
sgie  höhn  sprechende  verbalform  dXoucov  zu  beseitigen  (dXouovT' 
^rtmpovra  HitBcherlich,  ^ouov  irc*  äcirafpovra  oder  dnacirai- 
f ovra  oder  CXow  }xi\t '  dcirdpovra  Ilgen ,  £Xouöv  T€  cireipurv  T€ 
•^  cir&pTOV  te  Bücheier,  fiqpop  Xöov  dcnaipovra  Nauck)  ist  keiner, 

20* 


308  RKöhler:  zur  Odyssee  [t  163]. 

der  zugleich  auch  das  von  mir  erhobene  sachliche  bedenken  be< 
seitigt.  wir  brauchen,  glaube  ich,  hier  einen  ausdmck,  der  beruhi- 
gen, besänftigen  bedeutet;  mir  ist  dXu;9€0V  einge&llen,  das 
zwar  in  der  regel  intransitiv  steht  (wie  XrJTUJ) ,  aber  auch  transitiv, 
zb.  Aisch.  Prom.  378  £ct*  &v  Aide  q>pövf))ia  Xuxp^cg  xöXou.  Empe- 
dokles  456  (Mullach)  oÖTroTe  betXatuiv  dx^ujv  Xunp^jcerc  Oi^öv. 
diese  und  andere  stellen  beweisen  dasz  Xujq)^u)  (Xuxpduj)  ganz  ana- 
log den  verben  iraüu;  und  X^fw  gebraucht  wurde,  das  imperfectum 
de  conatu  ist  hier  ganz  am  platze,  die  form  dXuiq>€OV  bezeugt  Apol 
lonios  Arg.  H  648  (650).  IV  1627  (1625). 

EöNiQSBBRo.  Arthur  Ludwich. 


45. 

ZÜE  ODYSSEE. 


Bekanntlich  sagt  in  der  Odyssee  t  162  f.  Penelope  zu  dem  von 
ihr  noch  nicht  wiedererkannten  Odysseus: 
iXXä  Kai  iLc  \iOi  eink  t€Öv  t^voc,  öiriröOev  icci* 
oi)  Tap  diTÖ  bpuöc  £cci  iTaXaiq)äTOu  oäb'  dirö  nixpric. 
ganz  dieselbe  Voraussetzung  ^ie  hier  Penelope  spricht  in  einem  der 
von  ODonner  im  original  und  in  deutscher  Übersetzung  herausge- 
gebenen 'lieder  der  Lappen'  (Helsingfors  1876)  s.  95  ein  sehn  aus^ 
indem  er  seiner  mutter,  die  ihm  auf  seine  frage  nach  seinem  vat^r 
geantwortet  hat,  er  habe  keinen  vater,  erwidert: 

die  birkhenne  hat  den  birkhahn,  die  anerhenne  ihren  bahn, 
die  Schneehenne  hat  ihren  hahn,  die  rennthierknh  den  ochsen, 
die  bärin  hat  den  b&r,  das  elenthier  den  elenochsen: 
auch  ich  habe  nicht  den  Ursprung  aus  stein  oder  bäum. 

da  wol  nur  wenigen  lesem  der  Jahrbücher  die  'lieder  der  Lappen* 
ZU  gesiebt  gekommen  sein  werden,  schien  mir  eine  hinweiBiiiig  au 
obige  bemerkenswerte  Übereinstimmung  an  dieser  stelle  nicht  unan  i 
gemessen,  man  vergleiche  übrigens  über  die  weit  verbreitete  voi 
stellungsweise  von  dem  Ursprung  der  menschen  aus  bäumen  uxl- 
steinen  Jacob  Grimms  deutsche  mythologie  2e  und  3e  ausg.  s.  537  :{ 
und  die  nachtrfige  dazu  in  der  neuerdings  von  EHMejer  beeoigt«.*  4 
4n  ausg.  bd.  m  s.  162.  | 

Weimar.  Bbinholo  Köhubx. 


HSchveker-Sidler:  anz.  ▼.  WHRoechera  HenneB  der  windgott.     309 


4S. 


;» 


BER1IE5  DES  WIKDGOTT.  EINE  VORARBEIT  ZV  EINEM  HANDBUCH  DER 
GRIECHISCHEN  IffTTHOLOOIB  VOM  VERGLEICHENDEN  STANDFUNKT. 
TOR  DB.  WILHELM  HEINRICH  RÖSCHER,  PROFESSOR  AN  DER 
FORSTEN-  UND  LANDBS8CHULE  ZU  ST.  AFRA  BEI  MEISSEN.    Leipzig, 

druck  and  verlag  von  B.  G.  Teubner.    1878.    X  n.  133  s.    gr.  8. 

Diese  neae  sindie  BoacherB  reiht  sich  dessen  frühem  nicht  un- 
vQrdig  an;  sie  zeigt  uns  ein  entschiedenes  fortschreiten  des  rftstigen 
juigin  gelehrten  anf  dem  gebiete  mythologischer  forschung,  grOszere 
äieherfaeit  in  der  handhabong  der  methode,  reichere  quellenkennt- 
Bis.  wir  haben  allen  gmnd  uns  za  freuen,  dasz  der  vf.  seine  schrift 
aia  eine  Vorarbeit  zn  einem  handbnche  der  gesamten  griechisdien 
oythologie  bezeichnet,  dasz  er  uns  damit  also  eine  griechische  mjtho- 
logM  Tom  ver^gleichenden  Standpunkte  verheiszt,  welche  jedesfalls 
ihre  tafgabe  ungleich  glücklicher  lOsen  wird,  als  die  arische  mjtho- 
leg»  des  Englftnders  Cox  die  ihrige  gelöst  hat.  sofort,  als  einmal 
dvch  die  vergleichimg  der  sprachen  der  sog.  indogermanischen 
Völker  deren  ursprüngliche  einheit,  ein  indogermanischer  sprach- 
itimm  und  menschenstamm ,  der  sich  scharf  von  andern  stSmmen 
&bl)ob,  erkannt  war,  muste  die  einfachste  logik  erschlieszen ,  dasz 
ueh  glaube  y  recht  und  sitte  dieses  Stammes  ursprünglich  auf  den- 
ttibeii  anschauungen  beruht  haben;  es  muste  die  möglichkeit  vor- 
vugesetzt  werden,  auch  die  mythologie  der  einzelnen  indogermani- 
Kbai  TÜlker  vergleichend  zu  behandeln;  es  muste  schlieszlich  die 
vergleichende  methode  auch  auf  diesem  gebiet  als  die  einzige  wissen- 
KlMlUiehe  erscheinen,  als  die  einzige  die  uns  auf  das  entstehen,  also 
udi  anf  dms  wesen  des  mythos  führen  dürfte,  wie  die  erkenntnis 
oner  indogennanischen  spräche  dann  besonders  durch  die  verüffent* 
lichoBg  der  einem  groszen  teile  nach  ftltesten  indogermanischen  lit- 
terarisdien  quelle,  des  Veda,  müchtig  gefördert  wurde,  so  gewann 
duch  sie  in  ungeahntem  grade  auch  die  erkenntnis  des  indogerma- 
täsAok  mythoB.  jetzt  erst  trat  es  recht  klar  hervor,  wie  der  mythos 
sonichst  die  sprachliche  darstellung  von  der  Vorstellung  des  men- 
kImb  über  die  gewaltigen  naturerscheinungen  sei.  wie  ausserdem 
:c  mer  reichem  entfaltnng  der  umfassenden  historischen  sprach- 
fmdtuiig  der  umstand  auszerordentlich  viel  beitmg,  dasz  der  un- 
•tohüciia  Jacob  Qrimm  mit  schöpferischem  geiste  und  liebendem 
i;aae  den  wunderbar  schönen  bau  der  deutschen  grammatik  auf- 
^Bbte,  80  war  dessen  deutsche  mythologie  in  nicht  geringerm  masze 
^  die  vergleichende  mythologie  förderlich,  es  ist  nicht  dieses 
ortes  im  einzelnen  auseinanderzusetzen,  wie  Adalbert  Kuhn  vom 
Veda  und  heimischer  überliefemng  und  heimischem  brauche  aus- 
g^wnd,  Max  Müller  den  Yeda  zu  grande  legend,  Schwartz  und 
Murahardt  zunächst  auf  germanischem  boden  stehend,  den  grund 
IGT  ver^eicbenden  oder  historischen  indogermanischen  mythologie 
^jtkgt  haben,  auf  welchem  sie  selbst  und  auszer  ihnen  andere  in 


310     HSchweizer-Sidler:  anz.  t.  WHRoechers  HermeB  der  windgott 

gröszeren  und  kleineren  arbeiten,  wenn  auch  auf  verschiedenen 
wegen,  doch  von  denselben  gesichtspunkten  ausgehend  gearbeitet 
haben,  wir  nennen  hier  nur  Br6al,  de  Gubematis,  vHabi,  Vergil 
Grohmann,  Usener,  Förster,  Boscher.  es  kann  auch  hier  nicht  unsere 
aufgäbe  sein  die  Stellung  EOMüllers,  Grerhards,  Prellers  zur  verglei- 
chenden mythologie  und  die  Stellung  aller  dieser  einerseits  zur  frü- 
hem mythenerklärung,  anderseits  zu  Lehrs  nSher  zu  zeichnen,  um 
so  weniger  als  Boscher  selbst,  mit  dem  wir  vollständig  überein- 
stimmen, in  dem  Vorworte  zu  der  von  uns  eben  anzuzeigenden  schrift 
sich  darüber  klar  ausspricht. 

Die  vergleichende  mythologie  hat  nun  aber  auch  ihre  gefahren, 
namentlich  die  gefahr,  dasz  sie  leicht  die  sondeigestaltung  der  ein- 
zelnen indogermanischen  vOlker  übersieht  und  verwischt   diese  ge- 
fahr ist  auf  dem  gebiete  der  Sprachforschung  dank  den  arbeiten  von 
GCurtius  ua.  glücklich  überwunden,  und  auf  dem  felde  der  mjriho- 
logie  gehOrt  Curtius'  schüler,  prof.  Boscher,  zu  demjenigen,  welche 
vor  allem  den  ganzen  kreis  der  Sondergestaltungen  des  allgemeinen 
indogermanischen  vorstellungsschatzes  sich  zurecht  legen,   so  geht 
denn  B.  zb.  in  seinem  Hermes,  in  welchem  er  den  gott  des  winde» 
erkennt,  zunächst  von  dem  gesamten  kreise  der  hellenischen  Vor- 
stellungen über  wind  und  winde  aus  und  gewinnt  von  da  aus  de& 
gottes  wesen  und  mythologie.    vorerst  werden  nur  einzelne  ver- 
gleiche von  indischen  und  deutschen  anschauungen  eingestreut,  und 
erst  am  Schlüsse  wird  der  überbb'ck  über  die  wesentlich  gleichen 
götter  der  nächstverwandten  Völker  hinzugefügt,   der  vf.  erleichtert 
dem  leser  die  arbeit  durch  eine  vorausgeschickte  sehr  eingriiende 
Übersicht  des  inhalts.   in  den  Vorbemerkungen  spricht  er  über  die 
von  ihm  befolgte  methode,  über  die  quellen  aus  denen  er  geschöpft, 
die  gewonnenen  resultate,  classificiert  und  widerlegt  in  kürze  die 
entgegenstehenden   oder  doch  nicht  ganz  gleichen  dentnngen  de^ 
Hermes,   nicht  berücksichtigt  ist  hier  die  deutung  von  Coz,  der  in 
Hermes  ebenfaUs  den  windgott  sieht,  nicht  LM6nard  und  ChPloix 
(m6moires  de  la  soci6t6  de  ling.  II  s.  144  ff.),  welche  beide  in 
Hermes  zunächst  die  morgendämmemng,  dann  auch  die  abenddäm- 1 
merung  repräsentiert  sehen,  nicht  de  Gubematis i  der  in  seinen 
^letture  sopra  mitologia  vedica'  freilich  nur  beiläufig  des  Henmeia^ 
gedenkt.   Ploix  sucht  seinerseits  diejenigen  abzuweisen,  welche  in 
Hermes  den  windgott  sehen;  aber  Boscher  hat  die  von  ihm  aui^v- 
worfenen  fragen:  ^pourquoi  le  vent  serait-il  le  fils  de  Zeus,  le  me=>- 
sager  des  Dieux,  Tauteur  de  tant  d*inventions?  pourquoi  aurait-.  • 
plurieurs  t^tes?  comment  expliquer  sa  reprösentation  par  le  phaUiu» .' 
comment  se  trouverait-il  mdl6  au  r^veil  ou  au  sommeil  de  la  natnre  r  "* 
uä.  gelöst. 

In  cap.  I A  wird  zunächst  der  wind  als  diener  und  böte  des  Zeu> 
und  der  übrigen  gOtter  aus  den  wölken  oder  dem  ätherherabftJir&xici 
und  in  gebirgshölen  wohnend,  dann  B  Hermes  als  diener  und  böte 
des  Zeus  und  anderer  götter,  in  der  hole  eines  beiges  geboren  s^~ 


flSchweüer-Sidler:  anz.  v»  WHBoscbers  Hermes  der  windgott.     311 

daebt,  mIia  des  Uhergottes  Zeus  und  der  regenwolkengöttin  Maia 
Toigtfliliri.  am  echloez  einer  lebendigen  Zeichnung  des  götterherolds 
ia  ffioen  renchiedenen  functionen  beantwortet  der  vf.  die  frage,  ob 
ia  ODMlnen  derselben  sich  noch  spuren  der  ursprünglichen  natur- 
bcdentuig  auffinden  lassen,  gewis  mit  vollem  rechte  bejahend,   wir 
aMiua  darin  sogar  noch  weiter  gehen  zu  dürfen,  und  dasz  auch 
Boidier  ans  sehen  vor  übergroszer  kühnheit  dem  von  ihm  zurück- 
gmmmeuL  lationalismus  zuweilen  nahe  gdsommen  sei.  ob  uns  nicht 
die  dantellong  der  vedischen  Marutas,  des  germanischen  Woden 
bei  dem  goldenen  stabe  an  die  glänzende  blitzruthe ,  der  petasos  an 
die  welkenhfllle,  die  Stentorstimme  an  die  vom  winde  dfüiingejagte 
donerwolke  denken  lasse?  der  vf.  kommt  teilweise  s.  113  selbst 
uf  eine  fthnllcbe  auffassung  zurück,   s.  29  vermutet  B.  dasz  zu  der 
Toniellnng  des  Hermes  als  eines  idealen  tjpus  des  redners  usw. 
der  anedmck  £p)yii)veueiv ,  den  man  allgemein  von  *€p^f)c  ableitete, 
beigetragen  habe;  er  selbst  stellt  diesen  ansprechend  unmittelbar 
BÜ  lat  sermanari  zusammen.  Böckh  wollte  bekanntlich  in  seinen 
vorlesongen  über  encjclopädie  ^)yii)V€U€iv  nicht  von  '€pfi{)c  ableiten, 
aber  beide  würter  auf  dieselbe  wurzel  zurückführen,  und  sprach  von 
den  innem  zusammenhange  derselben  sehr  tie&innig.    es  ist  aber 
dai  jedenfalls  nicht  anzuzweifeln,  dasz  '6pfif)c  von  wz.  sar  *in  be- 
wegaag  sein'  ausgeht,  und  sollte  in  der  that  ip^iivcuetv  mit  sermo- 
um  tnsammenhttngen,  dann  diesem  vielmehr  die  wz.  svar  zu  gründe 
liege,  man  wird,  vergleicht  man  die  reflexe  von  sva  in  den  classischen 
«pnchen,  nicht  einwenden,  das  hindere  an  der- herleitung  des  Wor- 
tes sema  Ton  svar^  weil  dieses  im  lateinischen  als  sur^  im  oskischen 
TieQeiekt  noch  wlasver  erscheine.  Ploix  ao.  s.  150  zweifelt  noch  nicht 
ia  tiner  muniüelbaren  herleitung  des  wertes  dpMHVCueiv  aus  'Cp^i^c, 
'wleuehten'  vom  erleuchter,  dem  gotte  des  anbrechenden  lichtes. 

So  werden  nun  weiter,  wie  wir  oben  andeuteten,  immer  zu- 
ifichsi  die  hellenischen  anschauungen  von  den  winden  voigenom- 
MB  onter  A,  unter  B  wird  damit  das  wesen  des  gottes  in  der  bez. 
nchtoag  verglichen,  so  in  cap.  II A:  die  winde  beflügelt,  schnell  und 
biftvoU  gedacht,  B:  Hermes  beflügelt,  schnell,  gewandt  und  kraft- 
▼oU  gedacht.  Hermes  als  gott  der  gymnastik  und  agonistik  usw. 
is  diesem  cap.  kommt  B.  notwendig  darauf,  über  den  namen  des 
Hermes  zu  sprechen,  den  er  vorlftufig  schon  im  Vorworte  behandelt 
batte,  als  er  Kuhns  ansieht,  dasz  'Cp^ciac,  '€pfiflc  nicht  nur  in  den 
Isattt,  soadem  ursprünglich  auch  im  wesen  mit  dem  indischen  Sära- 
«qfof  übereinstimme,  zu  widerlegen  unternahm,  er  kommt  s.  99  f.  auf 
den  namen  zurück,  er  leitet  ihn  mit  Kuhn  ua.  von  der  wz.  sar  'gehen, 
«den*,  er  scheint  ihn  sogar  formell  —  denn  darauf  tritt  er  nicht  ge- 
ein  —  mit  dem  indischen  Sdram^iu  zu  identificieren.  zuletzt 
Wissens  hat  ThBenfej  diese  frage  in  seinem  *Hermes,  llinos, 
Tanteloe'  (aUi.  der  k.  ges.  der  wies,  in  Göttingen  von  1877)  sehr  ein- 
Uszüch  untersucht  und  ist  zu  dem  resultate  gekommen,  dasz  Kuhn 
tnHz  des  nicht  ganz  unberechtigten  anstoszes,   welchen  er  bei 


312     HSchweizer-Sidler:  anz.  v.  WHRoBchers  Hermes  der  wiDdgott. 

HDMüIler  erregte,  in  jeder  beziehnng  das  richtige  gefunden  habe, 
sind  Säramiyas  und  *€p)ui€iac  formell  durchaus  identisch,  dann 
wird  es  schwierig  sein  sie  ideell  ganz  auseinander  zu  reiszen;  diese 
ideelle  gleichheit  ist  aber  hinter  den  beiderseitigen  mjthengestal- 
tungen  zu  suchen. 

In  cap.  m  s.  42  tritt  Hermes  als  rinderdieb  auf.  wir  sind 
mit  dem  yf.  einig,  wenn  er  sagt:  Venn  nun  die  wölken  tob  der 
mjthenbildenden  phantasie  des  Volkes  zu  einer  zeit,  wo  Tiehherden 
das  hauptsächlichste  besitztum  bildeten  und  folglich  yiehdiebBtfthle 
auszerordentlich  häufig  waren'  usw. ,  dh.  auch  wir  mOchten  nicht  an- 
nehmen ,  dasz  der  mjthos  von  den  indischen  gävas  (von  ^«Sttf ,  knh 
usw.)  ursprünglich  ein  etymologischer  gewesen  sei,  die  wölken  ab 
die  ^dahingehenden'  von  einer  nebenwurzel  zu  gam  benannt  worden 
seien,  das  thier  wird  seinen  namen  vom  brüllen  (ßu)  haben,  wie 
väcrä^  kuh,  vacca  von  vag  'brüllen',  wir  können  uns  nicht  zn  der 
ansieht  eines  hervorragenden  forschers  bekennen,  dasz  die  sog.  wur- 
zeln erst  von  einfachen  nomina,  bezeichnungen  conoreter  wesen  aus- 
gegangen seien,  das  brüllen  erst  von  dem  namen  des  brüllenden 
thieres  abgezogen  sei.  beiläufig,  in  der  nachweisung  dasz  die  wölken 
in  der  indogermanischen  mythologie  oft  genug  als  ktthe  vorgestellt 
werden,  berührt  B.  s.  44  den  mythos  von  Geryonens.  bei  der 
deutung  hat  der  vf.  unsers  bedünkens  dem  namen  dieses  riesen[allzQ 
wenig  beachtung  geschenkt,  ansprechend  ist  (s.  46)  die  erkläning 
davon,  dasz  Hermes  am  vierten  monatstage  den  rinderraub  begieng« 
am  tage  seiner  gebuft. 

In  cap.  IV  A  erscheint  der  wind  als  göttlicher  sänger  und  mnsi* 
ker,  6  Hermes  als  erfinder  der  syrinx  usw.  wenn  der  vf.  in  Herm^ 
zunächst  den  gewaltigen  pfeifer,  erst  in  späterer  entwiokelung  in 
ihm  den  erfinder  der  leier  sieht,  so  dürfte  er  darin  wol  recht  haben, 
immerhin  ist  kunstreicher  gesang  und  kunstreiches  spiel  nachweis- 
bar recht  früh  den  windd&nonen  beigelegt,  wol  einer  der  inter- 
essantesten und  in  mehrfacher  beziehnng  interessanten  abschnitte 
unserer  schrift  —  so  kommen  darin  die  wechselnden  voretellmigen 
der  alten  von  dem  aufenthalt  der  seelen  nach  dem  tode  zur  spräche 
—  ist  der  des  fünften  cap.  A:  winde  als  seelenträger  und  traum- 
bringer;  B:  Hermes  als  seelenführer,  schlaf-  und  traumgott.  der  Tf. 
versucht  auch  unsers  Wissens  neue  etymologien  —  denn  es  sind 
deren  zwei  angeführt  —  von  6yap  und  dvcipoc,  welche  uns  die 
griechische  anschauung  vom  träum  einbringen  sollen;  diese  versucfae 
sind  aber  rein  hypothetisch,  so  mag  auch  die  indogermanische  wz. 
siMp  'schlafen'  schlieszlich  mit  ahd.  9u€p  Hüft'  zusammenhangen, 
es  hätte  der  vf.  nur  mit  einem  worte  andeuten  sollen ,  wie  das  p 
dieses  letztem  die  Zusammenstellung  nicht  hindere. 

Wie  die  winde  und  Hermes  fruditbarkeit  der  pflanzen  und  thiere 
und  gesnndheit  fördern,  ist  im  folgenden  cap.  (VI)  dargestellt  nnd 
durch  eine  fülle  von  stcdlen  nachgewiesen,  wir  möchten  fragen,  ob 
nicht  auch  hier  wieder  oft  noch  ältere  anschauungen  durchschim- 


flSchweizer-Sidler:  ans.  t.  WHRoschers  Hermes  der  windgott.     313 

m«ni,  ob,  wenn  Hermes  auf  einem  bocke  sitzend  oder  ihn  tragend 
oder  mit  widdem  fahrend  dargestellt  wird,  das  nicht  zuletzt  auf  den 
birtoi  in  der  Ittft  nnd  am  himmel  hinweist,  auf  den  treiber  des  ge- 
*^ito»  —  Nachdem  in  cap.  VII  wind  nnd  gott  als  glflckbringer,  in 
cap.  Ym  als  bef^rderer  des  Verkehrs  nachgewiesen  sind,  behandelt 
cap.  IX  sonstige  beziehnngen  des  Hermes  zum  winde,  und  zonftchst 
koBmen  hier  des  Hermee  uralte  beinamen  *ApT€i9ÖVTT]C  und  biäx- 
Topoc,  dann  der  name  '€p^elac  selbst  ausführlich  zur  erOrterung. 
nichdem  der  yf.  die  über  'ApT€Up6vTnc  aufgestellten  ansichten  ge- 
prilft  hat^  begründet  er  nfther  die  von  ihm  angenommene  und  spe- 
vialiöerte,  dasz  'ApTeiq>6vTT)C  für  'ApT€tq>ävTiic  stehe  und  den  hdl- 
Bseher  (des  wefeters)  im  gleichen  sinne  wie  äptecrfic  bezeichne,  als 
eriwQer  im  tiefem  und  weniger  tiefen  sinne  hatten  den  'ApTCupöv- 
TT)€  lehcn  unter  den  alten  einige  gefaszt,  so  faszte  ihn  unter  den 
nraeran  femer  auch  Ploix  in  der  oben  erwähnten  abhandlung.  die- 
ser erkürt  denn  aber  nach  seiner  auffassung  den  Hermes  «*ApT€t- 
9oyn)C  pour  äpTCt<pdvTr)C,  äpT€tq)ävr)C,  de  optoc  ou  äpTcToc  et  de 
Ttttvui,  eelui  qni  6claire  d'une  lumiöre  blanche,  cette  explication  a 
<ia  reste  ^  donn^e  par  les  anciens:  äpT€tq)6vTr]C  pour  äpT€t(pdvTT]C 
mrö  Tou  ipTuic  trdvTa  q>aiv€iv  xal  caq)iivi2l€iv  (Phomutus)  et  eile 
>  ^  Mcept^  par  quelques  mjthographes  modernes,  cette  6pithdte 
ce  pect  convenir  4  la  nuit,  mais  bien  &  un  Dien  de  la  lumiöre,  et  eile 
est  pszfoia  donn6e  &  Apollon.»  in  aUemeuester  zeit  aber  hat  HJor- 
itt  (nur  geedi.  der  lat  spr.  s.  48)  wieder  seine  allerdings  nur  auf 
uali^giebiidiuigen  beruhenden  zweifei  geäuszert:  'wir  müssen  also 
MüXcpoipäVTiic  ab  die  originalform  (fllr  altlat.  MderpcuUa)  betrach- 
*cn,  dem  das  von  den  alten  bezeugte  'ApT€i<p<ivTiic  zur  seite  steht. 
&QeiB  damit  ist  nicht  gesagt,  dasz  dieses  altgriechisohe  -qNivTT)c,  wie 
Tca  fielen  angenommen  wird,  von  qpaivui  abgeleitet  sei;  vielmehr 
Kam  ich  mich  nicht  davon  überzeugen,  dasz  beides  von  dvbp€iq>öv- 
T^  ciBeneitBy  von  TTepc€q>övT|  anderseits  getrennt  werden  müsse.' 
deo  beinamen  bidicTOpoc  erklSrt  Boscher  als  *jttger'  und  leitet  das 
vQtt  laii  Bnttmann  von  biilbKU)  her.  lautlich  ist  das  hier  allerdings 
akkt  begründet;  bei  OCurtius  ist  eine  diesfUlige  erUftrung  ange- 
<icQtit  ist  die  firühere  wurzelgeataltung  ein&ches  d^ä^  so  wäre  aus 
bitter  mit  ursprünglicher  stammbildung  dyä-k  entstanden,  auf  die 
ticr  lieh  findende  behandlung  und  deutung  des  namens  '6pfi€tac 
^a^  ich  oben  zom  voraus  hingewiesen,  nicht  unwahrscheinlich  ist 
im  was  dann  der  vf.  über  die  beziehung  des  vierten  monatstages, 
^  hahnet,  de«  opfere  von  Ubnmem  oder  bOckchen,  endlieh  der 
Anri^i  iMluude  zum  Hermes  vorbringt 

fan  achluazcap.  (X)  wird  über  die  dem  Hermes  vergleichbaren 
^tl9  verwandter  vOlker  gesprochen,  zu  diesen  gehurt  vor  allen 
^  destedie  Woden^  WitaUm^  welcher  durch  die  prttchtigen  sam* 
^^gen  und  die  lebensvolle  forscfaung  der  deutschen  mythologen  in 
i^aer  gesamten  wesenhaftigkeit  ins  klarste  licht  getreten  ist.  wir 
für  Wöden  und  zugleich  für  den  gallischen  Teuiates  auch 


314        WSchwartz:  Zeiia  und  Kronos  als  wolkenvenchlinger. 

hier  auf  die  andeutongen  Mttllenbofis  in  zs.  ftb:  dentsches  altertum 
n.  f.  XI  8.  8  aufmerksam,  dass  die  vorstellang  Yon  Wodm  als  dem 
gotte  der  erfindong  und  der  geistigen  gewandtheit  und  flberl^en- 
heit  überhaupt  —  man  vergleiche  wie  Caesar  &.  G.  VI  17  den  galli- 
schen Mercnrius  schildert  —  unter  dem  einflusz  und  der  ersten  ein- 
Wirkung  der  von  Süden  und  westen  herandringenden  cultnr,  not- 
wendig also  bei  den  rheinischen  oder  istvftischen,  nicht  suebiachen 
Völkern  zuerst  ausgebildet  ward,  es  folgen  dann  der  vedische  Vdyu 
und  die  MaruiaSy  bei  deren  etwas  kurzer  darstellung  wir  die  heism- 
gäbe  und  fast  zu  ausftlhrliche  erklftrung  der  vedischen  Maruthjmoen 
von  Max  Müller  nicht  berücksichtigt  finden,  viel  fraglicher  und, 
wie  der  vf.  selbst  es  ausspricht,  viel  weniger  klar  sind  die  beiiehan- 
gen  und  verwandtschaftsverhftltnisse  des  italischen  Jamu  zu  HenDes. 
inunerhin  sind  die  von  B«  beigebrachten  analogien  recht  beachtens* 
wert. 

Zürich.  Hsikrioh  SoHWEizBs*Su>Lsa. 


47. 

ZEUS  UND  KBONOS  ALS  WOLKENVEBSCHLINGEB. 


Kai  (Mfjnv)  Ycvofi^v  Itkuov  xoTatrivct 
96dcac  (Zcik).  Apollod.  I  S,  6.  icai  (Kpövoc) 
Kar^iTivc  T&  TCvvUifACva,  Kai  irpiimw  fi^ 
Tevvfieckav  'Ccriav  Kar^iricv.  ebd.  11,  5. 

Es  ist  höchst  interessant,  wenn  man  mühevoll  durch  zusammen- 
Stellung  von  reihen  analoger  mythischer  bilder  bei  den  claasischen 
Völkern  bis  zur  ursprünglichen,  productiven  naturansehaunng  der 
urzeit  vorgedrungen  ist  und  dann  plötzlich  in  den  sagen  anderer 
Völker  eine  entsprechende,  ein&ch  noch  an  die  natur  sich  unmittel- 
bar anschlieszende  rohe  Vorstellung  fthnlicher  art  fortlebend  findet 
ich  habe  schon  öfter  auf  solche  erscheinnngen  hinzuweisen  gelegenheit 
gehabt,  bin  aber  kürzlich  auf  ein  nenee,  für  die  griechische  mjtho- 
logie  in  dieser  hinsieht  höchst  bedeutsames  moment  der  art  ge- 
stossen.  bekanntlich  wüsten  die  neueren  mjthologen,  wie  das  alter- 
tum selbst,  nichts  rechtes  damit  anzufangen,  wenn  es  heiast,  Zeus 
habe  die  Metis  verschlungen  (Karamvei),  ähnlich  wie  er  die 
Semele  in  sich  aufnimt,  oder  Kronos  in  entsprechender  weise 
seine  kinder  wieder  verschlingt,  indem  man  nach  der  gewöhn* 
liehen,  vom  altertum  überkommenen  und  noch  immer  zum  grosztfn 
teil  geltenden  methode  (oder  methodelosigkeit  vom  wissenschaft- 
lichen  standpunct  aus  gesprochen)  für  jeden  einzelnen  fiall  eine 
besondere,  individuelle  deutung  suchte,  übersah  man  dass  6ine 
gemeinsame  anschauung  zu  gründe  liege,  die  nur  eben  in  der 
Weiterentwicklung  der  betreffenden  mjthen  verschieden  angewand: 


WSchwartz:  Zeus  und  Kronos  als  wolkenverschlinger.         315 

woideOf  nemlich  *ein  zeitweises  verschlingen  himmlischer  gebar- 
tet, die  dann  später  wieder  in  anderer  weise  ans  tageslicht  kamen', 
fflu  flbersah  ferner,  dasz  eine  gewisse  neigong  znm  schlingen 
ottttr  der  rohen  form  directer  gefräszigkeit  auch  sonst  gexBde- 
n  diankteriatisch  an  verschiedenen  mythischen  wesen  hafte, 
lUB  hier  also  einen  fingerzeig  habe,  der  zum  Verständnis  des  nr- 
tpraigi  jener  anaehannng  fdfaaren  könne,  wenn  die  vergleichende 
mythologie  nun  zeigte,  dasz  bei  den  Dentschen  der  wind  als  ge- 
frlizig  galt,  so  erinnerte  das  an  die  Charakteristik  der  winde  bei 
Homer,  die  immer  schlingen,  schlemmen  und  zechen;  wenn 
Thor  ÜA  in  dieser  kunst  hervorthat,  so  gemahnte  dies  an  den  ahn* 
lieken  Charakter  des  Herakles  wie  der  Kentauren  und  Lapi- 
tkoa',  ja  sdiliesslich  tauchte  die  sache  in  einem  uralten  beinamen 
ulbst  noch  besonders  bei  Zeus  auf,  wenn  er  Laphystios  genannt 
wurde.*  so  mehrten  sich  die  analogen  perspectiven  in  höchst  be- 
dotttsamer  weiee. 

In  den  *  poetischen  naturanschauungen'  I  s.  137  £  gieng  ich 
noi  etwas  näher  auf  das  betreffende  naturelement  ein,  indem  ich 
m  die  nodi  jetzt  bei  uns  wie  bei  den  claseischen  Völkern  geltenden 
•Bidrocksweisen  anknttpfte,  dasz  man  bei  gewissen  erscheinnngen 
Toa  der  sonne  wie  vom  regenbogen  sage,  sie  ziehe  resp.  trinke 
wuMT,  dh.  mythisch  ausgedrückt,  sie  erscheine  als  ^durstig'  und 
'wisier  scUflrfend'i  ebenso  wie  der  stürm  als  'gefräszig*.  indem 
idi  darauf  animerksam  machte,  dasz  die  hier  nur  angedeuteten  vor- 
iteDuBgen  sich  reichhaltig  in  den  gewitterscenerien  entwickelt  und 
tief  verschiedene  mythisdie  niederschlage  gefunden  haben  dürften, 
es  aber  oft  schwer  sei  sonne  und  stürm  bei  klarlegung  derselben 
Mueinanderznhalten,  fuhr  ich  fort:  *im  ganzen  aber  knüpfte  sich, 
gUabe  ich«  ursprünglich  mehr  das  trinken  an  die  sonne,  das  ge- 
friszige  an  den  stürm,  schien  doch  die  glühende  sonne  immer 
durstig,  der  den  wölken  nachjagende  wind  immer  mehr  ge- 
frlszig,  wenn  man  einmal  von  dieser  anschauung  ausgieng,  nicht 
ibm  etwa  liebesverlangen  nach  den  wölken,  als  weibliche  wesen  ge- 
fMst,  zuschrieb,  so  möchten  auf  den  in  das  gewitter  einrückenden 
ftoanengott  auch  mehr  die  sagen  von  dem  könig  oder  beiden  mit 
Mmem  durstenden  beer  zu  beziehen  sein,  wo  dann  der  huf- 
Kchlag  aeinee  pferdes  im  blitz  die  regenquelle  weckt,  wäh- 

'  bei  Herakles  tritt  übrigens  nicht  bloss  der  sag  der  gefr&ssigkeit 
a  der  sage  mit  Lepreas  hervor,  eondern  er  stellt  sich  auch  in  ge- 
vteMB  sinne  sn  Kronos,  wenn  er  seine  k  in  der  tötet.  '  neuere 
■ytheleyen  haben  eine  andere  'tiefsinnige*  deutang,  wie  man  es  ge- 
»ohaficC  nennt,  für  Zeos  Laphjstios  gefanden;  Battmann  (Hythol.  II 
^taO)  hat  aber  gewis  reeht,  wenn  er  sagt:  Mas  wort  kwpiöcc&y,  wovon 
itaer  beiname  des  gottes  kommt,  heiszt  fressen,  was  an  den  kinder- 
fressenden  Kronos  und  den  mit  diesem  stets  ffir  einerlei  gehaltenen 
Kele^  audinet.*  wenn  freilich  Bottmann  dann  weiter  an  mensehen- 
Opfer  dabei  denkt,  so  ist  das  wieder  bloss  ein  reflex  der  mythologischen 
*a«cbten  seiner  seit. 


316         WSchwariz:  Zeus  und  EronoB  als  wölken veTschlinger. 

rend  das  fressen  von  selten  des  Herakles  wie  des  Thor  das  ge- 
wittersturmwesen  bezeichnen  würde,  neben  Thor  tritt  dann 
Loki  in  dem  bekannten  mythus  beim  XJtgardloki,  wo  sein  wett- 
fressen mit  Logi  sich  ganz  zu  dem  des  Herakles  mit  Lepreas  stellt, 
und  speciell  dann  noch  an  die  Vorstellung  eines  wettkampfes  Ober- 
haupt im  gewitter,  wie  es  so  oft  gefaszt  erscheint,  sich  anlehnend  in 
diesem  sinne  sich  weiter  entwickelt  hat'  (Ursprung d.  myth.  s.  186)' 
Indem  ich  femer  daran  erinnerte,  daaz  die  geburt  der  AÜiene 
aus  dem  haupte  des  Zeus  auf  die  einzelne  gewitterwolke  gebe, 
die  Lucretius  als  das  haupt  eines  giganten,  der  deutsche  volksaos- 
druck  noch  als  gewitterkopf  in  nachklingender  ähnlicher  an- 
schauung  bezeichne^,  gewann  ich  weiter  fttr  den  erwfthnten  mjtbos 
mit  Metis  auch  den  hinweis  auf  die  scenerie  des  gewltterhim- 
mels  mit  dem  aufbauchen  und  verschwinden  von  wölken  dort 
oben  bis  zu  der  zuletzt  einmal  unter  blitz  und  donner  stattfinden- 
den explosion.  *so  hatte'  fuhr  ich  fort  *Zeus  die  von  Brontes 
schwangere  Metis,  dh.  die  dicke  (ßramda)  gewitterwolke 
(weil  sie  wieder  verschwunden)  verschlungen  (iccrr^mev)  und 
dann  aus  seinem  haupt  (in  einer  andern)  die  Athene  geboren  ((Ur- 
sprung s.  86)  oder  nahm  das  kind  der  donnerbraut  (Pindar) 
Semele  in  sich  auf  (s.  123),  wie  Kronos seine kinder  verschlang* 
usw.  für  diese  damals  suppeditierte  Vorstellung  des  verschlin- 
gens  der  wölken  bieten  nun  die  walachischen  sagen  einen  kleinen, 
aber  hOchst  charakteristischen  mythenkreis,  in  welchem  nur  der 
oder  die  christlichen  teufel,  wie  vielfach,  an  die  stelle  der  alten 
gewitterwesen  getreten  sind,  ich  gebe  die  sagen  nach  FMfillers 
siebenbürgischen  sagen  (Kronstadt  1857)  s.  166,  wo  er  von  den 
sog.  wolkenhaschern  berichtet,   die  erste  sage  lautet: 

Eb  hatte  einmal  sieben  jähr  lang  nicht  geregnet,  alle  waeter  im  ge- 
birge  trockneten  ans,  und  teafel,  die  damals  in  diesen  gegenden  hantteo, 
kamen  fast  um  vor  dnret.  da  kamen  sie  ans  der  hole,  in  weleher 
sie  wohnten,  heraus  und  sprangen  in  die  höhe,  um  sich  wölken 
zu  haschen,  die  sie  verschlackten,  darüber  wurde  gott  somig, 
so  dasz  er  sie  mit  blitzen  erschlag  bis  anf  ^inen,  der  mit  serschU- 
genem  fusce  davon  kam  and  nan  hinkt,  doch  kann  er  noch  fo 
schnell  gehen,  dasa  er  einmal,  als  das  fleisch  im  topfe  schon  gekocht 
war,  nach  Klansenbarg  gieng  and  pfeffer  in  die  snppe  brachte,  ehe 
noch  die  nadeln  anch  gar  waren. 

Die  zweite  sage  lautet: 

Einst  soll  sieben  jähre  lang  kein  regen  vom  himmel  gefallen  sein, 
die  Ismeas,  nach  wasser  lechcend,  schnappten  nach  den  wol- 


*  einen  nachklang  dieses  mythos  noch  in  der  heatigen  sage  fände  a 
Kahn  and  ich  beim  sagensammeln  in  der  nckermärkischen  tradition  von 
dem  mythisch  gewordenen  markgraf  Hans,  wenn  er  mit  den  baaernam 
die  wette  'fische'  isat.  nar  ist  dabei  statt  des  sohl  Inge  ns  das  zauber- 
hafte wiederbeleben  des  verzehrten  —  auch  ein  alter  mythischer 
zog  —  mehr  in  den  Vordergrund  getreten.  *  s.  meinen  aufsata  über 
'naturanschanongen  des  Qaintas  Smymaeas  und  Laoretias'  im  jahrg.  1874 
dieser  Zeitschrift  s.  863—874. 


WSchwartz:  Zeat  und  Kronos  als  wolkenverschliBger.         317 

kea  and  sehlGrften  sie  statt  wasser.  darob  erzürnte  eott  und 
bcscUott  sie  xa  Ternichten.  auf  einer  höhe  anweit  von  der  Belenyn* 
ttktn  hole  und  dem  Ränberttein  (piatra  tatatmlui)  war  der  tanzplatz 
der  SmtoSj  wo  noch  jetzt  kein  gras  wichst.  Yon  hier  fahren  sie  in 
fliasenden  kutschen,  deren  geleise  noch  sichtbar  sind,  den  steilen 
b«rf  gegen  ihre  hSle  hinnnter.  einmal  nach  jenem  wölken  haschen 
taasten  sie  wieder  auf  dem  berge,  sie  hatten  nicht  bemerkt,  wie  die 
wölken  ftber  ihrem  hanpte  sich  immer  mehr  zusammendrängten,  schon 
waren  sie  so  dicht,  dass  die  Smeus  sie  nicht  mehr  hinunterschlucken 
kosaten,  da  erkannten  sie  ihr  yerderben.  in  'namenloser  Verwirrung 
•tSnten  sie  jetzt  alle  den  berg  hlnanter  ihrer  hole  zn.  aber  der  donner- 
keil  ereilte  sie  und  erschlag  sie  samt  und  sonders,  teils  am  eingang  der 
köle  teils  in  dieser  drinnen,  nur  ein  einziger  kam  mit  hinkendem 
fasse  davon,  der  wohnt  jetzt  in  der  kleinen  hole  Kuptor  am  abhang 
der  Wladiasse;  die  in  der  Belenynschen  hole  liegenden  knochen  sind 
Iberreste  der  8meus. 

Die  Sache,  denke  ich,  spricht  für  sich  selbst,  die  tanzenden, 
US  den  holen  hervorkommenden»  die  wölken  in  ihrem  durst 
rerschlingenden  Ismens  sind  die  windgeister,  wie  der  6ine 
hinkende  spedell  der  dem  blitz  nachhinkende  donner  oder  in 
christlicher  gestaltong  der  hauptge  witterten  fei  ist  im  ge- 
vitter  selbst  findet  ihre  Verfolgung  statt,  wie  in  demselben  nach 
weit  verbreiteter  Vorstellung  bei  den  europäischen  vOlkem  des 
aittelalterB  gott  in  demselben  den  oder  die  teufel  verfolgt, 
weon  also  in  dieser  hinsieht  die  erwähnten  sagen  eine  menge  ana- 
iogien  haben,  so  tritt  doch  nirgends,  so  viel  ich  weisz,  das  ver- 
ichlingen  der  wölken  so  charakteristisch  mythisch  hervor,  es 
ohirtet  aber  schlagend  die  anschauung,  auf  die  mich  in  anderer 
VOSS  die  Untersuchung  hindrängte,  als  ich  den  ersten  teil  der  'poeti- 
tcben  natnranschauungen'  usw.  1864  schrieb. 

und  dasz  solche  anschauungen  nie  ganz  verschwinden,  sondern 
gelegentlich  sogar  einmal  auf  wissenschaftlichem  gebiet  im  ausdruck 
wieder  auftauchen,  davon  legt  eine  stelle  aus  dem  'Ausland'  (1878 
1.  750)  Zeugnis  ab,  welche  mich  neben  den  walachischen  sagen  noch 
besonders  znr  Zusammenstellung  dieser  miscelle  veranlaszt  hat. 
^rt  beiszt  es:  *die  wSrmestralen ,  welche  durch  den  voUmond  der 
erde  sogefUhrt  werden  und  durch  welche  Hersche>  dessen  renonmi6e 
akwolkenfresser  erklären  will ,  sind  sehr  schwach.'  hier  haben 
wir  also  denselben  ausdruck,  nur  auf  den  mond  übertragen,  den  wir 
ia  den  alten  mythen  dem  sturmesgott  resp.  den  sturmesriesen  vin- 
äidert  haben,  das  allgemein  menschliche  wiederholt  sich  eben  ge- 
kgenthch  in  anderen  formen  auf  den  hohen  der  bildung  und  wissen- 
iehafti  wie  es  sich  in  den  anfangen  menschlichen  denkens  in  der  ur- 
kH  aar  eben  unendlich  unvollkommener  und  roher  geltend  machte. 
^  witeenschaft  aufgäbe  ist  es  den  rothen  finden  zu  finden,  der  die 
jiiirtiiisende  verbindet. 

PosBv.  Wilhelm  Sohwartz. 


318  WBrandeB:  zu  AaBOnias. 

48. 
ZU  AÜ80NIUS. 


praef.  n  9 — 12  hinc  lote  fusa  est  cognatio^  nomina  fnuUis 

ex  nostra^ut  piacUum^  duda  domo  veniaiU 
derivata  äUis.  nohis  ab  stemmate  pnmo 
et  non  cognati ,  sed  genetiva  joiaceni. 
die  häufong  der  beiden  fast  gleichbedeutenden  participia  duäa  imd 
derivata  bei  dem  neben  ftisa  est  mindestens  auffftlligen  conjunctiT 
vemant^  sowie  die  Unmöglichkeit  v.  11  und  12  auch  nur  notdürftig 
zu  construieren  lassen  auf  eine  Verderbnis  schlieszen.    ohne  frage 
gehört  zun&chst  derivata  oJtis,  wie  der  unmittelbar  folgende  gegen- 
satz  nohis  .  .  genetiva  beweist,  nicht  zum  ersten,  sondern  zum  zwei- 
ten satze.   danach  ist  unbedenklich  die  erste  sentenz  mit  veniunt 
zu  schlieszen;  zur  herstellung  der  zweiten  genttgt  die  unbedeutende 
ftnderung  cognatis  haeCy  wodurch  et  non  cognatis  parallel  mit  ab 
stemmate  primo  als  attribut  zu  nohis  tritt.   fUr  die  attributive  Ver- 
bindung solcher  prSpositionalausdrttcke  mit  einem  nomen  vgl.  y.  6 
genetrix  ah  Aquis  und  ed.  1 18  vivaque  ah  origine  vivum. 
epigr.  11^  1  f.  deformem  quidam  te  dicunty  Ori^pa:  at  ego  istud 

nescio.  mi  pülchra  es.  ittdice  me  satis  est. 
statt  der  abgerissenen  schluszs&tze,  worin  überdies  iudice  me  beim 
zweiten  übei^üssig,  beim  ersten  durch  mi  nur  ungenügend  vertreten 
ist ,  schlage  ich  vor  si  putchra  es  iudice  me^  satis  est. 

par.  20,  1  f.  nee  tatä  matris  spes  tinica  ephoehe  talis  (»e  Tälist) 

consohrine  meis  inmemoratus  eris. 
so  die  Überlieferung  des  Yossianus.  die  richtige  erkenntnis,  dasi 
die  ergänzung  eines  Substantivs  zu  meis  ohne  jede  weitere  andentong 
ihr  bedenkli^es  hat,  bewog  Toll  matris  v.  1  in  metris  zu  ftndern. 
diese  correctur,  von  den  spftteren  hgg.  aufgenommen,  ist  jedoch  ent- 
schieden falsch ,  weil  damit  spes  unica  allen  halt  verliert.  Ausonius 
schrieb  vielmehr  consohrine  m  e  us.  nominativformen  neben  vocatiTen 
sind  bei  ihm  nicht  selten  (vgl.i>ar.  10, 2primus  nate.  ed.  8,  1  norus 
anfie),  und  speciell  meus  ist  bekanntermaszen  seit  der  besten  zeit 
neben  mi  namentlich  dann  gebraucht,  wenn  wie  hier  die  anrede 
begründende  kraft  hat:  Ma  du  mein  vetter  bist'  (vgl.  Reisig  lat 
sprachw.  §  130).  wegen  der  dehnung  der  endsilbe  us  an  dieser  stelle 
des  verses  vgL  ^ngr.  24,  6.  par.  9,  14.  prof.  20,  6.  —  Die  haupt- 

Schwierigkeit  der  stelle  liegt  aber  v.  1  in  der  auflösung  von  tatä. 
Toll  verwirft  mit  recht  die  vulgata  seiner  zeit  tantum^  weil  dann 
noch  eine  negation  im  satze  fehlen  würde,  sein  eigner  Vorschlag 
iam  tu  ist  aber  meiner  ansieht  nach  auch  nur  ein  notbehelf ,  an 
dessen  stelle  ich  ^an^ae  als  das  ursprüngliche  setzen  möchte,  man 
hat  bisher  den  Lucanus  Talisius  in  Ausonius  Stammbaum  nicht  recht 
unterzubringen  gewust,  da  die  Überschrift,  die  uns  sichere  auakunft 
geben  würde,  verzweifelt  corrumpiert  ist.   so  erscheint  er  denn  zb. 


WBrandes:  zu  Auftonias.  319 

in  BOekings  Stammtafel  (Moselgedieht  des  Ausonius  s.  60)  an  zwei 
Btdlai,  einmal  als  söhn  der  Julia  Veneria  (par.  27) ,  einer  tante  des 
dielitaB,  dann  als  Schwager  desselben,  was  schon  Scaiiger  (Auson. 
\kL  1 15)  Termntet  hat.  eine  dritte  endgültige  steUe  wttrde  ihm 
^  tafitthme  von  iantae  anweisen,  nemlich  die  als  söhn  der  par,  19 
gcfnoien  Namia  Pudentilla,  einer  schwBgerin  des  Ausonius,  und 
deijNT.  18  besungenen  Flavins  Sanctus.  entspricht  diese  anord- 
Buig  schon  im  allgemeinen  dem  princip  des  dichtere  die  engeren 
fiuBÜienkreise  möglichst  msammenzusteUen  (vgl.  15 — 17.  28.  24), 
so  tritt  noch  ttberzeugender  dafnr  die  auffallende  Übereinstimmung 
der  drei  in  frage  kommenden  gedieh te  ein:  die  mutter  wird  c.  19 
als  eise  bedeotende,  ihren  gatten  weit  übersehende  frau  geschildert; 
Mf  dies  begeisterte  lob  durfte  Ausonius  in  c.  20  mit  tcmtae  zurück- 
vBiien;  sie  starb  früh  laäa  superstite  nato  (woran  die  werte  matris 
tpa  mtka  wieder  erinnern)  atqite  viro^  und  wir  finden  c.  20  beim 
iode  des  Taliaina  den  vater  allein  yon  den  eitern  noch  am  leben,  so 
fcbeint  durch  iantae  durchaus  der  rechte  Zusammenhang  der  familie 
bergesteOt. 

Was  in  der  Überschrift  ourä  pilii  verborgen  liegt,  bleibt  frei- 
lieh Bodi  ein  rSthael;  vielleicht  eorum  filius? 
par,  28,  1—3  parva  diam  fuU  IdaUa. 

nomine praeäUa  quae  PapMae^ 
et  speeiem  meruü  Veneria. 
T.  3  ist  durch  dittographie  des  m  verdorben,  nicht  die  Schönheit  der 
^eoos  verdiente  Idalia,  sondern  den  namen  der  göttin  wegen  ihrer 
Ktoaheit.   alao  sdireibe  man  specie. 
pnff.  19, 1  f.  rdUgio  est^  foct^ifm  si  fe,  Sedate^  rdinquam^ 

quamvis  doeendi  mun/us  ind^rie  es  faris. 
ntt  Beafiger  hat  v.  2  es  des  verses  halber  eingeschoben;  doch  lAszt 
lieh  die  unmittelbare  Verbindung  eines  vocativs  mit  dem  verbum 
wk  bn  Ausonius  nicht  nachweisen.  Vinets  indeptus  würde  man 
uf  den  dichter  beziehen  müssen,  so  bleibt  wol  kaum  etwas  anderes 
^brig  als  indeptum  mit  anlehnung  an  (e  v.  1  zu  schreiben. 

ed.  I  VEHSUS  PA80ALB8  PROOODICTI. 

weder  die  Termutnng  des  Eabricius  aproconsute  didi^  noch  die  vor- 
»hüge  von  Scaliger  Prodo  (»■  ProeM)  und  Souchaj  Prdbo  können 
ftU  endgültige  heorstellungen  der  offenbar  verderbten  Überschrift  an- 
mehen  werden,  die  conjectur  des  erstem  an  ed,  Vlll  tu.  geknüpft 
•st  Khon  darom  unmöglich,  weil  der  dichter  nie  proconsul  gewesen 
at;  ebenso  wenig  aber  ist  an  eine  dedication  zu  denken,  da  das  ge- 
liebt als  gebet  sich  durchaus  nicht  dazu  eignet,  auch  die  form  der 
vidiBBBg  eine  geradezu  unerhörte  wftre.  auszerdem  müste  man  dann 
;edcBCüla  nc9  und  noeter  im  gedieht  auf  den  dichter  und  den  adres- 
*ita  berieben,  und  da  ist  es  unglaublich  dasz  Ausonius,  der  zur 
seit  (vor  Valentinians  I  tode:  vgl.  v.  25  f.)  entweder  noch  erzieher 
^/latuaa  oder  wieder  professor  in  Burdegala  war,  sich  einem  belie- 
bigen kaiaerliehen  beamten,  zumal  dem  mftchtigen  praef.  praet.  Pro- 


320  WBrandea:  zu  Ausonios. 

bu8  (vgl.  ^nst.  16),  so  eng  verbanden  und  gleichberechtigt  zur  seile 
stellen  konnte,  wie  er  dies  v.  3 — 5  thun  würde,  dasz  nas  und  nostn 
wirklich  plural  ist,  glaube  auch  ich  annehmen  zu  müssen,  da  Anso- 
nius  in  seinen  übrigen  gebeten  {epheim.  or,  und  ed,  VIII)  durchweg 
ego  und  mem  gebraucht;  aber  dieser  plural  scheint  mir  vielmehr  au! 
ein  paar  dem  kaiser  gegenüber  in  ganz  gleicher  Stellung  befindliche, 
ihm  persönlich  verpflichtete  personen  hinzuweisen,  demgemftsz  sehe 
ich  in  PROOO  eine  Verderbnis  von  pro  coss,  und  verstehe i>ro  amsuh- 
bus  dicti  als  *im  namen,  im  sinne  der  consuln  gesprochen',  so  das: 
das  gebet  von  Ausonius  sei  es  officiell,  sei  es  privatim  für  die  beiden 
consuln  irgend  eines  Jahres  während  seines  aufenthalts  am  kaiser- 
lichen hofe  verfaszt  w&re. 
ed.  YIL  praef.  U  5—8 

BisstUa  in  hoc  schedio  cantabUttr,  a%U  Er(»inus. 
admoneOf  ante  bihcLS. 

ieiunis  nü  scribo.  meum  post  pocula  si  guis 
legerit^  hie  sapiet. 
wie  Scaliger  die  Überlieferung  Bissula  caniäbüur  aui  Erasinus  durch 
die  erläuterung  aufrecht  erhalten  wiU,  Erasinus  sei  vermutlich  ein 
YcXwTOTroiöc  gewesen  und  'Ausonius  nihil  nisi  ridera  hie  poUicetur, 
nihil  quod  alienum  sit  ab  arte  Erasini',  ist  mir  unfaszbar.  weder 
steht  Bissula  mit  einem  'parasitus  ridiculus'  auf  6iner  stufe  ftir  dec 
dichter,  noch  ist  demselben  eine  so  verschrobene  ankündignng  eine^ 
einfachen  thema  zuzutrauen,  nicht  viel  besser  ist  Pulmaains  haud 
Erasinus  y  wodurch  diese  r&thselhafte  persönlichkeit  zur  abwech:»- 
lung  gerade  den  entgegengesetzten  Charakter  erhält  wie  bei  Sca- 
liger, die  spätem  hgg.,  auch  Toll,  haben  die  verzweifelte  stelle  ein- 
fiach  auf  sich  beruhen  lassen  und  Scaligers  note  ausgeschrieben,  icl 
glaube  ohne  bedenken  den  namen  des  Cratinusan  den  platz  dc: 
Erasinus  setzen  zu  dürfen :  denn  die  folgenden  verse  sind  nichts  an- 
deres als  eine  Weiterbildung  von  Hör.  epist.  1  19,  1  £F. :  prisco  si  crf- 
diSy  Maecenas  dode^  Cratino^  \  nvMa  placere  diu  nee  tnvere  carmifui 
possunt^  I  quae  scribuntur  aquae  potoribus^  einer  sentenz  die  ihrer- 
seits wieder  auf  das  in  einem  epigramm  bei  Athenaios  erhaltene 
fragment  desEratinos  zurückgeht:  öbuip  tk  ttCvuiv  oub^v  &v  t6coic 
cöq>ov  (Meineke  com.  gr.  11  s.  119).  danach  glaube  ich  v.  5  und  »> 
80  lesen  zu  müssen : 

Bissula  in  hoc  schedio  canta^ur^  utque  Cratinus 
admoneo^  ante  bibas. 
auffallend  ist  es  nur,  dasz  Ausonius  das  Horazische  quae  scribuntur 
aquae  potoribus  Won  wassertrinkem'  absichtlich  oder  unabsichtlich 
in  ieiunis  nü  scribo  *f  ür  nüchterne'  verwandelt  hat.  man  käme  der 
ursprünglichen  fassung  des  gedankens  näher,  wenn  man  itiunus 
schriebe ;  doch  scheint  dies  durch  die  vorangehenden  wie  durch  dit: 
nachfolgenden  werte  verboten. 

Bbaumschweig.  Wilhelm  Bsanobs. 


OSchneider:  emendationes  Ariatophaneae.  321 

49. 

flffiNDATIONÜM  ARI8T0PHANEABÜM  DECAS  NONA 

ET  DECIMA. 

(iL  analM  1876  p.  83-4«.  1877  p.  280—813.  1878  p.  97—119.  667—686.) 


LXXXI,  Vesparom  317  sqq. 

q>iXot,  T^o^at  p^v 

väkax  btd  Tf)c  öirf)c 

ÖMi&v  önuKOiiuiv. 

dXX'oörapoIöcT'eT'eV 

$5€iv,  Ti  iTOi/jcui; 
PUIodeQDia  hoc  Carmen  est  qni  a  filio  domi  yi  retentaa  non  potest, 
Qt  eqnt,  ire  index  in  indicinm  qno  inTitatus  est  chori  cannine.  in 
ku  Düidorfiiu  com  reliqnia  editoribns  manifaetiasimum  vitinm  reli- 
qmiae  müd  Tidetor.  qno  modo  enim  Philodeon  chori  canta  ad 
mdida  inTittttna  dixerit:  fion  poeamm  eanere^  cnm  qnivis  exspectet 
potins  dictomm  enm  fniaae:  mm  hed  mihi  vdkunMi  vestroe  obtem^ 
perare  — ?  «t  qnod  magis  eiiam  mimm  eet  (nisi  forte  hoc  alicni  in- 
prunia  lepidnm  et  plane  comicom  yideator),  dum  canere  ae  poaae 
Mgat,  cBiiii  tamen  Carmen  elegana.  nam  qaod  Hermannua  olim  in 
EleoL  doetr.  metr.  p.  746  aibi  peranadt«  aenem  cum  inciperet  canere 
ine  acgritadine  nnmeria  modiaque  exddiaae,  qnod  ipae  verbia  illis 
cgBifieaTit  (ptan  q>iXot  TiiKG^at  et  äpuiv  äira-  eaae  pedeatria  oratio- 
ni),  boo  poetea  tadte  reiecit  in  diapntatione  de  choro  Veapamm 
p.  10,  Tnlgvtsm  4ö€iv  tenona  tamen,  qnod  iam  olim  Daveaiua  in 
beiv  mntandnm  patabat  asaentatoreB  nactua  Poraonnm,  Borgeainm, 
BotUnm,  HotÜbina  autem  in  db?|V  Tt  yoifjcai  tranaformabat,  poa- 
tem  ■opcrrime  OUbbeckiaa  muaei  Bhen.  XXXII  (1877)  p.  625  in 
^nciv,  qnod  oerte  debebat  eaae  iEc^rrctv,  ut  eat  Plnti  733.  Ban.  567. 
9Bi  qai  genninom  habebant  i^iy  neceaee  eat  eadem  interpretandi 
atioae  naos  eaee  qua  nütor Sicfatema  expUcaoa:  ^tv  ^eB*  ö^uiv, 
ia  qaa  interpretatione  omiaaom  a  aene  eaae  apparet  hoc,  qaod  nt  ab 
ipao  Fkilocleone  adderetur  ai  quid  aliud  maxime  neceaaarinm  fuit. 
*ui  aotooi  negamua  genuinum  eaae  ^€iv,  non  placent  tamen  con* 
Jtdnm  »DaTeeio,  Bottibio,  Bibbedüo  prolatae,  aed  probabiliore 
ntioK  aneeom  looo  poaae  patamua.  quidni  enim  praeatet  corrigere 
abciv«  qno  id  ipanm  aignificatur  qnod  orationia  perpetuitate 
«Oagitati  anpra  diximna:  oWevtperofuio  placere  (ac  äyiiv,  qnod  ex 
pivxime  aateeedenti  ö|Aurv  auditorum  cuique  fädle  auccnrrebat), 
ivea  ad  modnm  eat  in  Theognideia  26  oub4  tdp  6  Zcuc  |  oSO'  ikuv 
timcc*  Avbdvct  oöt'  dv^x*^  (allen  macht  er'a  nicht  recht)  et  apnd 
Herodctsm  Y  39  noi^uv  taOra  CirofmArqct  db^ceic.  aimul  poat 
tt^dv  gratior  interponctio  pon«nda  erat :  cf.  Theam.  635.  Pluti  1197. 
fr  T^c^  Y  (p.  1160).  Menandri  fr.  Bnn.  I  (toL  IY  p.  123). 
Hiae  tdä»imnr  ad  earminia  initium,  in  qno  praemiaana  Phere- 

llrdMi.pUloi.  lai»  Iift5a.6.  St 


322  OScbneider:  ^mendationea  AriitopfaaAeae. 

crateis  hie  versus  q)(Xoi,  TfJKO^ot  |i^v,  cuioscainqTie  metri  est,  ali- 
quid ofiensioiiia  habet  nee  ee  defenditor,  quod  item  eidem  jnetro 
praemissum  est  aliud  metrum,  sed  illud  paulo  longius,  in  Ban.  44B 
sq.  et  Ecel.  285  sq.  defendunt  tarnen  Dindorfius  in  ediiione  a.  1830 
et  Christius  de  re  metr.  p.  890.  at  HemMomus  de  Aifisi.  Tespis 
p.  10  metrum  illud  hie  non  i^tum  esse  iudicat  corrigens  q>(Xoiy 
KaTaTrJKOMQi  et  ^^v  delens.  utrumque  verum  puto  nee  religioni  mihi 
est  illud  \xiy  plane  neglegere.  nam  a  librarxo  afiquo  additum  esse  Tide- 
tur  carmini,  quo  ^ovi)ib(av  esst  eignifloaret,  jrov*  ^— ,  ab  aliis  deinde, 
qui  ipsius  carminis  particulam  esse  patabant,  in  jiiy  mutatom.  pos- 
tremo  ab  Herwerdeno  (stud.  erit*  in  paetas  soeii.  p.  6)  recte  est  pro 
t&rraKOuuiv  restitutum  dn^  iicoOtuv.  totom  igitur  loeum  sie  scri- 
bendum  censeo: 

«piXoi,  KaraTTTKOfiai 

ndXai  5i&  if\c  Ö7d)c 

O^^v  6n*  äiGOduiy' 

qoae  ita  pronunüaverit  Gennaiioi-Qm  idiqmfl  histrio : 

o  freunde,  ich  «chmelz  dahin, 
schon  längst  durch  das  loch  hier  eu- 
re sümore  if^ernefam^ad ; 
ich  kton  sn  gtiM'n  ja  nioht 
each  ferner  noch  selnt    wa«  than? 

LXXXIL  Kubium  7 

dmSXoio  bf)T',  iD  nöXcMc,  itoXXiirv  oSvck«, 
5t'  oöb^  KoXäc'  £E€CTi  fxot  roilc  oiici<tac. 
mirum  profeoto  ac  vis  aanae  aeHitis  est  qued  Stv^Maades,  q«i  modo 
dixerat  bellum  esse  detestabile  p<ropler  mnltas  cansaSi  nwo  tarnen 
hoo  ita  probat,  utunamtantnm  causam  afierat  hane,  qood  belli  tttn* 
pore  eervos  sooe  cartigare  sibi  non  lioeat  utromqua  hoc  vereor  ne 
non  aliter  intra  oniiis  envitiationis  ambitom  iongi  pesait  nisi  at 
dieatur:  deteslor  beüitm  cum  ob  alias  cauios  umlte,  tum  quod  aa 
äuramU  non  Uoä  mOd  htvm  woob  poena  afficen^  vel  sie:  deieMor 
heüium  ob  muUas  eausoBy  pratseriim  ^iumI  eqs.  atque  sentife  hane 
difificultatem  Brunekios,  qni  dn  t'  oubi  serlbendam  esse  eeniecit. 
qnod  Teiciens  OHennannns  adeo  ettitorum  omninm  assensvm  tnlisse 
videtor  (etiam  CFHermanni  in  ges.  abh.  p.  968) ,  ut  neminetn  iam 
de  loei  integritate  videam  dabitusew  «it  tantum  abest  nt  aoaie  Her* 
mannnm  vnlgatam  seriptoram  defendisae  eenseam,  nt  eolitom  vir! 
surnnd  aeumen  hie  desidersm.  nihil  enim  protnlit  nisi  hoc:  *Tidetar 
iToXXiAiv  oövcKa  osnrpatnm  eese  ea  vi  uteeaetonifiiM^'  Terom  enim 
vero  nokXulv  oövciuz  et  onmino  diversissinia  erant,  den^  longiasimo 
intervallo  inter  ee  distabimt  woXXoi  et  omnis.  nee  eonsMiMlat  Ber- 
manni  interpretationem  nsns  formulae  ivoXXdiV  oOvfKa,  eniva  ipie 
ipla  qnot  in  Azistophanis  fabulis  lego&tor  ^^eidt  cmnia«  qua 


Ofidme&der:  taneadiitioaw  AnstaphaaneM.  323 

ionnili  liMqiie  ajgnificafxir  umHaaesse  alicnios  i«i  csosas,  shre  ra 
TOS  wdlM  JOftvneineJc  esnBiäraiitQr  tit  £ccL  569,  dve  moltas  cam- 
w  kfei  antea  allstaB  esse  iadieainr  xd  Tliesm.  454  «olL  89D  sqq., 
819  varaUqnm  oaim  pneespo«  nomiinitiir  nt  Ihib.  1509,  .ohi  ear 
o  nitt»  tann»  anam  taätUB  affem  yelit  ifwe  mdioiir  imlc  noXXAv 
fAma^  |i6Xicia  6*  eifcdk  -aqs.  paolo  alitar  »s  habet  in  find.  669 
nkUrv  AfCKCv  vj|  toy  'AvöUkiir'  nptirTOV  t' £vAc  odvem  MJTTOtr 
•^  aan  ibr  eam  Blapjroa  pburaa  ae  prdatraroiii  eansaa  rnngniaa  in* 
JicMsei  voea  npnirrov»'  nun  mos  Aohmia  PramgoxBfl  v^bis-ad  aliad 
nyiaaiiliit  avertitar  et  oUrriaoitiir  roMquaa  oanaaa  addere.  Intet 
kii  aafeaBft  loeoa,  qnod  qoidam  Ad-sententiaa  oonfiomiBtioneni  attinet, 
NaUnm  ^  looo  mamnm  hiß  noatar  qnem  cum*  maxinie  tractaaug 
simOu  aat,  eeaetque  etiam  nmäior  externa  quoqm'  forma,  si  aliqno 
aode  eflbn  xmaet,  nt  ilfaid  fidXtcia  b*  (St')  AriatopkaniB  Terbis  fB- 
MRntor,  qood  noa  yrideo  quo  moda  'fieri  poaait.   at  cogitare^  com 
mm  MMO  eoepx,  n«m  plane  neoeaaarins  sit  iete  ifm»  j;idXiCTa  ac*' 
eoMi.  nam  la  Terepfaedpaom  aHqnod  esse  ühid  qnod  aflfart  (non 
beere  tibi  aenroa  snoe  oaatigare)^  vel  per  se  inde  ^atet,  qnotiiam  eo 
qw  Strapaiadaa  loqnitar  temporia  saemento  nüdl  ei  etat  optatnxg 
fOHD  ntpoena  eerfoa  enoe  affioere  poaaet   et  ne  illnd  qoidem  qüis'* 
<)iHi  laffaratar,  ai  Btrepsiadea,  qoo  erat  oommotoanilao,  nnUa  «808* 
caeC  partienla  qna  ntraaaqne  aeotentiani  oonhnjgieret,  eed  poat  geae* 
tthm  aententlam  (AirölUno  •  ;  irbJ^Kuiv  ofiv«Ko)  ianbtrwc  bocr 
^iiinet  singalare:  odbi  KoXik*  tHcxl  jiot  to&c  obdirac.  ita  eerte- 
■tt  opaa  aaaet  partienla  Ate,  qoee-^  nt  nnnö  rea  eKt,  oiationem  de-' 
iittat,  vi  dlTTäm».    qnae  ai  racte  dispvtari,  laciHinie  aanari  locmn* 
peae  ndao  an»  nmtata  Uttenu- 

ändkoia  bf\fi\  ib  nöXcfie,  irolÜUuv  ofivcKO* 
JT*  oöbi  NoXdc'  iHcxi  fioi  Toäc  otxitiH:,  - 
it  SftnpaMdea  diaat: 

nun  bealrer  mit  ^,  da  bSser  krieg^,  atu  manchem  ffrond! 
aiihi  auU  fttebiiila  daff  Uah  meto  feifade  fetnc#  nedi. 

In  qaoniam  vim  habet  eximiam ,  in  initio  totius  sententiae  positum 
ui  at  Theam.  1221  et  alibi.  KoXdCetv  autem  de  leviore  quod&m 
r<«Bae  genere  inteDegendom  esse  appsret  ex  apposito  o'uhL  cogitat 
«ateoi  de  Terberibns,  nt  mfira  y.  1405  et  1484. 

•  m  \ 

LXXXUI.  NabuuB  523  ^ 

npibioiic  i^fadc'^orreftc'  6|iäc,  fi  nmpiqKß  MOt 

^t^v  nkcicrov  — . 

^I^RMc  firvaira  daCnannL'intOilidocfinaf  qui  ioa  editioite  Oxonienai' 

>^Mtaiüy  pnmoa  Ariatdphanam  dioere  Athenienaea,  qnia  fabnlaBt 

aiifai  'dooara  potaaiitt  vdni  an  apbndidiaaimo  theafcro  Aagi«- 

',  fnaana  innla  nudim  oommereii  intaroaaaiBaa  Aoalopbimi^ 

ai  qjao  aaepina  iam  poeta  in  ipaa  turbe  yieerat,  eo  minua 

aam,  dnm  Nnfaea  aoribebat,  Tel  tanÜIlnm  oogitaeae  dr 


324  OSchneider:  emendafiones  Aristophaneae. 

alio  praeter  nrbanam  theataro  in  quo  fabnlam  oommiiteret  simüu 
tarnen  exoosat  Tenffelins,  qni  poetam  his  verbis  innnere  T^le  patabat 
se  fabnlam  banc  non  antoa  in  Piraeo  aliis^e  ruralibna  Dionysüs  dooere 
▼olnisse.  inqne  eandem  sententiam  etiam  Botbins  dixit  npurrouc 
explicans  Athenienses,  non  Megarenses  vel  Sicnlos.  aed  longe  alitm 
viam  eamqne  sine  dubio  falsiun  CFHermannns  iniit  (l.  1.  p.  269), 
qni  alteram  banc  Nnbimn  ediüonem  ab  Ariatopbaae  destinatun 
faiflse  non  Dionysiis,  qnibns  aotae  erant  priores,  eed  Lenaeis  qnibus 
soli  inter  se  Athenienses  fderint,  i4yoi  antem  non  adfoeiint  nt  in 
Dionysiis.  at  ita  dicendnm  fuisse  ^övouc  apparet,  quod  non  infestnm 
metro  erat  (of.  t.  629  6  ci&qipurv  tc).  nee  coneedi  viro  doetissimo 
potest,  ävciT€Ocat  referendum  esse  ad  secondam  qnam  poeta  animo 
intenderat  ediüonem.  nam  de  priore  bic  nbiqae  loqnitur  sola,  ita- 
qoe  olenm  et  operam  perdidlsse  mibi  videntur  qui  TTpidrouc  defen- 
dere  stndebant,  nee  magis  rem  cessisse  üs  ezistimo  qni  oerte  notio- 
nem  vods  n putrTOC  taeri  volebant  legentes  Tel  irptliTifV  nt  Welckerus 
et  Meinekius,  vel  irpidnruic  com  Ofiennanno,  velirpiS^TOV  cum  Bueehe- 
lero  (in  bis  annal.  1861  p.  681).  nam  qni  tandem  quo  inre  bic  sint 
primi  aut  quid  tandem  dici  possit  primo  factum?  in  eorom  igitur 
partes  transenndom  esse  oenseo  qni  totam  Tocem  cormptam  esse 
pntabant  nt  Beerins  (Aber  die  zabl  der  scbanspieler  bei  Aristoph. 
p.  123)  qui  temptabat  tuiv  irpö  toO,  OOoram  in  PhüoL  XVIII 
p.  267  irpdTOUC  (auro  corrupiasl),  Bergkins  qni  alio  tempore  alia 
protulit,  mus.  Bhea.  I  (1842)  p.  90,  fcagm.  Arist.  p.  920,  praef.  edi- 
tionis  suae  p.  XJX,  quid  autem  Yerum  sit  non  videtur  inveniri  poese 
nisi  considerate  oonsilio  quod  in  scaenam  produoena  Nubes  poeta 
babebat.  cum  autem  diceret  coq>uiTdTiiv  baue  sibi  esse  Goaoediam 
multumque  negotii  sibi  faoessivisse,  nibil  buic  rei  magis  conveniebat 
quam  dicere  poetam,  iudioes  buius  comoediae  se  petere  sibi  sobrios 
incorruptique  iudicii.  atque  boc  re  vera  dixit  poeta,  etai  n<m  apertis 
verbis ,  sed  imagine  usus,  nam  verbo  dvorreüetv  utitur.  eo  antem 
verbo  tametei  ab  initio  significari  solebat  quodcumque  fuit  genns 
gustandi,  tamen  non  yidetur  dubitari  posse,  quin  in  vulgi  sermone 
paullulum  extenuata  fuerit  verbi  vis.  certe  Eustatbius  ad  Od.p.  1432 
tradit  fiptCTOV  esse  tö  koivwc  Xctö^cvov  t^ö^g.  quae  vocis 
significatio  nescimus  quidem  quando  ort$  sit  —  nam  ex  aliis  iisqae 
antiquioribus  scripteribus  non  video  afferri  — ,  sed  per  se  tamen  ni 
est  cur  dubitemus,  quin  iam  antiquitus  TC^MO  idem  fuerit  quod 
icntacuhim,  Y€V€tv  ientactdum  darCj  T^iiecOat  ientacuhum  edere  si^e 
prandere  primo  mofie.  in  qua  vocis  signifieatione  etiam  praepositio 
dvd  recte  addi  potuit.  nam  qui  prandium  edunt,  post  longam  noctis 
inediam  rursus  edunt.  iam  si  Aristophanes  Tolebat  speetatores  ad 
Nubes  diiudicandas  aocedere  tamquam  ad  prandium  eumendaxD« 
nihil  aliud  optabat  nisi  ut  cuMppövuic  (nftohtem)  indiearent.  interim 
antem  non  est  diffitondum  in  voois  ävaT€Ocot  ambignitate  esse  all- 
qnid  difificuitatis,  quod  temen  poetem  amorisse  pote  scribentem 
irp^'ouc  l^iuic*  dvoT€Öc'  6fiäc  eqs.   ita  iam  babemns  apertissime 


OSdineider:  emendationo  Aiistophaneae.  325 

iiMlifatnin  t6  dpicrov  i.  e.  TÖ  irpunvov  j^ßpui^  (Athen.  I  p.  1 V)  sive 
Tipr  npunvjjv  ibuiöifiv  (Plnt  mor.  p.  726*)  sire  tö  irpujt  dpicräv 
(Xn.  Cyrop.  Ym  8,  9  ol  irpuiioiTaTa  dptCTuiVTCc).  sed  Ariato- 
phttMs  qüöd  oon  «dverbio  irptiiriv  usus  est  sed  adiectivo,  id  eiiam 
aüi  Baepianme  faeere  solebant  in  äliis  Todbas  nbi  tempns  signifioan- 
dam  fidt,  et  in  hae  ipea  voce  idem  feeit  Herodotus  Vlll  130  (ö 
vauraoöc  . .  irpdnoc  cxivcX^rcro  ic  Cd^ov).  itaqne  nt  brevissime 
iadieem  qiiam  loci  acntentimn  esse  putem,  Aristophanem  faciam  ger- 
aiaiea  loqneniam: 

frOlikcwt  wollt'  ich  reichen  mit  ihr  each,   da  sie  mir  hat  (gemacht 
fmr  ^el  Arbeit. 

cetenun  cum  hanc  coniectnram  feci,  non  memor  eram  Bergkium  quo- 
qae  idem  proposoisse  in  firagm.  Aristopb.  p.  920.  at  necesse  est 
etm  reprobaase  postea  yinim  egreginm,  cum  in  praef.  edit.  p.  XTX 
ae  dignam  qnidem  haberet  quam  memoraret.  itaque  tamquam  meam 
mihi  Tindico  coniecturam,  quam  meis  rationibns  ductus  in^enerim 
et  vpid  nt  pnto  defenderim.  et  qnod  ad  defendendmn  snum  irpdiouc 
fiergkins  attolit,  conqneri  poetam  quod  nimis  matttre^  qnod  iusto 
ätm  Atheniensibnay  qui  eins  modi  comoedias  tunc  non  satis  intelle- 
ger« Talnerint^  Nübes  exbibaerit,  nihil  probat  nam  irp(pOC  non 
lignifieat  mmis  matorom  rel  iusto  cUiorem^  sed  valet  firiOustitig^ 
Bon  tarzeitig. 

LXXXIV.  Nabiom  1275 

CT.  otk  M*  ÖTTuic  ctj  t*  aÖTÖc  ötiöivcic.  am.  tI  bat; 
ixbtic  reete  habere  iure,  pnto,  negat  OHermannns.  nam  ita  Strep- 
eiades  rede  dicere  non  potoit,  nisi  ipse,  non  Amynias,  antea  Xvipäiv 
tppeDatna  fnisaet.  non  probo  antem  quod  ab  Hermanne  editmn  est 
imuc  cu  T*  aOBic  ihriaivetc,  qnod  interpretatnr  non  esiuttu  eon- 
vdesms.  ita  t6  XTipetv  (aliad  enim  Amjniae  antea  non  ezprobra- 
tcrai)  Strepeiades  tantnm  pntaret  malom  esse,  coi  mederi  nemo 
posMt  at  hoc  niminm  est  videtnrqne  lam  hie  tectiüs  indicasse 
Strepaiadas  quod  atatim  sequenÜ  versn  apertiasime  dieit,  non  videri 
nU  Affljniam  sanae  mentis  esse  (rdv  iTK^qMxXov  dbcncp  C€C€ic6ai 
MOt  toiccic).    itaqne  digitom  ad  frontem  soam  admoventem  Strep- 

indicaaae  oenaeo  ibi  C€C€ic6ai  töv  ^iipoXo)ß  Amyniae  et 


oÖK  £c6'  6nwc  cu  t*  ciOtöO*  öticKvcic.  AM.  ri  bd; 
^vodsieTerto: 
Str.  fewis,  da  bist  daUer  sieht  recht    Am.   wie  meinst  du  das? 

^  ofrräei  cf.  Eq.  119.  Ban.  274,  in  quo  ultima  syllaba  elisa  est 
etiam  ^rod  Homenun  o  327  et  alibi. 

LXXXIV.  NaUnm  1062 

int\  cv  bt&  Td  cuiqipovcfv  Tip  niinroT*  clbcc  fibr) 
iroMv  Ti  T€VÖ^€VOv,  vpäcov,  Kai  m*  äE^XcrCov  clindv. 


326  .OSohneädttr:  emttidatioxiM  Ariafco^uuieae. 

IniastuB  qui  ofigaYit  xö  cuiqipoyctv  imiqaBm  quicqiuualiani  labiusse, 

jifm  potent  dioere  &ikefB>y  civtit  v.  nsm  in  hac  te  afiem  exemph 

-oonttBrü  generis»  id  vero  aoa.  differebftt  8  refatBdaoiM,  vA  potitu 

.££ä^T&>v  X^iAiv  dioi  oportoet  nee  locus  esaet  poxticqiio  pnetenti 

temporifi«  et  plaiie  inutile  iest  dieandi  ireirbiim,  pnaaevlini  cma  modo 

.diolnm  ait  q>pdcov.    atqne  etiain  Meinekiiis  Vind.  p.  78  atirirtnm 

ciitttiv  aegarit  fenndnm  ease  .oocrao^iqBe  i£Ac|foy  eäpttiv-   cui 

eqoidem  propter  nmtationia  lenhatenL  pisaateKe  sxedidAriiii  xoi  m' 

dE^XrfSov  €1  iruic  i.  e.  iEAetSov,  cl  ttuic  ^EcX^Ebc«  qofta  wm  in- 

jfreqttena  ellipsis  est»    nam  aaepa  ita  legontor  absdute  elircp  (cf. 

Nab.  227.  Ach.  405.  E^.  594  al.  coU.  Boeckhio  in  Plat.  Min.  p.  149), 

€l  TIC,  cl  TToSi,  et  ITT),  et  TTOTC,  5t  quando^  alia:  vide  Lobeckinm  ad 

Soph.  Al.  885. 

LXXXVI.   Pacisl32 

fiTTiCTOv  elTTüc  ^Oeov ,  (b  TTorep  irdrep , 
SiTuuc  xdKoc^ov  ZIoiov  fjXDcv  £c  deouc. 
non  ignoro  verbis  dicendi  vel  si  qua  sunt  alia  verba  aimilis  aignifica- 
tionis  saepe  addi  öttujc  cum  verbo  aliquo,  ubi  quid  8ttu)C  aiguifioet 
neminem  fugere  potest:  cf.  Nub.  760  $Tru)C  fiv  ouTJ^v  dqKXVtcemc 
€iTT^  ^01  (coli.. 739.  776).  Eq.  1066  cö  b*  dvariTvwcKe  . .  Sttuk  ö 
>ic6öc  Trpurrov  dTroboOrjceTai.  Pads  616  oöb'STTuic  aun^  KpoaJKoi 
0€ib(ac  i)Kt)KÖTi.  Pherecratis  Dulodidasc.  fr.  I  önuic  (sie  Meinekias 
in  ed.  min.)  TrapaCKeurälEiat  tö  bcTitvoy  ebraO*  f^tv  (nbi  iam  se- 
quuntnr  yari»  eibonim  genera  qnae  i^pgüta  fneriat).  Sopb.  Ant.  685 
ituib'  önuic  cujjrfi  X^t^ic  öpGük  rdbe,  out'  &v  buvaipqv  lyurr'  tm- 
CTaiMJiv  X^Y^^v.  Thuc.  1 122,  4  duk  tqjiev  öiruic  idbe  TpM&v  twy 
/iCTicTuiv  Eufupopurv  dTrnXXaKTOL  Hom.  B  252  oub^  ti  itui  cd<pa 
ib^Ev  ötium:  icTOLi  Tobe  £pTCt»  in  bis  sinuliboaqne.locia  nihil  ^mpedit 
quo  minua  Öttwc  referatur  nt  par  est  ad  rationem  rei  vel  facieBdae 
yel  factae.  at  fuerunt  tarnen  qui  uno  altarpve  ex  hia  looä  decepti 
atatuerent  öttujc  non  numquam  nihil  dififerre  ab  öyi  vel  die  et  aimpli- 
dter  rem  factum  indicare,  ut  atatuerunt  Mattbiae  gramm.  gr.  p.  1267, 
Dindqrftua  in  Thea.  Par.  Y  p.  2233^  (coU.  p.  2234»)  et  qui  ad  hone 
.quoqne  Ariatophania  locum  proYOcavit  Zenniua  ad  Vig.  p.  436  \ 
cniua  aententiam  Hennaapua  reiepijt  monena  öttuic  in  Zenaiania 
exemplia  eaae  quo  modo,  at  in  Ariatophania  quidem  looo  vulgahs 
illa  sif[iü$Gatio  admitti  neqnaqnam^  poteet*  |ii^  Trygaeoa  ibi  hoc 
aolum  narraverat  v.  130  ex  Aeaopi  fabidia  ae  didiciaee  aolnm  inter 
▼olucrea  cantharnm  ad  deos  veniaae,  ncm  addidit  antem  quo  modo 
cantharua  eo  venisaeL  non  habebat  igitur  filia  cur  6inuc  diceret 
hinc  dübitari  non  posse  videtur  quin  coTruptum  aSt  iSiroic.  pro  quo 
cum  multa  conici  poasint,  ego  prOxim^  ad  traditam  acriptnram  ac- 
cedere  crediderim  hoc: 

fimcTOv  etitoc  mOOov,  d»  tFdT€p  ftdrep* 
d  iruoc  Käxoqiov  JUpov  J^XAcv  tc  eeouC; 
inteneottonem.  &  habemuB  etiamPinti  127  i,  pf^  Air'«  ^  irovnp^i 


OSckneiider:  emeodatioinea  Aristopkaneae.  827 

Tobni  (fBQttuiL  «onCaro  PlaL  Hipp.  mtL  p.  2d6^  d  idfti^  fh  Unrüa, 
Xcfj^  l^mn.  68».  Sm.  758, 0I  doplicatam  Ve^.  1379.  PltttL  1052 

rigiiiwt»  in  dJTerBM  iwiteatitB  abennt  schoUafitaa  Aristoplwiis  (of. 
Sämk  Ja  iMiariMt  epiphontmatoiaquia  nau.ap.  Ariatoph.  p.  2  aq<) 
•t  adMxl«  ftd  Phloo»  loonai  eüatnm,  nee  nümm  aai  diTersaiii  pro 
mgiiknuii  looaia«.ration«  signifioatiMifiBi  faisoo.  sti  fifiöaqv» 
Ifl«  TOMnne  hoc  «at^  qaod  qni  ntiiwf  abominari  et  avortircr  ^pit 
fm  tthi  taecBoB»  sialL  et  hnio  quideoi  loco  tale  qnid  aocommoda^ 
tiiimiin  ^dafciir: 

tia  «Bifaaldith  xaHrohea  nanfttett  An  da,  llah  Tfttajohen! 
#k  Jkakl    wie  ki^n  ^  ttin|crieli  tbier  «u.  «"öttera  lo^^f? 

I«XXXYIL  PaQis  960  aq. 

TP.  qi^  M|  Tö  takiov  TÖ&*  £|i0&Mitti  JUxßuiv. 
Na  cefaiu  cü  TOQC^«^ '  cü  M  npdrcive  Tujy  öXwv. 

Noönk  TC  jfip'dmou,  luipcibouc  tcuiitnv  ^Moi, 
Ktti  Tok  Bconric  glitte  tdiv  KpiOiBv.  Oi  iiou. 
aiou  pro  actiTO  cete  looiim  luibeze  naqnit»  qiood  iottUejcerunt  Cobe- 
tu  et  Bngttn«  jnaa..Bhei^.X  |u  121,  q«i  qood  cci*  odv  scribendam 
fwuhaat,  equidem  jne  Aqii  iaMbgc«:^  fttoor  quid  Ue  aibi  velit  ista 
fmtimim,  ai  F^^iiaa  dadaFBiit  nihil  intidlegaBtoB  osiiiMa.qiucitfBqaa 
■l^auraifc  qme  aoholiaatae  Bavomaa  et  YoBMtaa  üadam  verbia  an* 
■otiBt:  apAc  Ti  l^i^y  Iü^Tjcu  icirouboZov  top  dmcn^v&ovTec  Iva 
woi  i%ir  ttupak^  HBi  tetycueiv  toic  Ifipoic  boK^  nfai  imac^vbov* 
Tcc  est:  aqnam  infundontea  in  Yiotimae  eapnt  Tel  potina  oOc,  ut 
aqua  es  anre  ezcatiendae  causa  victima  ad  aram  dacta  caput  de- 
nittat  ei  ita  quasi  aunuat  avae  tamquam  ipsa  cnpiens  ibi  mactari. 
^  ({00  jBHro.i&dit  GEHMDomnna  in  lehrb.  der  gotteed.  alt  §  28 
an.  6  praeter  alia  aSmna  acbaL  Apolkmii  Arg.  X  416  ubuip  . .  ei- 
«Moav  i|ißdXXfiiy  de  ri  oöc  Upefou  irA  16  inweüuy  tö  lepctov. 
slpa  haae  nm  egregie.huio  looa  conTenirt  neno  quiaqoam  negar 
«Vit  qnanMpni«  Unna  mihi  raatai  senipubia,  qui  noü  videam  quo 
■ade  Tietbna  iubfld  hie  poeait  ceiou  pro  teifi  Tf|UK6^|Mi)UW-  namqoi 
inMiecektai  totnnqne  eorponconenüt,  non  videiur  aannoi»^  qiu>d 
^  äücMidMP  erat,  aad  potina  rannere»  itaqua  focere  non  poseom 
qu  panluhnn  eoonqitnni  locnm  hoc  qnidem  yexen  pnten ,  ,^  quem 
laaaaiiaa  gj.hmiBeiiaa  m^cina  ohlata  fiaeriti  nemo  £Mnle  reluetabi«* 
te.  et  voibom  qnidem  cctciy  propriom  et  eoUemae  in  hac  re  rooa- 
balaa  lidetar  fniaae,  ai  qvid  Talat  eonsenana  eeholionua  et  Pbitarohi 
^dsL  ooe.  46  (bioCiiccdai)  verbonuni  qni  in  varbo  qnidem  cu»  Ari- 
i^Aano  Can  oonanntiont»  aod  non  oonaentinnt  in  obieeto,  qnod  Tf|v 
«fidk^  ttmpear  fniaae  eo  mious  evedibile  est,  quod  aqua  ra  vera 
M.  sdmL  ApoUL)  fietunae  in  aniem,  non  in  oapnt  infondi.solebat. 
qiidm  igünr  Tiygaena  tietimae  aqnam  ia  anremfondens  dieere  po- 
^mü  ceV  oOc  Ol  roiniwc  —  ?  Sed  nondum  expedita  aunt  omaia. 
qwn  iUoo  probet  Beigkii  et  Engeri  (L  U)  indidumi  qni 


328  OSchneider:  emendationes  Anstophaneae. 

cam  Intellexissent  versu  961  sententdanun  ordinem  tnrbari  atque 
divelli  qnae  arte  cohaererent,  y.  961  ante  960  collooandnro  eoise* 
banl  quod  fieri  tarnen  sine  uUa  verbomm  maiatione  neqnit  nam 
KaÖTÖc  T€  alium  impeirativum  indicat  deeiderari  coi  ofipoBatur 
auTÖc  x^PviiTTOu.  haue  autem  oppositionem  habebimoe,  modo  le- 
nisBima  mntatione  versnm  sie  soripserimns:  icaÖTÖc  T€  x^viirrou 
trapdboc  t'  auTf|v  d^oi,  nbi  götViv  est  Tflv  x^pvtßa,  qaodex 
XCpviirrctv  quivis  nitro  intelleget,  malto  autem  lenior  baee  eaien* 
datio  est  qnam  quas  Engems  (in  bis  annal.  1865  p.  177)  et  Bergkim 
proposneront.  et  ille  qnidem  corraptom  locom  lacona  pntsbst, 
quam  sie  explendam  censebat:  cu  54  vuv  Kard  x^ipuiv  }io\ 
KOTäx^^  '^^^  X^pvtßct  I  KOtunrdc  bi  xcpviirrou  iropoboöc  touttiv 
lliou  Bergkio  autem  ita  scribendum  esse  videbatur:  £|ißa(|fOV 
XoßiOv,  aÖTÖc  TC  xcpviiTTOu,  napdboc  Tadniv  d^oi,  quorum  prae- 
ter Tiapäboc,  in  quod  et  ipse  incidi,  nihil  puto  necessarium  esse, 
neqae  iure  mutari  interpunctionem  arbitror.  itaque  fntaro  Ansto- 
phanis  editori  ut  ita  totum  hnne  locum  scribat  auctor  sim : 
q>^p€  b?!,  TÖ  baXtov  löb'  dpßdMiui  Xoßdiv, 
KaÖTÖc  T€  x^pviirrou  irapdboc  t'  aÖTf|V  dfioL 
cer  oOc  DJ  Tox^uic,  cu  bi  Trpöreivc  tiüv  öXdiv, 
Kai  TOic  eecrraic  ^firre  vm  Kpidoiv. 
ubi  omnia  nunc  rectissime  procednnt.  omn  enim  TrjgaeoB  taediim- 
mersa  aquam  pnrgasset  et  saeraTissetf  hae  aqua  senri  minus  lanri 
iussit  sibique  ipsi  hanc  aquam  poirigi  volnit  jit  et  ipse  maaus  lin* 
ret  et  inde  infunderet  in  vicümae  anrem,  quo  deorsum  qoatieBs  hsec 
Caput  libenter  ad  aram  procedere  videretur. 

LXXXVIIL  Nubium  178 

Kord  Tf)c  Tpcnr^Ziic  Korairdcnc  Xcirrflv  T^q>pay, 
Kd^ipoc  ößeXiCKOV,  €Ito  btaßi^niv  XoßJiv, 
Ik  Tf)c  ncÄaicrpac  doi^driov  öq>€iX€TO. 
Dindorfius  ne  dignam  quidem  quam  memoraretegregiam  OHennsnoi 
coniecturam  habuit  pro  Ool^driov  substituentis  Oufjonov,  quod  no- 
vissimis  cditoribus  plaoebat  omnibus  praeter  Bergkium,  qui  eto 
Ooiiidnov  retinebat,  tamen  hoc  iam  antiquo  satis  ten^Kn»  natom 
Vitium  putabat  esse,  ita  fortasse  remoyendum  ut  Ik  Tf)c  icdXr|C  6ot* 
VTifidnov  (kpciXcTO  scriberetur.  quod  OOoram  in  PhiloL  XV  p«  91 
paululum  immutayit  oommendans  tx  Tf)c  irdXiic  doivctnicttiv.  sc 
profecto  nemo  demonstrayerit  articulum  in  doi|idnov  reote  habere, 
certe  defendendi  pericnlum  qui  fecit  Dindorfius  in  ed.  Ozon.  ID 
p.  129  nihil  profecit.  nam  quod  intellegi  putabat  pallium  eins  bo- 
minie  cui  problema  geometricum  Socrates  explicabat  animi  ayertendi 
causa,  id  tum  demum  yim  baberet,  si  antea  memoratns  foisset  tslis 
homo.  nee  feUcior  in  defendendo  artioulo  Ooettlingius  yidetnr  ftusse 
in  ^berichte  der  k.  sftchs.  ges.  der  wiss.'  1866  p.  29  aan.,  qui  s^ 
ticulnm  additum  esse  credebat,  quoniam  diseipulus  indioare  yellet 
TÖ  ToO  IfACrricu  (die  sache  mit  den  m&nteln)  saepe  usu  yenisse.  com 


OSchneider:  emendationes  AriBtophaaeae.  329 

igitor  articiiliis  non  Tideatar  defendi  posse ,  imice  probo  Henoanni 
coiieotiiiiBi  quae  rei  coBToniontisgiiBa  est.  nam  postqaam  disoipoliis 
Sooitis  dizit  T.  175  bciirvov  icnifMC  non  ftdsse  Socraticis  et 
Strapiiades  quaesivit  qoae  tandem  äXipiTa  Socrates  ezoogitavisset, 
dJM^pohu  aKod  quid  memonre  boh  potait  nisi  qaod  edi  poeset,  non 
Ulm  nm  qna  yendita  demom  tibi  oopia  fieret.  etsi  aatem  Aristo- 
pbu  loeo  atentes  Demetrins  7T€pl  iQHvy»  p*  153  et  Arrianos  diss* 
Epict  lY  2,  SO,  qaos  Dindorfioe  attnlit,  et  ipsi  Ool^driov  legisse 
TidatoTi  tarnen  eomm  loooe  idem  qaod  Aristophaaem  yitiam  in* 
Mane  piilo,  praesertiin  com  inter  OolfAdnov  et  Ou^drtov  etiam  in 
Sjaani  qnodun  loeo,  quem  CFHennannus  ges.  abh.  p.  265  appo- 
nit,  lifanrioB  flaetoaeee  appareat.  atqne  hoc  qoidem  loco  Ou^äTtov 
ia  6oifi&nov  male  traasieae  eo  minoa  mirabUe  est,  qaod  librarii 
doi|i6Tiov  iftm  legerantNab.54etpo8teaineademhac&balaiteram 
hian  ennt  ▼.  497.  856«  1498,  et  in  reliqais  qnoqae  fabolia  ea 
▼oz  nepiaa  invenitar. 

Tenim  Hormaani  emendatione  nondom  persanatam  esse  locom 
miU  si  qnid  nmqnam  certiaainmm  yidetar.  et  illad  qaidem  param 
ne  oÜBafit,  qood  vom  ipan&^c  additoa  est  artioolas,  etsi  nee  ipaa 
ip&Häa  aatea  memorata  erat  neqae  alia  alla  res  qoaeam  ipdireCa 
iu  est  coninneta,  nt  illa  memorata  etiam  TpdiT€£a  ait  certa  et  de* 
fiaiti.  offniBioni  tarnen  artiealna  voci  additoa  Teoffelio  fait,  nt  com 
FlUanebio  vooea  xpceirftiic  et  iraXaicrpoc  (▼.  179)  locum  inter  ae 
iBim  oanmntare  deb«re  diceret,  non  cogitana  aterqae  qoam  miram 
koe  diemdi  geiraa  eaaet  Korft  t^c  iroXaTcTpac,  id  nt  aignificaret  £v 
^  noXaktpqi,  qaod  et  ipanm  aalyo  metro  locom  habere  potoit« 
eoate  mirom  non  est  narrantem  Socratia  discipolam  rem  qoaai 
pneaeatam  etiam  nunc  animo  oontemplari,  ot  Tpdif€£av  tamqoam 
ttea  noBC  ocnlia  aabiaoentem  articalo  inatmxerit.  at  longe  gravioa 
iltid  eat  m  diatipoli  narratione  qood  me  male  habeat.  nam  com 
ipvta  aagiatri  aatotiam  et  Tafritiam  certo  exemplo  comprobare 
vriU»  mmo  non  ealliditatem  eioa,  aed,  ai  qoicqoam,  impodentiaaimam 
fnaeitatem  commonatraTit*  qoid  enim  aliod  prodit  qoi 
inaperaa,  tom  ineniyato  veru  et  tamqoam  cirdno 
maplo  az  paiaaatra  hoatiae  camem  anfert?  niai  forte  ea  erat  eximia 
Soerafia  aatntia,  qood  a  fraode  qoam  intendebat  aatantiom  hominom 
oealos  mentaaqoe  avertere  atodebat  in  cinere  figoras  geometricas 
fawiBi  atqoe  aatotiae  docomentom  etiam  Kocldos  desiderayiaae 
vidatBr,  qoi  inter  tt.  178  et  179  quaedam  intercidiase  aaspicatos 
ert,  a  CDioa  ioditio  ita  diacedo,  ot  illioa  aatotiae  indidom  non  lacona 
abqna  mtareaptom,  aed  a  Hbrariia  ona  littera  male  aoripta  oblitiera» 
tarn  polem.  Ariatophanem  enim  peranaaom  babeo  dixiaae : 

cTra  biaßfJTi]  Xaßuiv 
ix  tf)c  iiaXaicTpac  6ufidnov  äq)€(X€TO , 
ot  Xafän  obiaetimi  aiU  habeat  eandem  vocem  qoam  habet  etiam 
Mpana  yarbom  (kpciXcro,  i.  e.  Oufidnov.  ita  aotem  plana  et  per^ 
sineoa  eat  bominia  aatotia,  qoi  dam  idterioa  circini  pede  menaae  in- 


890  OScbneider:  emend^tionea  Aristoi^MAeae« 

fixo  allenua  ctrcunouigit  qoidem  ad  dacendM  figurM,  aed  aimiil  to  iu 
Btitnr^  ut  bostiae  oarnem  in  aadem  positam  meiiaa,  ooi  aatabot  figu- 
ras  d^ceaarprdieDdait  et  mier  xoadios  dAtmdat  discipolos^  qoos  per 
ße  credibila  est  axceptam  oanotem  in  Yeatilms  sm  condidiaea,  doiec 
tandem  Soccati  placebat  cum.  diaeipnlia  at  cum  arrapla  earae  ex 
palaeatra  domiim  redira.  in  hac  antem  intarpralaliQna  conoadaa  nihil 
ineasa  quin  lai  conveniat  ant  qnod  ipaia  varbis  non  ait  daolantom 
aperta  Tal  inda  iara  colUgi  paaaii.  qnad  did  naqnit  da  nna  altanve 
prioram  mtarpvetiun  azplanatione.  nun  ut  bia  utar«  qnja  probet 
TeufMü  Bontantiain,  Soaratam  bumun  ^p^imaaa  «ara  in  aoqae 
figaras  snaa  daacribantem  ex  propinqua  manaa  mann  ainiabn  boatiaffl 
aarxäpuiafta  at  in  paUio  aondidiasa?  nam  in  palaaatea  pvaatcv  anm 
atiam  manaam  propa  iUam  fuiaae»  in  qna  ponaranisar  et.pKaafMiaren- 
tur  boetiae  mos  aaorificandaa,  id  val  aina  tastinkonöa  Yalarawi  qaivis 
aanaadati  et  yida  CFHarmamiuni  1.  l..p.  966.. .  cor.  igiter  «ineran 
non  ex  propinqua  ara  transtulerit  in  menaae  aatantia  aopecficiam, 
qnanttun  qoitett  vaaua  tum  ^rat  aliqua  eina  aopaifioiai  para?  tum 
nnda  tandem  cogimnr  de  ainiatra  manu  Soaratia  qua  hastiam  lapat ht 
aogitara,  rel  de  ipaiua  palUo  in  qno  aamam  oondidarii?  —  Atque 
piton  atiam  SoettUngius  1. 1*  aibi  aumpaü  qni  ito.  nam  mmaut  (pbeet 
anim  ipaa  viri  agregii  verba  affsrre):  'Sokralaa«  den  aaÜ  ann 
jungem  ein  abendeaaen  feblt,  ale  aia  gerade  im  Kynoeaigaa . .  rer- 
sammeilt  waren,  macbt  biar  anatalfe  zu  eiser .matbamatiaohan  de- 
monstratton.  ein  bratspiesa  • «  wird  ak  zirkei  baantat,  mid  nna 
«dilaiobt  aiah  Soktatea»  gleiobsam  um  Mab  etwaa  »ur  deaioMBtration 
gebfirigea  barbeiuiacba&n«  in  die  ganz  nahe  galagena  paUUlra  det 
Kjmosacges » apiaaat  einen  mantal  •  den  ein.  ringer.  ^rt  abgri^  bat, 
an  und  eiaobaint  damit  wieder  unter  aatnen  siiah9iam.|  w^ddba  das 
empfangene  zu  gelde  zn  macben  beben  t  nm  apftlar  a«a  deaa  daran« 
gelösten  . .  ein  abendeaaen  au  bereiten.*  c^  alia  na  oontradicam,  quii 
aeneedat  Soomtam  Jatara  tum  studantam  paUium  (nam  OaMtiov 
QaetUingium  probaaea,  non  dvM^ov«  snpra  dixinma)  yanakro  aS« 
gare  makiisae  ad  diacipuloe  reditmnun  quam  cdara  rem  aunapipaa 
et  in  sinn  ponore?  ut  autem  noatra  emendattone  adnuaea  iooam 
niliil  iam  diffionliatia  babere  damanäcemv  plaieat  aoaurata  aonTarai» 
in  patrium  aermoaem  apponere: 

als  mit  feiner  asche  den  tisch  er  bestreut,  *nen  bratspiesi  aocb 
gekrümmt  and  wie  mit  'nem  eirkel  damit  dann  opferneisch 
gepackt,  entführte  er't  nnbeiaerkt  aus  der  rmgersehal. 

bioß^  eeae  pro  uic  bwßtlTQ  nemo  nagabit  qui  quam  um^e  Greaci 
comparandi  partioulam  ibc  aia  omieerint  i«obe  oognkum  bebet :  d 
Dobraeum  ad  Ar^  Plutl  314  {lol,  VII  p.  93  sq.  Ddf.)  et  Welckenm 
ad  Theognidea  p«  90«  —  Verbo  moneo  nupertimeOBaabmannom  in 
eoniactararum  obaervationumque  AriatO|)baBeanim  apeeimina  I  düi- 
gentiaBime  acripto  p.  139  sqq.  banc  diacipoli  oarratiQoem  ut  ah- 
ruptam  et  omni  carentem  perepieuitate  ab  boo  loeo  alianam  i- 


.Ofigkmideri  amendationet  AriBiophaneae.  331 

dieHse  ima  cum  reliquit  '<&oipaIi  nairationibiu  quae  sunt  inde 
i  T.  169  sqq. 

LXXXIX.  Niibram995 

AA.  dj^or  coq)iac.  AI.  (S^ot^av&lc, 
AA,  fjc  iM<idrK;.  A^.  T^c  d^  nöM^Ac^' 

co^ia  BOB  est  aapiemtia,  fed  aat^tia  lalepU  Euri^ea^,  qi^m  Pr(>bu9 
r.  931  aq.  prodit»  ßoa^  auiem  oauseaio  sibi.fao^fa  paose  naqno  a4 
«aciadwn  dieit,  ut  minun  non  ait  qued  di^ioi  e^udan^U  hob  <99t 
igüor  qaod  pms  boc  ujmoi  aliud  qqid  sAgK^ß/^v^  stataas.^tqn^  alte« 
na,  quae  Kookii  fnit  «entefatia,  qnipropterea  dtOMOi  cöq>(ix(;  olim 
iodienbat  odeadiuii  esse  (mus»  Bben»  YIH  p»:366),  in  ipsa  Autem 
flditms  nerisaiina  iiihil  Uc  jautayit.  tom  in  üa.qnae  aMun  eeqiwil- 
tv  Diadorfina  cum  raeentioribus  editoribba^eoninnctae  BayenoAiis 
Vtaelkiae  aoctcHdiati  taatam  thbpit,  ot  neglegeiret  qno^.  oliiajsie 
«kbatv;  AA.  i&|ioi  cptpißc  i^  ^yiicOnc  AI.  u>|I(H  Moviffc  tQc  die 
Jioücuic  8*.  aad  si.  Bavennate  Vepetoqae  teatiboe  Anstopba^es  ita 
siiÜTa  sennonia  foma  re^sesait  minoüin  enmconddensj  vix  .faqere 
^  folUai  niai  ioeim  ci^iatnnie,  coioa  tanken  y«fitic^nin  n^nc  non 
^  lad  nisi  me  omnia  ftdloni,  latet  is  in  7erbiB:^C  IfiVricQiic,  qn^ 
naa  esse  etiam  alii  neganmt  velnt  Bothios  qui  temptabat  ^  cIJav  * 
Rc6i)C  {gua  supefie  gaudes  ütqae  exsuUqs)^  et  Meinekins  i^i^jOnc 
"^"finfftne  ut  mintid  languiduAi ;  Eockius  atitem  in  editione  no- 
viniffla  voeea  nt  expellermtar  suasit,  qaae  nihil  essent  nisi  vocum 
nie  c4c  üst^rpretamfUitiUB  a  leotore.  aliqno  appositiun«  vervssune 
HiMiIÄMlorfiiis  pNoai  C9<piaCt  nhi  eetori  aijitnollain  poBuecimt  inier- 
psartioaw  «ot  iniemipti  eermonia  ^gwun,  interpnnotionem  posoit 
Mnam,  ^p^ot  efficiUir  ut  v^rba  f^c  i^yi\cl^f^  non  possint  nisi  ad 
MbfraDme  aiila€pdeii|ia  yeiia  xekxfi.  ita  av^m,  ffoilw  c^gfUMoi 
fsias  vdotwv quQmodQ  i$, &biioo^  ludat.  nain  cum fd^er  j^ityk^v^aih- 
ttai  ^mnonmet»  ^HeiiHS  ifterenM^  ne  qins  pcutspctt  ßmoK  «89a  ati^ 
vmn  iwim,  et  ea»  yitup^gft^oaem  asei^uidem  aTertBree^d>at 
^sd  qna  nsodp  üa^üiuf  fierl  p<^0rat  q.uain.  itä.  ni  fifinnaret  ipaius 
vitifapteria  efmiiofioy  esse?..  yidenjqQo  tondkani?  penmasiL^rhabeo 
Ariitipliiifij^  aip  forppysse; 

AA.  d^ot  cacpiac  AI.  d^pt  fuxvioc,      : 
(AA.  c^C  ^ly^Oqc)  AI.  Tf)c  cfic  mX^  8' 
<t  oe  vsvteBdna  loena  Bit :  ... 


ITBf.  A»  felabitlieit,  0  wähl    Oev.  dieae^  aarrhaitY  o  wall, 

:Vsf.  «affiS  ^ier  algaeft  g^deak.)   Oer..#ie  Ton.diir  mi4  4e«  «taat. 


«ftemu  eam  &  Mitcttoc  oertam  aUquam'  jüKXvkiv  ex  magno  qm  esse 
?olsat  ^(IVtClV  numere  non  nosset,  apparet  eur  non  potuerit  addito 
«tinto  dieare  Tf)c  die  ftavfoc.  etsi  tnox  ö  Mkoioc  inve  dixit  Tf^c 
cnc  Omvktc),  <}tt  edre  ee  qtiaRs  Bit  et  qnormn  fittvta  pmximia 
^vbii  iadieat. 


332  OSchneider:  emendatdönes  Aristophaneae. 

XC.  Pacis  1266 

T&  irmbC  f\hr\  '£^px€Tai 
oup1lcö^€va  TCi  Tuiv  imKX/JTUiv  bcOp ',  tva 
firr'  $ceTai  irpoavaßdXiiTai  ^oi  boxeiv. 

verbo  oup1lc6^€va  infestlssiinvis  erat  Bergkius,  qai  pro  eo  non  solum 
^lVuplZ6^€va  et  6pOpiZö^€va  proposuit  (c£  lEUohteri  adnOi  sed  etiun 
dlpoZö^eva  (i.  e.  biabpuirröpeva)  commendavit  in  hist.  liii  gnec 
I  p.  440  ann.  48,  et  videtor  eff»oifi8e  at  etiam  Meinekias  de 
scriptnrae  integritate  dnbitaiet.  nam  6pXT|CÖfi€va  soribendnm  puU- 
vit  Vind.  p.  49.  ^si  enim'  inqnit  'oantandi  perieolnm  factori  con- 
vivarom  pneri  prodennt ,  ineptissiine  iidem  mingendi  causa  Bcaenam 
intrasse  dicantur.'  reetissime  ille  quidem  hoc  monmt.  sed  qao 
modo  ineptuin  Bit  dioere  pneros  mingendi  cansa  exisse  simalqne  es 
occasione  nti,  nt  oarminibus  praelndant  quae  mox  reveni  cantatori 
eint?  duplex  igitur  puerorum  consilium  erat,  qnomm  älterem  par* 
ticipio  futuri,  idterum  integra  enimtiatione  (Tva  eqe.)  indieatur,  qua 
in  re  unum  hoc  offendit,  qnod  nunc  non  est  ne  levisaime  quidem 
significatum,  pueros  alterum  post  altemm  facturos  esse,  quo  addito 
nihil  iam  deerit  ad  sententiae  integritatem.  itaque  AristopbaDam 
scripaisse  susptcor: 

xd  iraibl*  iihx]  *E^px€Tai 
oupT1c6^eva,  xo  xuiv  iiriKXrixuiv,  &€up\  tv*  ovi 
fixx*  qicexai  irpoavaßdXrixai  ^oi  boKCiv. 

nam  ad  non  solum  significat  mrsus  aliquid  fieri  postquam  iam  semel 
factum  est,  sed  saepissime  etiam  denotat  &eta  aliqua  re  fieri  etitm 
aliam  rem,  ubi  nostrates  dicere  solent  dann  ferner^  omcA,  interduD 
etiam,  ut  Graeci,  wieder^  dann  wieder,  sie  Ach.  443  toöc  p^Ocorac 
clb^vai . .  ToOc  b*  aS  xop^vT&c  i^XiOiouc  irapecrdvai,  eetqoe  boc 
b*  aO  omnium  frequentissimum:  Ach.  553. 903. 975. 1084.  Nub.  51. 
Vesp.  81.  573.  'Pacis  215.  At.  2.  186.  504.  576.  587.  616. 713. 
993.  1399.  1482.  Ljrs.  91.  98.  426.  1254. 1266.  Theam.  788.  Bao. 
290.  &.  Georg.  14.  fr.  ine.  H  (bi  —  oS  £q.  967.  At.  843. 1459. 
Lys.  722.  Eod.  1118.  Pluti  296).  adde  oöb'  CtO  At.  1091.  Ecd. 
667.  ^1lb'  ad  Vesp.  57.  item  saepius  reperitnr  Itepoc  aÖ:  Aeh.  9. 
£q.  949.  1351.  Nub.  1445.  Vesp.  903.  Pads  295.  At.  279.  992. 
Thesm.  459  (dXXoc  aO  Thesm.  664),  rarius  cTt*  aO  Nub.  966.  975. 
Ban.  1069.  praeter  hos  autem  locos  multi  hie  illio  ocourmnt  in  qoi' 
bns  Toci  ad  Tulgaris  significatio  Tindicari  nullo  modo  potost,  velut 
£q.  207  6  bpäictuv  iiip  ^cxi  MOKpAv  6  t'  dXXäc  crS  iicn^öv.  Nnb. 
651  ittatovd*  btroiöc  itjx  vSPi  ^u6|uav  |  kot*  £v6icXiov,  x^xtm^ 
od  KOiä  bdiCTvXov.  ibd.  1060  xai  cuNppovetv  au  q)nclxpfivai.  Vesp. 
28  di&p  cu  t6  €6v  ad  Xäov.  At.  1283  vuvl  b'  diroop^iiiavTCC  oy 
6pvt6o^ovo0cl•  Thesm.  232  i|itX6c  aO  CTpareikoMOi.  Eccl.  193  tö 
cu^^axlKÖv  ad  to06'  8t*  iacoTroupcea.  Pluti  354  xd  x'  au  bcöoi* 
K^vai.   iam  si  ad  addi  placuerit,  recte  Txygaeus  dicet: 


OSchneider:  emendationes  Aristophaneae.  833 

'raus  schpn  kommen  die  jüngelchen 
Ton  meinen  ^^ten  sum  pissen  her,  damit  sie  anoh, 
so  scheint  mir*s,  erst  probieren,  was  sa  singen  ist. 

tM  tertü  veraas  fine  Dindorfios  pro  boKCi  com  Bergkio  restitait  bo- 
oiv,  q«od  magis  Aifciciim  est :  yide  Blomfieldium  ad  Aesch.  Pers. 
251,  nbi  item  deteriores  Codices  boiceiv  in  bOK€i  deprayanmt.  sed 
com  tßol  boKCi  dici  soleat  et  fortior  pronominis  forma  praeferatar 
etiam  si  qnaiido  verbain  praeponitur,  nescio  an  scribendam  sit  irpo- 
llvaßdX1)T^  d|iol  boKeiVi  ut  etiam  Bothium  edidisse  video. 

XCI.  Nabiam337 

s»  kiiit'  dp'  inoiouv  t^päv  N€q)€Xäv  crpairraiTXav  b&iov  öp^dv, 
idUMcdiiouc  0*  äcttTOTKCqMiXa  Tixpiiii  TTpftfiaivoucoc  t€  du^XXac, 
cIt'  dcfrfoc,  bicpdc,  TCVAMM>uc  oluivouc  dcpovriX^^c. 
Unat  Strepaiades  qao  modo  ditbyrambici  poetae,  quos  fiouconotctv 
TBC  NapAoc  didt  v.  833,  nubee  cantent.  qoa  in  re  imaginibus 
itadiosiaauDe  nsi,  nt  ülorom  mos  erat,  saepe  ad  ineptas  comparationes 
dikbebaatnr.  qnem  ad  modnm  igitor  nnbes  appellabaat  irXoicd^uc 
lif^y  ita  etiam  tOMiiioiic  oluivouc  dcpovnx^^c  Tocabant  id  qno 
rare  qnave  lainria  lecerint  nnnc  non  coro,  sed  hoc  credo  neminem 
maccMTMiim  esse,  poetam  aliqaem  dithjrambieom  in  alio  oarmine 
(dia)  ea  qoidem  ratione  dizisse  dcpiac,  bicpdc,  in  qoo  magna  est 
(üflicnltBe  conetmetionis,  qnoniam  ita  aegerrime  caremus  nomine 
H^Aoc  eoi  ineommodo  medebatnr  sane  Bmnckias  ex  nno  oodice 
PuisiBO  C  reatitaens  dcpiouc  bicpouc  (ad  quam  seriptoram  prozime 
ioeadit  Pkria.  A  qni  habet  dcpiouc  btcpdcX  <l^^iQ  secoti  sant  Wolfius, 
Henaaiuiaa,  Meinekios.  contra  Beisigins  edidit  cIt'  dcpfaxc  bicp&c 
TQ|iV0uc  eqB,^  nna  accentns  mntatione  contentos,  qua  non  yideo 
fbd  Ineremar.  nam  vel  sie  carebimos  voce  V€q)^Xi|C.  non  est  aatem 
oedibile,  ai  revera  Aristophanes  depiouc  btepoöc  dixit,  qnod  ad  ex- 
1****^***  foit  £Killimnm|  id  in  plnrimis  optimisqne  codicibns  ita 
oomBniä  potoiese.  iftaqae  qnaeramus  aliqnid  qnod  ad  traditam 
loiptaiam  externa  sna  forma  proxime  acoedat.  quäle  invenisse  mihi 
nkar  hoc:  cfr'  dcpCac  bi'  {bpac  tcimmiouc  okuvouc  depovnx^tc, 
abi  ae  cominngenda  verba  sunt:  taMMM>uc  oluivouc  dcpovrixcic  bi' 
d^ioc  8>pac  nam  aar  et  nnbinm  et  aqnilarom  sedes  est.  sed  qnod 
Hiiaekhia  Yind.  p.  72  non  ferendmn  pntabat  aves  istas  in  nno 
eodemqoe  oommate  dici  depiovc  et  depovi^x^c,  ut  vel  alOepiouc 
yü  oiBepoviixciC  scribi  iubeiret,  illnd  mihi  poüus  apprime  convenire 
tthjrambieae  poeai  videtnr.  oeterum  inscius  in  Eockii  vestigia  in- 
cidi,  qm  olim  mus.  Bhen.  VIII  p.  363  coniecit:  elra  bi'  aöpac, 
^0  nieeio  poetea  in  Nubium  editione  commendavit  cIt*  clpcciqi 
bicpd,  qaorum  nentrum  meae  illi  coniecturae  praefero,  qnae  nt  ali- 
^Qsato  lenior  est,  ita  ad  sententiam  est  aptissima.  banc  enim  quis 
uBprobaverH  sententiam : 

4«rch  tnftige  ^ta*  luftschwimmende  aare  mit  randlich  gebogenen 

schaSbeln. 


834  OSchnftider:  emeodationes  Ariatopkaneäe. 

XCil.  Paeis  1201 

TTpd  TOÖ 

1200  oubeic  ^TTpiaT*  &v  bp^Trovov  oubixoXXOßou, 

vuvi  b*  iv^  |iiv  irevTÄpoxMct  raör*  ^|iiToXii>, 
6M  bi  Tpibpdxiiouc  Touc  Kobovc  ic  toöc  dtpoöc 
sie  secündo  retBu  Dhidorfias  tarn  Elmsleio  ad  Adi.  17B  mutavit  co- 
dicnm  scriptoram  qttae  talis  «st:  vuvl  Ik,  fr€Vif|KOVTa  bpax^idv  t\i- 
noXtli,  in  quo  irevrrpcovTa  ineptam  esse  com  aliis  contendit  Meioe- 
kiuB  Vind.  p.  68.  hoc  quidem  nou  dixerim.  cur  enim  faomo,  qm 
certe  tarn  immane  pretiam  non  postulat  a  Trygaeo  (cui  irpouca  falcem 
ö  bpeirovOTTOiöc  dat  v.  1204),  mercis  snaepretium  noa  augeat  nunc, 
ubi  pax.  redfr«  -^{ktEnr,  iimfläne  quint«^  prae  «inddcoA  red  Tüiute 
quae  paula  autea  ftierat  baili  temp«»?^  quam  romoftm  Trygaeo 
daturus  sit  dobo;  siUl  BUi  denn  pcaMoaliaia  it^  effiaere  Yolnü  ita- 
quo  etar  etiam  Boeokfaiuß  de  oecQn.  pabL  Atii«  I'  p«  idd  ann.  f  ni- 
mium  eiaggeraase  hominen  Mois  «loe  prethim.  eredidit,  sohot  tarnen 
de  loci  iategritffte  dabitars,  ui,  aliud  in  isto  venu  vitiam  latat  mm 
quod  in  8pa)QiAv  pn^r  ayllaba  loiiga  est,  iam  olim  doctis  nris  o&d- 
sioni  fuit  producitar  quidem  ^tnoia  Y^p»  ^t  et  Plxtti  1019  et  ia 
aliis  quibugdani  aliorumoomiGoniiii  locis  (of.  DindorfluB  ad  Vesp. 
1.  L  p.  495  Oxon.),  ubi  bapxiudc,  tapxM<^v,  bapxM^  aeribendmn  esse 
BergkiuB  in  seitschrift  f .  d,  atteitamaw.  1835  p.  332  sq.  «mtoidit 
Hesycbättin  antestatu«  I  p.  461  tepXMac  bpoxfxäc.  at  Bergkio 
nuper  oblooutas  est  GSoeperas  in  doctissinia  disaertatioiie  *ttber 
einige  sefaxiftsteller  mit  namen  Hecataeüd^  II(Gedani  1878)  p.  S6  sqq.t 
ubi  in  insoriptionibus  Aroadieia  quidem  de  öapxHäc,  bapxMmc  dabi* 
tari  nön  pona,  sed  in  aiionim  po«taram  lociSv  qaiÄua  nDMuariaa 
fbnnae  reetitutae  sunt,  aliam  emendandi  viam  inenndam  esse  docet 
atqae  in  Ariatopliänia  Pluti  t.  1019  verissime  me  mdice  soripsit 
öirötc  irpOTeiveiav  bpoXM^  '^  clicoav  reposito  articnio  qaiae- 
cessarius  est,  nee  minus  plaoet  in  Vesp.  691  Boepexi  ccmieekaxa 
oäröc  bl  qi^pet  xö  cuvrfroptKdv  bibpoxMOv,  k&v  öcfcpov  £X6t|. 
sed  quod  idem  in  hoc  Paois  Tersn  seribendam  putabat  vuvi  M  irtvr' 
ijth  bpoxi^uXiv  dTTCKitoXiI^,  non  aeque  m&  habet  assentientam,  prse- 
setthn  euAi  non  reete  affirmet  £)ytnoX&v  ita  usurpatoai,  utmt  veidare. 
nusquam  nisi  hoc  Aristoidkanis  loco  legi,  quid  emm  fiet  Pads  t.  448 
KCl  TIC  bopuE6c  fj  xdmiXoc  dciribujv,  tv'  ^noXä  ß^Xnov,  ^mOupci 
paxd>v  aut  Theam.  4fyf  oiitiv*  ifxmKS»ti€9  oi^'  de  f^cu  —'^ 
matim  igitur  eos  sequi,  qui  praeter  unam  male  onnsaain  ss^Babam 
nihil  in  hoc  versu  ootruptom  putabant,  quorum  cönaaiinlbiiB  (▼•  apo^ 
Biohtaruni)  hoc  praefero  meum: 

vuvl  bt  ncvTfJKOvra  bpoxM^v  tv  {pnoXid 

doch  nun  verkaur  ich  für  fanfsii;  drachmen  stuck  fiir  st&ck 

(cf.  y.  1263  Xdßoi^*  &v  aCr'  ic  x^paKac,  Ikotov  thc  bpoxfin^i* 
nam  iv  ante  i^iroXai  positum  quo  modo  excidere  potuerit  nein: 
nem  fugit. 


Ofidmeider:  «xaeadationes  Ari«topluui6ae.  3S& 

ZCill.  Kübiam  1382 

cl  pdy  ft  ppöv  chtoic,  tph  yvouc  Sv  iti6iv  itiicxoy. 
admodnm  memorabÖe  est  quod  Antdatticista  m  Bekkeri  atxecd.  I 
p.  85,  28  refcrt:  ßpO*  liti  to&  itieiv.  *Apicrotp(ivTic  Ncqp^Xaic  beu^ 
rfpmc  bitte  Bnim  patet  Toteres  gl*ainmaticoB  ofim  bie  legisse  non 
ffßify  aed  ßpO,  eamque  formam  Aristopbane  quidem  non  nomiiiatö 
agitoscit  etiam  Pbr]rnicbn8  ibd.  p.  31,  9  ßpO*  TÖ  öiTOKÖptqiQ,  S  tcn 
XffÄM^vov  Tofc  ironbiotc  cäpßoXov  toO  iricTv '  Jhtcp  ?vioi  cöy  t^ 
0  Tpi<pouci  ßpoC,  item  agnoecit  Cboeroboscus  comm.  in  Psklm. 
p.  95, 10  Mppr\iia  ^ovo€liUa9oy  ixov  ^(xpovov  (tö  u)  iicrcivei 
aiiTÖ,  otov  vuv  (corr.  ^0),  Tpür  ^pOi  unde  Lobeckios  Path.  elem.  II 
p.  286  etiam  in  Terbia  Arcadü  p.  182^  9  i,  vOv  (fiu  correxit  Lebr- 
sins  quaesi.  ep.  p.  45) ,  YpO  Kftt  —  pro  ultima  Toce  xestitoit  ßpG, 
itttitnendiuiiqiie  Tideinr  etiaai)  Tbeognosto  Canonum  ji.  .155,  28  tä 
eic  V  iiovocuXXaßa  bia  toO  u  miiXoO  ipd^oviai  kcu  Trepicnfixctt  vO 
{kg.  ppu)«  TpO  t  ^u.  contra  ßpöy,  <)uod  Aziatopbania  codioes  onmos 
babent,  in  ordinem  rettnlit  Heajcbius  I  p«  403  ßpuv*  truiv  (qui 
tamaii  affeit  etiam  p*  401  ßpoO'  nieiv.  nam  aic  pro  ßpoOc 
ItSebmidtius  iure  eorrexit  ex  Pbxynicbi  1. 1.),  eamque  formam  apud 
Aziatopbanem  BoBtathins  qooqne  legit  ad  II.  p,  1142,  ll.Td  ßpOv  xö 
xopdxuifUXiu,  quem  ad  modnm.  etiam  scboliaata  ad  versum  Kubiiun 
adnotant:  ßpCv'  ficivioc  9Uivfi  naibduv»  (mörav  Trietv  £tit^;  sed 
baec  recentjoris  scboliastae  sunt  magiaquaacire  ayemus  t^uid  Sym- 
aachaa  Icgerit.  sed  si  quid,  ex  eius  verbis  ad  £q<,  1126  (ppuXXuiv: 
OjMpaxoc  bi  änomvuiv,  bc  jAifi^iceaic  Tf)c  Tijuv  naibwv  9uivt)c, 
tUL  Suida  I  1  p.  1Ö50)  coUigendum  potius  ßpC  eum  noTisse.  nam 
ppuXXui  vix  potuit  a  ßpuv  derivari,  sed  a  ßpO  (cf.  ySj  ^OXXui).  atqne 
Qt  libcve  dieam  quod  sentio^  infantea  qui  prima  faciunt  loquendi 
pehcida,  in  Tocales  exire  conamina  sna  quam  in  litterae  eonsonas 
jDalimU  potior  igitur  formae  ßpO  auctoritas,  coi  propngnant  gram- 
autici  nobilisaimi  Pbi^ynicboa  ei  Herodiaaus  (nam  ab  boc  pendet 
Cboeroboscoa),  quibua  si  qoia  Hesjebii  et  Eustaibü  außtoritatem 
-ippooat,  ego  intellegare  ndbi  videor  quo  modo  et  ilU  et  Aristopbanis 
Hfcnhi  in  ßpOv  abeRaverint.  cum  enim  antiquitus  scriptum  esset 
BPYMdTIOlC,  boc  ilU  male  instituto  meriamo  putabant  esae  ßpöv 
dsmct  Md  diiidere  debebantsic:  ßpG'veinoic  i.  e«ßpO  dveiTioic 
n  praeeoms  modo  äUa  voce  damobas  ßpu).  etsi  autem  *v  Aristo- 
pbttes  qoantum  memini  ex  (v  tantum  decurtare  solebat»  tamen  in 
Aesebyli  Septem  extr.  oerte  legimos  )ii\  'vaipairfkvai  et  in  £ur. 
Bicebis  1072  {if|  SfaxouTtCCi&,  etsi  alii  in  bis  non  apbaeresin,  sed 
•jaizenn  statuunt.  ceterum  ANauckius  quoque  Aristopb.  Byz.  fr. 
p.  154  (eoll.  Pbilol.  I  p.  359)  indicat  ßpO  eam  formam  esse  ex  qua 
■aU  Tox  ait,  led  ßpOv  tamen  boc  loeo  probat,  quippe  quod  accusa- 
üvas  ex  ßpO  praeter  normam  factum  tamquam  substantivum  sit, 
»fliparaBS  ipimav  ab  interiectione  ^pArra  derivatum  in  Ludani 
|;«xipk.  3  et  Epiat  Saturn.  35.  sed  cum  ibi  bodie  ex  libns  me- 
^»ciboi  legatur  ^inhra  Korrardvac  (KatOTEtvacai)  convenienter 


336  OSohneider:  emendationes  AriBtophaneae. 

aliorum  qui  ea  elooatione  nsi'simt  oonsaetudini  (cf.  Thes.  Par.  VIII 
p.  1939^)  f  nihil  relinqnitur  qnod  cam.ßpOv  conferri  possit  praeter 
cri^^iv»  Ktwdßapiv  aL  (cf.  Nanckius  1.  L),  qoae  sabstantiva  sunt 
nee  Täc  rdxac  (Naack.  p.  352  ann.  3)  comparare  lioebit.  sed 
Nanokius  eüam  |Jia^^äv  et  Kfinacäv  qnae  Nab.  1382  sq.  legontor 
scribenda  patabat  pdmiav  et  KdKKCtv,  ut  adverbia  essent  nominnm 
modo  decllnata.  sed  nihil  vetat  ne  puteoms  Strepsiadem  in&ntb 
desideria  partim  ^iphonemate  partim  verbis  ab  epipfaonemate  den- 
vatis  indicayisse. 

XCIY.  Nubium  248 

CS2.  irotouc  Oeouc  öjict  c6;  irpujTOv  jdp  Ocol 

fmiv  vöfLiic)i*  ouK  fori.  CT.  Tiji  jdp  ö^vuT*;  f\ 
cibap^otciv,  ujcTrep  iv  BvlavTia^; 
de  verbi  ^^VUT€  integritate  primae  dnbitavit  Ooettlingius  in  pro- 
grammate  lenensi  quo  novi  prorectoratns  auspioia  anni  1852  in- 
dizit.  et  profecto  6^uvat  nvi  nihil  aliud  significare  potest  nisi 
inrare  in  gratiam  alicnias,  non,  qnod  hie  opus  est,  innire  per  aliquem 
denm,  praesertim  cum  ipse  Socrates  modo  dixerit  no(ouc6€ouc 
öficT  ci;  accedit  qnod,  si  yerum  esset  S^v^lTC,  idem  verbnm  etUm 
ad  ctbap^Oiav  snpplendam  esset,  at  nemo  tradidit  Byzantios  inrare 
solitos  esse  per  cibap^ouc  snos.  et  ne  apta  qnidem  est  inris  iunrndi 
mentio.  nam  aperte  Strepsiades  ea  tantnm  qnae  in  hoc  legontur 
versa  (f^tv  v6^lC^*  oök  fcTt)  omisso  0€o(  memoria  retinens  tö  vö- 
picfia  interpretatnr  numtnum.  cni  sententiae  convenit  qnod  Ooett- 
lingins  restitaere  volebat:  v^  V0fi(£€T*;  fi  — ,  qnam  coniectnram 
Bergkias  ita  mntare  volebat  at  praeferendom  pataret  f^  vofiKerc 
cibap^oiciv,  qaamqaam  hoc  in  yerboram  ordinem  recipere  nolnit. 
eqnidem  aatem  emendandi  facilitatem  desidero  et  in  S^vuT*  latere 
allqnid  pato  qaod  in  illad  aliqaanto  facilias  depravari  potnerit.  nee 
din  hoc  frastra  qaaeretar.  nam  cam  Strepsiades  sibi  visas  esset  au- 
dire  dicentem  Socratem  apad  Socraticos  non  esse  nammnm,  peconia 
aatem  intellegeret  careri  omnino  non  posse  in  commercio,  iore  quae- 
siverit,  cninam  tandem  rei  istad  nomen  (vö^ic^a)  apad  Socraticos  sit. 
atqae  haec  sententia  verbis  inerit  modo  sie  corrigatar:  ni»  ipp  Tou- 
V0^';  f)  eqs.  apparet  aatem  orationem  esse  ex  Socratis  verbis  explen- 
dam  sie :  T(L  fdp  ToCvopa  nap '  ö^iv  icn ;  nam  hoc  sibi  poeta  voluit : 

So,  bei  was  für  göttern  schwörst  du?    erstlich:  gÖtter  sind 

nicht conraDt  bei  uns.  Str.  welch  ding  denn  heiszt  bei  ench  coaranf' 
wol  eisenstuckchen,  grade  wie  in  Byaantion? 

in  primo  versa  cor  OBachmannas  1.  L  p.  126  pro  6^el  cu  scribere 
volaerit  c5  fiuipc  caasam  non  ezpato. 

XCV.  Nubiam  1233 

TTA.  Kai  TaOr '  iOeX^jccic  diro^öcai  ^ol  touc  Ocouc  ; 

CT.  iTotouc  Oeoüc; 

TTA.  TÖv  A(a,  t6v  '€pM<iv,  töv  TToceibui.  CT.  v#|  Alou 


OSchneider:  emendationes  Aristophaneae.  337 

soa  endo  hac  qnidem  raüone  Aristophanem  Yoluisse  umqaam  tri- 
metranim  iambiconun  seriem  intemunpere  singulis  interpositis  iam- 
bis.  oerte  paolo  aliter  faabent  qui  afferri  posaunt  loci,  velat  si  ita 
interpoBimtor  interiectioiies,  quod  eaepissime  factum,  minus  hoc 
minim  est.  quamquam  quaesiverit  quispiam,  num  potius  in  eius 
modi  lociB  interieetiones  a  acribis  bis  tantum  quaterve  positae  sint, 
sb  ipgis  aotem  faistiionibna  totiens  sint  enuntiatae  ut  versum  ex- 
pWrermt,  quod  re  Tera  nunc  factum  Av.  1170  loO  ioi},  lou  loO,  ioi) 
iou,  ut  ^u  ^0  pO  ^C  £q.  10,  0  {i  0  ü  Pluti  895  totiens  repetita  sunt 
quotieBB  ad  integrum  versum  efficiendum  opus  erat,  interiectionibus 
iQtem  aequiperandum  est  illud  ri  q)t)c,  quod  tamquam  aliqua  ad- 
fflinadi  interiectio  semel  positum  £q.  1346.  Nub.  235,  bis  Ljs.  710, 
led  Tenum  non  ezplet.  tum  interiectionis  instar  etiam  elev  yidetur 
esse,  quod  ita  legitnr  £q.  1078.  1238,  ut  saepius  integri  trimetri 
pin  est:  Nnb.  176  (1075).  Pacis  663.  878.  1284.  Thesm.  407. 
1188.  Ban.  607.  deinde  interiectionum  naturam  sequuntur  quodam 
modo  Tocativi:  Ach.  276  0aXf)C  OaXf^c.  Ach.  404  £öpiiT(bii  €öpt- 
iribiov  (aliter  4>etbitnr{5ii,  <t>€ibiinnbiov  Nub.  80).  (b  CuiKparcc,  | 
ttt  CuiKporribiov  Nub.  222.  sed  'Apra^ouEia,  quod  Scythae  est 
Tbeem.  1217.  1223,  metrum  non  sapit.  postremo  interiectionum 
üutar  haberi  possunt  etiam  imperativi,  si  quando  orationi  inter- 
poDontor  utTersumnon  ezpleant:  dta,  KdOiZe  Ach.  123,  quae  prae- 
eonif  Terba  sunt,  quamquam  alibi  praeconis  Tel  eius,  qui  praeconis 
penonam  agit,  pedestris  oratio  antecedit  ut  ciroubf|  ciroiÄ/j.  |  cö- 
9ryiciT€,  cuqffifieiTC  Pads  433  coli.  1104.  <^ch.  237. 240,  et  longior 
urmo  praeeonis  soluta  oratione  pronuntiatur  totus  Thesm.  295  sqq. 
led  abi  pneterea  solutam  orationem  legi  aliquis  putet,  pro  iambo 
tüod  metnim  habemus,  velut  bacchios  Ach.  711  treirpäcOai  ireirpfi- 
c6qi,  Lya.  711  dikrfif\  ikrfi%  vel  creticos  Lys.  879  ^laßiAa,  MdMa, 
IttMfiia,  Tel  dochmium  Nub.  1169  lui  idi  t^kvov,  qui  fortasse  resti- 
taeadus  etiam  Lys.  716  est  scribendo  idi  (lui)  ZeO  (ZeO)  et  Nub. 
1259  iui  (iui)  ^oi  }xou  verum  ab  bis  omnibus  praeter  Ach.  407  dXX' 
ov  cxoXi),  de  quo  moz  disputabimus,  immane  quantum  diflEert  de 
quo  disputare  instituimus  locus  Nub.  1233.  nam  ibi  Touc  Oeouc  et 
com  utecedenti  oratione  px  qua  haec  verba  repetuntur,  et  cum  iis 
qua«  sequuntur  verbis  artissime  cohaerent.  itaque  vel  hoc  permirum 
»cdderet,  nisi  longo  aliter  de  hoc  loco  statui  Codices  inberent.  qui 
cuD  praeter  BaTennatem  omnes  in  prindpio  addant:  Tv'  fiv  KeXeucui 
IUI  C€,  integrum  trimetrum  pro  uno  diiambo  ezhibent.  per  autem 
ninnn  est  plane  neglegere  hoc  yoluisse  recentiores  criticos  plerosque 
eBB  GHermanno,  etsi  is  in  dissertatione  de  parüculo  fiv  scripta  p.  13 
iUud  reliqnit.  et  sane  difficile  est  dictu  quid  illis  verbis  Pasias  sibi 
vehwrit.  nam  obscurissima  sunt  verba  nee  lucem  accipiunt  eorum 
uteqffetatione  qui  Iva  putabant  esse  coniunctionem  finidem  aut  esse 
pro  5irou  aut  pro  oTqi  Tp&n^^  (cf.  Teuffelii  ann.) ,  auctaque  est  ob- 
levritas,  quoniam  non  additur  quid  sibi  velit  kcXcucu)  nude  dictum. 
<ed  taBWB  in  hac  obscnritate  aliquid  cemere  mihi  videor.   nisi  enim 

fir  cIiM.  phUol.  1B79  hrt.  &  u.  6.  22 


338  OSchneider:  emendationcB  Aristopliaaeae. 

egregie  fallor,  obscuritas  illa  inde  nascitur,  quod  orationemsiiam 
Pasias  non  ad  finem  perducit,  quippe  qaam  Strepsiades  intemimpat 
et  postea  quoque  (y.  1234)  non  sinat  ad  finem  perdnci  denao  inter- 
nimpens.  itaque  interruptae  orationis  Signum  post  KcXcücui  *vii  C€ 
ponendum  erit ,  ut  omissum  esse  qnid  Pasias  KeXeueiv  voluerit  in- 
tellegatur,  cum  autem  olim  Strepsiades  peeuniam  a  Pasia  aeeipiens 
per  deos  iurasset  se  soluturum  (y.  1227),  aptissime  Pasias  quaerere 
potuit,  num  Strepsiades  iterum  peieraturus  esset  (nam  perinriuin 
fnisse  quod  olim  peouniam  petens  iurayerat,  nunc  patet),  si  ipse  naoc 
iussisset  iurare  soluturusne  esset  peeuniam  necne.  hoc  si  recte  conieci, 
statim  apparet  quo  modo  molestum  illud  tv'  fiv  remoyendom  sit 
quod  ubi  in  i^v  aO  mutari  iussero,  quiyis  concedet  nihil  ezcogitari 
posse  quod  et  sententiae  magis  conyeniat  et  facilius  in  illud  quod 
nunc  obtinet  deprayari  potuerit.  sed  si  non  concedet  tarnen,  hoc 
certe  assentietur,  non  neglegendam  ita  fuisse  plurimonun  codicnm 
scripturam  laudandamque  fuisse  Beisigii  et  Bergkii  fidem,  qnomm 
alter  edidit  idy  KcXeucu)  *T^  c'  6fLiöcat;  CT.  iroiouc  OeoOc;  —  aiter 
scripsit :  CT.  iroiouc  Oeouc ;  TT.  8v  fiv  kcXcucu)  *ywr(i  C€ ,  ubi  6v 
iam  Lentingius  Obsery.  crit.  in  Aristoph.  p.  73  oommendayerat  sed 
hi  quoque  cum  reliquis  editoribus  omiserunt  quem  ante  iroiouc  6€0uc 
Codices  quidam  (etiam  Venetus)  neglegunt  articulum,  quem  firmant 
y.  1270  Td  iToTa  ToCra  irpäTM^^^;  ^<^1-  6^6  tö  itoiov;  alia.  qni- 
bus  consideratis  omnibus  iam  in  posterum  hoc  modo  puto  locnm 
edendum  esse : 

xal  tqOt  '  £6eXiic€tc  diroiiöcat  |üioi ,  touc  OeoOc 
f^v  aö  KcXcucu)  *TW  ce  —  CT.  touc  iroiouc  6€0uc; 
nam  prius  ToOc  Oeoüc,  quod  antea  ad  priorem  enuntiationem  re- 
ferebatur,  ad  alteram  reducendum  duco.  iam  locum  ita  conyerterim: 

Pas.  auch  das  wol  willst  abschwören  dn  mir,  wenn  meiner  aeits 
auch  ich  yerlang,  bei  den  göttem  —  Sir.  bei  welchen  gottern 

denn? 

Alter  locus  quem  yalde  memorabilem  esse  dizi  propter  diiambnin 
in  trimetrorum  ordinem  praeter  expectationem  immissum,  legitar 

XCVI.  Achamensiufti  407 

AI.  AtKaiöiroXic  koXci  ce  XoXXeibric,  Ifd). 
€Y.  dXX*  ou  cxoXrj. 

AI.  dXX'  ^KKUKXrjenT*.  €Y.  dXX'  dbuvaTOV.  AI.  dXX'  öfAUK. 
nam  hie  quoque  qui  nunc  extra  ordinem  inter  iambicos  trunetros 
yagatur  diiambus  ita  cum  reliqua  narratione  cohaeret,  ut  intellegi 
nequeat,  cur  Aristophanes  integrum  trimetrum  proferre  noluerit. 
quamquam  autem  hoc  quidem  loco  non  aeque  ac  Nub.  1033  co- 
dicum  pars  trimetri  integritati  opitulatur,  yel  sie  tarnen  trimetrum 
olim  hie  quoque  fuisse  censeo,  qui  talis  esse  potuit: 

dXX'  oö  cxoXf)  <vuv  f  CT*  OiraKOueiv,  ou  cxoXifi>. 
non  affirmo  ego  quidem  hoc  ipsum  dixisse  Aristophanem,  sed  certe 


OSchneider:  emendationes  AriBtophaueae.  339 

aUqnid  umile,  in  quo  aeqae  &oile  trimetH  duae  partes  iniercidere 
pctoerunt.  aliter  CFHermaniins  in  ges.  abh.  p.  276  integrum  tri- 
metram  restitui  posse  patabat,  repetito  y.  404:  €upiiribTi,  €öpi- 
mbtov.  €Y.  dXX '  oö  cxo\f\. 

Non  minus  mirabilis  est  trimeter  iambicns  mediis  tetrametris 
iateipositiis  in 

XCVn.  Nubium  1415 

kXoouci  Traibcc ,  irar^pa  h  *  oö  KXdeiv  boKcTc ; 

BBm  M  lioc  qoidem  alibi  in  Aristophanis  fabulis  factum  est.   atta- 

mtn  arüfidose  faoo  Dindorfius  et  Eockius  putabant  fieri ,  quo  magis 

tfptirtni  parodiam  esse  versum.  et  parodiam  (cf.  WRibbeckius  ad 

Ack  p.  286   et  Sante-Bakhuyzen  de  parodia  in  com.  Aristoph. 

^51)  iam  soholiasta  agnovit  ex  Eur.  Ale.  694  a£ferens  X^ip^^c  öpiliv 

<pwc,  iroT^pa  h*  ou  x^ipciv  boK€ic;  quem  versum  plane  integrum 

in  Thesm.  194  legimus,  ubi  cum  Euripide  coUoquens  Agathon  ver- 

nm  ot  ab  ipso  Euripide  factum  affert.   at  hie  si  Aristophanes  nihil 

iliad  praeter  sola  Euripidis  verba  ir€irap({)bim^va  dedisset,  hoc  ad 

ipaun  ZBm  qoae  agitur  indicandam  non  suffecisset.  nihil  enim  ista 

Terba  significare  possunt  nisi  hoc :  ^infantes  yapulant,  patrem  autem 

■oa  pataa  vi^ulare?'  (nam  KXdciv  patet  fere  idem  hie  esse  atque  va- 

pMlor«,  cum  ▼•  1412  praecesserit  in  eadem  re  TUirreiv).    certe  nisi 

iMclripas  et  tormenta  adhibneris,  non  efficies  ut  haec  futura  sit  sen- 

teatia  quae  tina  oonvenit  loco :  infantes  vapuUtnt^  pairem  autem  non 

piäas  tapidare  iure?    in  quibus  istud  iure  plane  necessarium  esse 

ipu  totius  loci  ratio  manifestum  facit.    nam  in  initio  colloquii  Phi- 

iippides  V.  1405  demonstraturum  se  dicit  die  biKaiov  TÖv  TTOT^pa 

KOÄdZciv  (coli.  V.  1411),  tum  Strepsiades,  postquam  in  suas  a  Phi- 

<^ppide  partes  tractus  est,  affirmat  v.  1438 :  xXdetv  fäp  f^fic  €  i  k  6  c 

^CT*i  iW  M^  biKCUUic  bpui^€V,    hinc  paene  ultro  offertur  vox  quae 

Tionun  locam  apte  expleat: 

icXdouci  iratbcc ,  iror^pa  b  *  ou  xXdei v  bOKcTc  b  i  k  a  i  ui  c ; 
in  qoibus  quo  modo  construenda  verba  sint  docebo  tali  versione : 

«  bfoUn  kinder;  ein  Tater,  meiiut  da,  heulet  nicht  kraft  rechtens? 

^  intem  voce  aliquante  probabilius  mihi  videor  lacunam  explevisse 
'iosm  fedt  Beisigius  edens  boKcTc  Ti  ffbri ,  aut  quam  fecerunt  Her- 
werdenus  et  Cobetus  (cf.  Sante-Bakhuyzen  1.  1.),  quorum  ille  bo- 
KCic  irpocfiKCtv,  hie  boKcTc  cö  XP^lvai  coniecit.  at  GHermannus  et 
Vfioekins  certe  lacunam  notarunt,  quod  non  fecerunt  Bothius, 
B«ekins,  Teuffelius,  sed  Thierschius  1. 1.  p.  679  ex  codicibus  recen- 
taiifflis  explevit  addens  Ttf|  bf\  quod  Strepsiadi  tribuebat. 

XCVni.  Nubium  1235 

K&y  irpoa(aTa8e(i]Y  t\  üjct'  6^öcal,  rpiuißoXov. 
'.btcomm  est  in  npocKoraOeiiiv  quid  npdc  significet,  i.  e.  praeter 
»:j Strepaiadee  deponere  triobolum  cupiat.    et  scholiasta  qui* 

22* 


340  OSchneider:  emendationes  Ariatophaneae. 

dem  praepositionem  videtor  habuisse  iTapaTrXTipui^aTiKrjv,  cerieeun 
non  curat  explicans:  2[Tmi(jj6e(Tiv  fiv  rpetc  6ßöXoucY  Tva  diriTp£ipr)C 
^01  Touc  OeoOc*  ouTuj  KaTaq)povui  tou  öpxou.  Oeoi  t^P  ouk  eld 
at  Eockius  post  Emestium,  coi  GHermannus  ne  yerbo  quidem  contra- 
dixit,  Teuffelius  autem  assentitor^  invenisse  sibi  yisus  est  cor  npöc 
sit  additum.  explicat  enim:  deos  adeo  contemno,  at  capiam,  modo 
peierare  possim,  libenter  tres  obolos  praeter  .irpuraveia  solrere. 
verum  toi  irpuraveia  neque  Pasias  neque  Strepsiades  in  hoc  collo- 
quio  antea  memoraverant,  et  tametsi  irpuravcta  solvebat  et  qai 
accusabat  et  qui  accusabatur  (cf.  schol.  ad  Nub.  1136),  ut  irpuravcta 
TiO^vai  idem  fere  esset  atque  dTKaXeiv  et  ^tKCtXeTcOai ,  tarnen  certe 
tacite  indicasset  Pasias  Strepsiadem  se  in  ins  vocatorom  dioens 
(t.  1221),  et  Strepsiades  quidem  ea  ratione  respicere  ad  ea  non 
potuit,  praesertim  cum  re  yera  in  ius  ire  noliet.  praeterea  si  adeo 
cupidus  erat  iurandi  (vel  potius  peierandi),  non  TpiuißoXov,  puto,  se 
daturum  dixisset  modo  peierare  sibi  lioeret,  sed  nominasset  peconiae 
summam  aliquanto  maiorem.  qnod  autem  maxi  m  um  est ,  ipsius  loci 
sententia  isti  interpretationi  parum  favet.  proxime  enim  antecedenti 
versu  Pasias  deos  nominat  per  quos  inrare  Strepsiadem  velit.  quid 
igitur  convenientius  loco  sit  quam  Strepsiadem  dicere,  praeterea 
aliud  quid  se  addere  velle,  per  quod  item  iuret.  veram  cor  praeterea 
per  triobolum  se  iuraturum  dicat ,  mecum  neminem  quemquam  per- 
specturum  crediderim.  at  intellegere  tamen  mihi  videor,  quid  ludere 
homo  voluerit.  nominato  enim  Neptuno  addit  eins  dei  tridentem, 
ut  etiam  efficacius  sit  per  Neptunum  dictum  ius  iurandum.  sed  tri- 
dentem  non  appellat  solito  nomine  rpiaivav ,  sed  quo  ludere  possit 
appellat  t  p  { ß  o  X  o  V.  ludit  autem  dum  sinit  dubium  esse ,  num  rpi- 
aivav intellexerit  (cf.  Hesychius  IV  p.  173  TplßoXov*  äKOvra,  rpi- 
aivav) an  yilem  eins  nominis  herbam.  nam  in  ea  versus  parte  toi 
posita  est,  qua  parte  discemi  nequit  utrum  intellegendum  sit  nam 
xpißoXoc  ubi  tridentem  significat,  primam  syllabam  brevem  habet, 
ut  par  est,  sed  ubi  herbam,  a  longa  syllaba  incipit  (cf.  Lobeckü 
Path.  proleg.  p.  131).  et  Pasias  quidem  alteram  hanc  significationem 
agnoscit,  quo  fit  ut  iratus  mox  iubeat  Strepsiadem  abire  in  malam 
rem  £v€Ka  dvaibciac  nam  si  Neptupi  tridentem  agnovisset,  rix 
poterat  irasci.  quodsi  Aristophanes ,  ut  mihi  persuasum  est,  rpi- 
ßoXov  scripsit,  mancns  nunc  versus  est,  cuius  vitii  etsi  inoertissima 
est  medela,  tamen  vix  lenior  reperietur  hac: 

kSv  irpocKaraOeiiiv  t'  J&ct*  6^öcai  xpißoXov  <£ti>. 
£ti  cum  etiam  in  sequentis  versus  fine  logatur ,  causa  non  deest  cur 
in  priore  versu  omissum  esse  putetur. 

Haec  vix  scripseram,  cum  opportune  a£fertur  horum  annalium 
1878  fasc.  XI,  ubi  Muellerus-Struebingius  p,  763  sqq.  docte  dispu- 
tavit  de  Neptuno  OaXaccitp,  qui  ab  initio  patronus  fnerit  nautarum, 
de  maritimis  suis  itineribus  erroribusque  saepe  portentoaa  et  in* 
credibilia  narrantium  et  impudentissime  mentientium  (ut  hodie  facere 
putantur  venatores),  mox  autem  patronus  evaserit  omniom  cniui- 


OScbneider:  emendationes  Aristophaneae.  341 

conque  foexint  generis  hominum ,  qoi  quidem  mendacionun  faerint 
amaiites.  et  ob  hoc  patrocinium  etiam  hoc  loco  Neptanum  xnemorari 
Tir  ingeniosas  iure  statuit,  cni  id  quoque  lubentissime  concedo, 
Xeptmiiun  cnm  tridente  sno  intellegi.  sed  non  credo  usitatissima 
iOi  certisaimaeqne  significaUoiÜB  voce  spectatores  admoneri  de  tri- 
dente potniese  et  spero  Mnellemm-Straebingiam  concessurum  mihi 
pnestare  leni  mutatione  ipsum  tridentem  hie  reetitaere. 

XCIX.  Pacis  1126 

oö  KcrraßaXetc  ra  xdibt*,  (b  Om^iTÖXe; 

fixoucac;  6  KÖpoE  otoc  f|XO*  Ü  'QpeoO. 

eine  diroTrenf)C€i  Oänov  eic  *€Xu^vtov; 
bis  verbis  servus  Hieroclem  vatem  et  chresmolognm  Oreo  Euboeae 
oppido  orinndnm  alloquitur,  qni  ut  solebat  sacrificantibus  se  in- 
miteuerat  ut  particeps  esset  epnlamm  sacrificalium ,  et  Kijibta  quae- 
dam  aliconde  sorrepta  secnm  attulerat»  quae  proieere  eum  iubet 
serms  minis  usus,  ubi  GuiiTröXoc  non  sacerdotem  significat,  ut 
Theognostna  p.  20,  18  (GmiiröXoc*  Upcuc),  Suidas  I  2  p.  1220 
(OuipröXoc*  6  9ÖUIV  Upcuc,  cf.  Photium  et  Zonaram  s.  v.),  Hesycbins 
il  p.  328  (OuntröXoc  *  6  iT€p\  rdc  8uc(ac  dva€Tp€q)6^€Voc  Upcüc) 
Tohmt  —  nam  sacerdos  non  fait  Hierodes  —  sed  aliqnanto  latius 
pitet  in  Universum  significans  qnicnmqne  circa  aras  versatar:  cf. 
Etjm.  M.  p.  626,  20  (coli.  Oud.  p.  430,  14)  Oun^öXoc'  6  ncpl  rdc 
Oucioc  dvacTp€q)ÖM€VOC,  quod  firmat  etiam  Suidas  1.  1.  (coli.  Photio 
et  Zonara)  addens  etiam :  6ur)TroXoOci  *  irepl  Tf|v  Ouciav  dvacTp^q)OU- 
civ.  hoc  igitur  cum  Hlerocles  fecerit  camis  partem  sibi  expetens, 
apparet  eum  recte  vocari  OurinöXov,  etsi  hoc  nomen  PoUux  I  14 
irotTfniobTCpov  appellat,  qua  tamen  nota  non  iudicabat  opus  esse 
1  29  in  Toee  OuiiiroXfa.  —  Sed  non  aeque  expedita  causa  est,  cur  in 
oHimo  versu  urbis  Elymnii  nomen  adiectnm  sit,  in  quo  nomine  non 
videtur  dnbitari  posse  quin  Aristophanea  iocari  yoluerit«  sed  is 
iocoa  qualia  fuerit,  nee  veteribus  nee  recentioribus  interpretibus 
oontigit  ut  indagarent  neque  enim  ad  iocum  demonstrandum  facinnt 
Kboliastae  verba  utcumque  sunt  docta:  KaXXtcrparöc  911a  töttov 
Etj^oiac  TÖ  'Qü^viov.  'AnoXXidvioc  hk  vaöv  q)iiciv  eTvai  irXr)Ciov 
Ct^iac  *  vuMq)iKÖv  bi  tivcc  aörö  9aciv,  ort  6  Zeuc  tQ  "Hpqt  £k€i 
cuv€T6f€T0.  M^^VT)Tal  kqI  Co90kXt)c  (fr.  802  Nauck.)  «irpdc  ir^Vpaic 
EXu)ivfanc>,  xal  l\  NauirXfip  (p.  401  N.)  «vum9iicöv  '£Xu^vtov>. 
MC  plus  conferunt  ad  explicandum  Aristophanis  locum  quae  Bur- 
onus  in  ^geographie  Ton  Ghriechenland'  II  p.  434  de  illo  loco  ad- 
Botant,  nee  snfficiet  si  quis  stataat,  quod  sane  non  ineptum  est,  ubi 
qoii  Aihenia  yoluerit  in  interiores  Euboeae  regiones  proficisci,  per 
Jlim  uibem  eo  proficisci  solitum  fuisse.  at  videor  tamen  mihi  per- 
spicere,  cur  hie  eins  loci  mentionem  servus  fecerit.  detestatur  enim 
semis  Hieroclem,  ut  eum  possit  inbere  abire  in  malam  rem.  id 
^vod  Aristopbani  alibi  est  dnat*  Ic  ^aKap(av  iKirobibv  (cf.  Stall- 
'banaias  ad  Plat.  Hipp.  mai.  293^),  Epicharmo  autem  fr.  107  Ahr. : 


342  OSchneider:  emendationes  Amtophaneae. 

änax'  de  töv  q)Oöpov.  quorom  alten  Macarins  pavoeoL  II  p.  72 
comparat  ßdXX*  de  übtup,  ßdXX'  eic  SXeOpov  et  freqaentusimum 
illud  ßäXX'  ic  KÖpaKac  (cf.  Ar.  Nub.  133.  Vesp.  835.  Thesm.  1079. 
Plati  782.  fiiroT*  ic  xöpaKQC  Macarius  II 24).  similiter  igitarsenrud 
detestans  Hierodem  videtur  amandavisse  in  locmn  ubi  nihil  nLsi 
fietas  sit  sive  TÖ  I  L  nam  I  I  ilentiam  est  nt  in  Aeschyli  Prom. 
578.  579.  603.  743,  ita  in  Ar.  Vesp.  316.  hoic  igitur  interiecüoiii 
Aristophanem  suspicor  loci  nomen  accommodavisse,  qnod,  com  nos- 
quam  nisi  geminata  interiectio  iUa  in  usu  foisse  yideatar,  non  poterat 
aliter  fieri  nisi  ut  solitom  loci  nomen  panlulum  immntaretur  dupli* 
cata  priore  syllaba,  ut  versus  evaderet  talis: 

OtJK  älT01T6Tl'iC€l  eOTTOV  €ic  'CcXu^VlOV; 

quasi  germanice  dicas: 

wirst  s^lelch  davon  da  fliegen  fort  nach  WehestIdt? 

non  alienus  autem  ab  Aristophanis  consuetudine  eins  modi  lusos  est. 
ita  enim  Cleonis  animum,  nt  hominis  furacis,  esse  dicit  £v  KXujTTibuuv 
(bri^^))  pro  £v  KpwiTibuiv  Eq.  79,  et  populäres  suos  ut  sempcr 
hiantes  appeUat  Kexnvaiouc,  non  *AOT)vaiouc,  Eq.  1262. 

C.  Nubium  686. 

CT.  0iX6£6Voc ,  MeXriciac ,  'A^uviac. 
CQ.  dXX*  di  TTOvrip^,  laOrd  t*  ouk  fcT*  fippeva. 
expromit  illa  nomina  Strepsiades  a  Socrate  iussus  etiam  vironim 
nomina  proferre ,  quae  cum  ille  dicat  se  habere  ^upia  ( v.  685) ,  non 
videtur  in  bis  tribus  subsistere,  sed  etiam  plura  addere  voloisse, 
quod  tarnen  non  facit,  quoniam  eins  orationem  Socrates  intemunpit. 
itaque  post  'Afiuviac  interruptae  orationis  signum  ponendum  videtur. 
sed  hoc  levius  est ,  gravius  autem  aliud  quod  Socrates  illis  nomini* 
bus  allatis  subicit:  TaCrd  t'  ouk  fcT*  dppcva.  in  quibus  raCranon 
potest  non  referri  ad  tria  illa  nomina  quae  prolata  sunt  omnia.  nam 
femininum  nomen  esse  OiXöEevoc  certe  non  potest  ea  ratione  pro- 
bari,  qua  Socrates  probaturus  est  'A^uviac  femininum  esse,  scilicei 
quia  vocativus  sit  'A^uvia,  quae  forma  sane  sapit  femininum  gena^. 
potest  quidem  haec  demonstrandi  ratio  etiam  ad  nomen  McXrictoc 
transferri,  sed  non  potest  ad  0iXö£€VOC,  ut  vitiosum  sit  vel  TaCra 
vel  quod  primum  exemplum  esse  voluit,  nomen  <t>iX6E€V0C.  quorum 
ego  quidem  potius  alterum  hoc  crediderim,  cum  ex  nomine  0iXö£€VOC 
facillime  recuperari  posse  videam  quod  reliquis  duobus  exemplia 
congruat,  hoc  Inquam: 

0iX^ac,  Ecviac,  MeXridac,  ^A^uvtac  — 
hinc  efficitur  ut  non  solum  una  eademque  terminatio  sit  virilium 
nominum ,  quemadmodum  antea  fuit  etiam  feminarum  (v.  684),  etoi 
multae  sunt  earum  terminationes,  sed  etiam  totidem  afferantur  viro- 
rum  quot  antea  feminarum.  in  usu  autem  Athenis  Aristophani> 
teuiporibus  illa  nomina  fuisse  Thesaurus  Parisinus  docet. 

GoTHAE.  Otto  Scbvewer. 


AOUdisch:  berichtigung  eines  fragmenteB  des  Parmenides.       343 

50. 

BEBICHTI6UNG  EINES  FRAGMENTES  DES  PARMENIDES. 


Em  nicht  onbedeatendes  brnohstttck  aus  dem  philosophischen 
des  Eleaten  Parmenides  lautet  bei  Mallach  v.  97  ff.  mit 
dessen  lateinisdier  ttbersetznng  wie  folgt: 

iirei  TÖT€  ^otp '  £ndbii€€V 
ofov  didvTiTÖv  T*  £p€vai,  Tip  irdvT*  6vo^'  icriv, 
icca  ßpoTo\  KOT^OevTO  netroiOÖTCc  cTvat  6krfi(\ , 
TiTV€C0a(  T€  Kai  ÖXXucOai,  eTvai  t€  kqI  oöid, 
xa\  TÖTTov  dtXXäcceiv  bid  t€  xpda  <pav6v  d^€(߀iv. 
^qQOBiam  hoc  fatam  ita  vincalis  illigavit,  nt  solnm  et  immobile  sit, 
coi  renun  nniTersitati  nomen  est,  (de  üs  loquor)  qaae  mortales  sta- 
tuffiiat  eredantes  esee  Teni)  nasci  atqne  interire,  esse  et  non  esse,  et 
loemn  matare  et  nitidum  colorem  convertere.' 

Dasz  in  dieser  lesong  das  bmchstflck  verderbt  ist,  erhellt  teils  aus 
dem  giniliehan  mangel  einer  sjmtaktischen  verbindang  zwischen  den 
beiden  ersten  und  den  drei  folgenden  versen,  welchen  Mullach  durch 
<)ie  TOS  ihm  eingeschobenen  werte  'de  üs  loquor*  nicht  beseitigt, 
sondern  nur  bemerkbarer  macht,  teils  erhellt  es  aus  dem  augenfftlli- 
gen  onsinn,  welchen  die  werte  Tip  irdvT*  ^vo^'  dcrlv  aussprechen. 
rm  dies  letalere  klarzustellen,  mttssen  wir  das  tötc,  von  welchem 
Pinnenidea  redet,  uns  nilher  ansehen,  das  t6t€  ist  nichts  anderes 
ab  das  abstiacte  reine  sein,  von  dem  er  überhaupt  in  dem  ersten 
teil  seines  philosophischen  gedichtes  handelt ,  von  ihm  einfach  das 
seiende  (t6  6v)  genannt,  dem  er  allein  Wirklichkeit  zuschreibt,  wah- 
rend er  die  sichtbare  Tielheit  und  Veränderung  des  seienden ,  kurz 
die  ganze  sichtbare  weit,  als  das  nichtseiende  (t6  ^f|  6v)  bezeichnet 
ud  Air  eine  leere  teuschung  unserer  sinne  erklftrt,  wie  Seneca  e^pist. 
^,  44  ganz  richtig  sagt:  Pcarmenides  at<,  ex  Ai9,  quae  videniury  nihü 
ft9e  m  umvenum.  der  Parmenideische  gegensatz  des  seienden  und 
niditseienden  ist  ganz  analog  dem  Fichteschen  ich  und  nicht-ich; 
«^  während  bei  Fichte  das  nicht-ich  dem  ich  gegenttber  ruhig  fOLr 
«i^  besteht,  geräth  das  nichtseiende  des  Parmenides  in  die  verderb- 
liche dialektik ,  dasz  es  sich  selbst  vernichtet,  man  kann  die  lehre 
des  Pnnnenides  nicht  kürzer  und  schärfer  ausdrücken,  als  es  Aristo- 
teles metaph.  I  5  in  folgenden  werten  thut:  iropd  tdp  t6  öv  t6  ^f| 
öv  oue^v  d£t d»v  cTvai ,  ti  dvdTKnc  Iv  oTcTm  cTvat  t6  öv  kqI  fiXXo 
ovOJv.  in  der  identificierung  des  ^f|  6v  mit  oöG^v  besteht  die  ver- 
nichtende dialektik ,  wie  auch  Plutarch  bei  Eusebios  praep.  evang. 
1 8  richtig  bemerkt:  fpr\ci  hk,  ÖTi,  el  Ti  irapd  tö  öv  t&irdpxci,  toOto 
oÜK  krlv  6v,  t6  bi  ^f|  öv  £v  toic  öXoic  oök  Ictiv.  dieses  seiende 
nun  ist  das  t6t€,  von  welchem  Parmenides  in  dem  vorliegenden 
hrnekstäck  redet,  von  ihm  sagt  er,  es  sei  oTov,  so  dasz  er  hier  mit 
tinem  worte  ausdrückt,  was  er  v.  96  f.  so  ausspricht:  oöb^v  Tdp  f{ 
^CTiv  i^  (am  dXXo  nap^K  tou  ^övtoc.   von  ihm  sagt  er,  es  sei  dxi- 


344     AGladifich :  berichtigang  eines  fragmentes  des  Pannenidei. 

VTiTOV ,  dh.  um  mich  der  worte  des  Aristoteles  de  caelo  m  1  zu  be- 
dienen, oöO^v  oiSt€  TiTvecdai  oöt€  «pOeipecOai  nXiv  övnuv,  dXXd 
^övov  boKCiv  fmtv.  so  weit  ist  das  bruchstflck  ganz  onanfecht- 
bar  und  ganz  verständlich;  auch  sind  die  ausdrücke  olov  und  did- 
VTITOV  zu  dem  in  ^ir^bricev  angedeuteten  bilde  eines  gefesselten  oder 
gefangenen  sehr  passend,  dasz  aber  Pannenides  demnftdist  sage, 
dieses  t6t€  habe  den  namen  des  Weltalls «  ^ist  unbegreiflidL  hat 
denn  jemals  ein  vernünftiger  mensch  ein  solches  abstraetnm,  das 
reine  sein,  wenn  er  wirklich  es  dachte,  das  Weltall  genannt?  und 
diese  unsinnige  behauptung  soll  Parmenides  aussprechen,  dasz  sein 
abstractum  das  Weltall  heisze?  dazu  kommt  dasz  in  der  griechiscfaeii 
spräche,  so  viel  mir  bekannt,  ttSv  ohne  artikel,  selbst  wo  es  als  snb- 
stantivum  steht,  immer  nur  ^alles',  aber  niemals  das  Weltall  bedeutet 
Parmenides  gebraucht  im  ersten  teile  seines  gediohtes  irov  beettndig 
als  adjectivum  in  beziehung  auf  t6  6v,  zb.  v.  78  ovbk  biCttp€TÖv 
Icnv  (sc.  TÖ  öv),  iiT€i  Tiäv  icTiv  ö^oiov :  V.  80  Ttäv  bk  nXiov  icriv 
i6y toc:  v.  108  inA  näv  dcTlv  ficuXov.  auch  unsere  stelle  lautet  in 
richtiger  Übersetzung  ihrer  gegenwärtigen  lesung  T(!p  irdvr'  Svoh' 
icm  (Tip  iravTl  dvo^d  icnv)  nicht:  'cui  rerum  Universität!  nomen 
est',  sondern  (wie  ja  Mullach  das  nfiv  auch  in  den  anderen  so  eben 
angefahrten  versen  übersetzt):  'cui  omni  nomen  est',  natürlich  sinn- 
los, weil  der  text  verderbt  ist. 

Die  berichtigung  des  textes  liegt  liuf  der  band,  schon  das  un- 
mittelbar auf  die  wunderliche  stelle  folgende  öcca,  von  dem  man 
nicht  weisz,  worauf  es  sich  bezieht,  weist  daraufhin,  dasx  TTOvr* 
nicht  fttr  TiavTi,  sondern  für  Trdvra  steht,  also  irdvra  öcca  zu  ver- 
binden ist.  damit  ergibt  sich  von  selbst,  dasz  auch  tujp  hier  nicht 
das  auf  töt€  sich  beziehende  pronomen  relativum,  sondern  das  ab- 
solut stehende  Homerische  demonstrativum  ist,  gleichbedeutend  mit 
bia  toGto.  also  bleiben  ti^  und  ndvT*  bei  der  berichtigang  des 
textes  unberührt,  und  ist  allein  das  anstöszige  dvcfi*  durch  Verände- 
rung blosz  zweier  buchstaben  in  dvap  zu  verwandeln;  durch  diese 
kleine  Veränderung  erhalten  die  verse  nicht  nur  den  besten  sjntakti- 
sehen  Zusammenhang,  sondern  drücken  zugleich  die  wirkliche  lehre 
des  Parmenides  in  einem  ganz  treffenden  bilde  ans.  indem  Parme- 
nides dem  seienden  sowol  die  Vielheit  als  jede  Veränderung  abspricht, 
fährt  er  fort: 

deswegen  ist  alles 
nur  ein  träum,  was  den  sterblichen  gilt  als  unleugbare  Wahrheit, 
werden  und  wieder  vergehn,  da  sein  and  wiederum  nicht  fein, 
oder  verändern  den  ort,  sichtbare  beschaff enheit  weehseln. 

Berlin.  August  Gladibcb. 


WHBoicher:  über  die  dtte  de«  c0v6ima.  345 

51. 

ÜBER  DIE  SITTE  DBS  CYNOHMA. 


I. 

Bm  cuvOnpa  (anch  ctJMßoXov  Enr.  Bhesos  574,  cf)M<x  ebd.  12. 
688.  civiciov  loeephos  arch.  XUL  1,  5,  lat.  tessera^  Signum^)  war 
nach  Suidas,  Photios  (ndw.)  nnd  dem  Etymologicnm  M.  735, 24  der 
ÜOTOc  iv  itoX^t(i  inX  Tvuiptc^({i  tuiv  olxchuv  bibö^evoc.  es  ent- 
ipneh  demnach  ziemlich  genau  dem  mittelalterlichen  begriffe  des 
'üeUgeedirei',  woronter  man  in  den  zeiten,  als  die  krieger  noch 
kose  gleiehmäszige  bekleidnng  trogen,  das  als  erkennnngszeichen 
dioende  wort  verstandv  wie  nun  in  modernen  kriegen  als  parole 
Mut  ein  begriff  Ton  kriegsgeschichtlicher  bedentang  ftlr  den  be- 
tnffenden  tag  gewftblt  wird,  so  pflegten  anch  schon  die  alten,  soviel 
wir  witsen,  nnr  bedeatnngsToUe  und  glttckTcrheiszende  losnngen 
umgeben*  nnd  zwar  sachten  die  Oriechen  der  filtern  zeit  immer 
md  die  BOmer  meistenteils  ihren  parolen  dadurch  eine  aosschliesz- 
lieh rriigiflee bedentnng  zn  Terleihen,  dasz  sie  namen  von  gOtter  n 
viUten,  an  deren  besonderm  schütz  ihnen  gelegen  war  oder  denen 
ein  hervorragendes  interesse  an  der  Verleihung  des  Sieges  zugeschrie- 
ba  wurde,  gewöhnlich  büdeten  die  losung  einfache  göttemamen, 
Iwireilen  finden  sich  aber  auch  deren  zwei  entweder  asjmdetisch 
Beben  einander  gestellt  oder  durch  xai  verbunden,  auf  solche  weise 
«^tten  die  cuvOriMora  beinahe  die  bedeutung  von  gebetsanmfen, 
«dflhe  an  die  au  den  beeren  oder  ihren  feldherren  in  beziehung 
itdienden  gottheiten  gerichtet  wurden,  gftnzlich  bedeutungslose 
parolen,  wie  deren  wol  heutzutage  hftnfig  ausgegeben  werden,  lassen 
üeh  ftlr  das  dassische  altertum  bis  jetzt  nicht  nachweisen,  wie  aus 
fc%nider  samlung,  die  flbrigens  auf  absolute  Vollständigkeit  keinen 
■aspredi  erhebt,  zur  genüge  hervorgehen  dürfte. 

a)  OOtternamen  als  parolen  bei  den  Griechen. 

Die  Üteeten  wirklich  historischen  parolen  fiberliefert  uns  Pau- 
UDuasX  1,  10.  danach  hatten  in  den  kurz  vor  dem  ausbruch  der 
Pgnwkriege  (Herod.  VIII  27)  geführten  kämpfen  die  Thessaler  ihre 
'A6ifv&  'huivta,  die  hauptgottheit  der  altthessalischen  Stadt  Iton* 
^ad  vahncheinlich  auch  Vorsteherin  einer  uralten  thessalischen  am- 


*  der  antdraek  iessera  bangt  mit  der  eigent&mlieh  römischen  sitte 
iBMcn,  die  parole  schriftlich  dh.  auf  eine  tessera  geschrieben  mit- 
nteUea:  rgL  Panlys  realencycl.  VI  2  8.  1716.  *  ygi.  die  von  Pape- 
Bfsieler  n.  Iruiv  angeffihrten  stellen  (namentlich  Steph.  Bji.  n.  *Ituiv) 
adftdiSaaaa  griech.  alt.  IP  i.  464.  KOMfiller  Orohomenos  s.  891  anm.  4 
«cUitart  eebarfsinnig  ans  dem  umstände  dass  Itonos  ein  söhn  Amphi- 
ktTMi  ^nannt  wird  anf  eine  altthessalische  amphiktyonie ,  welche  in 
Itön  tkrea  mittelpnnct  hatte,  ebenso  wie  die  ron  dort  ans  gegründete 
"^■dt  Itoa  in  Boiotien  gleichfalls  der  sitz  eines  enltns  der  Itonischen 
A^Waa  nad  des  festes  der  Pamboiotien  war. 


346  WHBoscher:  über  die  sitte  des  OJv6^^a. 

pbiktyonie  (Müller  Orch.  s.  391),  die  Phoker  dagegen  ihren  als  i^piuc 
ßOTiOöoc  verehrten  eponymos  und  stammTatw  Phokos  (AMommseii 
Delphika  s.  230)  zum  feldgeschrei. 

In  der  bei  Kalpe  in  Bithjnien  den  mit  den  Bithjnem  yerbfln- 
deten  truppen  des  Phamabazos  gelieferten  schlacht  war  nach  Xeno- 
phon  anab.  VI  5,  25  die  losung  der  Griechen  Zeiic  Gunfip,  *HpaicXftc 
flT€|iwv.  die  klarheit  der  beziehungen  dieser  beiden  gOtter  zur  8ito&- 
tion,  in  der  sich  damals  die  Griechen  befiEmden,  l&szt  nichts  za  wün- 
schen übrig:  Zeiic  cujTrip  war  der  vornehmste  erretter  ans  ge&hieD. 
unter  dessen  göttlichen  schütz  sich  auch  sonst  die  Griechen  zu  steUeo 
pflegten  (vgl.  anab.  18,  16),  Herakles  aber  galt  fUr  ihren  idealen 
ftthrer  in  fernen  Iftndem,  die  er  selbst  einst  siegreich  durdizogen 
haben  sollte  (vgl.  anab.  VI  5,  24  dXX'  Sirccte  fjTCMÖvt  Ti|i  ^HfxncXel 
und  VI  2,  2  Kai  ibpjiicavTO  irapä  rfi  *Ax€poucidbi  Xcppovrjctp,  ^vdo 
X^T€Tai  ö  'HpaxXfic  . .  KaTaßf)vai). 

Als  die  Hellenen  in  den  dienst  des  Senthee  getreten  waren,  d€r 
nach  anab.  YH  2,  31  sich  einer  mythischen  Verwandtschaft  mit  den 
Athenern  rühmte,  vereinbarten  sie  mit  den  Thrakern  die  parole 
'AOnvaia,  wie  Xenophon  ausdrücklich  hinznfttgt,  um  ihrer  venrindt- 
schaftlichen  gesinnung  ausdruck  zu  verleihen  (anab.  Vn  3,  39  cuv* 
Qr\}ia  b '  eliTOV  'AOiivaiav  Kaiä  Tr|v  curr^vciav). 

Als  parolen  des  filtern  Ejros,  der  nach  Kyrop.  1 6, 1.  VIU  7, 3 
den  Zcuc  als  irarptpoc  verehrte,  denkt  sich  Xenophon  ao.  Vll  1, 10 
Zeuc  currfip  kqi  ^t^Mwv,  HE  3,  58  ZeiJC  cuji^axoc  xal  fircMuiv. 

Der  Verfasser  des  Bhesos  nimt  dem  brauche  seiner  zeit  entspre- 
chend mit  rücksicht  auf  die  hilfo,  welche  ApoUon  nach  derllias  den 
Troern  leistete,  als  losung  wfihrend  der  nacht,  in  welcher  DdoB  und 
Bhesos  fielen,  den  namen  Ooißoc  an  (vgl.  Eur.  Bheeos  521.  573). 

Nach  Plutareh  Dem.  29  war  die  parole  des  Demetrios  Polior- 
ketes  bei  einer  gelegenheit  Zeöc  Kai  Niicr).  entweder  hat  man  hier- 
bei an  die  durch  den  olympischen  Zeus  des  Pheidias  so  berühmt  ge- 
wordene  combination  von  Zeus  und  Nike  oder  an  Zeus  und  Athena 
Nike  zu  denken,  für  letztere  annähme  scheint  der  umstand  zu  spre- 
chen, dasz  Demetrios  sich  nach  Plut.  ao.  24  rühmte  ein  jüngerer 
bruder  der  Athena  zu  sein. 

Aus  Plutarchs  Eumenes  (c.  6)  entnehme  ich  die  beiden  parolec 
des  Eumenes  und  des  mit  Neoptolemos  verbündeten  Erateroa,  welche 
vor  der  für  die  beiden  zuletzt  genannten  so  verhfingnisvoUen  schlacht 
in  Eappadokien  ausgegeben  wurden,  das  feldgeschrei  des  Kratero^ 
und  Neoptolemos  war  'AOnvö  xal  'AX^avbpoc,  das  des  Enmene> 
Ar)|ifiTT]p  KOI  'AX^Savbpoc.  auch  in  diesem  falle  lassen  sich  dit 
beziehungen,  welche  die  beiden  gegner  gerade  zu  den  durch  die 
losung  geehrten  göttinnen  zu  haben  glaubten,  unschwer  erkennes. 
Erateros  wfthlte  wol  deshalb  die  Athena  zur  parole,  weil,  wieau: 
Livius  XLII 51  und  aus  makedonischen  münzen  ersichtlich  ist,  die^t 
göttin  in  Makedonien  besonders  verehrt  wurde  (vgl.  EOMflller  hdl 
d.  arch.  §  370,  5)  und  als  eine  hauptschutzgottheit  der  Makedonei 


k. 


WHfioscher:  fiber  die  aitte  des  c0v6ri>ia.  347 

gilt  (LiTias  ao.  Bennt  die  in  Pella  verehrte  Athens  *AXKibiiMOC).  zu- 

glekk  mochte  diese  losnng  auf  die  gemttter  der  im  heere  des  Eume- 

&es  befindlichen  Makedoner,  welche  schwerlich  in  den  kämpf  gezogen 

«im,  wenn  sie  gewust  hfltten  dasz  Erateros  persönlich  das  ihnen 

gegenftbentehende  beer  befehlige,  berechnet  sein:  Erateros  wollte 

wihiseheinlich  seine  landsleute  nnd  alten  Soldaten  durch  den  hin- 

was  auf  ihre  gemeinsame  schutzgöttin  zum  übertritt  auffordern. 

ober  die  motiTe,  welche  Enmenes  zur  wähl  seiner  parole  Ar\\iT\jr\p 

m  'AX^avöpoc  ▼eranlaszten ,  sind  wir  auf  das  genaueste  durch 

Piutvth  nntcörichtet,  welcher  ersfthlt,  Eumenes  habe  vor  der  schbicht 

folgsaden  tnuim  gehabt:  £bÖK€t  öpäv 'AXeSdvbpouc  buo  irapaoceua- 

ZoM^vouc  dXXifiXoic  |idx€c6at,  ^löc  ^Kdrcpov  f|TOUM€VOV  (pdXaiTTOc  * 

€110  Ti^  piv  Tfjv  *A8nväv ,  Ti^  bk  xfjv  Ar|)ui?|Tpav  ßoii0oOcav  iX6€iv, 

Tcvop^ou  hi  dpfuivoc  icx^poO  KpaTii6f)vai  töv  |i€Tä  Ti)c  'A^väc, 

Ttf»  hi  vtxuiVTi  craxuujv  bp€iro)yi^vf)v  Tf|v  A^tn^pccv  cujüluX^kciv 

CTt^ovov.    anszerdem  teilt  Plntarch  mit,  Eumenes  habe  Demeter 

uf  sieh  bezogen,  weil  er  fttr  ein  Auszerst  fruchtbares,  gerade  im  vollen 

lümsehmudke  prangendes  land  gekämpft  habe:  aus  diesem  gründe 

ybe  er  aoeh  seinen  Soldaten  befohlen  sich  und  ihre  waffen  der  De- 

neter  zu  ehren  mit  ihren  zu  bekrftnzen. 

Nach  Lukianos  TTXoiov  36  mag  auch  der  name  des  kriegsgottes 
twdXioc  hinfig  als  losung  vorgekommen  sein. 

5)  OCtternamen  als  parolen  bei  den  Römern. 

Dieaelbe  sitte  namen  von  göttem,  zu  denen  man  besondere  be- 
xiehongen  entweder  hatte  oder  zu  haben  glaubte,  zum  feldgeschrei  zu 
wiUen  finden  wir,  wenn  auch  nicht  mit  gleicher  ausschlieszlichkeit 
v;«  bei  den  Griechen  der  filtern  zeit  (bis  auf  Alezander  d.  gr.)  auch 
tti  den  BOmem,  wenigstens  seit  der  zeit  der  ersten  bttrgerkriege. 

So  war  nadi  Servius  (zu  Verg.  Aen,  YII 637)  die  stetige  losung 
tw«  Marias  Lar  deus^  die  des  Sulla  Äpoüo  IkljfJdimSf  die  des  Caesar 
y^mti  Otmäfix.  dasselbe  bezeugen  in  betreff  des  Caesar  Cassius  Dion 
tLXni  33)  und  Appiano6(b.  civ.  II  76  n.  104),  während  Pompcjus 
Mch  Appsan  (ao.  U  76)  den  'HpaxXfic  dviia)TOC  (HercuUs  vietor 
(^  mvidms)  wfthlte.  in  allen  diesen  fftllen  lassen  sich  die  grOnde, 
vekhe  die  genannten  feldherren  veninlaazten  gerade  jene  götter- 
siiMB  cor  loeung  zu  machen,  leicht  errathen.  Marina  wollte  mit 
tnaem  Lar  deus  offenbar  andeuten,  dasz  seine  Soldaten  fCLr  das 
tbeoersie  was  es  iür  sie  gab,  fOr  haus  und  hof,  weih  und  kind,  f&r 
<Us  wohl  der  heimat  (pro  aria  foei$que) ,  deren  ideales  Symbol  die 
Urea  waren,  kämpften.  Sulla  wählte  den  Apollo  Delphicns,  weil  er 
•a  diesen  goit  geradezu  den  schutaherm  seiner  familie  verehrte,  da 
*cat«r  seinen  vor&hren  der  erste,  welcher  den  namen  Sulla  führte, 
der  sibjllinischen  decemvim  die  Stiftung  der  ApoUinari- 
qnele  vorzflglich  betrieben  und  darttber  eben  jenen  namen  be- 
halte, so  war  auch  der  dictator  Sulla  ein  abergläubischer 
Verehrer  des  Apollo  äXeSiKOucoc,  von  dem  er  ein  kleines  goldenes 


348  WHRoBcher:  über  die  Bitte  des  cOv6iiMa. 

bild,  welches  aus  Delphi  stammte,  in  den  stunden  der  scblachtbel 
sich  zu  tragen  pflegte:  was  ihn  übrigens  nicht  abhielt  das  orakel  zu 
Delphi,  dessen  ansehen  freilich  damals  sehr  gesunken  war,  Schonung^ 
los  zu  plündern'  (Preller  röm.  myth.  s.  271).  dasz  Caesar  in  der 
Venus  Genetrix  die  urahnin  seines  geschlechts  verehrte,  ist  bekannt ; 
genug,  der  Hercules  invictns  des  Pompejus  endlich  sollte  wol  eine  | 
anspielung  auf  seine  gewaltigen,  stets  siegreichen  zttge  von  einem 
ende  der  damals  bekannten  weit  bis  zum  andern  und  auszerdem  ein 
glttckverheiszendes  omen  für  das  fernere  gelingen  aller  seiner  Unter- 
nehmungen enthalten,  nach  Preller  ao.  s.  655,  2  stand  sogar  ein 
Hercules  Pampeianus  beim  Circus  Maximus,  und  Plinius  n.  h.  YU  95 
vergleicht,  wahrscheinlich  auf  grund  ftlterer  traditionen,  geradezu 
die  Züge  des  Pompejus  mit  denen  des  Hercules:  i?erum  ad  deeus  im- 
perii  Bomani,  tum  scHum  ad  viri  uniuaperHnet  vidariam^  Pompri 
Magni  tüülos  cmnes  irvumphosque  hoc  in  loco  nuncupari^  aequaio 
non  modo  Akxandri  Magni  rerum  fvHgore^  sed  etiam  Her  cutis  pro}^ 
ac  Liberi  Patris,  bisweilen  gebrauchte  man  auch  die  namen  obscener 
gütter  als  parolen  und  suchte  damit  die  tribunen,  welche  sie  in 
empfang  zu  nehmen  hatten,  zu  verhöhnen,  wie  es  zb.  Caligtda  nach 
Cassius  Dien  LIX  29,  Suet.  Cal.  56,  losephos  areh.  XIX  1,  5  mit 
Chaerea  that,  indem  er  ihm  die  namen  von  göttem  wie  VenuSj  Pria- 
pus,  Öupido  usw.  als  losung  übergab,  günstige  Vorbedeutungen  all- 
gemeinster art  ohne  besondere  persönliche  beziehung  des  feldherrn 
zu  den  betreffenden  gottheiten  scheinen  losungen  wie  FdieUas  (Caes. 
h,  Afr,  58)  zu  enthalten,  dasz  dieser  name  grosz  zu  schreiben  und 
keineswegs  ein  abstracter  begriff  ist,  dürfte  aus  der  thatsache  er- 
hellen, dasz  Felicitas  eine  allbekannte  in  Rom  verehrte  gottheit  war 
(vgl.  Preller  röm.  myth.  s.  619  anm.  5  f.). 

c)  Sonstige  parolen  der  spätem  zeit. 

Neben  dieser  ftltem  bis  in  die  spfttesten  zelten  des  classischen 
altertums  bestehenden  sitte,  bedeutsame  gOttemamen  zum  feldge- 
schrei  zu  wShlen,  kommt  etwa  seit  Alexanders  des  groszen  zeit  ein 
anderer  verhSltnism&szig  seltnerer  gebrauch  vor,  auch  andere  be* 
deutungsvolle  worte  in  gleicher  weise  zu  verwenden,  so  soll  nach 
Lukianos  (ÖTt^p  irraicMorroc  9)  Antiochos  Soter  vor  einem  gefecbt 
gegen  die  Oalater  in  folge  eines  traumes,  in  welchem  ihm  Alexander 
d.  gr.  erschien,  seinen  Soldaten  das  wort  ÖTtatV€tv,  das  bereits  Alexao 
der  vor  der  Schlacht  bei  Issos  als  gutes  Wahrzeichen  grient  hatte,  zur 
losung  gegeben  haben,  von  Claudius  wissen  wir  ans  Sneton  C7.  42 
und  Cassius  Dion  LX  16,  dasz  er,  sobald  er  einen  seiner  feinde  he- 
straft  hatte,  dem  wachehabenden  Offizier  nicht  leicht  eine  anden« 
losung  sagte  als  die  gnome:  fivbp*  dTra^i)vac6ai,  Are  nc  irpörcpoc 
XOtXcTnfjvi].  Sueton  {Nero  9)  berichtet  von  Nero,  dasz  dieser  am  tage 
seines  regierungsan^ttes,  um  seine  mutter  zu  ehren,  dem  die  parole 
fordernden  tribunen  die  worte  optima  mater  übergab,  die  parole  de^ 
Pertinax,  durch  welche  er  seine  truppen  aus  ihrer  schlaffbeit  aui* 


.WÜRoscher:  über  die  ütte  des  cdvOrifUL  349 

letteln  wdlte,  war  mOUemus  (scr.  bist.  Aug.  1 108, 32  u.  142, 22  P.), 
die  des  Se?eni8,  welcher  an  die  tradition  des  von  ibm  bo  bocbver- 
dtrten  Pertinax  anknflpfen  wollte:  läbaremus  (ebd.  142,  22  iusaU 
iMe  sigmtm  tränmo  dort  'läbaremus^  quia  PerHnax,  quando  in 
■ymiMi  adaeUus  es^,  dederai  ^müUemus*),  Lukianos  (Aiövucoc  4) 
denkt  sich  als  das  feldgeschrei  des  Dionysos  in  Indien  den  bekannten 
Bikduschen  ruf  cöoT.  nach  Vegetius  endlich  (q^,  rei  mä,  HL  5) 
wirai  qpiter  glack?erheiszende  parolen  wie  victaria^  paHma,  vkitu^ 
^  floNseum,  iriumphus  imperataris  fiblich. 

n. 

IHe  so  eb«n  angeführten  beispiele  —  im  gansen  30  —  mögen 
gcBflgetti  nm  zu  zeigen  dasz  wirklich,  wie  ich  oben  behauptet  habe, 
die  alten  nie  ein  bedentungsloaes  wort  zur  losung  machten  und  in 
der  ilkm  snt  bei  den  (kriechen  ansschlieszlioh  namen  Ton  göttem, 
weidie  irgend  eine  deatliche  beziehnng  zu  den  kämpfenden  hatten, 
gewiUt  worden,  es  gilt  jetzt  einige  stellen  antiker  historiker,  deren 
gegnwirtige  schreibong  grOszere  oder  geringere  bedenken  hervor- 
raft,  weil  sie  mit  den  gemachten  beiden  beobachtungen  im  wider- 
sfnch  stdit,  zn  emendieren.  es  sind  folgende  yien 

a)  Von  Herodotos  IX  98  wird  enäUilt,  wie  Leotychides,  als 
fr  dioth  samiache  gesandte,  wahrscheinlich  im  auftrgg  der  übrigen 
loaier  angefordert,  in  den  gewSasem  von  Samos  erschienen  war  und 
die  Perser  an  der  gegenüberliegenden  küste  von  Mykale  gelagert 
^,  den  an  deren  seite  befindlichen  loniem  von  seinem  admiral- 
Kkif  ans  dnrch  einen  herold  folgende  auffordemng  zurufen  liesz: 
^tybpcc  luivcc,  öcoi  u^ujv  tutx^^vouci  inaKOucvrcc,  \i6BeT€  t& 
^^'  irdvTuic  T^  o^v  cuvi^couci  TT^pcat  ti&v  ^t^  öjuiiv  £vt^- 
Wl  ineav  cumiicrui^cv ,  ^CjüivficOat  Tiva  XP^  iXeuÖepfaic  ^iv 
vohrTuiv  wpurTOv,  }UTä  bi  toO  cuvSifVictTOC  "Hß^c  usw.  in  diesem 
nsamnenhaiige  musz  der  name  der  Hebe  groszen  anstosz  erregen, 
*eü  «ine  speeielle  beziehung  dieser  göttin  weder  zu  den  loniem 
3L  haare  der  Perser  noch  auch  zu  Leotychides  noch  endlich  zu  der 
pum  Situation  irgend  denkbar  oder  nachweisbar  ist.  von  einem 
•rgcadfie  hervorragenden  cultns  der  Hebe  unter  den  loniem  ist 
uju  Bieht  daa  geringste  bekannt,  ebenso  wenig  aber  auch  von  einem 
dofte  derselben  in  Lakedaimon,  dem  vaterlande  des  Leotychides. 
^^oiaapt  aefaeint  es,  abgesehen  von  Sikyon  und  Phlius,  wo  die 
2tSttia  bekanntlich  unter  den  namen  Dia  und  Qanymeda  verehrt 
wd«,  BOT  Eosierst  wenige  tempel  der  Hebe  gegeben  zu  haben, 
ttckwcisbaie  cnlte  derselbcm  befanden  sich  nur  noch  im  Eynosarges 
a  Athen,  anf  Kos  und  auf  Aigina  (vgL  Preller  gr.  myth.  I*  s.  391). 
*^c&so  wenig  liszt  sich  endlidi  auch  in  dem  mythos  der  göttin  eine 
:estl3die  b^ehnng  zu  den  Griechen  vor  Mykale  erkennen,  denn 
2«  begreift  nicht,  was  den  Leotychides  veranlassen  konnte  gerade 
u  mundsdiwikin  nnd  dienerin  der  olympischen  gOtter  und  die  ge- 
^>Uin  des  Herakles,  welche  keineswegs  als  die  mutter  der  dorischen 


350  WHRoBcher:  über  die  Bitte  des  cOvBimo. 

Herakliden  galt',  zur  losong  zu  machen,   haben  wir  demnach  allen 
grnnd  den  überlieferten  namen  Hebe  für  verderbt  zn  halten,  so  fragt 
es  sich  weiter,  ob  sich  ohne  wesentliche  yeränderong  der  schriftzflge 
eine  gottheit  auffinden  läszt,  die  besser  in  den  Zusammenhang  hinein- 
passt.   ich  glaube  eine  solche  in  der  Hera  entdeckt  zu  haben  nnd  lese 
also  mit  einer  geringfügigen  ftnderung  HPHC  statt  HBHC  die  gründe 
ftU*  diese  meine  annähme  sind  kurz  folgende:  1)  der  cult  der  sami- 
sehen  Hera  war  zweifellos  der  berühmteste  und  wichtigste  der  gan- 
zen gegend,  in  welcher  die  Schlacht  von  Mjkale  geliefert  wurde;  ihr 
in  der  nfthe  der  Stadt  Samos  gelegener  tempel  war  nach  Herodots  (III 
60)  Zeugnis  das  grüste  von  allen  heiligtümem  die  er  kannte,  und  mit 
den  schönsten  und  reichsten  weihgeschenken  aller  art  geschmück: 
(vgl.  Paulys  realenc.  u.  Samus).  —  2)  das  Heraion  von  8amos  lag 
auf  der  südostküste  der  insel  hart  am  meere,  dem  ufer  von  Mjkale 
gerade  gegenüber,  und  war  von  diesem  nur  durch  einen  snnd  von 
geringer  breite  (Strabon  s.  637  redet  von  einem  ^irracräbtoc  iropOpöc 
zwischen  Trogilios  und  Samos)  getrennt   auf  diese  weise  fand  die 
Schlacht  von  Mykale  angesichts  des  grasten  tempels  von  ganz  lonien 
(denn  die  Samier  waren  auch  lonier)  statt,  und  zwar  so  dasz  die  flotte 
der  Griechen  das  Heraion  im  rücken  hatte,  es  also  gewiseermaszen 
vor  den  Persem,  die  es  wfthrend  der  ersten  regierungigahre  des 
Dareios  schon  einmal  verbrannt  und  ausgeplündert  hatten  (vgL  Paus. 
Vn  5,  4  und  ECurtius  griech.  gesch.  P  s.  505  u.  ölO),  schützte, 
welche  aufforderung  lag  schon  in  diesem  umstand  allein  für  Leotj- 
chides  mit  der  parole  ^Hera'  sich  gewissermaszen  des  schntzes  die- 
ser gewaltigen  göttin  loniens  und  mit  dem  hinweis  auf  ihren  her- 
liehen,    möglicherweise  einer  zweiten  Verheerung  preisgegebenen 
tempel  zugleich  des  beistandes  der  den  bereits  abgefallenen  Samiem 
verbrüderten  lonier  im  persischen  beere  zn  versicbeml  —  3)  nach 
Her.  IX  96  hatten  die  verbündeten  Griechen,  ehe  sie  nach  MykaJe 
hinüberfuhren,  mit  ihrer  flotte  unmittelbar  vor  dem  Heratempel 
(Kard  TÖ  *HpaTov)  anker  geworfen  und  sich  daselbst  zur  Seeschlacht 
gerüstet,  bis  sich  plötzlich  die  persischen  schifife  nach  der  naheliegen- 
den küste  von  Mykale  zurückzogen,   sie  gedachten  also  ursprüng- 
lich eine  Seeschlacht  in  der  bucht  der  Hera,  dem  'HpatTT|C  öpMOC. 
wie  sie  Athenaios  s.  672 **  nennt,  zu  liefern:  grund  genug  fix  sie 
schon  bei  dem  ersten  anblick  der  feinde  vorzugsweise  auf  den  gött- 
lichen schütz  der  Hera  zu  rechnen.  —  4)  wiö  aus  Her.  I  3  erhell  r, 
betrachteten  die  Hellenen  den  troischen  krieg  als  ein  verspiel  der 
späteren  Perserkriege,   vor  Troja  hatte  aber  Hera  den  Hellenen  den 
thatkrftf tigsten  beistand  geleistet  nnd  ihnen  zum  endlichen  siege  ver- 
helfen,  was  lag  nun  nfther  als  in  dem  umstände,  dasz  die  schlacbr 
angesichts  der  hochberühmten  Hera  von  Samos  stattfand«  ein  gflnst - 
ges  Vorzeichen  für  den  sieg  auch  der  nachkommen  jener  kftmj^er  vot- 


'  als  solche  galt  vielmehr  Deianeira,  die  matter  des  Hyllos:  MüIN-r 
Dorier  I  s.  49  f.  n.  441.    Jaoobi  handwörterb.  d.  gr.  u.  röro.  myth.  •.  4:2  r*. 


JSitzler:  EaUinos  oder  TjrtaioB?  351 

Troja  bei  Mjkale  zu  erblicken,  zumal  da  schon  die  samiscben  ge- 
tudten  bei  ihrer  anknnft  in  Dolos  den  Leotychides  nachdrücklichst 
uf  die  gemeinsamen  gOtter,  zu  denen  in  allererster  linie  die  fast  in 
lib  griediischen  landschaften,  auch  in  Sparta,  verehrte  Hera  ge- 
öMe,  hingewiesen  hatten  (Her.  IX  90)? 

h)  In  Xenophons  anabasis  I  8,  16  wird  das  feldgeschrei  der 
Gmchen  Tor  der  schlaeht  von  Eunaza  gewöhnlich  so  geschrieben : 
liic  curiJip  Kai  v(kt].  es  bedarf  nur  eines  hinweises  auf  die  oben 
genaehta  Beobachtung,  dasz  die  Griechen  der  ftltem  zeit  nur  götter- 
uoen  zu  parolen  hatten,  um  die  richtige  Schreibung  Z€uc  cuiTf|p 
vtti  NiKTi  herzustellen,  auf  diese  weise  gewinnen  wir  eine  ältere 
uiiogie  za  der  schon  Ifingst  richtig  geschriebenen  parole  des  De- 
MtQos  PoUorketes  ZtiK  Kai  Niki),  zu  deren  Verständnis  schon  oben 
L  346)  das  nötige  bemerkt  worden  ist 

e)  Nach  Appianos  b.  dv.  II 104  soll  der  jüngere  Pompejus 
w  der  sofalacht  bei  Gorduba  die  losung  cOc^ßeta  gegeben  haben. 
gewis  ist  auch  hier  Eöc^ßeia  zu  schreiben,  weil  es  in  Rom  schon 
lisgsl  in  folge  eines  von  M\  Acilius  Olabrio  in  der  schlaeht  bei  den 
Ibnmopjlen  (191  vor  Ch.)  gethanen  gelübdes  einen  angesehenen 
impel  der  Fidaa  gab  (Preller  röm.  mytii.  s.  626).  mit  dieser  losung 
tolüe  der  jüngere  Pompejus  offenbar  seiner  kindlichen  pietät  gegen 
üft  manen  seines  schändlich  ermordeten  vaters  ausdruck  geben. 

d)  Ebenso  verhält  es  sich  mit  der  von  Gassius  Dion  XLYIE  43 
ftitgcteütan  parole  des  Brutus  in  der  schlaeht  von  Philippi.  auch 
Kxr  ist  wol  unzweifelhaft  'EXeudcpla  zu  schreiben,  hinsichtlich 
der  Terdbrong  der  Xtderto  im  republicanischen  Rom  und  ihrer  dar« 
stiloBg  saf  rOmisdien  familienmünzen  (seit  Brutus  und  Gassius  mit 
ta  attribnten  des  dolohes  und  des  pilleus  libertatis)  verweise  ich  auf 
Prdler  rüm.  mjth.  s.  616. 

Mwaisiat.  Wilhelm  Heinrich  Roschbr. 


52. 

K ALLINGS  ODER  TTRTAIOS? 


Die  Wahrheit  der  Überlieferung,  welche  die  verse  5  f.  des  ersten 
^igants  inBergks  PLG.  bd.  II  dem  Kallinos  zuschreibt,  ist  viel- 
^  in  Zweifel  gezogen  worden*  Bemhardj  tadelt  die  spräche,  und 
fi«mg  seUieazt  aus  der  ganzen  ftrbong  des  bruchstücks,  dasz  es 
ica  frigmenten  des  Tjrtaios  so  ähnlich  sehe  wie  ein  ei  dem  an- 
^*nL  B«Bhardjr  wurde  von  Bergk  in  seiner  note  zu  der  stelle 
*^Megt,  nicht  so  Härtung;  und  ich  sehe  dasz  auch  jetzt  noch  viel- 
^  &  meinung  verbreitet  ist,  als  gehörten  diese  verse  dem  Tyr- 
*-MiL  GGeiger  in  seiner  diasertation  'de  Gallini  elegiarum  seriptoria 
sc^'  (Erlangen  1877)  leugnet  geradezu  die  möglichkeit  bei  der 
^Migkeit  der  fragmente  des  Kallinos  diese  frage  je  zur  entschei- 
(=«9  za  bringen,  trotzdem,  wie  mir  scheint,  gewichtige  momente 
f  ^g«n  die  aotorschaft  des  Tyrtaios  sprechen. 


352  JSitzler:  Eallinos  oder  Tyrtaios? 

Die  betreffenden  17  verse  belehren  uns  ttber  die  art  und  weue, 
wie  sich  jeder  soldat  in  der  schlaoht  verhalten  solle,  und  geben  so- 
mit zugleich  eine  beschreibung  der  schlacht  nach  ihren  hauptiOgeii, 
in  ähnlicher  weise  wie  fr.  11  des  Tjrtaios.  hier,  bei  Tyrtaios,  fin* 
den  wir  eine  geschlossene  phalanz,  die  mit  vorgehaltoüem  Schilde 
und  eingelegter  lanze  dem  feinde  möglichst  nahe  zu  leibe  geht,  am 
im  nahkampfe  durch  stosz  mit  der  lanze  und  hieb  mit  dem 
Schwerte  den  sieg  zu  erringen;  unter  die  schilde  der  hoplitem  ducken 
sich  die  gynmeten,  um  so  geschützt  die  schwerbewi^heten  durch 
Speer-  und  steinwurf  zu  untersttttzen.    wie  ist  es  dagegen  bei  Kalli- 
nos?  bei  diesem  ist  keine  rede  von  einer  festgeschlossenen  phalanT, 
sondern  es  ist  eher  ein  einzelkampf,  keine  rede  von  einem  nahkampfe, 
sondern  £tXOC  ävaqc<^M€VOC  eilt  jeder  gegen  seinen  feind,  um  im 
boOiTOC  dKÖVTUiv  durch  äKOvriZctv  die  feinde  in  die  flucht  zu  schla- 
gen,  leichtbewaffiiete  sind  bei  dieser  kampfesweise  natOrlich  ent- 
behrlich,    es  ist  also  doch  ein  bedeutender  unterschied  zwischen 
beiden:  bei  Tyrtaios  finden  wir  die  dorische  phalanz,  bei  Kallinos 
die  ionische,  die  mehr  an  Home|r  erinnert  und  auch  bei  Mimner- 
mos  fr.  14  wiederkehrt. 

Ein  weiterer  grund  dafür,  dasz  diese  verse  nicht  von  Tyrtaic> 
sein  können,  scheint  mir  in  v.  14  f.  zu  liegen,   hier  wird  nemlich 
von  der  flucht  gesprochen  und  gesagt,  wie  schon  mancher,  der  au^ 
scheu  vor  dem  tode  aus  der  schlacht  geflohen,  ihn  zu  hause  habe  er- 
leiden müssen,  ohne  dieselben  ehrenbezeugungen  erhalten  zu  haben.j 
die  dem  beiden  gezollt  würden,     statt  ipfeTOi  ist  nemlich  hieri 
0  Ix  €Tai  zu  lesen,  das  mit  q)irribv  zu  verbinden  ist:  v^.  Od.  0  356^ 
n.  B  71.   wir  sehen  also  dasz  nach  dieser  darstellung  der  feige,  der 
vor  dem  feinde  geflohen,  ruhig  zu  hause  in  der  gemeinde  leben  kann, 
nur  mit  dem  unterschiede,  dasz  er  von  seinen  mitbürgem  weniger 
geehrt  und  geachtet  ist  als  der  tapfere,  ich  frage  hier:  ist  diese  be 
handlung  der  feigen  sitte  der  Spartaner?  genügt  es  diesen,  die  feiger 
nur  weniger  zu  ehren?  ganz  anders  spricht  sich  Tyrtaios  übei 
dieselben  fr.  12  aus;  und  auch  sonst  ist  es  ja  bekannt,  wie  die  Spar 
taner  gegen  solche  deserteure  verfuhren. 

Wenn  ich  nun  durch  darlegung  dieser  Verschiedenheiten  d&r 
gethan  zu  haben  glaube,  dasz  wir  Tyrtaios  wenigstens  nicht  für  d^i 
Verfasser  dieser  verse  halten  können,  sondern  am  besten  bei  do 
Überlieferung  stehen  bleiben,  an  der  zu  zweifeln  wir  keinen  gruxx 
haben,  so  läszt  sich  allerdings  anderseits  auch  nicht  in  abrede  steiler 
dasz  sich  ähnlichkeiten  zwischen  Kallinos  und  Tyrtaios  finden,  y«^i 
hauptsächlich  v.  6  f.  die  aufzfthlung  der  motive  für  mutigen  kai&.| 
gegen  die  feinde,  aber  diese  sind  so  allgemeiner  und  so  rein  mensol 
lieber  natur,  dasz  sich  daraus  kein  schlusz  auf  identitftt  des  v^c- : 
fiissers  ziehen  Iftszt.  gerade  so  sagt  Horatius  sein  €Mee  H  decorm*  ^ 
est  pro  patria  mori^  und  nicht  anders  sprechen  sich  unsere  dieht- 
in  diesem  puncte  aus. 

Baden-Baden.  Jacob  Sitzler.« 


EAJaDghahn:  Stadien  zu  ThakydidoB.  353 

63. 

STUDIEN  ZU  THÜKYDIDES. 


In  dieaer  leitBcbrift  1875  s.  657—682  Teröffentlichte  ioh  eine 
•bhandluBg  Über  die  reden  bei  Thukydidee,  in  der  ich  eine  reihe 
f(m  lietten  besprach,  die  nicht  nur  mangelhaften  sinn  haben,  son- 
dere sogar  sinnstGrend  und  zweckwidrig  sind ,  bisher  aber  nicht 
«ngcfoohten  worden«  wäre  nun  das  urteU,  welches  der  rec«  meiner 
gaaaaten  abh.  (JSOrgel,  in  dieser  Zeitschrift  1878  s.  332)  über  das 
irok  des  Thokydides  ausspricht,  unnmstöszlich,  dann  freilich  wäre 
oeiDe  frohere  und  auch  diese  vorliegende  abhandlung  gerichtet,  ehe 
der  leser  einen  blick  auf  meine  argumente  geworfen  hat.  8.  meint 
aemlkh,  dasi  trotz  der  spuren  von  einem  gewissen  ringen  mit  dem 
juadmck ,  denen  man  bei  jedem  Schriftsteller  begegne ,  der  auf  den 
tM&ten  gnmd  der  dinge  einzugehen  sich  bemüht  habe,  dennoch 
Tknkjdidee,  wenn  wir  seine  spräche  etwa  mit  der  dunkeln  und 
whwerfiüligen  so  vieler  tiefer  denker  unseres  Volkes  vergleichen, 
ucb  so  wie  er  vorliegt  noch  immer  ein  muster  von  klarheit  und 
dcodiefakeit  bleibe. 

Dieaes  urteil  wird  viele  der  Zeitgenossen  mit  gerechter  genug- 
tbttiuig  erfüllen;  sie  ersehen  ja  aus  demselben,  wie  wir  es  so  herlich 
weit  gebracht  haben.  Thokydides  ein  muster  von  klarheit  (wenn 
sodi  freilich  nur  im  vergleich  zu  vielen  dunkel  redenden  tiefen  den- 
keni  imaers  Volkes) !  wie  weit  überragen  wir  also  die  beurteiler 
iBs  dem  altertom,  einen  Cicero  und  einen  Dionysios  von  Halikar- 
aaas,  deren  äoszerungen  über  die  donkelheit  der  spräche  des  Thuky- 
didea  ja  bekannt  sindl  und  in  wie  kurzer  zeit  haben  wir  dies^i  um- 
i^wong  des  Urteils  erreicht!  denn  noch  Beiske  äuszert  sich  über 
den  Stil  des  Thuk.  mit  Unwillen  und  trOstet  sich  damit,  dasz  ein  sol- 
ciier  maagel  ja  durch  grosze  Vorzüge  aufgewogen  werde,  bei  Poppo 
jvokg.  s.  248)  klingt  das  urteil  schon  ganz  anders,  den  Dionysios 
«rkiiri  er  für  incompeient  hier  mitzusprechen,  da  er  ja  ein  bret  vor 
dem  köpfe  gehabt  habe  ('cuius  menti  tanta  caligo  offusa  erat'),  und 
da«  urteil  Beiskes  führt  er  nur  zur  erheiterung  des  lesers  an.  zwar 
bestreitet  er  die  dunkelheit  im  Thukydides  nicht  ganz,  erklärt  sie 
»btr  für  berechtigt  und  entschuldbar,  da  ja  der  autor  zur  zeit  der 
Idigerlichen  Zwietracht  seine  gedanken  habe  verhüllen  müssen  und 
dodk  auch  nur  für  denkende  leser  geschrieben  habe,  die  ihn  schon 
rersteben  werden,  diese  letztere  erinnerung  und  die  damit  verbun- 
doe  Stärkung  der  moralischen  kraft  des  lesers  scheint  denn  auch 
dahin  gewirkt  zu  haben,  dasz  die  weichliche  klage  über  Schwierigkeit 
aad  dnnkelbeit  der  Thok.  diction  selten  geworden  ist.  sollte  daa 
letztere  aber  nicht  auch  dem  umstände  zuzuschreiben  sein,  dasz  gerade 
.a  den  letzten  menschenaltem  so  viele  mit  so  beharrlichem  eifer  an 
^er  beseitigang  der  Schwierigkeiten  im  Verständnis  des  Thuk.  ge- 
srbeiiflt  haben?  besonders  bei  deigenigen  männem,  welche  aner- 

flii  ctatf.  phUol.  1879  hn.  6  tL  S.  23 


854  EAJnnghahn:  Stadien  zu  Thnkydides. 

kannt  bedeatende  erfolge  der  arbeit  auf  diesem  gebiete  aufsaweisen 
haben  und  durch  dieselbe  eretarktsind,  finde  ich  begreiflicher,  dasisie 
die  Schwierigkeiten  nicht  betonen,  aber  auch  bei  ihnen  überraschen  mich 
die  urteile,  welche  denen  aus  dem  altertum  diametral  entgegenstehen. 
so  sagt  Classen  F  s.  LXXXI;  'daher  ist  grOste  einfaehheit  und  uatfir- 
lichkeit  der  grundcharakter  der  spräche  desThuk.'  dasz  neben  einem 
solchen  urteile  dennoch  die  dunkelheit  des  Thuk.  der  sache  nach, 
wenn  auch  nicht  mit  diesem  auadrucke,  zugegeben  wird,  könnte  über- 
raschen, weiter  unten  (s.  LXXXVII)  heiszt  es  nemlich,  die  spräche 
des  Thuk.  habe  an  der  befriedigenden  gestaltung  des  oftmals  wide^ 
strebenden  Stoffes  mühsam  zu  arbeiten  und  zu  ringen  gehabt  and 
zeige  die  beweise  dieser  oft  sauren  mühe  in  mancher  Unebenheit 
auf.   dann  wird  gezeigt,  wie  auch  den  schwierigsten  stellen 
mit  treuem  und  beharrlichem  bemühen  beizukommen  sei.  so  ist  also 
das  einstige  alviT^dTUubec  und  suhohscwrwn  nicht  ganz  geschwunden, 
aber  bis  zur  Unebenheit  und  Schwierigkeit  herabgemindert  wor- 
den.  das  folgt  eben  aus  der  relativität  jener  begriffe,  und  ich  habe 
an  mir  selbst  die  erfahrung  gemacht  dasz,  als  ich  vor  mehreren 
Jahren  anfieng  mich  genauer  mit  dem  werke  des  Thuk.  bekannt  lu 
machen,  mir  manches  vGUig  dunkel  erschien,  was  mir  jetzt  kaum 
schwierig  vorkommt,   aber  dennoch,  wenn  ich  nach  einem  mehr  ob- 
jectiven  urteil  suche,  musz  ich  aufrecht  halten  daaz,  abgesehen  von 
den  Terschiedenen  graden  der  Schwierigkeit  für  die  Terschiedenen 
leser,  bei  Thuk.  Schwierigkeiten  der  spräche  (nicht  immer  yerbonden 
mit  tiefe  der  gedanken)  vorliegen,  wie  sonst  bei  keinem  griecfaischen 
Prosaiker,    hierüber  weitläufig  streiten  hiesze  verdunkelnden  qnaim 
statt  des  erbellenden  lichtes  bereiten;  ich  begnüge  mich  mit  dem 
hinweis  auf  thats&chliches.  wenn  zb.  V  69,  2  in  einer  ganz  einfachen, 
gedankentiefe  nirgend  erfordernden  beschreibung  der  letzten  zu- 
rüstungen  zum  feindlichen  znsammenstosz  der  beere  gesagt  wird: 
AaK€bai^6vioi  hk  kqO*  ^Kdcrouc  t€  kuI  ^eTd  tiBv  iroXe^ncuiv  v6- 
^uiv  dv  cq)ictv  aäroTc  div  i^nicravTC  t^iv  trapoK^Xcuav  tI^c  ^vn^nc 
draOok  oOciv  dTroioOvTOy  so  mOchte  ich  wol  wissen,  ^  viel  leser, 
die  nicht  eben  diesen  autor  gründlich  behandelt  haben,  jene  worte 
trotz  des  ganz  schlichten  gedankens  verstehen  werden,  und  ein  hin- 
blick  auf  sehr  viele  ähnliche  stellen  zeigt,  dasz  eine  Verderbnis  des 
textee  hier  nicht  vorliegt,    so  ist  auch  an  folgender  auf  den  ersten 
blick  unverständlichen  stelle  nicht  gedankentiefe  grund  der  Schwie- 
rigkeit, da  der  gegenständ  ein  durchaus  klarer  ist.   es  wird  nemlich 
YII  71,  3  über  einen  teil  des  vom  ufer  aus  mit  den  blicken  die  See- 
schlacht im  hafen  verfolgenden  landheeres  gesagt:  äXXot  öi  Kai  Trpöc 
ävTiiraXöv  ti  Tf)c  vauMaxiac  äiribövTCc  bid  t6  dKplTUK  Suv^x^c 
Tf)c  d|iiXXr)C  Kai  toic  ci&iMactv  adTOtc  l'ca  tQ  bdii]  ncptbcwc  h)^ 
airov€uovT€C  iy  toTc  xaXemiliTaTa  biftyov.  und  solcher  stellen  gibt 
es  in  dem  werke  recht  viele,  ja  um  es  kurz  zu  sagen,  nach  meiner  mei- 
nung  kann  man  die  oben  angeführten  urteile  über  den  gedankenaus- 
druck  bei  Thuk.  geradezu  umkehren |  anstatt  zu  sagen,  er  sei  eua 


EAJnnghahn:  Studien  sa  Thukydidee.  355 

rnnster  ton  klarheit  und  dentlicbkeit  trotz  einiger  ausnahmeftlle, 
oder  der  grundcharakter  seiner  spräche  sei  die  gröste  einfacbheit  und 
wttrliebkeit  irots  mancher  Unebenheiten  und  Schwierigkeiten,  k6n- 
BtB  wir  ebenso  richtig  sagen ,  er  sei  ein  muster  von  unklarer  und 
nhwieriger  darstellung,  trotzdem  dasz  sich  bei  ihm  auch  eine  spräche 
bde,  deren  grundcharakter  die  schlichteste  einfacbheit  und  natllr- 
fidikeit  sei  und  die  an  klarheit  nichts  zu  wünschen  übrig  lasse,  das 
»t  eben  das  offenbar  noch  der  Idsung  bedürftige  rttthsel ,  dasz  sich 
bei  Haem  und  demselben  autor  diese  ganz  yerschiedene  spräche  und 
ciantdiulgsweise  schroff  gegenübersteht  und  dasz  die  so  yerschie- 
da  behandelten  teile  des  Werkes  dem  umfange  nach  einander  ziem- 
üdi  gleichkommen,   man  künnte  mir  hier  wieder  entgegenhalten: 
'was  kümmert  es  uns,  wenn  jemand  so  viel  schwieriges  in  der  spräche 
ies  Tfank.  findet?  uns  ist  alles  fast  gleich  leicht  erschienen.'   was 
kiBB  hier  der  streit  nützen?  doch  worde  ich  versuchen  den  vorur- 
tcüiMen  laser  durch  einige,  wie  ich  glaube,  schlagende  thatsachen 
Ar  mich  zu  gewinnen,  wäre  wirklich  Thuk.  ein  muster  von  klarheit 
ood  dentüebkeit,  wie  wftre  es  möglich,  dasz  bis  in  die  letzten  tage 
iunem  über  so  sehr  viele  stellen  so  viel  verschiedene  deutungen  abge- 
gebea  worden  sind?  und  wenn  versichert  wurde,  dasz  den  Unebenhei- 
ten nd  Schwierigkeiten  mit  beharrlichem  fleisze  beizukommen  wäre, 
sofflost  idi  dagegen  versichern,  dasz  trotz  der  bedeutenden  erfolge 
jcMs  beharrlichen  fleiszes  so  vieler  vereinter  krttfte  dennoch  eine 
recht  stattliche  anzahl  von  erklftrungen  schwieriger  stellen  existiert, 
die  trotz  der  aosgesprochenen  oder  stillschweigenden  Übereinkunft 
der  eikllrer  über  die  nunmehrige  richtigkeit  dennoch  sofort  als  falsch 
«nchcinen.  ich  werde  hier  nur  solche  stellen  anführen,  bei  denen 
•ch  lofbrt  eine  richtige  deutnng  zu  bieten  vermag,    dies  zur  be« 
rahigug  deijenigen,  welche  beim  aufdecken  von  übersehenen  feh- 
^  bei  alten  antoren  sogleich  die  stim  runzeln,   hier  wird  etwas 
poBtiT«  zur  benrteilung  vorgelegt,  nicht  blosz    negative  kritik 
Mht 

n  9S  wird  der  versuch  der  Peloponnesier  erzählt,  einen  hand- 
'tnich  gegen  den  Peiraieus  auszuführen,  zu  welchem  Wagnis  sie  die 
gnoe  torgloeigkeit  einlud,  mit  der  die  Athener  im  be  wustsein  ihrer 
'Megeafaett  znr  see  verfuhren ,  da  sie  ihn  weder  bewachten  noch 
*penta.  die  für  die  ausführung  dieses  handstreichs  bestimmte 
amnichaft  sollte  erst  in  Nisaia,  und  zwar,  wie  weiter  unten  gezeigt 
vifd,  bei  nacht  auf  40  in  eile  in  das  wasser  gelassenen  schiffen  in 
<ee  gehen  und  sofort  auf  den  Peiraieus  lossegeln,  zu  diesem  be- 
^rm%  wird  folgender  grund  hinzagefügt  (§  3) :  o(hr€  jap  vaun- 
^  ^  wpoq^uXdccov  Iv  aOnp  oöblv  oSre  irpocboKia  oöbcjila  ^^ 
^  iroTf  o\  TToX^iaot  iSairivouuic  ofiruic  iTiiTrXeucciav,  iird  oub* 
'^ ToO  irpoqwcvoOc  ToXMf)cai  &v  koO'  f|cux(av,  oi)b*  €l  bievooCvro, 
^  oiJK  tv  irpoa(c6€c0ai  (so  Classen ;  andere  trpoaicO^cdai).  sehr 
•enhafte  erUirer  des  Thuk.  (s.  Classen)  haben  sich  über  folgende 
^^■Unig  der  stelle  als  die  richtige  geeinigt:  *  man  erwartete  keinen 

23* 


356  EAJungliahn:  stadien  su  Thukydidw. 

angriff  von  den  feinden,  da  (wie  sie  sich  sagen  mnsien)  das  offene 
unternehmen  eines  solchen  nicht  ungestört  und  schon  die  absieht 
desselben  nicht  unbemerkt  bleiben  würde.'   so  die  erklftrong,  die 
nach  umfangreichen  controversen  zu  stände  kam.  dennoch  ist  sie 
ganz  falsch,   denn  dabei  ist  auszer  acht  gelassen,  dasz  äamvaiu)c 
diriirXeiv  nur  von  einem  ttberfall,  einem  handstreich  gedeutet 
werden  kann,  wie  sich  von  selbst  versteht  und  aus  vielen  stelleB 
desselben  autors  zu  erseben  ist  (s.  B6tant  lex.  Thuo.  u.  d£airivaiuK). 
es  ist  aber  ganz  undenkbar,  dasz  Thuk.  gesagt  habe:  ^sie  erwarteten 
keinen  plötzlichen  angriff,  also  keinen  Überfall,  da  das  offene  nnter- 
nehmen  eines  solchen  nicht  ungestört  bleiben  würde.'    denn  ein 
Überfall  kann  natürlich  nicht  offen  ausgeführt  werden,  sonst  ist  eb 
eben  kein  Überfall;  hier  wurde  ja  auch  der  angriff  dadurch  verdeckt, 
dasz  man  alle  zurüstungen  zu  einer  seeezpedition  den  blicken  der 
feinde  verbarg,  nemlich  die  seeleute  bei  nacht  über  den  Isthmos 
marschieren  liesz  und  mit  ihnen  eine  geringe  anzahl  bis  zum  letzten 
augenblick  am  lande  befindlicber  schiffe  bemannte,  es  sind  also  alle 
kriterien  des  heimlichen  Überfalles  vorhanden,  aber  wesm  es  aach 
wirklich  jemand  versuchen  sollte  das  äanivaluic  hinwegzudeuten, 
kann  es  denn  richtig  sein  zu  sagen,  dasz  ein  angriff  der  feinde  auf 
den  Peiraieus  nicht  erwartet  wurde,  weil  dieselben  ihn  offen  nicht 
ausführen  konnten?    darauf  muss  doch  jeder  entgegnen:  ^darum 
eben  machten  sie  keinen  offenen,  sondern  einen  versteckten  an- 
griff.'  es  ist  also  diese  von  den  namhaftesten  erklftrem  des  Thuk. 
nach  umfangreichen  erOrterungen  und  nach  widerruf  früherer  an* 
sichten  endlich  zu  stände  gebrachte  deutung  der  stelle  offenbar  falsch, 
wie  musz  sie  nun  richtig  gedeutet  werden?  man  mnste  nur  das  über- 
lieferte oOb*  an  beiden  stellen  unangetastet  lassen,  statt  ee  in  out€  .. 
oCt€  zu  ändern,  und  dann  genau  übersetzen:  ^man  erwartete  nicht 
dasz  die  feinde  jemals  einen  so  plötzlichen  angriff  (dh.  also  einen 
Überfall)  zur  see  machen  würden,  da  sie  (nach  der  ansieht  der  Athe- 
ner) nicht  einmal  einen  offenen  angriffin  aller  ruhe  wagen  durften 
noch  auch,  wenn  sie  an  einen  solchen  dächten,  erwarten  durften 
dasz  man  es  nicht  vorher  merke.'  Thuk.  setzt  bei  dieser  begründnng 
bekanntschaft  mit  der  thatsache  voraus,  dasz  ein  Überfall^  der  ein  bo 
bedeutendes  ziel  hat  wie  die  einnähme  des  Peiraieus,  nur  von  einem  sol* 
eben  feinde  ausgeführt  werden  kann,  der  mit  dem  elemente,  auf  dem 
er  operiert,  ganz  vertraut  ist.   dasz  aber  die  Peloponnesier  mit  ihrer 
Seemacht  sehr  unsicher  operierten,  ist  in  dem  vorangehenden  teile 
des  geschichtswerkes  oft  genug  zur  spräche  gekommen.  Thuk.  meint 
also,  ein  feind,  der  mit  seiner  flotte  nicht  einmal  einen  offenen,  mit 
a  Her  ruhe  ausgeführten  angriff  zu  machen  wage,  werde  auch  nicht 
fü  r  befUiigt  gehalten  einen  Überfall  zur  see  auszuführen,  bei  wel- 
chem, da  er  ja  zur  Vermeidung  des  aufsehens  der  zurüstungen  mit 
wenig  schiffen  ausgeführt  wird,  die  geringere  Streitmacht  durch  de^to 
grössere  Schnelligkeit ,  Sicherheit,  kurz  seemännische  tüchtigkeit  des 
angreifers  ersetzt  werden  musz.   und  gerade  hieran  gebrach  es  den 


EAJnngfaahn:  itndien  zu  Thukydides.  357 

Fdopoimesiem  sehr^  wie  es  ja  auch  in  ihren  bisherigen  miserfolgen  zur 
aee  Uar  eq  tage  trat,  sehen  wir  uns  nach  analogem  um  auf  einem 
gehiete,  das  den  meisten  von  uns  bekannter  ist.  eine  kriegsmacht, 
deren  reiterei  nicht  in  dem  rufe  der  gewandtheit  und  gründlichen 
dnrcbhildnng  steht,  wird  wol  mit  den  massen  derselben  einen  offenen 
(drrö  TOÖ  irpoqKivoOc),  mit  aller  ruhe  und  samlung  (kqO'  f|cuxi<xv) 
nsgefthrten  angriff  machen  kGnnen  (wie  zb.  die  französische  reiterei 
unier  Napoleon  I);  aber  wenn  sie  auch  nicht  einmal  so  weit  durch- 
gebildet ist 9  dann  darf  man  von  ihr  einen  kühnen  Überfall,  einen 
wirtiicben  reiterstreich,  der,  um  den  feinden  zunächst  und  so  lange 
abnSglich  verborgen  zu  bleiben,  nicht  mit  groszen  massen  unter- 
Bomnen  werden  darf,  sondern  bei  dem  die  auf  die  reitergeschicklich- 
keit  und  Schnelligkeit  gestützte  kühnheit  den  erfolg  erringt,  ein 
«oldies  unternehmen  darf  man  von  ihr  nicht  erwarten,  ganz  ähnlich 
ntflUte  man  in  Athen  von  der  flotte  der  Peloponnesier,  und  der  er- 
folg »igte  dasz  man  recht  hatte;  denn  nichts  hinderte  die  pelopon- 
Meisehe  flottenabteilnng  an  der  erringung  des  erfolgs ,  als  das  ge- 
nde  im  angenblicke  der  entscheidnng  den  führem  vor  die  seele 
tretende  bewustsein  der  geringen  seemännischen  tüchtigkeit.  es 
idden  ihnen,  als  sei  der  wind  nicht  günstig  (welches  hindernisThuk. 
bettreitet) ;  hinterhermachte  man  gar  die  entdeckung,  dasz  die  schiffe 
oieiit  wasserdicht  seien,  athenische  seeleute  hätten  sich  bei  solchem 
«Bgnis  den  erfolg  nioht  nehmen  lassen. 

Ich  habe  diese  stelle  ausführlicher  behandelt,  weil  ich  mir  die 
idiwierigkeit  vorstellte  durchzudringen,  wenn  man  etwas  als  unbe- 
stritten geltendes  antastet  und  es  durch  etwas  besseres  ersetzen  will, 
in  dem  folgenden  falle  werde  ich  den  leser  von  der  richtigkeit  meiner 
aiidit  vi^  kürzer  überzeugen,  um  III 30  richtig  zu  verstehen,  ver- 
gegeBWliüge  man  sich  folgendes,  das  abtrünnige  Mytilene  hat  sich 
der  athenischen  flottenabteilnng  unter  Faches  bereits  übergeben 
(e,  28).  zn  spät  lang^  die  peloponnesische  hilfsflotte  an  und  ist  un- 
«eUttssig  über  die  nächsten  schritte  (c.  29).  da  fordert  der  Eleier 
Tentiaplos  die  pelop.  führer  auf,  mit  der  flotte  sogleich  auf  Mytilene 
losrasegeln  (c.  30),  und  nun  folgen  die  werte  xard  jap  tö  cIköc 
Mipähr  vcwcri  iröXiv  €xövtuiv  noM  tö  dq)uXaicT0V  €Öp/jco|i€v, 
botA  iiifev  e&Xaccav  xal  irdvu,  i^  £K€tvo(  t€  dv^XTricroi  ^inT€V^c6at 
iv  nva  cq»ia  iroX^^tov  kqI  fmuiv  f|  dXxfi  TUTX<iv€i  ^äXtCTa 
ouca  wollte  ich  die  bisherigen  erklärungen  des  letzten  satzes,  die 
tcOs  mit  teils  ohne  texte'sändemng  gemacht  worden  sind,  zusammen- 
itdlen,  so  ergäbe  das  ein  sehriftchen  von  einigem  um&nge.  es  ist 
tiae  deotnng  gerade  immer  so  unhaltbar  wie  die  andere;  daher  die 
■mge  derselben«  auch  die  in  Classens  ausgäbe  empfohlene  erklä- 
nag  von  LHerbst,  wonach  zu  f|  dXKf)  o{)ca  aus  dem  vorangehenden 
MtM  AvAmcroc,  aber  hier  in  passivem  sinne,  ergänzt  werden  soll, 
idieiBt  mir  vor  den  andern  niclits  voraus  zu  haben,  es  müste  ja  auch 
virUieh  Thnk.  seiner  von  Poppe  ihm  vindicierten  kunst  (s.  oben 
L  345)  die  gedenken  zu  verhüllen  hier  sehr  bedurft  haben,  zu  wel- 


358  EAJunghahn:  Studien  zu  Thakydidee. 

ehern  bedürfhis  man  aber  gerade  hier  nicht  den  geringsten  gnrnd 
erkennt,  genug,  keine  der  bisherigen  vielen  dentongen  ist  onbe- 
stritten  geblieben  (s.  Classen  im  anhang) ,  und  das  mit  recht,  die 
richtige  deutung  ist  leicht  erweislich,  ich  übersetze  wörtlich:  'wahr- 
scheinlich werden  wir,  da  die  leute  (die  Athener)  erst  seit  kanem 
die  Stadt  innehaben,  viel  mangel  an  Wachsamkeit  finden,  zur  see  so- 
gar  sehr  viel,  wo  jene  gar  nicht  erwarten  dasz  ihnen  irgend  ein 
feind  ttber  den  hals  kommen  dürfte  und  wo  uns  ganz  besonders 
die  abwehr  (Verteidigung)  zufällt',  dh.  also  in  einem  ele- 
mente,  wo  man  gewohnt  ist  uns  nur  defensiv,  nicht  offensiv  zu 
sehen,  zum  Verständnis  dieser  meiner  deutung  sage  ich  kein  wort 
weiter,  weise  aber  darauf  hin,  dasz  diese  bedeutnng  von  dXiaf)  aacb 
sonst  bei  Thuk.  vorkommt,  zb.  IE  84,  3  u.  lU  108,  1. 

Zu  den  stellen,  deren  erklftrung  beinahe  aufgegeben  ist,  gehört 
auch  YI  89,  6,  aus  der  rede  des  Alkibiades  in  Sparta;  Classen  (im 
anhang)  schlieszt  die  Übersicht  über  die  bisherigen  erklärungs-  resp. 
emendationsversuche  mit  der  bemerkung,  dasz  eine  völlig  genügende 
Verbesserung  der  stelle  noch  zu  erwarten  seL  ich  glaube  aher 
dasz  sie  ohne  alle  Verbesserung  einen  ganz  genügenden  sinn  gibt 
sie  lautet :  drrcl  bnMOKpaTtav  je  Kai  iT^TVaiCKOiiev  ol  (ppovoüvuc 
Ti  Kai  auTÖc  oubevöc  fiv  X€ipov  öci|i  koI  Xoiboprjcaijüi,  und  der  sinn 
ist  nach  meiner  deutung :  ^  denn  die  demokratie  kennen  ja  die  ein- 
sichtsvollen von  uns  und  besonders  ich  selbst,  da  ich  auch  mehr  als 
irgend  jemand  auf  sie  losziehen  möchte.'  in  allen  früheren  erklfi- 
rungen  ist  übersehen  worden,  dasz  ovibcvöc  &v  x^^POV  schon  zum 
relativsatze  gehört,  ein  hjperbaton  das  bei  Thuk.  gar  nicht  auffallen 
kann,  dasz  öciji  durch  ^besonders  da'  gedeckt  wird,  zeigen  viele 
stellen  (s.  Classen  zu  YI  92,  5).  der  gedanke»  dasz  die  neigung  aai 
die  volksherschafl  zu  schmähen  ein  sidieres  kriterium  daftlr  sei,  da^ 
man  sie  kenne,  entspricht  ganz  der  bittem  Stimmung  des  Alkibiadet 
und  den  neigungen  seiner  zuhörer. 

So  habe  ich  gezeigt,  was  für  misverständnisse  in  der  interpre- 
tation  des  Thuk.  selbst  bei  den  bedeutendsten  erklärem  unserer  zeit 
noch  möglich  sind,  und  zwar  auch  an  stellen,  an  denen  der  behaa- 
delte  gegenständ  kaum  über  die  fassungskrafb  eines  reifem  knaben 
hinausgehen  dürfte,  wo  also  weder  ein  widerstrebender  stoff  die 
Schwierigkeit  bereitet  noch  das  streben  des  autors  ^die  dinge  in  ihrem 
tiefsten  gründe  zu  erfassen',  die  frage,  woher  dennoch  die  Schwie- 
rigkeit rühre,  musz  wol  auf  eine  andere  weise  gelöst  werden,  es 
wird  sich  aber  aus  dem  bisher  gesagt^i  wenigstens  das  schon  erge- 
ben haben,  dasz  man  die  mühe  derjenigen,  welche  sich  mit  solchen 
fragen  beschäftigen,  nicht  für  überflüssig  erklären  soll  mit  dem  hin- 
weis  darauf,  dasz  ja  Thuk.  'ein  muster  von  klarheit'  sei. 

Der  vorliegende  anfsatz  soll  nicht  ausschlieszlich,  ja  nicht  ein- 
mal vorzugsweise  die  reden  behandeln;  ich  werde  dieselben  nur  so 
weit  berühren ,  als  es  nötig  ist  die  in  dem  frühem  au&ats  gewon- 
nenen resultate  gegen  die  geschehenen  angriffe  zu  schützen,    ich 


i 


EAJoDghahn:  stadien  zu  Thukydides.  3Ö9 

ffloa  dabei  auf  Sörgels  abweichende  meinangeii  nl&er  eingehen; 
doch  will  ich  nicht  eine  erschöpfende  anseinandersetzung  gleich  an 
dM  tpikn  steilen,  weil  durch  die  Tollständige  mitteilong  der  in  meiner 
Beoen  srbeit  gewonnenen  ergebnisse  sich  dann  manche  controversen 
kfiner  werden  erledigen  lassen,   zonfichst  genüge  folgendes. 

Sörgel  hat  von  seinem  Standpunkt  aus  ganz  recht,  wenn  er  auch 
mdae  eiste  these  ans  der  rede  des  Hermokrates  in  Eamarina  (VI  79) 
«ilbdit  denn  wenn  diese,  die  nach  meiner  ansieht  ganz  unangreif- 
btr  ist,  fiel,  so  war  für  alle  folgenden  ein  besseres  Schicksal  nicht  za 
kein,  dadurch  ist  es  mir  aber  gerade  leicht  gemacht  worden  den 
qwB  nnuEukefaren.  wenn  ich  nun  dennoch  mit  6inem  schlage  die 
süDgraifbarkeit  der  ersten  these  wiederherstelle ,  so  ist  schon  durch 
diesen  öinen  £all  die  richtigkeit  der  von  mir  gemachten  beobachtung 
giuUlafI  gemadit,  und  der  leser  wird  es  dann  der  mühe  für  wert 
bslten,  die  haltbarkeit  anch  meiner  übrigen  behauptongen  noch  ein- 
Bil  ins  ange  zu  ÜEMsen. 

Gegen  meine  behanptong ,  dasz  in  jener  rede  die  ttuszerongen, 
wdehe  nor  anf  nentralität  passen,  mit  denen,  welche  nur  von  par- 
*™^h«"^  verstanden  werden  können,  unvereinbar  seien,  bringt  8. 
two  beweise,  den  zweiten  dieser  beweise  haben  wir  schon  durch 
aeiae  erwidening  (1878  s,  692)  zusammenbrechen  sehen,  der  erstere 
wird  dieeen  angenblick  in  tirümmer  sinken.  S.s  beweis  stützt  sich 
dvinf  *dasz  eich  nentralitttt  und  anschlasz  an  den  fei^d  gar  nicht  so 
tdisrf  aneeinanderhalten  lassen y  sondern  dasz  unter  umständen 
das  6ine  veriifiltnis  ganz  von  selbst  und  unaufhaltsam  in  das  andere 
tUmgefat'  ee  gehört  ein  gewisser  mut  dazu,  mit  einem  solchen  be- 
veifle  vorsngehen,  durch  den  die  streitigen  objecto  plötzlich  in  einem 
«lies  mit  grau  verhüllenden  nebel  verschwinden  sollen,  während  doch 
die  beseiännngen  für  jene  beiden  Verhältnisse  überall  in  der  rede 
sdiirf  geeobieden  sind,  man  könnte  ebenso  gut  sagen,  dasz  schwarz 
QBd  weiss,  in  der  spräche  unterschieden,  sich  in  Wirklichkeit  gar 
skkt  so  sebarf  auseinanderhalten  lassen,  weil  unter  umständen  (zb. 
doich  ftnlniqxrocess  bei  nuszkemen)  weisz  in  schwarz  übergehe,  den 
uwiderl^e^dien  beweis,  dasz  hier  in  unvereinbarer  weise  von  neu- 
^nüüi  nnd  Parteinahme  für  Athen  die  rede  sei,  formuliere  ich  jetzt 
•0:  der  anfaag  von  c.  79  (das  feige  vorschützen  der  rechtsverbind- 
bcbkalen  gegen  beide  kriegführende)  musz  doch  auf  nentralitttt 
bcsog«!  werden,  eine  Verurteilung  diiesee  verhaltene  enthält  der 
i^hkh  folgende  abschnitt  von  §  1.  in  demselben  heiszt  es:  Hhr  habt 
ja  doi  hmid  mit  den  Athenern  geschlossen,  um  ihnen  zu  helfen 
«0oi|Betv),  fiiUs  sie  von  andern  gewalt  erleiden,  nicht  aber,  wenn  sie 
•alhst,  wie  jetst  geschieht,  anderen  gewalt  anthun/  kann  denn  hier 
fonBflv  etwas  anderes  sein  als  der  beistand  mit  Waffen?  kann 
^mn  mmb  sjmmachie,  deren  zweck  das  ßonOcTv  ist,  anders  ge- 
deckt wardan?  also  enthält  doch  der  zweite  teil  von  §  1  abmahnung 
TOB  kriegerischer  Unterstützung  Athens,  und  §  1  (bis  dbi* 
nuciv)  ergibt  in  der  kürze  folgenden  sinn:  *  wählet  nicht  die  neu* 


360  EAJunghabn:  Stadien  za  Thnkydidefl. 

tralitftt;  ihr  habt  ja  doch  die  symmachie  mit  den  Athenern  nicht 
geschlossen ,  um  ihnen  andere  mitwaffengewalt  unterdrücken 
EU  helfen.'  und  das  ist  eben  unsinn.  meine  behauptong  ist  hiermit 
80  klar  erwiesen,  dasz  ich  dem  rec.  in  seinen  weitlftufigen  aasein- 
andersetzungen  nicht  weiter  folge  und  noch  einen  beweis  hinznso- 
fügen  verschmfthe. 

Das  wesentliche  ergebnis  meiner  ersten  arbeit  ist  aLso  scboi 
durch  diesen  6inen  fall  gesichert;   ich  füge  einen  zweiten  (frOber 
nicht  behandelten)  hinzu,  weil  ich  ihn  ganz  besondere  für  einen  sol- 
chen halte,  in  dem  meine  behauptung  nicht  bestritten  werden  kann, 
die  stelle  steht  IV  92,  6,  in  der  rede  welche  Pagondas  Yor  dem 
kämpfe  bei  Delion  an  die  boiotischen  Streiter  hftlt.   er  bat  eben  von 
der  herschsucht  der  Athener  und  ihrer  gefährlichen  nachbarscbaft 
für  Boiotien  gesprochen  und  Wart  so  fort  (§  5) :  'es  pflegen  aber  die  im 
Übermütigen  kraftgefühl  ihre  nachbam  angreifenden,  wie  die  Athe- 
ner jetzt,  gegen  denjenigen,  der  sieh  ruhig  verh&lt  und  auf  Ver- 
teidigung innerhalb  seines  gebietes  beschrSnkt,  ohne  sonderlichen 
respect  zu  felde  zu  ziehen;  dem  aber,  der  über  die  grenzen  hinaus 
Torher  ihnen  entgegentritt  und ,  wenn  der  rechte  augenbliek  da  ist, 
einen  angriffskrieg  erhebt  —  diesem  stand  zu  halten  sind  sie  weniger 
bereit,  den  beweis  hiervon  haben  wir  diesen  (den  Athenern)  gegen- 
über geliefert.'   zur  erläuterung  hiervon  sollen  folgende  worte  die- 
nen: viKi'icavTec  T^p  iv  Kopuiveia  auTOuc,  ät€  Tf|v  f^v  f^Äv 
CTttctaZövTUiv  KttT^cxov,  iToXXf|v  abctav  tQ  Boiuiriqi  ^^piToübc 
KaT€CTr)ca^€V.  das  heiszt  doch  also:  *wir  Boioter  haben  in  Boio- 
t  i  e  n  die  Athener  besiegt,  als  sie  in  B  o  i  o  t  i  e  n  eingedrungen  waren* 
nimmermehr  kann  man  aus  dieser  stelle  der  rede  herauslesen,  dasz 
die  Boioter  sich  nicht  blosz  auf  Verteidigung  des  eignen  bodens  be- 
schränkten und  aus  dem  eignen  gebiete  hinaus  den  Athenern  in 
einem  angriffskriege  entgegentraten,  nimmermehr  aus  dieser  stelle; 
und  damit  ist  schon  über  sie  entschieden,    denn  könnte  wirklich 
Thuk.  gemeint  haben,  der  leser  müsse ,  um  nicht  mit  notwendigkeit 
diese  stelle  verkehrt  zu  finden,  eine  andere  (1 113)  noch  im  gediicht- 
nis  haben,  in  welcher  über  die  niederlage  bei  Koroneia  berichtet 
wird?   übrigens  würde  auch  hiermit  keine  abhilfe  gebracht  werden, 
zwar  waren  nach  I  113  die  sieger  von  Koroneia,  soweit  sie  nicht 
Lokrer  und  Euboier,  sondern  Boioter  waren,  aus  Orchomenos  ge- 
kommen,, und  80  bekäme  das  npoairavTdv  sinn;  aber  Thuk.  sagt 
nicht  dasz  sie  Orchomenier  waren,  sondern  er  bezeichnete  sie  oben  als 
politische  flücfatlinge  aller  gegen  Athen  feindlichen  Boioter;  ferner 
sagt  er  ausdrücklich,  dasz  die  Athener  diefeindseligkeiten  er- 
öffneten durch  den  feldzug,  dessen  ziel  alle  von  den  boietischen 
verbannten  besetzten  pltttze  waren,  auch  Orchomenos.  hiemach 
bliebe  sowol  ^v  tQ  dauToO  ^övov  d^uvö)Li€VOV  als  auch  1toX^^ou  äp* 
XOvra  völlig  unerklärt,    nehmen  wir  aber  auch  wirklich  an ,  nach 
I  113  könne  der  sieg  von  Koroneia  als  eine  that  der  Orchomenier 
yerstanden  werden,  und  der  autor  habe  bei  der  abfassung  von  IV  9« 


EAJunghahii:  ttadien  zu  Thnkydides.  361 

jene  stelle  ans  1 113  vor  angen  gehabt:  wer  ist  dann  mit  dem  sab- 
jeet  fiMCtc  in  vixt^cavrcc  und  KarccT^tca^ev  gemeint?  entweder 
F^ondas  ignoriert  absichtlicb ,  dasz  nicht  alle  Boioter  an  dem  siege 
•atol  hatten,  nnd  macht  ihn  jetzt,  wo  er  zu  einer  gesamtboiotischen 
tlnt  aüfTordert,  auch  zn  einem  gesamtboiotischen  —  dann  hat  das 
ti  T^  iouToO  MÖvov  äfiuvö^€VOV  keinen  sinn,  da  ja  dann  die 
ntga  Ton  Koroneia  in  ihrem  lande  waren;  oder  er  hat  mit  fmeic 
"  imbegreiflicher  weise ,  besonders  da  er  kein  Orchomenier  ist 
-*  wiridieh  den  6inen  staat  Boiotiens  im  sinne  nnd  meint,  es 
dftrfi  nieht  jeder  boiotische  staat  blosz  anf  Verteidigung  seines 
gebietes  sich  beschrSnken  —  welchen  sinn  hat  eine  solche  mah- 
lOBgliier,  wo  ja  die  streitkrftfte  des  gesamten  Boiotien  sich  schon 
to  gemeinsamer  abwehr  vereinigt  haben?  endlich  hat  auch  ttgX^- 
|iou  dpxovTO  dämm  keinen  sinn,  weil  es  aussieht  wie  eine  an  die 
Boioter  gerichtete  anffordernng  den  krieg  zu  beginnen,  wfth- 
r«d  dodi  denelbe  redner  schon  die  thatsache  stark  betont  hat, 
<liit  ja  eben  die  Athener  mit  offener  feindseligkeit  in  das  land  ein- 
^edniiigen  seien« 

Durch  die  beiden  stellen  VI  79  und  IV  92  ist  also  nnwiderleg- 
iid  erwiesen,  daaa  es  Sinnentstellungen  in  den  reden  bei  Thuk.  gibt, 
and  damit  ist  der  wesentliche  inhalt  meiner  ersten  arbeit  gesichert. 
Aber  ich  habe  andi  den  versuch  gemacht  die  Ursachen  der  entstehung 
onei  solchen  mangels  aufzufinden,  freilich  mit  der  hinzufllgung, 
^  ich  dieses  ergebnis  fttr  minder  sicher  und  minder  wichtig  halte, 
deasoch  wfirde  iäi  die  entdeckung  des  ungeschickten  redacteurs  so- 
gv  als  ein  verdienst  in  anspruch  nehmen,  wenn  ich  dürfte,  aber  die 
priorittt  gebflhrt  namhaften  herausgebem  des  Thuk.,  ein  umstand 
<ien  ich  damals  fibersehen  habe,  weil  er  nicht  gerade  in  den  reden  zu 
t^e  trat  idi  werde  einige  beispiele  dafür  anfahren,  dasz  schon  vor 
air  stellen 'ala.  in  dem  ttberlieferten  zusammenhange  sinnlos  erkannt 
od  durch  Tersetzung  verstttndlich  gemacht  worden  sind.  I  17 
iSanea.  die  werte  o\  yäQ  iy  CtxcXiqi  in\  irXeicrov  ^x^P^lcav  b\nrä- 
MOac  nicht  Terstanden  werden,  passen  aber  ganz  gut  hinter  irXflv 
Twv  iv  CoceXiqt  o.  18,  1.  femer  gibt  die  begrtlndung  in  III  32  ^  3 
▼oa  ipdivTCC  joq  bis  nopaßaXcTv  (am  ende  des  cap.)  keinen  sinn, 
vol  aber  hinter  §  1  dir€cq)oE€  toöc  ttoXXoüc  (nb*  ein  recht  klares 
bcapiel,  daei  mnenachtrftglicherandbemerkung  an  eineun- 
richtige stelle  gerathen  ist),  eine  dritte  stelle  ist  IV  68,  5,  an 
te  von  Classwi  venehiebnng  der  sfttze  vermutet  und  durch  umstel- 
tsag  dem  maagel  an  correotheit  der  gedanken  abgeholfen  wird  (alles 
alba«  über  die  drei  stellen  s.  bei  Glassen,  besonders  im  krit.  anhang). 
40  ist  denn  im  gründe  genommen  das,  was  ich  in  meiner  ersten  ar- 
beit behauptet  habe,  schon  ftüher,  und  zwar  von  namhaften  erkltt- 
nn,  ao^jeeidlt  worden,  wenn  auch  an  anderen  stellen  des  textes, 
•eaüidi  aiDnentatelhuigen,  darunter  auch  solche  durch  eine  mit  yap 
■geAgie  begrOndnng,  und  die  erklftrang  derselben  wird  auch  von 
uf  ixrtiun  beim  mechanischen  verfahren  zurflckgeftthrt.  hfttte 


362  EAJnxigfaahii:  Stadien  zn  Thtücydide«. 

ich  diese  thatsache  damals  nicbt  übersehen,  so  hfttte  ich  mich  mit 
der  antorität  jener  angesehenen  mftnner  decken  und  meine  beobach- 
langen  als  conseqoenzen  der  ihrigen  bezeichnen  kOnnen ;  Tielleicht 
dasz  dann  der  rec.  meine  untersachongen  besser  gewürdigt  hfttte. 
denn  waram  sollen  nicht  in  den  reden  die  sinnentstellnngen  ans 
denselben  gründen  entstanden  sein  wie  in  dem  übrigen  texte  ?  aber 
abgesehen  von  der  entstehung,  an  die  sinnentstellnngen  selbst  wird 
jeder  leser  nun  wol  einigen  glauben  gewonnen  haben,  nachdem  ich 
zu  den  zwei  von  mir  vorläufig  behandelten  stellen  nodi  einige  ande- 
rer beobachter  hinzugefügt  habe,    doch  freilich  selbst  diese  resuhate 
werden  noch  gegen  consequenzen ,  die  sich  aus  urteilen  des  rec  er- 
geben ,  geschützt  werden  müssen,  in  den  YOn  mir  oben  genannten 
stellen  nemlich  finden  sich  auch  einige  mit  f&p  angefügte  begrün- 
düngen,   dasz  sich  ein  satz  mit  fdip  nicht  immer  streng  logisch  an 
den  vorangehenden  anschliesze,  ist  niemandem  fremd;  aber  eine 
solche  ab  weichung  darf  doch  nur  dann  stattfinden,  wenn  der  voran- 
gehende satz  mit  solcher  prfignanz*  ausgesprochen  ist,  dass  das  zo 
begründende  leicht  mitaufgefaszt  wird ,  ohne  dasz  man  nötig  hfttte 
es  mit  werten  zu  construieren.   ist  aber  eine  spräche  denkbar,  ist 
das  überhaupt  noch  eine  spräche,  wenn  man  sogar  lange  sfttM  ein- 
stopfen musz,  um  die  folgende  begrttndung  zu  verstehen?  darf  man 
an  solchen  stellen  nicht  auf  Verderbnis  des  ursprünglich  überlieferten 
schlieszen,  dann  ist  natürlich  eine  mangelhafte  bogründnng  bei  alten 
autoren  niemals  nachweisbar;  die  phantasie  des  lesers  wird  immer  so 
viel  construieren  können,  um  einen  Zusammenhang  herzustellen,  ein 
instructives  beispiel  haben  wir  bei  Sörgel  (1878  s.  349).  ich  behaup- 
tete dasz  in  I  82  (rede  des  Archidamos)  §  6  (dTKXfj^ara  fiiv  jap 
usw.)  als  begründung  zum  vorangehenden  nicht  passe ;  Sürgel  schiebt 
folgenden  gedanken  zur  ergftnzung  ein :  *dazu  dürfen  wir  es  nimmer- 
mehr konunen  lassen,  und  wir  können  es  auch  leicht  vermeiden.' 
durch  ein  solches  interpretationsverfahren  Iftsst  sich  freilich   viel 
krummes  leicht  gerade  machen,  hiemach  dürfte  ein  alter  autor  reoen> 
senten,  die  vor  der  arbeit  ihre  guten  vorsfttze  aussprechen  wollen, 
folgende  werte  in  den  mund  legen:  *man  wird  wieder  intttmer  in 
unseren  recensionen  nachweisen  wollen:  denn  gerade  in  den  vor- 
liegenden fällen  ist  irrtum  so  gut  wie  unmöglich.'  man  würde  nicht 
behaupten  dürfen,  dass  solche  begründung  ungereimt  sei:  denn  man 
kann  ja  vor  derselben  die  obigen  werte 'Sörgels  einschieben:  *dahin 
werden  wir  es  aber  nicht  kommen  lassen,  und  wir  können  es  auch 
leicht  vermeiden.'  gewaltsamer  wird  ein  solches  interpreiationsver^ 
fahren  in  c.82  noch  dadurch,  dasz  von  den  drei  §§  4.  5.  6  joder  mit 
y&p  angehfingt  ist,  aber  in  keinem  derselben  die  begründung  us* 
mittelbaren  anschlusz  hat,  sondern  eines  davor  zu  ergftnzenden  ^e* 
dankens  bedarf,   dem  §  4  gieng  folgender  gedanke  voran:  *  treten 
wir  den  Athenern  nach  zwei,  drei  jähren  wolgerflstet  entgegen,  dana 
dürften  sie  wol  nachgibiger  sein,  solange  sie  ihr  laad  noch  nicht 
verwüstet  sehen.'    darauf  folgt  §  4:  'denn  ihr  land  dürfen  wir  nur 


KAJangfaalin:  atadien  su  Tbukydides.  36S 

als  p&nd  bekachien'  usw.    das  denn  hat  doch  nur  yerstftndnis, 

wem  wir  68  an  den  in  §  3  liegenden  gedanken  anlehnen:  *  selbst 

«olger flst et  dürfen  wir  den  krieg  nicht  mit  yerwAstang  Attikas 

begiuMB.'  dieses  springt  als  das  va  ergänzende  sofort  ins  äuge ;  also 

iit  es  nicht  möglioh  etwas  anderes  zu  ergl&nzen.   ist  non  aber  §  4 

Boek  sQslUinuig  des  falles,  dasz  die  Peloponnesier  nach  zwei  bis 

drei  jähren  w olger ttstet  den  Athenern  gegenftbertreten,  so  hat 

§  5  (ei  T^  dna^CK€U0i)  als  begrfindung  keinen  sinn,  nnd  es  mosz 

iwiidMB  §  4  nnd  §  6  wieder  etwas  hineingestopft  werden,  das  min- 

deilB,  was  erforderlich  wftre  um  die  Verbindung  herzustellen,  wftre 

dod  Mgender  gedanke:  *  wenn  wir  aber  selbst  später,  wolgerUstet, 

lidit  mit  yerwüstong  Attikas  beginnen  dürfen,  um  wie  viel  weniger 

jftit!'  wer  aber,  wie  Sörgel«  §  4  auf  den  zustand  der  nochmMigel- 

kaftsD  rllstangen  bezieht,  musz  zwar  nicht  yor  §  5,  aber  vor  §  4  auf 

diese  weise  eine  kluft  ausfüllen  (wobei  noch  der  offenbar  ganz  enge 

nssBBMBhaiig  zwischen  §  3  und  4  willkürlich  zerrissen  wird).   iJs 

eine  solche  esgänznng  musz  man  Sörgels  werte  (s.  348)  ansehen: 

'ob  keinen  preis  also  wollen  wir  gleich  jetzt  angreifen  und  zum 

iBstenten  schreiten,  was  wir  unter  den  gegenwärtigen  Verhältnissen 

tkn  kganen,  nemlich  zur  Verwüstung  Attikas,  weU  dies  noch  keine 

estaehsidung  bringt.'    zwischen  Sörgel  nnd  mir  ist  hiemach  in 

nama  fdgende  differenz  über  I  82  (und  auch  sonst  noch  öfter): 

die  gedanken,  welche  ich  im  texte  des  Thuk.  vermisse,  leiht  er  dem- 

leibaL  wenn  das  von  ihm  zur  ergänzung  eingefügte  im  texte  zu 

fizdea  wäie ,  dann  wäre  es  mir  tddt  eingefallen  an  demselben  aus- 

^eUoBgen  zu  machen.  •—  Wer  Söigels  ergänzungsverfahren  billigt, 

te  weideii  auch  seine  sonstigen  ausführungen  über  I  82  (s.  347 — 

353)  zsMJgen;  ich  aber,  der  id  von  der  Voraussetzung  auegehe,  dasz 

Midies  verfahr^i  in  keiner  spräche  denkbar  sei,  brauche  midi  nun 

io  weitere  Widerlegungen  nicht  einzulassen. 

Gewis  also  hatten  die  herausgeber  recht  in  den  oben  genannten 
fMm  aüze  ab  an  fidsehem  platze  befindlich  nachzuweisen,  und  die 
■ite  mit  T^  durften  hiervon  keine  ausnähme  machen,  offenbar 
«W  ^bt  ee  noch  eine  anzahl  stellen,  an  denen  jene  beobachtung 
*^  nittdeetens  ebenso  stark,  wenn  nicht  noch  stärker  aufdrängt 
ifih  wiUe  zunächst  einige  aus  dem  prooemiuio.  so  ist  1 8, 3  gezeigt, 
dasi  die  kfletenbewohner  bei  wachsendem  wolstande  auch  für  ge- 
•etoten  wohnplätse  sorgten,  ja  dasz  die  wolhabenderen  sogar 
Basen  tun  schütze  bauten«  jetzt  folgt  eine  begründung:  'denn  ge- 
rate! von  dean  verUmgen  nach  gewinn  ertrugen  die  schwächeren  die 
•UsTini  der  stärkeren,  nnd  die  mächtigeren,  gestützt  auf  ihren 
ibaftnsi^  machten  sich  die  schwächeren  städte  unterwürfig.'  das 
«t  do^  sicherlich  eine  seltsame  begründung  fär  die  Sicherung  der 
•oliBstätten  und  den  mauerbau.  prüfen  wir  aber  einmal  den  zu- 
wmsnhang  folgender  sätse:  'die  städte,  welche  zuletzt  gegründet 
«vdcn  und  sn  der  seit  da  es  schon  mehr  seeCahrt  gab,  die  hatten 
<*^cr  mehr  geldmittel  zu  verfügen  und  wurden  unmittelbar  an  der 


364  EAJangbahn:  stadien  zu  Thokydides. 

küste  als  befestigte  stftdte  gegründet,  und  sie  nahmen  besitz  von 
den  landengen  sowol  za  handelszwecken  als  aach  wegen  der  macht, 
die  jeder  gegen  seine  nachbam  entfalten  wollte,  denn  geleitet  tob 
dem  verlangen  nach  gewinn  ertrugen  sowol  die  schwftcheren  die 
Sklaverei  der  stärkeren,  als  anch  machten  die  mBchÜgeren,  gestützt 
auf  ihre  mittel,  sich  die  schwächeren  stttdte  unterwürfig/  so  hat 
doch  die  begründung  mit  f&p  eine  sichere  stütze  in  dem  vorauf- 
gehenden begriffe  *  macht',  dieser  gedanke  ergibt  sich,  wenn  man 
annimt  dasz  die  werte  d<pt^^€VOi  y&p  an  den  anfang  von  c  7  (hin- 
ter icxöoc)  gehören. 

Noch  eine  stelle  ans  dem  prooemium.   c.  23  ist  mit  e.  21  is 
dem  allerengsten  zusammenhange;  beide  führen  den  gedanken  ans, 
dasz  der  peloponnesische  krieg  durch  grüsze  und  bedeutong  alle 
früheren  überrage,   dieser  enge  Zusammenhang  bedarf  keines  nach- 
weises  und  dürfte  schwerlich  bestritten  werden  (s.  Olassen  zu  e.  23, 1). 
ja,  wie  kommt  denn  aber  mitten  hinein  in  diesen  gegenständ  das 
c.  22,  welches  die  Versicherung  des  antors  enthält,  dasz  er  sowol  in 
den  eingelegten  reden  als  auch  in  mitteilnng  der  begebenheiten  mög- 
lichst nach  historischer  treue  gestrebt  habe?  so  fragte  ich  mich  ver- 
gebens und  suchte  erwartungsvoll  aufschlusz  bei  den  erkllrem.  der 
einzige  Krüger  hat  von  der  Schwierigkeit  notiz  genommen  und  er* 
klftrt  kurz  und  einfach,  das  c.  22  sei  nicht  recht  an  seiner  stelle. 
keine  behauptung  kann  richtiger  sein;  dennoch  ist  der  versuch  ge- 
macht worden  ihn  zu  widerlegen.  Classen  (zu  I  21)  erklärt  Krüger^ 
bemerkung  darum  für  unbegründet,  weil  'die  worte  6  itöXcmoc 
oiJtoc  .  .  bn^^cci  ^^^  ^^®  ^°^  folgende  erzählung  des  ganzen  krie 
ges  hinweisen,  und  nachdem  zuerst  ihr  eindruck  im  ganzen  aus 
gesprochen  sei,  folge  c.  22  .  •  .  die  Charakterisierung  ihrer  beider^! 
hauptteile,  der  XÖTOi  und  der  fyya^  von  welcher  dann  c.  33  zur! 
nähern  betrachtung  des  allgemeinen  Urteils  ()li€(Zuiv  T€T€vnM^vocj 
auTiBv)  zurückkehre/  die  achtung  vor  einem  so  hochverdienten  her-j 
ausgeber  wie  Classen  erfordert  auf  seine  Widerlegung  einzugehen  ; 
wenn  auch  viele  sagen  werden,  dasz  gegenüber  einer  so  klaren  sache,! 
wie  sie  hier  Krüger  vertritt,  jede  Widerlegung  von  vom  herein  al>i 
gescheitert  anzusehen  sei.  sehen  wir  zu,  worauf  Classens  Widerlegung 
einzig  und  allein  sich  stützt,   er  stellt  die  von  Krüger  bestritten  ti 
Zusammengehörigkeit  des  o.  22  mit  dem  anstoszenden  texte  dadun*h 
her,  dasz  er  dem  einen  der  auf  einander  zu  beziehenden  objecto  dur«. :  \ 
deutung  den ,  wie  er  meint ,  richtigen  Inhalt  gibt,   er  sagt  nemlicfa  i 
«6  iTÖXe^oc  oiÜTOC  •  •  ön^^cei  weise  auf  die  nun  folgende  enählun ,{ 
des  ganzen  krieges  hin.»   er  kann  also  nur  meinen,  da  Thuk.  hut 
von  seinem  werke  über  den  pelop.  krieg  spreche,  c.22  aber  von  dv^i 
teilen  eben  dieses  Werkes  handle,  so  sei  c.  22  eine  in  diesem  zusatnl 
menhang  verständliche  einfügung  und  hiemach  e.  23  eine  passen«  rH 
wiederaufnähme  des  Schlusses  von  c.  21 .   dagegen  musz  aber  doc } 
sofort  eingewendet  werden,  dasz  in  c.  21  weder  von  des  Thuk.  noc  j 
sonst  irgend  jemandes  werke  weder  die  rede  ist  noch  eine  andeutun  j 


EAJnnglialm:  Stadien  zu  Thakydidee.  365 

sidi  findet  die  worte  ö  Tr6X€|ioc  oStoc  . .  öt]Xu)C€1  usw.  kOnnen  ja  nichts 
anderes  bedeuten  als :  *  wer  sich  durch  die  bei  vergleichung  jüngst- 
Tei]giognier  kriege  mit  denen  der  vorzeit  gewöhnlichen  Yorarteile 
aidit  leiten  Uszt,  sondern  die  thatsachen  selbst  ins  äuge  faszt, 
der  wild  finden  dasn  dieser  krieg  bedeutender  ist  als  die  früheren.' 
wirani  sollen  wir  denn  verstehen  'die  thatsachen  in  meiner  nun  fol- 
gendoi  darBtellong*  ?  es  fehlt  ja  jede  andeutung,  dasz  Thuk.  sich  in 
sdnem  urteil  über  grosse  und  bedeutnng  der  Tatsachen  des  pelop. 
kii^g«  mit  iigend  einem  andern,  der  sie  etwa  als  minder  bedeutend 
kisrtelle,.iffi  Widerspruch  seL  nicht  durch  eine  solche  meinungsver- 
•duedsaheit  war  bei  vergleichung  der  grösze  des  pelop.  krieges  und 
der  frfilieren  kriege  ein  falsches  ergebnis  entstanden,  sondern  durch 
die  onhchtige  aufiassung  der  grösze  der  früheren  kriege,  es  ist  hier- 
sieh  loch  eine  gaas  unhaltbare  meinnng,  dasz  an  den  stellen,  wo 
TOB  der  Torwiegenden  grösze  und  bedeutung  des  pelop.  krieges  ge- 
bsdslt  wild  (ende  o.  21  u.  anL  e.  23),  ^der  eindruck  der  er  Zäh- 
lung im  ganzen  ausgesprochen  sei',  nnd  die  thatsache  dasz  an  die- 
len beiden  stellen  nnr  Yon  der  grösze  des  pelop.  krieges,  in  dem 
dttwischenliegenden  c.  22  aber  nur  ¥on  der  angestrebten  historischen 
trene  im  gesohichtswerke  des  Thuk.  gesprochen  wird,  also  yon  einem 
Tdilig  verschiedflnen  gegenstände,  bleibt  unerschflttert. 

Wollte  nun  aber  jemand  noch  zu  der  viel  angewandten  ultima 
ntio  der  Interpretation  schwieriger  stellen  bei  Thük.  schreiten,  zur 
erginsDng  einee  gedankens,  natürlich  zwischen  c.  21  und  22,  so 
ktente  dieser  etwa  so  lauten:  *nnd  die  thatsachen  des  pelop.  krieges 
vird  msD  nirgends  besser  als  bei  mir  dargestellt  finden.'  nun  an- 
«cUbsz  von  c  22 :  *ich  habe  mich  dabei  so  viel  als  möglich  der  histo- 
naeben  treoe  befleiszigt'  aber  auch  eine  solche  erklftrung  wttre  doch 
nv  mfi^ich,  wenn  der  zweite  teil  von  c.  22,  von  t&  b*  igrfa  an, 
ficb  sn  das  ende  von  c.  21  anschlösse,  nun  aber  folgt  auf  c.  21, 
TfiUig  nbmpi,  sogleich  der  aufschlusz  über  die  in  das  geschichtswerk 
o^g^igten  reden,  kurz,  Krüger  ist  hier  nicht  widerlegt  worden  und 
^  nicht  widerlegt  werden. 

Hiermit  meine  ich  gezeigt  zu  haben,  dasz  die  offenbaren  irr- 
ste«, welche  nach  unserer  ausdrucksweise  redactionsirrtümer  oder 
>eU«rfflUer  genannt  werden  könnten,  zahlreicher  sind,  als  man  bis- 
^  aagoionunen  hat;  und  es  lassen  sich  sogar  noch  mehr  derartige 
Mlea  akamen. 

Mancher  leeer,  der  die  richtigkeit  der  obigen  beobachtungen 
■odi  agibt,  wird  vielleicht  dennoch  sagen:  'nun  gut;  das  sind  einige 
>Kkt  vcm  antor  ausgegangene  Irrtümer;  dafür  verdient  sein  Schrei- 
ber oder  wer  immer  seinen  willen  schlecht  ausgeführt  hat,  ernsten 
^>deL  aber  was  der  antor  gewollt  hat,  sieht  doch  jeder,  und  seine 
"spribigliche  meinung  läszt  sich  aus  dem  dastehenden  leicht  con« 
sMmcb«  man  lasse  es  also  dabei  bewenden.'  dasselbe  würde  ich 
«cb  sngen,  wenn  ich  nicht  noch  eine  ansahl  von  Ungereimtheiten 
P^ttmim  hfttte,  die    sich   durch   blosse  Umstellung  eines  satzos 


366  EAJanghahn:  Stadien  zu  Tkokydidet. 

nicht  beseitigen  lassen,   davon  will  ich  eine  und  die  anders  probe 
geben. 

In  der  episode  über  die  Peisistratiden  VI  64  ff.  kommt  der 
antor  auf  den  schon  früher  von  ihm  gerügten  historischen  irrtam 
der  Athener  zurück ,  wonach  gemeinhin  Hipparohoe,  der  ermordete 
söhn  des  Peisistratos ,  für  den  ftltesten  von  dessen  söhnen  nnd  fllr 
seinen  nftchsten  nachfolger  in  der  tyrannis  gehalten  werde,    dan 
dieser  aber  Hippias,  nicht  Hipparchos  gewesen  sei,  versichert  Thok., 
da  er  es  aus  mitteilungen  wisse,  überläszt  aber  auch  dem  leaer  aus 
folgendem  sich  die  Überzeugung  selbst  zu  verschaffen:  auf  derseole, 
die  zum  gedftchtnis  an  den  tyrannendruck  auf  der  Akropolis  orrichtet 
sei,  fiinden  sich  fünf  kinder  des  Hippias  erw&hnt,  kinder  seiner  bei- 
den brüder,  des  Hipparchos  und  des  Thessalos,  aber  keine,  ein  be- 
weis dasz  Hippias  wol  zuerst  von  seinen  brüdem  geheiratet  habe, 
also  der  älteste  gewesen  sei.  ich  will  hier  die  schwftohe  eines  sol- 
chen beweises  nicht  beleuchten,  die  ja  augenfällig  ist,  besonders 
nach  der  Versicherung  des  autors,  dasz  er  die  thatsache  aus  mittei- 
lungen  genau  wisse,  jedenfalls  aber  ist  der  nun  folgende  beweis  er- 
staunlich.   'auf  derselben  seule'  so  ffthrt  er  fort  *fo^  der  name  des 
Hippias  sofort  auf  den  des  vaters,  auch  dieses  nicht  ohne  gmnd 
(auch  dieses  sehr  begreiflicher  weise,  oöbi  toOto  direotKÖTUic),  weil 
er  der  Slteste  war  und  deswegen  auch  zur  regierung  kam.'   wo  gibt 
es  etwas  ähnliches  von  beweis  in  einem  geschichtswerke?  ich  glaubt» 
nirgends,   ich  werde  versuchen  diesen  beweis  durch  einen  erdich- 
teten  fall  aus  dem  tftglichen  leben  zu  illustrieren,   ich  denke  mir 
dasz  jemand  an  einem  wintermorgen  das  zimmer  noch  nicht  verlassen 
habe  und  an  das  fenster  tretend  zu  den  in  gleicher  lage'b^ndlichen 
seinigen  folgendes  sage:  'es  hat  heute  nacht  stark  gefroren ;  das  habe 
ich  heute  schon  von  mehreren  (vom  brieftrüger  ua.)  glaubhaft  er* 
fahren,  auszerdem  aber  könnt  ihr  es  auch  aus  folgendem  schlieszen : 
die  knaben,  die  ihr  dranszen  über  das  eis  gleiten  seht,  tragen  hand- 
schuhe,  und  sie  bewegen  sich  auf  dem  eise,  welches  gestern  noch 
gar  nicht  vorhanden  war.  begreiflicher  weise  ist  auch  dieses  letztere 
eine  einwirkung  des  frostes.'   habe  ich  hiermit  etwa  übertrieben? 

Obwol  das  Iftcherliche  jenes  beweises  auf  der  band  liegt,  so  ent- 
halte ich  mich  jetzt  noch  jedes  Schlusses  über  die  autorsd^afL  nur 
darauf  will  ich  aufmerksam  machen,  dasz  auch  hier  wieder  ein  filr 
den  sprachlichen  ausdruck  keineswegs  schwieriger  gegenständ  vor* 
liegt,  ich  kenne  die  einwände,  die  sogar  von  wolwollender  seite  ge- 
bracht  werden,  man  wird  vielleicht  einwenden,  dasz  gerade  hitr 
flüchtigkeit  des  denkens  eher  begangen  werden  konnte,  weil  es  sicL 
um  keinen  schwierigen  gegenständ  handle,  während  im  entgegen- 
gesetzten falle  dieselbe  durch  gröszere  anspannung  verhütet  worden 
wäre,  einer  solchen  meinung  müste  ich  entgegenhalten,  dasz  docii 
diese  wenn  auch  sprachlich  leichte  stelle  dem  autor  sehr  widitic 
scheinen  muste:  denn  er  will  hier  seinem  publicum  einen  beweis 
seiner  kritischen  fllhigkeit  geben,  nachdem  er  durch  den  vorwarf  de  ^ 


EAJuoghahn:  Stadien  lu  Thokydides.  367 

aiageb  derselben  seine  Vorgänger  angegriffen  nnd  seine  zeitgenos« 
m  fatraosgefordert  hat  (c  54,  1).  an  solchen  stellen  pflegt  man 
doch  idir  vorsiehtig  zu  sein,  um  dem  heransgeforderten  nidbt  eine 
Utes  in  geben,  aber  JÜinliche  gedankenlosigkeit  kommt  anch  vor 
is  einsm  teile  des  werkes,  der  seinem  wesen  nach  ganz  besonders 
Hehtigkeit  des  denkens  ansschlieszen  mnaa.  ich  meine  die  partie 
m  82 — 84,  die  in  noch  höherem  grade,  als  die  eingelegten  reden, 
qoistsssens  der  die  geschiohtschreibnng  begleitenden  reflezionen 
kt,  und  die  den  deuUichsten  keim  eines  Versuches  der  philosophie 
der  gssehiehte  zeigt,  es  sind  betraohtungen,  durch  die  Thuk.  mehr 
üt  dareh  den  beriefat  über  die  thatsachen  bewunderer  gefunden  und 
iea  saspraefa  lAr  sein  werk,  dasz  es  ein  icriijLia  ic  äei  sein  solle, 
QBteretlltzt  hat.  jene  capitel,  angeknttpt  an  den  grauenvollen  partei- 
kimpf  in  Kerkyra,  enthalten  betraohtungen  über  die  natnr  des  men- 
adwa  und  der  Staaten,  über  die  notwendigen  Wandlungen  derselben 
BBter  gewissen  gegebenen  bedingungen  udgL  seine  theorie  erläutert 
TküL  hier  mit  hilfe  einiger  mit  Vorliebe  von  ihm  angewandter  be- 
gnis:  smkehmng  der  Verhältnisse,  rollentausch,  an  einer  langen 
reihe  von  erecheinungen  zeigt  er  die  verschiedenen  formen  dieser 
ankfibroBg  unter  dem  einflusse  des  krioges.  zb.  statt  der  gerech- 
tigkeit  und  des  Staatsinteresses  wurde  persönliche  neigung  und  ab- 
adgug  motiv  zum  handeln,  an  stelle  der  ehrlichkeit  galt  ver- 
«luiitztheit  als  vonug*  in  einem  solchen  Zusammenhang  also  lesen 
vir  e.  83,  3:  'lente  von  geringerer  einsieht  trugen  meistens  aber  die 
pitüg  ttlchtigeren  den  sieg  davon.'  dürften  wir  uns  ans  der  hinzu- 
gvAgttn  begrOndiuig  dasjenige  auswählen,  was  zur  erklärung  einer  so 
■erkwflrdigen  beoDachtung  nötig  ist,  so  würden  wir  uns  für  folgende 
itoe  entecheiden;  *denn  jene  (die  weniger  intelligenten),  im  bewust- 
Kio  ihres  mangels  und  im  hinblick  auf  die  geistige  Überlegenheit 
der  gegner,  warteten  eine  entscheidung,  in  der  gründe  den  sieg  ver- 
leihe, gar  nicht  erst  ab,  sondern  schritten  sofort  zur  that,  diu  also 
iai  gewalt;  jene  dagegen  (die  einsichtsvollen)  verschmähten  im  be- 
vsstseia  ihrer  Überlegenheit  dasjenige  durch  gewalt  zu  erlangen, 
«IS  ihrer  meinung  nach  durch  darlegung  der  »ohtsgründe  erreich- 
bar war,  und  so  wurden  sie  von  jenen  überrascht  und  vernichtet.' 
dae  vire  ein  gesunder  gedanke,  wenn  man  auch  im  stillen  sich  wun- 
dtm  kann,  dasz  die  intelligenten  den  geist  ihrer  zeit  nicht  besser 
DegnÜBn  als  die  leute  geringerer  einsieht,  wir  wollen  nicht  sagen, 
^  jne  früher  losschlagen  sollten  —  denn  dazu  mögen  sie  als  ver- 
i'Her  des  bessern  in  der  mensdiennatur  zu  edel  gewesen  sein  — , 
^  als  geistig  überlegene  hätten  sie  es  doch  verstehen  sollen,  sich 
"«»gilsBs  gegen  einen  tückischen  Überfall  zu  schützen,  es  scheint 
^»  das  i^  edelmut  sie  auch  arglos  gemacht  hat.  so  weit  läszt 
^  die  lache  begreifen;  man  neht  ein,  dasz  auf  diese  weise  wol 
^^Mmai  die  klugen  den  dummen  erliegen  können,  aber  ist  es  denk- 
et das  eine  und  die  andere  schmerzliche  lehre  der  art  bei  ihnen 
^'^chlloa  blieb  und  dasz  bei  den  noch  folgenden  conflicten  meistens 


368  EAJimghalm:  Btudien  sa  Thakydides. 

wieder  die  klügeren  sich  überraschen  lieszen  und  Temichiet  wur- 
den? ein  tückischer  Überfall  auf  die  intelligenten  kann  doch  nicht 
öfter  gelingen;  eine  solche  arglosigkeit  wftre  doch  mit  der  ihnen  za- 
geschriebenen  irvui^Hi  ^^^  £uv6töv  und  dem  ncXürpoTTOV  unverein- 
bar. —  Was  soll  man  aber  nun  gar  sagen,  wenn  man  aus  dem  grie- 
chischen texte  ersieht,  dasz  man  sich  die  klugen  durchaus  nicht  ab 
arglos  denken  darf?  sie  denken  ja  an  die  mOglichkeit  eines  gewalt* 
Streiches  von  jener  seite,  meinen  aber  in  stolzer  Verachtung,  sie 
würden  es  noch  zeitig  genug  merken ,  um  sich  schützen  su  künnen 
(KOTCuppovouvTCC  K&v  TTpotticOccOai).  der  grund,  warum  sie  md- 
stens  unterlagen,  war  also  falsche  speculation,  und  das  ist  doch  un- 
begreiflich, es  kann  wol  dem  klugen  einmal  passieren,  dasz  er  aus 
selbstübersdifttzung  die  klugheit  des  gegners  zu  gering  taxiert  und 
von  ihm  überlistet  wird,  aber  warum  sollen  denn  gerade  die  krie- 
gerischen Verhältnisse,  und  speciell  die  des  peloponnesischen  kriege&, 
es  zu  wege  bringen,  dasz  der  dumme  richtig  speculiert,  indem  er, 
vom  klugen  natürlich  Überrumpelung  erwartend  {\xi\ . .  ^k  toC  iroXu- 
irpönou  a^rrcDv  rfic  Tvuijinc  q>6dcujci  TrpocTrißouXeuÖMCVOi) ,  darum 
ihm  zuvorkommt  und  ihn  überrumpelt  und  niederwirft,  wfthrend 
der  kluge  sich  in  dem  glauben,  dasz  es  ihm  bei  seiner  klugheit  nicht 
begegnen  könne  überrumpelt  zu  werden,  verrechnet  und  so  die  vor- 
sieht versäumt  und  dem  Überfall  erliegt?  ich  frage:  wie  soll  denn 
gerade  der  pelop.  krieg  dazu  beigetragen  haben,  dasz  der  dumme 
richtig  und  der  kluge  falsch  speoulierte,  und  nun  gar,  daas  die- 
ses meistenteils  der  fall  war?  nach  dieser  reflexion,  wie  sie  in 
m  83,  3  u.  4  vorliegt,  müsten  auch  zu  jeder  andern  zeit  bei  oonflic- 
ten  die  dummen  über  die  klugen  meistens  siegen  (nb.  die  ausdrücke 
klug  und  dumm  habe  ich  der  kürze  wegen  gebraucht;  sie  sind  be> 
rechtigt  durch  qKXuXÖTcpoi  TVuijinVf  tö  Suveröv  ua.). 

So  zeigen  also  die  reflexionen  in  lU  83,  3  f.  einen  verkehrten 
gedanken.  sollen  wir  nun  da^enige,  wodurch  der  Widersinn  ent* 
steht^  für  interpolation  ansehfn? 

Mancher  wird  vielleicht  beim  lesen  der  bisherigen  darlegongen 
die  Vermutung  gehabt  haben,  dasz  ich  gerades  weges  auf  den  nach- 
weis  von  interpolationen  als  mein  ziel  lossteuere,  ich  glaube  nicht 
dasz  durch  annähme  der  interpolation  die  räthsel ,  welche  sich  dem 
leser  des  Thuk.  entgegenstellen,  gelöst  werden  können,  bis  jetzt 
sind  zwei  stellen  von  gröszerem  umfang  als  interpolationen  bezeich- 
net worden:  die  eine,  III  84,  schon  im  altertum,  die  andere,  III  17, 
in  neuerer  zeit,  liesze  man  die  gründe,  mit  denen  die  behauptong 
der  interpolation  gestützt  wird,  gelten,  dann  müsteaus  denselben 
gründen  ein  sehr  groszer  teil  des  überlieferten  Werkes  gestrichen 
werden,  die  gründe  sind  zum  gröszem  teil  vom  sprachgebrauche 
hergenommen,  wie  kann  man  aber  bei  Thuk.  eine  stelle  dämm  an- 
fechten, weil  sie  ein  oder  das  andere  wort  in  einer  damals  noch  nicht 
nachweisbaren  bedeutung  enthält,  da  doch  bekanntlich  eine  menge 
von  Wörtern  belThuk.  sich  findet,  die  erst  mehrere  Jahrhunderte  später 


EAJanghahn:  Stadien  zu  Thukydides.  369 

T«B  gxiacbidefaen  aatoren  gebraucht,  von  ihnen  nachgeahmt  werden, 
wie  die  hgg.  sehr  oft  erwähnen ;  ja  es  gibt  sogar  eine  menge  unica 
beiThnk.   darum  hat  auch  Arnold  recht,  wenn  er  das  erst  nach 
Thik.  nachweisbare  Yorkommen  von  iräOoc  in  der  bedeutung  Uei- 
deuBchafi'  als  beweis  der  unechtheit  von  III  84  nicht  gelten  läszt. 
erfragt  mit  recht ,  warum  nicht  spätere,  wie  in  so  vielem,  so  auch 
kiena  dem  Thuk.  nachgeahmt  haben  sollten,   was  femer  die  sach- 
lüchca  gründe  anbetrifft,  welche  man  gegen  die  echtheit  der  beiden 
ofRiel  aoffthrt,  so  bemerke  ich  zu  DI  17,  dasz  nichtübereinstimmung 
der  aUenaogaben  bei  alten  geschichtschreibem ,  zb.  Herodot,  doch 
oft  aaders  erklärt  worden  ist  als  durch  interpolation ,  also  durch 
jijgmA  welchen  irrtum  des  autors  selbst  oder  der  Schreiber  beim 
fl]>ertragen  der  Zahlzeichen;  und  der  hinweis  auf  die  dürftigkeit  der 
rdezion  in  c.  84  (s.  Classen  im  anhang)  ist  nicht  wirksam  genug 
cjr  die  interpolation  glaublich  zu  machen,  nachdem  ich  in  dieser 
cad  in  der  vorigen  arbeit  gezeigt  habe,  dasz  bei  Thuk.  eine  menge 
nidit  nur  rweckloser,  sondern  ganz  zweckwidriger  und  verkehrter 
reSexioiien  zu  finden  ist.   können  diese  alle  Interpolationen  sein? 
tutk  wird  sagen:  'nur  diejenigen  wo  spräche  und  gedanken  befrem- 
doL'  hiernach  mflste  sofort  auch  m  83  interpolation  sein:  denn 
Maaer  der  oben  nachgewiesenen  Verkehrtheit  in  den  gedanken  ist 
t&znftliren,  dasz  KOXOTpOTria  und  äq)paKTOC  erst  in  später  prosa 
CAcbweisbar  sind  (letzteres  auch  bei  dichtem),  diesem  capitel  müsten 
«mn  aber  noch  sehr  viele  folgen,  doch  diese  sache  wird  unten  gründ- 
Ldicr  behandelt  werden  können,  wenn  wir  uns  eingehend  mit  der 
ipraebe  beschäftigen  werden,  dann  wird  sich  erweisen,  dasz  die  bei- 
den iiicriminierten  capitel  (III  17  u.  84)  die  auffallenden  eigentttm- 
iichkeiten  eines  sehr  groezen  teiles  des  gesamtwerkes  tragen.  ^ 

Indem  ich  nun  zu  den  beweisen  übergehe,  welche  sich  auf  die 
Uobaditongen  der  spräche  des  Thuk.  stützen,  bin  ich  mir  bewust 
mich  aof  ein  gebiet  von  räthseln  begeben  zu  haben,  das  ist  freilich 
citht  allen  so  ergangen,  welche  uns  über  die  spräche  bei  Thuk.  auf- 
sdüaaz  geben,  die  firage,  wie  man  sich  die  so  zahlreichen  und  auf- 
falWdcn  Abweichungen  der  attischen  prosa  dieses  autors  von  der 
Miaer  Zeitgenossen  erklären  solle,  scheint  aus  der  weit  geschafPt, 
rätdem  der  sata  aufgestellt  ist,  eine  solche  frage  sei  unberechtigt, 
Cftja  attisch  schreibende  zeitgenössische  historiker  nicht  auf  uns  ge- 
»Mimen  seien  und  somit  uns  der  maszstab  der  vergleichung  fehle. 
&a  kann  mich  nicht  überzeugen,  dasz  es  richtig  sei  eine  solche  schei- 
Uf^nnd  zwischen  den  gattungen  der  prosaischen  litteratur  zu  ziehen, 
risabe  vielmehr  dasz,  wenn  ein  autor  einmal  den  entschlusz  faszte 
US  attischen  statt  des  früher  gebräuchlichen  ionischen  dialektes  in 
geschichtswerke  anzuwenden ,  er  es  in  der  meinung  gethan 
er  seinem  attischen  leser  nicht  minder  verständlich  sei  als 
,  welcher  die  von  ihm  gehaltenen  reden  im  heimischen 
•lolekt  niedergeschrieben  dem  publicum  übergab,  ebendarum  meine 

fitf  elMS.  philol.  1879  hn.  5  0.  6.  24 


370  EAJuoghahn :  Stadien  zn  Thukjdides. 

ich  dasz  man  die  spräche  des  Thuk.,  wenn  auch  des  historikers,  duc:: 
in  den  reden  des  Zeitgenossen  Antiphon  (soweit  ihre  echtbeit  nich' 
bezweifelt  ist)  wiedererkennen  müste,  dessen  schttler  Thuk.  ja  ge- 
wesen ist,  und  besonders  die  reden  bei  Thuk.  müsten  doch  mit  den 
reden  jenes  in  vergleich  kommen  dürfen,  da  sie  ja  einen  nicht  un- 
bedeutenden teil  des  gesamtwerkes  ausmachen,  aber  auch  die  echtpc 
werke  des  Lysias  und  Xenophon,  der  wenn  auch  jüngeren  zeitg« 
nossen  des  Thuk.,  werden  wir  bei  der  vergleichung  mit  heranziehen 
dürfen,  man  könnte  doch  erwarten,  dasz  natürlicher  weise  di^ 
spräche  des  Thuk.  von  der  jener  wirklichen  und  ungeftfaren  Zeitge- 
nossen wenig  verschieden  sei.  und  fKnde  eine  solche  meinung  nicL- 
ihre  bestätigung  darin,  dasz  ja  jeder  von  uns  mit  seiner  kenntn^ 
der  attischen  prosa,  die  er  aus  den  reden  des  Lysias  erwarb,  getr* 
sich  an  die  der  zeit  nach  benachbarten  prosaiker,  zb.  an  Flaton. 
machen  darf,  ohne  vielen  abweichnngen  in  der  spräche  za  beg^: 
nen?  nun  zeigt  aber  die  spräche  des  Thuk.  von  der  der  geDanü 
ten  prosaiker  sehr  viele  und  sehr  erhebliche  abweichnngen.  fll^i 
diese  ist  sehr  verschieden  geurteilt  worden ;  zum  teil  wurden  sie  sos-a 
von  denen,  die  im  ganzen  dem  urteil  des  Dionysios  von  Halikarna  i 
folgten^  für  soloikismen  (Beiske:  ^abscheuliche  Sprachschnitzer'  r 
kl&rt.  in  neuerer  zeit  ist  dieses  urteil  wieder  in  das  gegenteil  mn 
geschlagen ,  und  man  sieht  in  den  besonderheiten  der  spräche  d^ 
Thuk.  die  das  hergebrachte  verschmähende,  kraftbegabte  geaiali^  I 
des  selbstftndigen  sprachbildners ,  nicht  ohne  scharfe  seitenfaieb 
gegen  Dionysios  und  bittere  bemerkungen  über  Beiske.  doch  b» 
gegnete  ich  hie  und  da  auch  einer  vermittelnden  richtung.  eim:: 
unserer  jetzt  lebenden  gelehrten  mögen  sich  beim  anbliok  idler  wur 
derlichkeiten  der  Thuk.  diction  nicht  zu  der  oben  erwähnten  bew^:i 
derung  hinreiszen  lassen,  ohne  jedoch  dem  Dionysios  und  de^^'l 
gesinnungsgenossen  beizustimmen ,  und  meinen  den  scblüssel  in  d^ 
langen  Verbannung  des  Thuk.  von  Athen  gefunden  zu  haben,  welcj 
ihn  hinderte  die  entwicklung  der  attischen  prQsa  mitzumachen. 

Es  ist  nicht  meine  aufgäbe,  mich  hier  sofort  für  oder  widere!^ 
jener  meinungen  zu  ttuszem,  besonders  da  sie  hervorgiengen  ans  dt  i 
streben  festzustellen,  ob  Thuk.  ein  gutes  oder  ein  schlechtes  atti^' 
geschrieben  habe;  meine  aufgäbe  ist  zunächst  eine  ganz  andere,  i' 
dieselbe  genau  bezeichnen  zu  können ,  musz  ich  in  aller  küne  ^\ 
hervorstechendsten  eigentümlichkeiten  der  spräche  des  Thuk.  n^t 
haft  machen,  den  leser,  der  eines  weitem  hierüber  bedürfen  s<V.* 
auf  Poppos  Zusammenstellungen  (proleg.  s.  238)  und  die  in  den  a  i 
gaben  von  Böhme,  Classen  und  Stahl  verweisend,  ftlr  meinen  zw^  i 
genügt  folgendes. 

Werfen  wir  einen  blick  auf  diese  Wörter,  die  ich  nach  me:u 
notizen  von  überallher  aus  dem  texte  des  Thuk.  nehme:  i\  drrobo^ 
f\  dxpilMGiTfa,  f)  KUiXufiiii  ^  TrapäXoToc,  6  Mcrd^cXoc,  ö  KaOaip^r 
f\  i'XKaT&kr\\^\c^  f|  irpoTiMiicic,  f|  TrcpiT^xvn^ic'  trpöocuiTroc,  ixt| 
V6UJC,  dTT€picK€TrToc ,  d7Tpoq)uXaKTOc ,  dv€X^TYwoc,  dßpobiaiTC 


t^ 


EAJanghahn:  stadien  zu  Thukydides.  371 

mucÖTUK,  oÖToßoei,  q^op^n^^^v'  i^ireipoOctai,  noXcMiiceieiVy  napa- 
^ckiv,  inolf\yj  dKVixäv,  biabiKaioOv,  diroEioOv,  bucavacx€T€Tv. 
dies  sind  beispiele  ftlr  eine  sehr  grosze  menge  von  Wortbildungen, 
die  sich  entweder  nnr  bei  Thnk.  oder  nur  noch  bei  dichtem,  zum 
teO  ftber  nur  noch  bei  sehr  späten  prosaikem  finden,  mit  der  späten 
pma  hat  Thuk.  namentlich  folgendes  gemein :  die  häufige  anwen- 
diiBg  der  yon  yerben  mittels  der  endung  -cic  abgeleiteten  substantiya 
nd  die  mit  d  priyativum  und  einer  präp.  zusammengesetzten  adjeo- 
ÜTi  (hzw.  adverbia).  —  Femer  finden  sich  bei  ihm  sehr  ungewohn- 
te Verbindungen :  zb.  wird  VI  58  die  geschickte  rerstellung  des 
Hippas  ansgedrOckt  durch  dbrjXuic  tQ  öi|i€i  TiXacd^evoc.  III  33 
Im  wir  oÖK^Ti  iv  xaraXi^iiiei  iq)aiv€TO,  von  jemandem  gesagt,  der 
kImb  IQ  weit  entfernt  ist,  um  noch  eingeholt  werden  zu  können; 
118  iroieiv  ^c  nva  'fOr  jemanden  Sympathien  haben'.  ^  Ganz  be- 
Maden  ist  es  dem  Thuk.  eigen  die  neutra  von  adjectiven  statt  der 
n^bitaiitiva  abstracta  zu  gebrauchen  (beispiele:  tö  ttcXu^  tö  dcq)a- 
Uc,  TÖ  l{fyrfi€c)y  und  ebenso  wird  es  erklärt,  wenn  das  neutram  der 
pvtidpia  für  ein  substantivum  abstractum  oder  gar  für  einen  infini- 
tir  iteht  (beispiele :  i6  iniGuMcOv ,  tö  öpmZö^cvov  «»  f|  dmdujiia, 
h  M  oder  «s  TÖ  diriOu^eiv ,  tö  öpfilecBax  *  am  deutlichsten  und 
K^iilendstan  Y  9  toO  uirant^vai  TrX^ov  f{  toO  ^^vovtoc,  wo  toO 
MOOVTOC  offenbar  dem  toC  i^nairt^vai  parallel  steht),  an  diesen 
^Wuch  des  participium  füge  ich  gleich  die  besonderheiten  der  par- 
^pialconstmction  bei  Thuk.  es  findet  sich  nemlich  oft  part.  con- 
uoctom  bei  verschiedenem  subject  (beispiele  bei  Böhme  zu  I  49,  4} 
^wiederholt  genetivi  absoluti  bei  gleichem  subjecte,  ohne  dasz 
QUBer  dn  grund  fUr  diese  abweichnng  von  dem  bei  den  Zeitgenossen 
gvbrkehlichen  einleuchtet  ein  deutliches  beispiel  ist  III  13,  7 
^n^dVTUJV  bt  öjitüv  . .  iTpocXrji|i€cQ€,  wo  ja  auf  ä^uiv  kein  nach- 
^ck  liegt;  andere  beispiele  bei  Claasen  und  Böhme  zu  II  83,  3. 
^  dieser  gelegenheit  bemerke  ich  noch  die  grosze  verliebe  für  den 
fcbraoeh  des  nominativs  mit  participium  auch  bei  dem  activ  von 
^ntvu)it  und  bf^Xöui  (zb.  I  21  oCrroc  6  TTÖXcfioc  .  .  briXidcci  MCtZwv 
TCTCvryi^voc  a^uiv.  andere  beispiele  bei  B6tant  lex.  Thuc.  u.  beiK- 
^^BidbriXöui). 

Von  solchen  vereinzelten  eigentümlichkeiten  des  Thuk.  finde 
^  ftoeh  erwähnenswert  das  mit  dem  nominativ  des  Superlativs  eng 
'^dene  iv  toic  (beispiel :  I  6  £v  TOic  TrptuTÖi  hk  'AOrivatoi  töv 
^  ci^pov  KOT^devTo),  das,  wenn  auch  sehr  selten,  bei  Zeitgenossen 
«iüi  fiadet,  so  aber  wie  bei  Thuk.,  ohne  rttcksicht  auf  das  geschlecht 
^  mit  dem  Superlativ  verbundenen  nomens,  nirgends  (beispiel: 
^  *2, 1  btÖTi  iv  TOic  jrptiiTTi  dt^vcTO,  sc  f]  crdcic). 

Za  den  bisher  genannten  eigentümlichkeiten,  die  sich  alle  inner- 

^b  der  grenzen  ^ines  grammatischen  satzes  aufsuchen  lassen  und 

TMi  dfliian  jeder  einzelne  vorkommende  fall  sich  gegen  verwandtes 

'unlieb  genau  abgrenzen  läszt,  rechne  ich  noch  die  gesucht  abwei- 

•«»^  wortstellang  (beispiel:  I  20,  2  unoTonVicavTCC  bi  Ti  £K€ivT| 

24* 


372  EAJuDghahn:  etudien  zu  Thakydides. 

tQ  fjM^pa  Kai  napaxpnMa  'Ap^öbioc  Kai  'ApiCTOTeiruiv  ^k  twv  Euvei* 
bÖTUJV  cq)iciv  lirnicji  ^e^iivöcOai*  sehr  viele  andere  beispiele  in 
Böhmes  index  u.  fajperbaton).  was  ich  zum  schlusz  noch  toh  dem 
der  Thuk.  Schreibart  eigentümlichen  zu  erwähnen  habe,  ist  mehr 
innerhalb  eines  gröszem  sprachcomplexes  als  dem  eines  einfachen 
Satzes  zu  suchen,  mindestens  doch  auf  dem  eines  zusammengesetzten 
Satzes  oder  einer  periode.  jedermann  sieht ,  dasz  ich  die  schon  oben 
erwähnte  früher  sogenannte  dunkelheit  des  Thuk.  meine,  die  nicht 
nur  in  der  Schwierigkeit  und  entlegenheit  des  gedankens  selbst  ihren 
grund  hat,  sondern  oft  auch  in  dem  ausdrucke  desselben,  in  der  er- 
schwerung  des  Verständnisses  durch  anakoluthien  und  durch  vech- 
sei  des  subjectes,  wenn  dieser  weder  aus  einem  subjectsnomen  noch 
aus  der  Verschiedenheit  der  verbalform  ersichtlich  ist.  dazu  kommen 
dann  oft  noch  häufungen  von  eigentümlichkeiten  der  schon  oben 
bezeichneten  art.  nennen  wir  also  diese  besonderheit  der  Tbnk. 
Schreibweise  meinetwegen  Schwierigkeit  oder  Unebenheit  Tbeispiele 
für  anakoluthe  und  subjectswechsel  s.  bei  Böhme  im  index). 

Die  oben  gezeigten  sprachlichen  erscheinungen  finden  sich,  hier 
mehr  dort  weniger,  auch  bei  anderen  Attikern  des  auf  Thuk.  folgen 
den  Jahrhunderts ;  aber  die  gehäufte  anwendung  bei  Thuk.  verleih: 
der  spräche  desselben  die  hervorstechende  eigentflmlichkeit.  den 
noch  —  und  hiermit  deute  ich  auf  das  hin ,  wAs  mir  von  meinen 
eigenen  beobachtungen  das  wichtigste  scheint — gibt  es  bald  gröszen 
bald  kleinere  abschnitte  des  Werkes,  in  denen  von  allen  den  gt 
nannten  eigentümlichkeiten  sehr  wenig,  ja  solche  in  denen  gar  nicht: 
davon  zum  Vorschein  kommt,  in  denen  sich  die  spräche  von  <^<\ 
anderer  griechischer  prosaisten  ungefähr  derselben  zeit ,  zb.  des  Xii 
nophon,  in  nichts  unterscheidet  anderseits  aber  finden  sich  m- 
stellen,  in  denen,  wie  gesagt,  eine  grosze  häufung  jener  sprachliche 
eigentümlichkeiten  sichtbar  ist;  ja  man  kann  sagen  dasz  bei  Thuk 
an  stellen ,  wo  etwas  bei  anderen  autoren  der  altem  attischen  pr« 
sprachlich  höchst  seltenes  angetroffen  wird ,  auch  andere  der  obe^ 
bezeichneten  eigentümlichkeiten^  oft  gehäuft,  sich  beisammen  fintieni 
sollte  man  mich  darauf  verweisen  wollen,  dasz  dieses  zusammenfi^'i'^ 
mit  der  längst  gemachten  beobachtung,  dasz  die  verschiedenen  U^  | 
des  Werkes  je  nach  dem  inhalt  auch  stilistisch  sehr  verschieden  seien  I 
ich  werde  also  zu  zeigen  haben ,  dasz  die  berufung  auf  die  Torschitii 
denheit  des  inhalts  zur  erklärung  der  von  mir  behaupteten  thatsacli 
keineswegs  hinreicht. 

Da  es  in  diesem  teile  meiner  abhandlung  ganz  besonders  mt  I 
bestreben  sein  musz,  den  leser  völlig  zu  überzeugen,  so  will  i  \ 
meine  oben  ausgesprochene  beobachtung  an  einer  anzahl  von  i^i 
len  möglichst  anschaulich  erweisen,  ich  wähle  dazu  natürlich  al 
schnitte  des  Werkes  (zunächst  mit  ausschlusz  der  reden),  innerh  ^{ 
deren  die  verschiedene  beschaffenheit  der  spräche  recht  anfiälHjc  :i 
die  abschnitte  werden  von  sehr  verschiedenem  umfange  sein,  je«!*  I 
auch  die  kleinsten  derselben  können  ihrem  inhalt  nach  fttr  sich  v| 


EAJnnghahn:  stadien  zu  Thukydides.  373 

&taiiden  werden  nnd  sind  grosz  genug  um  stil  erkennen  zu  lassen, 
tonogestellt  habe  ich  solche  abschnitte,  in  denen  von  den  beiden 
teüen,  welche  sprachlich  verschieden  sind,  der  eine  dem  andern  im 
texte  unmittelbar  sich  anschlieszt.  dann  folgen  verglichene  stücke, 
weldie  jenen  engen  Zusammenhang  zwar  nicht  haben ;  aber  sie  ge- 
bORxi  doch  immer  demselben  buche  an ,  und  ihr  inhalt  ist  nicht  ge- 
nde  verschiedenartig. 

leb  wftble  sunftchst  IV  72.  73.  in  diesen  capiteln  werden  ereig- 
10586  des  j.  424  erzfthlt,  deren  Schauplatz  die  umgegend  von  Megara 
ist,  9od  zwar  wird  in  c.  72  ein  unentschiedenes  reitergefecht  zwi- 
sehea  Athenern  nnd  ihren  vereinigten  gegnem  geschildert;  in  c.  73 
wird  in  unmittelbarem  anschlusse  gezeigt,  dasz  darauf  beide  gesamt- 
beere  sich  wiederum  kampfbereit  aufstellten,  und  dasz,  nachdem  eines 
Toadem  andern  den  ersten  angriff  erwartet  hatte,  endlich  die  Athener 
da  plati  verlieszen  und  dadurch  die  Megarer  ermutigten  den  Bra- 
nds« in  die  stadt  aufzunehmen,  in  den  zwei  capiteln  sind  also  zu- 
sunmengehOrige  gegenstände  behandelt,  aber  in  wie  verschiedener 
iprscfae!  bis  za  dem  ende  des  reitergefechtes  ist  alles  leicht  und 
Uar  (73,  4  bis  zu  den  Worten  tö  rpönaiov  f cnicav.  der  anstosz  in 
des  letzten  werten  des  cap.  ist  sehr  unerheblich,  da  ein  wort  ausge- 
Ulen  zu  sein  scheint),  ebenso  einfach  ist  73,  1;  aber  von  §  2 — 4 
bis  djpptj/jOrtcav)  ist  eine  falle  von  sprachlichen  eigen tümlichkeiten: 
ixoviTi  "B  dfiax€i  findet  sich  erst  bei  spftteren  Schriftstellern 
■Clissen),  TiCiecOai  »»  irpocTiOecBat  ist  überhaupt  nirgends  nach- 
«Qsbtr.  zahlreicher  sind  die  abweichungen  auf  dem  grammatischen 
gtbiete.  in  den  wenigen  zeilen  sind  allein  drei  participia  unge- 
wOnlieh  behandelt:  in  den  werten  djCTiep  f)ccii6^VTurv  CT6pT)0f)vat, 
wo  man  ficcTiO^vrac  erwartet;  dann  XoTtZö|Li€VOi  o\  crpaniTOi  statt 
^lZofl^vulv  Tuiv  CTpcmiTtliv,  und  endlich  (beiSav  iTOifioi  övrec. 
{•ner  ist  in  dem  groszen  satze  o\  jap  M€TOipf)c  usw.  ein  sehr  star- 
ke nakolnth ;  das  verstftndnis  wird  auch  erschwert  durch  auslassung 
^  labjecte  zu  ^mövTuiv  und  zu  ficcr]0^VTUJV ,  die  errathen  werden 
■<teeB,  ferner  durch  die  seltsame  Verwendung  von  napövTUiv  fCbr 
'teitaiidete%  und  zwar  nicht  blosz  insofern  sie  anwesend  sind, 
oichtgelftafige  rede  Wendungen  endlich  liegen  vor  in  den  werten 
f^  T^  Toöc  Mctap^ac  öpOt&c  Su^ßaiveiv  und  oik  fiv  iv  xuxg 
Trrv€c8m  cq>ictv. 

Nicht  weniger  scheint  mir  VII  52 — 55  geeignet,  um  den  con- 
^nit  der  spräche  bei  Einern  und  demselben  antor  anschaulich  zu 
^^AoL  es  wird  dort  die  Seeschlacht  zwischen  den  Athenern  und 
^  SyiakuBem  behandelt,  in  der  Eurymedon  den  tod  fand,  das  sich 
^Mbhessende  landtreffen  und  der  erfolg  dieser  kttmpfe.  die  erzfth- 
:iig  der  kftmpfe  selbst  (c.  52  u.  53  bis  §  3  incl.)  ist  klar  und  ein- 
^t  ohne  irgendwelche  ab  weichung  in  der  spräche  und  ganz  knapp; 
■dbct  der  tod  des  Strategen  Eurymedon  ist  nur  mit  drei  werten  er- 
liUt.  m  ganz  anderer  spräche  ist  das  berichtet,  was  auf  die  kftmpfe 
^^  (dani  muaz  man  natürlich  auch  c  53,  4  rechnen,  den  versuch 


374  EAJuDghahn:  studien  zu  Thukydides. 

der  Syrakuser,  mittels  eines  mit  brennstoffen  gefüllten  und  ange- 
zündeten alten  schififes  die  flotte  der  Athener  in  bi*and  eu  stecken: 
denn  selbstverständlich  wäre  während  des  kampfes  die  sjrakusiscbe 
flotte  durch  ein  brennendes  schiff  nicht  minder  bedroht  gewesen  ab 
die  feindliche),  von  nun  an  bis  zum  Schlüsse  von  c.  55  ändert  sich 
die  spräche  sehr  erheblich,  da  haben  wir  Wortbildungen  die  8icb 
erst  in  später  prosa  wieder  vorfinden,  zum  teil  sogar  überhaupt  nicht, 
hier  fallen  besonders  auf  6  irapöiXoTOC  und  ö  MeTdjLicXoc;  aber  auch 
cßecTiipioc  und  ö)LioiÖTpoTroc  finden  sich  erst  in  später  prosa.  hienu 
kommt  das  Substantiv  f)  Xfii|iic  und  die  Substantivierungen  t6  ha- 
<popov  und  dv  navTl  (dOufiiac).  als  härte  der  spräche  muss  es  er- 
scheinen, wenn  wir  als  machtmittel  der  Syrakuser  nebeneinanderge- 
stellt finden  xal  vaOc  Kai  tiTTTOuc  xai  juiCT^On,  femer  wenn  xd  irpö 
aOTUiV  i^TTÖpouv  bedeuten  soll:  ^ schon  vorher  waren  sie  in  Ter- 
legenheit.'  die  bedeutung  von  tö  btdq)opov  dnevefKCiv  auToic 
musz  errathen  werden,  daher  mehrfache  auffassung  des  schlnszsatzeä 
von  c.  55. 

Aehnliche  erscheinungen  bietet  der  abschnitt  VII  33 — 35,  wel- 
cher gleichzeitige  begebenheiten  des  j.  413  behandelt  in  c.  33  wird 
das  verhalten  der  griechischen  Staaten  Siciliens  gegenüber  ßjrakua 
dargelegt;  dann  folgt  die  fahrt  des  Demosthenes  und  Eurymedon 
nach  Sicilien  und  ihr  aufenthalt  in  Thurioi.  die  fortsetznng  dieser 
fahrt  wird  in  c.  35  behandelt,  c.  34  enthält  das  in  diese  zeit  fallende 
unentschiedene  treffen  zwischen  einer  athenischen  und  einer  pelo- 
ponnesischen  flotte  an  der  küste  von  Achaja.  c.  33  nnd  34  bis  §  4 
incl.  sind  einfach  und  klar,  ebenso  das  ganze  c.  35;  der  zweite  teil 
von  c.  34  enthält  sprachliche  eigentümlichkeiten  und  eine  unklare 
stelle,  die  eigentümlichkeiten  sind:  Wortbildung  mit  der  endang 
-cic:  dirwcic;  nomina  die  entweder  überhaupt  oder  in  der  hier  ihnen 
beigelegten  bedeutung  der  späten  prosa  oder  der  poesie  angehören, 
und  solche  die  sonst  gar  nicht  nachweisbar  sind :  iropeEcipccto,  irm)' 
TIC,  dTrXuüC  (»^durchaus',  endlich  dirXouc  und  ^navaTuiTil  »^^ 
schiffe  bezogen,  härten  der  spräche  erscheinen  auch  in  den  werten 
bid  Tf)v  KopivGiujv  ouk^ti  inavaTWTnv  (=-  öid  xd  xoöc  Kopiv- 
Oiouc  jLiT]K€xi  diravdrecOai)  und  in  dem  satze  vojLiicavxec  auxoi  usw., 
wo  man  zu  viKdv  ein  imperfect  dvd|ii2;ov  aus  dem  pari  vo|ikavT€C 
ergänzen  musz.  seltsam  ist  es  auch,  dasz  in  zwei  coordinierten  aus- 
sagen, die  sich  beide  auf  ganz  denselben  fall  beziehen,  Einmal  der 
aorist  (f)Tilcavxo),  Einmal  das  imperfect  (dvÖMiZov)  steht 

Ich  habe  diese  abschnitte  geringem  umfangs  absichtlich  aus- 
führlicher behandelt,  um  recht  anschaulich  zu  machen,  wie  ich  den 
nachweis  der  groszen  Verschiedenheit  der  spräche  bei  Thuk.  zu  füh- 
ren gedenke,  daher  kann  ich  mich  bei  der  behandlung  der  folgen- 
den zu  meinem  beweise  noch  nötigen  stellen  kürzer  fassen  and  sehe 
es,  besonders  bei  den  partien  gröszem  umfangs,  hauptsächlich  aat* 
eine  übersichtliche  Zusammenstellung  ab.  zu  diesem  zwecke  werde 
ich  mich  der  abkürzung  bedienen  und  bezeichne  jede  eigentfimlichkeit 


EAJangfaahn:  Btudien  zu  Tbukydides.  375 

der  spräche  auf  grammatischem  gebiete  mit     •     •     •    ^i 
den  ^NichgebrMich  der  spttten  prosa  mit    .     .     .     .    sp, 

<le9  poeiisdieii  Sprachgebrauch  mit po, 

eifl  bei  anderen  aatoren  gar  nicht  nachweisbares  wort 

bezeichne  ich  mit Th  (Thuk.), 

iiad  täk  es  nur  an  einer  stelle  vorkommt,  mit  .  .  u  (tmicam) ; 
die  iHr  Thuk.  so  charakteristischen  nomina  mit  der 

endnig  -oc  bezeichne  ich  mit cic^ 

dia  substantivisch  gebrauchte  neutrum  eines  adjec- 

ürs  oder  particips  mit n, 

eiM  makoluthie  bezeichne  ich  mit    ......    a^ 

eiS  Aoffallendes  hjperbaton  mit h, 

dgentflmliche  redewendungen  mit { (lex.)* 

Es  handelt  sich  fttr  mich  jetzt  darum,  ein  resultat  durch  stati- 
stischen nach  weis  zu  gewinnen;  darum  betrachte  ich  die  oben  be- 
leldmeten  eigentümlichkeiten  als  einheiten,  und  zwar  als  gleichwer- 
tig«, um  das  verfahren  zu  vereinfachen,  von  den  in  betracht  zu 
stbenden  abscbnitten  des  werkes  nenne  ich  die  seite,  welche  von 
dfl)  gpiachlichen  eigenttlmlichkeiten  frei  ist,  ...  ^, 
difjaiige,  bei  denen  sie  gehäuft  sind,  .....  J?. 
:cb  bemerke  nur  noch,  dasz  ich  auf  der  seite  A  nicht  mehr  solche 
Stellen  vermeiden  will ,  in  denen  vielleicht  6in  sp  oder  po  oder  cic 
Torkofflmt  vereinzelt  findet  sich  ja  dergleichen  bei  allen  autoren; 
hb  will  sie,  wo  sie  vorkommen,  mitzählen;  das  gesamtresultat  wird 
dadurch  nicht  merklich  geändert,  nur  solche  nomina  auf  -cic,  deren 
aubfttiQtiTOche  bedeutung  durch  häufige  anwendung  auch  bei  ande- 
ren utoren  vollkommen  feststeht,  wie  rdSic,  cräcic,  UTTÖqc^cic^ 
vpöqttcic,  btwSiCy  bucic  udgl.  sollen  gar  nicht  erwähnt  werden,  den 
aa&Dg  einer  jeden  stelle  will  ich  nach  Seiten  einer  ausgäbe  ohne 
oacrkongen  angeben,  damit  die  anzahl  der  Zeilen  auf  je  einer  seite 
^Bucer  dieselbe  sei  ich  wähle  die  ausgäbe  von  MStahl  (40  Zeilen 
f^f  jeder  seite).  der  Übersichtlichkeit  wegen  will  ich  auch  die  schon 
tdiudelten  stellen  in  diese  kürzere  form  bringen. 

IV  72.  73 
i.30»dlen  OE. 

B.  25  zolen.   1  sp.  1  u.3  g.  21  1  a  =  8  E. 

yn  ö2— 65 
i-MteiUm  0  E. 

B.  23  zeüen.  4  sp  (bzw.  u).  1  cic.  2  n.  1  {  -»  8  £• 

VII  33—35 
^SiseOen  0  £• 

B.  23  Zeilen.  3  sp  (bzw.  po).  2  u.  1  cic.  lg.  1  2  —  8  £. 

rm — : jte: — 

B.  71  24  E. 

^  addition  der  unter  einander  stehenden  durch  den  druck  hervor* 
Ebenen  zahlen  zeigt  also,  dasz  in  121  zeilen  der  abteilung  A  ga^ 
^JM  ipracheigentümliehkeiten  vorkommen,  während  Bin  71  Zeilen 


376  EAJunghahn:  Btadien  zu  Thukydides. 

deren  24  aufweist«  bei  dem  gleichen  umfange  wie  Ä  also  gegen  40 
haben  wttrde.  solch  eine  zahl  ist  doch  gewis  sprechend ;  and  dsbei 
ist  diese  zahl  nicht  einmal  der  ausdmck  aller  Verschiedenheiten  iwi- 
sehen  A  und  B^  da  mancher  noch  aufweisbaren  eigentdmUohknt  in 
B  durch  die  zahl  kein  ausdmck  gegeben  werden  kann. 

Doch  aus  der  Zusammenstellung  so  weniger  stellen  Uteztsicb 
ein  wenn  auch  nur  annähernd  sicheres  resultat  nicht  gewinnen,  ich 
lasse  noch  eine  anzahl  stellen  folgen,  in  deren  zusammenstellang  ich 
mich  zwar  auch  der  obigen  übersichtlichen  form  bedienen,  aber  den 
nachweis  der  ftlr  jede  art  der  eigentümlichkeit  aufgestellten  zahl 
jedesmal  in  parenthese  hinzufügen  werde. 

IV  107.  108 
angriff  des  Brasidas  auf  Eion;  die  erfolge  seines  Unternehmens  den 
A^enem  bundesgenossen  zu  entziehen. 
A.  31  Zeilen  (bis  108  §  3  incl.).   1  ctc  (äXuicic).    ..IE. 

B.  21  Zeilen  (rest  von  c.  108).  3  sp  n.po  (äircpicKCirroc. 
dcpoXKÖc  j  iq>iiiityoc  -»  'auftragend') ,  2  g  (Kp(vovT£C  bezogen  auf 
aÖToTC;  und  cIujOötcc  o\  ävOpoüiroi  statt  gen.  abs.).  1  cic  (ßouXncic  . 
die  Wendung  bid  tö  f)bovf|v  £xov  und  das  verbum  öpTÖv  «»  'bef^i:: 

wünschen'  sind  der  prosa  nicht  gelttufig 6  £. 

II  96.  97 
Völkerschaften   aus  dem  beere  des  Sitalkes;  geographische  bemer- 
kungen;  genaueres  über  das  Odrjsenreich. 
A.  22  Zeilen  (o.  96) OE. 

B.  38  Zeilen  (c.  97).  4  sp  bzw.jpo  (irapabuvacreuuj,  buva- 
jLiic  «s  'geldwert',  öcpavTd,  beur^pa  «»  inferior).  2  g  (irpocf)£crv» 
irpoofiTCtTOv.  liA  iiifa  Icxöoc).  1  h  (aöiri  ircpiirXouc  icxiy  i\  ttj  • 
auszerdem  enthält  dies  capitel  noch  sehr  auffallende  härten  in  dtr 
spräche,  die  zuletzt  angeftlhrten  werte,  in  denen  das  hyperbatoa 
ist ,  heiszen :  ^dieses  land,  dh.  dieser  küstenstrich,  beträgt  eine  fahr^ 
von'  —  (Classen) ;  (pöpoc  . .  TCTpOKoduiv  ToXdvruiv  dpTupiou  bv- 
vofAtc^  die  abgäbe  ist  ein  geldwert  von  usw.,  dh.  hat  einen  geldwer 
von  usw.  §  5  enthält  auszer  dem  schon  genannten  ixifa  Icxuoc  noch 
den  ähnlichen  ausdruck  icxOc  ^6xy\c  -»  'streitmach t'      .     .     6  E. 

II  99-102 
blicke  auf  das  reich  des  MakedonerkOnigs  Perdikkas;  der  angriti 
auf  dasselbe,  ausgeführt  von  der  maobt  des  Sitalkes;  nnterban^i- 
langen;  die  rückkehr  des  letztem;  die  gleichzeitigen  ereignisse  in 
Akamanien ;  blick  auf  das  terrain ;  der  mjthus  von  der  anaiedlnn^* 
des  Amphlaraos. 
A.  89  Zeilen  (c.  99— 102,  2  bis  CTpareueiv) ...    .    .    0  E. 

B.  28  Zeilen  (rest  von  c.  102).  2  sp  (TrcpiXifivdZciv,  i^trci- 
poöcOai).  2  cic  (Xucic,  npöcxtücic).  1  g  (Sre  m.  inf.,  was  dodi  nitL; 
gerade  häufig  ist),  auszerdem  die  härte  in  der  Wendung  Kttl  iböta 
aviCj)  \Kavi\  dv  xexu^cOai  biaira  if^  ab^aiij  womit  gemeint  ist:  'i^ 
jchien  ihm  zum  aufenthalt  für  seine  person  hinreichend  viel  lac  < 
angeschwemmt  zu  sein' 5  E. 


EAJunghahn:  Btadien  zu  Thukydides.  377 

V  54—72 

fdodseligkeiteii  zwischen  Argos  und  Epidauros;  einmischong  an- 
derer Btaaten  mit  wort  nnd  that.  zug  der  Lakedaimonier  und  bun- 
de^nossen  gegen  Argos.  Unterhandlungen;  Agis  schlieszt  einen 
Waffenstillstand;  verhalten  der  Athener,  der  Eleier;  urteil  der  Spar- 
tuer  über  Agis;  zug  der  Lakedaimonier  nach  Mantineia;  annftherung 
des  argeuschen  bundesheeres  und  rttckzug  des  lakedaimonischen ; 
nenegegenttberstellung;  berechnung  der  Streitkräfte;  aufmunterung 
dorefa  die  führer  (nb.Viicht  in  directer  rede);  anmarsch,  manöver  des 
Agü  während  desselben;  seine  niederlage  auf  dem  linken  flügel,  sieg 
Vif  der  übrigen  linie. 

1. 177  Zeilen  (c.  54— 62) 0  E. 

B.192  Zeilen  (c.63— 72).  11  cic  (65  6,vaxd)pr\c\c,  dvdXnU'ic. 
66  |idlXT)€tc,  irapäTT^Xcic.  67  äcKTicic.  69  irapaivecic,  irapaKdXeu- 
ac  71  HütkXqcic,  tu^viücic.  72  TTpöcjuiEic,  dTKardXiiijiic).  8  sp 
hiw.  po  (65  bucnpöcoboc,  £mßÖT)Ma,  ^KTpoirr)  <»  ^aUenkung'. 
69  Ico^otpioL   70  öptn  =  *eifer'.   71  eöcK^iracTOC.  72  alTiajua). 

3  M  (63  ^uecOai  «>  expiare*  64  SuipcX^eiv  «»  'einen  verschlusz  bil- 
den, absperren'.  65  dTTCKpuTTTCiv  ohne  object  »>  'dem  blicke  ent- 
Kbwinden').   3  n  (66  TÖ  imiiikic.  68  tö  Kpuirröv,  tö  KO^irOübec). 

4  g  (65  cqpcTc  f|cuxa2[ov  in  directer  rede.  70  'Aptcioi  x^^poCvrec 
«nstatt  gen.  abs.  72  fi>eiEav  irepiTevöiievoi.  96dcai  Tr|  irpoc^lEei 
» irpogitEavrac) 29  E. 

Auszerdem  sind  in  diesem  abschnitt  noch  sehr  zahlreich  die 
gnouDatischen härten,  wodurch  einige  stellen  wunderlich  erscheinen. 
dATOB  ist  69,  2  schon  oben  (s.  354)  erwähnt;  andere  sind  zb.  irepl 
OpxoMCVoö  i^TT^XXcTO  teXuiK^vai.  68  niiv  b*  aö  bid  tö  dvOpu)- 
Treiov  KOftiTuibec  £c  rd  olKCia  irXrjQri  i^nicTeiTo). 

I  6  und  I  60.  61 

fitte  des  Waffentragens  im  alten  Hellas;  schritte  der  Athener  und 
Korinther  in  betreff  Potidaias. 

A.  S9  Zeilen  (c.  60  und  61) 0  E. 

B.  24  Zeilen  (c.  6).  8  po  bzw.  sp  (cibiip090p€Tv,  d9paiCT0C, 
ifgMmTOC ,  koMcnTOc ,  Xiira ,  btdZIuj^a ,  &^Ol6Tpo1^oc ,  'Aciotvöc) ; 
1  cic  (Ivepcic).  2  n  (tö  dßpobiaiTov ,  xd  EirfTcv^c).  1  g  (4v  toic 
irpÄToi) 12  E. 

n  13  und  II  65 

Periklcs  ermutigt  die  Athener  durch  hinweis  auf  die  machtmit- 
tel;  ebcndeaselben  letzte  handlungen  und  Würdigung  seiner  ver- 


i.eOzeflen(c.l3) OE. 

B.  60  Zeilen  (c.  65).  1  sp  (irapaXuu)  6grrt\c :  s.  Glassen). 
1  CK  (iEiuKtc).  4  g  (irpoCcrn  —  ^er  stand  an  der  spitze'  —  J»v 
%€t  —  xpnfidrwv  bioqKivuic  dbuipÖTaroc — xaG*  f|bovdc  t4»  brjfiv 
iTp&ltOVTO) 6  E. 


378  EAJanghahn:  Stadien  zu  Thukydides. 

Der  letzte  satz  des  cap.  gehört  wegen  der  grammatischen  h&ne 
in  £iT€picC€UC€,  dessen  subject  erst  gesucht  werden  musz,  zu  den 
schwierigen. 

Vn  71  u.  Vn  79.  80 
kampfesscenen  aus  der  letzten  Seeschlacht  im  hafen  von  Syrakus; 
kämpfe  zu  lande,  auf  dem  rückzuge  der  Athener. 
A.  55  Zeilen  (VII  79  u.  80).  u  (dirdvTiic)     .....IE. 

B.  40  Zeilen  (c.  71).  3  cic  (d\(iic,iiTOi|Jic,  ävdKXiicic).  2  n 
(xd  dvuiMaXov,  tö  Euvex^c).  3  sp  (drxiwjioXoc,  biaKcXeucfidc,  buc- 
avacxcreiv).  2  g  (9iXov€ikujv  und  bebiörec  statt  gen.  abs.,  ^v  toIc 
XaXeiruiTaTa).  1  h  (irapaTrXrjcia  bfe  kqi  o\  iiA  xtliv  V€aiv  auToic 
Ittqcxov,  wo  aÜTOic  zu  irapanXiicia  gehört),  die  spräche  ist  fast 
überall  gesucht,  in  §  3  fast  beispiellos  (s.  oben  s.  354)  ,     .     11  £. 

Rechnen  wir  nun  in  den  obigen  zehn  zur  vergleichung  der 
spreche  herangezogenen  stellen  die  unter  einander  stehenden  durch 
den  druck  hervorgehobenen  zahlen  zusammen,  so  ergibt  sich  d&n 
auf  der  seite  Ä  auf  495  zeilen  nur  2  Spracheigentümlichkeiten  kom- 
men, während  auf  seite  B  auf  441  zeilen  94  fallen,  nehmen  wir  der 
bequemem  Übersicht  wegen  statt  495  die  runde  zahl  500,  femer  450 
statt  441  und  90  statt  94,  so  ist  das  Verhältnis  der  spracheigentOm- 
lichkeiten  von  il  zu  ^  in  zahlen  ausgedrückt  wie  %oo  zu  ^^450  >  ^^' 
wie  1  zu  50. 

Das  ist  doch  ein  ganz  erstaunliches  resultat !  und  wer  wollte 
die  richtigkeit  desselben  anfechten?  höchstens  könnten  doch  hie  und 
da  zweifei  erhoben  werden,  ob  manches  nomen  mit  der  endung  -cic 
mit  recht  auf  der  seite  A  weggelassen  oder  auf  der  seite  B  mitge- 
zählt sei.  nehmen  wir  aber  auch  wirklich  an,  dasz  bücic  (II  96)  bei 
der  Zählung  nicht  so  weggelassen  werden  durfte  wie  biwEic,  {kttXi]- 
Sic  ua. ,  so  ergäbe  das  immer  noch  eine  Verschiedenheit  der  einen 
seite  von  der  andern  wie  3  zu  100,  und  wenn  auch  noch  etwas  abge* 
handelt  würde,  so  bliebe  die  Verschiedenheit  noch  immer  ungeheuer 
grosz. 

Mit  dem  ausführlichen  nach  weis  durch  zahlen  sei  es  nun  genug; 
doch  will  ich  noch  auf  einige  stellen  aufinerksam  machen,  an  denen 
die  abweichungen  der  spräche  ganz  besonders  augenföUig  sind,  zu- 
nächst auf  lY  77—81.  während  nemlich  c.  77—79  (gegen  ende) 
kaum  eine  bemerkenswerte  abweichung  von  der  attischen  prosa  auf- 
weisen (nennenswert  etwa  nur  ai9vibioc  und  ^iraxuüYÖc),  beginnt 
mit  dem  ende  von  c.  79  eine  partie ,  die  gerade  durch  die  besonder- 
heiten  sehr  auffällt. 

Von  den  abschnitten  gröszem  umfangs,  in  denen  die  eigentflm- 
lichkeiten  der  spräche  besonders  stark  hervortreten ,  ist  vor  allem 
in  82 —  84  zu  nennen,  die  an  die  gräuel  in  KMrkjra  angeknüpften 
betrachtung^  über  den  Sittenverfall,  hier  ist  in  100  zeilen  (2^}  sei* 
ten)  der  zalüenausdruck  für  das  eigentümliche  dement  {sp  und  po, 
cic,  g  usw.)  etwa  50,  ganz  abgesehen  von  den  dunkelheiten  und  här- 
ten, das  neutmm  von  adjectiven  statt  der  abstracten  substantiva  in 


I 

^ 


EAJanghahn:  Studien  zu  Thukjdides.  379 

dkin  17 mal  gebraucht;  unter  den  grammatischen  fiülen  sind  beson- 
6m  folgende  sehr  bemerkenswert:  82, 1  biön  ^v  TOic  npOüTT)  i'xi- 
vno  (sc.  f|  crdoc)  und  82, 7  (pOdcac  Oapci^cai.  kurz,  die  auffallendsten 
dgeDtflmlichkeiten  sind  fast  alle  yertreten. 

Ganz  anderes  Inhalts  ist  VI  54 — 59,  die  erzählende  epidode  über 
diePeisistratiden,  aber  das  eigentümliche  dement  der  spräche  ist  in 
dcMlben  sehr  bemerkbar,  unter  den  härten  sind  besonders  zu  nen- 
Affi  xuipciv  in\  tö  t^vö^cvov  (nach  dem  orte  der  geschehenen  that 
sich  begeben)  und  äbrjXiuc  t^  d!\(i€i  nXdcacOai  (sich  so  verstellen, 
dia  niemand  die  innere  bewegung  bemerkt ,  oder  dasz  man  nicht 
dordudiattt  werden  kann),  besonders  bemerkenswert  ist  auch  die 
geblufte  anwendong  der  a^ectivischen  neutra  für  substantiva  abs- 
tncta  in  c  55;  von  Hippias  wird  da  gesagt:  bid  TÖ  irpörcpov 
£uvY)0€C  Toic  ^^v  noXiTaic  (poßepövy  Ic  bk  touc  diriKOupouc  dKpiß^c, 
voXXip  Till  irepidvn  toC  dcqMzXoCc  KaT€KpdTT]C€,  wo  findet  sich 
etwu  ähnliches? 

Von  den  abschnitten  ohne  alle  eigentümlichkeit  der  spräche 
wOl  ich  hier  einige  bezeichnen,  die  ihrem  Inhalt  nach  sehr  verschie- 
da  sind,  so  ist  VI  50 — 52  reine  erzählung  von  kriegsbegebenhei- 
t«&,  dagegen  Y  37 — 39  diplomatischen  inhalts  (Unterhandlungen 
wegen  eines  bondes  zwischen  Argeiem  und  Boiotem).  Überhaupt 
uigt  der  ganze  teil  dieses  buches,  welcher  fast  ausschlieszlich  diplo- 
ffittiMhen  Inhalts  ist,  etwa  von  c.29 — 51,  sehr  wenig  eigentümliches 
in  der  spräche. 

Wie  ist  eine  so  weitgehende  Verschiedenheit  der  spräche  bei 
«inen  und  demselben  autor  und  in  6inem  und  demselben  werke  so 
geringen  um&ngs  erklärlich?  diese  frage  ist  in  dem  obigen  sicher- 
licli  liinlänglich  vorbereitet  werden,  man  wird  mir  vielleicht  ent- 
g«g«ahalten :  'wozu  bedarf  es  dessen?  es  ist  ja  von  den  erklärem 
d«  Hrnk.  oft  ausgesprochen  worden,  dasz  der  sprachliche  ausdruck 
bfi  ihm  mit  dem  jedesmal  darzustellenden  gegenstände  übereinstim- 
aoag  sucht  (Classenl  s.LXXXVII,  Stabil  s.  XXUI);  hiemach  musz 
^  die  sprachliche  eigentümlichkeit  der  abteilung  B  durch  das  dar- 
zQiteUende  object  bedingt  sein.'  das  läszt  sich  hören;  auch  erinnere 
ich  fluch  gelesen  zu  haben,  dasz  hiemach  die  eigentümlichkeit  der 
^nche  in  den  reden  und  in  allen  einer  rede  ähnlichen  partien,  wie 
betnditQngen  udgl.  zu  finden  sein  werde,  ja  wenn  sie  sich  sonst 
'^'gttds  finde,  dann  bliebe  für  mich  nichts  zu  thun  übrig,  aber 
A^M  wir  einmal  die  abteilung  B  genauer  an. 

Ich  habe  die  reden  von  derselben  aus  dem  oben  angegebenen 
gnade  ganz  fem  gehalten,  und  dennoch  haben  wir  auf  dem  räume 
Toaetwa  11  selten  (440  Zeilen)  die  eigentümlichkeiten  der  spräche 
^  Thnk.  in  gedrängter  fttUe  beisammen,  sind  denn  aber  die  in  be- 
^nehi  gezogenen  abschnitte  der  abteilung  B  alle  den  reden  ver* 
«ladt?  das  läszt  sich  allerdings  von  den  eingestreuten  reflezionen 
ici  »Qtors  sagen,  wie  III  82 — 84,  und  mit  einigem  rechte  auch  von 
lUUcn,  in  welchen  erwägungen,  absiebten  der  streitenden,  eindrücke 


380  EA Junghahn:  studien  zu  Thukydides. 

einer  niederlage  auf  den  besiegten  teil  udgl.  mitgeteilt  werden  (TV  80 
u.  81.  108.  YIl  55);  aber  es  kann  doch  von  der  bloszen  enählong 
der  ereignisse  nicht  gelten  (s.  oben  den  abschnitt  V  63 — 72,  der  mit 
der  Schlacht  bei  Mantineia  schlieszt;  auch  Vnd4  na.,  besonders  aber 
VI  54 —  59  ,  die  erzählende  episode  über  die  letzte  zeit  der  Peisistra* 
tiden),  nnd  am  allerwenigsten  von  der  ganz  nüchternen  schilderong 
der  brauche  eines  volkes  oder  von  dürren  geographischen  notizen 
(s.  oben  I  6.  II  97.  102).  anderseits  aber  ist  auch  dAs  in  betracht 
zu  ziehen ,  dasz  manche  abschnitte ,  die  einen  dem  der  reden  fthn- 
liehen  Inhalt  haben,  dennoch  in  der  spräche  ganz  einfach  und  ohne 
alle  eigentümlichkeiten  sind  (so  besonders  Y  37 — 39.  55 — 58  ua.). 
wenn  nun  hiemach  offenbar  die  yOllige  Verschiedenheit  der  spräche 
aus  der  Verschiedenheit  des  behandelten  gegenständes  nicht  zu  er* 
kli&ren  ist,  was  mag  dann  6inen  und  denselben  autor  bewogen  haben 
in  Einern  und  demselben  werke  sich  einer  völlig  verschiedenen  spräche 
zu  bedienen?  man  wird  vielleicht  noch  einmal  auf  bereits  vorhan- 
dene meinungen  von  bearbeitem  des  Thuk.  verweisen,  hat  ja  schon 
Poppo  I  s.  238  gezeigt,  dasz  Thuk.  nicht  für  das  gemeine  volk,  son- 
dern für  die  gebildeten,  und  zwar  nicht  blosz  seiner  zeit,  sondern  die 
späterer  geschlechter  geschrieben  habe,  kein  wunder  also  dasz  er, 
der  seinem  werke  wegen  seines  Inhalts  ja  mit  vollem  bewustsein  den 
ansprach  des  Kif\}xa  ic  dei  mitgegeben  habe,  dasz  er  auch  das  be- 
streben gehabt  habe ,  auf  dem  gebiete  der  spräche  schöpferisch  auf- 
zutreten und  nicht  blosz  schon  vorhandene  bildungen,  die  noch  wenig 
zur  Verwendung  gekommen  waren ,  zu  benutzen ,  sondern  auch  neue 
bildungen  nach  der  analogie  nicht  zu  scheuen,  wenn  freilieh  daneben 
die  dunkelheiten  keine  meisterschaft,  sondern  mühsames  ringen  zu 
verrathen  scheinen,  so  fehlt  es  auch  hierfür  an  eben  jener  stelle  nicht 
an  einer  erklärang :  Thuk.  muste  ja  in  einer  zeit  der  politischen  par- 
teiungen  seine  ansichten  verhüllen ;  der  denkende  leser,  so  lesen  wir 
weiter y  wird  ihn  schon  verstehen,  ich  weisz  nicht,  ob  man  auf 
dieses  letztere,  dasz  Thuk.  absichtlich  sich  dunkel  ausgedrückt  habe, 
um  nicht  von  allen  verstanden  zu  werden ,  im  ernst  eingehen  soU. 
doch  ich  habe  die  behauptung  aufgestellt,  es  sei  in  dem  werke  etwas 
unerklärliches  oder  bis  jetzt  doch  unerklärtes,  was  dennoch  nieman- 
dem scrapel  bereitet  hat ,  nemlich  die  stellenweise  völlige  Verschie- 
denheit der  spräche,  ich  habe  also  nachzuweisen,  dasz  in  keinem  der 
frühem  urteile  über  die  spräche  des  Thuk.  auch  nur  implidte  die 
lösung  meiner  aporie  liege,  dennoch  brauche  ich  gegenüber  jener 
ansieht  nur  kurz  darauf  zu  verweisen ,  dasz  ja  Thuk. ,  wenn  er  sich 
wirklich  absichtlich  neben  einer  schlichten  und  klaren  au8drack8wei>e 
auch  einer  dunkeln  bedient  haben  sollte,  in  keineln  fall  veranlassung 
gehabt  hätte,  die  dunkle  selbst  in  geographischen  notizen  und  in 
der  bloszen  erzählung  von  kämpfen  und  taktischen  bewegnngen  an- 
zuwenden (II 97.  V  72.  VII  71  ua.). 

Was  nun  aber  jene  bekanntere  ansieht  anbetrifft,  dasz  das  ab- 
weichende in  der  prosa  des  Thuk.  von  der  in  der  zeit  ihm  am  nach- 


EAJangbahn:  studien  su  Thukydides.  381 

sten  stehenden  prosa  zurttckzufUhren  sei  auf  sein  bestreben  der 
spndibildang,  so  ist  doch  klar  dasz  sich  hiermit  die  so  grosze  Ver- 
schiedenheit der  spräche  bei  Einern  und  demselben  autor  in  dem- 
selben werke  nicht  erklären  läszt.  wer  sich  bewust  ist ,  dasz  er  in 
der  spräche  von  den  Zeitgenossen  abweichen  will,  der  wird  doch  vor 
iDen  dingen  in  diesem  verfahren  consequenz  zeigen,  es  ist  komisch 
sieh  vorzustellen,  dasz  jemand,  der  nach  eignem  willen  als  sprach- 
bSdser  auftritt,  seiner  aufgäbe  sehr  oft  ganz  und  gar  vergesse,  lange 
abedmitte  in  der  altgewohnten  spräche  schreibe  und  dann  plötzlich, 
lieh  seines  entschliisses  erinnernd  und  sich  gleichsam  selbst  beschä- 
mend, wenigstens  am  Schlüsse  des  abschnittes  die  neue  ausdrucks- 
weise anwende  und  in  einem  andern  abschnitte  sich  derselben  aus- 
Bchlieszlich  bediene,  dasz  ich  nicht  übertreibe ,  zeigen  einige  oben 
behandelte  abschnitte,  zb.  IV  77--81.  YII  52—55,  aoszerdem  lY 
54.55  na. 

Man  wird  vielleicht  einwenden:  sei  es  so,  oder  habe  er  noch 
sonderbarerer  weise  eine  abweichende  spräche  nur  hie  und  da,  ohne 
prindp  in  der  wähl  der  stellen,  versuchsweise  angewendet,  man  wird 
die  Sonderbarkeit  als  eine  thatsache  nehmen  müssen,  es  gibt  ja  eben 
sonderbare  laute,  aber  da  würden  wir  eine  Sonderbarkeit  zugeben, 
vie  sie  sich  wol  in  keinem  Schriftwerke  eines  volkes  findet,  das  eine 
iosgebildete  spräche  besitzt,  ehe  ich  mich  dazu  bequeme ,  will  ich 
Biiefa  doch  noch  einmal  nach  einer  andern,  vielleicht  gar  nicht  so 
&n  liegenden  erklärung  umsehen. 

Wenn  es  nun  für  mich  feststeht,  dasz  derselbe  mann  in  dem- 
telben  werke  nicht  principlos  eine  auffallend  verschiedene  spräche 
angewendet  haben  kann,  so  möchte  man  mich  vielleicht  darauf  hin- 
weisen,  dasz  'in  demselben  werke*  hier  doch  nicht  so  viel  bedeute  wie 
'n  derselben  zeit' ;  es  sei  ja  bekannt,  dasz  die  teile  des  werkes  mög- 
licherweise zu  sehr  verschiedenen  zeiten  abgefaszt  worden  seien ;  die 
ibschnitte  mit  den  sprachlichen  eigentümlichkeiten  rührten  vielleicht 
von  der  letzten  durchsieht  und  nachbesserung  resp.  Überarbeitung 
ber  und  trügen  daher  das  gepräge  späterer  zeit 

Das  ist  in  der  that  etwas,  worauf  sich  eingehen  läszt.  es  ist 
gua  offenbar,  dasz  wir  es  hier  mit  einer  Überarbeitung  zu  thun  ha- 
ben; das  lehrt  schon  der  augenschein.  oben  handelte  es  sich  für 
mich  darum,  den  leser  zu  überzeugen,  dasz  wirklich  eine  grundver- 
Mhiedenheit  der  spräche  bei  Thuk.  nachweisbar  sei ;  ich  richtete  da- 
her mein  aogenmerk  auf  abschnitte  von  extremer  beschaffenheit  und 
M  solche  von  einigem,  sogar  solche  von  bedeutendem  umfang, 
ja  ich  kann  behaupten  dasz,  wenn  wir  das  werk  des  Thuk.  nicht  be- 
dsiea  und  die  stücke  Y  55—62  und  III  82—84  irgendwo  aufge- 
fimden  würden,  ohne  dasz  sich  eine  erwähnung  des  autors  dabei 
ilade,  man  die  beiden  stücke  verschiedenen  autoren  zuweisen  würde, 
da  jeder  derselben  eine  von  dem  andern  deutlich  verschiedene  indi- 
TuiaalitSt  erkennen  läszt.  doch  ist  das  Verhältnis  des  eigentümlichen 
dancnts  der  spräche  zur  gewöhnlichen  spräche  nicht  überall  so,  wie 


382  £A Junghahn:  Stadien  zu  Thukydides. 

ich  es  in  den  bisher  behandelten  abschnitten  mit  zahlen  danustellen 
sachte,  ich  muste  zum  zahlenausdrnck  meine  zuflacht  nehmen ,  weil 
auf  den  umfang  und  die  begrenzung  der  abschnitte  viel  ankam,  ist 
aber  einmal  erwiesen ,  dasz  wirklich  abschnitte  von  einem  bestimm- 
ten umfang  eine  ganz  verschiedene  spräche  zeigen,  so  kann  die  Ver- 
teilung des  eigentümlichen  dementes  der  spräche  auf  gröszere  ab- 
schnitte und  auf  das  gesamtwerk  viel  besser  durch  ein  graphisches 
verfahren  anschaulich  gemacht  werden,  wollte  jemand  alle  eigen- 
tümlichkeiten  der  spräche  in  ddm  werke  des  Thuk.  mit  einem  far- 
bigen stifte  unterstreichen ,  also  alle  wOrter  poetischen  oder  in  der 
prosa  erst  viel  spätem  gebrauchs,  alle  neuen  Wortbildungen,  beson- 
ders mit  der  endung  -ctc,  alle  auffallenden  hjperbata  und  ab- 
weichungen  auf  dem  gebiete  der  grammatik  usw.  (s.  oben  8.  370  f.), 
so  würde  er  nicht  farbige  und  farblose  abschnitte  erhalten ,  sondern 
auszer  diesen  auch  solche  von  schwacher  f&rbung,  und  die  eigentüm- 
lichkeiten  würden  bald  nesterweise  bald  vereinzelt,  einander  näher 
oder  in  grOszeren  Zwischenräumen  erscheinen,  zuweilen  nimt  sich  in 
abschnitten,  die  sonst  gar  keine  eigentümlichkeit  haben,  ein  verein- 
zeiter  derartiger  fall  so  seltsam  aus,  wie  eine  maske  bei  hellem  tage 
unter  lauter  menschen  in  alltagstracht  (zb.  lY  83,  5  Ka9aip^TT)v. 
V  50,  4  xfjv  OUK  dSouciav  Tf\c  dTiwvicciuc.  VII 83,  4  Tfjc  vuktöc  t6 
ficuxtov). 

Könnte  ich  nun  auch  glauben  dasz  Thuk.  durch  eine  Überarbei- 
tung des  ursprünglichen  Werkes  das  ungleich  verteilte  eigentümliche 
Clement  der  spräche  hineinbrachte ,  so  müste  ich  dennoch  jeden  ge- 
danken  daran  abwehren ,  als  ob  die  anwendung  dieser  spracheigen* 
tümlichkeit  eine  bewuste,  aus  dem  später  bei  ihm  erwachten  sprach* 
bildungstriebe  hervorgegangene  sei.  es  konnte  ihm  ja  der  sonderbare, 
zum  teil  komische  contrast,  der  durch  ein  solches  gemenge  hervorge- 
rufen wird,  nicht  entgehen,  die. Überarbeitung  in  der  uns  vorliegenden 
form  ist  nur  denkbar,  wenn  der  überarbeitende  nicht  merkte,  wie 
sehr  die  spräche  seiner  zuthaten  von  der  des  ursprünglich  vorliegen- 
den verschieden  ist.  am  leichtesten  kann  dieses  an  einem  gegenstände 
der  bildenden  kunst  gezeigt  werden,  wer  eine  verstümmelte  bild- 
seule  so  ungeschickt  restauriert,  dasz  der  kunstkenner  sofort  die 
ungeschickte  fremde  band  aus  dem  gegensatze  gegen  das  ursprüng- 
liche erkennt,  hatte  dennoch  gemeint  mit  der  absieht  des  künstlers 
in  Übereinstimmung  zu  sein,  wenn  aber  der  ursprüngliche  künsüer 
selbst  in  die  läge  kommt;  lange  zeit  nach  der  ersten  schOpfung  eine^ 
kunstwerkes  dasselbe  zu  restaurieren,  wird  er  da  so  ganz  mit  sich  in 
einen  gegensatz  treten  können?  nur  in  6inem  falle  wäre  es  mög- 
lich, dasz  die  durch  den  autor  selbst  bewirkte  Überarbeitung  eine^ 
schxiftwerkes  einen  sehr  auffallenden  unterschied  in  der  spräche  er- 
kennen liesze :  wenn  das  leben  des  autors  in  eine  zeit  fiele,  in  der  die 
spräche  seines  volkes  eine  grosze  entwicklung  durchmachte:  dann 
könnte  wol  in  einer  nach  langer  Zwischenzeit  vorgenommenen  über> 
arbeitung  der  fortschritt  in  der  spräche  recht  sichtbar  sein,  während 


EAJuoghahn:  stadien  zu  Thukjdides.  383 

der  uior  sieb  dieses  Unterschiedes  weniger  bewtist  war,  da  er  ja 
uck  die  entwicklnng  der  spräche  mehr  nnbewnst  mitmachte,   mit 
OBOB  solchen  falle  haben  wir  es  hier  offenbar  nicht  zu  thun.   zwar 
kt  die  attische  prosa  gerade  während  des  lebens  des  Thuk.  eine 
groaze  entwicklang  durchgemacht,  aber  diejenigen  abschnitte  seines 
voiss,  welche  als  Überarbeitung  kenntlich  sind ,  sind  offenbar  die 
ii  bang  auf  die  spräche  schlechteren,  wir  haben  gelesen,  dasz  es  in 
don  werke  des  Thuk.  zahlreiche  abschnitte  gibt,  deren  spräche  sich, 
Nwdt  das  bei  der  Verschiedenheit  der  objecte  gesagt  werden  kann, 
TOB  der  seiner  jüngeren  Zeitgenossen  wenig  unterscheidet,  ja  in  be- 
X8^  luf  den  wottyorrat ,  auf  die  wort-  und  formbildung  und  auf  die 
>jntax  gar  nicht    allerdings  ist  in  derselben  die  satzbildung  sehr 
oB&eh,  aber,  wie  es  scheint,  nicht  aus  unvermOgen  des  Verfassers, 
sondern  weil  ihm  diese  einfachheit  zweckentsprechend  schien,  ich 
Mg«:  nicht  aus  Unvermögen,   denn  es  finden  sich  in  den  von  allen 
eigeniOmlicbkeiten  freien  abschnitten,  welche  die  bloszen  thatsachen 
dei  peloponnesischen  krieges  enthalten,  also  gerade  das  unentbehr- 
iidbite  aus  dem  ganzen  werke ,  die  schon  hieran  als  der  grundstock 
cnd  der  älteste  bestandteil  des  Werkes  kenntlich  sind,  es  finden  sich 
hier  schon  perioden ,  die  als  mustergültig  angesehen  werden  dürfen 
{ib.  V67,  1.   I  58,  1;   letztere  stelle  natürlich  unter    der  voraus- 
letzong  dasz  f irpaccov  als  Schreibfehler  getilgt  werden  musz ,  wie 
tQe  h^.  meinen),  ist  es  denkbar,  dasz  ein  autor,  der  bewiesen  hat 
dass  er  sich  über  allerlei  gegenstände  klar,  den  gesetzen  der  gebil- 
deten spräche  gemäsz  und  sogar  schön  auszudrücken  vermag ,  dasz 
dendbe  in  einer  Überarbeitung  eine  holprige  und  vom  gebräuch- 
fidiei  abweichende  spräche  anwende,  zu  deren  Verständnis  oft  inter- 
pietea  zu  hilfe  genommen  werden  müssen?  und  letzteres  nicht  etwa 
bkwz  da,  wo  der  gedanke  schwierig  ist.   wenn  wir  zb.  über  die 
idüaefat  bei  Mantineia  Y  69  lesen,  bei  den  Lakedaimoniem  habe  man 
«ine  ermutigende  anspräche  an  das  beer  nicht  ftir  nötig  gehalten,  es 
genfigten  die  kriegslieder,  durch'  die  sie  aufgefordert  wurden  als 
vscksra  lente  dessen  zu  gedenken ,  was  sie  verständen  (oder  worin 
oe  vidi  sicher  fühlten) :  ist  das  ein  so  gar  schwieriger  gedanke?  man 
Khe  «ur  den  griechischen  text  an  (s.  oben  s.  364).   welch  eine  quäl 
der  spraehe!    und  welch  eine  quäl  für  die  leser  und  interpreten! 
Bsdidem  schon  viele  erklärer  sich  mit  der  stelle  abgemüht  haben, 
bllt  noch  der  neueste  hg.  für  nötig  zu  zeigen,  dasz  der  Verfasser  habe 
ttgen  wollen:  TtapcKcXeüovTO  dXXVjXoic  fi€)ivffc6ai  div  i^TticTavTC 
'vobei  er  die  worte  drrttOotc  oOciv  ganz  ausscheidet),  dh.  nach  mei- 
ner Biilfaflsang,  er  überträgt  die  wunderliche  spräche  des  überarbei- 
ten in  die  verständliche  spräche  des  ursprünglichen  Werkes,  solche 
«tdleB  sind  sehr  zahlreich  vorhanden,   es  wäre  gewis  eine  lohnende 
vbeit  fiberall  die  spräche  des  Überarbeiters  als  die  verschlechterte 
n  erweisen;   doch  es  wird  für  meinen  zweck  genügen,  wenn  ich 
ciiuge  von  den  oft  gebrauchten  redeformen  hervorhebe,  in  denen  das 
^BTennOgen  des  schreibenden  sich  gefiülig  auszudrücken  besonders 


384  EAJaoghahn:  Btadien  zu  Thukydidea. 

deutlich  wird,  ich  verweise  auf  den  letzten  satz  von  IV  12,  welches 
cap.  viel  eigentümliches  in  der  spräche  hat.  der  erzfthler  hat  wieder 
einmal  seine  leser  darauf  aufmerksam  gemacht,  dasz  in  dem  kämpfe 
bei  P7I0S  Athener  und  Spartaner  gleichsam  ihre  rollen  getauscht 
haben,  und  fügt  hinzu:  in\  iroXO  T^P  ^^oici  Tf)c  b6lr\c  dv  ti|i  töt€ 
ToTc  ji^v  i^TTCipuiTaic  jüiäXiCTQ  elvai  xal  rd  ireZd  KparicTOic,  Tok  b^ 
OaXaccioic  re  Kai  raic  vauci  nXeiCTov  npo^x^^v.  in  dieses  sprach* 
räthsel  kommt  erst  licht,  wenn  man  erkannt  hat  dasz  die  infinitive 
Bubject  sind  zu  dem  verbum  diroiei,  und  dasz  TOic  fi^v  und  TOic  bi 
von  i^TieipiuTaic  und  OaXaccioic  grammatisch  zu  trennen  ist,  ein  fall 
von  hftrte  der  in  den  von  mir  für  überarbeitet  gehaltenen  teilen  sehr 
häufig  vorkommt  die  ungeschickte  anwendung  des  activum  (wie 
hier  in  dTioiei),  zu  dem  man  ein  persönliches  snbject  erwartet,  wäh- 
rend das  subject  in  einer  Umschreibung  durch  einen  satz  oder  erwei- 
terten infinitiv  gefunden  werden  musz ,  ist  sehr  oft  da  anzutreffen, 
wo  die  spräche  auch  sonst  eigentümlichkeiten  hat.  doch  in  der  obigen 
stelle  ist  die  deutung  zweifelhaft. 

Deutlicher  ist  diese  erscheinung  in  YIII 96,  3,  wo  von  der  mat- 
losigkeit  der  Athener  nach  einem  empfindlichen  Unfall  die  rede  ist: 
lidXicra  b'  aurouc  Kai  bi*  ^TT^Tdrou  dOopüßci  el  o\  ttoX^^ioi  toX- 
liricouct  veviKtiKÖTCC  eüOu  cq>a»v  ^ttI  töv  TTeipaiä  dpf^pov  6vTa 
V€wv  irXeiv  *  hier  ist  der  satz  el  o\  iroX^fiioi  usw.  subject  zu  i6opu- 
߀t.  habe  ich  darin  recht,  dasz  diese  ungeschickte  anwendung  des 
gleichsam  unpersönlichen  activum  der  guten  griechischen  prosa  fremd 
ist?  sie  findet  sich  auch  bei  Thuk.](ur  in  den  offenbar  überarbeiteten 
abschnitten. 

Das  sprachliche  Unvermögen  zeigt  sich  auch  noch  darin ,  da» 
das  Subject,  wenn  es  nicht  durch  ein  besonderes  nomcn  ausgedrückt 
ist,  oft  nur  aus  dem  Zusammenhang  errathen  werden  kann,  beson- 
ders beim  subjects Wechsel,  zb.  IV  47,  1  die  bk  £ir€icav  (sc  die 
freunde)  Kai  |üiiix<3iviica)i^vuiv  (sc.  die  freunde,  vielleicht  auch  die 
npocTdrai)  tö  tcXoiov  dKuX^ovrec  iX7)96ncav  (sc.  die  gefangenen), 
ebenso  II  3,  4  (in  irpoccpdpujVTai  und  ttTViuvTai)  und  11  93,  3  (in 
ToX^ficai  und  irpoaicBecBai)  und  noch  an  sehr  vielen  anderen  stellen. 

Ich  erinnere  mich  dasz  beurteiler  des  Thuk.  die  Unebenheiten 
in  seiner  spräche  mit  seiner  langen  Verbannung  entschuldigen,  in 
welcher  er  die  inzwischen  erfolgte  entwicklung  der  attischen  pro^a 
versäumt  habe,  sollte  also  nicht  hierdurch  die  Verschlechterung  der 
spräche  in  der  sptttern  Überarbeitung  recht  wol  erklärlich  sein?  ja 
wenn  er  nur  von  der  weitem  entwicklung  ausgeschlossen  gewesen 
wäre,  das  wäre  noch  begreiflich,  aber  er  müste  ja  seine  mutter- 
spräche,  in  der  er  sich  anfangs  so  trefflich  auszudrücken  wüste,  spä- 
ter gewandt  zu  gebrauchen  verlernt  haben,  wie  mancher  sein  bischen 
latein  vergiszt,  wenn  er  einige  jähre  das  gymnasium  hinter  siohbat. 
noch  sonderbarer  wäre  dasz  er  den  rückschritt  gemacht  haben 
müste,  nachdem  er  sich  schon  eine  lange  reibe  von  jähren  erfolgreich 
gegen  denselben  gewehrt  hatte:  denn  noch  die  letzten  Seiten  des  vor- 


£AJonghahn:  atudien  zu  Thukydidefl.  385 

hiiidaieii  Werkes,  welche  doch  das  j.  411  behandeln,  weisen  ab- 
8Ghiitte  Ton  klarer  und  xmtadellicher  spräche  auf  (zb.  VIII 106. 107). 
Wenn  es  nun  auch  schon  hiemach  nicht  wahrscheinlich  ist,  dasz 
TboL  selbst  die  Überarbeitung  ausgeführt  habe,  so  halte  ich  doch 
dn  auf  die  letctgenannten  gründe  aufgebautes  urteil  nicht  für 
doichaos  fibersengend,  denn  hier  wird  mancher  vielleicht  auch  an- 
dffs  schlieaien.  während  einige  die  mftngel  der  spräche  bei  Thuk. 
ans  seitter  langen  abwesenheit  von  Athen  erklftren,  werden  andere 
finden  da«  jener  grund  gerade  auf  die  reinheit  der  spräche  wirke,  so 
utflilt  sb.  Bauchenstein  über  Lysias  (einl.  s.  9).  überseugender  für 
die  Botwendigkeit  der  annähme  einer  fremden  hand  ist  für  mich  fol- 
gende beobachtnng:  die  schlicht  attisch  geschriebenen  teile  des  wer* 
kM  sind  auch  in  den  gedanken  klar,  dagegen  in  deigenigen  abschnit- 
ten, in  denen  die  spräche  ab  weichungen  aufweist,  erscheinen  auch 
diejenigen  mftngel  in  den  gedanken,  von  denen  ich  oben  (s.  364  £f.) 
^nch,  und  besonders  da  wo  die  eigentümlichkeiten  der  spräche  ge- 
blolt  encbeinen.  sn  solchen  stellen  gehört  IV'c.  73.  betrachten  wir 
dieses  einmal  in  besug  auf  den  inhalt.  Brasidas  will  Megara  entsetzen ; 
er  beeetat  einen  geeigneten  platz  und  bleibt  auf  demselben  kampf- 
gcrflstei  stehen  in  der  erwartnng,  dasz  die  Athener  den  angri£f  ma- 
ct«B  werden ;  er  weiss  ja,  dasz  die  Megarer  nur  den  erfolg  des  kampfes 
ibwarteo,  um  dann  sofort  dem  Sieger  zuzufallen  (nb.  hiemach  hftlt 
er  den  kämpf  für  unvermeidlich),  jetzt  folgt  eine  begrttndung  dieses 
mhaJtens  der  Peloponnesier:  ^hiermit  meinten  sie  in  beiden  stücken 
dsi  richtige  getroffen  zu  haben:  Einmal  vermieden  sie  durch  ihre  be* 
reiiwüligkeit  den  angriff  aufzunehmen  die  ungünstigen  Chancen  des 
aagraifers,  md  es  durJEte  ihnen  wol  gleichsam  ohne  die  kampfesarbeit 
iiicnep  docovrri)  mit  recht  der  sieg  zugeschrieben  werden,  dann  aber 
etelHen  aie  sich  mit  demselben  verfiüiren  auch  zu  den  Megarem  rich- 
tig.' diese  steile  liefert  so  recht  den  beweis,  wie  lange  selbst  ein 
grober  irrtnm  unbemerkt  bleiben  kann :  denn  erst  die  neuesten  hgg. 
bben  ihn  bemerkt  und  haben,  vorzüglich  aus  sprachlichen  gründen, 
shnhsUen  geeueht  (das  nfthere  bei  Claasen  im  krit.  anhang).  dasz 
saek  der  gedenke  falsch  sei,  hat  zuerst  Classen  nachgewiesen  ('aber 
vie  konnten  die  Peloponnesier  diese  forderung[nemlich  eines  mühe- 
losei,  onblntigen  sieges]  vor  der  entscheidung  aufstellen?'),  ihm  ist 
es  wahrscheinlich,  dasz  die  werte  Kai  aÖTOic  . .  Av  Ti6€c8at  'in  ihrer 
iauMrhin  sehr  ungewöhnlichen  ansdrucksweise*  ein  glossem  zu  den 
Agenden  (ibcrc  äfiax€l..fiXOov)  seien,  oder  dasz  sie  doch  erst  nach 
dcMilbeB  ihre  stelle  finden  müsten.  so  viel  ist  also  jedenfalls  unzwei- 
Uksft,  dasz  wir  es  in  diesem  cap.  mit  mangelhaften  gedanken  zu 
*«kiia  haben,  der  mangel  ist  durch  Classens  auseinandersetzung  für  je- 
dw  sichtbar  gemacht ;  aber  beseitigt?  ich  glaube  nicht,  eskann  jagar 
lödkt  abgenommen  werden,  dasz  Brasidas  in  seinen  erwftgnngen  auch 
die  mflgliehknit  des  absngs  der  Athener  ins  äuge  faszte,  nachdem 
doch  otai  (§  1  oiö|ievot . .  viicn  £cTat)  deutlich  ausgesprochen  war, 
^  er  gladbte,  die  Athener  würden  angreifen  (was  nach  ihrem  ent- 

l»ferMa«flrdMt.pliUoU  m9hll.6B.6.  26 


386  £A Junghahn:  stadien  zu  Thukydides. 

schlossenen  und  erfolgreichen  auftreten  der  letzten  zeit  auch  ganz 
begreiflich  war) ,  und  es  sei  der  entscheidungskampf  mit  rüclcsicbt 
auf  die  abwartende  haltung  der  Megarer  unyermeidlich.  so  sind  also 
auch  die  werte  vOv  bk  k&v  tuxciv  .  .  fjXOov  (§  3)  sinnstörend,  aber 
auch  die  vorangehenden  worte  (ei  ^^v  tap  Mf|  . .  Tf)c  iröXcuic)  ent- 
sprechen nicht  der  Sachlage,  allerdings  stand  es  ja  mit  Megaranach 
dem  Verlust  der  langen  mauern  und  Nisaias  mislidi;  beim  ausbleiben 
des  entsatzes  würde  die  stadt  mit  der  zeit  den  Athenern  erlegen  sein; 
dasz  sie  aber,  falls  der  entsatz  nicht  erschien,  sofort  verloren  war, 
wird  besonders  durch  c.  68  ae.  und  69, 1  widerlegt,  endlich  istanch 
das  nicht  richtig,  dasz  durch  den  verzieht  der  Peloponnesier  auf  den 
angriff  ihre  mission  für  Megara  gar  nicht  litt,  der  erfolg  zwar  zeigte 
dasz  die  Athener,  die,  in  der  hofinung  durch  verrath  Megara  zu  be- 
kommen, mit  einer  geringem  Streitmacht  gekommen  waren,  sich  bei 
der  veränderten  Sachlage  zum  angriff  zu  schwach  fühlten  nnd abzogen, 
muste  denn  aber  Brasidas  nicht  auch  an  die  möglichkeit  denken,  dasi 
sie  den  Peloponnesiem  gegenüber  in  guter  Stellung  stehen  blieben, 
um  Verstärkungen  abzuwarten?  dadurch  wären  aber  doch  die  Chancen 
für  den  entsatz  von  Megara  geringer  geworden,  kurz  nnd  gut,  hier 
liegen  reflexionen  vor,  wie  man  sie  erst  nach  dem  unerwarteten  er- 
folg machen  kann,  die  aber  nicht  dem  handelnden  zngeschrieber. 
werden  dürfen ,  der  solchen  erfolg  gar  nicht  voraussah,  der  einzige 
grund  der  Zurückhaltung  der  Peloponnesier  war  offenbar  die  scheu 
vor  einem  in  der  letzten  zeit  in  allen  Unternehmungen  entschlossenen 
und  glücklichen  gegner,  dessen  numerische  stärke  sie,  bei  der  Schnel- 
ligkeit der  ereignisse,  nicht  einmal  genau  kennen  mochten. 

In  lY  108,  einem  capitel  welches  ebenfalls  innerhalb  weniger 
Zeilen  (§  4.  6)  eine  ftllle  sprachlicher  eigentttmlichkeiten  hat  (s.  oben 
s.  376)  ist  nicht  ein  so  handgreiflicher  denkfehler  wie  in  c.  73,  doch 
dasz  die  gedanken  inmierhin  sehr  mangelhaft  sind ,  kann  nicht  un- 
bemerkt bleiben,  es  ist  von  den  folgen  des  ab&lls  von  Amphipolis 
die  rede,  die  athenischen  bundesgenossen  in  jener  gegend  sind  um 
so  eher  geneigt  diesem  beispiel  zn  folgen ,  als  sie  in  der  tüchtigkeit 
und  ehrenhaftigkeit  des  Brasidas  eine  garantie  für  den  guten  ausgang 
eines  solchen  Unternehmens  sehen  (§  3).  in  §  4.  6.  6  folgt  nun  eine 
weitere  grnppe  von  begründungen  ihres  entschlusses  zum  ablall,  sie 
hofften  es  straflos  thun  zu  können,  da  sie  die  macht  Athens,  die  ihnen 
in  ihrer  ganzen  grösze  erst  später  deutlich  wurde,  damals  noch  unter- 
schätzten nnd  mehr  ihrer  neigung  als  den  gründen  der  vorsidit  und 
klugheit  gehör  gaben ;  welches  letztere  wieder  von  der  menschen- 
natur  überhaupt  hergeleitet  wird,  wie  wenn  wir  sagen:  'so  ist  nun 
einmal  der  mensch'  (§  4).  mit  fipa  bk  (§  5)  kflndligt  sich  ein  fer- 
nerer grund  an:  die  Athener  hatten  kürzlich  in  Boiotieneine  nieder- 
läge  erlitten  und,  nach  der  unrichtigen  darstellung  des  Brasidas,  bei 
Nisaia  im  verzieht  auf  den  entscheidungskampf  schwäche  gezeigt; 
daher  schwoll  den  zum  abfall  geneigten  bundesgenossen  der  kämm, 
und  sie  meinten ,  die  Athener  würden  es  wol  bleiben  lassen  sie  mit 


EAJuDghahn:  Stadien  zu  Thnk^dides.  387 

gewalt  zum  gehorsam  za  bringen,   wie  kann  dies  aber  ein  neaer 
grand  oder  aasfühmng  des  ersten  sein ,  zn  welcher  aaffassnng  das 
i^ui  hk  nötigt,  wfthrend  es  doch  factisch  mit  dem  ersten  gründe  zu- 
suomenftUt?  denn  wenn  sie  die  macht  Athens  unterschätzten,  so 
konnte  doch  nichts  anderes  als  die  miserfolge  der  letzten  zeit  diesen 
fiüschenglaaben  hervorgerufen  haben ;  vorher  können  sie,  besonders 
mit  hinbUck  auf  das  für  den  abfall  gezttchtigte  Mytilene  und  auf  die 
erfolge  in  Pylos  und  Sphakteria,  einen  solchen  glauben  nicht  gehabt 
b&ben.  —  Mit  t6  bi  |üi^ctov  (§  6)  ktlndigt  sich  der  wichtigste 
grand  an :  'wegen  des  augenblicklichen  reizes  der  hierin  für  sie  lag, 
nnd  weil  zu  erwarten  stand  dasz  sie  den  versuch  zu  einer  zeit  machen 
loüten,  wo  die  Lakedaimonier  sich  das  erste  mal  endlich  eifrig  zeig- 
ten, waren  sie  zu  jedem  Wagnisse  bereit.'  wer  kann  bestreiken,  dasz 
bier  das  f|bavf|V  £xov  ^v  T(f»  aörixo,  das  durch  tö  bk  iiificiov  zum 
^nptgronde  gezogen  ist,  ganz  dasselbe  ist  wie  die  oben  (§  4)  schon 
behandelte  ßouXrictc  dcacpric  und  die  dXmc  dircptCKCTrroc?  und  ist 
nicht  auch  dieses  nachlfissigkeit  des  denkens ,  dasz  jetzt  eine  augen- 
blickliehe Vorstellung  sie  zu  jedem  Wagnisse  antreibt;  wfthrend 
oe  oben  grfinde  genug  sich  klar  gemacht  hatten,  warum  bei  dem 
ib^e  ffir  sie  nichts  zu  riskieren  sei? 

Mfingel  des  denkens  erschienen  an  den  beiden  zuletzt  behan- 
delten stellen  da,  wo  der  autor  die  handelnden  personen  reflectieren 
hm.  solche  mftngel  zeigen  sich  aber  auch,  mit  den  sprachlichen 
egenttlmlichkeiten  zusammen,  in  weit  schlichterem  zusammenhange, 
tb.  VII34.  die  Unklarheit,  welche  in  den  Worten  von  vo^(cavT€C 
bis  dvücttiv  (§  7)  liegt,  ist  recht  arg.  vergegenwftiügen  wir  uns  die 
Sachlage,  der  kunpf  war  unentschieden;  dennoch  fand  man  nach  dem- 
Selben  von  beiden  teilen  ein  rpÖTraiov  errichtet,  das  hfttte  gar  nichts 
asSUHgee,  da  ja  oben  das  angegeben  war,  worauf  etwa  jeder  der  bei* 
da  gegner  den  anspruch  auf  einen  sieg  allenfalls  sttttzen  konnte:  die 
Athener,  da  sie  wegen  des  ihnen  günstigen  windes  die  Verfügung  über 
aue  Bchiffstrtlmmer  behielten,  die  Korinther,  weil  sie  ihrem  gegner 
mehr  schiffe  segeluntüchtig  gemacht  hatten  als  dieser  ihnen,  nun 
^  wird  fftr  die  Eorinther  noch  ein  grund  angeführt,  nemlich  der 
^octnd  dasz  sie  sich  nicht  für  besiegt  hielten  (vo)i(cavT€C 
^^i  oäx  f|ccfic6at).  aber  danach  kann  ja  hier  gar  nicht  gefragt 
Verden,  sondern  warum  sie  sich  für  die  sieger  hielten,  man  wird 
Qir  doch  nicht  einwenden,  das  nichtbesiegtsein  sei  den  Ko- 
nntbetn  nach  der  ansieht  des  autors  gleichbedeutend  mit  siegen, 
*tt  der  folgende  satz  ja  ergebe  (oY  T€  T^p  KopivOioi  f)Tr|cavTO  usw.)? 
aaeh  lo  und  sogar  wenn  wir  hie  und  da  etwas  einfügen,  ist  und 
-ieibt  es  nnsinn,  in  6inem  athem  durch  folgende  gründe  den  an- 
ipnch  anf  den  sieg  zu  motivieren :  'erstens  hatten  sie  den  feinden 
'jses  grossem  schaden  zugefügt  als  diese  ihnen,  zweitens  hielten  sie 
uk  für  nicht  besiegt,  weil  sie  keine  grosse  niederlage  erlitten  hat- 
'^^^  in  welehem  faJUe  sie  nach  ihrer  eigentümlichen  auffiassung  sich 
««cgcr  dünkien.*   es  könnte  doch  nur  sinn  haben,  die  beiden  grfinde 

«6* 


388  EAJunghabn:  atudien  zu  Thukydidea. 

B  0  oder  ähnlich  zu  verwenden :  ^sie  hielten  sich  ftlr  die  tieger  und 
errichteten  ein  tropaion,  weil  sie  den  feinden  den  gröszem  scha- 
den zugefügt  hatten,  aber  es  hätte  dieses  grundes  nicht  einmal  be- 
durft: denn  schon  der  umstand,  dasz  sie  sich  nicht  für  besiegt  hielten. 
genügte  den  Eorinthem  sich  als  die  sieger  anzusehen/  Unklarheit 
erscheint  auch  in  dem  was  er  über  die  aoffiaseung  der  Athener  sagt 
ja  hier  ist  die  sache  noch  ärger,  denn  nachdem  wir  eben  gelesen 
haben,  dasz  die  Athener  sich  f^  überwunden  hielten,  weil  sie  keinen 
entschiedenen  sieg  erfochten  hatten,  folgt  sogleidi  (§  8)  die  mittel- 
lung  dasz  sie  ein  Siegeszeichen  errichteten«  dasz  sie  dies  erst  nach 
dem  absegeln  der  Peloponnesier  thaten,  kann  doch  an  dem  Wider- 
spruch gegen  §  7  nichts  ändern:  denn  auch  diese  hatten  ja  erst  nach 
der  abfahrt  der  Athener,  die  sie  für  einen  verzieht  hielten,  den  sieg 
sich  zugeschrieben,  somit  stand  die  sache  immer  noch  gleich,  ond 
man  sieht  nicht  ein,  wodurch  die  in  §  7  mitgeteilte  Überzeugung  der 
Athener  plötzlich  umgestoszen  worden  sei. 

Zu  den  auffallendsten  erscheinungen  bei  Thuk.  gehört  die  er* 
wähnung  oder  ausführliche  darlegung  von  unwichtigen,  bisweilen 
gar  nicht  zur  sache  gehörigen  dingen,  während  an  anderen  orten 
wichtiges  sehr  vermiszt  wird,  wer  hat  es  zb.  schon  begriffen,  warum  in 
einer  geschichte  des  peloponnesichen  krieges  zwar  die  letzten  Schick- 
sale des  Themistokles  und  Pausanias  bis  auf  die  winzigste  kleinig- 
keit  erzählt  werden,  von  den  letzten  Schicksalen  des  Periklesaber 
nichts  ?  dieser  wird  bei  Thuk.  schon  dritthalb  jähre  vor  seinem  tode 
aus  der  geschichte  mit  der  kurzen  notiz  entfernt:  iireßiui  hi  biolir, 
Kttl  fifivac  ii  (II  66).  zu  den  abschnitten  wieder,  die  an  den  stellen 
wo  sie  stehen  sich  wie  räthsel  ausnehmen ,  gehört  auch  die  episod« 
über  die  Peisistratiden  (VI  54—69),  trotz  allem  was  bisher  zu  ihrer 
rechtfertigung  gesagt  worden  ist  ich  habe  dieselbe  sowol  wegen  der 
eigentümlichkeit  der  spräche  als  auch  wegen  eines  mangelhaften  ge* 
dankens  schon  erwähnt  (oben  s.  366).  zu  meiner  völligen  Ober- 
Zeugung,  dasz  dieser  abschnitt  in  der  überlieferten  gestalt  nidit  Ton 
dem  ursprünglichen  autor  herrührt,  trägt  auch  noch  die  gewaltsaib<r 
einfügung  desselben  bei.  in  c.  53  ist  eben  erzählt  worden,  dasz  Al- 
kibiades  sein  commando  in  Sicilien  wegen  der  Vorladung  in  betreff 
der  mysterien  und  Hermen  verlassen  musz.  dann  wird  kurz  gefeigt 
wie  seit  seiner  abwesenheit  von  Athen  dort  das  mistranen  vad  di« 
denunciationswut  sich  gesteigert  hatte  und  in  vielen  veihafUmgen 
der  jenes  religionsfrevels  verdächtigten  sich  äuszerte.  es  wird  wört- 
lich so  fortgefahren  (§  3):  'denn  das  volk  hatte  gehört  und  wo£t< 
es,  dasz  die  tjrannis  des  Peisistratos  und  seiner  söhne  zuJeut 
drückend  war  und  dazu  noch  nicht  einmal  von  ihnen  (so)  selbst  unu 
Harmodios  gestürzt  wurde,  sondern  von  den  Lakedaimoniem,-  und 
darum  war  es  immer  in  furcht  und  nahm  alles  mit  mistrauen  anf ' 
das  ist  doch  eine  erstaunliche  begründung  der  furcht  welche  die 
Athener  wegen  der  religionsfrevel  im  j.  416  hegten,  nun  folgt  die 
erzählung  der  that  des  Harmodios  und  Aiistogeiton  mit  aUen  cinxel 


Nv 


EAJunghahn:  stadien  zu  Thukydides.  389 

Witen  und  folgen  und  schlieszt  mit  der  erwtthnung,  dasz  Hippias 
im  heeroBiage  der  Perser  teilgenommen  habe  (ende  c.  59).   in  c.  60 
wird  dum  der  gmnd  für  die  episode  wieder  aufgenommen:  'in  er- 
imenmg  hieran  war  das  Tolk  jetzt  so  hart  und  mistrauisch  gegen 
die  des  religionsfreTels  angeklagten;  es  schien  ihm  alles  veranstal- 
tang  lur  yerschwOning,  zum  behufe  der  Oligarchie  und  tyrannis.' 
jetit  ent  wird  der  gang  der  gerichtlichen  Untersuchungen  weiter  er- 
ilUt  sieht  man  auch  jetzt  etwa  ein,  was  die  letzten  religionsfroTel 
Bit  dtt  Feisistratiden  zu  schaffen  haben  sollen,  so  ist  die  fernere 
fnge,  wie  denn  die  weitläufige  erzfthlung  von  der  that  des  Harmo- 
dk»  in  diesen  Zusammenhang  gehöre,   sie  ist  doch  im  wesentlichen 
benchtignng  einer  falschen  meinung,  welcher  nun  der  wahre  sach- 
TeriuJt  gegenflbergestellt  wird,  es  scheint  also  am  natflrlichsten  das 
t6  Top  'ApicroTciTOVOC  an  das  ende  yon  c.  53  anzuknüpfen ,  an  die 
fibche  meinnng,  nach  der  Hipparchos  tyrann,  und  zwar  letzter  tj- 
nia  Ton  Athen  war,  und  nach  der  daher  durdi  seinen  tod  auch  die 
tynimis  fiel  (daez  aber  dieses  wirklich  die  falsche  meinung  war,  er- 
gibt ncfa  aus  den  Worten  oöb\.Ö9*  *Ap^ob(ou  KaxoXudc icav :  denn 
diu  Hsnnodios  etwa  den  Hippias,  nicht  den  Hipparchos  getötet 
bibe,  eine  solche  meinung  hat  auch  nach  Thuk.  nicht  bestanden), 
jowr  aatarlichen  erwartung  wird  nun  aber  im  folgenden  (c.  54  ff.) 
udit  entsprochen,   denn  hier  werden  auch  die  Athener  wegen  fal- 
Rher  meinung  getadelt,  die  doch,  nach  des  autors  eigner  angäbe 
(c.  63),  Aber  jenen  gegenständ  das  richtige  wüsten ;  femer  wird  nicht 
die  oÜge  fakdie  meinung  berichtigt,  nemlich  dasz  in  Hipparchos 
dv  letrte  tymnn  gestürzt  sei,  sondern  die  dasz  er  yor  Hippias  re- 
giert habe,    das  anknüpfende  ydp  hat  also  eine  sichtbare  beziehung 
im  Toraagehenden  nicht,  und  es  bleibt  nun  wieder  nichts  übrig  aU 
nr  Tentopf^g  dieser  gedankenkluft  durch  einschiebung  eines  Satzes 
n  selirriten.  das  hat  Classen  mit  folgendem  setze  gethan :  'der  wahre 
nnmmenbang  der  sache  war  dem  demos  unbekannt.'  aber  hierbei 
bkibt  doch  immer  noch  in  hohem  grade  seltsam,  dasz  derselbe  autor, 
dar  sieh  la  e.  63  (ende)  ausdrücklich  auf  das  wissen  der  Athener 
bcraft,  soweit  es  die  hier  in  betracht  kommende  geechichte  der  Pei- 
sistnliden  betrifft,  und  der  in  c.  60  (anfang)  wiederholt,  dasz  sie 
dsf ,  woraof  es  zur  begründung  ihres  von  ihm  erztthlten  verfahrene 
ttkonmit,  wüsten,  dasz  derselbe  gerade  hier  gelegenheit  findet 
ten  den  maagel  an  wissen  auf  demselben  gebiete  vorzurücken,  und 
iwv  in  besug  auf  umstftnde  auf  die  hier  gar  nichts  ankommt,  und 
»t  80  sddurfem  tadel,  dasz  ee  klingt  als  ob  eben  dieselben,  deren 
viwB  er  eben  anerkannt  hat,  gerade  auf  diesem  gebiete  gar  nichts 
^Mtt  (oCtc  atJToOc  'AOiivaiouc  ircpl  tiSjv  cqKx^pujv  Tupdvvuiv  .  • 
«pißic  oöbiv  X^ovrac).  es  wird  doch  nicht  etwa  jemand  aus  dem 
^incrdpicvoc  dxoQ  (c.  53)  herauslesen  wollen,  dasz  hiermit  schon 
-)bea  ihr  wissen  als  ein  unsicheres  bezeichnet  worden  sei?  der  autor 
drüekt  ja  doch  c.  55  auch  sein  eigenes  auf  sichere  tradition  gegrün- 
^Het  wiaeen  durch  dxoQ  clb^vai  aus. 


390  EAJanghahn:  studien  zu  Thakydides. 

Werfen  wir  auch  noch  einen  blick  auf  die  mängel  des  gedanken- 
inhalts  dieser  episode.   ein  üeJI,  ans  c.  55,  ist  scion  oben  (s.  366) 
besprochen  worden,  ein  anderer  Hegt  in  c.  54  vor.  der  antor  ist  hier 
eben  im  begriff  einen  act  gemeiner,  hinterlistiger  räche  des  Hippar- 
chod  zu  erzfihlen  (und  dasz  der  erz&hler  ttber  jenes  verfahren  nicht 
etwa  milder  denkt,  darüber  l&szt  das  verbum  TrpoTniXondleiv  keinen 
zweifei) ,  unterbricht  aber  die  erztthlung  (die  erst  c.  56  wieder  auf- 
genommen wird)  durch  ein  lob  des  Hipparchos  und  der  Peisistrati* 
den  überhaupt,  das  in  den  werten  gipfelt:   xai  £n€Tfjbeucav  b(\ 
irXeicTOV  öf)  Tupavvoi  oötoi  dp€Tf)V  xal  Euveciv.   wer  aber  auch 
das  noch ,  natürlich  durch  ergftnzungen  von  gedanken^  in  Überein- 
stimmung bringen  kann,  wie  will  der  es  erklären,  dasz  hier  (c.  54, 
5  u.  6)  das  milde  und  schonende  wesen  der  Peisistratiden  gegenllber 
den  Athenern  gepriesen  wird ,  während  unten  (c  55 ,  3)  unter  den 
beweisen  für  die  erstgeburt  und  tyrannis  des  Hippias  sich  auch  der 
findet,  dasz  Hippias  am  tage  des  attentats  sich  als  ein  erfahrener  her- 
scher bewährt,  und  dasz  er  diese  Sicherheit  gehabt  habe  durch  seine 
gewohnheit  sich  den  bürgern  gefürchtet  zu  machen  (öid  t6 
rrpÖTcpov  EOvriOec  toic  iroXiTaic  qpoßepöv)?   kurz  und  gut:  diese 
episode  zeigt  eine  fülle  von  gedankenlosigkeit,  sie  ist  in  der  spräche 
zum  teil  recht  auffallend ,  und  der  nachweis,  was  sie  an  der  überlie- 
ferten stelle  solle ,  ist  auch  noch  niemandem  gelungen ;  ich  glaube 
dasz  sie  dem  ursprünglichen  werke  nicht,  jedenfalls  nicht  in  der 
Überlieferten  gestalt  angehört  hat. 

Zu  den  abschnitten  des  Werkes,  in  denen  ich  handgreifliche  mSn- 
gel  des  Inhaltes  schon  oben  nachgewiesen  habe  (s.  363  f.  u.  s.  367  f.\ 
gehört  auch  das  prooemium  und  die  betrachtungen  über  den  Sitten- 
verfall m  82 — 84 ,  und  in  beiden  sind  die  eigentttmlichkeiten  der 
spräche  so  gehäuft,  dasz  man  sie  aus  diesen  wenigen  blättern  allein  fast 
alle  kennen  lernen  kann,  der  umstand  dasz  m  84  schon  von  dem 
scholiasten  für  interpolation  erklärt  worden  ist,  welche  ansieht  zam 
teil  bestritten  wurde  (zb.  von  Arnold) ,  von  den  neueren  hgg.  aber 
gebilligt  wird ,  führt  mich  zu  der  bemerkung,  dasz  auch  die  andere 
als  interpolation  bezeichnete  stelle  von  gröszerm  umfiange  (m  17; 
und  auch  solche  von  kleinerm  umfange  sich  in  abschnitten  befinden, 
welche  die  oben  angegebenen  eigentümlichkeiten  der  spräche  haben 
(von  kleineren  zb.  IV  73.  YII 36).  ich  habe  oben  schon  gesagt,  dasz 
ich  an  die  interpolationen  nicht  glaube,  hierin  wird  mir  jetzt  jeder 
beipflichten,  betrachten  wir  erst  einmal  die  gröszeren  stücke.  III 1* 
und  in  84  enthalten  einen  so  groszen  teil  der  sprachlichen  eigen- 
tümlichkeiten,  dasz  hier  die  interpolation  ein  wahres  meisterstflck 
der  teuschung  wäre,  nicht  nur  findet  man  in  diesen  zwei  capitek, 
die  zusammen  nur  34  zeüen  (der  Stahlschen  ausgäbe)  umfassen,  ein« 
erhebliche  anzahl  Wörter  späteren,  ja  sehr  späten  gebranches,  nicht 
nur  einige  neutra  von  adjectiven  bzw.  participien  in  substantivischer 
bedeutung  (in  c.  84),  sondern  noch  andere  für  Thuk.  so  recht  cha- 
rakteristische eigentümlichkeiten,  zum  teil  auch  solche  die  als  eigen- 


EAJanghabn :  stadien  zu  Thukydides.  391 

tfifflüchkeiteii  früher  nicht  beobachtet  worden  sind:  c.  17  £v  TOic 
irkckrai  Vf)6C  (s.  s.  371);  die  nngenaaigkeit  in  der  auslassnng  des 
raigeetes  bei  einem  verbum  erscheint  in  auTifi  T^p  ^Xdpßave,  das 
tobject  mosz  errathen  werden  (ygl.  s.  384);  und  nun  gar  rä  XP^l* 
Mora  toOto  pdXtCTa  änavdXuice  perä  TToTiSaiac ,  wo  das  activum 
gebraoeht  wird,  wie  wenn  eine  person  snbject  wäre  (vgl.  s.  384).  in 
e.  84  gehört  zu  den  beachtenswertesten  eigenttimlichkeiten  biiXöuj 
mit  don  nom.  c.  inf.,  döifjXuiccv  äxparfic  cOca  (vgl.  s.  371);  dann 
du  desiderativ  äiraXXo^eiu),  fUr  welche  verbalbildung  bei  Thuk, 
dne grosse  Yorliebe  ist;  iv  ibes^in  welchem  falle';  ein  auffiällendes 
lijperbaton  (ä£toGci  bk  toOc  koivouc  Trepi  tuiv  toioutujv  ol  ävGpui- 
TOi  vd^ouc);  endlich  die  Wortbildung  dirapaiTtiTOC  (vgl.  s.  371). 

Um  wie  viel  mehr  musz  eine  solche  thatsache  ins  gewicht  fal- 
len, wenn  wir  bemerken  dasz  in  zusammenhängenden  abschnitten 
dieses  selben  buches,  die  einen  mehrfach  so  groszen  umfang  haben 
wift  jene  beiden  capitel  zusammengenommen,  auch  nicht  eine  ein- 
zige abweichnng  von  dem  gewöhnlichen  sprachgebrauche  der  atti- 
schen proea  jener  zeit  ist!  so  c.  25 — 29,  wo  die  ereignisse  vor  Lesbos 
weiter  behandelt  werden;  so  c.  90  u.  91,  welche  von  Unternehmungen 
des  sommers  426  handeln. 

Die  gründe ,  auf  welche  hin  jene  beiden  capitel  (lU  1 7  u.  84) 
für  Interpolationen  erklärt  werden,  sind  den  ab  weichungen  der 
spnehe  und  den  mangeln  des  inhtjtes  entnommen,  ich  bestreite 
beides  nicht  (obwol  anch  sehr  eifrig  ftlr  das  gegenteil  gestritten 
w<»din  ist) ;  ja  es  ist  meiner  anffassung  förderlich,  nur  kann  ich 
skiit  zogeben  dasz  damit  die  interpolation  erwiesen  sei ,  weil  ich  ja 
Tide  stallen  nachgewiesen  habe ,  in  denen  der  mangel  des  inhalts 
Dodi  viel  anfftlliger  und  zugleich  die  abweichungen  der  spräche  ge- 
kioft  sind,  solche  abschnitte  müs&n  ja  dann  auch  als  Interpolationen 
ugvehen  werden,  vor  allem  III  83  und  VI  54 — 59,  die  episode 
fiberdie  Peisdatratiden.  mancher  wird  sagen:  'nun  gut,  warum  soll 
diese  eonsequenz  nicht  gezogen  werden?'  ich  will  nicht  den  oft  ge- 
böiioi  einwand  machen,  dasz  dann  der  inhalt  des  werkes  sehr  zu- 
suuaenschmmpfen  würde:  denn  warum  soll  man  sich  nicht  denken 
kQBMB,  dasz  das  ursprdngliche  werk  von  geringem  umfange  war 
oad  anr  erzählnng  der  thatsachen  in  gedrängter  kürze  enthielt?  aber 
lack  aoBseheidung' jener  stellen  würde  nicht  überall  das  Übrigblei- 
(«uie  genügendes  Verständnis  bieten;  und  das  ist  eben  der  grund, 
wanun  ixhy  wenn  ich  doch  einmal  behaupten  musz  dasz  die  in  dop- 
Nter  bintiebt  anfüedlenden  abschnitte  nicht  von  der  ersten  band 
^ortkren  können,  Überarbeitung  und  nicht  interpolation  annehme. 

Sehen  wir  uns  zb.  lY  73  an.  die  für  das  Verständnis  der  Sach- 
lage ganz  überflüssigen,  mit  einem  gedankenfehler  behafteten  (s.  o. 
«.  385)  und  an  Spracheigentümlichkeiten  reichen  motivierungen  der 
^hmg  nmÜMsen  nur  ein  halbes  capitel,  von  §  2  an  bis  §  4  anfang 
'•nXiiic  hk  ivö^iZov  .  .  TcXpäv),  sie  können  aber  nicht  ohne  no<^ 
^•itere  änderungen  des  ursprünglichen  textes  eingeschoben  sein« 


392  EAJanghahn:  stadien  zu  Thukydides. 

weil  die  folgenden  worte  (xpövov  bi . .  £7ncxövT€C  usw.)  keinen  un- 
mittelbaren anscfalusz  haben ,  nnd  wenn  auch  nur  die  6ine  zeile  ver- 
miszt  wird  des  inhaltes,  dasz  die  Athener  herauskamen  und  sieh  sof- 
stellten. 

Alle  spuren  einer  Überarbeitung  bis  ins  einzelne  hinein  nachzu- 
weisen darf  nicht  versucht  werden;  ich  habe  mich,  um  desto  sieherer 
zu  überzeugen,  auf  solche  abschnitte  beschränkt,  in  denen  die  merk- 
male  gehäuft  erscheinen,  aber  schon  allein  die  häufung  der  sprach- 
lichen merkmale  wird  zu  dem  Schlüsse,  dasz  eine  überarbeitete  stelle 
vorliege,  berechtigen;  die  gedankenfehler,  wo  sie  sich  zeigen,  scheinen 
mehr  der  flttchtigkeit  als  der  Unfähigkeit  entsprungen  zu  sein,  und 
wenn  nun  schon  ein  beschränkter  mensch  bisweilen  einen  guten  ge- 
danken,  besonders  wenn  dieser  entlehnt  ist,  aussprechen  kann,  um 
wie  viel  mehr  ein  flüchtiger,  wenn  er  nicht  ohne  begabung  ist  und 
einmal  gegen  seine  gewohnheit  sorgfältig  verfilhrt  oft  wird  eise 
überarbeitete  stelle  nur  sehr  geringen  umfang  haben,  so  dass  von 
einer  häufung  der  sprachlichen  eigentümlichkeiten  nicht  die  rede  sein 
kann,  aber  in  solchem  falle  wird  auch  eine  vereinzelte  eigentümlich- 
keit  der  spräche  dann  nicht  unbeachtet  bleiben,  wenn  auch  der  ge- 
dankeninhalt  anstosz  erregt,  ein  beispiel  hierzu.  II  70  ist  von  dem 
mangel  der  belagerten  Potidaiaten  die  rede,  der  auch  zur  capitola- 
tion  führte,  dieses  sowie  das  vorangehende  und  folgende  capitel 
sind  in  der  spräche  ganz  einfach  und  ohne  abweichung,  nur  in  c.  70» 
1  fällt  nach  den  werten  6  re  ctTOC  dTreXcXolvrci  das  mehr  poetische 
(wenn  auch  der  attischen  prosa  nicht  ganz  fremde)  ßpiXfCtc  auf  in 
den  Sätzen:  Kai  äXXa  re  froXXd  ^ttctct^viito  aäröOi  i\br\  ßpuKCuK 
TT^pi  dvaTKaloic  xai  Tivec  Kai  äXXrjXujv  dt^TCuvTC.  sieht  man  ge- 
nauer zUy  so  erscheint  auch  das  plusquamperfect  ^T^T^uvro  süti 
dTCUOVTO  oder  dTC^cavro  abweichend;  femer  ist  doch  der  ausdrock 
dXXyiXujv  iyiftWTO  (*sie  hatten  einander  angekostet,  angefressen') 
komisch  ungeschickt,  wenn  gemeint  sein  soll  dasz  sie  zu  menschen- 
fleisch  ihre  Zuflucht  nahmen;  oder  sollen  wir  wirklich  glauben  dasz 
ein  lebender  den  andern  anbisz?  kann  aber  das  letztere  nicht  ge- 
meint sein,  sondern  wird  auf  das  schlachten  von  menschen  oder  ver- 
zehren von  leichnamen  gestorbener  hingedeutet,  so  ist  die  ganie 
thatsache,  von  Hellenen  jener  zeit  ausgesagt,  nicht  gerade  sehr  glaub- 
lich, sondern  pikante  zuthat  des  Überarbeiters,  so  fand  ich  auch 
sonst  nicht  selten  eigentümlichkeiten  der  spräche  da,  wo  anekdoten- 
haftes, pikante  und  grauenhafte  persönliche  beschuldigungen  udgl. 
mitgeteilt  werden,  und  schliesze  dasz  sie  dem  geschmaoke  des  Über- 
arbeiters  und  seinen  queUen,  nicht  dem  gründlichen,  ernsten  Thok. 
zuzuschreiben  sind,  ein  beispiel  wurde  schon  oben  (s.  378)  behan- 
delt, in  dem  an  eigentümlichkeiten  der  spräche  reichen  cap.  FV  80. 
dort  wird  in  §  2  eine  that  empörender  treulosigkeit  der  Spartiaten 
gegen  die  Heloten  erzählt,  es  hatten  sich  viele  Heloten  zur  zeit  der 
groszen  bedrängnis  Spartas  kriegerische  Verdienste  erworben*  die 
Spartiaten  fUrchteten  aber  später  gerade  von  den  tüchtigsten  der- 


E AJnnghahp ;  »tadien  zu  Thnkjctides.  393 

kUmd  am  meisten  gefahr  ftlr  sich,  und  um  diese  tttchtigsieii  zu  er- 
Bitteb,  liiesztii  sie  die  Heloten  selbst,  unter  dem  vorgeben,  es  handle 
lieh  nm  die  fireüassung  jener,  die  aoswahl  treffen;  die  2000  also  aus- 
gfwllüten  wurden  dann  von  den  Spartiaten  in  aller  stille  umge- 
gebneht  hier  (§  4)  kommt  ausser  der  unlogischen  beziehung  des 
pvt  äi6uO€pdpcovT6C  noch  eine  auffllllig  abweichende  participial- 
«Mtttniotion  Tor  in  den  worten  Ka\  frpoKpivavrec  ^c  btcxiXicuc  ol 
fitv  krcqMXvtucovTÖ  t€  . .  ol  bi  oö  7roXX«ip  ucrepov  i^cpävicdv  t6 
auTOUc  usw.,  wo  irpoKpivccvTCC  zu  dem  zweiten,  nicht  aber  zu  dem 
enta  ol  gehört,  genau  dieselbe  unregelmftszige  oonstmction  ist 
in  34, 3  in  den  worten  6  bi  TrpoKoXcci^evoc  . .  6  \iiy  iSS{\Qe  . .  ö 
Käcctvov  usw.,  wie  auch  die  erklftrer  bemerken,  ich  für  meinen 
teil  bemerke  noch  dasz  es  sich  genau  um  denselben  gegenständ  han- 
delt, aemlich  um  einen  grftszlidien,  tdokiscben  treubruch,  den  hier 
der  Athener  Faches  begangen  haben  soll.  Böhme  (zu  III  34)  macht 
10/  die  eigentOmliche  frische  der  satzform  aufmerksam,  die  durch 
jenes  saakolnthisch  verwendete  particip  entstehe,  es  mag  sein  dasz 
die  niehtbeachtung  der  pedantischen  sprachregeln  sofort  eine  vor- 
iteQong  der  msticalen  kraft  und  frische  des  redenden  erwecke,  aber 
mr  lind  solche  abweichungen  im  gebrauche  der  partidpia  beson- 
nen dmwegen  so  interessant,  weil  sie  fast  nie  in  abschnitten  vor- 
bomen,   die  von  sonstigen   spracheigentOmlichkeiten   oder  von 
RJteamkeiten  des  inhaltes  frei  sind,  sehr  oft  aber  da  wo  die  eigen- 
tflmlifhkeiten  der  spräche  gehSuft  sind,  zb.  IV  80,  wo  auszer  den 
nrei  aehon  genannten  abweichungen  noch  eine  dritte  vorliegt  (§  1) 
m  hoifiuiv  6vTuiv,  bezogen  auf  Eu^^dxouc ;  und  lY  73  (s.  oben 
s.  373  u.  8.  385).   sie  sind  also  eine  eigentttmlichkeit  des  ttber- 
tfbeiters. 

Des  bringt  mich  auf  den  gedanken  zum  schlusz  noch  eine 
probe  von  der  Stichhaltigkeit  meiner  beobachtungen  über  die  spräche 
bei  Thuk.  hinzuzufügen,  schon  der  umstand  dasz  es  abschnitte  des 
wokes  gibt,  in  denen  die  eigentflmlichkeiten  der  spräche  in  menge 
&bt  bei  einander  angetroffen  werden,  wfthrend  andere  ganz  frei  da^ 
Toa  sind,  femer  dasz  nur  in  den  ersteren  mftngel  des  sinnes  beob- 
iehtet  wenden  sind,  in  letzteren  nicht,  nötigt  zu  dem  Schlüsse,  dasz 
te  werk,  wie  es  vorliegt,  nicht  aus  dem  geiste  ^ines  autors  hervor- 
gigiagen  sein  kann,  zu  den  obigen  gründen  kam  auch  noch  die 
•nrigung  hinzu,  dasz  die  so  au^llende  Verschiedenheit  jener  ab- 
•dmitte  keineswegs  durch  die  verschiedenartigkeit  des  inhaltes  er- 
Utriidi  wurde,  wenn  wir  aber  nun  gar  diejenigen  eigentümlichkei- 
tco  IBS  snge  fassen,  die  unter  den  gesamten  bei  Thuk.  noch  die 
MltBerin  sind,  von  denen  einige  nur  je  Einmal,  andere  höchstens 
»whimal  in  dem  ganzen  werke  vorkommen,  oder  die  auch  bei  ande- 
nn  agafiüir  gleichzeitigen  autoren  (noch  vor  Aristoteles)  sehr  sel- 
ten sind,  wenn  auch  diese  nur  mit  anderen  spracheigenttlmlichkeiten 
nasniniim,  oft  sogar  in  mehreren  exemplaren  vertreten,  nicht  selten 
a  shefimitten  Ton  mangelhaftem  sinn,  yorkommen,  könnten  wir 


394  EAJunghahn:  Studien  zu  Thukydidee. 

auch  das  dem  zufall  zuschreiben?  könnte  auch  da  noch  jemand  sagen, 
man  dürfe  einem  autor,  der  mit  bewustsein  in  der  spradie  eigentüm* 
lieh  sein  wolle,  nicht  vorschreiben,  wie  er  diese  eigentttmlichkeitea 
verteilen  solle?  zu  diesem  seltensten  gehören  nun  zb.  die  substAnÜTa 
&|i€Td]LieXocund  6  irapdXoToc;  die  a^jectivadirepicKeTrrocund&TtfK)- 
cpuXaKTOC;  das  adverbium  dncoiKÖTWc  bzw.  ÄTreiKÖTUiC;  das  vor  den 
Superlativ,  und  zwar  nicht  blosz  in  der  form  des  dat.  plur.  gesetzte  ^v 
ToTc ;  das  subst.  gebrauchte  neutrum  eines  part.  fttr  ein  subst  abstr. 
oder  für  einen  Infinitiv,   sehen  wir  nun  zu ,  an  welchen  stellen  jene 
sprachlichen  besonderheiten  sich  finden,    ö  )ieTd]Li€Xoc  kommt  nur 
Einmal  vor,  YII 55,  welche  stelle  oben  (s.  373  f.)  unter  den  sprachlich 
auffallenden  schon  genannt  ist;  hier  finden  wir  auch  das  seltsame  6 
rrapdXoTOC.  ebenso  nur  Einmal  erscheint  bei  Thak.  dTrpocpuXoxTOC, 
IV  55.  sofort  wird  man  bemerken,  dasz  dies  cap.  mancherlei  sprach- 
lich seltenes  aufweist,  besonders  das  unicum  dvex^TT^^^-   flüchtige 
behandlung  des  Inhalts  zeigt  sich  hier  in  auffallenden  Wiederho- 
lungen ;  die  gegnerschaffc  mit  den  Athenern  wird  als  eine  besondere 
Schwierigkeit  hingestellt  durch  den  zusatz  olc  (sc.  'A6r|vaioic)  tö  fir; 
£mx€ipoup€Vov  del  dXXm^c  fjv  'ri\c  boKf\ce\i}C  ti  TipdEeiv,  eines  von 
den  musterstücken  der  schwer  verständlichen  spräche;  der  gedanke 
wird  nur  durch  nachhilfe  des  lesers  klar.  ~  dTrepicKCirroc  konunt 
an  vier  stellen  vor:  eine  davon,  VI  57,  steht  in  der  episode  über 
die  Peisistratiden.  in  dieser  aber  fanden  wir  die  eigentümlichkeiten 
der  Sprache  in  gedrängter  fülle,   da  haben  wir  denn  auch  in  c  5{; 
eines  von  den  allerseltensten  Wörtern,  diT€0iKÖTUJC  (bzw.  dirciKÖ- 
TU)c).  ähnlich  ist  es  mit  lY  108,  dessen  besonderheiten  und  mängel 
ich  oben  (s.  386)  gezeigt  habe,   hier*  ist  bemerkenswert  das  zusam- 
mentreffen von  diT6picK€7rTOC  und  öpTdv,  welches  letztere  in  der 
früheren  attischen  prosa  sehr  selten  und  bei  Thuk.  nur  noch  VIII 2 
(denn  11  21  ist  die  Überlieferung  unsicher)  vorkommt,  einem  ab- 
schnitt mit  eigentümlichkeiten  der  spräche  und  des  infaaltes.  flir 
das  letztere  bringe  ich  als  beleg  die  curiose  begründung  des  gedan* 
kens,  dasz  nach  dem  miserfolge  der  Athener  in  Sicilien  auch  die  bis- 
her neutralen  sich  am  knege  zu  beteiligen  wünschten,   der  gnmd 
lautet:  V0)i(cavT6C  k&v  ircX  ccpdc  ^KacToi  ^XOcTv  aurouc,  ci  Ta 
dv  tQ  CiK6X{()i  KartiipOuicav.    sie  wollten  also  die  Athener  stnüVn 
für  das  was  diese  im  falle  des  gelingens  den  neutralen  zugefügt  hal- 
ten; mit  anderen  werten:  sie  wollten  für  ihre  ausgestandene  anga- 
eine  genugthuung  haben ,  wie  sie  die  unkriegerischen  thiere  in  der 
fabel  am  sterbenden  löwen  nahmen,   ich  konnte  mich  gar  nicht  be- 
sinnen, wen  Thuk.  hier  mit  diesen  jetzt  so  kriegslustigen  neutralen 
meine,  und  habe  es  auch  bis  jetzt  nicht  ermittelt:  denn  er  nennt 
keine,  und  doch  musz  es  eine  ziemliche  anzahl  gewesen  sein »  ^^ 
das  ^KacTOi  (nb.  hyperbatonl)  beweist.  —  Ein  drittes  mal  kommt 
d7r€piCK6irroc  VI  65,  1  vor.   ich  brauche  den  satz  nur  anfkoschrei- 
ben,  und  die  Seltsamkeit  der  spräche  wird  sofort  bemerkt  werden*. 
o\  CTpoTTTTol  Tüjv  CupttKOciuJV  iierd  toO  kqI  ic  xd  dXXa  Oopceiv  xai 


EAJimghalin:  studien  zu  Thukydides.  395 

clvoi  ^v  biovoiqi  xai  dv€u  toutwv  i^vm  irapccKCudcGai  tn\  Kardvnv, 
^iriocucdv  TC  Tip  dvOpumtp  iroXAtfi  dTTcpiCKCTtTÖTepov  Kai  €u6uc 
ijM^pav  £uv6^^€V0t  usw.  jedenfalls  ist  hier  wieder  ein  beleg,  dasz 
Khwierigkeit  des  gedankens  bei  Thuk.  nicht  immer  der  grnnd  ist  für 
die lehwierigkeit  der  spräche:  denn  es  liegt  hier  ganz  einfache  erzfth- 
long  vor,  die  anekdotenhafte  mitteilong  einer  kriegslist  bzw.  eines 
Tenitbentreiches  (vgl.  oben  s.  392  f.).  hier  ist  der  (Iberarbeiter  auch 
la  der  nachlftssigkeit  kenntlich :  während  er  nemlich  zweimal  gesagt 
bitte  (e.  64  ae.  n.  65  aa,),  es  sei  zu  dem  handstreich  6in  bestimmter 
tag  Tenbredet  worden ,  wie  es  ja  auch  die  natur  der  sache  fordert, 
lern  wir  doch  gleich  weiter  unten:  irctX  bk  .  .  a\  f^^pai  £v  alc 
fuv^VTO  fjgciv  ^TTV^c  f)cav.  auszerdem  erscheint  dTT€picK67rTOC 
BOT  noch  in  einer  rede  (lY  10), 

Ich  habe  noch  nachzuholen,  wo  sich  dneiKÖTUiC  findet,  vor 
tUem  n  8,  in  einem  durch  Sprachbesonderheiten  sehr  bemerkbaren 
Abschnitte,  ua.  auch  durch  ein  abweichendes  particip  (Trpoemöv- 
Tuiv,  bezogen  auf  ActKeöai^oviouc).  der  satz  heiszt:  f|  bk  cfivoia 
iropa  iToXv)  inoUi  tuiv  dvOpiATruiv  ^dXXov  tc  touc  AaKcbai^o- 
vieuc  dXXuic  T6  xal  irpoeiTTÖvruiv  usw.  hier  ist  doch  die  spräche 
sehr  aafiallend,  besonders  durch  das  Troietv  ic  ^  *  geneigt  sein', 
in  diesem  capitel  befindet  sich  auch  die  mit  Herodotos  im  wider- 
fprach  stehende  mitteilung  über  das  erdbeben  in  Dolos.  —  dTreiKÖ- 
vtK  findet  sich  auszerdem  noch  an  zwei  stellen,  in  einer  rede  (I  73) 
md  Vlli  68  f  in  letzterem  capitel  zusammen  mit  einer  andern  der 
bpncfaseltenheiten,  mit  tv  toic  TrpuJTOC  ^  *einer  unter  den  ersten'. 
6^101  wir  uns  nach  den  übrigen  stellen  dieser  seltsamen  sprachform 
am.  LHerbst  (Philol.  XVI  s.  345)  macht  auszer  VIII  68  noch  neun 
fteUen  namhaft,  ich  lasse  diejenigen  als  nicht  eigentümlich  uner- 
vlbnt,  in  denen  TTpi(rroic  steht  oder  die  Überlieferung  zweifelhaft  ist 
diBD  ftllt  zuerst  VII 71  ins  äuge,  wo  das  £v  toic  x^XeniliTaTa  bifitov 
niit  einer  groszen  menge  anderer  eigentfimlichkeiten  zusammentrifft 
'Tgl.  s.  354  n.  s.  378).  das  ist  nun  in  einer  andern  stelle,  VII  24, 
nicht  in  dem  grade  der  fall ,  doch  tritt  in  dem  satze  lUjxcvdv  re  xal 
iy  TOIC  nporrov  iKdKUJC€  tö  CTpdTcu^a  f|  toC  rTXrmpupiou  Xfiqiic, 
and  ia  dem  gleich  folgenden  &7rXoi  Tiic  £iTaTUJTi)c  twv  ^TTiTtibeiuiv 
OM&chee  spncblich  eigentttmliche  entgegen  (ttber  f)  Xfiqiic  dKdxuice 
rgl  8.  384).  in  drei  andern  stellen  wieder  steht  i\  Tok  irpüJTa,  iv 
TOIC  irpdiTat  und  iy  toTc  rrpumi  in  abschnitten  von  der  ausgeprftg* 
testen  sprachlichen  eigentttmlichkeit,  in  I  6.  III 17  u.  in  82  (s.  oben 
(.  377.  390  t).  nicht  nur  ist  in  diesen  abschnitten  die  menge  der 
spTachüchcn  besonderheiten  sehr  grosz,  sondern  es  ist  die  art  der- 
^Am  aehr  bemerkenswert,  hier  fasse  ich  nicht  nur  die  einzelnen 
^*pttd  ina  äuge,  sondern,  besonders  bei  m  17  und  m  82,  die 
Poppen  denen  sie  angehören,  ich  habe  schon  gesagt  (s.  390),  dasz 
'Ch  denen  nieht  zustimme,  welche  HI  17  und  in  84  ftlr  eingeschoben 
fstltren;  besonders  wirkte  bei  meinem  urteil  der  grund  mit,  dasz 
<^  Tcrdlchtigten  capitel  mit  den  angrenzenden  die  eigentflmlich- 


396  EAJanghahn:  studien  zu  Thakydidefl. 

keiten  der  spräche  teilen,  so  dasz  IQ  16  n.  17  dasselbe  geprSge  ba- 
ben,  ebenso  wieder  m  82 — 84*  auch  habe  ich  schon  gezeigt,  welche 
seltneren  sprachlichen  abweichangen  in  den  beiden  angefochtenen 
capiteln  vorkommen  (vgl.  s.  391) ;  in  III 82  ist  doch  neben  der  ftlle 
des  ttbrigen  sehr  merkwürdig,  dasz  auszer  dem  seltenen  ivTOic 
TrpidTti  (sc.  crdcic)  noch  das  ungewöhnliche  dTrorrurpfj  vorkommt 
(gerade  wie  YII  24),  und  in  LEI  17  neben  iv  TOtc  7rXeicTai(sc. 
vfi€c)  das  activum  i&TTavdX(jJC€;  als  sei  das  sabject  persönlich  (toüto 
i&iTOvdXujce  rä  XP^^^^"^*  ^^  ^^  E'^^  ahnlich),  besonders  aber  ist 
beachtenswert,  dasz  in  dem  offenbar  aus  derselben  feder  geflossenen 
m  16  das  seltene  ö  TrapdXoTOC  sich  findet,  so  dasz  wir  wieder  iwei 
grosze  Seltenheiten  dicht  bei  einander  haben,  wir  fanden  ö  iropd- 
XoTOC  schon  einmal  mit  ö  juterdineXoc  zusammen  (Vn  65).  es  findet 
sich  noch  an  folgenden  stellen  ganz  zweifellos  (ich  lasse  also  die- 
jenigen bei  Seite,  an  denen  man  auch  von  tö  TrotpdXoTOV  ableiten 
könnte) :  YII  28 ,  einem  capitel  das  sehr  bemerkenswerte  Schwierig- 
keiten und  besonderheiten  der  spräche  aufweist,  über  itcpupcpciv  » 
'aushalten'  s.  Classen.  ich  mache  noch  auf  die  von  mir  beobachtete 
eigenttlmUche  Verwendung  des  activums  aufmerksam,  wie  wenn  ein 
personliches  subject  da  wäre:  sie  kommt  in  diesem  capi  zweimal  vor 
(jidXiCTa  imeC€v  aÖToOc  öti  bxjo  TroXe^ouc  fifia  eixov  und  AexcXciac 
ßXaTTTOUciic).  in  II 85,  wo  auch  ö  TrapdXoTOC  vorkommt,  finden  wir 
jene  menge  des  sprachlich  abweichenden  nicht,  aber  gerade  die  wenn 
auch  kurze  betrachtung,  in  der  das  wort  vorkommt,  enthilt  etwas 
davon;  besonders  erscheint  das  öpT^  oi3v  dTr^CTcXXov  recht  bsrtf 
da  man  die  weit  oben,  im  anfang  des  cap.  genannten  drei  personen 
als  object  denken  musz.  auch  der  gedanke  dbÖK€i  ydp  aÖTOic  äXXuic 
T€  Kai  TrpuiTOV  vau^axiac  rreipacaii^voic  ttoXOc  6  TrapdXoTOC  elvm 
scheint  etwas  ungehörig,  man  kann  ja  das  dastehende  etwa  ver- 
stehen, ist  es  aber  nicht  viel  natürlicher  dasz  leute,  welche  es  das 
erste  mal  mit  einer  Seeschlacht  versucht  haben,  gerade  darum  sieb 
um  so  weniger  über  den  miserfolg  wundem  sollten?  —  sonst  kommt 
6  TTopdXoTOC  noch  in  reden  vor. 

Eine  der  seltneren  Spracheigentümlichkeiten  bei  Tfauk.  gehört 
überwiegend  den  reden  an  (Böhme  zu  I  36),  nemlich  der  gebnnch 
des  neutrum  eines  part.  für  ein  subst.  abstr. ,  zb.  t6  bebiöc,  t6  Im- 
Ou^oöv.  auszerhalb  der  reden  scheint  dieser  gebrauch  (wenn  ich 
vn  83,  wo  vuKTÖc  TÖ  f|cuxdZov  vorkommt,  nicht  mitredine,  vgl. 
s.  382)  immer  mit  anderen  Spracheigentümlichkeiten  verbunden, 
am  auffallendsten  VI  24  tö  iniOu^oOv  toO  ttXoO.  auch  die  behsnd- 
long  der  gedanken  ist  hier  nicht  sorgHÜtig.  wenn  es  zb.  heiszt»  Ni- 
kias  habe  durch  seine  ungeheuer  hohe  forderung  an  leistongen  ftlr 
die  sicilische  expedition  von  zwei  vorteilen  einen  sicher  stellen  wol- 
len, entweder  aufgeben  der  Unternehmung  oder^  im  falle  der  he- 
willigung,  gröste  Sicherheit  der  ausführung:  wie  kann  da  darcb 
bewilligung  das  ge genteil  seiner  erwartnng  eintreten  (touvov- 
Tiov  Trcpt^crri  aöriji)  ?  das  ist  nur  zu  verstehen ,  wenn  man  auf  das 


EAJunghahn:  stadien  za  Thukydides.  397 

ende  tob  c.  19  zurückblickt,  wo  nur  yon  der  6inen  erwartung  die 
rede  war,  nemlidh  daBz  er  die  Athener  durch  die  hohe  fordemng  von 
dem  natemehmen  abschrecken  werde. 

Jene  bemerkuog,  dasz  die  zuletzt  genannte  Spracheigentümlich- 
keit fiberWi^end  den  reden  bei  Thuk,  angehört,  leitet  mich  zu  dem 
Enück,  woYon  meine  Untersuchungen  über  Thuk.  ausgiengen :  zu  den 
reden,  in  den  reden  zeigen  sich  auch  die  übrigen  eigentümlichkeiten, 
zb.  die  Terbalflubstantiva  auf  -cic  und  die  substantivierten  neutra  von 
adjectiven  sehr  stark  vertreten,  folgerecht  ist  es  daher  zu  glauben, 
dan  auch  manche  reden  uns  nicht  in  ganz  ursprünglicher  gestalt, 
soodan  mit  ttndemngen  vorliegen,  die  der  Überarbeiter  (bzw,  her- 
u^geber)  hier  und  da  meinte  vornehmen  zu  müssen,  wenn  ich  also 
am  «chlnsse  meiner  ersten  abhandlung  es  nur  als  eine  möglichkeit 
biutallte,  dass  die  von  mir  aufgewiesenen  mibigel  nicht  blosz  durch 
flflchti^eit  beim  zusammenstellen  des  unfertig  hinterlassenen  wer- 
ket, eondem  auch  wol  durch  zusätze  des  herausgebers  entstanden 
Nia  mOdkten,  so  meine  ich  dasz  durch  sprachliche  gründe  diese  mög- 
lichkeit jetzt  als  Wirklichkeit  erwiesen  ist.  besondere  beweiskraft 
hat  hier  wieder  das  zusammentreffen  von  mangeln  des  sinnes  mit 
einer  menge  von  Spracheigentümlichkeiten,  was  aber  freilich  nur  da 
nr  erscheinong  kommen  wird,  wo  die  überarbeitete  stelle  einigen 
un&Dg  hat,  80  dasz  es  an  gelegenheit  zu  unwillkürlicher  entfaltung 
der  inddvidualitSt  des  Überarbeiters  nicht  fehlt,  werfen  wir  zb.  einen 
blick  auf  IV  92.  in  dieser  rede  flQlt  bis  peTorvurrui  (§  2)  durchaus 
Bicfate  auf.  in  dem  folgenden  teile  des  cap.  bemerken  wir  die  sub- 
itantiTierten  a^jecüva  TÖ  T[po\irfiic  und  tö  ävriTraXov ,  von  denen 
dai  erstere  der  ftltem  prosa  überhaupt  fremd  ist;  das  verbalsubst 
iropoiioiac;  ferner  die  ac^ectiva  ävriXeicTOC  und  dvavTaT<I»vtCTO€, 
TOB  dc|ien  jenes  unicum,  dieses  nur  bei  späten  schriftsteUem  nach- 
«eiabar  ist  (bei  Thuk.  auch  11 45,  an  einer  stelle  deren  widersprach 
aut  einer  firühem  ich  behauptet  habe:  vgL  s.  401;  über  die  wort- 
hikfamg  in  dvavrocti&vtcroc  vgl.  auch  s.  871);  ungewöhnlich  ist  ^f| 
Youc  trvic  für  ^f|  5ti  toOc  tcfvc  und  Kar^x^iv  —  ^stand  halten' 
(Qsaaen);  endlich  ist  noch  in  grammatischer  Beziehung  tö  fcxarov 
VTiuvQC  und  £mcTpaT€Üeiv  Ttvd  zu  nennen,  nun  erinnern  wir  uns, 
datt  gerade  in  diesem  teile  des  c.  92  ein  mangel  des  sinnes  steckt, 
^  die  Worte  neipav  bi  ^XO^^v  . .  KaTCCTTJca^ev,  welche  von  dem 
n<ge  der  Boioter  über  die  Athener  bei  Koroneia  handeln,  als  be- 
grfiadung  der  aufiforderung,  dasz  die  Boioter  auszerhalb  des  eignen 
gtbieUs  doiselben  feind  angreifen  möchten,  nicht  verstanden  wer- 
den können  (s.  360). 

So  haben  wir,  wie  ich  das  oben  wiederholt  gezeigt  habe,  man- 
gdttften  sinn  innerhalb  des  umfanges  einer  stelle,  die  auch  die 
■picUiehen  eigentümlichkeiten  aufweist,  wenn  ich  verma(ete  dasz 
■iBgsl  des  Sinnes  durch  flüchtigkeit  beim  zusammenstellen  aus  dem 
coaeepte  entstanden  seien,  so  ist  diese  annähme  für  manche  stelle 
dsiebas  haltbar;  wo  aber,  wie  lY  92,  mangelhafter  sinn  mit  vielen 


398  EAJungfaahn:  Studien  zu  Thukydides. 

eigentümlichkeiten  der  spräche  zusammentrifft,  da  haben  wir  offen* 
bar  zathaten  des  Überarbeiters  vor  uns.  beide  ansichten  sind  übri- 
gens recht  wol  vereinbar,  femer  gilt  auch  hier  für  die  reden,  was 
ich  oben  schon  gesagt  habe,  dasz  nicht  blosz,  wo  die  menge  der 
Spracheigentümlichkeiten  mit  mSngeln  des  sinnes  zusammentrifft, 
auf  die  fremde  band  zu  schlieszen  sei.  denn  der  ttberarbeiter  keimte 
ja  auch  durch  eine  ttnderung  von  sehr  geringem  umfange,  so  d&sz 
seine  Spracheigentümlichkeit  dabei  gar  nicht  hervorzutreten  brauchte, 
dem  sinn  einen  mangel  zufügen ;  anderseits  aber  konnte  es  geschehen 
dasz,  wenn  die  überarbeitete  stelle  auch  einen  gröszem  umfang  hatte 
und  zur  entfaltung  der  sprachlichen  individualitttt  viel  gelegenheit 
bot,  dennoch  der  sinn  nicht  litt,  daher  wird  man,  wenn  erst  einmal 
das  zusammenfallen  des  sprachlich  individuellen  mit  mftngeln  des 
Sinnes  erwiesen  ist,  auf  die  fremde  band  auch  innerhalb  solcher  re- 
den schlieszen  dürfen ,  in  denen  eine  in  bezug  auf  den  Ainn  mangel- 
hafte stelle  überhaupt  etwas,  wenn  auch  nur  wenig,  sprachlich 
eigentümliches  hat  (beispiele:  1145  dvavTaTuiviCTOC  und  III 40  dv- 
öpaT0i6{2l€c8ai :  in  beiden  stellen  habe  ich  den  mangelhaften  sinn 
nachgewiesen),  man  wird  femer  auf  die  fremde  band  auch  innerhalb 
solcher  reden  schlieszen  dürfen,  innerhalb  deren  sprachliche  eigen- 
tümlichkeiten und  mangelhafter  sinn  nachweisbar  sind ,  wenn  auch 
nicht  an  ganz  derselben  stelle  der  rede,  und  letzteres  ist  in  allen 
von  mir  in  der  ersten  arbeit  besprochenen  reden  der  fall  (beispiel: 
rede  des  Hermokrates  VI  76  ff.  Wortbildungen  wie  KaTabouXiuctc, 
KonroiKiciC;  ßouXiicic,  KaKo£uv€Toc  usw.;  ein  hyperbaton  wie  irpo 
auToO  TÖv  irdcxovTtx  c.  77  ae.;  eine  härte  wie  Srav  an*  öXXuv,  Kui 
pj\  auTol  ibcnep  vOv  touc  tt^Xqc  äbiKd»ci,  wo  man  hinter  utt*  fiXXuJV 
aus  dem  folgenden  döiKUJCi  ein  döiKibvTai  ergSnzen  musz.  dieser 
satz  ist  aus  c.  79 ,  1 ,  also  aus  der  ersten  der  von  mir  als  unsinnig 
bezeichneten  stellen). 

Man  wird  jetzt  vielleicht  noch  eine  behandlung  der  fragen  er- 
warten, «wer  denn  wol'  der  Überarbeiter  gewesen  sei,  zu  welchem 
zwecke,  zu  welcher  zeit  er  die  Überarbeitung  vorgenommen  habe 
udgl.  welchen  anhält  zur  beantwortung  solcher  fragen  das  geschichts- 
werk  biete,  gedenke  ich  in  einer  folgenden  arbeit  mitzuteilen. 

Es  bleibt  mir  noch  übrig  mich  mit  einigen  werten  an  SSrgel 
zu  wenden,  seine  recension  veranlaszte  mich  zu  einer  entgegnung 
in  den  jahrb.  1878  s.  691  ff.,  welche  ganz  bestimmte  vorwürfe  ent- 
hielt; S.  wies  meine  besch werde  in  einer  erklflrung  ebd.  s.  849  ff.  ab 
ungegründet  zurück,  die  unwiderleglichkeit  meiner  behauptungen 
wird  sich  aber  aus  folgendem  ergeben. 

Sörgel  betont  es  stark,  dasz  der  aufmerksame  leser  sich 
durch  den  rec.  nicht  werde  irreführen  lassen,  und  dasz  schon  darom 
meine  besch  werde  grundlos  sei.  als  ob  nicht  jeder  wüste,  dft^ 
auszer  den  wenigen  aufmerksamen  lesem  noch  sehr  viele  andere 
leser  recensionen  zur  band  nehmen«  und  darunter  sind,  wie  ich  genau 


EAJuoghahn:  Stadien  zu  Thakydides.  399 

weiss,  böchst  bedeutende  und  achtbare  mftnner,  die  durch  vielseitige 
thSügkeit  übermftszig  in  anspruch  genommen  dennoch  gern  von  allen 
neaen  erscheinongen  notiz  nehmen,  gerade  diese  lesen  recensionen. 
ui  ihrem  urteile  liegt  mir  freilich  viel  weniger  als  an  dem  der  grllnd- 
liehen  leser.  ich  sehe  aber  gar  nicht  ein,  warum  auch  nur  diese 
doich  die  schuld  des  reo.  irregeführt  werden  sollen ,  und  dazu  noch 
an  Tiden  sieUen«  wollten  wir  diese  leser  gar  nicht  mitrechnen ,  so 
bedurfte  es  wol  der  recensionen  überhaupt  nicht. 

Femer  erklärt  S. ,  meine  ^sttmtlichen  ausstellungen  an  seiner 
Roension,  soweit  ihnen  ein  substantieller  inhalt  zu  gründe  liege, 
sdea  lof  die  willkttrliohe  und  irrige  meinung  zurückzuführen',  als 
ob  jedes  wort,  das  er  zur  berichtigung  des  Verständnisses  der  Thuk. 
nd€n  gesagt  habe,  mit  beziehimg  auf  mich  und  im  gegensatz  zu 
meiner  auffasaung  gesprochen  zu  denken  sei.  meine  antwort:  diese 
erklSnmg  S(5rgels  wird  ein  teil  der  unaufmerksamen  leser  ohne 
xweifel  glauben  und  mich  wegen  meiner  voreiligen  empfindlichkeit 
Tcnurteilen :  denn  warum  sollten  sie  an  der  richtigkeit  jener  aussage 
zweifeln?  der  aufmerksame  leser  aber,  der  alle  betreffenden  texte 
bei  der  band  hat,  musz  folgendes  bemerken,  ich  habe  nur  zu  zweien 
meiner  ausstellungen  einen  inhalt  hinzugefügt  (die  Übrigen  blosz 
beieidinet),  und  dasz  diese  zwei  ausstellungen  sich  gegen  stellen 
der  recension  wenden,  die  sich  nur  auf  mich  beziehen,  ist  sonnen- 
klar, denn  1)  Sörgel  erklärt  selbst  in  seiner  rec.  (s.  332  unten)  aus- 
driicklieh:  *ich  beschränke  mich  einzig  und  allein  auf  die 
£nge,  ob  die  von  J.  1875  in  den  jahrb.  s.  667 — 682  beanstandeten 
&teUeii'  Q8W.;  2)  er  schreitet  sogleich  zur  lösung  dieser  frage,  indem 
&  neine  ansieht,  die  auszer  mir  niemand  ausgesprochen  hat 
•  ttba  VI  79),  widerlegt,  diese  Widerlegung  schlieszt  (s.  335  oben) 
But  dem  werte  'trennen',  und  es  folgen  unmittelbar  darauf  die 
Worte  'aber  wenn  wir  auch  davon  absehen  und  sogar  zugestehen, 
der  redner  sprecheinc.  79  von  nichts  anderem  als  der  neutra- 
^'  usw.  wem  denn  zugestehen,  wenn  nicht  mir?  hat  denn  hier 
jeBmd  ausser  mir  etwas  behauptet?  es  ist  also  ganz  unmöglich  zu 
bettieiften,  dasz  8.  in  seinen  obigen  werten  den  faU  setzt  meine 
bebnptong  zuzugestehen,  und  vergeblich  ist  seine  berufung  auf  eine 
Mien  stelle  seiner  rec,  aus  der  hervorgehe  dasz  nicht  ich  jene  be- 
Inoptong  gethan  haben  könne,  man  musz  anders  schlieszen,  und 
der  für  8.  am  wenigsten  ungünstige  schlusz  ist  der,  dasz  sein  wider- 
^^Srmgseifer  und  mangel  an  Unbefangenheit  ihn  hier  in  Verwirrung 
nntfaen  liesz.  statt  nun  den  argen  irrtum  zuzugestehen,  fordert  er 
Qieli  lor  richtigen  deutung  seiner  worte  auf.  er  gibt  einen 
^k,  wie  das  geschehen  solle;  er  sagt  nemlioh  (s.  850  oben):  'ich 
^Atte  der  behauptung  Junghahns  gegenüber,  hier  hätten  wir  es  mit 
caem  unlQabaren  Widerspruch  zu  thun,  nachgewiesen,  dasz  von 
^aem  solchen  selbst  dann  keine  rede  sei,  wenn  im  vorhergehen  - 
den  wirididi  blosz  von  der  neutralität  der  Kamarinäer  die  rede 
*tre.'  jetzt  ist  das  unbequeme  ^zugestehen'  verschwunden,  und 


400  EAJunghahn:  stadien  sa  Thokydidea. 

statt  ^in  c.  79'  sagt  er  jetzt  *im  vorhergehenden',  nun  ist  das  streit- 
object  beseitigt ,  aber  wol  nur  dem  unaufmerksamen  leser  dürfte  es 
entgehen,  dasz  Sörgel  ohne  diese  änderung  seiner  ar* 
sprtlnglichen,  unzweideutigen  worte  überhaupt  keine 
entgegnung  auf  meine  beschwerde  über  diesen  punot 
hfitte  versuchen  können,  es  ist  gewis  noch  ganz  sachlich,  wenn 
ich  auf  diese  art  richtiger  deutung  aufinerksam  mache. 

Auch  was  er  zu  Thuk.  I  70 5  6  sagt,  kann  nur  mit  betiebnng 
auf  mich  verstanden  werden,  seine  eigenen  worte  sind  (rec.  s.  345): 
'aber  von  einem  lobe  der  demokratie  ist  hier  nirgends  die  rede,  und 
ist  denn  die  gepriesene  eigenschaft,  wonadi  die  Athener  leib  und 
leben  unbedenklich  dem  Staate  opfern,  blosz  bei  einer  demokratischen 
Verfassung  denkbar?'  der  erste  der  beiden  sfttze  kann  sich  nur 
auf  mich  beziehen,  da  niemand  auszer  mir  behauptet  hat,  jene 
stelle  aus  Thuk.  enthalte  ein  lob  der  demokratie;  also  müssen  auch 
die  unmittelbar  sich  anschlieszenden  worte  so  verstanden  werden, 
dasz  meine  ansieht  widerlegt  wird,  und  es  ist  ja  auch  von  sonnt 
jemandes  ansieht  in  diesem  abschnitte  (bis  s.  346  mitte)  keine  rede, 
daher  halte  ich  auch  hier  den  ganzen  Vorwurf  aufrecht  und  richte  an 
Sörgel  die  frage:  wie  soll  man  es  verstehen,  dasz  er  angesichts  &u 
klarer  thatsachen  behauptet,  es  sei  eine  irrtümliche  nnd  willkürliche 
meinung  von  mir,  dasz  die  besprochenen  ausstellungen  sich  auf  mich 
beziehen? 

Endlich  bemerke  ich  noch  folgendes.  Sörgels  behauptung,  di82 
ich  erkl&rt  habe,  Classens  auffassung  von  I  70 ^  6  sei  nicht  richtig, 
ist  ganz  unbegreiflich,  ich  habe  mich  der  auffassung  Classens  als 
der  einzig  richtigen  ganz  eng  angeschlossen,  weil  in  ihr  oIkcToc  in 
der  hier  einzig  möglichen  bedeutung  'eigen'  gefaszt  ist  (deutongen 
wie  die  Sörgels,  nach  der  oiKeToc  =»  'wertvoll'  ist,  sind  gar  keiner 
beachtung  wert),  dasz  ich  aber  Classens  deutung  der  stelle  zu 
gründe  legte,  ersieht  man  aus  s.  666  meiner  ersten  arbeit  (von  den 
werten  an:  'ich  gebe  die  Übersetzung'),  meine  ganze  argumentation 
beruht  ja  gerade  darauf,  dasz  man  die  stelle  nicht  anders  deuten 
könne,  und  dasz  sie  darum  nicht  in  diesen  Zusammenhang  gebfire. 
erst  durch  die  letztere  behauptung  entferne  ich  mich  von  Clsssen. 
so  ist  also  die  obige  behauptung  Sörgels  gefallen,  und  mit  ibr  tu* 
sammen  flQlt  auch  alles  was  er  aus  derselben  zu  seinen  gunaten  folgert 

Die  anderen  von  S.  vermiszten  beweise  für  meine  behanptong. 
dasz  er  mir  falsche  meinungen  aufgebürdet  habe  und  gegen  diesel- 
ben polemisiere,  kann  ich  wegen  mangels  an  räum  jetzt  nicht  bin* 
zufügen ;  sie  sind  aber  nach  dem  obigen  auch  entbehrlich,  aus  eben 
jenem  gründe  musz  ich  die  beleuchtung  seiner  von  mir  noch  nicht 
besprodienen  urteile  über  meine  arbeit  für  jetzt  aussetzen,  nur  seine 
disputation  über  Thuk.  11  35  u.  45  (reo.  s.  359)  will  ich  sogleich 
behandeln,  weil  hier  seine  charakterisüsohe  beweisfühnmgam  deut- 
lichsten erscheint,  und  zugleich  auch  eine  von  mir  in  meiner  entgeg- 
nung über  seine  recension  ausgesprochene  behauptung  erwiesen  winL 


EAJunghahn:  Stadien  zu  Thukydide».  401 

P«rikle8  sagt  in  der  leicbenrede  11 35,  es  gebe  zahörer,  die  aus 
seid  ia  das  den  toten  gespendete' lob  des  redners  niebt  einstammen ; 
wdter  onten,  11  45,  sagt  er  in  ebenderselben  rede,  der  neid  treffe 
kbade,  die  toten  aber  sei  jedermann  gewohnt  zu  loben,  und  man 
ehre  sie  mit  eifersuchtslosem  wolwollen.  diese  beiden  Snszemngen 
in  einer  und  derselben  rede  erklSre  ich  fdr  nicht  wol  vereinbar, 
wenn  auch  der  widersprach  unerheblich  ist  und  entschuldigt  werden 
kum.  S^rgel  aber  bestreitet  das  Vorhandensein  eines  widerspnichs 
flberiisapt.  zn  II  45  bemerkt  er,  Mer  ausdruck  töv  oOk  dvra  fitrac 
ciu^  inaiv€iv  lasse  erkennen,  dasz  der  redner  von  einer  regel 
«piedie,  die  aasnahmen  zulasse ;  das  wort  jeder  dttrfe  nicht  so  sehr 
betont  werden.'  hiermit  hätte  ja  8.  seinen  zweck  erreicht:  denn 
diese  einzelnen  neider  mögen  ja  gerade  diejenigen  sein,  die  Perikles 
n  35  meint,  dagegen  habe  ich  nur  dies  einzuwenden,  dasz  Perikles 
sieh,  nach  dem  Wortlaute  des  teztes,  diesen  neid  nicht  so  gar  ver- 
einxelt  denkt,  und  dasz  in  11  45  in  den  Worten  'lebende  trifft  der 
Mid,  aber  die  toten  werden  mit  eifersuchtslosem  wolwollen  geehrt' 
der  zweite  satz  offenbar  ganz  gleichbedeutend  ist  mit  dem  gedanken 
'tote  trifft  kein  neid.'  aber  abgesehen  davon,  wodurch  hat  denn  8. 
den  Ton  mir  behaupteten  widersprach  beseitigt?  offenbar  dadurch 
dm  er  &Trac  zu  betonen  verbietet,  wie  ist  es  möglich  ärrac,  die 
Terstirkung  von  vröc,  zu  schwächen?  wenn  aber  fiTtac  unter 
tUen  umständen  seine  starke  bedeutung  behalten  musz,  so  durfte 
S.  tidi  auch  nicht  auf  cTuiOc  als  auf  das  die  ausnähme  zulassende 
'pAcgen'  berufen,  sondern  dies  heiszt,  wie  oft  (zb.  1 140, 1),  *es  ge- 
^itmr  gewobnheit,  zum  wesen.' 

%  kommt  aber  noch  viel  schlimmer'  (reo.  s.  354,  wo  Sörgel 
sehr  nr  unaeit  diesen  klagemf  über  mich  erhebt),  der  reo.  nemlieh 
wollte  mich  sehr  grOndlich  widerlegen  und  untersuchte  auch  die 
ttdere  seite  des  nach  seiner  meinung  doch  schon  beseitigten  wider- 
tpnidies,  und  dabei  stellt  er  den  durch  seine  auslegung  der- ersten 
iteDe  Ar  beseitigt  gehaltenen  Widerspruch  wieder  her,  ohne  es  zu 
iMflen.  dieser  verstosz  gegen  die  elementa  logices  wird  aus  folgen- 
dem «sichtlich  werden,  während  ich  ans  den  Worten  des  redners 
n  35,  nemlieh  dasz  einige  zuhörer  aus  neid  das  den  toten  gespendete 
lob  on^äobig  aufnehmen,  dieses  heraushöre,  dasz  sogar  die  toten  vom 
>side  getroffen  werden,  erklärt  Sörgel  sehr  entschieden:  *das  hat 
'^^ok,  gar  nicht  gesagt;  kein  mensch,  und  am  wenigsten  ein  neidi- 
*^f  beneidet  die  toten.'  nicht?  aber  8.  hatte  doch  kurz  vorher 
Jttsgt  dasz,  wenn  auch  in  der  regel  jeder  die  toten  lobe,  *  einzelne 
Btider  nicht  ausgeschlossen  seien.'  das  war  6in  widersprach. 
'^  et  konunt  noch  viel  schlimmer.'  wie  gelangt  nemlieh  8.  zu  der 
*>ticfaiedenen  behauptung,  dasz  von  einem  neide  gegen  die  toten 
^t  die  rede  sei,  wtiirend  der  redner  es  doch  unzweideutig  und  wie- 
^«Mt  ansspricht  (vo^keiev  &v  irXeovdCecOat,  biä  (pOövov,  femer 
^^ovcuvTCC  dniCTOÖctv)?  hatte  der  redner  ttberhaupt  eine  veran- 
^^■nag  vom  neide  zn  sprechen,  wenn  er  nicht  den  gegen  die  toten 

li>  dMS.  philol.  1879  hfl.  6  o.  S.  26 


402  EAJnnghahn:  studien  zu  Thukydides. 

wegen  des  gespendeten  lobes  gerichteten  neid  meinte?   oder  kann 
man  sich  gar  einen  neid  ganz  ohne  object  denken?   solchen  fragen 
will  S.  in  der  erklärung  vorbeugen ,  welche  er  seiner  behauptung, 
dasz  niemand  die  toten  beneide,  beigibt,   diese  merkwürdige  erklä- 
rung lautet:  *oben  ist  nur  gesagt,  wie  es  komme  dasz  man  die  lol)- 
sprüche  eines  redners  —  und  zwar  ganz  im  allgemeinen  und  nickt 
blosz  mit  beziehung  auf  die  vorliegenden  toten  —  so  gern  der 
Übertreibung  beschuldige,  weil  nemlich  der  neidische  zuhörer  die 
lobsprüche,  von  denen  er  gestehen  musz  dasz  sie  ihm  nicht  zukämen, 
als  blosze  Übertreibungen ,  also  auch  den  toten  eigentlich  nicht  zu- 
kommend, betrachte.'  also  'lobsprüche  nicht  blosz  mit  beziehung 
auf  die  vorliegenden  toten'!   mithin  erkennt  S.  diese  bezieh ang 
dock  als  vorhanden  an,  und  auch  den  neidischen^  und  zwar 
gegenüber  dem  den  toten  gespendeten  lobe  neidischen  zuhörer 
erkennt  er  an,  unmittelbar  nachdem  er  behauptet  hat  dasz  niemand 
tote  beneide,    das  ist  also  der  zweite  grobe  Widerspruch,  in  di?n 
sich  S.  verwickelt  bei  dem  versuche  einen  unerheblichen  widersprucl 
aus  dem  werke  des  Thuk.  hinwegzuschaffen,  übrigens  ist  der  reiche 
gedankeninhalt  der  oben  citierten  Sätze  Sörgels  noch  nicht  erschöptt 
es  ist  sicherlich  ein  geistreiches  wort  von  ihm,  dasz  niemand  ilic 
toten  beneide,  während  ich  doch  gemeint  habe,  dasz  sie  um  den  rühm 
beneidet  werden,  nicht  um  das  totsein  (aber  auch  das  letztere  hr/ 
unter  umständen  sinn),    viel  geistreicher  ist  noch  die  erklfirunj. 
dasz  'man  die  lobsprüche  eines  redners  so  gern  der  Übertrei- 
bung beschuldige,  weil  nemlich  der  neidische  zuhörer  die  lob- 
sprüche.. als  blosze  Übertreibungen  ..betrachte.'  der  logisch'. 
Zirkel  ist  ein  vollständiger,  da  ja  auch  die  beiden  subjecte  ^man'  an.i 
'neidische  zuhörer'  sich  genau  decken,    der  zusatz  'also  auch  dt>i 
toten  eigentlich  nicht  zukommend'  ändert  natürlich  an  der  sach- 
nichts,  da  er  nur  eine  tautologie  von  'Übertreibungen'  ist. 

So  haben  wir  denn  in  Sörgels  disputation  über  II  35  und  4.' 
eine  merkwürdige  leistung  vor  uns,  indem  er  uns  hier  auf  knappen^ 
räume  recht  viel  von  seiner  logik  zusammengedrängt  hat   das  i?^ 
bei  einem  recensenten  besonders  dankenswert;  man  hat  nun  s^H 
fort  eine  meinnng  üb^r  den  wert  seiner  urteile,   sollte  aber  jenv.i 
inhaltreicbste  seiner  sätze  auch  noch  einen  psychologischen  Ui'}\ 
haben  und  in  diesem  etwa  der  aufschlusz  liegen  über  seine  behaup  j 
tung,  dasz  von  einem  neide  gegen  die  toten  keine  rede  sei?  in  ur-J 
sem  falle  brauchte  ich  mich  auf  die  Psychologie  des  neides  gar  nicb 
einzulassen,   sollte  S.  wirklich  gemeint  hab^,  ein  nkht  gebühren 
des  lob  errege  keinen  neid,  so  würde  ich  dieses  nur  durch  einfacher 
hinweis  auf  die  alltäglichen  thatsachen  bestreiten. 

Diese  ausführungen  dürften  wol  hinreichend  sein,  um  me;r 
über  die  recension  ausgesprochenes  urteil  aufrecht  zu  erhalten. 

Berlin.  Emil  August  Jumohahn. 


ChCron:  zu  Platons  apologie  [c.  18  s.  30*'].  403 

(19.) 

ZU  PLATONS  APOLOGIE. 

seodschreiben  an  hm.  dr.  Heinrich  Uhle  in  Dresden. 


Ihr  anfsatz  oben  9.  105 — 109  kam  mir  gerade  zu  rechter  zeit 
IQ,  am  Ihnen  gelegenheit  zu  geben »  mir  denselben  dienst  zu  er« 
weisen,  den  Sokratea  nach  seiner  behauptung  den  Athenern  erwies, 
dem  wenn  das  bild,  das  Sokrates  auf  diese  anwendet,  insofern  nicht 
uf  mich  passt,  als  nicht  die  grösze  schuld  an  meiner  zunehmenden 
M^eit  ist,  80  dürfte  ich  ja  nur  an  stelle  jener  das  alter  setzen  und 
^  Tergleich  wftre  auch  für  mich  zutreffend,   in  der  that  hat  es  seine 
roDe  riditigkeit :  je  älter  ich  werde,  um  so  weniger  habe  ich  lust  jeden 
aalasz  zu  benutzen,  um  über  fragen,  die  mich  unmittelbar  angehen 
ud  der  besprechung  würdig  sind,  meine  ansieht  auszusprechen,   es 
Ittt  nch  dadurch  ein  reicher  stoff  zu  erOrterungen  gesammelt,   ich 
fflosz  es  dahingestellt  sein  lassen,  ob  zeit  und  gelegenheit  kommt, 
um  zu  einer  schriftlichen  darlegung  auszuarbeiten.   Ihr  aufsatz  aber 
vennlaszt  mich  von  dieser  tadelnswerten  neigung  zum  hinausschie- 
ben eine  ausnähme  zu  machen ,  um  nicht  das  sprüchwort  'qui  tacet 
coBsentire  yidetur*  auf  mich  angewendet  zu  sehen,   das  könnte  mir 
^  80  eher  begegnen,  als  Ihre  erörterung  so  vortrefflich  ist,  dasz 
g«vi8  Tiele  leser,  vielleicht  auch  solche  die  früher  anderer  meinung 
wtren,  Ihnen  beistimmen  werden,  hat  ja  doch  nicht  viel  gefehlt,  so 
iAttea  Sie  mich  selbst  überzeugt,    da  dies  aber  doch  schlieszlich 
nicht  gesehefaen  ist,  so  fühle  ich  mich  getrieben  den  versuch  zu 
v^en,  Sie,  hochgeehrter  herr  coUega,  zu  meiner  ansieht  zu  be- 
itelffea.    ich  fühle  wol  die  Schwierigkeit  dieser  aufgäbe  und  gebe 
auch  keiner  übertriebenen  hoffhung  hin,  möchte  es  aber  doch  nicht 
3iierlaMen  sowol  Ihnen  als  auch  einem  lieben  und  um  seiner  ge- 
idmamkeit  willen  besonders  hochgeschätzten  freunde,  der  mir  kürz- 
lich dieselbe  ansieht,  welche  Sie  in  Ihrem  aufsatze  vertreten,  brief- 
lich aoigeaproehen  hat,  die  gründe  darzulegen,  die  mich  bestimmen 
u  aeiner  anfiGi^ung  der  stelle  auch  jetzt  noch,  nachdem  die  ent- 
gcgoigeeetKte  von  zwei  seiten  so  wirksam  empfohlen  worden  ist, 
&vtnlialten.  dasz  ich  sie  nicht  ohne  reifliche  Überlegung  angenom- 
iMn  habe,  m9gen  Sie  daraus  schlieszen,  dasz  ich  in  dem  ersten  ent- 
wf  der  anmerkungen  ebenfalls  der  deutung  des  ^liujqi  als  ^bremse' 
den  Tonug  gegeben  hatte,  dann  aber  bei  wiederholter  erwägung  der 
'•^iderseita  geltend  gemachten  gründe  mich  schlieszlich  doch  fUr  die 
ttdere  bedeutnng  des  wertes  entschied,   ich  weisz  nicht  ob  Ihnen 
keine  ^kritischen  und  exegetischen  bemerkungen  zu  Piatons  apo- 
^gie,  Eriton  und  Ladies*,  welche  aus  dem  fünften  supplementbande 
^•^«er  Jahrbücher  1864  besonders  ausgegeben  wurden,  zu  geeichte 
Ttkommen  sind,  da  es  mir  nun  aber  offenbar  nicht  gelungen  ist,  so 
^«atichtige  kenner,  wie  die  beiden  neuesten  bekämpfer  dieser  an- 

26* 


404  ChCron:  zu  Piatons  apologie  [c.  18  8.  30']. 

sieht  sind,  zu  überzeugen,  so  will  ich  versuchen  sie  auf  einem  andern 
wege  besser  zu  begründen. 

Am  richtigsten  geht  man  wol  Ton  einer  analjse  des  Wort- 
lautes aus.   lassen  wir  einmal  die  fraglichen  worte  von  Acirep  bis 
uirö  fiuuJTtöc  Ttvoc  ganz  aus  dem  spiele  —  und  wir  können  es,  ohne 
an  der  rede  etwas  bedeutendes  zu  ändern  oder  den  sinn  der  stalle 
zu  gefährden  —  deutet  dann  irgend  ein  wort  oder  eine  wendong 
darauf  hin,  dasz  sich  Sokrates  unter  dem  bilde  einer  bremse  oder 
eines  andern  den^gen  thieres  denke?  zuerst  begegnet  uns  irpocicä- 
fi€VOV.   kann  man  das  nur  von  einem  thier,  insbesondere  von  einen 
solchen  thiere ,  das  hergeflogen  kommt  und  sich  einem  auf  den  leib 
setzt,  sagen?    gewis  nicht:  denn  es  wird  wol  ungleich  öfter  tob 
menschen  gebraucht,  die  einem  zusetzen,  auf  dem  nacken  sitzen, 
einen  bedrängen  mit  angriffen  aller  art;  und  wenn  man  es  noch  be- 
sonders als  perfect  des  passivs  von  7rpocTi6^vai  faszt,  so  heiszt  es 
^zugeteilt,  beigegeben  sein',  wie  das  activ  gleich  darauf  gebnucht 
wird ,  ohne  dasz  Sokrates  oder  die  stadt  im  geringsten  bildlich  aaf- 
gefaszt  wird,   die  folgenden  worte  öc  ö^fic  tfüfmjv  Kai  iT€i6u)V  Kai 
öveib(2Iuiv  Iva  iKacrov  oöb^v  naOo^ai  schlieszen  nun  gar  alle  bild- 
liche bezeichnung  aus.   dadurch  fällt  auch  der  anlasz  weg,  bei  den 
nächsten  werten  ti\v  f|]Li^pav  ÖXr^v  irovraxoO  iTpocKa6iZu)v,  die  sich 
eher  noch  der  gewählten  bildlichen  Vorstellung  fügten  und  von  den 
gOnnem  der  bremse  besonders  betont  werden,  aber  doch  bei  ge- 
nauerer  erwägung  wegen  des  beigefügten  Tf|V  f)^^pav  dXriv  weniger 
dafür  sprechen,  an  ein  solches  geflügeltes  insect  zu  denken,  dsder 
ausdruck  doch  jedenfalls  auch  von  menschen,  und  zwar  wol  ungleich 
häufiger  in  sehr  verschiedenen  Wendungen  und  Verbindungen  ge* 
braudit  wird,   der  folgende  mit  toioOtoc  beginnende  satz  ist  aucb 
rein  persönlich  auf  Sokrates  bezogen,  in  dem  folgenden  satze  tritt 
zwar  der  bildliche  ausdruck  wieder  deutlich  hervor,  aber,  wie  Si« 
selbst  anerkennen  und  trefflich  nachgewiesen  haben,  ein  andere: 
bild  als  das  ursprüngliche  vom  pferde ;  es  sind  mensdien,  die  im  be* 
griffe  sind  einzuschlafen  und,  wenn  man  sie  darin  stört,  ärgerlich 
werden,    ob  KpoiicavTCC  noch  zu  diesem  bilde  gehört  oder  nicht 
mag  vorläufig  unentschieden  bleiben;  das  wort  selbst,  welches  be- 
kanntlich  Hermann,  ohne  viel  beistimmung  gefunden  zu  haben,  in 
öpoOcavTCC  verwandelte,  nötigt  nicht  dazu:  denn  seine  anwendung 
ist  keineswegs  auf  schlaftrunkene  zu  beschränken,  sondern  kommt  in 
seinen  verschiedenen  beziehungen  wol  am  meisten  mit  dem  lateini- 
schen pukare  überein,  das  in  der  anwendung  auf  menschen  in  acti- 
vem  und  passivem  sinne  nicht  selten  mit  verberare  verbanden  wird 
und  leicht  die  bedeutung  einer  schmählichen  behandlang  annimt. 
wie  in  dem  Yergilischen  ptdsatusve  parens.    auf  die  bremse  aber 
deutet  kein  einziges  wort  mit  notwendigkeit.   man  könnte  auch  hier 
die  vergleichung  herausnehmen,  ohne  den  sinn  und  ausdrack  im  ge- 
ringsten zu  gefäirden. 

Ueberblicken  wir  also  diese  fünfzehn  zeüen,  um  die  es  sich 


ChCron:  sa  Platons  apologie  [c  18  8.  30*].  40Ö 

kasdelt,  so  haben  wir  nach  meiner  auffassung  eine  rede,  die  nach 
SokxBtbcher  weise  dnrch  zwei  vergleichangen  belebt  und  anschau- 
lich gemaoht  wird,  nach  Ihrer  auffassong  haben  wir  ein  halb  darch- 
gdUortes,  ein  halb  verlassenes  und  in  anderer  weise  wieder  aufge- 
BOBoneMS  bild.  durchgeftthrt  ist  nach  Ihrer  ansieht  die  verglei- 
ehuig  des  Bokrates  mit  einer  bremse,  die  Sie  von  drexvcAc  an  big 
o)6ofi€VOC  ö^iliv  in  der  darstellung  fiberall  hervortreten  sehen;  dar 
gegen  ist  die  vergleichnng  mit  dem  edlen  rosse,  das  einer  erweokung 
bidirf,  allmfthlidi  in  das  andere  bUd  der  einschlafenden  menschen 
tislbeigeleitet.  ich  gestehe  dasz  ich  schon  an  dieser  halbheit  eines 
diRkgefOhrtan  nnd  nicht  dorchgeftihrten  gleichnisses,  das  uns  jeden- 
iUls  kein  aasgemaltes  bild  gewinnen  Ifiszt,  anstosz  nehme«  doch 
viU  ich  davon  vorerst  absehen,  um  zunächst  Ihre  positiven  und 
BQgstiven  grflnde  genauer  zu  besehen  und  ihre  beweiskraft  zu  prfi- 
fen.  einig  sind  wir  beide  in  der  annähme,  dasz  ^uu)i|i  sowol  ^bremse' 
ü$  'epom'  bedeutet,  was  die  grundbedeutong  ist  und  ob  das  wort 
ovprönglidi  mit  ^uTo  zusammenhängt,  weisz  ich  nicht,  da  OCurtius 
<b  etjmon  nicht  angibt,  es  thut  dies  auch  nichts  zur  sache,  da  es 
tt^  ja  doch  nur  um  den  gebrauch  handelt,  der  feststeht,  um  nun 
die  dem  Zusammenhang  angemessenste  bedeutung  zu  ermitteln,  mache 
idsofdas  bco^^vtp  ^TcipccOai  aufmerksam,  da  ich  glaube  dasz 
dieeer  ausdruck  besser  zu  dem  sporn  als  zu  der  bremse  passt,  die 
wol  nach  menachlidher  und,  wenn  es  erlaubt  ist  dies  zu  sagen,  pferd- 
ii^er  aufEwanng  nicht  zu  den  erforderlichen  und  zweckdienlichen 
erveeknagsmitteln  gehOrt  Sie  sagen,  gerade  der  sporn  ist  hier 
ucfct  m  platze,  da  kaum  ein  abgetriebener  miethgaul,  geschweige 
den  ein  edles  ros  unter  dem  reiter  einschläft;  und  ^T^ipciv  darf 
iBtt  meht  im  sinne  von  'ermuntern'  oder  'antreiben'  verstehen,  son- 
^  et  heisxt  stets  nur  'ans  dem  schlafe  wecken',  doch  auch  Ihre 
^noM  weckt  das  edle  ros  nicht  eigentlich  aus  dem  schlafe,  sen- 
den kindot  es  nur  einzuschlafen,  doch  mag  das  immerhin  kein 
K  grosser  unterschied  sein,  ich  will  es  vorläufig  zugeben,  möchte 
>W  dodi  auf  den  vers  20  in  den  Werken  und  Tagen  des  Hesiodos 
lofacrksam  machen,  wo  von  der  droOfi  ''Epic  gesagt  wird:  f\fT€.  Kai 
M^liv  ncp  6}iwc  difl  £pTOV  it^ipci,  dh.  nicht  aus  dem  schlafe 
veckt,  londern  zur  thätigkeit  antreibt,  ich  glaube  dasz  die  wähl  des 
*«tBs  durch  die  sache  selbst,  welche  durch  das  bild  anschaulich 
feaa^t  werden  soll,  bestimmt  worden  ist.  das  folgende  5c  ö^fic 
tnipurv  oöö^  11  aüoMai  hat  schon  auf  das  beoM^vip  It^ipccdai  ein- 
gewirkt; und  da  Bokrates  auch  von  sich  dieses  wort  und  von  den 
AUeneni  das  KoSeubeiv  nicht  im  ganz  eigentlichen  sinne  gebraucht, 
^  bnuefat  er  es  auch  nicht  bei  dem  rosse  gerade  im  allerstrengsten 
*^ae,  dem  auch  Ihre  auffassung  nicht  genfigt,  anzuwenden,  um 
2A  jeder  ungehörigen  ausdeutung  des  bildes,  an  die  Stallbaum  bei 
«aer  bekämpfung  dieser  auffassung  sich  hält,  vorzubeugen,  habe 
'^  bemerkt  dasz  man  den  gedanken  an  den  reiter  fem  halten  mfisse. 
'^A  sind  Bun  zwar  damit  einverstanden,  dasz  ich  nicht  mit  Koenig- 


406  ChCron:  zu  Platons  apologie  [c.  18  s.  80*]. 

hoff  den  Sokrates  als  den  reiter  betrachte,  glauben  aber  dasz,  wenn 
von  pferd  und  sporn  die  rede  ist,  man  auch  an  den  reiter  denken 
müsse,  ich  sage :  wenn  man  daran  denken  will,  wenn  man  auch  den 
reiter  ins  äuge  fassen  will,  oder  sollte  es  nicht  erlaubt  sein,  Ton 
einem  unartigen  kinde  zu  sagen,  es  brauche  die  ruthe ,  ohne  gerade 
notwendig  an  den  zu  denken ,  der  sie  in  anwendung  bringt?  es  ist 
dies  ja  wol  selbstverständlich  der  vater  oder  die  mutter,  aber  meine 
betrachtung  lenkt  sich  eben  jetzt  nur  auf  das  ungezogene  kind,  das 
von  zeit  zu  zeit  einer  Züchtigung  bedürfte,  übrigens  kommt  hier 
noch  etwas  anderes  in  betracht,  auf  das  Ihre  bemerkung  von  selbst 
hinleitct,  nemlich  das  Tivöc  nach  ^OujTroc.  ich  habe  in  der  oben 
angeführten  erörterung  auf  dasselbe  hingewiesen  mit  der  beifügung. 
dasz  die  Verteidiger  der  andern  ansieht  von  diesem  tivÖc  für  ihren 
zweck  bstten  gebrauch  machen  kOnnen.  Sie  thun  dies  nun  und  W- 
haupten  dasz,  wenn  man  an  die  bedeutung  'sporn'  denke,  es  niclii 
ijiTÖ  ^uujTTÖc  Tivoc  heiszcu  kGnne,  sondern  und  toG  ^uujitoc 
heiszen  müsse,  da  nicht  eine  art  sporn,  sondern  nur  der  sporn  gtr 
dacht  werden  könne,  dagegen  erkläre  sich  bei  der  andern  bedeu- 
tung das  unbestimmte  pronomen  ganz  ungezwungen:  fiiiwip  Tic 
heisze  eine  art  bremse,  so  etwas  wie  eine  bremse,  dh.  es  braucht 
nicht  eben  dieses  thier  zu  sein,  welches  ^uujip  genannt  wird,  siu- 
dern  ebenso  gut  könne  es  auch  eine  fliege  oder  mücke ,  irgend  ein 
fliegendes  oder  stechendes  insect  sein,  ich  nehme  diese  erklftrung 
wortwörtlich  an  und  übertrage  sie  nur  auf  die  andere  bedeutun^^ 
warum  sollte  es,  wenn  man  von  dem  reiter  absieht,  nicht  erlaubt 
sein  auch  an  etwas  anderes  als  den  sporn  im  engem  sinne  zu  den- 
ken? dient  denn  ein  ros  nur  zum  reiten,  nicht  auch  zum  fahren r 
und  braucht  der  wagenlenker  nicht  auch  so  etwas «  wie  der  spcm 
ist,  etwa  einen  stachelstab  oder  eine  peitsche?  in  letzterra  sinne 
wird  ohnedies  fiuuiip  auch  von  einigen  gefaszt,  wie  aus  dem  Thesau- 
rus von  HStephanus  zu  ersehen  ist. 

Doch,  sagen  Sie,  wo  bleibt  das  lächerliche,  das  spaszhafteV  hier 
kommen  wir  nun  freilich  auf  das  gebiet  des  geschmackes ,  über  wel 
chen  sich  bekanntlich  nicht  streiten  läszt.  ich  mute  Ihnen  nicht  zu 
mit  mir  in  diesem  puncte  übereinzustinunen,  sondern  lade  Sie  nui 
ein  mit  mir  zu  beachten,  was  der  Athener  nach  maszgabe  dinier 
stelle  alles  lächerlich  finden  mochte,  sehen  wir  zuvörderst  auf  die 
Stellung  dieses  sätzchens,  so  musz  man  wol  annehmen  dasi  der 
Athener  schon  das  iTpocK€i^€VOV  T^  iTÖX€i  lächerlich  finden  konntv. 
Sokrates,  der  sich  den  Athenern  eben  als  ein  geschenk  der  gottL»' 
dargestellt  hat,  sagt  nun  selbst,  dasz  er  der  stadt  anli^,  auf  de::. 
nacken  sitzt,  wobei  sich  der  gedanke  einer  belästigung  unabweL«- 
lieh  aufdrängt;  der  contrast  wirkt  aber  immer  lächerlich;  und  zwi. 
der  Stadt  auf  dem  nacken  sitzt,  die  noch  überdies  mit  einem  euAS 
aber  wegen  seiner  grösze  etwas  trägen  rosse  verglichen  wird,  «i^^ 
noch  überdies  eines  zuchtmittels  —  darüber  sind  wir  einverstandvc, 
heisze  es  sporn  oder  bremse  —  bedarf  zur  erweckung.   dieseb  bat 


ChCron:  za  Platona  apologie  [c.  18  s.  30^].  407 

Don  wol  alles  auch  seine  ernsthafte  seite,  und  ich  leugne  nicht  dasz 
TOB  ernsthafteren  Deutschen,  denen  zumal  in  gegenwärtigen  zeit- 
ISnften  das  lachen  wol  vergehen  könnte,  der  ernst  mehr  einleuchten 
mag.  indessen  ist  das  €l  xal  T^XoiÖTcpov  €iiT€iv  zunächst  ein  aus- 
dnick  der  entschuldigung,  wie  das  etwas  weiter  unten  (32 ')  ange- 
wandte ci  ^f)  äTpoiKÖT€pov  fjv  €iiT€iv,  wodurch  der  starke  ausdruck 
ön  i^o\  6iovdTOU  fi^v  ^ik^i  ovb*  önoOv  entschuldigt  wird,  hier 
nad  im  Gorgias  509  *  raOra  .  .  xar^x^Tai  Kai  b^berat,  Kai  ei  dtpoi- 
Kirepdv  ti  cIttcTv  £cti,  cibripoic  Kai  äbaMavTivotc  Xötoic  würden 
kuffl  die  wegen  ihrer  hOflichkeit  mit  recht  gerahmten  Sachsen ,  ge- 
sdnreige  denn  wir  groben  Bayern  irgend  etwas  bäurisches ,  das  der 
«fltfichaldigung  bedarf,  finden,  da  mttste  wenigstens  in  der  ersten 
ftelle  ein  ungleich  derberer  ausdruck  stehen,  etwa  ^dasz  ich  mich 
UD  den  tod  keinen  pfifferling  kümmere.'  wie  nahe  das  lächerliche 
und  bäurische  an  einander  grenzen,  das  mag  man  aus  vielen  witzen 
alter  ond  neuer  zeit  abnehmen,  die  Athener  hatten  aber  in  ihrer 
komOdie  eine  rechte  schule  des  lächerlichen  und  mochten  daher  leicht 
fthig  und  geneigt  sein  allem  eine  lächerliche  seite  abzugewinnen. 
ob  Sokrates  bei  seiner  entschuldigung  auch  noch  das  folgende  mit 
«imchlusz  der  zweiten  vergleichung  mit  den  einschlafenden  bereits 
im  ahme  hatte,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden,  jedenfalls  hatten  Sie 
recht  die  abschwächung  des  ^lächerlich'  in  ^sonderbar'  mir  nicht 
doiebgehen  zu  lassen,  ein  gnmd  zu  derselben  war  nicht  vorhanden. 
Sie  wollen  übrigens  vwOecT^pqi  nicht  nach  der  erklärung  des 
Soidis  gleich  ßpabuT^pui  verstanden  wissen,  sondern  fassen  das 
wort  im  sinne  von  ^träge,  der  regsamkeit  und  schneidigkeit  erman- 
i^\  also  schneidiger  sollten  die  Athener  sein?  diese  ermahnung 
möcbte  eher  in  dem  munde  des  Demosthenes  als  des  Sokrates  ange- 
messen sein  und  würde  überhaupt  nicht  wol  durch  die  vergleichung 
Bit  einem  rosse ,  möchte  man  sich  dieses  auch  als  schlachtros  den- 
ken, ausdrücken  lassen.  Sie  malen  nun  das  bild,  wie  Sie  sich  es 
denken,  folgendermaszen  aus:  'unser  edles  ros  liegt  da  in  behag- 
ü^r  ruhe,  die  man  auch  etwa  trägheit  nennen  kann'  —  also  wol, 
venu  man  das  an  sich  unschuldige  vergnügen  mit  misgünstigen 
vigen  ansieht  —  ^vielleicht  auf  einer  grasreichen  wiese,  wo  es  sich 
gfitlich  gethan  hat,  und  würde  jedenfalls  gemächlich  einschlafen, 
*^enB  es  nicht  immer  wieder  geweckt  würde  von  einer  fatalen 
bremse,  die  sich  bald  hier  bald  da  ihm  ansetzt.'  Sie  fragen  nun, 
naefadem  Sie  noch  den  Sokrates  für  diese  bremse  erklärt  und  auf 
die  angemessenheit  der  einzelnen  ausdrücke  aufmerksam  gemacht 
taben:  ^ist  das  nicht  ein  treffendes  und  zugleich  spaszhaftes  bild?' 
^  m9chte  ich  antworten:  weder  das  eine  noch  das  andere,  denn 
ditae  pferdebremse  erinnert  mich  an  die  ochsenbremse,  den  oTcrpoc, 
vefeher  die  unglückliche  lo  durch  land  und  meer  verfolgt  so 
«ehlimm  geht  es  nun  unserm  edlen  rosse  nicht,  aber  eine  wol- 
thltige  gottheit  war  es  auch  nicht,  welche  ihm  die  bremse  zuschickt, 
^  fis  80  grausamlich  in  seiner  ruhe  stCrt  und  zwar  ohne  allen  zweck. 


408  ChCron:  zn  Platons  apologie  [c.  18  b.  30*]. 

denn  warum  soll  das  ros,  das  sich  sattgefressen  hat,  niohtmhig  ver- 
dauen? es  hat  offenbar  nichts  zu  thun,  es  ist  nicht  säumig  in  seinem 
herufe.  ^es  ist  nun  jedenfalls  ein  übelstand  in  Ihrer  auffassung. 
denn  gerade  dies,  dasz  es  seine  Schuldigkeit  nicht  thut,  sollte  der 
angelpunct  der  ganzen  vergleichung  sein.  Sie  fühlen  das  selbst  und 
deuten  in  der  artig  erdichteten  fabel  darauf  hin.  was  Sie  uns  aber 
hier  erzählen,  lautet  zwar  recht  schön,  leuchtet  mir  aber  nicht  gsnz 
ein.  Sie  sagen :  'träge  lag  es  da  (das  edle  ros)  und  ergab  sich  dem 
Schlummer,  da  schickte  ihm  die  gottheit,  die  es  dauerte,  eine  bremse 
auf  den  hals,  welche  es  umschwärmte  und  erweckte,  um  es  seiner 
hohem  bestimmung  zurückzugeben.'  sonderbares  miüeid,  welches 
das  edle  thier  keinen  augenblick  schlummern  lassen  will  —  denn 
so  müssen  wir  es  wol  denken  in  Übereinstimmung  mit  dem  {rtthem 
'es  w]ürde  jedenfalls  gemächlich  einschlafen'  —  und  zu  diesem  zweck 
ihm  eine  bremse  auf  den  hals  schickt!  was  bewirkt  diese?  'sie  gibt 
es  seiner  hohem  bestimmung  wieder.'  und  worin  besteht  diese? 
doch  wol  auÜEuspringen  und  weiter  zu  grasen  oder  umherzulaufen? 
das  würde  es  wol  aus  freien  stücken  auch  gethan  haben  und  ohne 
bremse  besser  thun  als  mit  der  bremse,  mir  ist  überhaupt  dieses 
behagliche  daliegen  etwas  bedenklich,  ich  verstehe  zwar  nichts  von 
pferden  und  pferdeangelegenheiten;  aber  auf  früheren  faszreisen  und 
bei  gelegentlichem  limdaufenthalte  habe  ich  zwar  schon  oft  pferde 
frei  grasen,  aber,  so  viel  ich  mich  erinnere  —  beschwören  will  ich 
es  nicht  —  noch  keines  ruhig  daliegen  sehen,  und  so  viel  ich  weisi, 
stehen  diese  thiere,  selbst  die  abgetriebenen  miethgäule,  tag  ond 
nacht  in  ihren  stallen  und  ruhen  stehend  aus.  sie  untersoheiden  sich 
dadurch  in  bemerkenswerter  weise  von  dem  rindrieh,  den  ochsen 
und  kühen,  die  es  bekanntlich  lieben  liejgfend  ihr  geschäft  des  Wieder- 
kauens zu  yerrichten.  doch  will  ich  um  so  weniger  die  zoologische 
schraube  hier  anlegen,  da  ich,  wie  leicht  zu  merken,  selbst  blutwenig 
von  Zoologie  verstehe  und  Sie  die  angelegenheit  auf  das  gebiet  der 
fabeldichtung  hinübergespielt  haben,  auf  welchem  bekanntlich  ein 
komfressendes  füchslein  geschützt  und  ein  jagdliebender  esel  geduldet 
ist  so  könnten  wir  uns  etwa  dahin  vergleichen ,  dasz  um  des  lebr- 
zweckes,  will  sagen  um  der  anwendung  auf  die  Athener  willen  ich 
mir  Ihr  in  behaglicher  ruhe  daliegendes  ros  gefallen  lasse,  Sie  da- 
gegen mit  dem  durch  sporn  oder  peitsche  zu  erweckenden  rosse  nicht 
gar  zu  streng  ins  gericht  gehen,  doch  was  nun  weiter?  denn  am 
ende  sind  wir  offenbar  noch  nicht,  was  thut  nun  die  bremse,  nach- 
dem  das  ros  aufgesprungen?  beunruhigt  sie  das  edle  thier  weiter 
oder  verläszt  sie  es  wieder,  nachdem  sie  es  aus  dem  sohlummer  er- 
weckt oder  vor  dem  einschlafen  behütet  hat?  wenn  sie  letsteres 
thut,  so  gleicht  sie  doch  wieder  wenig  dem  Sokrates,  welcher  von 
sich  sagt:  ovbky  irauofiai  Tf|v  i\\xipay  öXtiv  irovraxoO  npocKodi- 
Ziuv.  thut  sie  ersteres,  so  gleicht  sie  eben  dodh  wieder  jenem  olcrpoc, 
welchen  die  boshafte  Hera  der  unglücklichen  lo  zum  begleitet  ge- 
geben hat.   sie  wird  zu  einem  bloszen  quälgeist,  in  dem  man  nicht 


ChCron:  sa  Piatons  apologie  [c.  18  b.  dO^j.  409 

o^  d«8  gesohenk  einer  woltfafttigen  gotiheit  erkennen  kann,  und 
fkasen  wir  auch  das  irovTOXoO  ins  ange,  das  für  die  unermüdliche 
ttitigkeit  des  fiberall,  auf  markt  und  strasMU,  in  werkstfttten  und 
liagicbalen  und  gymnasien  mit  bürgern  und  fremden  gesprftche  an- 
kafipfenden  Sokrates  so  charakteristisch  ist^  so  wird  Ihre  bremse  das 
plBrd  xwar  nicht,  wie  jener  oTcrpoc  die  kuh,  über  land  und  meer 
varfdgen,  wol  aber  in  den  stall  und  an  dem  wagen  und  unter  dem 
mter.  und  da  mCchte  gerade  jetzt,  wo  das  edle  thier  von  der  fata- 
kl  bromse  überall  umschwärmt  wird,  selbst  sporn  und  peitsche, 
Mfieh  ohne  sein  y erschulden,  nur  in  folge  des  gesohenkes  der 
mitUdigen  gottheit,  ihm  nicht  erspart  werden  künnen.  da  wäre  es 
imt  kein  wunder,  wenn  der  andere  ausgang  Ihrer  fabel,  den  Sie 
ittbt  antreten  lassen  wollen,  doch  einträte,  dieser  nicht  beliebte 
kUosx  lautet:  'das  ros  aber  wollte  es  nicht  leiden'  —  wir  werden 
es  also  wol  noch  auf  der  wiese  zu  denken  haben  —  'und  schlug  die 
branse  tot,  und  so  brachte  es  sein  weiteres  leben  in  schläfrigem 
BflsDggange  hin  und  entartete.'  dieses  pferd  scheint  also  keinen 
qgcntümer  zu  haben,  der  es,  wenn  es  nicht  von  selbst  zum  stalle 
kMunt,  schon  abholen  und  also  auch  wol  an  den  wagen  spannen 
oder  als  reiter  besteigen  würde,  es  lebt  also  wol  noch  in  der  frei- 
hat der  Wildnis,  'auf  den  kiessteppen  und  weideflächen  Central- 
asiais,  dem  tummelplatz  der  stürme',  wohin  uns  Victor  Hehn  in 
dem  abschnitt  über  das  pferd  auf  s.  21  seines  schGnen  Werkes  über 
'ealtupflanzen  und  hausthiere  in  ihrem  Übergang  aus  Asien  nach 
Oneehenland  und  Italien  sowie  in  das  übrige  Europa'  führt,  diese 
wfideilchen  mögen  nun  freilich  wenig  ähnlichkeit  haben  mit  Ihrer 
'gnmehen  wiese',  an  jenen  Urzustand  dürften  wir  übrigens  schon 
om  der  entartung  willen  nicht  denken,  also  nicht  ein  'tarpan',  son- 
doa  eine  art  'musin'  würde  Ihr  entartetes  ros  werden,  glücklicher- 
weise wird  08  vor  dieeem  Schicksal  durch  die  bremse  bewahrt  und 
dei&it  'seiner  hohem  bestimmung'  zurückgegeben,  da  wir  es  also 
wol  nieht  im  wilden  oder  verwilderten  zustand  denken  dürfen  und 
teiae  hAere  bestimmung  wol  auch  nicht  darin  bestehen  kann,  impier 
auf  der  wiese  zu  bleiben  und  zu  grasen,  was  mit  dem  quälthier  zur 
scits  sock  nichts  gerade  sehr  angenehmes  wäre  und  ohne  dasselbe 
leieU  wieder  zu  dem  verwerflichen  einschlafen  führen  kannte,  so 
Verden  wir  es  eben  doch  wieder  zu  den  Wohnungen  der  menschen, 
n  seinem  eigentümer  zurückkehren  lassen  müssen  und  jetzt  erst 
uA  seiner  hühem  bestimmung  fragen  können,  diese  kann  nun  wol 
ii  aidbta  aaderm  bestehen  als  darin,  dem  menschen  zu  dienen,  sei 
« tum  reiten  sei  es  zum  fahren,  und  wenn  man  seine  höchste  leistung 
Oi  enge  &sst,  so  war  es  wol  die,  seine  schlachten  mit  ihm  zu  kämpfen 
od,  bei  den  Hellenen  insbesondere,  in  den  mancherlei  local-  und 
MiioMlspielen  als  renner  in  verschiedenen  arten  des  wettkampfes 
sck  und  aebem  besitzer  und  der  stadt,  der  letzterer  als  bürger  an- 
gakflrte,  mhm  und  preis  zu  erwerben,  und  so  sind  wir  denn  doch 
mit  derselben  zwingenden  notwendigkeit,  die  Sie  mir  gleich 


410  ChCron:  zu  Piatons  apolog^ie  [c.  18  8.  30']. 

auf  dei*  ersten  seile  Ihres  aufsatzes  als  Oorgoschild  entgegesbalteii, 
9U  dem  reiter  und  wagenlenker  und  damit  auch  zu  dem  sporn  und 
der  peitsche  zurückgekommen,  denen  das  edle  res,  wenn  es  seine 
höhere  bestimmung  erfflllen  soll ,  und  wir  mit  ihm  in  keiner  weise 
entrinnen  können,  wir  können  es  auch  darum  nicht,  weil  sonst,  wie 
schon  oben  angedeutet  worden ,  die  ganze  vergleichung  ihres  angel- 
punctes  entbehrte,  dieser  kann  nur  darin  liegen  dasz,  wie  das  pferd 
im  dienste  des  menschen  steht  und  in  -diesem  seine  Schuldigkeit  zu 
thun  hat  und,  wenn  es  in  seiner  thKtigkeit  erlahmt,  durch  zucht- 
mittel  angetrieben  oder  erweckt  wird,  so  auch  der  mensch  im  dienst 
eines  höhern  herm  steht  und ,  wenn  er  oder  vielmehr  das  athenische 
Yolk  in  diesem  dienst  aus  trSgheit  oder  weltlust  —  Sie  erlauben  wol 
dasz  ich  mit  diesem  wort  alles  zusammenfasse,  was  von  29^  bis  30' 
angedeutet  wird  —  erlahmt,  durch  die  wolthätige  ftlrsorge  einer 
der  Stadt  freundlich  gesinnten  gottheit  einen  wecker  und  mahner 
in  der  person  des  Sokrates  hat,  der  alle  anderen  lebensinteressen, 
welche  sonst  die  menschen  in  anspruch  nehmen,  bei  seite  setzt,  um 
seinem  seelsorgerlichen  berufe,  der  ihm  durch  die  gottheit  aufge- 
tragen worden  ist,  nachzugehen. 

Leicht  werden  wir  uns  über  das  uttö  toC  Oeou  nach  irpocxei- 
fi€VOV  TT)  iTÖXei  verständigen,  ich  habe  die  worte  erst  in  den  spä- 
teren auflagen  eingeklammert,  weil  ich  das  T^XoTov  besser  in  dem 
7Tp0CK€i|Li€V0V  Tf|  TTÖXci  mit  der  folgenden  vergleichung  ausgedrückt 
fand  und  die  erwähnung  des  gottes  hier  um  so  weniger  am  platze 
schien,  als  die  Vorstellung  der  göttlichen  Veranstaltung  ohnedies 
schon  durch  das  vorhergehende  Tf)V  ToO  0€oO  böciv  ö^tv  in  dem 
leser  angeregt  war  und  gleich  darauf  in  besonders  nachdrücklicher 
weise  ausgesprochen  wird,  auch  läszt  sich  eben  aus  dieser  doppelten 
erwähnung  die  beifügung  einer  solchen  randbemerkung  leicht  den- 
ken, da  nun  aber  die  Verbindung  an  sich  ganz  spracbgemSsz  ist. 
wie  sie  denn  auch  ausdrücklich  von  mir  als  solche  anerkannt  wird, 
und  die  hauptsache  davon  ganz  unberührt  bleibt,  so  gebe  ich  Ihnen 
den.beisatz  gern  zu  und  betrachte  die  frage  als  eine  solche,  die  durch 
überzeugende  gründe  kaum  zu  entscheiden  sein  wird,  denn  das  recht 
der  Überlieferung  ist  ja  auch  kein  unbedingtes ,  und  mancher,  der  in 
öinem  falle  am  entschiedensten  darauf  besteht,  springt  in  einem  an- 
dern am  willkürlichsten  mit  demselben  um. 

Der  punct,  der  mir  in  Ihrer  auffassung  am  meisten  ansto»: 
gibt,  ist  der,  dasz  Sie  das  bild  von  der  bremse  auch  da  festhalten, 
wo  das  andere  bild  von  dem  pferde  offenbar  zurückgetreten  ist,  ich 
meine  von  den  werten  an  6c  Ujitac  ^T^ipuiv  bis  <p€{c€cO^  ^ou,  ja  »' * 
gar  in  das  andere  bild  von  den  einschlafenden  menschen  hinü<^ er- 
spielen, wo  es  nach  meiner  meinung  weder  hingehört  noch  duriL 
irgend  ein  wort,  das  unverkennbar  darauf  hindeutet,  begünstig' 
wird.  Sie  haben  offenbar  durch  das  anmutige  gemälde,  das  Si. 
entwerfen,  das  aber  freilich  in  auffallender  weise  an  das  humafi" 
capüi  cervicem  pictor  e  quin  am  iungere  $i  vdü  des  dichtere  erinnert. 


ChCron:  zu  Platons  apologie  [c.  18  a.  30«].  411 

sich  so  bezanbem  lassen,  dasz  Sie  um  keinen  preis  den  armen  Sokra- 
tes  zu  frth  ans  seiner  Verkleidung  in  ein  unTemünftiges  tbier ,  das 
ohne  nnterschied  das  träge  wie  das  muntere  ros  angreift,  entlassen 
wollen,  ich  sagte  dasz  in  diesem  zweiten  bilde  auch  kein  wort  un- 
Tcrkennbar  auf  die  Vorstellung  einer  bremse  hindeute.   Sie  finden 
ein  solches  in  dem  KpovcavTec.   dasz  Sie  nichts  wissen  wollen  von 
den  ausschlagenden  rossen  Stallbaums,  also  ol  vuCTdZovTCC,  das  un- 
begreiflicher weise  immer  noch  einige,  wahrscheinlich  durch  die  ver- 
meiotliche  einheit  eines  weiter  ausgeführten  gemäldes  verleitet,  trotz 
der  verluderten  zahl  auf  das  edle  ros  übertragen,  von  menschen  ver- 
stehen^ darm  thaten  Sie  sehr  recht,  und  ich  freue  mich  Ihrer  unbe- 
mzsten  Übereinstimmung  mit  meiner  darlegung  in  den  ^kritischen 
und  exegetischen  bemerkungen'.     demgemäsz,  sagen  Sie,  *mu8z 
Kpouciv  von  den  einnickenden  selbst  ganz  eigentlich  gemeint  sein ; 
es  beiszt  hier  «mit  der  band  zuschlagen»,  und  zwar  nach  dem  durdi 
eine  bertthrung  im  einschlafen  störenden  dinge.'   bis  hieher  stimme 
ich  mit  einer  geringen  einschrftnkung,  von  welcher  gleich  nachher, 
mit  Ihnen  überein.    Sie  fragen  aber  weiter:  *was  kann  aber  das 
sein?'  dasz  Sie  so  fragen,  zeigt  offenbar  an  dasz  Sie  Ihre  bremse 
Kbon  im  sinne  tragen,   denn  eigentlich  brauchen  wir  gar  nicht  da- 
nach zu  fragen,  da  es  sich  wieder  nur  um  die  Athener  handelt,  deren 
Ton  Schrates  schon  ganz  richtig  vorausgesehenes  verfahren  mit  dem 
gebahren  solcher  verglichen  wird,  die  zu  ihrem  ärger  im  einschlafen 
gesteht  werden.   Sie  antworten  auf  Ihre  frage :  ^jedenfalls  ein  wesen, 
du  durch  den  schlag  getötet  wird,  wenn  anders  dnoKTcivaiTe  im 
bilde  bleiben  soll,  also  jedenfalls  so  etwas  wie  eine  fliege  oder  mücke, 
die  sieh  dem  einschlafenden  auf  die  stim  gesetzt  hat.'   aber  sollte 
denn  diroicT€{vaiT€  in  dem  bilde  bleiben  und  konnte  Sokrates  oder 
Piaton  Sie  auch  nicht  durch  das  vorausgeschickte  7T€t0ö)Li€VOi  'Avihip, 
das  mit  ^ktbiuic  fiv  änoKTeivaiTe  doch  recht  nachdrücklich  an  die 
raahe  Wirklichkeit  gemahnt,  von  dem  bilde  ab  und  auf  äjüieic,  also 
<iie  wirklichen  hier  durch  die  richter  vertretenen  Athener  zurück- 
bnken?    also  nicht  leitet  er  *mit  dem  für  bild  und  Wirklichkeit 
gleeh  richtigen  werte  dTTOKreiveiv  langsam  wieder  aus  dem  be- 
reicbe  des  bildliehen  in  die  Wirklichkeit  hinüber',  sondern  wir  stehen 
mit  demselben  schon  ganz  wieder  auf  dem  boden ,  auf  welchem  der 
tpredtende  selbst  steht,  den  er  für  seine  person  eigentlich  nie  ver- 
lassen hat  ein  hinüberleiten  könnte  also  nur  in  den  durch  ihre  form 
coentsehiedenen  participien  dx06jüi€VOt  und  KpoucavT€C  liegen,  und 
«Undings,  ein  bild  von  packender  Wirkung  ist  es,  das  Sie  in  diesem 
letzten  acte  uns  vorfnhren.   dem  einschlafenden  —  ich  mache  hier 
auf  die  zahl  aufmerksam  —  setzt  sich  eine  fliege  oder  mücke  auf  die 
itim«  der  wird  ärgerlich,  schlägt  zu,  und  —  die  mücke  ist  tot.  gut ! 
wird  am  ende  jeder  leser  —  von  den  hörem  zu  geschweigen  —  sagen, 
*itt  geschah  was  ihr  gebührt,  warum  setzt  sie  sich  dem  einschlafen- 
ien  auf  die  stim?   denn  in  solchen  fUllen  zeigt  jeder  mensch  weni- 
Scr  seine  gottähnliche  als  seine  thierisch-avitische  natur,  in  dem 


412  OErdmann:  zu  Piatons  apologie  [s.  29^]. 

kämpf  um  das  dasein,  zu  welchem  der  schlaf  bekamiÜich  anch  ge- 
hört, aber  xpoucaVTCC  fiv  ^€?*  also  mich,  die  mücke?  das  sollte 
Sokrates  hier  im  sinne  haben?  das  glaube  wer  will  oder  kann,  mir 
geht  es  gegen  den  mann,  ein  gegner  und  yerlftsterer  des  Sokrates, 
ein  Meletus  redivivus  mag  sieh  dieses  bildes  bedienen  und  es  dann 
mit  aller  naturhistorisehen  Wahrheit  ausmalen;  mir  aber  wSre  es  eine 
befriedigung,  wenn  diese  bremse  oder  fliege  oder  mttcke,  die  Sie  nun 
doch  einmal  haben  totschlagen  lassen,  auch  für  immer  tot  bliebe  nnd 
nicht  einmal  als  gespenst  mehr  umherflatterte. 

Doch  könnte  dieser  wünsch  yielleicht  unbescheiden  erscheinen, 
darum  will  ich  lieber  zu  der  ftusz^ung  zurflckkehren,  mit  welcher 
ich  jene  frühere  schon  mehrfach  angeführte  erörtemng  geschlossen 
habe :  ^bringt  man  somit  alles  in  anschlag,  was  für  die  eine  und  an- 
dere erkl&rung  des  wertes  ^uu)i|i  gesagt  werden  kann,  so  scheint  das 
grössere  gewicht  sich  entschieden  auf  seite  von  «Stachel ,  sporn»  zu 
neigen.'  können  Sie  sich  mutatis  mutandis  zu  einer  ähnlichen  ftasze- 
rung  verstehen,  so  hätten  wir  uns  zur  Verständigung  die  band  gereicht 

*  ich  Tergeeee  nicht,  daez  }ii  eigentlich  von  diroKTcWaiTC  abhingt, 
aber  das  ändert  nichts  an  der  sache. 

Augsburg.  Christian  Cbon. 


29^  bezeichnet  Sokrates  es  als  schimpfliche  Unwissenheit,  wenn 
man  sich  einbilde  zu  wissen,  was  man  doch  wirklich  nicht  weisz, 
und  stellt  sich  als  von  den  anderen  dadurch  unterschieden  dar,  dasz 
er  sich  nicht  einbilde  zu  wissen,  was  er  wirklich  nicht  wisse;  das 
aber  wisse  er  wirklich,  dasz  es  schlecht  und  schimpflich  sei,  döiKCiv 
kqI  dTr€i6€iv  Tqj  ßeXriovi.    hier  ist,  soviel  mir  bekannt  geworden, 
dbiK€iv  unbeanstandet  geblieben,  dies  ist  natürlich  nicht  aufrofasaen 
in  dem  speciellen  sinne  von  KaKOupTcTv,  ößpt2€iv  Tivd,  sondern  nur 
absolut  und  allgemein,  etwa  wie  d^apTdveiv,  vgl.  Aristoph.  Wo.  25 
<i>iXuiv,  dbiKcTc,  ^auv€  töv  coutoO  bpö^ov,  und  noch  entsprechen- 
der die  bei  den  Attikem  häufige  phrase  €l  \xf\  dbiKU)  T€»  mfoHof 
(Heindorf  zu  Charm.  156  *),    aber  auch  so  ist  der  ausdruck  Einmal 
zu  unbestimmt,  dann  aber  nicht  einmal  richtig,    denn  den  irrtum 
hat  ja  Sokrates  niemals  für  schimpflich  gehalten,  wol  aber  die  be 
wüste  neigung  dazu  resp.  das  festhalten  daran,  auch  dem  verst&n 
digem  (ti|i  ßeXTiovi)  gegenüber,    letzteres  aber  wird  deutlich  aus 
gedrückt,  wenn  man  statt  dbtKCiv  schreibt  diriCTCiv,  welches  hm 
mal  eine  bessere  Stufenfolge  ergibt  vom  mistrauen  zum  ungehorsam 
und  femer  sich  an  das  gemeinsame  object  ßeXTtovi  besser  anschlieszt 
über  die  häufige  Verbindung  und  Sinnverwandtschaft  von  dmaciv 
und  dirciBjEiv  vgl.  Stallbaum  zur  apoL  29^;  wenn  es  aber  dortheiäzt, 
dasz  die  Athener  dem  Anytos  mistrauen  würden,  so  passt  das  kun 
vorher  gesagte  dniCTeiv  Tijj  ßeXriovi  ganz  und  gar  zu  der  feint^i 
ironie  dieser  stelle. 

Stendal.  Otto  Erdxank. 


APhüippi:  Aber  einige  reden  des  IsaioB  und  DemoBthenes.     413 

64. 

ÜBER  EINI6E  BEDEN  DES  ISAIOB  UND  DEMOSTHENES. 


Im  nannten  supplementbande  dieser  jfthrbfioher  hat  HBuer- 
mann  meine  vor  zehn  jähren  in  den  'beitrttgen  zn  einer  geechichte 
des  •ttiacben  bfirgerrechts'  gegebenen  nntersuchnngen  fiber  die  stel- 
tong  der  nnebenbttrtigen  zn  den  demen  und  phratrien  fortgeftlhrt 
('drei  stndien  anf  dem  gebiete  des  attischen  rechts'  s.  569  ff.),  ergftnzt 
«ad  mehrfaofa  za  meiner  frende  in  streng  saohlicher  weise  berichtigt, 
ei  irt  nidit  meine  absieht  schritt  flElr  sciffitt  Zustimmung  und  wider- 
ipraeh  zu  yerzeichnen  und  an  letztem  meine  bemerknngen  za  knüpfen. 
idk  glanbe  der  sache  besser  zu  dienen  und  im  sinne  B.s  zu  handeln, 
warn  idi  zwei  punete,  auf  welche  B.  selbst  besondem  wert  legt,  her- 
Toriiebe,  der  zweite  wird  sich  kurz  erledigen,  in  dem  ersten  handelt 
M  lieh  um  die  erklimng  von  vier  zum  teil  recht  schweren  reden,  zwei 
des  Isaioa  und  zwei  Domosthenischen.  dieser  hinweis  mag  es  ent- 
ichiildigen,  wenn  ich  fOr  eine  in  den  äugen  manches  yielleicht  un* 
wichtige  speeialcontroverse  bei  dem  streben  nach  ttuszerster  kflrze 
noch  zu  viel  räum  beansprucht  haben  sollte. 

L  Den  aatz  dasz,  ausnahmen  Torbehalten,  die  vöOoi  sowol  ex 
pengrinn  als  ex  ciye  Attica  von  der  phratrie  unjd  demnach  yon  dem 
dsBos  anageschlossen  waren,  beschränkt  B.  durch  den  vcm  ihm 
qudlaunlazig  begründeten  legitimen  concubinat,  welcher  zu  seiner 
tonaisetaung  die  bfligerliche  frau  und  die  ^TTvilcic  (nicht  den  T<S(MOC, 
die  bedingnng  der  ehe),  sowie  einige  weiterhin  zu  betrachtende  kri- 
teriea  hat.  dessen  sprSszlinge  wären  auch  in  den  zeiten  strengster 
ohtwiBs,  dh.  nach  Eukleides,  in  die  väterliche  phratrie,  wenn  auch 
ia  itifsnn  alter,  und  demnächst  in  den  demos  eingeftUirt  worden ;  sie 
ilvai  nicht  v66oi,  sondern  fvificioi  gewesen,  so  dasz  der  oben  ange- 
fthite  aata  sein  recht  behält,  ich  erkenne  einen  gegentlber  andern 
gdegcnheitwerhttltttiflsen  durch  gesetz  und  sitte  bevorzugten  concu- 
hisal  ebenfiüls  an,  glaube  aber  nicht  dasz  mit  dessen  voraussetzun- 
gm  die  Verhältnisse  der  betreffenden  reden  vollständig  genug  sich 
decbn,  um  die  kriterien  in  der  von  B.  geforderten  schärfe  hervor- 
Mn  zn  lassen. 

In  besng  auf  Isaios  rede  Aber  Philoktemons  erbschaft  (6) 
gibc  ieh  zu  daez  der  sehn  der  Alke  von  Euktemon  als  TvVjcioc  ein- 
gcAhrt  aei,  was  ich  bflrgerr.  s.  91  schon  ittr  mdgHch  hieJt.  es  musz 
ibo  an  einen  oenonbinat  gedacht  sein  mit  einer  bttigerin  (wenn  auch 
&  lede  die  Alke  nicht  dafür  will  gelten  lassen):  denn  Euktemons 
fraa  lebt  nodi,  sogar  noch  nach  seinem  tode  (§  40).  aber  nun  ver- 
Ml  siek  Euktemon  mit  der  Schwester  des  Demokntes  (§  22).  das 
at  eoMnlnnat  (B.  s.  580).  trotzdem  heiszt  es  it&iie\,  und  ob  man 
ticr  Vollzug  oder  nnr  wollen  (Sohömann  zu  Isaios)  annimt,  jeden- 
Us  ist  Uenach  der  ausdmck  tct^etv  nicht  auf  ehegattinnen  be- 


414     APfailippi:  über  eiDige  reden  des  IsaioB  und  DemoBthenes. 

schränkt,  femer  hätte  Enktemon  bei  seinem  alter  mit  einfUhrang 
der  zu  erwartenden  concubinenkinder  unmöglich  bis  zu  deren  mün- 
digkeit  (B.  s.  581)  warten  kOnnen.  also  die  spätere  einffibrung 
in  die  phratrie  ist  kein  kriterium. 

Bei  Isaios  rede  über  Pjrrhos  erbschaft  (3)  (B.  s.  678. 638) 
hatte  ich  bQrgeiT.  s.  93  angenommen  dasz  Phile,  welche  Endios  ihr 
adoptivbruder  lange  nach  Pjrrhos  tode  an  Xenokies  verheiratet^ 
eine  vöOt]  ex  cive  Attica  sei,  da  Pyrrhos  sie  nicht  in  seine  phntrie 
eingeftlhrt  hatte,    jene  Verheiratung  an  einen  attischen  bflrger  ist 
dann  befremdlich,  wenn  auch  nicht  nachweislich  nach  atibcbem 
gesetze  strafbar.  B.  gewinnt  nun  durch  scharfsinnige  Interpretation 
die  möglichkeit  dasz  Phile  von  Pyrrhos  in  einem  legitimen  concu- 
binat  mit  einer  attischen  bürgerin  erzeugt  und  demnach  Yvncia  sei. 
die  rede  behauptet  dasz  Pyrrhos  selbst  mit  der  testamentari- 
schen (§42.  56.  60)  adoption  seines  neffen  Endios  für  die  Illegi- 
timität seiner  tochter  Phile  sich  ausgesprochen  habe:   denn  einer 
vorhandenen  legitimen  tochter  hätte  er  nach  attischem  erbrecht 
natürlich  den  zu  adoptierenden  zum  gatten  bestimmeii  müssen,  für 
die  letztwillige,  also  nicht  bei  lebzeiten  des  Pyrrhos  erfolgte  adoption 
spricht  aber  der  durch  zeugen  festgestellte  umstand  dasz  Endios 
durch  epidikasie  (§  43),  nicht,  wie  ein  bei  lebzeiten  adoptierter 
oder  leiblicher  söhn  des  erblassers,  durch  ^^ßdreucic  das  erbe  an- 
trat, und  weil  dieser  umstand  durch  zeugen  festgesteUt  ist,  so  acbeint 
er  mir  das  sicherste  in  der  ganzen  schwierigen  Streitfrage  zu  sein. 
die  gegenpartei  hat  nun  zu  gunsten  derPhüe,  welche  an  die  erb- 
schaft des  Pyrrhos  anspmch  macht,  jene  entscheidung  des  Pynbo^ 
in  frage  gestellt  (§  56.  60.  66),  und  zwar  nach  B.  dnrch  die  be- 
hauptung,  dasz  die  adoption  des  Endios  bei  lebzeiten  des  PyrrboN 
aber  noch  vor  der  gehurt  der  Phile  erfolgt  sei,  Phile  also,  wenn  sie 
Tvr]cia  sei,  neben  ihrem  altem  adoptivbruder  auf  die  erbschaft  ibr«^ 
vaters  Pyrrhos  anspruch  habe,   da  nun  Endios  im  vorigen  jähre  kin- 
derlos gestorben  ist  (§  57),  so  wäre  sie  natürlich  alleinige  erbin.  es 
fragt  sich,  ob  wir  mit  so  sicherm  blicke  gleichsam  zwischen  den  be- 
hauptungen  der  rede  und  der  gegenpartei  hindurch  in  den  wirklichen 
thatbestand  einzudringen  vermögen ,  ob  wir  die  argomentation  der 
rede  so  schritt  ftir  schritt  mit  hilfe  der  doch  nur  aus  ihr  selbst  ent- 
nommenen gegenargumente  entkräften  kOnnen.     testamentsrisdit: 
adoption,  welche  die  rede  behauptet,  musz  nach  den  zeitverhältnissen 
(§  1.  57)  sich  haben  wahrscheinlich  machen  lassen;  dies  ist  dai 
geringste  Zugeständnis  an  den  redner  Isaios.    also  wenn  man  du 
Wahrheit  der  behauptung,  welche  er  vertritt,  bezweifeln  will^  : 
könnte  im  äuszersten  falle  die  adoption  kurz  vor  Pyrrhos  tode  at- 
folgt  und,  um  auch  dies  zuzugeben,  gleich  hernach  Phile  geboren 
sein,  so  dasz  Pyrrhos  noch  gerade  ihre  bcKomi  (§  30)  feiern  konnte, 
merkwürdig  wäre  dieses  für  die  gegenpartei  günstige  zosammen- 
treffen  der  umstände,  aber  nicht  gerade  undenkbar,    weniger  an- 
nehmbar  schon  ist  es,  dasz  Endios,  wenn  er  wirklich  bei  lebzeiten 


AFhilippi :  über  einige  reden  dea  laaios  und  Demostbenes.     415 

des  Pyrrbos  adoptiert  war,  seiner  zeit  nicht  embateusie,  sondern  epi- 
dika£ie  (§  60)  unter  beseitigong  der  Phile  anwendete,  und  die  epi« 
(übsie  §43  ist  doch,  wie  bemerkt,  das  sicherste  an  der  ganzen 
lacfaeb  konnte  also  wirklich  der  instruierende  arohon  in  bezug  auf 
difi  beweismaterial  so  yon  Endios  seiner  zeit  mit  erfolg  geteuscht 
werden?  oder  liesz  das  letztere  nachtrttglich  fOr  die  jetzige  ver- 
budlimg  so  sich  fälschen ,  dasz  epidikasie  wahrscheinlich  gemacht 
werden  konnte  unter  umständen,  unter  denen  sie  nicht  stattgefunden 
bitte?  zu  beachten  bleibt  noch,  dasz  die  aufüossung  der  rede  durch 
deiia  ihren  gunsten  und  gegen  Phile  entschiedenen  ersten  process 
($  3—6)  erheblich  gestutzt  wird. 

Dies  ist  die  6ine  bedenkliche  seite  bei  B.s  auffassung  des  that- 
bestandes.  auf  der  andern  nimt  B.  entsprechend  seiner  auffassung 
der  Phile  als  TVricfa  an,  es  sei  deren  mutter  in  Wirklichkeit  und  zu- 
gleich nach  der  auffassung  der  gegenpartei  dem  Pjrrhos  als  TraXXaicrj 
von  Seiten  des  Nilcbdemos  verlobt  worden,  und  diesen  legitimen 
conenbinat  bestreite  die  rede,  bisher  dagegen  meinte  man,  was  die 
gegenpartei  behaupte  und  die  rede  zu  widerlegen  suche,  sei  ehe- 
liehe Verbindung  der  mutter  der  Phile  mit  Pyrrhos.  ich  finde 
fion  die  ganze  rede  in  allen  ihren  einzelheiten  unter  der  Yoraus- 
seuong  yerständlich,  dasz  es  sich  um  ehe  oder  nichtehe  handelte  (zb. 
£e  stete  Wiederkehr  der  begriffe  TV^ctoc  und  ^tT^n^ic) ,  und  meine 
<ii8z  such  die  stellen,  welche  durch  einfUhrung  der  begriffe  TraXXaKf) 
ond  Td^oc  zwischen  concubinat  und  ehe  eine  distinction  eintreten 
iMien  (§  14.  39.  76.  79.  80),  nicht  nötigen  diese  auffassung  aufzu- 
sehen« zwingend  erscheint  mir  keines  der  von  B.  dafür  angeführten 
u^gBHMnte,  dasz  die  gegenpartei  mit  legitimem  ooncubinat  der  mutter 
der  Phile  zufrieden  seL  es  ist  richtig  (B.  s.  578),  dasz  §  79  erst  ein 
idüosc  die  TOKiilXCa  in  die  argumentation  hereinzieht,  dasz  demnach 
&  föer  derselben  yon  Nikodemos  nicht  ausdrücklich  wird  be- 
biptet  worden  sein:  denn  sonst  hätte  die  rede  gesagt:  ^Nikodemos 
Ukuiptef  oder  dgl.  aber  wenn  (nach  B.)  die  T^Mil^i^x  (^^^  f&jioc 
ttherhtapt)  das  ftr  die  ehe  dem  legitimen  concubinat  gegenüber 
chmkteristische  ist,  und  wenn  zweitens  die  gegenpartei  nur  den 
^tten,  nicht  die  erstere  behauptet  hatte,  so  scheint  es  mir  ganz 
anntglich  dasz  ein  mann  wie  Isaios  das  charakteristikon  desT^^oc 
^ntzt  hätte,  um  dadurch  den  legitimen  concnbinat  wegzudemon- 
f^ren;  dieser  knnstgriff  hätte  nicht  auf  erfolg  rechnen  kOnnen,  mag 
>ttn  sieh  die  geschworenen  auch  noch  so  beschränkt  vorstellen,  da- 
Bseh  kann  ich  mir  das  eingehen  auf  die  übrigen  einzelheiten  erlassen 
Qd  bemerke  nur  noch,  dasz  ich  um  so  weniger  grund  für  die  gegen- 
pvtd  finde  sich  mit  der  behauptung  des  legitimen  concnbinats  zu 
l^figen,  als  überhaupt  von  keiner  ehefrau  des  Pjrrhos  die  rede 
^t,  neben  der  dann  die  mutter  der  Phile  als  naXXaxr)  den  zwei- 
^  nmg  hätte  einnehmen  müssen,  ich  musz  demnach  annehmen 
^  die  gegenpartei  den  'X&liOC  behauptet,  die  rede  nicht  nur  die- 
sen, iondem  auch  einen  irgendwie  legitimen  concubinat  in  ab- 


416     APhilippi:  über  einige  reden  des  Isaios  and  Demosthenes. 

rede  stellt  und  die  matter  der  Phile  als  einfache  ^rafpa  anfgefaszt 
wissen  will. 

Fragen  wir  nach  dem  wirklichen  verbttltnisse,  so  kOnnte  das- 
selbe freilich  in  der  mitte  gleichsam  zwischen  beiden  behaaptosgen 
liegen  und  mit  dem  von  B.  geforderten  legitimen  concobinat  sich 
decken,  es  könnte  femer  auf  grund  dieses  Terhftltnisses  von  Seiten 
der  gegenpartei  f&r  Phile  ansprach  auf  die  erbschaft  in  der  weise 
gemacht  worden  sein,  dasz  adoption  des  Endiosbei  lebzeiten  und  tot 
Philes  gebart  behauptet  wurde,  gegen  die  Wahrheit  dieser  behaup- 
tung  bestehen  die  oben  erwähnten  gewichtigen  bedenken  fort;  und 
ob  sich  mit  der  bloszen  thatsache  die  fassung  des  §  60  vertrigt,  ist 
mindestens  zweifelhaft;,  wer  sie  aber  annimt,  der  musz  auf  den  boden 
jenes  wirklichen  yerhttltnisses  aus  den  angaben  der  rede  die  §  30  na. 
erwähnte  ?>€Kdmi  mit  herttbemehmen;  auch  dann  glaube  ich  nicht, 
sie  sei  eine  art  kriterium  für  die  legitimität  solcher  concubinenkin- 
der.  da  sie  gut  bezeugt  ist,  so  hat  sie  starttgefnnden;  davon  unt«n 
bei  den  reden  gegen  Boiotos  (s.  418)«  die  veranlassung  zur  Unter- 
suchung des  wirklichen  thatbestandes  gab  der  in  der  rede  berichtete 
und  in  unsere  sonstige  Vorstellung  nicht  recht  passende  umstand, 
dasz  Phüe,  die  vödr)  ex  cive,  an  den  attischen  bttrger  Xenokles  ver- 
heiratet wird,  ob  nun  Phile  wirklich  vöOf]  ex  cive  oder  legitime 
tochter  ex  concubina  cive  Attica  war^  das  ändert  an  der  fllr  uns  be- 
fremdlichen darstellung  der  rede  nichts,  es  musz  nach  atüsdiem 
gesetze  möglich  gewesen  sein  Phile  an  Xenokles  zu  verheiraten,  aocb 
wenn  sie  vöSr)  ex  cive  war.  sonst  -hätte  Isaios  nicht  in  so  unver- 
fänglicher weise  die  auf  diesen  fall  vielleicht  nicht  passende  Voraus- 
setzung machen  können,  und  damit  betone  ich  wieder  die  auffas* 
sung  der  vorliegenden  rede  als  quelle  fOr  unsere  Vorstellungen 
von  recht  und  sitte  in  Athen,  es  ist  leichter  und  sicherer  diese 
quelle  zu  erschUeszen  als  die  wirklich  zu  gründe  liegenden  that- 
sachen  zu  ermitteln,  letzteres  bleibt  immer  unsicher;  wäre  es  das 
aber  auch  in  viel  geringerm  masze  als  ich  annehme,  so  wtbrde  doch, 
wie  das  beispiel  zeigt,  die  erstere  immer  noch  berücksichtigt  werden 
müssen,  ich  gebe  sJso  auf  grund  dieser  rede  die  möglichkeit  eines 
thatsächlichen  legitimen  concubinats  zu ,  meine  aber  dasz  die  in  der 
rede  hervortretenden  einzelnen  zUge  sich  kaum  (mit  B.)  zu  kriterien 
für  denselben  verwenden  lassen. 

üeber  die  beiden  reden  gegen  Boiotos,  von  denen  die  erste 
Demosthenes  gehört,  handelt  B.  s.  670  f.  575  f.  581.  vgl.  bOrgerr. 
s.  82  ff.  da  Piango  gleichzeitig  mit  der  efaegattin  des  Mantias 
mit  letzterm  Umgang  hatte  (2,  27),  so  ist  sie  nicht  etwa  firtther  oder 
später  seine  ehefrau  gewesen,  sondern  iraXXaid).  Boiotos  ist  älter 
als  der  Sprecher  (1,  27),  trotzdem  später  in  die  phratrie  eingeführt  als 
letzterer  in  den  demos,  war  also  vor  des  vaters  tode  mindestens  l>y 
jähr  alt  anstatt  des  'betrüge',  den  ich  mit  andern  annahm,  sucht 
B.  zu  erweisen,  dasz  der  vater  seine  in  legitimem  ooncnbinat  mit 
einer  btirgerin  erzeugten  söhne  in  die  phratrie  einführen  moste. 


APhilippi:  über  einige  reden  des  Isaios  und  Demosthenefl.     417 

diese  aniialime  erklärt  die  Situation  der  Boiotosreden  vortrefflich,  und 
TOD  einem  gesetzlich  begünstigten  ooncubinat  weisz  auch  das  attische 
Rcht:  8.  was  B.  s.  573  und  in  der  abh.  I  aus  den  rednem  gesammelt 
int  aber  die  besonderen  kriterlen  dieses  concubinats  scheinen 
ttsT  doch  in  den  quellen  keine  so  sichere  bestfttigung  zu  finden, 
aenüjch: 

1)  (B.  8.  574)  dieser  coneubinat  soll  durch  dtT^ilcic  zu  seinem 

Torrecht  T^jctot  heryorzubringen  gelangen,  die  ehe  auszerdem  noch 

TQ)U>c  (sieh  tOMilXia,  T<x^€^)  erfordern,  diese  Unterscheidung  geht 

pnktiach  nicht  durch,   von  Piaton  ges.  Ylll  841^  will  ich  absehen, 

lelbit  von  VI  774  %  und  nur  an  die  redner  mich  halten,  über  iT<i^€i 

habaioB  6,  24  s.  oben  s.  413.    ähnlich  Andokides  1,  124.  128  von 

nehien,  wo  doch  ^ine  concubine  sein  musz  (auch  wenn  die  sache 

aiefat  wahr  ist),  die  auf  ^TT^ctc  bezttglichen  ausdrucke  bei  Isaios- 

PTrrhos  kann  ich  auf  ehe  beziehen,  da  ich  annehme  dasz  die  gegen- 

pvtei  solche  behauptet,  die  rede  sie  widerlegt,    man  könnte  an- 

uhmen,  £TTV*s^^<^<^lEe  giengen  auf  die  geschäftliche  seite, 

W  Mf  die  heirat  selbst,  und  so  mag  es  vielfach  sein  ([Dem.]  g. 

Leoch.  §  49.  g.  Steph.  2,  18.  g.  Neaira  52).    aber  anderwärts  er- 

Kiemen  sie  völlig  synonym,  zb.  g.  Onetor  1,  21  t<iMOUC  iroioOfi€V, 

vo  lyj}h  stehen  könnte;  umgekehrt  Isaios  9,  29;  g.  Eubul.  §  41. 

^  inv-  neben  fOMTlXi^x«    was  femer  den  einführungseid  vor 

den  pbrateren  (B.  s.  574)  betrifft,  so  kommt  allerdings  äcTf)c 

(Tuvancdc)  kqI  ^tTvilTf)cvorbeiIsaios8,19.  Dem.g.£ubul.  §54. 

g.Keura  §  60  (Brytiden).  92. 106  (civitätsgesetz).  Isaios  7, 16  (phra- 

tcKft  jod  genneten)  t£  äcTf)c  xal  tCTOVÖra  6p6iDc,  und  dies  könnte 

f^  B.  1. 574.  621  sprechen,  dasz  nur  die  schon  mit  dem  coneubinat 

g^bcne  dtt ^iV)€ic ,  nicht  fä^ioc  (ehe)  beschworen  sei.  aber  Isaios 

1*1  9  &  &CTf)c  xal  t^iMCTftc  TwatKÖc  (allerdings  nicht  vor  phra- 

t«reii).  80  ktante  denn  der  eid  vorkommenden  falls  zb.  bei  den  kin- 

dtn  der  Piango  auch  nur  ti  äcTf)c  gelautet  haben,  ee  scheint  mir 

danun  immer  noch  möglich,  dasz  iTpiT)Cic  und  fi^xoc  stets  mit  ehe 

▼vbuiden  und  letzterer  mehr  accessorisdi  war.  der  legitime  concubi- 

B^  (aber  ofane  resultat  fOr  dTT^ncic  I)  folgt  aus  dem  gesetze  Dem.  g. 

^^nitokrates  §  55  —  Lysias  1,  31  (bd|iap  ««  YCiM^Tfi);  T<XMil^(a 

kofflal  Tor  Dem.  g.  Eubul.  §  43.  69  (€lc(p^p€tv),  Isaios  3,  76.  79 

tleaao,  8,  18.  20  neben  f&ßO\K  icTtäv;  vgl.  die  lexikographen  bei 

Veier  de  gentiL  s.  18. 

2)  getrennte  wohnnng  (B.  s.  580)  mag  sich  meist  bestätigen, 
noahme  Andokides  1,  124  ff. 

3)  das  tanzen  in  der  mtttterlichen  phyle  (6.  s.  581)  halte  ich 
ArreiA  sufiülig. 

4)  mitgift  (keine:  B.  s.  580,  aber  s.  s.  579).  demnach  wird 
BoioCoa  behauptet  haben,  Piango  sei  uxor  (2,  14).  hiemach  ist 

5)  die  bcKdni  zu  beurteilen  (1, 22.  2,  28.  59.  für  den  Sprecher: 
ly  20).  sie  soll  stattgefunden  haben ,  ist  schlecht  bezeugt  und  hat 
wol  nicht  stattgefunden,  behauptet  wird  sie  von  Boiotos,  der  aber 

rir  cItM.  philol.  1879  kft.  S  n.6.  37 


418     APhilippi :  über  einige  reden  des  Isaios  und  DemoctheneB. 

sobn  einer  ehefrsu  sein  will,  also  bleibt  fttr  das  concabinenkind 
nur  allenfalls  (s.  oben  s.  416)  Isaios  3,  30  stehen. 

6)  wenn  concubinat  und  ehe  dtTurictc,  die  ehe  auszerdemTOMOC 
zur  bedingnng  gehabt  hfttte,  so  würde,  da  Boiotos  (in  der  zweiten 
rede)  die  mitg^ft  seiner  angeblich  verehelichten  mutter  einklagt, 
der  mutter  des  Sprechers  aber  mitgift  abspricht  (§  20),  der  spreche? 
§  26  nicht  sagen  clirep  f|  \xky  iiii\  MifJTTiP  \ii\  fjy  ^TTUHT^  pn^* 
^^TKaro  TrpoiKo,  f|  bi.  toOtou  i)v^tk<xto  .  • ,  sondern  TaM€Tii.  man 
sieht  dasz  er  mit  der  mitgift,  dem  kriterimn  der  ehe,  die  ^TT^Ctc 
verbunden  sich  denkt. 

Es  ist  also  bis  jetzt  die  form  des  coneubinats  bei  den  loseren 
rechtsformen  der  Athener  durch  unsere  quellen  nicht  hinlftnglich 
angezeigt,  auch  ausdrücke  ehelicdier  formen  (dinv-  T^fi-)  aind  auf 
concubinat  übertragen,  anderseits  ist  ja  selbst  ohne  mitgift  eine  ehe 
denkbar  (Schümann  zu  Isaios  s.  233).  und  wenn  schlieszlich  der 
vater  im  legitimen  concubinat  erzeugte  hätte  einführen  müssen, 
so  ist  nicht  ersichtlich,  warum  Mantias  der  Piango  kinder  nicht 
früher  einführte,  ich  halte  es  nicht  für  unwahrscheinlich,  dasz  um- 
fängliche ^  und  genaue  beobachtong  noch  einzelnes  feststellen  wird, 
aus  diesen  reden  aber  ist,  glaube  ich,  ohne  neue  Zeugnisse  nichts 
mehr  zu  gewinnen. 

n.  Ein  zweites  ergebnis  der  B.schen  Untersuchungen  ist  di? 
erkenntnis,  dasz  die  neubtirger  (brtfiOTroiT|T0i)  wie  in  demos  und 
phyle,  so  auch  sofort  und  nicht  erst  allmfthlich  und  auf  umwogen  in 
die  phratrie  eingeführt  wurden,  dieser  satz  ist  gegenüber  der  groszen 
menge  der  jetzt  im  CIA.  11  vereinigten  dvitfttsdecrete  unabweisbar, 
von  hier  aus  greift  B.  in  scharfsinniger  weise  die  herkOmmlicbe  an- 
sieht an,  nach  welcher  die  zwölf  phratrien  der  alten  geschlechier- 
Verfassung  auch  nach  Eleistiienes  fortbestanden,  und  prüft  aufs 
neue  Aristoteles  pol.  VI  2  (Vn  4  Bk.).  ich  gestehe  dasz  ich  selbst, 
namentlich  als  vor  einigen  jähren  das  Djaleerdeoret  (jetzt  CIA.  II 
n.  600)  bekannt  wurde,  an  der  richtigkeit  der  alten  auffiuamig  zu 
zweifeln  begann,  und  wüste  jetzt  nicht,  was  sich  gegen  B.s  setz,  dasz 
die  zahl  der  phratrien  zur  zeit  der  redner  mindestens  erheblich  grGszer 
als  zwölf  war,  einwenden  liesze.  daraus  ergibt  sich  die  folgeroag  ftlr 
Eleisthenes  von  selbst  die  zahl  der  spftteren  phratrien  mOdkte  B. 
der  der  alten  t^VT)  (360)  gleichsetzen,  die  letztere  ist  allerdings  fest- 
zuhalten, wie  denn  überhaupt  an  dem  ganzen  von  Aristoteles*  deut* 

*  den  nsmen  des  Aristoteles  nbt  ein  nenes  fragment  in  den  Patmos- 
scholien  des  Demosthenes  im  Bwl.  de  oorr.  hell.  I  168.  es  stellt  sieb 
am  n&chsten  m  den  schollen  snm  Axtoehos  s.  406  Bk.,  Harpokratioa 
n.  Tcvvfkrai,  PoUnz  VIII 111  (Rose  s.  408)  mit  der  lücke  der  ersten  bei- 
den (COvoc);  der  jahresteilvergleieh  vollstXndiger  noch  als  bei  dem  sehol 
zn  Plat.  Philebos  30'  and  Siudas  o.  T€wf)T<u;  am  sehloss  die  Philo« 
eborosstelle.  übrigens  lehrt  es  nichts  neaes  nnd  gibt  dem  gedanken 
ranm,  dass  die  nronelle  aller  dieser  versprengten  ezcerpte  gewis  weseat- 
licberes  Über  die  denkwürdige  eioriehtaag  berichtet  haben 


^ 


APhilippi:  über  einige  reden  des  Isaios  und  Demotthenes.     419 

lieh  genug  überlieferten  Yorsolonischen  gentilsystem  von  den  phylen 
bernnter  bis  zu  den  triakaden  nichte  abzuhandeln  istr^isM^  man  es 
im  einzelnen  erklären  können  and  wollen  oder  nicht,  aber  die 
sehlnszfolgening  B.8  (s.  616)  scheint  mir  nicht  bindend,  für  den 
Ul  andi  diBs  zu  der  phratne  des  Aischines  (2,  147)  nnr  das  6ine 
aite  gaseUeoht  der  Eteobataden  gehörte,  kann  es  bei  anderen  anders 
gwem  sein»  viele  geschleohter  sind  ohnehin  früh  ausgestorben. 
koR  die  zahl  bleibt  einstweilen  besser  ungesuoht. 

Bekanntlich  heisran  die  mitglieder  dar  alten  gesohlechter  (gen- 
aetfla)  einmal  bei  Philoehoros  homogalakten.  B.  bringt  hierüber  in 
iikr  kflne  das  richtige,  ich  schliesze  eine  bemerkung  an.  eine 
^ekoiunr  nShere  zahluigabe,  welche  viele  erklftnmgsversnche  her- 
Toqenifen  bat  (ol  bc  ToO  atrroO  ical  npidrou  t^vouc  .  .)  beruht 
lediglich  auf  einer  oonfusion  bei  epit.  Harp.  (Suidas)  u.  t€wf]Tat. 
dttt  kik  dies  früher  nicht  erkannt  hatte  (bfirgerr.  s.  202),  hat  Stojen- 
im  de  Inlii  PoUads  •  •  auctoritate  s.  48  mit  recht  getadelt,  während 
Bidi  der  vorwarf,  das  I^hilochoroszengnis  in  seiner  einheit  verkannt 
a  baben,  nicht  trifft,  ich  will  jenes  versehen  nicht  damit  entsohul- 
^igta,  dass  es  nach  mir  besonnenen  forschem  und  mehren  noch 
ÜB  3tqjentin  nennt,  ebenso  gegangen  ist,  sondern  es  gut  zu  machen 
ndea.  bei  bespreohung  der  bekannten  bücher  von  Foucart  und 
Lftdsn  äoacerte  Lipsios  in  Bursians  Jahresbericht  in  bezug  auf  die 
jctet  im  CIA.  n  verdnigten  orgeoneninsohriften ,  es  müsse  an  den* 
Mlbea  äß  aaf  Isaioe  2, 14  ( . .  p€  iTTP<SMp€t  Kcd  eic  Toi)C  6pT€ujvac) 
gotttrte  aofEMSong  der  orgeonen  ais  bürgerlicher,  neben  den  t^vr| 
In  die  phratrien  eingeordneter  abteilungen  (SchOmann)  aufs  neue 
geprttft  werden,  diese  prüfang  kann,  meine  ich,  nur  ein  einfaches, 
Mgttives  eigebnis  haben,  die  Inschriften  beziehen  sich  auf  orgeo- 
la^  weine  in  der  allgemeinen  bedeutung  des  ausdrucks  ebenso 
tie  die  meisten  lezikographenstellen.  im  hinblick  auf  Isaios  9,  30 
'dkobi  die  mögHohkeit  nidit  ansgeschloesen ,  dasz  selbst  jene  erste 
hii(Mitalle  däUn  gehöre:  denn  die  thiasoien  des  Herakles  sind  ja 
flkahOM  keine  chrile  oorporation.  abgesehen  ;7on  dieser  möglich- 
^  Ueibt  Ar  die  engere  bedeutimg  und  die  bisherige  ansieht  nur 
^  «iae  am  reinaten  bei  Photios  and  Suidas  u.  öpTCiiivec  erhaltene 
I'^üoehoroneagnis:  toOc  hk  (ppdrepftc  iirdvoTKCC  b^€c6at  kqI 
^^  ApTCUfvac  ica\  Todc  biiorfiikwcxac  usw.,  dessen  nähern  zu- 
wir  aber  nidit  kennen,  wenn  auch  dieses  etwa  infolge 
iaadiriften  eine  erUärung  in  jenem  andern  sinne  finden  sollte, 
^  «tede  der  name  ftr  die  den  genneten  entgegengesetzten  neu- 
"*Kpr,  freilieh  damit  noch  nicht  die  sache,  aufieugeben  sein,  das 
*Btere  ist  absowartea. 

Otaam.  Adolf  Philipvi. 


27* 


420  HPeter:  über  einige  Schriftsteller  des  namens  Pollio. 

5b. 

ÜBER  EINIGE  SCHRIFTSTELLER  DES  NAMENS  POLLIO. 


Die  im  j.  1820  erschienene  inauguraldissertation  JRThorbeckes 
^de  Asinio  Pollione'  genieszt  bis  auf  den  heutigen  tag  ein  fiutkino' 
nisches  ansehen,  so  dasz  seitdem  niemand  rechte  last  geh&btbat 
sich  eingehend  mit  der  schrif  tsteUerei  des  durch  seine  politische  und 
litterarische  thätigkeit  ausgezeichneten  freundes  des  Caesar  xu  b« 
schäftigen,  von  neuem  selbständig  die  auf  uns  gekommenen,  haM 
spärlichen  spuren  seiner  werke  zu  verfolgen  und  namentUch  m 
eigentum  von  dem  anderer  gleichnamiger  autoren  zu  scheiden,  zwi: 
gibt  es  neuere  abhandlungen  über  ihn,  von  d'Hendecourt  (Löwen  l^'^ 
und  von  FA  Aulard  (Paris  1876);  aber  diese  bewegen  sich  nach  dem, 
was  ich  aus  referaten  anderer  über  sie  erfahren  habe ,  in  den  von 
Thorbecke  bereits  ausgetretenen  wegen,  und  auch  die  dissertaton 
von  OThouret  (in  den  Leipziger  Studien  I  s.  $24 — 346)  hat  die  uotK- 
suchung  nicht  wesentlich  gefordert ,  indem  sie  in  einer  der  wichti;* 
sten  der  hier  zu  lösenden  fngen  (der  behandlung  der  stelle  Plntarcb 
Caes.  46)  einen  sehr  kühnen  sprung  wagt,  der  mislingen  moste. 

Eine  recension  der  fragmente  bleibt  dem  zweiten  bände  meiner 
Relliquiae  historicorum  Romanorum  vorbehalten;  jetzt  soll  nnrde; 
versuch  gemacht  werden,  den  Wirrwarr  von  Schriften,  als  deren  ve:* 
fiosser  ein  Pollio  genannt  wird,  in  Ordnung  zu  bringen. 

Auszugehen  haben  wir  dabei  von  Suidas,  der  yier  artikd  db« 
Schriftsteller  des  namens  Pollio  liefert: 
L  'Acivtoc  TTujXiujv,  Tujfiaioc  (I  1  s.  786  Beruh.)' 

1)  icTopiac  Tui^a'iKac  cuv^Ta£€v  ty  ßißXfotc  iC. 

2)  oÖTOC  iTpdrTOC  '€XXY|viKf|v  icToplav  Tuj|iaiKUK  cuvcrp^^* 

MfCCTO. 

n.  TTuiXiuiv,  ö  'Acivioc  xpnM^^Ticac,  TpaXXiavöc,  coipicTrx 
xal  q)iXöcoq)oc*  coq)icT€ucac  ly  'Pub^n  ItA  TTofbnnjtou  toO  m^* 
YdXou  Ko\  btabe£äjüL€voc  Tfiv  cxoXf|v  Ti^aT^vouc  (II  2s.3S7 

3)  lxpa\\^€y  imTO\ii\y  Tf)c  <t>iXoxöpou  'AtOiboc 

4)  dTro^V1lflOV€u^aTa  Moucuiviou  toö  qpiXoc6<pou. 

5)  iimoyii\v  tiov  Ato^xivouc  FcuipTtKUiv  ty  ßtßXioic  ß'- 

6)  TTpÖC  'AptCTOT^XTlV  ITCpl  ZiflUIV  ßtßXkt  u 

7)  TTcpl  ToO  £^q)uX(ou  Tf)c  'P\b}xr\c  1roX^^ou ,  &v  iiroX^cm 
Katcdp  T€  KQi  TTo^1nfi'toc. 

III.  TTujXtuiv  'AXeSavbptveuc,  ö  OöaX^pioc  xpmixtticQC 
q)iX6coq)OC,  TCTOvdic  iiA  'Abptavoö '  od  ttoic  Aiöbojpoc  9iU> 
coq)OC,  ö  TP^Miac  i^fjfnc^v  tuiv  2InT0U)üi^vujv  iropd  toic  i  p^ 
Topciv  (11  2  s.  388)  • 

8)  £tp<xm^€  cuvaTuirfiv  'Attikujv  Xäeuiv  xard  crotxciov 

9)  ica\  dXXa  tiv&  q)tXöco<pa. 

IV.  TTuiXiu)  V,  f^  TToXiujv,  TpafiMartKÖc  (n  2  s.  388)' 
10)  iT€pi  Tiliv  Trapd  TP^MMa  d/üiapTOvcfi^vuiv. 


HPeter:  über  einige  schrifUteller  deB  namens  Pollio.  421 

doch  erbeut  beim  ersten  blick,  wie  er  aucb  hier  wieder  verschiedene 
personen  und  werke  bnnt  dnrch  einander  geworfen  bat.  sieber  ist 
nBichst,  dasz  der  bfirgerkrieg  zwischen  Caesar  und  Pompejus  (7) 
ftbehlidi  in  den  zweiten  artikel  geratben  ist,  da  er  bekanntlich  ein 
werk  des  C.  Asinins  war;  dagegen  befindet  sich  der  dritte  artikel  in 
ordnimg,  wie  dies  ja  auch  nicht  zu  verwondem  ist,  da  des  (Valerius) 
Pollio  'Attuciaiv  X^euiv  ci^vcrTurpfj ,  über  die  auch  Photios  cod.  149 
i.  99  Bk.  spricht y  in  dem  index  des  Soidas  mit  aufgezählt  wird;  ein 
aaderes  werk  desselben  Pollio,  eines  Zeitgenossen  von  kaiser  Hadrian, 
iccpi  Tdiv  TTOpa  TP<iMfia  äjütapTOvo^^vuiv ,  erwähnt  Soidas  in  dem 
Ticrtn  artikel,  der,  wie  Bemhardy  erkannt  hat,  mit  dem  dritten  zu- 
juimeiigenommen  werden  mnsz:  denn  der  (piXöcoq)OC  (III)  ist  un- 
xirai&Duit  mit  dem  tpc^^^^^TiKÖc  (IV)  identisch,  aber  auch  dem 
firogelasaenen  des  C.  Asinius  aus  Tralles  (II)  müssen  wir  mehrere 
ichrifien  entsiehen  und  sie  demselben  Valerius  zuweisen,  es  ist 
semlich  sehen  wiederholt  henrorgeboben  worden,  dasz  die  äTl0^v^- 
HOVcuMcrra  Moucujvtou  toO  q)tXocöq)OU  (4)  in  eine  viel  spätere  zeit 
fülen  müssen,  weil  Musonins  bis  in  die  zeit  des  Titus  hinein  gelebt 
kit;  ohne  allen  grund  nehmen  jedoch  Jonsius  (m  c.  7),  Thorbecke 
it.  120),  Nicolai  (griech.  LO.  s.  485)  ua.  als  ihren  Verfasser  den 
NBSt  vollständig  unbekannten  Claudius  Pollio  an,  welchen  der  jün- 
gere Plinins  dem  Comutus  als  com/m^l^  empfiehlt  (VII  31);  viel 
gisabüdier  ist  es,  dasz  diese  memoiren  zu  den  fiXXa  Ttvä  qptXöcoqia 
^9)  des  Valerius  Pollio  zu  rechnen  sind,  wie  auch  nichts  hindert  die 
TonSoidae  damit  zusammengestellten  naturhistorischen  Schriften  als 
•eine  werke  anzusehen. 

Sonaeh  bliebe  ftlr  den  freigelassenen  aus  Tralles  nur  noch  übrig 
die  ^mtOMfl  vf^c  0iXoxöpou  'AtGiboc  (3);  von  dem  Römer  Asinius 
Pollio  (seinem  patron)  sagt  zwar  Suidas  auch  odroc  irpurroc  'EXXr)- 
vod^  icropiov  'Puj^awÜJC  cuv€TP<iw^o  (2),  doch  kann  sich  dies 
ciabar  weder  auf  die  vorhergenannten  icTopiai  *Pui^atKai  h^- 
ttte,  noch  ILberhaupt  auf  den  berühmten  C.  Asinius ,  da  wir  sonst 
gir  nichts  von  seiner  beschäftigung  mit  griechischer  geschichte 
l^^ca;  die  beziehung  aber  auf  den  Verfasser  der  epitome  der  Atthis 
liegt  snf  der  band,  ohne  dasz  wir  jedoch  zu  entscheiden  wagten,  ob 
^  werk  lateinisch  geschrieben  war  oder  ob  ein  anderes  über  grie- 
cUs^  geschichte  in  lateinischer  spräche  gemeint  ist;  so  viel  indes 
^ffd  zagegeben  werden,  dasz  die  citierte  bemerkung  (2)  dem  Tral- 
:.aiiQS  zakommt,  und  so  werden  wir  auch  über  die  autorschaft  des  im 
aftBcUus  daran  genannten  Werkes  IcToplat  TuijuiatKal  iy  ßißXioiC 
^  (!)  gewis  zu  zweifeln  berechtigt  sein:  die  folgenden  werte  oÖTOC 
^pärroc  usw.  spredien  für  den  freigelassenen,  der  anfang  des  artikels 
Adnoc  TTuiXiuiv  'Pui^aioc  zunächst  noch  für  den  patron.  wir  wer- 
den  daher  entweder  annehmen  müssen  dasz,  da  sich  die  geschicht- 
«treibong  des  letztem  nach  den  auf  uns  gekommenen  nachrichten 
tar  auf  den  bürgerkrieg  zwischen  Caesar  und  Pompejus  erstreckte, 
•«'Vol  hier  als  in  dem  zweiten  artikel  n.  7  das  gleiche  werk  zu  ver- 


422         HPeter:  aber  einige  sdirifUteller  des  namens  PoUio. 

stehen  ist  und  also  die  geschicbte  des  bürgerkriegs  17  bficher  um- 
ÜEiszt  haty  oder  dasz,  was  mir  das  wahrscheinliobere  ist,  sach  der 
freigelassene  sich  mit  römischer  geschichte  beschäftigt  und  ein  werk 
über  dieselbe  in  17  btlohem  geschrieben  hat,  vielleicht  in  der  Ab- 
sicht damit  seinem  herm  material  fUr  seine  arbeit  zu  liefern,  wie 
ja  auch  der  freigelassene  Atejns  Philologus,  derselbe  der  dem  Asi- 
nius  für  seine  geschichtschreibnng  praec^pta  de  roHone  scnbenäi 
widmete,  den  Sallnstias  ftlr  den  gleichen  zweck  hrevkurio  rmm 
amnium  Bamanarum^  ex  qtHbus  guas  vdlä  digeretj  instrmit  (Suet. 
de  fframm,  c.  10). 

Eine  wertvolle  ergllnzung  der  aufzfthlung  des  Soidas  gibt  Euse- 
bios  (praep.  evang.  X  3,  23  s,  467  Vig.):  noXXkuvoc  Vk  iina(Af) 
irpöc  CuiTYipibav  ircpl  rtic  Kniciou  KXoiTf)c,  toO  5'  aÖToO  icai  itcpi 
Tf)c  'HpobÖTOu  kXoitiic  ictx  ßißXiov  ica\  iy  t^  £irtTpa<pop€va 
^XVCurai  (dies  auch  der  titel  eines  satyrspiels  des  Sophokles,  fr.  2^h 
—297  Ddf. ,  293—296  s.  167  f.  Nauck)  iroXXd  ircpl  ecoitopuoi 
X^t^Tai.  die  zeit  dieses  Pollio  wird  dnrch  die  nennung  des  Soteridni 
bestimmt,  dieses  namens  nennt  Snidas  11 2  s.  856  zwei  scbiiftBteller. 
der  eine  sei  der  gemahl,  der  andere  der  vater  der  Pamphils,  jentfr 
gelehrten  frau  aus  der  zeit  des  Nero,  gewesen;  indes  hat  bereit' 
Bemhardy  bemerkt,  dasz  Suidas  hier  den  6inen  Soteridas  in  zwe. 
zerlegt  habe :  denn  ihr  mann  habe  Sokratidas  geheiszen  (Snidas  u. 
TTa^qnXTi  II  2  s.  36).  unter  ihren  werken  nennt  Suidas  imTO^TjM 
Tüjv  Ktticiou  Iv  ßißXioic  t\  imioiiäc  \cTopiuiv  t€  Kai  iiip^ 
ßißXiwv  1Ta^1TX€{cTac ,  auch  Trcpl  ä^q^tcßirnfjccuiv,  andere  aber,  zl 
Dionjsios  £v  tiij  X'  Tf)c  )üiouctKf)c  tcTOpiac  sahen  (wie  wir,  um  ditj 
verstammelten  worte  des  Suidas  hier  bei  seite  zu  lassen,  mit  ^^| 
stimm tbeit  aus  der  Eudokia  erfahren)  den  vater  als  den  verfasse:! 
jener  werke  an;  die  Übereinstimmung  der  studien  dieses  Pollio  mi 
des  Soteridas  ist  also  gewis  nicht  zufällig  und  verweist  den  erstenj 
ebenfalls  in  die  zeit  des  Angustus.  auch  C.  Asinius  schrieb  all^-"^ 
dings  einen  brief  an  Plancus,  in  welchem  er  Sallustii  Script  rr^ 
prdkendit  (Suet.  degramm.  c.  10.  Oellius  X  26,  1),  von  demselbeil 
ist  eine  schrift  in  Välerium  dh.  Catullum  bezeugt  (Gharisius  s. 97  K.j 
vgl.  Haupt  opusc.  n  8.  67  f.),  und  ebenso  wird  die  dem  LiviuJ 
schuld  gegebene  FatavinUeu  den  gegenständ  einer  besondera  tcimfi 
gebildet  haben  (Haupt  ao.  s.  70),  wBhrend  zu  angriffen  auf  die  viUi 
orationis  Ciceronis  schon  sein  geschichtswerk  hinreichende  gelegen 
heit  bot  {gui  —  Asinius  et  GeShiS  filme  —  viUa  cral^ome  ews  etii 
imfnkeplur%bm  lods  insequmtur  Quintil.  XII 1, 22;  vgl.  Seneos  sm 
YI  24) ' :  von  einer  gleichen  kritik  griechischer  historikw  berichu 

'  man  hat  meist  angenommen  (Thorbecke  s.  18.  Dnunann  g«><*v 
Roms  II  s.  9.  Egger  les  histor.  d^Augnste  s.  IS)  daai,  als  gegen  ihn  :1 
seit  des  sweiten  triiunvirats  Octavian  spottverse  gedichtet,  er  dar»! 
geschwiegen  habe  (Macrobias  Sai.  II  4,  81  temporibue  trtkmrira'  l 
PolKo,  cum  Fescenmnos  in  cum  AuguiUu  icriptüiet,  mt:  ai  ego  ta''\ 
non  €$t  tfium  faeüe  in  eum  seriberet  qui  pote$t  praäihere),  doch  wird  c:l 


HPeter:  Aber  einige  Schriftsteller  des  namens  PoUio.         423 

iber  niemand  etwas,   so  ftUt  also  anefa  sie  mit  gröster  Wahrschein- 
lichkeit seinam  durch  die  gleiche  richtung  des  geistes  und  der  stu- 
duB  mit  ihm  eng  yerbondenen  ^igekssenen,  dem  Verfasser  der 
ipitome  der  AttUs  des  Philochoros,  zu.  hat  dieser  Pollio  die  histo- 
rikerKtesias  und  Herodotos  der  fÜschimg  nnd  Ittge  bezichtigt  ^  so 
vird  in  der  ersten  vita  des  Aratos  (biogr.  minor,  ed.  Westermann 
t.  55)  von  ApoUonides,  einem  philologen  aus  der  zeit  des  Tiberins, 
ein  8hibirins  Pollio  besdinldigt  briefe  des  Aratos  und  des  Enripides 
erdichtet  zn  haben:  T&c  b*  'Apdrou  imcroXäc,  div  ivurr^pui  ^^vVj« 
c6i||i€v  [in  den  Worten  |yi^fiVT]Tai  b*  atkoO  tujv  dbcXqiijbv  £v  toTc 
ik  ouTÖv  ävoqMpojüi^vatc  imcToXak],  irdvnuv  cx€b6v  cu^9U)* 
vouvnuv  Tdc  de  adröv  dvoupcpcjüi^vac  adroö  elvai  Ka\  ö^oXotouv- 
Turv  Tv^cioc  aördc,  iiövoc  'AifoXXuivibi)C  6  KT|q>€Üc  iy  vSb  r\'  irepl 
Kar€!|i€UQi^c  IcTopioc  oÖK  clvai  qöt&c  'Apdrou  (pT\c\y  akkä  Ca- 
ßipiou  TfoXiiuvoc.  ToC  b*  aöroO  toutou  cpriclv  clvai  ivorfCTpafA- 
Wvoc  €6ptiribou  ^iriCToXdc  die  stelle  ist  kritisch  nicht  zuyerlftssig 
ftberliefert:  anstatt  6  KTiq>€UC  ist  mitBentlej  NtKateüc  zu  schreiben, 
<it  Ammonios  u.  KaToiicr|Cic  ein  drittes  budi  irepl  icaT€i|i€UC)üi^vuiv 
Ton  jenem  philologen  ans  Nikaia  citiert;  ftir  das  jedenfiedls  Ter- 
M>teCaßipiou  hat  man  Gißwicu,  raßtviou,  *Paßtp{ou,  CaßtMou 
(io  Bentley),  'Acivfou  (Bergk)  vorgeschlagen;  wenn  wir  ihn  indes, 
VIS  nahe  liegt,  nach  Westennann  mit  dem  Pollio  bei  Easebios  iden- 
tifideren  ond  nns  fUr  die  conjeetnr  Berg^  entscheiden:  ist  da  die 
khtisehe  strenge  des  letztem  mit  dem  rufe  eigner  ftlschong  zu  ver- 
einen? dber  würde  ich  mich  zu  der  annähme  entschlieszen,  dasz  sich 
nnpriknglieh  ApoUonides  bei  seiner  behauptung,  jene  briefe  seien 
vntcfgsidioben ,  auf  das  gleiche  urteil  des  Pollio  bezogen  habe,  und 
di6z  in  der  biographie  des  Aratos  eine  Verwechselung  vorliege,  welche 
hei  den  vielfschen  Umarbeitungen,  die  diese  biographien  erfahren 
hibai,  wol  möglich  ist. 

Femer  werden  von  Servius  zwei  erkUbrungen  von  stellen  des 
Tefgilins  (Atn.  H  7,  vgl.  auch  Cynthius  zdst.  in  Mais  dass.  auct. 
^n  i.  3S7,  und  XI 183)  unter  dem  namen  des  Asinius  Pollio,  eine 
äntte  unter  dem  des  Pollio  {Am.  Yl  554,  vgl.  auszerdem  Buringar 
hitt  lehoL  n  s.  244)  mitgeteilt;  indes  sind  dieselben  jenes  berühm- 
ten Aiinius  Pollio  so  wenig  würdig,  wie  Bibbeck  proleg.  Yerg.  s.  1 15  f. 
trefead  ansfllhrt,  dass  an  ihn  hier  keinesfalls  gedacht  werden  darf. 
«M  aber  gibt  es  einen  lateinischen  grammatiker  Pollio,  der  von 
Jolios  Ci^toUnus  {Marc  2, 8)  unter  den  lehrem  des  Marcus  Aurelius 
raunt  wird  und  sich  nachweislich  mit  Horatius  besohttftigt  hat  {ad 
ff^.  n  10  s.  84  Naber :  roffo  ne  HoraiU  memmeris,  gui  nUhi  ctim 
iMiMie  ett  emorimu^,  weshalb  Bergk  (zs.  f.  d.  aw.  1845  s.  119  f.) 
■n  den  zwei  erstgenannten  Serviusstellen  das  Asinius  streicht  und 

•«Iv  recht  an  den  bekannten  schlemmer  Vedins  PoUio  in  denken  sein 
i  Panlys  retlcnc.  VI  2  s.  2419). 

'  die  MerfUr  noch  eitierte  stelle  ep.  V  6  s.  17  ist  jetit  in  wegfall 
n  bottfen:  s.  Herti  vor  dem  ind.  lect.  Vratisl.  aest.  1879  s.  5  anm.  8. 


424  HPeter:  über  einige  Schriftsteller  des  namens  Pollio. 

gewis  mit  recht  jenen  commentar  des  Verg.  dem  lehrer  des  Marcus 
Aorelins  zuschreibt,  der  aber  als  grammaticus  Laiinus,  wie  ihn  Cs- 
pitolinuB  bezeichnet,  von  dem  etwa  gleichaltrigen  Valerius  Pollio 
zu  trennen  ist,  dessen  thtttigkeit  sich  anf  dem  gebiete  der  griechi- 
schen litteratnr  bewegte. 

Endlich  erwähne  ich  noch  der  Vollständigkeit  wegen  einen  kri- 
tiker  ans  der  zeit  des  Hieronymus,  der  an  diesem  kirchenvater  kritik 
geübt  hatte,  dafür  aber  yon  ihm  mit  dem  titel  canihdius  beehrt  wird: 
in  hoc  loco  quidam  canihdius  de  antiquissimo  gmere  Cbmeitofttm 
sivty  ut  tpse  iactaty  de  stirpe  Asinii  PcUioniSf  dudum  Bomae  c^iitr 
me  aocmasse  sacrüegii,  quodpro  Cucurbita  hederam  transtülmm  {comm, 
in  lonam  4)  und:  msi  forte^  ut  ante  ann&8 pUtrimos  cucuirbita  veni^ 
in  medium^  asserente  iäius  temporis  Comdio  et  {et  tilgt  Victorias 
Asvnio  FölUone,  me  hederam  pro  Cucurbita  transtuUsse  (eptst.  112,  '2'1 
s.  754  VaU.). 

Die  notizen  des  Snidas  sind  also  in  folgender  weise  zu  ordnen^ 
wobei  wir  das  nicht  vollständig  sichere  mit  einem  stem  kennzeichnen 
nnd  die  znsätze  aus  anderen  Schriftstellern  in  klammem  hinzufügen: 
I.  'Actvioc  TTuiXtuiv  TuifiaToc 

(7)  iTcpl  ToO  £^q)uX(ou  Tf\c  'P\b\ir)c  1roX^^ou,  6v  £iToX^^r)C<^ 
Kaicdp  T€  Kai  TTo^irViToc.  [reden,  tragödien,  kriüken  üWr 
Sallustins,  Catullns,  Livins.] 

II.  TTuiXiujv,  ö  'Aclvioc  xpnMCtricoc,  TpaXXiavöc,  cofpicrnc 
Kai  qiiXöcoqpoc '  coq)tCT€V)cac  £v  'Ptd^i)  im  TTo^1nllO^)  toG  imä- 
Xou  Kai  biab€£d^€voc  Tf|v  cxoXf|v  Tt^ar^vouc ' 

(3)  £Tpai|i€V  iiriTO^iiv  Tflc  <t>tXox6pou  *AT8iboc  •  (2)  oirroc 
TrpwTOC  *€XXTiviKfjv  IcTOpiov  'PuiMOtKÜJC  cuvcTpä^f^"^ 
(1)  *  kTop(ac  'Pui^a'tKdc  cuv^raScv  iv  ßißXiotc  it.  [l^- 
CToXfi  trpöc  CuiTYiplbov  TTCpi  Tf)c  KTiidou  KXoirf)c,  nipi 
Tf)c  'Hpobdtou  KXoiTf)C  ßißXiov,  iv  ti|)  dnitpoKpoMivui 
1xv6UTa(  TToXXd  TTcpl  Gcoirö^TTOU,  t  erdichtete  briefe  tits 
Euripides  und  Aratos.] 
m.  TTujXiujv  'AXeSavbpiveOc,  6  OöaX^pioc  xP^^^^^f 
q)tXöco<poc ,  T€Tovujc  iiA  'AbpiavoG  - 

(8)  ^TPOtM^c  cuvaTuitilv  'Attikäv  X^euiv  xard  ctoix€»ov 
(10)  iT€pl  Tti^v  irapd  tP<S^MG(  d^apTavoM^vuiv*  (9)  xal  dUa 
Tivd  q)iXöco(pa'  (dh.:)  *  (4)  d1ro^VT]MOV€t}^OTa  Moucuiviou 
ToO  q)iXocö(pou '  *  (5)  imT0^f|V  vSjv  Aioqpdvouc  FeuipTi- 
Kuiv  iv  ßißXiotc  ß'  •  *  (6)  irpöc  'ApicroTÄnv  itepi  üvbu^v 
ßtßXia  i'. 

[lY.  Pollio   grammaticus   Latinus,   Marci  Aureli  magi^t^^- 
commentarius  in  Vergili  Aeneidem.} 
[V.  Asinius  Pollio  Hieronjmi  aequsJis.] 

Meiszen.  Herhann  Peter. 


JNOtt:  zur  abwehr  [gegen  hrn.  Leo  Ziegler].  425 

66. 

ZUR  ABWEHR. 


Kram  sind  es  zwei  jähre,  dasz  idi  mich  in  dieser  zeitschriffc 
eiaes  mntwiltigen  angriffe  seitens  des  hm.  Leo  Ziegler  zu  erweh- 
ren hatte,  80  sehe  ich  mich  durch  das  neueste  wefk  desselben:  'die 
ktainiaehen  bibelttbersetzongen  vor  Hieronymns  and  die  Itala  des 
Angnstinns'  (München  1879)  wiederum  in  die  gleiche  läge  versetzt, 
war  es  meinem  mir  persönlich  völlig  anbekannten  gegner  damals 
danim  zu  ihon,  meinen  in  den  jahrb.  [1874  s.  757  fL  833  ff.]  er- 
idüenenen  aufsatz  über  bibellatein  heronterzosetzen  and  als  seichtes 
und  oberflächliches  machwerk  za  verschreien,  so  verfolgt  er  diesmal 
gegenüber  meiner  recension  seiner  'Italafragmente  der  Paulinischen 
briefe'  (j^rb.  1877  s.  185  ff.]  die  gleiche  tendenz,  nur  mit  drasti- 
scheren mittein.  nicht  zoirieden  mich  der  fittchtigkeit  und  ongenauig* 
keit  (s.  82)«  der  Oberflächlichkeit  (s.  80),  der  onfl&higkeit  logisch  zu 
denken  and  fremde  ansichten  zu  verstehen  (s.  89  vgl.  27),  des  bösen 
wäleiis  (s.  82),  des  erschlichenen  beweises  (s.  82) ,  des  plampen  be- 
tngs  (s*78)  za  bezichtigen,  stellt  er  mich  seinen  lesem  geradezu  als 
•chtader  der  ehre  dentscher  Wissenschaft  hin ,  dem  man  sein  band- 
werk  legen  sollte  (s.  78),  als  einen  litterarischen  baschklepper,  der 
61  auf  yerdiehtigung  redlich  gemeinter  arbeiten  abgesehen  habe 
(s.  78  a.  1).  ja  er  geht  so  weit  die  redaction  dieser  Zeitschrift  als 
der  heibilfe  an  diesem  attentat  auf  deutsche  Wissenschaft  schuldig  in 
die  «Uage  mitcuverflechten  und  ihr  gegenüber  die  rolle  des  moral- 
piedigvrs  in  spielen,  obwol  eine  derartige  von  blindester  leiden- 
lekaft  eingegebene  und  beherschte  polemik  sich  selber  richtet  und 
dne  arbeit,  die  auf  wissenschafklichkeit  anspruch  macht,  schändet, 
BO  knm  ich  mich  doch  nicht  stumm  dazu  verhalten,  weil  stillschwei- 
goi  möglicherweise  da  und  dort  als  schuldbewustsein  gedeutet  wer- 
den könnte,  ich  kann  es  aber  nicht  über  mich  gewinnen,  den  ganzen 
ichflnu  directer  und  indirecter  persönlicher  Verunglimpfung,  womit 
L  die  ehre  meines  namens  zu  besudeln  sucht,  um  die  schwäche  der 
tigicn  sadie  zu  verdecken,  von  vom  bis  hinten  zu  durchwaten; 
kh  begnüge  mich  darum  dem  gegner  das  f  undament  seiner  anklage 
n  entdeben  und  seine  kampfesweise  in  einzelnen  charakteristischen 
i^en  zu  beleuchten,  ich  werde  mich  dabei  der  ruhigsten  objectivität 
HWsTJgen,  um  das  urteil  in  der  Streitsache  zwischen  hm.  Ziegler 
Bad  mir  dem  auszerhalb  der  parteien  stehenden  leser  zu  überlassen. 

Der  hauptangriff  in  dem  neuen  buch  von  Ziegler  ist  enthalten 
in  dem  abschnitt  9  *die  Freisinger  fragmente'  und  kehrt  sich  in 
leinem  aachlichen  teil  gegen  meine  in  den  jahrb.  1877  s.  201  ff.  ver- 
tretene ansieht,  dasz  diese  fragmente  mit  dem  schrifttext  des  Augu- 
itinns  nicht  identisch  seien,  dagegen  läszt  sich  nun  Z.  s.  77 f.  folgen- 
dennaszen  aus: 

^ur  JNOtt  blieb  die  entdeckung  vorbehalten,  dasz  sich  in  den 


426  JNOtt:  zur  abwehr  [gegen  hrn.  Leo  Ziegler]. 

Freisinger  blättern  (B)  von  der  ersten  zeile  an  ein  anderes  über- 
setzungsprincip  geltend  mache  als  in  der  bibel  des  Augnstinus  und 
Capreolus.    ich  könnte  wol  statt  aller  antwort  einfach  anf  den  ab- 
schnitt meiner  publication  der  Freisinger  fragmente  Tcrweisen,  in 
welchem  beide  texte  nur  vergleichung  neben  einander  gestellt  sind; 
allein  die  beweisführang  Otts  ist  so  einzig  in  ihrer  ari,  dast  ich  den 
leser  mit  derselbe  bekannt  machen  musz.  nach  Ott  charakterisiert 
sich  nemlich  die  Verschiedenheit  des  übersetznngsprincips  zwischen 
B  and  C  durch  das  streben  nach  engerm  anschlnsz  an  das  original-, 
es  wird  darauf  hingewiesen,  dasz  man  in  B  nicht  wenig  grftcismen, 
grammatischen  und  lezicalischen,  zum  teil  der  gröbsten  art  begegne, 
die  in  C  fehlen,    zum  beweise  dieser  behauptung  werden  nun  aas 
der  ganzen  Freisinger  bibel  (so I)  neunzehn  stellen  ausgehoben ; 
unter  diesen  aber  befinden  sich  zehn,  also  mehr  aU 
die  httlftOy  für  welche  weder  bei  Augustinus  noch  bei 
Capreolus  eine  parallelstelle  vorliegt.*    seit  wann  darf 
sich  denn  in  unsere  gelehrten  Zeitschriften  ein  solches  verfahren  ein- 
nisten? ich  musz  gestehen,  mir  trieb  bei  meinem  stolzen  glauben 
an  die  ehrlichkeit  der  deutschen  Wissenschaft  diese  plumpe  teuscbung 
die  schamröthe  ins  gesiebt.' 

So  weit  zunächst  Ziegler.  die  Verteidigung  gegen  dieses  meinen 
litterarischen  wie  persönlichen  Charakter  vernichtende  verdict  ttber- 
lasse  ich  hm.  Ziegler  selber  und  bringe  hier  aus  seinen  'Italafrag- 
menten'  §  16  s.  18  zum  abdruck,  wo  buchstäblich  folgendes  zu  lesen 
ist:  'manche  Verbindungen  sind  aus  dem  streben  nach  wQrt- 
licher  Übersetzung  hervorgegangen,  gräeiamen  finden  sieb 
folgende:  accusativ  der  näheren  bestimmung  nur  bei  rtgpUeU  fruehm 
Phil.  1,  11.  griechische  rection  indiffm  auni  tudidarum  mtütmond» 
I  Cor.  6,  2 ;  adhaerentia  sahUis  {ix&fieya  curnip^oc)  Heb.  6,  9;  bm- 
dico  mit  accusativ  Heb.  6,  14  und  7,  1  ist  aus  der  vnlgata  sattsam 
bekannt,  attraction  des  relativum  findet  statt  bei  per  eonsoUäumm 
quam  exortanmr  (bid  vfjc  irapoxXrjcewc  fjc  irapODcaXod^eOa)  U  Cor. 
1,4;  griechische  Verneinung  mit  doppelter  negation  bei:  utm^ 
desii  vobis  . .  exspeäantes  -■  djcre  ö^dc  |yif|  dirocT€p€tc6oa  . . .  dno- 
bexojüi^vouc  I  Cor.  1,  7  (Bönsch  s.  451).  aus  dem  griechischen  stam- 
men auch  die  Verbindungen  fui  ad  vos  ^^  ^evö^ffv  irpdc  v^c 
I  Cor.  2 ,  3  und  ut . .  permaneat  advos  ^m  Iva  biOfieivQ  rrpic  i)>M&c 
Oal.  2,  6.  -*  Eine  ganz  rohe  nachbildnng  des  griechiacfaen  ist:  tm- 
pos$ibüe  est  emrn  sa/nguis  . .  auferrepeecata  ■*  dbuvorov  T^  ^^^^ 
.  .  dqMXipciv  dfiapriac  Heb.  10,  4.  —  Oebranch  und  laünisiemng 

*  für  den  leser,  dem  das  Zieglerache  baoh  nicht  in  geböte  steht. 
bemerke  ich  ausdrücklich,  dass  meinerseits  keine  aaslassimg  begao(;«o 
worden  ist,  was  man  vermaten  kann  oder  vielmehr  mnsi.    ein  riebtif«9 

folemisehes  verfahren  sollte  nemlich  meine  ansieht  wenn  aoeh  in  aller 
Urse  als  materiell  nnsutreifend  and  formell  anstatthaft  Korfickweissa, 
um  das  nachfolgende  schwere  Terdammungsarteil  and  den  daran  ge- 
knüpften aufachrei  sittlicher  entrüstong  mit  einigem  schein  von  b«- 
rechtignng  vertreten  sa  können. 


JNOtt:  rar  abwefar  [gegen  hm.  Leo  Ziegler].  427 

gneehischer  Wörter  findet  aich:  Heb.  10,  32  agonem;  U  Cor.  4,  8 
aponanmr  und  eniporjafmir  (letzteres  war  bis  jetzt  mcht  bekannt) ; 
Heb.  10,  6  u.  8  holoeausUi;  I  Cor.  2,  1  cu  7  mysteriuim'^  I  Tim.  5, 19 
proesbiftetram  nnd  Heb.  11,  2  praeshfteiri]  Heb.  10,  27  edus,' 

Idi  habe  den  bnchstäblichen  abdmck  dieses  paragraphen  aus 
dem  buche  meines  gegners  für  nOtig  gehalten,  um  actenmäszig  con- 
itatieren  su  könnesi,  dasz  über  das  abhttngigkeitsverhältnis  des  Fri- 
iisgensis  vom  griechischen  urtext  eine  wesentliche  meinungsdifferenz 
nriidien  uns  beiden  nicht  vorhanden  ist.  Z.  findet,  wie  man  sieht, 
im Frisingenais  ein  streben  nach  wörtlicher  Übersetzung, 
ich  ein  streben  nach  engerem  anschlusz  an  das  original, 
W16  wol  so  liemlioh  dasselbe  sein  wird.  Z.  hebt  sodann  im  einzelnen 
eben&lls  lexicalische  und  grammatische  gräcismen,  zum  teil  von 
gua  roher  art  aus.  ztthlt  man  die  stellen  bei  Z.,  so  sind  es  gleioh- 
fills  19,  von  denen  12  partien  des  Freisinger  textes  angehören,  wo 
Attgastinufl-Capreolus  keine  parallele  bietet,  trotz  dieser  ttberein- 
itimmung  im  beweisverfahren  und  im  ergebnis  desselben  entdeckt 
Z.  bei  mir  plumpen  betrug,  scbttndung  der  ehre  deutscher  wissen- 
aduft  und  beschuldigt  die  ftlteste  philologische  Zeitschrift  in  Deutsch- 
land der  beihilfe  an  diesem  attentat.  freilich  ist  er  innerlich  selbstnicht 
reefat  befriedigt  von  seinem  summarischen  Verdammungsurteil  und 
sucht  deshalb  in  einer  anmerkung  demselben  etwas  aufzuhelfen,  er 
sehreibt  nemlich :  'angesichts  eines  solchen  verfi^hrens,  das  mit  dem 
betten  willen  nicht  als  irrtum  aufgefaszt  werden  kann,  ist  sehr  be- 
greiflieh, warum  gerade  Ott  so  gern  die  ehrlichkeit  seiner  gegner  zu 
Tsdichtigen  sucht,  wer  es  mit  seinen  beweisen  so  leicht  nimt,  von 
dem  ist  eben  keine  achtung  vor  dem  wissenschaftlichen  ehrgefühle 
iiderer  zu  erwarten,  dasz  aber  grundlose  verdflchtigungen  redlich 
gweinter  arbeiten,  wie  sie  Ott  auszusprechen. beliebt,  in  wissen- 
ichafllidben  Zeitschriften  aufnähme  finden,  ist  ein  bedenkliches  zei- 
chen dar  zeit.'  den  beweis  für  seine  inzicht  ist  Z.  so^ol  den  beiden 
aag^gnUanen,  mir  und  der  redaetion  dieser  Zeitschrift,  als  sich  selbst 
■ad  Beinen  iMam  schiildig  geblieben.* 

*  [waa  den  nach  der  obigen  mitteilnng  von  hm.  Ziegler  gegen  mich 
•rUhenen  vonrorf  wegen  aufnähme  der  Otttchen  arbeiten  bew.  kritiken 
a  ^  jahrbiieher  betrifft,  so  erwidere  ich  anf  denselben,  als  einen  aos- 
iitt  gekränkter  eigenliebe  natürlich  kein  wort;  aber  ich  benatze  diese 
rclegenheit  um  den  lesem  mitzuteilen,  dasz  mein  verewigter  freund 
Kltiehl  fiber  den  anfsatz  von  Ott  im  Jahrgang  1874  dieser  seitschrift 
air  KiDe  volle  Zufriedenheit  abgesprochen  hat;  da  sich,  fügte  er  hin- 
n,  eiae  ao  methodisch  gesehulte  kraft  an  die  dorehforschnng  des  bibel- 
kteia  gemacht  habe,  so  sei  aussieht  vorhanden,  daes  die  philologen 
iker  dieee  bisher  angebührlich  vemachlftssigte  periode  der  lateinischen 
tpraehentwscklnng  doch  endlieh  einmal  gesicherte  anfsohlÜMe  bekom- 
•ca  würden,  möge  dieses  arteil  sowie  andere  gelegentlieh  veröffent- 
Ücbte,  ib.  das  yon  H Jordan  in  seinen  kritischen  beitragen  snr  ge- 
•dacht«  der  lat.  spräche  s.  265  Mie  trefflichen  bemerknngen  von  Ott' 
»€iaeB  verehrten  mitarbeiter  berahigen  solchen  angriffen  gegenüber, 
*U  &  eind  gegen  die  er  im  obigen  aafsatse  sich  seiner  haut  weh- 
rta  mnml  A.  F.] 


428  JNOtt:  zur  abwehr  [gegen  hrn.  Leo  Ziegler]. 

Ein  unterschied  zwisohen  Z.  und  mir  besteht  nun  freilich  trotz 
der  besprochenen  formellen  und  materiellen  Übereinstimmung,  wfih- 
rend  Z.  die  thatsache  der  wiederholten  abweichung  des  Frisingensis 
von  Augustinus,  die  er  auf  das  streben  nach  wörtlicher  Übersetzimg 
zurückfuhrt,  ignoriert,  ziehe  ich  den  schlusz,  dasz  beide  texte  nicht 
identisch  sein  können,  allerdings  habe  ich  rersftnmt  das  gsnze  be- 
Weismaterial  aufzufahren,  weü  es  mir  genügend  schien  einige  cha- 
rakteristisch scheinende  belege  auszuheben. 

Wie  der  fondamentalsatz  der  antikritik,  die  Z.  an  meiner  bespre- 
chung  seiner  ^Italafragmente'  übt,  so  ist  die  ganze  durchführung  for- 
mell schwach  und  haltlos,  innerlich  hohl  und  unwahr,  die  reidilich 
eingestreuten  rerletzenden  persönlichkeiten,  womit  der  mangelan 
beweiskraft  der  argumente  ersetzt  werden  soll,  geben  dem  ganzen 
allerdings  etwas  saft  und  beize;  der  denkende  leser  und  anbesto- 
chene beurteiler  aber  weisz  was  von  einer  solchen  taktik  zu  halten  ist. 
zur  beleuchtung  des  antikritischen  verfiahrens  meines  gegners  führe 
ich  nur  zwei  beispiele  auf.  in  meiner  rec.  des  Zieglersohen  bnches 
8.  201  stellte  ich  den  satz  auf,  dasz  im  Fris.,  rergliohen  mit  dem 
texte  des  Augustinus,  sich  ein  abweichendes  übersetzungsprincip 
von  der  ersten  zeile  an  geltend  mache,  ich  beziehe  mich  hiebei 
auf  den  von  Z.  'Italafragmente'  s.  68  vorgelegten  paralleltext  des 
Fris.  und  des  Augustinus,  wo  die  erste  zeile  dieses  textes  also  lautet: 

B  (»s  Frisingensis)  C  («»  Augustinus) 

Bom.  14,  10  omnes  enim  adsUM-  omnes  entm  stabimus  ante  tribu- 

mu8  ante  trtbunal  Chrisii  näl  dammi 

dazu  note :  *C*  contra  Adimant.  14, 2  —  omnes  enim  adsUMmus  ante 
tribunäl  Christi.  Enchir.  29 ,  de  symbol.  9.'  in  adstabimus  erblicke 
ich  einen  engem  anschlusz  an  das  griechische,  die  Übersetzung  im 
Fris.  wollte  im  lateinischen  das  napa  des  griechischen  nicht  verloren 
gehen  lassen,  was  in  dem  von  Z.  als  Augustinisch  vorgelegten  text 
geschieht;  daiyun  adstäbimus^  wie  aus  dem  umgekehrten  gründe  auf 
der  gleichen  seite  in  v.  15  desselben  cap.  das  griechische  XuircTrm 
im  Fris.  nicht  mit  dem  sonst  im  bibellatein  ib  häufigen  oontrisiaiur 
übersetzt  wird ,  sondern  mit  dem  seltenen  iristatur.  dieses  bestre- 
ben dem  grundtext  möglichst  gerecht  zu  werden  macht  sich  eben  in 
der  wiedergäbe  der  griechischen  prttpositionen  in  den  composits  gel- 
tend, ^aher  habe  ich  suhscaMlo  (i&TroTröbtov) ,  percenfrkatio  (bia- 
irapaTfiißyi),  a>n«octi«5(cuTKOivu)vöc),  a>m;e$c»  (cuvccdieiv),  amsedere 
(cuTKaOiZctv)  als  charakteristische  eigentümlidikeiten  s.201  meiner 
rec.  zusanunengenommen.  diesen  meinen  satz  bestreitet  nun  Z.  in 
einer  weise ,  die  den  eindruck  zu  machen  geeignet  ist ,  als  habe  ich 
mich  des  schwindeis  und  der  Unwahrheit  schuldig  gemacht,  er 
schreibt  nemlich  s.  84 :  'um  dabei  die  behauptung  eines  recensenten, 
dasz  sich  die  Verschiedenheit  des  übersetzungsprinoips  von  der 
ersten  zeile  an  geltend  mache,  ins  rechte  licht  zu  setzen,  stelle 
ich  den  ersten  abschnitt  der  Freisinger  blfttter  voran',  und  bietet  den 
genannten  vers  Rom.  14,  10  in  folgender  gestalt: 


JNOtt:  sar  abwebr  [gegen  hrn.  Leo  Ziegler].  429 

B.  Frisingensis  G.  Augustinus 

omnes  emm  adstahimus  omnes  mim  adslahimus 

amte  Mbunal  Christi.  anU  MbuncH  Christi. 

dm  aamerkuiig:  ^ebenso  de  sjrmbol.  9;  c.  Adimant  14,  2;  adstare 

mUe  tribwfiäl  findet  sieb  auch  11  Cor.  5,  10  einigemale  bei  Augu- 

ttlBQS.' 

Z.  setit,  wie  man  sieht,  im  neuen  buch  bei  Augustinus  ((7)  eine 
flberlieferung  des  verses  in  den  tezt,  die  in  den  Italafragmenten  als 
nriante  unter  demselben  gestanden  hat,  verschweigt  den  lesem  aber 
vollständig  diese  ftnderung,  entzieht  ihnen  damit  das  Substrat  zur 
bearteilung  meiner  behauptung  und  führt  sie  in  die  irre,  trotz  die- 
ler  eigentttmlichen  manipulation,  wofür  ich  andern  die  richtige  be- 
Midmung  tlberlaase,  ruft  Z.  nach  abdruck  von  ein  paar  abschnitten 
beider  texte  (nebst  Amiatinus) ,  der  in  der  zu  beweisenden  sache 
TÖllig  zwecklos  ist,  mit  erkllnsteltem  pathos  also  aus:  *  wahrlich,  es 
WUT  nicht  ein  tvomehmes  machtwort»  von  mir,  wenn  ich  die  identi- 
tlt  des  tsztes  der  Freisinger  blfttter  mit  der  bibel  des  Augustinus 
ab  unumstösslidie  thatsache  bezeichnete;  ich  war  nur  der  schwache 
dofanetsch  der  greifbar  vorliegenden  Wirklichkeit,  welche  ftlr  mich 
so  laut  und  deutlich  zeugnis  gibt,  dasz  es  jedermann  vernehmen 
■rosB,  der  nicht  taub  an  herz  und  obren  ist  meinem  recensenten 
aber  mOchte  ich  das  Augustinische  wort  ans  herz  legen:  qperi  ocuios 
il  lege  et  noli  tamquam  eaecis  aliud  pro  alio  velle  sup- 
ponere»* 

Wdche  bewandtnis  es  mit  dieser  *  greifbar  vorliegenden  wirk- 
Udksit'  habe ,  darüber  äuszert  sich  Z.  an  einer  andern  stelle  mit 
eiacr  dentlichkeit  die  nichts  zu  wünschen  übrig  Iftszt.  s.  82  schreibt 
erasmlich:  'Augustinus  citiert  aus  den  in  den  Freisinger  blAttem 
ghahenen  stellen  teils  Einmal  teils  öfter  über  3500  Wörter;  dabei 
«geben  sich  etwas  über  70  abweichnngen;  unter  diesen  stimmen 
wieder  etwa  40  lesarten  mit  der  vulgata,  so  dasz  wir  ziemlich  sicher 
aandmien  dürfen,  dieselben  seien  wenigstens  zum  grösten  teil  inter- 
poliert' weicht  der  Fris.  über  70mal  von  dem  text  des  Augustinus 
tbf  igt  ein  gut  teil  dieser  abweichnngen  auf  die  vulgata,  al^o  auf 
BittQnjrmus  zurückzuführen,  dann  ist  es  ans  mit  der  behaupteten 
idntitftt  der  beiden  texte,  dann  nimmt  der  Fris.  eine  mittelstellung 
nriidMn  Augustinus  und  Hieronymus  ein.  ich  sdiweige  davon, 
diss  die  zahlreichen  und  groben  Vulgarismen  des  Fris.  sich  mit  der 
ipaehe  des  Augustinus  und  seiner  bibel  nicht  in  einklang  bringen 
luasB,  und  madbe  nur  daranf  aufmerksam,  dasz  Z.  mit  der  verfoch- 
taen  einbeit  der  genannten  zwei  texte  mit  dem  prinäp,  das  er 
iOBSt  in  seinem  budie  vertritt,  in  widersprach  gerith.  bei  der  an- 
istaie  einer  unsahl  lateinisdier  bibdversionen  genügen  ihm  nemlich 
•ekon  ein  paar  besondere  lesarten,  um  daraus  auf  das  Vorhandensein 
tmer  weitem  bibelübersetzung  zu  schlieszen.  consequente  durch* 
itümmg  djeees  principe  verbietet  bei  70  Varianten  von  zwei  texten, 
«nd  wire  darunter  nur  ein  halbes  dutzend  bedeutsamerer,  noch  von 


430  JNOtt:  zur  abwehr  [gegen  hrn.  Leo  Ziegler]. 

identitSt  derselben  zu  reden.   Z.  ninunt  es  hierbei  freilieb  nicht  so 
streng  und  hebt  sich  über  entgegenstehende  Schwierigkeiten  leichten 
Sprunges  hinweg,  wie  I  Cor.  6,  2  wo  jB  (Fris.)  indigni  suml  wdido- 
tum  minmarum,  C  (Angustinas)  indiffni  esHs  qiU  de  mimmia  mdi- 
oetis  bietet,  diese  auffallende  dissonanz,  die  für  sich  allein  Bchon  die 
ganze  hypothese  Z.s  in  frage  stellt,  macht  ihm  wenig  scrupelimd 
wird  mit,  einer  note  also  beseitigt:  *ich  bemerke  dasz  hier  überhaupt 
eine  starke  abweichong  zwischen  jB  und  C  (nur  durch  de  doetr.  Christ 
4,  18,  36  belegt)  yorliegt.    C  stimmt  mit  der  vnlgata.  doch 
ich  wiU  auf  dieses  inmierhin  zur  vorsieht  mahnende  verbSltnis  kein 
gewicht  legen.'   wenn  starke ,  zur  rorsicht  mahnende  abweicfaungen 
nicht  mehr  ins  gewicht  fallen,  dann  verdienen  unbedeutendere  Va- 
rianten, doppelte  und  dreifiiohe  Übersetzung  6ines  und  desselben 
Wortes  keine  besondere  beachtung.     dann  hört  überhaupt  jede  be* 
rechtigung  auf  von  einer  mehrzahl  von  bibelübersetzungen  vor  Hie- 
ronjmus  zu  reden. 

Nach  dieser  sachlichen  abschweifung  hebe  ich  noch  einen  punct 
aus  der  antikritik  meines  gegners  aus,  die  auslassung  s.  88  f.,  wo  er 
in  einer  anmerkung  sich  gegen  einzelne  stttze  meiner  rec  wendet 
charakteristisch  für  die  hierbei  beobachtete  kampfesweise  ist,  daex  Z. 
auch  nicht  für  einen  einzigen  der  bestrittenen  sätze  den  fundort  an- 
gibt, er  hat  hienu  auch  guten  grund :  denn  schon  ein  flüchtiger 
vergleich  meines  textes  mit  den  anführungen  desselben  genügt,  um 
die  Sophisterei  seines  verfahrene  zu  durchschauen,  zunftchst  wirft 
mir  dort  Z.  unerlaubte  Verwendung  einer  seiner  äuszerungen  zu  eig- 
nem zwecke,  Unterstellung  einer  ftJschen  folgerung,  misdeutung  sei- 
ner ansieht  vor.  er  hat  hierbei  s.  192  meiner  reo.  im  äuge,  wo  ich 
auf  den  Widerspruch  Z.s  mit  sich  selbst  aufmerksam  madhe,  weim 
*er  für  den  Fris.  ofßciellen  Charakter  in  anspruch  nimt,  den  er 
sonst  der  Itala  kategorisch  abspricht'  ich  bcäog  mich  dabei  inf 
^Italafragmente'  s.  28,  wo  Z.  die  behanptung  anfi^Ut:  *in  den  vor- 
angehenden erOrterungen  ist  der  officielle  gebraueh  des  Freisinger 
textes  an  den  bischoflnitzen  zu  Hippo  und  Karthago  nachgewiesen, 
während  keine  der  früher  bekannt  gewordenen  sog.  vorhieronymia- 
nischen  Übersetzungen  in  den  citaten  der  vftter  sich  wiedererknuien 
Uiszi'  es  ist,  meine  ich,  hier  der  ofiBcielle  Charakter  eines  biblisdieii 
textes  mit  einer  deutlichkeit  und  bestimmtheit  ausgesprochen,  die 
auch  durch  den  gemachten  adversativen  zusatz  nicht  abgeschwScht 
wird,  statt  nun  den  Widerspruch  mit  sich  selbet  einzorKnmen  oder 
die  Unrichtigkeit  des  ausdrucke  zu  verbessern,  macht  Z.  mich  zum 
Sündenbock,  er  schreibt  nemlich:  *ich  musz  gestehen  dasz  meine 
werte  an  und  für  sich  betrachtet  einer  misdeutung  fUiig  sind,  da 
ich  aber  kurz  vorher  die  existenz  eines  officiellen,  dh.  eines  von 
der  kirche  autorisierten  textes  für  jene  zeit  in  abrede  gestellt  hatte, 
war  der  sinn  des  Satzes  bei  einigem  guten  willen  verstindlich.  iok 
wollte  natürlich  nichts  weiteres  sagen,  als  dasz  der  Freisinger  text 
vor  andern  sich  dadurch  auszeichnet,  weil  dessen  gebranch  bei  offi- 


JNOtt:  lar  abwehr  [gegen  hm.  Leo  Ziegler].  431 

dellen  penOnlichkeiteii,  hier  also  bei  Angastinas  und  Capreolus  sich 
coBstaüeren  lasse,  wftbrend  bei  den  früher  yerOffentlichten  texten 
dies  nieht  der  fall  ist.  ioh  bemerke  ausdrücklich  dasz  ich  diesen 
gegensais  beigefilgt  habe,  aber  Ott  benutzt  trotzdem  meine  Busze- 
mag  flir  seine  ansieht,  obwol  er  die  prSmisse,  dh.  die  identitftt  der 
texte  BC  in  abrede  stellt,  erklftrt  er  meine  folgerung  ffir  richtig  und 
btnscht  sie  ansserdem  noch  zu  einer  mir  ganz  fremden  deutung  au£ 
tiiknflpfend  an  meine  erOrtenmg  schreibt  er:  Itala  ist  also  die 
officielle  lateinische  bibel  oder,  wie  ich  mich  bestimm- 
ter ausgedruckt  habe,  die  bibel  der  kirchlichen  ge- 
meinde und  liturgischen  praxis  in  Africa.  wahrlich,  die 
Icgik  mnas  eine  derbe  Constitution  haben,  die  solche  sprttnge  aus- 
biflt*  schUgt  man  die  genannte  seite  meiner  rec.  nach ,  so  findet 
flum  daas  der  yon  Z.  daraus  ausgehobene  satz  in  keinem  zusammen- 
hing weder  mit  einer  prftmisee  noch  mit  einer  folgerung  Z.s  steht, 
sondem  dasz  damit,  wie  schon  änszerlich  das  alinea  zeigt,  die  erör- 
terong  Aber  den  namen  'Itala'  abgeschlossen  wird,  was  sodann  die 
destuag  seiner  folgerung  betrifft,  die  im  handumdrehen  aus  bischofs- 
fltcen  ofifidalle  Persönlichkeiten  macht,  so  ist  dieselbe,  abgesehen 
TOB  dieser  exegetischen  Ungeheuerlichkeit,  materiell  ausgeschlossen 
dnieh  die  §§  35  und  26  seiner  'Italafragmente',  die  den  unzweideu- 
tigen naohweia  des  kirchlichen  oder  amtlichen  gebrauchs  des  Fris. 
iD  den  bischoftsitzen  Hippo  und  E[arthago  bezwecken. 

Kicht  besser  begrOndet  ist  der  Vorwurf,  den  ich  auf  der  glei- 
chen Seite  (89)  zu  hOren  bekomme,  'noch  sonderbarer'  heiszt  es 
Ist  «ne  folgerung,  welche  Ott  aus  der  negierung  der  identit&t  von 
^ sieht;  dieselbe  zeigt  so  recht  deutlich,  wie  wenig  er  die  ansich- 
tCB  anderer  zu  verstidien  und  zu  würdigen  weisz.  er  schreibt  nem- 
liefa,  ea  sei  zweifelhaft,  ob  überhaupt  an  unmittelbar 
zfricanische  heimat  der  Freisinger  blfttter  zu  denken 
lei,  da  dieselben  ebensogut  fttr  Italien  als  für  Africa 
in  anspruch  genommen  werden  könnten,  im  weitem  ver* 
Itd  bsMidmet  er  die  annähme  einer  africanischen  heimat  geradezu 
•Is  meiiie  aasicfat,  der  er  habe  entgegentreten  müssen,  sollte  man 
«ia  ioldiea  miaverstSndnis,  das  eine  völlige  umkehrung  unseres  ge- 
(so!)  standpunotes  in  sich  sohlieszt,  für  möglich  halten? 
ioh  bin  ja  dafür  eingetreten,  dasz  die  Itala,  worunter  ich 
oater  anatinimqng  Otts  die  bibel  des  Augustinus  verstehe,  in  Italien 
cBWftaiidett  sei;  Ott  dagegen  hat  sich  mit  allw  entschiedenheit  für 
ifricBBisdMn  Ursprung  ausgesprochen,'  zur  sachlichen  richtigstel- 
hag  aei  so  viel  bemerkt:  nach  Z.s  'Italafragmenten'  ist  der  Frei- 
lager text  identisch  mit  der  an  den  beiden  bischöflichen  sitzen 
Hif^  und  Karthago  gebräuchlichen  bibel,  dort  wird  er  von  Augu- 
Uns  benatit,  hier  von  dessen  Zeitgenossen  Aurelius  und  zwar  vom 
j.  416  ab  bei  officiellen  anlissen,  'bei  den  meist  unter  des  Aurelius 
TOfiits  zu  Karthago  und  Mileum  abgehaltenen  synoden'  (Italafrgm. 
L  M),  aodam  unter  dessen  nachfolger  Capreolus,  'welcher  seit  430 


432  JNOtt:  zar  abwehr  [gegen  hm.  Leo  Ziegler]. 

den  bischofssitz  einnahm'  (ao.  s.  26  f.) ,  oder  er  liegt  yielmehr  dem 
an  diesen  beiden  bischöflichen  sitzen  längere  zeit  hindurch  üblichen 
bibeltezt  zu  gründe,  also  ist  doch  wol  Afnca  seine  heimat    nun 
überflnsz  weist  Z.  ao.  s.  25  nach ,  dasz  Augustinus  in  den  beiden 
Schriften,  die  er  auf  italischem  boden  yerfaszte  {de  maribus  ecdeme 
cathoUcae  und  de  nu>ribu8  Mamchaearum),  sich  fehlerhafter  bibel-hfö. 
bediente,  und  dasz  sich  erst  nach  der  zeit  seiner  rückkehr  nach  Africa 
in  seinem  etwa  im  j.  389  veröffentlichten  werke  de  genesi  contra 
Manichaeos,  soweit  es  die  Paulinischen  briefe  betreflb,  sichere  spuren 
der  Itala  nachweisen  lassen,    hieraus  ergibt  sich  zunächst,  dasz 
Augustinus  erst  auf  africanisohem  boden  die  mit  dem  Frisingensis 
identische  Itala  kennen  lernte,   während  er  sich  in  Italien  mit 
schlechteren  texten  behelfen  muste,  und  als  weitere  folge,  dasz 
eben  Africa  die  heimat  dieser  fehlerfreiem  und  reinem  latinisiemng 
der  bibel  gewesen  ist.    gegen  diese  natürliche  und  notwendige  fol- 
gerung ,  die  von  Z.  freilich  nicht  gezogen  worden  ist  und  aus  nahe- 
liegenden  gründen  von  ihm  auch  nicht  gezogen  werden  durfte, 
mache  ich  geltend,  dasz  es  zweifelhaft  sei,  ob  überhaupt  an  africft- 
nische  heimat  des  Fris.  zu  denken  sei.   sieht  man  s.  202  meiner  rec. 
nach ,  so  findet  man  dasz  diese  mahnung  zur  vorsieht  mit  dem  hin- 
weis  auf  das  von  Z.  nachdrücklich  betonte  enge  verwandt6dlaft8ve^ 
hältnis  von  B  und  D  (des  Fris.  mit  Hieron jmus)  begründet,  und 
nicht  aus  der  negierang  von  BC  gefolgert  wird. 

Wenn  sodann  Z.  behauptet ,  dasz  ich  im  weitem  verlaufe  die 
annähme  einer  africanischen  heimat  als  seine  ansieht  bezeichne,  und 
durch  eine  eigentümliche  praktik  die  sache  so  dreht,  als  handle  es 
sich  hier  um  die  africanische  heimat  der  Itala  und  gehe  der  begrif 
Itala  für  mich  in  der  bibel  des  Augustinus  auf,  so  muss  loh  erkli- 
ren,  dasz  von  all  dem  auch  nicht  ein  iota  in  meiner  recensioii  zu 
finden  ist. 

Doch  genug  der  proben  eines  polemischen  gebahrens ,  dem  es 
nicht  um  berichtigung  von  irrtümem  oder  förderung  der  waihrheit, 
sondern  um  den  schein  des  gewonnenen  Spieles  zu  thun  ist,  und  das 
deshalb  bald  zu  groben  trumpfen  bald  zu  listigen  kniflto  aeiiie  zu- 
flucht  nimt,  durchweg  aber  es  auf  persönliche  verletxung  md  Ver- 
unglimpfung des  gegners  abgesehen  hat  eines  weitem  oitttls  ent- 
halte ich  mich,  da  ich  nicht  in  eigner  sache  richter  seinwilL  andere 
mOgen  prüfen,  wo  recht,  wo  unredit  liegt,  und  untemiolMn  ob  Z. 
einen  «^sprach  hat  gegenüber  *der  überklugen  und  oft  übemiütigeQ 
gelehrsamkeit  unserer  zeit'  (die  lateinischen  bibelübersetrongen  vor 
Hieronjmus  s.  18)  den  buszprediger  zu  spielen  und  als  hoohwichter 
der  ehre  deutscher  Wissenschaft  aufzutreten,  mir  will  seheinen, 
hr.  Ziegler  hätte  grund  bescheidener  von  sich  zu  denken  und  ifick- 
sichtsvoller  von  andern  zu  reden :  denn  sein  neues  werk  ist  bei  wei* 
tem  nicht  die  hervorragende  leistung,  für  die  es  angesehen  sein  will. 
doch  davon  bei  anderer  gelegenheit 

BOTTWEIL.  JOSAMN  NePOKUK  OtT. 


ERSTE  ABTEEiUNa 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HKRAU8GBGBBEK  VON  ALFRED  FlECKEISEK. 


67. 

ZUR  SCHLACHT  VON  MABATHON. 


Die  anne  Schlacht  von  Marathon !  einst  das  schönste  kleinod 
im  Fohmesschatz  des  athenischen  Volkes,  die  das  thema  geliefert  hat 
für  nsiShlige  gedichte,  ftlr  begeisterte  aufrufe,  wenn  es  galt  das 
tolk  durch  die  erinnerung  an  die  heldenthaten  der  vBter  zu  grossen 
entscUflssen  anzxuregen,  und  gewis  auch  fttr  manches  eitle  prunk- 
gesdiwStK  und  zahlreiche  'mots  sonores'  —  die  hat  man  nun  neuer- 
dings wieder  (denn  auch  im  altertum  war  es  ja  schon  versucht)  zu 
dnem  unbedeutenden  gefecht  degradiert,  zu  einem  irpöCKpouc^a 
Ppoxö  TOic  ßopßäpotc  äiTOßaciv  (s.  NWecklein  über  die  tradition  der 
Penerkriege,  Ifünchen  1876) !  mit  welchem  recht,  das  kann  ich  hier 
sieht  untersuchen,  es  würde  auch  sicherlich  über  meine  krftfte  gehen, 
denn  es  ist  ja  eine  alte  oft  wiederholte  klage,  dasz  die  dttrftigkeit 
der  Überlieferung  nicht  gestattet  über  den  hergang  des  kampfes,  über 
du  was  ihm  yorangieng  und  unmittelbar  folgte,  uns  eine  volle  aus- 
reidrande  yorstellung  zu  bilden.  Herodots  bericht  ist  auffallend 
kon,  sprunghaft,  und  dabei  so  dunkel,  dasz  fast  jede  der  von  ihm 
beriditeten  thatsachen  verschiedene  auslegungen  erfahren  und  zu 
lebhaften  controyersen  unter  den  gelehrten,  den  philologen  wie  den 
historikem,  anlass  gegeben  hat.  kein  wunder  daher,  dasz  man  alle 
uchriebten  über  die  schlacht,  die  sich  bei  andern  alten  Schriftstellern 
kie  und  da  zerstreut  finden,  eifrig  aufgesucht  und  verwertet  hat. 
iber  auch  so  noch  konnte  ein  neuerer  gelehrter,  YCampe  (de  pugna 
Uifitbonia,  Greiiswald  1867)  'die  verschiedenen  ungenügenden  ver- 
Mcbe,  die  unverstSndlichen  und  unglaubwürdigen  ^puncto  der  über- 
üeferang  über  die  schlacht  begreiflich  zu  machen,  einer  eingehenden 
erQrtenmg  und  beurteilung  unterwerfen'  (Wecklein  ao.  s.  273).  ob 
Cuape  selbst  zu  einem  abschlieszenden ,  auch  andere  befriedigenden 
nsultot  gelangt  ist,  weisz  ich  nicht,  da  mir  die  schrift  leider  nicht 
nglaglidi  ist;  aber  ich  bezweifle  es ,  da  ja  später,  im  j.  1872,  noch 
m  lo  lebhafter  kämpf  über  einige  der  hauptpuncte  der  Überlieferung 

r  ftr  clMS.  philol.  IST»  hfU  7.  28 


434  HMüUer-Strübing :  zur  scbiaclit  yon  Marathon. 

zwischen  Lngebil  und  Schömann  in  diesen  Jahrbüchern  geitlhrt  wor* 
den  ist.    nur  in  Einern  und,  wie  sich  zeigen  wirdy  allerdings  sehr 
wichtigen  puncte  sind  nicht  blosz  diese  beiden  gegner,  sondern  fast 
alle  forscher  einig,  nemlich  Ober  die  von  der  Aiantischen  phyle 
in   der  athenischen  schlachtlinie  eingenommene  Stel- 
lung,   'wir  wissen  aus  ganz  sichern  zengnissen'  sagt  Schdmami 
(Jahrb.  1872  s.  156)  'dasz  die  phyle  Aianiäs  auf  dem  rechten  flügel 
stand'  (dh.  dasz  sie  am  tage  der  schlacht  den  ehrenplatz  inne  hatte\ 
und  Lugebil  ist  dieser  thatsache  so  sicher,  dasz  er  aus  ihr  den 
schlnsz   zieht    (suppl.  V  s.  630):    *wenn  Miltiades  am  tage  der 
Schlacht  mit  seiner  phyle  auf  dem  rechten  flügel  stand  . .  so  folgt 
daraus  dasz  er  der  Aiantis  angehörte.'   und  den  einwurf ,  den  er  er- 
wartet: 'aber  Miltiades  war  ja  aus  dem  demos  Lakiadai,  und  dieser 
demos  gehörte  zur  phyle  Oineis  (Photios  u.  Steph.  Byz.)'  beantwortet 
er  mit  dem  weitem  schlusz:  'zur  zeit  der  zehn  phylen  gehörte  also 
der  demos  Lakiadai  zur  Aiantis.'   man  sieht,  das  ist  kühn,  beweist 
aber  doch ,  für  wie  unanfechtbar  Lugebil  die  thatsache  der  stellang 
der  Aiantis  auf  dem  rechten  fiügel  hat.  —  Drollig  ist  es  dann,  dasz 
ein  anderer  gelehrter,    GGilbert  (beitrftge  zur  innem  geschichte 
Athens  y  Leipzig  1877)  von  derselben  thatsache  ausgehend  in  hezug 
auf  Miltiades  zu  einem  ganz  andern  schlusz  gelangt,  den  ich  seiner 
—  nun  ja,  ich  will  sagen,  auch  seiner  kühnheit  wogen  anfllhre :  denn 
sonst  wäre  es  kaum  der  mühe  wert  — ,  zu  folgendem  (s.  23  f.) :  Ma 
nach  dem  zeugnis  des  Aischylos  in  der  marathonischen  schlacht  die 
Aiantis  den  rechten  flügel  inne  gehabt  hat,  so  musz  Miltiades  die 
Aiantis  commandiert  haben,  nun  war  aber  Miltiades  aus  dem  demos 
Lakiadai,  der  zur  Oineis  gehört  hat.'   (und  hier  begegnet  ihm  da» 
versehen,  dasz  er  sich  in  einer  anmerkung  auf  Lngebil  s.  626  ff.  beruft 
wo  gerade  behauptet  wird,  der  demos  Lakiadai  habe  damals  n  i cht 
zur  Oineis  gehört.)   ^folglich  hat  derselbe  in  der  schlacht  bei  Mara- 
thon nicht  seine  eigne  phyle  geführt,  und  folglich  sind  die  Strategen 
nicht  notwendigerweise  aus  den,  sondeiii  nur  für  die  phylen  gewählt 
worden.'  (!!)    für  jetzt  will  ich  mich  mit  diesen  ansrufnngszeichen 
begnügen ,  und  will  nur  bemerken  dasz  Gilbert  nicht  vom  Zeugnisse 
des  Aischylos  hätte  reden,  dasz  er  vielmehr  hätte  sagen  sollen :  nach 
dem  Zeugnis  Plutarchs  oder  noch  genauer  nach  dem  leagnia  des 
rhetor  Glaukias,  der  sich  in  Plutarchs  ^tischgesprächen'  (I  probL  10  • 
für  seine  behauptung  in  bezug  auf  die  Stellung  der  Aiantis  anf  da» 
Zeugnis  des  Aischylos  beruft  ohne  die  stelle  zu  citieren.  das  iat  denn 
doch  ein  groszer  unterschied. 

Wenn  ich  nun  hier  diesem  angeblichen  zeugnis  des  Aiachylc? 
zu  leibe  gehen  will,  so  ist  es  mir  ein  wahrer  trost,  dasz  ich  dtxh 
nicht  der  erste  bin,  der  sich  dessen  unterfängt  schon  Western: ann 
hat  in  diesen  Jahrbüchern  (1842  bd.  36  s.  149)  gesagt:  *dageg<n 
wird  der  angäbe  des  Plutarch,  dasz  die  Aiantis  auf  dem  rechten 
flügel  gestanden,  abgesehen  auch  davon  dasz  die  stelle  nicht  darchaQ^ 
heil  ist,  schwerlich  ein  bedeutendes  gewicht  beizulegen  sein;  sie  ist 


r^ 


HMfiller-Strfibing:  zur  Schlacht  von  Marathon.  435 

nicht  dinmal  als  ein  rein  historisches  factum  hingestellt  und  beruht 
anf  einem  dem  Verfasser  vielleicht  nur  dunkel  vorschwebenden  oder 
aadsventandenen  ausspruch  des  Aischjlos.' 

Inwiefem  nun  dies  mistrauen  in  Plutarchs  angäbe,  das  ich  voll* 
ftiindig  teile,  berechtigt  ist,  das  will  ich  hier  untersuchen,  musz  aber 
daiQ  die  ganze  stelle  in  ihrem  Zusammenhang  in  betracht  ziehen. 

Plutarch  erzfthltao.,  mehrere  freunde,  der  grammatiker  Markos, 
Philopappoe  der  könig,  wie  er  ihn  nennt,  Milon,  Glaukias  ua.  hätten 
mit  ihm  bei  tafel  den  sieg  gefeiert,  den  Serapion  mit  dem  chor  der 
Aiantisehen  phyle  gewonnen ;  nach  allerlei  reden  zur  ergetzung  und 
ioi  Wissbegierde  habe  der  grammatiker  Markos  als  thema  ihrer 
anteriMJiong  eine  Untersuchung  Ober  folgende  frage  vorgeschlagen: 
Keanthes  der  Kyzikener  behaupte  in  seinem  buch  (iy  toTc  Kcrrd  iröXiv 
Mu6ixotc,  nach  Preller,  zu  Polemon,  von  Athen  zu  verstehen),  die 
Aiaotisehe  phyle  habe  das  ehrenrecht  gehabt,  dasz  der  von  ihr  ge- 
stellte chor  niemals  den  letzten  platz  einnehme;  sie  sollten  nun  unter- 
iuchen,  woher  dies  ehrenrecht  stamme,  da  wirft  Milon  die  kritische 
frage  anf,  ob  denn  diese  angäbe  des  Neanthes  ihre  richtigkeit  habe, 
ob  sie  nicht  vielleicht  erlogen  sei?  (fiv  oOv  i|ieOboc  fj  tö  Xctö- 
Mcvov;)  aber  was  macht  es  denn  aus,  erwidert  darauf  prinz  Philo- 
pappoe ,  wenn  es  uns  bei  nnserm  forschungseifer  auch  eben  so  geht 
wie  dem  weisen  Demokritos  (oub^v,  I9TI,  bcivöv  el  tqutö  ireicö^eOa 
AryioicpiTi;!  Tiji  coq)qj  biä  qpiXoXoTiav).  dieser  habe  nemlich  einmal 
«ne  feige  gegessen,  die  ihm  nach  honig  zu  schmecken  schien;  da 
fügt  er  seine  baushälterin,  wo  sie  die  feige  gekauft  habe;  sie  nennt 
ihm  dem  garten;  er  befiehlt  ihr  ihn  dorthin  zu  führen,  er  müsse  den 
ort  sehen,  die  alte  fragt  verwundert  weshalb?  ich  musz  ausfindig 
msdien,  was  diese  sOszigkeit  der  feige  für  eine  Ursache  hat,  und  das 
buin  ich  nur  an  ort  und  stelle,  da  habe  die  alte  lachend  gesagt: 
^n  bleib  nur  ruhig  sitzen :  ich  selbst  habe  die  feige  aus  versehen 
ia  einen  topf  gethan,  in  dem  honig  gewesen  war.  da  sagt  der  philo- 
ioph  ganz  zornig:  du  bringst  mich  um,  aber  ich  will  trotzdem  mich 
10  die  Untersuchung  machen  nnd  die  Ursache  erforschen,  ganz  als 
v«nn  der  feige  diese  sflszigkeit  von  natur  eigentümlich  wäre,  und 
fo,  meint  Philopappos,  wollen  wir  es  auch  machen,  und  wollen  gar 
knae  aotis  davon  nehmen,  dasz  Neanthes  in  seinen  angaben  manch- 
mal leiehtfertig  ist;  wir  können  doch  unsem  esprit  zeigen,  wenn 
nch  sonst  nichts  gescheidtes  dabei  heraus  kommt  —  dTT^^vdZccOai 
T^,  et  |0|biv  dXXo  xp^ciimov  6  Xötoc  Tropäci.  jetzt  sind  diese 
ktrren  in  der  rechten  Stimmung  für  eine  gelehrte  Untersuchung,  und 
.ch  dichte,  wir  wissen  nun  woran  wir  sind,  dies  ist  kein  redekampf 
alt  scbarfen  waffen,  dies  ist  ein  scherzhaftes  tumier,  ein  bloszes 
vorigeCeeht,  bei  dem  ein  jeder  wagen  darf  jedes  noch  so  nichtige 
tr^jument  Torzubringen ,  weil  er  wol  weisz,  dasz  niemand  ein  so  un« 
iiSlIidier  pedant  sein  wird,  die  Stichhaltigkeit  desselben  kritisch  zu 
prüfen,  wie  sollten  sie  auch ,  da  es  ihnen  ja  gleichgültig  ist,  ob  die 
fnmdlage  ihrer  Unterhaltung,  das  thema  selbst,  wahr  ist  oder  er- 

28* 


436  HMüller-ßtrübing:  zur  schlacbt  von  Maratbon. 

logen?  und  so  f&hrt  denn  anch  Platarch  fort,  offenbar  echalkhaft,  in 
unverkennbar  persiflierendem  tone :  und  nun  gieng  es  los,  die  phyle 
herauszustreichen  und  vorzubringen  was  sich  zu  ihrem  rühm  etwa 
sagen  liesz ;  und  so  ward  denn  auch  Marathon  ins  gefecht  gezogen, 
als  ein  zu  dieser  phyle  gehöriger  demos:  xal  Toip  ö  MapaOtijv  de 
jLi^coV  €YXk€TO,  bfjjLioc  S)V  dKEiviic  TT^c  qpuXf^c  —  und  auch  den  Har- 
modios und  seine  genossen  wiesen  sie  nach  als  zur  Aiantis  gehörig, 
da  sie  aus  dem  demos  Aphidnai  waren:  Ka\  toOc  Trepl  'Ap^öbiov 
AlavTiboc  d:7r^q)aivov,  *Aq)ibvalouc  fe  bi\  Tt&v  bifimüv  TtTOVorac 
(dies  ist  übrigens  nicht  Übel:  nicht  blosz  den  Harmodios,  sondern 
offenbar  auch  den  Aristogeiton  und  die  ganze  bände!  denn  o\  Trepi 
'ApjLiöbiov  kann  doch  hier  sicher  nicht  so  verstanden  werden,  wie 
etwa  in  dem  ausdruck  ol  nepl  CwKpdTiiv  vorzugsweise  Sokrates 
selbst  gemeint  ist!  man  kann  doch  nicht  sagen,  oi  Trepl  CujKpcmiv 
waren  aus  dem  demos  Alopeke !  und  werden  wir  uns  nun  durch  dies 
Zeugnis  aufbinden  lassen,  auch  Aristogeiton  und  die  übrigen  ver- 
schworenen hätten  sämtlich  der  Aiantis  angehört  oder  vielmehr  — 
denn  die  phyle  Aiantis  existierte  ja  damals  noch  gar  nicht  —  seien 
Aphidnaier  gewesen?  ich  musz  mich  dagegen  verwahren),  dann 
kommt  die  hauptstelle:  fXauKiac  bi  ö  ^iiTUUp  Kai  tö  öeEiöv  K^pac 
AiavTtbaic  Tfic  iv  MapaOiXivi  iraparaEeuic  d7robo0f]vai  tqic  Alcxv- 
\ov  eic  rfiv  ^eSoptav  (tscribenduip  videtur  cic  Tf)V  MapaOuiviav» 
Bergk)  dXefeiaic  niCTOU)Li€VOc,  ^t^vicm^vou  t^iv  \x&%r\y  ixcivriv 
^niqpavijjc*  Itx  bi  xal  KaXXifiaxov  äirebeiKVue  töv  1roX^^apxov  Ü 

dK€iVT]C  ÖVTQ  TT^C  q)uXfJc,  ÖC  ttÖTÖV  T€  TTOp^CXeV  fiplCTOV  ävbpO,  KOI 

Tfjc   fidxric  ^€Td  T€  MiXTidbT]V  alTiidTaioc  kot^ctt],   cu^^|n)9oc 

£K€ivU)    T€VÖ|Ll€VOC.      if^    bC    TIJJ   fXaUKtq  7rpOC€Tl8T]V,    6X1  Kttl  TÖ 

ip/jq)ic^a,  KttO*  5  toiic 'AGrivaiouc  ärJTOTC,  Tf|c  Alaviiboc  q)üXfic 
npuTaveuoudic  Tpaq)€iTi ,  xai  öti  trepi  Tf]v  iv  TlXaraiatc  ^äxnv  cO- 
bOKi^y)C€i€V  f)  q)uXf)  ^dXtcra,  daher  denn  auch  die  Aiantiden  den 
Sphragitischen  nymphen  auf  dem  Kithairon  das  von  Delphoi  aus  an- 
geordnete  opfer  gebracht  hätten,  aber  du  siehst,  fährt  Platarch  dann 
zu  Glaukias  fort,  dasz  es  auch  den  andern  phylen,  namentlich  auch  mei- 
ner eignen,  der  Leontis,  an  vielen  auszeichnungen  nicht  fehlt  sollt« 
es  daher  nicht  das  wahrscheinlichste  sein,  dasz  die  Athener  jene  an* 
Ordnung  in  bezug  auf  den  chor  getroffen  haben ,  um  dem  eponymo» 
der  phyle  schön  zu  thun  und  um  den  hart  zu  gehen  ?  denn  der  söhn 
des  Telamon  war  sehr  empfindlich  gegen  jede  Zurücksetzung  und 
schreckte  in  seinem  zom  und  ehrgeiz  auch  vor  dem  äuszersten  nicht 
zurück :  Xva  ouv  mt)  xaXenöc  iji  \xr^  *  dTrapapüÖiiTOC,  £bo£€  xfjc  iirn^c 
dqpeXeiv  tö  bucx€p^cTaTOV,  elc  Tf|v  tcx&Tvy  X^pov  ^T]b^noTC  rnv 
q>uXf|v  aÖToO  KaTaßaXövrac. 

Ich  habe  auch  diesen  schlusz  noch  herangezogen,  weil  dor 
schalkhaft  persiflierende  ton,  in  dem  diese  ganze  Untersuchung  flbi : 
die  Verdienste  der  Aiantischen  phyle  behandelt  ist,  hier  so  ganz  un* 
verkennbar  sich  vernehmlich  macht,  denn  niemand  vnrd  doch  be- 
haupten wollen,  dasz  es  Plutarch  mit  diesem  vom  Jähzorn  des  Aias 


HMüllex-Strflbing:  zur  schlacht  von  Marathon.  437 

hergenommenen  argument  ernst  iat    und  so,  denke  ich,  steht  es 
nieht  gerade  besser  mit  der  berafnng  des  rhetor  Olankias  auf  das 
xeognis  des  Aiscbylos.  denn  was  beweist  sie?  im  besten  falle  nichts 
weiter,  als  dasz  zu  Plntarchs  zeit  eine  elegie  auf  die  Schlacht  von 
Minlhon,  die  unter  dem  namen  des  Aischylos  gieng,  in  Umlauf  war; 
weiter  schlechterdings  nichts,  nicht  einmal  dasz  das,  was  Glaukias 
angibt,  wirklich  und  unzweideutig  darin  enthalten  war.    von  der 
eiistenx  einer  solchen  elegie  hOren  wir  allerdings  auch  sonst,   denn 
in  dem  ßioc  AlcxuXou  (Westermann  s.  119)  heiszt  es,  nach  einigen 
sei  Aischylos  zu  Hieron  gegangen  aus  verdrusz  über  den  drama- 
tiMhen  sieg  des  jungen  Sophokles,  KttTÖi  b*  iviovc  iv  Tip  eic  touc 
^v  MapaOuivi  TcOvriKÖTac  ^X€T€{((i  ficciiBck  CiMU)v(bi].   aber  ist  das 
Zeugnis  dieser  vita  (GHermann  sagt,  sie  sei  *a  diyersis  hominibus  di- 
Tenis  temporibus  e  variis  scriptoribus  concinnata')  irgendwie  geh 
wichtig?  sie  soll  manche  wertvolle  angaben  enthalten,  aber  ^neben 
Khaostellungen  wolfeiler  gelehrsamkeit  und  ganz  albernen  behaup- 
tnngen'  (s.  Teufiel  in  der  realenc.  P  s.  448 ,  wo  die  litteratur  zu- 
sammengestellt ist),  und  als  eine  solche  alberne  behauptung  ist  wol 
der  Zusatz  zu  bezeichnen,  der  auf  die  eben  citierten  worte  unmittel- 
bar folgt,  und  der  den  sieg  des  Simonides  erklären  soll:  tö  T^p 
UcTciov  noXu  Tf)c ncpl TÖ  cuMiraOic XeTTTÖTTiTOC  mct^x^^v  O^Xei 
tklinfft  das  nicht  durchaus  byzantinisch?),  5  ToO  AtcxOXou,  die  Itpa- 
jiCV,  Ccrtv  dXXÖTpiov.   also  mit  diesem  zeugnis  ist  nichts  gewonnen, 
ftbrigena  bestreite  ich  gar  nicht ,  dasz  eine  angeblich  von  Aischylos 
gediditete  elegie  auf  die  bei  Marathon  gefallenen  in  der  leute  mund 
Wir.  es  wftre  seltsam,  wenn  es  nicht  gewesen  wäre,    pian  wüste 
das  Aischylos  bei  Marathon  gekämpft  hatte,  schon  aus  seiner  selbst- 
verfMzten  grabschrift  (von  der  freilich  Bergk  sagt:  'ceterum  non 
dcerunt,  qni  ab  ipso  poeta  hoc  epigramma  profectum  esse  negent'). 
wie  nahe  lag  es  da  in  der  innerlich  unproductiven ,  aller  poetischen 
initiative  ermangelnden  und  doch  schreibsttchtigen  zeit  einem  der 
alexandxinischen  nachahmer,  unter  dem  namen  und  im  stil  des 
Aisefaylos  eine  elegie  auf  dessen  getötete  mitkämpfer  in  der  Mara- 
thonschlacht abzufassen !  wie  oft  dergleichen  vorgekommen ,  das  ist 
ja  b^annt  genug:  ich  will  nur  auf  Kirchhoff  in  den  monatsber.  der 
Berl.  akad  1869  und  1871 ,  im  Hermes  V  s.  48  ff.,  auf  Kaibels  an- 
teige  von  Junghahns  abh.  *de  Simonidis  Gei  epigrammatis'  in  diesen 
>hrb.  1872  s.  793  ff.  (die  abh.  selbst  ist  mir  leider  nicht  zugäng- 
lich) verweisen  und  auf  die  zahlreichen  anerkannt  falschen  Uber- 
Khriften  in  der  anthologie.    übrigens  mOchte  ich  vermuten,  dasz 
Phttareh  selbst  an  die  echtheit  dieser  elegie  nicht  geglaubt  hat,  da 
er  eben  die  stelle,  auf  die  es  hier  ankäme,  nicht  anführt,  während  er 
doch  sonst  überall ,  und  namentlich  auch  in  diesen  tischgesprächen, 
w  gern  mit  dichterstellen  staat  macht.  —  Wie  denn  aber  der  Ver- 
fasser der  angeblichen  Aischylischen  elegie  dazu  gekommen  ist ,  der 
Aisntia  ihren  platz  auf  dem  rechten  flügel  anzuweisen,   darüber 
ngt  schon  Westermann  ao.,  es  sei  'sehr  mOglich,  dasz  der  umstand. 


438  HMüller-Strübing:  zur  schlaobt  von  Marathon. 

dasz  der  polemarch  Eallimachos,  welcher  der  Aiantia  aagehOrte  (was 
wir  glflcklicherweise  aus  Her.  VI  109  wissen),  den  rechten  flügel 
commandierte,  den  falschen  schlusz,  die  Aiantis  habe  auf  dem  rechten 
flügel  gestanden ,  veranlaszt  habe.' 

Für  diejenigen  leser  nun,  die  mir  darin  zustimmen,  dasz  dies 
angebliche  zeugnis  des  Aischjlos  ein  sehr  yerdSchtiges  ist,  das  uns 
nicht  abhalten  darf,  die  Aiantische  phyle  aus  ihrer  Stellung  auf  dem 
rechten  flügel  zu  entfernen ',  will  ich  jetzt  in  der  kürze  angeben,  wie 
ich  mir  die  sache  yorstelle. 

Die  zehn  Strategen  waren  geteilter  meinung,  ob  die  schlacht  im 
offenen  felde  zu  wagen  sei  oder  nicht:  fünf  waren  dafür,  fünf  da- 
gegen, nun  sasz  aber  noch  ein  elfter  stimmberechtigter  im  kriegs- 
rath ,  der  polemarch  Eallimachos  (^vb^Karoc  i|iTiq)ibo(p6poc  . .  t6 
iraXaiöv  Top  'AOiivaioi  6]Liöi|ir)q)0V  töv  iroX^^apxov  iiroicövTO  Toia 
CTpaniTOici  Her.  VI  109).  an  diesen  wendete  sich  also  Miltiades 
und  bewog  ihn  durch  seine  stimme  zu  gunsten  der  schlacht  den  aus- 
schlag  zu  geben,  der  Oberbefehl  über  das  gesamte  beer,  die  piytanie, 
wie  Herodot  es  nennt,  wechselte  unter  den  zehn  Strategen  mit  jedem 
tage,  aber  jeder  der  fünf  Strategen,  die  von  anfang  an  für  das 
schlagen  gewesen  waren,  trat,  als  sein  tag  kam,  seine  piTtanie  an 
Miltiades  ab ;  so  wichtig  erschien  es  ihnen,  an  diesem  tage  einen  be- 
währten und  gerade  mit  der  kampf  weise  der  Perser  yertrauten  mann 
an  der  spitze  des  heeres  zu  haben,  trotzdem  machte  Miltiades  den 
angriff  nicht  eher,  als  bis  sein  eigner  tag  herankam,  hatte  nun 
Miltiades  am  tage  der  schlacht  die  prytanie  unter  den  Strategen ,  so 
hatte  auch  seine  phyle,  die  Oineis,  die  prytanie  unter  den  phylen, 
und  stand  folglich  an  dem  ehrenplatz  auf  dem  rechten  flügel«  nicht 
soMiltiades.  denn  Miltiades  war  an  diesem  tage  nicht  Stratege 
der  Oineischen  phyle,  sondern  er  war  Stratege  des  athenischen  heeres, 
und  der  oberfeldherr  konnte  nicht  zugleich  als  oberst  eines  regimenti 
dienst  thun,  konnte  nicht  an  einen  bestimmten  platz  in  der  schlacht- 
linie  gebunden  sein,  das  scheint  mir  unbestreitbar,  und  am  wenig- 
sten  konnte  er  das  in  dieser  schlacht,  in  der,  wie  Miltiades  wol 


*  Lngebil  ist  freilich  anderer  meinung.  er  safrt  s.  638,  wir  h&tteo 
kein  recht  die  angäbe  Platarohs  sa  verwerfen,  'wann  soll  man  ihm 
denn  sonst  glauben,  wenn  nicht  in  dem  falle,  wenn  uns  die  quelle,  aas 
der  er  mittelbar  oder  unmittelbar  geschöpft  hat,  bekannt  ist  (ist  sie  da« 
wirklich?),  wenn  diese  qnelle  volles  vertrauen  von  unserer  aeite  ver- 
dient, wie  es  hier  der  fall  ist  (ist  das  wirklich  der  fall?  das  lea^^ 
ich  eoen),  und  wenn  die  vom  historiker  (ist  Qlaukiaa  ein  hiatorikcr 
oder  ist  es  Plntarch  in  den  'tischgeaprächen'?)  gegebene  nachricit, 
wie  wir  sehen  werden,  an  keinem  innem  Widerspruch  leidet?'  j«  «ol 
wir  werden  sehen,  dass  Lugebil  den  Innern  Widerspruch  dorcb  die  r«lo 
willkürliche  annähme,  der  demos  Lakiadai  habe  damals  aar  ph^Ic 
Aiantis  gehört,  zu  beseitigen  versucht,  um  Plutarcfas  genaoifkeit  tc 
solchen  nebenaachen  zu  charakterisieren,  will  ich  noch  anführui,  dasi 
er  anderswo  Kallimachos  als  Strategen  in  der  schlacht  von  Marathoc 
bezeichnet  (parall.  Gr.  et  Hom.  1)  neben  Kynaiaeiros  nnd  Polyseloa,  dt*r 
mit  blindheit  geschlagen  sei,  demselben  den  Herodot  Episelos  Boant. 


HMfiller-Strfibing:  zur  schlacht  von  Marathon.  439 

WQste,  der  Terwandborste  punet  der  schlacfatHnie,  die  gef&hrlichste 
stalle,  nickt  da  war,  wo  die  Oineisefae  phyle  stand,  sondern  im  cen* 
tnun,  nach  Her.  YI 111  TÖre  hk  raccofi^vujv  t(£iv  'ABiivaiuiv  £v  Tilp 
MopoOiShri  ^T^veTo  Totövbc  n*  tö  crpaTÖirebov  ^icoü^evov  Tip 
Mf)btic^  CTpOTon^bui,  TÖ  \ikv  aÖToO  ^^cov  driveTO  irtx  TdEiac  öXiTac, 
«ÜTOirnj  fjy  dc6€V€cTaT0V  tö  CTpaTÖirebov,  tö  bk  K^pac  dKdTCpov  * 
fpfMirro  irXfiGeT.  dort  im  centnim  also  wird  Miltiades  gleich  von 
aafiuig  an  seine  Stellung  genommen  haben,  und  nicht  auf  dem  rechten 
flflgd,  wo  TerhftltnismSszig  keine  dringende  gefahr  zu  befürchten 
wir.  so  wftre  also  an  diesem  tage  der  Schlacht  die  Oineis  ohne  spe- 
delien  anführer  gewesen,  und  da  dieser  fall,  so  lange  die  alte  ein- 
liditong,  dasz  die  phjle  des  Oberbefehlshabers  als  die  prytanierende 
den  ehrenplatz  auf  dem  rechten  flügel  einnahm ,  noch  bestand ,  in 
jeder  scUaeht  eintreten  muste,  so  hatte  das  gesetz  ihr  ein  für  alle- 
Bsi  den  ohnehin  mit  ins  feld  ziehenden  polemarchen  zum  führer  ge- 
geben :  b  fäp  vö|uioc  t6t€  €lx€  oÖTU)  TOtci  'A6r]vaioici ,  töv  rtokl- 
Mopxov  ^x^iv  K^pac  tö  öeSiöv.' 

Hiermit  glaube  ich,  nach  entfemung  der  Aiantis  vom  rechten 
fliigel,  den  grund  dieses  auf  den  ersten  blick  seltsamen  gesetzes,  über 
den  man  sidi  nie  rechenschaft  zu  geben  gesucht  hat,  als  einen  sehr 
Ternflnftigen  und  aus  einem  praktischen  bedürfhis  hervorgegangenen 
uchgewiesen  zu  haben. 

Damit  wird  freilich  ein  argument  hinflülig,  das  ich  frtlher  gegen 
HerodoU  angäbe ,  der  polemarch  sei  damals  durch  das  loos  ernannt 
wonien,  selbst  geltend  gemacht  hatte  (Aristophanes  u.  die  histor. 
kritt  8.  228).  idi  hatte  dort  gesagt,  nach  dieser  angäbe  mttste  also 
am  KUachttage  der  durch  di^  wähl  des  yolkes  ernannte  Stratege  der 
pbjle,  die  den  rechten  flflgel  inne  hatte,  unter  dem  befehl  eines  durch 
das  loo«  ernannten  beamten  gestanden  haben ,  und  das  sei  undenk- 
W.  riditig  scheint  mir  dies  argument  auch  noch  jetzt,  und  ich  halte 
es  denen  gegenüber ,  die  etwa  meine  ganze  erOrterung  unbeachtet 
ud  nach  wie  vor  die  Aiantis  mitsamt  ihrem  Strategen  auf  dem 
nefaten  flOgel  unter  dem  befehl  des  polemarchen  stehen  lassen  wer- 
den, noch  jetzt  entschieden  aufrecht,  aber  ich  will  kein  wort  weiter 
daitber  verlieren:  denn  diese  ansieht,  die  emennung  der  archonten 
diuth  das  loos  sei  schon  yonKleisthenes  eingeführt,  hat  ja  jetzt  seit 

*  freilich  sagt  BehSmann  ao.  8.  152  f.:  Mer  Oberbefehl  über  das 
fiase  beer  war  dem  colleglam  der  strategnii  übertragen,  unter  denen 
€r  tag  nm  tag  wechselte,  wogegen  die  auf  die  fühmng  der  einzelnen 
f^jlta  beechrinkten  befehlshaber  nicht  Strategen,  sondern  taxiarchen 
kcocB«'  danach  hAtte  also  der  taziarch  der  Oineis  den  befehl  über 
dieselbe  führen  können,  aber  Bchömann  hätte  erst  nachweisen  aollen, 
^an  «g  damals  im  athenischen  beer  schon  taxiarchen  gab.  ich  be- 
ivesfl«  das  ans  dem  einfachen  grnnde,  weil  das  bedürfnis  dieser  mili- 
ttriaehaa  Charge  damalt  noch  nicht  vorhanden  war.  dies  trat  erst 
•paicr  ein,  als  die  Athener  answärtige  kriege  and  xwar  an  mehreren 
«rica  mgleieh  führten,  bei  Herodot  kommen  die  taxiarchen,  so  Tiel  ich 
«ein,  nur  viermal  vor,  einmal  bei  den  Spartiaten  (II  68)  and  sonst 
Wi  dea  Persern  (VlI  99.  VUI  67  nnd  IX  48). 


440  HMüller-StrÜbing:  zur  schlacht  von  Marathon. 

Schömanns  tode,  so  viel  ich  weiBz,  ihren  letzten  wiseenschafüich  be- 
achtenswerten Vertreter  verloren,  wenn  Lugebil  übrigens  ao.  s.  651 
auch  die  stelle  aus  Pausanias  1 15,  3,  wo  es  heiszt  KaXXi^axoc,  5c 
'AOrivdoic  TToX^jLiapxoc  fjpiiTO,  als  beweis  itlr  die  emennung  des 
polemarchen  durch  die  walil  des  volks  anführt,  so  kann  ich  zwar 
Schömanns  erwiderung  (jahrb.  1872  s.  158),  das  wort  atpeicOai 
könne  Won  jeder  wähl  überhaupt  gebraucht  werden,  fiio<dite  sie 
durch  abstimmung  oder  durch  erloosung  geschehen',  durchaus  nicht 
zustimmen,  doch  würde  ich  einer  solchen  nebensttchlichen  bemerkang 
eines  Pausanias  noch  viel  weniger  gewicht  beilegen  als  dem  eben- 
falls nebensächlichen  ausdruck  Herodots  6  T(fi  Kud^qi  Xaxüiv  'AOn* 
vaiuJV  TToXe^apx^eiv,  wenn  mich  nicht  die  ausdrucksweise  bei  Pau- 
sanias auf  die  Vermutung  brächte,  es  sei  dies  mehr  als  eine  blosL 
nebensächliche  notiz.  Pausanias  sagt  in  der  beschreibung  der  bild- 
lichen darstellung  der  schlacht  von  Marathon  in  der  poikile:  tuiv 
)Liaxo)i^vu)v  bk  bf\koi  jLidXiCTd  elciv  iv  tQ  Tpaq>iJ  KaXX(|uiaxöc  tc, 
öc  'A6r]vaioic  iroXeiLiapxcTv  fJpilTO,  kqi  MiXndbiic  täv  cxpornTouv- 
TUiV  iipuJC  T€  ''Gx^tXoc  KaXou)Li€VOC  usw.  dasz  er  hier  sagt,  abgebildet 
sei  *von  den  Strategen  Milüades',  das  ist  sehr  begreiflich:  denn  es 
gab  eben  zehn  Strategen,  aber  es  gab  nur  6inen  polemarchen,  und 
da  hätte  es  ihm  doch  am  nächsten  gelegen  zu  sagen:  £v  tQ  Tptt<P4 
KoXXi^axöc  t€  ö  TroX^jLiapxoc  koi  MiXridbnc  usw.  sollte  er  viel- 
leicht von  seinen  führem  bei  betrachtung  des  bildes  belehrt  worden 
sein,  Herodot  habe  sich  in  bezug  auf  Kallimachos  in  den  worten  6 
T(fi  Kud^ip  Xaxuiv  'A6riva(u)V  iroX€]Liapx^€iv  eines  irrtums  schuldig 
gemacht,  und  nun  zur  berichtigung  dieses  irrtums  die  warte  öc 
'A6r]vaioic  TToX€)Liapx€Tv  fjpriTO  in  engem  anschlusz  an  Herodot» 
ausdruck  absichtlich  gebraucht  haben?  doch  gebe  ich  gern  zu,  dasz 
ich  Pausanias  nicht  genau  genug  studiert  habe,  um  beurteilen  za 
können ,  ob  man  ihm  eine  solche  polemische  finesse  zutrauen  darf 
oder  nicht. 

Doch  ich  verlasse  hier  den  polemarchen  und  Miltiades  und  die 
ganze  schlacht':  denn  es  kommt  mir  nicht  in  den  sinn,  hier  auch 


*  aber  ich  kann  mich  daza  doch  nicht  entfichliessen,  ich  mou  noch 
ein  paar  worte  über  den  polemarchen  hinzufügten.    Lngebil,  der  den 

Solemarchen  znm  Oberbefehlshaber  in  der  schlacnt  machen  nnd  ihm  dm 
[iltiades  nur  als  rathgeber  beiordnen  möchte,  will  dafür  anch  geltend 
machen,  dasz  Kallimachos  nach  Herodots  erzählnng  offenbar  den  Tor- 
sitz  im  kriegsrath  geführt  habe,  was  schon  früher  Grote  bebaapteU 
Schömann  aber  bestritten  hat.  mir  ist  es  nun  wahrscheinlich,  dass 
der  polemarch  entweder  zn  oberst  oder  cn  nnterst  gesessen  hat,  nicht 
mitten  unter  den  Strategen,  die  doch  wol  unter  dem  vorsits  des  an  dem 
tage  gerade  prjtanierenden  Strategen  saszeo,  und  zwar  die  ^i9|itovT0, 
dh.  entweder  nach  der  officiellen  festen  ordnang,  oder  nach  der  für  da» 
laufende  jähr  dnrch  das  loos  festgestellten  reihenfolge.  Lngebil  nimt 
das  erstere  an,  nnd  wahrscheinlich  mit  recht,  es  müste  denn  sein  dau 
neben  der  rangordnnng  der  phylen,  wie  sie  für  die  bürgerlichen  ge- 
Schäfte  jährlich  durch  das  loos  festgestellt  wnrda,  es  noch  eine  andere 
reihenfolge  der  pbylen  für  militärische  zwecke  gab,  die  unabhängig  ron 


HHfiller-Strübi&g:  zur  ftchlacbt  von  Marathon.  441 

nur  den  versach  zu  machen  znr  lOsnng  der  yielfachen  rftihsel ,  die 
Baoifiis  bericht  Ober  die  scblacht  uns  aufgibt,    aber  —  wie  ich 

j«iier  ebenfalls  darcht  loos,  aber  zu  einer  andern  zeit  des  jähret  fest- 
(eitellt  ward,    denn  in  Athen  fiel  das  bürgerliche  jähr  nicht  zusammen 
Bit  dem  kriegsjahr.    Ich  verweise  dafür  unter  anderm  auf  die  totenliste 
der  Ereehtheis  im  CIA.  n.  488  otbc  Iv  Ti}!  iroX^fii^  dir^Oavov  . .  toO  qötoO 
(iMUToO,  woiu  noch  B5ckh  zagt,  es  sei  ohne  sweifel  ein  'annus  civilis' 
,0L  80^  8),  w&hrend  Kirohhoff  richtig  gesehen  hat,  dass  dies  jähr  die 
swette  b&lfte  von  Ol.  79,  4  und  die  erste  hftlfte  von  01.  80,  1  umfaszt. 
im  war  das  athenische  kriegsjahr,  das  mit  den  städtischen  Dionysien 
b«ftBa  und  endete,  wie  ich  anderswo  nachweisen  werde,  und  nach  die- 
mm  offidellen  kriecsjahr  rechnet  auch  Thukydides:  nach  den  städti- 
•ehea  Dioajraien  redinet  er  seine  kriegsjahre  und  seine  sommer,  nicht 
Back  den  regelmässig  wiederkehrenden  naturerscheinnngen ,   oder  gar 
Btcb  dem  Jahrestage  des  von  ihm  selbst  nicht  einmal  durch  das  monats- 
<itvm  festgestellten  Bberfalls  von  Plataia,  wie  Unger  annimt  (tiber  die 
lettrsehnnag  des  Tbnk.«  sitsnngsber.  der  Mänchner  akademie  1876  n.  1). 
^  wire  sehon  für  den  Archidamischen  krieg  eine  seltsame  schruUe» 
far  den  aicilischen  und  den  dekeleischen  krieg  aber,  die  ja  ohnehin  erst 
aschtriglich  auf  sehr  gekünstelte  weise  mit  jenem  zusammengeschweisst 
find,  eine  vollkommene  absurd! tkt.    beiläufig  will  ich  schon  hier  noch 
kasasetsen   dass,   wie  der  sommer  bei   Thukydides  mit  einem   reli- 
p<isen  fast  anfängt,  so  auch  der  winter,  und  zwar  mit  den  Apaturien, 
wie  ich  anderswo  sogar  urkundlich  nachweisen  werde,     für  jetzt  noch 
eisflisl   zurück    zum   polemarchen   im    kriegsrath.     nach  Herodots  er* 
dLUuBg  seheint  es  nun,  dasz  der  polemarch  diesmal  seine  stimme  zu- 
letzt  abgegeben  hat,   und  obgleien  ioh  diesen  bericht  für  eine  freie 
^■atisehe  einkleidung  halte,  so  dünkt  mich  doch  die  sache  selbst 
■ehr  wahrscheinlich:  denn  ich  meine,   es  ist  sehr  möglich,   dasz  der 
po1«aisrch,   vielleicht  als  versitzender,  seine  stimme  nur  dann  abgab, 
«eaa  dordi   die  abstimmung   der  zehn  Strategen  kein  entscheidendes 
rMuJtal  enielt  war,   dh.  wenn  fünf  ja  und  fünf  nein  gesagt  hatten, 
wie  aa  jenem  tage,    dann  gab  seine  stimme  allerdings  den  ausschlag. 
bsttca  dagegen  sechs  Strategen  ja  gesagt  und  vier  nein,   dann  hatte 
sein  ja  oder  nein  keine  bedeutung  mehr,    aus  dem  angeblichen,  immer- 
Ua  mogliehen   versitz  des  polemarchen  kann  also  Lngebil  für  seine 
b^aaptnng,  der  polemareh  habe  den  Oberbefehl  gehabt,  keinen  gewinn 
tickea.    und  ebensowenig  aus  den  beiden  andern  argumenten ,  die  er 
sock  dafür  anführt,  die  ich  hier  zusammenfasse,    das  erste  ist  die  notiz 
itt  schol.  zu  Aristophanes  Rittern  v.  660,   der  polemarch  Kallimachos 
bab«  der  Artemis  im  fall  des  siegs  das  gelübde  des  grossen  siegen - 
opfen  getban  —  'konnte  er  das  thun'  sagt  L.  s.  646,  ^wenn  er  nicht 
•berbefahlahaber  war?'  —  und  das  zweite  sind  die  worte  Plutarchs  in 
den  tiscbgesprächen  t6  ^fViiptCMa  kqO*  8  ToOc  'AOT)va{ouc  ^SViTaTC«    ich 
will  eiuBal  diese  worte  Plutarchs  als  ein  historisches  factum  binneh* 
•ea,  and  dann  stimme  ich  Lugebil  gern  bei,  dasz  hier  nach  dem  gan- 
>ea  aaaammeahang  Kallimaobos  snbject  zu  ^IViTttTC  iat  und  nicht  Mil- 
fisdas,  wie  Weeklein  s.276  die  stelle  versteht;  ich  will  ihm  auch  nicht 
ait  Behdmann   antworten:    allerdings  führte  Kallimachos  die  Athener 
WS  der  Stadt,  aber  nicht  allein,  vielmehr  mit  den  zehn  Strategen,    nein. 
Üb  glaabe  vielmehr  dass  Kallimachos  wirklich  daa  beer  hinausgeführt 
bai«  daaz  er  wirklieh  an  der  spitse  des  heeres  aussog,  ohne  sweifel  eine 
ttvecke  begleitet  vom  gansen  volk  (man  erinnere  sieh,  wie  bei  der  ab- 
fahrt der  aicilisehen  ezpedition  gans  Athen  nach  dem  Peiraieus  strömte), 
etwa  so  weit  das  weichbild  der  eigentlichen  stadt  reichte,  wo  t6  dcru 
•afbdrte,  and  daaa  er  da  'als  Vertreter  der  alten  könige*  ein  letztes 
Opfer  brachte;  und  dann  sollte  er  in  seiner  priesterlichen  fnnction  eben 


442  HMflUer-Strübing:  zur  schlaobt  von  Marathon. 

denn  dnrch  Weckleins  abh.  *flber  die  tradition  der  Pereerkri^*  za 
diesem  aufsatz  angeregt  bin,  so  will  ich  wenigstens  noch  einen  von 
Wecklein  Übersehenen  zag  aus  dem  schlachtbilde  hervorheben,  den 
wir  sicherlich  der  ausschmttckenden  nnd  übertreibenden  tradition 
verdanken,  und  den  alle  gelehrten  dennoch  ungeprüft  hinnehmen. 

Herodot  erztthlt  c.  115,  die  barbaren  seien  nach  ihrer  ein- 
schiffung  zuerst  nach  der  insel  Aigila  gesegelt  nnd  hätten  die 
eretrischen  gefangenen,  die  sie  dort  abgesetzt  hatten  (s.  c  107),  sn 
bord  genommen,  und  dann  seien  sie  um  das  Yorgebirge  Sonion 
herumgeschifft,  um  früher  vor  der  stadt  anzukommen  ak  das  beer 
der  Athener,  dann  folgt  die  erwähn  ung  des  als  signal  für  die  Perser 
aufgehobenen  Schildes,  auf  die  hier  einzugehen  mich  der  himmel  be- 
wahren soll,  und  dann  heiszt  es:  oCtoi  (die  Perser)  fi^v  bf)  nepi- 
^irX€Ov  Couviov  *  'AOrivaioi  bi,  die  irobuüv  eixov,  TdxiCTo  dßorjOeov 
de  TÖ  äeru  kqI  {q>8r)edv  t6  diriKÖMevoi  nplv  t\  rode  ßapßdpoue  i^€iv 
Kai  dcTpaTOTTCbeucavTO  dnitM^voi  Ü  'HpaxXefou  toO  dv  Mopa- 
Ouivi  iv  dXXip  'HpaKX€i()i  T(!p  iv  KuvocdpTcT.  und  ziemlich  überein- 
stimmend sagt  Plutarch  im  leben  des  Aristeides  c.  5 :  als  die  Athener 
die  barbaren  in  die  flucht  und  auf  die  schiffe  getrieben  hatten  and 
einsahen,  dasz  diese  nicht  in  der  richtung  nach  den  inseln  zu  (den 
Kykladen  natürlich)  schifften,  sondern  dasz  sie  vom  winde  und  vom 
meeresstrom  einwärts  nach  der  attischen  küste  zu  gedrängt  wurden, 
da  fürchteten  sie,  der  feind  möge  die  stadt  von  Verteidigern  entbltet 
überraschen,  und  marschierten  mit  neun  phylen  eilig  nach  der  stadt, 
wo  sie  auch  selbiges  tages  ankamen  (raie  jli^v  iwid  q>uXaic  i^nei- 
TOVTO  iTpöe  TÖ  deru  xal  KQTi^vueav  auOrmepöv). 

Ich -behaupte  nun,  hier  folgt  Herodot  und  mit  ilun  Plniarch 
der  ausschmückenden  tradition:  denn  dieser  bericht,  das  athenisdie 
beer  sei  auf  die  Wahrnehmung  hin ,  dasz  die  persische  flotte  nicht 
nach  den  inseln  zu,  wie  Plutarch  sagt,  dh.  östlich,  sondern  nach 
Sunion  zu  oder  gar  um  Sunion  herum  steuere,  sofort  aufgebrochen 
und  sei  noch  an  demselben  tage  in  Athen  angekommen ,  dieser  be- 
richt kann  nicht  historisch  richtig  sein«  freilich,  die  neueren  ge- 
sohichtschreiber  geben  ihn  mit  geringen  modificationen  arglos  wie- 
der.  ich  will  nur  Duncker  anführen^  der  bd.  IV'  s.  680  nach  der  Schil- 
derung des  kampfes  so  fortführt:  *auf  dem  schlachtfelde  lagen  6400 
tote  des  feindes;  die  Meder  hatten  am  mebten  gelitten,  es  war 
mittag,  wer  hatte  noch  wenige  stunden  zuvor  auf  einen  sieg  zu 
hoffen  gewagt,  wer  hatte  sich  einen  erfolg  träumen  lassen,  der  die 
furchtbare  Armfida  mit  6inem  schlage  auf  ihre  schiffiB  zurückwarf! 
.  .  aber  wie  grosz  war  das  erstaunen,  als  man  von  den  gipfeln  der 


als  Vertreter  der  alten  konige  nicht  auch  der  g5ttin  jenes  geläbde 
haben  darbringen  können?  vor  der  schlaobt  vertritt  der  polemareh  den 
könig  in  dessen  priesterlichen  Innctionen,  in  der  sohlaeht  nimt  er  den 
platz  ein ,  wo  Tor  alters  gewis  anch  der  kÖnig  gestanden  hatte,  bis  der 
rerlanf  des  kampfes  seine  anwesenbeit  an  einem  andern  pnncte  erfor- 
derte.    das  wollte  ich  über  den  polemaroben  noch  hinsnsetiea. 


HMCLller^Strfibing:  zur  schlacbt  Ton  Marathon.  443 

berge  gewahrte,  dasz  die  flotte  auf  der  höhe  yon  Sanion  ihren  curs 
Inderte  und  nach  westen  steuerte!  offenbar  wollten  die  Perser  die 
▼on  verteidigem  entblöszte  hauptstadt  ttberfiallen  •  •  Miltiades  ent- 
Bchlntz  war  schnell  gefaszt .  .  es  galt  dem  feinde  aaf  dem  landwege 
zoTonnkommen.  so  schnell  die  fClsze  tragen  wollten,  eilte  das  heer 
Ober  die  berge  nach  Athen,  noch  an  demselben  abend  kam  Miltiades 
▼or  der  stadt  an  und  liesz  seine  ermüdeten  Streiter  .  .  der  wolver- 
dienten  rohe  pflegen.'  ja,  wol verdient  war  diese  ruhe,  das  muez 
wahr  sein,  man  bedenke  doch:  die  entfernong  von  Athen  bis  zur 
bodit  von  Marathon  'über  die  berge  hin' ,  also  wie  der  vogel  fliegt, 
betrigt  etwas  über  vier  deutsche  meilen;  aber  so,  in  gerader  rieh- 
timg,  über  den  Pentelikos  und  den  Brilessos  kann  selbst  kein  leicht- 
geschttrster  mensch  gehen,  geschweige  denn  mit  waffen  beladene 
hopUten«  es  gibt  nur  zwei  wirklich  gangbare  wege  von  Athen  nach 
Manthcm,  entweder  an  den  südöstlichen  auslftufem.  des  Brilessos 
entlang  über  Pallene,  Phegeia  usw.,  oder  am  nordwestlichen  fusz 
desselben  gebirgszuges  über  Eephisia  und  Hekale,  beide  etwa  gleich 
lang,  über  fünf  deutsche  meilen/  nun  sagt  Duncker :  *es  war  mittag' ; 
ich  bezweifle  das.  der  kämpf  wird  nach  darbringung  der  opfer  mit 
tagssanbmch  angefangen  haben,  etwa  um  6  ubr,  denn  die  schlacbt 
wtfd  im  zweiten  drittel  des  September  geschlagen,  kurz  vor  der  tag* 
UKÜiaehtgleiche;  die  endliche  entscheidung  zog  sich  aber  lange  hin: 
IKExoyi^vuiv  bk  iv  Ti|p  MapaOujvi  xP^voc  itiveTO  noXXöc, 
ngt  Herodot  —  der  sieg  schwankte  Iftngere  zeit,  das  athenische 
cntrom  war  anfangs  durchbrochen  worden  und  ward  in  die  ebene 
hinn  verfolgt,  faszte  erst  wieder  fusz,  als  die  ihrerseits  siegreichen 
i^gel  zur  hUfe  herankamen  —  und  dann  die  einschiffnng  der  Per* 
ser.  es  ist  mir  schwer  glaublich,  dasz  das  alles  bis  zu  mittag  ge- 
tebeben  sein  soli.  aber  es  sei:  ich  will  es  annehmen,  wenn  nun  die 
Athener  immittelbar  nach  dem  abstoszen  der  persischen  schiffe,  ohne 
neh  einen  augenblick  ruhe  zu  gönnen,  ohne  einen  bissen  zu  ge* 
aieezBBi  den  rückmarsch  angetreten  hätten,  so  ist  es  doch  nicht 
■soadienmöglich,  dasz  die  von  sechsstündigem  kämpf  in  der 
itedmden  septembersonne  erschöpften  hopliten,  die  an  ihren  waffen 
a^wer  zn  tragen  hatten  ^  den  langen  weg  von  fast  sechs  deutschen 
BMikn  nodi  an  diesem  tage  (die  sonne  gieng  kurz  nach  6  uhr  unter) 
orüdlcgelegt  hfttten.  sechs  deutsche  meilen !  man  bedenke,  was  das 
beiBt  das  hfttten  selbst  unsere  achtunddreisziger  im  letzten  kriege 
sieht  ni  stände  gebracht!  es  wftre  der  mehrzahl  der  Soldaten  ohne 
nrcifd  eben  so  ergangen  wie  der  sage  nach  dem  herold  Eukles,  der 

*  aaefa  englischen  reiseDden,  die  die  Strasse  über  Pallene  usw.  einge- 
K&UgcB,  26  englische  meilen,  das  ist  genan  b*/t  deutsche  meilen.  *die  an- 
dere Strasse  über  Kepbisia  ist  etwas  länger.  *  man  werfe  mir  nicht  ein, 
4cr  hoplit  habe  sich  seine  waffen,  namentlich  seinen  schild  von  dem  ihn 
Wgleiteoden  Sklaven  tragen  lassen,  war  denn  der  skUve  nicht  auch 
^m  boager  nod  der  erschöpf ong  und  dem  brennenden  durste  unter- 
«erfen?  ich  diehte  mehr  als  sein  herr,  denn  er  hatte  weder  vater- 
UadsUebe  noch  ebrgeftthl,  um  sich  aufrecht  sn  erbalten. 


444  HMüller-Strübing:  zur  aehlacht  von  Marafhon« 

an  jenem  tage  die  siegesnachricht  nach  Athen  brachte  und  dann  tot 
niederstürzte.'    aber  so  ist  es  ja  auch  nicht  gemeint:  sie  sollen  ja 
erst  aufgebrochen  sein,  als  sie  sahen,  wie  Plutarch  sagt,  oder, 
wie  Duncker  sagt,  als  man  von  den  gipfeln  der  berge  ge- 
wahrte (und  dann  doch  wol  dem  beer  unten  am  meereastrande 
durch  Signale  mitteilte),  dasz  die  persische  flotte  nach  den  inseln  zu 
ihren  curs  nahm  (Plutarch)  oder  *dasz  sie  auf  der  hQhe  von  Snnion 
ihren  curs  ftnderte'.   sehen  wir  uns  die  sache  ntther  an.   nach  Hero* 
dot  schiffte  die  persische  flotte  zuerst  nach  der  insel  Aigila  und 
nahm  die  früher  dort  ausgesetzten  eretrischen  gefangenen  an  bord: 
Tfici  bk  Xoiir^ci  (viiud)  ol  ßdpßapoi  ^SavaKpoucd/Lievoi  ical  dva- 
Xaß<5vT€C  Ik  Tflc  vi^cou  iv  tQ  f Xittov  rd  Ü  '€p€Tpiiic  dvbpdirobo, 
TrepidnXeov  Couviov  usw.    die  insel  Aigila  ist  von  der  küste  von 
Marathon  in  gerader  richtung  150  Stadien  entfernt,  für  die  flotte 
aber,  die  um  das  vorspringende  felsige  cap  Ejnosura  hernmsteuem 
muste,  mindestens  160,  dh.  vier  deutsche  meilen,  16  knoten,  dazu 
braucht  eine  flotte ,  die  groszenteils  aus  lastschiffen  (zum  transport 
der  Soldaten,  der  pferde  usw.)  bestand,  bei  den  günstigsten  witterungs- 
Verhältnissen  mindestens  zwei  stunden,   nun  das  einschiffen  der  ge- 
fangenen und  der  zu  ihrer  bewachung  zurückgelassenen  mannschaft. 
was  doch  auch  nicht  im  band  umdrehen  abzumachen  ist  —  kan, 
selbst  wenn  die  schlacht  schon  um  mittag  zu  ende  war,  was  ich,  wie 
gesagt,  bezweifle,  so  muste  es  mindestens  3  uhr  nachmittags  ge- 
worden sein,  ehe  die  flotte  von  Aigila  wieder  abfuhr,    so  lange  nan 
die  schiffe  in  dem  canal  zwischen  Euboia  und  der  attischen  kfl^te 
fuhren,  liesz  sich  über  die  richtung,   die  ihr  führer  einznschlagen 
beabsichtigte,  schlechterdings  nichts  vermuten,  erst  wenn  die  flotte 
an  der  südspitze  von  Euboia  vorüber  war  und  vorlftufig  den  curs 
nach  Süden  fortsetzte,  dann  konnte  man  vermuten,  dasz  sie  nicht 
im  Tuav  vr|CU)V,  wie  Plutarch  sagt,  dh.  nicht  östlich  steuern  wollte; 
wenn  sie  dann  auf  der  höhe  von  Sunion  ihren  curs  änderte  und  west- 
lich steuerte,  dann  wüste  man  freilich,  woran  man  war.  aber  von 
den  gipfeln  welcher  berge  konnte  man  das  sehen  und  dann  das  ge- 
sehene den  Soldaten  unten  an  der  küste  durch  Signale  mitteilen? 
etwa  vom  Brilessos  aus?  aber  die  entfemung  von  dort  bis  zur  see 
auf  der  höhe  von  Sunion  beträgt  7  deutsche  meilen,   so  weit  trigt 
kein  menschliches  äuge,  auch  kein  femrohr.  und  wenn  sie  femrohre 
gehabt  hätten,  was  hätten  sie  genützt?    die  nacht  muste  ja  schon 
eingebrochen  sein,  als  die  flotte  auf  der  höhe  der  südspitze  von 
Euboia  war  (über  24  knoten  von  Aigila) ,  geschweige  denn  auf  der 
höhe  von  Sunion  (32  knoten  von  derselben  insel). 

Doch  ich  will  mich  dabei  nicht  weiter  auflialten.    ich  glaube 
nachgewiesen  zu  haben,  dasz  die  angäbe  Herodots  und  Plutarch?, 

*  Plutarch  de  gloria  Athen,  c.  3  läazt  alberDer  weise  diesen  Enklei. 
dem  Herakleides  Pontikoa  den  offenbar  'redenden'  namen  Tkeriippos 
gibt,  in  voller  riistang  nach  der  Stadt  laufen  (€ÜKXto  hpOfAÖvra  cOv 
TOtc  öirXoic). 


HMflUer-Strfiliing :  zur  echlacht  von  Marathon.  446 

dieAtliener  seien,  weil  sie  wahrnahmen  oder  weil  ihnen  gemeldet 
ward,  dasz  die  persische  flotte  den  curs  um  cap  Sunion  genommen 
oder  za  nehmen  auch  nur  beahsichtigt  habe,  von  Marathon  aufge- 
brechen  und  noch  am  abend  des  schlachttages  in  Athen  angekommen, 
nicht  richtig  sein  kann,  weil  die  sache  physisch  absolut  unmöglich 
ist  der  andern  zuerst  besprochenen  annähme  aber,  die  Soldaten 
seien  unmittelbar  nach  der  schlacht  aufgebrochen,  steht  nach  meiner 
meinong  zunftchst  die  ebenfalls  physische  Unmöglichkeit  entgegen, 
da«  die  Ton  der  schlacht  erschöpften  hopliten  den  anstrengenden 
msTBch  in  der  behaupteten  kurzen  zeit  zurückgelegt  haben  sollen ; 
sie  ist  aber  femer  auch  deshalb  unzulässig,  weil  es  moralisch  un- 
möglich ist ,  dasz  der  athenische  feldherr  diesen  marsch  angeordnet 
haben  soll ,  ohne  sich  um  den  verbleib  der  persischen  flotte,  die  zu-* 
siehst  die  richtung  nach  Aigila  eingeschlagen  hatte,  irgend  zu  be- 
kfimmem.  ehe  er  nachrioht  erhielt,  was  diese  flotte  nun  weiter  vor- 
nahm, konnte  er  unmöglich  die  ostküste  von  Attika  verlassen,  diese 
Bachricht  aber  konnte  er  erst  am  nSchsten  tage  erhalten,  mir  ist  es 
daher  sehr  wahrscheinlich,  dasz  die  persische  flotte  den  rest  des 
schlachttages  über  ruhig  bei  Aigila  ankerte,  und  das  war  auch 
praktisch:  der  bauer  ist  auch  ein  mensch,  so  zu  sagen,  und  der 
Inxbar  ebenfallsi  ist  dem  hunger  und  der  ermüdung  unterworfen  so 
gut  wie  der  Grieche,  und  darauf  wird  der  persische  admiral  wol 
rflckaicht  genommen  haben,  wenn  dann  die  persische  flotte  am  fol- 
genden morgen  in  aller  frühe  die  weiterfahrt  antrat,  dann  konnte 
da«,  was  Herodot  und  Plutarch  berichten,  allenfalls  geschehen,  dann 
konnte  Miltiades  von  der  richtung,  die  die  feindliche  flotte  einschlug, 
rvchtzeitig  genug  unterrichtet  werden,  um  den  rückmarsch  zur 
deckong  der  stadt  anzuordnen,  mit  der  gewisheit,  dasz  die  durch 
die  nachtruhe  erquickten  Soldaten  auch  physisch  im  stände  waren 
Om  auszuführen,  wenn  das  heer  dann  am  abend  nach  der  schlacht 
im  Kynosarges  anlangte ,  so  bleibt  das  immer  noch  eine  respectable 
aarschleistung,  die  freilich  der  sage,  der  ausschmückenden  tradition 
nicht  genfigt  hat/ 

^  diese  ▼ermutung,  dasz  der  rückmarsch  nach  der  stadt  am  tage 
Bach  der  achlacht  atattfandi  hat,  wie  ich  nachträglich  sehe,  GRawlinaon 
a  feiaer  Qbersetznng  dea  Herodot  schon  im  j.  1869  aosgeaprochen,  mit 
bcnlimg  auf  die  sogleich  su  beeprechende  stelle  bei  Plutarch  de  gloria 
Athen,  nna  noch  eine  bemerkung.  Wecklein  sagt  ao.  s.  277 :  'nach  der 
(«wohnlichen  darstellung  kann  es  faat  ala  wander  eracheinen,  daas  die 
Atheaer  aich  nieht  mit  der  beute  anfhielten,  sondern  unverzüglich  nach 
Asbea  eilten.'  das  wfiate  ich  doch  nicht,  nach  der  gewohnlichen  dar- 
fUU^ig  wird  ja  dieser  nnverzügltche  eilmarach  dadurch  motiviert,  daaz 
^a  Athener  in  Irgend  einer  weise  gewahr  worden,  die  feindliche  flotte 
aihme  eine  die  banptatadt  bedrohende  richtung,  zu  deren  schätz  sie 
laan  natfirlich  aofort  aofbrechen  musten.  Wecklein  will  dieaen  ent- 
Rhlnas  dadurch  erklären, -dasz  er  mit  Curtina  annimt,  die  Perser  hätten 
üt  absieht  gehabt  die  marathonische  ebene  zu  verlassen;  die  persiache 
lotte  aei  daher  am  morgen  der  achlacht  schon  bemannt  nnd  namentlich 
^  reitersi  achon  an  bord  gewesen,  nnd  Miltiades  habe  nur  den  rest 


446  HMüUer-Strübing:  zur  schlacht  von  Marathon. 

Uebrigens  findet  sich  eine  stelle  bei  Plutarcb,  die  vielleicbt 
noch  eine  reminiscenz  des  richtigen  hergangs  enthält.  Grote,  der 
auch  den  schleunigen  rückmarsch  und  die  ankunft  des  beeres  in 
Athen  noch  am  abend  der  Schlacht  arglos  berichtet,  sagt  in  der  «nm.: 
Tlutarch  (de  gloria  Athen,  c.  8  p.  429  Par.  Did.)  stellt  die  sacbe 
dar,  als  sei  Miltiades  am  tage  nach  der  Schlacht  nach  Athen  zorück- 
gekehrt;  es  musz  aber  an  demselben  nachmittag  gewesen  sein, 
according  to  the  account  of  Herodotus.'  ja  wol,  aber  es  handelt  sich 
eben  darum  zu  prüfen,  ob  dieser  bericht  glaubwürdig  ist.  mir  wSre 
nun  eine  solche  angäbe  Plutarchs,  die  er  dann  aus  einer  andern 
quelle  geschöpft  haben  müste ,  sehr  willkommen ,  aber  leider  kann 
ich  sie  aus  Plutarchs  worten  nicht  herausdeuten,  diese  lauten:  MtX* 
.  TidbTic  ^fev  TOtp  ctÜTÖc  €ic  MapttGÄva  t^  ucrepaiq  Tf|V  iiäxvy  cuvd- 
\|iac,  fJKev  €lc  äcTu  )Li€Td  Tf\c  CTpaiiäc  veviKT]Kwc,  was  ich  bei  Reibke 
und  Dübner  (Par.)  so  übersetzt  finde:  ^Miltiades  ad  MarathoDezn 
profectus,  postridie  conunisso  proelio  in  urbem  venit  yictorcnm 
exercitu.'   ist  aber  eine  solche  auffassung  und  wiedergäbe  der  wort« 


der  truppen,  der  auf  dem  lande  zarUckgeblieben,  nm  die  einsebiffno? 
zu  decken,  angegriffen  (s.  274),  oder  wie  er  an  einer  andern  iteile 
8.  276  sagt:  'die  Athener  zogen  geradeswegs  in  eile  nnd  mit  derselbeo 
Schnelligkeit,  mit  welcher  sie  nach  der  Schlacht  nach  Athen  inrllck* 
kehrten,  nach  Marathon  (hilf  himmell  also  marsch  von  Athen  Dtcb 
Marathon,  die  Schlacht,  der  rückmarsch  nach  Athen,  alles  an  demselben 
tage?),  überraschten  die  Perser,  wie  sie  mit  der  einscbiffang  der  mattn- 
Schaft  beschäftigt  waren,  und  griffen  sie  im  Sturmschritt  an.'  ich  Um« 
das  für  jetzt  auf  sich  bemhen,  aber  es  stimmt  doch  gar  nicht  mit  dem 
bericht  Herodots,  nnd  steht  auch  im  Widerspruch  mit  der  beute,  bei  der 
sich  die  Athener  nicht  aufhielten ,  und  die  nach  Plutarch  Arist  6  ja 
überschwänglich  reich  war:  x^^H^  M^^  dpyupfou  Kai  xpucoO  irapövroc, 
^c8f)Toc  hi  iravTobairf^c  Kai  xPHMdTuiv  dXXwv  d^uGnTUjv  ^v  tqIc  ckiivoIc 
Kai  ToTc  i^Xu)KÖci  CKdqpeciv.  so  reiche  schätze  wurden  die  Perser  denn 
doch  wol  in  Sicherheit  gebracht  haben,  wenn  nur  noch  ein  rest  dir 
trappen,  nm  die  einschiffung  zu  decken,  am  lande  zurückgeblieben  war. 
indes  bin  ich  gern  bereit  die  geschickte  preiszugeben  mie  erfundeo, 
wenigstens  übertrieben,  um  die  uneigennützigkeit  des  Aristeides  in  ein 
recht  glänzendes  licht  zu  stellen,  auch  ergibt  sich  das  historcben  von 
Kallias  dem  daduchen,  die  Plutarch  daran  knüpft,  sofort  aJs  eine  er- 
findung.  denn  nach  Plutarch  war  Aristeides  nur  mit  der  Leontis,  seiner 
eienen  phyle,  auf  dem  Schlachtfeld  zurückgeblieben;  die  Kallllis-Hippo- 
nikos-familie  war  aber  aus  Melite  und  gehörte  also  zur  Kekropii.  — 
Auf  die  frage  über  den  yerbleib  der  reiterei  kann  ich  mich  hier  Hiebt 
einlassen:  entweder  war  sie  schon  eingeschifft  oder  noch  nicht  aosire« 
schifft  oder,  wie  Blakeslej  meint  (excurs  zu  Her.  VI  102  seiner  ausgal«  . 
in  Eretria  (warum  nicht  in  Aigila?)  zurückgelassen,  in  der  schlaehtkann 
sie  nicht  zugegen  gewesen  sein,  und  wenn  Duncker  (s.  680)  sagt:  'das  gaufc 
lager,  alles  gepäck  und  alle  ausgeschifften  yorräthe ,  sämtliche  pferde 
waren  in  den  händen  der  Athener',  so  ist  das  auch  ans  einem  andern 
grande  zurückzuweisen,  denn  wären  die  Perserrosse  gefangen,  »o 
würden  wir  von  ihren  nachkommen  bei  Aristophanes  nnd  den  übrigen 
komikern,  also  bei  Athenaios  usw.  vielfach  hören,  selbst  bei  Xenopbon 
aus  demselben  gründe  kann  die  reiterei  auch  nicht  auf  einem  streit- 
zuge  abwesend  gewesen  und  später  gefangen  sein,  wie  Finlajr  meioL, 
worauf  sonst  das  xufptc  inirctc  wol  hinweisen  würde. 


HMüller-Strdbmg:  cur  Bchlacht  von  Marathon.  447 

möglich?  ich  glaube  es  nicht,  und  Beiske  scheint  es  ebenso  ge- 
gangen zu  sein;  denn  er  sagt  in  einer  note:  ^fortasse  MiXTidbi^c 
TäpirapaT€TOVUJC€k  MapaOuuva,  t^  ucrcpaiqi  kt^.',  und  ttber* 
M^t:  ^Miltiades  enim  altero,  postquam  in  castra  Marathonia  venisset» 
die  feliciier  commissa  pugna  rediit  in  urbem  cum  exercitu  victor.* 
damit  wftre  freilich  Plutarchs  zeugnis  fttr  die  rttckkehr  am  tage  nach 
der  eehlacht  glflcUich  beseitigt,  aber  der  durch  Beiskes  Änderung 
gewonnene  sinn  stimmt  doch  gar  nicht  Uberein  mit  der  erzShlung 
Plntarchs  im  leben  des  Aristeides,  nach  welcher  Miltiades  drauszen 
im  li^fer  schon  mehrere  tage  vor  der  schlacht  den  Oberbefehl  führt, 
sollte  der  stelle  vielleicht  durch  Umstellung  zu  helfen  zu  sein :  MiX- 
Tidftric  filv  Totp  aÖTÖc  eic  MapaOuiva  (oder  iv  MapaOuivi?)  Tf|v 
M<ix>iv  cw6i|iac,  Tfgl  öcrepaiqi  fJK€v  eic  äcTU  usw.?  dann  hätten  wir 
>ko  ein  wirkliches  zengnis  für  den  hergang,  wie  er  meiner  meinung 
nach  allein  möglich  war.  freilich  wäre  Plutarch  auch  dann  im  wider» 
sprach  mit  sich  selbst^  da  er  ja  im  leben  des  Aristeides  von  der  rück- 
kehr  im  schlaehttage  spricht;  aber  solche  kleine  nachlässigkeiten  be- 
gegnen ja  selbst  dem  'historiker'  Plutarch  in  den  biographien,  wie 
viel  mehr  in  seinen  leicht  hingeworfenen  kleineren  arbeiten,  derglei- 
dieo  diese  schrift  vom  rühme  der  Athener  eine  ist. 

Hier  noch  6ine  flüchtige  bemerkung.  Wecklein  sagt  ao.  s.  297 
ia  bang  auf  die  ausschmttckung  durch  die  tradition :  'andere  anekdo- 
ten  rflhren  von  beteiligten  personen  her,  welche  sich  in  irgend  einer 
vdae  wichtig  machten,  oder  welche  mit  besondem  abenteuern  unter- 
halten wollten*,  und  zu  diesen  wichtigmachem  rechnet  er  auch  den 
Epiielos  mit  der  geschichte  von  seiner  wunderbaren  blendung  in  der 
scUadt  von  Marathon.  Wecklein  glaubt  also  selbstverständlich 
nicht  an  diese  geschichte,  und  es  wird  schon  damals  unter  den  ge- 
bildeten, aufgeklärten  Athenern  viele  gegeben  haben,  die  in  demseU 
ben  fall  waren,  ist  es  ihm  nun  gar  nicht  aufgefallen,  dasz  der  held 
dieKf  wnadersamen  historie  bei  Herodot  heiszt  Epizelos  der  söhn 
deirenommisten,  dasz  er  also,  wie  Wecklein  s.  301  das  nennt, 
nsea  ^redenden*  namen  ftthrt:  '€ntZiiXoc  ö  KouqNrröpeuj  (man 
denke  an  die  KOU<poXoT{a  Eleons  bei  Thuk.  lY  28)?  hätte  es  da- 
mali  schon  eine  politische  komOdie  in  Athen  gegeben,  so  wäre  ich 
Unen  aogenblick  in  zweifei  darüber,  woher  dieser  Vatersname 
«tuDort  so  aber  beweist  er  nur,  dasz  derselbe  geist,  der  später  in 
derkomOdie  sich  die  künstlerisch  vollendete  form  gestaltet  hat,  schon 
nur  zeit  der  schlacht  von  Marathon  in  Athen  wirksam  und  lebendiff 
*ir.  ich  erinnere  nur  an  den  Proxenides  aus  Prahlenheim  (6 
Koimoccuc  in  Aristophanes  Vögeln  1126),  den  Lamachos  6  Top* 
Tttcou  Ach«  1131,  an  Aiövucoc  ulöc  Cra^vicu  und  so  viele  andere, 
freüieh  mnss  ich  mir  da  sogleich  selbst  den  ein wurf  machen :  aber 
Herodot  hat  doch  offenbar  dies  'CiriZflXoc  6  KoiMpoTÖpcuj  ganz  ernst 
genommen,  ohne  allen  verdacht  einer  Spötterei  1  das  ist  gewis  wahr, 
cnd  na  eine  verhaltene  schalkheit  ist  in  seiner  erzählung  von  dieser 
Blindheit  des  Epizelos  gewis  nicht  zu  denken,   aber  das  läszt  sich,. 


448  HMailer-Strfibing:  zur  schlacht  von  Marathon. 

sollte  ich  meinen,  gar  wol  aas  seiner  individualitftt  erklären.*  wenn 
es  ihm  auch  sonst  keineswegs  an  humor,  an  der  f&higkeit  spasz  zu 
verstehen  fehlt ,  wenn  er  auch  sonst  *im  allgemeinen  die  Überliefe- 
rung mit  vorsieht ,  mit  Unbefangenheit  und  nttditemem  urteil  be- 
handelt' (Weeklein  s.  245),  so  spielt  diese  geschiehte  doch  auf  einem 
gebiet,  das  er  nie  ohne  eine  gewisse  scheue  befangenheit  betritt,  und 
auf  dem  er  nach  seiner  ganzen  individualität  am  wenigsten  geeignet 
war  den  spott  anderer,  der  ihm  als  frivol  erschienen  wftre,  zu  wit- 
tern; wie  er  denn  in  der  vertrauensfrohen  gemOtseinfalt,  in  der 
grundehrlichen  treuherzigkeit  seiner  natur  öfters  in  den  fall  kommt 
gewisse  dinge  ganz  arglos  hinzunehmen ,  die  anders  geartete  Zeitge- 
nossen ,  sein  bttrbeisziger  rival  Thukjdides  zb. ,  dessen  bildnis  man 
es  ansiebt,  wie  A  Michaelis  sagt,  'dasz  kaum  je  ein  iScheln  das  strenge 
antlitz  erheitern  konnte'  (der  arme  schelm),  mit  sarkastischer  Über- 
legenheit zurückgewiesen  haben  würden. 

Und  da  ich  dies  wort  rival  einmal  ausgesprochen  habe,  so  will 
ich  noch  hinzufügen,  dasz  ich  meine  Ittngst  gehegte  Vermutung,  Thu- 
kjdides habe  bei  seiner  Charakteristik  des  Themistokles  1 138  oUciq 
fäp  Euv^cei  Kai  oöt€  Trpojüiaeüiv  de  auTf|V  oöbiv  ofrrc  diri^aOÜJV 
TOI V  T6  TrapaxpnjLia  bi  *  dXaxicxric  ßouXnc  Kpäricroc  yviÖMuiv  xai  Turv 
^eXXövTUiV  inX  nXeicTOV  toO  T^viicopdvou  dpiCTOC  eiicacnic  die  er- 
ztthlung  Herodots  von  dem  folgenschweren  rath  des  Mnesiphilos  in 
der  nacht  vor  der  schlacht  von  Salamis  (Her.  Yin  57)  im  äuge  ge- 
habt und  bekämpft,  mit  groszer  genugthuung  auch  von  Wecklein 
s.  301  geteilt  und  dadurch  fttr  mich  gewissermaszen  bestätigt  finde. 
die  stelle  hat  bekanntlich  und  selbstverständlich  den  auslegem  grosi^ 
mühe  gemacht,  und  Wecklein  weist  bei  den  werten  oCt€  irpOModiLv 
.  .  oöre  dirtpaOuiv  auf  'die  Vorstellung  von  Prometheus  und  Epime- 
theus'  hin.  ob  damit  viel  gewonnen  ist,  weisz  ich  nicht;  aber  d&^ 
weisz  ich ,  glaube  es  wenigstens  bemerkt  zu  haben,  dasz  Thukjdidei 
noch  an  andern  stellen^  wo  er  Herodot  im  äuge  hat  (and  sie  sine 
häufiger  als  man  gewöhnlich  annimt)  ein  ganz  ähnliches  stilregister 
anzieht,  das  ich  nicht  gleich  kurz  und  treffend  zu  charakterisieren 
weisz  —  aber  die  vox  humana  ist  es  nicht. 


^  sollte  nicht  auch  der  name  des  Strategen  Ctt^cUcuic  6  dpacvAcu; 
ein  solcher  redender  name  sein?  sehr  passend  gewählt:  denn  gewis  ;:»-■ 
es  einen  moment  in  der  schlacht,  als  die  Athener  ^c  tiP|v  lACCÖxaiav  ver- 
folgt wurden,  wo  es  mühe  genag  gekostet  haben  mag  das  volk  sani 
stehen  zu  bringen,  gewis  gab  es  in  Attika  neben  der  kanstpoesxc 
wie  sie  von  einem  Simonides  na.  gepflegt  wnrde,  aach  eine  echte  volks* 
und  bauernpoesie,  und  ans  der  könnten  diese  sonst  meines  witsess  m 
Athen  nicht  weiter  vorkommenden  namen  herstammen;  nnd  auch  soD«t 
noch  andere  züge  der  Überlieferung,  zb.  die  ganze  geschiehte  von  d«:n 
AaKKÖirXouToc,  von  dem  mitschwimmenden  hnnde  des  Xanthippos,  selb«: 
von  der  flucht  der  Korinther  bei  Salamis  and  der  erseheinoDg:  de: 
Athene  na. 

London.  Hebmann  Müx<ler-Strübino. 


ChHerwig:  %at  responsionsfrage  bei  Aischylos.  449 

68. 

ZÜB  RESPONSIONSPRAGE  BEI  AI8CHYL0S. 


Die  kurze  anapftstenreihe;  mit  welcher  der  ohor  im  Agamem- 
non V.  1331 — 1343  (Ddf.)  unmittelbar  nach  Eassandras  eintreten 
in  den  palast  und  in  dem  augenblick  der  katastrophe  dem  nieder- 
drfickenden  geftlhl  woite  gibt,  welches  Eassandras  enthüllungen  in 
üim  henrorgerofen  haben,  ist  von  den  Verfechtern  der  unbedingten 
raponsion  der  anapästischen  Systeme  nicht  ohne  die  freieste  behand- 
loag  des  überlieferten  in  antistrophische  formen  gebracht  worden. 
to  wenig  es  sich  leugnen  l&szt,  dasz  das  princip  der  Symmetrie  der 
Aisehylischen  kritik  die  fruchtbarsten  anregungen  gegeben  hat,  wird 
nsD  doch  ebenso  wenig  das  bedürfnis  einer  strengen  begrenzung 
des  in  seiner  allgemeinheit  willkürlichen  princips  ablehnen  wollen. 
t«n8chen  wir  uns  nicht,  so  liegt  in  den  bezeichneten  anapttsten  eine 
«UDihme  von  der  regel  vor  —  und  zwar  eine  solche  die,  um  einen 
gewöhnlichen  ausdruck  zu  gebrauchen,  wiederum  zur  bestfitigung  der 
regel  dient 

Kecks  kritik  dieser  stelle  ergibt  ein  doppelpaar  von  antistrophi- 
Mhen  Systemen  nach  dem  Schema  a  b  a  b.  danach  erhalten  die  verse 
folgende  gestalt: 

TÖ  }xiy  €d  irpdccciv  dicöpecTOV  £q)u 

iraci  ßpoTOiciv  * 

boKTuXobeiKTUJV  b*  oCtic  dTremujv 

e(pT€i  McXdOpujv, 

*pir\KlT*  dc^Oijc»  Tdb€  qpujvuuv. 

Kai  Ti^be  iröXiv  im^v  ^Xciv  fbocav 
^dxapcc  TTptdjiOu  * 
OcÖTiiioc  b*  olKob'  iKdvci. 

vOv  b*  el  TTpoT^puiv  al|Li'  diroTlcai 

<c(paTiuiV  CTUT€piuv> 

xai  iraid  OavoOci  Oavujv  dXXuiv 

noivdc  ftavdTwv 

<TpiTdT?iv>  äTT]V  ^iriKpdvai  • 

Tic  dv  ileilaxTO  ßpoTd»v  dcivet 

<tAoc  de  eavdTou> 

boi^ovi  (pGvai,  Tdb'  dKoöuiv; 
<^  bedeutende  einschiebungen  geht  es  also  nicht  zu.  ihre  berech- 
^ong  gemftsz  dem  responsionsgesetz  vorläufig  zugegeben  fordert 
^  resultat  doch  zu  entschiedenem  widersprudi  auf.  offenbar  liegt 
^  aekwerpunct  von  Eecks  argumentation  in  der  auffassung  des 
^tten  Systems,  er  gibt  den  gedanken  desselben  in  folgenden  wor* 
^:  ^wenn  Agamemnon,  den  geopferten  kindem  zum  Opfer  fallend, 
^oreh  selber  wieder  anderes  blutvergieszen  hervorriefe'  (s.  424  f.). 
^  za  dieser  erklSrung  die  überlieferten  werte 

Ar  eUsft.  phUol.  1S79  hft.  7.  29 


450  Ch Herwig:  zvlt  responsioiiBfrage  bei  AiscbyloB. 

vOv  b*  €1  irpoT^piüv  al^'  diroTicei 

xai  ToTci  OavoGci  Oaviuv  äXXuiv 

TTOivdc  OavoTixiv  (äxav)  diriKpävei 
kein  recht  geben,  zeigt  der  scbluszsatz.  schon  Weil  in  diesen  jsfarb. 
1863  8.  389  ff.  bemerkte  fein,  dasz  der  chor  hier  ebenso  wenig  an 
Ipbigeneias  Opferung  denken  könne  wie  an  die  verdiente  strafe 
welche  die  mörder  Agamemnons  als  Tpirdtii  ärt]  treffen  soll,  letx- 
tere  beziehnng  ist  ästhetisch  unmöglich,  weil  hier,  im  augenblick  der 
katastrophe,  nur  das  furchtbare  Schicksal  Agamemnons  in  belracbt 
gezogen  werden  kann,  das  beweist  der  schlnszsatz:  'wer  rühmte 
sich  dann  von  den  sterblichen  wol  zu  leidlosem  geschick  geboren  zn 
sein  ?*  wie  passte  eine  solche  folgerung  zu  der  Voraussetzung :  ^wenn 
Agamemnon  für  fremde  blutschuld  fallen  und  selbst  wieder  neue 
blutthat  wachrufen  soll'  ?  im  angesicht  der  katastrophe  steht  Aga- 
memnon nur  noch  als  das  bedauernswerte  opfer  fremder  schuld 
da,  selbst  die  erinnerung  an  sein  eignes  vergehen,  die  Opferung 
der  tochter  'dem  rachezug  zur  fördrung,  schiffen  zur  hafterlösung^ 
(v.  226),  die  doch  im  ersten  act  so  scharfen  ausdruck  erhielt,  wird 
nun  gänzlich  bei  seite  gelassen ,  um  den  fall  des  beiden  als  furcht- 
bare Schicksalsfügung  dem  herzen  des  Zuschauers  menschlich  nSher 
zu  bringen,  der  prospect  auf  Elytaimnestras  und  Aigisthos  wolver- 
diente  strafe  würde  hier,  wo  der  chor  nur  die  niederdrückende  cön> 
Sequenz  für  jedes  vermeintliche  erdenglück  zieht,  geradezu  verwirren 
und  der  absieht  der  ganzen  betrachtung  entgegenwirken. 

Ist  diese  anschauung  die  richtige,  so  ergibt  sich  eine  der  Eeck- 
schen  entgegengesetzte  kritik.  die  Überlieferung  des  dritten  sjstem^ 
leidet  nicht  an  lücken,  sondern  an  glossemen.  es  wiederholen  siü 
die  ausdrücke  OavoOci  Oavüjv  OavdTUiv  so  auffallend,  und  derge 
danke  zergeht  in  eine  solche  Weitschweifigkeit  des  ausdrucks ,  d^< 
die  annähme  erklärender  einschiebsei  von  vom  herein  die  wahrscbein* 
lichkeit  ftLr  sich  hat.  halten  wir  fest  dasz  der  fall  Agamemnons  hier 
nur  als  sühne  fremder  blutschuld  aufgefaszt  werden  soll  und  d&>/ 
die  Worte  vOv  h'  €i  TrpOT^puiv  alji'  dTTOTicet  diese  auffassung  noch 
nicht  klar  genug  ausdrücken ,  so  folgt  dasz  der  angefügte  satz  kqi 
TOict  OavoOci  usw.  lediglich  eine  coordinierte  alsftlhrung  jener  wortt 
ist.  er  soll  die  bedeutung  von  TrpoT^puiV  als  gen.  subj.  klarlegen, 
weiter  werden  wir  dann  aber  in  den  werten  xai  ToTci  Gavoüa  osw. 
einen  bezug  auf  das  unbestimmte  irpOT^puiV  suchen  müssen,  dieser 
scheint  sich  in  ToTci  zu  finden  und  auszerdem  durch  dXXuiv  herv-  r- 
gehoben  zu  sein,  consequenterweise  wird  dann  OavoOci  als  glossen. 
zu  TOici  getilgt  werden  müssen  und  ebenso  Oavdrujv  als  erklämn^^ 
zu  dXXuiV  zu  entfernen  sein,  es  fragt  sich  nun  noch,  wie  wir  uc- 
dem  räthselhaffcen  djav,  welches  nur  der  Farn,  überliefert,  g*  --n- 
über  zu  verhalten  haben,  bedenklich  ist  Eecks  daraus  hergestei/-^ 
dniv,  da  die  dorische  form  drav  in  diesen  anapästen  doch  sehr  au: 
fallend  sein  würde,  nehmen  wir  aber  mit  Keck  der  freilich  anrüci:: 
gen  autorität  des  Farn,  folgend  iroivac  als  glossem  zn  dem  in  dt^ 


ChHerwig :  snr  responsionsfrage  bei  Aischylos.  451 

TOtkrbeaen  substantiyum  an»  so  nötigt  die  plaralform  iroivac,  nicht 
dniv  sondern  ftrac  zn  schreiben,  eine  änderung  die  der  erstem  ttaszer- 
Hdi  doch  wol  vorzosiehen  sein  mOchte.  allerdings  scheint  mir  fiT<xv 
tuf  keine  andere  weise  erklSri  werden  zu  kOnnen  —  man  müste  es 
denn  als  flickwort  znr  herstellnng  der  YoUen  dipodie  aufTassen  —  als 
so  dasz  es  das  corrumpierte,  durch  iroivdtc  verdrängte  object  zu  diri- 
Kpovci  ist.  indes  würde  es  an  anserm  resnltat  nichts  &ndem,  wenn 
ntn  dem  Flor,  und  Yen.  folgen  nnd  Trotv&c  beibehalten  wollte. 
Das  ergebnis  dieser  erwägung  ist,  dasz  wir  in  den  Worten 

vCv  5'  ei  irpoT^uiV  aTjii*  diTOT{c€i 

xal  Toict  Oavuiv 

fiXXuJV  drac  ^TrixpoveT 
ein  dem  vorhergehenden  genau  entsprechendes  System  vor  uns  haben. 
es  erübrigt  nur  noch,  Eecks  treffliche  emendationen  dTTOticai  und 
imKpdvai  an  stelle  der  zum  teil  metrisch  fehlerhaften  (dTTiKp&vei) 
und  der  bedeutung  nach  anstöszigen  (vgl.  Keck  s.  424)  futura  und 
im  xweiten  System  statt  0€OTijLiiiTOc  das  von  Weil  vorgeschlagene 
OeÖTifioc  einzusetzen,  den  artikel  mit  demonstrativer  kraft  finden 
wir  bei  Aischylos  noch  sehr  hftufig:  vgl.  Prom.  234  xal  ToTciv  oöbek 
ävT^ßaiv€  irXfiv  ijiioO  (Ddf.  TOiclb*),  Sieben  197  dvf|p  yvvi\  T€  x^  *" 
Tunr  ^craixM^ov,  Hik.  358  rdiv  tdp  ou  bevcax  iröXic,  Eum.  174  Kajiioi 
T€  Xuirpoc  Kai  töv  ouk  ^KXuccTai.  wir  gelangten  also  zu  einer  re- 
ipottsion  nach  dem  Schema  a  b  b  a  und  würden  allerdings ,  um  sie 
durchzuführen ,  das  vierte  System  noch  weit  gewaltsamer  durch  ein- 
schiebsel  umgestalten  müssen  als  es  Keck  mit  dem  dritten  gethan  hat. 
Allein  hier  hOrt  die  responsion  auf,  weil  sie,  streng  durchge- 
ftlut,  dem  dichter  einen  der  gewaltigsten  effecte  rauben  würde. 
Tergegenwftrtigen  wir  uns  die  Situation,  eben  ist  Eassandra  in  den 
paust  getreten  und  hat  chor  und  Zuschauer  in  der  erregtesten  span- 
umg  zurückgelassen,  jetzt  musz  es  eintreten,  das  furchtbare,  wenn 
ttdos  der  mund  der  Seherin  wahres  verkündete,  wenn  die  bange 
afanong  die  greise  nicht  trog,  diese,  von  den  schlimmsten  befdrch- 
vagat  gequftlt,  verlassen,  wie  die  anapftste  zeigen,  ihren  bisherigen 
pUU  und  sind  im  begriff  entweder  zum  schütz  des  geliebten  herm 
den  palaste  sich  zu  nähern  oder,  was  noch  wahrscheinlicher  ist,  in 
dem  bewustsein  hier  machtlos  und  überflüssig  zu  sein,  den  platz  vor 
der  bürg  zu  verlassen  und  sich  nach  hause  zu  begeben,  doch  mitten 
31  Strom  der  rede  stocken  zunge  und  schritt :  denn  plötzlich  ertönt 
tzi  dem  innem  der  bürg  der  wehruf  des  tOtlich  getroffenen:  i&^ot, 
cMTn>iat  xaiptov  TrXnT^v  fcui.  es  ist  offenbar,  dieser  ruf  unter- 
cheht  die  letzten  betrachtungen  des  chors,  das  lassen  schon  seine 
▼orte  crfO'  Tic  TrXrn^v  dürcT  Kmpiuic  ouracM^voc;  vermuten,  der 
mte  schrei  des  verwundeten  stürt  die  greise  in  der  begonnenen  ge- 
iiakeoreihe;  er  trifft  sie  so  plötzlich,  dasz  die  stimme  nicht  sogleich 
crkaint  wird  und  noch  ein  zweiter  ausruf  notwendig  ist,  den  greisen 
die  gsBie  Wahrheit  zu  enthüllen :  ToCptov  €tpTdc6ai  bOKCi  ^oi  ßact- 
Uuic  oiiituTMon.    erst  jetzt  beginnen  sie  eiliges  Schrittes  sich  zu* 


452  ChHerwig:  zur  reepoiiBionsfirage  bei  Aischjlot. 

rttck  zu  wenden  und  sich  dicht  vor  dem  palast  in  der  stellimg,  in 
welcher  sie  Klytaimnestra  trifft,  zu  ordnen,  alles  das  ist  das  werk 
eines  angenblicks. 

Kehren  wir  nun  zu  anserm  vierten  System  znrflck: 

Tic  fiv  eSEoiTO  ßpoTtuv  dctvct 
öaiMOVi  (pOvai  Tdb'  dxouuiv; 
zunächst  ist  der  erste  vers  metrisch  unvollständig.  Aber  die  Yorni- 
nehmende  emendation  kann  man  zweifelhaft  sein,  da  der  spiehsom 
sehr  frei  ist  am  gefälligsten  ist  das  von  Ahrens  vorgeschlagene 
Tic  ttgt'  fiv  eCEaiTO  ßpordiv  dcivci,  oder  es  liesze  sich  vermuten: 
TTUüc  TIC  fiv  eüiaxTO  ßpoiuiv  dcivei.  aber  auch  der  zweite  vers  scheint 
noch  einer  änderung  bedürftig,  es  ist  offenbar,  dasz  die  werte  ric 
1T0T*  &v  eCEaiTO  ßpoTuDv  dcivcT  |  batjucvi  q>Ovat  den  geforderten 
gedanken  vollständig  ausdrücken,  ebenso  ist  es  wol  einleuchtend, 
dasz  die  worte  Tdb*  dxouuiv  am  ende  schwächlich  nachhinken,  ganz 
anders  wird  ihre  bedeutung  und  Wirkung,  wenn  wir  sie  als  anfangs- 
Worte  eines  zweiten  satzes  nehmen,  der  den  ersten  ausführen  sollte. 
schreiben  wir  mit  einem  leicht  einzufügenden  xa\: 

t(c  ttot'  Sv  cöEaiTO  ßpoTiöv  dcivei 

baijiovi  q)uvai  xai  rdb*  dxouuiv  — 
so  erhält  dxouuiV  eine  in  ihrer  einfachheit  groszartig  wirkende  be« 
Ziehung  zu  dem  unmittelbar  einfallenden  djjiGi,  it^ttXt)TM<^i  KOipiav 
irXriffiv  £cui.  indem  rdb'  dxouuiv  urplötzlich  ein  grell  auflenchten- 
des  licht  durch  Agamemnons  todesschrei  erhält,  gelingt  es  dem  dicb- 
ter,  eine  ebenso  urplötzlich  erschütternde  und  packende  Wirkung  auf 
den  Zuschauer  zu  erzielen,  eine  Wirkung  die  sich  auch  in  dem  einen 
augenblick  vor  schreck  festgewurzelten ,  dann  gespannt  horchenden 
und  endlich  in  aufgelösten  reihen  dem  palast  zueilenden  eher  ab- 
spiegelt. 

So  hätten  wir  denn  zwar  responsion,  aber  eine  durch  höberc 
gewalt  unterbrochene,  und  würden  die  anapäste  in  folgender  form 
aus  der  Überlieferung  lösen : 

cucT.  a  TÖ  jLi^v  eO  irpdccciv  dxöpccrov  £q>u 

TTÖCl  ßpOTOlClV  baXTUXob€(xTUIV  5* 

oiiTic  dTremdiv  cTpyci  jiicXdGpuiv, 

♦jLHix^T*  dc^XOgc»,  Tdb€  qiuivuiv. 
CUCT.  ß  xal  T(|ib€  TTÖXiv  jiiv  ^XeTv  fbocav 

^dxapcc  TTpid^ou  * 
^  OeÖTi^oc  b  *  olxdb '  \xdv€i. 
euer,  ß'  vuv  b  *  d  TTpOT^puiv  aI^ '  dTroricm 

xai  Toici  Gavibv 

dXXuiv  dTQC  ^Trixpdvat, 
euer,  a  TIC  ttot  *  öv  cöEaiTO  ßpoTuiv  dciv€i 

baiMOVi  qiuvai  xal  Tdb'  dxouuiv  — 
Ar.  dj^ot,  TT^TrXriTjiai  xaiptov  TrXiiTf|v  £cui. 
Elbbbteld.  Cbbistian  Hbbwig. 


FKern:  za  Sophokles  Antigone.  453 

59. 

ZU  SOPHOKLES  ANTIGONE. 


23  '£T€OKX^a  jüi^v,  tbc  X^rovci,  cvv  biicq 
XPiicOeic  bwalq,  xai  vö|yu)i,  xarä  x^vöc 

weil  das  die  X^ouct  mit  £Kpintf€  nicht  rerbanden  werden  kann,  auch 
zu  fpqicßelc  es  zn  beliehen  anpassend  ist,  da  Antigone  in  ihrer  billi- 
gsag der  beatattung  dea  Eteokles  sich  gewis  nicht  auf  die  rede  der 
laute  m  bemfen  braucht,  weil  femer  die  Verbindung  von  cuv  bbcq 
mit  xpncdcic  einen  bis  jetzt  weder  durch  plausible  conjectnr  noch 
durch  erklftrung  beseitigten  anstosz  gibt,  so  scheint  es  mir  nicht  un- 
Bdgheh,  daaz  hinter  v.  23  ein  vers  ausgefallen  ist,  der.  das  enthalten 
kit»  was  Antigone  nicht  durch  eigne  tlberzeugung,  sondern  durch  die 
meamng  der  menschen  begründen  will,  nemlich  das  recht  des  Eteo- 
kles gßgen  Polyneikes,  also  was  Kreon  t.  194  als  seine  eigne  über- 
zeagong  nnd  —  wir  mtlssen  es  annehmen,  da  in  dem  drama  Ton 
keiner  seite  widersprochen  wird  —  als  Voraussetzung  des  dichtere 
«uquicht.  in  ▼•  24  würde  nach  dieser  annähme  dann  ursprünglich 
gestanden  haben  btxij  T€  und  dies  erst  nach  der  Verstümmelung,  um 
den  tezt  einigermaszen  lesbar  zu  machen,  in  bixaiqi  verwandelt  sein, 
den  aosge&llenen  vers  mit  einiger  probabilität  wiederherzustellen 
wire  natürlich  ein  müsziges  spiel  des  witzes;  nur  so  viel  kOnnte  man 
Tenraten,  dasz  er  mit  irgend  einem  dem  xpil^Oek  ähnlichen  worte, 
etwa  xp^ovra  (oder  XPHCTöv)  angefangen  und  zum  inhalt  gehabt 
kabe:  'dir  seine  herschi^t  gegen  die  vaterlandsfeinde  schützen  wollte.' 
uf  einen  vers  dieses  inhalta  scheint  aber  in  der  that  das  die  X^tovci 
in  Verbindung  mit  cvv  bbaji  hinzuweisen,  auf  einen  vers  der  den 
gogensats  bildet  zu  dem  folgenden  dOXiuic  OavövTCU  die  entsohei- 
doBg  über  recht  oder  unrecht  der  beiden  brüder  lehnt  Antigone  hier 
ebeuo  ab  wie  nachher  in  v.  521  rlc  olbcv,  ei  K(Srru)0€V  eöcni)  rdbe; 
m  ist  dieselbe  gesinnung,  welche  der  halbchor  in  Aischylos  Sieben 
1052  IL  ansapricht 

Aber  auch  wenn  hier  kein  vers  ausgefallen  ist  und  so  die  ver- 
Vkdiing  von  Mkq  mit  bticaiqi  als  eine  des  besondem  nachdrucks 
wegen  absichtlich  gewühlte  erscheint,  würde  ich  wegen  des  d)c 
Ufcuo  die  beiden  worte  lieber  auf  Eteokles  als  auf  Kreon  beziehen 
3ad  annehmen,  dasz  damit  die  nach  der  meinung  der  menge  ent- 
seUaden  gerechte  sache  des  Eteokles  bezeichnet  werden  solle,  doch 
ich  sehr  wol  dasz  die  dann  nötige  ftnderung  des  XPn^Ock  in 

passenden  a^jectivischen,  im  accusativ  stehenden  ausdruck  ihre 
groasan  aehwierigkeiten  hat.  gelänge  dies  aber,  so  würde  die  ver- 
UndoBg  von  biiqj  und  biKalq.  gar  nichts  aufUlendes  mehr  haben, 
wenn  man  daran  denkt,  dasz  in  Aischylos  Sieben  627  H.  Poljneikea 
du  bOd  der  Dike  auf  aeinem  achild  als  Wahrzeichen  trägt  und  Eteo- 
Uet,  ala  ihm  daa  von  dem  boten  gemeldet  wird,  dieser  i|f€ubi(ivufioc 


454  FEem:  zu  Sophokles  Antigene. 

A(kti  gegenüber  von  sich  und  seiner  sache  sagt  (654):  Tic  äXXoc 
^aXXov  IvbiKWTcpoc; 

98  dXX*  €l  60K€l  COl,  CT€IX€-  TOÖTO  ö*  \cB\  ÖTl 

ävouc  jLi^v  fpX€i,  TOtc  q>iXotc  b'  öpOuic  q>iXii. 
Wecklein  erklärt  den  zweiten  vers  der  von  Bonitz  gegebenen  inter- 
pretation  folgend  mit  diesen  werten :  'dein  Unverstand  kann  meiner 
schwesterlichen  liebe  keinen  eintrag  thun.'   früher  liesz  man  allge- 
mein die  erklttrung  der  scholien  gelten:  dvorJTUiC  )li^v  koI  qptXoKiv- 
buvujc  Trpdrreic,  euvoiKuic  bk  idji  tavövri.  mid  ich  sehe  auch  kei- 
nen ausreichenden  grund  davon  abzugehen,    findet  man  nemlich 
^nach  der  die  aufmerksamkeit  für  die  schluszworte  spannenden  an- 
kündigung  die  äuszerung,  dasz  Antigene  zwar  einHlltig,  aber  gegen 
Polyneikes  liebevoll  ist,  etwas  matt' :  so  liegt  der  anstosz  wol  mehr 
in  der  Übersetzung  als  im  griechischen  text   ävouc  kann  hier  doch 
nicht  den  Vorwurf  der  einfalt,  der  verstandesschwSche  enthalten: 
denn  die  bedenklichen  folgen  ihrer  that  sieht  Antigone  ebenso  gut 
ein  wie  ihre  Schwester;  aber  sie  handelt  thOricht,  von  leidenscbafc 
verblendet,  weil  sie  unbekümmert  um  die  gefahr  (<piXoKivbuvu)c) 
Kreons  willen  entgegentritt;  und  die  Übersetzung  'liebevoll'  gibt 
das  energischere  öp9u)C  q>iXri  nicht  wieder,   übersetzt  man  aber  die 
Worte  genau :  'als  th6rin  gehst  du ,  aber  deine  lieben  wahrhaft  lie- 
bend', so  schwindet  nach  meinem  gefühl  wenigstens  alles  matte  aus 
den  Worten,    aber  auch  mit  Ismenes  gesinnung  sollen  die  wort« 
nicht  'im  einklang  sein,  da  Ismene  überzeugt  sei  dasz  sie  selbst  üiren 
bruder  nicht  minder  liebe  als  Antigone ;  wenn  sie  nicht  gleiches  thue, 
so  werde  der  bruder  in  dieser  unthfttigkeit  die  folgen  der  gewalt  die 
sie  leidet,  nicht  den  mangel  der  liebevollen  gesinnung  erkennen 
(v.  67  ff.).'    dem  gegenüber  will  mir^doch  scheinen  dasz  eine  hebe, 
welche  der  gewalt  und  der  gefahr  trotzt  und  den  tod  nicht  scheut, 
mächtiger  ist  und  wol  von  dem  bewundert  werden  kann,  in  welchem 
dieselbe  gesinnung  nicht  zum  rücksichtslosen  entschlosz  wird,  denn 
wie  edel  und  weiblich  Ismenes  Charakter  auch  immer  ist,  die  scbea 
vor  unweiblichem  hervortreten  und  die  achtung  vor  dem  gesetz 
allein  ist  es  doch  nicht  was  sie  zurückhält,  es  wirkt  doch  aadi  mit 
der  gedanke,  dasz  eine  heimliche  bestattung,  an  die  sie  ja  nmftchst 
nur  denkt ,  sehr  geringe  oder  keine  aussieht  auf  erfolg  habe  (t.  ^^ 
u.  99),  sondern  ein  d^ifjxavov  sei:  denn  an  die  rücksiohtelose  energie, 
mit  der  Antigone  nachher  wirklich  die  den  schatten  des  bmders  er- 
lösende that  vollführt,  denkt  Ismene  zunächst  gar  nicht,  wenn  aucb 
Antigone  schon  v.  72  auf  die  mOglichkeit  ihres  todes  hingewiesen 
hat.  erst  als  die  Schwester  das  gespräch  über  gef&hrlichkeitund  Un- 
möglichkeit der  that  damit  abbricht,  dasz  sie  unverhüllt  erklärt  gaf 
keine  gefahr  zu  fürchten,  und  sich  bereit  zeigt  die  pietätsvoUe  that 
auf  kosten  ihres  eignen  lebens  möglich  zu  machen ,  sagt  Ismene  die 
Worte,  durch  welche  sie  ihre  Schwester  thOrichter  Verblendung  zeibt 
und  zugleich  deren  hochherzigen  todesmutigen  sinn  bewundert,  den 
sie  in  sich  selber  nicht  findet.    Antigone  hat  doch  nicht  unrecht, 


FKern:  zu  Sophokles  Antigone.  455 

vonn  sie  nachher  v.  543  ihre  Schwester  mit  rttcksieht  auf  Poljneikes 
ab  eine  XÖTOic  q>iXoOcav  bezeichnet,  alle  edle  gesinnung,  alles 
beten  um  yerzeihung  sind  doch  eben  nur  Vorgänge  in  ihrer  seele, 
die  dem  Polyneikes  nichts  helfen,  mOgen  sie  auch  in  ihrer  qualität 
desen  der  Antigone  yoUkommen  gleichartig  sein,  so  dasz  sie  auf 
diese  dppffroi  X6toi  hin  sich  v.  558  mit  sittlichem  feingeftQil  als 
gleich  schuldig  bezeichnen  kann,  intensiver  (ob  auch  dem  weihe  ge- 
aemender,  bleibt  hier  auszer  betracht)  ist  jedenfalls  die  liebe  die 
rar  sofopfenmgsvollen  that  wird,  und  nur  dieser  durch  thaten  sich 
nigenden  liebe  gilt  ja  Ismenes  wort:  denn  öpOiI^c  q>(Xii  ist  eben  so 
wenig  wie  dvouc  allgemeine  Charakteristik,  sondern  eine  in  dem 
thon  der  Antigone  (dem  £px€c6ai)  sich  zeigende  eigenschaft.  dieser 
lollt  die  edle,  wol  zum  leiden  ftlr  ihre  Überzeugung,  aber  nicht  zum 
gefiüirlichen  thun  entschlossene  Schwester  in  dem  letzten  werte,  das 
sie  der  forteilenden  nachruft,  deren  hochherzigen  sinn  sie  eben  erst 
Toll  imd  ganz  kennen  gelernt  hat,  dieselbe  bewunder ung,  die  sich 
durch  ihr  verhalten  im  zweiten  epeisodion  noch  deutlicher  kundgibt. 

Also  mit  Ismenes  gesinnung  scheinen  mir  die  werte,  auch  wenn 
mtn  sie  in  der  früher  üblichen  weise  erklärt,  durchaus  in  einklang 
n  sein,  auch  das  etwaige  gramnuktische  bedenken,  dasz  q>iXoc  mit 
dem  dativ  häufiger  in  passivem  sinne  gebraucht  wird,  kann  die  er- 
Uinmg  nicht  hindern,  denn  der  dativ  ist  doch  auch  bei  dieser  be- 
devtung  oft  genug  nachweisbar;  und  Härtung  durfte  zu  Find.  Pj. 
3,  7  sieht  die  regel  aufstellen,  dvbpdci  q)iXoc  heisze  den  menschen 
M),  dvbpuiv  q>(Xoc  die  menschen  liebend  oder  menschenfreundlich. 
Bomti  verweist  mit  recht  auf  den  Platonischen  Lysis,  ans  dem  her- 
Toigehe,  wie  sehr  in  qpiXoc  die  beiden  bedentungen  ^geliebt'  und 
'Uebead*  Terschmolzen  sind;  aus  demselben  dialog  entnehme  ich  zu- 
gUch  den  beweis  dafür ,  dasz  es  gar  nichts  ansUfeziges  hat  q>iXoc 
Bit  dem  dativ  in  aotivem  sinne  zu  verstehen,  so  215''  töv  fäp 
^tffjfta  Ti|»  nXoucitfi  ävcrricdZecOai  q>(Xov  elvat  xal  töv  äcO€vf|  ti}» 
kxvpi^  Tf|c  ^irtKOupiac  Ivckc,  kqI  töv  KdMVOVTa  ti|>  laTpiJ)*  xai 
v&vra  bi\  TÖV  jii\  db&ia  dtairfiv  töv  eibÖTC  kqI  q>iX€iv.  noch  entr 
•leidender  für  die  mOglichkeit  der  alten  intexpretation  (allerdings 
>ber  sieht  entscheidend  für  die  notwendigkeit,  dieBonitz  mit  guten 
grfiaden  zurückgewiesen  hat)  ist  die  Enripidesstelle  (Iph.  T.  597) 
i  U)^*  dpicTov,  &K  dir'  €dT€voOc  Tivöc  p\lr\c  n^qpuKac,  toic  q>(- 
^t'  öpMk  qrfXoc.  ebenso  meine  ich  mit  Bonitz,  dasz  der  plural 
TOB  fiXoc  durchaus  nicht  hindern  kann  das  wort  auf  Ismene  ebenso 
fot  wie  aof  Polyneikes  zu  beziehen;  doch  dasz  man  die  anwendung 
^  TeraDgemeinemden  pluralis  in  jenem  falle  ^in  diesem  zusammen- 
haige nnr  als  einen  zng  von  Zartheit  betrachten  könne',  will  mir 
aidit  einleoehten. 

Dnrdi  das  bisher  entwickelte  ist  nnr  die  Unbedenklichkeit  der 
^Hen  erklämng  bewiesen,  die  notwendigkeit  derselben  scheint  mir 
^viiis  ZQ  erheUen,  dasz  Ismene,  welche  für  die  Unterlassung  der 
^^•iittimg  Verzeihung  von  den  unterirdischen  erbitten  will|  die  that 


456  FEem:  zu  Sophokles  Antigene. 

selbst  also  durchaus  billigt  (vgl.  556.  558),  nur  den  versuch  der- 
selben als  ungehörig  für  ein  mttdchen,  weil  unausführbar  (v.  90)  er- 
klärt, nicht  durch  die  thorheit,  die  in  diesem  nach  ihrer  meinuBg 
Tergeblichen  versuch  liegt,  in  ihrer  liebe  zur  Schwester  irgendwie 
wankend  gemacht  werden  kann,  dieser  Unverstand  kann  ihrer  liebe 
gar  keinen  eintrag  thun,  und  es  ist  unnötig,  ja  störend  das  erst  noch 
zu  versichern,  etwas  anderes  wäre  es ,  wenn  man  in  dvouc  einen 
tadel  der  kränkenden  worte  der  Antigene  denken  will,  das  kann 
aber  wegen  der  Verbindung  mit  £pX€i  nicht  ohne  zwang  geschehen, 
und  femer  stimmt  auch  der  darauf  gegründete  vorwarf  der  thor- 
heit nicht  mit  der  art,  wie  sie  schon  vorher  (v.  82)  und  nachher 
(v.  550)  beleidigende  worte  der  Schwester  aufhimt.  auch  wfirde 
man  dann  statt  des  öpGoic  oder  doch  daneben  eine  bestimmung  wie 
'nach  wie  vor*  erwarten,  demnach  bleibe  ich  bei  der  aoffassong, 
die  sich  schon  seit  alter  zeit  den  lesem  der  Antigone  unwillkflrlicb 
aufgedrängt  hat:  'du  handelst  thöricht  und  unbesonnen,  da  da  som 
begräbnis  des  bruders  forteilst  und  damit  in  dein  eignes  verderben ; 
aber  die  moüve  zu  deinem  thun  sind  die  alleredelsten,  nemlich 
selbstlose,  aufopferungsvolle  liebe  zu  dem  toten  bruder.'  und  ich 
finde  es  zweckmäszig  und  schön,  dasz  der  dichter  am  ende  des  pro- 
logs  schon  andeutet,  wie  er  selbst  die  handlung  der  Antigone  sof- 
gefaszt  wissen  will,  nemlich  genau  in  derselben  weise,  wie  er  es 
durch  den  eher  bald  verhüllt  bald  offener  aussprechen  läszt  denn 
auch  die  scheinbar  so  leeren  worte  des  ohors  im  dritten  epeisodioDj 
fiva£,  d  t'  cIköc,  cT  ti  xaipiov  lifei  \  Ma9eTv,  cd  t*  aö  toöb**  cO 
t&p  €{pYiTai  bmXä  haben  doch  wol  den  sinn,  dasz  der  dior  Kreon» 
ansichten  über  die  notwendigkeit  des  gehersams  gegen  die  gesetze 
billigt,  aber  zugleich  die  zurücknähme  seines  todesurteils  wünscht, 
weil  Antigenes  that  doch  im  gründe  ein  fpTOV  euicXc^CTOTOV  sei. 
175  djLirjxavov  bk  iravTÖc  dvbpöc  iKjiiadeiv 

tpiiX^v  T€  Kai  q>pövima  xal  tvuimiiV;  irptv  fiv 
dpxaic  T€  Ka\  vöiioiciv  ^vrpiß^c  qpavq. 
mir  scheint  das  TravTÖc  im  ersten  verse  recht  bedenklich,  jeder 
mann  hat  doch  nicht  gelegenheit  sich  als  wol  bewandert  in  der 
regierung  zu  zeigen,  sondern  unter  vielen  tauaenden  immer  nnr 
6iner.  und  sollte  Kreon  wirklich  sagen  können,  jedes  andern  mannes 
Charakter  bleibe  unerkennbar?  über  keines  mannes  gesinnung  könne 
ein  klares  urteil  gefällt  werden,  bevor  er  in  regierungogasch&fien 
und  in  der  gesetzgebung  sich  erprobt  hat,  dh.  über  venschwisdend 
wenige?  fehlte  das  navTÖc,  so  würde  das  ganz  unbestimmte  dvöpoc 
die  möglichkeit  lassen  den  begriff  in  dem  om&ng  zu  nehmen,  der 
gerade  hier  passend  ist,  während  durch  hinzufügung  von  irovTOC 
der  unbestimmte  umfang  in  störender  weise  als  dermö^chstgrosie, 
kein  Individuum  ausschUeszende  bezeichnet  wird,  und  damit  seinem 
inhalt  auch  das  genommen ,  was  hier  das  wichtigste  ist,  der  som 
herschen  berufene  mann,  mit  andern  werten:  die  hinsafOgattgTon 
TravTÖc  hindert  den  begriff  als  einen  prägnanten  aufzufassen,  wie 


FKern:  za  Sophokles  Antigone.  457 

in  dem  alten  zu  dieser  stelle  oft  oitierten  sprach  dpx^  ävbpa  b€(- 
Kvuci,  dh.  die  herschaft  offenbart  die  volle  mannestttchtigkeit. 

Ffir  den  gedanken  sehr  nahe  liegend  wftre  die  änderung  b* 
dpxovTOC  dvbpöc*  doch  ist  diese  rttcksicht  natürlich  nicht  ans- 
reidiend,  die  ftndening  für  eine  probable  com'ectnr  zu  erklttren.  viel 
nllwr  sdion  käme  dem  überlieferten  irdpiTav  statt  TravTÖc*  doch 
mtehte  ich  es  fUr  das  wahrscheinlichste  halten ,  dasz  orsprttnglich 
geschrieben  war  iravrl  Tdvbpöc.  die  Änderung  ist  eine  verhält* 
niüiilstig  wenig  gewaltsame,  und  es  ist  auch  begreiflich,  dasz  die 
uüeserlich  gewordenen  bnchstaben  durch  übereilte  co^jectnr  des 
sehreibers  des  dabei  stehenden  dvbpöc  wegen  gerade  so  verändert 
and,  wie  wir  sie  heute  lesen,  der  sinn -wäre  dann:  'jeder  lernt 
die  männliche  tttohtigkeit  am  besten  aus  der  regierungsthätigkeit 
kemeiL'  die  Überlieferung  dagegen  gibt  den  unrichtigen  gedanken : 
'mui  leint  jede  männliche  tttohtigkeit  (eigentlich  nur  jeden  mann- 
UdwB  Charakter)  am  besten  aus  der  regierungsthätigkeit  kennen/ 

743  oö  T&p  biicatd  c*  iEajiiapTdvovd '  öpui. 
ich  mochte  nicht  zweifeln,  dasz  Sophokles  geschrieben  hat  oö  -xäp 
bimi',  ä  c'  ^iiaprdvovO'  öpiD.  eine  änderung  des  überlieferten 
ist  mein  verschlag  kaum,  ebenso  wenig  wie  wenn  in  dem  vorauf- 
gebeaden  verse  statt  des  in  La  stehenden  btabiicnc  jetzt  überall 
gelesen  wird  bid  biiqQC.  ja  ich  glaube  dasz,  wenn  die  ersten  hgg. 
den  Ters  sO;  wie  ich  es  für  das  natürlichste  halte,  gleich  ala  zwei 
litze  iofgefaszt  hätten,  kein  mensch  später  auf  den  gedanken  ge- 
kämmen  wäre,  daraus  den  öinen  satz,  wie  wir  ihn  jetzt  lesen,  zu 
bilden,  nun  meine  ich  keineswegs,  daez  die  vulgata  etwas  sprach- 
widx:^  oder  ungereimtes  enthalte;  sonst  wäre  die  stelle  schon 
Uogst  emendiert  worden;  aber  wenn,  wie  hier,  die  Überlieferung 
zviechcn  zwei  teztesconstitationen  beinahe  geradezu  wählen  läszt, 
M  sehe  ich  doch  die  vor,  in  welcher  die  angemessenere  ausdrucks- 
wciie  erscheint,  in  der  vulgata  nemlich  mit  dem  nachdrücklichen 
oad  nachdrücklich  vorangestellten  oi  bUata  (statt  d6iKa)  sieht  es  aus, 
«k  wenn  Haimon  die  m<(glichkeit  eines  vergebens  auf  einem  andern 
gebiet  ak  gerade  des  biicaiov  offen  lassen  wollte,  mag  das  nun  auch 
inaier  m<Sglich  sein,  jedenfalls  gehört  die  betonung  dieser  möglich- 
keit  nicht  in  den  zusammenbang  des  dialogs. 

Dasz  ein  gewiaser  anstosz  in  der  ausdrucksweise  der  gewöhn* 
iicben  Schreibung  vorhanden  ist  und  empfunden  wird ,  schliesze  ich 
leb  ans  der  beibringung  von  citaten,  die  ihn  wegschaffen  sollen 
aid  doch  dazu  unzulänglich  sind,  wie  Phil.  1248  f.  (Wunder)  und 
^  1096  (Musgrave)  und  daraus  dasz  Wecklein  in  dem  ausdruck 
bitterkait  findet,  während  Wunder  meint:  'id  verecnndiae  causa 
poenit  Haemon  pro  eo,  quod  in  mente  habebat,  dvöciov  d^opriav 
Wt^kvovto.' 

776  ömuc  fiiaqia  ttfic'  öncKcpuing  iröXic. 
«cb  moss  annehmen  dasz  das  bedenken  einen  Alexandriner  mehr  in 
&  Antigone  hineinzubringen  davon  zurückgehalten  hat  statt  ir&c' 


458  FKern:  zu  Sophokles  Antigone. 

hier  iräv  zu  schreiben,  ich  weisz  aber  doch  nicht,  ob  nicht  ein  klarer 
sinn,  wenn  er  durch  so  geringe  ändemng  sich  gewinnen  Itsti,  eher 
Yom  dichter  zu  fordern  nnd  zu  erwarten  ist,  als  die  befolgnng  einer 
metrischen  Vorschrift,  die  der  dichter  in  derselben  tragödie  nach- 
weislich mehr  als  Einmal  nnberticksichtigt  gelassen  hat. 

Wenn  Kreon  sagt  'ich  will  der  Antigone  in  die  felsengnft 
speise  mitgeben,  damit  die  ganze  stadt  vor  befleckong  sicher  sei',  so 
wird  dadurch  der  gedanke  erweckt,  dasz  ohne  diese  vorsichtsmasz- 
regel  ein  teil  der  stadt  der  befleckung  nicht  entgangen  wtre.  wer 
aber  als  dieser  teil  zu  denken  sei,  ist  schwer  zu  sagen;  ob  Kreon 
selber,  ob  die  ganze  bürgerschaft,  ob  ein  teil  derselben  —  keine  Ton 
diesen  möglichkeiten  hat  irgend  welche  wahrscheinlicheit  für  sieb, 
keine  gibt  irgend  eine  passende  Vorstellung,    das  bedenkliebe  des 
ausdrucks  ist  auch  von  den  hgg.  nicht  verkannt  worden,  bei  Schneide- 
win-Nauck  (7e  aufl.)  heiszt  es:  «Träca  hat  sich  an  iröXic  angeschlos- 
sen, während  der  sinn  eigentlich  irdfiirav  forderte.»   dazu  werden 
dann  parallelstellen  citiert  (Aias  275  Xuiri]  iräc  £X/|XaTai  icaic^.  519 
dv  coi  Träc'  £tuit€  ctdEojüiai.   728  ir^Tpoici  Träc  KaTa£av0€tc.  PbiL 
1341  Tpoiav  dXwvai  iräcav.   OT.  706  iräv  dXeueepoT  cnSMa),  von 
denen  ich  nicht  einsehe  wie  sie  die  von  mir  bezeichnete  Schwierigkeit 
wegräumen  könnten,    und  wenn  es  bei  Wolff- Bellermann  heiszt: 
«irfica,  die  bttrgerscha^t  in  ihrer  gesamtheit»  damit  kein  teil  de^ 
Staates  leide»,  so  wird  das  problem  fOr  die  erklärung  mit  klarheit 
aufgestellt,   die  erklärung  selbst  aber  nicht  gegeben,    in  der  r^n 
Wecklein  besorgten  fOnften  aufläge  von  Wunders  commentar  lesen 
wir:  'et  hie  et  alibi  pronomen  irfic  idem  fere  signifieat  atque  iräv- 
Tujc'   die  dazu  beigebrachten  parallelstellen  (zum  teil  dieselben  «ie 
die  oben  mitgeteilten)  beweisen  aber  keineswegs,  dasz  das  zu  erwar- 
tende irävTUic  sich  in  eine  adjectivische  bestimmung  gerade  zu  iräXic 
verwandeln  kOnne.    vielleicht  deshalb  wird  hinzugefilgt:  'nisi  ex 
negativa  sentent|ae  forma  6iru)c  jüi^  iräcav  iröXiv  Xäßq  fiiaqia  repe- 
tendum  videtur.*   diese  letzte  auffassung  vertritt  denn  auch  Weck- 
lein in  seiner  eignen  ausgäbe  mit  den  werten :  «iräco,  wie  bei  einem 
negativen  ausdrucke,  'damit  sich  nicht  die  befleckang  Aber  den 
ganzen  staat  verbreite'.»  mir  ist  die  herleitung  des  ansdrocks  aus 
etwas  ursprünglich  negativ  gedachtem  wenig  einleuchtend,  und 
auszerdem  beseitigt  sie  das  hauptbedenken  gar  nicht   wenn  es  aber 
richtig  ist  —  und  ich  zweifle  nicht  daran  —  dasz  der  dichter,  w:e 
mit  irdjLiirav  oder  irdvTUic,  hat  sagen  wollen  'damit  die  Stadt  durch- 
aus frei  bleibe  von  befleckung*,  so  ist  das  eben  ausgedrückt,  wenn 
man  schreibt:  6irujc  iniacjüia  iräv  öir€Kq)i!iTn  iröXic,  entsprechend 
dem  verse  des  OT.  (313)  ßOcai  bi  iräv  jitiacf^a  toO  TcSvriicdTOC. 
863  irpoßäc'  ^iT*  ^cxarcv  Bpdcouc 

uipnXöv  ic  AiKCC  ßdBpov 

irpoc^ireccc ,  ili  t^kvov  ,  iroXi). 

irarpi^ov  b'  ^icriveic  Ttv'  ä6Xov. 
dasz  irpoc^ir€C€C  von  Ic  ßdOpov  getrennt  wird,  wie  es  in  dar  Wolff- 


FKem:  zu  Sopfaoklea  Antigone.  459 

Bellennannschen  ausgäbe  geschieht  (wo  auch  auf  Evicalas  eingehende 
begrOndmig  dieser  auffassung  verwiesen  wird) ,  halte  auch  ich  fOr 
dnrekaos  notwendig,  der  chor  sieht  auf  Kreons  seite  gewis  nicht  die 
Dike;  sagt  er  doch  ausdrücklich  y.  1270  zu  demselben  otjii*  ibc  £otKac 
6ipi  Tfh^  Mici|V  lb€iv.  und  nun  gar  den  standpunct,  welchen  Kreon 
Tertritt  mit  öipiiXöv  ic  Aixac  ßddpov  zu  bezeichnen,  einen  aus- 
dnick  der  an  dcuiv  £vopKOV  bixav  (v.  370)  und  an  die  vöjioi  uipi- 
noöec  OT.  865  erinnert,  das  kann  man  doch  demselben  chor  nicht 
ntaoen,  der  am  schlusz  der  tragödie  dem  Kreon  so  nachdrücklich 
eiaidilrft  xph  b^  td  t'  cic  Oecuc  ii}]hly  dc€iTT€iv.  die  Übersetzung 
sbcr,  die  ich  bei  Wolff-Bellermann  lese,  zeigt  doch,  wie  schwer  sich 
mit  der  Überlieferung  der  hier  zu  fordernde  sinn  vereinigen  Iftszt. 
es  heiszt  dort:  'vorgeschritten  auf  den  gipfel  der  kühnheit,  auf  die 
bohe  schwelle  der  Dike,  stürztest  du  tief  hinab,  dh.  indem  du  Dikes 
kohes  gebot  mit  äuszerster  kühnheit  erfülltest,  stürztest  du  ins  ver- 
derben.* in  der  wortgetreuen  Übersetzung  erscheint  für  das  Trpo- 
ßdvetv  ein  doppeltes  ziel,  das  Gpdccc  und  das  ßdGpov,  was  o£Penbar 
aa  sich  anstSszig  ist  und  anstöszig  auch  durch  den  Wechsel  der  prä- 
poiitioBen  {ini  und  cic),  für  den  sich  schwerlich  ein  grund  wird  fin- 
den lassen;  in  der  hinzugefügten  erklttrung  wird  ein  durchaus  treffen- 
der ann  geboten,  aber  auf  kosten  einer  starken  ab  weichung  vom 
onginaL  das  ziel  wird  nemlich  in  das  mittel  verwandelt  ('mit 
iQsierater  kühnheit').  sollte  es  in  solchem  falle  bedenklich  sein, 
durch  Snderung  eines  einzigen  buchstaben  im  original  selber  den 
gtfordaien  sinn  herzustellen,  ich  meine,  indem  man  schreibt  in* 
icimnt  Bpdcouc?  ThHertel  (gymn.  programm  von  Torgau  1876  s.  8) 
wüJ,  auf  das  }iexä  Opdcouc  des  scholiasten  mit  recht  sich  berufendl, 
am  denselben  sinn  hineinzubringen,  dir'  iqcdrou  Gpdcouc  Schrei- 
bern; ich  ziehe  aber  meinen  verschlag  deshalb  vor,  weil  er  weniger 
UD  Überlieferten  ftndert  und  weil  dt^  itil  mit  gen.  dem  fieid  viel 
meb  entspricht,  nach  Hertels  Schreibung  wäre  Antigone  vom  Opd- 
cx  ausgegangen  und  bei  dem  thron  der  Dike  angelangt,  was  min- 
destens eine  recht  unklare  darstellung  ihres  verhaltene  wäre. 

Die  viel  besprochene  und  viel  bezweifelte  Verbindung  npoc^- 
vccic  iroXu  mag  doch  immerhin  richtig  sein;  da  aber  in  dem  letzten 
vofte  die  hsL  Überlieferung  schwankt  (La  hat  ttgXüv),  sei  es  mir 
gestattet,  weil  die  ungewöhnliche  Verbindung  durch  beweisende 
psnOelktelkn  bis  jetzt  noch  nicht  verteidigt  ist,  zu  den  vielen 
«■eadationsversuchen  (zb.  fi<^p(4>,  ttöXei,  irddei,  irÖT^ifj)  noch  einen 
ocaen  hinzuzufügen:  ßu6i|i,  den  ich  nur  dadurch  empfehlen  kann, 
dsB  der  dichter  dann  in  einem  anschaulichen  bilde  bleibt,  'mit 
lutnnter  kühnheit  bis  zu  dem  hohen  thron  der  Dike  fortgeschritten 
itütxtett  du  in  den  abgrund*,  wie  der  seholiast  sagt  £iT€C€C  ic  TÖ 
ifVOT&ipi0V  (eben  wegen  dieser  erklärung  schon  scheint  es  mir  aber 
Biriditig  etwa  Tdqxf»  zu  schreiben),  also  nach  himmelanstrebender 
ktfattheit  der  tielste  fall,  (eine  gewisse  ähnlichkeit  hat  die  stelle 
Aiss  1090  Sinuc  fif|  TÖvbc  Gdirru^  aöröc  ic  raqpac  n^cijc)  darin 


460     HFlacb:  zu  PindaroB  [Ol.  1,  28].  —  ChZiegler:  zn  TheokritoB. 

läge  denn  auoh  die  in  dem  letzten  versa  angedeutete  ähnlichkeitmit 
Oidipus.  auch  des  hoohsinnigen ,  für  recht  und  Wahrheit  streitenden 
vaters  leben  zeigt  den  stürz  von  höchster  höhe  ins  tiefste  elend,  der 
KXubuiV  cujLiqpopäc  in  den  schlusztroch&en  des  OT.  würde  dann  mit 
anderm  bilde  dem  ßu9oc  entsprechen,  mit  welchem  Antigenes  sdick- 
sal  bezeichnet  wSre.  leider  kann  keine  buchstabenähnlichkeit  die 
conjectur  empfehlen,  aber  blosz  um  ein  gleichanlautendes  wort  zu  ge- 
winnen ,  würde  ich  doch  das  sonst  nahe  liegende  und  in  demselben 
bilde  bleibende  ir^bifj  kaum  vorziehen. 

Mit  dem  ö^iiiXdv  AiKac  ßdGpov  läszt  sich  übrigens  vergleichen 
Find,  fr.  ine.  52  (Härtung)  iTÖT€pov  biKac  tcTxoc  (!i|iiov  usw.  and 
mit  dem  in  unserer  stelle  ausgedrückten  gegensatz  Find.  Py.  8,88  ff. 
ö  l>k  KaXöv  Ti  v^ov  Xaxüjv  dßpÖTorroc  ^ttI  ineräXac  Ü  iXtriboc  ne* 
TQTai  urroTTT^poic  dvoptoic  .  .  dv  b*  öXttqi  ßpoTwv  rd  repnvöv 
aüHrai '  oörui  bk  xal  ttitvci  Xdliai,  auch  der  gebrauch  des  M  mit 
gen.  wftre  entsprechend ,  wenn  meine  Schreibung  gebilligt  würde. 

Stettin.  Franz  Kbbh. 

60. 

ZU  FINDAEOS. 


Für  sämtliche  herausgeber  des  Pindar  bot  Ol.  1,  28  [44]  (p(inc 
eine  unüberwindliche  Schwierigkeit,  dennoch  zeigen  die  schollen  kkr 
was  zu  lesen  ist.  fvioi  hk  qpdnv  (Trat  A  D  qKxdv) ,  sagt  der  alw 
scholiast,  dvrl  rou  xdc  cpp^vac  t&v  dvOpuiTruiv  dTiaTitrav  o^eu- 
beic  XÖTOt,  was  schon  Böckh  misverstanden  hat,  während  gar  Bergl 
und  Christ  rdc  (ppivac  als  glosse  zu  qpdrtc  ansehen,  seit  wann 
haben  die  alten  grammatiker  so  glossiert?  vielmehr  liegt  dieerkifir 
rung  in  dem  ^JCubcTc,  womit  zu  vergleichen  ist  Hesychios  (»slex. 
Fhavorini)  qpdriiC'  i|ieT3cTr|C.  es  musz  also  im  Findarischen  teit 
q)dTai  gelesen  werden,  bezogen  auf  |yiC9o(,  und  das  scholionTer 
bessert:  Ivtoi  b^  (pdrai,  dvri  toC  o\  ipeubetc  XÖTOi  rdc  usw. 

Tübingen.  Hans  Flach. 

61. 

NACHTRÄGE  Zu  MEINES  DRITTEN  AUSGABE  DES 

THEOKRITOS. 


In  dem  zwölften  gedichte,  das  ich  auf  meiner  ersten  italiiniscben 
reise  nach  der  ausgäbe  von  August  Jacobs  verglich,  hat  der  Mediceas 
37  (p)  V.  4  cq>€T^piic  XaciuiT^pr),  v.  8  (ptitdv.  —  ht  demselben  vene 
ist  vor  CKiapdv  ausgefallen:  CKicpdv]  p.  k.  Anti.  —  In  der  Sjrnx 
sollte  es  V.  1  statt  o  heiszen  18. 

8tütt0abt.  Christoph  Zuolek. 


Adolf  Lange:  entgegnang  [betr.  den  taktiker  Aineias].       461 

(37.) 

ENTGEGNUNG. 


Als  *anseige'  ist  der  artikel  AHugs  *obeD  s.  241 — 266  über 
meine  scbrifi  *de  Aeneae  commentario  poliorcetico*  bezeichnet:  das 
gaue  Terfahren  des  rec.  aber  ist  znr  genüge  schon  durch  die  aus- 
wiU  des  Stoffes  charakterisiert,  hr.  prof.  Hug  geht  nemlich  nnr  auf 
einielheiten  der  gegen  ihn  gerichteten  abschnitte  cap. 
I B  ('de  patria  Aeneae')  und  II  B  (*qua  atheteseon  ratione  Hngins 
Qsas  Bit'}  ein  —  abgesehen  Ton  wenigen  bemerkungen  über  stellen 
ns  cap.  n  A  ('Hercherus  et  Sauppius  quam  atheteseon  rationem 
amplexi  sinf).  der  artikel  ist  überhaupt  nichts  als  eine  in  gereiztem 
ton  gehaltene  entgegnung  auf  einzelne  puncto  der  kritik,  der  ich 
Hags  bjpothesen  über  das  Vaterland  des  Aeneas  und  seine  aus- 
gibe  nebst  prolegomena  unterzogen,  ich  bestreite  darum  hm.  prof. 
Eng  das  recht  diese  polemik  gegen  einzelheiten  zweier 
ibschnitte  meiner  schrift  unter  der  unverfönglichen  firma  einer 
ODpartelischen  anzeige  der  ganzen  schrift  den  lesem  vor- 
lofthren.  nnr  6in  orakelhaft  dunkler  satz  H.s  scheint  sich  auf  die 
mdem  teile  meines  buches  beziehen  zu  sollen  s.  260:  *ganz  ohne  er- 
tng  wird  die  schrift,  abgesehen  von  einzelnen  puncten,  die  aber  von 
<ier  frage  der  athetesen  unabhängig  sind,  in  denen  man  dem  vf.  recht 
geben  kann,  immerhin  schon  dann  nicht  sein  . . .'  unter  diesen  'ein* 
tehiCB  pnncien'  glaube  ich  die  abschnitte  A  'de  Aeneae  operibus 
et  tetite',  C  'de  sermone  Aeneae',  I  'quomodo  Thucydidem  Aeneas 
isutatos  sit',  11  'de  reliqua  sermonis  Aeneae  natura',  D  'de  fontibus 
Aeneae*,  E  'Aeneae  opera  quibus  cognita  fuerint',  F  'de  memoria 
commentarii  poliorc.'  des  cap.  I,  femer  cap.  m  'ooniectanea  eritica' 
vergtehen  zu  sollen;  freilich  wftre  mir  dabei  doch  wieder  unklar,  wie 
ttiB  eingehende  besprechungen  über  die  spräche  des  Aeneas  und 
utenadnmgen  über  den  cod.  Med.  LV  4  als  'unabhängig  von  der 
fnge  der  athetesen'  bezeichnen  kann,   doch  zur  sache. 

Zunächst  erhebt  H.  gegen  mich  die  anschuldigung,  ich  habe  zu- 
cm  in  der  Aeneasfrage  einen  'oft  unwürdigen  ton  angeschlagen', 
ich  moas  hiergegen  mit  aller  entschiedenheit  protestieren:  rein  sach- 
lick  habe  ich  entgegenstehende  ansichten  mit  gründen  zu  wider- 
leg« gesucht,  dasz  ich  das,  was  sich  mir  nach  eingehender  prüfnng 
tis  Irrtum  herausstellte,  'error'  genannt,  dasz  ich  besonders  leere 
pbntanegebilde  nicht  erst  als  geistreiche  ideen  gepriesen  habe,  um 
iie  dann  zu  widerlegen,  wird  mir  niemand  Übel  nehmen,  wie  hr.  H.  gar 
iis  belege  ftlr  diesen  behaupteten  'unwürdigen  ton'  meine  werte  s.  96 
'quo  modo  cum  recte  de  plus  nonaginta,  minus  bene  de  quadraginta 
aex  loeiB  Hercherus  statuisset' ;  s.  81  'onmino  vero  quod  ad  univer- 
«m  haue  Hercheri  rationem  spectat,  non  debebat  ille  delere,  quae 
«aieDegere  non  poterat,  ea  de  causa,  quod  intellegere  non  poterat'; 
8.  96  (über  eine  der  wenigen  Sauppeschen  athetesen)  'non 


462        Adolf  Lange:  entgegnung  [betr.  den  taktiker  Aineias]. 

debebat  in  eum  errorem  incurrere ,  ut  qnae  intellegere  non  posset, 
ea  expangeret'  geltend  machen  will,  ist  mir  anklar,   man  Tgl.  mein 
lobendes  urteil  über  Horchers  und  Sauppes  kritik  s.  66.  67  f.  95. 
auch  die  s.  244  von  H.  citierten  stellen  enthalten  rein  sachliche  be- 
merkungen.   zu  4,  7  erklärte  ich  s.  90  'quod  Hogias  Hercheri  suspi- 
cionen^  secutus  verba  delet,  certe  nullius  momenti  est  ad  illiiu  sen- 
tentiam  stabiliendam' :  Hercher  hatte  keinen  stichhaltigen  gnmdf&r 
die  verlangte  athetese  vorgebracht,  Hug  streicht  ohne  weiteres  die 
worte:  wird  etwa  factisch  dadurch  jenes  ansieht  gesttttst?  s.  U4 
hatte  ich  Hug  einen  groben  fltlchtigkeitsfehler  nachgewiesen:  gegen 
38,  3  hatte  er  nemlich  ua.  (prol.  s.  22)  angeführt:  ^neque  desique 
intellego  quomodo  possint  canes  qui  in  urbe  sunt  pugnantes  in  muro 
tiiX  Ti[j  T€ix€i  jLiaxOfi^vOUC  turbare':  hieran  hatte  ich  die  bemerkutc 
geknüpft :  ^praeter  eum  nemo  non  perspexit  verba  TOic  iiii  xw  nix^i 
^axo^dvoic  ex  irapaiveiv  illo  pendere.'  man  vgl.  den  text  des  Aenea^ 
und  man  wird  mir  recht  geben  müssen,   als  hauptsttchlichen  beweis 
aber  führt  H.  s.  242  mein  urteil  über  seine  ausgäbe  (s.  66)  an;  e^ 
wäre  mir  im  int^resse  der  Wahrheit  unmöglich ,  auch  nur  ein  iot^ 
am  Wortlaute  desselben  zu  ändern  (vgl.  auch  s.  100).   auch  jetzt  noa 
behaupte  ich  auf  grund  der  s.  66.  114  f.  von  mir  angeführten,  gan: 
schlagenden  stellen,  dasz  H.  den  Hercherschen  text  Öfters  nnvor 
sichtig  nachgedruckt  hat. '   gegen  s.  144  f.  wendet  Hug  freilich  ein, 
Hercher  'mit  vollkommenem  bewustsein'  gefolgt  zu  sein ,  Ms  wo  er 
glaubte  wahrnehmen  zu  können,  dasz  der  interpolator,  so  nichtig 
seine  worte  sind,  doch  nicht  barbarisches  griechisch  geschrieben 
habe.'   als  ob  etwa,  um  nur  einiges  herauszuheben,  16,  4  £uv^ceujc 
9  <pGdcai€V,  10  t^TPOi^^cii  ^barbarische'  formen  wären,  die  in  cwe- 
C6UIC,  q)6dc€tav,  irpoT^Tpairrai  umgesetzt  werden  müsten!  haben 
frühere  kritiker  diese  abhängigkeit  H.s  noch  nicht  herausgefonden. 
so  lag  dies  nur  daran ,  dasz  keiner  veranlassung  hatte  dessen  t«xt 
einer  so  eingehenden  Untersuchung  zu  unterziehen ,  wie  ich  es  g^- 
than.   ob  die  'praeoccupata  opinio',  mit  der  H.  an  das  ^reinigen'  de< 
Aeneas  gegangen ,  sich  einige  wochen  früher  oder  später  festsetzte. 
kann  uns  gleichgültig  sein:  dasz  sie  vorwaltete,  habe  ich  s.  lOU— 
176  nachgewiesen  und  halte  auch  jetzt  daran  fest,   ebenso  dar&n 
dasz  H.  trotzdem  inconsequent  verfllhrt  (vgl.  s.  177).  eine  sehr 
wolfeile  art  der  Verteidigung  ist  es  übrigens,  wenn  H.  sich  abmCLli 
den  ihm  gemachten  Vorwurf  der  *praeoccupata  opinio'  hrn.  prüf. 
Leop.  Schmidt  und  mir  zuzuschieben,    die  worte  (aus  einem  privat 
briefe)  LSchmidts,  auf  welche  H.  jene  behauptung  stützen  w.<! 
(s.  244),  sind  selbst  der  stärkste  beweis  gegen  ihn:  'diemetho.1. 
des  auswerfens  ohne  unmittelbare  evidenz  erscheine  uil 
des  ansteckenden  willen,  das  sie  habe,  gefährlich.'  ist  das  nicht  u^^ 
leitende  prindp  aller  vorsichtigen  kritiker?    wenn  H.  behaaptt'. 


'  in  betreff  von  18,  8  gesteht  Hag  dies  selbst  ein  ^Aeneas  von  StMc- 
phalos'  8.  36  anm.  1. 


Adolf  Lange:  entgegnang  [betr.  den  taktiker  Aineias].       463 

meine  'praeoccnpata  opinio'  sei  durch  das  sindium  der  einzelbeiten 
enchflttert  worden,  so  entgegne  ich  dasz  ich  anbefangen  an  Aeneas 
henmgetreten  und  unbefangen  geblieben  bin,  wie  mir  jeder  unpar- 
teiische leser  zugeben  wird,  so  dasz  ich  ein  abergläubisches  fest- 
hilten  aller  überlieferten  werte  ebenso  verwerfen  muste  wie  eine 
QiiToraichtige  hyperkritik.  darin  eben  besteht  mein  principieller 
gegensatz  zu  H.,  den  dieser  freilich  s.  241  abzuleugnen  sucht. 

Bedauerlich  ist  es,  dasz  hr.  H.  auch  zu  haltlosen  yerdäch- 
tigangen  seine  Zuflucht  nimt.  s.  66  hatte  ich  nach  dem  urteil 
ftberH.8  kritische  methode  gesagt:  'ipse  quoque  coniecturis  non- 
nnüifl  emendare  textum  conatus  est.'  dagegen  erklärt  H.  s.  244  f.: 
'es  wird  mir  jedermann  zugeben,  dasz  diese  werte  in  diesem  zu- 
sunmenhange  besagen  sollen,  dasz  meine  conjecturalkritik  durchweg 
als  reranglflckt  zu  betrachten  sei . .  aber  kaum  wird  es  mit  der  Wahr- 
heit yerträglich  sein  sich  so  auszudrücken,  wie  hr.  L.  gethan  hat, 
in  der  gleichen  schrift,  in  welcher  er  gelegentlich  folgende'  meiner 
eoajeeturen  adoptiert.'  ich  bemerke  zunächst,  dasz  ich  an  jeder  die- 
Mr  paar  stellen  H.  ausdrücklich  als  autor  der  betr.  Verbesserung  be- 
leieimet  habe:  auch  40, 7  zu  TÖv  &XXov  vgl.  s.  102  anm.  102.  dasz 
H.  meine  genannten  werte  falsch  interpretiert,  zeigt  schon  ^quoque'. 
fie  besagen  nichts  anderes  als  dasz  H.s  conjecturalkritik  nicht  als 
dozchweg  geglückt  zu  betrachten  sei;  ich  habe  mich  somit,  da  ich 
eise  anzahl  seiner  coiyecturen  bekämpft,  völlig  wahrheitgemäsz 
ausgedrückt,  wenn  ich  auch  wenige,  auszer  22,  16  ganz  unbedeu« 
tende,  änderungen  von  ihm  annahm. 

Gänzlich  aus  der  luft  gegriffen  ist  der  folgende  Vorwurf, 
den  H.  s.  246  gegen  mich  erhebt,  er  behauptet  nemlich  'ein  merk- 
wflnüges  verfahren  zum  zwecke  der  Verringerung  seiner  leistungen' 
bei  mir  entdeckt  zu  haben :  denn  s.  93  hätte  ich  bei  zusammenstel- 
loag  der  von  mir  gebilligten  athetesen  Herchers  'auch  die  stellen 
mit  eingeschlossen,  an  denen  ich  über  den  umfang  des  hinzukom- 
moiden  (oder  klarer:  des  zu  streichenden)  von  Horcher  differierte'; 
dagegen  hätte  ich  bei  der  besprechung  von  Hugs  athetesen  am  ende 
«Bei  jeden  abschnittes  nur  die  stellen  angeführt,  in  denen  ich  völlig 
Bit  ihm  übereinstimmte,  während  ich  'in  der  recapitulation,  anders 
als  ich  es  bei  Hercher  gethan,  alle  die  seiner  athetesen  unterdrückt 
^itte,  in  denen  ich  nicht  über  den  umfang  derselben  völlig  mit  ihm 
«Big  gewesen.'  aber  1)  enthält  die  Zusammenstellung  s.  93  f.  k  e  i  n  e 
einige  der  von  mir  im  vorhergehenden  besprochenen  stellen,  an 
teen  ich  über  den  umfang  des  zu  streichenden  von  Hercher  diffe- 
nere:  diese  stellen  sind:  11,9  dXX'  iv  rate  q)uXaic  övrec . .  t6 
)tOilo)f  (8.  78).  24,  5  miXiba  (s.  83).  25,  4  f\  dvcX^cOai  (s.  84). 
31, 9  TexviKUfC  5i  5oK€T . .  fiXetEcv  (s.  85—87);  14  napa  töv  7T€^- 
troMCVOv  (s.  88  f.).  23,  2  äq)Uiva  TTOicOvra  (s.  91).  2)  ich  gebe 
zirgends  vor  s.  179  eine  *recapitulation"  der  von  mir  gebilligten 

'  die  atketese  von  t6  itOp  S4,  1  gehört  nicht  hierher.  4,  6  habe 
vk  R.S  eonjectnr  gar  nicht  angenommen :  vgl.  s.  70  f.        '  anm.  92  s.  93 


464        Adolf  Lange:  entgegnung  [betr.  den  taktiker  Aineia«]. 

athetesen.  3)  ich  verfahre  bei  Horcher  genau  in  derselben 
weisewiebei  Hug:  ich  zähle  von  mir  schon  besprochene  stellen, 
an  denen  ich  die  gröszere  athetese  eines  jener  beiden  gelehrten  Ter- 
werfen,  einen  teil  aber  der  yon  dem  betr.  ausgeschiedenen  werte 
gleichfalls  gestrichen ,  nicht  noch  einmal  am  Schlüsse  aof, son- 
dern gebe  überall  nur  eine  Übersicht  der  noch  nicht  bespro- 
chenen athetesen,  die  ich  in  völliger  Übereinstimmung  mit 
dem  betr.  annehme,  diesen  Sachverhalt  muste  Hug  nach  durch- 
sieht der  bei  mir  s.  93  f.  angeführten  stellen,  aufdieersicbja 
beruft,  kennen;  ich  sehe  mich  somit  vor  die  alternative  gestellt, 
hm.  prof.  H.  entweder  wissentlich  unwahrer  angaben  oder  einer  im- 
gewissenhaften  Oberflächlichkeit  und  leichtfertigkeit  anzuklagen. 

Gleich  haltlos  wie  der  vorige  Vorwurf  H.s  ist  der  s.  246  gegen 
mich  erhobene  in  betreff  der  einführung  einiger  athetesen.  H.  i^t 
erstaunt  die  behandlung  von  cap.  16  ^ohne  irgend  welche  erwfih- 
nung'  seines  namens  mit  dem  ^quasi  selbstverständlichen  satze  ein 
geleitet  zu  sehen  «transeamus  iam  ad  id  caput,  quod  foedisäime 
interpolatorum  licentia  corruptum  est».'  ich  führe  zur  niederscblo- 
gung  dieser  behauptung  nur  die  unmittelbar  bei  mir  folgen« 
den  werte  an:  ^cuius  cap.  genuinas  Aeneae  solas  §§  14 — 18,  reliqua^ 
1—13,  19 — 22  omnes  ab  interpolatore  adiectas  esse  Hugiusp. 9 
— 13  ostendere  studet.'  ähnlich  verhält  es  sich,  wie  jeder,  der  die 
betr.  stellen  vergleicht,  sehen  wird,  mit  s.  138  (22,  19)  und  151 
(28,  5  wo  in  7  zeilen  H.  zweimal  genannt  wird),  s.  179—188  war 
es  überflüssig,  die  namen  der  Urheber  jeder  einzelnen  athetese  zi: 
nennen,  da  letztere  ja  in  den  vorhergehenden  abschnitten  A  und  B 
von  cap.  II  sämtlich  mit  angäbe  ihrer  Urheber  schon be 
sprechen  waren,  und  es  hier  auch  gar  nicht  auf  diese,  sondern 
auf  die  sache  selbst  ankam. 

Ursprünglich  hatte  ich  noch  eine  ausftüirliche  entgegnung  ai* 
das  sub  n  und  III  von  Hug  vorgebrachte  beabsichtigt;  da  mir  jedocii 
die  geehrte  redaction  dieser  Zeitschrift  erklärte ,  mir  für  meine  Ant- 
wort höchstens  vier  selten  einräumen  zu  können,  so  mnsz  ich  daron 
abstehen,  ich  begnüge  mich  mit  der  bemerkung,  dasz  meine  an- 
sichten  sowol  über  die  athetesenfrage  als  auch  über  das  Vaterland 
des  Aeneas  durch  jene  einzelnen  einwürfe  H.s  um  so  weniger  er- 
schüttert sind,  als  er  öfters  gerade  meine  hauptgegenax^mente  ein- 
fach unberührt  läszt.  vielleicht  bietet  sich  mir  spätec  einntal  g^ 
legenheit  zu  eingehender  Widerlegung. 

bezieht  sich  auf  folgende  stellen,  wo  in  demselben  §  Hercker  ver- 
schiedene von  einander  völlig  unabhängige  athetesen  tur 
nimt,  deren  eine,  früher  nicht  erwähnte,  ich  nur  billige  nnd  hier  Adi 
zähle,  während  die  betr.  andere  im  vorhergehenden  besprochen  und  ver 
werfen  war:  1,  8.  10,  11;  20.  16,  4.  24,  2.  31,  1  (irepl  and  ^^^<^^' 
iniCToXfi  «diöe).  nnr  dass  ich  die  athetese  des  wörtchene  öf&Ac  16,  \^ 
schon  früher  beiläufig  erwähnt,  hatte  ich  übersehen. 

Marburg.  Adolf  Lange. 


CSchaper:  anz.  v.  JEvifalas  Yergilstudien.  465 

62. 

ZUR  LITTERATUR  DES  VERGILIUS. 


1)  TEROIL- STUDIEN  NEBST  EIMER  COLLATION  DER  PRÄGER  HAND- 
SCHRIFT VON  JOHANN  KViOALA,  ORD.  PROF.  DER  OLA8SI8CHEN 
PHILOLOOIB   AN  DER  PRÄGER  UNIVERSITÄT.       Prag  1878.      Verlag 

TOD  F.  Tempsky.   VIU  nnd  276  b.   gr.  8. 

In  den  'VergOstndien',  welche  einen  teil  einer  gröszem  sam- 
lang  bilden,  bespricht  der  vf.  stellen  der  Aeneis,  deren  erQrterung 
ihm  behafs  genauerer  Würdigung  der  Prager  Yergilhandschrift  wün- 
schenswert erschien,  er  ist  auf  diese  hs.  durch  den  bericht  aufmerk- 
sam geworden,  den  prof»  JEelle  in  den  publicationen  der  böhmi- 
schen geselkchaft  der  Wissenschaften  ser.YI  bd.y  (1872)  veröffent- 
licht hat.  in  den  bemerkungen,  zu  denen  die  vergleichung  der  Pra- 
ger hs.  mit  den  bis  jetzt  bekannten  texten  veranlassung  gab,  werden 
79  steilen  des  ersten,  sieben  des  zweiten,  zwei  des  dritten,  zwei  des 
vierten,  eine  des  fünften^  sechs  stellen  des  sechsten  baches  bespro- 
chen, in  der  kritik  des  textes  werden  die  wesentlichen  momente  mit 
besonnenheit  abgewogen ;  die  erörterung  ist  sachgemftsz ;  die  erklft- 
nmg  an  vielen  stellen  sinnig  und  geistvoll,  fast  auf  jeder  Seite  findet 
der  erklftrer  des  Yerg.  anregung  und  belehrung.  nicht  selten  werden 
iltere  erklftrungen  durch  treffende  bemerkungen  glücklich  gestützt: 
10  werden  zur  Verteidigung  der  Übersetzung  von  veteris  heUi  (I  23) 
Mes  früheren  krieges'  die  worte  una  cum  gente  tot  annos  hella  gero 
(147  f.)  herangezogen,  I  34  Siculae  teUuris  als  gen.obj.  durch  die  pa- 
rallelstellen Aen.  III  73.  192  f .  Y  8  f .  gerechtfertigt,  I  223  die  ein- 
leitangä  tarn  finis  erat  als  rein  Suszerliche  Zeitbestimmung  in  schütz 
genommen,  I  518  die  lesart  cunctis  durch  den  nach  weis  gesichert, 
dasz  die  worte  des  Achates  I  583  ff.  omnia  tuta  leides,  dasscvn  socios- 
pf  receptcs.  unus  ahest,  media  in  fluctu  quem  vidimus  ipsi  sübmer» 
wn;  didis  respondent  cetera  matris  nur  dann  erklftrlich  sind,  wenn 
vor  der  kOnigin  reprftsentanten  aller  schiffe  erscheinen.  I  738  wird 
die  erkiftmng  von  increpUans  als  Maut  auffordernd^  durch  hinweis 
luf  das  Homerische  öjhokX^uj,  öfxOKXri  (vgl.  TT  71 3  f.)  empfohlen.  II 
263  wird  die  auffassung,  nach  welcher  primus  als  reines  zahlwort 
tMT  die  zeit  bezeichnen  soll,  durch  die  vergleichung  von  vier  andern 
Ä^llen  (Xn  448.  V  406.  XI 806.  IV  59)  empfohlen,  an  welchen  die 
reibenfolge  *in  der  erzShlung  der  thatsftchlichen  Zeitfolge  ebenfalls 
nicht  entspricht,  zuweilen  erhalten  die  worte  des  dichters  durch  die 
giflekliche  wähl  von  parallelstellen  eine  neue  beleuchtung :  so  wird 
<Ü«  anrede  des  Aeneas  I  327  ff.  mit  der  anrede  des  lason  bei  Apol- 
bnios  Arg.  lY  1597  ff.  zusammengestellt  und  zur  erklSrung  von 
li^iamque  dii  (>»  diei)  I  636  auf  1732  hunc  l actum  Tyriisque 
dUm  Trciaqtie  profectis  esse  velis  verwiesen,  namentlich  verdient 
hiffr  die  besprechung  der  parallele  erwShnt  zu  werden,  welche  Weid- 
aer  zwischen  ^en.  1664  ff.  und  ApolloniosArg.III  10—166  gezogen 
btte.     bei  voller  anerkennung  der  von  ihm  hervorgehobenen  ge- 

JikrMclMr  fir  dut.  phUol.  1879  hfl.  7.  30 


466  CSchaper:  ani.  v.  JEvi^alas  Yerg^tadien. 

sicbtspoocte  wird  doch  die  vergleichung  auf  die  pancte  beschrlnkt^ 
in  denen  die  Übereinstimmung  nachweisbar  ist,  und  das  eingreifen 
des  Amor  in  die  bandlung  aus  gründen  der  dicbteriscben  notwendig- 
keit  gerechtfertigt,     die  sorgfiltige  abw&gung  der  entscheidenden 
momente  führt  denn  auch  in  vielen  fällen  zu  einer  wol  begründeten 
ab  Weisung  früherer  erklärungen.   so  wird  zu  I  63  gezeigt,  dssz  m- 
stM  nur  auf  laxas  dare  hahefMS,  nicht  auch  auf  premere  bezogen  we^ 
den  könne;  zu  I  243 ,  dasz  tutus  nicht  im  gegensatz  zu  tot  auihs 
actos,  sondern  zu  navihus  amissis  stehe;  zu  I  447,  dasz  das  imper- 
fectum  condebat  die  möglichkeit  ausschliesze,  den  tempel  als  vollen- 
det zu  denken;  zu  1455,  dasz  inierse  nicht  mit  fnanusoperumquela- 
horem  zu  verbinden  sei,  weil  inter  se  nur  mit  einem  solchen  Substan- 
tiv verbunden  wird,  welches  den  begriff  der  wechselseitigkeit  schon 
in  sich  trttgt  (s.  127);  zu  I  519,  dasz  datnore  nicht  als  begleitender 
nebenumstand  aufzufassen  sei,  weil  damare  päebatU  nichts  anderes 
sein  könne  als  damofUes  petebant;  zu  I  684,  dasz  voUus  notos  nicht 
iB  puero  proprios,  sondern  »=  tibi  noto$  sei ;  zu  II 378,  dasz  cum  vccc 
nicht  'mit  einem  schrei',  sondern  *mit  der  stimme'  heisze;  zn  VI 
548  ff«,  dasz  trotz  mancher  Unebenheiten  die  stelle  nicht  zu  denen  n 
rechnen  sei,  deren  erklärung  als  unmöglich  aufgegeben  werden  mflsse. 
unter  den  vorschlagen  einzelne  stellen  abweichend  von  der  jettt  ge- 
wöhnlichen auffassung  zu  erklären  verdienen  nicht  wenige  berfick- 
sichtigung,  zb.  die  Übersetzung  von  tälia  voce  refert  I  208:  'so  gab 
Aeneas  seine  Stimmung  mit  werten  wieder',  die  beziehnng  von  venia 
I  519  auf  die  gewährung  der  gastfreundsohaft,  die  erklärung  der 
frage  quaeve  hunc  tarn  barbara  marem  permiUü  patria?  (I  539  f.) 
durch  den  satz :  'quae  est  haec  tam  barbara  terra,  quae  hunc  morem 
permittit?'   überzeugend  ist  namentlich  der  beweis  dafür,  dasz  IV 
288  Cloanthum  und  nicht  Serestum  zu  schreiben  sei.   auch  die  aus* 
lassung  von  et  IV  390  mtdta  metu  cunctantem,  muUa  parantem,  mit 
welcher  die  Prager  hs.  isoliert  dasteht,  ist  sehr  geschickt  empfohlen. 
besondere  anerkennung  verdient  noch  das  streben  den  vollen  gehalt 
des  Yergilischen  ausdrucks  zu  bestimmen  und  ästhetisch  zu  würdi- 
gen :  so  wird  I  4  unter  vi  superum  nicht  nur  das  active  eingreifen 
der  Juno  und  der  ihr  dienenden  niederen  gottheiten  verstanden,  Bon* 
dem  auch  das  verhalten  höherer  gottheiten,  welche  den  feindselig- 
keiten  der  Juno  nicht  entgegentraten  oder  nicht  gleich  im  beginn 
entgegentraten.   I  76  f.  werden  die  worte  tuus,  o  regina,  qmd  opies^ 
€X]^orare  läbor  nicht  mit  Heyne  erklärt:  'ezplorare,  reete  secusne  id 
fiat,  quod  velis  fieri.   tu  ipsa  videris,  an  recte  haec  a  me  postule^'; 
sondern  übersetzt:  'du  brauchst  nur  dein  inneres  zu  erforschen  und 
dir  darüber  klar  zu  werden,  was  du  wünschest.'   1 127  wird  J9laci- 
dum  {capttt)  als  constantes  epitheton  mit  graviter  cammoius  glnck- 
lich  vereinigt.    I  202  verwirft  Evicala  die  erUänmg  des  Servins: 
maestus  Omar,  qui  fnae$tos  reddUy  und  übersetzt,  indem  er  one  per- 
sonification   annimt,    maestumgue  Hmorem  *die  traurige  furcht  \ 
durch  die  tiefere  Würdigung  der  Schönheit  des  Yergilischen  aosdnck.'» 


CSchaper:  ans.  t.  JKv£6alat  YergilstudieD.  467 

nuk  iahali  und  form  werden  manche  momente  in  das  rechte  licht 
gestellt,  welche  bisher  nicht  genug  berücksichtigt  waren,  in  betreff 
das  Inhalte  Yerdient  namentlich  die  her?orhebang  der  in  der  Aeneis 
80  seltenen  humoristischen  stellen  s.  167  erw&hnung;  in  hinsieht  der 
fona  ist  die  «nmerkong  su  I  209  spem  wiUu  simuUU,  premit  aUum 
corde  dolorem  nicht  unwichtig,  die  chiastische  Stellung  der  worte 
ahce'Va  liefert  einen  neuen  beweis  dafür,  dasz  der  dichter  jedes 
wort  gewogen  nnd  an  die  rechte  stelle  gesetzt  hat 

Dem  yf.  stand,  wie  aus  dieser  aufisählung  herrorgehti  ein  reiches 
fflsterial  ru  geböte,  und  es  befremdet  daher,  dasz  neben  diesen  wert- 
ToUen  betraehtnngen  abschnitte  stehen,  welche  nichts  wesentlich 
nenes  bieten,  dies  gilt  zb.  von  den  anmerkungen  zu  1231.238.267. 
3U.  381.  551.  563.  573.  576.  607.  742  und  namentlich  zu  1 736  ff. 
in  dieser  kehrt  die  Untersuchung  nach  einer  ausführlichen  darlegung 
der  bedenken,  die  der  annähme  eines  abLabs.  VSbato  i^Zl)  entgegen- 
stehen, zu  dem  leider,  wie  es  scheint,  unumstOszlichen  resultate  zu* 
rück,  dan  trotzdem  keine  andere  erUftrung  möglieh  ist.  an  andern 
^teiloi  hat  der  vf.  mehrere  ansichten  zusammengestellt,  ohne  sich 
für  die  eine  od«r  die  andere  zu  entscheiden,  so  wird  zu  121  f.  die  er- 
Ufaung  Ton  Weidner  und  Ladewig  als  vorzugsweise  annehmbar  be- 
uiehaet,  aber  doch  auch  der  Vermutung  räum  gegeben,  dasz  beide 
Terse  nur  eine  unliebsame  Wiederholung  des  in  den  beiden  vorher- 
gehenden ansgedrflckten  gedankens  enthalten  können,  diese  vermu- 
toag  ist  durch  die  annähme  jener  erklftrung  ausgeschlossen,  in  I 
339  wird  rtpendms  erst  als  'erwSgend',  dann  als  'dagegen  erw&gend' 
erUirt;  in  I  561  sollen  die  worte  voUum  demissa  erst  (s.l44)  *doch 
wol  gewis  eine  befisngenheit  bezeichnen',  dann  aber  (s.  146)  viel- 
leicht eine  reminiscenz  ans  den  Argonautika  I  790  sein,  zu  I  746 
soU  Serrins  der  sache  nach  recht  haben,  wenn  er  sagt:  tardiß,  non 
kmgis,  $ed  aettms  i.  e.  tarde  vmiefUibusi  aber  Henry,  Conington, 
Ladewig  sollen  doch  auch  nicht  unrecht  haben,  wenn  sie  unter  den 
feniee  Moete  wintemftchte  verstehen,  zu  VI  34  wird  zunächst  die 
lesart  der  Pmger  hs.  ocUU  als  möglich  nachgewiesen,  darauf  aber 
die  aufnähme  dieser  lesart  in  den  text  von  dem  beweise  abhängig 
goneht,  dasi  Aeneas  nur  von  Achates  begleitet  zur  Sibylla  gieng 
i.  191).  auf  den  folgenden  seiten  wird  dann  gezeigt,  dasz  dieser 
beweis  nicht  zu  Alhren  ist.  trotzdem  wird  die  änderung  des  textes 
licht  ganz  zurückgewiesen,  sondern  dem  dichter  in  dem  einen  wie 
m  dem  andern  falle  der  Torwurf  einer  'gedrftngten,  kargen  und 
iflftftnhaften*  darstellung  gemacht,  es  ist  zuzugeben,  dasz  phUolo- 
giiche  nntersnchnngen  dieser  art  oft  nur  bis  zu  einem  gewissen 
grade  TOB  Wahrscheinlichkeit  geführt  werden  können;  aber  der  nach- 
veis  dar  wissenschaftlichen  notwendigkeit  musz  wenigstens  erstrebt 
Verden*  das  schwanken  zwischen  verschiedenen,  zuweilen  entgegen- 
gwftsfan  ansichten  führt  unvermerkt  zu  Widersprüchen,  so  ist  es 
aadi  dem  vt  gegangen:  er  weist  s.  120 f.  nach,  dasz  die  verse  431 
-436  wol  nidit  aus  den  Georgien  entldmt,  sondern  von  unberufe- 

80* 


468  CSchaper:  anz.  y.  JKviialu  VergilatadieiL 

ner  hand  eingeschoben  seien;  nach  s.  148  aber  gehören  dieselben 
yerse  zu  den  abschnitten  der  Aeneis,  bei  deren  dichtung  dem  Verg. 
eine  partie  der  Argonautika  als  vorbild  vorschwebte,  manchen  er> 
Orterangen  fehlt  es  gerade  wegen  dieser  schwftche  an  der  übeneu- 
genden  kraft:  so  wird  zu  11  172  ff.  die  rechtfertigong  der  immerhin 
anf&llenden  lesart  salsusque  {audar)  ohne  angäbe  eines  grondes  Ter- 
worfen;  dann  werden  zwei  rorechlftge  gemacht:  den  einen,  gdidm- 
gue,  empfiehlt  der  vf.  nicht;  der  zweite,  cäldusque,  welcher  jeden- 
falls den  überlieferten  ausdruck  durch  einen  minder  charakteristi- 
sehen  ersetzt,  wird  auch  nur  als  *ftuszerlich  wol  wahrscheinlicher* 
bezeichnet,   auch  die  annähme  einer  lücke  in  den  versen  I  605  und 
506  und  die  athetese  der  verse  I  867.  368  ist  nicht  so  begrttndet. 
dasz  die  Untersuchung  auf  der  gegebenen  basis  weiter  geführt  wer- 
den kann,  einige  erklirangen  —  auch  dies  will  ich  nicht  yerschwei- 
gen  —  erscheinen  mir  als  unmöglich.   I  73  können  prcpriam  und 
dicäbo  'nicht  den  dauernden  besitz  bezeichnen,    diese  bedeutong 
liegt  in  comMo  stdbüi  (73)  und  amnis  cmnos  (74).     der  dichter 
würde  also  denselben  begriff  in  demselben  satze  viermal  ausgedrückt 
haben*  zu  I  82  ist  vdut  unentbehrlich :  denn  —  mag  man  sich  die 
windhöle  denken  wie  man  will  —  die  winde  können  nicht  geradezu 
'in  form  eines  zuges  auf  einander  folgender  menschen'  aus  dem  ge- 
wahrsam  hervorbrechen,   die  anrede  des  Aeneas  I  459  ff.  kann  sich 
nicht  in  v.463  in  einen  monolog  verwandeln,  die  s.  135  empfohlene 
Ordnung  der  bilder  an  den  thorflügeln  dee  tempels  ist  darum  nn- 
wahrscheinlich,  weil  die  beiden  oorrespondierenden  bilder  3  und  6, 
die  Troerinnen  vor  Pallas  479 — 482  und  Priamus  vor  Achilles  4b3 
— 487,  für  das  äuge  des  beschauers  zu  weit  auseinander  gerfickt 
sind.   I  641  kann  man  wertes  longiasma  rerum  wol  nicht  Won  den 
silbernen  und  goldenen  geföszen;  die  in  langer  reihe  auf  den  tischen 
standen',  verstehen,   denn  ducta  (642)  *  fortgeführt'  kann  nur  von 
der  zeit  verstanden  werden,  von  den  beiden,  eng  verbxoidenen,  aus- 
drücken, welche  die  continuität  bezeichnen,  würde  also  der  eine 
rKumlich,  der  andere  zeitlich  zu  fassen  sein.  III 170  kann  wol  nicht 
rtgui/re  geschrieben  werden:  denn  nicht  Aeneas,  sondern  Anchi^es 
ist  der  eigentliche  leiter  der  fahrt,   er  befiehlt  die  £fthrt  nach  Creta 
(115 — 117) ;  an  ihn  wendet  sich  der  sohn(179)nach  der  erscheinnng 
der  Penaten  (147 — 171);  er  spricht  et  cuncti  diäoparemus  ctanic^ 
ri89) ;  er  fleht  die  götter  um  hilfe  gegen  den  fluch  der  harpjie  an 
(264—266);  er  befiehlt  die  abfahrt  von  den  Strophaden  (267);  auf 
seine  aufforderung  verlassen  die  Troer  zu  rechter  zeit  Bnthrotam 
(472  f.);  er  begrüszt  Italien  (525—643) ;  er  gibt  an  der  Oiaiybdii 
die  nötigen  befehle  (558—560);   er  nimt  den  hilfeflehenden  Grie- 
chen in  das  schiff  auf  (610).    so  bleibt  er  fUhrer  bis  zn  seinem 
ende,   in  diesem  und  in  einigen  andern  puncten,  deren  aafsfthlung 
ermüden  würde,  kann  ich  dem  vf.  nicht  folgen,  von  unbestreitba- 
rem werte  aber  sind  für  die  Interpretation  der  Aeneis  die  samlongen, 
welche  ich  kurz  erwähnen  will,    zu  I  48  sind  die  stellen  aa^ezihlt. 


CSchaper:  ans.  y.  JKyf^alas  Vergilstadien.  469 

in  denen  das  persönliche  pronomen  durch  einen  eigennamen  oder 
dareh  ein  appellativnrn  vertreten  wird,  welches  meist  das  verwandt- 
sdttftlicbe  Verhältnis  der  sprechenden  person  zu  der  angeredeten 
oder  m  einer  erwähnten  person  bezeichnet;  zu  I  65  ff.  sind  verse 
lastmmeBgestellt,  in  welchen  zwei  Wörter,  die  zu  einander  in  irgend 
einem  Verhältnis  der  Symmetrie  stehen,  durch  Sperrung  hervorge- 
hoben werden,  dh»  dadurch  dasz  sie  entweder  am  anfang  tmd  ende 
ünes  oder  mehrerer  verse,  oder  in  auf  einander  folgenden  versan- 
fingen oder  versschlttssen  stehen;  zu  1132  wird  durch  vergleichung 
der  steilen,  welche  eine  anrede  enthalten,  bewiesen,  dasz  der  den 
angeredeten  bezeichnende  vocativ  im  ersten  satze,  nicht  im  zweiten 
•  n  stehen  pflegt;  zu  I  195  ff.  sind  die  stellen  gesammelt ,  in  denen 
einsabject,  welches  zwei  mit  einander  verbundenen  und  einander 
penllelen  Sätzen  gemeinsam  ist.  durch  verschiedene  ausdrücke  be- 
leiehttet  wird,  die  note  zu  1 204  gibt  ein  Verzeichnis  der  andeutun- 
gen,  welche  dem  Aeneas  in  buch  11  und  in  über  seine  künftige  hei- 
mat  gegeben  werden,  die  anmerkung  zu  s.  110  (I  378  f.)  enthält 
iteDen,  welche  zeigen,  wie  Yerg.  versucht  hat  den  ausdruck  des  Ho- 
mer durch  Steigerung  zu  überbieten,  zu  X  329  (s.  256)  wird  durch 
eine  zum  theil  nach  Forbigers  noten  gemachte  beispielsamlung  ge- 
zeigt, wie  sehr  Yerg.  bei  der  Wiederholung  desselben  oder  eines  ähn- 
lichen Wortes  zugleich  die  unmittelbare  nebeneinanderstellung,  die 
lor  hebong  des  effectes  wesentlich  geeignet  ist,  liebte. 

Diese  samlunig  gehört  bereits  dem  zweiten  teil  der  *  Vergil- 
stodien'  an,  der  ausschlieszlich  der  besprechung  der  Prager  hs.  TT 
gewidmet  ist.  der  vf.  bezeichnet  sie  so  zum  unterschiede  von  einer 
andern,  wertlosen  Prager  hs.  (tt).  sie  enthält  nach  s.  204 — 207  den 
teit  der  Yeigilischen  gedichto  in  alter  schrift  des  neunten  jh.  von 
td,  2,  16  bis  Aen.  XII  526  nicht  ohne  bedeutende  Ittcken*.  von 
späterer  band  sind  ed.  1,  1  —  2,  15.  6,  53—86.  7,  1—70.  Am.  XL 
461— Xn  50.  Xn  527  bis  zum  ende  hinzugefügt.  Kvicala  legt  dar 
hl  einen  bedeutenden  wert  bei,  weil  1)  dem  Schreiber  des  Prager 
Godex  jedes  Verständnis  des  Sinnes  fehlte ;  2)  weil  eine  ziemlich  er- 
kehhcbe  anzahl  von  eigentümlichkeiten  der  Prager  hs.,  die  sich  in 
keiner  von  den  bekannten  hss.  finden,  zeigt  dasz  a)  TT  von  keinem 
Mnanten  codex  abgeschrieben  ist,  h)  TT  mit  keinem  uns  bisher 
bekuttten  codex  eine  gemeinsame  vorläge  hat.  dies  mag  zugegeben 
*vden;  doch  wird  es  gut  sein  den  wert  der  hs.  nicht  zu  hoch  anzu- 
schlagen. Kvicala  hat  nur  die  varia  lectio  der  eclogen  und  des  ersten 
^ndi«i  derOeorgica  genauer  angegeben;  aus  den  übrigen  büchem 
der  Qeorgica  und  der  Aeneis  gibt  er  nur  eine  aus  wähl,  bei  welcher 
&nch  solehe  fWe  berücksichtigt  werden,  die  für  das  Verhältnis  dieser 
M.  xn  andern  irgendwie  von  belang  zu  sein  scheinen,  schon  aus 
dieser  saaslung  ergibt  sich  dasz  der  text  des  Yerg.  in  dem  Prager 
'^x  aa  manchen  stellen  nicht  aus  versehen,  sondern  nach  vermu- 
<Qig  geändert  ist.  Aen.  11 112  mag  allerdings  der  ausfall  von  Ate, 
d»  er  sidi  achon  bei  Macrobius  Bat.  YI  9,  13  findet,  auf  einem  früh 


470  CSchaper:  anz.  y.  JKvfcalaa  Vergilatadien. 

eingetretenen  versehen  eines  abschreibers  beruhen,  aber  peorp.  III 
76  kann  refleäU  nicht  durch  versehen  ftlr  reponU,  in  261  resyMani 
für  redamafU  nur  durch  conjectur  in  den  text  gekommen  sein,  unter 
diesen  umständen  bleibt  auch  die  lesart  subrigit  X  74  (für  sulmt . 
die  allerdings  eine  der  dunkelsten  stellen  plötzlich  von  jeder  scbwie- 
rigkeit  befreit^  nicht  von  dem  verdacht  frei,  dasz  sie  einer  conjectur 
ihre  entstehung  verdanke,    dasz  aber  der  ausfall  einzelner  rase  in 
TT  keinen  maszstab  für  die  beurteilung  der  echtheit  oder  unechthei: 
gibt,  beweist  namentlich  die  viel  besprochene  stelle  Äen.  IV  548 f. 
denn  mag  man  die  verse  548.  549  an  ihrer  stelle  lassen  oder  um- 
stellen oder  ganz  tilgen  wollen,  jedenfalls  sind  beide  untrennbar 
verbunden,    in  TT  fehlt  aber  nur  v.  548;  es  liegt  also  hier  ein  ein* 
faches  versehen  des  abschreibers  vor.   daher  dürfte  denn  auch  acf 
den  ausfall  von  VI  329  ein  geringeres  gewicht  zu  legen  sein,  als  to& 
Seiten  des  vf.  geschieht,    dasz  die  seelen  der  unbeerdigt«n  nur  hun- 
dert jähre  am  Styx  umherirren,  weicht  zwar  von  dem  uns  ttbeTlie- 
ferten  Volksglauben  ab;  die  ausschlieszung  dieser  seelen  von  der 
reinigung,  der  alle  seelen  (VI  743  qui$qu€  suos  piifimur  mafies)  in 
der  unterweit  unterworfen  werden,  ist  aber  mit  der  in  dem  secbsten 
buche  gegebenen  darstellung  von  dem  leben  nach  dem  tode  unver- 
einbar,  dagegen  widerspricht  inhumaius  v.  374  der  in  v.  329  aus- 
gesprochenen beschrSnkung  nicht:  dennPalinurus  ist  nicht  vor  hun- 
dert jähren,  sondern  vor  kurzem  («>M|>0r  v.  338)  gestorben.  daszVerg. 
aber  mjthen  absichtlich  ttnderte,  hat  Evicala  selbst  zu  ilen.  I^*' 
8. 31  f.  schlagend  nachgewiesen,  und  dasz  seine  leser  einer  milderung 
des  alten  glaubens  nicht  abgeneigt  waren,  darf  man  wol  daraus  ent- 
nehmen, dasz  Ovidius  kein  bedenken  trug  ihnen  met.  XV  60  ff.  ic 
der  rede  des  Pjthagoras  eine  anschauung  von  dem  wesen  der  mensch- 
lichen seele  vorzutragen ,  welche  den  tdten  glauben  mit  seinen  hei- 
ligsten gebrftuchen  geradezu  aufhob,  daher  dürfte,  obgleich  VI  3'2'? 
in  einem  der  altem  teile  der  Prager  hs.  fehlt,  doch  an  der  ecbthei: 
dieses  verses  nicht  zu  zweifeln  sein,   dasselbe  gilt  von  III  595  un: 
I  132.    gleichwol  ist  nach  den  gegebenen  proben  der  wert  dieser 
teile  weit  gröszer  als  der  der  später  hinzugefügten,  in  diesen  finden 
sich  sinnentstellende  verschreibungen  und  überflUssige  oder  unwahr 
scheinliche  coigecturen  in  menge,  dem  vf.  ist  es  aber  gelungen  su(^^ 
diese  ab  weichungen  von  dem  jetzt  gewöhnlichen  texte  zum  ausgangs 
puncto  interessanter  Untersuchungen  zu  machen,   nicht  immer  kön- 
nen wir  ihm  folgen,  aber  seine  bedenken  regen  zu  weiterem  forschen 
an.   ein  beispiel  bieten  seine  bemerkungen  zu  XI  818  f.   er  verwiri: 
die  unglfickliche  conjectur  infdix  fttr  exsanguis,  knttpft  aber  dar^ 
eine  betrachtung  über  den  Widerspruch,  in  welchem  v.  818  lahit**' 
exsanffuis  mitv.827  simül  his  diäis  linquehat  hahenas  ad  terrae 
non  sponU  fluens  steht,   um  diesen  widersprach  zu  heben ,  will  e. 
die  verse  818  und  819  streichen,   er  meint,  labüur  ezsanffuis  k^nc 
auf  den  ersten  blick  nur  von  dem  herabgleiten  vom  pferde  versun 
den  werden,  wer  sich  daran  erinnert,  dasz  III  309  die  opfernde  Ae* 


CSchaper:  ani.  y.  WKloa^ek  kriüieheB  u.  ezegetUches  zu  Yergilias.  471 

tlromaehe  lalnlur  et  longo  vix  tandem  tempore  fatur,  wird  das  nicht 
zogeben;  noch  weniger,  wer  daran  denld;,  dasz  Camilla  XI 709 — 11 
üurpferd  einer  begleiterin  übergeben  hat :  atülafurensacnqueacoensa 
iolireiraäii  equum  comiti patilmsgueresistü inarmis ense pedes 
mdo  pwraque  interrita  parma.  zn  fasz  {pemhOms  plantia  718) 
koH  sie  den  feigen  reiter  ein ;  auf  der  erde  stehend  t0tet  sie  ihn. 
folgen  wir  den  worten  des  dichters  {ygi.  764  qua  viärix  redü  iUa 
ptdemqne  ex  hoste  r^portat\  so  besteigt  sie  ihr  pferd  nicht  wieder. 
di8z  die  ansdrtteke  ruentem  805 ,  ad  terram  fluens  828,  deieäa  833 
in  demselben  sinne  gedeutet  werden  können,  zeigt  Äen.  X  751  ff. 
pedes  et  Lycms  processerai  Agia»  quem  tarnen  haud  expere  Valerus 
rtrMAr  avUae  deieit;  at  Thronium  SäUus,  Saliumque  Neakee  inei- 
dm^  iaeulo  et  longe  fcMenie  sagiäa,  iam  gravis  aequäbaJt  luctus  et 
mutuaMavorsfunera;  caedebant parüer pariterque  ruehant  victores 
tiäique.  wenn  dies  die  meinnng  des  Verg.  war,  so  hat  nicht  er  in 
T.827  hahenas  geschrieben,  sondern  das  wort  ist  durch  eine  unrich- 
tige coi^ectnr  in  den  text  gekommen,  aliein  Camilla  ^Ut  in  einem 
wflden  reitertreffen  (597^-895),  an  dem  sie  mit  leidenschaft  (furens 
762)  teil  nimt.  das  herabgleiten  Yom  pferde,  welches  v.  827  uns 
Torfthrt,  entspricht  dem  gesamtbilde  des  kampfes  mehr  als  das 
nuaqunenbrechen  der  fuszkämpferin ,  auf  welches  y.  710  zu  führen 
sdieint.  man  ist  daher  wol  berechtigt  anzunehmen,  dasz  der  dichter 
den  widersprach,  welcher  zwischen  diesen  yersen  besteht,  bei  der 
bizten  bearbeitimg  der  Aeneis  entfernt  haben  würde,  durch  die 
tflgoag  der  yerse  818. 819  werden  die  Schwierigkeiten  der  interpre- 
tstion  nidit  yermindert 

Doch  genug,  die  angefElhrten  stellen  werden  dem  kundigen 
Icser  gezeigt  haben,  wie  yiel  anregung  und  belehrung  dem  freunde 
der  Yergilischen  dichtung  die  Studien  Eyicalas  gewShren. 

2)  KEITI80HB8   UNO  EXBOBTXSOHBS    ZU    YEBaiLtUS     YON     WBNZBL 

XLOUOBX.  separatabdrack  aus  dem  programm  des  k.  k.  deut- 
schen gymnaiinma  der  Kleinseite  in  Prag  1879.  im  selbstyerlage 
des  yer&asers.  29  s.  8. 

Der  scharfsinnige  und  unermüdliche  Vergilforscher  bespricht 
ia  der  kleinen  abhandlnng  eine  stelle  aus  den  eclogen,  zwei  stellen 
der  (}eorgica,  fünf  und  dreiszig  stellen  der  Aeneis,  deren  bücher 
tasier  dem  fOnften,  neunten  und  zwölften  sämtlich  berücksichtigt 
werden,  jedem  fachgenossen  ist  die  feinsinnige  und  ansprechende 
«t  bekannt,  in  der  der  yf.  probleme  aufzustellen  und  entweder  zu 
Utoen  oder  der  Iteung  nahe  zu  führen  yerstehl  yon  den  hier  gebo- 
teaen  yorschlBgen  kOnnen  mehrere  auf  berücksichtigung  ansprueh 
asdien:  sb.  die  coigectur  vino  ttür  Baccko  ge,  IT  228,  die  yerbin- 
doBg  yon  Oaesaris  mit  nomen,  nicht  mit  pugnas  ebd.  in  46.  i7,  die 
amsldlnng  yon  stgnaniemqu^vias  und  cemimus  Idaea  Äen.  U  696. 
697,  die  Übersetzung  yon  desertas  terras  *  fremde  länder'  ebd.  III  4, 
die  coigectur  deposta  ebd.  X  526  fOr  defossa.  weniger  beifall  dürf- 


472  CSchaper:  anz.  t.  WKloucek  kriÜBchea  u,  ezegeÜschet  zu  Vergiliiu. 

ten  andere  bemerkangen  finden,  die  worte  meiiaegue  wwnems  inla- 
Wur  urhi  Aen.  11  240  schildern  nicht  *  in  kleinlicher  detailmalerei, 
wie  das  hölzerne  pferd  sich  allmählich  der  Stadt  näherte',  sie  werfen 
uns  nicht  *  wieder  yor  die  thore  der  stadt  zurück',  sondern  führen 
uns  bereits  mitten  (fnediaeque)  in  die  stadt  ein.  der  gedanke,  da^z 
das  böse  geschenk  in  dem  innem  des  heiligen  Ilion  steht,  bewegt 
den  erzähler  so,  dasz  er  mitten  in  der  Schilderung  ausruft :  o  patria, 
0  divom  domus  lUum  et  inchäa  beUo  moenia  Dardanidum!  zu  111 
128  bemerkt  Elouöek:  'nicht  vor  der  abfahrt,  sondern  nachdem 
man  in  die  hohe  see  gestochen  war,  erheben  die  nautae  (das  sind  die 
genossen  des  Aeneas  nur  während  der  fahrt)  in  dem  beglückenden 
gefnhle ,  dasz  die  erfüllung  ihres  Wunsches  begonnen  hat,  em  frea- 
dengeschrei  unter  manigfaltigem  die  fahrt  förderndem  Wetteifer.' 
wer  dies  zugibt  wird  sich  für  eine  änderung  der  überlieferten  reihen- 
folge  der  yerse  schwerlich  entscheiden  können,  um  aber  doch  den 
bedenken  der  modernen  kritik  gerecht  zu  werden,  will  Kloucek 
Y.  129  vor  124  stellen  und  ▼.  128  zwischen  124  und  125  als  paren- 
these  einschieben,  man  sehe  nun,  was  dann  aus  der  stelle  wird : 
121  fama  volat  pulsum  regnis  cessisse  paternis 
Idamenea  ducem,  desertcique  litara  Cretae, 
hoste  vacare  domos,  sedesque  adstare  relictas. 

129  hortantur  80cU  Cretam  proavosqu^  petamus. 

124  Unquimi4S  Ortygiae  portus  pelagoque  volamus  — 
128  noMticus  exorUur  vario  certamine  damor;  — 

125  bacchatamque  iugis  Naxum  viridemgue  Ikmustmn 
Olearum  niveamque  Parutn  sparsasqut  per  (keqyuof 
Cydadas  et  crebris  legimus  freta  concUa  ierris^  « 

130  prosequüur  surgens  a  puppt  venius  euntis, 

eine  so  gekünstelte  Verschiebung  der  innerlich  verbundenen  Sätze 
kann  wol  nicht  als  eine  Verbesserung  des  textes  angesehen  werden. 
Äen.  III  278 — 289  wird  durch  die  vorgeschlagene  ftndeniBg  der 
versordnung,  nach  welcher  286.  287.  288  hinter  283  stehen  soUen, 
eine  Schwierigkeit  nicht  beseitigt,  sondern  hervorgemfen.  denn 
dasz  die  Widmung  eines  Siegeszeichens  nicht  immer  mit  den  Sieges- 
festen  verbunden  ist,  sondern  nicht  selten  erst  nach  geraumer  zeit 
folgt,  das  haben  wir  alle  in  den  jähren  erfahren,  in  denen  bei  ims 
feste  gefeiert  und  Siegeszeichen  gewidmet  sind,  die  härte  aber, 
welche  in  der  erzählung  dadurch  hervortritt,  dasz  auf  die  Schilde- 
rung des  rauhen  winters  (284.  285)  unmittelbar  die  anzeige  der  ab- 
fahrt (289)  folgt,  wird  für  den  leser  darch^die  einschiebong  der 
verse  286.  287.  268 ,  welche  die  befestigung  des  Schildes  und  das 
anbringen  der  Inschrift  berichten,  in  hohem  grade  gemildert  auch 
VI  360  dürfte  die  vorgeschlagene  änderung  von  oapUa  in  Oipde 
nicht  zu  halten  sein,  wenn  in  dem  text  des  Verg.  nur  aspera  «^* 
tia  stand,  so  lag  für  den  erklärer  keine  veranlassung  vor  zur  inter- 
pretation  dieser  an  sich  gar  nicht  auffallenden  worte  irgend  eine 
vergleichung  {veltUi  capita)  heranzuziehen;  vielmehr  liegt  in  dieser 


EBaehrens:  Aber  die  handschriften  des  Tibullas.  473 

form  der  ijiterpretaiion  ein  beweis  dafür,  dasz  er  capUa  in  dem  zu 
erilixenden  texte  fand,  weniger  kommt  es  dabei  in  betracht,  dasz 
darch  die  coigectar  an  die  stelle  einer  sehr  häufigen  elision  eine 
aaazerordentlieb  seltene  gesetzt  wird,  denn  die  endsilbe  eines  anar 
])l8ti8chen  wertes  bat  Veig.  yor  der  arsis  des  fünften  dactylns  in 
den  Oeorgica  nie,  in  der  Aeneis  sehr  selten  (zb.  II  658.  IV  420.  VI 
622.  Vin  96)  elidiert;  dagegen  hat  er  sehr  häufig  und  in  allen  bU- 
cbeni  der  Aeneis,  ebenso  wie  hier  in  capita,  die  auslautende  kürze 
eines  tribrachjs  mit  dem  folgenden  anlaut  an  dieser  stelle  des  verses 
TersebHffen:  zb.  I  32.  142.  189.  429.  524.  II  96.  353.  448.  528. 
in  156.  665.  IV  93.  246.  607.  679.  V  468.  594.  655.  790.  VI 
93.102.112.  131.  179.  351.  485.  518.  787.  800.  Vn69.  379.  403. 
562.  580.  785.  Vül  120.  567.  IX  50.  81.  129.  272.  442.  678.  737. 
I  26.  103.  197.  791.  836.  862.  XI  96.  132.  161.  162.  229.  300. 
439.  512.  797.  902.  Xn  44.  339.  680.  699.  929.  doch  welchem 
phüologmi  wäre  es  wol  gelungen  für  eine  ganze  reihe  von  yorschlä- 
gen  die  znsüij^ung  seiner  fachgenossen  zu  erlangen?  dank  yerdient 
ver,  wie  der  yf.,  durch  seine  zweifei  zu  eingehenderer  erwttgung 
schwieriger  stellen  anregt. 

Berlin.  Carl  Schafes. 

CBEB  DIE  HAKDSCHBIFTBN  DES  TIBÜLLÜS. 


In  seiner  recension  meiner  Tibullausgabe  oben  s.  71—79  hat 
KBossberg,  dessen  streben  nach  Unparteilichkeit  ich  tlbrigens 
gen  aiif^kenne,  über  den  wert  der  yon  mir  benutzten  Codices  eine 
fajpotheee  aufgestellt,  welche  sofort  energisch  zurückzuweisen  ich 
im  mteresse  der  sache  erachte. 

Ich  glaubte  und  gl&ube  noch  jetzt,  dasz  für  die  kritik  des  TibuU 
kein  grOszerer  gewinn  erwachsen  konnte  als  durch  den  nachweis 
des  bisher  unbeachteten  Ouelferbjtanus  (G)  als  der  besten  aller 
existierenden  (resp.  bekannten)  hss.  dieses  elegikers.  G  weist  in 
den  pertien,  wo  uns  die  Pariser  excerpte  zu  geböte  stehen,  eine 
»olche  anzahl  Übereinstimmungen  mit  diesen  in  guten  lesarten  auf, 
dasz  ohne  mühe  sich  die  proYenienz  beider  aus  einer  gemeinsamen 
iaelle  ergab,  warf  schon  dies  ein  günstiges  licht  auf  G  für  die  teile, 
Jk  wdchen  wir  Par.  nicht  vergleichen  können,  so  sprach  hier  auch 
die  innere  gute  vieler  singulären  Schreibungen  für  die  trefflichkeit 
TOB  G.  daneben  muste  die  andere  hss.*classe  (AV)  mit  ihren  oft 
platten  und  vulgftren  lesarten  als  von  untergeordneter  bedeutung 
tncheiucn.  zn  diesem  resultate  bin  ich  nach  eingehendster  unter- 
t^chnag  gelangt.  Bossberg  dreht  nun  das  Verhältnis  total  um.  er 
fieht  in  AY  die  echte  Überlieferung,  dagegen  habe  der  Stammvater  der 
lunüie  6  JPar.  eine  Überarbeitung  erfahren,  aber  die  ganze  art  und 
«eise,  wie  er  das  zu  beweisen  sucht,  beweist  nur  seine  mangelhafte 
TflrtraaÜieit  mit  solchen  fragen,   er  meint,  wo  G  gegenüber  AY  das 


474  EBaehrens:  über  die  handBcbriften  des  Tiballas. 

richtige  biete,  hätten  wir  es  mit  den  von  einem  mittelalterlichen  ge- 
lehrten gemachten  yerbesserungen  zu  thnn.   nun,  das  mflste  ein  kri- 
tisches ingenium  ersten  ranges  gewesen  sein,   denn  es  handelt  sich 
hier  nicht  blosz  um  die  berichtigung  von  schreibfehlem;  fast  jede 
Seite  bietet  stellen,  an  welchen  0  so  vorzügliches  gibt,  wie  es  ein 
klosterbruder  zumal  nimmer  aus  conjectnr  eif  unden  hfttte,  zu  dessen 
Auffindung  ihn  auch  die  Überlieferung  in  AV  zumeist  gar  nicht  an- 
reizen konnte,   die  Verschlechterung  des  teztes,  wie  sie  in  AV  vor- 
liegt, ist  verständlich;  aber  jene  Veredlung  ist  für  das  mittehdti^r 
einfach   undenkbar,    dasz  man  in  einigen  flülen  zweifelhaft  sein 
kann,  welche  classe  den  vorzug  verdient;  dasz  in  manchen  flülen 
AV  sicher  vorzuziehen  sind  (und ,  wie  alle  hss. ,  hat  auch  G  nitOr- 
lieh  seine  fehler  und  mSngel):  dies  beweist  doch  noch  nichts  fttr  die 
weitaus  überwiegende  anzahl  guter  und  ausgezeichneter  lesarten  in  G. 
man  wird  mismutig,  wenn  man  sieht,  in  welcher  weise  Bossberg  mit 
80  manchen  derselben  umspringt,  viele  mögen  früher  1 1,  29  den 
Singular  bidentem  aus  Par.  gebilligt  und  sich  dann  gefreut  haben 
denselben  durch  G  bestätigt  zu  finden,   dasz  sich  derplnnd,  den  AV 
geben ,  zur  not  (aber  auch  nur  zur  not)  erklären  läszt,  ist  ja  richtig; 
aber  weshalb  jetzt  wieder  dazu  zurückgreifen?   U  2,  6  cUmdUurfi 
dura  iantM  fuUa  sera  ist  das  durch  einen  Ovidvers  gestützte  fulta 
von  G  doch  unmöglich  von  einem  copisten  statt  des  firma  von  AV 
(das  gewählte  statt  des  platten!)  eingesetzt  worden;  der  umgekehrte 
fall  ist  nach  allen  analogien  der  einzig  denkbare.    Bossbarg  siebt 
freilich  in  dem  mit  daudüur  verbundenen  fuUa  einen  pleonasmui : 
eine  art  von  einwürfen,  wie  sie  heute  stark  grassiert  und  ruhig  bei 
Seite  geschoben  werden  kann,  weder  ist  hier  ein  pleonaamus  vor- 
handen (weil  erst  durch  das  fideire  das  daadere  stattfindet),  noch 
würde,  wäre  er  vorhanden,  dies  bei  einem  dichter  in  solcher  Ver- 
bindung anstöszig  sein,   auch  11  2,  21  soll  das  schöne  und  poetische 
vuUus  wiederum  dem  matten  ntdus  von  AV  platz  machen,  hat  B. 
sich  wol  die  frage  vorgelegt,  wem  es  ein&Uen  konnte ,  das  so  ver- 
ständliche ntäus  mit  dem  subtilen  vuUtus  zu  vertauschen?  dem  hier 
wenigstens  gab  die  Ovidstelle,  wie  sie  lautet,  keine  Veranlassung  zu 
einer  Interpolation,   überhaupt  aber  zeigt  die  Unterstellung,  das2  iz: 
neunten  oder  zehnten  jh.  jemand  den  Tibull  nach  Ovid  ooirigiert 
habe ,  eine  völlige  verkennung  der  thatsächlichen  Verhältnisse,  und 
80  läszt  sich  gegen  alle  von  B.  ftlr  seine  hjpothese  angeführten 
stellen  die  nichtigkeit  der  einwände  darlegen;  an  keiner  einzigen 
bin  ich  in  meiner  ansieht  schwankend  geworden,    seien  wir  6o<h 
froh  in  0  eine  hs.  gefunden  zu  haben ,  welche  uns  in  der  erkennte:: 
der  echten  Überlieferung  bei  Tibull  so  manchen  schritt  weiter  ge- 
führt hat,  imd  berauben  wir  uns  dieser  freude  nicht  selbst  dnab 
unbegründete  zweifei ! 

Ich  könnte  noch  über  dieses  und  jenes  in  der  B.8chen  reeensi.n 
einige  bemerkungen  hinzufügen;  doch  genug. 

OaoNiHOBN.  Emil  Babhsssts. 


KRoiiberg:  krit.  nachleBe  zu  Draconüus  u.  der  sog.  Orestis  tragoedia.  475 

64. 

KBITISCHE  NACHLESE  ZU  DRACONTIUS  UND  DER 
SOGENANNTEN  ORESTIS  TRAGOEDIA. 


In  meiner  schrift  'in  Dracontii  oarmina  minora  et  Orestis  quae 
Toatar  tngoediam  obseirationee  oriticae*  (Stade  1878)  habe  icb 
eine  anzahi  von  stellen  des  Dracontins  sowie  des  nach  meiner  ttber- 
xeugmig  nnfraglich  demselben  dichter  znzmschreibenden  Orestes  zu 
heäen  und  zu  erklftren  versucht,  da  sich  mir  nun  bei  gelegenheit 
weiterer  Stadien  über  diese  gedichte  behufs  des  evidenten  nach- 
weises  der  Zugehörigkeit  des  Orestes  an  Dracontius  noch  für  mehrere 
iteUen  Vermutungen  über  deren  ursprüngliche  fassung  aufgedrängt 
baben,  so  lege  ich  dieselben  hier  in  form  einer  nachlese  zu  meiner 
genannten  schrift  vor. 

1 1  dfirfien  ursprünglich  gelautet  haben :  Orj^^eum  vates  renar- 
raitf  ttlprwrum  Utterae^  ood.  vaiem  enarrant  ut^  letzteres  verlesen 
aas  «t.  renarrant  ist  schon  von  Baehrens  vermutet  vd  hat  hier 
natllrlich,  wie  so  oft  bei  den  späteren  Africanera,  die  bedeutung  von 
et.  —  V.  11  schreibe  ich  unter  mitbenutzung  der  coi^ecturen  von 
Bflcheler  und  Baehrens:  haacMf^MuseacantusOrpheosquemisciHt, 
cod.  Mos.  que  am  zweiten  worte  mehrfach  beiDracontius.  —  11  34 
TritoneSt  OikUea^  Thetis,  Mphines  amahufiij  cod.  Tkäin  unsinnig. 
~  f.  41—44  lese  und  interpungiere  ich  so : 

aUer  erU  Perdka  furens  aique  altera  Myrrha^ 
luppUer  aller  erit  Oereris  de  fratre  marüus. 
parva  loquor.  tatiro  si  iusseris  dUera  regia 
flammäur  caniux.  —  reddeUur  et  altera  Phaedra. 
Air  Oererie  v.  43  hat  der  cod.  ttrris,  zum  mythus  vgl.  Heaiodos 
tiieog.  912  aördp  6  A^firiTpoc  iroXuq><Spßr|C  tc  X^xoc  JiXOev  und 
Claadianus  de  raptu  Pros.  1 107.  bei  der  composition  der  ganzen 
itelle  hatte  Drac.  vor  äugen  Yerg.  ed.  4,  34  f.  —  v.  65  Alcidis  comes 
fti  carust  cod.  abermals  comes.  vgl.  Val.  Flaccus  III  585  ff.  qtiem 
M  comugio  tat  dedignata  dicavi  nympha  procos^  en  Haemonia  puer 
o^ivtt  aino  cartis  Hylas.  —  v.  84  (y,8qu  e^  pedes  fluiiane  vestis  laxa- 
tvr  ad  tmos.  die  Ificke  ausgefüllt  nach  Or.  786  tunicam  mantbus  ten- 
^hat  ad  imos  usque  pedes  mäuena.  —  v.  92  litora  curva  petit  nach 
^aL  PL  ni  668;  cod.  terras  cauta  ohne  sinn,  gerade  im  Tlas  finden 
iicb  noch  einigemal  anklSnge  an  Val.  Flaccus ,  wie  auch  Baehrens 
ifl  seiner  prad^tio  zu  diesem  dichter  andeutet,  so  erinnern  v.  159 
-161  an  Val.  PI.  m  734,  femer  v.  152  und  158  an  Val.  Fl.  IV  53. 
—  T.  150  ignibus  IdaHii  vex at  as  Herculeas  spes,  ood.  rexutas.  spem 
ftxmt  dürfte  einfacher  sein  als  vDuhns  spem  exuere.  —  m  20  nam 
^  sunt  quaeeungue^  cod.  sint,  vgl.  den  vOUig  gleich  gebildeten 
v«B  Drac.  satisf.  113.  —  IV  18  tua  nosmet  pessima  caniux  her- 
^tsckt  cod.  U  in.  —  v.  80  fi€c  neruus  ad  tStint,  cod.  maurus.  — 
^  137  hMia  tälis  eat,  taiis  tihi  victima  pergat?  cod.  parcat  ohne 


476  KRoBsberg :  krit.  nachlese  zu  Dracontias  u.  der  00g.  Orestis  tngoedia. 

sinn.  —  y.  170  st^  regis  amarij  cod.  auari:  vgl.  Or.409  rex  Aga- 
memnon erat,  patriae  dominator  amanis.  —  v.  325  L  possesaure  polos 
scandens,  qua  laäeus  axis  vertUur,  aetherii  qua  candet  circuUu  orhis, 
cod.  sedat^  vDohn  se  dat  nnd  in  der  ann.  crii  'malis  tendü  Tel  simile 
quid',  die  bttrgschaft  für  die  richtigkeit  des  von  mir  eingesetzten 
candet  kommt  von  einer  eeite,  woher  sie  so  leicht  nicht  zvl  erwarten 
war.  Drac  ahmt  nemlich  in  ▼•  326  eine  stelle  aus  Hanilius  astron. 
I  800  nach,  welche  lautet:  aUius^  aetherii  qua  candet  circulus 
orhis,  durch  den  vers  des  Drac.  wird  hinwiederum  das  qua  bei 
Manilius  gegen  Bentleys  coigectur  qttam  geschützt.  —  VI  16  f.  Fhot- 
biAsque  Cupidoque  et  Bromius.  das  zweite  q^  fehlt  im  cod.  — 
Y.  49  f.  et  udentur  suspensis  dentibtis  ora^  sponsa  marüales  eognoscat 
ut  uira  vapores.  ut  fehlt  im  cod.  an  utra  scheint  nichts  zu  SnderSi 
es  ist  "s  uiraque,  vDuhn  übersah,  als  erpura  oder  virgo  yermntete, 
dasz  von  zwei  brauten  die  rede  ist  —  v.  57  subito  i?enit  ig  n  ig  er 
ales^  cod.  aliger  ignis,  eine  sehr  starke  metapher:  vgL  8,  495  /2am- 
miger  dies.  —  y.  77 — 79  sind  folgendermaszen  zu  interpungieren: 

lüia  surni  inserta  rosis  iuga  puUihra  vokurum; 
verhere  purpureo  Ogpris  iubet  tre  iugalls^ 
remigat  ammotis  pinnarum  pHausibus  ales. 

^rosen  mit  lilien  untermischt  sind  dasprSchtige  joch  der  tauben;  mit 
purpurner  peitsche  treibt  Venus  das  zwiegeepann  an'  usw.  TDaho 
verbindet  völlig  verkehrt  iugalis  äks^  wie  aus  seiner  interpunction 
vor  iugalis  und  aus  seinem  index  ersichtlich,  dasz  meine  erklfirung 
die  richtige  ist,  erhellt  schon  aus  der  von  Drac.  nachgeahmten  stelle 
des  Statins  A(^.  I  58  triptici  tdo  iubet  ire  iugaks.  durch  die  falsche 
beziehung  des  iugalis  wird  vDuhn  dann  verleitet  auch  v.  77  unrich- 
tig aufzufassen  und  abzuteilen.  —  YII  4  non  inhonorus  eram  $rd 
laude  redemptus  adirem,  cod.  abirem.  eram  ist  acc.  und  bezieht 
sich  auf  Vitula.  Baehrens  wollte  abirem  halten  und  era  oder  erai 
lesen  mit  schwerfHUiger  constmotion.  —  y,  iO  et  nervo  eomitanU 

sonet  nova  murmura  Ungua^  cod.  candente.  —  v.  60  celebres^  coJ. 
celeres.  —  VIII  31  iam  sederat  arbüer  Idam^  cod.  idem,  ^  die 
construction  von  sedere  mit  acc  vgl.  den  gleichzeitigen  Africsner 
Luxorius  in  anth.  lat.  B.  312,  4.  330,  2.  350,  4.  —  v.  49  ff.'siiid 
folgendermaszen  zu  schreiben : 

pro  matris  thatamo  poenas  dependit  Ächiües , 
unde  haec  causa  fuit^  forsan  Tdamonius  Äiax 
sternitur  inviäuSy  quod  mater  reddita  non  est 
Hesione  Priamo^  sie  est  data  causa  rapinae, 
cur  genies  cecidere  simul?  usw. 

im  vorhergehenden  ist  geschildert,  wie  wegen  der  entscheidung  des 
Paris  im  apfelstreit  6r,  seine  ganze  familie,  ganz  Troja,  Oriechenlsnd, 
das  morgtnland,  namentlich  aber  auch  Achillea  und  Ajax,  die  beiden 
wetterstralen  des  krieges,  untergehen,  nun  fährt  der  dichter  re- 
flectierend  fort:  *  Achilles  nun  wurde  gestraft  für  die  vemifthlnng 


KBoMberg:  krit.  nachlese  zu  Dracontias  a.  der  BOg.  Oresiis  tragoedia.  477 

seiner  matter,  woher  die  yeranlassung  zu  dem  apfektreit  stammte, 

und  Ajax  muete  yielleicht  dafür  sterben ,  dasz  Hesione  dem  Priamus 

nicht  snrfickgegeben  wurde,  infolge  woTon  sich  gelegenheit  zum 

nabe  der  Helena  bot  (ygl.  den  weitem  verlauf  der  erzShlung  des 

gediefats).  aber  warum  musten  die  YOlker  zugleich  mit  umkommen  ? 

—  T.  100  sie  rediij  germana  tnanus^  cod.  si  credis.  —  y.  118  se 

fWtf  ottendi  Teucri  de  sHrpe  ereatum^  cod.  ostendU  regni.    der 

Ten  ist  gebildet  nach  Verg.  Aen.  1 626  seque  ortum  (MtUiqua  Teuere- 

nm  a  Mkpt  voUbat.  —  y.  203  qtiem  tnndicat  Atropos  urgens^  cod. 

w§tm.    Tgl.  Claudian  de  raptu  Pros.  I  218  sie  Atropos  urget.  — 

T.229  fadH  te  virgo  marUum^  cod.  utid.  yDuhns  luno  passt  nicht, 

diPriimus  so  gut  wie  Paris  weisz,  dasz  dieser  auf  Junos  beistand 

lieh  nicht  zu  Terlassen  hat  übrigens  vgl.  Claudian  Fescefm.  I  (XI) 

40  leaia  quae  te  mox  faeiet  virum.  —  t.  281  f.  livor  fnaHus  inde 

I  tditur^  cod.  OreäiU/wr.  die  buchstaben  Or  sind  aus  dem  anfang  von 

T.  281  GrfUugenis  eingedrungen.  —  y.  353  artibus  (»>  artubus) 

maäkfMy  cod.  naribus.  —  v.  466  ist  zu  interpungieren  Düis  entm 

A^natMT  avis  Ncd,  hora  peraeta.  für  die  Stellung  Yon  licet  vgl.  9,  81 

ä  mäia  deiur  Ucet  ossibus  uma;  Über  den  indic.  s.  yDuhns  index  u. 

Ika.  —  y.  506  f.  quil>us  appetat  ardens  dictorum  nervis^  cod.  uer- 

bis.  —  y.  578  ff.  cum  pignora  materperdidit;  dusa  feritas piäcUe 

nocentis  raptoris  sedaiur  üer^  cod.  perdU  et  und  nocenti,  —  IX  99 

<i  iotum  codi  nox  infidt  orhem^  cod.  mox.  nox  ist  hier  «•  tenebrae^ 

was  besser  passt  als  ncx  oder  das  von  Duhn  yermutete  mors.  — 

T.  169  morihus  kis,  cod.  marHbus.  unter  mores  ist  die  handlungs- 

weiM  der  angehOrigen  Hectors  zu  yerstehen.  —  y.  223  ff.  sind  zu 

i«se&:  haec  poena  manehü  Laomedontiadas^  si  carior  iUe  sodälis  soUers 

Biäcfto  condetur  dignius  auro^  dum  tamen  usw.   die  strafe  der  Pria- 

oiiden  beetebt  darin,  dasz  Patreclus  durch  das  für  Hector  gezahlte 

gold  ein  wflrdigeree  begräbnis  findet,  dasz  sie  also  zur  ehre  des 

feiades  beitragen  mfilssen.    carior  ist  nur  emphatischer  positiv.  — 

1 102  ff.  diese  stelle  ist  bei  Duhn  gar  nicht  zu  yerstehen;  sie  wird 

^  sofort  klar,  sobald  man  interpungiert: 

siCf  uHpunieeos  rutHans  Aurora  capHlos 
pectimat  ante  diem  quae  moxperfundet  Eoum, 
Phoemx  scHa  gemts  usw. 
vir  erhalten  dann  einen  yergleich  mit  doppeltem  sie,  wie  sie  bei 
I^noontioa  (und  in  gleicher  weise  im  Orestes)  so  hSufig  sind:  sie 
^^oemix  .  .  sie  puer  Idäüus  (y.  110).    vgl.  fELr  diese  art  der  yer- 
gleiche  7,  48—52.  8,  350-362.  577—585.  632—637.  satisf.  137 
-147.  Gr.  264—268.  630—637.   das  ubi  in  y.  102  ist  rein  local 
cad  beMidmet  als  Ortlichkeit  des  YOi^gangs  den  fernen  osten:  ygl. 
dn  anfinig  von  Glaudians  Phoenix  und  Lactantins  de  ave  phoeniee 
:ttth.  lai.  B.  731).  —  y.  150  'ho<f  aii  ignipotens  Uelo  Medea  creme- 
'«Tf  «MO  SegQiMjm  sueoendiU  amor*.  Duhn :  hoc  aU  igmpotens:  Hdo 
iUka  aremetur*  usw.   ygl.  y.  552.  6,  81.   Or.  320.  —  y.  200  ff. 
idi: 


478  KRoBsberg :  krit.  nachlese  zu  Dracontdas  u.  der  sog.  OreeÜB  tragoedk 

$ic  nauta  precatur 
murmure  soUicUo:  ^numen^  quad  mundus  adorai^ 
si  cadum^  si  terra  tui  sunt^  alme^  trium]^ 
vel  quidquid  natura  creat^  si  sanguinis  expers 
mortis  et  infaustae^  si  sunt  tarnen  hastia  flares 
matris  et  insertae  pendent  per  templa  caranae 
sanguine  virginei  tantum  contenta  pudoris: 
eripe  me  his  ifwiete  malis* 
T.  204  hat  der  cod.  sed  statt  si,   wie  hier  die  templa  canUnia  san- 
guine  virginei  pudoris  genannt  werden,  so  Or.  91  f.  der  mucro  sacer- 
dotum  —  contentus  sanguine  vüi.  —  v.  298  lugeai  et  sterüem  ducat 
per  saecla  senectam^  cod.  saeada  nodem,    so  den  vers  herzu- 
stellen bewegt  mich  der  umstand ,  dasz  bei  Drac.  (und  im  Or.]  mit 
ausnähme  einer  einzigen  sichern  stelle  satisf,  4  und  einer  fraglichen 
10,  298  immer  die  syncopierten  formen  saeda^  vincla^  pericium  ge- 
braucht sind,   es  steht  saeda  2,  122.  7,  23.  10,  106.  377.  Or.  700. 
vinda  5,  68.  10, 19.  256.  satisf.  312.  Or.  525.  724. pm€ium2, 153. 
4, 10.  19.  39.  5,  52.  7, 125.  8,  591.  9, 11.  47.  10,  534.  601.  satisf. 
26.  Or.  181.  über  die  Sinnlosigkeit  von  sterilem  noctem  ist  kein  won 
zu  verlieren.  —  v.  586  d  Polynices  inops  germani  morte  cruentus 
cod.  ferentus.  so  wol  besser  als  mit  Bücheler  ^ermam  morte peremptus. 
cruentus  als  versschlusz  25mal  bei  Drac.  und  im  Gr.,  darunter  zwei- 
mal mit  vorangehendem  morte  9,  103.  satisf»  131. 

Orestes  10  f.  purgantia  templa  furorum  Taurica  ^  virginUas 
qua  dat  usw.,  cod.  B  tertia.  den  hgg.,  welche  aus  cod.  A  Thracia 
aufnahmen,  scheint  der  widersprach  zwischen  diesem  verse  und  v.  45 
und  überhaupt  die  abweichung  von  der  gewöhnlichen  form  der  sage 
gänzlich  entgangen  zu  sein,  meiner  ansieht  nach  musz  übrigens  das 
epitheton  zu  templa  gezogen  werden.  —  v.  34  atque  Mitiiervales  donis 
ad  olehat  Mhenas,  codd.  addebat,  vgl.  Lucr.  IV  1237  adol^quc 
aUaria  donis.  —  v.  85  ist  dea  pkärigeri  des  cod.  A  zu  verwerfen  und 
nach  den  spuren  von  B,  welcher  pdetrUuri  bat,  gleichlautend  mit 
Drac.  10,  285  herzustellen  i^Zec^rt/'erf^ermafia  dei.  —  t.  300|Mr 
bene  nisus  erat  pueris^  cod.  B  insus.  —  v.  370  f.  comp»?  nee  fuga, 
fit  miseris  optata  per  aequora  vedis^  cod.  B  sit.  nee  »■  iie  —  quidem. 
—  V.  506  praedo  decennaHiSy  codd.  credo,  praedo  steht  hier  in  ab- 
geschwächter bedeutung  ('beutemaoher'),  wie  auch  Drac  10,  368 
quod  freta  qu4>d  terras  sie  feUx praedo  vagdur.  —  v.  509  subita  cum 
fraude  profana^  cod.  B  tu^nc.  die  Verbindung  zweier  gleichstehender 
substantiva  durch  cum  ist  im  Or.  und  überhaupt  bei  Drac.  sehr  häufig, 
vgl.  Or.  104.  259.  311.  685.  793.  Drac  3,  96.  8,  434.  470.  61^. 
9,  16.  10,  51.  395.  426.  508.  519.  ein  Substantiv  im  abUtiv  mit 
einem  andern  durch  cum  verbunden  5, 129  vid/oris  genio  atmie  cum 
tobe  litdur. 

Da  es  beachtung  verdient,  wenn  bei  dem  versuch  eine  verderbt« 
stelle  zu  heilen  zwei  unabhängig  von  einander  operierende  am  dem- 
selben resultate  gelangen ,  so  will  ich  zum  schlusz  nicht  unterlasstn 


EKamicer:  rar  Ilias  [Q  384  ff.].  479 

xa  bemerken,  daaz  ich  an  yier  stellen  des  Orestes  genau  dasselbe  ge* 
fosden  hatte  wie  Schwabe,  ehe  mir  dessen  schrift  *de  locis  aliquot 
Gratis  tngoediae'  (Dorpat  1867)  zu  geeicht  gekommen  war.  diese 
stellen  sind:  t.  5  laurea  • .  serta^  codd.  aurea.  ein  moment  fUr 
die  richügkeit  yon  laurea,  welches  Schwabe  damals  noch  nicht  bei- 
bringen konnte,  liegt  auch  darin  dasz  Drac.  zweimal,  6, 12  und  7,  6, 
den  bezameter  mit  laurea  serta  beginnt  —  y.  44  auster,  cod.  B  ester. 
—  T.  96  armata  lunatas^  cod.  B  hmatay  die  ausgaben  nach  cod.  A 
armaiaa  hmata.  die  von  Schwabe  angezogene  stelle  des  Statiua 
Tkeb.  VI  267  ist  auch  ftlr  mich  entscheidend  gewesen.  —  ▼.  261 
diffumdiiur  extra  cerebrum^  codd.  diffundU  exta  cerebrum. 
NoKDEN.  Konrad  Bossberg. 

65. 

ZÜB  ILIAS. 


Zu  dem  in  der  nacht  zu  Achilleus  sich  begebenden  Priamos 
Mgt  Hermes  Q  384 :  fjbt]  itdvTCC  KaToXciirere  ''IXtov  Ipfiv  |  bct- 
biÖTCc*  TOiöc  T^  ^P  uipiCTOC  dXuiXcv  I  cöc  naic*  oö  \iky  xäp 
Ti  |ioxT|C  iir€b€U€T'  'Axauüv.  darauf  Priamos  887:  t(c  bk  cü  icci, 
9^cr€,  T^uiv  b'  ßccct  TOKriuiv;  |  i&c  fioi  KaX&  töv  oItov  äTrör- 
Mou  iraiMc  fvtcircc.  und  Hermes  390:  TT€ip^  ificio,  TcpaU,  xai 
cipcca  '6aopa  biov.  J  töv  m^v  Ivh  M^Xct  TToXXd  \x&xn  fvt  Kubia- 
vcipq  I  6q)6aX|AOiciv  onuina  usw.  diese  stelle  behandelt  ABömer 
im  Torigen  Jahrgang  dieser  jahrb.  s.  234.  er  findet  Schwierigkeiten 
in  ncipql  und  cTpcat  ''EicTopa  biov  t.  390.  'wenn  man  hier  auch  das 
ircip^  dahin  verstehen  kann,  dasz  Priamos  im  vorausgehenden  mit 
sbdeht  den  namen  Hektor  verschwiegen  hat,  so  erheben  sich  doch 
Schwierigkeiten  in  betreff  des  clpeai.  denn  Hermes  kann  unmOg* 
lieh  entgegnen:  «du  versuchst  mich  und  fragst  nach  dem  göttlichen 
Hektor»,  da  ja  Priamos  im  vorausgehenden  gar  nicht  nach  Hektor 
gefragt  bat'  auf  Varianten  gestützt  schl&gt  Römer  vor  die  stelle 
iko  zn  loeen:  ir€ipa  ifieio,  T€pai^,  xal  €lp€0  ''EiCTopa  b!ov,  und 
Ührt  so  fort:  'anf  des  Priamos  verwundernde  frage,  wer  er  sei,  der 
so  Hhßu  von  dem  tode  seines  unglücklichen  sohnes  gesprochen,  ent- 
gegast  Hermes:  «von  deinem  unglücklichen  söhne  weisz  ich  noch 
Bahr  sa  ersihlen:  wolan,  versuche  mich,  frage  nach  dem  göttlichen 
Hektor,  kdi  habe  seine  thaten  gesehen.» '  es  ist  gewis  nicht  im  sinne 
dieeer  stelle  den  tod  besonders  zu  betonen  gegenüber  dem  was 
Hcmea  *noch  mehr  zu  erztthlen'  weisz;  und  was  soll  die  aufforde- 
lUBg  mit  elpco,  wenn  Hermes  derselben  sogleich  mit  seiner  erztth- 
Imig  mvorkommt?  ich  kann  auch  dem  nicht  beistimmen,  was  Römer 
zim  Tfirttindnit  der  vorausgehenden  verse  beibringt:  *mit  absieht 
lagt  Hermes,  wie  um  den  Priamos  zur  nennung  des  namens  *'£KTuip 
n  proToderen,  ganz  allgemein  v.  384:  TOtoc  T^  M\p  iliptaoc 
iXttiXcv  cdc  iratc.  ganz  allgemein  antwortet  darauf  Priamos:  i&c 
uoi  KoXd  t6v  oItov  dirÖTiAOu  naiböc  £vKirec*  und  so  konnte  füg- 


480  EE[ammer :  zur  Ilias  [Q  884  ff.]. 

lieh  jeder  Troer  sprecben,  dem  in  der  schlacbt  ein  bedeutender  söhn 
gefallen  war.  die  vorsichtige  zorttckhaltung  von  Seiten  des  Priamo< 
will  nun  dem  Hermes  nicht  gefallen,  und  er  entgegnet:  neipqi  ^eio, 
T€pai^,  Ktti  eipeai  *'€KTOpa  biov/  mir  scheint  es  nicht  richtig,  dasz 
Hermes  den  Phamos  zur  nennung  des  namens  "CiCTUJp  —  zu  wel- 
chem zwecke  doch?  —  provocieren  will,  dasz  Phamos  mit  vorsich- 
tiger Zurückhaltung  den  namen  Hektor  verschwiegen  hat,  dasz  beide 
—  Hermes  und  Phamos  —  *ganz  allgemein'  sprechen  und  ant- 
worten, die  Worte  toToc  Toip  Ävf|p  dipiCTOC  ÖXuiXcv  können 
sich  doch  nur  auf  den  einen,  bestimmten  beziehen,  von  dem  in 
dieser  partie  des  gedichts  so  ganz  besonders  die  rede  ist,  auf  Hektor. 
die  ganze  stelle  in  ihrer  auszerordentlichen  Schönheit  scheint  mir 
einfach  zu  sein  und  keiner  conjectur  zu  bedflrfen.  Phamos  ist  mit 
reichlichen  geschenken  unterwegs  zu  Achilleus ,  um  seinen  söhn  zu 
lösen;  es  ist  nacht,  und  er  befindet  sich  im  bereich  seiner  feinde. 
da  gesellt  sich  zu  ihm  Hermes  als  fremder,  der  dptouvioc,  und  ver- 
sichert ihn  seines  Schutzes  auf  dem  wege.  voll  dank  gegen  die  göttt? 
nimt  Phamos  denselben  von  dem  freundlichen  öbomöpoc  an.  in 
der  rolle  des  fremden  fragt  dieser  weiter,  ob  jeuer  die  reichen  K€t- 
^ifjXta  in  Sicherheit  bringen  wolle  oder  ob  bereits  alle  Troer  Ilio' 
verlassen  in  furcht,  seitdem  ihnen  der  beste  mann  gefallen,  fi'endig 
bewegt,  solches  lob  seines  herlichen  sohnes  auf  seinem  schweren 
wege  zu  vernehmen,  und  aus  dem  munde  eines  fremden,  den  er 
für  einen  Ghechen  halten  musz,  ruft  Priämos  in  freudigster  Über- 
raschung aus:  ^wer  bist  du?  wer  sind  deine  eitern?  der  du  so 
schön  mir  sprachst  von  dem  tode  meines  unglücklichen  klndesV' 
und  der  freundliche ,  verständnisvolle  gott  versteht  was  in  des  allen 
brnst  vorgeht,  und  weisz  wie  wol  ihm  die  anerkennung  des  Hektor 
gethan;  er  hört  aus  der  frage  des  Phamos  heraus,  dasz  dieser  nicht 
80 wol  von  ihm  und  seinen  eitern  etwas  erfahren  will,  als  über  sein 
Verhältnis  zu  Hektor,  dem  er  mit  so  warmen  werten  ausdnick 
verliehen:  *wer  bist  du,  dasz  du  über  meinen  söhn  so  sprichst V* 
und  so  antwortet  er:  Mu  willst  mich  aushol^i,  greis,  und  fraget 
nach  dem  göttlichen  Hektor,  dh.  indem  du  nach  mir  fragst,  wiIL< 
du  wissen ,  wie  ich  dazu  komme  von  dem  göttlichen  Hektor  so  zc 
denken :  den  habe  ich  im  kämpfe  gesehen',  und  nun  folgt,  in  welcbtr: 
Situation  er  dies  zu  be wundem  besonders  gelegenheit  gehabt,  und 
so  nennt  er  sich  einen  Myrmidonen  und  bringt  sich  damit  in  nächstes 
Zusammenhang  mit  Achilleus.  das  gibt  dem  Priamos  beste  gelegenh*-!' 
im  folgenden  von  dem  zu  sprechen,  was  ihm  so  sehr  am  herzen  liegt 
alles ,  glaube  ich ,  ist  hier  in  schönster  Ordnung ,  vielleicht  nicht  dc-r 
vers  385 ,  den  ich  für  interpoliert  halte,  denn  —  von  dem  spncb 
liehen  abgesehen  —  scheint  er  für  die  ganze  scene  nicht  zu  passen, 
in  der  Hermes  Priamos  gegenüber  die  roUe  des  fremden ,  der  den 
könig  nicht  erkennt,  festhält,  wie  ich  sehe,  hat  schon  Bekkeraus 
demselben  gründe  diesen  vers  für  unecht  angesehen. 

KöNiosBEBO.  Eduabd  KjOOfCZ* 


ADederich:  zu  Idyitts  buch  XXI.  481 

66. 

ZU  LIVIUS  BUCH  XXL* 


3  m  Haadrubälis  loeum  haud  dubia  res  fuU  $tifn  praer&j^iva 
mläahs  quam  extemplo  iavenis  HaHmb<d  . .  opppeüdtus  erai ,  fänar 
ftMs  sequebaiur.  so  lesen  die  Bltee^n  und  besieh  hss.  die  fitt^ren 
Mflgaben  haben:  in Hasdr.  heum  haiud  dubia  res  fitU- quin preteroffa- 
(ifMm  ulnarem,  qua  ext.  iuvenis  Hannibail .  .  appdkUus  erai^  favtyr 
tikmfMHs  segueretur]  obgleich  sowol  qua  als  auch  ^Haik  und  gequere- 
tw  taar  sehwache  hsl.  unterstOtznng  finden  (mn  TOtn  acc.  praeroga- 
imm  miUiarem  zn  schweigen ,  den  das  verbmn  sequi  nach  sieh  ge- 
logen  hat),  an  verbessenmgsversQChen  mangelt  es  nicht  um  seque- 
htOur  n  retten,  Miszt  Tittller  (jahrb.  1872  s.  120)  die  stelle  in  zwei 
teile  auseinander:  tti  Hasdr,  hcum  haud  dubia  res  fuU pfWroga^va 
snüfoHs.  qua  quoniam  ext.  itwenis  H. . .  appdUdus  erat^  favarplebis 
ff^MeMvr.  müder  einschaUnng  von  quoniam  kannte  man  sich  wol 
befreuaden ,  mit  dem  ersten  Satzteile  jedoch  keineswegs;  Weissen- 
boni  (4e  anfl.)  erklärt  die  stelle  für  verstflmmelt  und  setrt  nach 
qmn  aoslaesnngszeichen.  Alsehefski  und  Fabri  denken  an  ein  ana« 
kolotii.  nach  meinem  dafürhalten  musz  tbrerst  seqt^baiur  trotz  der 
^l  lutorittt  fallen  gelaesen  werden,  und  zwar  aus  zwei  gründen: 
«eil  es  nach  der  natnr  der  sache  nicht  rathsam  erscheint  die  periode 
in  zwei  teüe  zu  zerreiszen,  und  weil  das  inbrperfbct  in  der  erzählung 
uisbtihaft  ist,  da  man  statt  dessen  jedenfalls  seeutus  est  verlangen 
BQsx.  es  bleibt  daher  nichts  übrig  als  aus  den  alten  ausgaben  die 
▼tilg,  sequeretur  festzuhalten,  zur  vollständigen  heilung  der  ganzen 
fleUe  kommt  es  aber  darauf  an,  ob  man  sieh  mit  dem  gedenken  ver- 
tnat  maehen  kann,  dosz  Livius  die  periode  in  folgender  weise  hat 
constniieren  wollen:  in  HasdrubalUs  lacum  haud  dubia  res  fuit  quin 
' .  Hanmbai  .  .  sequeretur.  halten  wir  an  Harmibcd  als  subject  fest, 
(0  nrnss  zunächst  der  nom.  favor  fallen;  und  da  thut  uns  zu  dessen 
berichtigung  das  eüaim  der  vulg.  einen  guten  dienst,  insofern  es 
venigsiens  andeutet  dasz  zwischen  favor  plebis  etwas  ausgefallen 
«eia  k0nne;  so  dasz  inan  kein  bedenken  zu  tragen  hat  herzustellen 
f^^ore  plebis^  wenn  nicht  gar  fävcre  et  plebis.  und  dieser  ablativ 
nebt  unwillkürlich  nach  sieh  die  leichte  durch  ausmerzung  eines 
ehuigen  buchstaben  zu  bewerkstelligende  Verbesserung  jTfaero^a^ttw 
*iiten  {appeüatus  erat),  aber  was  ist  denn  endlich  mit  quam  zu 
■sehen?  dasz  es  past^utm  heiszen  müsse,  habe  ich  schon  emend. 
Li?.  I  8.  6  gesagt,  und  so  hätten  wir  mit  geringer  änderung  an  der 
lettrt  der  hss.  dem  Schriftsteller  die  würdigste  und  allen  sjntakti- 
«eliett  ond  sprachlichen  anforderungen  entsprechende  periode  her- 

*  aU  Bweiter  teil  meiner  'emendationes  LiviaoAe'  im  programm  des 
gjiBn.  sa  Emmerich  von  1876,  welchen  in  lateinischer  spräche  ebenda- 
«rbtt  folgen  sn  lassen  die  Vorsehung  durch  meine  rersetzung  in  den 
mhesUad  mir  nieht  vergönnt  hat. 

mr  clai«.  philol.  1879  hft.  7.  .    31 


482  ADederich:  zu  Livius  buch  XXI. 

gestellt:  in HasdrttbaUs  locum  haud  dubia  res  fuü  quin, praerogaim 
müUari  pastquam  extemplo  iuvenis  HannihcU . .  appeüatus  erat,  favore 
{et)  pUhis  sequeretur. 

6  ut  non  petisse  Soffuntinos,  sed  rerum  serie,  finttkms  domitis 
geniibus  iungendoquey  tractus  ad  id  heUum  videripassä.  richtig  ist 
Fabris  bemerkung:  *die  worte  fimtimis  domUis  gentibus  iungendoquc 
filhren  näher  aus,  was  durch  rerum  Serie  angedeutet  war.'  die  reiben- 
folge der  thatsachen  besteht  in  der  bezwingung  und  einTerleibang 
der  benachbarten  Völkerschaften,  hiernach  kann  aber  iungtndogue 
unmöglich  richtig  sein,  obwol  die  bewährtesten  hss.  zustimmen,  die 
aufgestellten  erklärungen  sind  zu  gezwungen  und  unnatQrlich.  Livius 
hätte  entweder  sagen  müssen  finüimis  domüis  geniibus  iundisquty  oder 
finitimis  dofnandis  geniibus  iungendisque  (vgl.  c.  2  in  sotticUandisgen' 
tibus  imperioque  suo  iungendis).  die  alte  hs.  des  Sigonius  hat  wirk- 
lich iungendisque^  und  wird  noch  Ton  eioigen  spätem  unterstfitzt, 
aber  audi  das  befriedigt  nicht  in  der  nebeneinanderstellung  der  yoll- 
endeten  bezwingung  und  der  notwendigen  einverleibung  der 
nachbarrölker  und  in  der  Verbindung  dieser  beiden  thatsachen  durch 
que,  besser  wäre  es,  wenn  diese  partikel  fehlte,  in  dem  sinne:  *nem- 
lich  dadurch  dasz  die  bezwungenen  nachbarvölker  einverleibt  wer- 
den musten.'  findet  hierin  ohne  zweifei  der  richtige  gedanke  des 
Livius  seinen  ausdruck,  so  ist  es  jedoch  mislich,  die  von  allen  bss. 
und  alten  ausgaben  beglaubigte  partikel  ohne  weiteres  hinauszu- 
werfen, ich  lese  daher  mit  einer  kleinen  änderung  iungendis  quo- 
que,  es  musten  die  nacheinander  bezwungenen  nachbarvölker  lacb 
einverleibt  werden,  schon  die  Stellung  von  domüis  zwischen  finüimii 
geniibus  scheint  darauf  hinzuweisen,  dasz  domUis  nur  aitributist. 
der  richtige  tezt  ist  beim  abschreiben  zusammengezogen  und  ver- 
stümmelt worden  in  iungendoque,  gerade  wie  c.  7  qui  quondam  in 
quidam^  c.  25  dumparumper  in  dum  per  ^  c.  Zb  pariibus  dkoer^  '^ 
perversiSy  c.  49  onMere  iussis  in  amissis. 

7  oriundi  a  Zacyntho  insula  dicuntur  nUxtique  etiam  ab  Ardca 
ButuHarum  quidam  generis.  die  syntaz  könnte  doch  nur  sein:  mixih 
que  etiam  {dicuntur)  quidam  ex  genere  Buhilarum  ab  Ardea»  Aar 
klingt  es  nicht  sonderbar,  dasz  bei  der  cotonie  auch  einige  (ein 
paar  leute)  aus  dem  geschlechte  der  Butuler  von  Ardea  gewesen  sein 
sollen?  ein  paar  Ardeaten  bilden  kein  ge misch,  bei  ^wk&mi  siebt 
am  rande  des  Mediceus  quondam  geschrieben,  das  halte  ich  nicLt 
fttr  zufällig,  vielmehr  für  eine  andeutung  dasz  Livius  geschrieben 
habe:  mixtique  etiam  ab  Ardea ,  Ruiulorum  qui  quondam  generis  (sc. 
ercmi).  über  die  Verstümmelung  des  qui  quondam  in  quidam  vgL 
oben  zu  c.  5« 

8  oppidani  ad  amnia  tuenda  atque  obeunda  muUifariam  distineri 
coepti  sunt  non  sufficiebani.  so  die  bessern  hss.  unter  den  beilungs- 
arten  erwähne  ich  nur  die  versuchte  einschaltnng  eines  qui  oder  quod 
nach  oppidani,  es  handelt  sich  lediglich  um  die  richtige  Verbindung; 
und  nach  meiner  ansieht  gehört  offenbar  zusammen:  oppidani  ad 


/^ 


ADederich:  zn  LivioB  buch  XXI.  483 

mm  tuenda  atque  cibeunda  non  suffieiehant.  dieses  zugegeben, 
mau  Tor  mtdHfariam  die  conj.  pastguam  aasge&Uen ,  die  band  des 
UiioB  also  gewesen  sein:  oppidani  ad  omnia  tuenda  atque  oheunda, 
postquam  mHUifariam  distineri  coepti  auni,  non  suffkiebamt.  über  die 
aoBhiBiing  von  postquam  vgl.  zu  o.  3. 

10  Hanno  . .  causam  foederis  . .  egU^  per  deos  foederum  arhUros 
ae  festes  senatum  otdestanSf  ne  . .  suseUarent  heBum:  monuisse^  prae- 
daiseesex^w.  so  edieren  Alschefski,  Weissenbom  ua.  merkwürdiger 
weise  teilen  sich  hier  die  besten  hss.  in  zwei  kategorien,  von  denen  die 
eine  ni  yiel  einschaltet,  die  andere  zu  viel  hinauswirft,  die  alte  Col- 
bertiiüsehe  hat:  egU per  deos  foed.  arh.actestishannonis  suaden- 
(is  senatum  qptestans  ne . .  hdksm  monuisse.  die  Mediceische:  egU . . 
toHs  *  ♦  senatum  obtestans,  ne  .  .  hdlum  monuisse.   dazu  bemerkt 
Abebefski,  die  leeren  stellen  seien  radiert,  und  dasz  dort  dieselben 
worie  wie  in  der  Colbertinischen  hs.  gestanden  hätten ,  lehrten  der 
codex  Yossianus  und  andere,  welche  dieselben  werte  htttten.  der  Yos- 
ntiiQs  hat  aber  noch  ein  wort  mehr  und  auszerdem  eine  wichtige 
sndere  Verschiedenheit,  nemlich :  ac  testis  oratio  Hannonis  sua- 
dentis  senatum,  ohtestantis  ne  usw.   überdies  hat  der  Oxon.  N, 
welcher  sonst  die  fraglichen  werte  nicht  kennt,  statt  obtestans  die  les- 
trt  chtestantes^  welche  auf  die  Vossianische  oUe^antis  hinführt  und 
eine  den  obigen  einschaltnngen  gleiche  quelle  vermuten  iSszt.   die 
(weite  kategorie  der  hss.  wird  repräsentiert  durch  die  Florentinische 
des  JFGronov,  welche  nur  hat:  egit.  per  deos  • .  testes  obtestans^  ne 
. .  Mhfm.   monuisse^  praedixisse  se,  hierin  ist  senatum  ausgelassen; 
Q&d  Qronov  selbst  geht  noch  weiter  in  den  auslassungen ,  indem  er 
inir  ediert:  per  deos  . .  testes  monuisse^  praedixisse  se:  so  dasz  der 
guize  passas  senatum  obtestans y  ne  .  .  beBum  hinausgeworfen  ist; 
md  ihm  sind  Drakenboroh  und  Hertz  gefolgt,  ebenso  der  deutsche 
flberseizer  Heusinger,    die^e  männer  hätten  dann  mit  dem  codex 
Oxon.  N  auch  noch  monuisse  tilgen  sollen.  •—  Was  nun  die  ein- 
tebdtungen  betrifft,  so  könnte  man  vermuten,  die  werte  oratio 
Bmmomis  suadentis  hätten  ursprünglich  auf  dem  rande  gestanden 
oid  seien  Ton  da  in  den  text  hineingerathen.   allein  es  wird  hier  die 
6ige  gestattet  sein,  ob  denn  der  redner  Hanno  nicht  kann  gesagt 
^tien:  'unter  anmfiing  der  gdtter  habe  ich  gerathen,  den  senat  habe 
ich  besehworen,  gewarnt  habe  ich  einen  neuen  krieg  heraufzube- 
schwören; ans  herz  habe  ich  gelegt,  den  Hannibal  nicht  nach  Spanien 
gehen  SU  lassen.'   das  wird  man  doch  der  läge  der  sache  nach  leicht 
ngeben;  und  beachtet  man  die  Übereinstimmung  so  vieler  ältesten 
od  beaten  hss.,  so  werden  die  werte  des  Livius  füglich  gelautet 
haben  kOnnen:  Hanno  . .  egit:  per  deos^  foederum  arbitros  ac  testis^ 
^sxäione  suadentis^  senatum  ohtestantis ^  ne  .  .  suscitarent  beUum^ 
nmdsse;  praedixisse  se  usw.    nur  Hannonis  ist  von  einem  unge» 
»eUcktett  erUärer  eingeschoben;  und  ne  .  .  suscitarent  bdlum  ist 
sieht  von  obtestantis  abhängig,  sondern  von  monuisse.    deutsch: 
'Hanno  behandelte  die  frage  des  Vertrags:  er  habe,  sagte  er,  bei  den 

Sl* 


484  ADederich:  zn  LiviaB  buch  XXI. 

göttern,  den  richtem  and  zengen  der  vertrSge,  mit  der  spräche  einet 
rathenden,  unter  beschwOrangen  des  senata,  davor  gewarnt,  sa  dem 
kriege  mit  den  Sagnntinem  auch  noch  (durch  vertragsbradi)  ränea 
krieg  mit  den  Bömem  heraufzubeschwören;  «r  habe  firtthieitig  ans 
herz  gelegt,  den  söhn  des  Hamilcar  nicht  zum  beere  zu  schicken.' 

Weiter  unten  heiszt  es  nach  Weissenbom:  res  ex  föedererepe- 
iunt;  ut  puUioa  fraus  äbsU^  awiorem  eidpae  et  reum  cnminis  d<^ 
cufU.  die  besten  bss.  lesen:  res  ex  foedere  repetuniur  de  re  n^im- 
tur  publica  fraus  äbsü.  das  doppelte  rt^uniur  ist  hier  keine  der 
gewöhnlichen  Wiederholungen,  wie  sie  nicht  selten  die  besten  bss. 
des  Livius  bieten,  die  stelle  ist  Terdorben;  aber  der  fehler  steckt 
tiefer  als  man  bisher  vermutet  hat.  Gronov  scblXgt  vor:  res  ex  f. 
r^petufU,  iure  querufdur,  Perizonius  hat  dem  publica  ein  ui  vorge- 
setzt, und  ihm  ist  ua.  Weissenbom  gefolgt,  diese  einschaltong  des 
ut  ist  für  den  sinn  eine  untmigttngliche  notwendigkeiti  und  das  wOrt- 
chen  ergibt  sich  auch  aus  einer  richtigen  entziffierung  des  verdor- 
benen zweiten  repetufUur.  man  stelle  sich  die  verdorbenen  buch- 
Stäben  zusammen:  wr  de  re  repeiumiu/r\  hält  man  hierin  das  tob 
Oronov  vortre£Qich  divinierte  iiwre  fest,  so  findet  sich  an»  dem  iwei- 
ten  repetwniur  ohne  grosze  mühe  heraus  ein  repeiufid\  W  dh.  re^- 
tundarum  ut.  hiemach  lautet  die  stelle:  res  ex  f.  rtpetunt;  iure rQ/- 
tundarum,  utpuibUca  flraus  äbsUf  auäorem  . .  deposcumt:  'sie  fordern 
vertragsmäszig  genugthuung;  nach  dem  betreffenden  rechte  (nach 
dem  die  genugthuungaleistung  betreffenden  rechte)  fordern  sie,  nm 
vom  Staate  jeden  nachteil  (jede  schuld)  fem  zu  halten,  nur  die  sos- 
liefemng  Hannibals,  des  eigentlichen  urhdsers  des  freveis.' 

17  duas  Ugiones  Bomanas  ä  decem  milia  soeiorum  •  .  Gaüia 
provinäa  eodem  versa  in  Punicum  hdhim  habuit,  die  stelle  kann 
nur  ins  rechte  licht  gesetzt  werden  durch  vergleichung  des  bericbts 
des  Poljbios  ini40,  welcher  also  lautet:  als  die  meidung  nach  Born 
kam,  Hannibal  habe  den  Ebro  überschritten,  wurde  bes^loasea  den 
P.  Cornelius  Scipio  nach  Spanien,  den  Tib.  Sempronius  nach  Alna 
zu  schicken,  während  diese  sich  rüsteten,  sollte  unterdessen  die  an- 
gelegenheit  der  colonien  in  Qallia  cisalpina  in  die  band  genominen 
werden,  es  wurden  daselbst  die  städte  befestigt,  Plaoeniia  und  Cre- 
mona  gegründet,  kaum  war  dies  geschehen,  als  die  Bojer,  überdies 
durch  die  nachricht  von  dem  anrücken  der  Punier  ermaiigt,  von 
den  Bömem  abfielen ,  auch  die  Insubrer  für  sich  gewannen  und  die 
römische  colonie  Mutina  belagerten,  als  der  praetor  L.  MaBlia>. 
welcher  in  diesen  gegenden  mit  einem  beere  stand  (icpoxodivi^oc 
im  TUiv  TÖituiv  |i€Td  buvoMeuic),  dieses  hörte,  eilte  er  zum  enUau 
herbei,  aber  die  Bojer  überfielen  ihn  in  einem  gehOls  ans  einem 
hinterbalte,  machten  die  Römer  teils  nieder,  teils  schlagen  sie  die* 
selben  in  die  fiucht;  auch  die  fliehenden  verfolgifcn  sie  und  seUossen 
sie  in  einem  flecken  ein.  auf  diese  nachricht  wurde  das  für  P.  Cor- 
nelius Scipio  bestimmte  beer  unter  der  führung  eines  praelors  nach 
Gallia  cisalpina  den  belagerten  zu  hilfe  geschi<£t  und  für  Scipio  ein 


ADederich:  sa  livitis  buch  XXI.  485 

10068  hetr  geworben,  das  geschah  m  Gallien  am  aafonge  des  krieges 
bis  znr  ankniift  Hannibals ;  und  am  aafsng  des  sommers  giengen  die 
ooBBok  in  ihre  proTinzen  ab.  —  So  lautet  des  Polybios  klare  dar- 
stdhmg.  Livins  Terwirrt  nnd  verwischt  die  verhftltnisse.  seine  vor- 
keijgehflndea  worto  qma  L.  MtHüius  praetor  et  ipse  cum  haud  inva- 
Udo  praeeidio  in  OäSkam  üiitteMiir  beziehen  sich  auf  das  nach  Poly- 
bios dem  Scipio  abgenommene  nnd  Ton  einem  praetor  nach 
OsOien  gesohidcte  beer  (t&  fiiv  Tif^  TTonX{i()  irpoKCXCtpKM^a  crp«* 
liiicba  Kccrd  ciroub^v  äair^CTcXXov  itA  Tf|v  toOtuiv  ßo/|6eiav, 
irr^va  cvccVjcctVTCC  äcnrAeicuv),  welchen  nicht  genannten  prae- 
tor IdTios  irrtümlich  mit  dem  praetor  L.  Manlins  Terwechselt.  die- 
ser Mialios  ist  der  praetor,  weleher  nach  Polybios  schon  Mher  in 
Gtifien  stand  and  gegen  die  Bojer  sum  entsetz  von  Matina  herbei- 
eilte, ebenderselbe  ist  es,  der  die  eex  legiones  Bomanas  et  deoem 
mKa  90€ierum  befehligte,  welche  in  der  provinz  GaDia  standen,  ob- 
S^eidi  Livins  an  der  richtigen  stelle  dessen  namen  verschweigt,  die 
prorins  Gallia  hatte  diese  trappen  schon  vor  dem  beginn  des 
Hssaibalischen  krieges:  OMa  provinda  .  .  hdbmt]  nicht  bekam 
lie  dieselben  erst  jetzt,  nach  dem  beginn  des  krieges.  and  was 
non  des  Livias  werte  eodism  versa  in  Pimki/un  hdlum  betriA,  so 
■US  aas  des  Polybios  darstellnng  der  sinn  hineingebracht  werden, 
te  die  zwei  römischen  legionen  and  die  10000  bandesgenossen  da- 
nüs  noch  nicht  zam  kriege  gegen  die  Panier  gekehrt  gewesen 
«veB,  sondern  schon  vor  dem  aasbrach  des  krieges  in  Oallia  eis- 
alpina  standen  sam  schätz  des  landes  gegen  die  Bojer.  sehr  richtig 
bat  ilao  Gtobov  das  darchaus  zweifelhafte  wort  eodem  emendiert  in 
du  sinnentsprechende  non  dum.  ich  setze  hierbei  voraas  dasz  versa 
neb  lieht  anf  OaUia  provmcia  bezieht,  sondern  anf  die  sex  legiones 
ä  deeem  MHia  soeiormn:  welche  beziehong  schon  Heasinger  and 
aaeb  ihm  Fabri,  Heerwagen  na.  als  für  die  syntax  des  Livias  darch- 
ui  zalissig  erklärt  haben«  anter  diesen  umständen  erhalten  aach 
&  Worte  Ml  Puniemn  hdlum  eine  zweekmfltezige  bedeatang.  die 
«teils  mass  also  laaten:  sex  legiones  Bomanas  .  .  GaMia  provinda^ 
MONdMa  versa  in  P%mioum  heUnm^  halmU:  'sechs  rOmische  legionen  •  .- 
Wtts schon  die  provinz  GkUia,  nemlich  diejenigen  legionen,  welche 
•od  nicht  sam  kriege  gegen  die  Panier  (gegen  Hannibal)  gekehrt 
'jswsndet)  worden  waren/  zar  deatlichkeit  kdnnte  man  nach  pro- 
naeis  noch  «in  iam  {iam  . .  häbuü)^  dnrch  die  endang  des  vorher- 
febeaden  wertes  absorbiert,  einschalten,  oder  aach  lesen  j^rmfM^Mi, 
füiem  (and  zwar)  nondiim  versa ^  anter  der  annähme,  von  eadem 
Ki  du  nondmm  verschlangen  worden,  aber  es  liegt  dazn  keine  not- 
«cnfigkeit  vor. 

»  ad  tnendam  wumtknam  oram.  die  besten  hss.  haben  ad 
^KWtac  mantmae  orae*  offenbar  ist  das  ad  nnr  interpolation  eines 
iaterprelen,  and  die  band  des  Livias  ist:  tnendae  mariümae  orae^  wie 
neh  mng9^  obsehon  nicht  gerade  die  besten  hss.  haben,  aber  den 
gwtiv  s.  Zan4>t  gr.  §  662.  Meiring  §  876.  wie  wäre  es  jemandem 


486  ADederich:  su  Livius  buch  XXI. 

eingefallen,  wenn  LiYins  ad  tuendam  warn  geschrieben  h&tte,  den 
acc.  nach  ad  in  den  gen.  zu  Terwandeln? 

26  necy  dum  per  patenHa  loca  duoebatwc  agmen^  apparuü  ko^is, 
die  besten  bss.  haben  .necdum  per  mpadeiUia  {mpactenHa)  loca  duce- 
iatur  agmen  cum  apparuU  ho$Hs.  ich  mache  daraus:  fiec,  dum  jm- 
rtmiper  in  patentia  loca  ducebatur  agmen^  appantU  hasHs:  'and,  so 
lange  (so  lange  als  und  so  oft  als)  der  zug  eine  kleine  weüe  in 
offenes  terrain  kam,  liesz  sich  kein  feind  sehen.'  das  cum  in  den 
bss.  ist  durch  falsche  aof&ssung  des  zusammengeschrieboden  nee- 
dMf»  entstanden,  über  das  yerstümmelte  dum  jMr  statt  dum  iNimiN- 
per  vgl.  oben  zu  c.  5. 

28  tä  cum  dephmdi  usw.  dasz  die  werte  uJt  cum  verdorben  sind, 
sieht  jeder  ein.  aber  wie  ist  hier  zu  helfen?  ich  glaube  dasz  ganz 
einfach  zu  verbessern  ist  id  ium^  und  dasz  diesem  das  unten  fol- 
gende Ua  .  .  deinde  entspricht,  wie  dann,  sobald  die  elephanten 
von  dem  ersten  flosz  auf  das  zweite  übergegangen  waren,  dieses 
(zweite)  nach  plötzlicher  lösung  der  seile  von  einigen  ruderschiffsn 
an  das  andere  ufer  hinübergezogen  wurde,  so  wurden  daranf, 
nachdem  die  ersten  ans  land  gebracht  waren,  wieder  andere  geholt 
und  übergesetzt. 

31  quod  ea  senatus  prindpumgiue  seiüenHa  fuerat.  es  ist  doch 
sehr  auffallend,  dasz  der  Mediceus  von  erster  hand  liest  seiikntia 
futurum ,  der  Colberünus  sogar  sentenüam  futurum ;  and  da  ein  An- 
derer guter  codex  hat  quod  erat  ea,  so  ist  es  erklärlich,  wie  Aischefski 
darauf  fallen  konnte  zu  lesen:  quod  erat  ea  senaiua  pr.  $enUiMia 
fuJtura.  allein  von  einem  derartigen  sinne  kann  gar  mdit  die  rede 
sein,  da  Hannibal  schon  vorher  ausdrücklich  die  hilfe  zugesagt 
hatte,  wie  wir  aus  Poljbios  m  4&  ersehen,  und  gerade  deswegen 
wird  an  der  lesart  quod  ea  . .  semientia  fuerat  nichts  za  ftndem  sein; 
es  sei  denn  dasz  man  mit  einem  kleinen  zusats  lesen  wolle  setiMM 
\am  fuerat. 

33  perversis  rupibus  iuxta  mvia  ac  devia  adsueti  deeurrunt.  ^o 
die  hss.;  nur  6ine  hat  dtversis^  welches  jetzt  fast  allgemein  für  rich- 
tig gehalten  wird,  verbesserungsvorschlttge  md:  per  dwersa  rypi- 
hus  (was  Hertz  aufgenommen  hat),  per  dhersa  e  rupQmSy  dtvmi 
rupibus.  ich  glaube  dasz  der  fehler  tiefer  liegt:  denn  wie  httte  es 
einem  abschreiber  einfallen  können,  das  diveraia  zu  indem  in J9«r- 
versis?  nach  meinem  dafürhalten  hat  Livius  geschrieben:  jparft^M^ 
diversis  e  rupibus  .  .  deeurrunt*  schon  das  vorhergehende  rati 
konnte  veranlassung  geben  zur  Verdrängung  des  parHbus.  Aber 
solche  zusanmienziehungen  vgL  oben  zu  c.  5.  war  einmal  perversia 
verdorben ,  so  muste  blosz  rupibus  folgen.  Livius  könnte  anch  ge- 
schrieben haben:  rupis  («*  rupes)  deairrunt,  der  ungewöhnliche 
acc.  bei  decurrere  müste  bei  Livius  ebenso  hingenommen  werden 
wie  derselbe  casus  bei  adsuäi. 

36  iumenia  secäbant  inierdui^  etiam  iameninfimam  ingredientia 
mi^em  et  protapsa  . .  penüus  perfringebant.  Polybios  III 55  enrlhnt 


ADederich:  zu  Livins  bach  XXI.  487 

tlien  schoee  Tom  yorigen  winter  und  neuen  vom  gegenwärtigen,  da- 
her weichen  Schnee,  und  sagt  dann  im  allgemeinen:  der  neue  schnee 
wurde  zertreten ,  und  die  Punier  giengen  dann  über  den  darunter 
liegenden  alten ,  der  zu  eis  gefroren  war,  in  welchem  sie  daher,  weil 
sie  sieh  (auf  der  glatten  krnste)  nicht  halten  konnten,  gleichsam 
sdiwanmien.  den  alten  schnee  konnten  sie  nicht  durchtreten;  aber 
die  zDgthiere,  wenn  sie  fielen  und  sich  wieder  auf  die  beine  helfen 
wollten,  brachen  in  dem  kämpfe  durch  und  blieben  in  der  eiskruste 
Bteeken.   die  Schilderung  des  Livius  ist  ganz  die  nemliche.   auch  er 
unterscheidet  den  alten  und  neuen  (frischen)  schnee.   der  alte  wurde 
IQ  brei  (schlämm)  zertreten ,  und  es  giengen  die  menschen  auf  dem 
n  eis  gefirorenen  schnee  und  durch  den  schneesohlamm,  und  auf  der 
glttten  eiskruste  konnten  sie  sich  nicht  halten,  und  so  w&lzten  sie 
ach  auf  der  eiskruste  und  in  dem  schneesohlamm.  darauf  folgen  bei 
Lifiiis  die  oben  angeführten  worte  über  das  zugtieh.   Polybios  sagt 
darüber  nur:  xd  b'  OttoZut«!  bt^Komrev,  8ti  tt^coi,  Tf|v  Kdtuj  xxöya 
Kord  Tf|V  ^toväcraciv.  dazu  passen  bei  Livius  nur  die  worte  et  pro* 
lapea . .  penUus  perfringehant  ^  so  dasz  die  worte  secabant  Merdum 
efioM  tarnen  tnfimain  imgredientia  mvem  einen  dem  Polybios  fremden 
gedanken  enthalten,  leider  herscht  in  diesen  letzten  werten  groszes 
Terderbnis,  und  die  heUungsversuche  von  Oronov,  Walch,  Heusinger, 
Hertz  ua.  befriedigen  nicht   als  richtig  kann  man  anerkennen :  seca- 
IwU . .  ii%fimam  4ngredieniia  mvem  etprolapsa  . .  peniius  perfirmge- 
Itffrf.  die  worte  penUus  perfringebant  haben  dasselbe  object  {infimam 
nivem)  wie  secabani^  und  das  penUta  petfri^^^  s^^  ^  geg«&* 
Mtz  ein  einschneiden  und  ritzen  der  eiskruste  voraus,   das  verhftlt* 
Bis  zwischen  ingredtentia  und  prolapsa  hat  Weissenbom  richtig  er* 
kliri    aber  was  ist  denn  mit  den  offenbar  verdorbenen,  weil  zur 
ndw  bedeutungslosen  werten  interdum  etiam  tarnen  der  hss.  anzu- 
bagen?  der  Mediceus  und  einige  andere  hss.  haben  interdwn^  etiam 
tamy  die  alten  ausgaben  interäum  etiam  tum.  überdies  bieten  mehrere 
hss.  seeabantur  oder  sectabantur.  was  erstens  interäum  anbelangt,  sor 
hsHe  ich  daftlr  dasz  das  inter  nichts  ist  als  ein  nachklang  der  beiden 
letzten  tüben  des  schon  firüh  verdorbenen  seeabantur.  femer  glaube 
ich  dasz  in  dem  etiam  tarnen  oder  etiam  tarn  das  wort  tabem  (das 
in  hss.  oft  verdorben  erscheint)  oder  täbidam  {nivem)  verborgen  ist 
Khon  Weissenbom  schlug  vor  et  in  tobe  oder  per  tabem.    allein 
BeinA  ansieht  ist  dasz,  mehr  entsprechend  den  in  den  hss.  verderb- 
tes Worten  dum  etiam  tarn  {tum)^  Livius  geschrieben  habe:  secabant 
«im  tabidam  (oder  tabem)  tum  infimam  . .  nivem. 

88  Taurini  ChdUae  proxima  gens  erat  in  JRoIfam  degresso.  so 
ediert  Weissenbom.  in  diesem  cap.  beantwortet  Livius  die  fragen: 
vami,  mit  wie  groszem  beere,  in  welchem  lande  und  von  welchem 
berge  Hannibal  nach  Italien  hinab  gestiegen  sei.  durch  Weissen« 
botns  tezt  ist  wenigstens  die  ftage  'in  welchem  lande*  gehörig  ent* 
lehieden.  die  firage  'mit  wie  groszem  beere'  ist  beantwortet  bis 
Mitstsse.  die  worte  id<um  inter  omnes  constet  beziehen  sich  nur  auf 


488  ADederich:  zu  Idvias  buch  XXL 

die  frage  *üi  welchem  lande',    einige  erklftrer  haben  amisisse  mit 
dem  folgenden  in  verbijadung  gebracht  (wie  Gronoy  and  Alachafski); 
allein  diagegen  spricht  der  umstand,  dasz  nach  Liviae  die  angäbe 
über  die  zahl  der  trappen  Terschieden  ist,  ebenso  daax  die  fragt,  wie 
viele  trappen  Hannibal  gehabt  habe,  als  er  aas  dem  lande  der  Tau- 
riner  auszog,  eine  durchaus  mtjiszige  ist.    daa  hinabsteigen  in  das 
land  der  Tauriner  und  nach  Itijien  ist  als  identisch  zu  betrachten,  und 
es  ist  einfach  die  frage,  wie  yiele  truppen  Hannibal  nach  dem  Aber- 
gang  über  die  Alpen  noch  hatte;  die  frage  'in  welches  land'  setzt 
der  Schriftsteller  als  bekannt  voraus,  aber  wie  tifiben  denn  die  hss.? 
der  Colbertinufl  hat:  amisisse  taurinis  galli  prtmma  gen»  erä  i» 
lioHiam  digresso  (eine  alte  band  hat  an  gMi gßlUidert^aSie,  andern» 
spätere  an  taurims  das  s  radiert),   der  Mediceus:  anMsse  iamvm 
ne  galli  prox,  gern  .  .  digresso.    einige  spätere:  tasurinisne  gcßis, 
oder  taurinisve  oder  taurinisque  ne  gafUs^  o^er  taurims  gaUis  giMK; 
der  Berol.  und  Hafn.  iaurini  gqIU\  der  Cantabr.  ta^rinis  quaegaüiM* 
hieraus  erhellt  dasz  die  bewährteste  lesart  ist  taMrim  negcML  jeden- 
falls ist  zwischen  taurini  und  gaUi  etwas  ikUßgefallen,  was  die  meta* 
morphosen  ne  re  que  durchgemacht  hat  un4  mit  welchem  das  goili 
verschmolzen  worden  ist;  und  das  ausgefallene  nebst  j^ä  ist  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  nichts  anderes  als  taiurini  an  m  5att  dh. 
taurini  annibali.  also  ist  die  band  des  Livius:  TaurimHaim' 
hiüi  praxima  gens  erat  in  Italiam  degresso,    man  wird  gestehen 
müssen,  dasz  die  Wiederholung  des  namens  Hannibal  hier  als  sebr 
wünschenswert  erscheint,  durch  diese  aus  den  hss.  ohne  zwang  sich 
ergebende  emendation  faRen  alle  übrigen  versuche  der  hgg.  als  Aber- 
flüssig  ^eg. 

40  M  nihü  magis  vereor  quam  fie,  vos  cum  pugnaverüiSj  Alpt$ 
vidsse  Hannibaiem  videantur.  so  haben  seit  Drakenborch  anch  Heru 
und  Wj^issenbom  ediert,  die  hss,  weichen  sehr  von  einander  ab. 
durch  sie  sind  als  feststehend  zu  betrachten  die  werte  vos  CMmpu^aa* 
verüis.  sind  die  aber  richtig,  so  musz  die  lesart,  worin  anUqMm 
vorkommt,  falsch  sein,  es  haben  nemlich  einige  hss.  ne^  oMtequam 
v(^  cum  pugnaveritis.  dieses  ßnteguam  ist  offenbar  entstanden  aoi 
umquam^  was  die  besten  und  meisten  hss.  bieten,  wie  lasen  aber 
die  ältesten?  der  Colbertinus  und  Mediceus:  nee  umquam^  vos  cum 
pt/ign, ,  und  ebenso  der  Florentinus.  allein  der  Mediceus  von  dritter 
und  der  Florentinus  von  zweiter  band  corrigieren  ne  cuiqiiam.  da 
in  dor  ältesten  lesart  nee  umguam  der  buchstab  c  nur  auf  aU  hin- 
führen  kann,  so  hat  Aischefski  unstreitig  richtig  hergestellt  ne  ctti 
uffijiiam.  will  aber  Aischefski  überrede,  dasz  nikä  magis  ver«»' 
gesagt  werden  künne  ohne  folgendes  fluom,  so  ist  dieses  bemflben 
vergeblich,  auch  quam  ist  festzuhalten,  waa  zuerst  von  Sigonius 
hergestellt  und  was  nicht  ohne  hsL  autorität  ist.  es  ist  also  zo  lesen: 
quam  ne  cui  umquam^  vos  cum  pygnaverüis  ußw, 

41  neque  regressus  ad  navis  erat,  alle  hgg.  stimmen  fiberein, 
dasz  die  werte  verstümmelt  sind;  aber  keiqpr  weisz  zu  helfen«  icb 


ADedericb:  sn  LWiaB  buch  XZI.  489 

eeUag^  vor:  neque  regressus  ad  navis  satis  tutus  enri^  nenolich  ai 
longima  hastem  jpersecuius  essem. 

43  dextra  laevague  duo  maria  daudunt  nuUam  ne  ad  tffugium 
ynidm  navtm  habenitbm.  circa  Padus  amnis  usw.  man  hat  häbefh 
tibuif  worin  alle  hss.  übereinstimmen,  in  yerschiedener  weise  ent- 
weder als  dativ  oder  als  ablatiy  zu  erklftren  versuchty  aber  kei^ie  er* 
klinug  flu:  ?oll$tändig  gentlgend  befunden,  man  ist  zu  ftndemngen 
geschritten,  hat  nach  dmdu/Wt  ein  Uer^  nach  maria  ein  viam  einge- 
fldaltet,  60  dasz  haberU%h\i8  dativ  wurde,  allein  es  gibt  noch  einen 
andern  w^,  der  vielleicht  glücklicher  ist»  nemlich  zu  lesen:  d^ra 
Uiaaque  duo  tnaria  dauduni  et  nuUam  •  .  navem  habetis.  vobis 
cina  Padus  amms  usw.  das  ä^  welches  nach  dem  vorherigen  t  leicht 
&iufalkn  konnte,  ist  nicht  gerade  nötig,  vermittelt  aber  eine  etwas 
mildere  Verbindung,  ans  dem  zusammengeschriebenen  habetiiuobis 
ist  firühintig  haibcfUibuß  verdorben  worden  (vgL  zn  c.  5):  'rechts 
und  links  schliessen  zwei  meere  ein,  und  ilur  habt,  wollt  ihr  über 
dieselben  entfliehen,  nicht  einmal  zu  solchem  auswege  ein  einziges 
&chi£  riagsher  (vor  euren  äugen)  habt  ihr  den  Padus,  welcher 
grdszer  und  reiszender  ist  als  der  Bhodanus;  hinter  euch  ragen  di« 
Alpen.' 

43  tooe  in  hca  aUiora  coUesgue  iinpedUiores  equUh  so  hat  LYaU» 
Terbeiseri  ans  der  lesart  der  besten  hss. :  foiii  in  hca  aUiora  cdkusqui 
'.oder  loonaque)  impeditiores  equües]  und  ihm  sind  die  hgg.  gefolgt» 
sber  dasz  die  hca  äUiora  cMesquCy  so  nebeneinandergestellt,  einigen 
ttstosz  erregen,  wird  niemapd  verkennen.  Polybios  m  67,  9  sagt 
blosz:  Touc  T0VT4I  cuvijiiiTOVTac  TCuuXöqKHic  (^Iimmm^o«).  auffallend 
Tcnchieden  ist  die  lesart  zweier  hss.  bei  Alscbefiaki,  von  dene«  die 
tiac  hat:  ei  hca  aUiora  guae  imfeditiora  suntpoinißt  die  andere :  ^ 
i<m  in  hca  aUiora  guaejpomis  impedUiora  simi  ad  eqwtes.  und  mm 
^ vcrsaebt  hiemach  zu  ftnderq:  iam  inhcßoUiora  eaque  ti^mulis 
impedäiora  tguUi  (oder  egut^).  auf  dem  hohem  terrain  waren  noch 
bflgelförmige  erhebungen,.die  der  reiterei  allzu  hinderlich  waren. 

49  esdemph  et  drca  praetorem  (et  circa  pradore^  et  ciroß  aprac- 
'ore)  a  dvitate  (a  dvUatee)  missi  legati  ^rtduisifiiie,  ems  ad  curam 
cMttodiae  inienderentf  ante  amnia  Lüffbaeum  teneri  apparatum  bdli 
idiäo  propogftOf  ui  ,  •  deferrent  d  uh  siifmtm  daium  eesdy  ne  qma 
'«<  —  ne  qirii)  .  .  faperd^  perque  omncm  crom  .  .  dßsiem  rimäi 
mud)  itaque^  quamq^mm  usw.  das  sind  die  lesarten  der  besseren 
^  viele  geister  sind  thtttig  gewesen  die  band  des  Liviu^  herzu* 
«teilen.  Sigonius  zuerst  schlug  vor:  d  circa  apraetare  ad  dvitates 
mtt;  wofür  besser  Weissenbom  ediert  hat:  apro/ctore  d  drca  dvi- 
*dt$  mitßL  dem  letztem  kann  man  nur  beistimmen,  wenn  er  weiter 
»tstt  tribuniqi//e  suos  liest  tribunique^  gut  suos  . .  intend^entf  sehr 
glQckUch  hat  ferner  ^Sauppe  statt  teneri  vprgeschlagen  tuerL  der 
Knetor  war  ja  selbst  in  Lilybaeum  und  hatte  die  stadt  zu  verteidi-« 
gta-  mir  war  eingefallen  Lüffbaourn  intueri  ('angenmerk  richten 
Mf ).  wenn  dann  aber  teneri  oder  (iieri  oder  int%ieri  als  inf.  bist. 


490  ADederich:  zu  liWas  bucli  XXI. 

genommen  wird,  so  passt  ein  solcher  unmöglich  in  die  consiruction; 
es  ist  vielmehr  anzunehmen ,  dasz  nach  tueri  ein  verbum  lusgelassen 
ist,  wovon  der  infinitiv  abhängt,  und  zwar  aller  wahrschei^hkeit 
nach  iu88U  dann  wäre  fortzufahren :  adparatum  bdli  edkioprüposik' 
ut,,  was  Heusinger  richtig  versteht:  *  wobei  sie  den  befehl  bekannt 
machen  musten,  die  seeleute  sollten  auszer  dem  kriegsgerSth  auf 
zehn  tage  gekochte  speisen  an  bord  nehmen ,  und  es  sollte  sich  auf 
das  gegeb€nae  zeichen  ein  jeder  einschiffen.'  auch  für  das  folgende 
perque  omnem  aram  verdient  Heusinger  beistimmung,  wenn  er 
distinguiert  et  circa  eivUates  missi  und  perque  omnem  crom:  'es  wor- 
den vom  praetor  teils  legaten  und  tribunen  in  die  städte,  teih 
andere  an  der  ganzen  küste  umher  geschickt/  endlieh  wird  man 
Heerwagen  gern  beipflichten,  wenn  er  das  verdorbene  «ttmU  ver- 
bessert in  dimissi,  die  ganze  periode  wird  danach  heiszen:  extemp^j 
a  praetare  et  circa  civiiates  missi  legati  irihuniquey  qui  suM  . .  inkn- 
derenty  ante  omnia  Lilpbaeum  intueri  iussi^  ad  paratum  JMtdicfi 
propositOf  ut  .  .  deferrenty  et  »  ,  ne  quis  .  .  faoeret;  perque  mnm 
cram,  qui  ex  spwulis  prospicerent  adveniantem  hostium  ctosm,  dt- 
missi.  itaque  quamquam  usw. 

Was  meine  einschaltung  von  iussi  anbetrifft,  so  ist  dieselbe  auch 
XXII  49  vorzunehmen,  wo  gewöhnlich  gelesen  wird:  pr(iiegeni\b\i? 
cum  equütihus  Bomanis^  omissis  postremo  equis,  aber  ohne  zweifei  ge* 
lesen  werden  musz:  omUtere  iussis  postremo  equosi  denn  mit  beiug 
darauf  heiszt  es  gleich  unten :  iussisse  consulem  ad  pedes  deseenidm 
equiteSn  die  klarere  erzählung  des  Plutarch  Fab.  Max.  16  erscheint 
bei  Li?ius  zusammengezogen,  das  postremo  des  Livius  aber  f&Ut 
offenbar  zusammen  mit  dem  allgemeinen  absitzen  auf  commanl: 
(ÜJC  TrapoTT^XMaTOC  KOtvoO  beboji^vou)  bei  Plutarch.  über  die  Ter- 
stttmmelung  des  omittere  iussis  in  omissis  vgl.  oben  zu  c  5. 

52  maior  tamen  quam  hostium  Bomanorum  fama  vietoriae  fw'. 
man  beschuldigt  Aischefski  der  gewaltsamkeit,  dasz  er  den  Lirij* 
so  schreiben  läszt.  mit  unrecht  Bomanorum  steht  ansdracUich  in 
dem  Golbertinus.  die  übrigen  hss.  haben  Bomanos  oder  Bomanl<\ 
allein  beide  Varianten  sind  ebenfalls  aus  dem  genitiv  entstanden,  nein- 
lieh  aus  der  abkürzung  Bomanoi^  was  weder  Bomanos  noch  Bman-i 
heiszt,  sondern  Bomanorum.  Aischefski  vergleicht  XSH  21,  wo  dio 
hss.  haben  socios  statt  social  dh.  sociorum»  übrigens  harmoniert  der 
genitiv  vollkommen  mit  dem  vorhergehenden  h(^um.  nur  quam  y 
eingeschoben;  das  war  aber  notwendig  wegen  des  vorhergehenden 
comparativs  maior,  sinn:  stärker  war  jedoch  der  ruf  des  sieg^^ 
seitens  der  BOmer,  als  der  ruf  des  Sieges  war  seitens  der  feinde- 
man  hielt  mehr  die  Bömer  ftlr  sieger  als  die  feinde,  keiner  a>'f: 
mehr  als  der  consnl  —  wie  es  am  anfang  des  folgenden  cap.  hei5:' 
in  den  werten :  ceterum  nemini  omnium  maior  iustiorque  quam  i}  ^< 
eonsuU  videri,  beiläufig  bemerkt  hat  in  letzteren  werten  eis  trcff 
lieber  codex  maior  a  iusHorque ,  wonach  ich  vorschlagen  mOchte  :- 
lesen :  maior  ea  {viäoria)  iustiorque. 


\ 


EZiegeler:  za  Lukianoa.  491 

S9  pitgna  raro  magis  uUa  stteva  aiä  uiriusque  partis  pernicie 
darior.  es  ist  auffallend,  dasz  hgg.  wie  Fabri,  Hertz  und  Weissen- 
bom  die  co^jector  des  sonst  glttcklichem  L  Valla  aufgenommen  haben, 
dft  doch  offmbar  einerseits  ein  ac^jectiv  folgen  musz,  welches  die  um- 
Kfarnbung  des  comparativs  durch  magis  nötig  macht  (wie  dUfna, 
sejiia),  anderseits  es  sich  nicht  handelt  um  die  wut  des  kampfes, 
Modern  um  die  gleiohheit  und  die  niederlage.  die  besten  hss.  haben 
idla  ae  anä  oder  üBa  ea  aut  oder  uüa  ea  et,  das  kann  doch  offen- 
bar mditB  anderes  sein  als  uUa  eca  («■  aeca)  aut  dh.  aequa  aut, 
die  form  aeeus  statt  ae^us  hat  Weissenbom  an  vielen  stellen  auf- 
genommen, ja  ich  möchte  zwischen  partis  pemide  gern  noch  ein- 
godttltet  wissen  par».  zu  rergleichen  sind  zu  beiden  Verbesserun- 
gen die  folgenden  worte:  aicut  aequata  fermepugna  erat,  ita  dade 
parifycessum  est. 

Emmbrioh.  Amobbas  Dedebioh. 

67. 

ZU  LDEIANOS. 


1.  Der  Hermotimos  zeigt  an  mehreren  stellen  eine  auffallende 
Ibliehkeit  mit  dem  *AXi€UC.  in  c.  30  der  erstgenannten  schrift 
setzt  Lnkianos  den  £Edl,  dasz  ein  gott  den  älteren  philoscphen,  einem 
Rstoa,  Pythagoras  und  Aristoteles,  die  rttckkehr  ins  leben  gestatte, 
eine  fiotion  auf  der  bekanntlich  die  ganze  composition  des  'AXiۆc  he- 
nkt in  beiden  dialogen  wird  die  dJ^ifjOcta  personifidert,  im  Hermot. 
(c  51)  nur  im  vorfib^gehen  (f|  bk  |Litibiv  KißötiXov  faxuT^  cuveibuTa 
Mcrd  iTOpptidac  5iaX^€Tat  toic  äyOpuiirotc) ;  im  *AXt€uc  ausfUir- 
^r,  vgl.  bes.  c.  16.  46«  die  im  Hermot.  c.  65  im  bildlichen  sinne 
crwihnte  thfttigkeit  des  fischers  wird  im  gleichnamigen  dialoge  prak- 
tiidi  insgefibt  (c.  47  £),  ja  bis  zu  den  Worten  geht  die  ttberein- 
»tiffliinuig,  vgl.  Herrn.  51  t&ßpiCTf|C  cT  . .  |Liic€tc  «piXococptav  •  . 
iitocKuiirTctc  mit  ^AXteuc  c.  25  ößptKCv  .  .  fiiccTcOai  irpöc 
twv  iroXXd»v  fjbn  ircnobiK^v  fijyiäc  . .  6  ttoXuc  Xciitc  *  x^^^PO^c^  'foic 
ivocKidir T 0 u  c I.  es  wird  daher  die  Vermutung  gestattet  sein,  dasz 
neh  die  abftssungszeit  der  beiden  dialoge  nidit  weit  auseinander 

tigt 

2.  Als  alter  mann  hatte  Lukianos  an  einem  körperlichen  ttbel 
n  leiden,  wdehes  ihn  zwang  sein  bisheriges  Wanderleben  aufzu- 
geben: apoL  10.  da  er  nun  an  mehreren  stellen  der  schrift  ircpl 
Tttiv  IjA  fac6i|^  cwövTWV  das  podagra  mit  besonderm  ironischen 
ueMmek  ab  f|  laxXrj  und  f|  ßeXTtCTn  irobdrpa  bezeichnet  (c.  31 
^39),  so  darf  man  vermuten  dasz  er  dieses  leiden  aus  eigner  er- 
Uinug  kannte,  in  diesem  falle  wttrde  der  Lukianische  Ursprung 
cer  beiden  gedickte  TpaTt|JbonobdTpa  und  'OkOitouc,  der  von 
Bekkcr  nnd  Dindorf  bezweifelt,  von  Sommerbrodt  dagegen  festge- 
^ten  wird,  an  Wahrscheinlichkeit  gewinnen. 


492  EZiegeler:  zu  LokiaiuM. 

8«  HBauxngart  hat  in  Beinern  bnch  ^Aelins  AiistidM  als  reprä- 
gentant  der  sophistischen  rhetorik  des  zweiten  jh.'  (Leipsig  1874) 
treffend  dargelegt,  wie  die  rhetoreneitelkeit  der  damaligai  zeit  nach 
fortgesetzter  äuszerer  anerkennong  dürstete  und  keineswegs  an  der 
eignen,  innem  Zufriedenheit  sich  genügen  liesz  (s.  119).  dieselbe 
Stimmung  gewahren  wir  indes  schon  bei  Lukianos.  nepiToCivu- 
irv(ou  c.  11  verspricht  die  TTatb€ia  ihrem  jünger  vor  allem  rahm 
und  ehre :  er  wird  mit  den  angesehensten  mftnnem  wie  mit  seises 
gleichen  yerkehren,  und  jedermann  wird  ihn  kennen.  Hannonides 
fragt  in  dem  gleichnamigen  dialog  c.  1  seinen  lehrer,  wie  er  es  an- 
fange, um  weit  und  breit  in  Hellas  berühmt  zu  werden,  desgleichen 
der  Jüngling  den  meister  irpöc  d7ra(b€UT0V  c.  1.  der  vater  der  ge- 
schichte  kommt  im  *HpöbOTOC  f\  'AcTiuiV  c.  1  mit  einem  buche  ümIi 
Hellas  cKOT^otJ^evoc  irpöc  dauTÖv  öttujc  fiv  räxicra  icod  dirpcrnio- 
v^CTcrra  dTriciiMOC  kqi  TTcpißÖTiTOc  t^voito. 

4.  Sommerbrodt  hat  mit  berufung  auf  den  sprachgebtaach  an 
der  stelle  ßrjTÖpuiv  bibdcKoXoc  c.  10  Kai  tc  tö  €tj6u  rffc  ^irropiidic 
das  ic  TÖ  Tor  €Ö6u  gestrichen  (Lucianea  s.  88).  indes  findet  der  ange- 
fochtene ausdruck  eine  stütze  im  Zci^ic  c.  10  rffc  ic  tö  eöOü  6bov 
dTTCTp^TrovTO.  an  beiden  stellen  die  gleiche  Interpolation  aozooeb- 
men  erscheint  mir  doch  mislicfa. 

5»  irepi  6pxilC€Uic  c.  39  streicht  Sommerbrodt  mit  recht  die 
Worte  TOO  ßiou  (Lucianea  s.  98).  die  art  und  weise,  wie  diese  wort« 
in  den  text  gekommen  sind,  scheint  mir  nicht  fem  zu  liegen:  sie 
wnrden  ursprünglich  als  glossem  zu  dem  in  der  folgenden  zeile  stehen- 
den ToC  ävOpumeiou  t^vouc  an  den  rand  geschrieben  und  spSter  in 
den  text  aufgenommen,  solcher  interpolationen  hat  ja  die  schrift 
IT.  öpx-  eine  ganze  reihe. 

6*  Im  Nigrinos  c.  30  bieten  die  meisten  hss.  und  unter  ihnen  der 
vorzügliche  Yindobonensis  (B)  ol  fiiv  £c6f)Tac  douroic  KcXeuovrec 
cuincaTaq>X^T€c8at  tüuv  rcapä  töv  ß(ov  Ti^uiv.  dagegen  hat  der 
Yat*  (A)  Tor  tiSuv  die  werte  o\  b*  dXXo  ti,  vgl.  Sommerbrodt  im  an- 
hang  zur  2n  aufl.  des  Nigr.  s.  107.  im  erstem  falle  ist  die  rede  eine 
dreiteilige,  im  andern  eine  yierteilige,  ygL  FritsBche  zdst.  jener  Zu- 
satz ist  bis  in  die  neueste  zeit  stehen  geblieben,  und  noeh  Siemonssen 
quaest.  Luc.  s.  22  hält  ihn  für  richtig,  dasz  aber  der  von  icOnioc 
abhängige  gen.  tuüV  .  .  Tl^tUJV  grammatisch  richtig  ist,  zeigen  die 
von  Sommerbrodt  (zu  Nigr.  c.  30  und  jahrb.  1856  s.  718)  ange- 
fahrten stellen,  aber  auch  sachlich  ist  es  richtig,  wenn  nur  die  wert- 
Tollsten  kleider  mit  yerbrannt  werden ,  und  didär  TgL  man  Philop;. 
27  cuTKaTaicaücac  . .  Tf|V  icW\ia  ^  libca  £xoip€v  «» nicht  alle  ihre 
kleider,  sondern  die  ihr  besonders  wertvollen,  und  das  ist  «■  tcSf^ 
TttC  Tuiv  wapä  TÖV  ßiov  TiMiuiv.  durch  die  angeführte  parallekuU« 
schwinden  hoffentlich  die  letzten  zweifei  an  der  richtigbit  der  aock 
Ton  Fritzsche  aufgenommenen  lesart. 

Hahbui.  Ebhbt  Zisokleb« 


Bünger:  zur  kritik  der  scriptores  bbtoriae  Angustae.         498 

68. 
ZUB  KRITIK  DER  SGBIPTORES  HISTORIAE  AÜOÜSTAE. 

I. 
1.  AELIUS  8PABTIANÜS. 

HadrianuB  16,  2  eatachannas  Ubros  ohscimsamas  Anti- 
matkim  imUando  scr^peU.  su  dieser  stelle  bemerkt  Peter:  'catacan- 
nu  B  exe.  ood.  Mnrbac.  catacannos  P  (aed  altera  linea  prioris  n  et 
0  in  118.).  oataoHfmas  Y.  aUacrianas  M.  catachafUM  Bemhardj  .  . 
eiäadimas  Bergk  . .  aäadiannas  Oriolus'  und  schreibt  selbst  caUi- 
ikummSf  wShrend  doch  Orioli  caiacannos  oder  caiacannas  verlangt 
nod  Ton  KGrr&  und  xdwa  ableiten  za  können  geglaubt  hat.  audi 
die  llbrigeiL  angaben  sind  nidit  genan  und  Yollständig,  obschon  ge- 
nflgender  als  ^  Jordans,  die  Verbesserung  oatachenaa  gehört,  wie 
WDindorf  Steph.  Thes.  IV  s.  1303*  weisz,  Is.  Vossius,  der  zo  Hesy- 
ddos:  Koroxi^'  KOTax&CjiTfCtc,  Korar^XuiC  s.  190  anm.  17  bemerkt 
hai:  *eomge  hinc  locam  .  .  Spartiani.'  Bemhardy  hat  nur  das  ver- 
dient aof  diese  verbessemng  in  der  zs.  f.  d.  aw.  1834  s.  1136  auf- 
merksam gemacht,  Bergk  ebd.  1835  s.  301  dieselbe  fttr  eine  später  zu 
«rwChnende  stelle  des  Etym.  M.  benutzt  zu  haben,  und  auf  co^odbefk» 
fUa«n  allerdings  schon  die  hss.  selbst:  denn  eaUwainas  P  (aus  dem 
£odnn  eaiacaymas  entstanden  ist  und  weiter  catacrianos)  ist  offenbar 
dtnus  zu  erklftren,  dasz  i  (^b  t^)  als  correctur  des  a  sich  ursprüng- 
lich Aber  der  zeile  geschrieben  fand  und  also  catacmas  =>  catacenas 
»  nnaxAvac  ergibt:  nur  dialektisch  verschieden  ist  das  von  Bem- 
hirdy  vorgnogene  caiachanasx  Hesjcbios  11  s.  1541  xovd'  x^S^Cfiiicic: 
Tgl  Gramer  Anecd.  Ox.  11  s.  113,  6  x^vt),  ivOcv  xal  Karax^vr)  tö 
TÜocpa.  dasz  dafür  B  caitacafmas  und  Fronte  ad  M.  Anton,  de  arat. 
1 1. 1S3  eaiatiümnae  rUu  und  M.  Aurelius  ad  Front,  2,  ad  M.  Caes. 
^\Sb.SS  eataehannam  gesetzt  ist,  mag  dadurch  bewirkt  sein  dasz, 
vis  Lobeck  Agl.  s.  974  bemerkt,  'in  glossis  ganna  scribitur,  ut  gan^ 
<>flter  xXcuocrtic,  unde  ingannare  itaUcum.'  zur  vollen  klarheit  über 
die  bedeotnag'  der  Worte  c(»tachannae  rüu  ist  Lobeck  ('Fronte  genus 
qooddHBi  ridicnle  perversum  videtur  significare')  deshalb  nicht  ge- 
fallen, weil  ihm  die  erste  stelle  (s.  68:  vgl.  Preller  Polemon 
i- 109  f.  Jordan  s.  XXIX),  wie  Toss  zu  Yerg.  georg.  U  77  s.  386 
oad  andi  Dindorf  ao.  entgangen  ist:  in  agro  Pampei  Fäloonis  me 
füere  (urbarem  nmUofum  ramorum,  quam  Me  auum  namen  cataduin-' 
mm  mmumtAai^  aed  Uta  aurbor  mWar  et  nova  visa  est  mihi  in  uno 
^nmcp  mtmia  omnium  ferme  germina . . ,  ebenso  wie  die  schon  von  an- 
dern TefgUehene  stelle  des  Plinius  «.  h.  TVH  16,  26  tot  modisinsUam 
•^ftanaw  vmHmu§  . .  omni  genere pomorum  onustam,  äUo  ramo  nud^ 
^  aiio  boeis,  cüundevite^ P^ins^  ficis, puniäs mtUorumque generibus, 
disM  Stollen  lassen  nicht  daran  zweifeln,  dasz  Catachenae  als  titel 
der  bOeher  des  Hadriaa  (welche  Bemhardj  röm.  litt,  gescb.  s.  926 
«m.  290  'sauren  in  dunkler  form'  nennt,  wie  es  eine  gleichnamige 
bmödie  deaLysippos  gab:  Bergk  de  rel.  com.  Att.  ant.  s.  143)  dran 


494         BUnger:  zur  kritik  der  scriptoree  historiae  Aognitae. 

andern  bekanntem  TTaincapTTia  (Lobeck  Agl.  8. 1079)  oderTTdxKap* 
irov  (OelliuB  praef.  8.   Tertullian  adv,  Väientn  12)  an  dk  seite  zu 
stellen  ist:  der  ^wunderbaum*  ist  eben  in  der  pflanzenweit  eine  Kcrra- 
X/jvr)  und  zwar  eine  solche ,  wie  in  der  thierwelt  jene  tcXoio,  tob 
denen  Lobeck  Agl.  s.  972  f.  handelt:  'picturas  ridicalas,  T^Xoid 
Ttva  animalium  fignras  informes  et  monstrificas  potestatem  fascini 
prohibendi»  quales  sunt  scarabaei  .  .  tragelaphi,  bippalectiyonei. 
habere  oreditum  est',  so  dasz  man  sich  selbst  yersncht  ftthlen  Ünnte 
hierher  die  KaJtachanas  der  Neugriechen  zu  ziehen  (so  heiazen  nein- 
lieh  in  Kreta  die  auf  den  inseln  des  Archipelagus  Wurwnlakas,  somt 
y ampTre  genannten  ungeheuer ,  die  des  nachts  den  gräbem  entstei- 
gen und  den  lebenden  das  blut  aussaugen:  s.  Sanders  nengriech. 
Volks-  und  freiheitslieder  s.  103),  wenn  nicht  KOtTaxaväc  Yon  xävciv 
(ae  biaq>Geip€iv,  Ducange  gloss.  gr.  II  s.  1729^  so  gebildet  erschiene 
wie  baKväc  von  bdicvu),  qpairäc  von  qHxru)  (Lobeck  Pbryn.  s.  434 
vgl.  Paralip.  s.  135).   mit  jenem  namen  hatte  nun  Antimaohos  sein 
gedieht  bezeichnet:   diese  annähme  legt  nicht  bloss  die  redeweise 
imitando  Antimachum  scripsü  nahe  —  denn  hätte  Spartianus  nur  di« 
manier  (den  color  scribendi,  Probus  zu  Verg.  eoL  10,  50)  bezeichnen 
wollen,  so  hätte  er  wol,  wie  Clemens  Alex.  Strom.  V  s.  571  (Meineke 
Anal.  Alex.  s.  32)  besser  den^namen  des  Euphorien  oder  des  Ealli- 
machos  (der  oft  genug  mit  Antimachos  verwechselt  worden  Ut: 
Meineke  Euph.  s.  50.   Stell  Antim.  s.  107.  108)  gewählt  — :  e^ 
spricht  weiter  dafür  die  stelle  des  Etjm.  M.  s.  4,  6:  'AvTi|iaxoc 
laxivq  *  Tol  b '  äp '  ol  dßoXriTopec  fivbpec  faciv ,  welche  zuer»t 
Bergk  ao.  mit  der  angäbe  des  Spartianus  in  Verbindung  gesetzt  und 
so  verbessert  hat :  "AvTijiaxoc  KaTax/jvq.  er  hat  nur,  und  nach  ihm 
Stell  Antim.  fr.  71  s.  84  vgl.  119  s.  108,  ^ines  hierbei  Ubenehen. 
wenn  die  werte  des  Spartianus  Caiadtenas  obscunssmas  Ubr&s  ^^ 
KaTQxflvat  schlieszen  lassen  (und  von  Koraxävai  des  Antimscbc« 
sprechen  Dindorf  ao.  und  Merkel  prolusio  zu  Ov.  Ibis  s.  336),  so  ts\ 
es  nötig  in  den  buchstaben  iotxt^VQ  auch  die  angäbe  des  baehs  di-r 
Karaxfivai  zu  erkennen  und  entweder  ta'  (Ka)Taxr|Vi]  dh.  ivbcxdm; 
KaTaxifjvi]  oder  xaraxiivi]  t'  zu  schreiben,  der  vers  selbst  dflrile  na 
diese  änderung  verlangen:  toi  b'  fiqpap  ol  äßoXrJTopcc  fivbpcc 
foctv.    die  vollständige  Übereinstimmung  der  beiden  Zeugnisse,  ^'i^ 
auf  diesem  wege  herbeigeführt  ist,  macht  schon  allein  die  an&ickt 
derjenigen  hinfällig,  die  in  die  dargelegften  erwägungen  nicht  ein- 
getreten sind :  in  Gaisfords  poet.  gr.  min.  III  s.  252  Lipe.  findet  sich 
der  verschlag  'AvTiMaxoc*  'IdxovTi  b'  dp*  — ;  Dttbner  de  Stati 
not.  litt.  8.  VI  schreibt  Ivaxtbcti*  Tol  b'äp'  —  und  ihm  stinomt 
Lobeck  Path.  prol.  s.  218  bei,  indem  er  seine  Vermutung,  dasi  <i*^ 
Überschrift  einer  elegie  MaxivT)  gewesen  sei,  zurttoknimt;  nach  Bern 
hardy  gr.  litt.  II  1  s.  347  'ist  kein  verlasz  auf  den  titel  *lox(vn»  ^"^ 
Koraxrjvil  unbegründete  emendation';  MSchmidt  endlich,  welch«*: 
Bemhardj  beitritt,  schreibt  im  rhein.  mus.  VI  (1848)  s.  412  mi* 
heranziehung  des  fr.  57 :  fv9a  Kaßdpvouc  df^KCV  dßaicX^ac  6frfii^' 


RUnger:  zur  kritik  der  soriptores  historiae  Augu8ta&         495 

vac 'Axaiij,  I  Toi  6*  äp'  o\  (i£  aÖTf)c)  äßoX/rropec  ävbp€c 

{aciv. 

SeiernslS^l  citmherharumradidbMmüüesviverefU.  ohne 
jedes  bedenken  haben  Jordan  und  Peter  das  Yon  Egnatioa  darge- 
botene herbamm  angenommen,  was  offenbar  in  erinnening  an  stellen 
wie  Yerg.  Aen.  III 649  pasoimi  rcuUdhua  herbae.  QnintiL  ded.  XII 7 
habontm  radiees  veOmua.  Liv.  XXIII  19,  14.  Sen.  de  prav.  3. 
Safsron  Sidon.  VII  7  s.  437.  Tac.  hisi.  IV  60  in  den  tezt  gebracht 
i&t:  hsList  nur  cidparum  verbürgt,  dasz  Salmasins,  der  Plin.  exere» 
i.  822^  D  Ton  'caepae  umos  capitis'  und  ^caepae  quae  ab  radioe  alias 
atqae  alias  propagines  propagant'  spricht,  diese  lesart  nicht  zu  deuten 
geinist  hat,  ist  ebenso  zu  yerwnndem,  wie  dasz  Kellerbauer  jahrb. 
1^77  B.  628  ooepaniffi  verlangt,  es  ist  eaepularum  herzustellen, 
wu  sich  nicht  bloss  bei  Palladius  und  Caelius  Aurelianus,  sondern 
uch  bei  Apicins  VU  6  s«  196.  IX  2  s.  248  findet. 

ebd.  21, 10  ^  gutdem  dMnam  SäGusti  aratUmem^  qua  Midpsa 
iUiüs  adpacem  hortaiur^  ingravaius  morho  misisse  filio  dicUur  maiorL 
idqite  fnulra  ei  hominem  tanitum  väUtudme.  vixU  den/ique  in  odüo 
popuU  diu  Anionimia.  mit  Casaubonus  und  Salmasius  nimt  Peter 
«ine  Ificke  nach  frustra  an;  Jordan  verkürzt  die  hsl.  lesart  frusira 
ft  hominem  tantum  väktudme  zu  minitante  vaUtudme.  wer 
nur  die  von  Peter  und  Jordan  ganz  übergangene  interpunction  des 
Beg.  und  beider  Puteani  voktudine  vixU  beachtet  und  sich  weiter 
dte  omstandes  erinnert,  dasz  komiinum  mit  nomimim  und  nomen  mit 
mumm  (Ruhnken  zu  Butilius  Lupus  1 15  s.  52  f.)  verwechselt  wor* 
den  ist,  dem  wird  es  wol  alsbald  klar,  dasz  Manutius  zu  SalL  lug. 
10  i.  188  sehr  unrecht  daran  gethan  hat  den  satz  mit  idgue  frustra 
n  sehlieazen,  und  der  sinn  der  stelle  vielmehr  folgender  ist:  'frei- 
üdi  war  es  nur  die  krankheit,  die  seine  absieht  vereitelte;  dennoch 
Wi^te  er  sein  ganzes  noch  langes  leben  in  der  grOsten  Unbeliebtheit 
k^n':  idque  frusiranie  molimen  tafUum  vaietudine  trixU  in  odio. 

Pescennius  Niger  3,  1  cum  ludaa  droenaes  luUanus  JRamae 
^tt . .  imgmtique  imuria p&pukis  affecius  esset»  Brockes  Künigsb. 
aMBstsh.  1877  nr.  8  s.  120  a  popuh,  was  Blümner  ebd.  nr.  10  s.  157 
nrtckweist.  KeUerbaner  jahrb.  1877  s.  629  löst  popufus  inpapuli 
Miatms  auf,  ohne  zu  sehen  dasz  luUanus  durchaus  müszig  ist  und 
^  comidüt  guaepopulus  in  luXkinum  geminavU,  wie  es  in  der  vita 
loliani  4,  7  heiszt,  nicht  mit  ingens  imu/ria  bezeichnet  sein  können. 
^  wert  imuiria  ist  verderbung  von  incuria^  wie  aus  Herodian 
n  7, 1  t4  t«uv  bttfioduiv  iitiMcXcfaji  ^8v^ulc  1rpocq>€pö^€voc  er- 
A^,  und  der  satz  hat  ursprünglich  gelautet:  ingentique  incuria 
n^hu  efferatus  essä.  ejferatus  ist  dadurch  verdunkelt  worden, 
den  man  die  note  für  er  übersah  und  dann  in  einem  gewöhnlichen 
•'^toBi  statt  o  schrieb  ec  (s.  Stat  coig.  Vn  s.  183)  und  so  affedus  st. 
^dm.  übrigens  haben  die  hgg.  nicht  angemerkt,  dasz  mit  dieser  stelle 
Eeonania  i.  766  zu  Dio  Cassius  LXXUI  s.  1296, 93  gegen  Casaubonus 
^  Worte  od  ctrcense  spedaadium  Did.  lulianus  4, 7  geschützt  hat. 


496         RlTnger:  zur  kritik  der  BcriptoreB  historiae  Aag^ustae. 

ebd.  6,  7  etiam  saora  quaedam  in  GäUia,  qua  se  ccutissimis 
decernunt,  consensu  publioo  ceUhranda  suscepU,  besonnener  als 
Jordan,  der  quae  casHssimis  decernuntur  (wie  der  Yon  ihm  nicht 
genannte  Caeaubonus  mit  M  quae  a  .  .  decemunhtr)  im  texte  gibt, 
verffthrt  Peter,  indem  er  die  hsl.  lesart  mit  einem  obelns  Tersieht; 
er  irrt  aber  darin ,  daez  er  mit  den  alten  ausgaben  cansemsu  pubUcj 
zu  cdebranda  susc^  zieht,  als  ob  der  con^ensus  publkus  den  kmser 
nö^g  gewesen  w&re.  consensu  pitbUeo ,  was  nicht  mit  dem  nalielie- 
genden  cansessu  zu  vertauschen  ist,  weist  deutlich  auf  die  noch  heu- 
tiges tages  in  Frankreich  bestehende  sitte  hin  nicht  blosz  KCsXXtcrcia 
abzuhalten,  sendem  audi  tugendpreise  in  öffentlicher  sitziag  zuzu- 
erkennen und  die  gekrönten  (2b.  die  rosenkönigin  von  Suresnes,  den 
vollkommenen  gegensatz  zu  der  von  einem  einzigen  mit  der  Ha- 
gendrose'  beschenkten)  durch  einen  feierlichen  aufzug  zu  ehren.  w&- 
bis  dahin  sache  der  gemeinden  gewesen  war ,  machte  der  kniser  zur 
Sache  des  Staates:  es  ist  nemlich  das  wort  herzustellen,  dessen  zwei- 
ter teil  durch  die  Shnlichkeit  der  anfangsbuehstaben  des  folgenden 
Wortes  castissmis  verloren  gegangen  ist:  qua  serta  casfissimi- 
decernuntj  decemunt  consensu  puUico:  serta  in  dem  von  Pascha- 
ius  Coron.  I  12  s.  36  erklärten  sinne  von  insigne  regiumj  diadema 

2.  JULIUS  CAPITOLINQS. 

Clodius  Albinus  2,  5  habehis  utendi  eoceini paHUi  faemltaton 
mepraesentem  et  ad  me  et  cum  meoum  fueris^  hahiiturus  etpurp^ 
ram,  sed  sme  a/wro.  Ejssenhardt  mit  M  und  den  alten  ausgaben  fi- 
cuUatem,  me  praesente  et  ad  me]  Jordan  me  praesident^. 
eandem]  Pal.  £xc.  '  (Gruter)  ahsque  me  statt  ad  me  und  hieraus 
vermutet  Peter  facuUatem  perpetuam  et  äbsque  me.  so  sehvrer 
sich  der  irrtum  der  abschreiber,  welche  me  praesidente  und  gmrper 
petuum  in  me  praesentem  verändert  haben  sollen,  und  der  Irwins 
begreifen  liest,  welcher  nach  der  anficht  der  hgg.  durch  die  an^e- 
ftlhrten  Verbesserungen  dem  gedanken  erwSchst,  so  leicht  ist  es  au« 
dem  folgenden  hahiturus  etpufpuram  zu  ersehen,  dasz  der  kaiser 
ein  insigne  impericdis  maiestatis  dem  Clodius  bereits  jetzt  verleiht  uui 
ein  zweites,  noch  bedeutsameres  ihm  fBr  die  zukunfi  in  missicb: 
stellt,  dasz  somit  gerade  das  gegenteil  von  dem,  was  der  vorschiaj 
Peters  besagt,  das  ursprOngliche  ist:  hähebis  utendi  ooceini  paU, 
impraesentiarum  .  .,  hahiturus  etpurpwram. 

Opilius  Macrinus  8,  1  appdHatus  igiiur  imperator  smscej  - 
tos  contra  Parthceprofectus  est  magno  ctpparatu,  studens  s&rdes  cr-- 
neris  et  prioris  vitae  infamiam  viäoriae  magnitudine  aholere.  M  ^h.«- 
cepto  heUo.  Peter  geht  so  weit  zu  fragen:  'an  infestas7^  BMhrec> 
schreibt,  wie  Eellerbauer  anführt,  suspectos^  Ketterbttner  selV.^* 
ao.  8.  631  senatusoonsuUo:  alles  vorschlage  die  weder  die  v«rifrcr.- 
der  abschreiber  erklftrlich  machen  noch  etwas'  dem  gedanken  fl(rdf>v 
liches  herzubringen,  so  wenig  hat  irgend  einer  daran  gedaAt,  da^ 
durch  abftnderung  des  letzten  s,  welches  im  Pal.  ausradiert  ist ,  d^* 


RUnger:  zur  kritik  des  acriptores  historiae  Aagustae.         497 

wort  mKitflUif  gewonnen  wird,  eine  entsprechende  bezeicbnung  («im- 
c^tor  ttiitoö^Knic  toO  Ta^€taKoO  Valeaiua  Amm.  Marc.  XVII 10,  4 
8.  282f.  XIX  11,  3  8.  844  f.)  fllr  den  der  ioMÜM  (Vales.  XXVIU 
1,  5  8.  213)  und  üAw^caiu»  fisci  (Capitolinus  4,  4.  6)  gewesen  war, 
mid  auch  Air  den  der  aniea  privaias  ourarai  (CapitoHnus  2,8;  tiuv 
li  drfop^  oÖK  dit€tpuK  €lx€  Kai  jLidXiCTa  vö)Liiuv  6n\cvi\i»x\c  Herodian 
I?  12,  1),  da  8U9ei3piores  die  pahroni  (Arcad.  et  Hon.  Ced.  Theod.  II 
12, 6),  su9C^  die  cUentes  genannt  werden  (Juretns  ea  Sjmm.  ep, 
V  39  s.  130f.  Lect  Ltndenbmg  zu  Amm.  Marc.  XVn  10, 4  s.  282). 
somit  iat  der  von  der  stelle  auch  durchaae  verlangte  sinn  dieser:  ein 
niioqßar,  ein  mensch  iii\  CTportumicdc  jyii)b4  t^watoc  (Herodian 
so.)  ist  imperaiar  appellatua  und  untemimt  nun  einen  aug  gegen  die 
Pirther,  um  die  generis  sordes  und  vitae  mfamiam  zn  verwischen. 
ebd.  11,  6  ho8ver9H8  nesdo  gtUf  delatis  iuxiaeos  guigraed 
trmU  pfopaäii  m  foro  pamU.  BP'  ef c.^  ddatia,  ddatas  P  {ddatos 
oseh  Jordans  angäbe).  deUUos  exe*  dekutus  eos  mit  auslassung 
TOB  noBia  Sahn.;  dagegoi  Mommsen  grasds  hdinos  nucta  und  noch 
wUlkarlicher  Peter  qui  loHnas  iuxta,  als  ob  es  nur  denkbar  wftre, 
<istz  <fie  absehreiber  fttr  das  wort  laiifMS^  welches  viermal  hinter- 
«msader  (s»  190,  32.  191,  11.  14.  16)  richtig  gesetzt  ist,  plOtzUch 
dsB  verstSndnis  so  veiioren  hätten,  dasz  sie  statt  verHis  laiinosposuU 
die  rftthselhaften  silben  ddoHs  darbieten  musten.  die  ttberlieferten 
torreeturen  (delahs  dh.  deUäar:  vgl.  zu  8,  1  susceptor)  lassen  das 
snprfingUche  nodi  sieher  erkennen,  es  ist  dies  nicht,  um  ddator 
▼gl.  12,  11  zu  llbergehen,  {ui)ddaitcry  vütUgator  (gloss.  Labb.  s.  176 
ciKo^dvTm  vüiUgaiares,  cuKO<pdvTiic  cahmimcAor  —  vacHüaitor^  was 
wol  eher  vikSUgaltor  als  taviüaior  gewesen  sein  mag:  s.  Stat.  oonj. 

XVIII  e.  260  anm.  10) ,  sondern  dMtor  (ttber  welche  Schreibweise 
ipSter  zu  Yerus  6,  2  gehandelt  werden  ivMy,  degukUar  Colvius  zu 
Apo^jus  apU.  8.  555  vgl.  Lobeck  Phryn.  s.  437.  gloss*  Isidori:  degu- 
liior  torbnatoTj  welches  seine  bestätigung  in  der  alsbald  zu  gebenden 
▼erbevenuig  des  3n  verses  des  Macrinus  findet,  ttber  diese  dasse  der 
€rnmi$  spridit  ausführlicher  Salmasius  zu  Yop.  Aurel.  50  s.  591. 

ebd.  11,  6  giuaUs  Latinus  goMus  ide  fuU.  eine  wie  ungOn- 
itige  beurteilung  die  verse  des  Macrinus  auch  gefonden  haben  mö- 
fca:  in  keinem  falle  ist  anzunehmen,  was  doch  alle  hgg.  angenom- 
men haben,  dasz  sie  einen  prosodischen  fehler,  wie  das  als  molossus 
gebrsiiehte  Latimts,  enthalten  haben.  Latmus  ist  wol  an  die  stelle 
dei  selhieni  LoHus  getreten  und  hat  dann  den  ausfall  von  iam  ver- 
sabizt:  quaUB  tarn  LoHus  gäbahu  iste  fmt,  auch  der  folgende  vers 
«thlU  einen  fehler:  magno,  wie  die  hgg.  lesen,  ist  durch  die  von 
Cifianbonus  versuchte  erklärung  'magno  mihi  hoc  est  imperatori. 
dignns  venns  tortore  Macrino'  nicht  gerechtfertigt.  fOr  dasselbe 
kat  Bnnnaa  anth.  Lat.  Hills.  243,  statt  dessen  sowol  Peter  als 
Jordan  Kiesriing  nennen,  man^o  geschrieben;  Mejeranth.dOl  s.  204 
^  es  gebilligt  und  Peter  wie  Jordan  haben  es  in  den  text  gesetzt: 

fir  diM.  philot.  1879  bft.  7.  82 


498         BUnger;  zur  kriÜk  der  ecriptorea  hiBioriae  Augustae. 

ein  bedenkliebes  nnternebmen ,  da  sie  so  wenig  wie  Kiessling  das 
oben  besprochene  delatos  berichtigt  haben,  die  beiden  worte  diku^s 
{degtdator)  und  magno  stehen  aber  in  genauester  bezidKüng  zn  ein- 
ander: diese  ist  hergestellt,  wenn  magno  zu  mando  wird:  globS. 
Labb.  8.  111  mando,  onis,  ducus  q>dTOC.  Manduco,  oms  dbi)(pdTOc. 
Lucilins  fr.  ine.  103  LM.  omnes  mandonum  guUae.  Varro  im  6i- 
marcus  fr.  13  B.  magna  tUi  tremiscat  Borna  ei  tnagnae  mandonum 
gulae.  Apul.  met.  VI  444  de  isto  asino  semper  pigro  qmdem^  s^i 
manducone  summo.  gloss.  Isidori:  mandonee^  ambrones,  arddm*^ 
(Dncange  gloss.  11  s.  381).  ambro^  devorator (Scaliger  su  Festos  s.  323 . 
mit  magno  fttllt  wol  auch  mjAi ,  was  in  P.  fehlt;  vielleicht  ist  nimi$ 
zu  schreiben. 

Maximini  duo  2,  1  fuü  pastor^  nonmimqwxm  äiampro 
eerte^  qui  latronilms  insidiaräur  et  stios  ah  incursionibus  vindicard. 
Gruter  billigt  die  in  dem  einen  Pal.  enthaltene  correctur  iroeer^, 
welche  Eyssenhardt  und  Peter  gar  nicht  erwfthnen.  Salmasios  hül: 
procerto  im  sinne  von  prcpugnator  für  m((glich;  Eyssenhardt  nimt 
nicht  anstand  seine  Verbesserung  etiam  latro,  certe  qm  latrünibu^ 
insidiarelur  in  den  text  zu  setzen,  es  liegt  wol  die  nicht  Yerstandese 
abbreviatur  für  jpro  ceniurione  vor;  pro  centurione  aber  ist  wie 
das  von  Qronov  und  andern  erläuterte  pro  conaule  und  ex  ghduiior 
gebraucht  und  läszt  selbst  an  den  nUeniium  rerum  eenturio  (Yale^i  s 
zu  Amm.  Marc.  XVI  6,  2  s.  192)  denken. 

ebd.  13,  1  fuerunt  et  aUa  sub  eo  heüapturima  acprotUa^  a 
quibus  semper  primus  victor  revertU  et  cum  ingentibus  spoliis  ac 
cop^tm.  so  gibt  die  stelle  Peter  und  mit  Peter  Kellerbaner  8.  6:)^. 
erkl&rt  Bher  primus  (wie  vor  ihm  Casaubonus,  der  es  zu  Hoxmimi 
umgestaltet)  für  völlig  unverständlich,  die  vergleichung  der  stelle 
des  Herodian  VII  2 ,  8  dbc  auTOupTÖc  T€  Kai  aÖTÖX€ip  ific  yiäx^ 
dpiCTCuuJV  T€  navTaxoö  ^TrqveiTO  in  Verbindung  mit  der  er 
wftgung,  dasz  primus  und  praemium^  praemium  xmdproelium,  nti 
Victor  (viator),  auctor  und  lictor  (Valgius  s.  409)  hftufig  vertaascr/ 
sind,  macht  es  ersichtlich,  dasz  hinter  prim*  prad-  aasgefallen  und 
primus  victor  die  verderbung  von prtm^i^roelia^  ist:  exqmbussm 
per  primus  proeliator  revertit\  ungleich  weniger  empfiehlt  sk: 
die  annähme,  dasz  aäor  (irpdKTTic  gloss.  Labb.  vgl.  Hom.  H  I  4^.^. 
Graevius  zu  Suet  Caes.  5  s.  11)  oder  proeUator  vor  victor  ausgefal- 
len sei.  im  Pal.,  welcher  t^idor  gibt,  fehlt  natürlich  primus,  rü^" 
die  vorhergehenden  worte  aiia  sub  eo  beüa  plurima proelia  \* 
dürfen  der  berichtigung.  Salmasius,  dem  Jordan  folgt,  hUt  j}f (^> •'• 
für  die  glosse  zu  beUa;  Peter  hilft  sich,  freilich  nicht  sugleicfa  dtn: 
schriftsteiler,  ohne  weiteres,  wie  an  anderen  stellen  mit  et  oder  ^^ 
so  hier  mit  ac:  beäa  pHurima  ac  proelia.  rftthlicher  erscheint  e^tvi^ 
Eoa  abzuändern :  fuerunt  et  alia  sub  Eoa  beUapiurimaprodia  (uttö 
rate  dvaroXaic  Herodian  VI  8,  3).  ebenso  steht  Aurelianus  31  'a^ 
Pal.  adeo  Äurdianus  .  •  e  Ehodopa  revertit  statt  Eoam  (vgl.  glo.^- 
Labb.  8.  65  Eoa  dvaroXif).  13  dvaToXrj  JSoo,  ortus^  oriens,  Anfti. 


fiÜDger:  xor  kritik  der  scriptores  hiatoriae  Augustae.         499 

Prop.  8.  31  f.);  ferner  bei  Amm.  Marc.  XXVII  4,  7  6o  iübar  statt 
Etmm  (Valesins)  und  eos  tractus  XXX,  4,  8  statt  Eoos  bei  Plinius 
II.A.  VI  17,  20  im  Mon.  eo,  in  Rice.  Tolet  eum  statt  Eown^  bei 
Hyginns  fab,  183  Therme  60,  wo  Therme^  Eousva  yerbessem  ist, 
wie  asir.  IV  15  Eoum  statt  eum  ua. 

ebd.  14,  1  hie  per  rusticanam  pkhem,  deinde  et  quosdam  müUea 
intertmptus  est  per  eos  gvii  ratUmälem  in  honorem  Maxim4m  def ende- 
hatU,  Casaabonus,  dem  Jordan  folgt,  setzt  tnter  statt |>er ;  Oruter 
vorsichtiger  propter  im  sinne  von  iugsta\  Peter  (der  dem  leser  ganz 
Eeltssmes  znmutet  dorch  die  interpunction  j9er  rus^iotifiampZß&em, 
imdt  d  quosdam  müUes)  achlägt  jpu28i9  vor,  was  schon  wegen. des 
berichtes  des  Herodian  za  verwerfen  ist.    dieser  sagt  VII  4,  6: 
TrpoaT€cdvT€c  Te  alqpvibiuic  oö  irpocboKuivTa  nakavTCC  cpoveu- 
ouci,  Tuiv  b^  irepl  aöröv  CTpanuiroiv  T^jyivujcdvTuiv  rä  giqpT]  ti^  t€ 
^)hf  IneUXBtiv  OeXövrujv  q\  ix  tiDv  drpuiv  KaTcXT)XuOÖTec  . . 
6Tr€ppaXÖ|i€voi  ti&v  bcciroTuiv  touc  dvGccrüuTac  ^qtbiuic  ^Tp^ipavro. 
die  steÜe  des  Capitolinus  ist  bisher  unrichtig  verstanden,  weil  sich 
eine  ganze  reihe  von  fehlem  dem  ange  der  hgg.  entzogen  hat.   zn- 
nlchst  ergibt  sich  dasz,  während  BP  Max.  et  Balb.  5,  5  mitari  statt 
mäUari  ond  Did.  lol.  4,  2  mües  statt  müües  geben,  hier  müües  statt 
mäes  dh.  (uUes^  also  quosdam  müUes  statt  quosdam  divites  eine 
stelle  gefunden  hat:  denn  die  mörder  sind  V€av(CKOi  Ttv^c  Tuuv  Trap* 
^{votc  cG  TCTOvdruJV  Kai  nXouciuJV  gewesen  (Herodian  YII 
i,  3).  sodann  ist  aus  den  oben  angeführten  werten  des  Herodian 
klsr,  dasz  von  den  Soldaten,  die  sich  anschicken  den  tod  des  procu- 
ntor  m  rächen,  nicht  gesagt  werden  kann:  rationalem  in  hono- 
ffm  Hütximini  defendehant^  dasz  sie  sich  vielmehr  auf  diejenigen 
beziehen,  welche  Xaßövrec  ^TX^ipibta  ÖTroKÖXnia  npociaci  T(p  ^irt- 
Tpönqi  (bc  bi\  iT€p\  Tf\c  diroböceuic  tujv  XP^Mdruiv  bioXcSd- 
Mcvoi  (Herodian  YH  4,  6),  und  ursprünglich  so  gelautet  haben:  ra- 
^kmali  in  honore  Maximini  dependebant,  wie  man  dependere  Sti- 
pendium und  guhernatori  dependU  obsequium  gesagt  findet  (Onden- 
<ferp  zu  Apul.  mä,  IX  s.  667).   endlich  leuchtet  ein,  dasz  per  eos 
to  rest  weniger  von  praetexto  eorum  (Oudendorp  zu  Suet.  Caes. 
30  t.  49)  als  von  perosos  oder  vielmehr  von  pertaesos  ist  und 
iJbo  der  letzte  teil  des  satzes  noch  die  Umwandlung  des  ^i  in  qtwd 
rerhmgt:  per  rusticanam  plebem  deinde  et  quosdam  divites  inier- 
f'fftusest  pertaesos,  quod  rationali  in  honore  Maximini  depen- 
debaiU. 

Gordiani  tres  3,  2  5mp9t^..  Vxoriumet Nilum,  daCicero 
kein  gedieht  unter  dem  namen  uxorius  geschrieben  hat,  wol  aber 
«Ben  ioeulans  Hbdius  (Quinül.  YDI 6,  73  vgl.  lasdvum  Jusum  Plin. 
T^  4,  6,  welche  stelle  Wemsdorf  PLM.  VI  s.  413  übersehen 
bst),  ist  Lusorium  (gloss.  Labb.  s.  109  Jusorium  TraiTVtov)  zu 
schreiben,  wie  Bubsiciv.  cap.  I  s.  2,  Friedländer  progr.  1864,  und 
Lexid.  VI  8.  21  ausgeführt  ist.  ebd.  s.  3  und  genauer  Lezid.  s.  22  f. 
^t  nachgewiesen ,  dasz  Niktm  {Limona  Casaubonus)  und  lAmon  bei 

82» 


500         RUnger:  zur  kritik  der  scriptores  hiatoriae  Augoatae. 

Sueton  V,  Ter.  §  5,  ein  von  den  Griechen,  aber  nicht  von  den  Lateinern 
▼erwendetee  wort,  welches  von  Bitachl  opusc.  III  b.  263  anrichtig 
beurteilt  und  auch  von  Bergk  Philol.  XVI  s.  633  beibehalten  ist,  in 
den  namen  Linus  abzuändern  sind,  zu  den  dort  angeführten  stellen 
ist  noch  hinzuzufügen  Amm.  Marc.  XXVIII 1,  4  Ndenun,  hss.  Liwu] 
NiUgena  und  Unigera  Heiasius  Oy.  met.  I  747  e.  88. 

ebd.  3 ,  3  scripsü  praeterea  quemadmodum  YergiUus  Amados  tt 
Statius  ÄchiUeidos  et  fnuiUi  aiii  Uiados,  üa  etiam  iUe  AnUminiados. 
die  hsl.  lesart  ist  eUdos  (P*  yUados,  M  diados);  von  allen  hgg.  hat 
indessen  allein  Peter  die  Torsichtgehabt  lieber  ^«{05  mit  dem  obeloszu 
versehen  als  HiadaS  in  den  teit  za  setzen,    nicht  blosz  der  umstand 
dasz  durchaus  der  name  eines  mannes  erforderlich  ist,  sondern  auch 
das  vollkommen  überflüssige  und  störende  älii  zeigt ,  dasz  in  den 
erhaltenen  werten  alH  elidos  die  anfangs*  und  endsüben  deB  m- 
Btihnmelten Älexandriados  stecken  (wie  bei  Steph.Byz.  n.  CöXoi: 
dv  'AXe-  Meineke  Anal.  Alex.  s.  38).    damit  wftre  zugleich  die  an 
sich  glaubliche  notiz  gewonnen ,  dasz  es  mehr  als  6in  AJeianderepo^ 
in  lateinischer  spräche  lange  vor  Gkialtherus  gegeben  bat.  Gualtherus 
hat  den  titel  seines  gedichtes  nach  Äeneis  (einem  worte  dessen  er- 
klärung  selbst  alte  grammatiker  in  Verlegenheit  gesetzt  hat:  s.  Mc 
titulo  Aeneidos'  Friedl&nder  progr.  1856  s.  4  ff.)  Jlexandreis  fehler- 
haft statt  Alexandris  oder  (P^)  Alexandrias  gebildet:  denn  den 
titel  des  von  Arrian  verfaszten  epos  'AX€£avbp€iäc  (M«neke  Anal 
Alex.  8.  370  f.)  hat  Lobeck  Path.  prol.  s.  468  und  Bemhardy  Suid&: 
I  s.  713,  8  in  'AXcEavbpiäc  berichtigt  und  stillschweigend  Ueineke 
selbst  Steph.  Byz.  s.  139,  10.  554,  15.  'AXcEavbpidc  fehlt  im  Tbes. 
Steph.,  wie  Alvcidc,  welches  sich  auch  noch  Anecd.  Oxon.  IV  s.  326. 
34  findet,  und  nach  Lobecks  bemerkung  s.  477  ^HpaicXcidc  (welcbv 
form  von  Meineke  Anal.  s.  176  in  'HpäxXeia  geftndert  und  von  Bern* 
hardy  zu  Suidas  11  s.  611,  9  getadelt)  ist,  wlihrend  doch  selbst 'Hpa- 
Kkrfic  bei  Aristoteles  steht). 

Maximus  et  Balbinus  2,  7  quorum  unus  in  re  müüairi  tan- 
ttM  est^  ut  nohüitatem  generis  spUndore  viriutis  ei  lexerit.  S&i- 
masius:  ignobüUatem  .  .  tHuxerit  (dem  Eyssenhardt  zum  teil  io\f 
nohüiUUem  .  .  iUuxerit)'^  Peter  (nach  M  aUexerü):  splendor  .  •  ^■ 
iimxerii;  Haupt  opusc.  III  s.  463  vüüatem  .  .  evexerit-^  EeUerbauer 
8.  642  (der  offenbar  auf  die  Verbesserung  des  Lipsios  igt^bäittUa'^ 
.  •  texerü  zurückgreift)  mit  beziehung  auf  Macrinus  1 9  (ignobüitati^^ 
tegendae) :  ignobüitatem  splendor  virttäis  eius  texerü.  solcher  gewalt- 
samen mittel  bedarf  es  nicht,   was  die  hss.  geben:  ei  lexerit^  ist  \rc! 

aus  dexerit  entstanden,  dh.  bei  der  so  häufigen  vertaoacknng  <iei : 
und  x:  eliserit^  wie  Celsus  VII 6,  37  diffieHUme  genus  id  nibia'  • 
taiis  diditur.  Hör.  ep.  I  15,  6«  Sen.  ep.  71  ddores  wtus  eUdü  '^^ 
gegen  Amm.  Marc.  XVI 12,  32  propeUens  fortUudine  congrua  iUis  ^ 
nostris  paritbus  probra)»  statt  didere  steht  Macrinaa  8,  1  dbdnt 
studens  prioris  viiae  sordes  viäonae  magnüudime  aJboUrt. 


BUsger:  zur  kritik  der  Bcriptores  hibtoriae  Augostae.         501 

3.  VDLCACIÜS  GALUCANUS. 

Avidius  Cassius  13,  5  uiinam  possem  multos  diam  ah  in- 
feris  exeUare.  statt  des  hsl.  mviUaSj  was  Jordan  Hlr  richtig  hält,  hat 
Peter  die  Terbessemng  Obrechts  müUatos  in  den  text  gesetzt;  er  hat 
nicht  gesehen  dasz  der  zu  allgemeine  begriff  muUati  (denn  das  sind 
die  Torher  genannten  proscripti  und  departati  auch)  fQr  diese  stelle 
nicht  ansreicht,  und  erwShnt,  wie  Jordan,  nur  den  Vorschlag  des 
Jnretas  sq^uUcs^  ohne  zu  beachten  dasz  Salmasius  der  Änderung  des 
Scipio  Oentilia  mortuos  den  vorzug  vor  sqpuUos  gibt  und  Oruter 
wieder  vMos  (im  passiven  sinne :  vgl.  Heinaius  Ov.  met,  VII 3  s.  446) 
ftr  wahrscheinlicher  als  mortuos  hält,  es  ist  aber  wol  kaum  zweifel- 
haft, dasz  possem  muUos  aus  possem  tumttlfos  verlesen  und  das  ur- 
»ptHngliche  possem  tumulatos  etiam  ah  inferis  excUare  gewesen 
iit:  TgL  gloss.  Labb.  s.  189  tumulo  Mm\u.  Savaro  zu  Sidon. 
ApoIlJjD.  ep.  Vn  1  s.  413.  —  Dasz  in  demselben  cap.  10  ut  in  causa 
tfrannidis  gui  in  tumuUu  cecidit  prohetur  ocdsus  Reimarus  s.  709 
n  Dio  Cassius  LXIX  s.  1193,  3  folgende  Umstellung:  gui  cecidit^  in 
tumvUu  prohetur  occisus  angerathen  hat,  haben  die  hgg.  gleichfalls 
merwfthnt  gelassen. 

ebd.  14,  6  vides  muUis  opus  esse  gladiis^  muUis  dogiis,  statt 
^lodtts  und  dogiis  zu  schreiben  Cassiis  und  CensoriiSy  wie  Keller- 
baoer  s.  626  thut,  ist  ein  ebenso  gewaltsames  wie  jeder  probabilität 
entbehrendes  verfahren,  weil  beide  namennmmittelbar  vorhergehen 
§  4  tf&i  Cassius  . .  uhi  Cato  Censorius?  gladiis  vor  dogiis  ist  nicht 
statthaft,  selbst  in  dem  falle  nicht  statthaft,  wenn  man  es  in  gla- 
^cribus  (Oudendorp  ApuU  md.  IV  s.  291)  ändern  und  daran  den- 
ken mOehte,  dasz  glaäiaJtor  in  der  ^passio  Oronzii*  für  camifex  steht. 
^  wort  verdankt  seine  entstehnng  wol  der  so  häufigen  verwechs- 
^  der  buchstaben  l  und  r,  d  xindp:  esse  stgrapis  dh.  muUis  opus, 
^t^syngraphis.  vgl.  Amm.  Marc.  XVIII  5,  2. 

4.  AELIUS  LAMPKIDIUS. 

Commodtts  kniojiiiiXi^b^itrecemiiaquecAiiapuheribusexole'' 
^  ^MOt  OiSgue  es  plebe  ac  nohiUtate^  nuptusque  forma  diso^atrice 
«fl^eroL  Salmasius  nuptus  quoque^  Tumebus  ua«  vuUu$^[uey  Jor- 
^  itdeärnsquCj  fiyssenhardt  nuptiisque^  ohne  einmal  sn  bemerken, 
^  dies  die  letart  des  Pal.  und  Beg.  ist.  nupins  im  verein  mit  der 
iMrt  des  Bamb.  nieptus  Iftazt  kaum  zweifeln,  dasz  mancipiis  das 
nichtige  ist.  paliographiscb  unmöglich  ist  sertnSy  was  vorzuschlagen 
Kdkxhaner  s.  626  sich  dorcfa  Heliog.  6  per  omnes  servos  ac  libidinum 
mmäim  hat  bestimmen  lassen. 

Antoninus  Diadumenus  5, 1  exdamaverunt  dipsumßium 
■^perotoris  esse  d  imperaiorem  quasi  mater  dus  aduUeraia  essd^ 
imi  fama  rdinebai.  quaM  haben  die  hgg.  eingesetzt  ohne  jede 
tttoritlt  und  ohne  jeden  versnob  die  mISglidbkeit  des  ansfalls  nach* 
(wdssn*  ist  quasi  das  vom  sinne  verlangte  wort,  so  steht  es  wenig- 


502         BUnger:  zur  kritik  der  ecriptores  historiae  Augoatae. 

stens  nicht  an  der  richtigen  stelle,  dasz  es  aber  nicht  allein  aasge- 
fallen ist,  ergibt  schon  imperatarem^  zu  dem  futurum  treten  musi, 
wie  es  weiter  unten  c.  4  heiszt:  dixerunt  mathematid  et  mperaim$ 
iUum  ßium  et  imperatarem ,  sed  nan  dm.  es  wird  anzunehmen  sem, 
dasz  das  äuge  des  abschreibers  von  einem  impercUorem  zu  einem 
zweiten  abgeirrt  ist  und  Lampridius  geschrieben  hat:  exctamaverunt 
et  ipsum  ßium  imperataris  esse  et  imperatarem  futurum  pr<nnäc  guasi 
ab  Imperator e  mater  eius  aduUerata  esset* 

ebd.  5, 5  dicUur . .  Macrinus  ürnuissSy  quod  nüUus  exeiusgtnere 
hoc  nomine  eenseräur^  ahstinuisse  nomine  imperatorio.  Peter  hat  das 
in  den  früheren  ausgaben  befindliche,  von  Jordan  gar  nicht  erwähnte 
ahstinuisse que  in  den  text  gesetzt  und  fragt:  'an  timens  • .  ahsti- 
nuisse V  die  regeln  der  kritik  verlangen  etwas  anderes,  verlangen 
wol  die  auflösung  des  timuisse  in  zwei  worte ,  in  timidius  und  s(, 
welches  bei  der  häufigen  Verwechselung  des  se  und  sed  und  des  sed 
und  scüicet  auf  das  bekannte  scUicet  quod  (zb. Liv. 1 56)  führt:  timi- 
dius^ scilicet  quod  nuUus  . .  censeräur^  ahstinuisse* 

ebd.  5,  6  cum  leo  ruptis  vincutis^  ut  quidam^  ferus  effugiss^t 
atque  ad  incundbuta  etus  venisset^  puerum  ddinxit  et  invidkdum  rdi 
quit^  cum  nutrix  se  in  leonem  misisset  atque  eius  morsu  adfecta  peris 
sä.  namque  sola  forte  in  areota  inventa  erat^  in  qua  infans  iacdat 
namque  hat  Peter  ohne  weiteres  in  den  text  gesetzt  statt  des  h>l 
atque  (jperisset  quae  solaJ/L  vulg.  Jordan),  in  dem  nichts  anderem 
enthalten  ist  als  u<  guae ,  was  in  palftographischer  und  syntaktischer 
beziehung  {tä  quae  inventa  erat)  keiner  besondem  begründong  be- 
darf, ebenso  ist  die  von  Peter  und  Jordan  eingeführte  interpunction 
ut  quidam^  ferus  nioht  zu  billigen;  zweckmäsziger  verbindet  M  vulg. 
vinculiSf  et  quidem  ferus ^  effugisset;  Lampridius  selbst  hat  offen- 
bar berichtet  leoni  ruptis  vinculis  ^feritatem  priorem  redisse*  (Statiua 
Theb.  VII 580.  Mart.  II 75, 3),  hat  also  geschrieben lutpridem  /(Tu.<. 

Antoninus  Heliogabalus  7,  5  lapides  qui  divi  dicuniur 
ex  proprio  tempio,  simulacrum  Dianae  Laodiciae  ex  adjfto  suo^  in 
quo  id  Orestes  posuerat^  adferre  voluU,  die  vulgata  ist  dtvi,  die  Pekr 
beibebftlt;  Salmasius  (und  mit  ihm  Jordan)  schreibt  rm ;  B  aber  gibt 
dividi  und  P  divi  so  dasz  di  ausradiert  ist.  es  ist  nicht  schwer  daä 
griechische  biiiteTf)  {lapides  diipäe^  wie  ludi  P$fthia  ua.)  zu  erkennen: 
s.  Theb.  parad.  s.  428.  im  folgenden  ist  das  wort  simuHacrum^  wel- 
ches in  allen  hss.  fehlt,  von  Obrecht  und  Peter  vor  Dianae  einge* 
setzt;  nach  Laodiciae  (in  folgender  weise:  ä  simulacrum  eius)  von 
Jordan,  ohne  jede  Wahrscheinlichkeit  nfther  liegt  es  hinter  iem}<' 
{tiplo)  den  ausfall  des  wertes  tipü  anzunehmen,  welches  sichkun 
vorher  §  1  als  tyfum  in  BP,  als  fffphum  in  M,  3,  4  riditig  als  typmm 
findet. 

ebd.  16;  5  miHtes etmaximepraetoriani  vel  scientes  quaemala 
m  HeUoffäbcdum  pararent  vd  quod  sibi  viderent  inmdiam  facta  oyn- 
spiratione  ad  liberandam  remp.  primum  in  conscios  vario  gtnirt 
mortis^  cum  älios  vitalibus  exemptis  neoareni^  aUos  ab  ima  parte  per- 


BUiiger:  lur  khtik  der  scriptores  historiae  Augostae.         503 

fodatni^  ut  wiors  essd  viUu  consenUms;  post  hoc  in  eumimpeUis  f^ 
f$i.  dies  die  Tulg.;  ihr  gegenüber  steht  die  hal.  lesart:  praetarianus 
td  9eietUc$^  qm  nuila  in  IMiogaMum  pararani  vd  quod  aiXn  viäerent 
fadaque  congpiraHone  ad  liberandam  ren^.  primum  eonscU  genere 
«orfw.  BAB  begreift  es,  wie  Salmasius  aasrofen  konnte:  Uorpiter 
affeetns  hie  loeae  et  dvnK^CTUic  deformatos'  und  nnr  ^ingenü  exer- 
ctndi  gratia'  folgenden  heretelliingeyerBuch  macht:  vd  sdentes^  qui 
mdmn  HdiogahaHum  pararani  .  .  primum  eonsdvere  mortem  his^ 
denoi  iweiten  teil  Peter  fBür  richtig  hält,  indem  er,  wie  Jordan,  die 
Tuaintuig  des  Caaanbonns  imridiam  iam  conflatam^  facta  conspira" 
Hone  öd  Uberandam  remp.  prinmm  in  oongdos  saevieruni  vario  genere 
mortis  mit  stillachweigen  übergeht.  Jordan  seibat  nimt  zu  dem  ge* 
wShaliehen  aasknnfksmittel  'cxcidisse  nonnulia  cenieo'  seine  zn- 
lodit,  freilich  ein  besonders  unglücklicher  gedanke,  da  die  be* 
treffinide  stelle  in  ihrer  überlieferten  gestalt  unannehmbar  bleibt, 
dio  dies  eben  hier  der  fall  ist»  ergibt  sich  ans  der  rathlosigkeit  aller 
gelehrten,  die  nur  darin  einig  sind,  dasz  die  hsl.  lesart  ans  entschie- 
^eotn  entstellnngen  einzelner  worte  hervorgegangen  ist.  und  doch 
Wir  es  nicht  su  schwer  ohne  gewaltsames  vorgeh^i  wahrscheinliches 
aufoifinden:  denn  der  schlnszsatz  ut  mors  esset  vOae  consenHens  Ter- 
langt  dfenbar  consortintm  genuere  mortis  statt  eonscUgenere  mortis; 
(xmoortiim  mortis,  wie  Val.  Max.  lY  6,  3  Plautkis  ä  OrestiOa  fati 
cmsrtione  gesHentes  vuUus  tenebris  intvtenimit,  Justin  XXI  1,  7 
^  nderfieiij  ut  qioibus  eonsortium  regni  debebat,  ne  Spiritus  quidem 
omortiwm  rdinquereti  Tgl.  generis  oonsortia  dissüiant  Statins  Theh. 
1^1  gignere^  wie  Auct.  ad  Her.  lY  3  gignis  nobis  novaspraec^iones. 
fiellhis  Xni  8, 1  gignenda  et  oomparanda  sapientia.  hieran  schlieszt 
«eh  fon  selbet  die  beriditigung  des  vorhergehenden  satzes,  dem 
eine  ebenso  ungenügende  behandlung  zu  teil  geworden  ist:  alle 
haben  nemlicb  das  hsl.  que  unbeachtet  gelassen,  Peter  aber  hat  statt 
desaelben  ohne  weiteres  pro  in  den  tezt  gesetzt,  indem  er  mit  Jor- 
^  noch  folgende  Änderung  vomimt:  ^wd  stbi  timerent  inundiam. 
voriiehtager  wftre  es  gewesen  auf  grund  der  so  häufigen  verwechse- 
hog  des  <l  mid  t  (in  pidere  und  vHare  zb.  bei  Quintilian)  und  des  si, 
velehes  die  note  für  sibi  ist  (Bflnemann  Lact.  I  22,  23  s.  166)  und 
9ie  (tda.  Stat  ecl.  uU.  63  s.  86),  als  alte  form  des  satzes  hinzustellen  vü 
T^  Sic  titarent  invidiam  facta  quippe  con^nratione  ad  Uberan- 
^  remp,  was  endlich  die  worte  vel  säentes  quiwudainHdiogaba^ 
^  pararani  anlangt,  welche  Jordan  nicht  antastet,  wfthrend  Casau- 
^otos  quae  mala  in  eos  HeHogäbaUisparareti  Salmasins  qui  mähom 
Bdiogabalum  pararani  schreibt,  so  bietet  sich  sofort  folgende  yer- 
^«aamng  dar:  ulciscentes  eos,  qui  mala  in  HeUogaibälumpro^ 
fogarani\  mala  propagare,  wie  das  gegenteil  propagatimus  opia^ 
Wif  5ofM  seriem  bei  Nazarius  paneg.  Const*  2,  3.  propagare  sakUem 
Antsen  Mamert  grat.  ad.  27, 5  s.  763.  üldseenies  hat  auch  Peter  ge- 
troin,  behilt  aber,  wie  Jordan,  das  unstatthafte  maia  in . .  pararani 
Ui  nad  gestattet  sich  Heliogabalum  in  Alexandrum  umzugestalten. 


504        RUnger:  zur  kritik  der  Bcriptoree  histoxiae  Augofttae. 

ebd.  23,  6  feriwr  et  promisisse  phoenieem  convivis  vdpro  ta 
Ubra»  auri  miZIe,  tU  in  praetorio  eaa  dimüterä.  dies  bietet  Eysstn- 
bardt  seinen  lesen  als  das  arsprttnglicbe;  Peter  yenieht  wenig- 
stens  €08  demUierH  mit  dem  obelos.  es  wftre  ebenso  weitlftiifig  als 
nutzlos  alle  yon  den  gelebrten  vorgebrachten  ansiehten  aoüiufi^hnn 
und  Eurttckzttweisen;  es  genügt  zuerst  denen  gegenüber  ^  dieeosP 
{eas  B)  vom  phönix  verstehen,  an  die  bemerkung  Qruters  in  erin- 
nern: *non  posse  haec  aceipi  de  Phoenice  inde  liquet,  qaod  eaa 
velint  fabttlae  avem  unicam%  and  sodann  darauf  aafberkdsxn  zu 
machen,  dasz  von  einem  versprechen  {pramisisse)  überhaupt  nicht 
die  rede  an  der  stelle  sein  kann,  in  welcher  die  thatsScUicken  be- 
weise einer  wahnsinnigen  Verschwendung  a«fgeftlhrt  werden,  ichoa 
deshalb  ist  der  an  die  Vermutung  des  Casaubonus  ii4  impenüm  eo^ 
dmitteret  (eis  dmiüeret  Jordan)  erinnernde  verschlag  von  Brockes 
in  den  Königsberger  monatsbeften  1877  nr.  8:  ut  impenUarie  se  re- 
dimeret  durduius  verfehlt,   in  praetorio  hat  schon  durch  Salmasiu^ 
auch  nach  dem  urteil  von  Bochart  Hieros«  II  s.  828, 88,  die  ridiüge 
erklKrung  gefunden,  wie  sich  aus  einer  reihe  von  stellen  ergibt:  vgl 
Barth  zu  Statins  ^t;.  I  3,  25  s.  99 ;  promisse  (promiae  B)  aber  bi 
nicht  jpromwJMe,  sondern  i?rom5is5e;  beides  zusammen  enchlieszt 
einen  noch  von  keinem  geahnten  sinn  der  stelle,    man  kennt  nur 
6inen  phönix^   aber  der  verschwenderische  kaiser  weisz  viele  za 
schaffen :  er  nennt  nemlich  die  summe  von  tausend  goldiiiee  — 
denn  ihm  geziemt  es  nicht  fünfhundert,  sondern  tausend  jähr«  aU 
die  lebenszeit  des  phOnix  anzunehmen  (Bochart  ao.)  —  einen  ph5nii 
und  bringt  für  jeden  seiner  tafelgftste  einen  phtoix  zum  voncheis, 
wenn  er  sie  entläszt:  feriur  et  prompsisse  phoemosm  convUns^  vidt- 
licet  pro  ea  libras  auri  sniüey  uhi  in  praetorio  eos  dinmtterä,  i^ 
convitfis  geben  BP  conviviiSy  wie  Verus  5,  1  statt  oomrimmm  P' 
conviviarum ;  die  flüchtigkeit  der  abschreiber  hat  die  abbreviaiur  des 
Wortes  vide  nach  der  sich  wiedwholenden  silbe  i^  {convivOs)  über- 
sehen und  die  abbreviaturen  der  Wörter  licet  und  vü  Tertauscfavo 
lassen. 

Alexander  Severus  29,2  in  hrario suo  . .  animas sandi&rfs. 
in  quis  Apoflomum  et^  quantum  scriptor  suorwm  iemporum  dicU^  Chri- 
stum Abraham  et  Orpheum  et  huiusoemodi  ceteros  habebat,  an  der  er- 
wfthnung  Abrahams  haben  die  hgg.  so  wenig  anstoss  genommen  «le 
Dale  Oracc.  vet  s.  635.  Alex,  ab  Alexandro  0.  D.  11  596.  Vossiu« 
zu  Catull  s.  276.  JHVoss  zu  Verg.  ec{.  1 6  s.  12  und  die  Theb.  pand. 
s.  357  namhaft  gemachten  gelehrten,  und  doch  ist  es  nur  an  wahr- 
scheinlich, dasz  hier  ein  fehler  der  art  vorliegt,  von  welcher  beispitie 
sind  Christotdes  statt  Jfistotdes  Liv.  XXXVI 21,  2  und  Ckristio  sutt 
Istro  Florus  IV  12, 8,  Christi  statt  tristi,  IMia  statt  B^Uida  LHftUir 
rhein.  mns.  XXII  s.  458  f.  Messias  statt  Moesiae  Tac  hist.  1 76. 79. 
Jdänasses  stAtiMnaseas  Columella  1 1, 9  und  st.  Masimissa  Diod.  eic. 
Phot  s.  523,  65.  Petrus  statt  Paetus  Cic.  PhiL  Xni  15.  TerMia- 
nus  statt  TurpOianus  Tac.  hist.  1 6 :  vgl.  Adn.  Stat  ed.  ult.  66  s.  10:>. 


BUnger:  zur  kritik  der  scriptoree  historiae  AugoBtae.         505 

der  kaiser  l»t  ohne  zweifei  die  sandiares  animae  verehrt,  die  als 
wnnderthiter  gefeiert  waren,  und  so  neben  Apollonias  Christus, 
Beben  Orpheus  den  Abaris  aufgestellt,  denn  statt  Abraham  wird 
Äharim  zu  sehreiben  sein  (Theb.  parad.  ao.)*  von  keinem  belang 
ist  die  behauptung  Hildebrands  zu  ApuL  de  magia  27  t.  504 :  'Abaris 
i  SeTero  coli  non  potnit,  quia  non  tanti  erat  apud  veteres  momenti 
peqoe  totam  antiquitatem  non  ita  celebratus  praesertim  inter  Bo- 
ffliaos:'  es  ist  eben  die  behauptung  eines,  der  von  einem  cultus  des 
Abraham  bei  den  B<$mem  besonderes  in  erfiEÜbrung  gebracht  zu 
kben  yorgibt,  der  dagegen  zb.  nicht  weiss,  dasz  das  paUadium, 
wriches  Bdbat  nach  der  Zerstörung  Trojas  durch  Fimbria  wolbehal- 
tes  aufgefunden  ward,  von  Abaris  gefertigt  und  geweiht  gewesen 
Min  loll  (Mflller  Tzetzes  Lyk.  355  s.  557),  dasz  sich  ein  Yerzeichnis 
der  angeblichen  Schriften  des  Abaris  bei  Suidas  findet  und  dasz  Yer« 
giUos  Aen,  IX  344  es  nicht  verschmäht  hat  den  namen  Aharis  zu 
gebnachen,  der  in  den  hss.  in  Arahkni  Hüarim  ua«,  bei  Firmicus  in 
(tcarum  yexiierbt  ist. 

ebd.  33,  4  damides  kwias  Severi  et  tunicas  aeemaa  vd  macro- 
ckraty  t  ei  purpurea  non  magna  ad  itsum  revocavü  mum^  so 
gibt  die  stalle  Peter  mit  der  frage :  *ex  purpura  non  magna  M.  an 
fsoe  ex  Purpura  non  magna?^  {epurpyra  Salmasios);  Eyssenhardt 
fubrt  dagegen  als  lesart  des  B  und  P  an:  e<  purpureaque  in dberein* 
itimmong  mit  Oruter:  Pal.  et  purpureaque  (der  deshalb  ex  purpurea 
oeque  non  magna  vorschlägt),  und  auch  Salmasius  sagt:  Vetus  Über: 
ft  pmpura  q^%  was  er  in  s^  pwrpwra  quae  non  oder  in  das  von 
Ejnenhardt  gebilligte,  von  Jordan  bezweifelte  e  purpura^  quae  ver- 
l&dert  wissen  will;  denn  was  Casaubonus  als  hsl.  lesart  gibt:  et 
fmpureaa  non,  gehört  nach  Ejssenhardt  dmi  ^recentiores  libri'  an. 
keiaer  hat  also  gesehen  dasz  schon  die  stelle  des  Spartianus  im 
Beveras  19  iam  exiguis  {exiUbus  Peter:  ygl.  Oudendorp  Apul.  mä. 
n  8. 808)  «esfiftn«  Msws  es^,  utvixtumcaemsaUquidpufpuraehdberet 
daiiiif  hinweist,  dass  magna  fehlerhaft  ist  wer  nun  in  erwägung 
nebt,  dass  magnus  und  manua  (denn  dies  gibt  der  Pal.  auch  anders- 
wo liatt  mumus)  mit  vanue,  dies  vanm  selbst  aber  mit  varius  nur  zu 
bisfig  verwedwelt  ist,  so  dass  sich  selbst  vanegrega  neben  varie- 
fnea^  varioaia  statt  variegata  findet,  wird  kein  bedenken  tragen  statt 
■M  wmgna  herzustellen  non  variata  oder  variegata  und  pur- 
pftreofue  in  purpura  acuve  aufzulösen,  beides  in  erinnerung  an 
Kiitialis  IV  46, 17  et  lato  variata  mappa  elavo  und  an  die  von 
Siknasins  trig.  tyr.  14  s.  279  und  Aurel.  46  s.  557.  Carin.  20  s.  856  f. 
S?gibaien  aufBchlOsse:  vgl.  Isidor  XIX  22,  11  laeukUa  guae  laeua 
fiuedam  cum  pietura  habet  intextos  aut  addUos  aeu.  es  bedarf  nur 
toeh  der  unbedeutenden  änderung  des  maerocheras  et  in,  maerodteras 
ted  und  variaia  in  variatas^  um  licht  in  die  stelle  des  Lampridius 
ts  brmgen:  tumeas  aoemas  vel  macrodieras  sed  purpura  acuve 
«oa  variatae.  vgL  dagegen  OaUieni  duo  16,  4  purpuream  iunieam 
euratomgue  vurüem  eandmque  manicatam 


506         BUnger:  zur  kritik  der  scriptorefl  hiatoriae  Aogostae. 

ebd.  53,  7  amant^  potofU^  lavant  Qraecorum  more.  f  ä  quidm 
se  vi  insistunt,  hoc  ego  diutius  feram  et  non  ecs  capitaH  dedam  sup- 
plicio?  so  Jordan  mit  der  bemerkcmg :  ^equidem  si  insistw/U  frostn 
temptavit  Salmasins',  was  Peter  wieder  ohne  bedenken  in  den  text 
gesetzt  hat,  indem  er  so  wenig  wie  Ejseenhardt  der  Ton  Casaabooas 
gebilligten  vulg.  erwähnang  thot:  Oratcarum  mare  etiam  qui- 
dam  se  instUuiifU]  jetzt  verlangt  statt  des hsl.  et  quidem  se  mstiiumt 
Kellerbaaer  s.  638  et  qui  ddiciis  insenmtnt^  hos  ego  ditäius  feram? 
was  nach  keiner  seite  hin  befriedigt:  die  verschreibnng  des  wortei 
ddiciis  ist  ganz  unglaublich,  da  kurz  zuvor  zu  lesen  ist:  rnüäeslaia- 
cris  muUebribus  et  deliciis  vacarent,  wie  Comm.  Anton.  5,  und  die 
Stellung  der  werte  Qraecorum  mare  (an  welcher  Übrigens  auch  Jore- 
tus  zu  Sjrmm.  ep.  VIII 41  s.  224  keinen  anstosz  genommen  hat)  weist 
auf  die  Verbindung  mit  dem  folgenden  hin  und  ebenso  das  hoc^  was 
in  hos  abzuändern  schon  das  nachfolgende  et  fwn  eos  verbietet,  es 
kann  kaum  zweifelhaft  sein  dasz  zu  lesen  ist:  Graecorum  in  morem 
(auf  das  Salmasius  zuerst  verfallen  ist,  wie  bei  Fulgentius  I  8.  603 
Troadum  in  morem  ua.)  et  quietem  se  instUuunt  (vgl.  Ter.  Fhom. 
240.  Buhnken  zu  od.  II,  13  s.  181).  otiwm  und  quies  tat  der  gewöhn« 
liehe  gegensatz  zu  militia^  zb.  bei  Claudian  IV  com.  Hon,  491  /hii- 
murque  quietis  Müitiaeque  bonis:  vgl.  Buhnken  zu  Yell.  II 68  s.  134. 
Livius  XXII  9,  5.  Drakenborch  zu  Silius  XV  825  s.  792. 

ebd.  65,  5  Domitianum  pessimum  fuisse,  amicos  autem  bono.« 
habuisse  atque  ideo  intern  nuxgis  odio  fuisse  f  quae  rem  p.  temports 
vilae  üUj  quia  mdius  est  unum  mälum  pati  quam  muiki.  nach  ab* 
Weisung  der  vulg.  (M)  adeo  .  .  fuisse^  qui  remp.  peioris  vUae  hminx- 
hus  commendaverat  schlägt  Salmasius  statt  der  hsl.  lesart  adeo  . . 
fuisse,  quae  remp,  temporis  suitae,  Uta  {ideo  • .  temporis  uitae ük naib 
der  angäbe  von  Ejssenhardt  und  Peter)  vor:  ideo  Claudimm  magis 
odio  fuisse  in  repuUica  temporis  sui  quam  iUCj  Peter  nimt  Cloudxvm 
und  fragt  'an  iUo?*  indem  er  doch  die  hauptschwierigkeiten  zu  be- 
seitigen unterläszt.  es  unterliegt  wol  kaum  einem  zweifei,  dasz  L&m- 
pridius  von  Claudius  gesprochen  hat;  aber  es  ist  ebenso  unzweifel- 
haft dasz,  wenn  er  ähnlich  wie  Sueton  Claud.  25  (i0e  qui)  tetvm 
adeo  ex  parte  magna  principatum  non  tarn  suo  quam  wBomm  Über- 
torumque  arhitrio  administravU  gesprochen  hat,  Claudias  kinreichend 
deutlich  bezeichnet  ist  und  es  der  von  Salmasius  vorgenommenen 
Veränderung  des  iUum  in  Claudium  nicht  bedarf,  und  das  ist  der 
fall :  denn  <üe  worte  remp,  temporis  vitae  sind  nur  mit  nichtbeachtong 
der  noten  für  die  silben  ar  und  er  verlesen  aus  temperi  siuit  a  {tew^Mri . 
und  die  ttbrigen  buchstaben  sind  die  Überbleibsel  weniger  von  ass^' 
cutis  (Salmasius  Alex.  Sev.  61s.  1031)  als  von  a  Ub'is  {Ubertis:  denn 
Uberorum  gibt  der  Vat.  statt  Ubertorum  Hadr.  21,  2) ,  so  dasz  der 
satz  mit  einer  unbedeutenden  änderung  lautet:  iüum . .  qui  rempvhlt- 
com  temer ari  siverii  a  lihertis.  die  Verwechselung  von  fcw/^* 
roH  und  temerari  findet  sich  auch  in  anderen  stellen  bei  Heinsius  zu 
Vell.  II  60  s.  377;  den  werten  des  Lampridius  vergleicht  sich  t'e* 


BÜBger:  zur  kritik  der  soriptores  hUtoriae  Anguatae.        507 

Sonden  YaL  Max.  V  6  enersa  domo  intemeratus  reip.  Status  manere 
foUsl  (wie  Lipsiua  und  Heinsins  auch  paliographisch  richtiger  schrei- 
ben ab  jetat  Halm  integer  re^p.  Status)  und  IX  5,  3  mantäUs  lecti 
bltmätüs  staium  rs^.  temerandOy  wie  Penzoniiu  (statt  temperofido) 
rerbessert  hat.  in  betreff  der  anderen  ändeningen  ist  es  an  der  zeit 
n  bemerken,  dasz  kein  fehler  in  BP  häufiger  ist  als  die  aualassung 
dir  neten  ftlr  einzelne  silben  wie  us  (ygl.  zu  trig.  iyr.  15,  8.  Maxi- 
mini  dno  13,  1.  Firm.  1,  4),  ar^  re  und  er  (vgl.  zu  Alex.  Sey.  65,  5. 
PeMom.  Nig.  3, 1.  ebd.  3,  7  videretur,  BP  ^  viddur.  Antoninns  Pins 
l^mmvareimrj  Bmiourvahtr.  Pertinax  15, 8  insererCj  BP  inseri). 

6.  TREBELUÜS  POLLIO. 

Oallieni  dno  4,  8  aeeesserai  ..Ms  nuüiSj  quodScißthae  BUhy- 
mm  imfoserami  eMtaksque  d^everani.  denique  Astacum^  quae 
^wmedia  postea  dkta  est^  incensam  gravUer  vastaverunt.  statt  der 
biL  lesart  eonhtm  steht  in  allen  ausgaben  Jbtacum.  zeugt  dieses 
ptliogiaphisch  nicht  zu  rechtfertigende  Astaeum  allein  schon  von 
tfger  Verderbnis  der  stelle,  so  tritt  noch  die  erwfignng  hinzu,  dasz 
ia  den  Worten  dvüates  ddeverani  offenbar  die  yerbrennung  der 
itidt  Nieomedia  begriffen  ist  und  dasz  selbst  in  dem  falle,  dasz 
Kieomedia  alleiii  hervorgehoben  ist,  während  Nioaea  das  gleiche 
Mbieksal  gehabt  hat,  weder  gravüer  vastaverunt  mit  incensam 
flammt  nodi  denique  vastavemnt  die  nötige  Steigerung  nach  dde- 
ttnmi  bringt  die  befriedigung,  welche  das  statt  des  unerklärlichen 
QM^MN  eingesetzte  Astaeum  trotz  des  yon  Salmasius  gettuszerten 
bedeakens  gewährt,  hat  den  blick  der  hgg.  so  getrttbt,  dasz  sie  die 
biL  lesarten  diehts  (B)  und  inoensuram  (BP)  unbeachtet  gelassen  und 
ia  folge  dayon  den  bericht  des  Trebellius  Pollio  durchaus  misverstan- 
den  haben,  der  bericht  ist  aber,  wie  sich  aus  Zosimoa  1 35, 1  f.  ergibt, 
folgender,  die  Skythen  brechen  in  Bithjnien  ein:  sie  plündern  und 
t^fBtSren  die  städte,  unter  diesen  namentlich  Nicaea  und  Nicomedia, 
^  lehiffiBn  sieh  zuletzt  mit  der  gemachten  beute  in  dem  hafen  ein, 
^  firtUier,  wie  der  bnsen  seihet,  mit  dem  namen  der  Stadt  Astacus, 
tpiter  mit  dem  namen  der  Stadt  Nicomedia,  die  an  die  stelle  von 
AtUeos  getreten  war,  bezeichnet  wurde,  zerstören  aber  yor  der  ab- 
bhrt  grflndlidi  die  hafenwerke,  es  ist  also  statt  eonhmiy  fär  welches 
AccQiiina  (nach  der  bemerkung  des  Salmasius)  o&nbar  Canium  ge- 
ksea  und  dann  das  so  ofi  ftlschlich  substituierte  CoruUhum  (vgl. 
^  4  a.  70  anm.  14)  eingesetzt  hat,  das  wort  zu  schreiben,  wel- 
cb«  von  Seimasina  Plin.  exero«  s.  794*  Q  irrtttmlich  ftlr  *yix  latinum 
pro  portQ  foaeitio'  erklärt  ist  und  sich  ghMSS.  Labb.  s.  116  Xi|ii€v€€ 
^«tom  und  sonst  (SeheffiBr  mil.  nav.  ni  4  s.  211.  Davisius  zu  Hir- 
^  h.  Afr.  62,  5.S.  909)  findet:  cothonem,  qui  Nicamediae  pas- 
<M  die^iif  est:  daranf  fthrt  didus  (B)  vaiipostea  e  Nieomedia  M. 
Mdaan  ist  in  imeensuram  der  fehler,  den  bei  Hirtius  b.  Afr.  21 ,  3 
^»^mUbanlt  Lipsins  (inseenddHkfd)  yermutete,  und  ansaerdem  in  der 
(«dailbe  am  (die  in  M  versprengt  ist :  diäam  esi)  ein  bestandteil  des 


508         BUuger:  zur  kritik  der  ecripiores  hütoriae  Angostae. 

Wortes  navigia  m  erkennen,  inscensuri  navigia  (wie  wol  «leb  ArnoL 
Marc.  XVI  12 ,  58  statt  escensis  navigüs  zu  lesen  ist  maetiM)  her- 
zustellen läszt  auch  die  tthnliche  YerkQrzong  des  weites  naivdt  Ma* 
zimini  dao  12, 4  quasi  navaUe  (B  aüle)  und  ^e  tthnlichkeit  der  vilben 
gia  und  gra  (ßravUer  vastatwU)  rttthlich  ersoheiaen. 

ebd.  11,  7  f{2e  cum  manus  ^pansorum  ieneräj  ut  quidam  di- 
cufU^  sceptus  Ua  ämsse  fertur,  so  PB,  septus  M,  M^imttLedhis 
ua.,  excepius  (^conyivio  nnptiali  ezeeptus')  Salmasina.  dagegen  be- 
merkt Peter:  'desiderari  mihi  videtur  notio  ex  tempore 'vkmMii': 
er  hat  nicht  gesehen,  dasz  für  diesen  zweck  ein  wert  genllgt,  wel- 
ches mit  exceptus  mehrfach  verwechselt  ist  (Stat.  conj.  XXs.280f.): 
exertus.  Isidor  X  81  s.  326  (und  ebenso  Salomonis  gloss.)  sagt: 
exertus  in  JoguetUk>  exped^kts.  gloss.  Placidi  s.  459 :  eooarH  aidem  dt- 
oim^r,  qui  virtiäem  suam  exsenuU  et  in  promptv^  Aaben^  eine  erklfi- 
nmg  welche  genauer  Stat.  coig.  s.  276  f.  begrflndet  ist  indessen 
ist  dem  exertus  viell^cht  exerims  vorzuziehen ,  wie  es  bei  Apnlejos 
exerta  voeey  exerte  damitare  heisst,  bei  schol.  Cio.  Plane  s.  166  Mai: 
quando  Uberius  et  exertius  adversus  quosdam primoftß  dmssetj  bei 
Amm.  Marc.  XVI 12,  46  exertius  oonsurgebanL  was  die  verse  des 
Gallienus  selbst  anlangt,  so  ist  von  Peter  ganz  uabertteksichtigt  ge- 
blieben, was  Burman  anth.  lat.  III  258  s.  684  nnd  Wernsdorf  PLM. 
rV  8.  499  f.  (es  findet  sich  besonders  iwvenes  et  desudate  statt  jwm 
parOer  sudate)  beigebracht  haben,  statt  iste  aU  (BPM)  hat  ausser  an- 
deren schon  Barth  zu  Clandian  nupt.  Hon.  s.  789  agüe  ▼erlangt 

Triginta  tyranni  15,  8  quae  muUorum  sententia  fortior  ma- 
riio  fuisse  perhihetur.  mulier  omnium  nohüissima  orkniaUum  fem- 
narum  et,  ut  Comdms  CapUo^mts  adserii,  speciosissimn,  ei 
durfte  dies  wol  die  stelle  sein^  welche  bisher  mit  der  geringstes  um- 
sieht behandelt  worden  ist.   was  zunftchst  das  letzte  wort  anlangt, 

so  ist  saepedissimam  BT*,  saepediiissimam  B*.  saepecUssimam  P^ 

(nach  Eyssenhardt  saepedissimam).  se  expedisoimam  Vai.,  also  das 
beglaubigte  sexpedissi$namy  wie  Oruter  sehreibt,  ohne  es  erkliren  za 
können,  zu  expeditissima  in  den  *veteres  libri'  des  Caaaubonna,  da- 
nach und  auch  in  mllen  neueren  ausgaben  zn  speoiosissitna  geworden, 
also  zu  einem  worte  welches  weder  ans  paläographiaohen  noch  aas 
sachlichen  gründen  irgendwie  annehmbar  erscheint,  dazu  kommt 
aber  dasz  mulier  von  Casaubonus  statt  des  hsl*  nndierum  eingeftbrt 
ist,  dasz  femer,  was  Peter  mit  stillschweigen  Obeigeht,  Ejssea- 
hardt  dagegen  durchaus  billigt,  Salmasiua,  der  dieses  aml&emw  bei- 
behält, statt  des  hsl.  et  ut  Capitolinus  vielmehr  ut  et  OapUokmu  hei 
folgender  Änderung  der  einzelnen  satzteile  geaehneben  h«t:  mdit- 
rum  omnium  nobüissima,  orienialium  feminarum^  ut  et  Oe^ritoUnus 
asserii,  spedosissima^  dasz  endlich  ohne  ansnahme  alle  stalt  saepf- 
dissimam  vielmehr  speciosissima  und  statt  nabäisoimam  BP^  mit  Sal- 
masius  nobiUssima  in  den  tezt  gesetzt  haben,  gerade  ans  diesen  ira- 
zianten  erhellt  auf  das  deutlichste ,  dasz  dem  fmdtormn  oententia  * . 


BUnger:  zur  kritik  der  acriptores  hiatoriae  Augustae.         509 

perkibehtr  ein«  von  allen  überlieferte  thatBache  binzagefQgt  wird, 
dfa.  dem  a  muUis  perhtbetur  ein  entschiedenes  sciinus  gegenüber  ge- 
stellt geweeen  ist  (wie  bei  Cic.  Tuse.  Y  22»  63  nBch  perstudioawm 
ebeaso  seimus  anagefiillen  ist:  ygL  Emend.  Hör.  s.  112  f.  anm.  und 
Ihalich  Carinns  13, 4  quatnvis  plmimos  plus  quam  miUiarea  • .  cami- 
comam  uaurpare  dick»  umsichtiger  in  der  ynlg.  dem  quamvis  ein  sciam 
sngeschloesen  als  von  Peter  probe  aciam  statt  |i{ii9  quam  verlangt 
wild),  daraos  folgt  weiter,  dasz  die  mit  den  werten  orientaUum  fe- 
mmarum  gemachte  angäbe  doroh  die  anftihrung  des  Capitolinus  ge* 
uuier  bestimmt  wird  nnd  das  räthselhafte  sexpediHssimam  ni^ts 
ttderes  ist  als  seafi  pudetissimam  db«  sexms  pudefUMmam  (wie  bei 
Cic  m  Verrem  1 37, 94  pudetiHssimas  feminas  und  Tac.  ann.  XYI 10 
9enm  egnna)  und  somit  die  ganze  stelle  ursprünglich  so  gelautet 
bt:  muUarum  senUniia  farHor  marito  fuisse  perhibduri  muUerum 
mmum  nobüisrimam  scimus  orientaUum  femmatrum  et,  utCome- 
Im  CapOoKmu  asserit,  sexus pudentissimam, 

Claudius  7,  3jp.  c.  militantes  audiiej  quod  verum  est.  dies 
die  bsl.  lesart,  welche  Jordan  beibehalten  hat.  Casanbonus  laetan- 
te$,  Obrecht,  dem  Peter  folgt,  mirantes.  Mommsen  audüßf  audUe. 
KeQerbauer  s*  646  sognr  dignantes  nach  t.  Tac.  8.  wer  nur  an  die 
Terbindnng  vigikUe  et  attenie  bei  Gellius  HI  14,  12,  an  pigHax  kctor 
dk.  eoffmlor  kUentms  (Savaron  zu  8id.  Apollin.  ^.YL5b,  319),  an 
cpenm  persevercmier  advigüare  (Juretus  zu  Sjmm.  ep.  Vn  91  s.  205 
Tgl.  I  30  8.  33*  Buhnken  zu  Ter.  Andr.  lY  1 ,  49  s.  69)  und,  um 
ttderes  zu  ftbergehen,  an  Corippus  lo.  YI  203  evigüoMter  agii  popu" 
lo$,  BodaB]i*aB  die  aufforderung  imimgUaieviri  Columella  X  159  denkt, 
▼ird  efrigüanUs^  Hwigüanies  herzustellen  um  so  weniger  bedenken 
tngcBy  eis  sich  derselbe  fehler  im  Comm.  Bern.  Lucani  lY  814  s.  149, 
^irterarmaUttirismilitavit^ndet:  denn  nicht  «nAodttot^  (freilich 
sieht  ohne  sweifel,  da  er  noch  vaoavU  vorschlfigt)  muste  üsener  schrei- 
ben, sondern  IKtmff  tu  vi^iZat^t^«  wieinvigilare  Pieriis  iAarisOY.  ex 
hmio  l  5,  66.  artOms  Ciaudian  jpnie^.  VI  cons.  Hon.  12  cod.  Ambr. 
TgL  Prop*  II 2, 9.  praecomis  caekstibus  Sid.  ApoUin.  ep.  YIII 4  s.  491. 

ebd.  9, 2  ^  quidem  nunc  verha  naufragU  pubUd  coHigit  nostra 
diKgenUa  ad  Bom.  reip.  decus.  Baehrens  rudera  naufiragii^  was 
ipnMshUdi  sieht  zu  rechtfertigen  ist.  Eellerbauer  s.  646  (ohne  zu 
erwilmeii  dasz  so  schon  Casanbonus  gelesen  hat)  reUqua  mit  ver- 
gMdrang  Ton  Firm.  6,  wo  sich  das  yon  Madvig  yorgeschlagene  re- 
Ufmas  &idet:  feminei  propudii  reUquiias  eoUigentem  (wie  auch  bei 
BcMca  qnaest.  not.  HL  26  naufragwrum  reli^Uas),  die  von  Casau- 
boaus  aageltihrte,  von  Jordan  und  Peter  ganz  übergangene  lesart 
des  Reg.  und  Put  oMgai  hat  nicht  die  nötige  beachtung  gefunden : 
»•  fUhrt,  wie  jahrb.  1877  s.  493  mit  hinweisung  auf  die  zu  Stat  ecl. 
Sit  49  a.  77  besprochene  Verwechselung  der  Wörter  verha,  ver- 
iera,  vuinera  bemerkt  ist,  auf  naufragii  vulnera  coüigat  vestra  düi- 
fmtia:  denn  vesira  bietet  der  Beg.  und  billigt  Casanbonus  mit  der 
«Utnmg  'in  gratiam  principis,  cui  hanc  vitam  misit,  adiecit  illa  Pol- 


510         Rünger:  zur  kritik  der  scriptores  histoxiae  Angostae. 

lio'.  dasz  jedoch  nostra  in  dem  von  Salmasins  angegebenen  sinne 
den  Vorzug  verdient  und  ccHUgcU  entweder  so  zu  verstdien  ist  wie 
bei  Cic.  orat.  34 ,  126  amiorum  s^mgenhrum  memonam  tmo  Vhro 
coüigavity  oder  so  zu  beurteilen  ist  wie  bei  Plinios  n.  h.  XXXV  15, 
51  vtdnera  coHigU^  Par.  ßx  colUgat  vgl.  Ov.  rem.  am.  191  äüigat 
herhaa  (in  einigen  hss.  coQigU\  läszt  sich  kaum  verkenneni  wenn  nun 
die  folgenden  werte  in  betracht  zieht:  ad  Bamanae  reip^p^gtuüfm 
est  enim  apud  Moesos,  Salmasius,  welcher  die  volg.  ad  Bomamt 
reip.  decus  verwirft,  hat  ac  statt  ad  geschrieben;  Omter  verlangt 
entweder  deous  oder  dedecus;  Peter  hilft  sieh  mit  der  annähme 
einer  lücke  nach  reip.  und  Ejssenhardt  sogar  damit  dass  er  die 
Worte  als  'verba  a  librariis  addita'  beseitigt,  der  fehler  liegt  offen- 
bar in  dem  hier  ganz  unnötigen  Eomanae^  und  es  dürfte  kaomxwei- 
felhaft  sein  dasz  es  aus  einem  werte  verlesen  ist,  welches  den  von 
Oruter  verlangten  sinn  hat:  vtdnera  naufragüpMici  eolUgat  nostra 
diligentia  ad  ruhorem  reip.^  wie  Tae.  hisL  I  30  vubor  ac  dedecuSj 
IV  62  ruhore  et  infamia.   Martialis  YII  12,  4. 

6.  FLAViüS  VOPISCÜS. 

Aurelianus  7,  8  aüer  äUeri  quasiin  nemo  q%ia8i servus c^ 
sequatur.  das  von  Salmasius  nicht  entrftthselte  in  nemo  hat  Obrecht 
geglaubt  als  M  (^  mües)  nemo  verstehen  zu  können  und  so  geschrie- 
ben :  gtiosi  rnOes^  nemo  (Withof  non)  quasi  servus,  und  Peter  hat  die^ 
in  den  tezt  gesetzt;  Eyssenhardt  gestattet  sich  das  zweite  quasi  zu 
streichen  und  für  innemo  zu  schreiben  inffemto  (vor  dem  selbst  ein 
Farmenon  immer  noch  den  vorzng  verdienen  würde :  Helladios  bei 
Photios  s.  534, 40.  Salmasius  zu  Heliog.  33  s.  877  vgL  Alex.  Sev.  61 
8.  1031 ,  obschon  es  nicht  eine  solche  Steigerung  wäre  wie  bei  Pe- 
tronius  126  aut  servos  aut  statores;  vgl«  Tumebos  Adv.  IV  9 
8.  122 ,  3).  wie  Comm.  Antonin.  3  B  ammis  statt  a  mknis,  Anton. 
Philos.  8  minografus  statt  mmographus  und  23pafU4mimos^  Maxi- 
mini  dno  9  BP  minus  statt  mimus  geben,  so  ist  hier  nemo  an 
die  stelle  von  mtfiio  getreten:  der  kaiser  macht  eine  mimiea  obor- 
dienUa  zur  pflicht  (wie  es  eine  nnmica  largiias  gibt:  Savaron  Sid. 
Apollin.  ep.  Vn  2  s.  421  vgl.  Wouwer  Minuc  34  s.  354.  Sen.  ^  lU 
ut  paiüio  vdaretur  caput .  •  non  aUter^  quam  in  mimo  dMUsfugiim 
soleni,  Cic.  Phü.  II  27  persona  de  mimo  modo  egens  modo  (ttrts; 
und  sogar  eine  servüis  (Tac.  ann.  1 17  in  uu)dum  servorum  dboedkf . 

ebd.  35,  3  sacerdotia  eomposuU^  tempHium  SMs  fimdavU  et  pon- 
tifices  rohoravit.  statt  der  hsl.,  von  Jordan  beibehaltenen  lesart 
pontifices  rciboravü^  welche  Salmasius  durch  redstibus  opmisponl\' 
fiees  dUa/oü  et  mMmü,  Scaliger  dagegen  in  das  von  Peter  an^geoom- 
mene  porticibus  rohoravit  verftndert  hat,  verlangt  Eellerbaoer  s.  64^1 
jetzt  honorifice  {honorificentius'i) <,  weil  der  tempel  c.  39  magn^- 
ficentissimmn  genannt  sei,  und  statt  roboravii  (was  der  von  keinem 
erwähnte  Amtzen  zu  Aur.  Victor  Cbes.  35,  7  geglaubt  hat  in  tocf- 
tavit  umgestalten  zu  dürfen)  consecravit,  weil  man  c  25  lese:  «S^i 


fiUnger:  zur  Initik  der  scriptores  historiae  Augusiae.         511 

ttmpUim  po6uU  makre  honorificeniia  consecraium^  ut  8uo  dioemus 
loco  and  c.  1  iemplum  SoUs  ..  ah  Äureliano  cansecrcUum.  er  hat,  um 
von  der  maszlosen  willkfir  des  yerfahrens  zu  schweigen,  ttbeirsehen 
d«sz  eben  der  beisatz  ut  suo  dicemus  loco  auf  eine  genauere  angäbe 
cl«r  hotior^ieentia  hinweist  und  dasz  hier  nur  von  der  grundstein- 
legnng  und  erst  c.  39  (auf  welche  stelle  sich  jener  beisatz  bezieht : 
tmpkm  magnificeniistimum  »■  Aur.  Victor  ao.  fanum  magnificen- 
iiBMnm  donariia  omans  opidenüs.  Zosimos  161  toTc  dirö  TTaXfiupac 
ivo0i)|iaci)  von  der  einweihung  die  rede  ist.  das  Torhergehende 
McerdoHa  compoeuU  und  das  nachfolgende  deerevü  etiam  emdumenia 
%mtiris  spricht  deutlich  dafür,  dasz  allein  Salmasius  mit  seiner  er- 
klinug  den  sinn  der  stelle  getroffen  hat  und  dasz  im  gegensatz  zb. 
n  Tbeodosius,  durch  dessen  edict  sacerdalum  arnntum  üditus  fisco 
ytpUeati  stmi^  der  kaiser  durch  solche  bestimmungen ,  wie  die  von 
Sjminachus  erwfthnten  sind  ep,  X  54  fiscus  bonorum  principum 
so»  saeeriotum  äamma^  sed  hosiium  ^polüs  augeatur  die  pontifice$ 
nelleieht  auch  powtificatuB)  fisco  roboratnt.  bei  der  ähnlichkeit 
der  Torbergebenden  silben  (pofUt)fi€e8  ist  das  wort  fisco  ausgefallen 
wie  tffpum  nach  templum  Heliog.  7  und  anderes  oben  besprochene. 

Tacitns  6,  6  gut  . .  nuirüorem  timeai^  respidat  ad  mdricem, 
nagarum  magisirahum  idibus  terrorigue  subiaceat.  so  BP*  {mag» 
soruM  P\  magnorum  M).  Salmasius  mannarum*  Scaliger  flagro- 
HM,  wogegen  die  neueren  hgg.  nach  ihrer  gewohnheit  einem  fal- 
Khen  princip  der  kritik  folgen,  indem  Jordan  die  vulg.  manuum 
and  Peter  sogar  das  allbekannte,  daher  von  Salmasius  in  seiner  aus- 
eiaiadenetzong  zu  wiederholten  malen  verwendete  virgarum  (Peri- 
zonins  Aelian  YH.  11  6  s.  58  f.  Jacobs  Animadv.  anth.  gr.  III  1 
1 159),  welches  allerdings  Alex.  Sev.  51  in  uirsis  (B)  und  urgis  (P) 
Terderbt  ist,  in  den  text  setzt,  den  richtigen  weg  hat  auch  hier 
^ein  Salmasius  betreten ,  indessen  hat  er  nicht  gesehen  dasz  der 
cnte  buchstab  des  Wortes  magnarum  aus  dem  letzten  des  vorher- 
gehenden nutricem  entstanden,  agarum  oder  vielmehr  ägamm  aber 
uckts  anderes  ab  anguillarum  ist.  denn  Verrius  bei  Plinius  n.  h. 
S  23,  39  berichtet  anguillis  erassius  {tergus)  eoque  verberari  so- 
kotpraetextatos^  zu  welcher  stelle  die  von  Reinesius  Var.  Lectt. 
ni  5  s.  427,  aber  nicht  von  Muncker  zu  Fulgentius  I  s.  608  über- 
giBgene  stelle  des  Isidorus  kommt  Y  27,  15  s.  164:  anguüla  esty 
9M  coereotUur  in  sehoUs  pueri^  guae  vulgo  scutica  dieHur^  und  auszer- 
dem  die  gloss.  Aelfrici  bei  Ducange  I  s.  193  anguilla  vd  scuHca» 

ebd.  10|  3  Comdium  Tacitum  . .  in  ommbus  bibUotheds  conlo- 
ssri  msmi  et,  ne  leäorum  ineuria  diperirety  librum  per  annos  singulos 
dtciet  seribi  putUcUus  in  cunctis  archiis  iussü  et  in  bgbUotheci» 
foni.  so  achreibt  Peter  nach  Casaubonus,  der  doch  die  eigene  ver« 
bessenmg  cunctis  so  wenig  fUr  richtig  gehalten  hat,  wie  die  vor- 
Kküge  Saugers  in  aevids  oder  civicis  orc^,  wol  nicht  blosz  wegen 
^  groezen  abweichung  von  der  hsl.  ttberlieferung,  sondern  Auch  in 
folge  der  erwigung,  dasz  decies  und  cunctis  nicht  zusammenstimmt» 


512         Bünger:  zur  kriiik  der  scriptores  historiae  Angosiae. 

auch  das  hat  Peter  nicht  bedacht,  dasz  ein  8crihipuhUeiiu8  in  cun- 
ctis  archiis  an  sich  dem  leser  etwas  unglaubliches  sumutet  und 
schon  deshalb  folgende  änderungen  und  Umstellungen  neben  der 
auslassung  des  zweiten  in  nötig  wttren:  decies  scribi  puhUcitus  ius- 
Sit  et  in  cunctis  archiis  et  hffhliothecis  poni.  Toraichtiger  rer- 
flihrt  Jordan,  indem  er^  wie  ehedem  Casanbonus  und  Sahnasius,  der 
in  euicos  etwas  seltenes  yermutet  hat,  das  wort  emoas  als  ein  problem 
bezeichnet,  die  lOsung  des  problems  ist  allerdings  Obrecht  mit  dt- 
mosiarchüs  nicht  gelungen,  vielmehr  gibt  das  hsL  euioo  oder  enK\ 
(euicos  ardns  nach  Gruter ,  dem  constdum  in  cos  enthalten  zu  sein 
scheint;  euicofarchis  nach  Salmasius;  enioofarMs  Put.  eneofan^^ 
Beg.  nach  Casaubonus)  durch  die  Umstellung  der  bnchstaben  eciN<> 
und  in  Verbindung  mit  fardiis  (arehivis  schreibt  Havercamp  zd  Ter- 
tulL  apol.  19  s.  184)  oder  vielmehr  farchis  das  wort  eänofrachi^. 
ecinochrafiiSi  ecmocraphiis^  iconographiisi  ein  wort  dessen bildon^ 
und  gebrauch  sich  rechtfertigt  durch  Notae  Tiron.  s.  127:  /oon, 
iconium^  iconographia  (ttbergangen  in  Steph.  Thes.  III  s.  224)  und 
gloss.  Labb.  s.  58  €lKOVOTpotq>ia  imaginatio  (vgl.  Valckenaer  Ear. 
Phoin.  131  s.  46.  Schftfer  Long.  s.  327)  und  durch  die  vergleichnn; 
mit  T€urrpaq>ia,  welches  Geminus  (Steph.  Thes.  II  s.  696^)  in  dem 
sinne  verwendet,  in  dem  wir  jetzt  von  'Photographien'  (richtiger  li; 
von  'telegrammen')  sprechen,  schreibt  man  nun  decies  seribi  publt- 
<ntus  cum  iconographiis^  wie  Seneca  sagt:  ista  exquisita  et  cum  ima- 
ginibus  suis  descripta  oder  PoUio  Claud.  14  fibula  aiurea  cum  a«'- 
Cgpria  ua.  —  denn  cum  ist  auch  sonst  mit  in  verwechselt :  Arntze!: 
Paneg.  vett.  s.  472  —  so  ergibt  sich  dasz  Vopiscus  zweierlei  berich- 
tet: dasz  der  kaiser  die  bttsten  des  Tacitus  als  seines  iMir«fi$  in  dtc 
bibliotheken  aufgestellt  hat  und  dasz  er  alle  jähre  zehn  mit  den  bii- 
dem  des  berühmten  historikers  versehene  prachtcodicesinTer- 
schiedene  bibliotheken  gelangen  liesz  (vgl.  Urlichs  rbein.  Mas.  XIV 
8. 611.  Bemhardy  rOm.  litt  s.  69  anm.  47).  damit  ist  das  urteil  fib-^'^ 
den  Vorschlag  Hudemanns  gefällt,  der  nach  einem  jetzt  sehr  belieb- 
ten verfahren  zur  grttndlid^en  beseitigung  der  Schwierigkeiten  die 
Worte  et  in  hybliotheds  pani  einfach  in  wegfall  gebracht  wissen  will. 

Firmus  1 ,  4  quare  nohis  etiam  non  minima  fuit  cura, 
vi  dictisÄurdiano,  Tacito  et  Floriano^  Frobo  etiam^  magno  ae  singu- 
lari  principe f  cum  dicendi  essent  Carus,  Ckurinus  et  Numeriamu,  ^^ 
Baturnino^  Bonoso äProcuhäFkmOtquistdfÄureUanofuenHit,  h^m 
taceremus,  so  die  vulg.  {nolns  guoque  U)\  ganz  abweichend  BP: 
quare  etiam  quoque  etiamsi  non  tamen  minima  fueritour^ 
nach  Jordan  quare  etiamquoque  aetiam  si  non  (äiam  ^itk* 
P,  wie  auch  Gruter  angibt),  weder  Salmasius  und  Chrater  noch  eji 
anderer  hat  diese  lesart  zu  deuten  gewust,  und  doch  llsst  die  be* 
trachtung  der  werte  quoque  etiam  ^  welche  sich  sofort  zu  coente^^ 
gestalten,  unschwer  erkennen,  dasz  Vopiscus  geschrieben  hat:  quan 
etsi  iam  coerceamus  stilum^  non  tarnen  minima  fuerü  curo  --* 

Halle.  Bobbkt  UiroKn. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HBRAUSGEGEBEK  VON  AlFBED  FlECKEISEK. 


69. 

ZUR  CHRONOLOGIE  DES  BÖOTISCHEN  VOCALISMUS. 


I  1.   Vorbemerkungen. 

Dasz  die  von  den  grammatikern  oft  düerten  eigentümlichkeiten 
des  bOotischen  yocalismae  in  der  yriedergabe  von  ursprünglichem  u, 
Ol,  Ol,  T|,  €t  ans  yerhSltnismäszig  junger  zeit  stammen  und  in  die  ge- 
dichte  derKorinna  erst  von  Schreibern  und  grammatikern  hineinge- 
bracht sind ,  zeigte  zuerst  Ahrens ,  und  traf  vollkommen  das  rechte, 
als  er  die  Schreibungen  ou  fdr  u  und  u  ftlr  oi  später  ansetzte  als  die 
Wandlungen  von  ai  in  t],  i]  in  €i)  et  in  t  und  diese  letzteren  wiederum 
nicht  ttber  das  vierte  jh.  hinaus  datierte,  im  folgenden  soll  der  ver- 
SQch  gemacht  werden  durch  eine  genaue  prüfung  des  inzwischen  sehr 
vermehrten  inschriftlichen  materials  die  wichtige  frage  nach  der 
ditierung  der  verschiedenen  ausdrucksweisen  des  böotischen  vocalis- 
mos  ihrer  beantwortung  einen  schritt  nSher  zu  bringen. 

Ich  gehe  von  dem  grundsatz  aus,  dasz  zu  derselben  zeit  in  der- 
selben Sprachgemeinschaft  nicht  verschiedene  einander  widerspre- 
chende lautgesetze  herschen  können,  wenn  sich  daher  zb.  in  den  in- 
schriften  der  stadt  Tanagra  sowol  bd^ol  als  bd)i0€  als  bdjiiu  findet, 
to  können  diese  verschiedenen  formen  als  lebendige  sprachformen 
anr  nach  einander,  nicht  neben  einander  bestanden  haben,  dasz  sich 
die  Schreibung  bdpoi  trotzdem  auf  gleichzeitigen  oder  auch  auf  den- 
^ben  inschriften  neben  der  Schreibung  bdjiiu  finden  kann,  wider* 
spricht  dem  natflrlich  nicht,  die  lautliche  Veränderung  des  Ursprung* 
liehen  bofioi  war  in  Tanagra  schon  vollkommen  durchgedrungen, 
ili  man  zum  ersten  male  zum  bessern  ausdruck  des  neuen  lautes 
M^u  schrieb,  diese  Schreibung  behauptete  sich  und  verdrängte  nach 
und  nach  die  alte  schreibimg  Sdpot  so  sehr,  dasz  nur  noch  bdjiu  ge- 
fidirieben  wurde;  aber  dieser  vollständige  sieg  war  das  endresultat 
eines  kampfes  zwischen  der  alten  und  der  neumodischen  Orthographie, 

JAhrMclMr  ntr  clut.  philoL  1879  hrt.  8.  33    « 


514         BMeiBter:  zur  clironologie  des  bOotischen  vocaliBmuB. 

der  nicht  wenige  jähre,  sondern  mindestens  eine  generation  hindurch 
dauerte,  wenn  nTin  nicht  nur  von  Tanagra,  sondern  auch  Ton  Theben, 
Orchomenos,  Thespiai,  Pktaiai,  Lebadeia,  Akndphion  rine  reihe 
böotisch  abgefaszter  inschriften  vorliegen,  in  denen  ot  nnverfindert 
erhalten  ist,  und  eine  andere  reihe,  in  denen  sich  u  für  oi  findet,  so 
sehen  wir  dasz  wir  es  hier  nicht  mit  einer  localen  eigentamlichkeit 
dieser  oder  jener  böotischen  stadt  zu  thun  haben,  sondern  dasz  jene 
zwei  dassen  vcm  inschriften  die  reprfiseatanten  von  zwei  verschie- 
denen phasen  des  böotischen  vocalismus  sind,  je  nachdem  nun  die 
inschriften  der  ersten  daese  u  unverändert  erhalten  oder  zu  ou  ver- 
ftndert  aufweisen,  die  der  zweiten  durchgängig  u  für  oi  bieten  oder 
daneben  noch  oi  bewahren,  habe  ich  die  beiden  dassen  in  mehrere 
gruppen  geteilt,  in  eine  dritte  classe  habe  ich  di^enigen  bOotischen 
insduriften  znsammengefaszt,  wdche  in  einzelnen  formen  statt  des 
bOotischen  bereits  den  attisch-hellenistischen  dialekt  zeigen. 

Einen  sichern  ausgangspunot  flb*  unsere  Untersuchung  bildet 
die  durch  Eirchhoff  (studien  zur  geschichte  des  griechischen  slpba- 
bets'  s.  130  ff.)  gewonnene  gewisheit,  dasz  auch  in  BOotien  da» 
ionische  aiphabet  nicht  viel  später  als  in  Athen  aufgenommen  wnrde, 
dasz  auch  die  delphische  insohrift  OIG.  25  nicht  später  als  oI.  98 
(388)  datiert  zu  werden  braucht,  die  epichorisch  gesdiriebenen  in- 
schriften bieten  uns  demnach  die  vor  400  und  um  400  vor  Ch.  in 
Böotien  übliche  Schreibung.  —  Von  einer  Veränderung  des  u^  zeigt 
sich  in  ihnen  keine  spur,  dag^en  erscheint  neben  ai'  und  oi'«  um 


1  'AicOXX€[c  Kamaoades  Athen.  lY  s.  818  s.  86;  BaxxuXitec  ebd. 
s.  80;  BvX([6]ac  ebd.  z.  62;  Mq^xk  Rpberl  »roh.  stg.  1876  •.  160;  Au>- 
vOcio[c  Enmanadet  Athen.  lY  s.  297  nr.  4;  AtovOcoc  CIG.  1599;  ^U)- 
vOcoi  Kumanadee  Athen.  tV  s.  378;  CüOöfiixoc  Stephnnos  bnll.  de  corr. 
bell.  1878  s.  28;  e<)p(nmoc  Keil  syll.  nr.  LVI«  8.  167;  'lir]icoio>6€C 
Kaibel  Hermes  VIII  s.  421  nr.  18;  K(tuXoc  Robert  ardi.  stg.  1876 1. 160; 
Kub(XX€[c  GIG.  1643;  KuvOpiccoi  Bang.  367;  MofMix^ac  Kamanades  Atheo. 
IV  t.  213;  'OXu»iiri66opoc  Kamanades  Athen.  IV  8.297  nr.  12;  'OXÜMiri- 
[XOC?  KHibel  Hermes  VIII  s.  426  nr.  32,  1;  TTuOdYTcXoc  Kamanade« 
Athen.  IV  s.  213  z.  21;  TTOpaXXoc  ebd.  z.  86;  TTOpo  dpxovT[oc  KeilsTll. 
nr.  LXVI«  s.  176;  TTupptvoc  Kumanadas  Athen.  IV  s.  297  nr.  13;  Corv 
6ivi6o[c  ebd.  s.  213  s.  60;  Tircrrö6opoc  CXG.  26.  *  *A6dvoi  Tkube 
CIG.  1592;  Alcxivac  Tanagra  Kumanades  Athen.  IV  a,  213  s.  34: 
BaxcOFai  Orchomenos  CIG.  1639;  TpatKa?  Theben  Keil  syll.  LXTI' 
8.  176;  H€p|ia[i  Thespiai  Kaibel  Hermes  VIII  s.  418  nr.  10;  HcpMoia 
Koroneia  Rang.  2181 ;  Hictiatöac  Tanagra  Kamanades  Athen.  IV  •.  213 
z.  46;  6€pa(o  CIG.  26;  Gepaicv  aaf  den  älteren  münzen  Mionnet  UU^; 
GpaiKia  Tanagra  Kamanades  Athen.  IV  s.  297  nr.  6;  ic]a(  Thisbe  Keil 
8yll.  LX'  s.  171;  C<pi  .  .  .  XaCttpa?  Akraiphion  Lebas  596.  *  dcTol[c 
Thisbe  Keil  sjH.  LX*  s.  171;  Botönoc  CIG.  25;  AiovOcoi  Thisbe  Koma- 
nades  Athen.  IV  s.  378;  ۟irXo(ovi  Kirobhoff  Stadien*  s.  181;  KtrvXoi 
Tanagra  Robert  ardi.  stg.  1876  s.  150;  KutiapCccoi  Orchomenos  Rs&iT- 
357;  M€v^0oivoc  Thespiai  Keil  syll.  LUI*  s.  165;  E^voia  Thisbe  Keii 
syll.  LX«  8.  171;  *0vadM0i  Tanagra  Kaibel  Hermes  VIII  s.  426  nr  r^T: 
irpoMdxot[ci  Thisbe  Keil  sjll.  LX«  s.  171;  rot  Orchomenos  Ran^.  357; 
Thespiai  Kaibel  Hermes  VIII  s.  418  nr.  10;  OoicUic  Koroneia  KetUvli. 
XXXIX«  8.  154;  Xoip[(Xoc?  Tanagra  Kamanades  Athen.  IV  s.  297  nr.  15. 


BMeiBter;  zur  Chronologie  des  bGotiechen  vocaHsmiis.        515 

der  bei  den  BOotem  bereits  monophthoDgiflcb  gewordenen  Aaesprftche 
dieser  Irate  im  nnterecbied  zu  dem  ai  nnd  ot  der  benachbarten  Atti- 
ker  anadrock  zn  verleihen,  Torztlglich  anf  taaagräischen  inachriften  a€  ^ 
und  o€.  *  3Q  der  aonahme,  dasi  das  doriBchem  und  ionisch-attischem 
r)  ealspreckeaide  €  der  epichorisch  geschriebenen  inschriften  schon 
den  anif  späteren  insohriften  durch  et  ausgedruckten  (monophthon- 
gischen)  laut  hatte,  zwingt  uns  die  von  einfOhrung  der  ionischen 
achreibsrt  aa  in  BOotien  herschende  Orthographie  €i  fllr  dorisches  i], 
und  die  Inschrift  mit  epichorischem  aiphabet  Kaibel  Hermes  VIII 
8. 421  nr.  18,  wo  sich  -  Kpdrcic  und  IqicivoT^Xeic  neben  iTmoicubcc 
Ukd  A]po^okX€C  findet,  so  hatte  sich  auch  bereits  tursprliaglidiea 
ci  n  monophthongischem  i  zugespitzt,  denn  wir  finden  neben  erhal- 
tenem €1*  schon  mehrfach  die  Orthographie  i^  fttr  et. 

I  2.   Die  böotiaoh  abgeflaasten  insohriften  ionisohen 
alphabets  nach  ihrem  vooaliamiui  geordnet. 

L  ot  bleibt,  wo  ea  Toritoamt,  iiyerbidert 

a)  u  bleibt  unverändert 

Tbeben  1)  Keü  zur  sjll.  XXXVU»  s.  559  ff.* 

2)  Kaibel  Hermes  YUI  s.  421  nr.  19' 

3)  CIQ.  1577  (Keil  syll.  s.  49)'« 

4)  Rang.  1318 

6)  Keil  syll.  LXI  s.  171  f." 

*  'Aßocöbopoc  Tanagra  Kamanudes  Athen.  HI  s.  108;  IV  s.  813 
>.  10;  Akxpövooc  AirtT.?  TaDAgra  CIG  1699;  FcfTTa^vcTOC  Tanagra 
KoaaimdeB  Athen  IV  s.  213  s.  37;  Aucaviac  Tanagra  Kamanudes  Athen, 
ni  I.  tag  ar.  8;  'Oidßac  Tanagra  ebd.  nr.  3;  TTXaöxoc  Tanagra  CIG. 
1M7;  9^pec  Tateninachrifi  ann.  dell'  inat.  aroh.  1886  t.  810  aam.  1. 

*  'ApicröOoevoc  Tanagra  Knmanades  Athen.  IV  s.  218  z.  7;  Atovücoc 
Ttaagra  CIG.  1699;  F^KOMfioc?  Tanagra  Robert  aroh.  stg.  1878  t.  168; 
Ko^Nnroc  Tanagra  Komanndea  Athen.  IV  s.  218  s.  48;  KpoScoc  Tanagra 
Uiäe  traTob  in  the  northem  Greeee  11  472;  Mo^pixoc  Tanagra  Ka- 
uatfes  Athen.  IV  a.  218  s.  6:  ir^6oc  Lebadeia  CIG.  1678^  (nach  Keil 
17U-  8.  194);  XocpiXoc  Tanagra  Kumanndea  Athen.  IV  v.  213  a.  68; 
Xec[pÜU)c7  ebd.  III  a.  169  nr.  6.  *  KoXXitcCtov  Orcbomenoa  Rang. 
Stt  (diaaalbe  inaehrift  di^  nach  "E^ilM-  d|>X-  799;  Lebaa  634  die  form 
KoUtrirov  hat?);  TT€t9dvftac  Tbeepiai  Kell  syll.  LIII«  1. 166.  dagegen 
«irie  !b  'A|ncTOKpdTCt  Theapiai  Kaibel  Uermea  VIII  s.  417  nr.  9;  €uca- 
^  Tanagra  ebd.  e.  426  nr.  28;  6iOT^u>[c  Thebea  ebd.  s.  421  nr.  18; 
HpoKUI  Lebadeia  Keil  syll.  LXVI*  s.  176  das  st  auch  in  späteren  in- 
■ckHItea  naTerkadert  bleiben.  '  'AdavoTirfc  Tanam  Kamanodes 
Atbea.  IV  a.  296  nr.  1;  'A^tvoicXIcc  ebd.  e.  218  s.  40;  Apt]crottT6vioc 
Taagra  Kaibel  Hermes  VIII  s.  421  nr.  18;  €ÖKXl6ac  Tanagra  Knma- 
M^s  Athen.  IV  s.  123  s.  62;  TTtdapxoc  ebd.  z.  13;  TTiciöop{6ac  Koroneia 
K*U  sjlL  LVn^  •.  168;  C<pi  .  .  .  XaiTipa?  Akraiphion  Lebas  696. 

'  ^  Keilsebe  Opouvlococ  s.  16  ist  ganz  nnsioher.  '  das  fraffmen- 
tivte  wMTt  am  anfang  von  s.  4  ist  ▼ielleicht  TToTapööuipoc  zn  lesen. 

^  die  warte  HcvoaXcibnc  Mcivt  sind  natürlich  verderbt:  Tgl.  Keil  ao. 

'*  statt  *ATAciinrO€  z.  1  hat  wol  aaf  dem  marmor  ('miaere  habitnm' 
^«3)  'ATcicmiioc  gestanden. 

33  • 


516         RHeifiter:  zur  Chronologie  des  böotischen  vocaliamut. 

Orchomenos  6)  Bang.  898  z.  1—33** 

7)  CIG.  1579  (Keü  syU.  8.  56) 

8)  CIO.  1580  (EeU  sjU.  s.  56) 

Lebadeia         9)  Keil,  zur  syll.  XXXV  *>  s.  551  f.  z.  1—11" 

10)  Keil  zur  sjU.  XXXY«  8.  653  f.  (CIG.  1575;  Lelpas 
765»») 
Thespiai        11^  CIO.  1604;  KeU  syU.  s.  106*^ 

12)  Decharme  recaeil  d'inscr.  in6d.  de  B6otie  s.  37 
(Keil  zar  syll.  s.  516) 

13)  Bang.  892 ;  KeU.  syll.  XXm  s.  93 
Tanagra        14)  Kumanndes  Athen.  lY  s.  294  f,  nr.  7 

15)  ebd.  8.  294  nr.  6 
Plataiai         16)  Oirard  bnU.  de  corr.  hell.  1877  s.  211  nr.  3 

&)  erhaltenes  u  und  durch  ou  ausgedrücktes  finden  sieb 

neben  einander 

Theben  17)  Kumanudes  Athen.  III  s.  479  f.'* 

18)  CIO.  1565  (Keil  syll.  s.  29) 
Orchomenos  19}  Keü  zur  syll.  XXXVIU  s.  562  f. 
Thespiai        20)  Keil  zur  syll.  XX  s.  518  f. " 
Chaironeia    21)  CIO.  1697  (Keü  syll.  s.  104) 
Akraiphion    22)  Keil  zur  syll.  XXXYm  2  s.  572 

23)  LoUing  mitteilungen  des  deutschen  arch.  Inst  in 
Athen  1878  s.  87 

c)  fttr  V  wird  nur  ou  geschrieben 

Theben         24)  Keil  zur  syll.  XXXVI  ^  s.  658 

Orchomenos  26)  Keil  zur  syll.  XXXVlll  1  s.  570  (CIO.  1593) 

**  von  der  in  leblechtem  lastand  befindlichen  insehrift  besmisKf'il 
(zur  syll.  B.  679  f.)  'eine  etwas  ToliBtündigere  abscbrift  Welekers'  ao4 
wollte  sie  'anderswo'  behandeln,  sie  seheint  in  diese  abteilong  sn  ^«* 
hören,  deatlich  erkennbar  ist  TOtt  s.  2,  'OXu^mxiui  s.  3,  Mup(xtoc  i.  K. 
'OX0[Minxoc?  z.  21,  Audac  s.  28.  von  z.  84  (Keil  gibt  z.  41  an)  bc 
ginnt  nach  Keils  angäbe  eine  neue  liste,  die  ich  wegen  TuT  s.  34  (narh 
Keil  ao.)  und  TTou6(ui  z.  87  in  die  zweite  olasse  nr.  86  Terwiesen  ktbe. 

''  *AtXi£iv  s.  6  ist  unmöglich ;  vielleicht  ist  dafür  'ArXduiv  sa  sehrei- 
ben, wie  dieser  name  in  den  inschriften  10.  42.  44  vorkommt.  '^  die 
nnterschrift  des  attischen  kiinstlers  ist  dem  herkommen  gemlss  soch 
hier  attisch.  *^  s.  1  ist  Tott  oder  tot  statt  tö6c  sq  ergänzen,  t.  S  tm 
anfang  röv  statt  6v  and  am  schlasse  wahrscheinlich  ircfM  ti&v  cvu- 
^XU^vJ.  statt  ctviEav  z.  24  (foG  rd  rpia  TpdMfiara  INI  ctvoi  noXO  du^^i- 
ßoXa,  0^  (Lxw  bucTuxtZrc  t(ttot€  vd  ettriu  dXXo,  ci  \ii\  ön  xal  cTnEov  m. 
ctmSav  Kai  €T^lEav  xal  f^oiSav  bOvarai  inuc  dvaTvuic84>  Knmanodes 
ist  vielleicht  liroSav  zu  lesen,  was  dann  auch  am  ende  von  c  17  eir- 
gesetst  werden  könnte,  wo  €r  angemerkt  ist.  —  Die  nichtböotiseben  for- 
men in  'AX€Edv5pou  z.  19,  dem  namen  eines  gesandten  ansAljiitr  ijQ;^ 
TTupdfiOU  s.  26,  dem  namen  eines  cOvcbpoc  ans  fiyzantion,  erklären  lic': 
aus  den  heimischen  dialekten  dieser  mttnner,  dem  akamaiiiscbcD  nn  i 
megarischen.  das  r\  in  AT)Xoirr(xui  s.  18,  dem  Vatersnamen  eines  cihrcöpoc 
ans  Byzantion,  treffen  wir  CIO.  2108'  wieder  in  einer  Insehrift  s'i« 
Kertsch:  Tcjidac  AT)Xoirr(xou  BuCdvTtoc.  '*  in  der  münsbezeicbsoi.: 
i^fiiöpaxMOv  z.  4  ist  die  attische  form  aufgenommen  worden. 


BMeifter:  zur  Chronologie  des  böotUchen  vocalismuB.         517 

Orchomenos  26)  Keil  zur  sjll.  XXXV  ^  s.  549  f. 

27)  Keü  syU,  XLV  s,  169  f. 

28)  Eeü  sjll.  m  z.  1—17  s.  13  f.;  Bang.  1303 
Pktaiai         29)  Oirard  baU.  de  corr.  heU.  1877  s.  208  f.  nr.  1 
Tanagra        30)  EamaQades  AtheiL  IV  b.  293  nr.  4<^ 
HTettos        31)  Oirard  bull,  de  corr.  hell.  1878  s.  606  nr.  12 

(2)  kein  beispiel  eines  erhaltenen  oder  veränderten  u 

erhalten 

Theben         32)  Lebas  483;  Keil  sjll.  Xu  s.  73 
Lebadeia       33)  EeU  sjll.  XI  s.  71 

34)  CIG.  1688;  Keil  sjU.  s.  63  f. 
Tanagra        36)  Eumanndes  Athen.  IV  s.  293  nr.  6 
Plataiai         36)  Oirard  ball,  de  corr.  hell.  1877  s.  210  nr.  2 
Chaironeia     37)  CIO.  1696  (Keil  sjU.  s.  104) 

IL  Für  ot  findet  sich  u. 
a)  neben  u  (für  ot)  findet  sich  erhaltenes  oi 

Hyettos         38—61)  Komanudes  Athen.  I  490—496'^ 

62—61)  Oirard  ball,  de  corr.  heU.  1878  s.  493—602 

Tanagra        62—67)  Bobert  Hermes  XI  s.  98  f. 

68—70)  Eumanndes  Athen.  IV  s.  291  ff.  nr.  1  u.  3'* 

Orchomenos  71)  Lebas  631  (Eeil  sjll.  I  s.  1) 

Cbonia         72—76)  Eumanndes  Athen.  IV  s.  216 

li)  erhaltenes  oi  findet  sich  nicht  mehr 

Orchomenos  77)  CIO.  1669»  (Eeil  sjU.  s.  33  f.)" 

78)  CIO.  1668  (Eeü  sjll.  s.  31  f.)" 

79)  Eeil  zur  sjU.  XXXVm^  s.  669 

80)  Eeil  zur  sjll.  anm.  32  s.  630  f. 

81)  CIO.  1664 

82 — 84)  Decharme  recueil  d'inscr.  in^d.  de  B^otie  s.  4 

—11  nr.  1.  2.  3 
86)  CIO.  1669'  (Eeil  sjll.  s.  34) 
86)  CIO.  1683  (Eeil  sjll.  s.  67)»« 
87;  Bang.  898  z.  34—46  (Eeil  zur  sjll.  s.  680) 
Tinagra       88)  CIO.  1662  (Lebas  466;  Eumanndes  Athen.  III 

B.  476) 

"  in  s.  2  ist  vjl  schreib en  tö]v  o(növ.  *^  unter  nr.  4  und  8  hat 
Koaanndes  je  zwei  listen  vereinigt.  **  unter  nr.  1  sind  swei  deerete 
xaiammenffefasst.  *°  das  oi  im  namen  des  Phokers  Mcvoirao  s.  26.  27 
darf  dem  bootischen  dialekte  der  inschrift  nicht  angerechnet  werden. 

^  för  AoiiOToiboo  schreibt  Keil  Aa|AoricX](6ao.  **  in  personen- 
lad  Tolksnamen  von  NichtbÖotem  dürfen  die  niehtböotisohen  formen 
^uivou^,  AloXcOc,  M^CTiup  M/|CTopoc,  KouZwiivöc  nicht  auffallen. 


518         BMeister:  zur  ohronologie  des  bdotischen  vocaliinraA. 

Tanagra  89.  90)  Eumanudes  Athen.  IV  s.  210  f.  nr.  2.  3** 

91-^93)  CIG.  1663  a6c  (Keil  syll  s.  29)** 
94)  Eumanudes  Athen.  IV  b.  210  nr.  1*^ 
Eopai  95)  Lebae  599  (CIG.  1574;  EeU  sjlL  s.  42)* 

96)  Eeü  zur  syU.  s.  656  f." 
97—100)  Eumanudes  Athen.  I  s.  501 
101)  Eeil  sjU.  IX  8.  68 
Akraiphion   102.  103)  Girard  buU.  de  corr.  helL  1878  8. 507  nr.  14" 

und  nr.  15  z.  1 — 3 
Thespiai        104)  Eeü  zur  sjll.  XXXUi  s.  536  f. 

105.  106)  Eumanudes  Athen.  VII  s.  286  nr.  6  und 

s.  287  nr.  7 
107)  Eeü  zur  syll.  s.  537  f. 
Lebadeia       108)  Eeü  zur  syll.  XXXVI*  s.  666 
Chaironeia     109)  Preller  berichte  der  kOn.  sftchs.  ges.  d.  wiss.  1854 

tf.  IX  8.  199" 

m.  Böotisohe  formen  mit  Tiilg&ren  gemiseht 

Theben         110)  CIG.  1576  (Eeü  syU.  s.  49)"     . 

111)  Eumanudes  Athen,  m  8.  482  f.  z.  5—24'^ 

112)  Eeü  zur  syU.  XXXV  b.  546  f." 

113)  Decharme  reoueü  d'inscr.  in6d.  de  B6otie  8.  19 
nr.  7" 

OrchomenOB  114)  Lebas  632'^ 

Thespiai        115)  Eeü  zur  syU.  XXIV  s.  530*^ 

116)  Eeü  zur  syU.  XXV  s.  531 " 

117)  Eeü  zur  sylL  XXI  s.  521" 


**  in  den  namen  der  drei  Antioohier  nr.  88  OiXoKpdrnv,  Ottpa* 
lA^viiv,  'AiroXXiKpdwiv  darf  das  valgttre  y\  nicht  aaffallen.  **  an  der 
richtigkeit  des  r|  von  ^p^0T^vT1C  nr.  91  xweifelt  Ahrens  I  185  mit  recht. 
AiOT«Vf]v  89  könnte  sich  richtig  verhalten,  wenn,  wie  in  90,  der  mit  der 
proxenie  beschenkte  ein  fremder  ist  **  die  künstlerinsohiift  dei 
▲ttikers  EnbuUdes  ist  attisch.  **  statt  McMT)v(ac  s.  81  ist  wahrscbeio- 
lieh  *lc^eiv(ac  zu  lesen.  **  die  schreibangen  OiXiiidui  (?)  z.  6  and 
*AvTtx^vilc  z.  28  beruhen  wahrscheinlich  auf  yersehen.  *^  flir  €  |  ^&QH 
B.  9.  10  verlanget  der  böotische  dialekt  £qpc[(]ßiüv.  **  auf  ^i\yf6c  s.  1  i«t 
bei  dem  corrnpten  zustand  der  inschrift  kein  yerlass;  es  wird  wol  mit 
Keil  dafür  ^€lv6c  su  lesen  sein.  *^  €ü&d(AOU  bei  einem  tareotinischan  ;?^ 
namen  and  KaXAmpdrcoc  seigen  dem  böotischen  diaiekt  fremde  formen. 
freUioh  ist  der  tezt  der  aus  Cyriakas*  papieren  stammenden  iaschiifl 
nicht  sehr  suTerlttssig.  '^  für  irpuil^v  z.  10,  wenn  wirklieh  so  n 
lesen  ist,  würde  der  böotische  dialekt  irpuitav  Terlangen.  **  böotiicb 
nur  fünfmal  ou  f ür  u,  sonst  durchgängig  hellenistische  formen. 
"*  die  böotische  form  für  fidx€t[poc  s.  2  ist  ^dripoc,  vgl.  die  grabinscbri/t 
'Ardieuiv  M^POC  Eumanudes  Athen.  III  s.  174  nr.  78.  die  gramaati 
kerzengnisse  für  üolisches,  dh.  also  hier  böotisches  fidripoc  stehee  bei 
Ahrens  I  s.  60  anm.  40.  **  b.  1  "Opxoficviuiv.  ^  inreimal  -kXiK 
und  K]aXXiKpdT€OC.  ••  'ApicroM^coc.  *'  KoXXtKpdrlttc  b.  S,  rierroi 
B.  11,  oGra  s.  11,  KaXXiKpdtiiv  b.  14,  McXkOai  s.  16,  ßcßda  z.  16,  KoX- 
MKpdTT)C  B.  21.  22,  Mvaar^vcoc  z.  26. 


RMeisier:  zur  Chronologie  des  böoüselien  rocalismas.         519 

Tazugra        118)  EamanüdeB  Athen.  IV  s.  292  nr.  2*^ 
119)  Knmanudes  Athen,  n  8.  402  nr.  1** 
120)ebd.  nr.  3* 
Lebadeia       121)  CIG.  1571 ;  Keil  dyll.  8.  37  ff.  ^ 
Akrtiphion  122)  LoUing  mitt.  des  deutschen  atch.  Inst,  in  Athen 

1878  8.  93*' 
123)  Oirard  ball,  de  corr.  hell.  1878  s.  608  nr.  15  z.  4 
—10^ 
Aigosthenai  124)  Lebas  11  1  ^ 

t  3.    Datlemngen« 

Für  die  datierung  der  ersten  dasse  ist  zunächst  die  anter  nr.  1 
sageBlhrte  inschrift  yerwendbar.  es  ist  nemlich  höchst  wahrschein- 
lich, daas  die  in  dieser  inschrift  genannten  mftnner  HTpatodoros  und 
Aristogeitoii  die  auch  in  der  delphischen  inschrift  ^ichorisohen  alpha- 
bets  CIÖ.  25  ▼•rkonunenden  thebanischen  kttnstler  sind,  da  sich  von 
den  aufgeführten  namen  auch  noch  Andren  und  Eaphisias  als  theba- 
nisehe  kllnsüer  nachweisen  lassen,  Timon  wenigstens  als  kflnstler  be- 
kannt ist  (Brunn  gesdi.  der  grieoh.  künsüer  I  s.  293).  es  hat  sich 
dwnnacb  während  der  sohaffenszeit  dieser  beiden  kfinstler  der  um- 
schwang  im  gebrauche  des  alphabets  in  BOotien  vollzogen,  und  wir 
werden  die  inschrift  1  nicht  später  als  ol.  105  (360)  ansetzen  k9n- 
nen. —  In  eine  spätere  zeit  verweist  uns  die  inschrift  nr.  1 1.  Thespiai 
lag  oL  102,  2--110,  3  (371—338)  in  trttmmem.  nun  gehörte  aller 
wthncheinlichkeit  nach  die  genannte  thespisohe  inschiift  unter  ein 
werk  dos  berOhmten  Atheners  Praxiteles,  der  fOr  das  nach  ol.  106,  4 
(363)  begonnene  Mausoleion  und  für  den  nach  ol.  106,  1  (356)  neu 
■ofgebauten  tempel  der  Art-emis  zu  Ephesos  arbeitete,  wenn  nun 
PUnina  mit  seiner  datierung  des  bertthmten  Praxiteles  in  ol.  104 
(364—361)  wie  gewöhnlich  den  anfang  des  kfinstlerischen  Schaffens 
desselben  angibt,  so  kann  die  porträtstatue  in  Thespiai  nicht  lange 
asch  dem  Wiederaufbau  der  stadt  aufjgestellt  worden  sein ;  wir  wer- 
den also  die  inschrift  zwischen  ol.  110,  3  und  114  (338—324)  da- 


Ziemüch  genau  läszt  sich  auch  nr.  17  datieren,  da  der  krieg, 
den  die  Böoter,  von  den  mit  ihnen  verbündeten  städtsn  Bjrzantion^, 
Alyzia  und  Anaktorion  mit  geld  unterstützt,  zum  schütze  des  del- 

**  Tlpocv»n\pimj  CtticucpdTTic,  €OMf|Xui  seigen  valgärformen.  im 
um^n  des  Phokers  ^okX^v  ist  r\  gereebtfertigt.  .**  oOtov. 
*  TnX^Maxoc  s.  IS,  6T)caup6v  s.  13,  crarf^pac  z.  24.  26.  27.  82.  86, 
ZiivoMTtti  s.  31.  —  a6T(|i  8.  11,  Tp€9Uiv{(4i  s.  18.  jedoch  ist  bei  dem 
troetioeen  zuttand  d«r  SoBchrifl  ein  sicheres  nrteil  über  ihren  vocalis- 
au  fut  unmöglich«  <*  lTKTnct[v  z.  12,  aörifi  s.  18.  **  in  Kui- 
T[a]1ov  s.  6  and  Micata  z.  9  liegten  die  vulirSren  formen  Tor.  ^*  nicht- 
böotisehe  fonnea  liegen  sicher  in  inAf\  s.  2  und  ^icT€0f|icfliv6i  z.  8  vor. 

M  TgL  Demosthenes  Phil.  III  84  and  dazu  EMiiUer  In  der  7n  aaf- 
lsf<  von  Westermanns  aasgew.  reden  des  Dem.  I  s.  366  f. 


520         BMeister:  zur  Chronologie  des  b^otbchen  Tocaliamot. 

phischen  heiligtamB  (z.  22.  23)  itottuic  dccßiovTOC  untemominen 
hatten,  kein  anderer  sein  kann  als  der  gegen  die  Phoker  oL  106, 2— 
108,  3  (355—346). 

Dasz  die  inschrifben  der  zweiten  classe  in  die  zeit  nach  Alexin- 
droB  und  den  diadochen  fallen,  beweisen  diejenigen  der  in  ihr  ver- 
tretenen prozeniedecrete,  in  denen  mflnnem  ans  Alezandreia  (65. 71. 
81),  Antiocheia  (90)  and  Demetrias  (89)  die  betreffenden  ehren- 
rechte  verliehen  werden,  nicht  vor  den  anfang  der  zweiten  hllfte 
des  dritten  jh.  können  die  inschrifben  82 — 84  und  109  datiert  wer- 
den, welche  die  einftihrung  des  Serapisdienstes  in  Griechenland 
voraussetzen,  dieser  wurde  gegen  ende  der  regierang  des  kOnigs 
Ptolemaios  Philadelphos  nach  Athen  gebracht,  also  c.  250. 

Von  den  inschrifben  der  dritten  classe  wird  nr.  124  von  Foacart 
(im  commentar  zu  der  inschrifb  im  Lebasschen  werk)  in  glaublicher 
weise  in  die  zeit  223 — 192  datiert,  wShrend  der  die  megariscfaen 
stftdte  mit  der  böotischen  confOderation  verbündet  waren,  die  in- 
schrifben dieser  classe  bezeichnen  den  an&ng  des  eindringens  des 
attischen  dialekts ,  der  sich  zur  hellenischen  Weltsprache  gestaltete, 
nach  BOotien.  dieser  übexffangsprocess  darf  nicht  über  den  anfang 
der  römischen  herschafb  in  Griechenland  hinaus  datiert  werden:  denn 
bis  jetzt  gibt  es  noch  keine  in  böotischem  dialekt  abgefasite  inschrin 
mit  dem  namen  eines  Bömers.  somit  ergibt  sich  etwa  die  mitte  des 
zweiten  jh.  als  schlusztermin  für  die  böotischen  dialekt  aufweisenden 
inschrifben,  imd  für  die  dritte  classe  würde  ungefi&hr  die  erste  hSlfte 
des  zweiten  jh.  anzusetzen  sein,  damit  dürfen  wir  natürlich  keines- 
wegs auf  ein  um  diese  zeit  erfolgtes  aufhören  des  böotischen  dialekts 
selbst  schlieszen ;  das  volk  hat  gewis  auch  unter  römischer  hersckaft 
fortgefahren  den  in  seiner  Weiterentwicklung  für  uns  nicht  verfolg- 
baren dialekt  zu  sprechen ,  während  die  gebildeten  sieh  der  helle- 
nistischen spräche  bedienten,  in  der  auch  einzig  jederlei  officielle 
aufzeichnungen  abgefaszt  wurden. 

Wir  können  also  wol  hoffen  das  richtige  zu  treffen ,  wenn  wir 
sowol  dierjenigen  in  rein  böotischem  dialekt  abgefaszten  inscfariften 
in  das  vierte  jh.  verweisen,  welche  Ol  unverftndert  erhalten  (8.  5.  6. 
8.  9.  10.  12.  13.  15.  17—19.  22. 23.  25.  28—30.  32— 35),  als  auch 
die  welche  u,  wenn  ot  zuf&llig  in  ihnen  nicht  vorkonomt,  beibdialten 
(1.  3.  4.  7.  11.  14.  16),  oder  neben  erhaltenem  v  schon  splteres  ov 
zeigen  (20.  21)^,  dagegen  diejenigen,  welche  v  für  oi  bieten,  Tc-r- 
nehmlich  in  das  dritte  jh.,  und  endlich  die  inschrifben,  in  denen 
vulgftrformen  den  böotischen  beigemischt  sind,  in  die  letzten  50  jähre 
vor  der  römischen  herschafb.^ 


*^  bei  den  Inschriften  freilich,  auf  denen  kein  beispiel  for  ot  vor- 
kommt nnd  ou  überall  für  u  steht  (24.  26.  27.  31.  S6.  37),  Ut  eine  eot- 
acheidnng  der  aeitfrage  nach  dem  vocalismna  nicht  möglich.  ^  Böckb 
(an  CIO.  1690  und  1684)  nnd  viele  andere  nach  ihm  haben  das  suj 
boren  des  bootischen  dialekts  als  scbriftaprache  schon  seatiger»  i^ 
Thespisi  vor  ol.  136  (240),  in  Orchomenos  um  ol.  146  (200)  angsaoB- 


RMeiater:  sor  Chronologie  des  bOotdBchen  vocaüsmiiB.         521 

I  4.  ünprfinglioheB  AI,  El,  E  (».  dorieohem  r\)  und  €  Tor 
vooiltn  in  den  böotiBohen  insohriflen  ionlsohen  alphabets. 

Im  vierten  jh.  wird  regelmftezig  i]»  ^  ci  geschrieben  f&r  früheres 
Ol,  €1,  E  (■■  dor.  T]}.  die  ftltere  Orthographie  hält  sich  aber  in  einzel- 
nen  resten  bis  wenigstens  in  die  mitte  des  jh.  so  ist  in  nr.  17  'AXu- 
Zcdujv  in  der  liste  des  zweiten  jahres^  die  ftltere  schreibang,  'AXu2!f)oi 
in  der  des  ersten  die  jflngere;  so  hat  in  nr.  18  das  neunmal  wieder- 
kehrende KOi  nnd  der  eigenname  Xaipibvbao,  wie  Keil  z.  13  liest  und 
wie  nach  Bangab6  in  28  z.  1  zu  schreiben  ist,  die  ftltere  Orthographie 
ebenso  bewakfft  wie  der  in  ionischem  aiphabet  geschriebene  name 
XAIPPONEA  CIO.  1679 ;  ja  noch  in  einer  inschrift  der  zweiten  classe 
(39)  hat  sich  ai  in  dem  yon  demselben  stamm  abgeleiteten  namen 
Xmpiac  erhalten.*  so  ist  in  A€ivtf)o[c  nr.  4,  in  'AjiietvoKXcToc 
'Afictvtoo  nr.  23  die  ftltere  Schreibung  festgehalten,  obgleich  *AjLii- 
vokX^CC  in  der  epichorisch  geschriebenen  inschrift  Enmanudes  Athen. 
IVg.  213  z.  40  schon  t  für  €i  hat.  und  so  erklftre  ich  auch  die  worte 
irptCT^cc ,  'Avaicropi^cc ,  Tcptoc,  ÖTt>o^KOVTO  in  der  liste  des  ersten 
Jahres  Ton  nr.  17  aus  der  Sltem  Schreibung  €■»€!,  also  lautlich 
gleich  irpicfcicc,  'AvaKTopieTcc,  Tcipeioc,  ÖT^oeiKOvra ,  wie  ja  auch 
APirrOEENEX  Keil  syll.  LH  ^  2  s.  164  in  ionischem  aiphabet  diese 
Schreibung  bewahrt  hat.  —  Die  Inschriften  der  zweiten  classe  weisen 
»Qsier  dem  oben  erwfthnten  Xatptac  kein  beispiel  eines  erhaltenen 

(Q,  €t  oder  E  («■  dor.  r\)  mehr  auf. 

,__^^^^^^^^^^  • 

Bca,  dort  weil  in  der  hellenistisch  (reecbriebenen  Ae^erliste  von  Tbeepiai 
CIO.  IMO  s.  16  aod  17  'Epdruiv  €öxap(bou  als  Sieger  im  diaaloo  und 
itftdioa  genannt  wird,  den  Böokh  mit  dem  bei  Africauns  unter  ol.  135 
All  fieger  im  stadion  aufgeführten  Aitoler  Erato  identificiert,  was  bei 
der  biofigkeit  des  namens  nichts  swingendes  hat;  in  Orchomenos  xun 
iOO,  weil  der  tragische  dichter  Co<poKXf)c  Co90kX^ouc  'A6r)vatoc  in  der 
Mtoistisch  abgefassten  orchomenisehen  Inschrift  CIO.  1684  (nur  in 
in  namen  'AMtviac  s.  10.  26,  'EEok^ctou  s.  28.  49,  KaßCpixoc  s.  31  haben 
lieh  dialektische  reste  erhalten)  von  Snidas  (Co90xXf)c,  *A9iivodoc,  rpa- 
rtöc  Kai  Xupixöc,  dirdirovoc  toO  iroXaioO.  ftfoy€  bk  ^crd  Tf|v  TTXcidöa) 
»piter  als  die  tragische  Pleias  ffesetst  wird,  was  uns  ebenso  wenig  wie 
iie  eiwihnang  &es  tAf\y\c  'AXcSavftpcöc  dir6  Maidvbpou  nnd  eines 
'AneXoc  'AxrdXou  'A6f)valoc  abhalten  kann  die  Inschrift  ungefähr  60 
j>be  später  als  Bdckh  su  datieren. 

^  in  nr.  17  werden  die  bundesgenÖSPischen  beitrage  ans  den  drei 
jt^ren  der  arehonten  Aristion,  Nikoiaos  nnd  Ageisinikos  angefChrt;  in 
^  traten  jähre  sahlen  alle  drei  stftdte  beitrage,  im  sweiten  nur 
^Mfiia,  im  dritten  nur  Bysantion.  die  eintragnngen  für  die  einzelnen 
jakrc  weichen  anffftlUg  in  der  Orthographie  Ton  einander  ab:  in  der 
^  des  ersten  Jahres  steht  'AXu2:f)oi,  BuZdvrtot  und  Bu^ovriuiv,  irpic- 
T^fc,  *AvaicTopUcc ,  in  der  des  iweiten  Jahres  irpiCTCtcc,  'AXuZaiuiv,  in 
ler  des  dritten  BucZdvrtoi«  **  ich  will  nar  kurs  darauf  hinweisen, 
^Ms  es  mit  dem  at  in  Kopdixoc,  Kapa'iUivtoc,  TtMoXd'ioc  in  18,  NixoXatui 
ü  23  nsw.  BatQrlioh  eine  andere  bewandtnis  hat.  stammhaftes  ä  Ter- 
«chmilst  mit  dem  t  der  snffize  -lOC,  iwv,  -tKOC,  -ixoc,  -tftac  niemals  su 
:.  daher  heisst  es  sn  jeder  seit  nnd  ausnahmslos  '€p|idioc,  *€p^oTacoc, 
CpMdixoc,  ^pMawdc,  ^EpMatdrvtec ,  Kapd'ixoc,  Kapa'idivtoc ,  TTonödtxoc, 
TuieXdloc,  GpocouXatboc,  'AtXawpalbac,  TTaIXoc  und  TTdiXXoc  usw. 


522         BMeister :  zur  Chronologie  des  b(k>ti8cheii  Tocaliimiu. 

DU  fttr  u  finden  wir  in  der  ersten  dasse  in  folgenden  Worten: 
in  17  TTouOiiii  z.  4  und  xpoudui  z.  9 ,  woneben  u  in  xpvdov  1. 12 
und  in  14  andern  Worten  erhalten  ist;  in  18  dcouXiav  neben TUXQV: 
in  19  OtOKOubciui,  TTouGiac,  TTouOujv,  TTouBobuipoCt  TToXouEänx 
EöBou^oc,  TTouOöviKOc  neben  TToXupciTUi,  GpacuXooc,  'OXufiinxioc 
CöpuXoxoc,  Mupruiv,  l6uKpdT€tc;  in  20  TTouGiuiv  neben  fn^oc 
0uX[(bao;  in  21  TToudtdc  neben  'AfuupiXuTOC,  in  22  TToiiOuivoc  neben 
fpuXXiuivoc ,  *Qvu^äcTui ;  in  23  'EniKOubeiui  neben  CuwvmAotMupu;. 
TTuOcviKUi,  0opucKiui.  demnach  ist  hier  die  schreiboag  ou  ^orwiegeiic 
für  ü  angewendet,  nur  in  TToXou£^vtoc  für  den  kunoi  vocaL  in  de: 
gruppe  0  finden  wir  Aiovouaoc,  ITouOuivoc,  Aovciac  (24)i  TTovOur 
voc  (25),  Aoucidiu),  COpouXoxoc  (26),  TTouppui  (27),  couvbuco[i 
€öpoupau)v  (28) ,  Aouci^väG[TU),  COpoujuictbioc  (29),  ouiöv  (30  uoc 
31),  also  in  eupot)  und  couv  die  schreibnng  ou  für  0.  daneben  zeign 
die  namen  Aiuivioucioc  (19  z.  18),  Atui]viouc6buipoc  (24  z.  1' 
TToXiouicX[eic  (26  z.  7)  die  schreibang  lou  fOr  u. 

In  der  zweiten  classe  hat  sich  u  nur  in  folgenden  namen  erfa^ 
ten:  TToXu^  .  .  .  (41),  Bu^dpioc  (47),  OpacuXXui  (61),  AiovuQOC, 
Auctba^oc,  TToXukXcic  (77),  lapuivu^oc  (94),  TTcXuicpiTiiu  i^' 
Cupioc,  XapuXXtui,  Cärupoc  (96).  anszerdem  vermatet  in  nr.  7^ 
Ahrens  I  181  fOr  OYONIEZ  z.  7  (BOckh  Ootjovrcc)  eOovrcc  ui.: 
ebenso  (bei  Keil  sjll.  s.  32)  für  OXAATl  z.  8  (Keil  ipidXi))  OuMcn: 
in  allen  anderen  fällen  ist  (sowol  langes  als  knrzes)  u  durch  ou  re>p. 
K)U  ausgedrückt,  ich  gebe  im  folgenden  die  beispiele  für  lou  sun 
u  aus  der  zweiten  classe.  38:  TToXiouicXcioc,  TTcälioiixäptoc,  Aiu.>* 
vioucöbuipoc^  Aiu)vioucobibpui,  39:  nouxQi  TToXtouicXIbao,  4' 
Aiuivioucobdipu) ,  42:  Atoi}cu)V,  TTt6iOu[X]oc,  43:  TToXiouxofHOC 
TToXtouxXibac ,  TToXtouicXibao,  16toi)XXioc,  44:  TToXiouKXiboc. 
Aiujvtoucobuipuj ,  TToXiouEevoc,  Aiurvtouctoc,  45:  TToXiouEcvoc. 
47:  TToXtouicX€ioc,  16to{u]Xtoc,  50:  Atujvioucöbuipoc,  51:  ^lu; 
vioucobidpu),  TToXtou  . . .,  52: 1ToXtoux6pioc,  TToXioi>p€iT0C,  Aia^ 
vioucioc,  58:  Aiovtoucöbujpoc,  54:  Atuivioucobibpui  dreimil,  ^^ 
Aiuivtoucobdbpuj,  TToXtou£evoc,  57: 1ToXioiifA€[(]Xui ,  68:  Atumoi 
cobiiipui  dreixnal ,  TToXiouicXibao ,  59 :  Hcv  ?]apnotjbao ,  TToX[toy]- 
KXctoc,  60:  Aiuivioii[co]buipui,  TToXtouicXcibcu),  61:  AiuMOucioJ. 
80:  Atouciac,  'OXtouviriujVOc,  noXMoöbwpoc**,  81 :  tioux<^.  ^''• 
'OXioOfiirixoc,  'OXioufiTTixuj,  TToXiouEevoc,  98 :  Ntoufiq>obuipu),  ^'' : 
FabtouXÖTui,  102:  TToXtoüEevoc,  Aiou[ae(?]ui. 

Auszer  den  angeführten  kenne  ich  noch  folgende  beispieU  t:« 
lOU  für  \i.  aus  Tanagra:  Niou^qpfja  Kumanudes  Athen.  UI  &-  l'l 
nr.  50,  TToXiouKiXiv  ebd.  nr.  54,  AioucticXia  ebd.  s.  175  nr.  95,  Tioü- 
Xwv  ebd.  8.  476  nr.  5,  Aiuivtoucobt&pa  ebd.  IV  s.  298  nr.  9,  Äiu^ 
vioikioc  ebd.  s.  300  nr.  12.  ans  Koroneia:  AiuivioucTiolc  h^^ 
678  (und  Bang.  2161?).  aus  Alalkomenai  Aiu)Viouc[i]€  "E^"^!^ 
dpX«  2399.  hierzu  kommen  noch  einige  beispiele,  in  denen  das  '^  -^^ 

^  SQ  wird  irol  s.  18  statt  TToXXoü^öttipoc  sn  lesen  seia. 


\ 


RMeiBter:  zur  cbrcnologie  dee  böotbohen  vocalismaB.         523 

tbdie  lou  Yolgtrem  ou  entspricht:  NioufA€iv(ui  38,  Ntoupcivioc, 
Ntou^civiui  45,  NlOu^€ivloc  53,  NlOu^t(lV,  Ntoufid^  81,  Xtouaäboc 
(nach  Keil)  83,  and  auf  einem  tanagrftischen  grabstein  aus  der  ttber- 
gugneit  anim  hellenistischen  dialekt  NiouM/jvtxoc  (Eomanudes 
AthoL  lY  8.  301  nr.  27)  mit  vulgärem  r\  fOr  bOottsdies  €i. 

Aas  dieser  zasammenstellang  ergibt  sich  1)  dast  die  Schreibung 
lOU  nidit  eine  loeale  eigentttmlidikeit  dieser  oder  jener  stadt  ist, 
Bondsm  dem  bSotisdien  dialekt  im  allgemeinen  zugesprochen  wer- 
den moflz,  und  2)  dasz  sie  sich  nur  nach  v,  X  und  den  dentalen  t, 
b,  0  findet«  naoh  dieeen  oonaoiianteai  fldieint  demnach  der  u-vocal 
dem  bOotischen  ehr  einen  besondem,  hellem  klang  gehabt  zu  haben, 
nsd  wenn  wir  u  in  der  zweiten  classe  gerade  nach  X  (TToXu^  .  •  .  ., 
Audbapoc,  TToXukXcTc,  TToXukpit(ui),  v  (AiovOcioc,  laptJ&vuMOc) 
ud  den  dentalen  (CdTupoc,  Ou^dpioc,  Ouovrec)  hftufiger  erhalten 
finden,  so  ist  das  vielleicht  die  folge  davon,  dasz  der  gehOrte  laut 
(lov)  nicht  weiter  von  dem  klänge  des  gemeingriechischen  u  als  von 
ou  zn  liegen  schien. 

€  vor  vocalen  finden  wir  in  den  epichorischen  inschriften  er- 
balten in  *A^ivoKX^ec  Tanagra  Eumanudes  Athen.  IV  s.  213  z.  40 
QAd  FicokX^cc  Tanagra  ebd.  z.  57,  zu  i  verftndert  in  TTpoKXiecc  Leba- 
deia  Bang.  2088,  'AMt?]voicXt€C  Orchomenos  Bang.  364,  Oiapiba 
Tansgra  Eaibel  Hermes  Vm  s.  427  nr.  31 ,  KXidpxa  Tanagra  Eu- 
minndes  Athen.  IV  s.  297  nr.  9.  ^  in  den  inschriften  der  ersten 
daese  habe  ich  es  47mal*'  verwandelt  gefanden  und  12mal*  erhal- 
ten, dagegen  findet  es  sich  in  der  zweiten  classe  weit  ttber  lOOmal 
verwittdelt  und  nur  8mal*'  erhalten,  also  gesprochen  wurde  von 
den  Böolem,  soweit  unsere  kenntnis  reicht^  immer  t  statt  €  vor  voca- 
len, der  schriftliche  ausdruck  aber  dieser  abweichung  des  bdotischen 
von  dem  attischen  dialekt  kam  erst  im  dritten  jh.  in  allgemeinen 
gebnrach.  im  genetiv  der  €C*stämme  findet  sich  -eoc  statt  -lOC  erat 
lof  den  inschriften  der  dritten  classe. 

Zu  der  zeit,  wo  die  böotische  Schriftsprache  in  abnähme  zu 
tenuaen  anfieng,  wurde  zuerst  diejenige  Schreibung  ungebrftuchlich, 
weUse  den  bOotischen  dialekt  im  unterschied  von  allen  andern  im 
dnttea  jh.  charakterisiert  hatte:  u  für  ct.  diese  Orthographie  findet 
>uh  Bchon  in  der  um  200  verfaszten  Inschrift  124  nicht  mehr,  ebenso 
woigitt  110.  112.  113. 116.  120.  121  (wo  neben  auTOi  sogar  schon 
ovTi^  in  den  abschriften  steht),  auch  die  absonderlichkeit  ou  oder 
lOu  Ar  u  an  schreiben  gab  man  im  laufe  der  ersten  httlfte  des  zwei- 

»  das  unerklärte  6I0TEAIA  Tanagra  Kaibel  Hermea  VIII  a.  425 
^  M  laaa«  leb  ansaer  betracbt.  *<  eigennamen  mit  ecöt,  kX4oc,  v^oc 
(cMldel,  genetiTe  sing,  und  nominative  plnr.  von  €C-  und  v-atämaien, 
f«Ben  Ten  rerben  aaf  -cui  und  von  €l^L  die  eigennameB  auf  -coc  und 
-MC  bab«  feh  bei  der  suaammenatellmig  aasgeaehloaaen.  ^  9€oC6- 
^  1,  6€0  .  .  .  .  4,  6€66oTOC  10,  6€0  .  .  .  17,  Olcöc  18,  Ocoödtuf  «0, 
Avpoeiai,  ecoT^ioc  ecoöiOpui  U,  ^ertapxoc  26,  AuipöOcoc  29,  OcoickiO 
tt,  N^wv  si.  u  Ncair[oX{Tav  70,  KXcoiroX^Mtoc  95  s.  28,  Oco^dvctoc 
^  «^  16,  KXco^dvciv,  KX€o<pdv€ioc,  ^Oicac  lOi,  105  und  106. 


524         BMei&ter:  zur  Chronologie  des  böotischen  yocaUsmiiB. 

ten  jh.  auf,  ftlr  lou  findet  sich  gar  kein  beispiel  mehr  in  der  dritten 
classe;  nur  Tulgftree  u  ist  gesehrieben  in  110.  116. 119,  wlhraul 
sich  in  111.  121.  124  noch  hie  und  da  ou  für  u  neben  ynlgfiremu 
findet,  auch  die  Schreibung  t)  für  ai,  I  fttr  €  vor  vocalen  gab  man 
in  dieser  Übergangszeit  nach  und  naeh  auf,  während  sich  die  Schrei- 
bungen 61  für  T]  und  i  für  €t,  ebenso  wie  die  den  BOotem  mit  den 
Doriem  gemeinsamen  formen  bis  zur  vOUigen  aufiiahme  der  helle- 
nistischen Schriftsprache  in  BOotien  im  allgemeinen  erhielieiL 

§  6.   Die  bdotisohen  patronymlka. 

In  älteren  zeiten  scheinen  in  BOotien  die  patronjmika  mit  dem 
Suffix  -IOC  vom  namen  des  vaters  gebildet  und  nur  dann  durch  dec 
genetiv  desselben  ausgedrückt  worden  zu  sein,  wenn  der  Tatersname 
die  ursprünglich  selbst  patronjme  endung  -boc  hatte,  die  wenigen 
beispiele  von  patronymen  bezeichnungen  in  unsem  inschriften  epi- 
chorischen  alphabets  (Rang.  2275;  Eaibel  Hermes  Vm  s.  421  nr.  b 
stehen  damit  im  einhdang. 

In  unserer  ersten  classe  herschen  die  patronjmischen  adjecti^a 
noch  vor;  es  finden  sich  nemlich  in  ihr,  abgerechnet  die  genetive 
von  namen  auf  -bac  und  die  patronjmika  auf  -kXcioc,  bei  deneü 
sich  nicht  entscheiden  läszt,  ob  es  adjectiva  oder  genetive  sind,  l'^l 
adjectiva  neben  105  genetiven  in  patronjmischer  geltung. 

In  der  zweiten  classe  hat  nr.  95  sicher  24  patronjmisehe  aJ 
jectiva^,  und  ist  deshalb  wol  ans  ende  des  vierten  oder  an  den  an- 
fang  des  dritten  jh.  zu  datieren ,  nicht  viel  später  auch  die  inschri* 
nr.  96",  in  der  neben  10  patronymen  genetiven  (immer  die  Tcn 
namen  auf  -bac  abgerechnet)  5  patronyme  a^ectiva  stehen,  abe^ 
sehen  von  diesen  beiden  inschriften  finden  wir  in  der  ganzen  zvti 
ten  classe  nur  zwei  sichere  beispiele  für  patronyme  adjectiva :  'Ac(- 
CTtu)vtoc  53  z.  19  und  Mvacttevcfuj  71.  TTpujTOT^veioc  und  KXec- 
q)dveioc  bei  den  namen  AtoT^vetv  und  KXeot&veiv  in  nr.  104  k's- 
nen  nicht  wol  anders  denn  als  genetive  aufgefaszt  werden,  gebilit' 
vielleicht  nach  der  analogie  der  genetive  auf-xXcToc;  dieselbe  e: 
klärung  beansprucht  auch  der  patronyme  genetiv  McvccB^vcioc  'x 
nr.  36. 

In  der  dritten  classe  finden  wir  einzig  0tXoKpdT€iOC  aU  patro 
nymisches  adjectiv,  und  zwar  in  einer  inschrift  (121  z.  23.  24  ul-. 
25),  deren  verderbter  zustand  ein  urteil  über  ihre  dialektische  i^- 
schaffenheit  nur  mit  groszer  reserve  abzugeben  erlaubt.** 

^  Ecvoxpdrioc  z.  SO  scheiat  der  einsige  patrooynieehd  genetiT  r 
sein,    diese  inschrift  seigt  auch  im  vocaliimas  ihren  nahen  sumdox?^- 
hang  mit  der  ersten  classe:  nur  Einmal  findet  sich  u  für  ot  in  *Al\" 
xixtoc  z.  26,  sonst  ist  durchweg  ot  erhalten,  in  TToXvKptTiui  aocb  o,  ' 
KX€01roX^^lOC  €  vor  vocal.  '^  auch  der  vocalismos  dieser  ioKb'. 

weist  daraaf  hin,  dass  sie  nahe  an  die  erste  classe  datiert  w*r^<'- 
mnsz.  u  ist  dreimal  erhalten  (in  COpioc ,  XapuXXiuj  und  Cdntpoc  -  ^^  - 
nur  «Einmal  durch  ou  ausgedruckt  (TTouOobUipw).        ^  möglich,  ds&x  a  • 


RMeister:  zur  Chronologie  des  böotiachen  Yocalismoa.         525 

Za  einer  richtigen  auffassong  des  vocals  et  in  -€ioc,  der  patro- 
aymen  adjectivendnng  von  cc-etämmen,  der  im  böoüschen  nicht  in 
iflbeigeht^'  and  daher  ursprünglichem  r\  entsprechen  musz,  fahren 
uu  die  formen  'AvTiT€V€{-iui  und  A£rro^€ib€t-iui  in  nr.  22,  die  mit 
bOotischer  Orthographie  für 'AvTiY€Vii-tu),  AuTO^iibifj-tu)  stehen,  genau 
so  wie  das  bOotische  iiavTCt-tav  nr.  24  dem  delphischen  ^av^-tav 
(Wegcfaer-Foncart  466,  2;  vgl.  auch  das  dodonaische  ^avrrjtov  bei 
Kmponos  XXXViil  5)  entspricht,  gewöhnlich  wurde  aber  das  zum 
spiruiten  gewordene  i,  das  die  dehnung  des  €  in  'AvTiT^vii-toc  ver- 
uliBte,  in  der  schrift  nicht  ausgedruckt,  sondern  nur  *Avtit^vi]-oc 
(mit  Motischer  Orthographie  *AvTtT^V€i-oc)  geschrieben,  genau  ent- 
sprechend dem  lesbischen  Kinrpor^vii-a,  dem  Alkmanischen  TTaci- 
XOfnHL  und  wie  €t  in  'AvnT^V€t-oc  nur  die  bOotische  Schreibung 
für  den  gedehnten  e-laut  ist,  so  steht  böotisch  Aeßdbeta,  Xatpuiveta 
für  frfiheres  A^ßabT)€i,  XatpdiVT)a,  wie  uns  die  in  epichorischem 
»Iphabet  geschriebene  inschrift  AEBAAEA  CIQ.  1678*"  und  die  im 
ionischen  aJphabet  die  alte  vocalbezeichnung  festiialtende  XAIPPONEA 
CIG.  1679  bestätigt,  und  so  bieten  uns  bdvetov  nr.  77,  dccpdXctov 
nr.  91  nicht  die  vulgSren,  sondern  die  in  nachböotischer  Orthographie 
^  MvT)-ov ,  äcq)dXT)-av  eintretenden  formen,  wenn  wir  aber  nun 
ftbenriogend  dccpdXta  in  den  böotJschen  proxeniedecreten  lesen,  so 
ittben  wir  hierin  ein  übergreifen  der  bGotischen  Schreibung  i  zu 
Mhen,  die  zunächst  nur  zum  ausdruck  des  ursprünglichen  €t  ver- 
wendet,  spSier  auch  das  für  den  gedehnten  f-laut  stehende  böotische 
€1  hie  und  da  vertrat,  wie  in  Xiipifcviav  nr.  85,  *ApTfü)  nr.  15, 
'Apiioc  nr.  86,  KXice^vioc  nr.  39"  (vgl.  kretisch  KXncO^vric  CIG. 
2558  und  böotisch  KXctvöfiaxoc  nr.  58) ,  in  dem  von  den  gramma- 
tiketn  als  böotisch  bezeichneten  genetiv  auf  -toc  von  den  w5rtem 
auf  .€uc  wie  zb.  ßaciXioc.  und  ein  solches  weitergehen  des  voca- 
kanofl  von  der  erreichten  ersten  auf  eine  zweite  vocalstufe,  das  sich 
Ol  böoüschen  auch  sonst  manigÜEU^h  belegen  Iftszt,  ist  auch  ersicht- 
lick  in  'AvHT^via  Eoroneia  Lebas  723,  GÖTcXta  Tanagra  Eumanudes 
Athen.  lY  s.  169  nr.  8,  und  vielleicht  auch  in  den  zahlreichen  frauen- 
&«&en  auf -icXia^,  wie  Aa^oxXia  Orchomenos  Lebas  649,  FicoKXta 


tifi  Tol^lren  formen,  die  diese  inschrift  in  die  dritte  eUsse  verweisen, 
ttf  eorroptelen  bemhen. 

^  Ton  den  bei  Abrens  I  190.  215  angeßihrten  drei  belepielen  für 
l^oc  lUtt  -ctoc  ist  ^XoKpdTioc  (nr.  121)  durch  die  Leakesche  abschrift 
''^ncktigft;  ZcvoKpdnoc  (nr.  95)  nnd  KaXXtxdptoc  (nr.  8  s.  6)  können 
'^^«tif e  sein.  *^  dieser  name  findet  sieh  nr.  62  und*  55  in  der  form 
'^^l^vioc,  nnd  swar  wieder  als  patronymikon  des  polemarchen  Kalo- 
^<M  Yon  Hjettos.  die  dem  steinmetsen  sur  last  fallende  Orthographie 
^ivioc  f&r  -cd^Ytoc  l&szt  sich  ▼ergleicben  mit  der  Schreibung  Aofio- 
^^  tt  s.  6  neben  Aa^oS^ui  in  seile  4  derselben  Inschrift.  ^  die 
*^tiieb«a  patronymen  adjective  auf  -kX^c  haben  denselben  lantwan- 
^1  biater  sich  wie  die  auf  -y^vctoc,  -KpdTCioc  ua.,  nur  dass  noch  die 
?*tr»ction  von  -kX^i-ioc:  -kX^-tioc  *u  -kX^Joc,  böot.  -icXctoc,  hinznge- 
'^amcn  ist. 


526  PEgenolff:  zu  den  Bcholien  des  Dionysios  Tkrax. 

Tanagra  Eamanndes  Athen.  III  s.  171  nr.  37,  GkoicXia  Bang.  2028, 
XcevoKXia  Tanagra  Eumanudes  Athen.  IQ  s.  169  nr.  12,  TTouBoicXia 
ebd.  8.  171  nr.  55. 
Lbipzig.  Biohabd  Meistge. 


70. 

ZU  DEN  SCHOLIEN  DES  DI0NYSI08  THBAX. 


Dasz  8.  781,  20  f.  (über  die  ganze  stelle  vgl.  WHQrschebnaim 
de  Dionysii  Thracis  interpretibus  veteribus  I  s.  14)  verderbt  ist, 
unterliegt  wol  keinem  zweifei.  eine  heilang  der  stelle  ergibt  sich 
am  sichersten,  wenn  wir  die  quelle  des  ganzen  traetats  781,  5—25 
ermitteln,  als  solche  dürfen  wir  unbedenklich  den  oonmientar  dei 
Choiroboskos  zur  t^XVT)  clos  Dionjsios  bezeichnen,  wie  aus  einer  ver- 
gleichung  mit  dessen  Dictata  s.  368,  21  ff.  erhellt,  aus  derselben  oder 
einer  ähnlichen  quelle  dürften  auch  stellen  wie  Gramer  AO.  11  413. 
4  ff.  und  IV  319  und  andere  geflossen  sein,  deshalb  wird  tob  z.  17 
an  so  zu  lesen  sein:  KaKOIJC  oCv  X^touciv.  dXXä  icpciTTÖv  iow 
eiireiv,  Sri  bid  toCto  tq  övöfiara  tuuv  CToixeiuiv  äxXiTd  icixy  (den 
plural  hat  Choiroboskos  370,  8)  fi  dircibfi  dpxai  elctv,  a\  bi  dpxal 
O^Xouctv  dirXat  t€  elvai  Kai  dirotKiXot  Äcirep  <f|  X€uk6tt|C  aurf) 
Ka6 '  dauTfjv  vooufi^vii  dirXf)  icnv  *  i^  iti^xbi\  (oder  iiremcp)  Oqic- 
Xtoi  €ict  Tfic  '€XX>T)vtKf)c  biaX^KTOu-  ol  bk  Qe^ikiox  dperaO^TUK 
O^ouciv  (x^\y '  f\  bid  TÖ  dprifiuxB^c  tuiv  iraibuiv  (oder  f\  hxä  toi< 
dpTifiaGcic  TUIV  iralbujv ,  woran  man  auch  bei  Gramer  AO.  IV  319, 
17  und  bei  Ghoiroboskos  dict.  370,  16  denken  könnte,  vgl.  Apolic- 
nios  Dyskolos  de  constr.  I  7  s.  29, 3  f. ;  denn  aus  ApoUonios  Dyskolo^ 
der  nach  de  constr.  I  3  s.  13,  2  ff.  ja  auch  iicpl  Tf)C  €Öp^C€Uic  Tiliv 
CTOiX€(uiv  geschrieben  hatte,  mag  wol  Ghoiroboskos  geschöpft  h&bec^ 
usw.  denken  kOnnte  man  auch  an  die  noch  einfiachere  ergänzong:  ai 
hi  dpxal  G^Xouctv  dirXai  tc  elvai Kai  dTroixiXor  <(^>  ^Treiircp  <0€- 
^ikioi  €lct  Tf\c  '6XX>iiviKf)c  biaX^xrou  usw.  doch  acheint  mir  die 
erstere  ergftnzung  wahrscheinlicher,  übrigens  ist  auch  bei  Cremer 
AO.  rV  319,  16  der  erste  teil  des  beweises  ausge&Uen  und  dem- 
nach so  zu  schreiben:  i)  ön  <^6€^^Xio(  elct  Tf)c  *€XXiivtKiic  bioX^v- 
Tou  •>  ol  <bi>  Gcfi^Xioi  d^cTaO^TUJC  O^Xouciv  f x^iv. 

s.  855, 32  fülle  ich  die  lücke  aus  dem  tractatus  ii€pl  cuvrdEcufC 
des  Michael  Sjnkellos  (yulgo  Syngelos),  speciell  aus  dem  capitcl 
Tr€pl  i^iroKOpiCTiKUiv  övojLuh'uiv  bei  Gramer  AO.  FV  27S,  19  f.  al- 
aus :  die  nap  *  'AXx^avt  <K6pac  f xovTi  rdc  önOKopicrucatc  xfi^^^' 
vac  X^eci  *>  xdpai  tdp  al  X^toucai. 

Manmhbim.  Petbr  Bgbiiout. 


HStadtmüIler:  zur  kritik  des  Euripides.  527 

71. 

ZÜB  KRITIK  DES  EURIPIDES. 


fr.  803  i\y  oCirOT*  auTÖc  dfiirXoicdiv  fiXXov  ßpoTÖv 
Tropatv^caiji'  &v  Traicl  irpocdcivat  KpdTt) 

irplv  fiV  KOT '  ÖCCUJV  TUTX^iVI]  }l4X0LC  CKÖTOC , 

ci  %pf\  bieXBciv  npöc  t^kvuiv  vudificvov. 
mit  redit  behiiQptet  Weeklein  (jahrb.  suppl.  YH  s.  424),  dasz  im 
latrtea  verae  das  gagenteil  gesagt  sein  mttsae,  wol  mit  unrecht,  daez 
Botwoidig  folgendermaszen  zu  schreiben  sei:  el  XP^  buXOeiv  fif| 
T&vuiv  vtxid^evov.  denn  der  erforderliche  sinn  kum  auch  auf  an- 
dere, vieOeicht  weniger  gewaltsame  weise  gewonnen  werden,  wenn 
mui  ftndert  in  cl  xpJk  bteXOciv  irpöc  t^kvuiv  Ttjiai^evov:  'gib  die 
macht  nicht  aus  der  hand,  wenn  die  kinder  dich  bis  ans  ende  in 
ehrai  halten  sollen.'  Ti^äv  ist,  wie  man  weisz,  der  üblichste  ans- 
inck  ZOT  bezeichnung  des  pietätsyerhttltnisses  zwischen  hindern  und 
iltem  (AmZe  Tijii&v  touc  tovck  irpfiSai  xaXdic  mon.  155,  Yovetc 
bi  tImo  mon.  105  usw.)i  TtjüiäcOai  trpöc  findet  sich  auch  sonst,  ab. 
Pmd.  Isth.  3,  77  TCTi^orat  T€  irpöc  dOavdruiv.  gleich  wol  scheint 
mir  Ti|ii(i)i€VOV  nicht  das  richtige;  ich  meine  dasz  einfach  i[  statt  el 
lu  aetien  ist:  i^  XP^  bieX6€tv  npdc  t^kvuiv  vikui^cvov:  'übertrage 
aidit  zu  frühzeitig  deinen  hindern  die  macht,  oder  du  kannst  er- 
leben, dasz  sie  zuletzt  dich  meistern.'  dieses  fj  «»  äUoquin  ist  dem 
dichter  namentlich  ein  willkommener  ersatz  für  das  umständliche 
ü  bt  |i4,  findet  sich  aber  auch  in  der  prosa:  Xen.  anab.  I  4,  16 
&iniic  it  Kai  äfictc  i^k  ^Traiv^ceTC,  i}io\  ^eXifjcei,  i^  \vi\KiT\  ^6  Köpov 
voiiSCeic  oikon.  2,  5  E^vouc  TrpocifiKet  coi  iroXXoäc  b^x^cdai  .  • 
{Kctra  hk  iroXirac  • .  eO  iroieiv,  fi  £pimov  cujifidxu'v  clvat.  hier 
-st  aieh  fi  aus  irpociiK€i  ein  wort  wie  bei  zu  ergftnzen:  f{  XPH  findet 
aek  wie  in  dem  behandelten  fragment  auch  Eur.  EL  583  ir^troiGa 
^'«  4  XP^i  MnK^O'  f|T€ic6at  eeoOc^  und  i^  XP^^v  Eur.  Kykl.  606  f^ 
T^iv  Tuxi|v  ixkv  5ai|iOV '  f|Teic8ai  xpeuiv. 

Hipp.  638  MicTOV  b'  ÖTui  tö  mbi^y  dXX'  dvui(peXf|c 

cmiOiqi  kot'  oikov  fbpurat  TWifj. 
^  icUnszwort  des  ersten  verses  scheint  mir  verschrieben ;  mit  dem- 
^flUa  werte,  nur  in  etwas  verschiedener  bedeutung,  schlieszt  um 
OM  xtile  von  unserer  stelle  getrennt  v.  636  (irevOepoiic  b*  dvui* 
9cX€ic),  auszerdem  findet  sich  dies  adj.  kaum  mehr  als  dreimal  bei 
^pides.  ThBarthold  hftlt  die  verse  634—637  für  interpoliert;  ich 
iUmme  nicht  bei ,  meine  aber  dasz  v.  638  folgendermaszen  gelautet 
^'  ^ov  b'  drifi  TÖ  iir\hiy,  dXXd  vuixcXifjc.  Hesychios  erklärt 
>«X^Tic  durch  ^tXXöc,  ßpabuc,  dxPnCTOC,  die  Verbindung  vu)X€X^€c 
stü  dvtbvu^ot  findet  sich  bei  Aratos  391,  viuxeX^ac  Te  kqi  dbpa- 
v<ac  beiManethon  11 167,  das  sahst.  vuiX^Xbl  neben  ßpabur/jc 
^  T411  oi)bk  Tdp  f)M€T^pi]  ßpabuTf)T(  tc  vuixcXig  te  Tp&ec  dir* 


528  HStadtmüller:  zur  kritik  des  Euripides. 

ÜJiiouv  TTaTpöxXou  tcuxc'  SXovto.  ein  aosdruok  der  trftgheit,  un- 
bewegtheit,  Unfähigkeit,  wie  er  in  vuixcXific  geboten  ist,  scheint  neben 
TÖ  fiiib^v  und  tbpuTQi  treffender  als  dvuKpeXific;  auch  findet  sich  bei 
letzterm  nicht  leicht  ein  dativ  wie  €Ör|Bu)i)  wol  aber  bei  vuixcXrjc  Id 
der  einzigen  stelle,  in  welcher  es  bei  Euripides  gelesen  wird;  Or.  799 
dXX'  firciT'  die  fi^  C€  irpöcOc  i|if)(poc  *ApT€(iuv  IXq,  ircpißoXujv 
irXeupoTc  ifiotci  irXcupd  vuixcXflvöcqi. 

ras.  Her.  1151.  nachdem  Herakles  erkannt,  dasz  er  im  Wahn- 
sinn weib  und  kind  hingemordet,  will  er  auf  die  eine  oder  andere 
weise  dem  yerhaszten  dasein  ein  ende  machen : 

1148  oÖK  cTfii  ir^Tpac  Xtccdboc  npöc  fiX^iora 

^  (pdcravov  npöc  fjnap  iSaKOvricac 

T^KVotc  btKacrfic  aiMOtToc  tcvticoMat ; 

f|  cdpxa  Tf|v  ^fi^v  dfiirpricac  irupt 

bOcxXeiav,  f{  füi^vet  füi*,  dnuicofüiai  ßiou; 
den  vorletzten  vers  hat  neuerdings  Siegfried  Mekler  behandelt  i  zor 
revision  der  frage  der  caesura  media  im  iambischen  trimeter  de? 
Euripides,  akad.  gjmn.  in  Wien  1878,  s.  39).   derselbe  hat  ohne 
zweifei  recht,  wenn  er  Stephanus  Änderung  KaTC^irpncoc  als  eine 
metrisch  incorrecte  (mit  Elmslej)  zurückweist:  die  (elisionalost 
mitteldiäresis  ohne  Tr€V0iifiifi€pifjc  und  ohne  ifp^[i\^€pi\c  schein: 
allerdings  von  Eur.  vermieden  worden  zu  sein,   auch  die  spSter  Ter- 
suchten  correcturen  befriedigen  Mekler  nicht;  dasz  die  coigector  von 
WDindorf  f\  cdpxa  6€p)üi(|)  Tfjv  t\ii\v  irprjcac  nupt  keine  erwEh- 
nung  findet,  ist  kaum  zu  tadeln.   M.  selbst  vermutet  f^  cäpxa  Tf)vb€ 
fiaivöXtv  nprjcac  trupi.  ob  cdpE  ^aivöXic  eine  möglidse  Verbin- 
dung ist,  zweifle  ich;  nachweisen  Iftszt  sich  eine  solche  jedenfalls 
nicht,    das  adjectiv  findet  sich  meines  Wissens  zweimal  bei  den  trä 
gikem ,  nur  in  lyrischen  partien ,  in  Verbindung  mit  abstracten  l*-- 
griffen  (dc^ßeta  fiatvöXic  Or.  823,  bidvota  MOtivöXic  Aisch.  Hik.  107 
auch  scheint  es  mir  gewagt  das  überlieferte  compositum  d^irpf)ca: 
preiszugeben:  in  derselben  tragOdie  v.  244  heisztes:  i^1T^ttrpa7' 
aÖTwv  xal  irupouTe  cidfiara.   darin* aber  stimme  ich  M.  bei,  dx« 
aus  den  verschriebenen  werten  ein  epitheton  zu  cdpxa  zu  entnehmen 
ist;  Euripides  hat  meine  ich  geschrieben:  f\  cdpxa  T/)Vb€TXii^ov' 
d^irpt^cac  TTUpf.  was  das  adj.  hier  bedeute,  ersieht  man  ans  den  ti  t: 
Herakles  selbst  gesprochenen  werten  Soph.  Trach.  1046  t&  troXX.: 
bf|  . .  xal  x^pci  xal  viuroict  fioxOrjcac  iy\i}  (vgL  auch  Alk.  > -7 
iü  TToXXd  TXäca  xapbia  xal  x^^P  ^M^)*  ^^  fthnlicher  ausdruck  w  •. 
rXifj^UiV  cdpS  wird  einer  unglücklichen  in  den  mund  gelegt,  die  gle:  . 
Herakles  denkeich  der  leiden  getrunken,  Eur.  Hek.  170  üb  TXd^a'V 
äTHCOil  fiot  iroOc,  und  bei  Aisch.  Ch.  384  liest  man  ßpon&v  TXd- 
Movt  xal  iravoupTH)  X^^pi* 

fr.  340  iTOT^pa  T€  iraiciv  i\bi\jjc  cuv€K(p^p€tv 
bei  Touc  jpuirac  dxßaXövr'  auOabiav, 


K 


HStadtmüller:  zur  kriük  des  Euripides.  529 

iraibdc  T€  iroTpC'  Kai  fäp  oök  aö9a(p€T0t 

ßpoTOtc  fpurrec  oöb'  ^Koucta  vöcoc. 
«s  ist  gerathener  zu  anfang  des  zweiten  yerses  mit  Meineke  bei  Todc 
(flir  das  fiberlieferte  (piXouc  und  (p(Xoc)  zu  lesen  als  öcpeXoc,  wie 
Wecklein  will  (jahrb.  suppL  VII  s.  422):  denn  manliesz  weder  einen 
Inf.  noch  einen  aoe.  c.  inf.  von  fiipeXoc  abfaSngig  sein;  auch  hat  W. 
an  bezeichneter  stelle  einen  beleg  dieser  construction  nicht  gegeben. 
«&f|b^ujc  aiV€Kq>^p€tv  hat  man,  glaube  ich,  bis  jetzt  keinen  an- 
itosz  genommen:  nun  sind  Wendungen  wie  /^tbiuic  (p^p€iv,  cöiröpwc, 
€uir€TUK,  cöxcpu'C,  eö^evuüC,  npcOO^uK,  npijiuic  usw.  gelftufig  aus 
prosa  und  poesie;  fjb^uic  q>^p€tv  findet  sich  bei  den  tragikem  an 
keiner  andern  stelle,  ich  zweifle,  ob  Überhaupt,  aber  wichtiger  ist, 
da«z  fjb^uic  begrifflich  nicht  passt.  der  vater,  welcher  yerirrun- 
gen,  Ton  denen  hier  die  rede  ist,  mit  vergnügen,  mit  freuden  sehen 
soll,  mfiste  gegen  seine  kinder  mehr  als  zftrtlich  sein;  milde  und 
ittchdcht  aber  darf  man  von  einem  nicht  allzu  strengen  richter  bei 
beorteilung  dieser  oirjü  äcoucia  vöcoc  wol  erwarten,  weiter  geht 
lelbet  Phaidras  amme  nicht  in  der  beruhigung  ihrer  herrin.  Hipp. 
462  iröcouc  bcKcTcbfl  xdpr'  ^x^vrac  eO  q>pevu)V  [  vocoOvB'  öpuuv- 
Tuc  X^rrpa  }ii\  boKciv  6pav;  |  iröcouc  ik  iraicl  nar^pac  fifi^p- 
TiKÖct  j  cuvcKKO^iCciv  fCuiTpiv;  iy  coq>oia  T&p  |  Tab'  IcA 
dvnrulv,  XovOdvciv  lä  }xi\  xaXd.  ich  meine  darum,  dasz  der  an- 
fang  des  fragmentes  so  zu  schreiben  sei:  ixaripa  T€  iraiclv  i^iriuic 
cuvexq^pciv  I  b€l  Todc  £purrac.  mir  schwebt  dabei  das  Homerische 
vorfip  b*  Sic  iiirioc  fjev  vor,  noch  mehr  aber  Eur.  £r.  945  tjy  ol 
TocövTcc  toOto  TiTvuiCKiüc*  ön  I  yiox  ttot*  Jicav,  t^irluic  tfjv 
TüvT^KVuiv  I  oTcouci  Köirpiv,  övt€c  oö  CKttiol  (puctv. 

Alk.  1134  ix^  C  d^XiTTuic,  oötroT*  öi|i€c6ai  bOKuiv. 
wie  aus  der  kfirzlich  erschienenen  ausgäbe  der  Alkestis  von  BPrinz 
IQ  ersehen  ist,  steht  im  Vat  909  (bei  Dindorf  mit  V,  bei  Prinz  mit 
B  bezeichnet)  nicht  oCitot',  sondern  oöiroO*.  diese  lesart  verdient 
bei  dem  werte  der  hs.  wol  einige  beachtung;  mit  rficksicht  auf  v.  1131 
^itui,  irpocciiru)  Zuicav  die  bd^apr'  i^i\y;  machte  ich  also  folgende 
huong  des  versee  vorschlagen:  exu)  c'  äATrrujc,  oOiroO' fiipe- 
^|9ai  boKoiv.  ohne  genetivobject  findet  sich  dasselbe  verbum  in 
einem  ihnlichen  Zusammenhang  Ion  523  &i|io^ai,  koö  ßucidZui, 
T&^d  b*  euptcKui  (piXcL 

Alk.  826  dXX*  ^cOöfiiiv  pky  ö^fi*  Ibuiv  baKpuppooOv 
Koupdv  T€  Kai  trpöcu)iTO V  *  dXX  *  inex&i  fi€ 
Xifwy  Oupaiov  icf)boc  ic  rdcpov  (p^peiv. 
Herakles  hat  zwar  an  Admetos  Kuszerem  erkannt  dasz  derselbe  um 
«i&en  teten  trauert;  dennoch  Ittszt  er  sich  beruhigen  und  in  dem 
btnse  dee  gastfreundlichen  königs  bewirten,   nach  erwShnung  der 
Terweinten  äugen  und  der  geschorenen  haare  als  zeichen  der  trauer 
ist  das  zQsatzlose  npöcuiiiov  nichtssagend ;  jeden&lls  sollte  es  nicht 

iilvUdk«r  Ar  diu«,  philol.  1879  hft.  8.  34 


530  JEvl^ala:  zur  kritik  des  Euripides. 

durch  einscliiebazig  eines  fremdartigem  begriffiB  von  ö^na  getrennt 
sein,  ob  Prinz  aus  diesen  oder  andern  gründen  an  dem  werte  an- 
stosz  genommen,  weisz  ich  nicht,  er  bemerkt  aber  zu  t.  827  €irpöcu)- 
TTOv  suspectum».  min  ist  es  auffallend,  dasz  ein  vor  allem  in  die 
äugen  springendes  kennzeichen  des  leidtragenden  hier  nicht  genannt 
ist,  wfthrend  dasselbe  sonst  bei  Schilderung  ftuszerer  trauerbezeugung 
nicht  leicht  unerwähnt  bleibt:  ich  erinnere,  um  mich  auf  das6ine 
drama  zu  beschränken,  an  Alk.  425  näciv  bk  OcccoXotciv  div  Itii 
Kpordj  I  ir^vOouc  t^vaiKÖc  if^cbe  KOivoGcOai  X^t^  I  KOupfSupi)- 
KCl  Ka\  fieXatxi^oic  n^nXctc.  v.  215  iHici  Tic;  fi  t^^ui  ipixa 
Kai  fiAava  ctoX^öv  tt^ttXuiv  dixcpißaXiu^eO '  tibr\\  y.  922  vuvb' 
ö>i€va(wv  TÖoc  dvTiiTaXoc  |  Xeuxdjv  t€  n^irXuiv  ^^Xavec  ctoX^oi  | 
n^^TTOucf  fx*  £cu).  ich  meine  also,  dasz  Herakles  auch  der  traner- 
kleide r  erwähnung  that  und  dasz  v.  828  zu  lesen  ist:  KOupdvTe 
Kai  TrenXuifiaT',  dXX*  fiieiO^  ^e.  das  wort  ireTrXui^ara  ist  von 
den  tragikem  nicht  häufig  angewandt  worden,  indea  findet  es  sich 
an  gleicher  stelle  wie  hier  im  vers  sowol  als  auch  in  der  aufzfthlnng 
der  den  toten  erwiesenen  ehren  und  liebesbezeugungen  Eur.  Hik.  95 
£k  tc  top  T^pacMiuiv  |  d  c  c  ui  v  ^auvouc  *  oiKTpöv  £c  TaTov  & dxp u , , 
Koupal  hk  xal  ireirXidfiaT'  oö  OeuipiKd. 

Heidelbebq.  Hugo  Stadtmülleb. 


Herakl.  132  f.  sagt  Demophon  zu  Eopreus: 

cöv  hi\  TÖ  (ppdZeiv  dcrl  \i1\  ^dXX€tv  t'  ^o{, 
no(ac  ä9iEai  beupo  ni)c  Öpouc  Xiiri&v ; 
Eirchhoffs  mitteilung  lautet:  «^f|  fi^XXciv  i\xo\  B.  ixi\  ^€XX€tv  t* 
l\iOl  [C].»  Wilamowitz  (Anal.  Eur.  s.  18)  berichtet  zu  y.  132:  *}iü- 
Xeiv  PC.  at  t'  addidit  C  non  C.  interpolayerit  ergo  q>.>  Wecklein 
(Jahrb.  suppl.  VII  s.  376)  bezeichnet  nun  in  den  werten  }ii\  iiiXkixy 
T*  t\ioi  sowol  den  ausdrxick  als  auch  den  gedanken  ala  ungeschicku 
erstem  mit  recht,  letztem  aber  sehr  mit  unrecht:  denn  es  ist  sebr 
passend,  dasz  Demophon  im  stolzen  gefdhl  seiner  königawtirde  dem 
frevelnden  Eopreus  gebietet  ungesäumt  und  ohne  zögern  zn  ant- 
worten, es  ist  nun  keine  lobenswerte  änderung,  wenn  Wecklein  ao. 
diesen  gedanken  zerstört  und  vermutet:  cöv  bf|  TÖ  (ppdZetv  ^cri, 
fiavedveiv  b*  dpöv.  er  vergleicht  Hik.  98.  Iph.  T.  810  (die  stelle 
Soph.  Phil.  24  ist  wesentlich  anderer  art);  aber  wenn  man  noch  so 
viele  parallelstellen  für  diese  bekannte  wendung  anführen  wollte,  so 
wird  dadurch  doch  nicht  erwiesen,  dasz  der  von  Wecklein  vorge- 
schlagene ausdruck  auch  hier  passend  wäre,  ich  halte  (abgesehen 
von  der  unwahrscbeinlichkeit  der  änderung)  diese  wendong  fttr  an- 
angemessen,  weil  sie  ein  freundschaftliches  geprige  hat,  da» 
hier  ganz  verfehlt  wäre,  es  ist  vielmehr  mit  geringer  findernng  ^^ 
schreiben:  cöv  bf|  TÖ  9pd2[eiv  icxX  ^fm^XXovi'  ^oL 


JSyi6ala:  zur  knük  des  Euripides.  533 

TOTOC.  danach  würde  £vd€Oi  den  gegensatz  za  den  ärcXeTc  (den  un- 
eiofleweihteny  den  an  der  yerehning  des  Dionysos  nicht  teilnehmen- 
den) bilden.  dT€Xf|C  lepdiv  findet  sich  im  Homerischen  hymnos  auf 
Demeter  ?.  481 ;  bei  Euripides  findet  sich  zwar  nicht  dreXifjc,  aber 
doch  drAecTOC  in  der  bedeutang  ^uneingeweiht',  freilich  in  ver- 
bindnng  mit  dem  genetiy ,  Bakchai  40  äTiXecTOV  oOcov  vSjv  i^i&v 
ßaxxcufidruiv.  fr.  889  toTc  b*  drcX^CTOic  |  t&v  ToCbc  (nemlich 
"Epurroc)  irdvuiv  ^/JTC  cuveiriv  nsw.  dT^Xccroc  findet  sich  aber  auch 
ohne  genetiy  Fiat  Phaidon  69 ""  ä|iunTOC  Kai  dT^ccroc.  —  Die  cor- 
roptel  dvdpumoici  erklttre  ich  mir  daraus,  daaz  £v6€oici  getrennt 
gelesen  wnrde  iv  Oeotci,  nnd  da  dies  keinen  sinn  zu  gewfthren  schien, 
setite  man  dvOptCmoici  ein,  yielleicht  nach  182  Aiövucov  8c  iT^q>r|- 
v€v  dvSpübirotc  Ocöc  und  285  i&cre  bid  toOtov  Tdtde '  dvBpUmouc 
^XCiv.  was  den  aosdmok  dreX^civ  betrifft,  so  ist  noch  zur  empfeh- 
long  dieser  conjectnr  anzufahren,  dasz  in  diesem  diama  mehrmals 
die Bakchische  feier  mit  dem  aasdmok  TcXcral  bezeichnet  wird,  so 
tb.  21  f.  KoracTyicac  ^c  TeXcrdc  73  ff.  iZi  jbidKap,  Scnc  eubaffiuiv 
TcXcToc  Oeiiiv  cibuic  ßiordv  dricreiiei.  260  reXerdc  noviipdc  €icd- 
Tiuv  (im  munde  des  Penthene).  466  iröGev  bi  reXcTdc  Tdcb '  S:f€\c 

PboiiL  846  Odpcer  n^Xac  tdp,  Tetpcc(a,  9(Xotci  eck 

££op|ACcai  cdv  iiöbo'  XaßoO  b'  aÖToO ,  t^kvov* 
die  Tide '  dmfivTi  ttoöc  te  npecßurou  q>iX€i 
X€ipöc  Oupaktc  dvotjüi^vciv  K0U9(c^aTO. 
Kirchhoff:  «^opfil(mat  in  i\)cxi\  A.  £E6p^icai  B.  ^opfiicai  F. 
itöpincai  b  (pato  etiam  c).  iBbpiiXcai  C.»  wie  sehr  sich  die  alten  er- 
kllrar  abmühten  äopfilcai  (oder  ^dpfiicat)  zn  erklAren,  ersieht  man 
ins  den  schollen,  es  ist  aber  wol  dies  wort,  welches  ja  die  bedeu- 
tang bat  'ein  schiff  aus  dem  hafen  auslaufen  lassen',  corrupt,  weil 
Teiresias  am  ziele  sich  befindet,  und  weil  somit,  wenn  schon  eine 
van  der  fahrt  des  Schiffes  entlehnte  metapher  hier  yorkommen  soll, 
gerade  das  einlaufen  in  den  hafen  erwähnt  werden  soll.  Nanck 
Tennntete  icop|i(€ai  und  in  y.  846  q>(Xotctv  €l.  wahiBcheinlicher  ist 
vielleicht:  Odpcer  rtikac  tdp,  Teipcda,  q>(Xoici€oic  |  fcO*  öpfi&ai 
^  nöba:  *denn  nahe  deinen  freunden  kannst  du  deinen  fusz  yor 
olcer  legen,  dh.  kannst  du  deinen  fusz  zur  ruhe  bringen*'  ygl.  Hesj- 
chiot:  6pfitcov '  bf)cov,  dvdnaucov.  yielleicht  ist  eine  spur  der  ach« 
tm  lesart  in  dem  scholion  iSopfilcat«  Xelnci  t6  kriv,  dkrc  iSopMkm 
Töv  ndbo  icriv. 

Peaq.  Johahn  EyioALA. 


5S4  HB5ntch:  Lampenae  bei  Placidoa. 

72. 

LÄXPENAE  BEI  PLACIDUS. 


unter  'den  nadi  Lnctatius  Pladdos  benannten  glossen  finden 
wir  in  DeoerUngs  aosgabe  8.  62,  21  folgende:  Lampenae^  Miat 
g%Meäam  [quae  C,  quidmn  vs,  om.  B]  sk  didtae.  von  einer  weitern 
emendaüon  als  der,  dasz  vom  bg.  quaedam  anstatt  der  aUerdingv 
gor  nicbt  befHedig^mden  lesnngen  der  bss.  eingeeetst  worden,  ist 
nns  nichts  bekannt,  and  doch  liegt  die  hanptGomiptel  nicht  in  dieser 
beifagang,  sondern  in  dem  erklftrenden  substantiT  selbst :  denn  wer 
möchte  glauben  dasz  das  hier  ersichtliche  lemma  dorch  das  kritisch 
unangefochtene  interpretament  sUiüae  richtig  und  zntreil«id  eriiatert 
sei?  man  mflste  denn  kurzweg  an  Xd)yiiT€iv,  lampare  denken  nndtur 
beschwichtigang  etwaiger  zweifei  mit  Quicherat  (Add.  lexids  lat 
8.  164)  aasrufen:  'Italis  lampana  est  lampas.'  der  spradigebrsQcb 
aber  1^  hiergegen  sein  Tcto  ein.  nach  demselben  ist  Xcqnr^  Tiel- 
mehr,  wie  ua.  Suidas  und  das  lezicon  Cyiilli  ms.  Brem.  bezeugen 
(Tgl.  Schleusners  Thes.  Vet.  Test,  m,  Leipzig  1820,  s.  432),  «= 
fifioSa  ßactXtKif),  fi  ß^btov  [Ipbiov  Suidas]  irepiqxxv^c,  5  £cnv  fip^a 
CKCTracTÖv  —  ingleichen  auch  eine  sSnfte,  focftca,  was  man  zb 
aus  YerecunduB  deutlidi  ersieht,  welcher  die  stelle  im  buche  der 
richter  c.  6  ▼.  10  (LXX  cod.  Alex.)  £in߀ßt]KÖT6€  trd  öiroCuriwv. 
Ka9V)fi€VoUiH  XotfAwnvAv  ^9^Y£ocO€<|)Uivf|vdvaxpouofi^vttivasw. 
so  Übertragen  hat:  asoenientes  super  ^MifKieiria  H  suparsedenUs  if- 
lecticis^  emUtUe  vocem  teeanamlt^iiim  (tf»  or^ponfo);  vgL  Yerecusu: 
luncensis  episcopi  [ann.  546—562  p.  Gh.]  commentarii  snper  Can* 
tica  ecclesiastica  libri  IX  (Pitra  Spicil.  Sotesm.  IV,  Paris  1868,  8. 1 
—131).  von  derselben  stelle  aber  gibt  es  noch  eine  andere,  mehr 
dem  Yaticantext  der  LXX  sich  anschlieszende  yerrion ,  die  ftr  ns> 
noch  wertToller  ist,  weil  darin  das  griechische  wort  beibehalten  i^t. 
sie  st^t  auf  dem  rande  des  bibelcodex  von  Laon  (Legionensis)  unii 
lautet:  asomämies  aama$  et  tedentea  in  lampenia  ei  oimMani^:^ 
super  viam  usw.  in  der  merkwflrdigen  *praefatio'  des  cod.  Salma- 
sianns  der  lat.  aathologie  (verbessert  abgedruckt  bei  OL0we  im 
rhein.  mus.  XXXI  s.  66  f.)  kommt  das  wort  ebeniiills  vor:  aduhtm 
de  ffobie  lampenam  conUulam  spero  adMandi,  quae  en^ppeüa  pro^- 
sumenH  iam  non  eoDippUandum  $ed  cppüm^äum  $M  esse  emiectaf. 
hiemadi  wird  aus  der  glosse  des  Placidus  sMtos  ohne  iweifel  zu  ent 
fernen  und,  da  bekanntlich  für  käioa  in  der  spätem  seit  seüa  ge> 
bmolit  wude,  sellae  an  seiner  statt  zu  setzen  sein,  so  dasz  j>st 
den  Wortlaut  erhält:  Lampenae,  seüae  quaedam  sie  didae. 

LOBBNBTEIN.  HURICAHH  RdVtCH. 


WHerbst:  zu  Thukydides.  535 

ZU  THÜKYDIDES.* 


I. 

1.  A  26, 4.  der  griind  der  hochfahrenden  haltung  der  Eerkjräer 
gegenaber  ihrer  mutterstadt  Eorinth  (irepicppovoOvTec  bt  aÖTOÜc) 
wird  in  einer  dreifachen  buvo^ic  der  insel  gefunden  und  nach- 
gewiesen, deren  teile  sich  kliinaktisch,  vom  positiv  zum  Superlativ 
aoÜBteigend,  zu  einander  verhalten:  in  den  xprJM'^'^^)  deren  besitz  sie 
dunala  den  reichsten  HeDenen  gleichstellte ,  in  der  iräpaCKCui}  für 
den  krieg,  wodurch  sie  noch  mehr  überlegen  waren,  und  vollends  in 
dem  vauTiKÖv,  worin  ihr  hauptübergewicht  lag.  die  beiden  ersten 
fflomente,  der  geldreichtum  und  die  kriegsrttstnng,  werden  dem  par- 
ticipiun  iTCpiq>povoOvTec  durch  subordinierte  paiücipia  (Kai  XP^- 
fidrwv  buvdfACi  övrec  kot'  £k€Tvov  töv  xpövov  ö^oTa  toTc  '£XXti- 
vujv  irXouaiUTdTOic  und  tQ  ic  TröXefiov  napacKiEuQ  buvaT((iTepoi) 
einfach  als  thatsachen  angefügt,  während  das  dritte  moment,  die 
naatiscbe  fiberlegenheit,  nicht  als  objectives  factum,  sondern  in  sub- 
jectiver  form  als  stolzes  selbstgeftlhl  (^iratpöfievoi)  hinzutritt,  alle 
Tcrsache  einisr  erkl&rung  der  stelle  in  der  Überlieferten  form  sind 
gescheitert  in  bezug  auf  den  Erttgers  und  Poppo-BOhmes  verweise 
ich  auf  die  kritik  Classens.  dieser  selbst  will  aus  dem  nachdrück- 
lich ans  ende  gestellten  buvaTilrrepoi  («»  m^XXov  buvaToi)  zu  bu- 
vd^Ct  usw.  den  positiv  buvOTOi  ergSnzen.  dem  gedanken  nach  ganz 
^^1  sprachlich  aber  nnznlfissig.  er  fUhlt  selbst  die  zn  grosze 
HSrte  dieser  ergftnznng  und  schlfigt  eventuell  xpi^cici  buvaToi  vor. 
von  jener  hftrte  noch  abgesehen  wftre  buvd^iCi  buvaTüuTCpoi  an  sich 
anstSszig,  ebenso  aber  das  nirgends  sonst  bei  Thuk.  und  schwerlich 
anderwSrts  vorkommende  XP^IM^^^v  buva^ic.  die  corruptel  liegt 
aber  (auszer  in  buvd^ci)  nicht  in  XPHM^'^^v,  dessen  Änderung  in 

*  iek  kann  hier  eIneB  wimsch  nicht  unterdrücken,  den  gewii  yiele 
Bitforaeher  und  frennde  dea  hiatorikera,  der  wie  kaum  ein  anderer 
griechiacher  jproaaiker  gegenw&rUg  die  atndien  und  daa  intereaae  der 
Philologie,  der  formalen  wie  der  hiatoriach-kritiachen,  in  bewegnng 
■ilt,  mit  mir  teilen  werden,  nachdem  wir  in  der  nnn  abgeachloaaeoen 
arbalt  Yon  JClaaaen  eine  melaterhafte  Interpretation  erhalten  haben, 
^r  an  fetnheit  dea  veratHndniaaea  für  daa  idiomatiaehe  ihrea  aatora 
•ebwerlich  eine  aweite  gleichkommt»  wird  ASchoenea  aeparataaagabe 
TOB  A  nnd  B  willkommen  durch  die  bQndige  saaammenateilang  des  fQr 
d«ft  teztkritiaehen  foraeher  notwendigaten  materiala.  dem  BeltKerschen 
taxte  aind  bekanntlieh  die  leaarten  dea  Vatioanna  B  nnd  dea  Lanren- 
Kiaana  C,  die  aoholien  nad  teetimoaia  beige|^eben:  eine  niobt  bloaa  für 
Akadamiache  vorleaongen  dankenawerte  arbeit«  dieaelbe  erregt  aonächat 
den  wnnach,  daas  weniffatena  Z  nnd  H  in  Ihnltcher  form  folgen  mSch- 
tea,  aber  anoh  den  weitem,  daas  eine  anawahl  dea  von  neaeren  tezt- 
kritikem  geleiateten  beigefeben  werde:  eine  groaae  nnd  nnentbehrliehe 
eriaiekteroiBg  lÜr  eigne  atiäiea,  da  ohne  aoiohe  beihilfe  eine  fiberaicht 
der  beachtenawerten  emendationen  nachgerade  aa  den  anmögUchkeiten 
(ekdrt 


536  WHerbBt:  zu  Thukydidea. 

Xpt^füiact  zu  gewaltsam  wäre,  sondern  es  ist  mit  leichter  corrector 
und  unter  annähme  einer  lücke  nach  analogie  von  A  9,  2  (nXTJGci 
XpTiMoiTiuv)  zu  lesen  Kai  xPHM^wv  irXi^GcibuvaTol  Svrec  nadi- 
dem  durch  schuld  des  abschreibers  irX/jOci  ausgefallen  war,  suchte 
man  später  —  ungeschickt  genug  —  durch  änderung  des  buYCrroi 
in  buvdfiei  die  mOglichkeit  eines  sinnes  zu  erreichen« 

2.  A  51  Taurac  (die  den  EerkjrSem  zu  hilfe  eilenden  zwanzig 
athenischen  schiffe)  ouv  irpoibövrec  o\  Kop(v6iot  Kai  öiroToirncav- 
T€C  dir*  'AöiiviBv  elvai,  oöx  öcac  iiupuiv  dXXd  nXcCouc,  öitov€xw- 
pouv.  wegen  des  gleichklangs  mit  der  letzten  silbe  von  cTvai  ist  Kai 
ausgefallen,  dasselbe  ist  nicht  zu  entbehren,  da  zwei  parallele  ge- 
fahren von  gleichem  belang  (1)  athenische  schiffe,  2}  diebetrftcbt- 
liche  zahl  derselben)  von  den  Eorinthem  vermutet  ?nirden. 

3.  A  70, 1  Kai  &>ia,  eTirep  Tiv^c  xal  dXXot,  dSiot  vo^tZofUv 
clvat  Totc  irAac.  es  ist  zu  lesen  fifia  (oder  &\i*)  i\\i€iC:  denn  die 
hervorhebung  der  person  ist  den  Tiv^c  Kai  dXXoi  gegenüber  onent- 
behrlich.  das  pronomen  hat  der  abschreiber  in  folge  der  fthnlichkeit 
der  buchstaben  ausfallen  lassen,  die  elision  von  fijia  findet  sich  bei 
Thuk.  gerade  in  den  früheren  büchem  wiederholt:  B  94,  2  {fy* 
i\Mpq),  r  17,  1  (fi^*  aÖTOic),  T  22,  1  fi|i*  dcdXrjVOV,  wie  Poppo, 
Classen  ua.  (nicht  Bekker  und  BOhme)  mit  recht  in  den  text  &afg^ 
nommen  haben  nach  dem  Cassell.,  Palat.,  Paris,  fl,  Oraevianos  oa.; 
später  findet  sie  sich  nicht  mehr. 

4.  B  13,  2  oö  fi^VTOi  ^ttI  kokiI^  y^  ^nc  TidXeuJC  tcvoito  lies 
T^votTO  TG  Ctg,  welches  wegen  der  endsilbe  von  t^voito  und  des 
gleich  folgenden  tguc  ausge^Uen  ist.  der  bestimmte  hinweis  aaf 
das  ön  'Apx(öafioc  ^^v  oT  i4voc  e\r\  ist  nicht  zu  entbehren,  und 
wenige  Zeilen  zuvor  steht  in  analogem  falle  auch  T^vr|Tat  toGto. 

6.  B  15,  4  Td  top  Icpd  £v  aÖTQ  rfji  dKponöXet  koI  fiXXuiv  8€i!^ 
icil.  Classen  nimt  an,  durch  den  gleichen  anfang  des  folgenden  (xm 
Td  IBi)  usw.)  sei  Kai  rd  Tf)c  *A6r|vdc  ausgefallen.  Herwenlen  Stadit 
Thuc.  s.  25  acceptiert  den  Vorschlag  und  will  nur  koI  *Mt\Ycioc 
lesen  (wie  er  auch  A  116  eorrigieri),  da  Thuk.  älter  ala  Eakleides 
sei.  die  ergänzung  ist  unnötig.  Thuk.  stellt  rd  Upd-^v  aÖT^T^ 
dKpGiröXci  und  rd  {£ui  (sc.  Tf)c  dKpoirdXeuic)  einander  gegen- 
über: Sacra  emm  in  ipsa  arce  aliarum  quoque  dearum  mmi  oaw.  iür 
den  athenischen  nicht  blosz,  sondern  ftir  jeden  hellenisohen  leser  er- 
gänzte sich  der  gegensatz  (xal  Tf)€  *Adiiväc)  von  selbst,  wol  aber 
glaube  ich  dasz  T(£iv  dXXuJV  OcSv  als  bestimmter  tenninus  zu  lesen 
ist  bekanntlicb  wurden  die  tempelschätze  der  Athena  Polias  on^ 
der  Athena  Nike  von  zehn  Schatzmeistern  (TOMiai  tiIiv  IcpuifV  %p^ 
Mdruiv  Tf)c  'AOtivafac  oder  Ta^(al  ti&v  Tf)c  OcoO)  verwaltet,  nach 
Vollendung  des  groszen  schatztempels  auf  der  bürg  wurden  auch  die 


V 


WHerbit:  zu  Thnkydides.  537 

EchXtie  der  andern  götter  (ti&v  fiXXuJV  Ocwv)  im  opisthodomos 
niedergelegt  (s.  AEirchhoff  in  den  abh.  der  k.  preasz«  akademie  1864 
s.  1--56).  anch  entspricht  tüuv  äXXuiv  6€UüV  noch  besser  dem  un- 
mittelbar §  2  Yorattfgegangenen  t^  6eip,  das  auch  einzig  vom  stand- 
ponete  des  Atheners  gesagt  ist,  wie  schon  der  scholiast  (dirpocbio- 
picnuc  Top  ouTui  qnxclv  ol  'AOnvatoi)  bemerkt  hat. 

6.  B  35, 1  Kai  }xi\  i\  iv\  dvbpl  iroXX&v  dpcT&c  KivbOveu€c6ai 
eu  T€  xal  x^^pov  ciirövTt  ntCTeuSfivat.  diese  schwierige 
BteUe  hat  HZeterling  in  Neunippin  (im  Phüol.  ^YTH  s.  357—61) 
einer  besonders  eingehenden  und  scharfsinnigen  prttfung  unterzogen, 
er  kommt,  abweichend  von  allen  seinen  yorgftngem,  zu  dem  resultat, 
^  itiCTeudfivai  nicht  als  epezegese  und  als  regiert  von  Kivbu- 
V6Üec6m,  sondern  mit  dem  scholiasten  (xal  ^f|  iy  KivbOvtp  Tiv€c6at 
tA  maeuOfivot)  als  subject  zu  fassen  sei,  so  dasz  der  sinn  heraus- 
kirne:  ^das  geglaubtwerden  der  tugenden,  die  beglaabigung  der 
Terdienste  seitens  des  redners  kommt  in  gefahr,  dh.  die  darstel- 
lnng  des  redners,  des  guten  sowol  als  des  schlechten,  unterliegt 
(ier  gefahr  nicht  geglaubt  zu  werden.'  Perikles  fUrchte  die  kritik 
fiber  die  rede,  die  misstimmung  die  durch  ein  kleines  zuviel  oder 
zuwenig  im  geiste  der  hOrer  erregt  werde,  die  anfSassung,  auch  die 
kerlichsten  ruhmeswerke  abhftngig  zu  denken  von  einem  pfuscher 
oder  meister  der  rede,  ergebe  einen  unsinn,  den  man  etwa  einem 
Primaner  in  seinen  ersten  stilistischen  versuchen  verzeihen,  nicht 
aber  einem  Thokydides  zutrauen  könne,  die  genaueste  Untersuchung 
<|«r  stelle  führt  doch  zu  einem  andern  ergebnis  und  zur  wahrschein- 
Uchkeit  einer  corruptel. 

Thok.  Iflszt  Perikles  seinen  epitaphios  mit  einer  kritik  des 
^drpioc  vöpoc  bei  öffentlichen  beerdigungen  der  im  kriege  ge- 
fallenen anheben,  dh.  der  6inen  seite  des  bei  diesem  anlasz  bräuch- 
Hden  Verfahrens  y  der  gesetzlich  geordneten  XÖTOI.  er  zfthlt  sich 
m  der  minorität  (ol  )xiv  iroXXo(  • .  £fiol  bk)  derer,  die  in  diesem 
bnoch  eine  schftdigung  des  angestrebten  zwebkes,  dh.der  verher- 
lichong  der  gefallenen  sehen,  die  sich  entgegenstehenden  ansichten 
werden  nnn  auch  sprachlich  in  fortlaufenden  gegensätzen  einander 
g^gcBflbergestellt.  so  hat  ifrfw  sein  oppositum  in  eiirövrt,  %t)XoO- 
cta  in  icivbuv€uec6ai,  dem  toc  Tijidc  entspricht  dpcrdc,  dem  br)- 
Hocuf  daa  £v  ivl  dvbpi,  dem  dvbp«£iv  dyaOuiv  das  iroXXt&v.  der 
^^z^he  gegensatz  wtlrde  sein:  'mir  würde  es  ausreichend  erschei- 
&a^  dorch  bestimmte  praktische  veranstaltunigen  (f  PTH* ;  vgl*  nnten 
c  46, 1)  jene  toten  zu  ehren,  und  nicht  (xal  )if|,  ergtoze  aus  §  3 
^fO^ÜK.  ^X^iv)  angemessen,  noch  reden  hinzuzufügen.'  diese  einfache 
^titheee  wird  aber  compUciert  durch  die  aufoalume  eines  neuen  mo- 
menti,  nemlich  durdi  den  gegensatz  £v  ivl  dvbpl  ttoXXu^v  dpcrdc 
jnvbuvcuccOot  dieses  moment  enthält  aber  den  g rund  des  bedenk- 
^<^  der  einriehtung  und  beherscht  das  zweite  glied  der  gegenflber- 
ktcUong.  bei  Zeterling  kommt  es  nicht  zu  seinem  recht,  bleibt  viel- 


538  WHerbBt:  zu  Thukydidee. 

mebr  unbeachtet   der  redner  meint:  die  stille  beisetsimg  an  siib 
(and  die  spStere  sorge  des  Staates  fUr  die  hinterbliebenen  kinder,  c.  4< 
redet  eine  beredte  spräche,  indem  sie  der  zweifellose  ausdrockder 
öffentlichen  and  allgemeinen  anerkennong  ist.    hier  decken  sieb 
das  verdienst  am  das  Vaterland  and  die  vom  volk  and  staat  (^Tt^o- 
ciqi)  erwiesene  ehre,    diesem  objectiven  ftctor  ditngt  sidi  mit 
der  rede  ein  s  a  b  j  e  c  t  i  y  e  r  ein ,  and  gerade  dieser ,  zomal  nur  tau 
6inem  organ  mit  seinen  zafSlligkeiten  {^  t€  kxA  X^^pov  dirövn 
getragen,  kann  das  wieder  ins  schwanken  and  zweifeln  bringvm,  was 
der  praktische  teil  des  v6^0C  festgestellt  and  offenbar  gemaeht  [hry 
XoOvTOi  al  ti^ai)  hat.    trSten  noch  iroXXol  ß^opcc  anf,  daci: 
könnte  wenigstens  der  eine  den  andern  ergänzen,  corrigieren,  s: 
dasz  das  totalbild  sftmtlicher  reden  doch  die  samme  der  verdienstr 
der  ge&Uenen  einigermaszen  wiedergeben  könnte,   aber  dieser  ge 
danke  wird  als  ein  praktisch  anmöglicher  nicht  weiter  verfblgi  >' 
dies  der  sinn  der  stelle,  wohin  alle  momente  Aihren,  so  wird  de: 
selbe  darch  den  hinzatritt  des  7rtCT€u0f)vat  nicht  gefördert ,  sonderr 
gestört  and  verdankelt.   dem  obigen  briXoOcOcn  mnsz  ein  drrideTOv 
gegenflbertreten,  das  nicht  aaf  diesabjectivehaltangder h5re: 
sich  bezieht,   sondern  lediglich  aaf  das  besprochene  object  seihy* 
jenes  wUrde  aber  darch  mcT€uM)vat  geschehen,   der  haaptgegen<r 
würde  verwischt  and  zerstört,    gewahrt  wird  er  allein  nach  &a^ 
scheiden  des  incTeuOf)vat;  worin  ich  ein  in  den  text  gednmgeD' 
glossem  erkenne,   das  bedenken  Zeterlings,  es  sei  das  ein  des  Tkuk. 
anwClrdiger  gedanke,  wiegt  nicht  schwer,   man  mosz  ihn  nur  ni.l 
absolat,  sondern  relativ  fassen,  wie  er  nach  dem  zasammec 
hang  gefaszt  werden  masz.   freilich  ist  in  letzter  instanz  die  exister 
hoher  vaterlftndischer  Verdienste  and  heldenthaten  nicht  abbtng : 
'von  einem  pfascher  oder  meister  der  rede',  aber  nach  mtii 
art,  grad  and  daaer  ist  das  fortleben  jeder  grosztiiat,  jed : 
nachrämi  doch  bedingt  darch  das  gefiflgelte  wort  des  rednen  oi  * 
dichtere,   es  ist  das  ein  echt  antiker,  zamal  —  vom  redner  gesar 
—  athenischer  gedanke.   so  vom  dichter  Find.  Nem.  7,  17  ai  ^a- 
T<iXat  T&P  äXxal  ckötov  no\isv  Omvuiv  txoyn  bcöficvot,  and  Ho:^ 
tias  (carm.  lY  9,  25)  pauUum  se^puUae  Xstat  inertiae  edata  vir-' 
mit  der  voraafgehenden  atrophe,    woher  diese  möglichkeit  kom::* 
inwiefern  dieselbe  in  der  sabjectivitilt  der  hörer  gelegen,  daskomr. 
erst  in  dem  nftehstfolgenden  satze  x^xXcirdv  f&p  asw.  zorspm^. 
aber  eben  aas  dem  inhalt  and  gedankengang  dieses  aatsed  ist  '  ! 
entstehung  and  das  eindringen  des  glossems  za  erUSren. 

Es  spricht  aber  neben  dem  materiellen  noch  ein  formeller,  sül- ' 
scher  grond  gegen  die  eohtheit  des  7nCT€uOf)v<n :  nicht  die  allerdic:  i 
&st  anverstftndliche  hSrte  des  aosdraeks  ^lein,  aondem  die  bie- 
gerade  die  enry Chmie  besonders  verlettende  naehscUeppong  des  rir 
silbigen  infinitivas,  der  zadem  den  gegensats  von  6i)Xo0ctai  und  kiv^ 
buvcöccOat  abschwScht.  diese  fast  anertrigliche  stfliaÜBche  monstr 
ftitftt  ist  am  so  aaffBlliger,  als  gerade  diese  rede,  wie  sie  flbcrhi'^' 


WHerbsi:  zu  Thtikydides.  539 

das  gfrSste  rhetorische  kanstwerk  des  historikers  heiszen  darf,  auch 
in  dem  bau  der  sfttze  eine  der  darchgefbiltesten  ist.  natttrlich  denke 
ieh  nicht  daran,  anch  hier  ein  mechanisches  und  formell  streng  durch- 
geftfartes  irdptcov  anzunehmen,  wie  sie  Hink.  Oberhaupt  keineswegs 
Bich  der  weise  des  (Sorgias  oder  Antiphon  mit  einseitiger  Vorliebe 
bildet  vielmehr  liebt  er  es ,  solche  OcorrptKOt  qcrjpaTa,  wo  er  sie  an- 
wendet, durch  iigendwelche  alterierungen  des  schemn  zu  durchbre- 
dran,  zu  modificieren^  aber  doch  nie  bis  zur  Unkenntlichkeit  der 
gnmdform  und  bis  zu  hSszlicher  entstellung. 

Vor  Jahren,  als  mir  zuerst  die  stelle  kritisch  anfechtbar  erschien, 
gltnbte  ich  in  dem  ganzen  zusatz  cd  T€  koX  X€tpov  einövrt  mcTeu- 
Ofivai  ein  glossem  zu  erkennen,  in  der  that  würde  die  stelle  in  die- 
ser gestait  mit  ungleich  gröszerer  energie  die  antithese  ausdrücken, 
dag  bedenken,  dasz  das  folgende  TÖ  fi€Tp{u)C  eiiretv  dann  in  dem 
forigen  keine  beziehung  und  anlehnung  finde,  schien  mir  dadurch 
gehoben  zu  werden,  dasz  sich  gerade  aus  jenen  werten  die  ent- 
stdrang  iAa  glossems  ableiten  liesz.  aber  ich  überzeugte  mich  dasz 
der  begriiF  KivbuVcAccScn  zu  kahl  und  unbestimmt  dastehen  würde 
obie  den  hinzutretenden  dds  redners.  und  auch  dieser  reichte  nicht 
gtoz  aus  (sonst  hfttte  Thuk.  xal  ^f|  iy  tvöc  dvbpöc  Xörqi .  *  Kivbu- 
vcuccOm  schreiben  können),  sondern  bedurfte  einer  andeutung  von 
der  art  des  rodens  (€Ö  tc  Kai  xctpov),  worin  zugleich  der  grund  eines 
erfaßten  bedenkens  gegen  die  ganze  einrichtung  lag. 

Diese  zeilen  lagen  druckfertig,  als  mir  die  'Studia  Thucjdidea' 
Ton  Tsn  Herwerden  zum  ersten  mal  in  die  band  kamen,  in  denen  ich 
s.  28  die  gleiche  correctur  finde,  er  sagt  lakonisch  genug:  Meleatur 
tnrpe  emblema  mcT€udf)vai'  unter  berufung  auf  Piatons  Laches 
B- 187^  \ii\  ouK  tv  Tip  Kapl  ö^iv  ö  Ktvbuvoc  KivbuveuriTai,  dXX'  £v 
toic  ul^civ,  und  fthrt  fort:  *retinenti  mcT€udf)vai  omnino  addendum 
fiit  TC  Kod  fif).'  so  erwünscht  mir  das  ganz  onabbftngige  zusammen- 
treffen mit  H.  ist,  so  sehe  ich  doch  keinen  grund  meine  Vermutung 
Uer  surfiekzuziehen,  weil  H.  die  seinige  durchaus  unmotiviert  hin- 
itftUt.  denn  auch  iie  berufung  auf  die  Platonische  stelle  ist  natür- 
lich kein  entscheidender  grund ,  da  nach  Zeterlings  oben  erwähnter, 
ipftter  ab  Herwerdens  arbeit  erschienener  erklttrung  bei  Thuk.  ja 
^  rabgeet  dperdc  zu  Ktvbuv€\iec6ai  tritt,  also  grammatisch  ebenso 
got  mcTCuOi^vai  dperdc  subject  zu  Kivbuv€i!i€c6ai  sein  kann. 

7.  B  44, 1  otc  £v€ubaifAovf)ca(  tc  6  ß(oc  b}ioiwc  xaX  ivrcXeu- 
T^coi  Euv€^€Tp/jOn«  der  letzte  mir  bekannt  gewordene  heilversuoh 
dieser  schwer  kruiken  stelle  rührt  von  MSchmidt  (rhein.  mus.  XXVII 
>*  482)  her,  der  übrigens  nur  die  Vermutung  von  Classen  (die .  . 
^aXTf|c«i[oder  £XXimi)ef)vai]  st.  4vr€X€UTf|coO  modiflciert  und  wei- 
t«r  bildat.  derselbe  schlügt  vor  zu  lesen :  m\  Otc  (oder  Sri)  4vakt)- 
Movfjcaf  T€  6  ßloc  öfioiuK:  Kai  ivcuTUxflcai  EuvcMCtp^.  den 
Mn^en  sei  kein  eöbaifiovcTv ,  sondern  höchstens  ein  €dTux€?v  ge- 


540  WHerbBt:  zu  Thnkydides. 

stattet,  aber  dvcuTUXiicai  zu  lesen  verbietet  schon  das  vonnfge- 
gangene  tö  b'  euTUX^c^  and  £vqbTmovf)cai  —  ein  wort  das  zodem  erst 
aus  losephos  nachweisbar  ist  —  ist  eine  unmotivierte  ftndenuig  schoD 
darum,  weil  TcXeirrficat  mit  offenbarer  rflckbeziehnng  auf  TcXcvriic 
gesagt  ist.  der  einwand,  cöbai^oveiv  sei  hier  begrifflich  onmGglich, 
will  nichts  sagen,  am  wenigsten  bei  der  erklftrong  die  ich  Ar  die 
richtige  halte,  offenbar  fordert  der  losammenhang  hinter  Xum^c  den 
klimaktischen  gedanken,  eine  Tcrbindong  von  glücklichem  lebrä  und 
glücklichem  sterben  sei  wol  der  gipfel  des  glucks,  aber  den  menschen 
versag?  oder  wenigstens  äuszerst  selten,  hieraas  ergibt  sich  die  not- 
wendigkeit  der  annähme  einer  lücke,  die  an  sich  sdion  hier  weit 
wahrscheinlicher  ist  als  gewaltsame  finderangsvorschlfige  wie  die 
obigen,  für  ivrcXcuTflcai  ist  mit  Poppo  (der  Reg.  hat  TcXeuTncai) 
zu  lesen  €Ö  T€X€UTY)cai.  aaszerdem  scheint  hinter  olc  and  dnrcb 
dasselbe  veranlaszt  ujct'  aasgefallen,  so  dasz  das  subject  zu  den  bei- 
den infinitiven  aas  ofc  zu  entnehmen  wäre. 

Classen  nahm  noch  an  der  historischen  Wendung  (olc  . .  Euvc- 
^CTpi^On)  nach  der  hjpothetischen  (o1  fiv  Xdxuictv)  anstosz,  «eil 
kein  grund  zum  Wechsel  der  structur  vorliege,  nach  unserer  erkü- 
rung  Iftge  ein  solcher  allerdings  vor:  denn  es  wftre  die  berufnng auf 
eine  notorische  und  allgemein  gültige  thatsacfae.  sollte  das  beden- 
ken doch  grund  haben,  so  wftre  die  ftnderung  von  ok  iveuboifio- 
vf)cai . .  £uv€M€Tpr)6T)  in  olc  fiv  euöaifiovficai  Eu^^crpiiOti  ^^^^' 
und  einfach,  und  die  Symmetrie  der  gegenüberstellung  von  cubm- 
fiovficai  und  cO  T€X€UTf)cat  eine  vollständige. 

In  einer  spätem  fortsetzung  dieser  heptas  Thukydideischer 
emendationsversuche  hoffe  ich  einige  weitere  nachweise  von  lücken 
und  Interpolationen,  die  sich  nach  der  natur  der  sache  vomehsdicL 
in  den  reden  finden  dürften,  vorlegen  zu  können,  diese  gante 
frage  ist  durch  die  allerdings  viel  weiter  gehende  behauptong  vcn 
EAJunghahn  (jahrb.  1875  s.  657—682  und  1879  s.  353-402\ 
dasz  die  reden  teils  in  einer  mangelhaften  redaction  hinterlassen, 
teils  von  fremder,  nicht  geschickter  band  überarbeitet  worden  seien, 
neuerdings  in  flusz  gebracht,  zugleich  aber  auch  überholt  and  er- 
weitert worden,  ich  hoffe  auf  die  prüfang  dieser  sehr  beachtens- 
werten arbeiten  zurückkommen  zu  kOnnen. 

Halle.  Wilhelm  Herbst. 

74. 

ZU  TIBERIANUS. 

Bei  Tiberianus  II  28 

nee  past  ad  9upero»  redeai  fames  aurea  pwroa 
hatte  ich  vorgeschlagen  suis  awrea^  wofür  mein  reoenaent  in  dl^ 
sen  jahrb.  1878  s.  431  lanma  vorzog,    das  richtige  wird  wol  füt£ 
aurea  sein." 

Obohikgem.  Emil  Babbebes. 


ThTohte:  ans.  ▼.  CGneisse  de  rers.  in  Lucretii  carmine  repetitis.    541 

76. 

DS  VEBBIBUS  IN  LUORETIl  OABMIHB  BBPSTITIS.    AD  SUMMOS  IN  PBILO- 
80PBIA    HONORES    .    •    JUTE    IMPETRANDOS   80BIPSIT    0 ABOLUS 

ov BISSE  NUMBUBQfiNSiS.  Argentorati  apud  Carolum  I.  Truebner. 
MDCCCLXXVIIL   84  a.  gr.  8.  ^ 

Diese  dissertation  bescfaSftigt  sich  mit  einer  der  wichtigsten 
ond  schwierigsten  fragen  der  Lucrezkritik,  der  frage  nemlich,  ob 
oder  inwieweit  die  zahlreichen  Wiederholungen  einzelner  oder  meh- 
rerer reree  an  verschiedenen  stellen  des  werkes  dem.  dichter  selbst 
ihren  anpmng  verdanken  oder  auf  interpolation  beruhen,  der  vf. 
griiDgt  dab^  zu  so  mancherlei  interessanten  resultaten,  dasz  es  an- 
geieigt  sein  dürfte  auf  den  inhalt  seiner  arbeit  etwas  genauer  ein- 
togehen. 

Nach  einer  summarischen  aufz&hlung  der  verschiedenen  ttber 
die  entstehnng  der  Lucrezischen  Iterationen  seit  Forbiger  aufge- 
BteOten  ansichten  beginnt  der  vf.  seine  eigenÜidie  abhandlung  mit 
einer  genauem  begrenzung  seines  gegenständes,  indem  er  von  der 
tltttBidie  ausgeht,  dasz  der  dichter  noch  leichter  als  der  prosaiker 
gewisse  ausdrücke  und  Wendungen  unwillkürlich  sich  an^ewOhnt, 
hebt  er  hervor  dasz  auch  bei  Lucr.  namentlich  am  anfang  oder  ende 
^1  Tenes  dieselben  Wortverbindungen  sehr  hftufig  wiederkehren,  ja 
dui  nach  ^totis  versibus  repetitis  ezpressae  formulae'  bei  ihm  sich 
&>deD.  er  rechnet  dahin  (s.  8)  die  verse:  guarum  nü  fieri  mani- 
f^itimest^  cmma  quando  1 188.  U  707;  muUa modia muUis  in  cundas 
*"<^  partis  IV  166.  725;  id  licet  Mnc  quamvis  heheti  cognoscere 
^  IV  44.  V  882.  dasz  auch  wörtliche  Wiederholung  ganzer  verse 
dieser  art  mehr  auf  zufall  als  auf  bestimmter  absieht  beruhe;  sucht 
dar  Tf.  an  dem  in  sehr  manigfaltigen  Variationen  wiederkehrenden 
verse  II  176  magnopere  a  vera  lapsi  raHone  videtUur  (vgl.  I  711. 
DI  105.  n  229.  82.  I  880.  VI  853.  767.  H  645)  nachzuweisen'; 
^  daneben  kann  er  doch  nicht  umhin  einzurftumen,  dasz  auch  auf 
''^t  des  dichiers  beruhende  Wiederholungen ,  wenn  auch  nur  in 
^  besehribikter  zahl,  anzunehmen  seien,  welche  iteraüonen  er 
fiberbaopt  als  echt  gelten  läszt,  erfahren  wir  aus  dem  am  ende  der 
^b.  8.  82  f.  gegebenen  Verzeichnis,  abgesehen  von  den  oben  er- 
vibnten  sind  es  folgende:  stiumdicis  poHus  gwm  muUis  versibus 
^^;  porvus  ¥i  est  c^em  mdi&r  oanor^  tUe  gruum  quam  damor  in 
^"^^friis  dispersus  nubtlms  austri  lY  180  ff.  909  ff.;  Democriti  quod 
««Kte  tiri  sententia  panii  111  371.  Y  622;  sandius  d  mMo  certa 
^^^^  magis  qutan  Pyihia  quae  tripodi  a  Phoebi  lauroque  profatur 
1 738  f.  y  111  f,;  noctes  atque  dies  niti  praestanie  läbore  ad  summas 
f'^frym  opes  II  12  f.  m  62  f.;  perpetuo possint  aevi  läbentia  tractu 
»ynt  veHidas  aevi  eontemnere  viris  1 1004  und  V  379.  V  1216  f.; 

*  interpoliert  ist  ein  derartiger  vere  (I  429  id  quod  iam  wpera  tibi 
^^  Mteauiniact  anie)^  dessen  mehrmaUges  vorkommen  an  sich  nnver- 
^l«bUg  ist,  an  den  stellen  I  631  und  IV  672  (s.  6.  68). 


542    ThTohte :  anz.  v.  CGneisse  de  vera.  in  Lacretii  camdne  lepetitit. 

dülcis . .  quereUaSj  tibia  qtias  fundit  digüis  pulsata  oanentum  IV  585. 
Y  1385;  nam  commtmilnM  inter  se  radicilnts  haerent  m  325.  Y  554. 

Dasz  unter  den  von  Gneisse  fEtr  echt  erklftrten  Iterationen  tuch 
solche  yerse  und  yersreihen  sich  befinden,  deren  wiederholte  Ver- 
wendung jedenfalls  auf  bewuste  absieht  des  dichters  zurückzufthren 
ist ,  ist  fdr  die  beurteilung  seines  kritischen  Verfahrens  von  grOster 
Wichtigkeit,  wenn  es  sich  nicht  überhaupt  bestreiten  Iftsst,  daäi 
Lucr.  kein  bedenken  getragen  habe  einzelne  oder  mehrere  verse  aas 
früheren  teilen  seines  werkes,  auch  wenn  sie  nicht  rein  formelhaft 
sind,  gelegentlich  an  anderer  stelle  nochmals  zu  verwenden,  so  liegt 
bei  der  groszen  mehrzahl  wenigstens  der  minder  umfaDgieicfaen 
Iterationen  an  sich  kein  grund  zur  yerd&ohtigung  vor.  am  aller- 
wenigsten wird  man  an  und  für  sich  daran  anstosz  nehmen  dürfcD, 
wenn  solche  verse  oder  auch  reihen  von  versen,  welche  irgend  eine 
wichtige  lehre  des  Systems,  auf  deren  wiederholte  einschftrfcBg  es 
dem  dichter  ankam,  enthalten,  wie  zb.  nam  ^uodcumque  mis mäa- 
tum  finibus  exU^  cgntinuo  hoc  mors  est  ülius  quod  fuü  aitUe  oder 
(amstat)  guidpossü  oriri^  qu*ä  nequeai  usw.  an  verschiedenen  stellen 
in  ähnlichem  Zusammenhang  wörtlich  wiederholt  sich  finden,  wer 
Wiederholungen  dieser  art  für  interpolation  erkl&rt,  ist  uns  also  f&r 
jeden  einzelnen  fall  den  bestimmten  nachweis  der  unechtheit  achol- 
dig.  anderseits  sind  viele  der  Lucr.  iterationen  der  art,  dasz  es  von 
vom  herein  nicht  wol  glaublich  ist,  der  dichter  habe  sie  fttr  za- 
lässig  gehalten,  dasz  er  nichts  anstOsziges  darin  gefimden  babe, 
eine  längere  partie  eines  frühem  buohs  ohne  weiteres  ala  prooenüam 
einem  der  spätem  voraufzuschicken,  ist  ganz  undenkbar,  aber  doch 
ist  auch  in  solchen  fUlen  die  müglichkeit  nicht  aui^gescblosseo,  <ia^ 
die  Wiederholung  vom  dichter  selbst  herrühre;  die  unbestreitbare 
thatsache ,  dasz  da^  ganze  werk,  das  erste  buch  nicht  ausgenommen, 
unvollendet  von  ihm  hinterlassen  ist,  nötigt  uns  auch  in  der  beor- 
teilung  von  mäng^.  dieser  art  behutsam  zu  werke  su  gehen,  es 
scheint  uns  dasz  überiwupt  in  der  Oneisseschen  schrift  jenem  anfer- 
tigen  zustande  des  gedichta  nicht  in  genügender  weise  rechnnng  g^ 
tragen  und  deshalb  bei  der  Untersuchung  über  die  echtheit  miocb«r 
stellen  ein  unrichtiger  maszstab  angelegt  sei« 

On.  teilt  die  sämtlichen  Wiederholungen  nach  ausscheidimg  der 
nach  s.  82  f.  von  ihm  für  echt  gehaltenen  in  drei  claseen:  sie  ver- 
danken seiner  ansieht  nach  teUa  dem  schon  von  Tififhmfn"  ent- 
deckten ^ector  philosophus',  teils  dem  ersten  herauageber,  tei^^ 
endlich  einem  grammatiker  ihren  Ursprung,  welcher  durch  absiebt- 
liehe  interpolation  den  dichter  zu  verbesaem  euchte.  in  bezog  aai 
die  dem  *lector  phUosophus'  zugeschriebenen  wiederholongen  kann 
rec.  sich  im  allgemeinen  mit  den  darlegungen  des  vf.  einverstaaden 
erklären,  es  himdelt  sich  dabei  um  die  stellen  I  44—49.  V  134t 
—46.  m  806—18.  V  102  f.  1388  f.  II  1020.  529—31.  da  alle 
diese  stellen  bis  auf  die  letzte  (auf  welche  wir  unten  zurfickkomicen 
werden)  schon  von  Lachmann  auf  seinen  *lector  philosophus'  zurQ<>^* 


ThTohte:  ans.  v.  CGnciese  de  vere.  in  Lucretü  carmiue  repetitiB.    543 

geftlui  sind,  bringt  Gn.  in  diesem  ersten  abschnitt  seiner  arbeit 
nichts  eigentlich  neues,  und  nur  etwa  die  von  ihm  gemachte  beob- 
acbtoBg  verdient  erwfthnung,  dasz  jener  philosophische  leser  die 
betr.  verse  nicht  in  der  absieht  sie  zu  interpolieren  beigeschrieben 
hibe;  es  gehe  das  daraus  hervor,  bemerkt  er  richtig,  dasz  an  den 
beiden  leisten  stellen  die  unechten  verse  gar  nicht  in  die  construotion 
sidi  ftgen. 

Dcor  zweite  teil  der  abhandlung  beschtftigt  sich  mit  denjenigen 
wiedeAolungen,  welche  nach  des  vf.  meäBUng  von  dem  ersten  heraus- 
gvber  des  gedichts  herrtthren.  wie  er  im  einzelnen  darzuthun  sucht, 
vin  derselbe  in  ziemlich  ausgedehnter  weise  bemttht  gewesen  das 
Tom  dichter  unvollendet  hinterlassene  werk  durch  selbstftndige  ftnde- 
nmgen  lesbarer  zu  machen,  was  aber  die  person  des  herausgebers 
betrifft,  so  sucht  er  s.  46  f.  —  obwol  er  ohne  weiteres  einräumt, 
dasz  Hieronymns  in  der  bekannten  stelle  Marcus  Cicero  gemeint 
babe  —  die  anaicht  zu  begründen,  dasz  weder  Quintus  noch  Marcus 
Cieero  —  und  mit  diesem  negativen  resultat,  glaubt  er,  mfisse  man 
ud  begnflgen  —  es  gewesen  sein  könne«  in  der  that  ist  dies  eine 
notwendige  consequenz«  ist  die  thfttigkeit  des  herausgebers  bei  der 
TerOibntlichung  des  Werkes  wirklich  eine  so  eingreifende  und  will- 
blrUcbe  gewesen,  wie  Gn.  es  nachzuweisen  sucht,  hat  er  nicht  etwa 
biosz  durch  ojaazerliche  Ordnung  der  einzeln  für  sich  und  zusam- 
jDenhao^os  verfaszten  partien  des  gedichts,  sondern  auch  durch 
üterpolationen  und  correcturen  di^elbe  zu  emendieren  versucht, 
M  ezgeben  sich  daraus  die  schwersten  bedenken  gegen  die  notiz  des 
Biero&jrmns;  es  würde  dann  unbegireiflich  sein,  dasz  in  Ciceros  wer- 
ken nirgends  eine  bezügliche  andeutung  sich  findet»  diese  bedenken 
▼flrdea  dagegen  verschwinden,  wenn  eine  derartige  thfttigheit  des 
l>^aflgebm,  wii^  Qu.  sie  annimt^  nicht  stattgefunden  hätte,  dhu 
Vena  Cicero  etwa  nur  das  werk  unter  seiner  aufsieht  hfttte  verviel- 
fUtigen  lassen  und  seine  'emendation'  desselben  darauf  sich  be- 
äcbrlnkt  hätte,  die  losen  blätter  des  manuscripts  in  die  nach  seinem 
<^*ftrlialien  den  intentionen  des  verfasseirs  am  meisten  entsprechende 
ordnong  zu  bringen  und  unverarbeiteten  randzusätzen  ihren  platz 
anweisen«  da^z  es  aber  wirklich,  so  sich  verhält,  ergibt  sich  aus 
dir  Verfassung,  in  welcher  heutzutage  das  werk  sich  befindet  und 
^  grossen  und  ganzen  von  anfang  an  sich  befunden  haben  mnsz. 
<^  wäre  es  denkbar,  dasz  der  herausgeber  in  äuszerst  Willkür- 
^'^  weise  durch  einschiebung  ganzer  aus  andern  büchem  ent^ 
i«bter  Partien  die  prooemien  des  2n  und  3n  buche  ohne  allen  grund 
crveitert,  dem  4n  buch  eine  partie  des  ersten  als  prooemium  ver- 
gütet und  einige  wenige  stellen ,  an  denen  er  die  letzte  feile  ver- 
l^^^oU,  auf  eigne  hand  durch  einsetzung  selbstgemachter  verse  ver- 
^^sxrt,  die  anch  für  das  blödeste  äuge  bemerkbaren  und  äuszerst 
^renden  Unebenheiten  vieler  anderer  stellen  aber  unangetastet  ge- 
'^«•Kn  hätte?  würde  er  insbesondere  wol ,  wenn  er  auf  herstellung 
(ii€s  tadelloeen  Zusammenhangs  bedacht  gewesen  wäre,  an  so  zahl- 


544    ThTohte:  anz.  v.  CGneisBe  de  vers«  in  Lucretii  carmine  repetitu. 

reichen  stellen,  wo  der  dichter  demselben  gedanken  eine  doppelte 
ausfühmng  gegeben ,  beide  fassungen  nelien  einander  aufgenommen 
haben,  während  es  doch  hier  nur  einer  Streichung  der  am  rinde 
beigeschriebenen  zweiten  bednrfte?  da  er  durch  aufnähme  dieser 
doppelrecensionen  an  vielen  stellen  den  sonst  yorhandenen  tadel- 
losen Zusammenhang  geradezu  zerstörte ,  dflrfen  wir  annehmen  dasz 
er  bei  seiner  redactionsarbeit  gar  nicht  den  inhalt  und  gedanken- 
gang  in  betracht  zog,  sondern  höchstens  nach  ftuszerlichen  indiden 
des  Wortlauts  die  reihenfolge  der  teile,  wo  der  dichter  selbst  sie 
nicht  angedeutet  hatte,  bestimmte,  die  Untersuchungen  O11.8  ver- 
mögen uns  nicht  die  Überzeugung  zu  erwecken ,  dasz  an  einzelnen 
stellen  der  herausgeber  eigenmSchtigkeiten  sich  erlaubt  habe,  welche 
mit  dem,  nach  zahlreichen  andern  stellen  zu  urteilen,  von  ihm  durch- 
weg beobachteten  gewissenhaften  und  piet&tyollen  verfahren  unver- 
einbar erscheinen. 

Das  prooemium  des  4n  buchs  nimt  unter  den  dem  herausgeber 
zugeschriebenen  Wiederholungen  die  erste  stelle  ein.  On.  tritt  al^> 
in  bezug  auf  diese  stelle  fDr  eine  schon  von  Lachmann  aufgestellte 
hjpothese  ein ;  aber  obwol  er  allerlei  neue  gründe  zu  ihrer  empfeb- 
lung  vorbringt,  ist  ihm  doch,  so  scheint  es,  ebenso  wenig  wie  den 
übrigen  Verfechtern  derselben  der  nachweis  gelungen,  dasz  die  betr. 
verse  im  4n  buche  nicht  von  Lucr.  geschrieben  sein  können,  der 
abenteuerlichen  darlegung  Forbigers,  welcher  die  verse  im  In  buche 
für  unecht  hielt,  stimmt  reo.  natürlich  ebenso  wenig  bei  und  h&lt 
vielmehr  die  von  Purmann  schon  1846  aufgestellte  und  wiederholt 
von  neuem  verteidigte,  auch  von  anderen  selten  gebilligte  ansieht 
für  die  allein  wahrscheinliche,  dasz  Lucr.  wie  im  In  so  auch  im 
4n  buche  die  verse  selbst  geschrieben  habe,  jedoch  in  der  absiebt  sie 
an  der  erstem  stelle  zu  tilgen,  auf  6in  bisher  nicht  beachtetes,  f^ 
diese  ansieht  sprechendes  moment  werde  hier  noch  hingewiesen, 
während  neuerdings  Stürenburg  (acta  soc.  phiL  Lips..II  s.  411  < 
behauptet  dasz,  wie  das  d  qucniam  docui  im  3n  und  6n  buche  an 
den  ersten  teil  der  betreffenden  prooemien  anknüpfe,  so  auch  da« 
sed  qtumiam  docui  I  951  es  zur  Voraussetzung  habe,  dasz  die  in  921 
— 50  enthaltene  abschweifung  unmittelbar  voraufgehe,  glauben  wir 
gerade  aus  dem  sed  eine  ganz  andere  folgerung  ziehen  zu  müssen. 
sed  dient,  wie  Stürenburg  richtig  bemerkt,  dazu,  nach  ein^  ab- 
schweifung zum  thema  zurttckzuleiten.  nun  enthalten  zwar  I  9il 
— 50  eine  abschweifung,  aber  nicht  erst  mit  951,  sondern  bereiti 
in  den  vorhergehenden  schluszworten  wendet  sich  ja  der  dichter 
wieder  zur  sache;  nach  den  werten  dum  perspicis  ornnem  naiurttn 
rerum,  qua  constat  compta  figura  durfte  nur  mit  einem  *nnd  zwar* 
fortgefahren  werden,  in  den  von  Stürenburg  angezogenan  stellen 
ist  der  Sachverhalt  ein  solcher,  und  deshalb  heiszt  es  hier  et  qwmiam 
dasz  es  abweichend  an  unserer  stelle  sed  guoniam  usw.  heisst,  L-t 
ein  indicium  dafür,  dasz  921  —  50,  obwol  sie  an  dieser  stelle  ur- 
sprünglich gestanden  haben  müssen,  doch  vom  dichter,  als  er  951  ff. 


lliTohte:  anz.  v.  CGneisse  de  yers.  in  Lncretii  carmine  repetitis.    545 

schrieb,  als  hier  nicht  vorhanden  betrachtet  worden,  im  engen  an- 
schlnsK  an  die  auseinandersetznng  über  die  andern  natorphllosophi- 
sehen  Systeme,  die  doch  gewisserm&dzen  eine  abschweifting  vom 
thema  bildet,  ist  seä  durchaus  am  platze.' 

Teilweise  glttcklicher  ist  der  yf.  in  seiner  behandlang  der  gleich- 
lautenden schlosEVerse  der  prooemien  des  2n  und  3n  buchs  {nam 
vdutipueri  usw.  «>  YI  35  if.);  er  weist  bezügHoh  der  erstem  stelle 
gut  nach,  dasz  wegen  de^  logisch  ganz  fehlerhaften  nam  wie  auch 
wegen  der  yeiBchiedenen  befdeutung  von  tenebrae  in  y.  54.  56.  58. 
59  und  des  höchst  unpassenden  interdum  timemiiS  Lucr.  selbst  die 
verse  hier  nicht  geschrieben  haben  könne,  ähitllch  verhält  es  sich 
mit  den  gleichen  yersen  des  dn  buchs:  auch  hier  sind  sie  inter- 
poliert, dasz  aber  auf  den  herausgeber  diese  erweiterung  der  pro- 
oemien zorttckgehe,  ist  eine  behauptnng  welche  Gn.  durch  nichts  zu 
beweisen  vermag,  anders  ist  wieder  zu  urteilen  über  II  478  f.  *» 
532  f.  6n.  führt  richtig  aus,  daez  der  Übergang  quod  quoniam  docui, 
pngam  conedere  rem  quae  ex  hoc  apta  fidem  ducai  an  der  zweiten 
stelle  nach  v.  480—521  angemessen,  an  der  erstem  aber  nach  dem 
was  dort  yoraufgeht  unmöglich  sei.  dennoch  ist  rec.  der  meinung, 
<iasz  man  auch  hier  nicht  voreilig  dds  überlieferte  antasten  dürfe, 
da  die  thatsache  des  unvollendeten  zustandes  des  gedichts  zur  er- 
kllrong  oder  entschaldigung  der  incorrectheit  ausreichend  ist.  aber 
wSren  auch  die  verse  4/8  f.  wirklich  nicht  von  Lucr. ,  so  würde  es 
doch  immer  noch  wahrscheinlicher  sein,  dasz  ein  spSterer  inter- 
poUtor,  dem  der  parallelismus  von  480  nnd  524  f.  auffiel,  sie  an  stelle 
des  ursprünglichen  eingesetzt  hätte,  als  dasz,  wie  Qn.  will,  der  her- 
ausgeber der  nrheber  dieser  textesftndemng  gewesen  wSre.  sehr  an- 
brechend ist  dagegen  die  s.  23  ff.  von  Qn:  aufgeistc/Ilte  und  mit  be- 
Satzung  von  Hörschelnianns  obs.  Lucr.  alterae  (Leipzig  1877)  s.  27 
aosfUirlich  begründete  Vermutung,  dasz  v.  529^—31  in  einer  hinter 
1 1014  verlorenen  partie  ihren  ursprünglichen  platz  gehabt  hätten, 
u  ihrer  stelle  im  2n  buche  aber  vom  ^lector  philosophus'  beige- 
Hhrieben  und  so  hier  in  den  text  gerathen  seien. 

Der  Wiederholung  von  II  478  f.  in  v.  522  f.  desselben  buchs 

'  mit  der  untersaehung  über  IV  1—25  yerbindet  Gn.  eine  bespre- 
^ng  von  46  ff.  deuelbtn  bachs.  er  gelangt  8.  18  tn  folgendem  re* 
•Bltet:  sa  26 —^  worden  die  aus  dem  3n  bnobe  entlehnten  verse  45 
~-id  Ton  einem  interpolator  beigeschriebeu  in  der  meinung,  dass  aie 
^'f  28  eingeschoben  werden  sollten;  um  die  banfung  der  copulativen 
ptitikelo  ca  vermeiden  (aique  26,  et  27),  änderte  derselbe  in  dem  ersten 
^<r  interpolierten  verse  das  ei  in  Med,  derselbe  interpolator  scbrieb 
cfben  80  die  selbstgemachten  yerse  61—63  guae  qtum  membranae  nsyr. 
u  der  absiebt  sie  an  stelle  von  81  f.  in  den  tezt  su  bringen,  der  ab- 
'^jfeiber  dieses  exemplars  behielt  alles  nrsprOngliche  bei,  fugte  aber 
'ii^  xttsätKe  des  interpolators,  indem  er,  um  sie  verständlich  zn  machen, 
tich  nodi  29  f.  wiederholte,  am  ende  der  seite  binsn.  so  scharfsinnig 
^e«e  darlegang  ist,  glaubt  rec.  doch,  dass  die  annähme  einer  vom 
achter  selbet  berrttbrenden  doppelrecension  (Brieger  im  Fhilol.  XXIX 
"^n  ff.)  mehr  anspmch  auf  wahr  ach  einlichkeit  hat 

iakrMck«'  Ar  cImc.  plüloL  1879  hfl.  8.  35 


546    HiTokie:  anz.  v.  CGneiB&e  de  yen,  in  Lncretii  ourmine  r^wtitu. 

sehr  ähnlich  ist  das  doppelte  quaprapter  qui  materiem  renm  esse 
putarufU  ignem  atque  ex  iffni  sutmnam  consislere  solo  (jposte)  1 636  L 
und  705  f.  Gn.  will  den  anstosz  hier  in  ganz  gleicher  wose  wie 
dort  beseitigen:  nur  an  der  zweiten  stelle  sollen  die  yerse  nrsprflng- 
lieh  sein,  an  der  ersten  soll  sie  der  herausgeber  eingefligt  habea,  um 
eine  richtige  Verbindung  mit  dem  vorhergehenden,  welche  der  dich- 
ter selbst  herzustellen  unterlassen  hatte,  zu  gewinnen,  wir  vermögen 
dem  vf.  schon  darin  —  und  darauf  basiert  seine  ganze  beweisf&h- 
rung  —  nicht  recht  zu  geben,  dasz  das  erste  quaprqpUr  sprachlicli 
unrichtig  sei.  quaprapter,  sagt  Gn.  richtig,  ffihre  an  allen  andern 
stellen  eine  folgerung  ein,  diene  aber  nie  iJs  fibergangspartikel,  wie 
man  es  doch  hier  auffassen  müsse.'  aber  haben  wir  es  hier  nid: 
auch  gewissermaszen  mit  einer  folgerung  zu  thun?  die  mit  635  be- 
ginnende Widerlegung  der  gegnerischen  theorien  ist  ja  offenbar  nicht 
um  ihrer  selbst  willen,  dh.  zur  feststellung  des  negativen  resnltats, 
dasz  diese  oder  jene  lehre  falsch  sei,  vorhanden,  sondern  der  dichter 
will  hier  aus  der  im  vorhergehenden  bewiesenen  soUdüas  der  j/ri- 
fHordia  die  weitere  folgerung  ziehen,  dasz  dieselben  (im  gegensau 
zu  der  annähme  der  bekämpften  phUosophen)  qualitfttslos  seien. 
allerdings  aber  ist  reo.  der  ansieht  dasz  Lucr,,  wenn  er  seinem  ge- 
dieht eine  endgültige  fassung  gegeben  hätte,  das  doppelte  ^^- 
prqpter  nicht  würde  beibehalten  haben«  eine  ganze  reihe  von  in- 
dicien  ftihrt,  wie  an  einem  andern  orte  ausführlicher  dargelegt  wer- 
den soll,  darauf  dasz  635 — 704  dem  ursprünglichen  corpus  des  In 
buche  nicht  angehürt  haben,  sie  scheinen  ein  später  für  sich  ter- 
faszter  passus  zu  sein,  eine  weitere  ausführung  der  in  734  ff.  schon 
mitenthaltenen  Widerlegung  der  Vertreter  des  Rurigen  elements  i  dts 
Herakleitos  und  der  stoiker).  vermutlich  ist  es  die  absieht  des  dich- 
ters  gewesen,  das  erste  quaprapter  usw.  an  stelle  des  zweiten  sich 
an  das  vorhergehende  anschlieszen  zu  lassen;  es  hätte  aber  dazu 
einer  Umgestaltung  von  705  ff.  bedurft,  deren  ausführung  nnter- 
blieben  ist. 

Auch  von  der  richtigkeit  der  ansieht  Gn.s  über  III  784—97  =» 

Y  128—41  vermag  rec  sich  nicht  zu  überzeugen,  in  787— d9un^i 
798  f.,  meint  er,  hätten  ursprünglich  zu  dem  unvollendeten  stfl^i^ 
615—23  desselben  buche  gehört  (so  schon  SnsemihI  im  Philol. 
XXYII  44)  und  sich  dann  durch  irgend  einen  sufall  hinter  788  ver- 
irrt, der  herausgeber  habe,  da  sie  hier  für  sich  keinen  sinn  gsbeo. 
784—86  und  790—97  aus  Y  hinzugefügt,  ein  grammatiker  dann 
wieder  787—89  in  Y  (131—83)  interpoliert,  da  in  der  sonst  gleich 
lautenden  stelle  ihr  fehlen  ihm  aufßlllig  gewesen  seL  bewiesen  ^-^^ 
dies  aber  durch  Gn.s  gründe  nicht,  und  rec  ist  der  ansieht  dasz  ^'^ 
frage,  ob  die  sämüidien  verse  nicht  an  beiden  stellen  vom  dichter 

'  II  998  quapropter  merito  mütermim  nomen  adepia  eii  nnd  thtr*^ 

V  796  f.  Hnquiiyrt  ut  merito  maiermtm  nomen  adepia  terra  siiy  e  t^* 
fuoniam  eunt  ameta  ereaia  erkennt  Gn.  s.  dO  f.  anm«  richtig  alt  io^'f- 
poUUon  ana  V  821. 


ThTohte:  ans.  v.  CGneiue  de  yen.  in  Lacretii  carmine  repetiidB.    547 

selbst  herrObren  können,  anch  hier  eu  bejahen  ad.  freilich  hat  Lncr. 
sie  in  Y  nur  einstweilen  notdürftig  mit  dem  vorhergehenden  in  yer- 
bindnng  gebracht,  indem  er  statt  demque  das  siciäi  setzte,  neben 
irakhem  mm,  da  noch  t.  131  dazwischen  steht,  das  in  132  folgende 
9ie  imertriglich  ist  in  der  &ssnng  des  3n  buchs  erregt  das  sie  nicht 
den  geringsten  aastosz,  und  demnach  scheint  der  dichter  die  verse 
hier  zuerst  geschrieben  zu  haben,  aber  wie  er  bei  der  letzten  revision 
in  V  sie  sidber  nicht  so  nnTerSndert  würde  haben  stehen  lassen ,  so 
hitte  er  gswis  auch  im  3n  buche  784  ff.  und  615  ff«  —  denn  ihrem 
inbilt  nadi  stehen  diese  beiden  stücke  als  yerschiedene  aosftlhnmgen 
desselben  gedaakens  in  parallelem  verhftltnis  —  nicht  ohne  weiteres 
Beben  einander  beibehalten. 

Am  eigenmftchtigsten  hätte  nach  On.  der  heransgeber  in  der 
mit  235  be^nnenden  partie  des  5n  bnchs  eingegriffen:  mehr  als  50 
verse  soll  er  hier  mit  benntzong  einzelner  aus  andern  bttchem  ent- 
Bommener  Lnorezischer  hinzugeftgt  haben,  sehen  wir  uns  die  arga- 
Bieniation  des  Tf.  etwas  genauer  an.  er  fiaszt  zonttchst  (s.  37)  den 
iabslt  des  ganzen  absohnitts  235—405  ixis  ange  und  erkennt  hier 
eise  zweiteünng,  indem,  so  meint  er,  Lncr.  zuerst  darthue  (235  ff.), 
caelum  terramque  nativa  ä  morUma  esse^  während  erst  in  351 
—415  die  beweisftihmng  ad  toium  mundum  sich  beziehe  (s.  auch 
8. 46).  aber  der  hier  angenommene  gegensatz  ist  gar  nicht  vorhan- 
den: eadiim  ierraque  ist  offenbar  nur  ein  anderer  ausdruck  für  Mtis 
mmidM\  ▼.  235 — 46  zei^n  dies  deutlich :  denn  wie  hier  maxima 
mtidi  membra  aepartis  243  nichts  anderes  bedeutet  als  die  in  235  ff. 
sn%siählte]i  elemente,  so  ist  eadum  terraque  245  —  amma  mundus 
339.  wir  haben  also  in  235  ff.  und  351  ff.  nur  verschiedene  beweise 
Ar  dieselbe  sache.  ganz  richtig  ist  dagegen  Gii.s  weitere  behaup- 
toBg,  daaz  in  825  ff.  QraOerea  8%  nuBa  fuU  gemtäUs  crigo  terrofum 
d  codi  aemperque  aetema  fuere)  ein  beweis  e  contrario  enthalten  sei, 
mithin  der  directe  beweis  fttr  denselben  sats  voraufgegangen  sein 
nttsse.  aber  er  irrt  wieder,  wenn  er  weiter  argumentiert:  da  in  318 
--23  der  beweis  fttr  (Mrnn)  eadum  steht,  musz  der  dichter  ihn  im 
Torhexgehenden  ftbr  (toto)  terra  geflihrt  haben;  dieser  erwartung 
entspricht  aber  der  inhalt  von  247—317  nicht,  irrig  ist  hier  die 
leheidang  von  cadum  undierrti,  da  eadum  terraque^  wie  wir  gesehen, 
viehndir  einen  einzigen  begriff  bilden,  sollte  der  in  235 — 46  nur 
km  angedeutete  beweis  des  satzes  cadum  terramque  naüva  d  mar- 
Uüia  ose,  überhaupt  weiter  ausgeführt  werden,  so  konnte  das  nur  in 
dir  weise  geschehen,  dasz  von  den  einzelnen  membra  oder  partes 
mmdij  dh.  nach  235  ff.  den  vier  elementen,  die  natwitae  d  martaUtas 
Bidigewiesen  ward,  und  das  geschieht  in  der  that  in  247 — 317. 
^  was  wollen  nun  v.  318—23?  rec  ist  der  ansieht,  dasz  das 
richtige  von  Kannengiesser  *de  Lucr.  Tersibus  transponendis'  (G5t- 
tingen  1878)  s.  31  ff  gefunden  ist,  welcher  jene  verse  auf  die  die 
erde  nmsehliessende  luft  besieht  und  darin  eine  andere  (ältere)  fas- 
snng  von  278 — 80  erkennt,   nach  isolierung  von  318*23  haben 

86* 


548    ThTohte:  ans.  t.  CGneifise  de  yers.  in  Lacretii  carmine  repetitu. 

247 — 317  inhaltlich  nichts  anstöaziges  mehr:  denn  sie  dienen  nor 
dazu,  das  in  335-~46  behauptete  aUgemeine  in  passender  w^  zu 
specialisieren.  aber  auch  diejenigen  gründe,  welche  Chi.  in  der  fonn 
der  einzelnen  beweisglieder  für  ihre  unechtheit  zu  finden  glaubt,  und 
nicht  stichhaltig,  wenn  er  zonäohst  261—72  deshalb  verdftektigt, 
weil  derselbe  gedanke  zum  teil  mit  denselben  worten,  zum  teil  beaaer 
ausgeführt  im  6n  buche  wiederkehre,  so  glauben  wir  auch  hier  nor 
an  den  unyollendeten  zustand  des  gedichts  erinnern  zu  mOssen  and 
halten  die  wörtliche  Wiederkehr  mehrerer  versa  im'6n  buche  um  so 
weniger  fdr  beweisend,  als  ja  VI  €08 — 38  als  ein  nicht  in  das  ganze 
verarbeitetes  stück  sich  deutlich  docnmentieren.  ferner  flUirt  Gn. 
sprachliche  gründe  an :  die  structur  des  satzes  264  ff.  sei  nicht  logisch, 
da  die  beiden  causalsfttze  grammatisch  nur  auf  265  bezogen  werden 
kOimten,  während  doch  seinem  Inhalt  nach  der  erste  ^iiod-satz  auf 
den  vorhergehenden  hauptsatz  zu  beziehen  sei.  aber  dergleichen  an* 
ebenheiten  des  stils  begegnen  wir  zu  zahlreich  bei  Lucr.,  um  daiaos 
die  unechtheit  folgern  zu  dürfen,  geradezu  irrtümlieh  ist  Qn.«  be- 
hauptungy  dasz  decursus  ctquarum  hier  *regen'  bedeute,  wihzend 
Lucr.  sonst  eine  andere  bedeutung  mit  dem  ausdruck  verbinde,  (ias 
gt^od  superest  endlich  ist  allerdings  unpassend  an  der  spitze  des  zwei- 
ten in  einer  Ifingem  reihe  von  beweisen,  aber  für  die  unechtheit  der 
verse  kann  es  nicht  beweisend  sein.  —  Auch  der  beweis  fllr  die  un- 
echtheit von  273 — 80  ist  On.  nicht  gelungen,  der  einaige  gr«md, 
der  auf  den  ersten  blick  beachtenswert  irs(dieint,  ist  der  dan  mttc 
iffUur  sonst  nur  *in  assumptione  syllogismi'  stehe,  nie  aber  als  Aber- 
gangspartikel  diene,  aber  dagegen  ist  zu  sagen,  dast  es  an  allen 
andern  stellen  an  der  spitze  des  satzes  und  verses  steht  und  diese 
andern  stellen  deshalb  für  die  unsere  nichts  beweisen  kOzmeiL  der 
anstosz  an  dem  Inhalt  der  verse  (Gn.  veigleicht  II 1105  ff.)  ist  ganz 
unbegründet  —  Auch  281 — 305  werden  dem  Lucr.  abgeq>roehen; 
aber  der  vf.  weisz  das  nur  so  zu  begründen:  weil  die  beiden  vorher 
besprochenen  stücke  vom  wasser  und  feuer  nicht  von  ihm  verfai>z: 
seien,  könne  es  auch  dieses  nicht  sein,  endlioh  untersucht  er  247 
— 60  auf  ihre  echtheit.  an  den  ersten  veraen  247—50  nimt  er  an- 
stosz, weil  hier  iUud  247  sich  'ad  certam  rem  quam  poeta  iau  teügit' 
beziehe,  während  es  an  allen  übrigen  stellen  in  tthnlioher  verbindong 
auf  etwas  vorher  noch  nicht  berührtes  hinweise,  aber  üUid  deutet 
einfach  hin  auf  etwas  folgendes^  hier  auf  quod ienram  aiqm  ignm 
tnortälia  sumpsi]  ob  von  dem  gegenständ  im  vorhergehenden  schon 
die  rede  gewesen  odsr  nicht,  ist  ohne  zweifei  ganz  indiffsruit  auch 
257 — 60  werden  von  6n.  angefochten,  die  behauptong  pro  pürt< 
«t4a,  qtiodcfimque  älid  augd^  reddiitMr^  sagt  er,  enthalte,  wenn  mao 
Lachmanns  erklflrung  von  reddiiur  »«  recreatur  aceeptiare,  neben  V 
322  f.  eine  uzirichtigkeit.  aber  Lucr.  behauptet  doch  an  der  «nen 
stelle  nur,  dasz  ein  ding,  welches  von  seinem  stoff  etwas  abgibt,  ua 
durch  eine  einbusze  in  seinem  bestände  erleide,  an  der  andMn,  dsfr/ 
die  erde  für  diejenigen  stoffteile,  welche  sie  zur  emtthrung  der  dinge 


ThTokte:  anz.  t.  CGodsBe  de  ven.  in  Lncretii  carmine  repetius.    549 

abgeben  mttsae,  anderweitig  ersatz  erhalte;  eine  nngereimtheit  liegt 
darih  nicht,  ebenso  wenig  künnen  wir  mit  Gn.  aapraäerea^  weil  es 
BMh  seiner  ganz  richtigen  bemerknng  nnr  behaaptungen,  welche 
sich  auf  denselben  gegenständ  beziehen,  yerknüpft,  etwas  anstöszi- 
ges  finden,  das  perire  rursusque  gigni  oder  Uban  et  recrescere^  wel- 
dies  Liier,  hier  von  der  erde  darthon  will,  bildet  nicht  zwei  getrennte, 
iofldeni  eine  einzige  behauptong,  nnd  es  steht  in  dem  belieben  des 
dichten,  ob  er  die  nun  beweise  dafür  beigebrachten  thatsacben  durch 
tmpraetena  verknüpfen  oder  ihr  yerhältnis  zu  einander  als  ein  ad- 
versatives auffassen  will,   so  mttssen  wir  auch  247 — 60  für  in  jeder 
boiehung  oorreot  erklftren.    wie  verfehlt  das  kritische  verfs^ren 
6a j  ist,  das  tritt  aber  noch  deutlicher  darin  zu  tage,  dasz  gerade 
nach  aussdheidung  der  von  ihm  als  unecht  bezeichneten  stttcke  eine 
buchst  mangelhafte  gliederung  nnd  ein  unklarer  gedankengang  sich 
benusstellt.   denn  wenn  er  s.  45  den  ganzen  ersten  teil  (235—350) 
der  ontersnöhung  über  die  whortäUtaa  mundi  in  dieser  weise  gliedert : 
'L  235 — 46  demonstratnr,  mazima  mundi  membra  cum  consumpta 
regignantnr,  seire  licere,  caeli  quoqoe  terraeque  fnisse  principiale 
aliqaod  tempus  dademque  fnturam.  II.  251 — 56.  306—23  demon- 
strätor,  et  terram  et  caelum  ea  natura  praedita  esse,  ut  mortalia  esse 
rideantor:  ao  prineipio  quidem  terram  (a  251 — 54,  h  255—56, 
6  306—17),  deinde  caelum  (318—23).  m.  beweis  e  contrario'  — 
»0  ven^gem  wir  nicht  einzusehen ,  wie  II  seinem  inhalt  nach  als 
eoiM'dinierter  beweis  neben  I  aufgeführt  werden  kann;  nnd  wie  wftre 
es  auch  denkbar,  dasz  der  dichter  diesen  zweiten  beweis  ohne  weitore 
YtrUadung  ebenso  wie  den  ersten  mit  einem  prmcipio  eingeführt 
liitte?  nur  darin  stimmen  wir  6n.  bei,  dasz  306 — 17  inhaltlich  zu 
dem  ersten,  auf  die  erde  bezüglichen  beweise  gehören,  und  dasz  mit 
9^  mperest  nicht  der  zweite  von  mehreren  beweisen  eingeleitet 
werden  kOnne.  aber  was  folgt  daraus?  wir  meinen,  nur  dieses,  dasz 
der  dichter  die  einzeln  verfaszten  stücke  seiner  beweisführung  nicht 
gehörig  geordnet  und  in  einander  verarbeitet  hat.  zu  weiteren  ioU 
gerungen  sijid  wir  angesichts  der  fthnlichen  beschafienheit  mancher 
ttd«ni  Partien  des  gedichts  nicht  befugt,   und  wie  w&re  es  ander« 
»eita  denkbar,  dasz  der  herausgeber,  wenn  er,  wie  On.  meint,  durch 
iaterpolation  den  dichter  hätte  verbessern  wollen,  offenbar  zusammen- 
gviifirigee  gewaltsam  von  einander  gerissen  und  ein  gnod  superest  in 
feUeihafter  weise  statt  an  letzter  an  zweiter  stelle  gesetzt  hfttte? 
die  art  der  vorhandenen  mftngel  ist  gerade  gegen  die  annähme  von 
iaierpol|ktion  und  für  die  ursprüngUohkeit  des  teztes  in  seiner  jetzi- 
gen gestali  beweisend. 

Wir  haben  gesehen,  dasz  die  von  On.  auf  den  herausgeber  zu- 
rückgeführten stellen  zum  teil  mit  unrecht  von  ihm  dem  dichter  ab- 
gesprochem  werden;  zum  teil  allerdings  scheinen  sie  spätem  ur- 
fepmngs  zu  sein,  aber  dasz  sie  dem  herausgeber  ihren  Ursprung  ver- 
«Isnken,  ist  durch  nichts  zu  beweisen,  ja  im  höchsten  grade  unwahr- 
scheinlich,   glücklicher  ist  6n.  wieder  im  dritten  teile  seiner  arbeiti 


550    ThTohte:  anz.  t.  CGneüse  de  vers.  in  Lucretii  carmine  repetitia. 

wo  er  die  Interpolationen  des  spfttem  grammatikers  behandelt^  dasz 
er  attcb  liier  zu  weit  geht  in  der  annähme  von  interpolation,  ist  oben 
angedeutet;  aber  von  vielen  stellen  weist  er  doch  scharfinnnig  mid 
schlagend  die  unechtheit  nach. 

Zunächst  werden  s.  48  ff.  für  die  Behauptung  Briegers  und  Neu- 
manns, dasz  n  1013 — 22  mit  benutzung  von  1 820.  685  von  emem 
interpolator  zusammengeflickt  seien,  neue  beweiskrftflage  grflnde  bu- 
gebracht.  sowol  wegen  des  absurden  inhalts  als  auch  aus  8prablilidie& 
grflnden  können  die  verse  nicht  von  Lucr.  verfaszt  sein,  all8p^^ 
chend  ist  die  Vermutung,  dasz  1020  ("»  726,  welcher  aber  nachOiL 
auch  vom  interpolator  henührt)  zu  1021  vom  'lector  philosophos' 
beigeschrieben  sei,  der  also  spftter  als  der  'interpolator  grammaticus^ 
gelebt  habe,  derselbe  interpolator ,  von  welchem  11  1013  £  her- 
rühren,  hat  nach  Gn.  11 688 — 99  interpoliert,  indem  er  dabei  aaszer 
den  genannten  stellen  des  In  buchs  auch  noch  11  336  (halb)  und 
337  wörtlich  verwendete,  es  ist  schon  von  Bruno  *bem.  zu  einigen 
stellen  des  Lucr.'  (Harburg  1872}  s.  5  bemerkt,  dasz  die  verse  an 
ihrer  stelle  --  denn  schon  686  f.  steht  die  583 — 85  entsprechende 
clausel  —  unertr&glich  sind,  aber  mehr  Wahrscheinlichkeit  als  dessen 
ansieht,  dasz  sie  ein  von  Lucr.  selbst  zusammenhanglos  verfasites 
stück  seien,  dürfte  On.s  annähme  einer  interpolation  haben,  für 
welche  viele  einzelne  gründe  sprechen,  gewagt  scheint  dagegen  des 
vf.  Vermutung,  dasz  auch  718  —  29  als  maohwerk  desselben  inter- 
polators  zu  betrachten  seien;  allerdings  dasz  723  f.  «>  336  f.  (non 
quo  muUa  parum  simüi  sint  praedUa  farma^  sed  gtUa  tum  vd^paria 
ammbus  omnia  constant)  hier  unecht  sind,  ist  wahrscheinlich;  sie 
stören  den  Zusammenhang,  auch  ist  es  richtig,  dasz  der  ganze  passns 
nicht  recht  an  die  voraufgehende  auseinandersetzung  {non  ommmo- 
dis  oaneäi  posse  omnia  700)  sich  fügt;  aber  liest  man  nur  mit  Ber- 
nays  (s.  Brieger  in  Bursians  Jahresbericht  1873  s.  1118)  in  v.  719 
legibus  hisce^  eadem  ratio  disterminai  omne,  so  verschwinden  die 
Schwierigkeiten,  welche  6n.  in  dem  einzelnen,  namentlich  in  726  f. 
findet,  insbesondere  können  wir  es  ihm  nicht  zugestehen,  dasz  neben 
den  motus  nicht  von  piae  gesprochen  werden  könne;  viae  sind  d^ 
je  nach  der  gestalt  und  zusanmienfügnng  der  primordia  verschieden 
gestalteten  canftle  oder  por^i  innerhalb  der  dinge,  bei  den  «0^ 
werde  aber  daran  erinnert,  dasz  ja  nach  Lucr.  auch  innerhalb  der 
festesten  körper  stete  bewegungen  der  urkörperchen  stattfinden  nnd 
dasz  die  art  dieser  bewegungen  von  der  figuration  jener  körpereben 
(ebenso  wie  auch  das  gewidit)  abhftngig  ist.*  718—29  steten  il£0 
zwar  isoliert  und  sind  mit  ihrer  Umgebung  nicht  in  den  richtigen 


*  dasz  es  oft  sehr  schwierig  sei  tu  scheiden  swisoheo  dem  'lector 
philoflopbuB*  und  dem  'interpolator  mmmaticoi*,  bemerkt  Gn.  ■«  (1 

*  wenn  Gn.  bei  dieser  gelegenheit  V  UO  —  H  726  ans  dem  ^^^ 
chen  gründe  für  unecht  erklärt,  so  vermögen  wir  ihm  auch  darin  oickt 
ca  folgon. 


ThTohie:  aDZ.  v.  CGneisse  de  vers.  in  Lucretii  carmine  repetitis.    551 

tiuammenbang  gebracht,  aber  an  ihrer  echtheit  zu  zweifeln  sind  wir 
nicbt  berechtigt.  —  Eine  vergleichnng  der  in  manigfaltiger  weise 
lieh  zusammensetzenden  nrkOrper  mit  den  bnchstaben  der  wOrter 
enthalten  wieder  I  907  — 14;  auch  diese  verse  schreibt  Gn.  ohne 
triftigen  gmnd  s.  56  dem  interpolator  zu;' desgleichen  die  bis  auf 
dtn  anfang  mit  908—10  gleichlautenden  817—19  nnd  11 760—62. 

Eine  zweite  serie  von  interpolationen  erkennt  der  vf.  in  11  749 
-56. 1 670—74.  in  519  f.  11 864,  deren  gemeinsame  quelle  1789  ff. 
sein  soll,  nur  dasz  11 864,  an  dem  auch  Neumann  anstosz  nimt,  hier 
sehr  verdftchUg  sei,  geben  wir  zu,  halten  aber  die  unechtheit  der 
flbrigen  stellen  nicht  fttr  erwiesen. 

Die  steUen  VI  68—66.  I  594—96. 1  76-77.  VI  90  f.  (66  f.) 
sollen  eine  dritte  reihe  unechter  Wiederholungen  bilden,  gut  wird 
Tom  ▼£  nachgewiesen,  dasz  die  erstgenannte,  aus  dem  prooemium 
T  entnommene  stelle  nicht  vom  dichter  selbst  herrühren  kOnne.  aber 
wenn  er  I  694 — 96  für  unecht  erklftrt  und  dabei  annimt,  der  inter- 
polator habe  das  non  597  in  nee  yerSndert,  können  wir  uns  nicht 
mit  ihm  einverstanden  erklären,  sachliche  Schwierigkeiten  sind  nicht 
Torhanden;  das  einzige  was  bedenken  erregen  könnte  ist  der  unge- 
wöhnliche Wechsel  der  tempore  in  dem  condicionalen  Satzgefüge, 
aber  da  die  oonsecutio  temp.  bei  Lucr.  so  mancherlei  eigentümliche 
encbeinungen  aufweist,  erscheint  es  uns  doch  bedenldich,  darauf 
bin  ein  soldies  urteil  zu  füllen,  was  den  dichter  zur  wähl  des  conj. 
pnes.  neben  dem  coig.  imperf.  possent  593  und  597  bestimmt  habe, 
liegt  nicht  fem,  und  auch  Schröter  *die  condicionalsfttze  des  Lucr.' 
(Weiel  1874)  s.  20  nimt  mit  recht  die  Überlieferung  in  schütz, 
ebenso  wenig  stimmen  wir  Gn.  in  bezug  auf  I  75  —  77  bei.  mit 
mehr  Wahrscheinlichkeit  werden  die  werte  guarum  apemm  ca%uas 
asw.  VI  56  f.  und  90  f.  («>  1 163  f.)  nicht  blosz  an  der  ersten,  son- 
dern auch  an  der  zweiten  stelle  yeräk&tigt. 

8.  69  wendet  endlich  der  vf.  sich  zu  denjenigen  versen,  welche 
nur  Einmal  wom  interpolator  wiederholt  sich  finden,  auch  hier  sind 
seine  bemerkungen  Ton  sehr  verschiedenem  werte,  wahrscheinlich 
aseht  er  dasz  interpoliert  sind :  11 163  f.  (—  IV  207  f.,  nur  mit  ab- 
»ältlicher  Knderung  von  fülmina  in  /ulgura)j  TV  216—29  (abge- 
sehen von  dem  ersten  verse  »«  VI  923 — 35 ;  neu  ist  hier  nur  der 
uehweis  der  unechtheit  Ar  216  f.),  V  1390—96  (1392—96  fast 
^  n  29 — 33  und  schon  von  Nenmann  ftür  interpoliert  erklftrt) ,  VT 
251^54  (>M  IV  170 — 73 ;  auszer  Neumann  hat  schon  BockemlUler, 
<ies8«n  ausgebe  On.  unbekannt  geblieben  zu  sein  scheint,  die  verse 
usgeschieden),  VI  383—86  (—  87—89),  endUch  V  210— 12  (auch 
hier  hat  schon  Bockemflller  die  unechtheit  erkannt),  auch  in  den 
Ton  Tiachmann  dem  *lector  philosophns'  zugeschriebenen  stellen  IV 
799->801  nnd  V  1315  erkennt  Gn.  nicht  ohne  Wahrscheinlichkeit 
absichtliche  Interpolation  und  weist  sie  daher  dem  grammaticus  zu. 
^  onerwieaen,  wenn  auch  die  möglichkeit  einer  interpolation  nicht 
ansgndilosaen  ist,  hftlt  rec.  die  unechtheit  von  V  419—31. 1 1080  f. 


552    ThTohte:  anz.  y.  CGneiese  de  yers.  in  Lucretii  carmine  repetitii. 

VI  228  f/;  bezüglich  der  stelle  Y  1326  möchte  er  sich  lieber  ftLr 
eine  doppelrecension  entscheiden;  I  915 — iO  scheint  ein  vom  dich- 
ter zusammenhanglos  verfaszter  passus  zu  sein,   unzweifelhaft  irrig 
aber  ist  des  yf.  ansieht  über  1 146 — 48.   indem  er  hier  nemlich  den 
yon  Brieger,  Stürenburg.ua.  mit  recht  behaupteten  engen  Zusammen- 
hang yon  h^nc  terrorem  146  (=  die  azi^st  yor  eimer  f ortdauer  nach 
dem  tode  und  jenseitigen  strafen,  woyon  y.  102 — 35  die  rede  war) 
mit  dem  yor  136  stehenden  flüschlich  leugnet,  nimt  er  an  dasz  136 
— 45  ganz  an  ihrem  platze  seien,  erklärt  nun  aber  146 — 48  («»  VI 
39 — 41)  für  int«rpolation;  erst  nach  ausscheidung  dieser  yerse,  be- 
hauptet  er,  fönde  das  cuius  149  in  carmine  143  sein  richtiges  be- 
ziehungswort;  aber  dasz  naturae  speeies  raiiogue  nicht  als  ^in  begrif 
gefaszt  werden  könne  (»=  rationelle  naturbetrachtung),  bewei&t  er 
nicht,   ganz  entschieden  müssen  wir  endlich  auch  On.8  ansieht  tlber 
I  548  widersprechen,  können  aber  unsere  abweichende  aufFassung 
hier  nur  in  kurzen  zflgen  andeuten.   6n.  bemerkt,  wenn  548  stehen 
bleibe,  so  yerfahre  der  dichter  in  d6r  weise,  dasz  er  zuerst  aus  der 
503 — 27  erhärteten  aölidiias  ierprimordia  ihre  aäemitas  (528—39), 
dann  aber  umgekehrt  (540  ff.)  aus  der  aeternüas  die  sciiäüas  folgere/ 
ein  so  incorrectes  beweisyerfah^en,  sagt  er  mit  recht,  könne  unmög- 
lich dem  Lucr.  zugetraut  werden,    unseres  erachtens  ist  aber  in 
Wirklichkeit  der  gang  der  beweisführung  ein  gajaz  anderer,   dasz  die 
ptimordia  aäerna  seien,  hat  nemlich  Lucr.  bei  feststellu&g  dessatzes 
nil  ad  nüum  im  ersten  hauptteil  des  buches  schon  zur  genüge  mit 
bewiesen  (man  beachte  besonders  y.  221.  236.  245).   die  dort  nach- 
gewiesene aeternüas  der  urkörper  wird  nun  im  zweiten  teil  (483  ff.)t 
in  welchem  es  sich  darum  handelt  darzuthun,  dasz  diejpriinordiacior- 
para  sölida  dh.  atome  seien,  nur  als  beweismittel  zu  hüfe  genommen, 
in  einer  ersten  dreigliedrigen  gruppe  503 — 27  wird  die  sdUdUas  dtr 
primordia  gefolgert  aus  dem  principiellen  gegensatz  der  beiden  Sub- 
stanzen der  materie  und  des  leeren  raumes;  mit  528  beginnt  eine 
zweite  gruppe  yon  beweisen,  welche  durch  den  gemeinsamen  grund- 
gedanken,  dasz  ohne  corpora  sölida  (atome)  die  existenz  der  dinge 
wie  sie  sind  keine  erklärung  finde,  ihre  einheit  erhält,  auch  die:»« 
gruppe  besteht  aus  drei  beweisen:  528 — 50.  565 — 76  huc  aectdity 
584— 98  (fewt^we;  551—64.  677—83  und  599— 634  sind,  wieeö 
sich  mit  ziemlicher  Sicherheit  beweisen  l&szt,  später  yerfaazte  stflcke, 
welche  mit  jenen  drei  den  ursprünglichen  bestand  bildenden  be  weiten 
nicht  zu  einer  einheit  yerarbeitet  sind,    wie  nun  alle  beweise  der 
beiden  gruppen  in  den  schluszgedanken  auslaufen:  es  gihi  ccrpora 
sölida j  oder:  die  primordia  sind  sölida  (atom^),  so  auch  der  beweis 


•  in  bezag  snf  IV  269-91  (280  f.  «=  246  f.),  wo  er  laeh  inUr> 
polation  vermutet,  gelangt  On.  (s.  SO)  selbst  in  keinem  beitimmt^o 
resnUftt.  '  dasz  dies  der  gang  der  beweisführung  sei,  bat  man  wirk- 
lich behauptet  und  darin  nichts  anstösziges  gefunden;  so  ua.  BioHsei! 
^Donnulla  ad  Lucr.  I.  II'  (Halle  1866)  s.  23,  'noannlla  ad  Lncr.  doonnU 
infiuitate  doctrioam'  (programm  Ton  £8chwege  1870)  ••  1. 


JNOtt:  beriobtigangen  und  nachtrag.  563 

528—50,  an  dessen  schlusz  wir  das  sufU  igitur  sölida  primcrdia 
tmfUcUate  gar  nicht  entbehren  Unnen.'  die  ganze  beweisfUhmng 
ist  klar  and  eorrect,  sobald  man  nur  528 — 50  als  einen  einzigen  be- 
weis aoffaszt,  dessen  clausel  v.  548 — 50  bilden  nnd  welcher  so  zu 
gliedern  ist; 
tnk  pitmiaee:  nur  corpora  soUda  Unnen  nnvergänglich,  adema^ 

sein  628—38. 
zweite  prftnisse:  ^Bfrimordia  sind  adema  540—47. 
BcUogz:  äMpnmordia  sind  eorpora  tcHda  (atome). 

Bee.  bat  in  wielan  pnncten  dem  wf.  widersprechen  müssen;  um 
fio  mehr  fühlt  er  sich  gedmngen  zum  schlusz  es  ausdrücklich  her- 
roiuheben,  dasz  er  dennoch  in  der  vorliegenden  arbeit  eine  der  her- 
vomgendsten  leistongen  auf  dem  gebiete  der  neuesten  Lucrezkritik 
erkennt,  aber  wiele  schwierige  stellen  hat  der  vf.  durch  hervor- 
üekiug  bisher  nicht  beachteter  momante  ein  neues  licht  werbreitet, 
und  Mch  da  wo  er  irrt  wird  seine  arbeit  nicht  verfehlen  anregend 
ro  wirken  und  zur  erkenntnis  des  richtigen  beizutragen. 

'  nmi  M  'existieren'  zu  fassen,  wie  On.  will,  ist  kein  zwingender 
pud  TorhaDden. 

LsBK.  Theodor  Tohtb. 


(66.) 
BEBICHTI6UNGEN  UND  NACHTRAG. 


In  meinem  abwehrartikel  gegen  hm.  Leo  Ziegler  oben  s.  425  ff. 
sind ivei  grM)jere  druckfehler  zu  verbessern,  nemUch  s.  429,  4,  wo 
'^  *t  Adimani  14, 2 '  einzusetzen  ist :  'dagegen  ist  der  text  nach  der 
^9^ta  geftndert' ;  s.  432,  28  sind  nach  'negierung*  die  werte  *der 
^titit'  (von  BC)  ausgefallen,  noch  bedauerlicher  ist  der  ausfall 
*i&tf  wesentlichen  note  zu  s.  427,  wo  nachzutragen  ist,  dasz  in  dem 
voB  Z.  zu  dem  ao  maszlosen  angriff  ausgabenieten  sats  meiner  recen- 
>ioB  8.  201  'darum  begegnet  man  in  B  nicht  wenigen  grädsmen, 
gnamatischen  und  l^xictdischen,  zum  teil  der  gröbsten  art,  die  in 
Ctfblai*  nach  'zum  teil'  das  wort  ^grttcismen'  ausgefallen  ist  und 
dagi  demg^m&sz  von  mir  der  relativsatz  auf  das  letzte  glied  ('grftcis* 
Ml  der  gröbsten  art*)  besiegen  worden  ist.  ich  hatte  dabei  die 
»teBea  Heb.  6,  9.  10,  2. 1  Cor.  6»  2  im  äuge,  sdilieszlich  berichtige 
^  ni  s.  429  ein  misversUbidnis.  es  sind  dort  Frisingensis  und  text 
dei  Augustinus  mit  einander  verwechselt,  die  folge  davon  ist,  dasz 
die  ansieht  Z.8  verkehrt  wiedergegeben  und  eine  falsche  folgerung 
2<iogen  wonlen  ist.  im  ftbrigen  beharre  ich  bei  der  negation  der 
MiiXkiyonBa 

Grund  dieser  leidigen  errata  ist  zum  teil  die  hast  bei  ausarbei- 
ts&g  der  ohnehin  verspäteten  erklttrung,  zum  teil  der  drang  amt- 
'•^  geschftfte. 

ROTTWBIL.  JOBAKM  NxPOlfUK  OtT. 


554  GUngennann:  zu  Sallnitius. 

76, 

ZU  SALLUSTIÜS. 


lug.  14,  3  f.  atgue  ego,  p.  c,  quaniam  eo  miseriarum  vmtwrus 
eram,  veUem  potius  ob  mea  quam  ob  maiorum  meorum  benefieiapos- 
sem  a  vobis  aimlium  petere^  ac  maxume  deberi  mihi  benefida  a  po- 
ptdo  Romano^  quibus  non  egerem;  secundum  ea,  si  desideranda  erant, 
uti  debüis  uterer.  sed  quaniam  parum  tuia  per  se  ipsa  prchUas  est, 
neque  mihi  in  manu  fuU  lugurtha  quaUs  farä^  ad  vos  oonfugi,  p.  c, 
quibu8^  qiwd  mihi  mieerrumum  est^  cogor prius  oneri  quam  umn  tsst. 
EU  den  Worten  8ed  quoniam  nsw.  bemerkt  Jacobs :  *nach  der  Unter- 
brechung durch  den  Wunschsatz  t^eOem  .  .  uUrer  wird  der  an&ngs- 
gedanke  quoniam  eo  miaeria/rum  venturus  eram  wieder  aufgenom- 
men, jedoch  mit  der  verftnderung,  dasz  Adherbal  zugleich  sagt,  wie 
er  unschuldig  «n  seinem  unglück  sei.'  mit  dieser  bemerkung  hat 
Jacobs  einen  fUr  die  ermittlung  des  Zusammenhangs  der  gedanken 
an  dieser  stelle  sehr  beachtenswerten  wink  gegeben,  mit  wie  gutem 
gründe  er  den  Wunschsatz  veHem  .  .  uterer  iJs  einen  den  anfioigs* 
gedanken  quoniam  eo  miseriairum  venturus  eram  unterbrechenden 
satz  auffaszt,  erhellt  insbesondere  aus  einer  prttfung  des  durch  ru- 
sammenstellung  der  worte  ac  maxume  .  •  egerem  mit  dem  eingangs 
des  Satzes  atque  ego^  p,  c,  quoniam  eo  m.  v,  e.  sich  ergebenden  ge- 
dankens.  das  schiefe  der  worte,  welches  durch  zwischenstellusg  des 
ersten  gliedes  des  Wunschsatzes  vdUm .  •  petere  wol  weniger  empfon- 
den  werden  mag,  dadurch  aber  doch  nicht  beseitigt  wird,  driüigt 
sich  sofort  auf.  von  einem  non  egere  kann  bei  der  annähme  der  zu- 
sanmiengehörigkeit  des  Wunschsatzes  und  der  worte  quomam  eo  m. 
V.  e.  nicht  die  rede  sein,  sondern  lediglidi  von  einem  eifere,  man 
wende  nicht  ein,  dasz  Adherbal  vielleiäit  den  gedanken  daran  hsW 
wecken  wollen,  dasz  ihm  in  seiner  unglflcklidhen  läge  Selbsthilfe 
die  wünschenswerteste  sein  müsse,  ^e  ganze  stelle  schlieszt  die:^« 
auffiBLBSung  aus.  nicht  der  gedanke  an  die  in  seinem  ungltlck  im 
gegensatz  zu  fremder  hilfe  Tor  allem  ihm  etwa  wünschenswert  er- 
scheinende Selbsthilfe  läszt  den  Adherbal  die  worte  ac  manme . . 
non  egerem  sprechen,  sondern  es  ist  mit  diesen  Worten  angedeutet 
dasz  es  ihm  als  das  wünschenswerteste  h&tte  erscheinen  müssen,  nie- 
mals in  eine  so  schlimme  läge  zu  kommen,  dasz  er  die  Bömer  um 
hilfe  anzugehen  genütigt  wfire.  um  deshalb  die  worte  ac  maxuw 
. .  non  egerem  logisch  aufrecht  halten  zu  können,  mtt8S|en  wir  sie  von 
dem  eingange  des  Satzes  losldsen.  dann  erst  ist  der  ansdrack  dei 
thats&ohUch  nicht  mehr  realisierbaren  Wunsches  des  Adherbal,  er 
möchte  der  durch  eigne  dienstleistungen  wol  verdienten  hilfe  der 
Römer  entrathen  können,  haltbar,  hiernach  erscheint  der  wnnscb- 
satz  ffeäem  . .  uUrer  als  eine  dem  mit  aique  ego  • .  ^MOfHOM  eo  m. 
V.  e.  eingeleiteten  und  mit  sed  quoniam  usw.  wieder  aa^enommenea 


Güngennanii:  za  Sailustias.  555 

haoptgedanken  inhaltlich  untergeordnete  parenthese.  um  dem  mit- 
hin Torhandenen  engen  zusammenhange  des  in  §  3  und  4  gesagten 
udi  in  der  interpunotion  gerecht  zu  werden,  empfiehlt  es  sich  nach 
¥knr  statt  des  herkömmlichen  punctum  ein  Semikolon  zu  setzeü. 
fttsen  wir  nun  so  das  §  S  fl  uns  vorgeführte  als  ein  inhaltlich  eng 
nsammengehöriges  gedankengefttge  auf,  so  erhilt  weiteriiin  auch 
die  stelle  qmmam  parum  Maper  se  ipsa  prdbUas  est,  neque  mihi  in 
mam  fmt  lugurtha  quälia  foret  ihre  rechte  bedeutong  in  der  sonach 
locht  Tennittelten  zurflckbeziehung  derselben  auf  die  §  2  angeftlhr- 
tes  Worte  giioe  ewm  praeoepta  paremtia  mei  agitarem^  lugurÜMj  hämo 
mmm  quos  terra  mttiinä  soderaHaswnus^  cantempto  in^perio  vastro 
Matimstae  me  mpoiem  et  iam  ab  stirpe  soäum  atque  amieum  papuU 
Rm(mrefftu>  finrtumeqiieinMnlnuea^pu^  die  |>roMta«  des  Adherbal 
llBzt  die  beachtnng  der  Vorschriften  des  vaters  ak  eine  mehr  aus 
sittGefaem  beweggrunde  denn  aus  nützlichkeitsrficksichten  hervor- 
gegiBgene  erscheinen,  wBhrend  die  worte  neque  mihi  in  manu  fuU 
hfmika  guaHa  foret  in  ihrer  rttckbeziehung  auf  lugurthay  homo 
mmm . .  espuHt  die  sittliche  Verurteilung  des  ruchlosen  verfahrene 
des  Joguriha  enthalten,  zwischen  dessen  in  seinem  wesen  begründeter 
MproMto  und  der  dem  Adherbal  eignen  probitas  eine  Vermittlung 
tticht  möglich  war. 

ebd.  §  11  eeoe  aulem  ex  inproviso  lugwrtha^  intcieranda  audaeia 
Mkn  at^  euperbia  sese  eeferens^  firatre  meo  aique  eodempropinquo 
MO  itderfeeto  usw.  die  art  der  Zugehörigkeit  der  worte  wUöleranda 
9ftdada  icetere  atque  euperbia  zu  sese  eeferens  kann  eine  verschiedene 
sein,  diebgg.  bemerken,  so  viel  ich  sehe,  nach  dieser  seite  hin  nichts* 
die  xonlehst  sich  bietende  auffassung,  die  auch  nach  der  dieser  stelle 
gegebenen  Übersetzung  und  insbesondere  wenn  man  das  argumen- 
tum ex  silentio  anziehen  darf,  die  allgemeinere  zu  sein  scheint,  wftre 
<^t  diaz  alle  drei  glieder  inkieranda  audada  —  scelere  —  superbia 
eJBiabi  ^ichmSazig  mit  sese  eeferens  zu  verbinden  seien,  zulässig 
ist  diese  erklftrung  allerdings,  dasz  dabei  scdere  als  abstractum  in 
derbedeutung  *ruchlosigkeit,  frevelmut'  zu  fisssen  sei,  wozu  die  rück- 
et iof  audaeia  und  superbia  auffordert,  hat  nach  analogie  anderer 
iteflen  nichts  bedenkliches :  vgl.  lug.  33,  2  quorum  potentia  a/ut  sce- 
^  emioto  ea  gesseral^  ebd.  IM,  4  postguam  errasse  regem  et  lugur- 
(te  scdere  lapsum  deprecati  suni^  qp,  MUhr.  10  sceleris  eorum  haud 
V^enm^  atgue  verwendet  Sali,  auch  sonst  in  der  weise,  dasz  er  da- 
i|it  bei  drei  ooordinierten  gliedern  das  dritte  mit  dem  zweiten  ver- 
ladet, wihrend  dieses  asyndetisch  zum  ersten  gliede  gestellt  ist, 
vQagleich  nicht  unerwfthnt  bleiben  soll,  dasz  dieser  gebrauch  des 
^^  ein  verhaltnismftszig  seltener  ist  die  einschlftgigen  beispiele 
kiSslL  sind,  abgesehen  von  unserer  stelle,  folgende:  lug.  11,  8 
*«  ä  mäu  amoius  moiiri  parare  atque  ea  modo  cum  animo  habere^ 
f^  usw.  ebd.  14, 17  nunc  vero  exul  patria  domo^  sdlus  atque 
*^t(M  tofiestonifii  remm  egens^  64,  1  virius  gloria  atque  aUa  op- 
^^^  (oMtf ,  85,  45  avarüiam  inperOiam  atque  superbiam^  96,  3  in 


556  Güngermann:  zu  Sallustiad. 

operibus  in  agmine  aigue  ad  vigüias.^  demnaeh  wird  die  snlfts&ig- 
keit  der  angeftkhrtan  erklärimg  der  w<Hrte  imtoleranda  emdaeia  soeUn 
atque  »uperbia  seae  ecferma  wol  eingeräumt  werden  keinen ;  indes  in 
Cöncinnität  gewinnt  die  stelle  ganz  gewie,  wenn  wir  sodert  äqw 
syperbia  als  hoidiadjs  dem  intderanda  audaeia  parallel  steUea.  in 
scdere  atque  auperbia  ein  bendiadys  tu  erkennen,  wird  nas  beson- 
ders dadurch  dasz  audada  durch  das  attnbut  inMermmda  Tenttrkt 
erscheint,  nahe  gelegt  (vgl.  Draegw  hist.  syntax  11  s.  19).  bei 
dieser  auf&ssung,  wonach  soelere  atque  st^perbia  dem  uMeranda 
audada  gleichwertig  ist,  ergibt  sieh  eine  recht  geftllige  proportioii 
der  glieder,  wie  sie  uns  die  erst-angeftlhrte  erklärang  nicht  bietet, 
zu  übersetzen  wttre  hiernach:  *aber  sieh  da,  unTeraeheas  erbeb: 
sich  Jugurtha  in  unertrilglicher  frechheit.und  frevelhaftem  ftbermnt« 
tötet'  usw. 

ebd.  §  16  M  oiMfMa,  quae  out  ami$i  aut  ex  neoeßsarüs  aSrnfsa 
facta  9umt^  inecUtmia  manerent^  tarnen^  si  quid  e»  mprovieo  mak  oc- 
ddisset^  vaa  iuplararem^  p.  c  usw.  dasz  man  vor  aui  ets  neoeuarhi 
ans  dem  vorhergehenden  aocusativ  quae  den  nominativ  quae  so  er- 
ganzen  und  den  Worten  ex  neoeseariia  advarea  facta  sunt  eine  wesest- 
Hoh  persdnliche  beziehung  zu  geben  habe,  ist  Iftngst  bemerkt  wur- 
den; auch  auf  lug.  13,  6  quaecumque  po88i$U  largirnndo  panrt  v 
cunctenUir  als  parallelsteUe  für  die  anwendung  des  neutmm  pli^r 
bei  SalL  in  persönlichem  bezuge  hingewiesen  worden,  vreniger  los- 
gemacht scheint,  ob  neben  Jugurtha,  an  den  hier  zunftchat  zu  denkea 
ist ,  auch  noch  andere  personen  in  betracht  konunen,  und  für  diesen 
fall,  welche  personen  gemeint  seien.  Jacobs  denkt  nach  seinem  blc- 


'  Jug,  4,  8  (praetura  et  eonsukUu»  atqua  aluL  amnia  kMbuetmoäi'  i»' 
wegen  der  Verbindung  der  beiden  ersten  glieder  durch  et  fQr  anserrc 
fall  nicht  zutreffend,  ebensowenig  or,  Lep,  26  (nomini  mmomm  diyit  : 
atque  etiam  praesieUo)  mLegen  des  dem  atque  beigeffigten  eOam^  oi-^a 
weniger  zutreffend,  wenn  statt  des  tiberlieferten  dAtivs  digtdiati  - 
praesidio  (Y  praedio)  nach  Madvig  mit  Jacobe,  Wirs  und  Jordu  i'^ 
genitiv  za  setzen  ist  aoch  paeet  anf  unsere  stelle  nicht  Imq.  29 •  f 
{elephanti  trtginta^  pecue  atque  eqtti  multi  cum  parvo  argenii  ponäere),  «^''> 
hier  ein  viertes  glied  dureb  cum  angeknüpft  tat.  luq,  14,  7  (rer  pe«" 
fama  atque  eopiU  potent)  empfiehlt  es  sich  nur  fama  mique  eopät  v^a 
potens  abhängen  au  lassen  und  genere  eng  mit  re»  au  verbts^^  '° 
dem  sinne,  dasz  Adherbal  sich  als  thronerben  von  gehurt  dem  n<ir 
durch  adoption  zur  königlichen  würde  erhobenen  Jugurtha  habeg«^-''' 
über  stellen  wollen,  lug,  14,  26  {per  oo«,  per  H^roe  mtfue  perff* 
vastroSf  per  tnaieetatem  populi  Rouiam)  bildet  per  likeroe  tdqm  pernio  * 
voetros,  wie  schon  das  einmalige  per  andeutet,  das  mittlere  voa  tlf«> 
asyndetisch  zusammengestellten  gliedern,  und  diese  stelle  lässt  sich  \  •' 
keinen  fall,  wie  Dietsch  es  will  (im  index  u.  atgue:  «'tertium  per  a/^-' 
adiunctum")  als  beispiel  einer  Verwendung  des  otque  sur  ankttopfafi: 
eines  dritten  gliedes  anfahren,  dasselbe  gilt  von  lug,  M,  i  [tagest'' 
tnobiU,  sedUioMum  atque  äiseordio^um  erat,  cupidum  nooarum  rerum*  f*'<"' 
et  otio  advorium)^  indem  hier  discordioium  nicht  als  ein  drittel  fli"- 
aufzufassen  ist,  sondern  zusammen  mit  teditioaum  das  zweite  too  tu: 
gliedern  bildet,  dieser  auffassung  entspricht  es  nach  ingenh  aoMlf,  •*'* 
weichend  von  Jordan,  ein  koamä  sn  setsen. 


Güngermann:  zq  SalluBtios.  557 

hmveii,  daaz  in  den  neatris  (neeeatariia  —  adoorsa)  die  person  (Ja- 
gnrÜM)  mit  eingesohlossen  und  faauptsftelilieh-  gemeint  sei,  soweit  er 
dtt  Worten  eine  persönliche  bezidiiing  geben  will,  lediglich  an  Ju- 
gurthti  Kriti"  deuinng  lautet  anf  'lugurtha  aliiqne,  qni  mihi  (i.  e« 
Adhirbali)  proximi'  (in  der  ausg.  von  1834  ^proximi  et  oognati'). 
iek  ghabe  die  saehe  Iftsxt  sich  weit  genauer  bestimmen,  au  anfang 
des  Torhergehenden  oap.  heiezt  es:  oäerum  fama  tamii  facmoria per 
mmm  Afrieam  brevi  dwolgaiar.  Adherhakm  ommaque^  gm  suh  im- 
fmo  Kdipsae  fuerani^  maus  invadU»  in  duas  partis  dUsoed/wni  Nu- 
M«Iae;  ftmres  Adkerbci/em  secuniuTy  sed  üXum  aUerum  heüo  nuiUares. 
ifihtr  luguftha  quam  maxumas  pciest  capias  armat,  urhis  partim 
noliw  ffohmtaie  impmo  suo  admngä^  immi  Numidiae  imperare  parat. 
iollte  mit  rttcksicht  auf  diese  stelle  nicht  anzunehmen  sein,  dasz 
Adberbal  mit  den  werten  ex  necessarüs  advorsa  faäa  sunt  neben 
Jogvtha  alle  diejenigen  habe  treffen  wollen,  die  nach  der  ermor- 
dnsg  seines  bmders  ihm  abtrttnnig  wurden  und  aus  freien  stücken 
ücb  dsm  Jngortha  anschlössen  (. .  sed  «Bum  aUerum  [luffurüiam] 
Ufe  mdiorei  [seemiim]  . .  aliaß  [urbis]  vcüuniate  imperio  suo  adimt^ 
pi)^  M  wOrde  auch  die  neutrale  wendnng  in  ihrer  beziehung  auf 
/ii^Mrite,  Mb  mdiarea^  urbea  an  epraehlkher  geltung  gewismen. 

Cat.  58,  36  CaiHima  cum  exeroUu  faueihus  urget^  dln  intramoe- 
«is  otfM  IN  sJMM  ^urbia  sunt  hostes.  eine  viel  besprochene  stelle,  be- 
tn6  des  Ton  allen  hss.  ausser  V  ftberlieferlen  urbis  bleibt  meines 
«nchtena  die  ansieht  die  richtige,  wonach  wir  es  hier  mit  einem 
»plUrn  zQsati  zu  thun  haben,  yeranlaszt  kann  derselbe  sein  durch 
die  umiditige  deutung  der  worte  in  mu,  die  als  genauere  bildliche 
fixiening  des  intra  moenia  aufgetezt  werden  mochten,  mit  urbis 
fUlt  uKh  atque^  welches  bei  der  einmal  angenommenen  schiefen  be- 
nehoag  der  worte  in  sinu  zur  Verbindung  des  in  sinu  urbis  mit 

*  bei  Bieter  gelegtnheit  verfehlt  ich  aieht  die  nach  massgabe  der 
■'»iTtbe  Ton  Kriti  ans  dem  j.  1866,  die  ich  seiner  seit  leider  nicht  eiqge- 
M^obtbe,  in  meinen  ^bemerknngen  cu  SaHast'  (Rheinbuch  1878)  als 
*i«bc  ntreffend  sieh  erweisvnifen  abgaben  Krits'scher  amiehten  cu  be- 
'icMfeiL  Cai.  8,  6  interpreliert  Kr.,  copia  in  dem  sinne  Ton  facultas 
^v  poiuiai  fassend y  ea  eopia  als  'eins  re&  (sc.  scriptoram  magni  in- 
(«oii)  copia*;  ebd.  89,  2  kehrt  Kr.  sn  der  überlieferten  lesart  eeteros' 
fM  mdieUs  tertere,  quo  pJebem  in  magistratu  pHacidtut  iraetarent  cnrück 
^  bcoerkt  sn  ceterosquei  'i.  e.  et  aüos  omnes,  qni  non  soae  factiotlis 
***eii,  ao  plebem  contra  ipsos  ezagiiare  oonarentnr'  nnd  sn  qu»  plebsm 
'tr§eiareiUi  *u  e.  hoc  eo  censilio  faciebani,  ut  hi  •/«rWfi,  si  qnando 
c^^iIrBtQin,  L  e.  tribnnatnm,  adepti  essent,  plebem  non  in  ipsoa  ex- 
'iUreiit,  ted  eam  plaoidias,  1.  e.  placidiore  in  optimales  anlmo,  tracta- 
'^t*;  Jug.  a;  1  tebreibt  Krits:  neqvs  (Ui^  quibu»  per  fraudem  vis  /V/tf, 
^'^  tuH  aai  so  magis  honssU  sutä^  and  bemerkt  an  ksnss:  'non  per  se 
▼uet  magitiratum^  sed  in  nnlTersum  capiendom  de  dignitüU^  qna«  egre- 
»"ui  riris  Tel  moneribns  gerendis  rel  re  pnbliea  strenue  iaranda  addi- 
^v*  oad  IQ  vis  fkii:  'qnemadmodom  trirtuti,  i.  e.  probis,  opponnntar  ifH 
ff  per  fraudem  nUuntur,  ita  Aoiiorf,  i.  e.  legitimo  rirtotis  praemio,  oppo- 
>itv  fit,  i.  e.  SQmmnm  ciritatis  arbitrinm,  et  qnidem  malis  artibns  et 
^^tr«  teges  partum  armisqne  sostentatam.' 


558       WSchwarts:  noch  einmal  Zeas  als  wolkenvenchlinger. 

intramoenia  in  den  text  aufgenommen  wozde.  die  sielle  wire  dem- 
nach zu  lesen :  CaiiUna  cum  exercitu  fa%uib%i$  urget^  aUi  Mm  moma 
in  sinu  smü  hostes  ('Caülina  rttckt  uns  mit  dem  beer  an  die  keble^ 
andere  feinde  sitzen  innerhalb  der  stadt  uns  am  busen').  die  worte 
intra  moema^  die  Hertz  verurteilt  (Pbilol.  Xu  s«  378),  bilden  mit 
in  sinu  sunt  den  gegensatz  zu  cum  exercitu  faudbus  «f^,  und  and 
als  wesentlicbes  glied  dieses  gegensatzes  unentbehrlich. 

MÜNBTSREIFEL.  GüSTAY  ÜNGBBIU2I1I. 


NOCH  EINMAL  ZEUS  ALS  W0LKENVER8CHL1NGER. 


Als  die  miscelle  vom  'wolkenverschlingenden'  Kronosund  Zecs 
(oben  s.  314  ff.)  gedruckt  vor  mir  lag,  kam  mir  zuftUig  Goethes 
Iphigenie  in  die  hfinde.  aufs  hOchste  überrascht  war  ich,  ids  ich  hier 
eine  stelle  fand,  wo  speciell  die  der  Semeleeage  zu  gründe  liegende 
form  des  betr.  mjthos  von  Ooethe  im  dement  annShemd  gleichsam 
repaoduciert  wird,  bekanntlich  wurde  die  Monnerbrauf  Bernde,  wie 
sie  Pindar  nennt,  ab  ihr  Zeus  im  gewittersturm  YerlaBgenJ 
naht,  verzehrt  (i^qKXvicOr)).   nun  Iftszt  (Goethe  den  Orest  sagen: 

ihr  g5tter,  die  mit  flammender  gewalt 
ihr  schwere  wölken  aufcusehren  wandelt, 
und  gnSdig^  ernst  den  lang*  ersehnten  regen 
mit  donnerstimmen  nnd  mit  windesbransen 
in  wilden  strömen  aaf  die  erde  schüttet  — . 

was  hier  den  gittern  im  allgemeinen  mehr  absiract  beigelegt  wird, 
faszte  der  Orieche  in  der  urzeit  'realiter*,  die  gravida  mä>es  war 
vom  (flammenden)  gewittersturm  yerzehrt  und  nur  das  neogtr- 
borene  sonnenkind  dem  feurigen  Ursprung  rettend  entzogen 
worden,  wenn  so  der  Semelemythos  nach  der  seite  des  Ter- 
schlungenwerdens  sich  noch  recht  charakteristisch  dem  mjtho? 
von  der  Metis  usw.  anschlieszt,  so  tritt  Dionysos  selbst  ins  obigen 
sinne  in  eine  ursprüngliche  analogie  zu  dem  dem  (blitz-)feaer 
entrissenen  neugeborenen  wesen,  dem  Asklepios  (dessen mnttcr 
auch  im  feuer  verzehrt  wird),  dem  Triptolemoe,  Achilleos,  sowie 
dem  römischen  Caeculus  und  Servins  TuUins,  von  denen  ich  schio 
in  diesem  sinne  im  ^Ursprung  der  stamm-  und  grOndungssage  Bon:?* 
(Jena  1878)  s.  27  und  87  gehandelt  habe,  das  betr.  mjthkche  ele 
ment  tritt  nemlich  nicht  blosz  in  göttersagen  auf »  sonism  ist  a«^- 
in  heroen-  und  stammsagen  haften  geblieben. 

POSBN.  WlLHBLM  SCHWABTZ. 


FOtto:  aai.  t.  ATCohsaBen  u.LJacobi  üb.  d.  BömercaBtell  Saalbnrg.  559 

77. 

DAS  XÖMERCABTELL  BAALBUBO.  VON  A.  VON  COHAUBEN,  OBERST 
Z.  D.  UND  CONBSBYATOR,  Uin>  L.  JAOOBI,  BAUMEISTER.  AUS- 
ZUG AUS  DEM  UMTER  DER  PRESSE  BEFINDLICHEN  ORÖBZBRN  WERK 
DBRBELBSN  TERFASSSR.    MIT  EINER  MÜNZTAFBL  UND  ZWEI  PLInEN. 

Hombarg  ▼.  d.  Hohe,  im  yerlag  der  Fr.  FrannholaBcben  buchband- 
long  (L  8taadi).    187S.   80  b.   roy.  8. 

Die  Saalbnrg  bei  Homburg  vor  der  HObe  ist  einer  der  wenigen 
noch  jetzt  ans  der  erde  bervorragenden  reste  römischer  baawerke 
i&f  dem  rechten  nfer  des  Mittetarbeins.  wShrend  fast  alle  andern  baa- 
werke ond  anlagen  der  BOmer  in  diesen  gegenden  entweder  spurlos 
Tenehwunden  sind  oder  nur  onterder  erde,  Ton  anszen  nicht  immer 
oder  nicht  leicht  erkennbare,  meist  znfUlig  aufgefundene  oder  zu 
tige  tretende  reste  hinterlassen  haben,  ragen  die  Umfassungsmauern 
der  Ssalbnrg  so  bedeutend  über  den  boden  hervor  und  ist  auch  an- 
deres manerwerk  zum  teil  so  gut  erhalten,  dasz  um&ng  und  anläge 
uw.  genau  verfolgt  und  verstanden  und  auch  dem  laien  ohne  mühe 
Bilier  gebracht  werden  kann,  sie  ist  daher  in  unserer  zeit  gegen- 
staad  des  steigenden  interesses  geworden,  zu  yerwundem  und  zu 
bedauem  ist  ee,  dasz  sie  so  lange  zeit  hindurch  unbeachtet  geblieben, 
js  der  Zerstörung  preisgegeben  war,  indem  man  die  steine  des 
eietellB  zu  aufflihrung  von  bauwerken  und  straszenanlagen  verwen- 
dete, erst  das  achtzehnte  jh.  schenkte  ihr  mehr  aufimerksamkeit 
(1780  erste  beschreibung  derselben  von  EL  Neuhof),  und  das  neun- 
Mkats  jh.  suchte  sie  sowol  Tor  weiterer  zerstOrung  zu  schützen  als 
vatk  dwoh  ansgrabungen,  aufnähme  und  beschreibung  Wissenschaft- 
Uch  saszubenittL  nadidem  im  j.  1818  der  landgraf  Friedrich  Lud- 
wig das  verbot,  fernerhin  steine  von  der  Saalburg  auszuftthren,  er- 
ItSNB  hatte,  Teranstaltete,  freilich  erst  ein  menschenalter  sp&ter, 
der  am  die  erforschung  der  vorzeit  hochverdiente  FGHabel  vom 
j.  1855  an  die  ersten  regelrechten  Untersuchungen  und  ausgrabungen, 
Wdcr  ohne  die  ergebnisse  derselben  zusammenzustellen  und  zu  ver- 
^MhaÜieben;  nur  kurze  mitteilungen  über  dieselben  gab  (abgesehen 
7<tt  einigen  besprechungen  in  Zeitschriften)  Krieg  Ton  Hochfelden 
in  leiner  rnüitirarchitektur  1859.  im  j.  1871  endlich  erschien  die 
•dffifk  von  KBossel  'das  Pfalgraben-castell  Salburg'  (Wiesbaden, 
lelbetverlag),  welche  sich  zuerst  ausführlicher  über  die  geschichte, 
iBlage  usw.  der  Saalburg  verbreitet. 

Um  diese  zeit  hatten  auch  die  arbeiten  zur  erfaaltung  derselben 
begenaen,  mit  welchen  im  j.  1870  der  oberst  von  Cohausen  betraut 
vvde.  sehr  zu  statten  kam  allen  diesen  bestrebungen  das  erhöhte 
isteresse  an  jenen  ehrwürdigen  resten  der  Torzeit;  insbesondere  hat 
iQuer  erhabener  kaiser  im  laufe  des  jetzigen  decenniums  die  denk- 
wtodige  statte  mehrmals  besucht  und  reiche  geldmittel  zur  erbaltung 
des  castells  verwilligt  in  folge  der  dabei  gemachten  funde  ist 
Soesels  schrift  fast  veraltet;  auch  war  seine  absieht  nicht  auf  eine 


560  FOtto:  anz.  r.  AyCohausen  n.  Uacobi  üb.  d.  ROmercaatell  Saftlbnrg. 

erschöpfende  behandlong  gerichtet  es  ist  daher  ein  gltlcklicher  ge- 
danke  der  beiden  Verfasser  unserer  schrift,  welche  nadi  steUnug  und 
wissenschaftlichen  leistungen  mehr  als  jeder  andere  dazn  bOTifen 
sind,  nunmehr  eine  erschöpfende  wissenschaftliche  darstellimg  des 
castells  und  der  daselbst  gemachten  funde  zu  yeröffentUchgn;  wir 
nehmen  einstweilen  dankbar  den  vorliegenden  auszug  und  Torlinfer 
des  gröszem  werkes  entg^en,  welcher  das  vorhandene  material  in 
einer  fttr  das  gebildete  publicum  berechneten  answahl  und  d&r- 
Stellung  verarbeitet  hat 

Da  die  wiasensckaffcUohe  begrttndong  dem  grSszaii  walce  vo^ 
behalten  ist,  so  beschrasiken  wir  uns  hier  ebenfalla  nnd  geben  mr 
eine  kurze  Inhaltsangabe,  zuerst  wird  s»  1 — 5  die  geselddite  der 
Saalburg  von  der  ersten  grttndung  durch  Drusus  im  j.  11  vorCb. 
an  bis  zur  letzten  eroberung  durch  die  Oemanen  bald  nach  2(M) 
nach  Oh.  erztthlt  und  daran  ihre  allmfthlidie  wiedereatdeekung  in 
der  neuem  zeit  angefügt,  der  zweite  abschnitt  besohftftigt  sich  mi: 
dem  teile  des  Pfalgrabens,  welcher  hinter  ihr  vorflberzieht  und  mi: 
ihr  in  Verbindung  stand;  nachdem  sodann  s.  8  f.  die  in  der  nShe be- 
findlichen ringwälle*  und  die  Strassen  besprochen  worden  an^ 
(tafel  I  fig.  1  stellt  den  zng  des  Pfalgrabens,  Strassen,  hOhenTer- 
hältnisse  usw.  anschaulich  dar) ,  werden  wir  in  das  casteÜ  selbst  g^ 
führt,  das  eine  ausführliche  und  sachgemllsze  beechieibung  ant 
s.  10 — 14  und  bildliche  darstellnngen  auf  taM  I  fig.  2  und  3  sowie 
tafel  n  erfährt. 

Bei  dem  castell  war  eine  bttrgerliohe  niedeTiassimg,  von  der 
noch  vieles  mauerwerk  ua.  zeugnis  ablegt;  dieselbe  wird  s.  Ib—l^ 
erläutert;  zuletzt  folgen  die  gräber.  eine  bespareehimg  der  im  SaaJ- 
burgmuseum  zu  Homburg  vor  der  Höhe  aufbewahrten  fimdstOcke 
bildet  den  schlusz  des  büehleins,  s.  20 — 30;  zuerst  werden  die 
gröszem  und  verständlichem  Inschriften  und  büdwerke  vorgeAbrt 
(für  das  gröszere  werk  hat  hr.  prof.  dr.  JBeciker  in  Frankfurt  sc 
Main  die  gesamten  Inschriften  bearbeitet),  dann  die  ziegel,  glSser. 
eisen  werk,  bronze  und  die  münzen,  deren  zeitliche  verteQimg  ein 
sinnreich  angelegtes  täf  eichen  zur  anschanung  bringt,  du  von  selbst 
bedeutsame  folgerungen  zu  ziehen  auffordert,  wie  nicht  anders  zu 
erwarten,  bietet  dieser  letzte  abschnitt  über  die  techntk  deralt«n 
manche  feine  bemerkungen,  in  denen  wir  die  feder  des  hm.  Ton 
Cohausen  erkennen. 


*  eine  ausführliche  darstellang  aller  ringwäUe  de«  Tamf»  ^i-. 
hrn.  Oberst  von  Cohausen  bringt  demnächst  der  15e  band  der  sniul':! 
des  Vereins  für  nassauische  altertamskande  und  geschichtsforscboBg. 

Wiesbaden.  Fbibdbioh  Otto. 


WGebbardi:  zam  ersten  bache  Ton  Vergilios  Aeneii.         561 

78. 
ZUM  ERSTEN  BUCHE  VON  VERGILIUS  AENEIS. 


Unter  den  geschenken,  welche  Aeneas  I  647  ff.  der  karthagi- 
schen kOnigin  macht,  befinden  sich  zwei  weibliche  kleidmigsatttcke: 
eine  paäa  mit  schweren  goldetick^reien  und  ein  vdamen  mit  einer 
grurlande  von  aeanthnsblätten!,  beide  einst  im  besitz  d«r  Helena, 
femer  ein  scepter  das  Ili<me,  die  iüteste  tochter  des  Priamns,  ge- 
tragen, ein  Perlenhalsband  nnd  ein  kränz  aus  gold  and  edelgestein 
getfbeitei  wfihrend  also  bei  den  ersten  drei  geschenken  die  liieren 
bentzer  genau  namhaft  gemacht  werden,  eifahren  wir  nioht  woher 
oollier  und  kröne  stammen,  aber  weit  aaßallender  ist  es,  dasz  von 
einem  scepter  nicht  des  königs  Priamns,  sondern  seiner  ältesten 
tochter  Hione  erz&hlt  wird,  haben  denn  auch  Prinzessinnen  in  der 
kertMoseit  oder  auch  spftter  scepter  getragen?  nur  Servios  ver- 
sichert es:  äiam  feminae  ac&ptro  uMMmtur.  behanptong  ohne  be- 
weis, bei  Heyne- Wagner  sind  zwei  stellen  Eur.  Tro.  150  and  Statins 
Tkd>.  VI  81  als  beweismittel  herangezogen;  diese  und  keine  andere 
findet  man  dann  wieder  bei  Forbiger  und  Oossrau.  wenn  aber 
Hekabe  bei  Enripides  (147  ff.)  sagt:  ii&pBx}  'tui  fioXir&v  oi)  rdv 
avTov  olov  noT^  bf|  cict^irrpqj  ^pld^ou  bi€peibofi^va,  so  bestätigt 
sie  nur  dasz  das  scepter  eben  nicht  ihr  scepter  war,  ganz  abgesehen 
divon  dasz  oc^irrptp  hier  jedenfalls  in  metonymischem  sinne  zu 
nehown  ist:  'aignum  pro  se  signata.'  so  bleibt  nur  die  citierte 
StatioMtelle:  spes  amdael  quaa  non  in  nomm  eredinda  vestes  urffe- 
^  audio  cidhuque  inaignia  regni  purptireos  aa^ßtrumque  minus? 
cviicto  igmbua  atris  damnat  airox  suaque  ^»e  parens  gestamina 
/m,  n  damims  rabiänmn  queai  exsahirare  dolorem,  darttber  schreibt 
mir  mein  freund  Philipp  Kohlmann  in  Emden:  'zunächst  fehlen 
^e  Terse  in  der  besten  hs.  (P)  nnd  sind  auch  in  dem  Vertreter  der 
zweiten  dasse  (B)  erst  von  späterer  band  an  den  rand  geschrieben. 
^  vnlg.  apes  avidael  quas  non  in  nomen  creduda  vestes  usw. ,  bei 
^  maier  zu  credida  erst  ergänzt  werden  mtiste,  ist  von  Gronovius 
meiaer  ansieht  nach  richtig  verbessert  worden:  spes  avidi  {se.p(Uris)y 
9iuf  non,  in  nomen  credUla^  vestea  usw.  es  ist  im  zusammenhange 
nur  an  den  vater  zu  denken,  daher  crednäa  mit  epes  zu  vereinigen 
*v*  «m  nomen  credula  eo  respicit,  quod  vocabulum  filii  non  ab  in- 
ci{tt«&di  belli  Thebani  malis,  sed  a  superandis  fatis,  quibus  quasi 
^^^Buaaretur  (sc.  dpxrji  M^poc),  dictum  sibi  finxit  et  persuasit.» 
*^noviu8*  an  ein  weibliches  sceptrum  ist  also  nicht  zu  denken.'* 
^omit  ist  durch  kein  beispiel  von  den  Interpreten  dieser  Aeneisstelle 
^wiesen  worden,  dasz  frauen  scepter  trugen,  wer  ist  aber  diese 
Dione,  die  dieses  scepter  getragen  haben  soll?  die  ganze  griechische 

*  [schon    in   Otto   Müllers  ansgabe  (Leipzig  1870)  sind  s&mtliche 
<«af  Yene  79--8S  als  interpoliert  beceichnetj 

Jahrbkcbcr  fftr  eiw«.  philol.  1879  hft.  8.  36 


ß62         WGebhardi:  zum  ersten  buche  von  Vergiliua  Aeneii. 

litterator  schweigt  'über  diese  maxma  naiarum  Priami.  nach  einer 
griechischen  vorläge  dichtete  Pacayius  eine  IKonay  die  in  Ciceroä 
(vgl.  Tu8C.  I  44,  106)  und  des  Horatius  (vgl.  sat.  U  3,  61)  zeitco 
sehr  bekannt  gewesen  sein  musz  (OBibbeck  rGm.  tragödie  s.  333  £). 
erst  Hyginos  weisz  uns  etwas  von  ihr  zu  erzählen:  sie  soll  diegftttin' 
des  Polymestor  gewesen  sein,  welcher  nach  Äen»  m  49  den  Uim  an- 
vertrauten Schwager  Polydoms  ermordete,  in  Troja  kann  diese  Uione 
kein  scepter  gehabt  haben,  als  gattin  des  thracischen  königsmagse 
im  besitz  eines  solchen  gewesen  sein,  wie  aber  Aeneaa  in  den  besiü 
dieses  soepters  gekommen  sein  soll ,  ist  sohlechtexdings  nicht  oma- 
sehen,  da  im  dritten  buche  von  einer  Zusammenkunft  mit  Polymestor 
oder  Öione,  oder  auch  nur  von  der  ezistenz  derselben  zu  der  zeit,  al« 
er  an  der  thracischen  kttste  landete,  keine  rede  ist.  Weidner  oon* 
struiert  sich  eine  geschichte,  die  voUstttndig  grundlos  ist.  er  hat  es 
erfahren,  dasz  *da  Ilione  nach  dem  tode  des  Polymestor  noch  eine 
zeit  lang  die  regierung  führte,  sie  das  aoqrirum  als  insigne  tngen 
konnte\    und  wenn  das  auch  alles  wahr  oder  nur  wahrsdieinlicb 
wttre,  so  ist  es  nach  den  worten  Äen,  I  647  munera  praäena  Bms 
erqfta  rumis  und  679  dona  ferenspdago  et  fkmmüa  resUifUkk  Tmu 
unmöglich  richtig,    die  geschenke  sind  sämtlich  aus  Troja  mi^e- 
nommen.   nach  ^esen  auseinandersetzungen  wird  es  wahrseheiiilicb. 
dasz  an  unserer  stelle  das  versehen  eines  abschreibers  vorliegt  nicb^ 
das  scephvm  gehörte  der  maama  naJtamtm  Prümit,  sondern  dts 
manüe  bacatum  und  die  corana.  das  versehen  ist  entstanden  dordi 
ein  abirren  des  auges  in  den  versreihen,  oder  auch  durch  aosstiei* 
eben  und  herUberschreiben  in  der  vorläge,  so  dasz  die  rechte  (Ord- 
nung nicht  mehr  deutlich  war.  das  original  wird  gelautet  haben: 
praeterea  scqp&um  Priami  coUoque  makOe^ 
maxma  natarum  lUone  quod  ge$$erai  oUm, 
bacatum  et  duj^Uoem  gemmüs  auroque  coranam. 
daraus  wurde ,  was  in  unserm  texte  steht: 

praeUrea  soeptrum  lUone  quod  gesaerat  otim^ 
maxima  natarum  Priamiy  ooUoque  monüe  usw. 
will  man  noch  dazu  annehmen,  dasz  Ilione  überhaupt  fragwürdig  er- 
scheint, so  gewinnt  das  versehen  des  Schreibers  noch  mehr  an  wahr 
scheinlichkeit,  indem  dann  wol  im  original  maxma  natarum  Prüm, 
quod  gesserat  oUm  gestanden  hat.  in  diesem  fiüle  ist  die  zeileaver- 
wechselung  evident,  indem  das  äuge  durch  das  doppelte  Fhamt, 
eins  unter  dem  andern,  geteuscht  nach  der  ersten  veraliälfte  sich  \x, 
die  zweite  des  zweiten  verses  verirrte,  der  name  ilioNe,  von  etneic 
sciolus  an  den  rand  geschrieben  zur  erklärung  von  maxma  natant»^ 
Priami,  konnte  dann  den  ersten  gen.  Priami  verdrängen,  ohnedie^t 
letztere  Vermutung  als  zwingend  zu  bezeichnen,  musz  ich  die  voiteii'> 
meiner  Wiederherstellung  als  schlagende  bezeichnen:  l)diedsrc*- 
brachten  geschenke  sind  nun  sämtlich,  wie  v.  647  gesagt  ist,  der  a»<^- ' 
und  dem  brande  Trojas  entrissen;  2)  bei  sämtlichen  dona  ist  n^^ 
der  frühere  besitzer  angegeben:  zwei  gehörten  der  Helena,  eis5  de 


WQebhardi:  lam  ersten  buche  Ton  Vergilius  Aeneia.         563 

Pnamns,  zwei  seiner  ftlteeten  tochter,  meinethalben  der  Ilione;  3)  das 
M^ter  ist  nun  nicht  mehr  von  einer  prinzessin  getragen  worden, 
sondern,  wie  es  a  priori  anzunehmen  war,  ein  eigentum  des  ckh^ttoO- 
XOC  ßociXeuc  gewesen,  der  tochter  gebührt  das  monüe  und  die 
oonma. 

U.       , 

Wenn  ich  in  der  eben  behandelten  stelle  es  als  möglich  bezeich- 
nete, dasz  lUone  glosse  sei  zu  numma  natarum  Priami^  so  scheint 
mir  die  statuierung  einer  glosse  zur  endlichen  klflrung  der  stelle 
1 393  £  unbedingt  notwendig  zu  sein,  dasz  ^Ton  solchen  glossen 
wie  onsere  besten  Veigil-hss.,  so  auch  unsere  texte  noch  nicht  frei 
and*,  das  wage  ich  mit  HBrandt  zu  behaupten,  wie  derselbe  ge- 
lehrte richtig  bemerkt,  liegt  in  ▼.  396  die  Schwierigkeit  der  erUlU 
nng  des  augurium.  doch  nicht  die  ganze;  auch  398  ist  nicht  in 
oidnnng.  in  den  *Vergil-studien'  Ton  JEvi&ala  (Prag  1878)  wird 
^augurium  s.  417 — 419  in  der  weise  behandelt,  dasz  eine  genau 
otsprechende  oorresponsion  der  chiasti^ch  gestellten  glieder  nmnc 
iinas  eapere^  aut  oaptas  iam  despeäare:  puhea  tuamm  autpartum 
<awt,  aut  pleno  $ubU  odia  vdo  betont  wird,  die  flotte  landet  eben. 
dies  wird  in  zwei  momentan  veranschaulicht,  der  eine  teil  der  12 
Ton  den  andern  7  abgesprengten  schiffe  des  Aeneas  befindet  sich  im 
sichern  hafen ,  die  andern  sind  eben  dabei  in  den  hafen  einzulaufen. 
nr  Teruischaulichung  dieses  Vorgangs  dient  das  a/ugurnvm  eycnorum* 
dieies  kann  also  auch  nur  zwei  momente  enthalten,  und  dieser  punot 
ist  ea,  den  die  meisten  interpreten  dieser  viel  behandelten  stelle  über- 
sdMi  haben,  die  vulgata  mmc  Urras  ordine  longo  and  captas  iam 
dc^eeUare  tndentnir  ist  mehrfach  gefindert  worden.  Bibbeck  hat 
'c^ectore  aus  dem  Palatinus  in  den  text  gesetzt,  unter  vielfacher 
z&stifflmung,  wlthrend  sein  capsos  mit  recht  nur  Widerspruch  er- 
Uiren  hat  in  der  empfehlung  von  respeäare  folgten  1869  Brandt 
mit  der  Snderung  von  capto«  in  captis^  von  Schenkl  gebilligt,  1878 
Ericsla  mit  derselben  änderung,  deren  piiorität  er  erst  aus  Schapers 
harbeitung  der  Ladewigschen  ausgäbe  ersah,  zu  dieser  führte  die 
Moer  meinung  nach  falsche  auffiissung  des  unbedingt  richtigen 
^f^^ctart,  welches  hier  nicht  die  bedeutung  'zurückblicken',  sondern 
'ach  nach  etwas  umsehen'  hat,  wie  respioere  aliquid.  das  rückwftrts- 
^^kkai  der  schwane  (respectare  absolut)  mit  dem  zusatze  tarn  hat 
«tvis  unsftglich  mattes,  und  genügt  doch  auf  keinen  Ml,  um  in 
conesponsion  mit  dem  porium  tenere  der  schiffer  zu  treten.  wShrend 
•Iso  Brandt,  Schenkl,  Evicala  eine  aus  den  werten  ihres  textes  nicht 
Usr  heraostretende  chiastische  responsion: 

(1)  qßcni  terraa  oapere  (2)  oaptis  iam  reapedare  tfidentur 


(3)  dasaisparhm  tend  (4)  auibü  astia 
ozielen  wollen,  weisen  die  worte  des  textes  vielmehr  auf  eine 
psrallele  responsion  hin,  sobald  man  erkannt  hat  dasz  oj^as 

86* 


564         WGebhardi:  zum  ersten  buche  yon  Yergiliiu  Aeneis. 

nichts  weiter  als  eine  glosse  zu  einem  zweiten  t  er  ras  ist,  hervor- 
gerufen durch  die  lesart  despedare.  auch  hier  dürfte  die  einsetzong 
der  glosse  in  den  tezt  gerade  durch  das  in  zwei  aufeinanderfolgen- 
den versen  wiederholte  subatantiv  beliebt  worden  sein,  wie  das  iwei- 
malige  Priami  in  654  die  au&ahme  der  glosse  zu  rechtfertigen  aebien, 
während  diese  Wiederholung  eine  absichtliche  war  und  von  drasti* 
scher  Wirkung  ist.    die  paitllele  responsion  ergibt  ako :  i 

(1)  cycni  terras  capere  (2)  terras  iam  respeäare  videniur 

(3)  d(issis  partum  tenet  (4)  subU  ostia  vdo. 
wie  die  schiffer  schon  im  besitze  des  hafens  sind,  so  die  scbwSne  im 
besitze  des  landes,  capere  =  occupo/re. 

Mit  Y.  396  ist  das  notwendige  zur  veranschaulichung  des  Schick- 
sals des  abgesprengten  teiles  der  Aeneasflotte  von  Venus  erklärt. 
y.  397  f.  schildern  und  yersinnbildlichen  etwas  accessoriscbes:  dit^ 
freude  der  schiffer  wird  angedeutet  durch  die  schwSne,  welche  sfn- 
denttbus  alis  ludunt,  wie  das  Schwimmvögel  immer  thun,  wenn  sit 
einer  gefahr  entronnen  sind,  coetu  cinxere  polum  oafUusque  deden. 
diese  worte  zu  erklären  war  noch  niemand  gelungen  (auch  nicht 
Kolster  in  diesen  Jahrbüchern  1878  s.  489  ff.)*  v.  400  aut  port^m 
tenet  atU  pleno  suhü  ostia  vdo  sondert  die  vorhin  ausgeffibnec 
momente  in  dem  gebahren  der  schwane,  wie  kommen  dieselben 
plötzlich  wieder  in  die  luft,  und  welches  moment  in  dem  verbaltcL 
der  schiffer  soll  denn  dadurch  veranschaulicht  werden?  aus  den  er- 
klärungen ,  die  damit  versucht  worden  sind ,  scheint  hervorzugebec. 
dasz  der  eigentliche  aufenthalt  der  schwane  die  luffcregionen  wlrec 
und  nicht  vielmehr  die  erde,  wie  die  schiffer  vom  lande  konustrs 
und  zum  lande  zurückkehren  ^  nachdem  sie  der  stürm  auseinander- 
getrieben, so  kommen  die  schwane  von  der  erde  und  kehren  scblt- 
nig  wieder  dorthin  zurück,  nachdem  sie  der  adler  auseinandergejar. 
in  polum  also  steckt  eine  corruptel,  die  durch  Kvlcala  nach  dem  t^: 
gange  Burmans  ebenso  einfach  wie  schlagend  durch  findenmg  de 
PvaS  beseitigt  ist:  solum  (den  erdboden)  cinxere  (bedeckten  sie  :r. 
kreise),  so  schildern  397  f.  vortrefflich  das  wesen  der  scbwiicc: 
Vögel ,  nachdem  sie  der  gefahr  entronnen :  das  umhereilen,  das  fr  >r 
liehe  schreien  {ca/ntus  dare)  und  schlagen  mit  den  flügeln.  danail 
halte  ich  auch  die  änderung  des  et  in  v.  398  in  ut  für  notwend..' 
die  tempusfolge  ludunt^  cinxere,  dedere  in  coordinierten  Satzteilen  :.^' 
nicht  zu  erklären,  somit  wird  die  stelle  in  meinem  texte,  wie  i  - 
hoffe  ohne  jeden  anstosz ,  so  lauten : 

395  nunc  terras  ordine  longo 

atä  capere,  aut  terras  iam  respectare  tndentur, 
ui  reduces  iüi  ludunt  stridenttbus  alis, 
ut  coetu  cinxere  solum  cantusque  dedere, 
haud  dlUer  puppesque  tuae  puhesque  tuorum 
400  aut  portum  tenet,  aut  pleno  sulnt  ostia  vdo. 


K 


WGebhardi:  zum  ersten  buche  von  Vergilius  Aeneis.         565 

m. 

Hlndofatlich  der  hemistichien  ist  bekannt,  dasz  'omnia  fere 
aUoluto  perfectoque  sunt  sensu  praeter  illud  quem  tibi  tarn  Troia' 
(m  340).  trotz  dieses  Zeugnisses  hat  Schaper  zdst.  den  yers  bean- 
stittdet,  'weil  Verg.  in  keinem  hemistichium  den  sinn  oder  den 
riiythmus  ohne  abschlusz  gelassen  hat',  dies  letztere  kann  doch  wol 
sorheiszen,  dasz,  wo  der  sinn  keinen  abschlusz  gefunden,  der  yers 
wenigstens  mit  einem  vollen  dactylus  oder  spondeus  schlieszt.  die- 
ses kriterium  scheint  mir  in  der  that  ganz  unwesentlich  zu  sein ,  da 
der  abschlusz  mit  der  arsis,  auch  wo  der  sinn  unyoUstftndig  ist,  sich 
weit  mehr  empfiehlt,  zu  den  50  von  Schaper  zu  I  584  zusammen- 
goShlten  stflckversen  findet  die  construction  des  satzes  keinen  ab* 
lehlnsz  nur  in  den  drei  stellen  X  728.  490  und  I  534.  denn  der 
Ten  y  294  Ifisua  et  Euiryäka  primi  verträgt  eine  stärkere  inter- 
ponetion  als  ein  komma.  auch  X  728  und  490  bilden  nur  scheinbar 
eine  ausnähme  von  der  bei  Donat  aufgestellten  regel.  die  erste  stelle 
Inldet  den  mittelpunct  eines  groszen  gleichnisses : 

inpastus  stabida  aUa  leo  ceu  saepe  peragransj 
suadet  enim  vesana'fames^  si  forte  fugacem 
eonspexü  capream  aut  surgentem  in  camua  cervurn^ 
gaudd  hians  immane  comasque  arrexU  et  haeret 
viscerilms  super  incumhens,  lavü  improba  taeter 
era  cruar: 

sie  ruü  in  densas  tüacer  Meaentius  hostes. 
der  gedanke  hat  in  der  that  mit  den  werten  ora  cruor  seinen  ab- 
Bckhia  gefunden,  wenn  auch  das  grammatische  satzgeftlge  streng 
genommen  erst  mit  dem  sie  ruü  seinen  endlichen  abschlusz  erreicht, 
jedenfidk  verträgt  auch  dieser  stfickvers  eine  stärkere  interpunction. 
in  demselben  buche  lautet  490  quem  Turnus  super  adsistens:  und 
inn  folgen  die  werte,  dann  hätten  wir  einen  halbvers  wie  X  580 
cm  Liger,  oder  IX  295  tum  sie  effatur,  oder  Xu  631  Turnus  ad  haec; 
sber  X  490  ist  ohne  ellipse:  denn  491  folgt  Aroades^  haee,  inquit, 
uefatsdestoweniger  wird  man  auch  diese  ausnähme  für  eine  schein- 
We  zu  erklären  berechtigt  sein:  denn  490  vermiszt  niemand  etwas 
n&  abschlusz  des  sinnes ;  an  die  ellipse  eines  verbum  dicendi  ist 
eben  jeder  gewöhnt,  so  bliebe  denn  ausser  dem  in  der  vita  Donati 
Mtierten  in  340  nur  I  534,  wo  tibereinstimmend  so  gelesen  und 
coBstmiert  wird: 

Mccursus  fuUy 

cum  subito  adsurgens  fiuctu  nimbosins  Orion 
in  vada  caeca  tuUt  usw. 
'dies  war  die  richtnng  des  laufes  (nemlich  nach  Italien),  da'  usw. 
bier  bricht  der  halbvers  also  zwischen  nachsatz  und  Vordersatz  mit 
dem  bekannten  cum  additivum  ab.  dieser  halbvers  ist,  von  dem  als 
solchen  bezeugten  m  340  abgesehen,  in  seiner  art  ohne  beispiel; 
dabei  ist  es  der  erste  stückvers  in  dem  ersten  gesange,  einem  der 
relativ  vollendetsten  des  gedichtes;  dasz  er  nicht  mit  der  arsis 


566         WGebhardi:  zum  ersten  buche  too  Yergiliue  Aeneis. 

schlieszt,  erhöht  noch  den  eindruck  des  anabgeschlossenen.  zu  die- 
sem schwer  wiegenden  umstände  kommt  noch  ein  granmiatisches 
bedenken ,  das  perfectum  in  dem  Vordersätze  zu  dem  mit  am  addi- 
tivum  oder  inversivum  eingeleiteten  nachsatze.  bei  Verg.,  der  hier- 
bei nur  in  frage  kommen  kann,  ist  diese  form  ohne  beispiel.  nrer 
verweist  Ladewig  auf  X  250  iamque  in  conspeetu  Teueros  hahei  d 
sua  castraj  stans  cdsa  in  puppig  d^peiim  cum  ddnde  sinisk'a  exhiiä 
(trdentem;  hier  liegen  aber  die  yerh&ltnisse  anders,  erstens  steht 
hier  in  dem  Vordersätze  kein  perf. ,  und  zweitens  gehört  diese  stelle 
zu  den  vielen  wenig  überarbeiteten  des  zehnten  buches.  ich  habe 
sie  in  dem  zweiten  teile  meines  berichtes  Aber  die  Schapersdie  be- 
arbeitung  des  Ladewigschen  Verg.  ausführlich  behandelt,  der  aU  bei- 
läge  zum  Meseritzer  osterbericht  1879  erschienen  ist  [s.  oben  s.  224]. 
so  wie  an  dieser  stelle  des  zehnten  buches  zu  interpungieren  ist: 
iamque  in  conspeäu  Teueres  habä  et  sua  caslrc^  \  stans  edsa  tu  jw^n. 
dipeum  cum  deinde  sinistra  \  extülü  ardeniem^  damorem  ad  sidm 
teUunt  I  Dardanidae^  so  ist  mit  der  Snderung  der  interpunction  von 
I  534  der  stein  des  anstoszes  gehoben,  es  musz  geschrieben  werden - 
hie  cursus  fuit. 

cum  subito  adsurgens  fluäu  nimhosus  Orion 
in  vada  caeea  tuUt  penUusque  procacibus  austris 
perque  undas  superante  solo  pergue  invia  saxa 
dispulüj  huepaud  vestris  adnavimus  oris. 

IV. 

Zu  der  überlieferten  zahl  von  hemistichien  sind  durch  Bibbeck 
noch  mehrere  hinzugekommen,  dasz  die  von  Wendtliuidt  zs.  f.  d, 
gw.  1875  s.  386  aufgezählten  vier  die  zahl  nicht  erschöpfen,  gebt 
schon  daraus  hervor,  dasz  er  I  188  übersehen  hat.  hier  sind  die 
Worte  fidus  quae  tda  gerebat  Achates  nicht  erst  von  Bibbeck  einge- 
klammert worden,  schon  Hofman  Peerlkamp  sagt  zdst.:  ^gestabat« 
credo,  ipse  Aeneas  arcum  et  pharetram,  ut  v.  312  gradUur  eomitatus 
Achate  bina  manu  lato  crispans  hastiUa  ferro,  an  Aeneas  gestabat 
arcum,  Achates  autem  sagittas?  nam  tela  ad  arcum  referri  non  pos- 
sunt,  credo  haec  non  esse  Yirgilii.'  die  halbverse  musten  znr  aos- 
füllung  einladen,  dasz  dies  geschehen  ist,  wissen  wir  aus  m  661, 
woraus  Bibbeck  prol.  s.  73  mit  recht  den  schlusz  zog:  'qnoaiam 
pannus  ad  v.  661  ezplendum  vel  in  Palatinum  codicem  translatui 
est,  vigilandum,  num  alia  quoque  ab  interpolatoribus ,  quos  con- 
stat  in  hoc  genere  m'ultos  elaboravisse,  snppleta  sint  hemi* 
stichia.'  in  seinem  aufsatz  *ttber  die  in  der  ersten  hälfte  des  Aeseii 
durch  die  moderne  kritik  gewonnenen  resultate'  (zs.  f.  d.  gw.  1^7* 
8.  65  ff.) ,  in  welchem  diese  meist  sehr  summarisch  abgethan  wtf* 
den ,  behauptet  Schaper  dasz  'auch  nicht  der  mindeste  gnmd  vor- 
handen sei  die  worte  fidus  quae  tda  gerduU  Achates  su  streichen, 
denn  es  ist  l&ngst  nachgewiesen,  dasz  bogen  und  pfeile  durch  tda 
bezeichnet  werden  können ,  und  die  behauptung,  dasz  ein  held  sieb 


WQebhardi:  Eum  ersten  bache  von  Yergilias  Aeneis.         567 

seine  waflEen  nicht  nachtragen  lassen  dürfe,  weil  er  sonst  «Yenere 
mollior»  erscheine,  kann  wol  kaum  ernst  genommen  werden.'  der 
ente  teil  der  Widerlegung  betreffii  der  kHa  wendet  sich  gegen  Peerl- 
kimp,  der  zweite  gegen  Kbbeck.  das  erstere  argnment  ist  hinfällig. 
artm  imd  ea^iUtae  gehören  natürlich  susammen  und  bilden  zusam- 
men die  tda,  passend  ist  verglichen  worden  Yon  Siebeiis  Ov.  met. 
V  366,  wo  Venus  ihren  Cupido  aufiPordert  iOa^  guibua  superas  amnes^ 
tapt  idtty  und  er  dann  phourdram  sdMt,  de  male  sagüHs  unam  s^po- 
Mit,  oppoiUoque  genu  curvamt  flexile  comu,  Bibbecks  argument 
ist  TOtt  Oossrau  und  Schaper  entstellt  wiedorgegeben.  jener  sagt 
oemlieh  proL  s.  67  wörtlich:  ^at  otiosa  esse  yix  quisquam  nega- 
bit  nee  admodum  probabilcy  moUiorem  ipsa  Venere,  quae  Dianam 
nmalans  umeris  de  mare  häbüem  suspenderai  arcum  venatrix  (318 
sq.),  Aenean  sua  tela  Achatae  gerenda  dedisse.'  wer  also  nicht 
vetSK,  dasz  Ribbeck  das  auftreten  des  Aeneas  mit  dem  seiner  mut- 
ier ab  venatrix  vergleicht,  dem  müssen  die  von  Gossrau  und  Scha- 
per aus  dem  Zusammenhang  gerissenen  werte  4p8a  Yenere  mol- 
lior* ttnszerst  komisch  vorkommen,  auffallend  bleibt  es  doch,  dasz 
ieness  sich  hier  bogen  und  pfeile  nachtragen  Iftszt,  während  er  312 
ueh  uno  eomäatus  Aduäe  bina  hasHlia  manu  crispat,  es  kann  da- 
mit nicht  verglichen  werden,  dasz  die  beiden  in  der  schlacht  armigen 
zur  Seite  haben,  welche  ihnen  neue  geschosse  zureichen,  wie  denn 
Achates  wirklich  in  solch  einer  Situation  dem  Aeneas  dienste  leistet 
X  333.  bogen  und  köcher  hat  der  jSger  bei  sich,  aber  es  sind  viel 
gewichtigere  gründe,  welche  die  werte  fidus  .  .  Achates  als  die  er- 
glBiong  eines  halbverses  durch  eine  ungeschickte  band  darthun, 
welche  die  Verteidiger  des  herkdmlichen,  vor  allen  Schaper,  nicht 
hüten  mit  stillschweigen  übergehen  sollen,  während  die  gefthrten 
mit  dem  anzünden  des  feuers  und  der  Zubereitung  ihrer  kärglichen 
mshlzeit  beschäftigt  sind  —  Merea  entfernt  sich  Aeneas,  um  von 
einer  klippe  Umschau  zu  halten,  es  wird  ausdrücklich  gesagt,  dasz 
Adiates  mit  den  Vorbereitungen  zur  mahlzeit  beschäftigt  ist  (174  ac 
PCHNiiHi  süki  scmttllam  excudU  Achates  usw.),  dasz  Aeneas  sich 
^ein  entfernt,  und  dann  ist  188  Achates  plötzlich  bei  ihm?  ja, 
Vena  Aeneas  mit  dem  gedanken  auf  die  jagd  zu  gehen  sich  entfernt 
^tte!  diese  absieht  liegt  ihm  durchaus  fem.  während  alle  seine 
ottimen  mit  der  mahlzeit  beschäftigt  sind,  will  er  die  zeit  bis  zur 
heistellang  derselben,  an  der  er  allein  nichts  zu  thun  hat,  sich  nach 
<len  fehlenden  genossen  umschauen,  da  sieht  er  die  hirsche,  und  mit 
^  Waffe,  die  er  immer  bei  sich  führt,  erlegt  er  einige  derselben, 
pnsde  die  erwähnten  stellen  1 312  und  X  333  sind  die  veranlassung 
Seesen,  den  sonst  immer  folgenden  fidus  Achates ^  der  eomes  U  et 
P^f^ifme  euris  vestigia  figit  (YI 158),  zur  ausfüllung  des  stückverses 
^henutien. 

Wni  man  eine  solche  ausfüllung  trotzdem  nicht  annehmen ,  ist 
man  aber  von  der  ungehörigkeit  der  anwesenheit  des  Achates  über- 
'^t  80  liegt  noch  eine  andere  möglichkeit  vor,  nemlich  die  dasz 


568         WGebhardi :  Btun  ersten  bnche  von  Vergilins  Aeneu. 

die  werte  fidus  . .  Axhates  nur  eine  randbemerküBg  waxen  mit  be* 
zug  auf  die  vorhin  erwähnten  stellen,  welche  daa  yerhütnis  des 
Aeneas  zu  seinem  treuen  begleiter  berühren,  dann  durfte  ans  die- 
sen werten  unter  hinzufBgung  des  mttszigen  eonstii^  in  y.  187  muer 
text  gebildet  worden  sein,  wfthrend  der  dichter  geschrieben bStte: 

187  corripit  hie  arcwmque  manu  cdertaque  sagütas 

189  dudoresque  ipsosprimum  usw. 
endlich  darf  nicht  übergangen  werden,  daas  der  commentar  des  8er- 
vius,  in  dem  auch  schon  die  frage  aufgeworfen  wird,  wie  Achates 
plötzHoh  vom  feuer  weggekommen  sei,  bei  ^ere5a^  eine  erUftnmg  an- 
deutet, die  wenigstens  erwogen  werden  musz:  gerehcA  Md  Ume^  avt 
quae  gerere  consueverat  (s.  75  der  neuen  ausgäbe  Ton  Thilo'. 
was  soll  denn  das  imperf.  gerebat  nach  den  perf.  oonstüU  und  oorri- 
puü  anders  bedeuten  als  dasz  Achates  seinem  heira  die  ge6cho£^e 
zu  tragen  pflegte?  der  sinn  der  stelle  könnte  allenfiaUs  so  ge- 
deutet  werden:  Achates  ist  mit  den  geführten  beschäftigt,  Aeneas 
stiehlt  sich  allein  mit  den  waffen  fort,  welche  (sonst,  gewöhnlich' 
der  treue  Achates  trug,  es  wäre  das  ein  matter  zusatz,  mit  dem  man 
aber  zur  not  die  Überlieferung  yerteidigen  könnte,  den  conserrati- 
ven  Vergiliusinterpreten  empfehle  ich  diese  auffassung,  da  eine  an- 
dere meiner  meinung  nach  haltlos  ist.  ich  selbst  würde  mich  aib 
den  oben  entwickelten  gründen  am  meisten  dahin  neigen  v.  188  zu 
den  hemistichien  zu  rechnen. 

V. 

In  der  zs.  f.  d.  gw.  1878  s.  224  f.  habe  ich  I  455  besprochen 
und  den  vers  so  zu  lesen  vorgeschlagen :  artificumque  fMaiii45  ingentoti 
operumque  läborem.  doch  ist  damit  die  stelle  453  fP.  nicht  von  allro 
flecken  gereinigt,  dasz  sie  so  von  dem  dichter  abgeschlossen  hinter- 
lassen sei ,  möchte  ich  unter  keiner  bedingung  zugeben,  es  handel' 
sich  für  uns  darum ,  uns  über  die  mSngel  klar  zu  werden  und  die- 
selben namentlich  für  eine  Schulausgabe  zu  beseitigen,  ich  habe  di'f^ 
in  folgender  weise  gethan : 

453  namque  sub  ingenti  lustrat  dum  singuia  templo 
Abb  artificumque  manus  ingmtem  operumque  lahorem 

466  miratur^  videt  Hiacas  ex  ardine  pugnas 

467  heUaque  iam  fama  totum  vulgaia  per  arhem;  — 

469  canstUit  et  lacrimans:  'quis  iam  locus*  inquit  'Ad^t^ 
460  quae  regio  in  terris  nostri  ncnptena  Ictboris? 
dazu  die  anmerkung:  4ndes  in  dem  erhabenen  tempel  er  alles  |  eitr.j 
betrachtet,  die  werke  der  künsÜer,  |  die  gewaltige  arbeit,  die  mObtn 
reiche,  |  bewundrungsvoll  —  da  sieht  er  mit  staunen  {  die  kämpfe  \v  > 
Troja,  in  bildem  gereiht,  |  den  krieg  durch  Fama  gekündet  dem  erd* 
kreis.  |  der  held  steht  still  und  weinend  beginnt  er:  |  ^wo  ist,  o  Ach.» 
tes,  ein  ort  noch  auf  erden,  |  ein  land  von  dem  leid  unsrer  mOhsA- 
noch  leer?** 

*  die  ftnregQiig  zur  übersetong  der  Aeneide  in  dem  Tiermal  ^obea^i . 


WGebhardi:  zum  ersten  boche  von  Yergilius  Aeneis.         569 

Abgesehen  von  der  Sudening  von  inter  se,  worüber  jetzt  auch 
Kvicala  ao.  s.  126  ff,  zu  vergleichen  ist,  in  ingetUem  musz  ich  454 
reginam  oppmenSt  dmm^  quae  fuiwra  sü  urbi  und  458  Atridas  Pria- 
muM^ud  €^  saevum  anibobus  ÄdhiUem  als  nicht  von  Verg.  herrührend 
TSTwerfen,  ich  kann  sie  nicht  einmal  als  zu  den  tibidnes  gehörig 
gelten  lassen,  der  erste,  auch  von  Schenkl  angefochtene,  sagt  dasz 
Aeneas,  dum  8ub  mgenti  templo  sinffuia  Justrat  ^  die  bilder  bemerkt 
aaf  die  anknnft  der  königin  wartend.  *woher  konnte  Aeneas  wissen, 
dasx  Dido  in  den  tempel  kommen  wollte  oder  müste?'  fragt  Weidner, 
nnd  ich  werfe  dieselbe  frage  auf,  gebe  aber  darauf  nicht  dieselbe  ant- 
wort  wie  er:  'dies  ist  eine  müsaige  frage.'  allein  ganz  so  müszig 
seheint  sie  ihm  doch  nicht:  denn  er  stellt  es  als  möglich  hin,  dasz 
Aeneas  dies  aus  dem  Torhandensein  des  scUum  v.  506  geschlossen 
babe.  das  klingt  doch  recht  gesucht,  es  wäre  doch  ein  seltsamer 
bozj  der  in  dem  weiszen  saale  des  Berliner  Schlosses  auf  unsem 
ksiier  warten  wollte  auf  grund  der  beobachtung,  dasz  ein  thron  für 
ilm  dort  Torhanden  ist.  es  klingt  zu  komisch,  wenn  es  heiszt: 
Aeneas  sieht  in  einem  lucus  laeti8smu$  umbrae  einen  tempel,  be- 
wundert die  arbeit  an  ihm ,  geht  in  den  pronaos ,  besieht  sich  dort 
die  bilder  und  denkt:  ich  will  einmal  warten,  vielleicht  koomit  die 
kSnigin  her.  nun  vielleicht  auch  nicht,  er  hätte  unter  umständen 
recht  lange  warten  können,  aber  an  solchen  sinnlosen  Zusätzen  er- 
kennt man  die  landbesMrkungen  thörichter  leser,  vielleicht  schüler, 
die  von  unvrissenden  abschreibem  gedankenlos  in  den  text  gesetzt 
worden  sind,  der  zweite  teil  dieses  eingeschobenen  verses  zerstört 
dmth  seine  form  die  concinnität  der  periode  und  enthält  eine  albern- 
heit  das  gerippe  des  satzes  ist:  dum  singuHa  htstrat^  dmn  artifioum 
Mam»  miraiur  .  .  pugnas  Iliaoas  vidä.  der  falsche  vers  unterbricht 
diesen  satzbau  durch  hinzufügung  eines  particips  und  eines  von  dum 
^katitr  abhängigen  indirecten  fragesatzes.  mirari  musz  also  in  ganz 
verschiedenem  sinne  zweimal  genommen  werden:  'er  bewundert  die 
knastwerke'  und  'er  wundert  sich  über  das  Schicksal  der  stadt' ;  wäh- 
lend voriier  und  nachher  nur  von  dem  sehen  voll  bewunderung  die 
rede  ist,  kommt  mitten  hinein  ein  sich  wunderndes  denken  über  das 
uhicksal  der  Stadt,  das  in  diesem  Zusammenhang  gänzlich  unmoti- 
viert erscheint,  mit  diesem  machwerk  haben  wir  nun  nichts  mehr 
IQ  schaffen,  aber  auch  ▼.  457  ist  ein  pannus  angeflickt.  Aeneas  er- 
bliekt  die  kämpfe  vor  Troja  ex  ordine  dargestellt,  welche?  sagen 
T.  466  ff.  namque  videbat:  la  die  Oriechen  auf  der  flucht  (vor 
Hektor).  b  die  Trojaner  auf  der  flucht  (vor  Achilles).  2  a  den  mord 
dei  Khesus.  b  den  mord  des  Troilus.  3  a  die  Hierinnen  als  lK€T(b€C. 
h  Priamus  als  \k^tiig  4  a  Memnon  mit  dem  succurs  vor  Troja. 
h  Pentheailea  mit  dem  succurs.   die  corresponsion  der  vier  bilder- 


aieht  mllitterierenden  deutschen  freien  yerse  verdanke  ich  der  lectüre 
;!«•  geistvollen  vortrage  Adolf  Briegers  'über  das  wahre  nnd  falsche 
idetl  der  Übersetzung  antiker  dichter'  in  den  Verhandlungen  der  Wies- 
badener phUologenversamlung  (Leipzig  1878)  s.  70  ff. 


570         WGebhardi:  zom  ersten  buche  von  Vergilins  Aemeü. 

paare  liegt  auf  der  band,  ist  untadellich  schOn,  jede  ftndenmgist 
fiberflüssig,  unter  hdia  v.  457  sind  also  die  kSmpfe  vor  Troja  mit 
den  zwischen  dieselben  fallenden  ereignissen  zu  verstehen,  dam  wird 
angefügt  Atridas  Priamumque  et  $aei>um  amhdbua  AehiXi/em.  böchst 
auffällig  ist  1)  der  mangel  einer  oopulierenden  oder  epexegetiseheii 
Partikel,  das  asyndeton.   die  zusammenstellnng  viäd  hdkn^y  Akn- 
daSy  Piiiamumque  et  ÄchMem  ist  unlateinisch  und  anlogisch.  2)  es 
ist  in  der  erklttrung  der  bilder  nirgends  Ton  den  Atriden  die  rede. 
3)  die  Worte  saewim  cmbohuB  AcMüem  sind  sinnlos,   wenn  Adulles 
saevus  genannt  wird,  so  ist  das  in  der  Ordnung;  wenn  er  PHono 
saevus  genannt  wird,  so  mag  das  in  der  Ordnung  sein;  wenn  er  aber 
dem  Priamus  in  gleicher  weise  saewAS  sein  soll  wie  den  Atriden  ^  so 
ist  das  schon  nicht  in  der  Ordnung,  und  wenn  er  dem  Menelaus,  dem 
Agamemnon  und  dem  Priamus  gegenüber  sich  saeifus  zeigte,  so  und 
das  wol  drei  personen  und  nicht  ambo,    4)  die  vorwegnähme  ein- 
zelner sigets  aus  der  erst  nachher  erlftuterten  bilderreäe  schwkht 
den  eindruck  und  ist  unkünstlerisch,   ich  bin  sonst  sehr  geni  bereit 
stellen  und  verse  der  Aeneide,  welche  den  Zusammenhang  stören 
oder  einen  Widerspruch  enthalten,  trotzdem  als  Vei^isch  zu  Ter- 
teidigen  mit  dem  hin  weis  auf  die  mangelnde  schluszredaction;  doch 
müssen  sie  nicht  in  der  weise  wie  hier  allen  regeln  der  grammatik, 
logik.  und  Ssthetik  ins  gesiebt  schlagen. 

VI. 

Im  anschlusz  hieran  noch  etwas  über  die  bilder  selbst  ich  sage 
bilden  leider  habe  ich  bemerkt  dasz  nicht  alle  von  bildem  spre- 
chen ,  und  daran  scheint  vor  allen  Weidner  schuld  zu  sein,  auf  einem 
giebelfelde  sollen  diese  scenen  dargestellt  gewesen  sein,  also  nicht 
maierei  sondern  —  plastik.  freilich  enthalten  die  si^ets  nichts, 
was  nicht  auch  in  marmor  hätte  dargestellt  werden  kOnnen,  selbst 
dem  niger  Memnon  konnte  ja  die  polychromie  gerecht  werden,  oder 
es  hStte  auch  schwarzer  marmor  angewendet  sein  können,  aber  in 
einem  giebelfeld  lauter  bilder,  die  zwar  paarweise  in  ihren  snjets 
verwandt  sind,  aber  doch  nicht,  wie  das  bei  darstellnngen  in  giebel- 
feldem  notwendig  ist,  ein  ganzes  bilden  mit  einem  gemeisaoen 
mittelpuncte.  acht  scenen  verschiedenen  inhalts  in  einem  giebelfeMe, 
welches  nur  in  der  mitte  räum  für  aufrechtstehende  figoren  bieUt' 
ich  erstaune  dasz  ich  diese  frage  weder  in  den  ausftthrlichen  aus- 
einandersetzungen  Weidners  noch  Kvicalas  auch  nur  berfihrt  finde, 
sie  lassen  die  archSologische  frage  zu  sehr  auszer  acht.  Weidners 
giebel  sieht  so  aus : 


la.    IIa.    IIIb.    IVa 


IVb.    inb.    IIb.    Ib 


WGebhardi:  zum  ersten  buche  von  Vergflint  Aeneis.         571 

oder  in  Worten :  linke  httlfte : 

Graionm  fuga.    Tydidea  et  Rhenus.    Hiadea  et  Minerva.    Achüles 

et  Priamus. 
rechte  hllfte: 
Aeneas  et  Memnon.   PetUheeSea  et  Amaeonee.   Äcküke  et  Troüue. 

TroUtnarum  fuga. 
diese  Anordnung  iet  eine  rein  willkürliche  und  principlose.  denn 
wllirend  er  das  erste  bilderpaar  auseinanderreisieend  die  flucht  der 
Griechen  und  die  flucht  der  Trojaner  je  auf  die  endpuncte  des  giebel- 
feldee  Tersetri^  gibt  er  schon  dem  folgenden  paar  (mord  des  lUiesus, 
mord  des  Troilns)  nicht  mehr  die  entsprechenden  stellen  vor  den 
ersten  bildem,  serreiszt  das  dritte  bilderpaar,  die  supplicationsscenen, 
und  darum  auch  das  vierte,  die  pendants  der  suocursscenen.  Weid- 
Der  erinnert  an  die  sog.  Aegineten,  ohne  aber  von  diesem  bildwerk 
eine  Anwendung  auf  unsem  fall  zu  machen,  das  ganse  feld  enthielt 
Dor  6ine  scene,  den  kämpf  um  eine  leiche  zwischen  Griechen  und 
Trojanern,  Pallas  Athene  aufrecht  in  der  mitte,  die  figuren  auszer 
ibr  geblickt  und  liegend,  wie  es  die  form  des  giebels  gestattete,  so 
eignete  sich  die  Niobesage  zur  plastischen  darstellung  für  ein  giebel- 
feld:  Niobe  mit  ihrer  jüngsten  tochter  in  der  nutte,  stolz  aufrecht 
stehend,  zur  rechten  und  linken  die  zusammenknickenden  und  zusam- 
mengelmickten  söhne  und  töchter,  die  ecken  bieten  nur  noch  räum 
für  Hegende  figuren.  nach  diesen  gesichtspuncten  ist  ftlr  die  Vergil- 
scenen  kein  platz  auf  einem  giebelfelde.  es  fehlt  die  einheit  des 
sQjets  und  die  mOglichkeit  viele  einzelne  scenen  der  vorliegenden 
tft  iof  6inem  giebelfelde  unterzubringen,  das  schlimmste  in  der 
Weidnerschen  ezposition  ist  jedenfalls  der  umstand ,  dasz  er  v.  464 
^  ttU  atque  animum  pictura  pcadt  inani^  der  also  ganz  deutlich 
die  art  der  kunstwerke  kennzeichnet,  erst  gewaltsam  für  seine  inter- 
pretation  zurechtstutzen  musz,  indem  er  sagt:  ^pidu/ra  ist  hier  nicht 
T0&  der  maierei  zu  verstehen  —  die  maierei  ist  spftter  als  die  bild- 
buerkunst  —  sondern  von  reliefs,  welche  ein  gemSlde  ersetzen.' 
^  ob  die  frage ,  ob  die  maierei  oder  die  sculptur  das  prius  sei ,  in 
diesem  Karthago  Vergils  auch  nur  aufzuwerfen  wäre!  und  zum  be- 
^«ise,  dasz  ptettira  von  der  bildhauerarbeit  gesagt  werden  könne, 
^Uirt  Weidner  aus  dem  Culex  an:  ei  nUor  auri  suh  laqueare  domus 
M«ittm  mon  tangü  avarumf  piäuraeque  decus'^  was  natürlich  nichts 
^eres  bedeutet  als  'schöne  gemälde',  woraus  er  sich  ohne  jede  be- 
itehtigung  eine  'bunte  musivarbeit'  gemacht  hat.  wie  dann  auch 
KTicals  ao.  s.  133  ff.  behaupten  kann,  es  sei  in  hohem  grade  wahr- 
Kbeinlich,  dasz  wir  die  bilderreihe  als  auf  einem  giebelfelde  befind- 
lich ond  in  zwei  teile  zerfallend  uns  vorzustellen  haben,  und  dabei 
T.  464  vollständig  ignoriert,  kann  ich  nicht  begreifen. 

Wir  haben  also  keine  plastischen  bildwerke  vor  uns ,  sondern 
malereien  in  der  halle  des  Ttpövaoc,  in  der  sich  Aeneas  von  v.  453 
•0  befindet:  denn  sub  ingenti  tempto  heiszt  nach  Yergilischem  sprach- 
S^Wsnch  nichts  anderes  als  'in'  dem  tempel,  vgl.  sub  pectare  vulnus 


572         WGebhardi:  zum  ersten  buche  von  Vergiliua  Aeneis. 

lY  67.   vasto  sub  antro  Hl  431  und  an  unzähligen  andern  stellen, 
wir  befinden  uns  mit  dem  beiden  in  einer  CTod  itoikiXt),  der  vorhalle 
des  tempels.   wie  haben  wir  uns  nun  wol  die  anordnung  der  vier 
bilderpaare  zu  denken?    gewis  auf  das  einfachste  hergestelli  je 
zwei  bilder  gehören  als  pendants  zusammen :  zwei  paare  auf  der 
linken  seite  des  eintretenden,  zwei  paare  zu  seiner  rechten,  die  bei- 
den ersten  bilder  werden  mit  hac  . .  hac  eingeführt,  was  nichts  an- 
deres heiszt  als  'hier  und  dort',  das  zweite  paar  auf  derselben  seite 
mit  nee  procid  hinc  und  parte  äUa.  mit  ifUerea  t.  479  wird  auf  die 
entgegengesetzte  wand  hingewiesen  vom  standpunct  des  beschaners 
aus,  vor  dessen  äugen  die  bilder  ex  ardkne  v.  456  yorftbeniefaeD. 
ipcrfthrend  vor  ihm  Troilus  von  Achilles  im  staube  geschleift  wird  — 
interea  nähern  sich  auf  der  andern  seite  die  Ilierinnen  mit  dem 
peplos  der  zürnenden  göttin.   dieses  interea  ist  also  lebendig  Teran- 
schaulichend  und  echt  poetisch.   483  und  484  beziehen  sich  natfir- 
lieh  nicht  auf  die  folgende  supplicationsscene ,  sondern  bereiten  di^ 
selbe  nur  vor.  wenn  Weidner  das  vorletzte  bild  Aeneas  et  Mmf^^ 
nennt,  so  geschieht  dies  den  worten  des  textes  nach  se  quoqu/tfni^ 
dpibus  permixtum  agnovü  Äddvis  ohne  grund.  nur  Memnon  nimt 
eine  hervorragende  Stellung  ein,  nicht  Aeneas,  der  nur  in  gleicbtr 
weise  wie  andere  führer  der  Trojaner  dargestellt  ist.' 


'  über  die  bilderreihe  im  Janotempel  hat  gegen  Weidner  treffend«« 
schon  Münscher  in  der  zs.  f.  d.  gw.  1872  s.  346  f.  beigebracht,  aach  ist  n 
vergleichen  Haag  in  derselben  zs.  1875  s.  484.  übrigens  ist  schon  in 
dem  XV  ezcorse  der  Heyne-Wagnerscben  ausgäbe  bd.  II  s.  247  die  frarc 
aufgeworfen  'videndnm,  an  Virgilias  non  de  pictis  tabalis,  sed  de  ana- 
gljpho  opere  . .  agere  dicendas  sit?  nam  qaod  pieturam  dixit,  boepotti^« 
elegantia  (!)  de  quoyis  opere,  qaod  figuras  reram  ac  Signa  reprtesenui. 
bene  memorare  potuit,'  allein  Heyne  fährt  bald  daraaf  fort :  'interbaec 
tarnen  commentu  illi  scalptarae  h.  1.  non  magis  coofidam  quam  ei  ({^o^ 
malto  minus  probabiliter  in  animum  venit  viro  docto,  nt  crederet  bic  i^ 
teztura  agi.  nisi  yim  facias  verbis,  non  nisi  de  tabalis  pictis 
agere  poeta  potuit:  et  dicendus  ille  est  malnisse  morem  Italise  scae 
sequi,  in  qua  passim  visebantur  porticus  templorum  pictae  . .  nihil  irt- 
quentins  eodem  more  inter  Graecos.'  durch  aie  geehrte  redaction  «ii^- 
ser  Jahrbücher  wurde  ich  ferner  aufmerksam  gemacht  auf  dss  •ehiei* 
ben  von  LLersch  (Bonn  28  febr.  1848)  an  FGWelcker,  Ab^drarkt 
mit  einem  ausätze  yon  diesem  im  rhein.  museum  VIII  (1853)  s.  1S7-H-* 
welches  unter  den  neueren  erklärern,  so  viel  ich  sehe,  nur  Cfossraa  be- 
achtet hat  (von  ihm  falsch  citiert  1861  s.  37).  macht  schon  die-  $ 
falsche  citat  einen  seltsamen  eindruck.  so  geräth  man  noch  mehr  lo 
Verwunderung,  wenn  man  bei  ihm  liest:  ^Lerseh  octo  somit  imtgine« 
inter  se  oppositas  in  fronte  fastigii.'  in  seinem  lasatse  teilt  Welcker 
eine  äuszerung  von  HBrunn  mit,  der,  wie  audi  ich  es  aosge fuhrt  h&: -. 
je  zwei  nnd  zwei  parallelbilder  annimt.  mehr  lässt  sieh  aas  den  v  • 
ten  des  dichters  aach  nicht  beweisen.  Lerseh  geht  aber  weiter:  c: 
will  ein  gegenüber  der  zusammengehörigen  bilderpaare  beraaifiaden. 
ohne  sich  indes  auf  ein  analogon  berufen  zu  können,  das  dem  v^r- 
Kegenden  direct  und  vollständig^  entspricht:  denn  die  notis  des  ?«-<«- 
nias  I  16,  1  kann  ich  als  ein  solches  nicht  gelten  lassen,  die  form  '  ' 
aneinanderreihung  bei  Verg.  v.  467  hac  .  .  hac  nnd  474  parte  oHu  >*><  <^*' 
keineswegs  zur  annähme  eines  gegenüber,   zumal  da  parte  a&ä  nh'- 


WGebhardl:  zum  erfiten  bnche  von  Vergilins  Aeneis.         573 

vn. 

Wfihrend  Aeneas  diese  wanderwerke  der  kunst  betrachtet  {haec 
dum  Bardanio  Äeneae  fniranda  videntur  v.  494),  erscheint  Dido  und 
nimt  platz  auf  einem  throne,  der  —  wo  zu  suchen  ist?   eine  tempel- 
form,  wie  sie  der  Vergilischen  zu  entsprechen  scheint,  finden  wir  in 
dem  groszen  Jupitertempel  zu  Pompeji ,  dessen  grundrisz  und  be- 
schreibang  man  bei  Guhl  und  Eoner  leben  der  Griechen  und  Bömer^ 
s.  365  einsehen  mag.   vor  einer  vorhalle  befindet  sich  ein  aus  einer 
platefonn  und  künstlich   angelegten  treppen  bestehender  vorbau 
(t.  448  f.  aerea  cui  ffradihus  surgebant  limina,  nexaegue  aere  trahes^ 
fordms  cardo  stridehat  aenis).  dadurch  Vurde  die  länge  dieses  gan- 
zen vordem  teils  fast  der  der  zweiten^  hintern  hälfte  des  tempels  gleich 
gemacht  . .  durch  die  somit  im  mittelpuncte  des  ganzen  gebSudes 
liegende  thür  tritt  man  in  die  cella.'   hier  stand  das  sölium,  auf  dem 
die  kOnigin  platz  nimt.    so  im  wesentlichen  auch  Weidner:  *das 
sciium  stand  tinter  der  eingangsthttr  des  adytum*  aus  den  worten 
des  textes  geht  dies  aber  kaum  hervor,  da  die  bedeutung  des  abl. 
fofibus  eine  genaue  Interpretation  nicht  zulfiszt.  ich  halte  tum  für 
«ine  corruptel  aus  dem  notwendigen  8uh^  hervorgegangen  aus  dem 
bedftr&is  nach  einer  verbindenden  partikel.   also  mb  faribus  divae 
. .  rcsedü.   die  werte  media  testttdine  templi  sind  ebenfalls  von  Weid- 
ner ausführlich  imd  mit  hilfe  des  schönen  Werkes  von  Guhl  und 
Eoner  im  wesentlichen  richtig    erläutert,     diese  testudo  ist  eine 
knppel,  ein  gewOlbe  in  der  mitte  des  ganzen  gebäudes,  die  ablative 
MÖÜa  testudine  iempli  sind  also  als  absolute  aufzufassen,   die  kOnigin 
setzte  sich  auf  einem  unmittelbar  an  der  eingangsthür  zur  cella  be- 
findlichen throne  nieder,  dort  wo  in  der  mitte  des  tempels  über  ihr 
eine  knppel  sich  wölbte,   demnach  geht  Kvicala  ao.  s.  137  viel  zu 
weit,  wenn  er  den  ausfall  eines  ganzen  verses  zvdschen  divtie  und 
^ia  annimt,   wie  will  er  hier,  wie  es  die  philologische  methode 
erfordert,  die  mOglichkeit  oder  den  grund  des  ausfalls  erklären? 

vm. 

£8  bleiben  mir  noch  mehrere  stellen  zu  kürzerer  besprechung 
Qbrig,  in  denen  ich  zur  herstellung  eines  klaren  Verständnisses  ganz 
leichte  textesänderungen  für  notwendig  halte,  meine  abweichungen 
in  der  exegese  des  ersten  buches  zu  rechtfertigen  halte  ich  für  über- 
flflssig  uad  zu  weit  führend;  der  commentar  meiner  ausgäbe  wird 
in  dieser  beziehung  den  anforderungon  gerecht  zu  werden  sich  be- 
niQben. 

Trotzdem  der  scholiast  zu  Lucanus  Phars.  1 133  zu  Äen.  I  747 


IteUsen  kann  'an  der  andern  wand  des  tempels',  soodem  'auf  einer  an- 
dern teile  oder  stelle'  bedeutet,  so  sagt  denn  auch  Lersch  snm  schluss: 
'ileher  steht,  so  viel  mir  scheint,  die  ganze  sweiteilnng,  der  paralle- 
lisrnns  dieser  bUder,  die  ihren  gemeinsamen  mittelpnnct  natürlich  im 
Ml  and  in  der  eroiedrigung  Trojas  finden,  woher  der  römische  dichter 
•eine  schildening  genommen,  ist  nicht  recht  klar.' 


574         WGebhardi:  zum  ersten  buche  von  Vergilius  Aeneis. 

die  meiner  meinung  nach  ganz  nnnmg&nglich  notwendige  lesart  m- 
gemincmt  plausum  bietet,  trotzdem  natttrUch  nichts  leichter  möglich 
ist  als  der  abfall  eines  auslautenden  -m,  trotzdem  die  lesart  iii^eMt- 
tumt  *8ie  verdoppeln'  oder  meinetwegen  reflexiv  'sie  verdoppeln 
sich'  plaiisu  'mit  beifall'  sinnlos  ist,  verschmftht  man  aUgemon  das 
gute  und  hält  am  schlechten  fest,  das  non  plus  ultra  in  der  erkl&- 
rung  leistet  Kappes :  'sie  verdoppeln  den  beifisdl  durch  hSttdeklat- 
sehen,  sie  klatschen  reichlichen  beifalL'  wir  sehen  hier  wieder  die 
von  ihm  beliebte  Schiebemethode  in  der  Interpretation,  die  ich  in 
der  zs.  f.  d.  gw.  1875  s.  476  fl*.  reichlich  illustriert  zu  haben  meine. 
das  kunststttcky  das  er  hier  vorführt,  ist  sehr  plump :  er  setzt  nem- 
lieh  jaiaususi  zweimal,  einmal  als  'beifall',  dann  als  'hflndeklatschen'. 
ein  ausfall  des  auslautenden  -m  ist  jedenfalls  auch  v.  580  anzimeh- 
men:  erun^pere  nubem. 

729  ziehe  ich  mit  Yalla  zu  Juv.  5,  38  qua  Bdus  ä  owmes  \  a 
Bdo  solüi  sc.  sunt  facere  oder  Ubare  der  lesart  quam  vor.  721  hat  der 

Med.  T£]MPTAR£UERTERE.  dios  scheiut  mir  auf  das  viel  sinngemSszere 
pervertere  für  praevertere  zu  führen.  Amor  reiszt  allmählich  das  bild 
des  Sychaeus  aus  dem  herzen  der  Dido  und  verwandelt  ihren 
sinn  dadurch,  dasz  er  ihr  lebendige  liebe  einfiöszt.  praevertat  kann 
nur  durch  gekünstelte  interpretation  verstanden  wrätlen.  von  einer 
'fthnlichen  'umkehr'  der  gewohnten  empfindungs-  und  denkweise 
wird  dasselbe  verbum  YII  584  gebraucht,  vgl.  über  diese  stelle 
meine  bemerkung  in  der  zs.  f.  d.  gw.  1875  s.  478. 

707  nee  non  et  Tyrii  per  limina  laeta  frequentes  \  eontemt, 
taris  fussi  discumhere pictis,  convenere  ist  als  perf.  praesens  zu  fassen: 
*sie  sind  da.'  Kvlcala  behandelt  diese  steUe  ao.  s.  161  mit  beng 
auf  die  werte  iussi  usw.,  die  mir  auch  nicht  die  geringste  Schwierig- 
keit zu  bieten  scheinen,  sobald  man  convenere  in  dem  von  mir  Tor- 
geschlagenen  sinne  nimt:  'sie  sind  versammelt  auf  ihren  sitzen,  auf 
denen  man  sie  platz  zu  nehmen  geheiszen;  dort  bewundem  sie  die 
herumgereichten  geschenke  des  Aeneas.'  unverständlich  sind  nur 
die  von  Kvlcala  gar  nicht  berührten  worte  per  Umina  laeta.  die 
pr&p.  per  drückt  local  die  Verbreitung  über  einen  räum  aus,  das 
passt  zu  Umina  nicht;  was  sind  denn  aber  Itfiufia  laeta?  frdklicbe 
schwellen?  ich  lese  lumina  laeta:  die  gftste  sind  zahlreich  versam- 
melt in  dem  in  einem  lichtmeer  stralenden  palaste,  es  liegt  hier 
also  laäus  c.  gen.  nicht  c.  abl.  vor  wie  v.  441  litcus  laetissmus 
umbrae. 

646  dürfte  die  sorge  des  vaters  auf  dem  geliebten  Ascaniiz^ 
sich  concentrieren ,  nicht  die  sorge  des  geliebten  vaters  auf  den: 
Ascanius.   der  dichter  schrieb  oder  hStte  geschrieben  oaro. 

574  Tros  Tyriusque  mihi  nüOo  discrimine  agetur  versichert  Dido 
dem  Sprecher  der  trojanischen  abgeordneten,  und  das  soll  heiazen: 
'Trojaner  und  Tyrier  werden  von  mir  ohne  unterschied  bdiandel: 
werden.'    nur  schade  dasz  aliquem  agere  »»  iraäare  nicht  nacbge- 


WGebhardi:  sum  enten  buche  von  Vergilixu  Aeneis.         575 

wiosen  ist.  agdwr  ist  vielmehr  absolut  zu  nehmen  und  die  so 
hflnfige  Verwechslung  von  -ve  und  -gue  zu  statuieren,  also  Tros 
T^pimt^  mhi  wMo  diserimme  ageiur  >—  sive  Tras  sive  Tyrius  erU: 
'Trojaner  oder  Tjrier,  das  wird  auf  meine  handlnngen  keinen  ein- 
flosz  üben.' 

Eine  besprechnng  erfordert  noch  I  697  cum  venu  {Ascaniu$)y 
mHaeis  iam  at  regina  superbis  \  aurea  composuU  sponda  tnediainque 
locoüU.  'diese  ftbergangsform.  Überhaupt  die  Verbindung  von  cum 
mit  ind.  praee.  im  vordersats  und  ind.  parf.  im  naohsatz,  findet  sich 
bei  Verg.  nicht  weiter,  ein  gleiches  beispiel  findet  sich  auch  nicht 
im  Tors«  von  Hand,  so  dasz  unsere  stelle  ganz  singulär  zu  sein 
scheint'  Weidner.  dazu  kommt  die  Schwierigkeit  die  doppelten 
iblaüvpaare  aülaeia  superbis  und  aurea  sponda  in  der  Übersetzung 
ontenabringen:  denn  wenn  man  das  zweite  paar  local  nimt,  so  ist 
die  modale  beziehung  des  ersten  paares  sehr  lose  und  fragwürdig, 
es  ist  auch  gar  nicht  angegeben,  wo  sich  diese  aponda  befindet. 
(mlaeia  wird  idlerdings  schon  durch  Servius  bezeugt;  indessen  ist  es 
trotzdem  wahrscheinlich,  dasz  es  aus  aulis  entstanden  ist,  um  die 
sfrftter  ungewöhnliche,  von  Verg.  noch  öfter  zugelassene  production 
der  endsilbe  -U  (vinft)  zu  corrigieren.  aber  *in  der  zweiten,  dritten 
und  vierten'  arsis  gestattet  sich  Verg.  die  dehnung  der  kurzen  end- 
silbe auf  iy  welche  in  der  spräche  der  ftltem  zeit  limg  gewesen  war/ 
Schaper  zu  VII 174.  dann  sind  die  ersten  ablativpaare  auiis  auper^ 
te  'in  der  stolzen  halle'  das  locale  ÖXov,  denen  das  erlSutemde  locale 
M^poc  aurea  sponda  hinzugefügt  wird. 

IX. 

Für  eine  richtigere,  sinngemftsze  interpunotion  iSszt  sich,  nach 
dem  beispiele  Carl  NauckQ,  zur  erzielung  eines  klareren  verstftnd- 
Bttses  des  Inhalts  sowol  wie  des  kunstvoUen  baue  der  verse  noch 
UBBer  sehr  viel  thun.  hier  zum  schlusz  einige  proben  aus  dem 
ersten  buche  der  Aeneis. 

Auf  die  form  der  gleichnisse  hat  Vexg.  den  grösten  fleisz  ver- 
*v&dt  keins  ist  kunstvoller  angelegt  als  der  vergleich,  durch  wel- 
ckn  er  die  einwirkung  des  mächtigen  wassergottes  auf  sein  empör- 
tes dement  veranschaulicht  148 — 156.  die  responsion  und  harmonie 
der  teile  zum  ganzen  wird  aus  folgender  darstellung  ohne  commen- 
tir  erhelleB : 

laaac  vduti  magno  in  pqpulo  cum  saepe  cooria  est 
ß  sedüio,  saevüque  ammis  ignoMe  vtdgus,  — 
T  —  iamgue  faces  ä  saxa  f?ilani^  furor  arma  mmistrat;  — 
b  a  tum  pietaie  gravem  ac  merüis  s%  forte  virum  quem 
ß  conapexere^  süent  arreäisque  auribus  adstant^  — 
j  ^üie  regit  diäis  ammos  ä pectora  mutest:  — 
Ile  a  AC  cunctuspdagi  oeädii  fragor^  aeguora  postquam 
ß  prospiciens  genUor  oadoque  inveäus  aperto 
T  fl^U  equos  curruque  volans  dat  lora  secundo. 


576  Fhilologische  gelegenheit88chiift«n. 

V.  96  ff.  ist  zum  teil  nach  Nauck  (KOnigsberger  programm  von 
1862)  zu  interpungieren: 

0  Danaum  fortissime  gentis, 
Tydide^  mene'IUads  oocumhere  campis 
nonpatuisse^  tua^[ue  animam  hanc  effundere  decbna, 
saevus  uibi  Aeaoidae  tdo  iacä  Hedar,  ubi  ingms 
Sarpedony  uU  tot  Simois  corr^ria  sub  undis 
scuta  virum  gäleasgue  et  foriia  corpora  voMt? 
Meseritz.  Walthkr  Gebhaedl 

(85.) 

PHILOLOGISCHE  GELEGENHEITSSCHHIPTEN. 


Beigard  (gjmn.)  Petersdorff:  C.  lalius  Caesar  num  in  bello  gallicj 

enarrando  nonnulla  e  fontibas  transcripserit.    drnek  von  6.  Klemp 

1879.    18  8.  gr.  4. 
Berlin   (aniv.)   Ernst    Cur  lins:    kaiser  Wilhelms   friedensregiment 

rede   am  gebortstage  seiner  majest&t  des  kaisers   und  konigs  .  . 

am  22  märs   1879  gehalten,    bnchdrnckerei  der  k.   akad.  d.  «iss 

15  s.    gr.  4. 
Freibnrg  (nniv.)  Bernhard  Schmidt:  über  wesen  und  Stellung <]er 

dassischen  pbilologie.     rede  .  .  am  18  jani  1879  gehalten,    dr&ck 

von  H.  M.  Poppen  u.  söhn.   29  s.   4. 
Goslar  (realsch.  I  o.)  Carl  Ludwig  Leimbach:    über  den  christ- 
lichen dichter  Caelius  Sedulins  und  dessen  Carmen  pasekale,    dnck 

von  £.  Brückner  (verlag  von  J.  Zwissler  in  Wolfenbüttei).    IST?. 

61  s.    gr.  8. 
Greifswald  (aniv.,  lectionsk atalog  sommer  1879)  Francisci  Sns»  - 

mihi  de  recognoscendis  ethicis  Nicomacheis  dies.  IL  dmckTonF.W. 

Kunike.    19  s.    gr.  4. 
Grimma  (landesschale)  Hermann  Wander:  L.  Annaens  Senees qsi i 

de  dis  senserit  ezponitar.    druck  von  C.  Bössler.  1879.   21  s.  gr.  4. 
Halle  (aniv.,  doctordiss.)  Julias  Klinghardt  (aus  Haibau):  deg«£ - 

tivi  usu  Homerico  et  Hesiodeo.    druck  von  Klinkhardt  in  Leipxic:. 

1879.    48  8.     gr.  8. 
Königsberg  (univ. ,  zur  ankündigung  von  reden)  L.  FriedUnder: 

Caroli  Lehrsii  dissertatio  de  ironia  quatenus  in  htatoria  stndiortii 

Homericorum  cernitnr  .  .  die  XV  Octobris  a.  1831  publice  reciut 

nunc  autem  primum  edita.    druck  von  Dalkowski.    1879.   8  ••  gr-  -^ 
Rom  (arch.  Inst.)  (Ad.  Michaelis)  geschichte  des  deutschen  srchäolo 

gischen  Instituts  1829—1879.    festschrift  zum  21  april  1879  bersn^i: 

von  der  centraldirection.    vorlag  von  A.  Asher  n«  comp,  in  Berlin 

VI  u.  187  s.    gr.  8. 
Stendal  (gjmn.)  Otto  Erdmann:  über  den  gebrauch  der  lat.  adjectir* 

mit  dem  genetiv,  namentlich  bei  den  Schriftstellern  des  ersten  . 

nach  Ch.    druck  von  Fransen  und  Grösse.    1879.   24  s.   gr.  4. 
Weimar  (gjmn.)   £.  Bedslob:  symbolae  criticae   ad  PUutt  fsba!.^' 

hofbuchdruckerei.    1879.    16  s.   gr.  4. 
Würzburg   (univ.,    zur    begläckwünschung   des   arch.   Inst,   in  K*- 

21  april   1879)   C.  L.  ürlichs:  commentafio  de  vita  et  hooorib^ 

Taciti.    druck  von  Stahel.   24  s.   gr.  4. 
Zwickau  (gjmn.)  A.  Häbler:  astrologie  im  altertum.  1879.  SSs.  gr.  t 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜB  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HBRAUSGEGBBBN  VON  ALFRED  FlECKKISEN. 


79. 

AULETISCHER  UND  AULODISCHER  NOMOS. 


Im  achten  supplementband  dieser  Jahrbücher  s.  309 — 351  hat 
HQQhrauer  ftuszerBt  wertvolle  anfechlüsee  über  den  pjthischen 
nomoa  gegeben,    er  hat  gezeigt  dasz  dieses  mnsikstück  der  solo- 
Torirag  eines  auleten  war,  der  anf  seinem  Instrument  in  fünf  be- 
stimmten  abteilangen  ApoUons  kämpf  und  sieg  über  den  pjthischen 
drsehen  zur  darstellang  brachte,    nnr  an  zwei  stellen  des  nomos 
giaobte  O.  die  mitwirknng  noch  anderer  mnsiker  annehmen  zu  sollen. 
onters.  hftlt  auch  das  für  annOtig,  indem  Einmal  caXTnCTiKä  xpoO- 
^Mrra  sehr  wol  eine  trompetenartige  fanfare  bedeuten  können,  die 
der  aalet  selbst  auf  seinem  instrument  blies,  die  sjrinx  aber  ander- 
seits nicht  notwendig  die  Panspfeife  zu  sein  braucht,  sondern  auch 
eine  Torrichtong  am  aulos  gewesen  sein  kann,  etwa  eine  verlftngerung 
des  rohrs,  die  man  ansetzen  und  wieder  wegnehmen,  auch  vielleicht 
allein  für  sich  zum  blasen  benutzen  konnte,  im  Philologus  XXXVIII 
i.  378  ff.  findet  man  alle  einschlftgigen  stellen  hierüber  zusammen- 
gesteDt,  und  wenn  damit  auch  völlige  gewisheit  über  diese  art  sjrinx 
noch  nicht  erreicht  ist,  so  steht  jedenfaUs  so  viel  fest,  dasz  eine 
Panspfeife  zur  ausführung  des   pjthischen  nomos   durchaus   un- 
nötig war. 

Aas  den  schollen  zu  Pindars  12r  pjthischer  ode  ersehen  wir 
übrigens  noch ,  dasz  der  p jthische  nomos  nicht  die  allein  mögliche 
ao/gsbe  für  die  auleten  beim  agon  in  Delphoi  war:  denn  der  in  die- 
sem gedieht  gefeierte  Midas  hat  nicht  dieses  stück,  sondern  viel* 
mehr  den  vö)AOC  iroXuK^ipaXoc  geblasen,  eine  composition  die  mit 
dem  iCttT*  ttoxi^v  pjthisch  genannten  nomos  nicht  nur  der  form, 
aondera  auch  dem  Inhalt  nach  eng  verwandt  war.  sie  behandelte 
aemlicb  die  tOtung  der  Medusa  durch  Perseus,  enthielt  auch  wie  der 
pjtliische   nomos   eine  ziemliche  anzahl  verschiedener    abschnitte 

Mhr^achOT  Ar  cUm.  philol.  1879  hfl.  9.  87 


578  KyJan:  auletisclier  und  aulodiBcher  nom08. 

(liibf)  oOv  bid  iToXXujv  irpoot^iujv  cuvccTUüca  lautet  die  wahrschein- 
lichste erklSning  des  titeis  TToXuK^qxxXoc  bei  dem  scholiasten),  und 
darunter  war  sogar  auch  ein  cuptT^ot  oder  cupiT^öc,  in  welchem  teile 
Midas  das  zischen  der  schlangen  am  köpfe  der  Medusa  nachgeahmt 
haben  wird,  so  schön  wie  früher  Sakadas  das  letzte  zischen  der  Ton 
ApoUon  erlegten  schlänge,  war  dieses  syrigma  der  schluszdes  polyke- 
phalos,  dann  ist  wol  denkbar  dasz  Midas  wirklich,  wie  der  scholiast 
sagt,  nachdem  ihm  das  mundstück  zerbrochen  war,  Tp6in|i  cipiTTOC 
weiter  blies  und  den  sieg  errang,  einen  ordentlichen  ton  konnte  die- 
ser künsüer  aber  unmöglich  mehr  erzielen,  wenn  die  YXuiTric  ent- 
zwei war:  denn  mit  diesem  werte,  das  ja  auch  Stimmritze  bedeutet, 
wird  offenbar  ein  mundstttck  bezeichnet,  wie  man  es  noch  jetzt  auf 
d§r  obo($  hat ;  ist  aber  dieser  wichtigste  teil  des  Instruments  verletzt, 
so  ist  die  gewöhnliche  art  der  tonerzeugung  total  unmöglich  geworden, 
nur  ein  stöhnen  oder  zischen  war  noch  möglich ,  ein  unftsthetischer 
ton ,  den  Telephanes  von  Megara  verabscheute  (Plut.  de  mus.  24). 
Selbstverständlich  verlangte  der  nomos  als  ein  virtuosenconcert 
nicht  eine  kleine  bequem  zu  behandelnde  sorte  auloi,  sondern  grosze 
volltönende  Instrumente,    das  sagt  uns  überdies  noch  ausdrOcklicb 
Athenaios  IV  c.  79,  wo  von  den  f)^(onoi  oder  iraibiKol  aöXo(  und 
ihrem  gegensatze,  den  ^vaYiOvioi,  die  rede  ist.   und  ganz  in  Über- 
einstimmung mit  ihm  befinden  sich  Aristeides  QuinÜlianus  s.  101 
und  PoUux  lY  81.  sie  unterscheiden  nemlich  beide  die  TTuOiKoi  auKoi 
von  den  xopiKoi.   erstere  (auch  T^Xeioi  genannt  und  wahrscheinlich 
von  gleicher  mensur  wie  die  zu  den  hymnen  geblasenen  ctrovbeiaxoi) 
waren  nach  FoUux  beim  paian  sowie  bei  dem  solovortrag  des  pjthi- 
sehen  nomos  üblich  (r)()Xouv  dxopov  aöXimo,  tö  ITuOiköv),  letitere» 
die  chorflöten,  dienten  zum  vertrag  der  dithyramben. 

Derselbe  vf.  nun,  dem  die  forschung  über  den  auletiechen  nomoi 
ihre  erste  anregung  und  in  den  meisten  puncten  auch  ihre  richtige 
erledigung  verdankt,  hat  jetzt  seine  aufmerksamkeit  auf  das  zu- 
nächst angrenzende  gebiet  gewendet  in  folgender  abhandlung: 

ZUR   OESCHIOHTE   DER  AULODIK  BEI  DEN  GRIECHEN.     VON  HEINEICH 

OUHRAUBR.    (osterprogramm  1879  des  gymn.  za  Waldenharg  m 
Schlesien.)    druck  von  Paul  Schmidt.    16  s.   gr.  4. 

Der  erste  teil  dieser  abh.  beschäftigt  sich  mit  dem  wesen  und 
dem  begriff  der  aulodik.  im  gegensatz  zu  vielen  andern  forsehern 
nimt  der  vf.  mit  berufung  auf  Plut.  de  mus.  8  und  Paosanias  X 
7,  5  sowie  auf  die  gleich  zu  erwähnende  stelle  aus  Athenaios  XH 
an,  dasz  unter  dem  auXcfjböc  nicht  der  aulet,  sondern  der  sInger  su 
verstehen  sei,  eine  annähme  mit  welcher  refl  vollkommen  einver- 
standen ist  für  den  fall,  dasz  wirklich  immer  zwei  muaiker  und  nicht 
vielfach  nur  6iner  bei  dem  aulodischen  npmos  thätig  war. 

Waren  aber  zum  aulodischen  nomos  6in  oder  zwei 
musiker  nötig?  wurde  der  Sänger  fortwährend  von  einem  aulett n 


ItJan:  ans.  y.  HGnliraiier  zur  gesch.  der  anlodik  bei  den  Griechen.  579 

begleitet,  oder  blies  der  anlode  nur  vor-  und  Zwischenspiele  und 
stiig  im  Übrigen  ohne  begleitung?  das  ist  ohne  zweifei  die  haupt- 
frage,  anf  die  es  bei  dieser  art  von  vertrag  ankommt;  mit  recht 
legt  auch  G.  anf  dieselbe  das  hanptgewicht;  aber  mit  der  von  ihm 
gegebenen  ISsnng  kann  sich,  so  gut  sie  auch  bezeugt  scheint,  ref. 
dennoch  nicht  einverstanden  erklären,  bei  Athenaios  XTV  c.  14 
steht  allerdings  mit  klaren  Worten:  i|idXX€t  b*  aüvSlt  [t<^  Wapwb^] 
imy  ^  OfjXcux,  die  Ka\  T<^  aöX(fi2)d>.  Mborm  bi  6  cTcqpovö'c  T<p 
IXopifibi^  KoA  rC^  aöXtfib«!^,  od  Tip  i|idXTr)  oübi  Tip  aöXriT^.  bier 
wird  freilich  neben  dem  auloden  ausdrücklich  der  begleitende  aulet 
erwShnt,  und  zu  der  zeit,  in  der  des  Athenaios  gewährsmann  — 
wahrscheinlich  Aristokles  von  Messana  um  300  nach  Ch.  —  lebte 
nnd  schrieb,  musz  also  die  anlodik  ein  duett  gewesen  sein,  sie  wird 
ferglichen  mit  der  hilarodik,  einer  gesangsproduction,  die  mit  gesten 
b^leitet  wurde  (cxtv(Z€Tat  ö  IXaptfiböc  Ath.) ,  also  jedenfalls  eines 
Spielers  fllr  das  begleitinsirument  bedurfte. 

Eine  solche  leistung  aber,  bei  der  zwei  musiker  genau  zusammen- 
geben mnsten ,  hatte  ihre  groszen  Schwierigkeiten,  die  Vereinigung 
mehrerer  stimmen  zu  einer  gemeinsamen  leistung  erforderte  hin- 
reichende ansbildung  der  beteiligten  an  sich  und  auszerdem  noch 
fleisrige  übmig  im  zusammenspiel  (G.  s.  6).  Klonas  aber,  der  haupt- 
l^cgTlinder  des  aulodischen  nomos,  lebte,  wie  es  scheint,  lange  zeit 
for  Terpandros*,  und  schon  vor  ihm  wiederum  hat  sich  in  ähn- 
licher weise  Ardalos  von  Troizen  bethfttigt  (Plut.  de  mus.  5).  soll- 
ten wir  uns  wirklich  denken  kOnnen,  dasz  eine  Vereinigung  von  flöte 
inid  gesang  schon  in  jener  uralten  zeit  sitte  gewesen  sei ,  lange  vor 
einwandeniBg  des  Olympos,  durch  den  ja  kunstgerechte  auletik  zu- 
ost  in  Griechenland  bekannt  wurde  (Plut  de  mus.  7)?  schon  die- 
se umstaiid  mosz  uns  gegen  die  annähme ,  als  sei  diejenige  art  der 
•oiodik,  welche  Athenaios  und  sein  gewährsmann  im  äuge  haben, 
die  älteste  tmd  einzige  in  Griechenland  gewesen,  äuszerst  bedenklich 
machen,  andere  gewichtige  umstände  treten  hinzu,  diese  bedenken 
zn  verstärken. 

Sobald  bei  einer  aulodischen  leistung  zwei  musiker  beteiligt 
waren,  flbemahm,  wie  wir  gesehen,  der  sänger  die  hauptrolle:  nur 
€r  wurde  mit  einem  preise  belohnt,  wenn  er  seine  sache  gut  gemacht, 


^  Platarch  de  am»,  4  afthlt  die  aulodischen  nomen  vor  den  kitha- 
fodifdien  auf,  er  erklärt  anch  deutlich  erstere  für  älter  c.  4  ge.  und 
c  S  I«.  Orpbeai,  heiist  et,  des  Terpandros  vorfahr,  konnte  noch  nie- 
■aaden  ii»cliahnien :  denn  es  war  noch  niemand  vor  ihm  da  als  nur  die 
nlodiaehen  componisten.  c.  4  xa.  beisst  es  allerdings,  oachdem  P0I7- 
BaesUw,  der  begründer  der  aweiten  musischen  katastasis,  erwähnt  war: 
o(  hi  tfVc  Ki6apq)6ia%  vö^oi  irpörcpov  iroXX4»  XPdvqi  tCbv  aöXqiöiK<&v 
varccraOncav  Iwl  1  €pirdv6pou.  das  kann  jedoch  recht  gut  so  ge- 
•eiat  a«ia:  die  kitbarodiicben  nomen  haben  frUher  als  die  (übrigens 
^terso)  «alodischen  eine  feste  katastasis  gehabt,  wurden  früher  fixiert, 
vielleicht  früher  schriftlich  aufgeseiohnet  durch  Terpandros;  den  anlo- 
itsehen  wurde  dies  erst  durch  Poljmnestos  zu  teil. 

37  • 


580  EyJan:  aoletischer  und  aolodischer  nomoa. 

der  dienende  aulet  wurde  wenig  beachtet,  wer  eoU  denn  aber  in 
jener  altersgrauen  zeit  des  Ardalos  und  Elenas  die  begleitnng  ge- 
blasen haben  ?  warum  verschweigt  uns  die  fiberlieferung  die  namen 
der  ersten  aulosbläser  in  Griechenland?  erregt  nicht  beim  adodi- 
sehen  nomos  im  gegensatz  zu  der  recitation  jener  zahllosen  rhapsodsn 
und  aöden  gerade  die  instrumentale  leistung  das  allgemeine  interesse? 

Bei  den  ersten  pythischen  festspielen  ol.  48, 3  siegte  der  Arkader 
Echembrotos  als  aulode,  er  sang  den  Hellenen  iiiXea  wa\  dXetouc 
(Paus.  X  7,  5),  ein  begleitender  flötenspieler  wird  auch  bei  ihm 
nicht  erwILhnt.  er  wird  aber  auch  sonst  niemals  erwfthnt.  6.,  dem 
ja  ref.  das  meiste  von  dem  hier  zu  seiner  ausfUhrung  benatzten 
material  verdankt ,  macht  selbst  s.  4  seiner  schrift  auf  diesen  saf- 
Mligen  umstand  aufmerksam,  und  dieses  schweigen  der  Über- 
lieferung ist  um  so  bedeutsamer,  als  bei  siegen,  die  ein  eher  er- 
rungen, der  begleitende  aulet  in  der  weihinschrift  nicht  vergessen 
zu  werden  pflegte  (CI6.  1579  und  1580).  müssen  da  nicht  onsere 
zweifei  an  der  ezistenz  eines  den  nomos  begleitenden  aoleten  mehr 
und  mehr  an  consistenz  gewinnen? 

Auch  der  name  auXqjböc  ist  geeignet  diese  zweifei  zu  verstlr- 
ken.  es  wäre  doch  wunderbar,  wenn  man  bei  dieser  kunstgattong 
den  Sänger  nach  dem  begleitenden  Instrument  genannt  hfttte,  wlh 
rend  dieses  von  einem  andern  gespielt  wurde.  G.  bemerkt  zwar, 
das  ethos  der  zum  aulos  gesungenen  lieder  sei  ein  so  wesentlich  an- 
deres gewesen  als  bei  den  zu  Saiteninstrumenten  gesungenen,  dasz 
schon  dieser  umstand  die  benennung  aöXcfjböc  veraiüaszt  haben 
könne;  uns  will  jedoch  jenes  motiv  nicht  bedeutend  genug  erschei- 
nen, um  die  wunderliche  terminologie  völlig  zu  rechtfertigen,  auch 
die  bildwerke  liefern  —  das  glaubt  ref.  bestimmt  versichern  zu 
können  —  kein  einziges  beispiel  ftlr  einen  im  agon  concertierenden 
sftnger  mit  begleitung  eines  seitwärts  stehenden  auleten. 

Den  stärksten  beweis  gegen  seine  eigne  auffassung  der  sache 
liefert  indes  G.  s.  11,  wo  er  zugesteht  dasz  nie  ein  kitharode  oder 
ein  anderer  sänger,  wol  aber  auleten  im  aulodischen  agon  aufge- 
treten seien,  mit  den  dort  angeftlhrten  namen  Sakadas  und  Chairü 
ist  nun  freilich  nicht  viel  anzufangen;  mehr  beispiele  sollen  die  in- 
schriften  bieten,  ist  dem  aber  so ,  haben  wirklich  auleten  zuweilen 
im  aulodischen  nomos  gesiegt,  dann  dürfte  doch  wol  entschieden 
sein,  dasz  der  aulode  bläser  und  sänger  in  6iner  person,  nicht  sänger 
allein  war.  für  diese  auffassung  der  sache  spricht  überdies  noch 
das  auffallende  schwanken  der  fiberlieferung  bezüglich  auletiscber 
und  aulodischer  nomoi.  da  nemlich  der  unterschied  zwischen  beiden 
gattungen  von  den  schriftsteilem  selbst  so  häufig  völlig  verwischt 
erscheint,  werden  wir  uns  denselben  nicht  so  wuentlich  denken  dflr- 
fen,  wie  ihn  G.  hinstellt:  die  flöte  musz  denn  doid  auch  bei  der  anlo- 
dik  eine  hauptrolle  gespielt  haben.  PoUux  hat,  wie  der  vf.  s.  9  rich- 
tig bemerkt,  alle  aulodischen  nomoi  unter  die  auletischen  sub- 
sumiert; aber  auch  den  cxotvtujv  nennt  Hesjchios  udw.  einen  anle- 


KvJfto:  ans.  ▼.  HGnbraner  zur  gesch.  der  aulodik  bei  den  Griechen.  581 

tischen,  den  dpOtoc  das  scholion  zu  Aristophanes  Ach.  16  ebenfalls 
einen  aaletischen  nomos,  nnd  beide  compositionen  gehörten  doch 
sseh  Plntarch  c.  5  n.  9  zur  aulodik.  Plutarehs  achtes  cap.  bereitet 
ans  «ben  diesen  gründen  den  auslegem  unendliche  Schwierigkeiten, 
nnd  es  ist  ganz  natürlich ,  wenn  ülrici  (gesch.  der  hell,  dichtknnst 
US.  180)  angesichts  dieser  stelle  zu  dem  Schlüsse  kommt:  *jeder 
aulodische  nomos  war  zugleich  ein  auletischer.'  das  ist  eben  auch 
die  ansieht  des  ref.,  und  G.  findet  s.  11  dieselbe  sogar  selbst  ganz 
plausibel. 

Eine  hauptetelle,  welche  6.  herbeizieht  um  seine  ansieht  zu 
stützen,  ist  Plut.  de  mus.  c.  36.  es  wird  dort  —  wahrscheinlich  mit 
werten  des  Aristoxenos  —  entwickelt,  wie  viel  dazu  gehöre,  um  ein 
richtiges  urteil  über  eine  musikalische  composition  abgeben  zu  kön- 
nen, es  kftmen  dabei  in  frage  wesentliche  dinge,  wie  der  gesang  oder 
das  flötenspiel  selbst,  und  unwesentliche  dinge,  die  nur  mittel  zum 
zweck  seien,  die  aber  der  musiker  leicht  als  die  hauptsache  be- 
trachte, da  heiszt  es  denn  von  einem  solchen  musiker:  ÖYTOKpivete 
T^p  &v  TIC  dKOuuiv  aöXriToO  [Yolkmann  und  Guhrauer  aöXipboO], 
itÖTcpöv  TroT€  cu^ipuivoOov  o\  aöXoi  f^  oC,  kqI  nÖTCpov  f|  btäXcicroc 
coqrfjc  f\  Touvctvriov  toutuiv  b'  ?KacTOV  M^poc  icfx  iflc  aöXriTiKfic 
[auXipbucf)c]  ip^nvciac,  od  }x4yto\  riXot,  dXX'  ^CKaToOr^ouc 
T^rvö{^€VOV.  O.  versteht  die  worte  so:  ein  fachmusiker  entscheidet 
wol  leicht,  ob  die  flöten  gut  im  takte  mit  dem  sänger  zusammen- 
gehen oder  nicht;  auf  erklftrung  des  wertes  btäXcKTOC  aber,  welches 
Wjttenbach  und  Volkmann  mit  diäkäus  übersetzen,  das  sie  mithin 
aof  die  textaussprache  des  sftngers  beziehen,  leistet  er  völlig  verzieht 
(s.  2  und  6).  er  gibt  sich  vergeblich  mühe  den  plural  cu^q)UJVoOciv 
oi  aüXo{  zu  erUftren  und  vergiszt  dabei  ganz  —  wenigstens  im  texte 
der  abh.  —  dasz  das  griechiche  concertinstrument  nicht  ein  ein- 
facher, sondern  ein  doppelt e^r  aulos  war. 

üeber  diesen  punct  stimmen  aber  bildliche  und  schriftliche 
quellen  prttchtig  überein.  reliefs,  wandgemttlde  und  vasen  zeigen 
mit  ganz  geringen  ausnahmen  stets  doppelte  auloi',  und  zwar  haben 

'  wissenflchafilich  arch&oIogiBche  nntersnohangen  lassen  sich  be- 
greiflicher weise  in  einer  lotbrin (fischen  provincialstadt  nicht  anstellen, 
indes  weiss  ref.  doch  ans  der  seit  seiner  arohXologischen  Studien  sich 
so  Tiel  an  erinnern,  dass  einfache  flöten  fast  niemals,  sondern  nahesn 
in  allen  fallen  doppelflöten  anf  bildwerken  jeder  art  sieb  dargestellt 
finden,  die  nochmalige  durchsieht  der  Müller- Oesterlejschen  bildwerke 
bcstUigte  diese  erinnemng.  hier  findet  sieh  ^in  beispiel  einer  quer« 
flöte  (n  B.  460)  nnd  gar  keines  fUr  einen  einaelnen  aalos,  der  wie  un- 
sere elarinette  geblasen  wurde.  Gnhl  nnd  Koner  s.  238  haben  aller- 
dhigs  ein  paar  solche  ausfindig  gemacht,  wer  weiss  ans  wie  spftter  zeit. 
aaählige  rasenbilder  beweisen  dagegen  den  gebrauch  des  doppelten 
aalos  beim  gastmahl,  beim  pentathlon,  im  mnsisehen  agon  nsw.  am 
iateresesntesten  für  nnsem  sweck  ist  das  schwarsfignrige  vasenbild. 
das  ich  laider  angenblicklicb  nur  nach  Panofka  'Griechen  nach  antiken* 
a.  18  dtieren  kann,  ein  anlet  steht  da  auf  einer  erhöhnng  swischen 
zwei  sitzenden  kampfrichtern  nnd  bIXst  anf  einem  paar  flöten  von  glei- 
cher  llnge.     auffallend    war   mir,    dasz  die  anleten  am  fr  lese  des 


582  KvJan:  auletischer  und  aulodischer  nomos. 

meist  beide  instrumente  gleiche  Iftnge,  mitunter  jedoch  hat  auf  dar- 
Stellungen  jttngern  datums  der  eine  von  beiden  auloi  jenen  ge- 
krümmten ansatz,  den  man  als  das  berekjnthische  hom  bezeichnet' 

Unsere  alten  Schriftsteller  sprechen  zwar  recht  oft  von  auXöc 
oder  tibia  im  singular;  dasz  jedoch  diese  ausdrücke  coUectiv  za  ver- 
stehen sind ,  beweisen  stellen  wie  CaKdbac  ö  'ApTCioc  [dviVTOp€uOn 
vikOüv]  em  toTc  aöXoic  (Paus.  X  7),  oder  9acl  Top  bi\  Tf|V  'AOnväv 
€upoGcav  dnoßaAeiv  touc  auXouc  (Aristot.  poL  VUE  6),  oder  die 
oben  citierten  angaben  des  Aristeides ,  Athenaios  und  PoUux  ttber 
die  Tcrschiedenen  arten  der  auloi.  dasz  der  ^övauXoc  —  der  Abri- 
gens  von  dem  ägyptischen  worte  mann  ^die  flöte^  abzuleiten  sein 
dürfte  und  eine  querflöte  gewesen  zu  sein  scheint  —  im  griechischea 
-Volke  gerade  diese  namensform  bekam,  weist  sicherlich  auch  darauf 
hin,  dasz  den  Griechen  die  eixisamkeit  dieses  Instruments  im  gegen- 
satz  zu  den  gewöhnlichen  auloi,  die  sie  sich  gern  verheiratet  dachten 
(Follux  IV  80  TQMn^iOi),  als  ein  auffUliger  umstand  erschien,  der 
monaulos  galt  entschieden  für  barbarisch^  und  wurde  höchstens  eia- 
mal  bei  hochzeiten  geduldet,  sonst  gebrauchte  man  ihn  auf  der  bflhne, 
wenn  barbaren  wie  Thamyris  auftraten,  und  im  tingeltangel,  wo  man 
sich  auch  das  vdßXa  (die  ägyptische  laute,  «le/er,  hebr.  nebd)  und 
andere  barbarische  Saiteninstrumente  gefallen  liesz.^  dasz  in  der 
regel  auch  bei  trinkgelagen  die  doppelflöte  an  der  tagesordnung  war, 
und  zwar  zwei  kleine  flöten  von  gleicher  länge,  sagt  uns  PoUox 
IV  80.  differenz  hersoht  bei  den  Schriftstellern  nur  darüber,  ob  der 
rechte  oder  linke  aulos  der  tiefere  war. 

So  kann  denn  in  der  fraglichen  stelle  bei  Plutarch  das  aqiipui- 
voCctv  ol  aöXo(  neben  dem  singular  toO  auXriroö  unmöglidi  aof 
etwas  anderes  gehen  als  auf  das  harmonische  zusammenstimmen  der 
beiden  flöten,  uns  modernen  will  es  zwar  kaum  glaublich  erscheinen, 
dasz  bei  den  Qriechen,  bei  denen  doch  mehrstimmiger  gesang  etwas 
undenkbares  war,  die  flötenbegleitung  zweistimmig  gewesen  und 
noch  dazu  von  einem  einzigen  menschen  geblasen  worden  sei.  aber 
des  wunderbaren  gibt  es  im  altertum  noch  mehr,  und  die  historische 
forschung  darf  sich  dadurch  nicht  beirren  lassen«    dasz  das  flöten- 

Parthenon  auf  allen  seichnoDffen  einfache  auloi  haben,  an  maiaer 
grossen  genogthunng  teilt  mir  jedoch  hr.  dr.  M  Frank  ol  in  BarHa,  wo- 
hin ich  mich  deshalb  nm  aoakanft  gewendet,  mit,  dasa  aämtUche  aeicb- 
nungen  falsch  seien  and  daas  AdMichaelia  in  aeinem  prachtwerk  ober 
den  Parthenon  a.  244  gestehe,  er  und  Forohhammer  hätten  an  itm 
original  doppelflöten  gesehen,  [vgl.  die  demnächat  eradieiaendea ler- 
handlangen  der  philologenversamlong  in  Trier.] 

'  Guhl  und  Koner  fig.  244  e  n.  t'.  Müller  und  Oeaterlej  haben  0 
n.  295  ein  solches  beispiel  von  einem  römischen  reUef  nad  n.  614  sis 
solches  von  einer  gemme  entnommen,  aaoh  die  Wandgemälde  in  Foai- 
peji  enthalten  beispiele  davon.  ^  ftgyptiach  ist  der  mooAalos  nacb 
Jaba  bei  Ath.  IV  78.  Oairis  soll  ihn  erfanden  haben,  ebenso  wie  die 
q^iifTifi  benannte  querflöte.  den  ägyptischen  arspmng  besengt  aoe^ 
Polloz  IV  76.  B  Pollax  IV  76.  Poaeidonioa  bei  Ath.  IV  78  neant 
photinx  und  monaaloa  kuü^uiv  oö  iroX^fiuiv  6pTava. 


XtJbii:  am.  ▼.  HGohraaer  cur  gesch.  der  anlodik  bei  den  Griechen.  583 

spiel  wirklich  in  der  regel  zweistimmig  war,  geht  ans  Piatons  wer- 
ten hervor  in  der  repnblik  HI  10  Ti  bl ;  auXoiTOiouc  f\  aöXtiT&c 
iropaöäei  de  Tf|v  nöXiv;  f\  oi  toCto  7ToXuxop&6TaTov*  xal  aOrä 
Td  irovapfiövta  aöXoO  tutx^vci  övra  ^(MiiMa;  auch  Plutarch  sagt 
uns  auf  dais  allerdentlichste  c.  29,  Lasos  von  Hermione  habe  den  ge- 
braut mehrerer  und  zerstreuter  (5i€ppt)uifi^oi)  töne  auf  den  dithj- 
nmbos  (wahrscheinlich  die  begleitung  desselben)  fibertragen  T^  T(£»v 
oöXu^  iroXucpujvfqi  KaraKoXouOf^cac.    Varro  vergleicht  de  re  tust. 
I  2, 15  das  verh&lüiis  zwischen  aokerbau  und  Viehzucht  mit  der  Ver- 
bindung der  rechten  und  linken  flOte,  von  denen  die  eine  eiusäem 
conmms  ineenHva^  die  andere  succentiva  sei.   und  Apulejus,  der  in 
«einen  Florida  gleich  zu  anfang  gesagt,  früher  habe  man  nur  ^ine 
tüna  geblasen,  f&hrt  fort:  primtu  Hyagms  m  conendo  manus  disoa- 
pedmavU^  primus  dua$  tibias  uno  spiritu  ammavU^primus  laevis 
ä  destris  foramMibua  acuta  tifmUn^  gravi  hombo  concentum  musiewm 
mtscifjf.   es  hilft  uns  also  alle  Verwunderung  nidits:  die  alten  haben 
aof  ihren  flöten  zweistimmig  geblasen,  und  zwar  so  dasz  die  eine 
{mcmUva)  die  melodie  fahrte,  die  andere  {succentiva)  begleitete, 
die  begleitung  aber  werden  wir  uns  bei  den  Griechen  so  denken 
mfiasen,  dasz  die  begleitende  flöte  einen  hohen  ton  aushielt,   dasz 
die  begleitung  in  der  Oberstimme  lag^  sagt  Aristoteles  probl.  19, 
12;  die  richtige  erklftrung  des  ausdbrucks  vitö  Tf|V  (}jbf)V  Kpotieiv 
(ebd.  39.  Flut.  c.  28)  ftlhrt  auf  dieselbe  thatsache,  wenn  man  bedenkt, 
welche  anaohauung  ausdrücken  wie  fiiraroc,  öirep^^O)  udgl.  zu 
gründe  liegt,    dasz  die  begleitung  öinen  ton  zu  vielen  melodietönen 
logab,  kann  man  aus  Plutarch  c.  19  herauslesen.* 

Die  Worte  c\i)ui(puivoOciv  o\  adXoi  enthalten  demnach  für  uns 
nicht  die  mindeste  Schwierigkeit,   nicht  so  günstig  steht  es  mit  den 

*  jeder  aulos  hatte  urapriinglich  vier  15cher,  natürlich,  da  der 
daamen  das  instmment  halten  mäste,  mithin  vier  finger  disponibel 
waren.  Diodoros  von  Theben  sab  ihm  mehr  löcher  (PoUoz  IV  80),  diese 
mute  er  wol  mit  klappen  sehUeBsen.  Proklos  im  oommentar  zu  JPlatons 
AUtibimde«  c.  68  (s.  197  Creiuer)  sagt:  £koctov  ydp  TpOm^fia  tiBv  oüXiSiv 
Tpctc  <p66ttouc,  Cbc  q>aci,  toöXdxicrov  dq^inciv  et  bi  kqI  t&  iropa- 
Tpuic^liaTa  dvoixOcd),  irXcfouc.  drei  töne  für  jedes  loch  ist  schwer 
riaablieb,  da  onsere  flöten ^und  oboiSn  nur  swei,  nnsere  clarinetten  nur 
einen  ton  mit  jedem  griff  erzielen.  ^  Gohraaer  erweist  mir  in  viel 
ehre,  wenn  er  s.  7  sagt,  diese  thatsache  sei  zuerst  von  mir  nachgewie- 
ieo.  Westphal  harmonik  s.  113  (oder  metrik  I*  706)  and  Qevaert 
histoire  et  th^orie  de  la  masiqoe  1  s.  364  kennen  das  auch  schon,  aaf 
die  richtige  erkllrang  von  tfnip  and  dirö  aber  habe  zuerst  ich  in  die- 
sen Jahrb.  1871  a.  869  hingewiesen,  vgl.  philol.  ans.  IX  s.  801.  für  die 
alten  Chiechen  liegen  nicht  die  spitseo,  sondern  die  stampfen,  langsam 
schwingenden  töne  oben  (ön^p).  ^  über  diese  stelle  handelt  am 
besten  Oevaert  ao.  s.  860  ff.  wir  würden  es  natQrlicher  finden,  wenn 
«in  b  aas  ton  aosgefaalten  worden  wäre  wie  der  orgelpanet  in  nnsem 
fvgen  oder  wie  der  bass  eines  dadelsacks.  doch  hat  sich  in  dar  grie- 
chischen kirehe  bis  auf  den  heutigen  tag  die  sitte  erhalten,  einen  hohen 
begleitlon  za  der  melodie  aassuhidten.  za  dem  figaralgesang  der  man- 
aer  hatten  knäben  in  der  höbe  den  grandton  Icov  ans:  vgl.  Ohrist  anth. 
earm.  ofarist.  s.  113. 


584  Kv Jan :  auletischer  und  aulodischer  nomos. 

darauf  folgenden  werten  von  der  caq>j|c  biäXcKTOC.  es  scheint  da  aa 
ein  Zwiegespräch  der  beiden  flöten  gedacht  zu  sein.  Westphals  aber- 
Setzung  der  stelle  ist  zwar  etwas  käin,  enthält  aber  immer  noch  dss 
beste,  was  bis  jetzt  gefunden  ist.  er  übersetzt:  *ob  die  mehrstimmig- 
keit  verständlich  oder  im  verständlich  ist.'  an  den  dialekt  bei  der 
teztauBsprache  eines  Sängers  zu  denken,  liegt  hier  unendlich  fem: 
die  textaussprache  darf  hier  gewis  nicht  erwähnt  werd^  wo  es  gilt 
technisch-musikalische  puncto  zu  nennen,  auf  welohe  der  fsch- 
musiker  mehr  als  billig  zu  achten  pflegt,  während  ein  besser  gebil- 
deter sie  weniger  hoch  anschlägt  die  hss.  haben  eben  auch  sämtlich 
auXriToO  und  aöXriTiKf^c.  an  einen  sänger  zu  denken,  dazu  fehlt  alle 
und  jede  veranlassung,  und  wo  es  sich  um  aulodik  handelt,  da  mau 
diese  stelle  ganz  aus  dem  spiele  bleiben. 

Die  frage,  ob  es  einen  aulodischen  nomos  gegeben  haben  könne, 
bei  dem  flötenspiel  und  textrecitation  nicht  zugleich,  sondern  ab« 
wechselnd  eintraten,  veranlaszt  uns  auf  das  wesen  des  nomos 
überhaupt  etwas  näher  einzugehen. 

Des  Terpandros  nomoi  bestanden,  wie  uns  Plutarch  berichtet^ 
hauptsächlich  aus  zwei  wesentlich  verschiedenen  abteilungen:  TÖv 
T^prravbpov  ifpy\  .  .  Kard  vö^ov  ^Kaciov  toic  ^ireci  Totc  iauroO 
Kai  TOic  *0^rjpou  }iiKr\  TiepmO^VTa  $t)€iv  iy  toTc  dtuiav,  so  enSblt 
Plutarch  de  mus.  c.  3 ,  wahrscheinlich  aus  Herakleides  ?on  Pontos. 
Terpandros  trug  also  wie  ein  rhapsode  epische  abschnitte  vor,  teils 
Homerische ,  teils  selbstverfaszte ,  und  umkleidete  diese  mit  eisern 
melischen,  dh.  musikalischen  vertrag,  ganz  ähnlich  lautet  derbe* 
rieht  im  6n  cap.  derselben  schrift:  rd  Tdp  irpöc  touc  Ocoüc  dqKKi- 
ujcdfievot  ä^ßaivov  €Ö60c  iiti  re  Tf|v  'O^/lpou  Kai  tuiv  dXXujv 
TTOinciv.  bnXov  bk  toOt'  fcTi  bid  tOüv  Tcpirdvbpou  irpooi^ituv.  s»« 
(nemlich  die  nomossänger  wie  Terpandros  na.  bis  auf  Phrynis)  ent- 
ledigten sich  zuerst  ihrer  heiligen  Verpflichtung  gegen  die  gottheit 
je  nach  landes-  und  festgebrauch  und  giengen  dann  zu  epischer  red- 
tation  über,  vö^oc  heiszt  demnach  eigenüich  die  sitte  der  gottes- 
Verehrung ,  der  jedesmal  Kard  vöjiov  iKacrov  erst  genügt  werden 
muste  in  dem  proeimion,  bevor  die  declamation  beginnen  durfte, 
und  bezieht  sich  also  ursprünglich  auflese  feierliche  einleitung. 
Clemens  von  Alexandreia  hat  uns  ja  ein  solches  nomosprooimion  des 
Terpandros  aufbewahrt  in  jenem  ZeC  irdvTUiv  dpxd  (Bei^k  FLG. 
Terp.  fr.  1),  und  dasz  namentlich  in  Dodona  Zeus  mit  solchen  lang- 
gedehnten choraltönen  angerufen  wurde ,  beweist  uns  der  name  des 
versfuszes  molossos.  aber  auch  andere  gottheiten  rief  man  in  &hn- 
liehen  formen  an,  das  sehen  wir  an  des  Terpandros  drittem  nnd 
viertem  fragment  bei  Bergk,  von  denen  jenes  an  die  Musen,  diese» 
an  die  Dioskuren  sich  wendet  verschiedene  schriftsteiler  erzählen 
uns  von  den  gedehnten  längen  des  troehaios  semantos  und  orthiosS 


*  Soidaa:  ÖpSiov  vö^ov  kqI  Tpoxatov*  toOc  60o  v6|jioüc  ditÖTiShr^uO- 
piZiv  div6)M(C€  I  ^pirav6poc,  dvaTCTafi^voi  h*  f|Cav  kqI  cÖtovoi.   Antte»«^^' 


KtJu:  ans.  ▼.  HQuhraaer  zur  geech.  der  anlodik  bei  den  Griechen.  585 

oder  denen  des  paion  epibatos,  sowie  Ton  der  hohen  tonlage,  die  be- 

sondera  dem  orthios  ^^  nomos  eigentümlich  war.  auch  in  Delphoi  hat 

gewis  der  alte  fesiritas  prooimia  in  solchen  ohoralähnlichen  langge- 

xogeniD  tönen  verlangt,  mit  der  zeit  wird  aber  wol  der  rituelle  erste 

teil  des  nomos  manigfach  erweitert  und  ausgeschmückt  worden  sein» 

wthrend  in  folge  solcher  ansbildung  des  musikalischen  dementes 

der  zweite,  declamatorische  teil  mehr  in  den  hintergrund  treten 

mochte,    so  werden  wir  es  uns  zu  erklären  haben,  warum  in  dem 

oben  s.  578  citierten  scholion  zu  Pindaros  der  nomos  polykephalos 

«06  i^i\  biä  iroXX(&v  7Tpooi)ui(ujV  cuvecTUJCa  genannt  wird;  beim 

raletischen,  einem  rein  instrumentalen  nomos  war  vielleicht  der 

redtierende  hauptteil  des  ursprünglichen  vortrage  ganz  in  wegfall 

gekommen ,  und  nur  noch  prooimia  waren  übrig  geblieben,   schon 

Terpandros  hat  jedenfalls  das  musikalische  prooimion  bedeutend 

weiter  entwickelt  auf  kosten  der  epischen  redtation,  so  dasz  wir  uns 

ucht  zu  sehr  wundem  dürfen,  wenn  auch  prooimia  in  hexametem 

anf  um  zurückgeführt  werden."    vielleicht  bezieht  sich  auf  sie  als 

den  zweiten  anhub  die  bezeichnung  ^€Tapx<i,  die  wir  bei  Pollux  lesen, 

1^0  derselbe  die  teile  des  vollstftndig  entwickelten  kitharodischen 

nomos  au&fthlt  (lY  66).    die  metarV^a  folgt  auf  die  eparcha  oder 

sreha  (letzteres  emendation  Bergks  FLG.  U^  s.  815),  unter  der  wir 

die  Torschriftsmftszige  feierliche  anrufung  des  gottes  verstehen. 

Aber  wie  dem  auch  sei,  jedenfalls  hatten  die  ersten  vortrage 
des  Terpandros  und  die  der  früheren  kitharoden,  wenn  es  solche 

Qoiiit.  s.  37  ÖpOioc  Ik  TCTpaci^^ou  dpccuic  usw.  Rosabach  ^r.  rhjthmik 
1.  96.  Ronbach  a.  Wesiphal  gr,  metrik  (1866)  s.  8.  Über  den  paion 
epibatoe  s.  unten  aam.  16. 

**  SpOioc   heiszt   «hoch«   b»  ÖEüc.     Aristot   probl.    19,    87.     scbol. 

Ariftopb.  Ach.  10  oOtui  kqXoOmcvoc  biä  rö  ctvai  cörovoc  kuI  dvdtociv 

^civ.     vgl.   die  in  der  yorig^en  anm.  dtierte  stelle  aus  Bnidas.    Ter- 

ptüdros  hat  einen  orthios  nomos  nicht  gesungen,  wol  aber  einen  öEt)c 

•,Plvt»  e.  4),  was  im  gründe  dasselbe  ist.    weil  in  ihm  der  'orthios'  ge- 

saBBte  Terafius  angewendet  war,  entstand  die  meinnng,  auch  der  or- 

tbische   aomos   rühre   von  Terpandros  her.     der  eigentliche  orthiscbe 

BOBoe  wird  aber  bei  Plntareh  o.  9. 10  erst  dem  Poljnnaestos  sageschrie- 

^B.     hohe    tonlage   mnss   den   nomoi   überhaupt  eigen  gewesen  sein 

'.Ar.  Q.  c  30  6  ^bf  oöv  vo^ucdc  Tp6iroc  icri  VTiTO€ibif|C    vgl.  Ar.  probU 

19.  37).     Chappel  historj  of  musio  s.  108  meint,   die  götter  hätten  wol 

»itnnter  ans  dem  schlaf  geweokt  werden  müssen.        '*  dfiq>(  fioi  aOric 

tfvnxO '  tarrfißoXov  db^ui  &  <pp/)v  ist  Hermanns  lesart  für  jenen  vers, 

aach   dem    man   später   die   kitharoden  d|Aq>tdvoKTCC  benannte   (sehol. 

Arbtoph«  Wo.  d96.  Bergk  Terp.  fr.  2).    Saidas,  der  unter  d^<piavaKTUIciv 

eisten  will,  der  vers  sei  der  an  fang  von  des  Terpandros  nomos  oi;^hios 

gewesen,   b«t  wol   ein  späteres  footum  auf  einen  grossen  namen  der 

▼oneit   BOjrfickdatiert:  denn  der  nomos  orthioe  ist  jünger,     wenn  man 

bei  Plot.  c.  7  liest,  Olympos  habe  das  KOtd  MktuXov  ct&c  in  den  nomos 

eiagefalirt,   so  möchte  man  fragen»  ob  Terpandros  überhaaot  daktylen 

icboa   in    der   einleitnng   angewendet   habe,     das   wird  sien  aber  vor 

Pfaktareb  e.  4  und  Proklos  bei  Photios  bibl.  s.  986  R.  (Bekker  II  s.  820^ 

<.  6)  niebt   ableugnen  lassen,     es  ist  ja  auch  recht  gut  möglich,  dass 

Ttrpaadro«  über  das  einfache  grundsohema  des  alten  nomos  schon  weit 

btnansgienff. 


586  EvJan :  auletucher  uud  aalodiacher  nomos. 

gab,  jene  zwei  von  Plntarch  deaüich  charakterisierten  teile,  und  iB 
dieselben  teile  zerfielen  ohne  zweifei  die  vortrSge  des  Klonas,  der 
den  anlodischen  nomos  begründet  hat.   auch  er  blies  jedenfalls  zu- 
erst auf  seinem  instroment  jenes  rituelle  prooimion  in  feierlicheB 
choraltönen  und  gieng  dann,  nachdem  er  der  heiligen  pflioht  genügt, 
zum  zweiten  teil  des  agon,  einer  unbegleiteten  recitation  fiber.  diese 
recitation  hatte  auch  bei  den  anloden  mitunter  episches,  hSofiger  je- 
doch elegisches  versmasz**;  daher  die  bekannte  verbindong  der  flöte 
mit  dem  distichon.  dasz  die  auloden  wfthrend  dieser  recitation  nichi 
blasen  konnten,  darf  nns  nicht  beirren,    auch  Terpandros  wird 
schwerlich,  wfthrend  er  Homer  rhapsodierte,  die  kithar  ge8chlage& 
haben,   das  möchten  wir  schon  darum  so  annehmen,  weil  die  kitba- 
roden  auf  agonistischen  -vasen  und  reliefe  nicht  so  dargestellt  er- 
scheinen, als  ob  sie  mit  dem  plektron  die  saiten  rührten,  sondern  in 
einem  stereotypen  gestus  mit  vorgestreckter  rechten:  TOic  {ff€Ci 
}iikr\  iT€piTi6^VT€C  ^ovTai,  wie  Plutarch  sagt  ebenso  denken  wir 
uns  die  iX€T€Ta  7Tpoc<)tb6)ui€va  TOic  auXotc  bei  Pausanias  X  7 :  £chem- 
brotos  reci^ert  elegien  zu  den  flöten,  dh.  nach  einem  Torspiel  und 
vielleicht  mit  Zwischenspielen  auf  diesem  instrument. 

Fehlte  wahrend  der  recitation  der  auloden  die  instmmeotal- 
begleitung,  so  muste  anderseits  —  was  den  Qriechen  wahrBchdnhd 
noch  weniger  angenehm  war  —  in  dem  prooimion  bei  anrafong  der 
gottheit  der  gesang  und  mithin  auch  der  text  fehlen,  dieser  mangel 
mag  wol  viel  mit  dazu  beigetragen  haben ,  dasz  der  aulodiscbe  agoo 
nur  so  kurze  zeit  in  Delphoi  bestehen  blieb,  zwei  umstftnde  aber 
können  auch  eingetreten  sein ,  um  diesen  mangel  wenigstens  in  der 
frühem  zeit  erträglich  erscheinen  zu  lassen.  6inmal  nonlieh  konn- 
ten imter  dem  schall  der  flöte  priester  oder  andere  anwesende  ein 
if)  irmdv^'  oder  ahnliche  rufe  anstimmen,  und  so  möchte  sich  Tiel- 


"  Plut.  c.  3  6mo(ujc  W  Tcpwdvbpt|f  KXovAv  t6v  irpdnrov  ocnioi- 
ficvov  ToOc  a()X(4)6tKoOc  vd^ouc  Kol  tA  irpocööia  ^creluiv  tc  icai  twünr 
iroiiTrf|v  xcTOv^vai  .  .  ol  6^  vöfioi  .  .  f|cov  .  .  "CXeroc.  ebd.  c.  B  *v 
<^PX4  Tdp  ^€T€ta  MCfüicXoirotrm^va  ol  aöXt|ibol  ijöov.  vgl.  die  nadiricbt 
TOD  Echembrotoa  bei  pAasanias  X  7.  '*  gegenüber  der  ieniech  ler- 
dehnten  form  (V|  iTaif|iJJV,  in  welcher  BnehhoUs  den  nreprüngUehen  pAiAo»- 
raf  gefunden  xn  haben  glaubte,  habe  ioh  im  philol.  ans.  IV  s.  96  di« 
kürzere  dorische  form  i^  iratdv  als  die  ursprüngliche  geltend  gemacht 
mit  benifunpr  auf  Plntarch  Ljaandros  18»  Athenaioe  XV  6S  und  <^. 
Aristoph.  Friede  458.  Bitter  406,  sowie  TerenUanue  Manms  vti 
Macrobiufl.  BuchholU  stimmt  mir  bei  Philol.  XXXII  s.  S18  ans.  ^^^ 
ruf  ii^  wurde  yielleicht  anfangs  einsilbig  gemessen,  wie  hlvfif  iü  ic 
den  chorgesängen.  dann  mag  wol  \i\  iraidv  den  text  de«  treehaios  senio 
tos  oder  des  orthios  gebildet  haben  und  von  swei-  oder  dreimalirtT 
stampfen  auf  den  aocent-  oder  auf  allen  silben  begleitet  gewesen  •<'*d 
(tripudüan),  -^  Gladstone  ^Homer  und  sein  seiUlter'  s.  898  belehrt  ud* 
nach  Lauth,  Pa-iäon  bedeute  im  ttgyptisehen  ^mann  fiir  krankheiten* 
und  daas  der  paian  uraprünglioh  der  heilung  von  krankheiten  galt,  wwUft 
ja  auch  noch  die  spXtern  Qriechen:  vgl.  Proklos  bei  Pbotioe  bibi.  t^ 
(Bekker  U  880«  88)  und  das  schol.  Arist.  [?]  p.  816«  bei  Voikmans  i- 
Plutarch  de  mua.  s.  81  ae. 


KTJan:  ans.  y.  HOukrauer  zur  gOBch.  der  anlodik  bei  den  Griechen.  587 

lekbt  erklären  lassen,  warum  an  zwei  stellen'^  von  beteiligung  eines 
diores  beim  nomos  die  rede  ist.  anderseits  konnten  sieh  feierliche 
tuubewogongen  mit  dem  prooimion  verbinden,  sei  es  indem  der 
anlode  dabei  dem  altar  oder  dem  platze  zuschritt,  von  dem  aus  er 
oacUier  recitieren  sollte,  worauf  die  werte  prosodion^^  und  paian 
epibatoB**  gedeutet  werden  kOnnen,  oder  dasz  er  jtne  weihenden 
schritte  ihat,  jenes  aufstampfen  mit  dem  fuszoi  das  Buohholtz  (tanz- 
kaut  des  Euiipides  s.  40)  als  notwendige  begleitung  des  paianrufes 
erweist  ohne  flötenspiel  war  der  paian  undenkbar  (Phit.  quaest 
coDT.  Tn  8,  4),  mit  dem  nomos  stand  er  von  alters  her  in  innigem 
nMunmenhang"  und  hat  yielleicht  in  musikalischer  und  rhjth- 
tmcher^  besiehung  aus  dessen  kunstvollerer  ausbildung  mit  der  zeit 
auch  aeinerseits  nutzen  gezogen. 

So  ist  es  denn  leicht  denkbar,  dasz  in  einem  aulodischen  pro- 
oimion der  auftretende  kOnstler  nur  mit  dem  Instrumente  thfttig  war. 
der  naehteil,  in  dem  er  sich  durch  mangel  der  werte  einem  kitha- 
nxleii  g^nttber  beüand,  wurde  reichlich  aufgewogen  dadurch  dasz 
die  flöte  ungleich  grössere  schallkraft  besasz  als  die  kithar  und  d»- 
out  zo  der  lauten  herbeirufung  des  gottes  ungleich  besser  geeignet 
var.  sie  blieb  darum  auch,  als  die  mischgattung  der  aulodik  ausser 
gebraooh  kam,  als  das  geeignetste  Instrument  bei  paianen  und  pros- 
odien  im  gebnuch.  henrorragender  kflnstler  bedurfte  es  dazu  nicht 
nähr,  als  daa  flOtenspiel  mehr  im  lande  verbreitet  war;  die  zu  feier- 
lichen opfern  nötigen  vorspiele  werden  dann  auleten,  die  zum  stän- 

^  die  erste  atalle  ist  die  vom  vÖMOC  rptficXfic  oder  rptficpfic 
b«!  PlnUreh  de  mna.  8,  die  iweite  von  Prokloa  herrührende  steht 
ia  Photiof  bibL  e.  086  R.  (Bekker  II  s.  880«  86):  vor  ChijaotheBda 
•oU   in   Delphoi    ein    chor    den    nomoa    geaongen    haben.  |*    bei 

d^Q  hjrmnen  pflegte  man  au  stehen  und  aie  zur  kithar  an  aingen; 
die  proaodia  aber  worden  aar  flöte  geanngen,  wenn  man  dem  altar 
«der  dem  tempel  aaachritt:  Prokloa  ao.  (Photioa  Bekk.  II  890*  19). 
Vfi.  die  Worte  Plntarcha  (c.  8)  in  onaerar  anm.  12  und  e.  29  koI  oöt6v 
^  t6v  'OXu»Airov  £k€Ivov,  di  5f|  Tf|v  dpx^v  rfjc  '€XXnviKf)c  tc  koI  vojii- 
v^ic  luföct^  diro6i6daci,  tö  tc  Tf)c  Apfioviac  rdvoc  iUvoeXv  <pact,  koI 
Tdv  ^^<nv  Töv  T€  irpocoötOKÖv  £v  ip  ö  ToO  "Apcuic  VOMOC.  '*  daa 
in  der  ans  fttnf  langen  ailben  beatehende  paiansraf:  Boaabaeh  gr. 
r^rthmik  s.  104  ff.  Bnchholti  tansknnat  a.  61  ff.  vgl.  Prokloa  bei 
PbotiM  bibl.  ao.  a.  24  iccrraxpncnKa»c  64  Kol  tä  iTpoc66id  Ttvcc  ircndvoc 
^ouav.  «^  Prokloa  bei  Photioa  ao.  (Bekker  II  320  ^  23)  aagt,  wo  er 
d«o  oatersebied  dea  nomoa  vom  dithjramboa  beapricht:  ö  64  vö^oc  6okc1 
Mdv  dic6  toO  wondvoc  ^f^vai.  beim  paian  nnd  beim  nomoa  iat  dieselbe 
Mffte  fldtan  im  gel^raneh:  PoUnx  lY  81.  ^  In  anm.  18  nahmen  wir 
ta,  die  drei  ailben  f\  iraidv  aeien  anfänglich  iambiach  dh.  dreiteilig  ge- 
aeiMa  worden,  aie  waren  aber  dnrch  Kreter  nach  Delphoi  gebracht 
W.  Ap.  Pjtb.  322),  nnd  als  dareh  Archilochoa  die  Griechen  fünfteilig 
«kodieren  lernten,  da  mag  man  wol  anoh  in  jenem  rnfe  nach  längerer 
leknimg  der  aeeeatailbon  Ji  (irai)Av  kreliaeh-paioniachen  rhjthmua  her- 
rvftelh  (.  w  .}  oad  mit  dem  fnete  markiert  haben,  auch  an  ffinf 
u)p€n  niben  (paion  epibatoa)  lieaa  eich  die  formel  ansdehnen:  iV| 
^r|urv»  oder  zo  einem  proaodiakoa:  l/|ic  AdXtc  TTaidv.  daa  sind  ver- 
aomagen,  eieher  aber  iat  die  verwandtaohaft  swiaehen  paian  nnd  paion 
Hcrakleidea  bei  Ath.  XY  62.    Buchholti  ao.  a.  44). 


588  Et  Jan:  anletucher  und  aalodischer  nomos. 

digen  personal  des  tempels  gehörten,  geblasen  haben,  ohne  dasx  man 
noch  eine  besondere  konstleistting  darin  fand. 

Der  zweite  teil  von  Oahraaers  abhandlang  ist  der  ge schichte 
der  anlodik  gewidmet,  nachdem  wir  jedoch  Aber  das  wesen  jener 
knnstgattung  zn  so  ganz  andern  resoltaten  gekommen  sind  als  der 
yf. ,  wird  sich  uns  auch  die  geschichte  derselben  yielfacfa  in  anderm 
lichte  zeigen  müssen,  auszerdem  befinden  wir  uns  in  der  yorteil- 
haften  läge ,  die  von  unserm  TorgSnger  in  mancherlei  sidi  durch- 
kreuzendeh  Untersuchungen  gewonnenen  resultate  leichter  in  chrono- 
logischer folge  zu  einem  historischen  überblick  an  einander  reihen 
zu  können. 

Schon  vor  Terpandros  zeit  (anm.  1)  bestand  im  Pdoponne» 
eine  uralte  schule  von  auloden.  ihre  technik  war  Suszerst  gering. 
das  ganze  verdienst  eines  Ardalos  von  Troizen  (Plut  c.  5)  bestand 
vielleicht  darin,  dasz  er  von  einem  Aegypter  sich  eine  primitiT'- 
flöte  erworben  und  darauf  ein  paar  töne  blasen  gelernt  hatte,  mit 
denen  er  zu  dem  allgemeinen  paiansmfe  den  ton  angab.  Klonas  von 
Tegea  bildete  diese  kunst  weiter  aus,  so  dasz  auf  die  im  tempelritus 
begründete  musikalische  einleitung  eine  halb  gesprochene,  halb  ge- 
sungene recitation  elegischer  verse  folgte,  nach  ihm  wurde  das  ^^e- 
biet  der  bekannten  töne  und  tonarten  durch  Terpandroe  erweiuii, 
Archilochos  und  Thaletas  lehrten  neue  rhythmen ,  Olympos  bracht'.- 
ein  weit  voUkonmmeres  instrument  und  abermals  neue  intenalle 
und  tonarten  in  Oriechenland  auf.  was  von  diesen  neuenmgen  in 
dem  ernsten  dienste  des  dorischen  ApoUon  duldung  üand,  das  fixier^ 
Polymnestos,  der  von  Eolophon  nach  Sparta  übeigesiedelt  war,  uc«: 
gab  in  seinem  nomos  orthios  der  aulodik  ihre  zweite  kata8ta8is(PI(^' 
c.  9.  10).  bald  nach  Polymnestos  componierte  Alkman  s^ne  p'^r- 
thenia,  die  mit  der  flöte  begleitet  wurden,  der  dorischen  instmni^n- 
talmusik  trat  damit  eine  schule  dorischer  chordichtungen  zur  s^-itc. 
Iftngere  zeit  noch  blieben  die  bewohner  des  Peloponnes  die  bac|  :* 
Vertreter  des  flötenepiels  in  Griechenland,  als  nach  dem  ersten  hei- 
ligen kriege  die  pythischen  spiele  mit  groszem  glänze  wieder  eröffiiet 
wurden ,  da  errang  der  Arkader  Echembrotos  den  preis  unter  den 
auloden. 

Aber  dem  aulodischen  nomos  hatte  seine  stunde  geschlagen,  io 
Argos  hatte  sich  die  technik  des  flötenspiels  munter  fort  entwickelt, 
und  neben  Echembrotos  und  den  andern  auloden  war  bei  der  eka 
erwähnten  feier  der  Pythien  auch  der  Argeier  Sakadas  mit  seinra 
rein  instrumentalen  flötenconcert  aufgetreten,  seine  bedenteci« 
technik  stellte  die  instrumentalen  leistungen  der  auloden  sehr  in  ^-i^ 
schatten,  auch  die  eintönigen  epischen  oder  elegischen  recitatioLei 
machten  keinen  günstigen  eindmck  mehr,  seit  man  gewohnt  wtf 
von  den  kitharoden  viel  kunstvollere  lyrische  vortrflge  zn  hönft 
die  ganze  aulodie  sprach  niemanden  mehr  an,  sie  erschien  acuOp^ 
iiOTaTT)  (Paus.  X  7).  darum  beschlossen  auch  die  amphiktyonen  bfl 
den  nächsten  pythischen  spielen  (ol.  49,  3)  einen  preis  flb:  aalt-d 


KrJaD:  ans.  y.  HQohrauer  zur  gescb«  der  aulodik  bei  den  Griechen.  589 

nicht  mehr  aoszusetzen.  diese  art  weitstreit  war  somit  in  Delphoi 
abgeschafft  nnd  wurde  nie  wieder  eingeführt  die  gründe  dafür  lie- 
gen anf  der  band,  es  werden  yermntlich  auch  die  künstler  wenig 
last  mehr  yerspürt  haben  in  einem  aulodischen  agon  aufzutreten, 
Mitdem  iür  geschickte  flOtenspieler  im  auletischen  nomos,  für  tüch- 
tige Singer  im  agon  der  kitharoden  ein  dankbareres  feld  der  thätig- 
keii  erOflEoet  war.  die  begleitung  der  dithjramben  und  anderer 
bynmen  mochten  wol  dieselben  auleten  besorgen,  die  man  bei 
paianen  und  prosodien  ohnehin  nicht  entbehren  konnte,  das  waren 
iiandwerker,  keine  künsUer. 

Da  wir  von  flOtenbegleitung  sum  gesang  sprechen,  dürfen  wir 
QBoOglieh  der  frage  aus  dem  wege  gehen,  wie  wir  uns  das  Verhält- 
nis beider  künste  zum  Vortrag  von  elegien  denken,   da  schon  die 
alten  auloden  meist  iXcTCia  rhapsodierten  und  von  einer  begleitenden 
flöte  anoh  bei  den  spätesten  elegikem  noch  die  rede  ist,  werden  wir 
Bidkt  umhin  kOnnen  die  elegie  als  die  echte  tochter  der  aulodie  zu 
betrachten,  niemand  wird  bestreiten,  dasz  die  kriegslieder  des  Tyr- 
taioa,  auch  die  in  elegischem  versmasz  gedichteten,  wirklich  ge- 
<uigen  oder  wenigstens  in  einem  gleichmäszigen  tonfall  recitiert 
wurden,  wie  häufig  noch  bei  uns  liturgische  gebete  in  der  kirohe  oder 
versehen  von  hindern  bei  ihren  spielen  recitiert  werden,   die  verse 
des  TheogniB  erscheinen  uns  freilich  viel&ch  weit  trockener  und 
veniger  sangbar  als  die  des  Tyrtaios;  indes  gewishat  0.  recht,  wenn 
er  s*  13  annimt,  solch«  gedanken  seien  in  elegische  form  gekleidet 
worden ,  um  in  jedermanns  mund  zu  kommen  und  so  auf  die  ge- 
nmnng  der  menge  zu  wirken,    wir  glauben  in  der  that  dasz  auch 
sie  nun  singen  bestimmt  waren,    die  partie  um  vers  241,   wo 
'Hieognis  sein  lied  anredet  Kai  ce  cuv  auXiacoici  XiTtKpOÖTTOic  v^oi 
ivbpcc  .  •  ^ovrai,  scheint  uns  nicht  mit  grund  verdächtigt  worden 
u  sein:  sie  spricht  deutlich  vom  gesang  der  elegie  und  von  der  be- 
gleitong  mit  jener  kurzen  flute,  die,  wie  wir  gesehen,  beim  gastmahl 
im  gebrauch  war.    gewis  hat  Theognis  die  elegien  seinen  freun- 
<fea  Torgeaongen,  diese  merkten  sich  die  verse  —  wenigstens  zum 
teü  —  und  verbreiteten  sie  singend  in  weiteren  kreisen,  der  flöten- 
'pieler,  der  bei  gröbzem  gastmählem,  wo  ein  paian  angestimmt 
wurde,  niemals  fehlen  durfte,  wird  dazu  den  ton  angegeben,  auch 
vol  (wie  vers  1055  errathen  läszt)  einen  refnxa  geblasen  haben. 
^  Tersammelten  sangen  vielleicht  abwechselnd,  ähnlich  wie  man 
binfig  bei  den  Griechen  skolien  sang,  wie  unsere  Studenten  rund- 
g^singe,  unsere  bauem  in  den  Alpenländem  schnadahüpfele  singen.'* 
Mit  der  finge  nach  der  aulodik  hängt  übrigens  die  art,  wie  die 
ei^gie  vorgetragen  wurde,  nur  lose  und  keineswegs  unmittelbar  zu- 

^  daas  die  elegien  des  Theognia  wirklich  gegangen  worden,  apricht 
aach  ßuaemihl  ans  in  diesen  jahrbfichem  1874  s.  667,  nnd  sein  recen- 
leat  RUIer  in  Barsians  Jahresbericht  IV  (oder  1874/75  JI)  s.  201  ist 
^eivelben  ansieht,  erinnert  nnr  daran  dass  der  Vortrag  aneh  melodrama- 
tischer art  geweeen  sein  kSnne. 


590  KyJan :  auletischer  und  aulodischer  nomoB. 

sammen :  denn  die  anlodik  war  kttnstlerischer  solovoitrag,  die  re- 
citation  von  elegien  war  yolks-  und  mithin  natni^esang.  so  faszt 
auch  0.  die  sacbe  s.  14. 

Das  zusammenwirken  von  flöte  nnd  gesang  ¥rar  ferner  gani 
gewöhnlich  im  drama.  mehr  noch  als  zur  begleitung  Apollinischer 
chöre  eignete  sich  die  flöte  ftlr  den  dithyrambos,  und  natflrlieh  Bahm 
man  sie  von  da  auch  zur  tragödie  herttber.  wahrscheinlich  ist,  dafi 
sie  nicht  blosz  den  choreuten,  sondern  auch  den  schauspielern,  weon 
diese  zu  singen  hatten,  mindestens  den  ton  angab,  wo  nidit  den 
ganzen  gesang  begleitete,  da  h&tten  wir  denn  all^ings  audi  konst- 
gem&szen  Sologesang  mit  flötenbegleitung.  denselben  gSnslich 
leugnen  zu  wollen  kann  uns  ja  um  so  weniger  in  den  sinn  kommen, 
als  die  Aristotelischen  probleme  (zb.  19,  43)  deutlich  vom  zu- 
sammenklang einer  singstimme  mit  dem  aulos  reden. 

Flöte  und  gesang  war  also  zur  bltttezeit  der  griechischen  koost 
und  litteratur  im  lande  vielfach  verbreitet;  nur  von  dem  alten  nomos 
war  selten  mehr  die  rede,  man  hörte  lieber  statt  eines  kttnstlers,  der 
zuerst  blies  und  dann  sang,  einen  dilettanten,  der  sich  von  dem  be- 
zahlten auleten  oder  der  auletris  begleiten  liesz.  darum  ist  von 
einem  aulodischen  nomos  und  agon  in  der  spSteni  zeit  so  sehr  selten 
die  rede.  0.  hat  gewis  eine  unendliche  mühe  darauf  verwende-, 
spuren  dieses  kunstzweiges  in  litteratur  oder  inschriften  zu  ent- 
decken, und  doch  ist  die  ausbeute  seiner  forschungen  Snsserst  gering 
geblieben,  dasz  Piaton  einmal  den  abstraoten  begriff  der  anlodie 
erwfthnt,  dasz  der  kitharode  Phrynis  ursprünglich  aulode  gewesen 
sein  soU,  sind  notizen  von  recht  geringem  wert;  etwas  mehr  aus- 
beute hat  das  durchforschen  der  inschriftsamlungen  ergeben,  in 
zwei  boiotischen  stKdten,  Thespiai  und  Orchomenos,  kommen  auloden- 
siege  vor;  ja  —  wenn  die  betreffende  inschrifl*"  richtig  auf  Athen 
gedeutet  wird  —  auch  375  vor  Ch.  an  den  Panathenaien  in  Athen, 
so  hat  man  also  bei  den  flötenliebenden  Boiotem  und  in  der  gei- 
stigen hauptstadt  Griechenlands  doch  diesem  altehrwürdigen  konst- 
zweig  so  viel  achtung  bewahrt,  dasz  man  sich  auffttbmngen  dieser 
art  ge&llen  liesz.  der  gedanke  an  teilung  der  arbeit  zwischen  ge* 
sang  und  begleitung  liegt  ftlr  diese  zeit  gewis  nahe  genug,  bleibt 
aber  zweifelhaft,  da  die  inschriften  von  begleitenden  aulelen  beharr- 
lich schweigen  und  auch  hier  nur  fivbpcc  aöXqibof  erwfthnen.  wie- 
derum tauchen  solche  künstler  auf  bei  Alezanders  grosiem  hoch- 
zeitsfest in  Susa  (Ath.  Xu  54).  dort  sind  aufgetreten  in  erster  linie 
drei  Oaujütcrronoioi,  sodann  ein  rhapsode,  drei  kitharspieler,  zwei 
kitharoden,  zwei  auloden,  wovon  einer  aus  Herakleia,  einer  au« 
Ejzikos,  endlich  fUnf  auleten,  welche  erst  ihr  soloooncert  TÖ  TTuOucöv 
bliesen,  dann  bei  den  chören  mitwirkten,  ganz  zuletit  hinter  den 
tragischen  und  komischen  schauspielern  erscheint  nocb  ein  psalte-- 


*^  Rangabd  961.    ygL   Breuer  de   mnsicia  Panath.  cerUm.  a.  ^• 
Onhrauer  s.  U. 


KrJan:  anz.T.  HGahraner  zur  gesch.  der  aulodik  bei  den  Griechen.  591 

ob  die  aoloden  toh  einem  gehilfen  begleitet  wurden,  danach  fragen 
wir  auch  hier  vergebene. 

Weiter  hOren  wir  nichts  mehr  von  einem  wettgeeang  der  aulo- 
dea.  in  der  'groaaen  erziehungsanatalt  für  Dionysische  techniten'  zu 
Teos  (OLüders  'die  Dionysischen  kfinstler'  s.  138)  scheint  aulodik 
gv  kern  lehxgegenstand  gewesen  zn  sein,  und  in  den  zahlreich  er- 
haltenen siegerlisten  der  Soterien-inschriften  hat  der  vf.  nach  anlo- 
den  vexgebens  gesncht.  Aischylos  und  Sophokles,  Aristoteles  und 
Amtoxenos  sprechen  nicht  mit  einer  silbe  von  aulodik,  auch  Lukia- 
008  nicht,  bei  Cicero  hat  G«  aus  begreiflichen  gründen  nicht  nach 
nloden  gesucht;  er  hätte  aber  in  der  rede  jgfo  Murena  noch  eine 
bestStignng  mehr  fUr  die  geringe  beliebtheit  finden  können,  deren 
taxk  solche  lente  in  Griechenland  zu  erfireuen  hatten:  ui  ahmt  in 
Graeds  artifidbus  eo8  auhedos  esse,  heiszt  es  dort  §  29,  qui  cUharaedi 
fi»i  non  poiuennty  sie  apud  nas  tndemus  qui  oraiores  evadere  non 
P(d«ierint  eas  ad  iuris  sMnim  devmire. 

Bass  in  Bom  die  tihia  im  theater,  beim  opfer  und  beim  gastmahl 
^  grosse  rolle  spielte,  ist  bekannt;  in  Terenzischen  stttcken  kom- 
nes,  wie  uns  die  didaskalien  melden,  tibiaepares  und  tmpares,  Sar^ 
fSMe  und  duae  dexirae  vor.  der  Heautontimorumenos  soll  bei  der 
enten  aufftthrung  mit  ungleichen,  später  mit  zwei  dex6rae  tibiae^^ 
begleitet  worden  sein,  ein  yergleich,  den  Cicero  in  der  eben  citierten 
f^  §  26  anstellt,  gibt  uns  weitere  interessante  aufschlüsse  Ober 
thttigkeit  und  lebenssteUung  der  beim  römischen  theater  beschäf- 
l^tsn  ühidnes.  die  art  nemlich ,  wie  bei  einem  process  in  Bom  der 
wnconsuUua  fttr  beide  parteien  die  richtigen  formein  angibt,  deren 
°uui  Bich  vor  dem  praetor  zu  bedienen  hat,  erinnert  unsem  redner 
*o  den  tibieen  LcAinus^  der  auch  immer  yon  einem  Schauspieler  zum 
ttdem  sich  wenden  musz,  um  ihm  den  ton  anzugeben.  Latiwus 
MBnt  aber  Cicero  den  iibicm^  weil  die  mitglieder  des  theater- 
oi^egters  zn  B(»n  in  so  geringer  achtung  standen,  dasz  kein  bflrger 
der  hauptstadt  sich  zu  dieser  beschäftigung  hergab  und  man  das  per- 
i<^  hierzu  nur  in  der  provinz  auftreiben  konnte. 

Wir  sind  am  ende,  das  letzte  historische  zeugnis  über  auloden 
oad  ihi«  knnst  bildet  die  stelle  des  Athenaios  XIV  14,  von  der  wir 
n  sniang  gesprochen  haben,   es  ist  der  einzige  fall,  in  dem  neben 


"  Tgl.  Dxiatsko  einleitang  ca  Ter.  Phormio  s.  23.  die  rechte  flöte 
ist  die  höhere  naeh  Plinins  r.  A.  XVI  8  172  und  Varro  de  re  ruii.  I 
§  1€.  derselben  ansieht  ist  BarthoUnna  'de  tibiis  Tetemm'  (Amst  1679) 
*.  i&  f.,  der  sioh  dafür  auf  Lncanns  und  Hesychios  beraft.  anob 
^^•ppel  hietory  e.  Ö6  nimt  daseelbe  an.  iUiae  äextrae  wäre  demnach 
"iie  aneh  beim  gastmahl  übliche  korze  doppelflöte,  während  von  den 
<*p>ret  die  eine  mit  dem  berekynthischen  hom  Tersehen  war.  dass  die 
rechte  flöte  die  längere  gewesen,  glaubt  Gevaert  histoire  et  throne 
^  864.  er  dtiert  die  stelle  det  Apulejus  (flor.  1)  über  Hjagnia,  die 
^  oben  benutzt  haben,  um  die  sweistimmigkeit  des  flötenspiels  zu 
«zweiten.  Über  die  rechte  flöte  wird  jedoch  dort  nichts  bestimmtes 
ire«Ht- 


592  WHRoscher:  zu  Appianos  [b.  civ.  II  62]. 

dem  auloden  als  solosKnger  der  begleitende  aulet  ausdrücklich  er- 
wähnt  wird;  die  stelle  spricht  gleichzeitig  von  dem  hilaroden,  einem 
lustigmacher  der  zu  seinem  gesang  gesticuliert,  und  ist  daher  nicht 
geeignet  uns  von  der  aufgäbe  des  dort  besprochenen  auloden  eine 
hohe  meinung  beizubringen« 

Eine  angesehene  Stellung  hat,  wie  wir  gesehen,  die  aulodik  in 
Griechenland  nur  in  ganz  früher  zeit  eingenommen,  den  grond  ftr 
diese  erscbeinung  wollen  wir  aber  nicht  mit  Guhrauer  darin  sucben, 
dasz  eine  melodieführende  mftnnerstimme  von  einer  bocbklingenden 
obo6  oder  clarinette  begleitet  den  Griechen  nicht  gut  geklvngen 
habe,  die  begleitung  der  kithar  lag  gewis  auch  in  der  regel  höher 
als  der  gesang,  und  doch  war  die  kitiiarodik  in  früher  und  sptter 
zeit  gleichmäszig  beliebt,  die  Verbindung  der  auloi  mit  der  mSnner- 
stimme  war  ja  auch  gern  gesehen  bei  chorgesSngen  jeder  art,  auch 
beim  Sologesang  auf  der  bühne,  und  hier  sangen  vorzugsweise  tiefe 
stimmen,  während  die  nomossSnger  einen  hohen  tenor  haben  musten 
(anm.  10).  gedeihen  und  beliebtheit  erlangen  konnte  die  aulodik 
einfach  darum  nicht,  weil  ein  aulode  immer  nur  abwechselnd  singen 
und  spielen  konnte ,  ein  übelstand  den  man ,  als  die  kunst  noch  in 
der  wiege  lag,  wol  ertrug,  der  aber  in  Zeiten  der  ausgebildeten 
kunst  notwendig  zur  beseitigung  jener  gattung  führen  muste. 

Saargemömd.  ILk&L  VOR  Jak. 

80. 

ZU  APPIANOS. 


B.  civ.  n  62  heiszt  es  von  der  katastrophe  bei  Djrrhachiom 
(d.  580, 32  Bk.):  Kaicapoc  b'  auTOuc  nepiO^ovTÖc  t€  kqI  cuv  6v€(- 
b€i  ^aKpdv  (tx  töv  TToMir/jicv  övtq  iiribeucvuovroc,  xal  i^opAv- 
TOC,  tq  cr))üi€ia  dTTCppiTTTOuv  Ka\  £(p€UTOVy  o\  bk  fiöKic  ölt'  odboOc 
Kax^KUTTToy  ^c  Tf|V  T^v  ÖTTpaKTor  tocoOtoc  auToic  Topoxoc  in- 
iT€iTTUüK€i.  wol  jeder,  der  diese  werte  unbefangen  liest ,  wird  an 
dem  überaus  matten  ausdrucke  Kai  £q)Opu)VTOC  anston  nehmen, 
wahrscheinlich  ist  zu  schreiben  xal  £90 p^iIiVTOC,  da  auch  sonst 
berichtet  wird,  dasz  Caesar  bei  dieser  gelegenheit  den  fli^enden 
entgegentrat,  sie  aufzuhalten  und  zur  Umkehr  gegen  den  feind  za 
bewegen  suchte,  vgl.  Caesar  b.  civ.  m  69, 4  amniag[ue  erant  tumd- 
tus^  timoris^  fugae  jUena^^  adeo  ut^  cum  Caesar  signa  fugiemiium  man^ 
prenderet  et  consisiere  iuberet^  älU  dimissis  eis  (eodd.  egvi^ 
eundem  cursiMi  conficerent  (codd.  canfugereni),  Plutarch  Caesar 
39,2  Kaicapb^  önavTidZuiv  ^TreipäroM^v  dvacTp^qpcivTOuc 
<p€ÜTOVTac,  dir^paiv€  bk  obHy.  Sueton  d.  Itd,  62  indmakm  ocirm 
Salus  saepe  restUuü  obsistens  fugientibus  retinensque  skiguios  et 
contortis  faucibus  convertens  inhostem. 

Meiszen.  Wilhelm  Heinbich  Bosceer. 


ChCron :  zu  AHags  aaegabe  dea  Platonischen  Symposion.      593 

81. 
MARGINALIEN  ZU  ARNOLD  HUGS  AUSGABE  DES 
PLATONISCHEN  SYMPOSION.* 


Auch  im  leben  eines  schnlmeisters  gibt  es  stunden,  in  denen 
dieser  sogar  innerhalb  des  rahmens  eines  festgeordneten  Stunden- 
plans bis  za  einem  gewissen  grade  frei  über  die  wähl  seiner  beschSf- 
tigong  yerfügen  kann,  ich  sage  *bis  zu  einem  gewissen  grade':  denn 
eigsnüich  hat  er  auch  zu  dieser  zeit  ein  geschttft  zu  Terriohten,  und 
xwar  ein  sehr  ernsthaftes,   es  heiszt  in  der  schulsprache  *yigilieren', 
dh.  wachen  dasz  die  schttler  bei  der  bearbeitung  einer  Schulaufgabe 
sich  keiner  fremden  hilfismittel  bedienen,    ich  glaube  dasz  es  wenige 
lelirer  gibt  —  dasz  keinen,  wage  ich  nicht  zu  behaupten  —  denen 
dieses  gesohSfb  nicht  ein  lästiges  wäre,  es  verlangt  yon  ihnen  eine 
ÜAtigkeit,  zu  der  sie  sich  nicht  geboren  fühlen,  nemlich  eine  art 
poiizeilieher  Überwachung,  die  mit  der  übrigen  thStigkeit  eines  Schul- 
meisters möglichst  wenig  gemein  hat.  da  nun  jeder  sich  doch  eigent- 
ücb  nur  wol  fühlt  in  d6r  Uiätigkeit^  zu  der  er  geboren  ist,  und  den 
iefarberuf  gewis  am  wenigsten  einer  erwählen  sollte ,  wenn  er  nicht 
dm  geboren  ist,  so  ist  es  begreiflich,  dasz  jeder  ein  gewisses  mis- 
behagen  empfindet,  wenn  er  bei  seinen  schülem  weilt  und  sich  nicht 
io  gewohnter  weise  mit  ihnen  unterhalten  darf,  ja  sogar  eine  miene  * 
annehmen  sollte,  die  ihm  auch  weniger  geläufig  ist.   man  wird  es 
ihm  also  nicht  Tcrttbeln  dürfen ,  wenn  er  gelegentlich  zu  einer  er- 
kitemden  nebenbeschäftigung  greift,  so  fiel  denn  kürzlich  bei  einer 
solchen  gelegenheit  mein  blick  auf  die  ausgäbe  des  Symposion  yon 
Arnold  Hng.  ich  stehe  ohnedies  zu  derselben  in  einem  gewissen 
gdieimen  frenndschaftsverhältnis,  ja  ich  kann  sagen,  ich  habe  ihr 
schon  Tor  ihrer  geburtsstunde  meinen  väterlichen  sogen  gegeben. 
M^dk  eine  thätige  gevatterschaft  ist  daraus  nicht  entstanden,   es 
i<t  dies  vielleicht  nur  meine  schuld,  weil  ich  dem  kindlein,  das  nun 
Tor  drei  jähren  das  licht  der  weit  erblickt  hat,  noch  keine  beweise 
meiner  znneignng  gegeben  habe«  und  doch  ist  es  dieser  im  höchsten 
gnde  würdig,  jeder,  der  die  ausgäbe  bei  der  lectflre  dieser  wunder- 
ToQen  aehrift  Flatons  —  und  diese  hat  ja  auch  solche  liebhaber,  die 
»idi  sonst  nieht  gerade  zu  dessen  engstem  freundeskreise  rechnen  — 
nnn  genossen  und  Wegweiser  wählte,  wird  zugestehen  dasz  bei  der- 
lelben  das   schöne  wort  ciy  TC  bö'  dpxojüi^vui  xai  T€  Trp6  8  toO 
^dr)cev,  fitnruic  x^pboc  fi]  volle  anwendung  findet,   daher  gelingt 
CS  dem  herauggeber,  dasz  er  auch  bei  solchen,  die  den  tezt  leidlich 
gut  auch  olute  fremde  hilfe  zu  verstehen  meinen,  doch  die  aufmerk- 
tamkeit  auch  auf  seine  anmerkungen  lenkt,  was  bei  der  concurrenz 
tnii  einem   solchen  texte  nicht  eben  leicht  ist,  ja  sogar  bisweilen 

*  Piatons  Symposion  erklärt  von  Arnold  Hag.  Leipsig,  druck 
tad  rerlaff  tob  B.  O.  Tenbner.  1876.  LXII  o.  223  s.  gr.  8  (=>  PUtons 
aatgewUute   Schriften  erklärt  voa  ChCron  n.  JDenscbie.    fünfter  teil}. 

Ar  eltM.  phOoL  1B7S  hfl.  9.  88 


594      ChCron:  zu  AHugs  ausgäbe  des  PlatoniBchen  Symposion, 

za  emem  abstecher  nach  dem  krüdschen  anhang  bin  verleitet,  ?on 
dem  man  nicht  selten  wol  befriedigt  zurttckkehri    dies  alles  er- 
fhhr  ich  bei  einem  solchen  gelegentlichen  naschen  selbst  aach  in 
vollstem  masze.   wie  e»  in  solchem  falle  ja  öfter  geschieht,  ynndu 
sich  meine  aufmerksamkeit  eben  auf  den  letzten  teil  der  ansgabe, 
den  kritischen  anhang.   da  fiel  mein  blick  zuerst  auf  den  mit  der 
Überschrift  *bemerkungen  und  nachtrfige  zu  einzelnen  stellen'  Ter- 
sehenen  abschnitt,  und  besonders  zog  mich  der  zweite  absatzan,  der 
folgendermaszen  begiimt :  ^nach  meinen  beobachtungen  sind  die  ein- 
leitenden, erzählenden,  Übergänge  vermittelnden  partien  des  Sympc- 
sion ,  kurz  die  auszer  den  reden  stehenden  abschnitte  von  glossemen 
fast  ganz  frei  geblieben,  und  es  dtLrfen  die  spuren  behaglicher  breik 
oder  lockerer  nachlässigkeit  des  ausdrucks  in  den  darin  vorkommen- 
den gesprächen  nicht  durch  emendation  beseitigt  werden.'  ich  freote 
mich  einer  ansieht  zu  begegnen,  die  mit  dem  vor  22  jähren  von  mir 
in  der  vorrede  zu  dem  ersten  bändchen  meiner  ausgäbe  s.  XI  und 
wol  auch  von  anderen  an  anderen  orten  ausgesprochenen  und,  wie 
ich  glaube,  auch  thatsächlich  von  mir  zur  anwendung  gebrachten 
grundsatze  —  ich  verweise  beispielshalber  auf  das  26e  cap.  der  Apc>- 
logie  —  im  wesentlichen  übereinstimmt,    der  hg.  erläutert  seine  bt- 
merkung  durch  eine  reihe  von  steUen,  in  denen  er  mit  andern  kn- 
tikem,  namentlich  Baiter,  Cobei,  Hirschig,  Jahn-Üsener,  Naber,  in 
widersprach  gekommen  ist    wichtiger  noch  ist  die  folgende  bemer- 
kung:  'ebenso  wird  es  richtig  sein  auch  in  den  reden  selbst  nicb: 
jede  Weitschweifigkeit  oder  lockere  constraction  auf  rechnung  eines 
interpolators  zu  setzen,    hier  tritt  nun  aber  die  weitere  nGtigving 
hinzu,  den  individuellen  Charakter  jedes  redners,  wie  ihn  Piaton  g<^ 
zeichnet  hat,  speciell  ins  äuge  zu  fassen,  was  zb.  in  der  rede  dt^ 
Alkibiades  an  kühnen,  anakoluthischen,  brachjlogischen  wendongen, 
als  der  rede  eines  fi€6uu>v  gestattet  ist,  das  gilt  nicht  in  gleichem 
masze  von  jeder  andern . . .  dagegen  ist  unerbittlicher  angriff  zu  fahren 
gegen  aUes,  was  in  der  logisdi  geschlossenen  beweisfühmog  de* 
Sokrates  .  .  den  methodischen  gang  unterbricht  oder  garadesast^ru' 
auch  diesen  grundsatz  wird  man  im  allgemeinen  nicht  anfechten 
können ;  auch  ich  glaube  ihm  gehuldigt  zu  haben,  zb.  ApoL  c.  15  g-  «^ 
jeder  wird  freilich  in  diesem  falle  leicht  die  erfahrung  machen,  dar 
er  nicht  leicht  auf  allseitige  Zustimmung  rechnen  darfl    betrach 
ten  wir  zb.  gleich  die  erste  klammer,  durch  welche  in  der  rede  d* 
Sokrates  werte  ausgeschieden  werden,  so  sehen  wir  198^  die  wi<rt< 
dv  Tip  XÖTip  als  müszigen  zusatz  verworfen,   diese  stelle  gehört  nui 
zu  demjenigen,  in  welchen  der  hg.  auf  den  Vorgang  anderer  höcb 
achtungs werter  kritiker,  eines  HStephanus,  Badham,  üaenerhic 
weisen  kann,    freilich  der  ^consensus',  von  welchem  Hug  s.  «''^ 
spricht,  ist  noch  nicht  erreicht,  denn  abgesehen  von  der  bei  veitir. 
grOszern  zahl  der  ausgaben,  die  eben  nodk  nicht  auf  dem  standpo::. 
der  neuem  kritik  stehen,  könnte  doch  d6r  umstand  ins  gewicht  fall ' 
dasz  Schanz  meines  wissens  noch  nirgends,  wo  gelegoiheit  geg^^'- 


ChCron:  za  AHags  ausgäbe  des  Platonischen  Symposion.      595 

gewesen  wSre,  sich  über  diese  stelle  geäuszert  hat,  so  dasz  erst  noch 
absawarten  ist,  wie  er  in  seiner  ausgäbe  verfahren  wird,   vorlftofig 
mdge  es  mir  daher  erlaabt  sein  einige  ganz  unmaszgebliche  beden- 
ken anszasprechen.  zunächst  glaube  ich  dasz  wir  uns  hier  auf  einem 
gebiete  be&iden,  auf  dem  wegen  der  gar  zu  leicht  aus  einander  gehen- 
den ansichten  die  gröste  vorsieht  geboten  ist,  nemlich  auf  dem  ge- 
biete des  geschmacks,  hier  des  stils,  auf  dem  nicht  blosz  die  indivi- 
doalität  des  redners,  sondern  auch  die  besonderheit  der  stelle  selbst, 
um  die  es  sich  handelt,  ins  äuge  zu  fassen  ist.    wir  haben  hier  eine 
art  yergleichung,  in  welcher  nicht  blosz,  wie  dies  ja  öfter  der  fall 
ist,  bild  und  sache  zusammenflieszt,  sondern  der  bildliche  ausdruck 
so  zu  sagen  nur  gestreift  wird,  denn  nicht  fopTcinv,  sondern  Top- 
Tiou  KC^oXrjv  sagt  Sokrates;  also  ist  jedenfalls  eine  erinnerung  an 
die  rede  des  Agathon,  in  welcher  der  Oorgiasmus  hervortritt,  nicht 
an  sich  unzulässig,   aber  der  beisatz,  sagt  Hug,  'ist  nicht  nur  nach 
dem  hauptsatz  ö  XÖTOC  dvcjbii^vqacev  völlig  überflüssig,  sondern 
mflste  mit  TcXeun&v,  welches  auf  das  ende  der  rede  des  Agathon 
sich  bezieht,  in  irgend  welche  Verbindung  gesetzt  sein.'   hier  soll 
Don  offenbar  das  gewicht  eines  grundes  nur  dem  zweiten  teile  bei- 
gelegt werden:  denn  bezüglich  des  ersten  teils  würde  ich  den  kri- 
Uker  auf  s.  202  der  ausgäbe  des  Symposion  von  Hug  verweisen, 
wo  zu  172*  geschrieben  steht:  'insbesondere  ist  festzuhalten,  dasz 
eine  gewisse  behagliche  breite  und  Weitläufigkeit,  welche  . .  selbst 
Wiederholung  des  früher  gesagten  sich  gestattet,  gerade  zu  den 
eigentümlichkeiten  des  Platonischen  gesprächsstils  g^ört.'   als  be- 
sonders unerträglich  wird  man  in  dem  vorliegenden  falle  die  Wieder- 
holung auch  nicht  erklären  können,  etwa  wegen  des  grades  der  breite 
und  Weitschweifigkeit,  es  kommt  ako  nur  der  andere  teil  des  satzes 
in  betneht.  aber  auch  diesem  kann  ich  kein  entscheidendes  gewicht 
zugestehen,  die  stelle  lautet  wörtlich  übersetzt :  'denn  mich  erinnerte 
die  rede  an  Oorgias,  so  dasz  mir^s  wie  bei  Homer  gieng:  ich  fürch- 
tete, ea  möchte  mir  zuletzt  Agathon  das  haupt  des  gewaltigen  red- 
ners Oorgias  in  seiner  rede  gegen  meine  rede  entsenden  und  mich 
selbst  zum  stein  durch  Sprachlosigkeit  machen.'   das  läszt  sich  nun 
schon  im  deutschen  ertragen,  im  griechischen  aber  kommt  noch  ein 
besonderer  umstand  in  betracht.   abgesehen  von  den  sonstigen  Ver- 
änderungen ,  die  an  der  Homerischen  stelle  vorgenommen  werden, 
tritt  eine  bemerkenswerte  erweiterung  ein  in  dem  beigefügten  InX 
t6v  {fiöv  XÖTOV,  um  die  Wirkung  auf  die  rede  des  Sokrates  zu  be- 
zeichnen» die  dadurch  schon  im  entstehen  erstickt  zu  werden  droht, 
ob  nun  nicht  die  neigung  der  griechischen  spräche,  jedes  gegen- 
seitige und  gegensätzliche  Verhältnis  scharf  zu  bezeichnen,  zur  bei- 
Agimg  der  beanstandeten  werte  führte,  läszt  sich  doch  nicht  so  ent- 
schiadeB  in  abrede  stellen,  wie  es  durch  das  angewandte  kritische 
▼erfahren  geschieht,  wollte  man  aber  einwenden,  dasz  die  firaglichen 
Worte  doch  nicht  hinreichten  den  gegensatz  zu  inX  töv  ifiöv  Xötov 
scharf  hervortreten  zu  lassen,  weil  es  dann  dv  Tip  iaxrcoQ  Xöytp 

38* 


596      ChCron:  za  AHags  ausgäbe  des  PlatoniBchen  SjmpoiioiL 

heiszen  müste,  so  würde  idx  diesen  einwarf  nicht  gelten  lassen,  weil 
die  natürliche  gedankenentwicklnng  die  betonung  des  possessiTS 
ausschlieszt.  ist  dieser  erOrterong  einige  berechtignng  nicht  abiu- 
sprechen,  so  wäre  mit  der  znlässigkeit  dieses  erweiternden  sossizes 
auch  die  Stellung  desselben  gewahrt,  eine  n&here  Terbindung  mit 
TcXe^üuv  wäre  überdies  durch  den  sprachgebraacb  eher  ausgeschloB* 
sen  als  gefordert,  die  gründe ,  welche  für  die  streichnng  der  frag- 
lichen werte  von  Hug  geltend  gemacht  werden,  scheinen  mir  somit 
hinf&llig,  womit  nicht  gesagt  sein  soll,  dasz  diie  gegenstfinde  atark 
genug  sind ,  um  das  feinere  Sprachgefühl  gewiegter  kenner  und  kri- 
tiker  zu  beschwichtigen.  Hug  dürfte  diesen  freilich  nicht  beitreten^ 
da  wir  doch  jedenfalls  hier  noch  in  einer  einleitenden  parUe  atehea, 
in  welcher  nach  dem  von  ihm  aufgestellten  grundsatze  die  sparen 
behaglicher  breite  oder  lockerer  nachlftssigkeit  des  ansdrueks  nicht 
so  ohne  weiteres  beseitigt  werden  dürfen,  wenn  er  aber  doch  ein 
glossem  herausfühlte,  so  war  es  ganz  nnnötig  die  entstehnng  dessel- 
ben aus  der  viel  weiier  unten  folgenden  stelle  201*  herzuleiten,  da 
die  einfache  absieht  der  erklftrung  ausreichte. 

Eher  als  hier,  wo  wir  uns  auf  dem  gebiete  des  gefühls,  dh.  der 
schwankenden  meinung  bewegten,  wird  wol  bei  der  nftchsten  stelle 
198^,  wo  wir  uns  schon  mehr  auf  dem  boden  methodischer  erOrte- 
rung  befinden,  jener  erstrebte  consensus  zu  erreichen  sein,  dasz  nem- 
lieh  die  worttf  toO  inaiveiv  ÖTtoOv  nach  rnv  äXf)8€iav  stSrend  in 
den  gang  dieses  methodischen  Vorgefechtes  eingreifen,  ist  nnver 
kennbar.  nur  darüber  könnte  nodh  eine  meinungsverscfaiedenheit 
sich  geltend  machen,  ob  hier  das  ganz  beziehungslose  Tfjv  &Xf)8€tav 
am  platze  sei.  dies  kann  nicht  durch  Verweisung  auf  andere  stellen 
entschieden  werden,  da  in  einer  solchen  frage  die  besondere  eigen* 
tümlichkeit  jeder  stelle  in  betracht  kommt,  in  der  voriiQgenden 
könnte  eine  n&here  bestimmung  um  so  eher  vermiszt  werden,  als 
das  glossem  selbst,  mag  es  entstanden  sein  wie  es  will,  beweist,  dasz 
ein  misverstKndnis,  da  doch  von  einem  doppelten  elbivcn  die  rede 
ist,  auszerdem  nahe  liegt,  daher  möchte  ich  doch  das  von  dem  hg. 
angebotene,  wenn  auch  von  ihm  selbst  nicht  angenommene  ToO^imt- 
voujbi^vou  nicht  von  der  band  weisen  und  nur  auf  das  beigefügte 
f))üiiv,  welches  weder  gefordert  noch  gerade  hier  besonders  empfeh- 
lenswert scheint,  verzichten,  dazu  würden  wol  anch  die  drei  ge- 
nannten kritiker,  denen  Hug  in  der  Streichung  jener  worte  folgt, 
ihre  Zustimmung  geben. 

Selbständig  verfiKhrt  Hug  199^.  ich  stehe  nicht  an  mrine  an- 
sieht dahin  auszusprechen,  dasz  wol  anch  solche  kritiker,  denen  es 
mehr  um  den  ruf  der  besonnenheit  als  der  kühnheit  zu  thon  ist,  dem 
schluszergebnis  der  ebenso  maszvoUen  wie  gründlichen  erörtenmg 
des  hg.  beitreten  können,  es  lautet:  'ich  neige  mich  demnach  zq 
dem  Schlüsse,  dasz  .  .  Piaton  nur  geschrieben  hat:  ipumii  h*  ouic  €i 
Mirrpöc  Tivoc  fi  TiaTpöc  icn  —  tcXoiov  t^p  Sv  cfii  xä-ipumuia  — 
dXX*  iSicncp  fiv  usw.* 


ChCron:  zu  AHugs  ausgäbe  des  Platonischen  Symposion.     597 

*  t 

i 

199*  bebftlt  Hug  die  lesart  der  hss.  öfAoXoT€tc6at  bei.    fast^, 
mmdere  ich  mich  über  diesen  freilich  auch  von  Jahn  bewiesenen  \ 
conservatismuB ,  der  mir  hier  nicht  am  phitze  zu  sein  scheint,   ich  \ 
gianbe  dasz  Hermann  wol  daran  that  6fioXoT€Tv  zu  schreiben,  es 
Hat  sich  gar  nicht  absehen,  was  den  Schriftsteller  zu  dieser  variatio, 
die  sonst  nicht  zu  den  eigenttlmliohkeiten  seines  stils  gehört,  be- 
wogen  haben  sollte,   eine  sichere  erklärung  für  die  entstehung  die- 
ser Sndenmg  mag  es  allerdings  nicht  geben,   allein  das  wird  noch 
bei  tielen  unzweifelhaften  Verderbnissen  der  fall  sein. 

Mit  Vollem  recht  dagegen  bewahrt  Hug  200*  das  hsl.  6tou. 
mit  feiner  mSszigung  weist  er  Madvigs  ^sonderbares'  öttou  und 
dessen  begrflndung  zurück.    Madvig  bezog  offenbar  das  toCto  auf 
die  TOrhergehende  antwort  des  Agathen,  was  ihm  weniger  zu  ver* 
flbehi  wäre,  weil  das  q)tjXaEov  napA  caurcf)  jLtCfiviifi^voc  auf  eine 
Inszenmg  des  Agathen  in  seiner  rede  bezogen  allerdings  etwas  be- 
fremdlich lautet,  aber  durch  den  Zusammenhang  der  folgenden  er- 
9rtenmg  eben  nnabweislich  gefordert  ist.  immerhin  aber  erscheint 
es  auffallend,  dasz  Madvig,  und  zwar  in  dem  abschnitt  seiner  Ad- 
Tersaria,  welcher  grundlegende  bedeutung  haben  soll,  so  gSnzlich 
fehlgreift,  wo  sich  so  leicht  5ti  tou  (wenn  anders  die  enklisis  hier 
zultoig  ist)  anbot,  was  der  auf&ssung  Madvigs  vollständig  ent- 
spiftche.    dasz   die  erOrterung  nicht  weiter  gef&hrt  wird,  als  das 
idchste  bedfirfiiis  verlangt,  und  insbesondere  d6r  name,  der  jedem 
leser  auf  der  zunge  liegt,  nicht  ausgesprochen  wird,  so  lange  der  gang 
der  Untersuchung  es  nicht  erheischt,  ist  ganz  in  der  weise  des  Pla- 
tonisohen  Sokrates.  ein  ähnliches  beispiel  findet  sich  im  Eriton  47  ^  ^. 
Beistimmung  wird  202*  die  aussoheidung  von  xal  KaXoOc  und 
KOXöv  T€  Korf  finden,  fraglicher  ist  die  Streichung  von  tiuv  OuciiXiv 
202*,  welche  Bergh  in.seinen  'philologischen  thesen'  (Philol.  XXX 
s.  6)  empfiehlt,  die  bemerkung  des  Polluz,  dasz  in  der  stelle  eine  un- 
deutlichkeit  bestehe,  ist  noch  kein  beweis,  dasz  er  tiI^V  Ouciuiv  nicht 
las.  die  undeutlichkeit  bezieht  sich  offenbar  auf  die  bedeutung  des 
Wortes  äfu>ißt^  (ä|biq){ßoXoc ,  sagt  er,  f|  äfioiß/j) ,  dh.  es  fragt  sich,  ob 
es  erwiderung,  Vergeltung  (also  eine  htmdlung)  oder  gegen- 
geschenk  (also  eine  sache)  bedeute,    diese  frage  ist  bekanntlich 
bis  in  die  neueste  zeit  streitig  geblieben,  darüber  spricht  sich  Hug 
flicht  näher  aus,  bemerkt  aber  dasz  das  glossem  unzweifelhaft  die 
richtige  erklärung  biete,  ich  bezweifle  es  und  gianbe  dasz  der  zu- 
ttmmenhapg  vielmehr  die  beziehung  auf  tqc  bei^ceic  xal  Ouciac  ver- 
langt, fiMse  also  d^otßäc  entsprechend  dem  imriieic  als  handlung 
nnd  bin  daher  geneigt  tiBv  Guctuiv,  das  andernfalls  unentbehrlich 
wäre ,  ala  glossem  zu  betrachten,  als  philologischer  behandlung  be- 
dürftig bat  sich  auch  anderen  203*  dargestellt;  den  weg  der  ampu- 
tation  beschreitet  zuerst  der  neueste  hg.  es  ist  nicht  ganz  unwahr- 
scheinüeh ,  dasz  dieses  schneidige  verfahren  mehr  and  mehr  die  an- 
erkennnng  der  faehgenossen  finden  wird.  —  Nicht  minder  entschie- 
den in  der  Überzeugung,  dasz  die  stelle  an  einem  gebrechen  leide, 


698      ChCron:  zu  AHngs  ansgabe  des  Platonischen  Symposion. 

/ 

/  das  schon  yan  Heusde  erkannt  hat ,  aber  etwas  zurückhaltender  in 
/  der  wähl  der  dargebotenen  beilmittel  ist  der  hg.  in  dem  unmittelbar 
folgenden  satze.  es  ist  keine  frage,  dasz  sowol  die  innere  Überein- 
stimmung der  darstellung  als  das  Suszere  ebenmasz  der  form  dnrcb 
einschaltung  eines  entsprechenden  gliedes  nach  Oeotc  irpöc  dvOpu)- 
neue  bedeutend  gewinnen  würde. 

Ich  breche  hier  ab,  da  eine  weitere  derartige  beaprechnng  aller 
in  der  rede  des  Sokrates  diesem  heilverfahren  xmterzogenen  stellen, 
die  jedenfalls  das  masz  eines  dutzends,  welches  noch  übrig  wBre, 
bedeutend  überschritten,  den  räum  in  dieser  Zeitschrift  und  die  ge- 
duld  der  leser  ungebührlich  in  anspruch  nehmen  würde,  so  viel 
dürfte  aus  dem  gesagten  erheUen ,  dasz  der  neueste  herausgeber  des 
Platonischen  gastmahls  das  kritische  messer  fleiszig,  aber  mit  ge< 
schick  handhabt ,  und  wenn  er  sich  wol  auch  einmtd  flbereüt,  doch 
die  beruhigung  haben  kann,  dasz  eine  solche  Übereilung  leichter 
wieder  gut  gemacht  werden  kann  als  auf  dem  felde  der  operativen 
Chirurgie,  wo  sie  auch  bisweilen  vorkommen  soll,  si  £ama  yera  est 

Ehe  ich  aber  von  der  ausgäbe,  der  ich  viel  genusz  und  belehrung 
verdanke ,  abschied  nehme ,  wende  ich  mich  an  den  herausgeber  mit 
einer  bitte,  beseitigen  Sie  das  abscheuliche  ungetüm ,  mit  welchem 
Sie  8.  84  Ihrer  ausgäbe  verunziert  haben,  in  der  gewis  bald  zu 
hoffenden  zweiten  aufläge!  ich  frage  mit  den  römischen  Juristen: 
cui  bono?  hat  man  den  zweck  erklärender  anmerkungen,  denen 
diese  illustration  beigefügt  ist,  im  äuge,  so  musz  man  wol  glauben 
dasz  Sie  dem  leser  einen  gefallen  erweisen  wollten,  ich  gestehe 
Ihnen  offen,  dasz  ich  mich  nicht  überwinden  könnte  so  viel  zeit  den 
beiden  seiten  zu  widmen,  als  erforderlich  w&re  sie  zu  lesen,  und 
was  soll  der  leser  aus  dieser  Zeichnung  gewinnen?  etwa  eine  klarere 
Vorstellung  von  jenen  ^drolligen  kugelwesen  dreifacher  art',  als 
welche  uns  der  komiker  *die  doppelmenschen  der  urzeit'  in  seiner 
mutwilligen  laune  vorführt?  das  dürfte  kaum  der  fall  sein«  eher 
möchten  ihm  ^die  unlösbaren  Schwierigkeiten',  über  die  'der  dichter 
schweigend  hinweghüpfb',  noch  etwas  mehr  zur  anschauung  gebracht 
werden,  aber  auch  das  würde  nur  zum  teil  erreicht  werden ,  da  die 
Zeichnung  vielmehr  den  betrachter  zu  ganz  ungebührlichen  fragen 
herausfordern  müste.  und  wozu  soll  überhaupt  die  Unmöglich- 
keit, die  jeder  leser  von  verstand  ohnedies  hinlänglich  empfindet, 
solchen  phantasiegestalten  auch  nur  eine  scheinexistenz  zu  ver- 
leihen, noch  erst  vor  äugen  gestellt  werden?  oder  soll  etwa  der 
Wissenschaft  ein  dienst  geleistet  werden?  das  möchte  wol  der  fall 
sein  bei  dem  schilde  des  Achilleus  in  der  Iliae,  bei  welchem  ausier 
dem  verdtttndnis  des  dichtere  cultur-  und  kunstgeechichtliohe  fingen 
in  betracht  kommen,  deren  lösung  allerdings  durch  eine  wolgelnngew 
Zeichnung  oder  noch  besser  plastische  ausführung  gefördert  werden 
könnte,  dasz  erklSrende  ausgaben  einen  sehr  bescheidenen  gebraoch 
von  diesem  mittel  der  auffassung  zu  hilfe  zu  kommen  machen,  Iftstt 
sich  vielleicht  schon  wegen  des  kostenpunctes  begreifen,   das  über- 


JBeloch:  zu  Timaios.  599 

Itasen  diese  besser  selbstftndigen  wissenschafüicheii  arbeiten,  die 
weniger  an  solche  rücksichten  gebunden  sind,  aber  selbst  die  aka- 
dejmsche  abhandlang  von  HBrunn  'die  kunst  bei  Homer  and  ihr 
Terbllt&is  zu  den  anf&ngen  der  griechischen  konstgeschichte'  weist 
kerne  solche  illastration  auf,  obgleich  die  absieht  derselben  gerade 
darauf  hingieng,  das  bestehen  einer  konstttbung  im  Zeitalter  Homers 
als  die  voraossetzung  seiner  dichterischen  darstellong  zu  erweisen« 
welcher  wissenschaftliche  zweck  liesze  sich  aber  in  dem  yorli^genden 
lalle  nur  denken?  oder  soll  dem  dichter  selbst  ein  ge&lle  mit  die- 
ser illastration  seiner  ^grotesk-phantastischen'  gestaltung  geschehen? 
diesem  wttrde  man  wol  den  besten  dienst  erweisen,  wenn  man  ihn 
oder  den  dichtenden  philosopheUi  der  ihn  so  reden  läszt,  unbehindert 
'über  die  unlösbaren  Schwierigkeiten  hinweghttpfen'  liesze,  deren 
Teraoschaulichung  nichts  hilft,  (ich  glaube  dasz,  wenn  Aristophanes 
aos  dem  grabe  erstünde  und  Ihre  Zeichnung  sähe,  er  sich  entweder 
entsetzen  oder  totlachen  würde,  sonst  würde  ich  seine  seele  nicht 
mehr  als  den  tempel  der  Chariten  anerkeimen.) 

Verzeihen  Sie  mir  diese  herzenserleichterung,  die  ich  mir  zum 
BcUnsse  verstatten  muste. 

AuoBBuna.  Chbistian  Ciion. 

(28.) 

ZU  TIMAIOS. 


EBachof  hat  oben  s.  161 — 73  den  Timftischen  Ursprung  von 
Diodor  XIY  64 — 78  in  glänzender  und  überzeugender  weise  ver* 
teidigt  dennoch  enthält  seine  schluszkette  eine  lücke,  und  zwar 
gerade  an  d6r  stelle,  auf  die  gestützt  AHolm  unser  stück  dem  Timaios 
bricht  und  dem  Ephoros  vindiciert:  Diod.  XIY  76.  nach  Timaios 
nemlich  betrug  das  im  frühjahr  397  (über  diese  Zeitbestimmung 
I.  rh.  mos.  XXXIV  s.  124)  nach  Sicilien  übergeschiffte  karthagische 
heer  100000  mann,  wozu  später  noch  30000  mann  sicilischer  bun- 
deagenossen  hinzutraten;  Ephoros  dagegen  gab  die  ganze  masse  auf 
303000  mann  an  (Diod.  XIV  54).  nun  sollen  die  Karthager  vor 
8^08  an  der  pest  150000  mann  verloren  haben  (Diod.  XIV  76); 
bei  oberflächlicher  betraohtung  könnte  es  also  in  der  that  scheinen, 
ali  ob  diese  angäbe,  und  damit  natürlich  das  ganze  stück,  nicht  aus 
Tiinaios  geschöpft  sein  könne. 

Bachof  benutzt  nun  zur  lösung  des  scheinbaren  Widerspruchs 
^  lehr  bedenkliches  mittel:  Diodor  habe  die  bestimmte  zahl  150000 
te  einen  unbestimmten  ausdruck  seiner  quelle,  zb.  touc  f||Jiic€ic 
iouvSiy  adbatändig  eingesetzt,  lieeze  sich  ein  solches  verfahren  bei 
iHodor  oder  bei  einem  andern  historiker  seines  Schlages  wirklich 
i^^weisen,  so  wäre  unsere  ganze  quellenforschung  vergebliche  ar- 
beit ee  vrire  nicht  abzusehen,  warum  diese  willkürlichen  zusätze 
ticfa  auf  die  sahlen  beschränkt  haben  sollten,  und  jede  gewähr  für 
die  tiene  wiedergäbe  der  primären  quellen  wäre  verschwunden. 


600  JBeloch:  zu  TiinaioB« 

eine  emendation  der  zahl  —  etwa  tt^vtc  statt  1t€Vt£Ka(b€Ktt  )iupi&ba< 
—  w&re  freilich  sehr  leicht;  Bachof  hat  aber  mit  recht  versdunSht 
Yon  dieser  ultima  ratio  gebrauch  zu  machen. 

und  doch  ist  die  lOsung  sehr  einfach,  die  angaben  des  Timaios 
über  die  stftrke  des  karthagischen  heeres  beziehen  sich  natttriich  nur 
auf  die  landarmee  (Diod.  iQV  54  Ti^aioc  ^iv  T^p  Toc  £kti)c  AißuT|C 
nepaiwOeicac  buvdficic  ou  irXeiouc q)iic\v  cTvai b^xa  ^upidbiuv}. 
daneben  stand  aber  die  gewaltige  flotte,  bei  bc^giim  der  belagenmg 
bestehend  aus  208  trieren  und  mehr  als  1500  transportschiffen,  im 
ganzen  nahe  an  2000  segeln  (Diod.  XIV  62).  beilftufig  bemerkt  hfttten 
diese  zahlen  allein  Holm  lehren  sollen,  dasz  unser  stflck  nicht  aus 
Ephoros  geflossen  sein  kann :  denn  dieser  hatte  die  zahl  der  kartha- 
gischen trieren  auf  400,   die  der  lastschiffe  auf  600  angegeben 
(Diod.  XIV  54).    208  trieren  erfordern  nun  eine  b^nannimg  Yon 
über  40000  mann,  wenn  wir  für  die  lastschiffe  auch  im  durchschnitt 
nur  pp.  20  mann  besatzung  annehmen  —  und  wahrscheinlich  iat  das 
noch  zu  wenig,  da  300  von  ihnen  imKUinoi  und  xc^XKCjLißöXoi  waren 
(Diod.  XIV  59) :  so  haben  wir  fOr  die  flotte  im  ganzen  Aber  70000 
mann,   das  gibt  zu  den  130000  mann  des  landheers  200000.  dazu 
kommen  dann  die  nichtcombattanten,  die  bekanntlich  in  allen  beeren 
des    altertums  einen  sehr  bedeutenden  bruchteil  gebildet  haben. 
50000  köpfe  ist  fOr  sie  mSszig  gerechnet,  so  dasz  aucji  nach  Timaios 
das  karthagische  lager  vor  Syrakus  250000  mann  beherbergt  hat. 
wahrscheinlich  beruht  sogar  die  ganze  differenz  in  den  angaben  des 
Ephoros  und  Timaios  nur  darauf,  dasz  letzterer  alle  diese  Tcrschie- 
denen  kategorien  in  ansatz  bringt,  Timaios  aber  nur  die  combattan- 
ten  des  landheeres.    bei  einer  stKrke  von  250000  mann  aber  mos: 
der  karthagische  verlust  vor  Syrakus  —  ohne  die  gefangenen  — 
mindestens  150000  mann  betragen  haben:  denn  es  retteten  sich nar 
die  fast  40  trieren  mit  den  karthagischen  bürgern  (c.  10000  mann 
und  der  rest  der  sicilischen  contingente  (höchstens  20000  mann . 
wie  viel  Soldaten  gerade  an  der  'pest'  gestorben  waren,  das  anzugeben 
ist  Himilkon  selbst  wahrscheinlich  ebenso  wenig  im  stände  gewesen 
wie  sonst  irgendjemand  im  karthagischen  lager  oder  in  Syrakus;  wenn 
also  die  angäbe  des  Verlustes' auf  15  myriaden  irgend  einen  histon- 
sehen  wert  haben  soll,  so  musz  hier  der  gesamtverlast  gemeint  sein, 
ine  er  aus  der  anfänglichen  gesamtstftrke  abzüglich  der  zahl  derge* 
retteten  und  gefangenen  sich  ergab,  bei  weitem  die  haaptmasse  die- 
ses Verlustes  war  ^erdings  durch  die  krankheit  verursacht  worden, 
und  so  konnte  Timaios  ohne  grosze  Verletzung  der  historischen  wahr- 
beit  die  rhetorische  antithese  sich  erlauben:  xal  TOUC  Tdqk>vcTwv 
CupaKoduiv  dvaTp^(|iavT€C  nevrcKalbCKa  ^upidbac  diretbov  ätä 
q>ouc  btd  TÖv  XoiMÖv  cecuipeufi^vouc,  irupoiroX^cavrec  bi  rjjv  x^' 
pav  T&v  Cupoxocfuiv  £k  ^€TaßoXf)c  €Ö0vc  elbov  töv  Ibiov  ctöXov 
^fiTTupicO^vra  usw.    wobei  nicht  zu  vergessen  ist,  dasz  Diodor  u:c 
werte  seiner  quelle  wahrscheinlich  verkflrzt  wiedergibt. 

Bgm.  Julius  Bblocs. 


ThThalheim;  die  dokimaaie  der  beamten  in  Athen.  601 

82. 

DIE  DOBIMASIE  DER  BEAMTEN  IN  ATHEN. 


In  diesen  jahrbttohern  1878  s.  821  ff.  ist  von  CSchSf  er  die  frage 
aieh  dran  fomm  der  beamtendokimasie  wieder  anfgenommen  und 
dahin  beantwortet  worden,  dasz  die  arcbonten  yor  dem  rath  und  ge- 
rieht nnter  yorsitz  der  thesmotheten,  die  bnlenten  yor  dem  alten 
nth,  die  sonstigen  magistrate,  mochten  es  nun  erloste  oder  erwShlte 
sein,  allein  yor  dem  gerichtshof  dokimasiert  wurden,    der  yf.  er« 
kennt  an  dasc  dieser  ansieht  Ljsias  26, 12  zu  widersprechen  scheine, 
wo  der  spredier  vor  dem  rath  sagt:  ilicTC  tjfitv  xaOi^Ketv  TC€p\  raii- 
TTjC  Tf)c  äpx^c  (das  amt  des  ersten  archon)  dKptßecr^pav  Tf|V  boKi- 
fiociov  f\  ircpl  T&v  dXXuiv  dtpxiliv  (yielleicht  änaci&v:  ygl.  jahrb. 
1878  s.  553)  iroieTc6ai,  insofern  hier  dem  rath  auch  die  prttfung 
anderer  ftmter  als  der  arcbonten  zugeschrieben  werd^;  yf.  meint 
jedoch,  diese  stelle  werde  nur  dann  ausschlaggebend,  wenn  man 
dsrzatfaua  yermöge,  dasz  die  attischen  redner  mit  der  anrede  öfi€ic 
aar  immer  gerade  die  betreffende  juristische  beh5rde  und  nicht  die 
gsnse  bfiigerschaft  yerstanden.   das  letztere  ist  gewis  hftufig ,  findet 
rieh  zb.  in  §  2  derselben  rede ;  für  obige  stelle  aber  folgt  das  gegen- 
teil  aus  dem  unmittelbar  sich  anschlieszenden  satze:  €t  b^  ^fj,  niSc 
oIccOc  t6  fiXXo  irXfiOoc  tiBv  ttoXituuiv  btaxeCcecOai,  ötüv  alcOunrrat 
Q8W.  'sonst,  dh.  wenn  ihr,  derrath,  es  mit  dieser  prttfung  nicht 
genau  nehmt,  was  werden  die  andern  bflrger  sagen?'  folglich 
geht  auch  obiges  ö^Tv  allein  auf  den  rath,  und  damit  ist  nach  seinem 
eignen  urteO  gegen  Schftfer  entschieden:  der  rath  hatte  ausser  den 
irdionten  noch  andere  behSrden  zu  prüfen,   als  möglichen  einwand 
kann  ich  mir  sonst  nur  den  6inen  denken,  dasz  dies  öjLieic  (der  rath) 
zwar  logisches  subject  zu  ircpl  Taiiiiic  Tf)c  äpx^ic  Tfkv  boKi^adav 
irotctcBoi,  nicht  aber  zu  dem  zweiten  satzteil  nepl  T(&v  äXXuiv  äp- 
X£hf  sei,  in  dem  sinne:  'ihr  mflszt  hier  strenger  yerfahren^  als  man 
es  bei  den  andern  behörden  thut',  glaube  jedoch  nicht  dasz  man  für 
diese  ftnsserst  gezwungene  erklarung,  auf  die  kein  unbefangener  yer- 
&IIen  wird,  Wahrscheinlichkeit  beanspruchen  darf,  und  soUte  es  ge- 
schehen ,  80  wtbrde  ich  auf  ein  unten  beigebrachtes,  auf  den  folgen- 
den Paragraphen  gegründetes  argument  yerweisen. 

Ich  wende  mich  zu  den  einsprachen,  welche  gegen  meine  aus- 
flümmgen  (Hermes  XIII  s.  366  ff.)  erhoben  worden  sind,  und  schicke 
voraus,  dasz  ich  diese  in  einer  frage,  die  Meier  und  Schömann  offen 
Hessen I  weil  Omen  das  material  unzureichend  schien,  nur  als  wahr- 
scheinlich habe  hinstellen  wollen,  ich  lasse  die  frage  nach  dem  yer- 
hlUtniB  Ton  rath  und  gericht  als  prttfungsinstanzen  der  arcbonten 
einstweilen  bei  seite  und  will  die  grenze  zwischen  dem  erweislichen 
and  dem  wahrscheinlichen  noch  schftrfer  ziehen,  als  es  dort  (ygl. 
9.  372)  geeehehen  ist. 

Dass  die  gewShlten  taxiarchen  nur  yor  gericht  geprflft  wurden 


602  ThThalheim:  die  dokimaaie  der  beamten  in  Athen. 

und  nicht  vor  rath  und  gericht,  darf  man,  glaube  ich,  trotz  Fr&nkels 
Widerspruch  (Hermes  Xm  s.  564)  aus  Dem.  40,  34  X€ipOTOVilcdv- 
TU)V  djLidiv  djLife  ToEiapxov  f)K€V  aÖTÖc  dirl  tö  biicacT/)piov  boia^a- 
c9iicö|Li€Vöc  mit  Sicherheit  schlieszen.  denn  ich  halte  es  allerdüigs 
für  unmöglich,  was  Fr&nkel  nicht  einmal  auffällig  erschienen  ist, 
dasz  der  betrug  des  Boiotos  vorher  vor  dem  rath  geglückt  war,  dasx 
nemlich  ein  erwählter  taxiarch  den  sämtlichen  500  rathmlnnem 
persönlich  unbekannt  gewesen  sei,  und  dasz  der  in  Wahrheit  erw&hlte 
dem  frechen  Stückchen  gelassenen  mutes  zugesehen  habe,  und  selbst 
dies  zugestanden,  so  wäre  der  geglückte  betrug  vor  dem  rath  für 
den  Sprecher  eine  um  so  viel  empfindlichere  Schädigung  als  der  ver- 
such vor  gericht,  dasz  ich  nicht  verstehe,  warum  er  jenen  verschwie- 
gen, diesen  erwähnt  hat.  Fränkel  behauptet  zwar,  der  redner  h&be 
dem  gericht  gegenüber  ein  grOszeres  Interesse;  ich  finde  aber  dasz 
er  nur  seinen  eignen  schaden  hervorhebt,  und  sehe  für  jene  be- 
hauptung  nirgends  einen  anhält.  Ljsias  15,  2  übergehe  ich,  weil 
sich  aus  dieser  stelle  nur  mit  Wahrscheinlichkeit  auf  die  gerichte  als 
notwendiges  prüfungsforum  der  Strategen  schlieszen  läszt,  im  g^en- 
satz  zur  appellationsinstanz ,  während  eine  vorhergehende  prüfang 
im  rath  nicht  ausgeschlossen  wäre. 

Bei  Aischines  3, 14  f.  —  ich  schreibe  des  raumes  halber  nur  den 
letzten  teil  aus  —  steht:  «Kai  öcoi  Xa/üißdvouciv  f)T€MOviac  biKOcn)- 
piiuv»  . .  .  t(  toutouc  KcXeuei  irouiv  (nemlich  das  geseti) ;  ou  5ia- 
K0V61V,  dXX  *  fipxciv  bOKijjiacO^VTac  iv  rqj  biKacnipiip ,  4ir€ibf}  m 
a\  KXr)pujTai  dpxal  ouk  dbOKiMacTOi,  dXXd  boKifiocOeicai  dpxoua, 
Kai  XÖTOV  Kai  eöOuvac  dtTP^cpciv  irpdc  töv  jpa^aiia  Koi  touc 
XoTiCTÖic,  KoOdirep  xal  rdc  dXXac  dpx^c,  KcXciiei.  angenommen,  die 
grenze  der  gesetzesanführungen  sei  hier  zweifelhaft,  so  ist  es  Ter- 
fehlt  aus  den  anführungszeichen  von  Bekker  und  den  Zürchem  auf 
ihre  diesbezügliche  meinung  zu  schlieszen :  denn  da  es  in  unsem  aus- 
gaben nicht  üblich  ist  indirecte  rede  in  dieser  weise  zu  bezeichnen, 
so  fehlen  ihre  anführungszeichen  selbstverständlich  da,  wo  diereetion 
des  zweiten  KcXeuei  beginnt,  dh.  von  ou  biOKOveiv  ab.  die  neusten 
ausgaben  freilich,  die  mit  Cobet  dies  KeXeuci  streichen,  hätten  das 
verfahren  ändern  sollen,    ich  habe  nun  die  worte  äpX^iv  und  dann 
Kai  XÖTOV  Kai  cuOuvac  ^TTpciipciv  —  das  folgende  ist  für  uns  un- 
wesentlich —  als  dem  gesetz  angehörig  bezeichnet,  und  das  scheint 
mir  unzweifelhaft,  entgegnet  wenigstens  ist  darauf  nichts,  die  nach 
äpX€iv  folgenden  worte  bOKi^acO^VTac  tv  tü>  bucaCTiipii))  sind  Air 
den  zweck  des  redners  gleichgültig;  das  gesetz  anderseits,  welches 
mit  äpx^iv  den  amtsantritt,  mit  Kai  X6tov  usw.  die  rechenschafU- 
pflicht  bestimmte,  konnte  eine  Vorschrift  über  die  dokimasisi  die 
Vorbedingung  des  amtsantritts ,  nicht  umgehen;  es  folgt,  wie  mich 
dünkt,  mit  gröster  Wahrscheinlichkeit,  dasz  auch  diese  worte  dem 
gesetz  entnommen  sind,  und  handelt  es  sich  um  autoxitäten,  so  kenne 
ich  nur  zwei  männer,  die  sich  über  diesen  punct  geäussert:  Heier  im 
attischen  process  s.  201  anm.  72  erklärte  apx€iv  bis  dpxouci  —  das 


ThThalheim:  die  dokimasie  der  beamten  in  Athen.  603 

folgende  kam  ihm  nicht  in  betracht  —  fttr  gesetzesworte ,  Wester- 
nuum  de  locis  aliqaot  or.  att.  interpolatione  corraptis  s.  22  f.  bezog 
dpx€tv  bis  bixacTiipiw  und  Kai  Xötov  bis  dpxdc  auf  das  gesetz  und 
eridftrte  dir€ibf|  bis  apxouci  fOr  interpoliert,  bestehen  also  hier 
tweiiel^  so  gelten  sie  dem  letztem  satze  lir€ibfk  Kai  al  KXnpuiral  dp- 
Xctl  oOk  dboKi^acroi,  dXXd  boKiMOcOcicai  dpxouci.  gehört  aber 
boia|iac9ivTac  iv  tuj  biKacnip{({i  dem  gesetz,  so  folgt  mit  gewisheit, 
dsn  alle  erwählten  beamten  ihre  prflfung  vor  gericht 
ibUgten.  dieses  resultat  stimmt  überein  mit  dem  obigen  beispiel 
dea  taxiarehen,  ich  betrachte  es  als  erwiesen. 

Ans  der  erwfthnten  stelle  habe  ich  allerdings  auch  eine  negative 
foigerang  gezogen,  da  nemlich  von  den  archonten  eine  abweichende 
fonn  der  dokimasie  vor  rath  und  gericht  Überliefert  ist,  so  schliesze 
ieb,  nnd  ich  denke  mit  recht,  dasz  nicht  in  demselben  beamtengesetz 
vor  den  dpxal  x^tpoTOVirrai  auch  die  dpxal  KXripurrai  in  ihrer  ge- 
6Amtheit  sIs  subject  zu  dpxciv  usw.  gesiuiden  haben  können,  von 
einzelnen,  genauer  bezeichneten,  wftre  dies  möglich,  wenn  der  satz 
^itcibr)  usw.  interpoliert  ist#  ist  er  echt ,  so  halte  ich  es  fttr  unmög- 
lich, wenn  er  wie  Meier  wollte  dem  gesetz  angehört,  für  unwahr- 
scheinlich, wenn  er  wie  ich  angenommen  hatte  von  Aischines  stammt^ 
weil  ich  durchaus  nicht  sehCi  was  in  diesem  falle  entweder  das  ge- 
setz oder  den  redner  zu  der  gegenüberstellung  der  dpxal  KXiipurrai 
veranlassen  konnte,  und  darüber  dadurch  nicht  klarer  geworden  bin, 
dasz  Frftnkel  den  zusatz  als  psychologisch  leicht  erklärlich  hinstellt, 
wu  nun  aber  Westermanns  annähme  einer  Interpolation  betrifft,  so 
ist  der  einzige  grund  dazu  der,  dasz  der  zusatz  überflüssig  sei,  weil 
das  spätere  KO0diT€p  Kol  rdc  fiXXac  dpxdc  genau  dasselbe  besage, 
ist  jedoch  die  dokimasie  der  erwählten  bmunten  von  der  der  erlosten 
veneUeden,  und  sie  war  sicher  abweichend  von  der  der  archonten, 
M  ist  sehr  einleuchtend,  warum  der  gesetzgeber  das  KoOdirep  Kai 
Toc  dXXac  dpxdc  nicht  auch  auf  die  dokimasie  bezogen  wissen  wollte, 
sondern  derselben  einen  eignen  zusatz  gab,  der  fttr  die  erlosten 
beamten  zwar  auch  die  prüfung,  aber  nicht  die  gleiche  prttfung  wie 
^  die  erwählten  constatierte.  ich  neige  deshalb  jetzt  zu  der  ansieht, 
dasz  der  bestrittene  satz  dem  gesetz  entstammt,  glaube  jedoch  auch 
denen  gegenüber,  welche  wie  Weidner  die  interpolation  annehmen, 
dieedben  oonsequenzen  aus  der  folgenden  er  wägung  ziehen  zu  dürfen. 
Daaz  in  dem  Ljkurgosfragment  bei  Harpokration  u.  bOKi^a- 
cOck:  TpcTc  boKi^adai  xard  töv  vö^ov  Tivovrai,  ^ia  iiky  fjy  o\ 
iMa  dpxovTCC  boKt^dZovroi,  itipa  bk  {)v  oi  ^^Topec,  Tpini  hi  {)v 
oi  CTponiTOiv  nur  drei  arten  der  dokimasie  aufgeführt  werden,  wäh« 
f^  es  doch  noch  andere  gab,  hat  schon  des  Harpokration  oder  sei- 
ner quelle  verwundernng  erregt,  wie  der  zusatz  X^T€i  M^vrot  iv  nß 
<n)n^  Xdrtp  Kai  lim^uiv  bOKijuaciav  beweist  es  ist  nur  so  erklärlich, 
dasz  Kord  t6v  vöfüiov  nicht  *nach  dem  gesetz  im  allgemeinen',  son- 
dern 'nach  dem  6inen,  bekannten  gesetz'  bedeutet,  dasz  also  in  drei 
abschnitten  6ines  gesetzes  von  diesen  drei  arten  gehandelt  war,  deren 


604  ThThalheim:  die  dokimasie  der  beamten  in  AthexL 

einer  bei  Aischines  gegen  Timarchos  ziemlich  vollsttodig  erhalten 
ist.    auf  dieses  gesetz  geht  in  letzter  instanz  anch  Pollax  VUl  44  f. 
zurück :  bOKijiacia  bi  toTc  äpxouciv  diniTT^XXcTO  xol  toic  xXiipu}- 
TOic  Kai  TOic  alpcToTc,  cIt*  dm-rfibeioi  eiav  äpxeiv  cItc  xal  rifi,  xai 
ToTc  br)iiaTU)Totc  €l  firaipriKÖTCc  €?€v  \  t&  irarpt^ia  KorrebTiboKÖTec 
usw. :  denn  der  letzte  teil  dieser  erldSrong  ist  offenbar  ans  dem  ge> 
setz  bei  Aischines  1 ,  28  f.  ausgezogen ,  der  aasdmck  bOKipada 
Irnnr^^^^TO  wahrscheinlich  von  der  letzten  art  (vgl.  §  32)  fUachlich 
auf  alle  übertragen,    die  anordnung  des  Pollux  ist  naturgen^szer 
und  scheint  dunm  ursprünglicher :  man  sieht  nicht,  was  den  Lykur- 
gos  zu  der  seinen  bewog,  wenn  es  ihm  nicht  in  seiner  auseinander- 
Setzung  auf  die  zuletzt  gestellten  Strategen  besonders  ankam,  beide 
Schriftsteller  ergftnzen  sich :  der  letztere  beweist  dasz  von  archonten 
und  Strategen  in  zwei  Yerschiedenen  abschnitten  desgesetzes 
geredet  war,  Pollux  dagegen,  dasz  beide  ämter  als  reprftsentanten 
der  erlosten  und  erwfthlten  beamten  stehen;  folglieb  ban- 
delte 6in  abschnitt  des  gesetzes  von  den  erlosten ,  ein  anderer  von 
den  erwfthlten  beamten.    dasz  nun  dieses  gesetz  dasselbe  war,  aus 
dem  Aischines  3, 14  f.  citiert,  wage  ich,  obwol  ich  einen  zwingenden 
grund  dagegen  nicht  erkenne ,  nicht  zu  behaupten ,  zumal  es  für  un- 
sere auseinandersetzung  gleichgültig  ist,  ob  dasselbe  verfahren  in 
6inem  oder  in  zwei  gesetzen  befolgt  war.    aber  mir  gilt  zweitens 
als  erwiesen,  dasz  das  dokimasiegesetz  erloste  und  erwfthlte 
beamte  getrennt  behandelte. 

Dasz  auszer  den  archonten  auch  andere  erloste  beamte  vor  dem 
rath  geprüft  wurden,  folgt  aus  Lysias  26,  12 :  denn  wenn  sftmtlicbe 
erwählte  beamte  allein  vor  das  gericht  gehörten,  so  kennen  wir  die 
äXXai  dpxotl  dieser  stelle  nur  im  kreise  der  erlosten  suchen,  ander- 
seits heiszt  es  bei  Deinarchos  2,  10  von  Aristogeiton :  8t'  ^iropiou 
iTn)üi€XT]Tf|c  Xaxibv  direbOKiMdcOTi  öirö  n&v  töt€  biKCüIövTUJV  dpx^tv 
toOttiv  Tf|V  dpxi^v,  und  daraus  geht  hervor  dasz  einige  erlöste 
beamte  auch  vor  das  gericht  kamen.  Schftfer  gegenüber ,  der  durch 
die  stelle  das  gericht  als  einziges  prÜfungsforum  ftür  diese  erlöste 
behörde  bewiesen  und  meine  *aufstellungen  ohne  weiteres  gerichtet* 
sieht,  weil  das  gericht  als  zweite  instanz  unmöglich  gemeint  stiln 
könne,  erlaube  ich  mir  die  firage,  wie  sich  der  redner  ftür  den  trriz 
der  schmfthungen  des  Deinarchos  möglichen  fall  habe  ausdrücken 
sollen ,  dasz  der  rath  als  erste  instanz  den  bewerber  gebilligt  h&tt«. 
aber  auch  im  gegenfalle  sehe  ich  nicht,  was  Schftfer  zu  der  fordemng 
ein  recht  gibt,  der  redner  müsse  die  etwaige  erste  instanz  des  rathfs 
erwShnt  haben,  da  auch  nach  seinen  aufstellungen  das  gericht  der 
ausschlaggebende  factor  war.  wer  nun  so  berechtigten  einw&iden 
'nicht  erst  begegnen'  zu  dürfen  glaubt,  wird  sich  gefallen  lassen 
müssen,  dasz  seine  folgerungen  verworfen  werden,  ich  hatte  die 
auch  von  Meier  angezogene  stelle  übergangen,  weil  sie  nichts  be- 
weist als  was  niemand  angezweifelt  hatte. 

Betreffs  der  erlostoi  behOrden  steht  also  fest,  dasz  die  arcbon* 


ThThalheim:  die  dokimasie  der  beamien  in  Athen.  605 

t«n  Yor  raih  und  gericht  gehörten,  der  rath  auch  andere  zu  prüfen 
hatte;  imd  einige  derselben  vor  das  gericht  keimen,  damit  sind  un- 
sere positiven  naohrichten  erschöpft,  wir  sind  anf  Vermutungen  an- 
gewiesen, soll  dabei  die  untersnchong  stehen  bleiben?  vielleicht  ja; 
wer  indessen  weiter  gehen  will,  wird  zn  fragen  haben,  ob  für  die 
Prüfungsbehörde  sich  eine  ausnahmestellnng  der  archonten  darthan 
Ilnt  eine  solche  ist  von  Schftfer  behauptet,  aber  nichts  weniger 
ak  erwiesen  worden;  ich  lese  aus  seiner  auseinandersetzung  zwei 
grOnde  heraus,  erstens  dasz  die  prflfung  der  archonten  inhaltlich 
von  der  der  andern  behörden  verschieden  war  —  dies  zugestanden, 
60  folgt  für  das  forum  der  prClfung  durchaus  nichts  —  zweitens  dasz 
nnr  in  diesem  &lle  Aristoteles  (im  lex.  Gantabr.)  einen  grund  hatte 
dis  forum  der  archontenprttfung  ausdrücklich  hinzuzu^en,  wSh- 
rend  doch  eine  genaue  darstellung  dies  erforderte,  sofern  es  flber- 
bsopt  ein  anderes  prüfungsforum  der  behörden  gab.  aber  jener 
L/sias,  der  (26, 12)  dem  rath  einschärft,  er  müsse  bei  dem  archonten- 
unt  strenger  prüfen  als  bei  den  andern  ftmtem  wegen  ihrer  gericht- 
lichen thätigkeit  und  ihres  Übertritts  in  den  Areopag,  hfttte  er  es 
onterlassen  die  gesetzgebung*  für  sich  ins  feld  zu  führen,  wenn 
diese  für  die  archonten  eine  ausnahmsweise  prüfung  vor  rath  und 
gericht  bestimmte,  die  doclr  nur  strenge  bezwecken  konnte,  hfttte  er 
eich  eine  so  naheliegende  schmeichelhafte  adresse  an  den  rath  ent- 
gehen lassen,  welcher  eigens  berufen  war  dieses  amt  seiner  prüfung 
za  unterwerfen?  die  ausnahmestellnng  der  archonten  ist  also  nicht 
nv  nicht  erwiesen ,  sondern  unwahrscheinlich. 

Einen  positiven  beweis  für  die  gleichheit  des  verfahrene  bei 
kUen  erlosten  behörden  habe  ich  nicht,  ich  würde  einen  solchen  ver- 
SQolien,  wenn  sich  die  Schftfersche  behauptung  erhftrten  liesze,  dasz 
die  archonten  und  diese  allein  den  andern  beamten  gegenüber  be- 
tüghch  des  prüfungsinhalts  eine  Sonderstellung  hatten,  da  nemlich 
die  trennung  der  kategorien  in  dem  gesetz  des  Lykurgos  und  PoUux 
ihren  grund  haben  konnte  entweder  in  Verschiedenheit  der  form 
der  prfüimgen  oder  des  inhalts  oder  von  beidem  zugleich,  so  könnte 
^  den  erwfthnten  fall  der  prüfungsinhalt  den  soheidungsgrund 
nieht  abgegeben  haben,  weil  auf  grund  desselben  die  trennung  an- 
ders bitte  ausfallen  müssen,  es  wftre  demnach  die  form  als  ein- 
teäongsgrund  aufzufassen,  und  die  angereihte  dokimasie  der  redner 
^eh  in  der  form  sowol  von  der  der  archonten  ab  der  Strategen  ab. 
iadessen  auch  jene  behauptang  steht  auf  schwachen  füszen;  es  ist 
vielmehr  wahrsdieinlich,  dasz  auch  an  andere  ftmter  besondere,  die- 
(^  eigentümliche  anforderongen  gestellt  wurden,  und  da  in  dem 
letzten  geeetzesabschnitt  genau  angegeben  war,  von  welchen  vor- 
würfen ein  Yolksredner  sidi  rein  halten  muste,  so  ist  es  wahrschein- 
lich, dasz  in  den  beiden  vorhergehenden  abschnitten  dasselbe  ge- 

*  getetsgebaog  bedeutet  auch  Mie  gegebenen  geaetie*,  was  FrSnkel 
Qbersah,  als  er  nicht  wuste  wie  ich  mir  eine  Verwaltung  von  teilen 
der  gesetzgebung  vorstelle. 


606  ThThalheim :  die  dokimaaie  der  beamien  in  Atben. 

schehen  war;  es  können  sehr  wol  für  beide  kategorien  auch  iobalt- 
lieb  abweichende  vorscbrifiten  getroffen  sein,  aus  des  PoUnz  kfine 
wenigstens  darf  man  auf  das  gegenteil  wol  niobt  scbliesxen. 

Angenommen  jedocb,  das  forum  wftre  für  alle  erlosten  besmten 
das  gleiche,  so  scblieszt,  man  mag  sieb  das  Verhältnis  von  raih  und 
gericht  vorstellen  wie  man  will ,  das  doppelte  forum  eine  venchlr- 
fung  der  prdfung  in  sich,  insofern  bei  notwendig  doppelter  doki- 
masie  die  möglicbkeit  der  Zurückweisung  zweimal  vorlag,  beider 
auffassung  im  sinne  der  appellation  ein  Verwerfungsurteil  des  rathes 
gegen  den  bewerber  schwer  ins  gewicht  fallen  mnste.  und  ds  ich 
nun  den  unterschied  zwischen  erlosten  und  erwählten  beamten  mit 
nichten  für  einen  'sehr  ftuszeriichen'  halten  kann,  das  loos  viehnehr 
leicht  einem  gegner  der  herschenden  politischen  strSmung  m  ein- 
flusz  verhelfen  konnte,  so  würde  es  meiner  ansieht  nach  den  demo- 
kratischen interessen  durchaus  entsprechen,  wenn  der  erloste  beamte 
ohne  unterschied  sich  einer  strengem  form  der  prüfung  unterziefaeD 
muste  als  der  erwählte,  der  ja  in  seiner  wähl  schon  6ine  prüfung  be- 
standen hatte,  anderseits,  wenn  von  den  archonten  abgesdien  im 
kreise  der  übrigen  erlosten  beamten  von  einigen  prüfung  vor  dem 
rath,  von  einigen  dokimasie  vor  gericht  bezeugt  ist,  so  wird  sich  för 
eine  Verschiedenheit  innerhalb  dieser  andern  beamten  wol  nicht  der 
schatten  eines  grundes  anführen  lassen,  ja  auch  von  aUgemeinen 
gründen  läszt  sich  für  eine  Sonderstellung  der  archonten  kaum  etwas 
beibringen,  da  viele  der  andern  erlosten  beamten  grosse  summen 
verwalteten  und  für  cassenbeamte  wol  auch  den  Athenern  eine  mög- 
liehst  strenge  prüfung  nötig  erschienen  sein  wird,  dasz  also  alle 
erlosten  beamten,  wie  die  archonten ,  vor  rath  und  geriebt 
geprüft  wurden,  glaube  ich  als  wahrscheinlich  bezeichnen  zo 
dürfen,  wenn  ich  auch  zugebe  dasz  dies  resultat  sich  nicht  völlig  er- 
weisen läszt. 

Das  Verhältnis  von  rath  und  gericht  bei  der  archontenprflfong 
ist  streitig:  es  fragt  sich,  ob  das  gericht  als  notwendige  zweite  oder 
als  appeUationsinstanz  eintrat,  ich  glaubte  die  fri^  durch  Dem. 
20,  90  Touc  likv  Occ^oO^Tac  touc  tn\  touc  vöjjIOuc  xXnpouM^ouc 
b\c  bOKifiacO^vrac  fipxeiv  Iv  t€  rfj  ßouX^  xal  irap '  ö^iv  ly  v^  ö(* 
KQCTiipiui  in  keiner  weise  entschieden.  Sdiäfer  jedoch  leugnet  da^z 
die  stelle  im  sinne  der  appellation  verstanden  werden  könne;  er 
meint,  unter  dieser  Voraussetzung  müste  Demosthenes  'geschwinde!: 
haben  oder  der  spräche  so  wenig  mächtig  gewesen  sein,  dasz  er  «^i^ 
er  sagen  wollte  schief  ausdrückte',  ich  denke,  wenn  bei  prüfung  d^r 
archonten  von  dem  urteil  des  rathes  stets  an  die  gerichie  bemfon^: 
eingelegt  werden  konnte  und  ein  redner  bei  gelegenheit  eines 
Vergleichs  hiervon  die  worte  gebraucht:  *die  thesmotheten  müssto 
sich  zweimal,  vor  rath  und  gericht,  verantworten',  so  werden  11° 
angriffe  auf  seine  Wahrheitsliebe  oder  sprachbeherschnng  ni«.-' 
drücken ,  und  wäre  er  ein  Demosthenes.  ich  suchte  für  die  fn^:'^ 
eine  entscheidung  in  Lysias  26,  6,  wo  des  zum  archon  erlösten 


ThThalheim ;  die  dokimaBie  der  beamten  in  Athen.  607 

£oaodro8  ankUger  sagt :  &v  M  xal  inX  TOiövbc  Xötov  TpdirwvTai, 
d)C  6  xp^oc  oÖK  iTK'^f^'i  äXXov  diroxXnpupcoi,  äXXd  dvdipcii,  läv 
oMv  &iroboKi|idcnT€ ,  dOura  Td  irdtpia  icpd  T(Tvec6ai ,  Tdb '  dv- 
6uMii6r|T€»  ön  itdXm  ö  xpövoc  iibr\  iT0p€XiiXu6€V.    f)  Tdp  aCpiov 
ijlUfia  Mövti  Xoiitfi  toC  dviauroO  dcnv,  Iv  hi  Taunj  t^i  Aü  t<^  cui- 
Tflpi  Oucia  Y^TV€Tai,  biKacnfjptov  hi  irapd  touc  vopouc  dbuvaTOV 
nXfipttjOf)vot,  wo  der  letzte  satz  mit  der  Torauasetzung  notwendiger 
xweimaliger  dokimaaie  und  der  annähme  i  dasz  die  piUfnag  yor  ge- 
richt  am  letzten  tage  stattfinden  sollte  und  konnte,  zn  streiten  schien« 
dann  ich  meinte  nnd  meine  nooh  dasz,  wer  die  mögliehkeit  einer  ge- 
riehtssitznng  am  letzten  Jahrestage  voraussah,  zwar  sagen  durfte  — 
neh  wenn  es  nicht  wahr  war  —  morgen  ist  eine  gerichtssitzung 
gesetzwidrig:  biKOcnfipiov  Kord  touc  vöfAOuc  dbuvaTOV  trXnpujOf)- 
vai,  aber  eine  haare  thorheit  begeht,  wenn  er  die  mSglichkeit  einer 
gorichtssitzung  flberhaupt  leugnet,  wie  das  mit  bucacnflpiov  irapd 
TOUC  vö^ouc  dbiivotTOV  irXT]pu)6f)vai  geschieht    und  dasz  Ich  mit 
dieser  einsieht  nicht  so  allein  stehe  wie  mir  vorgeworfen  worden  ist, 
beweist  die  anmerkung  Beiskes,  welchem  das  trapd  touc  vöfiouc  so 
wenig  passend  erschien,  dasz  er  den  versuch  macht  es  durch  'propter 
leges,  qnia  leges  intercedunf  zu  erklftren  und  es  in  der  Übersetzung 
gar  durch  'in  tantis  temporum  angustüs'  ersetzt,   erweisen  nun  die 
inschriften  —  und  ich  wage  weder  die  riohtigkeit  der  erg&nzung 
CIA.  n  125  noch  die  der  correctur  in  CIA.  11 188  bei  BOckh  mond- 
icyklen  s.  48  anzuzweifeln  —  dasz  ol.  110,  4  und  114, 3  am  letzten 
ji^rsstage  volksbeschlflsse  geüaszt  worden  sind,  so  kann  ich  immer 
noch  ttiät  glauben  dasz  deshalb  ol.  99,  2  an  demselben  tage  habe 
gerieht  gehiäten  werden  können,    denn  in  diesem  falle  hfttte  Lysias 
aemem  dienten  unter  allen  umstSnden  die  plumpste  und  albernste 
Ifigs  in  den  mund  gelegt,    und  sehen  wir  diesen  redner  auch  als 
anwalt  einer  schlechten  sache  die  Wahrheit  entstellen  (vgl.  jahrb. 
1877  8.  617)  oder  gesetzesworte  verdrehen  (ebd.  s.  270):  so  weit  ich 
ihn  kenne,  war  er  zu  fein,  um  seinen  schtttzling  in  dieser  weise  blosz 
zo  stellen,   allerdings  ist  das  eine  subjective  ansieht;  ihr  gegenüber 
steht  die  andere  subjective  ansieht,  das  irapd  touc  vö^ouc  sei  mit 
groszem  vorbedacht  von  dem  redner  gesetzt  *um  so  seine  still- 
schweigend vorausgesetzte  prftmisse  und  den  so  erzielten  fehlschlusz 
mtAa  SU  verdecken',   ja,  wer  Iflgt,  sucht  zu  verhflUen,  aber  wo  in 
<lieser  schnrfen,  knappen  deduction  die  verfafillung  liege,  kann  ich 
wenigstens  nicht  sehoi«  wenn  nun  aber  über  die  frage,  ob  am  letzten 
jdmtaga  gericht  gehalten  werden  dürfe  oder  nicht,  ein  rathmsenn 
Ton  Athen  ftglich  nicht  im  zweifei  sein  konnte,  so  beweist  die 
letztere  ansieht  in  der  that  hohe  begrifife  von  dem,  was  ein  redner 
-—  gleichviel  wer  —  dem  rathe  von  Athen  zu  bieten  wagte  und  was 
der  letztere  sich  bieten  liesz.  fragt  es  sich  schlieszlich,  welche  auf- 
&88ung  die  ungezwungenere  sei  —  denn  Schftfer  meint,  im  falle  der 
sppeUaiionsinstanz  hfttte  der  redner  die  berufnng  ausdrücklich  an- 
kfindigen  müssen  ^-  so  darf  ich  wol  für  mich  geltend  machen,  dasz 


608  HRöhl :  eine  metrische  altargiyische  inBchrift. 

alle  neuem  erklftrer  des  Ljsias,  welche  die  stelle  beeprofdien,  die 
doch  der  dokimasiefrage  gegenüber  in  keinerlei  weise  yoreingenom- 
men  waren,  sie  im  sinne  der  appellation  yerstanden  haben:  so 
Francken  comment.  Ljs.  s.  188,  Blass  attische  beredsamkeit  I  s.  470, 
PBMüller  'des  Lysias  rede  g^en  Eoander*  (Merseburg  1873)  s.  16. 
demgemSsz  scheint  mir  die  frage  noch  immer  durch  Lysias  26,  6 
mit  Wahrscheinlichkeit  zu  gunsten  der  appellationsia- 
8 tanz  entschieden,  wer  aber  an  der  notwendigen  zweiten  instaax 
festhftlt,  wird  sich  dieselbe  nicht  mit  Schftfer  als  die  ^zweite  und  aus- 
schlaggebende' Yorstellen  dürfen,  denn  wenn  diese  werte  bedeoten 
sollen  —  und  anders  kann  ich  sie  nicht  auffassen  —  dasz  ohne  rflck- 
sioht  auf  den  aus&U  des  rathsurteils  der  entscheid  der  gerichte  gel- 
tung  behielt,  so  sinkt  dadurch  die  rathsYorhandlung  zu  einer  gleich- 
gültigen redeprobe  herab,  für  welche  mir,  obwol  ich  nicht  zq  den 
bewunderem  athenischer  zustände  zfthle,  der  rath  von  Athen  zu  goi 
erscheint,  und  die,  wenn  je  eingeführt,  bald  fallen  muste.  yiehnelir 
wird  man  annehmen  müssen,  dasz  dann  die  billigung  beider  instamen 
für  den  bewerber  erforderlich  war,  wodurch  fireilich  im  fall  der  Ver- 
werfung durch  den  rath  die  Verhandlung  vor  dem  geiicht  in  Weg- 
fall kam. 

Es  bleibt  die  dokimasie  der  buleuten,  als  deren  forum  der  rath 
überliefert  ist.  wer  fOr  sämtliche  erloste  beamte  appellation  an  dis 
gericht  statuiert,  wird  sich  für  die  buleuten  der  gleichen  conseqnenz 
nicht  entziehen  können :  denn  das  berufunc^sreoht  schlieszt  eine  be- 
sohränkung  der  rathsgewalt  ein,  yon  der  man  nicht  sieht,  wanim 
sie  bei  den  buleuten  ftJlen  sollte,  für  den ,  der  zwei  notwendige  io- 
stanzen  annimt,  ist  die  frage  eine  offene,  während  sie  Schäfer  dordi 
eine  bestimmung  über  den  rath  der  Erythraier  (CIA.  I  9)  für  den 
rath  als  einziges  forum  (yielleicht  mit  appellation  an  die  gerichte) 
entschieden  glaubt. 

Breslau.  Thbodor  Thalhbdc. 

83. 

EINE  METBISCHE  ALTABGIVISCHE  INSCHBIFr. 


Für  eine  yieledierte  und  yielbesprochene  inschrift,  CIO.  17. 
LeBas  tf.  VI  15,  schlage  ich  folgende  lesnng  yor,  indem  idi  nach 
Foucart  explic  n.  108  ab  sicher  annehme,  dasz  der  erste  erhaltene 
buchstab  ein  koppa  ist,  und  den  aus&ll  einer  zeile  am  an&ng  yer 
mute: 

[Tu>b€  TU1TUI  biuiv  ävd]Kuiv  dv^OfiK*  £rX6o]vT€ 
AicxuXXo[c]  Bioiroc,  toIc  boMOcioic  €vä(£OXotc 
TerpdKi  Tc  [c]ir6biov  viicii  Ka[l]  rpk  t6v  öirXiTofv]. 
Aisch jUos  weiht  reiterreliefis  der  beiden  gütter,  durch  deren  failfe  er 
seine  siege  errungen  hat. 

Berliv.  HxniUHM  Böbl. 


WDittenberger:  anz.  y.  Aristoteles  politik  y.  FSusemihL  I.  II.     609 

84. 

AKI8TOTKLE8  POLITIK.  aRIBCHISCH  UND  DEUTSCH  UND  MIT  8A0H- 
EBKLABENDEN  ANKERKUNGEN  HERAUSGEGEBEN  VON  FRANZ  SU8E- 
HIHL.   ERSTER  THBIL:  TEXT  UND  ÜBERSETZUNG.    ZWEITER  THEIL: 

INBALTSYERZEICHNIS  UND  ANMERKUNGEN.     Leipzig,    yerLig  yon 
W.  fingelinaiiii.   1879.   XXVII  u.  801,  LXXVI  u.  888  s.  8. 

Der  1872  erschienenen  kritischen  ausgäbe  Snsemihls,  welche 
zueret  ftir  die  teztgestaltung  der  Aristotelischen  politik  ein  sicheres 
urkundliches  fondament  geschaffen  hat ,  schlieszt  sich  als  ergftnzung 
dJe  Torliegende  an,  deren  hauptwert  in  der  Übersetzung  und  den  er- 
klärenden anmerkungen  liegt,  allerdings  hat  der  hg.  auch  den  tezt 
Qod  kritischen  apparat  keineswegs  unverttndert  aus  der  gröszem  aus- 
gäbe abdrucken  lassen,  sondern  mit  bekannter  gewissenhaftigkeit 
Alles  in  der  Zwischenzeit  ftlr  die  textkritik  geleistete  nachgetragen 
and  auch  mehrfach  eigne  neue  emendationen  gegeben,  im  groszen 
und  ganzen  aber  konnte  dieser  teil  naturgemäsz  nichts  anderes  sein 
ab  ein  auszug  aus  der  kritischen  ausgäbe,  und  da  ich  Aber  diese  mich 
an  einem  andern  orte  (GOttinger  gelehrte  anzeigen  1874  s.  1349  ff.) 
eiogehend  ausgesprochen  habe,  so  glaube  ich  hier  nicht  darauf  zu- 
rückkommen zu  sollen. 

Abgesehen  von .  der  entfemung  der  lateinischen  Übersetzung 
des  Wilhelm  von  Moerbeke  ist  der  apparat  auch  sonst  in  einer  dem 
zwecke  dieser  ausgäbe  entsprechenden  weise  gekürzt,  namentlich 
durch  weglassung  der  Zusammenstellung  von  emendationen  anderer, 
soweit  der  hg.  sie  nicht  in  den  text  aufgenommen  hat;  indessen 
iiitte  er  in  Vereinfachung  des  apparates  ohne  schaden  noch  weiter 
gehen  können :  warum  wird  zb.  an  den  mehr  als  hundert  stellen, 
wo  die  hss.  der  zweiten  familie  die  Schreibung  TiTV€c6ai  statt  der 
Ton  S.  überall  aufgenommenen  xivecOai  haben,  jedesmal  eine  be- 
zügliche anmerkung  unter  den  tezt  gesetzt,  statt  diese  orthogra- 
phische Variante  —  falls  ihre  berücksichtigung  hier  überhaupt  er- 
forderlich erschien  —  irgendwo  ein  für  allemal  zu  besprechen?  auch 
^Bst  flUlt  hin  und  wieder  eine  gewisse  Weitschweifigkeit  und  um- 
stladlichkeit  in  den  kritischen  noten  auf,  wie  wenn  der  hg.  zu  einem 
eügeklammerten  passus  bemerkt,  er  habe  schon  in  der  ersten  aus- 
gäbe einen  verdacht  gegen  die  editheit  geäuszert,  aber  *noch  nicht 
gewagt'  eckige  parenthesen  zu  setzen,  wenn  wir  gar  zu  YIII  (Y) 
^1  1305^  19  ff.  (und  ähnlich  an  einigen  andern  stellen)  erfahren, 
die  'Susem.  2  nach  einem  von  Susem.  1  geäuszerten  verdacht  die 
^kigen  parenthesen  gesetzt  habe',  so  macht  diese  zerteilung  der 
^^en  person  in  zwei  verschiedene  Individuen  einen  seltsamen  ein- 
dniek.  indes  das  alles  sind  doch  nur  ftuszerlichkeiten,  die  dem  werte 
dessen  was  uns  hier  geboten  wird  keinen  eintrag  thun. 

Dem  texte  gegenüber  steht  die  Übersetzung;  sie  verfolgt  durch- 
wtt  den  zweck,  sowol  die  einzelnen  gedanken  als denzusammenhang 
derselben  vollkommen  verständlich  wiederzugeben,  und  setzt  dem 

iakrMckn'  ^r  elMt.  pUlol.  1879  hfU  9.  89 


610     WDittenberger:  anz.  y.  Arietoteies  politik  v.  FSusemihL  L  II. 

jede  andere  rücksiebt  nach,  das  ist  gewis  nicht  zu  tadeln,  nar  dürfte 
man  auch  darin,  namentlich  in  den  vom  hg.  zur  YerdeaÜichimg  des 
Zusammenhangs  vorgenommenen  (eingeklammerten)  einschiebtuigenf 
das  masz  des  wirklich  notwendigen  hie  und  da  überschritten  finden. 
dagegen  ist  es  gewis  ftuszerst  selten,  dasz  aus  der  übersetzang  nicht 
mit  vollkommener  klarheit  zu  ersehen  wäre,  wie  der  hg.  den  Aristo- 
teles verstanden  hat.  mir  ist  nur  1116,  1279*16  aufgefallen:  Menn 
dann  werden  sie  sich  auch  wol  nicht  mehr  um  dieselben  reiszen'  (koI 
TÖtp  &v  oÖTUic  icwc  dö(ujKOV  rdc  dpxdc).  ist  'nicht  mehr' biet 
im  sinne  von  oök^ti  oder  ou  fiäXXov  gemeint?   in  keiner  von  bei- 
den bedeutungen  ist  es  dem  gedanken  angemessen;  aber  im  griechi- 
schen steht  auch  nichts  der  art  da,    denn  Icuic  beiazt  Vielleicht', 
in  der  bekannten  figürlichen  Verwendung  statt  'ganz  unzweifelhaft'. 
II  3,  1261^  35  kann  f[  vor  6cov  dKdcTqj  iirißdXXei  nicht  'oder'  be 
deuten,  sondern  'als'.   II  7,  1267*  35  ist  *schon  für  eine  geringere 
summe'  keine  zutreffende  Übersetzung«  denn  dieses  (nicht  temponde) 
'schon'  kann  griechisch  so  wenig  durch  ffint]  wie  lateinisch  dnidi  ta» 
ausgedrückt  werden,  überdies  zeigt  auch  die  Wortstellung,  dasz  ffiX\ 
mit  ^Xarrov  toutou  nichts  zu  thun  hat,  sondern  'sofort,  auf  der 
stelle'  heiszt.    es  ist  ein  doppelter  vorteil,  den  das  von  Eubalos 
proponierte  geschäft  dem  Autophradates  verheiszt:  ererhfiltAUr- 
neus  billiger,  und  er  erhält  es  sogleich,  ohne  die  mühen  und  den 
Zeitverlust  einer  belagerung. 

An  die  Übersetzung  schlieszt  sich  ein  bestandteil  der  ausgäbe 
an,  dessen  zweck  und  nutzen  ich  offen  gestehe  nicht  einsehen  lu 
kOnnen.  auch  zur  Übersetzung  nemlich  gibt  S.  Varianten  in  ansehn- 
licher zahl,  indem  er  entweder  die  ansichten  anderer  erklärerund 
teztkritiker  oder  auch  abweichende  handschriftliche  lesarten  wieder- 
gibt, ist  nun  aber  schon  im  erstem  fall  die  auseinandersetsung  mit 
abweichenden  meinungen  anderer  von  rechtsw^gen  sache  des  com- 
mentars,  während  der  Übersetzer  überall  nur  seine  auffassung  des 
textes  wiederzugeben  hat,  so  ist  vollends  die  berückaichtigang  der 
lesarten  der  verschiedenen  hss.-£amilien  in  der  Übersetzung  g^^ 
verkehrt:  denn  diese  hat  es  doch  unter  allen  umständen  mit  einem 
bereits  fertig  constituierten  texte  zu  thun,  welche  menge  von  gin: 
unnötigen  Wiederholungen  das  verkennen  dieses  gnmdaatses  tur 
folge  gehabt  hat,  lehrt  schon  eine  flüchtige  durchsieht  dee  buchen ; 
f^le  wie  1 11,  1258  b  31  «öXoTOMia]  f|  Xarofiia  Thomas  von  Aqnin^ 
u.  Susem.  1,  mit  unrecht»;  anm.  zur  Übersetzung:  'andere  lefart: 
Steinbrüche,  die  ich  früher  mit  unrecht  für  die  richtige  gehalten 
habe';  oder  gar  m  6,  1278^  13  (text:  br)MOicpaTiicaic.  kritische sn- 
merkung:  cbn^oxpaTknc  Sylburg  wol  jedenfalls  richtig.»  anm.  zur 
Übersetzung :  'oder  vielmehr  nach  S  jlburg :  in  den  demokratien'),  sin  i 
durchaus  nicht  selten,  ja  sogar  Varianten  die  auf  den  sinn  gar  keioen 
einflusz  haben  werden  in  dieser  weise  behandelt,  wie  IV  (TII)  l->. 
1333^  18  «eifißpuiv]  eißpuiv  P'  17^  Ar.  Bekk.»  übersetxang:  Thim 
bron]  'nach  der  andern  lesart  Thibron'.   hier  ist  mir  das  verfabreü 


WDitienberger:  anz.  y.  Aristoteles  poliÜk  y.  FSiuemihL  L  II.     611 

des  hg.  ganz  unbegreiflich,  es  sei  denn  dasz  er  seine  Übersetzung 
auch  von  solchen  gelesen  wissen  wollte,  die  kein  griechisch  ver- 
stehen and  für  die  also  der  gegenüber  gedruckte  text  mit  den  yarian- 
ten  gar  nicht  vorhanden  ist.  sollte  aber  wirklich  ein  solcher  auf  den 
ooglOcklichen  gedanken  kommen,  Ar.  politik  zu  lesen,  so  wird  es 
ihm  fermutlich  einerlei  sein ,  ob  der  hier  erwilhnte  mann  Thimbron 
oder  Thibron  geheiszen  hat.  auch  abgesehen  von  eigentlichen  Varian- 
ten sind  hie  und  da  überflüssige  bemerkungen  zur  Übersetzung  ge- 
geben, wie  zb.  III  4,  1277*  38  die  klage  daisz  sich  b€CTroTiKf|  apxil 
'leider  nicht  wörtlich  tibersetzen  lasse*.  ' 

Ganz  anderer  art,  und  ohne  frage  der  verdienstlichste  teil  der 
gtnzen  arbeit,  sind  die  durchlaufend  numerierten  anmerkungen, 
welche  wegen  des  gröszem  umfange  des  ganzen  hier  nicht  wie  in 
udem  bänden  der   Engelmannschen  samlung  hinter  dem  texte 
stehen,  sondern  einen  besondem  band  bilden,  was  die  benutzung 
nur  erleichtem  kann,    sie  dienen  der  sachlichen  erläuterung  des 
Aristotelischen  Werkes;  besonders  inhalt-  und  umfangreich  sind  da- 
bei diejenigen  noten,  welche  es  mit  der  erOrterung  einzelner  histo- 
rischer, litterargeschichtlicher,  antiquarischer  puncto  zu  thun  haben. 
es  ist  bekannt  wie  viel  veranlassung  die  politik  zu  erklArenden  anmer- 
iungen  dieser  art  bietet,  nicht  nur  durch  die  fülle  sachlicher  details 
die  sie  enthält,  sondern  mehr  noch  durch  die  mehr  ab  lakonische 
kfine,  mit  der  diese  dinge  oft  mehr  angedeutet  als  besprochen 
werden,    von  den  früheren  hgg.  hat  nach  dieser  Seite  namentlich 
JGScbneider  grosse  Verdienste,  nttchstdem  enthält  die  ausgäbe  von 
Eaton  manches  brauchbare,  aber  doch  war  noch  recht  viel  zu  thun. 
Sosemihl  hat  hier  namentlich  durch  eingehendste  berücksichtigung 
A^ier  einschlagenden  historisch-antiquarischen  Specialforschungen  der 
neuem  zeit  die  erklärung  wesentlich  gefördert  (vgl.  zb.  anm.  1675 
-78  zu  der  vielbesprochenen  stelle  VIII  (V)  10,  1311^  8  ff.),  aber 
»ach  der  andern  hauptaufgabe  der  sachlichen  interpretation,  den  ge- 
danken des  Ar.  nachzugehen,  ihre  entstehung  und  ihren  zusammen- 
hing unier  einander  sowie  mit  den  übrigen  teilen  seiner  philosophie, 
BifflentUeh  der  ethik,  nachzuweisen,  hat  3.  grosse  Sorgfalt  zuge- 
wendet,  wenn  er  es  dabei  nicht  versäumt  auch  auf  inconsequenzen, 
Widersprüche  und  sonstige  fehler  und  unvoUkommenheiten  hinzu- 
weiien,  so  wird  das  kein  verständiger  tadeln,  zumal  es  immer  auf 
gnmd  besonnenster  erwägung  geschieht,    nur  an  wenigen  stellen 
ithtmi  ea  mir  als  ob  er  dem  philosophen  unrecht  thue,  wie  anm.  503, 
wo  der  einwand  gegen  die  bündigkeit  der  argnmentation  nur  auf  der 
ToniiBsetaang  beruht,  die  freigelassenen  seien  eine  classe  der  metO- 
keo.  das  ist  aber  falsch,  nach  etymologie  und  gebrauch  sind  fi^TOtxoi 
Aar  diejenigen  dauernd  an  einem  orte  wohnenden  nichtbüi^^er ,  .die 
n  einer  andern  gemeinde  bürger  sind,  was  bei  den  frei- 
^laasenen  nicht  zutrifft,  richtig  heiszt  es  daher  1277*  38  üjcirep 
lirotKoa   die  corrupte  stelle  III  2,  1275  ^  35  dagegen  hat  mit  die- 
cr  frage  nichts  zu  thun.   ebenso  scheint  mir  in  anm.  282  'als  wenn 

89* 


612     WDittenberger:  anz.  y.  Aristoteles  politik  y.  FSosemihL  L  II. 

sich  so  etwas  nur  so  einfach  hfttte  machen  lassen'  der  begriff  des  Ari- 
stotelischen besten  Staates  (iinc  KpaTtcn]  toic  buvofi^voic  Ifjy  Sn 
lüidXiCTa  kqt'  €UX11v)  verkannt  zu  sein,  abgesehen  yon  solchen  ein- 
zelheiten  läszt  sich  gegen  den  commentar  Susemihls  höchstens  der 
Vorwurf  erheben,  dasz  auch  hier  das  masz  des  zur  erklärung  des  Ar. 
wirklich  erforderlichen  nicht  überall  streng  genug  eingehalten  ist; 
hauptsächlich  trifft  derselbe  die  auf  die  geschichte  der  gpriechisclieii 
litteratur  und  musik  bezüglichen  ausführungen. 

Auszer  den  anmerkungen  dienen  der  einführung  in  das  Ver- 
ständnis des  Werkes  noch  die  sehr  umfangreiche  einleitung  (bd.  I 
s.  1 — 75)  und  eine  genau  disponierte  inhaltsangabe  (bd.  H  s.  VII 
— LXXYI).  letztere  wird  gewis  manchem  leser  sehr  willkommen 
sein,  allerdings  würde  ich  jedem  der  zuerst  an  die  lectüre  der  politik 
geht  rathen,  sich  die  disposition  des  ganzen  selbst  herauszusucben; 
aber  leicht  ist  das  für  den,  dem  des  Ar.  weise  noch  fremd  ist,  keines- 
wegs ,  und  als  nachträgliche  controle  des  selbstgefundenen  wird  ein 
solcher  leser  die  Susemihlsche  Inhaltsübersicht  mit  dem  besten  nutzen 
gebrauchen  können,  endlich  gibt  die  vorrede  (bd.  I  8.  IX — XXVII^ 
auskunft  über  die  handschriftliche  Überlieferung  sowie  über  die  be- 
nutzte litteratur. 

Habe  ich  nun  auch  gegen  manches  in  der  anläge  und  einrichtong 
der  ausgäbe  nicht  unerhebliche  bedenken  geltend  machen  müssen,  so 
können  die  gerügten  mängel  doch  dem  werte  des  buches  im  ganzen 
keinen  wesentlichen  eintirag  thun ,  zumal  sie  hauptsächlich  formeUer 
natur  sind  und  anderseits  mit  sehr  anerkennenswerten  Vorzügen  im 
Zusammenhang  stehen:  denn  wenn  der  lig.  oft  zwischen  verschiedenen 
möglichkeiten  schwankt  und  keine  entscheidung  zu  geben  wagt,  so 
ist  diese  ängstlichkeit  doch  nur  eine  Übertreibung  jener  gewissen- 
haftigkeit ,  die  sich  sonst  in  so  vorteilhafter  weise  geltend  macht, 
und  wenn  er  mit  unermüdlichem  fleisze  alles,  was  irgend  für  die  er- 
klärung von  wert  sein  konnte ,  zusammenzutragen  und  zu  verarbei- 
ten  sich  bemüht  hat,  so  wird  man  es  ihm  nicht  allzu  übel  nehmen 
dürfen ,  dasz  er  in  seinem  eifer  öfter  die  grenzen  dessen,  was  wirk- 
lieh  für  die  erläuterung  der  Aristotelischen  Werkes  erforderlich  ist, 
übersehen  hat.  im  ganzen  tritt  die  neue  ausgäbe  der  ftltem  kriti- 
schen ebenbürtig  zur  seite  und  wird  gewis  von  vielen  lesem  der 
politik  als  ein  wertvolles  hilfsmittel  zum  Verständnis  derselben  dank- 
bar benutzt  werden. 

An  dies  gesamturteil  über  die  ausgäbe  möge  es  mir  gestattet 
sein  einige  kleine  berichtigungen  zu  einzelnen  stellen  anzufügen. 

I  8,  1256  *  10  hätte  mit  Bekker  der  acc.  xa^KÖv  aufgenommen  wer- 
den sollen,  da  nichts  gegen  ihn  und  die  überwiegende  hsl.  autoriUt 
für  ihn  spricht.  —  VIII  (V)  7,  1307*»  8  beruht  die  einfttgung  dt< 
—  so  gut  wie  gar  nicht  bezeugten  —  jif)  nur  auf  dem  irrtum,  doiz 
b\ä  tr^VT6  druiv  hier  *fanf  jähre  lang*  heisze,  während  es  unverkenn- 
bar nur  'mit  einem  Intervall  yon  fünf  jähren'  bedeutet,  wie  S.  selbst 

II  1^  1275^  25  btä  Tivwv  üjpicji^vuiv  xpövujv  richtig  *nach  abkul 


WDittenberger:  anz.  v.  Aristotelea  politik  t.  FSusemihl.  J.  IL     613 

einer  bestimmten  zeitfrist'  übersetzt.  —  Za  dem  in  anm.  1512  ge- 
sagten hätten  die  ausfCLhrungen  von  Eirchhoff  in  den  abh.  der  k. 
akademie  zu  Berlin  1878  s.  6  ff.  verglichen  werden  sollen,  wodurch 
sich  manches  in  Susemihls  bemerkungen  anders  gestaltet  haben 
würde.  —  Der  in  den  anmerkungen  1700  und  1761  constatierte 
Widerspruch  zwischen  den  stellen  Vni  (V)  10,  1312  *>  11  und  c.  12, 
1315  ^  38  ist  ein  rein  eingebildeter,  denn  an  letzterer  stelle  ist  nichts 
gesagt  als  dasz  Thrasjbulos  im  elften  monat  (seiner  herschaft)  ver- 
trieben wurde;  ob  diese  herschaft  im  eignen  namen  oder  vormund- 
schaftlich geführt  wurde,  davon  steht  hier  kein  wort,  und  ersteres 
aos  dem  umstände  folgern  zu  wollen,  dasz  überhaupt  Thrasybules 
and  nicht  sein  unmündiger  neffe  hier  als  dritter  tyrann  nach  Qelon 
ond  Hieron  erw&hnt  wird,  wäre  ganz  verkehrt,  welchen  alten  schrift- 
steiler hat  zb.  die  unleugbare  thatsache,  dasz  Antigonos  Doson  nur 
als  Vormund  seines  neffen  Philippos  regierte,  abgehalten,  denselben 
in  der  reihe  der  kOnige  von  Makedonien  mit  aufzuzählen?  ja  selbst 
wenn  der  Lakedaimonier  Pausanias  bei  Ar.  an  zwei  stellen  ßactXcüc 
genannt  wird,  darf  man  darin  schwerlich  mit  S.  anm.  1498  einen 
lüstorischen  irrtum,  sondern  nur  eine  sehr  verzeihliche  ungenauig- 
keit  des  ansdrucks  sehen.  —  Dasz  S.  YIII  (V)  3,  1303  *>  8  Sylburgs 
emendation   XutiX»  für  Xurpip  verschmäht,  ist  mir  unbegreiflich, 
denn  die  annähme  zweier  Ortschaften,  Xirröv  (Steph.  Bjz.  udw.)  und 
Xurpov  oder  Xurpiov ,  die  beide  im  gebiet  von  Elazomenai ,  beide 
der  inselstadt  gegenüber  auf  dem  festlande  gelegen  hätten  (s.  anm. 
1540)  ist  nicht  nur  an  sich  mehr  als  unwahrscheinlich,  sondern  wird 
orknndlich  durch  die  von  S.  übersehene  Inschrift  CIA.  II 14^  (add. 
9.  423)  widerlegt,  wo  die  namensform  Xutöv  mehrfach  vorkommt, 
wShrend  der  inhalt  der  Urkunde  beweist,  dasz  die  von  Ar.  erwähnte 
localität  gemeint  ist.  —  Das  zu  YIII  (Y)  6,  1306'  3  hingestellte 
dilemma  'man  sollte  denken,  dasz  entweder  an  beiden  stellen  [hier 
nnd  1303  ^  3]  mit  Spengel  iiroiKOUC  oder  mit  Eorais  dtroiKOUc  zu 
schreiben  sei',  wäre  durch  erwägung  des  bedeutungsunterschiedes 
heider  wOrter  zu  entscheiden  gewesen:  denn  an  beiden  stellen  ist 
nor  das  erstere  zulässig.  —  Wenn  anm.  1427  von  einem  zeugnis  der 
inschriffcen  die  rede  ist  ^nach  welchem  auch  später  (dh.  nach  Klei- 
sthenes)  jedem,  welcher  mit  dem  bflrgerrecht  beschenkt  ward,  eben 
damit  zugleich  das  recht  zugesprochen  wurde,  sich  in  eine  beliebige 
phyle^  pbratrie  und  einen  beliebigen  demos  einschreiben  zu  lassen', 
<o  zwingt  CIA.  n  115^  (tpdijiacdai  bk  aöröv  bi\}xo\3  Ka[\  |  q>u]XT)c 
Kod9paTpfac  fic  fiv  ßoöXT]T[a|i]  iliv  ol  vöjjioi  X^touciv,  wodurch 
der  in  andern  Inschriften  vorkommende  zusatz  Kard  töv  vöjliov  klar 
wird)  zu  einer  einschränkung  dieser  behaupiung.  —  Anm.  85  ^das 
^te  ttahgeldy  von  den  BOmem  aes  grave  genannt.'   aber  dieser  aus- 
druck  bedeutet  bekanntlich  vielmehr  das  nach  dem  ältesten  (libralen) 
fasz  gemünzte  kupfergeld.  —  YII  (YI)  3,  1318^  25  hat  8.  nach 
Stahrs  Torgang  den  ganz  klaren  gedankengang  durch  einschiebung 
eines  oÖK  Tor  dbiKiicouciv  zerstört,  wenn  der  satz  ^x^i  b*  d)yiq>ÖT€pa 


« 

614     WDittenberger:  anz.  v.  AriBtoteles  politik  y.  FSaeemihl.  I.  IL 

ävicöniTa  Kai  dbiKiäv  begrOndet  wird  durch  ei  yky  t^P  Sti  &v  oi 
öXiTOi,  Tupavvic  .  .  el  ö*  ön  fiv  oi  nXeiouc  kqt*  dpi6^6v,  dbiKf}- 
c ouci  bnibicüovTCC  TQ  T(£iv  TiXouciuiV  KOI dXaTTÖvuJv,  Bo  Ist  die rttck- 
beziehong  dieses  äbiKrjcouci  auf  dbucia  sonnenklar.  Stahrs  und  Sase- 
mihls  yerkennung'  des  gedankens  erklärt  sich  wol  nur  daraus ,  dasz 
sie  verstanden  haben  *so  wird  die  majoriiät,  wenn  sie  die  gflter  der 
wolhabenden  minderheit  confisoiert,  sich  im  unrecht  befinden',  was 
allerdings  nicht  in  den  Zusammenhang  passt.  yielmehr  heisztes:  'so 
wird  die  mehrheit  das  unrecht  begehen,  die  guter  der  minderheit  zu 
confiscieren',  und  damit  ist  das  ix^^  dbiKiav  für  diesen  fall  bewiesen, 
wie  für  den  entgegengesetzten  durch  das  blosze  wort  Tupawic,  das 
den  begriff  einer  ungerechten  herschaft  für  Ar.  selbstyerst&ndlich 
in  sich  schlieszt.  —  Die  werte  ÖTiMCTaOcM^vujvTe  tujv  xpu)|A^u)v 
oöbcvöc  dSiov  oub^  xP^ciMov  irpöc  oöbev  tüjv  dvaTxaiuiv  IcA  (tö 
vöjiiCjLia)  I  3,  1257*'  12  yersteht  S.  wol  nicht  ganz  richtig  yon  einer 
blossen  münzverttnderung,  dh.  der  demonetisierung  einer  bis  dahin 
gültigen  mUnzsorte.   denn  dadurch  würde  ja  das  alte  geld,  soweit 
es  keinen  den  metallwert  wesentlich  übersteigenden  legalcurs  gehabt 
hat,  keineswegs  wertlos  (oiibevöc  fiSiov)  werden,   yielmehr  denkt 
Ar.  offenbar  an  die  ganz  hypothetische  müglichkeit,  dasz  die  men- 
schen einmal  Überhaupt  yon  der  sitte  geprägtes  edehnetall  als  all- 
gemeines tauschmittel  zu  gebrauchen  al^gehen  "xmd  etwas  anderes 
statt  dessen  einführen  könnten.*  —  YII  (VI)  7,  1320^  34  behält 
S.  zwar  Td  jjifev  cd  cubjiiaTa  biaKcijüieva  im  text,  nennt  al)er  die  in 
einer  wertlosen  handschrift  yorgenommene  umstellang  Td  fi^v  eu 
biQKeijieva  cuijuaTa  'yielleicht  richtig',  und  führt  zu  gunsten  der 
Überlieferung  nur  die  ganz  unbestimmte  und  nicht  yiel  beweisende 
erwägung  an,  dasz  'auffallende  Wortstellungen  bei  Ar.  häufig  8eien^ 
es  liegt  aber  hier  keineswegs  eine  specifisch  Aristotelieche  naih- 
lässigkeit  yor,  sondern  ein  allen  griechischen  prosaikem  gemein- 
samer und  gerade  bei  den  besten  Attikem  ziemlich  häufiger  Sprach- 
gebrauch,  da  auch  ein  so  trefflicher  kenner  des  Ar.  wie  HBassovv 
an  unserer  stelle  eine  änderung  für  notwendig  gehalten  hat,  so  wm 


*  auf  jeden  fall  aber  hat  8.  recht  gethan,  das  ^craOc^^vuiv  nicht 
von  einer  materiellen  yeränderang  der  geldstücke  selbst  su  yersieber. 
wie  Oncken  (die  Staatslehre  des  Aristoteles  II  s.  99),  der  an  ein  oo- 
kenntlichmachen  des  prägestompels  denkt,  denn  damit  wird  der  g&oicL 
argamentation  der  boden  entzogen:  h^i  andern  gegenständen,  neict 
Aristoteles,  ab.  den  nahmngsmitteln ,  beruht  die  brancbbarkeit  &•'• 
ihrer  eignen  oatur  und  beschaffenheit,  bei  dem  gelde  dagegen  nor  ftc 
einer  willkfirlichen  menschlichen  satsang,  dieses  kann  also,  obni 
dasz  seine  beschaffenheit  yerSndert  wird,  dnrch  einen  bioM^*'' 
menschlichen  willensact  seinen  wert  yerlieren,  jene  nicht,  da^e^re' 
dnrch  eine  yerändemng  der  materiellen  beschaffenheit  kdnnte  man  u 
genau  ebenso  gut  auch  nahrungsmittel  ungeniessbar,  aUo  nnbrancbbar 
machen,  übrigens  drückt  sich  Oncken  sehr  yoraichtig  ans :  'es  f tt :  t 
bei  uns,  säet  Aristoteles,  das  geld  zu  entwerten,  und  denkt  dabei  wahr- 
scheinlich an  auslöschen  des  stempeis  oder  sonst  etwas.*  wtlr 
scheinlieh! 


KHartfelder:  der  äfrfbc  Xötoc.  615 

ich  einige  aufs  geraihewol  herausgegriffene  beispiele  fUr  jene  zwar 
anomale  aber  nichts  weniger  als  seltene  Wortstellung  anführen :  Dem. 
18, 144  Kai  fttp  €1)  iip&i}ia  cuvreOev  dipccOe.  I^jrsias  13,  61  Tf)c 
Tore  iToXiTciac  KaOicrafi^viic.  Dem.  20, 62  Tf)c  Iv  iKdcTtp  vuv  irepi 
avToO  b6ir]C  uirapxouciic.  20,  68  tö  Xaßpta  i|irjq>ic)yia  i|iTiq>ic9^v. 
Isokr.  4, 179  Tf|v  ircpl  fmäc  änjüiiav  TCT^vim^vnv.  Ar.  pol.  IV  (VII) 
3, 1325^  24  Tac  xaO'  aördc  tröXeic  löpufi^vac.  ob  das  wort,  wel- 
ches grammatisch  zum  participium  gehOrt,  aber  durch  dazwischen- 
treten des  substantiTS  dem  sich  das  part.  anschlieszt  von  diesem  ge- 
trennt wird,  ein  adyerbium  oder  der  casus  eines  nomen  mit  oder 
ohne  Präposition  ist,  das  macht,  wie  ein  blick  auf  die  beispiele  zeigt, 
für  die  sulSssigkeit  dieser  Wortstellung  keinen  unterschied. 

Zum  schlusz  bemerke  ich ,  dasz  die  ausstattung  des  buches  gut 
iii,  der  druck  correct,  wenigstens  was  einleitung,  flbersetzung  und 
snmerkungen  betrifft,  wogegen  in  dem  griechischen  text  eine  erheb- 
liche zahl  von  druckfehlem  auffkUt. 

Hallb.  Wilhelm  DiTTSNBBRaER. 


85. 

DER  AProc  Aoroc. 


Zu  den  zahlreichen  Sophismen  oder  fangschlttssen ,  welche  die 
alte  Philosophie  hervorgebracht  hat,  gehört  auch  der  dpTÖc  XÖTOC 
oder  die  iffnava  ratio^  wie  Gcero  übersetzt  (de  fato  §  28).  derselbe  hat 
folgende  form:  'wenn  es  für  dich  vom  Schicksal  bestimmt  ist,  dasz 
da  von  dieser  krankhelt  genesest,  so  wirst  du  genesen,  du  magst 
einen  arzt  gebrauchen  oder  nicht ;  wenn  es  dir  vom  Schicksal  bestimmt 
ist,  dasz  du  von  dieser  krankheit  nicht  genesest,  so  wirst  du  nicht 
genesen,  du  magst  einen  arzt  gebrauchen  oder  nicht,  eins  von  beidem 
iat  schicksalsschluszy  und  es  hat  daher  keinen  sinn  einen  arzt  zu  ge- 
brauchen.' die  consequenz  dieses  Schlusses  ist  vollstAndige  gleich- 
gflltigkeit  oder  Verzichtleistung  auf  jegliche  thtttigkeit.  Prantl  (gesch. 
der  logik  1 489)  behandelt  den  dpföc  XÖTOC  als  einen  von  den  stoikem, 
speciell  von  Chrysippos  aufgestellten,  er  teilt  damit  die  ansieht  von 
Petrus  Bamus,  der  gemeint  hat,  der  ipföc  Xöyoc  bestätige  die  stoische 
lehre  vom  fatum.  schon  Zeller  aber  philos.  der  Or.  III^  1  s.  104  und 
154  anm.  2  hat  darauf  aufmerksam  gemacht,  dasz  dieser  schlusz  den 
btoischen  fatalismus  ad  absurdum  führen  wolle,  also  nicht  von  Chry- 
sippos oder  einem  stoiker  herrühren  könne,  dasz  nun  diese  Vermutung 
ZeUers  in  der  that  richtig  ist,  ersehen  wir  aus  Cicero  de  fato  §  30 
haec  ratio  a  ChryHppo  reprehendUur.  nach  dem  Zusammenhang  aber 
ist  haec  ratio  eben  der  sog.  dpTÖc  Xötoc. 

Freibüro  im  Bbbisgau.  Karl  Hartfeldbb. 


616     LSchwabe:  anz.  v.  Eonrad  Lange  composition  der  Aegineten. 

86. 

DIE  COMFOSITION  DER  AEOIMETEN.    TON  KONRAD  LANGE,    (separat- 

abdruck  aus  den  Sitzungsberichten  der  k.  sächs.  ges.  d.  wiss.  phil.- 
bist,  classe  1878  IL)  Leipzig  bei  S.  UirzeL  1879.  94  s.  gr.  8  mit 
drei  tafeln. 

Die  arcbäologie  glaubte  seit  längerer  zeit  sich  der  angenehmen 
Überzeugung  hingeben  zu  dürfen,  dasz  die  frage  nach  der  composition 
der  aeginetischen  giebelgruppen  ganz  aufs  reine  gebracht  sei.  erst 
EFriederichs'  bemerkungen  in  seinen  'bausteinen  zur  geschichte  der 
griech.  plastik'  (1868)  über  die  Umstellung  der  knienden  lanxen- 
kämpfer  und  der  bogenschützen  zeigten  dasz  wenigstens  in  der  her- 
kömlichen  anordnung  nicht  alles  unzweifelhaft  sei;  fast  gleichzeitig 
gaben  die  besonders  für  die  stilistische  beurteilung  wichtigen  ar- 
beiten HBrunns  'über  das  alter  der  aeginetischen  bildwerke'  (1867) 
und  die  besprechung  derselben  in  dessen  'beschreibung  der  glypto- 
thek'  (1868)  manche  neue  anregung,  zb.  bezüglich  der  Umstellung 
des  Herakles  und  seines  gegenstücks,  des  troischen  schützen  des  ost- 
giebels ,  von  dem  (für  den  beschauer)  linken  flügel  auf  den  rechten, 
aber  auch  diese  arbeiten  giengen  davon  aus  dasz  über  die  zahl  der 
in  den  giebeln  anzunehmenden  statuen  kein  zweifei  sein  könne,  ob- 
wol  schon  die  finder  vermutet  hatten ,  es  habe  einst  in  den  giebeln 
eine  gröszere  anzahl  von  statuen  gestanden  als  die  elf  jetzt  zu  Mün- 
chen in  ein  giebelfeld  zusammengestellten,  aber  das  wurde  nicht 
weiter  beachtet. 

Erst  ein  russischer  archäologe  HadrianPrachow'  zog  diese 
auszerordentlich  wichtige  frage  wieder  in  den  kreis  der  wissenschaft- 
lichen besprechung  durch  eine  abhandlung  ^über  die  composition 
der  giebelgruppen  des  Athenetempels  zu  Aegina'  (16  s.  8),  welche, 
von  vier  tafeln  abbildungen  begleitet,  ende  1870  in  den  Sapiski  der 
Petersburger  akad.  d.  wiss.  bd.  XVIII  s.  57  erschien,  aber  natürlich  den 
gelehrten  Westeuropas,  weil  russisch  geschrieben,  unzugftnglich  blieb. 
sehr  erwünscht  war  es  daher  dasz  Prachow  selbst  eine  erweiterte 
bearbeitung  jener  abhandlung  in  den  Annali  dell*  Inst.  arch.  45  (1873) 
s.  140  ff.  gab  mit  gleichfalls  vermehrten  bildlichen  zugaben  (Ann. 
1873  tav.  d'  agg.  OPQ  und  Mon.  ined.  IX  57). 

Prachow  beschäftigte  sich  besonders  eingehend  mit  den  zahl- 
reichen in  München  aufbewahrten  fragmenten,  welche,  mit  den  von 
Wagner  und  Thorwaldsen  restaurierten  bildwerken  gleichzeitig  und 
am  gleichen  orte  gefunden,  grtfstenteils,  wie  allgemein  anerkannt  iit, 
auch  von  den  giebeln  des  Athenetempels  stammen,  aber  bei  der 


1  von  demselben  vf.  erschien  im  Journal  des  k.  mss.  minist  ^^' 
volksaafklSmng  1867  eine  abhandlang  über  eine  Achillesbfiste  der 
k.  ermitage  zn  Petersburg,  sodann  'monnmenta  antiquissima  XaatbiscA 
(des  britischen  masenms)  delineavit  Hadr.  Prachov'.  7  tafeln  fol.  («acb 
mit  russ.  titel).  Petersburg  1871.  dazu  als  text:  'untersuchnngea  lor 
geschichte  der  griech.  kunst'  (russisch).    Petersburg  1871.    8. 


LSchwAbe :  anz.  ▼.  Konrad  Lange  composition  der  Aegineten.     617 

restanrsiion  der  bildwerke  keine  Verwendung  fanden,  es  ist  in  der 
that  merkwürdig,  wie  wenig  man  sich  bis  dahin  darüber  gedanken 
und  sorgen  gemacht  hatte,  aufweiche  weise  jene  fragmente,  bzw. 
die  statnen  deren  teile  sie  sind,  in  den  giebeln  unterzubringen  wftren. 
diese  soiglosigkeit  hätte  nur  dann  einige  berechtigung  gehabt,  wenn 
die  Voraussetzung  zulftssig  gewesen ,  dasz  diese  fragmente  sämtlich 
von  den  im  ostgiebel  nach  der  gewöhnlichen  annähme  fehlenden 
sedis  figuren  oder  von  der  einen  aus  dem  westgiebel  verlorenen  (dem 
zugreifenden  rechts)  stammten  oder  zu  den  von  Thorwaldsen  er- 
gänzten statuen  gehört  hätten  und  nur  etwa  bei  der  restauration 
nicht  benutzt  worden  seien,  weil  dies  aus  technischen  gründen  nicht 
ingieng  oder  weil  sie  von  dem  ergänzer  in  ihrer  Zugehörigkeit  nicht 
wftren  erkannt  worden,  aber  wenn  auch  bei  nicht  wenigen  frag- 
menten  die  eine  oder  die  andere  dieser  Voraussetzungen  wirklich  zu- 
trift,  so  bleibt  doch  ein  beträchtlicher  rest  der  sich  jenen  Voraus- 
setzungen nicht  fügt  und  mit  welchem  sich  abzufinden  ftlr  die  Wissen- 
schaft eine  gebieterische  forderung  ist. 

Das  ergebnis  der  Prachowschen  Untersuchung  war  überraschend, 
man  liesz  früher  bekanntlich  die  statuen  der  beiden  giebelfelder  sich 
Ton  links  nach  rechts  so  folgen:  gefallener,  bogenschütz, 
kniender  lanzenkämpfer',  Vorkämpfer,  gefallener  (vor 
Athene),  Athene,  zugreifender,  Vorkämpfer,  kniender 
lanzenkämpfer,  bogenschütz,  gefallener,  nun  fügte  Pra- 
diow  mittels  scharfsinniger  benut-zung  und  ausdeutung  mehrerer 
fragmente  noch  einen  zweiten  zugreifenden  in  jedem  giebel 
hinzu. 

Den  von  Prachow  mit  entschiedenem  erfolg  eingeschlagenen 
weg  verfolgt  weiter  die  oben  genannte  erstlingssohrift  eines  deut- 
schen archftologen',  welche  eine  genaue  besprechung  aller  zu  den 
Aegineten  gehörenden  fragmente  gibt,  begleitet  von  abbildungen 
•Her  für  die  giebelgruppen  irgendwie  in  betracht  kommenden  bruch- 
stücke,  und,  so  weit  es  angeht,  jedem  einzelnen  fragment  durch 
sorgfiütigste  erwägung  der  verschiedenen  möglichkeiten  seinen  ein- 
stigen platz  anzuweisen  versucht,  endlich  auf  grundlage  der  ge- 
wonnenen ergebnisse  eine  restauration  des  westlichen  giebelfeldes 
in  vorder-  and  oberansicht  bietet. 

Man  ersieht  leicht  aus  dem  angeführten,  wie  wichtig  schon 
dnrch  den  bearbeiteten  gegenständ  die  angefahrte  schrift  ist.  gerade 
die  aeginetiachen  giebelgruppen  haben  nach  der  in  München  ge^ 
gfbenen  restauration  seit,  mehr  als  einem  halben  Jahrhundert  auf 
die  jetzt  geltenden  anschauungen  über  giebelgruppen  überhaupt 
ganz  besonders  maszgebend  eingewirkt,  hat  die  schrift  Langes  recht 
niit  ihrer  starken  modification  des  bisher  geglaubten,  so  gerathen 

*  so  ordne  ich  der  kOrse  wegen  gleich  nach  Fried erichs.  '  von 
demselben  ist  vor  iLorzem  noch  erschienen:  'das  motiv  des  anfgestQtsten 
fuMs  in  der  antiken  knnst  nnd  dessen  statuarische  verwendong  durch 
Lytippos'  (Leipzig  1879.    64  s.    8   mit  einer  Ufel). 


618     LSchwabe:  anz.  v.  Eonrad  Lange  compoaition  der  Aegineten. 

auch  jene  theoretischen  ansichten,  denen  man  bisher  gehuldigt,  un- 
fehlbar ins  wanken  und  müssen  andern  platz  machen. 

Eine  nachprttfung  der  ergebnisse  L.s  läszt  sich  natürlich  nur  Tor 
den  originalen  in  München  anstellen,  und  es  ist  sehr  za  wünschen 
dasz  eine  solche  von  einem  kundigen  dort  bald  unternommen  und 
veröffentlicht  werde,   in  diesem  falle,  wo  alles  auf  die  richtige  den- 
tung  einzelner  kleiner  bruchstücke  ankommt,  wo  alles  von  genauester 
messung,  Ton  der  art  des  bruches,  von  der  weise  der  Verwitterung 
und  andern  dingen  abhftngt  die  sich  nur  vor  den  originalen  und 
durchaus  nicht  nach  Zeichnungen  entscheiden  lassen,  musz  ich  selbst 
mich  mit  einem  kurzen  referat  begnügen,   doch  darf  ich  nicht  Ter- 
schweigen,  dasz  die  durch  klare  darstellung  gut  unterstützte  beweis- 
führung  des  vf . ,  welche  unter  gewissenhafter  benutzung  aller  in 
frage  kommenden  gesichtspuncte  und  hilfsmittel  (zb.  auch  der  jetit 
in  Berlin  befindlichen  Zeichnungen  des  mitentdeckers  der  aegineti- 
sehen  bildwerke,  Carl  von  Hallers)  schrittweise  alle  hindernisse  sorg- 
fältig aus  dem  wege  räumt,  mir  das  gröste  vertrauen  zu  seinen 
hauptergebnissen  einflöszt. 

Von  den  77  figürlichen  marmorfragmenten,  die  überhaupt  bier 
in  frage  kommen  können ,  sind  (auszor  sechs  resten  von  akroterien- 
figuren  des  Athenetempels  s.  89)  zunächst  auszuscheiden  neun,  die 
nach  den  maszen  und  dem  stil  mit  den  giebelgruppen  nichts  zu  tbun 
haben  (s.  91).  der  rest  gehört  zu  den  giebelgruppen.  doch  ist  es 
natürlich  nicht  möglich  ausnahmslos  alle  einzelnen  fragmente  gen^u 
zu  bestimmen,  siebenundzwanzig  sind  mehr  oder  weniger  unbe- 
stimmbar (s.  83) ,  doch  so  dasz  kein  hindemis  besteht  dieselben  in 
den  giebelgruppen,  wie  sie  der  vf.  herstellt,  unterzubringen. 

So  bleiben  fünfunddreiszig  fragmente,  deren  ursprünglicbe 
stelle  in  den  giebeln  L.  meint  nachweisen  zu  können,  um  sich  freie 
bahn  zu  schaffen,  bespricht  der  vf.  zuerst  (s.  21)  die  einundxwamig 
fragmente,  welche  zu  den  zweimal  elf  statuen  gehört  haben  müssen 
mit  denen  man  vor  Prachow  die  giebelfelder  gefüllt  ansah,  endlich 
gewinnt  er  aus  der  betrachtung  der  vierzehn  noch  übrigen  bruch- 
stücke die  beweise  für  eine  Vermehrung  der  giebelstatuen  (fi.3^). 

Um  zu  erkennen,  welchen  von  beiden  giebeln  die  verachiedenen 
bruchstücke  angehören ,  benutzt  der  vf.  besonders  deren  musie,  d;e, 
wie  man  längst  bemerkt  hat,  bei  den  figuren  des  oatgiebds  etwa.^ 
gröszer  sind  als  bei  den  figuren  des  westgiebels;  zb.  ist  die  durch- 
schnittliche dicke  der  oberarme  an  den  stärksten  stellen  im  ostgiebel 
30,17  cm,  im  westgiebel  26,46  cm;  der  Unterarme  og.  27,87,  wg. 
24,61;  des  Oberschenkels  og.  37,  wg.  34,57;  des  handgelenkes  cj. 
18,47,  wg.  16,87  usw. 

Gegenüber  der  ^corrosion'  oder  Verwitterung,  welche  man  ver- 
wertet hat  um  zu  bestimmen,  ob  die  einzelnen  statuen  auf  den 
rechten  oder  linken  fiügel  eines  giebels  gehören,  verhält  sich  der  vt. 
sehr  ablehnend,  er  behauptet,  jene  Verwitterung  sei  zum  aUergT6&u:n 
teile  erst,  nachdem  die  statuen  aus  dem  giebel  herabgestürzt  gt* 


LSchwAbe:  anz.  v.  Konrad  Lange  coniposition  der  Aegineten.     619 

Wesen,  durch  die  einflttsse  des  erdbodens  und  dessen  feuchtigkeit  be- 
wirkt worden,  xar  sttttze  seiner  annähme  zieht  der  vf.  auch  mine- 
nlogische beweisnuttel  herbei,  die  aber  nicht  viel  besagen,  mir  will 
der  negative  standpunct  des  vf. ,  so  gern  ich  auch  das  trefiiande  ein- 
lelner  seiner  einwendungen  anerkenne ,  nicht  genugsam  begründet 
erscheinen:  hier  thnt  eine  neue  prttfnng  des  Sachverhalts,  die  ein 
grosseres  material  herbeizuziehen  hfttte,  entschieden  not.  diese  hätte 
xb.  darauf  zu  achten,  wie  sich  denn  die  corrosion  bei  den  von  noch 
erhaltenem  mmpfe  abgebrochenen  gliedern  verhält,  der  vf.  gelangt 
hier  und  da  zu  recht  künstlichen  annahmen,  so  vermutet  er,  um  die 
tlte  aufstellung  des  auf  seiner  1.  seite  verwitterten  Herakles  auf  dem 
(fOr  den  beschauer)  linken  flügel  zu  retten  ^  derselbe  habe  sich  beim 
herunterfallen  überschlagen  und  sei  so  auf  seine  1.  seite  zu  liegen 
gekommen,  und  ist  dann  auch  genötigt  denselben  salto  mortale  dem 
gegenstfick  des  Herakles,  dem  troischen  schützen  des  ostgiebels,  zu- 
mmuten,  der  auf  seiner  r.  seite  corrodiert  ist.  und  dasz  die  vom  vf. 
zugegebene  regelmäszigkeit  der  Verwitterung  an  der  auszenseite  der 
flbrigen  statuen  des  ostgiebels  sich  daher  erkläre,  dasz  dieselben 
dorth  einen  sanften  erdstosz  aus  dem  giebel  herausgeworfen  und 
slle  gerade  mit  ihrer  auszenseite  auf  die  erde  zu  liegen  gekommen 
seien  und  nun  erst  an  den  berührungsflächen  jener  verwitterungs- 
process  in  höherem  grade  begonnen  habe  —  das  zu  glauben  wird 
▼ielen  recht  schwer  fallen,  übrigens  kommen  für  die  h  aupt  ergeh- 
nissedes  vf.  seine  anschauungen  über  die  corrosion  kaum  in  betracht , 
Durch  seine  Untersuchung  der  fragmente  gelangt  nun  der  vf. 
ni  dem  ergebnis,  dasz  nicht  nur  elf  statuen  —  wie  man  früher  an- 
nahm —  sondern  dasz  vielmehr  vierzehn  statuen  jedem  giebel 
za  geben  seien«  er  fügt  nenüich  auszer  dem  von  Prachow  nachge- 
wiesenen zweiten  zugreifenden  jedem  flügel  der  beiden  giebel  noch 
einen  zweiten  stehenden  lanzenkämpfer  hinzu,  der  beweis  dafür 
sdieint  mir  vollkommen  erbracht  zu  sein. 

Während  man  früher  an  der  leere  und  dürftigkeit  des  giebels 
tuid  giebelschmucks  anstosz  nehmen  konnte,  musz  man  sich  jetzt 
mit  einem  embarras  de  richesse  abfinden  j  worüber  gar  mancher  den 
köpf  schütteln  wird,  reliefartig  die  jetzt  gewonnenen  14  statuen  so 
nebeneinander  zu  stellen ,  dasz  fast  alle  in  6iner  flucht  stehen  und 
die  einzelnen  sich  kaum  überschneiden  und  decken,  das  ist  jetzt  nicht 
mehr  mOglich.  die  statuen  müssen  vielmehr  durchweg  gleichsam 
xwei  glieder  tief  angeordnet  werden,  um  die  prüfung  seiner  an- 
sichten  dem  leser  zu  erleichtem,  hat  der  vf.,  welcher  sich  ebenso 

*  der  vf.  benutzt  dafür  namentlich  anch  die  stellang  der  Athene, 
wenn  er  aber  e.  24  sagt  'im  weetgiebel  gibt  nnr  die  etellnng  der 
Athene  das  recht  die  parteien  so  tn  verteilen,  wie  sie  Cockereli  und 
«lU  seine  nacbfolger  verteilt  haben\  so  ist  das,  in  dieser  schärfe  ge- 
tagt, doch  nicht  richtig,  vielmehr  weil,  wie  ans  den  angaben  Cookerells 
sad  Wagners  sn  scbliessen  ist,  der  Paris  unter  dem  r.  fliigel  des  west- 
siebels  gefunden  ist  und  folglich  in  diesem  nrsprfinglich  gestanden  hat, 
itahalb  ist  zunächst  die  r.  seite  für  die  der  Troer  tn  halten. 


620     LScbwabe:  anz.  y.  Eonrad  Lange  composition  der  Aegineten« 

hier  wie  in  der  wiedergäbe  der  einzelnen  fragmente  auch  als  tüch- 
tigen Zeichner  bewährt,  eine  restauration  des  westgiebels  sowolin 
der  Vorderansicht  als  auch  in  einer  besonders  lehrreichen  oberansicbt 
gegeben. 

Nach  dieser  auf  sorgföltiger  beachtnng  der  räamlichen  be- 
dingungen ,  der  höhe ,  tiefe ,  schräge  des  giebels ,  and  auf  nenen 
messnngen  der  statuen  usw.  beruhenden  Wiederherstellung  sind  in 
der  vordem  reihe  angeordnet  die  beiden  gefallenen  in  den  giebel- 
ecken und  derjenige  in  der  giebelmitte,  sodann  das  erste  paar  der 
stehenden  und  die  beiden  knienden  lanzenkämpfer,  wogegen  Athene, 
die  beiden  zugreifenden,  das  zweite  paar  der  stehenden  lauen- 
kämpfer,  und  die  beiden  bogenschfitzen  in  die  hintere  reihe  hart  an 
die  giebelwand  treten,  wenn  man  dem  vf«,  wie  man  musz,  die  prft- 
missen  zugibt,  dasz  drei  weitere  gestalten  in  jedem  giebel  untenu- 
bringen  sind,  so  wird  man  kaum  etwas  gegen  seine  wolerwogene 
hersteUung  des  giebels  einwenden  können ,  welche  er  auch  im  ein- 
zelnen aus  ästhetischen  und  kunstgeschichtlichen  gesichtsponcten 
rechtfertigt. 

Die  Schrift  beschlieszt  eine  besprechung  des  Verhältnisses  beider 
giebel  zu  einander,  worin  der  vf.  zu  dem  ergebnis  gelangt,  dasz  die 
beiden  giebel  zu  verschiedener  zeit  selbständig  von  verschiedenen 
aeginetischen  künstlem ,  und  zwar  der  ostgiebel  beträchtlich  spiter 
mit  der  absieht  die  grnppe  des  westgiebels  zu  überbieten,  von  seinem 
meister  gearbeitet  sei.  so  energisch  auch  von  dem  vf.  die  begrfln- 
düng  seiner  ansieht  durchgeführt  ist,  so  gestehe  ich  doch  dass  mich 
dieselbe  nicht  überzeugt  hat.  der  vf.  betont  vorzugsweise  die  diffe- 
renzen  beider  giebel  und  veranschlagt  nicht  genug  die  ganz  aoszer- 
ordentlichen,  durch  die  eignen  auseinandersetzungen  des  vf.  ja  noch 
erheblich  gesteigerten  ähnlichkeiten  derselben,  der  vf.  hält  sich  in 
dieser  darlegung  nicht  frei  von  einzelnen  gewaltthätigkeiten  in  der 
etwas  ungestümen  beweisführung.  wenn  zb.  L.  s.  77  glaubt  von 
einem  meister,  dem  die  ganze  ausschmückung  der  composition,  dh. 
den  Skizzen  nach,  zuge&llen  sei,  verlangen  zu  können,  dasz  er  6ine 
und  dieselbe  göttin  in  6iner  und  derselben  handlung  nicht  an  der 
^inen  seite  des  tempels  so ,  an  der  andern  anders  darstelle  (es  han- 
delt sich  übrigens  um  eine  ziemlich  geringfügige  Variante),  so  meine 
ich  dasz  mit  solchen  gründen  nichts  bewiesen  werden  könne,  viel- 
mehr hier  der  satz  gelte  *qui  nimium  probat  nil  probat'. 

Indessen  ob  man  zu  diesen  letzten  ausfOhrungen  des  vf.  sich 
zustimmend  oder  ablehnend  verhält,  die  hanptresultateder  vorliegen- 
den schrifb  werden  dadurch  nicht  berührt,  welche  das  entschiedene 
verdienst  hat ,  das  Verständnis  eines  der  wichtigsten  werke  griechi- 
scher kunst  durch  eine  umfassende  und  gründliche  ontersuchong 
wesentlich  gefördert  zu  haben,  jede  künftige  behandlung  die- 
ses wissenschaftlichen  problems  wird  sich  vor  allem  mit  Langes  auf- 
stellnngen  auseinandersetzen  müssen. 

Tübingen.  Ludwig  Schwabe. 


FRühl:  der  schätz  des  Ptolemaios  II  Philadolphos.  621 

87. 

DER  SCHATZ  DES  PTOLEMAIOS  II  PHILADELPHOS. 


üeber  beer  und  finanzen  des  zweiten  Ptolemaios  besitzen  wir 

bekanntlich  zwei  genaue  statistische  angaben,  die  eine  bei  Hieronj- 

mna  in  Dan.  11,  5  s.  1122  (Bened.)  lautet:  narrant  ernm  historiae 

koMsse  eum  (sc  Ptdamaeum  Phäaddphum)  pedUum  ducenta  mtUa, 

equUum  vigifUi  müia^  curruum  vero  duo  müia,  d^phantos  quos  primua 

eduxU  ex  Äethiqpia  quadringentos.  navea  longas^  quas  nunc  libumas 

vocani^  miUe  quingentaSy  alias  ad  cibaria  müUum  deportanda  mük: 

tturi  quoque  et  argenti  grande  pandus^  Uautde  Äegypto  per  singulas 

onnos  quattuardecim  müia  ä  octingenta  taienta  argenii  acoeperü:  et 

frumenii  artahas  {quae  mensu/ra  tres  nu>dio8  et  tertiam  modiipartem 

habet)  quinquies  et  decies  ceniena  müia.    die  andere  gibt  Appian 

prooem.  c.  10;  dort  heiszt  es:  xal  Toic  iyioxc  ßaciXcOci  fiövoic  f\v 

CTpand  T€  ncEuuv  iiupidbec  elxoci  xal  ^upidbec  iirir^uiv  T^ccapcc, 

Kai  cX^qHXVTCc  TroXejyiiCTal  Tpiaxöciot,  koi  äpjüiaTa  ic  M^xctc  bicxiXia, 

Kai  dirXa  de  biaboxf|v  Mupidci  TpiäxovTa.  xal  xäbe  }xkv  aÖToTc  f)v 

k  ireZopaxiav,  de  bk  vaufiaxiac  xovrujTä,  xai  öca  cpixpörepa 

diAAa,  bicxiXia,  Tpii]p€ic  bi  dirö  f)|yiioXiac  fidxpi  TtevTi^pouc  irevTa- 

KÖaai  xai  xi^^<^^  ^^^  cxeun  TpiripcTixä  biirXÖTcpaTOurujv,  0aXa- 

Mnrd  T€  xP^c<^pUMVOi  xal  xpucdpßoXa  de  noXdiiou  Tro|JiTnfjv,  olc 

auTol  biaTrXdovrec  dtrdßaivov  ol  ßaciXcTc,  öxTaxöcia,  xpHM^tuiv 

h*  dv  TOic  Oiicaupoic  rdccapec  xal  dßbojyirJKOVTa  iiuptdbec  xaXdv- 

Tuiv  AlTumiuiv.  de  tdp  bi\  tocoOto  napacxeufic  tc  xal  cTpariäc 

^K  Tuiv  ßaciXiKuuv  dvaTpaq>ijuv  q>aiv€Tai  'apoafar(\i)y  t€  xal  xara- 

hnüjv  ö  b€UT6poc  Aitvirrou  ßaciXcuc  fX€T'  'AXdSavbpov. 

Die  angaben  über  beer  und  flotte  weichen  bei  beiden  schrift- 
steUern  etwas  von  einander  ab,  aber  die  unterschiede  erklären  sich 
leicht,  wenn  man  annimt  dasz  die  beiden  zahlen  sich  auf  verschie- 
dene jähre  der  regierung  des  Ptolemaios  beziehen,  und  zwar  ist, 
▼ie  wir  aus  den  worten  des  Appian  (npcataTi^iv  T€  xal  xaraXiiruiv) 
mit  Sicherheit  schlieszen  dürfen,  das  Verzeichnis  bei  Hieronjmus  das 
ilterA'  an  der  richtigkeit  der  zahlen  zu  zweifeln  liegt  kein  grund 
vor;  im  gegenteil,  sie  stimmen  mit  dem,  was  wir  aus  den  uns  sonst 
bekannten  tbatsachen  schlieszen  dürfen,  wol  überein. 

Auch  was  Hieronjmus  über  die  einnahmen  des  kOnigs  sagt, 
vird  mi{  der  Wahrheit  übereinstimmen,  solche  Ziffern  sind  nicht 
coostani^  und  unter  Ptolemaios  Philadolphos  haben  die  alexandrini- 
schen  könrige  die  höchste  stufe  ihrer  finanziellen  macht  erreicht;  aber 
die  daten  aus  andern  zeiten,  die  wir  kennen,  zeigen  nur  solche  ab- 
weichnngen,  die  leicht  zu  erklären  sind.  Diodor  XVIII  14,  5  gibt 
(iem  ersten  Ptolemaios  zwar  nur  8000  talente  einkOnfbe^  aber  das 
war  zu  einer  zeit,  wo  das  finanzielle  System  der  Ptolemaier  noch  nicht 


'  Tgl.  aach  OaUchmid  zu  Sbarpes  geschieht«  von  Aegypten  I  s.  218. 


622  FRühl :  der  schätz  des  PtolexnaioB  II  Pbiladelpliog. 

vollstSndig  ausgebildet  gewesen  sein  kann;  Cicero  in  der  verlorenen 
rede  pro  rege  Älexandrino  (bei  Strabon  XVII  s.  798  Gas.)  gibt  die 
einkttnfte  des  Ptolemaios  Auletes  auf  12500  talente  an;  es  ist  das 
eine  epoche  des  Verfalls,  und  für  eine  solche  erscheint  die  snmme  sehr 
hoch,  sie  ist  auch  wahrscheinlich  übertrieben:  denn  Diodor  XVII 
52,  6  gibt  für  seine  zeit  nach  den  angaben  der  tac  dvatpo<püC 
f X0VT6C  den  betrag  twv  TTpocöbujv  tüüv  kqt  *  AlT^^rrov  auf  rikm 
Tüüv  d£aKicxiXiujv  TaXdvTUiv  an. '  der  ausdruck  kot*  Alivirrov  dürfte 
nebenbei  lehren,  dasz  BOckh  recht  hatte,  wenn  er  (staatshaiuh.  der 
Ath.  I^  s.  14)  auch  bei  Hieronjmus  aus  den  Worten  de  Aegtfpto 
schlosz,  dasz  die  einkttnfte  der  nebenländer  nicht  mit  gerechnet 
seien,  selbstverständlich  sind  bei  allen  zuletzt  erwähnten  angaben 
die  naturaleinkttnfte,  welche  Hieronjmus  gesondert  auffuhrt,  nicht 
berücksichtigt. 

Alles  das  ist  einfach  und  unbestritten ;  zu  grossen  Schwierig- 
keiten hat  dagegen  die  nachricht  des  Appian  Veranlassung  gegeben, 
die  den  schätz  des  Ptolemaios  Philadelphos  auf  740000  talente  an- 
gibt,   da  Drojsen  auch  in  der  zweiten  aufläge  der  geschickte  des 
Hellenismus  (UI 1  ^  s.  52  f.)  hier  silbertalente  verstehen  will  und 
die  notiz  trotzdem  für  richtig  hält,  so  ist  es  wol  nicht  unangemeBsen, 
die  frage  nochmals  zu  untersucheUi  zumal  da  es  Drojaen  wenigstens 
vereinzelt'  an  Zustimmung  nicht  gefehlt  hat.    wir  setzen  zunächst 
die  Worte  Drojsens  hierher,  da  sie  den  stand  der  frage  am  besten 
darlegen,   er  sagt:  'man  hat  die  angäbe  des  Appian  trotz  der  ange- 
führten quelle  in  zweifei  gezogen.   Letronne  (recompense  s.  20)  hih 
jene  740000  talente  für  kupfertalente  ~  12333  talente  silber,  nach 
seiner  berechnung  etwa  62  miU.  franken;  er  fügt  hinsu,  das  sei  das 
doppelte  einer  jährlichen  einnähme,  die  nach  JDiod.  XYII  52,  frei- 
lich aber  zu  der  zeit  als  er  Aegypten  besuchte,  6000  talente  war. 
Letronne  übergeht  es  zu  sagen ,  dasz  in  des  zweiten  Ptolemaioa  zeit 
die  jahreseinniJime  unendlich  viel  gröszer^  gewesen  sein  mnsz,  wie 
denn  die  jährlich  14800  talente  des  h.  Hieronymus  ganz  wahrschein- 
lich und  gewis  richtig  sind,    nach  Letronnes  annähme  wäre  der 
schätz  unansehnlich  gewesen,  des  ruhmes  nicht  wert,  mit  dem  er  ge- 
nannt wird,    die  ausstellung  der  goldenen  und  silbernen  geräthe  bei 
dem  gleich  zu  erwähnenden  fest  hätte  ihn  von  seiner  annähme  ab- 
halten müssen:  denn  die  gehörten  natürlich  mit  zum  schätz,  auch 
hat  weder  Böckh  (staatshaush.  I'  s.  14)  noch  William  Jacob  in  sei- 
nem *historical  inquirj  on  precious  metals'  I  s.  23  an  Appians  an- 
gäbe zweifeln  zu  dürfen  gelaubt.^  nach  Böckh  (metrol.  ontersuchnn- 

'  die   talente   bei    Diodor    scheinen   übrigens    attische    und  nicht 
ägyptische  sn  sein.        '  zb.  in  Panlys  realencyclopftdie  VI  1  s.  2SS. 

^  das  ist  eine  bjperbel;  14800  sind  noch  ntoht  da«  2  y,  fach«  Toa 
6000.  ^  das  hat  ja  aber  Letronne  auch  nicht  gethan,  der  bloss  uotrr- 
suchte,  was  für  talente  Appian  gemeint  habe,  eher  könnte  man  t.  n 
Böckh  sagen,  er  habe  die  richtigkeit  von  Appians  angäbe  besirittcr 
dieser  teil  von  Droysene  argnmentation  ist  eine  einfsche  verdrcboc^ 
des  Bachverhalts. 


FBfihl :  der  schats  des  PtolemaioB  II  FhiladelphoB.  623 

gen  8. 148)  wird  sich  das  alexandrinische  silbertalent  za  dem  Solo- 
nischen  wie  5 :  6  verhalten;  danach  wäre  der  schätz  etwa  900  miU. 
prenn.  thaler*,  die  Jahreseinnahme,  wie  sie  Hieron jmns  angibt,  über 
19  mill.,  ein  unbeschreibliches  und,  wenn  richtig,  höchst  lehrreiches 
misTerhältnis ,  dem  B(tokhs  annähme ,  dasz  in  den  von  Appian  an- 
gsfflhrten  ävaTpaq>aic  die  gesamteinnahme  in  den  28  [lies  38]  regio- 
nmg^'ahren  des  Philadelphos  summiert  sei,  doch  wol  nicht  gerecht 
irird.* 

Nicht  aUes  in  diesen  ansführungen  ist  ohne  weiteres  zu  ver- 
stehen« einmal  hat  Letronne  ebenso  wenig  wie  Bdokh  und  Jacob 
uAppians  angäbe  gezweifelt;  dann  aber  —  was  heiszt  das,  Böckhs 
umidime  wei-de  dem  unbeschreiblichen  misverhftltnis  zwischen  der 
sahl  f&r  den  schätz  bei  Appian  und  der  für  die  Jahreseinnahme  bei 
Hieronjmua  nicht  gerecht?  BOckh  will  ja  eben  das  misverhftltnis 
durch  seine  erklftrung  beseitigen,  was  soll  femer  die  bemerkung, 
dieses  unbeschreibliche  misverhftltnis  sei,  wenn  richtig,  höchst  lehr- 
mieh?  worauf  bezieht  sich  dies  'wenn  richtig'?  Droysen  hftlt  ja 
doeh  beide  angaben  fOr  richtig  und  glaubt,  dasz  beidemal  von  silber- 
Islenten  die  rede  sei.  es  kann  sich  also  der  zweifei  nur  auf  Böokhs 
uisetcong  des  alezandrinischen  silbertalents  beziehen,  und  das  mis- 
Terhftltais  bleibt  doch  ganz  dasselbe ,  auch  wenn  diese  falsch  sein 
sollte,  sehr  zu  beklagen  aber  und  bei  der  sonstigen  art  und  dem 
zwecke  seines  Werkes  fast  unbegreiflich  ist  es,  dasz  Drojsen  sich 
mit  bewustsein  enthalten  hat,  den  folgen  dieses  Systems  des  'tre- 
sorierens'  weiter  nachzugehen,  es  würden  ihm  dann  wol  einige 
zweifei  über  die  richtigkeit  seiner  sfttze  aufgestiegen  sein,  in  wel- 
chem zustande  mflste  sieh  wol  eine  Volkswirtschaft  befinden,  der 
man  in  verhftltnismftszig  wenigen  jähren  ein  solches  capital  entzogen 
httte,  um  es  müszig  liegen  zu  lassen?  man  mache  sich  die  sache  doch 
nor  durch  ein  modernes  beispiel  klar,  nehmen  wir  an,  der  geldwert 
ZV  zeit  des  Philadelphos  sei  ebenso  niedrig  gewesen  wie  heutzutage, 
^S8  bekanntlich  nicht  der  fall  ist,  und  Aegypten  habe  damals  7  mil- 
lionen  einwohner  gez&hlt^,  so  würde  der  fall  fthnlich  liegen,  wie 
wenn  das  deutsche  reich  zwischen  17  und  18  milliarden  mark  im 
Joliustunne  aufspeichern  wollte,  wir  werden  aber  freilich  wolthun, 
nut  nationalökonomischen  erwftgungen  nicht  einem  Schriftsteller 
g^fenüber  zu  treten,  der  die  behauptung  wagt  (s.  54),  dasz  die 
'mehmng  der  consumption,  welche  durch  die  zahlreichen  Söldner, 
<Meiere,  beamteten  hervorgebracht  werden  muste',  ein  grund  für  das 
iofblühen  Aegyptens  nach  der  Perserzeit  gewesen  sei.'    komisch 

■  genaiier  9686S0000  thaler.  '  Diod.  I  81«  8.  eicher  ist  freilich 
die  giffer  keineswegs!  vgl,  Droysen  Hellenismus  III 1  s.  61  anm.  1. 
'  gegen  das  was  Droysen  ebd.  von  der  gesteigerten  cirenlation  des  geldes 
^  geafigi  es  auf  die  anseinandereotsung  von  Lumhroso  'reeherches 
>v  r^eonomie  politiqno  de  TEgypte  soas  les  Lagides'  (Turin  1870) 
■•  S6  f.  sa  verweisen,  dasz  die  kanfkraft  des  geldes  nicht  im  nmge- 
kehrten  verhftltais  sn  dem  wert  der  valnta  steht,  braucht  doch  wol 
eicht  weitUnfig  bewiesen  sa  werden. 


624  FBühl:  der  scliatz  des  Ptolemaios  II  Philadelphos. 

wirkt  es  indessen  immerhin,  wenn  Drojsen,  wo  es  sich  nm  so  eolos- 
sale  zahlen  handelt,  zur  stütze  seiner  auslegnng  des  Appian  die  that- 
Sache  dtiert,  dasz  seihst  die  Karthager  sich  an  Ptolemaios  11  um  ein 
darlehen  von  —  2(XX)  talenten  gewandt  hätten. 

Vor  allem  aber  —  wie  sollte  eine  so  ungeheure  masse  edlen 
metalls  zusammengebracht  worden  sein?  das  hat  sich  Drojsen  offen- 
bar nicht  recht  klar  gemacht,  die  schätze  Alexanders  —  deren  gessmt- 
heit  übrigens  auch  nicht  an  jene  summe  heranreichte  —  waren  in  den 
gewaltigen  kämpfen  der  diadochenzeit  aufgezehrt  worden ;  der  ertrag 
der  Plünderung  fremder  länder  wird  gleichfalls  in  den  kriegen  der 
beiden  ersten  Ptolemaier  verbraucht  worden  sein  und  kann  jeden- 
falls nur  einen  ganz  minimalen  beitrag  zu  jenem  schätze  geliefert 
haben.    Drojsen  erwähnt  das  mit  recht  nicht  einmal,    die  haupt- 
masse  des  geldes  muste  also  aus  den  regelmäszigen  einkttnflen  des 
reichs  zusammengebracht  werden,   legen  wir  nun  die  14800  talente 
des  Hieron jmus  zu  gründe,  so  würde  die  gesamteinnahme  von  Aegyp- 
ten  während  der  38  regierungsjahre  des  Philadelphos  erst  562400 
talente  betragen,    fassen  wir  also  mit  BOckh  die  740000  talente 
Appians  als  die  summe  aller  einnahmen  des  königs  während  seiner 
regierungszeit,  so  werden  wir,  um  diese  summe  zu  erreichen,  die 
einnähme  der  nebenländer  sehr  hoch  ansetzen  und  auch  noch  den 
wert  des  getreides  zu  geld  angeschlagen  dazu  rechnen  müssen. ' 

Nun  wird  aber  niemand  bestreiten  wollen,  dasz  die  zahlen  bei 
Hieronjmus  die  gesamte  oder  höchstens  die  reine  einnähme,  keines- 


*  eine  aolohe  umrechnang  des  getreides  in  geld  fand  in  Aegypten 
allerdings  statt,  aber  ei  ist  TÖllig  unbekannt  nach  welchem  maauub 
(vgl.  Lnmbroso  ao.  s.  294  f.).  ob  dergleichen  in  den  officiellett  reck- 
nnngen  des  schatzea  der  fall  war,  wissen  wir  nicht,  die  ansabe  des 
Hieronjmns  leitet  eher  darauf,  dasz  besondere  rechnnng  über  die  ntta- 
ralien  und  über  das  geld  gefülirt  wurde,  damit  stimmt  auch  die  tbst- 
saohe,  dasz  der  sold  der  truppen  zum  teil  in  geld,  tum  teil  io  getreide 
bezahlt  wurde,  was  freilich  nicht  ausschlosz,  dasz  man  gelegenUieh 
einen  teil  der  naturallieferung  zu  geld  anachluff  (Londoner  papjros 
von  162/61  vor  Gh.  bei  Lumbroso  a.  2  f.).  der  geldwert  der  kdniglicbeo 
getreideeinnahme  war  übrigena  nicht  hoch,  wenn  wir  annehmen  das« 
in  dem  Londoner  papjrua  von  einer  art  'kammertaze'  gebrauch  ^ 
macht  worden  aei,  so  erhielten  wir  bei  einem  preia  von  100  draebaieo 
kupfer  fUr  die  artabe  für  die  jährliche  einnähme  25000  talente  kupftr 
=m  416*/«  talent  ailber  (so  nach  Letronnea  anaetaung  dea  kupfertalaou), 
alao  für  die  ganze  regierungszeit  Ptolemaioa  II  15833V8  talente  ailber. 
ea  müaten  alao  die  einnahmen  der  nebenländer  in  der  ganzen  repe- 
rungazeit  161766*/,,  jährlich  etwa  4267  talente  ailber  betragen  babea. 
nimt  man  den  höchsten  bekannten  kupferpreis  des  getreides  (400  drach- 
men),  ao  erhält  man  ala  wert  der  jährlichen  einnähme  100000  taleote 
kupfer   a-    1666*/,   talente    ailber,    für   die    ganze   regierangazeit  also 

62928,8 . . .  talente  ailber.  rechnet  man  dagegen  mit  dem  einzigen  aUber 
preia  der  uns  überliefert  iat  (2  draehmen),  ao  kommen  für  daa  jähr  5<^>. 
für  die  ganze  regierungszeit  19000  talente  heraus,  dem  letatani  (u- 
aatz  acheint  Böckh  staatahauah.  I*  a.  16  zu  folgen,  und  dabei  hält  et 
dieaen  preia  offenbar  noch  für  mäazig,  w&hrend  er  a.  184  die  artab«  in 
gewöhnlicher  ach&tzong  100  kupferdrachmen  gelten  läast. 


F£ilbl:  der  schaU  des  Ptolemaios  II  FhiUdelphos.  626 

wegs  den  jfthrlichen  ttberaohasz  ausdrücken  sollen;  sie  ergeben  etwa 
127,  draehmen  silber  nnd  V»  artabe  auf  den  köpf  der  bevölkerang. 
dieser  einnähme,  oolossal  wie  sie  war  (die  einkflnfte  des  Antigonos 
betragen  11000  talente  nach  Diodor  XTX  56,  5),  stand  aber  eine 
betriohtliche  ausgäbe  gegenüber,  beer,  flotte  nnd  administration 
mosten  ungeheure  betrftge  verschlingen,  auch  der  hof  mit  dem  was 
dsnm  hieng  erforderte  erstaunlich  viel,  und  Ptolemaios  Philadelphos 
var  bekanntlich  kein  sparlieb.  Droysen  selber  nimt  an,  was  frei- 
lich, wie  wir  unten  sehen  werden,  mehr  als  zweifelhaft  ist,  er  habe 
im  ersten  jähre  seiner  regierung  auf  ein  einsiges  fest  2239  talente 
50  minen  silber  verwendet,  dh.  mehr  als  den  siebenten  teil  der  ein- 
ifinfie  Aegyptens.  wo  in  aller  weit  sollen  denn  nun  die  740000 
talente  hergekommen  sein,  die  Ptolemaios  au%espeichert  hatte ?^^ 
«8  bleibt  nichts  übrig  als  die  nachricht  des  Appian  zu  verwerfen 
oder  anzunehmen,  dasz  er  nicht  von  sübertalenten  redet 

Ohne  weiteres  ab  unglaublich  verworfen  ist  die  angäbe  des 
Appian  von  Beiske  und  von  Manso. "  sie  tritt  aber  in  zu  guter  ge- 
sellachait  aof ,  als  dasz  wir  uns  ohne  eingehenden  nach  weis  der  Un- 
möglichkeit einer  vernünftigen  erklttrung  dazu  entschlieszen  könn- 
ten, die  hypothese  von  Böckh  femer  ist  zwar  sehr  sinnreich  ausge- 
<lacfat,  leidet  aber  an  dem  fundamentalfehler,  dasz  sie  einen  irrtum 
bei  Appian  voraussetzt,  den  er  schwerlich  begangen  haben  dürfte, 
er  bat  offenbar  ein  inventar  über  den  bestand  des  Schatzes  mit- 
teilen wollen,  und  alle  seine  übrigen  angaben  sind  doch  unzweifel- 
baft  auch  nur  inventarangaben,  wir  würden  demnach  nur  im  äuszer- 
fiten  notfall  berechtigt  sein  der  Vermutung  Böckhs  zuzustimmen. 
«Is  knpfertalente  sind  die  xdXovTa  Alytiima  des  Appian  schon  vor 
Letronne  von  Niebuhr  (kl.  schhften  I  s.  278  f.)  verstanden  worden.  ** 
dagegen  bat  sich  indessen  bereits  Schlosser"  erklärt  es  wäre  son- 

^  wir  beaitoen  aar  seit  keine  genügende  ansahl  von  dateD,  nm  ein 

«eon  aoeh  noch  to  nnTollkomnienes  aoegabebndget  der  Ptolemaier  aof- 

itellaa  ma  können,    aber  einen  ungefähren  begriff  können  wir  uns  von 

«iiuelnen  poaten  doch  verecbaffen.    wir  wissen  dass  im  frieden  zur  seit 

d«i  Ptolemaios  Philometor  der  told  der  epigonen  monatlich  i60  draehmen 

Qnd  8  aitaben  getreide  betrug,    von  dem  getreide  wurde  eine  artabe 

tt  natura  geliefert,  für  die  beiden  andern  erhielt  der  berechtigte  je 

200  draehmen  (Lumbroso  s.  221).    legen  wir  diese  betrftge  au  gründe, 

•0  wBrden  die  200000  mann  Infanterie  des  Philadelphos,  abgesehen  von 

d«a  offieieren,  an  sold  monaUick  70000000  draehmen  und  200000  arU- 

^0,  also  jährlich  840000000  draehmen  nnd  2400000  arUben  erhalten 

^«ben«    da  non  die  jährliche  gesamteinnahme  an  getreide  bloss  1600000 

Gruben  betrag,  so  mnste  die  rei^iemng  noch  900^X)  zukaufen,  was  ihr, 

venn  die  artabe  auch  nur  su  100  draehmen  gerechnet  wird,  90000000 

Nehmen  kostete,    demnseh  hätte  die  blosse  besoldnng  der  Infanterie 

sieht  aar  die  gesamte  getreideeinnabme  anfgeiehrt»  sondern  ausserdem 

Boeh  haar  930000000  draehmen  •*  165000  talente  kupfer,  also  nach  den 

ensatsen   von    Letronne   nnd  Moromsen   2688V«  talent  silber  gekostet. 

"  vermiaehte  Schriften  II  s.  869.  **  gleichfalls  für  kopferUlente 
erUlri  sieh  Frans  CIG.  Ui  s.  SOO.  >*  oniversalhist.  Übersicht  der 
C«sch.  der  alten  weit  II  1  s.  176  anm.  o. 

JUtfMcker  fttr  elM».  philol.  1S7S  hft.9.  40 


626  FRühl :  der  Bchats  des  PtolemaioB  II  Philadelplioi. 

derbar,  so  führt  er  aas,  wenn  Appian  seinen  griechischen  und  römi- 
schen leser  der  spätem  zeit,  der  nichts  von  dem  kapfergeld  der  Pto- 
lemaier  wüste,  gar  nicht  erinnert  hätte,  dasz  er  an  dieser  einzigen 
stelle  sich  unter  talent  etwas  anderes  zu  denken  habe  als  was  dar- 
nnter  im  ganzen  übrigen  buche  verstanden  werde,  die  gaue  nacb- 
richt  ist  ihm  in  folge  dessen  hOchst  unwahrscheinlich;  sie  sei  schwer- 
lich aus  einem  königlichen  archive.  allein  der  von  Schlosser  erhobene 
einwand  ist  völlig  unbegründet.   Appian  gibt  überall  die  geldsiuih 
men  in  der  münzsorte  an,  in  der  er  sie  überliefert  fand;  die beiihm 
vorkommenden  talente  sind  von  sehr  verschiedenem  werte,  so  viel 
ich  sehe,  hat  er  blosz  Einmal  reduciert  (VI  2),  und  da  gibt  er  den 
wert  des  euboischen  talepts  in  alexandrinischen  drachmen  aa.  er 
muste  also  glauben  mit  der  bezeichnung  ^ägyptische  talente'  seisett 
lesem  vollauf  genug  zu  thun.    was  dann  femer  Droysen  gegen 
Letronne  vorgebracht  hat,  ist  ganz  irrelevant,   es  ist  ein£Mh  nicht 
wahr,  dasz  man  den  schätz,  wenn  man  Letronne  folge,  fttr  unan- 
sehnlich halten  müsse;  er  wäre  dann  immer  noch  beinaJie  doppelt 
so  grosz  gewesen  als  der  des  Perseus.  auch  wollte  Appian  den  ^chatx 
des  Philadelphos  gar  nicht  als  etwas  phänomenales  bezeichnen;  im 
gegenteil,  er  sagt  ausdrücklich,  dasz  der  reichtum  der  übrigen  nach- 
folger  Alezanders  nicht  viel  geringer  gewesen  sei  (q>a{v€Tai  Vk  Kcd 
iToXXä  Twv  dXXuiv  corpanoiv  oi  iroXu  toutuiv  dirob^ovra),  rad 
es  kommt  ihm  überhaupt  nicht  darauf  an  die  macht  der  ägyptischen 
könige   hervorzuheben,   sondern  eine  Vorstellung  von  der  macht 
Alexanders  zu  erwecken ,  indem  er  diejenige  eines  seiner  nachfolger 
darlegte,  der  doch  nur  einen  kleinen  teil  des  reiches  Alexandtrs  be- 
herschte.  ein  anderes  argument  Droysens  findet  sich  auch  bei  BiSckh. 
'so  groszen  aufwand  auch  Philadelphos  machte,'  meint  dieser  *ist  es 
mir  doch  nicht  wahrscheinlich,  dasz  seine  schäize  kaum  dem  einkom- 
men  eines  Jahres  gleich  waren,  wenn  man  zumal  das  zu  gefäszen  odtr 
geräthen  verarbeitete  silber  und  gold  mitrechnet.'   wanun  das  un- 
wahrscheinlich sein  soll,  dasz  der  schätz  kaum  dem  einkommen  ein»^-^ 
Jahres  gleichkam,  ist  nicht  recht  abzusehen ;  die  Verschwendung  ^''•^ 
hofes  und  die  kostspieligen  kriege  desPtolemaios  Philadelphos  wollen 
doch  sehr  mit  in  betracht  gezogen  sein,  und  die  historischen  analogiea 
sprechen  nicht  gerade  für  Böckh.  Heinrich  IV  zb.,  einer  der  gr6ium 
neueren  schätzesamler,  hinterliesz  bei  seinem  tode  SOmillionen  livreN 
während  seine  jährliche  einnähme  35  millionen  betrug.  '* 

Anders  aber  scheint  es  zu  stehen  mit  den  silbernen  und  golde- 
nen grefäszen:  denn  was  Athenaios  V  s.  196  ff.  nach  Kallixenos  d.v 
von  erzählt,  müste  allerdings  zu  einer  von  der  Letronnes  durcbar^ 
abweichenden  Schätzung  führen,  auch  wenn  wir  vieles,  was  dort  als 
golden  aufgeführt  wird,  nur  für  vergoldet  halten  wollten,  allein  ein- 


^*  Bergiua  grundaätse  derfinanKwiaaenacbaft*  s.  677.  fiber  des  •ehhU 
Friedricbs  des  groaaen,  dessen  erpreasnngatystoni  dma  der  Pioleoaivr 
womöglich  noch  übertraf,  ist  nichts  aicheres  bekannt. 


FRfihl:  der  tdhats  des  Ptolemaiot  II  Fhiladelpbos.  627 

mal  ist  es  keineswegs  'naittrlich',  wie  Drojsen  meint,  dasz  diese 
geftsse  sftmtlioh  unter  den  xpi^M^'^^  ^v  TOic  Or|caupotc  mitinbegri£Pen 
waren,  und  dann  ist  offenbar  die  auslegnng,  welche  BOckb  and  Droj- 
Hü  der  stelle  geben,  dnrcbaos  falsch,  wir  haben  von  der  darstellong 
des  Eallixenos  nur  ein  ans  dem  zusammenhange  gerissenes  stfiok 
md  auch  dieses  nur  yerkttrzt.  mit  annähemder  Sicherheit  ist  davon 
niehts  zn  verstehen  als  die  beschreibung  des  Bakchischen  aufzugs. 
«u  dem  was  uns  hier  interessiert  können  wir  aber  zweierlei  oonsta- 
tiemi,  dasz  nemlich  die  s.  203^**  angeführte  summe  von  2239  talen- 
tea  60  minen  nicht  die  geeamtkosten  des  festes  enthält,  und  dasz  die 
iosgaben  keineswegs  ausschlieszlich  von  dem  kdnig  getragen  wur- 
den, es  heiszt  dort  nemlich:  £cT€q>avi(i8iicav  b'  £v  TUi  irffiivi  xal 
CT€<pdyotc  xpvcoic  clKOCt  *  TTToXe^aioc  bk  6  irpuiToc  KCii  Bepcvixq 
eiKÖQ  tptclv  £(p'  äppdruiv  xp^ciiiv'^  KalT€^^V€Clv  dv  Aujb(6vq.  kc^ 
^T^vero  tö  bcmäviifia  toC  voMic^oroc  TdXavra  btcx(Xia  btoncöcia 
Tpiäxovra  dvvto,  fiwai  wcvniKOVTa,  Kai  raGr*  i^pt6^i|6ri  irdvTa 
nopi  TOic  oiicovÖMOtc,  biä  Tf|v  tuiv  crcqHXvouvruJv  itpodu^iav^*, 
npo  ToO  Tdc  Oiac  irapeXOetv.*^    ö  bk  <l>iXdb€Xq>oc  TTToXc^aToc, 
ui6c  aäruiv,  elioSci  xp^^^c,  bucl  fiiv  £(p*  äpjüidruiv  xpticujv,  inX 
K  ndvuiv  äaTr/|X€t  ^i^,  irevrainixeci  it^vtc,  T€TpaTnfjx€ctv  II, 
jene  2239  talente  30  minen  wurden  deo  nicht  vom  kOnig,  sondexn 
Ton  den  CT€qxxvouVT€C  beaahlt,  und  zwar  blosz  für  die  drei  statuen 
des  Ptoiemaios  und  der  Berenike  auf  bigen  oder  quadrigen  und  die 
TC|i^  in  Dodona.  wer  aber  die  CT€q>avoöVT€C  waren  —  wer  weisz 
n?  Schlosser  ao.  s.  178  denkt  an  die  ^städte  des  reichs',  und  der- 
gleiehen  hfttte  viel  fttr  sich,  sei  es  dasz  Ptoiemaios  und  Berenike 
Boch  lebten,  sei  es  dasz  sie  bereits  verstorben  waren J'  in  beiden 
ftUen  hStten  wir  eine  art  nationales  ehrengeschenk  ftlr  den  Soter  und 
wine  gemahlin  zu  verstehen,  dagegen  haben  wir  keine  veranlassung 
>B  wirklich  goldene  statuen  zu  denken;  es  werden  hier  wie  sonst 
lediglich  vergoldete  gemeint  sein,    erwftgen  wir  nun,  wie  niedrig 
die  preise  der  statuen  im  altertum  waren  '*,  so  ist  klar  dasz  die  2239 
talente  nicht  silbertalente  sein  können,  sondern,  wie  von  vom  herein 
n  erwarten  stand,  kupfertalente  sein  mtUsen.   die  summe  von  37  Va 

**  über  den  text  vgl.  Cobet  oratio  de  arte  interpretandl  e.  68. 

'*  wpo^f|8€tav  Casaabonne,  vöUig  anhaltbar.  "  ThKramer  'die 
plehrte  tiechgeealUchaft  des  Athenäns.  festgabe  der  studienanstalt 
Bt.  Stephan  in  Augsburg  zur  400jnhrigen  Jubelfeier  der  Mänchener 
Baimviiai'  s.  43  übersetit:  Mieee  summe  wurde  duroh  die  liberalität 
^  die  siegespreiee  besorgenden  forsten  von  den  Schatzmeistern  schon 
▼or  dem  festsuge  ausbezahlt.'  es  mag  dies  eine  probe  davon  geben, 
»u  ans  dem  schriftchen  za  lernen  ist.  ^^  das  letztere  behauptet 
Bit  nasureichenden  gründen  Kamp  'de  Ptolemaei  Pbiladeipbi  pompa 
Bioehiea'  (Bonn  1864)  s.  6,  der  sich  im  übrigen  die  fttr  ans  wichtigen 
frt^es  in  bezog  auf  das  fest  gar  nicht  vorgelegt  zu  haben  seheint,  aneh 
t^ramaaa  setzte  nach  Jolowiez  zu  Bharpes  geschichte  von  Aegypten 
I  •>  188  den  aufzug  nicht  in  das  jähr  284,  sondern  in  277.  »  die  beste 
"uammenstellang  darüber  ffibt  LFriedlftnder  Sittengeschichte  Roms  III 
•.  »4  ff. 

40» 


628  FBühl:  der  Bchats  des  PtolemaioB  11  Philadelphoi. 

talent  silber  aber^  die  sieb  dann  ergibt,  ist  fttr  eine  blosse  ebren- 
erweisung  noob  immer  anszerordentlicb  bodi. 

Keineswegs  brancbt  dagegen  bezweifelt  zn  werden,  dan  die 
zabllosen  goldenen  und  silbernen  gefteze  wirklich  massiv  waren,  nnd 
daraus  wttrde  sich  eine  grosze  wahrscheinlidikeit  für  BSokhs  ansieht 
über  den  scbatz  ergeben,  wenn  man  voraussetzte  dass  diese  gtftsse 
sttmtlicb  dem  kdnig  gehört  hätten. 

Allein  gerade  das  ist  eine  ganz  unbewiesene  und  TÖllig  wül- 
kürliöhe  annähme,  fttr  die  sich  bei  Aihenaios  auch  nicht  der  mia- 
deste  anhält  findet,  yielmehr  hat  offenbar  Schlosser  das  richtige  ge- 
troffen ,  wenn  er  sagt  dasz  nicht  nur  die  tempel ,  sondern  auch  die 
Privatleute  ihre  goldenen  und  silbernen  gerftthe  und  bilder,  wie  die 
Seltenheiten  die  sie  etwa  besitzen  mochten,  eu  dem  feste  herü^Kn. 
niemand  aber  wird  bezweifeln  können ,  dasz  sich  in  einem  lande,  wo 
gold  und  silber  nicht  als  münze  diente,  sondern  nur  zu  gerftthen  ver- 
arbeitet wurde,  in  den  tempeln  im  lanf  der  Jahrhunderte  oder  gar 
Jahrtausende  unglaubliche  massen  von  gefttssen  aus  edlem  meUll 
ansammeln  musten. 

Es  bleibt  also  kein  stichhaltiger  einwand  gegen  die  erklftrufig 
Letronnes  übrig,  und  wir  hfttten  danach  den  schätz  des  Ptolamaioä  ü 
auf  1233373  äg^tische  talente  silber  ««  48561650  mark  zu  ver- 
anschlagen, wenigstens  würde  sich  das  nach  dem  von  Letronne  und 
Mommsen*^  begründeten  reductionsverhttltnis  von  knpfer  zu  ailber 
wie  1 :  60  ergeben,  es  musz  freilich  zugestanden  weiden,  daas  die 
beweise,  welche  beide  gelehrte  für  ihre  ansieht  vorgebracht  haben, 
nicht  unangreifbar  sind;  aber  alle  übrigen  reductionsverhlltnisse, 
welche  bisher  aufgestellt  worden  sind,  beruhen  auf  noch  vi^  sdiwS- 
oberer  basis.  unsere  kenntnis  des  ttgjptischen  geldwesens  ist  noch 
zu  wenig  allseitig  gesichert,  als  dasz  wir  ein  resultat,  wie  das  wel- 
ches wir  zu  bestätigen  versucht  haben,  als  unbedingt  zuverlässig 
hinstellen  könnten,  bis  neue  funde  neues  licht  verbreiten,  kann  es 
aber  genügen  nachzuweisen,  dasz  es  allen  bedingungen  des  problein& 
entspricht  und  dasz  jedenfalls  die  übrigen  lösungsversuche  verfehlt 
sind,  das  6ine  glauben  wir  mit  Sicherheit  hoffen  zu  dürflm,  dabi 
in  zukauft  niemand  mehr  ernstlich  von  den  740000  Silbertalenten 
Drojsens  reden  wird. 


*^  geichicbte  des  römischen  mUnswesens  s«  41  f. 

EöHiGSBraio.  Vtuan  Eübl. 


Um:  emendfttiones  Petronii  Mtinram.  629 


88. 
EMENDATIONES  PETRONH  SATIBABUM. 


e.  14.  Encolpiosy  quem  Petronins  in  satiraram  reliqoiia  sua 
todonuaqiie  anoram  Aacylti  et  GKtonis  fata  enarrantem  facit,  com 
altera  eomm  Ascylto  sab  yespenun  in  fonim  venerat  nrbia  Cam* 
pauM  maritimae,  qnae  utmni  Puteoli  an  Neapolis  an  Cnmae'  faerit| 
eertu  argnmentia  diindicari  nequit.  ibi  cmn  freqnentiam  rernm  Tena* 
linm  oonspeziaaent»  ipü  quoque  paUiiun  latrodnio  raptnm  vennm 
dabant.  qnod  emptnrua  mox  acceaait  rusticna  qnidam  enm  mnliere 
eoBute  tnnioam  pannoaam  umeriB  deferena.  hanc  diligentins  oon- 
tcmplatna  Aacyltoa  eam  agnotit,  qoam  anreia  refertam  qnondam 
aaiierant,  et  enm  intacta  etiam  tun  appaireret,  parva  pecnnia  re- 
enpexire  potins  theaannim  qnam  inre  dvili  auam  vindicare  et  in 
imbignam  litem  deaoendere  conatitnernnt.  sedpraehr  ufmm  diptm- 
iiMa,  quo  eicer  kipmosqiie  de$tiMiveramu8  mercari^  nihil  ad  manum 
tnä,  Haque  ne  ifUerim  praeda  discederdj  vd  irnnohspäOmm  addüoert 
jiaatU,  ul  pretinm  maiaris  campendü  hoior  faoerä  iaäura,  haec 
vttba,  qnae  in  libria  aegre  corrnpta,  aed  IFOronovii  et  Heinaii  in- 
pnmia  opera  emendata  ex  Bneoheleri  editione  adacripai,  Yoce  vü 
Mnorw  offenaionem  praebent.  nam  enm  in  eia  qnae  nnno  eztant 
verbia  non  ait  qno  illa  referatnr,  tarnen  quia  eat  quem  non  doceat 
eoaveniaae  intar  Encolpion  et  Aacylton  de  pretio  pallii  vendendi, 
natieo  antem  emere  enpienti  nimium  illnd  vianm  eaae?  hano  igitnr 
pott  primnm  ennntiatnm  intercidiaae  aententiam  aine  nlla  dnbita* 
tkma  eonfirmaterim.  eztremum  colon  ut  preiium  maioris  oompendU 
fcvMT  foeeret  iadura  ex  oodicom  acriptura  leviarem  /*.  iaäuram  emen* 
datnm  eat  ab  IFOronovio  hao  aententia,  nt  levi  iaetara,  in  pallio 
niaoria  addieto,  eomparetur  peennia  ad  redimendam  tunicam  aoreia 
plenam.* 

Mirabüi  fortnnae  loan  ut  Encolpioa  et  Aacyltoa  tnnioam,  qaam 
i  w  inventam  ruaticna  in  foro  venditabat,  auam  eaae  cognoTerant, 
ne  palliam  ab  illia  raptnm,  qnod  matieua  emptuma  erat,  diligentiun 
ttspechun  mnlier  oomea  matid  iniecta  mann  auam  eaae  vociferata 
^t  comtra  no8  perUurbaUy  ne  videremur  nihü  agere^  et  ipsi  scissam 
äiordidam  tenere  coepmus  tunicam  atque  eadem  invidia  prodamaref 
i^raesie$poliaquaeiiUpos8iderent,  sed  nuüo  ffenerepar  erat  caussa 
^oära^  et  eociones  qui  ad  damcnrem  confiuxerant ^  nostram  sdUoet 
^mare  ridehant  invidiam^  quod  pro  iüa  parte  vindieahant 
ptüotisamam  vettern^  pro  hoc  pannueiam  ne  eentonibus  quidem  honis 
dynoM.  qoid?  cocioneane  aaam  ntriqne  parti  rem  vindicabant? 
iauno  ipai  qnidem  ex  Ute  üla  lucrom  &cere  atndebant,  quod  capite 

*  in  bae  nrbe  a  Petrenio  eonadtaUiii  eise  aeaenam  renim  veri 
liatlliaiBm   nuper  reddidit  Mommsenos  Hennae  vol.  XIII  p.  106  sqq. 

'  non  probo  qnod  Baeehelema  in  textnm  edittonia  minoria  bane  auam 
netpH  eonteetoram  et  p.  m,  e«  Uviorem  faeere  iaciurwH, 


630  AStrelitE:  emendationes  Petronii  ■atiranxm. 

sequenti  porro  narratnr,  errones  autem  duos  et  rosticaiii  midierem- 
que  eius  utrosqne  vestem  vindicasse  modo  legimus  atque  insaper 
haoc  qiiae  sequantur  verba  Ascjlti  docent:  videmitSy  inquä^  suam 
cuique  rem  esse  carissimam;  reddatU  nobis  tunicaim  nostram  etpaUmm 
suum  redpiatU.  mira  aatem  in  causa  minime  pari  erronun  invi- 
dia,  qua  suam  esse  vestem  sordidam  et  pannosam  yodfenbintiir 
pallio  pretiosissimo  alteri  parti  x^misso,  sane  risom  dabat  codombiu. 
quam  sententiam  ut  restitnamus,  emendatione  opus  Tidetor  hac: 
quod  pro  üla parte  vindica^ri  vide^hant  etqs.  scriptoram  antem 
codicibus  traditam  teneri  non  posse  non  solum  res  ipsa  modo  expodtt 
docet,  sed  etiam  conianotio  quod,  qnam  sive  oansalem  sive  explieati- 
yam  esse  sive  ad  verbum  ride^ant  sive  ad  invidiam  referri  pntamtu, 
nnllo  modo  ad  scripturam  vindicabant  qaadrare  non  estqnodsm* 
plius  ostendam.  restant  emendanda  verba  de  more  riddxuä^  e  qoi- 
bus,  si  nostram  invidiam  esse  erronom  ooncesseris,  sanam  extncan 
sententiam  frustra  stadebis.  tentabam  de  mero  ^Udo^  et  similia,  sed 
fortasse  more  lapsu  librarii  ad  damorem  ocoiis  aberrantis  irrepat,  ot 
deridebant  soribendam  sit 

c.  17  mpnuiefUes  .  .  admisMia  inesopiabüe  eeeHms.  bis  verbii 
Qnartilla,  cnius  sacra  sc.  Priapeia  Encolpios  sociique  eins  tnrbsTe- 
rant,  eos  compellat.  ipsa  quidem  üla  noäe  vexata  tarn  penodon  in- 
horrui  frigore,  ut  tertianae  etiam  impetum  Hmeam,  et  ideo  meäkmm 
somwio  petii  iussaque  sum  vos  perquirere  atque  impetum  mortn  sKm- 
strata  subtüitate  lenire.  subtüitate  morbus  leniri  non  potest  aeqae 
etiam  utüU(xte,  quam  vocem  Erhardus  in  locnm  traditae  subititoit. 
Heinsii  autem  coniectura  sdlubritatej  etiamsi  quis  vooem  ipiam 
aptam  esse  censeat,  quantum  a  librorum  soriptura  reoedit!  Boecfae- 
lerus  locum  corruptum  esse  inteUexit,  sed  remedium  sanaadi  noa 
investigavit.  fortasse  ego  a  vero  non  aberravi ,  cum  subtääati  ex 
SU b tili  arte  ortum  esse  conicerem.  de  ista  subtili  arte,  libidini- 
bus  videlicet  turpissimis ,  fragmenta  c.  20  sq.  nos  docent. 

c.  20.  Libidinis  excitandae  causa  satyrium  Quartilla  appcn; 
iusserat  potandum  adulescentibus.  Ascyltos  autem,  quem  praeter- 
missa  occasione  potus  fugerat  *quid  ergo*  inqmt  ^non  sum  dignus  i"' 
bibam?'  andUa  risu  meo  prodita  compiasü  matnts  et  ^appoem  qw- 
dem  .  .  adolescens;  sotus  tamen  medicamentum  ebibistL*  'ttamest/' 
inquiUQuartiUa  ^quicquid  satgrü  fuit^  Eneolpius  ebibU?*  perversam 
esse  quae  bis  continetur  verbis  sententiam  non  est  quod  moaeam : 
mirum  autem  est  quod  neque  Heinsius,  cum  haec  legi  Teilet  appos^* 
equidem,  adolescens,  solus  tantum  medioamenti  ebibisti^  neqae  Baf 
cbelerus ,  cum  sie  redintegrari  sententiam  iuberet:  apposui  qitiämi 
inquU,  tibi  quoque;  frater  tamen  tuus  sokts  totum  medioeamemivm  ei^'' 
bUy  omnium  facillimam  emendationem  invenit.  loco  enim  mutato  rer- 
borum  ebibisti  et  Eneolpius  ebibU  iam  videbis  recte  omnia  se  habere, 
eztrema  autem  verba  ad  Encolpion  referenda  esse  neminem  fogiet. 
Hauptii  emendatio  ebibit  iste,  quam  in  minore  Buecheleri  editione 
Petronii  invenio,  si  cui  praeferenda  meae  esse  videatur,  non  inoror. 


AStrelitz:  emendationes  Petronii  satiramm.  631 

c.  26  ^jfutd?  vos^  inq%M  (seryas  Agamemnonis)  ^nescUis^  hodie 
apud  quem  fiat?  Trinudchio,  lautissmMS  homo,  horologium  in  tri- 
dmio  ä  budnatorem  habet  eubamatum^  ut  subi/nde  sckU  quantum  de 
väa  perdiderü.*  haeo  verba  non  integra  eese ,  sed  post  Trimakhio, 
bHÜssimus  homo  intercidisse  quaedam  Buspicor,  qoibus  apud  Tri- 
nuüchionem  cenam  fore  seryus  dixerit;  tum  demnm  yerba  horo- 
logmm  in  tricknio  eiqs.  conünaare  poterat.  de  vulgari  obu  ac  vi 
Terbornm  fieri  et  faoere  iavat  haec  aflferre  ezempla  ex  Petronio  de- 
BQfflpta:  c  47,  19  (ed.  mal.  Buecheleri)  quem  (u  e.  porcim)  vuUis 
in  «nam  skUim  fieri?  36,  6  liberti  sceHeraii^  gui  om/nia  ad  se  fecerunt^ 
l  e.  in  suiun  Inonmi  Yerteront  alterom  fraudantes.  47,  8  si  quis 
tesirum  vohterit  eua  re  [causa]  faoere^  non  est  quod  iHum  pudeaiur 
dl  47,  6  nee  tarnen  in  tridmio  üUum  vetui  faoere  quod  ee  iuvet,  et 
nedid  väant  coniinere.  61,  2  fecit  assem^  eemissem  habui,  62,  11 
Aomo  meua  coepU  ad  Stellas  (i.  e.  CTrjXXac  Tel  crriXac:  of.  Baeehelerns 
^  h.  L)  faeere,  87,  14  si  quid  viSt  foc  iterum  et  87,  22  quare  non 
facmms  de  aota  Yenerio.  item  9,  12  ne  tum  quidem,  cum  fortiier 
faceres^  eum  pura  muUere  pugnasti, 

c  31  tandem  ergo  disoubuimus,  pueris  Alexandrinis  aquam  in 
u<mus  mvatam  infundenttbtM  aUisque  insequentibus  adpedes  acparO' 
njfdUa  eum  ingenti  subtüikute  töüentibus.  admodum  veri  aimile  mihi 
videtar  pzaeoipne  aUativos  abdolutos  attendenti  hmic  locom  eis  ad- 
■cribendom  esse,  quos  epitomatoris  opera  in  brevins  contractos  esse 
Baeoheleroa  et  Wehlias  (observationes  criticae  in  Petronium,  diss. 
Bonn.  1861,  p.  48  sqq.)  intollexerunt.  cum  hao  autem  sententia  si  con- 
tnieris  c  34  subinde  intraverunt  duo  Aethiopes  capülati  cum'pusHUs 
^ärüms  .  .  vinumque  dedere  in  manus;  aquam  enim  nemoporrexU^ 
fieri  non  posae  puto,  quin  haec  extrema  verba  aquam  enim  nemo 
ponexit  pro  additamento  interpoUtoris  lantitiam  mirantis,  sed  simul 
donnitantis  habeas. 

c.  41  TriimalMo  ^JHontfs^  inquit  *Uber  esto\  puer  (qoi  Liberi 
pcrsonam  indoerat)  detraxU  piUeum  apro  capitique  suo  imposuU.  tum 
Trimakhio  rursus  adiedt:  ^non  negabUis  me*  inquU  *  habere  liberum 
fotrem.'  &cile  qoispiam  verbmn  inquU^  cai  post  adiedt  locus  esse 
AolloB  Tiden  potest,  cum  Buechelero  suspectum  ratus  Tocem  igUur 
et  aententiam  et  raüonem  palaeographicam  respicienti  probabilem 
Babstituat.  sed  ego  retineri  malim  Terbum  illud  sane  praeter  neces- 
sitatem  et  insolentius  additum  gratae  tribuens  neglegentiae,  cui 
Petronins  non  semel  indulsit.'  eadem  repetitioi  quam  quod  Bue- 
cbelems  non  contulit  Tel  conferri  non  iussit  miror,  extat  c.  9  mox 
^ftbktis  fortius  mambus  longe  maiore  nisu  damavü  (Ascyltos);  ^non 

*  BMoio  ao  eodem  modo  c.  68  Petronins  aio  seiipserit:  laaui  tarnen 
am  aäquamio  de9ii$et,  adiecii  Habinnas:  ^ei  nunquam^  inquit  ^didi'* 
^f  ied  ego*  etqt.  h.  1.  ei  ridelieet  e»t  nostram  *and  doch,  and  dabei'. 
^nguam  inquit  Dnechelenis  recte  qaidem  rectitait  ex  cod.  scriptnra 
*>M9«<rf,  Md  ille  in  ed.  mal.  piauium  addidit  ante  adiedt,  in  ed.  min. 
toMnu  ia  iilam  vocem  mutant. 


632  AStrelits :  emendationeB  Petronii  satixarom. 

taoe^  in^ü  ^gladiator^  etqs.  etJam  hoc  looo  inquU  superracaBeimi 
esse  Buechelerp  videtor  'nisi  potius  antea  perÜBse  non  nolla  creda- 
mos';  sed  neque  quicqoam  requiritor  in  eis  qoae  adacripsi  Terbis  et 
quod  supra  tantum  excusayi,  faic  ego  propter  emphasin  dicÜoiUB  Tel 
mazime  probayerim. 

c.  44.  Ganymedes  libertas  inter  cenam  com  Enoolpio  alüsqn« 

conyivis  coUoquens  queritnr  annonam  asaiduam  et  aedüinm  piato- 

rumque  fraudem,  qua  populus  prematnr.  id  ne  fieret,  prioribns  tem- 

poribas  viros  fortes  tanquam  leones  impedivisee.  ptamni  Safinnm 

inqnit .  .  cum  ageret  parro  in  foro^  Wc  iUius  ffox  ereso^xU  t4mqtKim 

tuba>  nee  sudavü  unguam  nee  es^n^U.  ptUo  eum  nescio  qmd  asiadis 

hahuisse,  scripturam  hanc  codicis  H  (TraguriensiB),  qoo  solofere* 

cena  TrimalchioniB  traditur,  Baec^elenis  emendare  non  est  oonatos. 

Heinsius  nesdo  quid  Äsiades  i.  e.  Aäaticiim,  'Aciob^c  n  legi  Tult 

yel  etiam  Asiadis  i.  e.  Asiatici  yel  in  Asia  nati,  Beineains  Aäa- 

Uci  Persarum  respiciens  corporis  siccitatem  eam  *ut  neqae  spuerent 

neqae  emongerentur  sufQatoye  corpore  essent'  (Yarro  apad  Noninm 

8.  y.  siccam).   sed  ne  quid  de  forma  Asiades  dicam^  de  re  iam  Schef* 

fems  recte  animadyertit,  in  uniyersnm  Asiaticam  dioi  non  poase  mo- 

rem  solis  Persis  peculiarem,  com  praesertim  Asiationm  illa  tem- 

pestate  contrarium  significayerit,  luzn  nempe  difflnens,  mollo,  effomi* 

natum,  neque  etiamtum  facultatem  istam  Persamm  yictu  fnigali  com- 

paratam  yulgarem  fuisse.  Scheffems  ipse  autem  com  conioeret  fie$ci(^ 

quid  dasi  a  dis  JutbuissCf  yocem  Graeoam  inculcabat  ne  soiteiitiae 

quidem  aptam :  nam  quid  inter  bacu  irvcO^a  et  (ut  ipsius  Schefferi 

ezplicationem  adscribam)  ^singularem  üacultatem  yoeis  spiri&asqTiey 

ut  numquam  deficiat'  ?  nee  minus  Burmannus  a  yero  aberrayit  con- 

iectura  sua  nescio  quid  assi  etqs.;  nam  quod  assam  yocem,  Ottmenu 

sudationem  conferens  aliquid  calidi  homini  illi  intra  yiscera  fnisse 

dicit,  quod  et  sudorem  et  saliyam  consumeret,  neqae  yocem  oisitf 

recte  ezplicayit  neque  ego  capio ,  quomodo  calida  yisoera  sudorem 

consumere  possint.    alii  alia  commenti  sunt,  Antonius  asiaks  (& 

ciaXic,  immo  ciaXov),  lacobsius  anHsiälodis,  Beiskius  Aphnfdmm, 

quae  commemorasse  satis  habeo.  mihi  codicis  scriptura  nesao  ^ü 

asiadis  leyi  errrore  corrupta  esse  yidetur  ex  nescio  quid  quasi  a  dtSf 

diyinam  igitur  quandam  yim  dicendi  fuisse  Safinio  dicit  Ganymedes. 

c.  52  yerba  statim  puer  demisso  labro  arare  ai  apnd  tliun 

scriptorem  legerentur,  nihil  haberent  offensionis,  sed  Petroninn 

sie  scripsisse  haud  crediderim.  namque  infinitivus  ille,  quem  kisto* 

ricum  dicunt  grammatici,  adeo  insolens  est  Petronio,  ut  omaiao 

semel  yel  bis  reperiatur,  c.  62,  19  ^t  mori  Omare  nisi  ego?  et  t.  13 

mt^i  anima  in  naso  esscy  hoc  autem  altero  loco,  quo  in  ammv^ 

anima  cod.  H  ezhibet,  in  irrepsisse  in  locum  coepit  yerbi  Buechelems 

censet.   utique  hoc  yerbum  c.  72  post  suhsequi  interddit  et «  Bar* 


*  nam  io  ood.  Leidens!,  qoi  cetera  Petronii  omnia  oonttaet,  '^^^ 
ceoae  tantnm  principinm  inest. 


AStreUti:  emendattoneB  Petronii  Batirarain.  633 

mami  oonieeiura  »  Baechelero  iare  in  texta  repositom  est.  initio 
oeuM  üie  yerbft  immo  iocari  magis  etqs.  eis  quae  antecedont  con- 
tiiraas  fiye  cmn  Baechelero  laomiain  stataie,  certe  infinitiTus  non 
est  abiolntas«*  idem  Btataendam  est  de  c.  140  ea  ergo  ad  Eumd- 
pum  venU  et  eommendare  Vberos  euos  eku  prudeniiae  honUatiqiie  cre- 
iere  $e  et  veia  mm,  quae  verba  in  medio  hiant  et  egent  voce  eoepU^ 
qttm  ad  explendun  laeonam  recte  Baechelems  adbibnit.  qnibaa 
«item  solis  yel  potios  quo  solo  loco  infinitivns  historicns  apnd  Petro- 
niom  legitor,  nairationi  non  insenrit.  qnae  com  ita  sini,  non  dabito 
mbis  snpra  adseriptis  Tocem  eoepü  continnare,  quae  com  infinitivo 
inneta  tanqoam  aoristi  vidbna  apnd  Peironiom  fiingi  mihi  videtnr 
et  qaam  dUigenter  a  me  institnta  oompntatione  septuagiens  qnin- 
qoiens  apnd  enm  inveni.* 

0.  58  5e00  res  etietegmie  haeo  doeet^  mufiriusj  non  wagiskr. 
baee  post  longam  oonvitiornm  seriem  oonviTttnun  aliqnis,  cni  sto- 
machnm  moverat  Asoylti  et  Oitonis  risns,  in  hos  evomit.  TOcem 
msfrim  qni  emendare  stodaemnt  docti  viri,  operam  perdidisse  mihi 
ndentor,  nee  mihi  ut  satia  probabilem  inyenirem  emendationem  con- 
tigit  sed  omnino  iam  LaÜnae  esse  originis  TOcem  illam  despero, 
quam  com  BeiskiaB  Syram  esse  snspioaretnr  nesdo  anTomm  yiderit. 
fortasse  anftem  Petronins  yocabnlis  fm$frwa  et  rnagtelter  oppositis  Insu 
?erbonun  speotat  ynlgare  illnd  rniA  et  mai  cf.  c,  bl  necmunecma 
argiäas»  qnod  ante  et  iate  Bneohelerus  interddisse  adnotat  est  cnm 
ridieala  GKtonis  disdpuli  significatione,  praeter  neoessitatem  fecit. 
tttm  nt  haee  quae  modo  praeoesseront  vah^  heOa  resesf  volpis  uda  in 
Oitonem  dict«  erant,  sie  ea  quae  snpra  adscripsi,  si  et  idem  qnod 
äiam  yalere  mecnm  statnas,  in  magistmm  eins  Ascylton  cadnnt. 

e.  63.  Niceros  a  Trimaldiione  rogatns  narratinncolam  profert 
de  bomine  qnocnm  circa  gallicinia  profectns  nna  quondam  isset  in 
lopom  oonverso.  giU  mori  timare  nisi  ego?  gladium  tarnen  sMnxiet 
in  tota  via  umbras  ceddt ,  donee  ad  vülam  amieae  meae  pervemrem. 
bsse  Scheffemm  secutns  Bnechelerns  edidit,  cnm  cod.  H  sie  ezhibeat 
maiüuUa  tau*  quam  scriptnram  sunt  qui  non  in  dubinm  Tocarint, 
com  ononmtopoeiam  in  ea  ineese  pntarent,  sed  habeant  sibi.  Schef- 
feri  emendationem  qnod  Buechelems  ceteris  praetulit  (dico  Beinesii 
ta  aiaeritatey  Heinsii  nuxtutmas,  Antonii  mota  vi  teta)  non  miror,  sed 
ae  in  iUa  qnidem  acquiescendum  putavi,  dum  qnae  propius  ad  codi- 
eis  soriptnram  aocederet  eademque  ad  sententiam  plane  qnadraret 
iBTemretor.  qnod  utmmque  vide  ne  de  hao  mea  coniectnra  r  im  ata 
via  Taleat.  nam  nt  codicis  litterae,  in  quibus  tau  falso  geminatum 
esse  non  est  qnod  moneam,  leyissime  mntatae  sunt,  sie  qnod  ad  sen- 
attinet)  qnid  yerius  quam  Nicerotem  formidoloso  monstro 


*  c.  44  in  yerbif  quam  benigmu  resabäare  etqs.   inflnitiTiifl  non  est 
hUtoriooSy  sed  more  Oraeco  adieotiyo  appositot.        *  cf.  simiUiiDos  locos 
hot:  80,  7  servMS  .  .  rogare  coepit.    S,  8  coepit  rogare  »tuprum»    49,  17  de- 
prteari  pmmes  eoepU,    76,  4  rogare  eoepit^  idem  7S,  7.  87,  8.  106,  %  al. 
'  Ufendnm  yideinr  ee,  iotpiM^  qnod  fiaechelems  in  ed.  minore  coaiecit. 


634  AStrelitz :  emendationee  Petronii  satixanim. 

viso  anxie  perscrutatum  esse  gladio  stricto  sive  Yirgaltiuii  sive  alia 
res  in  via  ei  occarreret?  sie  igitur  conUcinio  nootiB  vel  dilucnlo 
rimata  via  umbras  caedens  ad  villam  pervenit.  denique  in  signi- 
ficatione  passiva  verbi  rimandi  si  quis  haereat,  attendat  velim  et  par- 
ticipiom  idem  a  Sidonio  epist.  VII  2  diUgenUr  quae  ad  aocnrnfer- 
iinuerani  rimatis  vi  passiva  dici  atque  etiam  yerbam  rimare  sb 
Acdo  usurpatum  tradi  apud  Noninm  et  apud  ipsum  Petrommn  legi 
animain  nostro  amplexam pedore  in  fragm.  V.  etiam  alia  hoo  looo 
ex  Petronio  afferre  exempla  iuvat;  qaibns  insolenti  indata  genere 
yerba  reperiuntnr.*  yerba  aetiva  deponentium  looo  snnt  haee:  amr 
plexare  c.  63,  argutare  o.  46  et  57,  cofmoare  57,  exopmissmU  62, 
eoöhortare  76  (iure  Baechelems  soriptaram  marginis  H  exhotUK^ 
praetulit  vulgatae  €iC(>ravit)y  faenerare  76;  c.  46  ScfaefferuB  et  Boe* 
cheleras  defenderunt  Petroninm  a  verbo  loquere^  qaod  Barminnus 
illi  dabat,  restituto  ordine  verbomm  hoc:  qmatu^  qiiipoteslo^ 
non  loquerc'j  remunerare  140.  verba  deponentia  pro  aotivis  apud 
Petronium  leguntur  haec:  ddeäari  45.  64,  fastidiri  48,  pudeaim  47, 
rideri  57  (hoc  verbam  in  dabium  vocat  Baechelems) ,  sommcari  74. 
vim  intransitivam  induit  lavare  42 ,  vim  transitivam  efjfhtere  71. 

c.  68  landat  Habinnas  serynm  suam  amnis  Musae  maneipiym. 
duo  tarnen  inquit  vUia  häbet^  quat  8%  non  haberet^  esset  ommum  mmc- 
tum:  recutUus  est  ei  stertü.  nam  quad  sträbonus  est^  non  cwro;  sie ui 
Venus  spectat.  ideo  nihü  taeä,  trix  ociUo  martuo  unguam.  ühtm  emi 
trecentis  denarüs,  haec  verba  sie  nt  ex  editione  Buecheleri  adscripsi 
in  codice  H  tradita  sunt,  nisi  quod  nummorum  et  emit  retentis  Scbef- 
fems  emendavit.  sed  etiam  aliud  tollendnm  restat  viüam,  quo  labe- 
rare  hone  lociim  inprimis  argamento  est  verbam  taoere^  qaod  in  hac 
sententia  quid  sibi  velit  nescio.  falso  looo  verba  tradita  tentarunt 
Burmannas  et  lacobsias,  qaorum  emendationes  vix  Proculo  moriuc 
tnqtiam  ülum  et  exoscular  nonnunquam  iBum  nollae  sunt  Heinsias 
coniectora  sua  mihi  piacet,  vix  ocido  irretorto  numquam  Hhm  emi 
(quamquam  quod  sensit  num  his  verbis  recte  ^xpreeserit  dabito), 
sententiae  sane,  ut  fere  solet,  rationem  habuit,  minime  vero  liiterS' 
rum  codicis.  mihi  quidem  nihil  nisi  tacet  emendandam  et  ühm  looo, 
quem  perversum  esse  Buechelerus  vidit,  movendum  videtar,  itaqoe 
sie  fortasse  Petronius  scripsit:  ideo  nihü  illum  laiei^  vix  oäUo 
morttAO  unquam.  emi  trecentis  denarOs.  eoce  faoete  dictum  Habisnae 
vix  inferius  ingenio  Trimalchionis.  verbam  totere  cum  quarto  easa 
iunctnm  vulgari  tribuere  sermoni  non  opus  est:  et  Varro  de  re rast 
I  40  quod  lata  nostrum  sensum.  Plinii  n.  h.  II  20,  18.  Instmos 
XIII  8.  Verg.  Aen.  I  130.  Ovidius  ex  Ponte  IV  9,  126. 


^  ef .  ELudwig  de  Petronii  sermone  plebeio  (Marborn  1869)  p.  SS  H- 
Onericke  de  lingnae  vulgaris  reliqaüs  (Begimontii  1876}  p.  48  sq. 

BosTOOHii.  Abbaham  Stbbliti* 


HBnmcke:  über  dia  ordinarii  bei  VegetioB.  636 

89. 

ÜBER  DIE  ORDINAEII  BEI  VEGETIUS, 


Die  hanpistelle  die  von  den  ardinarii  handelt  ist  das  8e  cap.  im 
2n  buch  der  eptfoma  m  «mUtem;  wir  setzen  den  tezt  desselben,  so 
ireit  es  ffXr  unsere  darstellung  nOtig  ist,  hierher:  vdus  tarnen  txm- 
S¥€kido  temtiä^  ut  ex  primo  principe  legi4mü  pramovereiurcetUurio 
prmi  päi,  qui  nan  edkim  aguüae  praeend^  verum  etiam  quaUuar  een- 
tmaSthoeestCCOOmääee^  in  prima  ade  guibemabat .  .iiemprimus 
kasiatus  duas  eenturias^  ideäCC  Aomtnes,  duoeibat  inadesecanda^ 
qitemnunc  daeenariiimpocant.  princeps  aiäem  aecundus  primae 
eohartis  eenturiam  eemia^  hoc  est  CL  hommee^  gubemdbai  •  •  Hern  ee- 
eundue  hastatus  ceniuriam  «emw,  id  est  CL  hamines,  regebat* 
iriarius  prior  centum  homines  g%tbemabat,   sie  decem  cenlwriae 
eokorlis  primae  a  qmnqite  ordinariis  regeba$/iiwr  •  .  erani  etiam 
om^Mfiofies,  qui  singndas  oentu/rias  cuirdbanlt^  qui  nunc  eenienarU  no^ 
ima9ttur  .  •  secu/nda  cohors  habebat  ceniurionee  quimque;  smiMUr 
Urüa  quarta  usque  ad  dedmam  oohortem.  in  tota  auiem  legione  erani 
ta^rione»  guinquaginta  quinque.   anszerdem  werden  die  ordinarU 
nodi  erwfthnt  n  7  (s.  39, 20  Lang) :  ord»narü  dicuniur  qui  inprodio, 
^m  primi  «mU,  crdimea  ducunt.  Äuguetales  appeOantur,  qui  ab 
Äugusto  ordinariis  iundisu/nt.  Flaviales  ttem^  tamquam  eecundi 
AugusUdes^  a  dkfo  Yespaeiano  sunt  legionibus  additi  —  und  n  16 
(s.  47, 13)  Md  anie  Signa  et  circa  Signa  nee  non  etiam  in  prima  ade  di- 
wiieanies  pnndpes  vooabantur^  hocest  ordinarii  oeteriqueprinc^pales* 
Alle  diese  stellen  sind  im  2n  buch  der  epitoma  enthalten,  das 
eine  darstell  ong  der  antiqua  ordinoHo  legumis^  dh.  also  der  legions- 
formation  geben  soll,  wie  sie  etwa  zn  Hadriims  Zeiten  üblich  war. 
di  sich  nun  die  heeresorganisation  Hadrians  im  groszen  and  ganzen 
an  die  der  frtthem  kaiserzeit  anschlieszt,  so  dürfen  wir  erwarten  für 
öie  ordinani  entsprechendes  in  der  ftltem  zeit  zn  finden,  betrachten 
wir  sonftohst  Yeg.  11  7  und  15,  so  ist  wahrscheinlich,  da  Veg,  sich 
nicht  ganz  bestimmt  ansspricht,  dasz  die  ordinarii  den  centnrionen 
<ier  ersten  legionscohorte  entsprechen,   die  erste  cohorte  der  legion 
Bshm  schon  zu  Caesars  zeit  eine  bevorzugte  stellang  ein,  und  ihre 
offieiere  —  dkeprimorum  ordimum  centunones  —  wurden  wegen  ihrer 
groszen  kriegserfohrong  und  tOchÜgkeit  zu  dem  kriegsrath  der  ober- 
offieiere  herangesogen;  ja  bereits  in  den  seiten  der  republik  werden 
&  Sltasten  centurionen  der  legion  mit  auszeiohnung  behandelt  (vgl. 
Marqnardt  handb.  V  359).  in  der  entwicklung  des  kriegswesens  unter 
den  kaisem  tritt  die  ausnahmestellung  der  ersten  cohorte  immer  deut- 
licher hervor:  sie  wurde  nach  dem  vorbilde  der  gardetrappen  auf 
1000  mann  gebracht,  ihre  offieiere  werden  demnach  auch  vermehrt 
•ein  und  eine  stufe  hoher  gestanden  haben  als  die  übrigen  centurionen; 
sie  "^«»^*»  eine  mittelstellung  zwischen  den  stabsofficieren  (tribu- 
aen,  praefecten  und  legaten)  und  den  subaltemofficieren  ein.  g^  ist 


636  HBroncke:  fiber  die  crdmmi  bei  Vegeliiii. 

demnach  an  sieb  wol  möglieb ,  dasz  die  officiere  der  enten  coborte, 
ebe  sie  eine  müia/ria  ward,  den  iitel  ordtnam  führten,  und  dan  die 
neuen  centurionen  derselben ,  da  einmal  von  früher  her  die  zahl  der 
ortünart«  feststand,  den  namen  AugvistcHea  und  FlaviaiUs  erhielten, 
gleichsam  als  ob  Augustus  resp.  Vespasian  sie  den  onüfiofü  ab  ge- 
hilfen  beigegeben  hätte,  obschon  sich  für  diese  Termutung  keine  be- 
lege beibringen  lassen. 

Oan£  anders  gestaltet  sich  aber  die  ansieht  über  die  crdiimm 
nach  Veg.  II  8.  hier  werden  sie  mit  ihren  titeln  und  der  sahl  der 
tmppen  die  unter  ihrem  commando  stehen  angeführt,  diese  stelle 
mit  den  beiden  andern  zu  combinieren,  wie  das  LLange  (historia 
mutationum  rei  militaris  s.  88)  gethan,  hat  seine  groezen  bedenken. 
Lange  läszt  nemlich  II  8  vollstftndig  zu  recht  bestehen ,  eombmiert 
damit  II  15,  indem  er  dem  primua  püus  drei  centurionen  der 
Augustales  und  Flaviales  als  unter  seinem  commando  stehend  ta- 
teilt, gibt  dem  prii^eeps  secundus  einen,  dem  hastatus  primm  und 
secundua  zusammen  einen  der  Augustales  und  FlaTiales  und  glaobi 
so  mit  dem  triarms  prior  die  zehn  officiere  der  ersten  cohorte  ge- 
funden zu  haben,  allein  abgesehen  davon  dasz  die  yerteilung  der 
Augustales  und  Flaviales  nicht  richtig  ist,  da  doch  dem  haiatus 
primuB^  dem  ducenarius^  allein  ein  Augustalis  oder  Flavialis  gebührt, 
dem  prine^  secundus  und  hagtaius  seeumduB  zusammen  wieder 
einer,  damit  je  100  mann  6inen  officier  haben  —  ich  sage,  abgeeeben 
von  diesem  kleinen  irrtum  widerspricht  der  teit  des  VegeÜus  einer 
solchen  auffassung  entschieden:  denn  noch  in  dem  passus,  derfon 
der  ersten  cohorte  handelt,  heiszt  es:  era/ni  eiiam  omtuTiornet^  9«» 
aingulas  centurias  cwraha/nt\  femer  wird  die  gesamtzabl  der  legions- 
centurionen  auf  65  angegeben,  in  welche  zahl  die  crdmafü  einsube- 
greifen  darum  unrichtig  ist,  weil  sie  ausdrücklich  von  den  centurionen 
unterschieden  und  einer  genauem  besprechung  unterzogen  werden. 
wftren  aber  die  mit  ercmi  äiamceniurumes  usw.  bezeichneten  officiere 
identisch  mit  den  Augustales  und  Flaviales ,  so  müste  es  doch  eebr 
auffallen,  dasz  Yeg.  dieselben  im  vorigen  cap.  und  nicht  hier  ver- 
zeichnet oder  nicht  wenigstens  eine  hindeutung  auf  jene  noiii  ge- 
geben hat;  vielleicht  mit  den  Worten  quas  antea  Augusiales  ä  Fla- 
viales fH)cabant^  wie  sich  dergleichen  viel  in  seiner  epitoma  finden 
(vgl.  zb.  III  14  [96,  14 — 16]  quas  antea  prine^  tfoeabafU  —  q^K» 
prius  hoHatas  vocalani).  die  ardinarH  von  11  8  können  also  nicht 
ohne  weiteres  mit  denen  von  11  7  und  II  15  identificiert  werden. 

Sehen  wir  nun  ntther  auf  die  Verteilung  der  mannsehaften  unter 
die  ardmarU,  so  musz  die  Ungleichheit  derselben  besonders  auffielen, 
der  erste  commandiert  400  mann,  der  zweite  200,  der  dritte  nnd 
vierte  je  150,  der  letzte  nur  100  mann;  dieser  ist  also«  was  sein 
commando  betrifft,  nicht  unterschieden  von  jedem  centnrio.  wii 
aber  bedeutet  die  Unterstellung  von  1 7,  oenturien  unter  einen  crä- 
narius?  es  handelt  sich  hier  natürlich  stets  um  die  aufstellung  der 
cohorte  in  der  schlachtreihei  deren  vorderster  rechter  flflgel  von  dff 


HBnmoke:  Aber  die  üfdkmrü  bei  YegeÜai.  687 

enien  eohorie  emgenommen  wird  nach  Veg.  H^  {ab  hoc  —  prima 
edkorte  —  cmrn  pugnandiiim  est^  prima  ades  indpU  tn'dinari)»    die 
iii(^liehkeit  einer  eolcben  eommandoTerteüung  für  detachierte,  flie- 
gende oder  reeer?ecorpe  soll  natürlich  nicht  geleugnet  werden«  aber 
Air  die  legtonsfront  ist  ein  oommaDdo  Ton  V/^  oentnrien  in  der 
flbngen  geechiohte  des  römischen  heerwesens  o^e  beispiel.  —  Ist 
sehen  die  thatsache  der  truppenverteilnng  anverständlich,  so  sind 
die  tatulatnren  der  ordwiarif  erst  recht  oonfus  und  unbegreiflich, 
nich  dem  was  Vegetius  sonst  Aber  die  rangfolge  der  centurionen 
(denn  vornehmste  wir  als  ardmarU  gelten  lassen  wollen)  II 21  sagt: 
«cMi  quam  in  arbem  quendam  per  diveraas  eaharies  et  divenae  edidas 
määee  prcmovenii^^  Ha  ut  ex  prima  odhorie  ad  gradwm  quempiam 
pnmoibusvadat  ad  dedmam  odkoriem^  et  rursus  ah  ea  ereseenüilbua  eti- 
fendm  enm  maiore  gradu  per  äXiae  recurrU  adprimam  —  müssen 
wir  erwarten  dass  auf  den  prirnua  kastaim  nicht  der  prvne^  eeem^ 
inUy  sondern  der  trtairuu  prior  folge,  dann  ^vprmoepB  seoindue  und 
nietet  der  kaetatue  aeeitndus.   vergleichen  wir  femer,  was  wir  sonst 
von  der  Stufenleiter  im  centurionat  wissen,  so  werden  die  angaben 
des  Veg.  noch  unklarer:  denn  eine  titnlatur  triarhu  prior  ist  ein 
diag  das  nie  existiert  hat ;  nach  ftlterm  usus  würde  iriairius  prior  das- 
selbe sein  wie  primus  püus*    sollten  die  alten  beseichnnngen  der 
obersten  centurionen  richtig  gebraucht  werden,  so  mttste  die  reihen- 
folge  der  ardimarU  sein:  1)  primtue  pikte^  2)  primus princepSy  3)  pri- 
mtBkaataiue,  A) primus püus posterior^  5) primus princ^ posterior 
(vgl.  Marquardt  ao.  s.  567  und  369  ff.);  indes  sind  diese  richtigen 
beteichnnngen  von  Veg.  nicht  zu  verlangen,  der,  wie  ich  an  einem 
sadsmorte  (quaastiones  Vegetianae.  Ildeacie  instruenda,  Helmstedt 
1875,  8.  29)  gtseigt  habe,  keine  Vorstellung  von  der  wahren  bedeu- 
taag  der  jirifictiies,  hastaU^  iriarU  hatte,  vielmehr  mit  diesen  namen 
die  erste,  x weite,  dritte  schlachtreihe  der  schwerbewaffneten  seiner 
nach  m  14  aufaustellenden  ades  bezeichnete,  da  nun  doch  die  triarü 
ia  dritter  reihe  stehen,  so  setzt  Veg.  auch  hier  den  ^rjonus  prtor  dem 
ringe  naeh  hinter  die  prindpes  und  heutati.  dasz  auch  hier  11 6  dem 
Veg.  der  gedanfce  vorschwebte,  die  prismpes  ständen  in  erster,  die 
hasiaU  in  s weiter  reihe,  zeigen  die  werte  primm  hastaius  duas  cen- 
imrias  dmeebat  in  aeie  seeunda^  vom  primus  piius  dagegen  —  der 
■seh  seiner  Vorstellung  identisch  sein  sollte  mit  ^em  primus  priine^y 
welcher  titel  zwar  im  texte  nicht  steht,  die  werte  ui  ex primo  prinh 
dpe promoveretur  eenturio primi püi  sagen  ja  deutlich,  dasz  der  pri^ 
mua  primeeps  auf  den  primus  pOus  folge ;  doch  aber  dürfen  wir  wegen 
des  princepa  aecitndus  einen  entsprechenden  primus  prinoeps  erwar- 
ten, den  wir  dem  primus  püus  gleichsetzen  müsten  —  vom  primus 
püiisslso  vrird  gesagt:  quattuor  cetUurias  in  prima  aeie  gubemäbat. 
diese  werte,  die  in  sich  schon  einen  widersprach  enthalten,  zeigen 
auf  der  andern  seite  einen  grellen  widersprach  mit  11  6,  wonach  die 
ersten  fünf  cohorten  in  die  erste  schlachtreihe  zu  stellen  sind:  hae 
qmnque  oohortes  in  prima  ade  ordinanh»r]  hier  aber  verlangt  Veg. 


638  HBmncke:  über  die  ordmarii  bei  Vegetiai. 

die  trappen  einer  und  derselben  cohorte  in  verschiedene  aehlachi- 
reihen  zu  stellen. 

So  zeigt  sich  denn  dasz  die  angaben  über  die  ardinam  11  8  in 
keiner  beziehong  zu  der  anH^pM  ardmatio  passen,  die  VegetioBim 
2n  buch  auseinandersetzen  will,  und  es  scheint  &Bt,  als  habe  Veg. 
hier  eine  nachricht  überliefert,  mit  der  überhaupt  nichts  anzubngea 
ist;  dennoch,  glaube  ich,  ist  die  möglichkeit  vorhanden  für  die  or- 
dinarn  eine  andere  und  zwar  durchaus  zweokmfiszige  verwendmig  za 
finden,  zugleich  aber  den  irrtum  nachzuweisen,  wodurch  jenen  an- 
gaben gerade  dieser  platz  (II  8)  angewiesen  ist.  in  der  oben  dtier- 
ten  abhandlung  *de  acie  instruenda'  glaube  ich  nachgewiesen  ni 
haben ,  dasz  Vegetius  im  2n  und  3n  buch  zwei  von  einander  grandr 
verschiedene  Schlachtstellungen  der  legion  beschreibt,  wflhre&d  dio 
n  6  besprochene  die  grOste  ähnlichkeit  mit  der  von  Arrian  be- 
schriebenen ades  contra  Alanos  zeigt  —  indem  nemlich  die  ödes  der 
legion  in  zwei  treffen  und  jedes  treffen  aus  fünf  cohorien  zn  vier 
gliedern  phalanzartig  formiert  wird,  so  dasz  also  die  ganze  schlachtr 
reihe,  die  nur  aus  schwerbewafihetfioi  besteht,  achtglieder  tief  ist  — 
ist  nach  III  14  die  ganze  acies  aus  sechs  gliedern  aufzustellen,  and 
zwar  folgen  auf  zwei  glieder  seh  werbe  wafiheter  {prmeipes  und  koMi) 
die  leichtbewaffneten  und  die  artillerie  mit  drei  gliedern,  schliesdich 
ein  sechstes  glied  der  schwerbewa&eten  {triarii).  in  diieser  letzten 
aufstellung  finden  nach  Yeg.  10000  (6  X  1666)  mann  platz;  dt 
aber  die  legion  an  schwerbewa&eten  und  leichtbewafineten  insjge- 
samt  12000  mann  stark  ist,  so  sind  je  1000  mann  des  schweren  and 
leichten  faszvolkes  in  reserve  aufsustellen.  von  einer  einteilang  der 
legion  nach  coborten  ist  bei  dieser  formation  nicht  mehr  die  rede, 
der  zeit  nach  gehört  sie  in  das  Zeitalter  Diocletians,  ^e  ich  das  ans 
der  bewaffnung  der  trappen  geschlossen  habe  ao.  s.  32.  —  Es  gibt 
nun  noch  eine  dritte  stelle  bei  Vegetius  11  15,  wo  die  auÜBidlong 
der  schlachtreihe  behandelt  wird;  doch  habe  ich  gezeigt  dasz  jene  an- 
gaben aus  dem  II  6  und  IV  14  gesagten  zusammengewürfelt  sind 
und  auf  das  deutlichste  zeigen ,  wie  wenig  Veg.  die  verschiedenen 
entwicklungsphasen  des  römischen  heerwesens  auseinander  gdialten 
hat.  wenn  aber  Veg.  II  6  die  Vorstellungen  von  der  anüqm  (^ 
nalio  des  Hadrian  zusammenbrachte  mit  denen  die  in  IHodetuns 
Zeitalter  gehören,  wenn  er  also  die  jüngeren  einrichtungen,  die  anch 
fCLr  ihn,  der  um  400  schrieb,  der  Vergangenheit  angehörten,  in  die 
filtere  zeit  Übertrag,  so  kann  ihm  derselbe  fehler  auch  II  8  passiert 
sein ,  und  damit  wttre  dann  das  räthsel  über  die  wunderbaren  com- 
mandos  der  ordinarii  seiner  lösung  näher  gebracht,  wir  haben  oben 
gesehen  dasz  die  acies  Diocletians  1000  mann  in  reserve  ateUt,  ans 
denen  nach  III  17  (s.  101,  10  L.)  cuneij  forfices,  serrae  usw.  zu  for- 
mieren sind,  um  die  angriffe  der  feinde  abzuwehren  oder  schwer  be- 
drohte puncto  der  eignen  schlachtreihe  kräftig  zu  unteretütien.  « 
ist  nun  an  und  für  sich  unwahrscheinlich ,  dasz  die  abteilangen  di^ 
ser  1000  mann  gleich  stark  gewesen  seien;  vielmehr  wird  je  nach  den 


Hfimnoke:  über  die  ordtnom  bei  Vegetias.  639 

bedflriiiis  bald  eine  grOezere  bald  eine  geringere  mannBchaft  der- 
MlbeB  zur  Terwendong  gekommen  sein ;  sehr  gut  kann  die  gröste 
ibteilmig  derselben  400,  die  andern  200,  150  und  100  mann  stark 
gewesen  sein  und  jede  derselben  unter  einem  besondem  führer  ge- 
standen haben,  denen  Vegetias  den  alten  titel  oräinarn  beilegt,  dasz 
diese  ordinarü  nicht  centurionen  waren,  sondern  eine  rangstufe  höher 
standen  als  jene,  ist  darum  glaublich,  weil  sie  stets  die  besten  tmppen 
befehligten  und  immer  an  den  orten  der  grOsten  gefahr  kSmpfen 
mosten,  wir  sehen  also  dass  Yegetius  uns  nicht  etwas  durchaus  un- 
glaubliches oder  unrichtiges  überliefert,  sondern  nur  dasz  er  seino 
BOtii  am  falschen  orte  gibt,    der  grund  davon  liegt  in  der  ver- 
weehselung  der  reservemannschaft  mit  der  frühem  gleich  starken 
ersten  legionscohorte.    nun  hat  Veg.  I  6  die.  zahl  und  stftrke  der 
iegionscohorten  angegeben ,  II  7  die  principaks  qui  privüegns  imh 
mmtw  einzeln  aufgeführt,  II  6  will  er  näher  auf  die  Organisation 
der  cohorien  eingehen;  was  liegt  da  nfther  als  dasz  er  bei  seiner  con- 
fnsion  alter  und  jüngerer  einrichtungen  den  groszen  irrtum  begieng^ 
die  ordmarn  der  Diocletianisdien  zeit  mit  denen  der  Hadrianischen 
la  Terwechseln?   dasz  Yeg.  endlich  seinen  ardinam  alte  ehrwürdig 
klingende  titel  beilegte,  wird  durch  sein  streben  mit  gelehrsamkeit 
zu  prunken  hinlänglich  erklärt  werden  können:  ist  doch  n  6  nicht 
die  einzige  stelle,  wo  er  so  thut  als  habe  er  die  einrichtungen  dea 
alten  römischen  heerwesens  gründlich  studiert,  während  er  in  Wahr- 
heit keine  ahnung  dayon  hatte* 

Das  resultat  unserer  Untersuchung  ist  also:  Veg.  II  8  enthält 
an  und  für  sich  nichts  unrichtiges ,  aber  jene  angaben  sind  auf  die 
seit  Diodetians  und  nicht  auf  die  der  antiqwi  kgionis  ordinaHo  zo 
beaehen. 

WourBMBÜTTBL.        HeBMANN  BrüNOKE. 

(37.) 

ERKLÄRUNG. 


Mit  hm«  Ad.  Lange  weitere  Verhandlungen  über  dfe  Aeneas« 
frage  und  die  forderungen  des  anstandes  in  wissenschaftlicher  pole- 
Biik  zQ  pflegen  verzichte  ich,  nachdem  ich  seine  *entgegnung'  oben 
8.  461 — 464  gelesen  habe,  ich  beschränke  mich  zur  Verhütung  von 
misvezBtftndnissen  auf  folgende  bemerkungen. 

Die  anerkennung  etwelchen  ertrages,  den  die  Schrift  des  hm.  L. 
ftr  die  knük  des  Aeneas  geliefert  habe  (oben  s.  260),  bezieht  sich 
auf  eiBzelne  coigecturen  sowie  auf  den  abschnitt  über  die  spräche 
des  Aenefts,  soweit  derselbe  von  der  athetesenfrage,  in  der  sich,  wie 
ich  nachwies,  hr.  L.  als  unzureichend  erwiesen  hat,  unabhängig  ist; 
in  den  lihrigen  abschnitten  habe  ich  nur  sehr  wenig  neues  entdecken 
können. 

Hr.  L.  scheut  sich  nicht  die  von  mir  s.  244  als  'lächerliche  in* 
Binuation'  bezeichnete  bemerknng  zu  38,  3  auf  s.  144  seines  buches: 


640  AHag:  erklfirang  [betr.  den  taktiker  Aineias]. 

'praeter  eum  nemo  non  perspezit  Terba  toic  ln\  Tifi  Tcixci  paxo- 
fi^voic  ex  irapaiveiv  illo  pendere'  s.  462  in  schuti  sa  nehmen«  wor 
meine  ausgäbe  in  die  band  nimt  and  siebt  daaz  ich  den  echUn  text 
§  4  mit  den  werten  TOic  T€  Moxo^^votc  iiA  t^  xeixci  nopaiveiv  be- 
ginnen lasse,  wird  meine  Yerwonderong  über  das  benehmoa  des 
fam.  L.  und  seine  urbane  spräche  teilen,  meine  bemerkong  in  doi 
proleg.  8.  22. hat  er  einfach  nicht  verstanden. 

Wenn  ich  betreffend  den  auf  s.  464  berührten  punct,  bei  wel- 
chem hr.  L.,  am  seine  urbanitttt  ad  oculos  za  demonstrieren,  sieh  la 
dem  versuch  einer  ixgnrie  versteigt,  übersehen  hatte  dasz  er  in  seuier 
Schrift  am  schlösse  jedes  abschnittes  in  der  that  nur  die  noch  nicht 
besprochenen  athetesen  von  Hercher  und  mir  zasammeiwUllte, 
die  er  annahm,  nicht  aber  sftmtliche  von  ihm  gebilligte,  toflber- 
sieht  er  seinerseits ,  dasz  dieses  thatsftchlich  von  ihm  eingesdilagaie 
verfahren  nicht  im  einklang  steht  mit  den  tibergangsworten  s.  93 
*de  bis  (nemlich  über  das  vorhergehende)  cum  dissentism  tb 
Herchero,  recte  eum  statuisse  puto  de  iis  qnae  eicit'  (und  nun  folgt 
die  liste),  entsprechend  s.  146:  *recte  Hugius  expungere  mihi 
videtor*  und  an  den  anderen  stellen;  wodurch  jedenfalls  der  lesern 
dem  falschen  Schlüsse  gebracht  wird,  über  alle  vorher  behandelten 
stellen  sei  die  von  Hercher  und  mir  getroffene  entscheidung  nach 
fam.  L.S  ansieht  zu  verwerfen  und  nu  r  das  in  der  folgenden  übersidit 
zusammengestellte  anzunehmen,  in  der  that  beruht  gerade  aaf  (üe- 
ser  liste  die  von  mir  als  schulmeisterlich  bezeichnete  afthloagder 
90  stellen,  in  denen  Hercher  das  richtige  getroffen,  und  der  46  stellen, 
in  denen  er  *geirrt' ;  es  müste  demnach,  damit  die  'reohnung'  rich- 
tig herauskomme,  dieselbe  nach  demjenigen  oorrigiert  werden,  was 
hr.  L.  im  vorhergehenden  schon  von  Hercher  beiläufig  angenomma 
hatte,  zugleich  lag  es  in  folge  dieses  ganzen  verfahrena  ganz  in  der 
Willkür  des  hm.  L.,  durch  vorhergehende  gelegentliche  mehr  oder 
minder  versteckte  adoptierung  einer  den  werten,  die  er  gerade  pole- 
misch behandelte,  naheliegenden  athetese  sich  von  der  aufnähme  der- 
selben in  die  liste  der  'recte  eiecta'  zu  dispensieren;  eine  willkflrdie 
hr.  L.  ge^en  Hercher  bescheiden  anwandte,  gegen  mich  gehörig  tos* 
nutzte:  denn  nur  so  konnte  es  ua.  geschehen,  dasz  sämtliche  gr9- 
szere  abschnitte  in  cap.  16,  deren  Streichung  hr.  L.  von  mir  annshoi, 
auch  19 — 22,  welches  stück  von  den  übrigen  getrennt  ist,  in  der  lisu 
des  von  ihm  gebilligten  fehlt,  das  war  es,  was  ich  mit  vollem  rechte 
als  illoyal  rügte;  und  gegen  den  hauptvorwurf,  dasz  der  saU 
8.  66  'pauca  tarnen  recte  eiedt  Hugius'  sich  nicht  vertrage  mit  der 
beträchtlichen  zahl  von  athetesen,  die  hr.  L.  teils  ganz  teils  redndert 
von  mir  adoptierte,  hat  derselbe  in  seiner  entgegnung  mit  keiner 
Silbe  geantwortet,  gegen  andere  mit  merkwürdiger  iater- 
pretation  seiner  eigenen  werte  sich  umsonst  zu  verteidigen  gesucht' 

Zürich.  Abhold  Hco. 

*  [hiermit  sei  diese  debatte  geflchloseen.  die  redaction.] 


EDonoker:  xa  Eatropius.  641 

90. 

ZU  EÜTB0PIU8. 


1)  I  20  past  viginti  deinde  annas  Vdentam  rebeBaverunL 
t9r  amtra  tpsoa  mi98U8  es^  Hmus  CamUlua,  quiprimumeaafncUacief 
MM  äiam  cMtatem  diu  obsidens  cepU  antiquisaimam  Itaiiae  atque 
dHiasmam,    neben  mox  cepU  ist  diu  obsideHa  ebenso  unsinnig,  wie 
es  naeh  LiTius  V  19  ff.  (der  quelle  des  Eutropius)  unriohtig  ist  dass 
Gamillus  Veji  lange  belagert  habe,  anders  Ifige  die  sache,  wenn  diu 
oh$e8iam  dastftnde;  aber  die  hss.  bieten  übereinstimmend  diu  ob* 
sidens,  man  kann,  meine  icb,  bei  genauer  beachtung  des  Wortlauts 
nieht  lange  darüber  im  sweifel  sein,  dasz  diu  nieht  Ton  Eutropius, 
sondern  von  irgend  einem  sciolns  herrühre,  denn  wollte  man  auoh 
sa  imgunsten  des  autors  annehmen,  er  habe  aus  der  darstellung  dea 
Linus,  die  an  ausführlichkeit  und  verstSndlichkeit  nichts  zu  wün- 
schen übrig  Ifiszt,  herausgelesen  dass  die  vergeblichen  kftmple  gegen 
Veji  nicht  Tor,  sondern  unter  der  dictatur  des  Camillus  statt- 
gefunden hfttten:  so  wird  man  ihm  doch  gewis  nicht  die  wider- 
Biimige  behauptung  zutrauen  dürfen,  dasz  ein  feldherr  die  stadt 
bald  erobert  habe,  die  er  lange  belagerte,  bedürfte  Eutropius  noch 
eines  anwalte,  so  kOnnte  als  solcher  Paeanius  fungieren,  dessen  über- 
Mtiung  lautet:  cIkoci  hk  Gcrepov  rautric  Tffc  fiäx^c  ^viauroic  B^€ioi 
iidXiv  ^Ktviicav  Tdv  iröXc^ov  xal  xciporoveiTai  kot*  aöri&v  btKxd- 
Tuip  <i»oupioc  Kd^iXXoc,  öc  irpörcpov  ^^v  atjTouc  KorciroX^^ilce. 
Iirrd  ToCra  M  Tf|V  rröXiv  TrcpiKaOicac  xal  aini\y  etXev,  dpxatord- 

TI1V  T€  Tffc  'iTOXfoC  Ka\  TOIC  TTfiClV  ä<pOOVUITdT11V. 

2)  n  6  tum  se  Marcus  Voierius  tribunus  mäikim  obttM^  ä  cum 

prcotwiBset  armaius^  corvua  et  aupra  dextrum  bradüum  sedU.  mo» 

commissa  oöMßrwm  OtijiSiMHk  pugna  idcm  carvus  dUa  ek  ungmbus  QäOi 

oeuUm verberavUy  ne rectum pcssäaspicere.  itaatribuno  Yälerio inter- 

ftdus  non  solum  vidariam  ei,  sed  äiam  fiomen  dedit,   nam  pcstea 

uiem  Corwfnus  est  didue.  so  ist  in  den  besten  hss.  zu  lesen,  und  alle 

«osgaben  halten  (abgesehen  Ton  CorvinuSy  statt  dessen  einige  Corvua 

lesen)  daian  fest,    trotzdem  erachte  ich  wenn  irgend  eine  stelle  des 

Eutropius,  so  diese  für  corrupt,  und  zwar  finde  ich  die  verderbtheit 

in  den  worten  üa  a  tribuno  Välerio  interfeäus  nan  solum  vUioriam 

Of  sed  eüaim  nomcn  dedU.    das  subject  zu  dedU  kann  kein  anderes 

stm  als  cartms,  das  wftre  an  sich  klar,  auch  wenn  es  nicht  durch  den 

folgenden  aatz  nam  pastea  idem  Corvmus  est  didue  noch  besonders 

bestitigt  würde,    wären  nun  die  beanstandeten  werte  so  und  nicht 

Anders  ans  der  feder  des  Eutr.  geflossen,  so  dürften  wir  dem  als  pari 

sich  daretellenden  inierfedua  kein  anderes  beziehungswort  vindi- 

eieren  als  dus  subjeet  zu  dedU  —  carvus^  und  es  wftre  uns  von  Eutr. 

die  abenteuerliche  mftr  aufgetischt,  dasz  M.  Valerius  den  —  raben 

getötet  liabe.  ohne  zweifei  war  auch  nach  seiner  aufiassung  deijenige 

der  getötet  wurde  der  Gallier,  ebenso  gewis  wie  er  als  denjenigen« 

f«r  clMt«  phUoU  1879  hft.  9.  4t 


642  RDoncker:  zu  Eotropias. 

der  dem  M.  Valerias  den  sieg  und  namen  gab ,  den  raben  bmstellen 
wollte,  ist  nun  das  beziehttngswort  zn  ifUerfedus  nicht  identisch  mit 
dem  subjecte  zu  dedii^  so  kann  es  anch  nicht  zn  dem  satze  geliOren, 
dessen  prftdicat  dedU  ist.  die  worte  ita  a  trihuno  VaHerio  inierfeäus 
non  sokim  victoriam  ei,  sed  etiam  nomen  deäiSt  gehören  mithin  nicht 
6inem  satze  an,  sondern  sind  anf  zwei  zu  verteilen.  Ton  diesen  lan- 
tet  der  erstere:  üa  a  Mbuno  VaHerio  interfectus  (sc.  est),  ftlr  den  an- 
dern bleiben  die  worte  übrig :  non  sokim  vidoricsm  et,  sed  etiamnomen 
dedU.  das  subjeet  zu  dedU  kann,^  wie  wir  sahen,  nur  corvus  sein;  es 
steht  aber  nicht  da,  auch  kann  es  aus  dem  vorhergehend»  satze 
Ua  a  tnbuno  Vakrio  interfectus  nicht  ergftnzt  werden:  folglich 
musz  Entr.  notwendig  dasselbe  ausdrücklich  hinzngefligt  haben, 
es  kann  nach  meinem  dafürhalten  gar  keinem  zweifei  unterliegen 
dasz  Eutr.  schrieb:  eorvus  non  sölum  victoriam  ei,  sedeHammh 
men  dedU. 

Als  Vermutung  stelle  ich  hin ,  dasz  das  versehen  —  sei  ea  Ton 
dem  betreffenden  abschreiber  selbst,  sei  es  von  einem  andern  —  ent« 
deckt  wurde,  dasz  das  ausgelassene  wort  oorviM  eingeschaltet,  dann 
aber  irrtümlicherweise  dem  vorangehenden  satze  eingefügt  worde^ 
der  jetzt  lautet :  mox  cofnmissa  adversum  GäOurn  pugna  idem  eorvus 
äUs  et  unguibus  GaUi  oculos  verberavit,  ne  reäumposset  aspicere.  das 
wort  cormts  ist  hier  nicht  nur  ganz  unnötig,  man  kann  sogar  anatosi 
daran  nehmen,  das  pronomen  idem  wird  nemlich  von  Eutr.  in  den 
allermeisten  f&llen  substantivisch  gebraucht  auszer  in  dem T0^ 
liegenden  satze  findet  sich  in  allen  zehn  büchem  des  Entr.  ein  ad- 
jectivischer  gebrauch  desselben  nur  noch  an  6iner  stelle  X  14  a  qun 
modicis  copiis  apud  Argenioratum  ChUiae  urhem  ingewtes  Akammnuh 
rum  eopiae  exstinctae  srmtj  rex  nobiUssimiM  captus,  CMUae  restMae. 
muUa  postea  per  eundem  lulianum  egregia  adversum  ha^haros 
gesta  swni  summotique  ultra  Bhenum  Qtrmani  et  fimbus  suis  Borna- 
num  imperium  restikttum,  warum  Eutr.  hier  nicht,  seinem  sonstigen 
sprachgebrauche  gemftsz,  per  eundem,  sondern  per  eundem  luUamm 
schrieb ,  dürfte  nicht  schwer  zu  errathen  sein.  Eutr.  hat  es  auf  eine 
verherlichung  des  Julianus  abgesehen,  und  diesem  zwecke  entspre- 
chen die  Worte  per  eundem  luUanum  weit  mehr  als  das  einfache  f(r 
eundem» 

Ob  sich  für  idem  eorvus  ein  anerkennungswerter  grond  finden 
l&szt,  warum  Eutr.  dem  sonst  so  beliebten  substantivischen  ge- 
brauche von  idem  hier  ungetreu  geworden  sei ,  bezweifle  ich  sehr, 
und  darum  nehme  ich  an  dasz  nicht  idem  eorvus,  sondern  idem  gf^ 
schrieben  worden  ist.  eine  bestätigung  meiner  Vermutung  finde  i<*t 
darin,  dasz  der  Oothanus  das  wort  eorvus  über  der  seile  bietet 

Ist  meine  ansieht,  dasz  zwischen  interfectus  und  non  sd»^ 
victoriam  usw.  das  wort  eorvus  vom  abschreiber  irrtümlich  aas- 
gelassen wurde  und  später  an  die  bezeichnete  falsche  stelle  gvrieib, 
ge^^ündet,  so  war  die  ursprüngliche  lesart:  mox  oommissa  advtrm^ 
QaUum  pugna  idem  älis  et  unguibus  GdUi  oculos  verberavii,  ne  rtftuf» 


BDoBcker:  sa  Eatropiua.  648 

fostet  aspieere,  Ua  a  iribwM  Vakrio  inierfeeius.   corvus  non  scHum 
pktmam  Visw. 

5)  TL  S  qui  cum  Bomam  rediisetf  QuüUo  Fäbio  Maxmo 
magistfü  equüum  quem  apud  exercüum  rdiqiut  praeee^,  ne  se  ab- 
mUepugnaret.  es  ist  m  lesen  redir et. 

4)  n  20  guinto  cmno  Pumci  hdU  quod  contra  Äfros  gerebaiur 
prnmm  Bomam  Qaio  DmlUo  et  Gnaeo  Oomdio  Asma  omayiiAbua  m 
•Mn  dMcaioeffiMt*  da  der  in  frage  stehende  krieg  als  ^pnnischer' 
Innreichend  gekennzeichnet  ist,  machen  sich  die  werte  quod  contra 
Äfiros  gerdniSwr  als  Itfstige  tautologie  fühlhar.  fOr  diese  ist  meines 
eraehlens  nicht  Entr.  yerantwortlioh  zu  machen,  die  Übersetzung 
dei Paeanins  lautet :  frei M it^mutiv toO  irpoT^pou  rrpöc  ''Aqppouc 
iroX^ou  usw.  danach  las  er:  gwMo  oAmoprimi  MIi  qiMd  contra 
Äfros gerebatwr^  wie  er  II  18  las:  oonira  Afiros  hdJtwm  suoceptum  est 
primuM  (irp6c  ''Aqppouc  o^urok  ö  irpörepoc  Kiveirai  nöXe^oc). 

6)  m  14  imHiapama  a  fratre  Hasdrübale  ambo  Sdpionee  qm 

per  mniUos  annospkiores  fiterant  mterfieiunturj  exeroUus  tarnen  integer 

MOfimt.    easu  emrn  magis  erant  quam  vkiute  decepti.  wenn  ein  feld- 

iierr  in  einen  hinterhalt  gerttth ,  so  kann  dies  geschehen  entweder 

ohne  sein  verschulden  — >  casu  —  oder  durch  sein  verschulden  — 

temeritate  —  oder  mehr  caeu  als  temeritate^  oder  endlich  mehr  ferne* 

rUate  als  easu.  die  handlungsweise  des  gegners,  mag  man  sie  milder 

oder  strenger  beurteilm,  ist  und  bleibt  eine  dolose,  eine  /rottf ,  sie 

ist  in  keinem  falle  eine  bethfttigung  der  eigenschaft,  die  der  Bömer 

mit  puriuB  beseichnete.   diese  documentiert  sich  in  der  feldschlachti 

nickt  beim  iallenlegen«    dass  Eutr.  nicht  virtute  decepti^  sondern 

timeriiate  deeepti  schrieb,  stellt  die  Übersetzung  des  Paeanius 

SQsisr  zweifei :  dvTcfiOev  t&  iv  Mcitaviaic  ^CTairiirrci  iTpdTfiaTOty  kqI 

ücniriuivec  ä|iq>ui  itdirouci  ^axöfi6vot  irpdc  'AcbpoOßav,  ol  noXXd- 

Ktc  auToO  KCxpcmiKÖTCC  -  t4»  CTpaT€u^aTi  bk  oäb€^(a  cuv^ßn  ßXdßi), 

iird  Kfld  ol  CTpaniTol  Ttixq  jiäXXov  f|TTTJOiicav  i^  t^  ncpl  töv  ttöXc- 

Mov  ^ql8u^iql.    Paeanius  bedient  sich  des  weitem  begriffes  firnfj* 

Oqcov.    hfttte  er  gelesen  virtute y  so  würde  er  es  sicher  durch  dv- 

bpclci  (vgl.  II  6  Tuiv  TToXiTiIiy  dvbpeCa)  oder  durch  irpoOu^iqi 

(TgL  n  27  TOCoOrnv  ^ircbcCEavTO  *Pui^a?oi  Tf|V  irpoGuMiav)  wieder- 

gegeben  haben,  ausdrücke  die  neben  f|mfi€hicav  ebenso  statthaft 

liiidi  wie  virtute  neben  deeepti  erant  unstatthaft  ist. 

Wenn  das  hier  Übel  angebrachte  virtute  bisher  unbeanstandet 
blieb,  so  nuig  dies  darin  seinen  grund  haben,  dasz  den  kritikem  beim 
lesen  der  von  Eutr.  gegebenen  unrichtigen  daratellung  des  that- 
bestandea  der  wahre  verlauf  der  katastrophe,  wie  er  von  Livius, 
Appianos  na.  erzählt  wird,  zu  lebhaft  vorschwebte,  und  sie  dem- 
gemlss  in  die  worte  unseres  textes  einen  sinn  hineininterpretierten, 
der  in  ihnen  nicht  liegt,  auch  nicht  liegen  kann.  Faber  bezog  com 
auf  den  nblall  der  Keltiberer  und  verstand  unsere  stelle  ungefthr  so: 
die  SoipioBen  kamen  mehr  in  folge  des  abfalls  der  Keltiberer  als 
dmeh  die  tH»£»rkeit  der  Karthager  ins  unglttck.   Havercamp  und 

41* 


644  EDuncker:  sa  EntropiuB. 

Yerheyk  Faszien  die  stelle  gerade  so  aaf ,  und  anob  ich  wttrde  miok 
Faber  gern  anscblieszen,  wenn  nur  nicht  dec^^  im  texte  stände,  mA 
€8  femer  nicht  zu  evident  wäre,  dasz  Eutropius  sich  die  aitas- 
tion  wesentlich  anders  yorstellte,  als  sie  in  wirklieh; 
keit  war.   ich  glaube  nicht  fehl  zu  gehen,  wenn  ich  als  die  qnslk, 
aus  derEutr.  hier  schöpfte,  den  Dion  bezeichne,  darf  man  aas  dem 
berichte  des  Zonaras  auf  den  Dions  schlieszen,  so  war  dieser  tUo^ 
dinge  so  mangelhaft,  dasz  man  dem  Entr.  die  falsche  TorsteUirngTCii 
der  spanischen  campagne  des  j.  212  nicht  zum  verbrechen  anrecfanoL 
kann,   was  wir  bei  Zonaras  auf  unser  thema  bezügliches  finden,  be- 
schränkt sich  auf  folgendes:  IX  5  ol  Ciairiuivec  öiupw  bubhmo . . 
Twv  CKiiriuivuiv  bk  OavövTuiv  Trfica  f|  Mßnpia  TerdpcncTO,  xai  o\  ^ 
Ikoxkxiuc  irpöc  touc  Kapxiiboviouc  dir^KXivav,  ol  bk  Kcd  dvoTM^- 
M6V01,  €l  Kai  dcT€pov  adOic  irpöc  touc  'PuiMaiouc  dn^vcucav.  IX  7 
ol  bk  iv  T^  *Pui^g  rdiov  KXoubiov  N^puiva  elc  Tf|v  'Ißnpiav  fttTd 
CTpomujTwv  £iie^i|iav.    kqi  8c  TrapcKO^icOii  nfr  vauriKq^  ikixpx  toO 
"Ißiipoc,   £v0a  Kai  td  Xomd  crpareäMaTa  eiäpT^Kiiic  im\Mi  r^ 
'Ac5pouß<|(.    lautete  der  bericht  Dions  ähnlich  —  und  ich  sehe  kei- 
nen grund  dies  nicht  anzunehmen  —  so  kann  man  aioh  wol  deakoi 
dasz  Eutr.  die  Sachlage  so  auffaszte:  die  Scipionen  kamen  um,  aber 
das  beer  blieb  intact  (Zonaras:  £v6a  Kai  t&  Xotird  cTpaTCuyiota  €v- 
pilKibc).    um  diese  auffällige  begebenheit  zu  erklären ,  stellte  &itr. 
eine  reflexion  ganz  allgemeiner  art  an,  in  der  weise  wie  ich  skia 
anfiang  dieses  abschnitts  niederschrieb,  und  wie  sie  sieh  jedem  anf- 
drängt,  dem  die  details  fehlen«   Eutr.  wüste  nichts  davon  dasi  die 
Keltiberer  von  den  Römern  abgefallen  waren,  nichts  davon  dasx 
diese  mit  den  Karthagern  blutig  gekämpft  hatten  und  von  ihnea  £tft 
gänzlich  aufgerieben  waren,    danach  ist  die  Interpretation  deQeniga 
zu  beurteilen,  die  easu  auf  den  abfall  der  Keltiberer  nnd  «wMe  sof 
die  action  der  Karthager  glauben  beziehen  zu  kOnnen. 

6)  III 20  is  in  Afirica  contra  HannonemduoemAfivrumptigiMi: 
exercUum  eius  interfecU.  die  redensart  exercüum  interfioere  erimwi« 
ich  mich  sonst  nicht  gelesen  zu  haben,  auszer  an  der  von  den  leiiko- 
graphen  citierten  stelle  des  Cornelius  Nepos  Arist.  2  idem  praäer 
fuU  Atheniensktm  apud  Plataeas  in  proeHo^  quo  Mardommt  fium 
harbarorumque  exercitus  interfeäus  est.  sobald  hier  die  von  HsIa 
wol  erwähnte,  aber  nicht  aufgenommene  emendation  Kellerbanen 
die  anerkennung  gefunden  hal^n  wird,  die  ihr  gebtthrt,  wird  diese 
belegstelle  aufgehört  haben  zu  existieren.  Nepos  schrieb  nemlichui- 
sweifelhaft:  mproeUo,  quo  Mardonius  interfectus  bnurbmünm 
que  exercitus  fusus  est.  einen  ersatz  für  die  verlorene  beiegsftdlo 
würde  unsere  stelle  abgeben,  wenn  sie  unverderbt  überliefert  wir». 
indessen  scheint  sie  mir  in  hohem  grade  eorrupt  zu  sein,  so  aig  den 
ich  kaum  hoffen  darf  die  ursprüngliche  lesart  hemistellett.  jedodt 
kann  ein  versuch  nicht  schaden,  die  Übersetzung  des  Paeanios  laa* 
tet :  Tf)c  odv  'Aq>piKf)c  dirißdc  ''Avvujvi  cuv^üEc  Tifi  CTpaTi|T4^  ^ 
irpoT^pqi  pkv  cu^TTXoKQ  Tfjv  crpoTciav  adröO  bUqiScipc  iroviuXc6pif 


RDunoker:  lu  Eatropiua.  645 

ich  füge  die  betreffende  stelle  des  Orosine  hinzu,  der  offenbar  den 
Sntr.  vor  sogen  hatte  und  sich  eng  an  den  Wortlaut  desselben  an- 
sehlosz:  Sdpio . .  in  Afirieam  transiü^  Änmanem  Amücaris  ßmm^ 
dueem  Foenarumy  MerfecU,  exercUum  eius  partim  eaede  partim  capti" 
vüaU  disperdidü  (lY  18).  Paeanios  schreibt:  tt^c  oOv  'A<ppiKf)c  im- 
ßdCy  Orosios:  im  Äfricam  tranant^  die  besten  hss.  des  Eutr»  bieten: 
•n  Afrieamy  nicht  in  Africa:  daraus  glaube  ich  den  schlusz  ziehen 
sn  dürfen,  dasz  Eutropius  schrieb:  in  Äfricam  tramiit  (der sehr 
illditigB  abschreiber  schrieb  statt  tu  Äfricam  trunsüt  Hannonem  — 
Ml  Afirieamcam  trannonem;  aus  camtrannonem  machte  man  dann 
can^a  Ännanem  oder  Hannonem).  ist  dies  richtig,  so  ist  Hannonem 
aioht  von  einer  prttp.  regiert,  sondern  object  zu  einem  verbum.  bei 
Orosias  ist  es  object  zu  interfecU.  es  ist  von  der  grOsten  Wichtigkeit 
für  unsere  stelle,  dasz  Orosius  ebenfalls  interfecit  bietet,  aber  nicht 
exeräkmi  interfeeU^  sondern  Ännonem  inUrfeeä.  dann  fKhrt  Orosius 
fort:  eseretfwm eius  .  .  dieperdidit.  Paeanius  schreibt:  Tf|v  crparciav 
cri^TOÖ  bUq>Ocip€  TrovuiXcOpiqi.  ebenso  fibersetzt  er  lY  13  od  inter- 
neeionem  vioU.  iniemedo  und  iravwXeOpia  sind  zwei  sich  ToUstän* 
dig  deckende  begriffe,  da  kann  die  Vermutung  platz  greifen,  dasz 
Paaanius  in  seiner  hs.  des  Eutr.  las:  intemecUme  vicU*  es  erübrigt 
■och  mit  pugna^  sich  abzufinden,  in  dieser  form  ist  es  für  mich  nicht 
bFauchbar,  pugnans^  was  der  Monaoensis  bietet,  ebensowenig,  ich 
snebe  bilfe  bei  Paeanius.  er  schreibt:  TTpOT^pqi  \xlv  cu^ttXoicQ.  wie 
wftre  ee,  wenn  statt  Äfrcrum  pugnat  gelesen  würde:  Äfrorum 
prior e  pugna?  (der  folgende  satz  beginnt  secundo  prodio.)  ich 
bin  mit  meinen  Vermutungen  zu  ende,  ich  fasse  sie  zusammen ,  in- 
dem ich  als  den  Wortlaut,  wie  er  vielleicht  aus  der  feder  des  Eutr. 
floes,  folgenden  hinstelle:  is  in  Äfricam  transüt^  Hannonem  ducem 
Afirorum  priore  pugna  interfeeU^  exercitum  eius  intemedone  vidi. 

7)  IV  4  Ludo  Oomdio  Sdpione  d  Gaio  Ladio  consuUbua  Sc^ 
Afirieamts  firatri  suo  Ludo  Coimdio  Sdpiani  consuli  legaJtus  contra 
AmHoduum  profedus  est,  es  ist  wol  zu  lesen:  consuU  Ugaius  datu8 
eonira  Äniiochum  profedus  est.  IL  9  lesen  wir:  postea  cumpater  ei 
Fäbius  Mäsimus  legattM  datus  fuissd,  d  Samnites  mcU  d  plurima 
yeonmi  oppida  oepUy  und  in  der  überseixang  des  Paeanius:  XrJTOtTOC 

4t  oönf^  xcipOTOvndclc  ö  TTorfip  Oäßioc  £v(kiic^  tc  touc  Ca^v(- 
lac  KoA  noXXdc  atinrulv  iröXeic  eIXev.  die  Übersetzung  unserer  stelle 
Uniit:  toütouc  biab^xovrai  touc  ärrdrouc  AouKtoc  KopvrjXioc 
GciprUiiv  (dbcXcpic  iaiv  toO  kXtiO^vtoc  'A<pptKavoO  Kai  6  db€X<pöc 
oirtC^  XCipoTOvetTai  X/JTaTOc)  xal  Tdioc  AaiXioc. 

8)  y  6  interea  diam  Äthenae  dvitas  Ächaiae  ab  Äridone  Äthe- 
MieM»  MUhridaiti  tradUa  ed.  wenn  wir  uns  auch  den  kaiser  Valens 
ab  einen  belehrungsbedürftigen  jungen  mann  vorzustellen  haben,  so 
werden  wir  uns  doch  die  fivge  vorlegen  müssen ,  ob  Eutr.  es  wol 
wirklidi  für  geboten  oder  schicklich  erachten  konnte,  seinen  kaiser- 
lldien  günner  darüber  zu  belehren,  wo  Athen  zu  suchen  sei,  Athen 

idb,  die  'zweite  heimat  der  Bümer*,  wie  es  ECurtius  in  einer 


646  BDuncker:  zu  Eutropius. 

seiner  festreden  treffend  nennt,  der  nackte  zusatz  civitoa  ibÜMiae  er- 
seheint mir  überaas  absurd,  aber  Paeaniua  sohreibt:  irpoccT^Or)  bt 
onJTtf)  Kai  f|  TUJV  'AOnvCuv  ttöXic    dies  ist  mir  beweis  genug  ddf&r, 
dasz  Entr.  schrieb  Aihenae  dtnto,  nicht  Athenae  ckntas  Ächaiae, 
Seit  Sjlburgs  abfälliger  beurteünng  des  Paeanius  sdnint  es 
zum  guten  tone  zu  gehören,  denselben  bei  der  kritik  des  EatroiAOS 
möglichst  unbertLcksichtigt  zu  lassen.  Hartel  (^Eutropius  und  Pudu 
Diaconus'  s.  66)  thut  sich  sichtlich  etwas  darauf  zu  gate,  dasier 
*so  wol  bezeugte  fehler  wie  Teutomodua  statt  Teutobodus  oft.  issa 
Eutr.  auf  die  rechnung  zu  setzen  sich  verstattete'.    aber  PaMnios 
schreibt  TeuTÖßobov.    da  wird  Eutr.  wol  nicht  geschrieben  haben 
Teutomodus.  II 19  liest  man  in  allen  ausgaben:   Väkrio  Marmd 
Otacäio  consuUbtAS.  Paeanius  schreibt:  OOaXdpioc  MdpKOCKoi'QTa- 
xiXioc  K  p  ä  c  0  c  unaTOi.  und  so  lieszen  sich  wol  dutzende  Ton  steliea 
anfahren,  bei  denen  eine  vorurteilsfreie  benutzung  des  Paeanius  nicbt 
ohne  ertrag  sein  dttrfte.*    ich  verspare  es  mir  auf  eine  sptttere  leit, 
den  wert  des  Paeanius  für  die  kritik  des  Eutropius  eingehender  ra 
besprechen,    hier  will  ich,  im  anschlusz  an  unsere  stelle,  lediglich 
prfiüfen,  ob  die  Übersetzung  des  Paeanius  da  beachtung  verdient,  wo 
sie  stellen  wiedergibt,  an  denen  Eutr.  die  läge  von  stAdten,  flecken 
oder  gebieten  durch  angäbe  der  länder  oder  landschaffcen ,  denen  m 
angehören,  näher  bestimmt,    ich  habe  unter  bertlcksiohtigiuig  der 
drei  gröszeren  Ittcken  im  texte  des  Paeanius  mir  deren  40  notiert, 
und  zwar:  I  15.  20;  H  14.  21.  27.  28;  III  7.  10.  12.  15.  18;  IV  4 
(2  mal).  6.  14.  17.  21.  23;  V  6;  VI  3.  8.  14  (2  mal);  VU  3.  7.  8. 
19;  Vm  2  (2  mal).  3.  5.  6.  10.  18.  20;  IX  2.  4.  18;  X  1.  9.  m 
31  stellen  gibt  Paeanius  die  dem  texte  des  Eutr.  entsprechende  Aber 
Setzung,    an  2  gleichlautenden  stellen  (VIII  2  und  6  JBaMoac  m 
Hispania)  hat  er  den  Eutr.  misverstanden.    an  7  stellen  fehlt  die  an- 
gäbe des  landes,  nemlich  11 14  (apud  Argos  Crraedae  civ9iaiem)\  FV  4 
{Eumeniam  in  Phrygia) ;  IV  17  {NumafUinis^  quae  HupamaeckfUas 
fuU  apiOefUissimä) ;  IV  21  {Carthago  in  Africa);  V  6  {AiMenaeeknUu 

*  nachdem  ich  diese  abhandlnng  bereits  beendet  hatte,  erhielt  ich 
den  zweiten  hand  der  'monnmenta  Gemaniae  historioa%  enthaltend 
'Entropi  breTiarinm  com  versionibus  et  continaationibos*  herassgefehea 
von  HOrojsen.  in  dem  prooemium  9.  XXIY  findet  aich  fol|^def 
•atz:  *interpolavit  qaoqae  (Paeanius),  e  Dione  fortasse,  Cratai  noment 
codicibus  Latinis  aliennm  38,  10,  ubi  legit  OöaX^pioc  fA&pKOC  Kai  "Qro- 
K(Xtoc  Kpdcoc,  Latini  libri  Valerio  Marco  et  Otacilio,^  ich  mnss  gestebea 
dass  diese  behanptang  mich  recht  überrascht  hat,  wenn  aueh  aicht  ia 
d^m  grade  wie  eine  zweite,  kurz  vorher  anfgestellte,  die  beha«ptiui£ 
nemlich,  dasz  die  teilong  der  Eutropias-hss.  in  die  famiUea  A  nnd  B 
bis  zu  den  Zeiten  des  Entr.  selbst  hinaufreiche,  dasz  Paeaaios  au 
Dion  einige  notizen  entnommen  und  mit  seiner  metaphrase  verflocbtca 
habe,  kann  bis  jetzt  nicht  als  ein  sicheres  resnltat  der  forsehtug  geltes, 
wie  ESchulze  (Philol.  XXIX  298),  Droysen  und  wol  aach  andere  metaaa. 
die  von  jenem  gelehrten  aufgestellte  hjpothese  l&szt,  bei  der  akiueA- 
artigen  begründung  die  sie  erfahren,  manchen  bedenken  räum,  dabar 
ist  es  nicht  zu  billigen,  wenn  dieselbe  neuen  hypothesen  ohne  weltetts 
KU  gründe  gelegt  wird. 


BDuncker:  za  Entropius«  647 

Ackaiae)j  VI  3  {Corycum  Oaiciae)^  YH  19  {Hierosolyma,  quae  fM 
iirto  fioUUmma  Fdaestinae).  über  die  stelle  VI  3  {Corycwm  OiUckke) 
werde  ich  onten  aoBitUurlicher  sprechen,  ich  werde  dort  nachweisen 
datt  Cüieiae  ein  sinnentstellendes  glossem  ist«  weniger  umständlich 
Hast  das  einflicken  lederner  Weisheit  an  den  stellen  IV  21  {Ckirthago 
m  Afirica)  und  VH  19  (Hierosofymai  quae  fuU  urhs  nohiUsskna 
Falaestmae)  sich  zeigen,  dreizehnmal  wird  das  afrieanische  Kar- 
thago genannt:  zwClfmal  ohne  angäbe  des  erdteils  in  dem  es  liegt, 
an  dar  dreizehnten  und  letzten  stelle  finden  wir  den  zosatz  in  Äfricc^ 
ohne  dasz  eine  yerwechselang  mit  dem  spanischen  Karthago  audi  nur 
mdglioh  wftre.  die  stelle  laatet:  Lucio  CaedUo  MäeUo  ä  Tito  Quin* 
Ho  Flamumno  consuUbus  Carthago  in  Africa  iussu  senatm  reparaia 
€Si  quae  nunc  mand^  annis  duobua  et  f?iginH  postquam  a  Sdpione 
/uerat  eversa.  wenn  IQ  15  zu  CarÜuigincm  hinzugefOgt  wird  Hispa- 
fNOdy  SO  ist  das  ganz  in  der  Ordnung,  dagegen  ist  der  zusats  m  Africa 
an  unserer  stelle  geradezu  abgeschmackt,  ich  wende  mich  zu  der 
stelle  Vn  19  st$b  hoc  ludaeaBomano  accessit  i$nperio  et  Hieroscijfma^ 
fuae  fuU  urhs  nohüissima  Faiaestinae.  wie  Eutropius  Jerusalem 
aiher  bezeichnet,  ersehen  wir  aus  VI  14  inde  ad  ludaeam.  transgreasus 
i7ier0«(%ma  capui  gentis  tertio  mense  cepü,  dasz  er,  während 
ludaea  unmittelbar  dabei  steht,  die  nähere  bestimmung  qiute  fuit 
urbs ncbiUssima  Falaestinae  sich  erspart  haben  wird,  bedarf  wol 
keiner  weitem  erörterung.  es  bleiben  noch  zu  betrachten  die  stellen 
II  14  eKfud  Jirgas  Oraeäae  dvitatem;  IV  4  Eumemam  in  FJurggia^ 
IV  17  Numa/ntims^  quae  Hiepamae  dviiae  fuU  opulentisskna  ("die 
aielle  V  6  Mhenae  civiiae  Achaiae  erachte  ich  fttr  erledigt),  man 
kaim  nicht  behaupten  dasz  die  angeführten  näheren  bestimmungen 
nniMABend,  aber  anch  nicht  dasz  sie  unentbehrlich  seien,  wenn  es 
aoaiar  Eumenia  in  Phrjgien  auch  noch  eine  stadt  gleiches  namens 
in  Moesien  gab,  so  ist  eine  Verwechselung  dieser  mit  jener  doch  nicht 
zn  befürchten,  ebenso  wenig  erfordern  die  beiden  andern  Städte 
«ine  angäbe  ihrer  geographischen  läge,  unter  diesen  umständen  läazt 
die  frage,  ob  Paeanius  die  gedachten  näheren  bestimmungen  bei 
Entropina  las,  sich  nicht  endgültig  entscheiden,  wahrscheinlich 
ist  eSt  dasz  er  sie  nicht  las.  Paeanius  berichtet  getreulich  (sogar 
sweimal)  dasz  Veji  achtzehn,  Fidenae  sechs  meilen  von  Bom  ent- 
fernt lag,  dasz  die  entfemung  von  Bom  bis  Ardea  achtzehn  meilen 
betrug,  dasz  das  lager  des  Pogipejus  von  Artaxata  sechzehn  meilen 
ablag  usw.  es  sind  dies  alles  angaben,  die  für  seinen  leserkreis 
wenig  Interesse  haben  mochten;  dennoch  liesz  er  sie  nicht  bei  seite, 
weil  er  sie  bei  Eutropius  vorfand,  angesichts  einer  solchen 
Sorgfalt  bei  der  wiedergäbe  die  Ortlichkeit  kennzeichnender  attribute 
darf  man  wol  annehmen,  dasz  er  auch  die  hier  in  frage  stehenden 
berllckBichtigt  haben  wflrde,  wenn  Eutr.  sie  bot.  indessen  liegt  ea 
mir  fem  dieselben  aus  dem  texte  des  Eutr.  zu  streichen,  denn  sie 
▼  erschleohtern  ihn  nicht,  es  ist  ja  auch  mOglich,  dasz  sie  ur- 
sprOnglich  im  texte  des  Paeanius  vorhanden  waren,  aber  im  lanfe 


648  BDuncker:  zu  Eatropius. 

der  Jahrhunderte  yerloren  giengen,  wie  ib«  bei  Eair.  X  4  hintor 
Tarsum  die  nähere  bestimmong  Ciliciae  untergieng,  deren  einst- 
malige existenz  Paeanius  bezeugt,    ganz  entschieden  aber  mflssen 
die  Zusätze  in  Äfrica  (IV  21),  Ächaiae  (Y  6),  quae  fuU  urbs  nM- 
hssima  FoXaestmae  (Vn  19)  aus  dem  texte  des  Eutr.  entfernt  wer- 
den,   es  sind  dies  einige  yon  den  vielen  zus&tzen,  mit  denen  hoch* 
weise  magister  sich  an  Eutr.  versündigt  haben.  Hartel  sagt  (%tro- 
pius  und  Paulus  Diaconus'  s.  40) :  'am  wenigsten  hat  der  text  Eatrops 
durch  willkürliche  zusätze  gelitten.'  es  ist  dies  eine  behauptoig  fttr 
die  der  beweis  wol  etwas  schwierig  sein  dürfte,   es  wftre  ja  etwas 
ganz  wunderbares,  wenn  ein  Schriftsteller,  der  in  den  schalende» 
mittelalters  wacker  tractiert  wurde,  etwa  ftlnf  Jahrhunderte  lang  (dh. 
bis  zur  herstellung  des  Gothanus)  sich  frei  von  sohulmeisterlicbra 
vervollkomnungen  gehalten  hätte,    es  möge  hier  auf  einige  stellen 
hingewiesen  werden,  von  denen  ich  ganz  sicher  glaube  dasz  sie  nicht 
vermeintliche,  sondern  wirkliche  glosseme  sind ,  stellen  über  denn 
natur  man  sich  leicht  orientieren  kann,    ich  hatte  sie  in  meinem 
exemplar  des  Eutr.  eingeklammert,  bevor  ich  den  Paeanius  zu  ge- 
siebt bekam,  bei  späterer  einsieht  desselben  fand  ich,  wie  ich  vonns- 
gesetzt  hatte,  eine  Übersetzung  derselben  bei  ihm  nicht  vor.  die  *will- 
kürlichen  zusätze'  sind  in  klammem  eingeschlossen:  lY  3  hmcAs^ 
Hocho  Hannibäl  se  iunxerai ....  4  HamU/bal  [qui  eumAnüodio  erat] 
navdli  jprodio  victtM  est,  VI  8  susce^us  tarnen  est  MUhridates  poiit 
fugam  a  Tigrane  Anneniae  rege^  qui  tum  ingenti  ghriß  tmperobäy 
Fersas  saepe  vicerat^  Me»)potamiam  occupaverat  et  S^riam  et  Phoe- 
mcespariem,  9  ergo  LucUUus  repäens  hostem  fugatum  etiam  regi^um 
Tigranis  [qui  Armeniis  imperabat]  ingressus  est.  VII  6  Antomusq» 
Asiam et  Orientem  tenehatrepudiatasarare  Caesaris ÄugusHOeUmam 
Cleopatram  reginam  ÄegypH  duxU  uxorem  ....  7  Ate  quoque  M^eitf 
beSum  cmle  commovit  cogente  uxore  Cleopatra  [regina  Aegypti]^  diMi 
cupidüate  mtdiebri  optat  etiam  in  urbe  regnare.   Vn  8  üa  häUs  Mo 
orbe  confeäis  Odavianus  Augustus  Bomam  rediü  duodedmo  (mmo 
quam  constd  fueraU  ex  eo  rem  püblicamper  quadraginta  et  qtiatiwr 
annos  sdlus  obtinuit.    ante  enim  [duodecim  annis]  cum  Antamo  H 
Lepido  tenuerat,  VII 12  successit  ei  Oaius  Caesar  oognomento  CaU- 
gtda,  Drusi  privigni  Augusti  et  ipsius  Tiberi  nepos  ....  13  post  kunc 
Claudius  fuü^  patruus  CaZt^uZo«,  Drusi  qui  apud  MoganOacum  mtmur 
mentum  habet  ßius^  [cuius  et  Caliguta  nepos  erat]. 

9)  VI  3  od  Oüiciam  et  Famphyliam  rmssus  est  FMsus  Serväius 
ex  consule^  vir  strenuus.  CiUciam  subegii^  Lydae  urbes  cUuissimtts 
appugnavit  et  cepit,  in  his  FhaseUda  Ol^pum  Ccrycum  Oäieiae,  be- 
reits Norisins  (Cenotaphia  Pis.  I  s.  303)  hat  mit  bezugnahme  aof  Sti»- 
bon  XIV  666  (dv  TOUTOtc  b"  ictXy  f[  t€  KpäMßouca  Kai  6  ""OXi^iroc 
TiöXic  iiv(&\j\  Ka\  dpoc  ö^iAivu^ov,  8  kqI  <t>oivtKOöc  KGtXciTot.  cItb 
KtbpUKOC  aiTiaXöc.  Uta  4>acT)Xk  Tpctc  Ix^uca  Xl^^vac  new.)  nach- 
gewiesen, dasz  Bervilius  nicht  Korykos  in  Eilikien,  sondern  die  in 
Lykien,  zwischen  Olympos  und  Pfaaselis,  gelegene  festung  gleiches 


BDonoker:  %u  EnteopiaB.  649 

Bttiieiis  erobert  habe,  und  unsere  historiker  sind  wol  alle  darüber 
einig,  dasx  das  in  frage  stehende  Eorykos  kein  anderes  sei  als  das* 
jenige,  in  dem  der  Ijkische  piratenbänptling  Zeniketes,  ebenso  wie 
iaOlympos  nnd  Phaseiis,  sein  arges  wesen  trieb,  wenn  gleichwol 
die  hgg.  des  Entr.  bis  anf  Hartel  und  Droysen  herab  an  der  lesart 
Confeim  Cilieia$  festhalten,  so  kffnnen  sie  das  nnr  in  der  yorans- 
sefcräag,  dasz  Eatropias  in  folge  unzureichenden  historischen  oder 
geographischen  Wissens  eine  unrichtige  darstellung  der  thaten  des 
SerriUns  gegeben  habe,  es  is^  ja  wahr,  dasz  unser  antor  in  sach* 
lieher  wie  chronologischer  hinsieht  nicht  selten  das  richtige  verfehlt 
bat,  und  so  ist  es  an  sich  nicht  unwahrscheinlich,  dasz  er  auch  hier 
neh  geirrt  habe,  um  so  weniger  als  unmittelbar  vorher  gesagt  i8t> 
dtts  Servilius  Eilikien  unterjocht  habe,  und  femer  Eorykos  in  Eili- 
kien  als  blflhende  handelsstadt  allgemein  bekannter  sein  mochte  als 
die  gleichnamige,  von  Servilius  zerstörte  stadt  Lykiens.  indessen 
sehen  wir  uns  doch  die  worte  des  textes  genauer  an :  lAfdae  urhes 
danrnmoB  qppugnavü  et  cepü^  in  his  Phasdidem  Olffmpwm  Corycum 
OiHäae*  angesichts  dieser  worte  kommt  die  frage :  war  dem  Eutro- 
pios  gedachter  irrtum  zuzutrauen?  erst  in  zweiter  linie  oder  viel- 
laehr  gar  nicht  in  betracht.  die  frage,  deren  beantwortung  uns  allein 
iof  das  richtige  (Uhren  kann,  lautet:  war  Eutropius  ein  so  unklarer 
köpf,  dasz  er  eine  stadt  Eilikiens  in  6iner  reihe  mit  Phaseiis  und 
Olympos  unter  die  Lyeiae  urhes  darissimaa  rechnen  konnte?  wenn 
heutzutage  jemand  im  ernst  behaupten  wollte,  dasz  Greifenberg  in 
Pommern  eine  stadt  Schlesiens  sei  oder  umgekehrt,  so  würden  wir 
ihn  Atr  unsurechnungsftlhig  erklären,  dem  gleichen  urteil  Aber  Eutr. 
können  sich  diq'enigen  nicht  entziehen ,  welche  an  der  lesart  Cond- 
om Cilieiae  festhalten,  ich  stimme  dafür  dasz  (XUeiae  als  ge- 
dankenloses und  sinnentstellendes  glossem  aus  dem  texte  entfernt 
verde,   weder  Paeanius  noch  Orosius  haben  es  gekannt. 

10)  VI  17  GaSUae  auUm  itiMi  nomine  annuum  imperavü  sesUr- 
^NN»  fiMänmgenUes.  anmmm  kann  der  form  nach  substantivum  und 
ftdjectivum  sein,  da  das  substantivum  stets  *^jahrgehalt',  nie  *^jShr- 
liclie  abgäbe*  bedeutet,  so  passt  es  nicht  in  den  sinn  dieser  stelle. 
omnmmm  ist  daher  a^jectivum,  und  dazu  zu  ergänzen  tfüMum.  za 
ftbenetsen  ist  die  stelle  also:  ^Gallien  legte  er  unter  dem  namen 
eaes  tribntes  einen  jährlichen  tribut  von  40  millionen  sestertien 
sot'  wanim  drückte  sich  Eutr.  so  über  alle  maszen  unbeholfen  aus? 
varum  aefarieb  er  statt  tributi  nomine  annuum  nicht  einfach  trUnäum 
semiMei?  die  den  rOmischen  provinzen  auferlegten  regelmftszigen 
etenem  hiessen  bekanntlich  sti^pendium.  gegen  das  ende  der  republik 
erhielten  sie  den  namen  MMum.  diese  namensftnderung  soll  an 
nnserer  stelle  zum  ausdruck  kommen;  sie  musz  aber  von  allen,  die 
dieselbe  nicht  bereite  anderswoher  kennen ,  unverstanden  bleiben, 
um  sie  verstlndlich  zu  machen,  bedurfte  es  neben  der  nennung  des 
neuen  namens  tribuium  auch  der  angäbe  des  alten  sUpendium.  es 
fragt  sieh  nnn :  hat  Etitr.  das  was  er  sagen  wollte  so  ausgedrückt, 


650  BDunoker:  zu  Eutropius. 

4b8z  es  nicht  za  verstehen  ist,  oder  hat  er  es  verständlich  ausgedruckt) 
und  sind  seine  werte  uns  corrupt  überliefert?    ich  bedenke  mich 
nicht  den  ersten  teil  der  frage  zu  verneinen  niid  den  zweiten  tu  be« 
jähen,    die  quelle  des  Eutropius  ist  hier  Säet  d.  Julius  25  cmmm 
GtMam  .  .  in  pravinäae  formam  redegU  eique  quadringetiäes  tu  sm- 
guU>8  annos  stipenäü  nomine  imposuÜ.  hiemach  hätte  Caesar  der  ab- 
gäbe der  provinzbewohner  nicht  den  namen  Uibutium^  sondera  s^ 
pendiwin  beigelegt.    Saetonius  sollte  nicht  gewost  haben,  dandie 
bezeichnnng  Stipendium  für  die  von  den  provincialen  zu  zahlenden 
steuern  ebenso  alt  war  wie  diese  selbst?   dieser  ^soriptor  cohoeus' 
sollte  sich  hier  in  hohem  grade  ^incuriosns'  erweisen?   es  scheint 
mir  ganz  zweifellos  zu  sein,  dasz  Suetonius   schrieb:  ti^  gna- 
dringentiea  in  singülos  annos  Stipendium  trihuti  nomine  im- 
posuU.    für  die  richtigkeit  taeiner  coiyectur  zeugt  Entropios,  denn 
er  las  nicht  stipendU  nominCy  sondern  tributi  nomine.  verhKlt  sich 
dies  80,  dann  ist  es  mehr  als  wahrscheinlich ,  dasz  der  ursprüngliche 
Wortlaut  unserer  stelle  folgender  war:  QvUiae  au^em  tribuänmmt 
annuum  imperavU  Stipendium  quadringenties. 

11)  VI  23  duces  autem  Eomani  erani  Fuhkus  Comdiiu  Sapio 
ex  genere  aniiquissimuo  Se^^nonis  Africam  {hie  etiam  socer  Fmpn 
fuer(U)j  Marcus  Fe^eius^  Quinius  VaruSy  Marcus  Fordm  Cäto, 
Lttcius  Cornelius  Faustus  SuUae  didaioris  ßms,  conira  hos  eommissu 
prodio  post  muüas  dimicaiianes  viäor  fuü  Caesar.  Cato  Sapuf 
Fetreius  luha  ipsi  se  oedderunt.  FatAshiS  Suüae  ^[uandam  didaishi 
fiUuSy  Fompei  gener  a  Caesare  imiterfedus  est*  um  eine  \aduX  on- 
angenehm  berührende  Wiederholung  zu  beseitigen,  haben  die  fiAkeren 
hgg.  den  zusatz  Suüae  didaioris  ßius  bald  an  erster  bald  an  zweiter 
stelle  eingeklammert  oder  gestrichen.  Droysen  hat  die  vulgaU  un- 
verändert wiedergegeben  und  sich  sicherlich  damit  die  anerkennuog 
Harteis  erworben ,  der  in  seiner  ausgäbe  den  zusatz  mit  ignorienmg 
des  Paeanius  an  erster  stelle  einklammerte,  diesen  schritt  aber  später 
(Eutr.  u.  P.  Diao.  s.  25)  revoeierte,  weil  Oapito  den  ansats  zweimAi 
las.  Paeanius,  der  Zeitgenosse  des  Eutr.  (s.  Hartel  ao«  a.  9),  bietet 
ihn  nur  Einmal  (nemlich  an  erster  stelle),  Gapito,  der  gegen  16U 
jähre  später  lebte  (ao.  s.  11);  bietet  ihn  zweimal:  ergo  sclnieb  iha 
Eutropius  zweimal  ich  kann  mit  dieser  folgemng  nicht  einverstan* 
den  sein,  wenn  Eutr.  an  zweiter  stelle  dem  Faustus  das  alleinig« 
attribut  Fompei  gener  beilegte,  so  that  er  es  mit  gutem  bedacht  e» 
schwebte  ihm  gewis  ein  ähnlicher  gedanke  vor,  wie  ihn  PlomsH  K^. 
90  ausspricht :  nemo  caesus  imperio  praeter  Aflramum  {saus  igneverai 
semd)  d  FaudumSuUam  {docuerai generös  timere Fompems)  fiiam^ 
Fompei  d  parvuhs  ex  Süüa.  Eutr.  läszt  den  Faustus  nicht  als  söhn  de» 
Sulla,  sondern  als  Schwiegersohn  des  Pompejus  getfltet  werdeo.  es 
gehörte  wenig  takt  dazu,  um  beim  lesen  des  ursprünglichen  teiteä 
dies  herauszufühlen,  der  verfertiger  des  zweiten  zusatses  besasi  ihn 
nicht  sein  ganzes  denken  und  empfinden  gipfelte  in  der  b«füichtang. 
man  könne  Faustus,  den  söhn  des  Sulla,  und  Faustus,  den  schwieiger- 


ADoocker:  la  ButropiuB.  651 

Mim  des  Pompejas,  für  ▼endiiedene  indiTidaen  halten,   einem  eoU 

«heu  irrfciim  wdlte  er  Torbengen  und  er  that  dies  in  ebenso  prakii« 

sdwr  wie  geieÜoeer  weiae«    die  werte  Sußae  qmndam  dietataris 

fSm  sind  zwar  ein  sehr  altes  glossem,  aber  dooh  immer  ein  glossem. 

12)  Vn  9  miüo  t&mpore  ante  emn  magia  Bamama  res  floruU. 

nam  exiaipHs  eknUbus  beBis^  in  quibus  mvichis  fuU^  Bamano  adiecU 

impeno  Aßffmpium  CkMtdMam  DälmtUiam  usw.  da  wir  VII 3  lesen : 

primoprodio  pieU  stnU  Asiianma  et  Caesar,  so  tnnsz  nns  die  behanp«- 

taug  frappieren,  dass  CSaesar  Octananns  in  den  bttrgerkri^gen  nn- 

Iwsiegt  gewesen  sei.  doeh  lassen  wir  diese  bebaaptang  yorliofig  bei 

Mite  and  fragen  wir  nns :  wie  wollte  der  autor  verstanden  sein  wenn 

fr  schrieb:  excepiis  eivilihus  bellis  . .  Bomano  adiecU  tniperio 

Aegppkm  Cantdöriam  DaümaÜam  nsw.?   ich  verstehe  dies  nichts 

und  man  hat  es  früher  aach  nicht  verstanden,    nm  in  den  nnaian 

onen  vemeiniliohen  sinn  zu  bringen,  schaltete  man  die  worte  tu  gu*- 

Un  imiäus  fuU  ein.    anf  den  ursprOngUoben  text  des  Entr.  f&hrt 

Ol»  auch  hier  Paeanios,  indem  er  ihn  folgendermassen  ttbersetat: 

i|v6na  ToCv  Ta  Tt)c  'Pu»|itic  vpäTM^Ta  ^dXicTa  kot*  ainöv  öicö 

rwy  £>i9uXlujv  KaOapÖ^vTa  woX^^iuv.  xal  irpoceT^Or)  toic 

unoKououciv  AItuittöc  T€  Kai  KovTOßpia,  AoXpaTia  t€  iiA  toutoic 

danach  schrieb  Bntr. :  nUUo  tempore  ante  eum  magis  Bomana  res 

fentü.  mm^  excepta  est  cknUbus  beOis,   Bomano  adiecU  imperio 

Aegjfptutm  usw.:  *xu  keiner  zeit  vor  ihm  war  der  HSmische  staat 

Uaheader.    denn  er  wurde  den  bflrgerkriegen  entzogen,    dem 

fQmischfln  reiche  fttgte  er  Aegjpten,  Cantabrien,  Dalmatien  nsw. 

Umiu'    nachdem   te  gedeihlichen  entwioklong  im  innern  des 

reiches  erwfihnung  geschehen,  werden  von  den  Worten  Bomano  ad- 

iedt  imperio  an  die  nach  auszen  hin  erzielten  erfolge  aoi^geafthlt. 

13)  Vn  17  liest  Hartd  (und,  abgesehen  von  einigen  ab* 
«eichongen  in  der  interpnnction,  auch  Droysen):  nam  cism  isdem 
iemporibus  guOms  Otho  QaXbam  aedderai  etiam  YUdUns  fadus  essä 
c  Oertnanidams  exercUibtts  imperator,  leBo  contra  cum  susc^pto  emn 
^pud  BetHacwm  in  Baüa  levi  proelio  vidus  essd^  ihgenUs  tarnen  copias 
ed  teOnm  haberd^  spanie  semd  oeddU^  dpetentibus  müUibus  ne  tarn 
dto  de  bdk  desperard  eoenbu^  com  tanU  se  non  esse  dixissdy  uipropter 
cwa  heRmm  oMfe  moveretur^  vokmtaria  morte  dbiü.  dieser  text  unter- 
Bcheidel  sich  von  der  vulgata  znnichsi  vorteilhaft  dadurch,  daes  vor 
wfmdaria  morte  obüi  nicht  ein  punctum,  sondern  ein  komma  gesetst 
ist.  aosserdem  ist  aus  dem  Gothanus  vor  peUsMms  ein  d  aufge- 
aonunen,  daa  in  den  ftbrigen  hss.  fohlt,  das  war  keine  Verbesserung 
(tpordt  semet  ooddU  et  •  •  vohmtaria  morte  ehntl).  statt  ingentes 
tarnen  eopias  ad  bdhim  haberd  bietet  der  archetypua  des  Leidensis 
»ad  des  Bertinianus:  cum  plures  tarnen  copias  ad  bdlmm  haiberd 
(Pseanins  |icTd  nXdovoc  bk  icX/jOcuc  icapaTarrö^cvoc).  ich  glaube 
den  dieae  leaart  uns  zur  herstellung  des  ursprOnglichen  textes  fUurt, 
woiigttena  hat  sie  mich  su  folgendem  llnderungsvorachlag  veranlasat: 
apnd  Behriamm  in  BaUa  kviprodio  vidusestet,  cimplwes 


•  •  • 


662  £Dancker:  sa  Eatropias. 


tarnen  cqpias  ad  hdlum  hdberti^  sponU  semet  oeddU:  petetUüms  «liK- 
tibus  usw.    w^n  statt  est  et  geschrieben  wurde  esset ,  so  erforderte 
der  co]\j.  das  einschieben  eines  cimm,  das  wir  in  der valgata Toropifd 
JBetriacum  lesen,  in  folge  dessen  wurde  in  einigen  hss.  das  impiUng- 
liche  cum  (vor  fkires  tarnen  copias  haheret)  als  entbehrlich  gestrichen. 
14)  YIII  7  senatus  ei  ttibuere  noUUt  dMnos  honares^  tamenemi^ 
suecesscr  ipsvus  Tüus  AurdüMsAnUmifniS  I%iMus  hoc  vthmmder  m- 
geret  et  unwersi  senatares  pälam  resisterent,  iandem  obtimM,  die  be* 
denken,  die  ich  gegen  diese  stelle  hege,  sind  in  erster  linie  nicht  (wie 
es  bei  Dietsch  der  fall  war,  der  fttr  et  glaubte  eM  schreiben  za 
mttssen)  gegen  die  form,  sondern  gegen  den  inhalt  gerichtet.  Anto- 
ninuB  Pins  setzte  die  conseoratio  des  Hadrianos  durch,  *obgleioh  der 
gesamte  senat  sich  öffentlich  widersetzte',   was  soll  das  heisien? 
die  Senatssitzungen  waren«  ausser  wo  es  sich  um  ein  hier  nicht  in 
betracht  kommendes  senaius  consUibum  taelium  handelte,  sn  sllen 
Zeiten  öffentlich ,  znnttchst  insofern  die  Sitzungen  bei  offenen  thCLren 
stattfanden,  und  femer,  da  zur  zeit  der  republik  die  diener  der 
magistrate  {UäareSj  viatores^  scribae  usw.)«  in  der  kaiserzeit  auch  der 
praefeäus  praetario  und  die  Uberti  Caesaris  zutritt  zu  den  sitiongen 
hatten,    wenn  an  unserer  stelle  nun  das  verfahren  dee  senats  sog- 
drücklich  als  ein  pälam  geschehenes  hervorgehoben  wird,  so  mnsi  es 
ein  in  anderer  weise  öffentliches  gewesen  sein  als  das  gewöhnliche, 
zu  allen  Zeiten  übliche,   aber  in  welcher  weise?  oder  meinte  Entr. 
etwa,  dasz  die  Senatoren  die  fHuste  nicht  anter  der  toga  ballten,  son- 
dern  offen  mit  ihrem  widerstände  hervortraten?    nun,  wenn  ein 
Senator  einer  relatio  sich  überhaupt  widersetzte,  so  konnte  es  nor 
patam  geschehen,  bei  der  rogatio  wie  bei  der  sohlieszlichen  diseessio. 
^         —  Doch  verlassen  wir  das  rttthselhafte  patam  und  geben  wir  einem 
andern  bedenken  ausdmck.   cum  .  •  univetsi  senaiares  pätam  re- 
sisterent  heiszt  es.   es  liegt  in  der  natur  der  sache,  daas  in  einer  so 
groBzen  versamlung,  wie  die  der  Senatoren  es  war,  nur  höchst  selten 
Stimmeneinheit  erzielt  ward,    in  der  bekannten  senataaitzung  vom 
3n  december  63  wurde  einstimmig  beschlossen  neun  der  in  Rom  an* 
wesenden  gefährlichsten  ftlhrer  der  Gatilinarischen  yerachwönmg 
zu  verhaften  und  dem  Cicero  zu  ehren  ein  dankfest  zu  veranstalten 
(Gic.  ffi  Cot.  lU  6,  13).   am  In  Januar  57,  an  dem  über  die  zorfick- 
berufnng  Ciceros  aus  der  Verbannung  verhandelt  wurde,  erfolgte,  wie 
wir  Cic.  p.  Sestio  34,  74  lesen,  eine  diseessio  sine  ütta  vaHeiaie.  sonst 
wüste  ich  nicht  dasz,  abgesehen  von  der  uns  beschftftigenden  sulle 
des  Eutropius,  irgendwann  ein  einstimmig  gefasster  senatsbeechhui 
erwtthnt  würden   es  hat  die  Seltenheit  eines  solchen  ereigniaees,  wie 
gesagt,  nichts  wunderbares,  wann  wird  im  deutschen  raichstage  ein- 
mal ein  antrag  einstimmig  angenommen  oder  abgelehnt?    es  sind 
dazu  ganz  auszergewöhnliche  veranlassungen  erforderlioii*  abersnch 
dann  ist  Stimmeneinheit  in  einer  grossen  berathenden  vertamlofig 
nur  denkbar,  wenn  sttmtliche  mitglieder  derselben  frei  ihr  or- 
teil  f&llen  können,  oder  aber  wenn  sie  simtlich  unfrei. 


BDunoker:  va  SntropiuB.  6fi3 

▼on  einer  despotiBcheii  macht  beeinflasst  sind,  daez  der 
KDat  wShrend  der  kaiserzeit  jemals  onbeeinflasst  gewesen  wAre, 
bmi  nur  der  nnveratand  behaupten,  freilich  war  sein  ansehen, 
ioneriich  betrachtet,  unter  verschiedenen  kaisem  verschieden,  so 
waraa  ihm,  nachdem  er  das  schlimmste  nnter  Domitianus  erlebt, 
imter  Tnyanos  (Plinins  ep.  II 11.  III 20)  und  Hadrianus  (Ael.  Spart. 
Adr.  8)  bessere  tage  beschieden,  aber  wer  wollte  glauben  dasa  er, 
ioeh  unter  den  fllr  ihn  günstigsten  yerhältnissen,  es  gewagt  hätte 
der  f orderung  des  Imperators  einstimmig  entgegenzutreten,  wenn 
diflisr  emstliöh  auf  seinem  willen  bestand  (cum  hoc  vd^emetUer  e»»- 
^rd)?  doch  nehmen  wir  das  nnglaublidie  als  wirkHoh  geschehen 
n,  nehmen  wir  an  dasz  der  senat  nicht  nur  paHam^  sondern  auch  in 
eorpcre  den  gestellten  antrag  abgel^nt  habe:  in  welchem  lichte 
arats  uns  dann  die  handlungsweise  des  fronunen  Antoninus  erschei* 
BSQ?  der  Senat  hatte  die  competenz  über  das  gesamte  religions* 
weaeu.  dazu  gehörte  die  consecratio.  nur  durch  ein  senatus  eon* 
ndtom  durfte  diese  erfolgen,  wenn  nun  Antoninus  die  consecratio 
des  Hadrianus  dem  einstimmigen  senatsvotum  entgegen  durchsetzte, 
10  verübte  er  einen  gewaltact  frivolster  art:  hatte  er  doch  als  im* 
poator  genügende  mittel  in  hSnden,  um  seinen  willen  in  legitimer 
form  durchzusetzen,  sollte  Eutr.  ein  derartiges  verfahren  nicht  einer 
rtige  tOr  wert  /Brachtet  haben?  und  wie  konnte  er,  wenn  er  dem 
Antoninus  ein  solches  gebahren  zutraute,  ihn  charakterisieren  als 
mBi  ocerdüs,  CMfieNs  bemgtim? 

Es  wird  dies,  denke  ich,  genügen  zum  beweise  dafür,  dasz  der 
inhslt  der  werte  enm . .  umoersi  aenatorea  paiam  reaisUretU  im  hüch« 
rten  grade  unwahrscheinlich  ist.  dasz  er  unwahr  ist,  dafür 
bfiigt  uns  das  durchaus  glaubwürdige  zeugnis  des  Dion,  der  (LXX  1) 
ftber  die  conaecratio  des  Hadrianus  folgendes  berichtet:  ^f|  ßouXo- 
Viiytfc  Ti)c  T€pouc(ac  Tdc  f)pujlK&c  TiM&c  boOvai  Ti|»  'Abpiav^  tcXcih 
thoam  biä  nvac  q>övouc  diriqnivi&v  dvbpuiv,  6  'Avruivfvoc  dXXo 
tc  iroXXdt  baicpuulv  ical  öbupö^€voc  aöroic  buX^x^  küI  t4koc  cTirev  * 
«odb'  trii  dpa  ÖMorv  fipEui,  €It6  dKeivoc  kqi  koköc  kqI  dxOpöc  ömiv 
mi  noX^ioc  ^T^veto'  TidvTa  fäp  bf)Xov  Sri  tdi  irpaxO^vra  im* 
üÖToC,  Av  Sv  Kai  f|  iyLi\  noincic  icTt,  KaraXuccTe.»  dKOÜcaca  ht 
toOto  f|  Tcpoucia  icai  albccGeka  töv  dvbpa,  tö  b^  rt  iuxItovc  CTpa- 
TiiirToc  qx>ßf|e€ico,  dir^buiice  ti|i  ^Abpuxv^i  Tdc  Tifidc.  so  verhielt 
«B  sich  in  Wahrheit  mit  der  consecratio  des  Hadrianus,  und  was 
lesen  wir  bei  nnserm  autorl  Eutr.  war  ein  ganz  elender  ignorant, 
wenn  er  die  beanstandeten  werte  wirklich  schrieb,  sehen  wir  zu  ob  er 
BS  sdnieb.  zunichst  ist  zu  constatieren  dasz  Eutr.  die  consecratie 
dsi  Hadriamis  nicht  als  über  die  kOpfe  der  Senatoren  hinweg  voU- 
logen  ansah  oder  angesehen  wissen  wollte,  das  ersehen  wir  aus 
iandem  ctütmiL  dies  iandem  gibt  dem  satze  cum  . .  univeni  smor 
^orts  pälam  ruidermii  den  todesstosz.  in  diesem  wOrtchen  lesen  wir 
dasz  Attteninus  auch  nach  der  aufifassung  des  Eutr.  nicht  nur  mit  dem 
Maat  verhandelte,  sondern  andanemd,  hin  und  her  verhandelte, 


654  RDuncker:  sa  Entropixu. 

dasz  er  ihn  schlieszUch,  um  mich  des  ausdmcks  za  bedienen,  mfirbe 
maobte;  mithin,  als  er  die  consecratio  endUdidurchsetste,  nieht  eiiiem 
Senat  gegenfiberstand  der  widerstrebte,  sondern  widerstrebt  hatte* 
Man  wird  nnn  Tielleicht  meine  sämtlichen  bedenken  i&r  ge- 
gründet ansehen,  trotzdem  aber  ans  pietät  gegen  die  hss.  die  lesart 
der  yulgata  nicht  aufgeben  wollen,  nun,  wenn  Eutr.  so  wonderiiebe 
dinge  schrieb ,  so  wird  in  der  Übersetzung  des  Paeanius  sieh  dock 
ähnliches  finden,  sie  lautet:  irdvTuiv  b€  dvnXcTÖvruiv  XP^voi  toc 
Oeiac  ainCb  vo|Liic0fivai  t^ioc  ö  biabcEdMCVOc  Tf|v  ßactXetov  Mdpxoc 

'AVTUIVIVOC  ä^TTfCe  XipiV  KOt  TäC  Td>V  dvOlCTO^^VUfV  ßlOCOMCVOC 

ifVi&jüiac  €tux€v.  die  Übersetzung  stimmt  ja  ganz  und  gar  nieht  mit 
dem  texte  des  Eutr. ,  sie  stellt  den  verlauf  der  dinge  gerade  so  dsr^ 
wie  wir  ihn  uns  gedacht  haben,  und  wie  er  gar  nieht  anders  denk- 
bar ist.  wir  lesen  hier  nicht  dasz  der  senat  pälam  widerstrebte, 
sondern  dasz  Antoninus  einen  druck  auf  das  urteil  des  Senate  ausübte, 
dem  dieser  nicht  widerstand,  nicht  dasz  die  Senatoren  päiam,  son- 
dern dasz  sie  paulum  sich  widersetzten,  wir  lesen  nicht  dasz  uni* 
versi  senatores  widerstrebten,  es  steht  dort:  Tdc  Ti&v  dvOicra- 
liivojv  ßiacdfievoc  x^dsiiac.  vSi/y  dvOicrc^i^vujv  Utezt  nicht  auf  ein 
im  original  stehendes  umversiy  wol  aber  auf  diversi  schliesaen;  js, 
was  noch  mehr  sagen  will,  äv6iCTd^€V0C  ist  die  wOrtliohe  über* 
Setzung  Ton  diversua.  ich  glaube  gründlich  genug  vorgearbeitet  m 
haben,  um  nunmehr  mit  meiner  textesftnderung  herrortreten  zu 
können.  Eutr.  schrieb:  senaius  ei  tribuere  nciuU  divmas  homorts, 
tarnen  cum  mncoeasor  ipsius  .  .  hoc  vehementer  emgeret  et  diversi 
senatores  paulum  resisterent^  tandem  ohtimiü» 

16)  \ iii20 opus Somae  egregium  fecitkiwuri^  quaeÄntomma^ 
appdUmtur,  in  dem  relativsatze  quae  Antomnianae  appdkuntm  be- 
findet sich  kein  prfldicatssubstantivum,  welches  das  genus  oder  den 
numerus  des  relativen  pronomens  beeinflussen  könnte,  das  relativum 
bezieht  sich  auf  ein  im  sing,  stehendes  neutrum.  trotzdem  steht  es 
im  plnr.  und  ist,  wie  die  form  Amtonmumae  bekundet,  weiblichen  ge- 
schlechts.  Cellarius  setzte  leichten  fusses  über  diese  Schwierigkeiten 
hinweg,  mit  drastischer  kürze  vermerkte  er  in  seinem  oommentar: 
^quae  Antomnianae]  intellige  thermae*  dieses  auskunftsmittel  scheint 
allgemeinen  anklang  gefunden  zu  haben:  denn  unsere  stelle  hat  an- 
beuistandet  in  allen  folgenden  ausgaben  aufiiahme  gefunden,  allein 
wenn  solche  kunststückchen,  wie  sie  hier  Cellarius  uns  lehrt,  probst 
sind,  welcher  verstosz  gegen  die  congruenz  des  genus  und  desnnme- 
rus  kann  dann  noch  als  unerlaubt  betrachtet  werden?  und  wer  gibt 
mir  denn  überhaupt  das  recht  zu  quo/s  Antoninianae  das  wortfAemisf 
zu  ergänzen?  warum  schrieb  denn  Eutr.  nicht  opus Bomae  lyryii« 
fecU  thermarum^  sondern  opus  Bomae  egregimnfeoä  lavacri?  «^ 
kann  wol  kein  zweifei  sein  dasz  Eutr.  geschrieben  hat:  opus  Bemsi 
egregi^m^feoitlavacra^quaeÄntomnianaapp^tantur.  voneiBerge- 
waltsamen  änderung  kann  hier  um  so  weniger  die  rede  sein,  ^ 
Sylburg  im  Fuldensis  lavacrOy  nieht  lavaeri  las.  es  handelt  sich  abo 


RDuncker:  in  Euk^pias.  66& 

nur  ma  die  mnwaiidliiiig  von  ÄnUrnmianae  in  AfUonmicma.  bedarf  es 
Boch  einer  reebtfertigang  derselben,  so  mag  folgendes  dam  dienen. 
Vn  15  leeen  wir:  aedificavü  Bomae  ihermas^  quae  ante  Neronianae 
Mae  mme  Alesamdfianae  appeüantiwr,  Paeanins  ttbersetst  dies? 
oöroü  bi  fjv  €pTOV  TÖ  Xourpöv,  8  vOv  'AXcEavbpeiavdc  npoc- 
crropejoiKi,  Ncpujvtaväc  Td  nplv  KaXoiJ^€VOV.  die  Übersetzung 
unserer  stelle  lautet:  tQ  ^P\b\kX^  M  xaHECKCuacc  Xovrpöv,  öirep  de 
TÖbc  'AvTttivtviavöv  KaXeirm.  h&tte  Paeanins  bei  Eatr.  gelesen 
hwaeri  quae  Äntomanae  appeQantury  so  würde  er  sicberlicb  *AvTui- 
vivionfal  gesobrieben  baben. 

16)  IX  18  NwmeriamM  quoque  ßius  eiuSy  quem  Beeitm  Oaeearem 
ad  Penae  duxerat^  aduiescene  egregiae  indeUs^  cum  octdarum  deihre 
eorrtplue  m  lediekia  vdieretur,  imj^ulscre  Apro  qui  socer  ems  erat  per 
tfMMÜos  occmus  est.  et  ewm  dolo  occuUaretar  ipsius  more^  qiMHMque 
Aper  mvadere  poeeet  tmperiMm,  foetore  eadaveris  proäUa  est.  milUes 
enim  qui  eum  sequeibantur  puiare  cammati  diduetis  ledkutae  paMüB 
fest  äUquoi  dies  mortem  eius  natam  habere  potuenmt.  —  miUtes .  . 
mortem  eius  notam  faeere  patuerunt  entspricbt  der  Situation  weit 
mehr  als  das  überaus  matte  notctm  habere.  Paeanius  übersetzt  die 
stelle:  Turv  ^OM^vuiv  nvlc  ffvoTKäcGiicav  • .  firivOcai  T(!p  crpariip 
t6  T€T€vim^vov. 

17)  IX  21  per  haec  tempera  etiam  OarausiMS^  qui  wUssime  natus 
i^em$ae  müiHae  ordine  famam  egregiam  fuerat  conseeutuSy  eum  apud 
BoiumiimipertractumBeigicaeetArmericipaeandum  maire  aooepisset, 
fnod  FVanci  et  Saxones  infestäbant,  muUis  harbaris  saepe  eaptis  nee 
Vraeda  iniegra  a/utpr&vinciaUbus  reddita  aut  imperateribus  missa  cum 
9iupieio  esse  eoepisset^  consuUo  ab  eo  admitti  barbaros,  ut  transeuntes 
cum  praeda  exdperet  atque  hoc  se  occasione  ditaret^  a  Maximiano 
mssus  occidi  purpuram  sumpsit  et  Brüanmas  occupavU,  eine  an- 
nflhemd  nngebeuerlicbe  periode  findet  sieb  bei  Eutr.  sonst  nirgends, 
ich  Bcblage  vor  qui^  das  vor  uilissime  sieb  sebr  leicbt  einscbmuggeln 
konnte,  samt  dem  davor  stebenden  komma  zu  streicben  und  binter 
infestabant  ein  punctum  zu  setzen. 

18)  IX  23  liest  Hartel»  per  idem  tempus  a  Censtantino  Caesare 
m  OoOia  hene  pugnatum  est  drea  Lingonas.  icb  würde  Constantino 
Ar  einen  druckfebler  halten,  wenn  nicht  Canstantio  als  varia  lectio 
des  Goihanns  und  Monacensis  ausdrücklich  angeführt  wäre,  über- 
dies lesen  auch  Dietscb  und  Eichert  Constantino.  es  handelt  sieb 
äier  am  die  besiegung  der  Alamannen  bei  Yindonissa.  diese  war  ein 
werk  des  Constantius  {paneg.  Const.  [Vil]  c.  6).  die  siege  des  Con- 
«tantinus  über  die  Franken  und  Alamannen  erw&hnt  Eutr.  X  3. 

19)  IX  24  Gakrtus  Maximianue  primum  adversum  Narseum 
prodimm  imsecumdum  habuit  inter  Oaüinicum  Carrasqae  congressus^ 
eum  ine^msuUe  magis  quam  ignave  dimicasset .  .  .  (25)  mox  tarnen 
per  Ittfpricum  Moesiamque  contradis  cqpiis  rursus  cum  Narseo  Hör- 
misdae  et  Saporis  avo  in  Armenia  maxore  pugnavit  sueoessu  ingenH. 
wfthrend  uns  VI  23  Faustus  ich  mOchte  sagen  in  6iner  minute  zwei- 


656  BDondcar:  zu  Eatropius. 

mal  als  söhn  des  dictators  Salla  Torgestellt  wird,  wird  hier  Naneus 
zunächst  als  ein  guter  bekannter  eingeführt,  dann  aber  wieder  als 
unbekannte  grOsze  betrachtet  und  uns  als  grossvater  des  Hormi^as 
und  Sapor  näher  bekannt  gemacht,  es  ist  dies  ein  etwas  eigentüm- 
licher modus,  aber,  um  mit  Uartel  zu  reden,  wir  *  werden  uns  dies 
wie  so  manches  andere  willig  gefisdlen  lassen',  oder  wollen  wir  es 
uns  nicht  gefallen  lassen?  fragen  wir  den  Paeanius.  dieser  bietet 
den  Zusatz  iräirnoc  bk  f)V  oiStoc  Cdiruipl T£  kqi 'Opfilcb^ an  erster, 
nicht  an  zweiter  stelle,  nun ,  da  wird  er  die  entsprechenden  latei- 
nischen Worte  auch  wol  an  erster  stelle  bei  Eutr.  gelesen  haben,  im 
Oothanus  findet  sich  nachstehende  Wortfolge :  Chderim  Mmxmianus 
jurmum  adversum  proeUum  insecundiiim  häbuii,  die  hgg.  schalten 
Narseum  hinter  adveraum  ein;  ich  schalte  Narseum  Saparis  ä  Hör- 
misdae  avum  ein:  denn  ich  bin  der  ansieht,  dasz  der  Schreiber  des 
Oothanus  ebenso  gut  wie  Narseum  auch  die  folgenden  Worte  nicht 
nur  übersehen  konnte,  sondern  auch  wirklich  übersah. 

20)  X  7  nam  etiam  Chthoa  pod  dvüe  heüum  varie  profiigad, 
pace  iia  postremwm  daia^  ingeiüemque  apud  barbaras  gentes  m- 
moriae  graiiam  oonlocavü,  es  ist  zu  lesen:  nam  diam  Chdhospcsl 
dvüe  bdlum  vark  profligatnt  pace  üs  postremum  data  ingeik- 
fem  apud  harharas  gentes  memoriae  gratiam  cohlocaint:  'denn  aneh 
die  Gk>then  schlug  er  nach  dem  bürgerkriege  verschiedene  male  aufs 
haupt.  durch  den  ihnen  schlieszlich  bewilligten  frieden  stiflete  er 
sich  bei  den  barbarischen  Völkerschaften  in  hohem  grade  ein  dank- 
bares andenken.' 

OBBIFBMBSBa  IN  POMMBBN.  BlOHABD  DdMOSUU 


(35.) 

PHILOLOGISCHE  QELEGENHEITSSCHRIPTEN. 


MeiBzen  (landesschale,  sar  einweihang  des  neuen  schal gebändes  1  jali 
1879)  abhandlongen  sämtlicher  professoren  der  anstatt  [H.  Peter: 
über  den  wert  der  historischen  schriftstellerei  von  könig  Jobs  II 
von  Mauretanien  (s.  1— -14)  —  W.  Milberg;  MeUien  and  die 
Albrechtsbarg  im  j.  1745  (s.  14—22)  —  Th.  FUthex  specimini 
eradiUonis  Afranae  Georgio  Fabricio  rectore  scripta  (s.  22 — 26)  — 
R.  Schnelle:  kritisches  sam  Panegyricus  des  Plinios  (s.  27— Sl) 
—  £.  Wörner:  über  den  gebrauch  der  Homerischen  mit  präpo«i- 
tionen  sasammengesetsten  and  mit  dem  saffis  lo  gebildeten  ad- 
jectiva  (s.  31—87)  —  £.  Höhne:  die  positiven  berfihrongapiuiett 
Ewischen  Kant  und  der  evangelischen  theologie  (s.  38—43)  ^ 
Th.  Köhler:  les  lettres  fran^ises  de  Jean  Calvin  (s.  43-48)  - 
C.  Angermann:  bemerknngen  über  die  abstammang  der  PeU«^ 
vom  sprachwissenschaftliehen  standpanct  ans  (s.  48—63)  —  W.  H. 
Rosoher:  sar  griechischen  lautlehre  (s.  63—69)  —  P.  IIeatin<r: 
beispiel  sar  methode  der  Variation  der  konstanten  (s.  69— 4S)  — 
C.  H.  Fleischer:  kritisches  und  exegetisches  sam  b.  Gallieam  oad 
b.  Hispaniense  (s.  64—68)].  druck  von  C.  E.  Klinkioht  n,  söhn.  gr.  4. 


BESTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HBBAUSOEOEBBN  VON  ALFBED  FlECKEISEN. 


91. 

EUR1PIDI8  FABULAB.     BDIDIT   BUDOLFU6   PBINZ.     VOL.  I  PAB0   11 : 

ALCfiSTls.  Lipsiae  in  aedibas  B.  G.  Teubneri.  MDCCCLXXIX.  48  •• 
gr.  8. 

Der  Wunsch,  den  wir  bei  der  besprechong  des  ersten  hefts  die- 
ser neaen  kritischen  ausgäbe  des  Euripides  in  diesen  jahrb.  1878 
1  233  ausgesprochen  haben,  es  möge  die  arbeit  rttstig  fortgesetzt 
werden  und  die  übrigen  stQcke  mit  gleicher  Sorgfalt  und  gediegen* 
heit  wie  die  ^edeia  bearbeitet  bald  nachfolgen,  hat  sich  in  bezug 
anf  die  Alke stis  erfüllt.  Aber  die  grunds&tze  der  bearbeitung  und 
die  methode  der  behandlung  brauchen  wir  uns  nicht  neuerdings  aus- 
xuBprechen.  von  den  drei  maszgebenden  handschriften  rQhrt  die 
coUation  Ton  B  und  P  noch  von  HHinck,  die  von  L  von  HYitelli  in 
Florenz  her;  auszer  diesen  hat  Prinz  noch  a  und  C,  welche  er  selbst 
verglichen  hat,  fCLr  einige  stellen  auch  d  und  c  und  cod.  Harleianus 
5743  berücksichtigt,  unter  den  neuen  lesarten  ist  uns  besonders 
<puX(nc  (so)  T.  100  aufgefallen,  wie  es  scheint,  nur  ein  druckfehler. 
sollte  das  nicht  der  fall  sein,  so  mflste  man,  da  q>ijXaTc  in  keiner 
weise  am  platz  ist,  darin  eine  Verschmelzung  von  cpopd  und  dem 
übergeschriebenen  mjXaic  erkennen,  und  nach  iruXuiv  irdpoiOe  würde 
sich  allerdings  £nl  q>9iTuiv  90p^  besser  ausnehmen  als  iiii  q>8i- 
Tuiv  iTuXaic  für  q)Opd  i»  £Kq>opd  vgl.  Soph.  Trach.  1212  q>opäc 
T€  rot  <p6övr)Cic  oü  TCvfjceTat.  die  hss.  PL  haben  wieder  an  einer 
nicht  geringen  anzahl  von  stellen  den  Vorzug  vor  B.  bemerkenswert  1  2jO"0 
sind  besonders  folgende  lesarten:  2^1  CTepTiGf^vai  cq)€  (B  fjc  cre- 
fniOfivai  T€)9  262  t(  ^^Eetc;  äq)€C  (B  ja^Oec  \xt  ri  npd£€ic;  £<p€c. 
Kauck  setzt  unter  dem  einflusz  der  frühem  geringschätzung  von  PL 
M^Occ  für  dq)€C.  aber  p^Gec  ^c  ist  offenbar  ein  glossem  zu  dq>€C 
nach  266  wie  irpdEetc  zu  ^cHcic,  also  das  ganze  ^^6€c  ^e  ri  irpoEeic; 
ein  glossem  zu  t(  ^eic;  ficpcc),  266  ^^Octc  \ki^ii  )x*  (B  )ki^tTi  ^e 
McOet^  fie),  318  cofci  Oapcuvet,  t^kvov  (B  toici  coTct  Gapcuvei  wie 

/ihrbaehcr  fftr  cUn.  philol.  1870  hft  10.  42 


658  l^Wecklein:  anz.  v.  Enripidis  AlceBÜs  ed.  RPrinz. 

731),  406  irdrcp  Xeiiro^ai  (Xetiropai  ndrcp),  520  ir^pt  (fTi),  735 
ÖVTOC  (ÖVTCC),  797  <pp6vwv  (KttKOÖ),  880  mcTfic  (cpiXloc  nach  876), 
957  k$t'  (€Tt'),  985  TÖXpa  b*  (röX^a  xdb*),  989  (pOivouci  ((pGi- 
vOeouci),  1059  fiXXnc  (£XXoic),   1098  ävTOMai  (aiToG^ai),  1101 
iTiOoC  (iT€(6ou),  1123  X^gui  (Xcucuj,  Xeüccuj).   173  hatPrmxmit 
recht  aus  L  fiicXauTOC  aufgenommen ;  die  übrigen  hss.  bieten  dxXau- 
CTOC.  immer  mehr  häufen  sich  die  Zeugnisse  ftlr  die  formen  ohne  c 
(vgl.  meine  Studien  zu  Eur.  s.  366).    auch  sonst  hat  L  allein  die 
ältere  form  erhalten  wie  Med.  5  b^poc,  und  so  wird  man  295  die 
durch  das  Etym.  M.  s.  413,  9  auf  das  beste  bestätigte  ttberliefemng 
von  L  f  Sriv  festzuhalten  und  die  form  mit  dem  Etym.  M.  der  fal- 
bchen  analogie  anzurechnen  haben.    333  wo  in  PL  dXXuiC  iinrpc- 
TrecTäTTi,  in  B  äXXwc  eOirpeirccTäTTi,  ist  gewis  die  emendation  von 
Bothe  SKKt]  coO  ^KirpCTreCT^pa  richtig,  welche  die  entstehong  der 
corruptel  am  einfachsten  erklärt,   ebenso  dürfte  1112  die  gewähl- 
tere lesart  von  PL  cl  boKCi  vor  der  andern  d  ßouXci,  die  sich  etwa 
zu  el  boKcT  verhält  wie  das  obige  t(  irpdEeic  zu  ri  ^Eeic,  den  Vor- 
zug verdienen,    das  gleiche  gilt  von  Xapßdvouc*  ^v  dxKdXaic  (B  na. 
de  dtKdXac).  vgl.  Hipp.  1432  XaßoO  töv  naib*  iy  dxKdXaici,  Or. 
113  Xaß^  xodc  Tdcb'  dv  x^poiv  KÖpac  t'  djadc,  Hek.  527  iTXf)p€C 
b*  dv  x^poTv  XaßuiV  bdirac*  in  anderm  sinne  Hek.  1242  iipaTM'  ^c 
Xdpac  Xaßövra,  Hik.  235  buvapiv  eic  x^^P^^c  Xaßtuv,  Hipp.  630 
Xaßuiv  d-nipöv  elc  böpouc  koköv  wie  eTcui  CTdTn<^  Bakchai  289,  eicu) 
TÖ£a  irXeu^övuiv  Xaßeiv  Ion  524.   dagegen  erweist  sich  die  lesart 
derselben  hss.  in  1045  }xi\  ^*  dvapvrjcgc  KttKuiv,  welche  Pnnzin 
den  text  gesetzt  hat,  als  eine  correctur.    die  Überlieferung  [xf\  ^€ 
^i^vrjcKCic  musz  man  an  ihrer  absichtslosigkeit  als  die  richtige  er- 
kennen,   da  man  deren  bedeutung  (^f|  '^d*  ^ipvi^CKCic)  nicht  Te^ 
stand,  wollte  man  den  bei  dem  verbietenden  ^fj  geläufigen  oon- 
junctiv  herstellen,    dieser  hergang  verräth  sich  nooh  in  dem  text 
von  a  iif\  jue  pipviiciic,  worin  der  über  i  ausradierte  aocent  aof 
|Lli^V1lCK€  hinweist,   auch  847  durfte  irepißdXui  (PL  ircpißotXur)  nicht 
in  den  text  aufgenommen  werden;  die  andere  lesart  irepißoXÜJV  ist 
durchaus  absichtlos  und  harmlos  und  gibt  sich  eben  dadurch  wieder 
als  ursprünglich  zu  erkennen,   das  unnütze  d^aiv  dient  zur  bestiti- 
gung.    von  einer  gesunden  methode  musz  also  irepißoXu/v  beibe- 
halten werden;   darum  bleibe  ich  bei  meiner  frühem  Vermutung 
nepißaXdjV  x^poTv  tuxuj.  ebenso  ist  1114  die  lesart  von  B  bluten' 
ciccXOeiv  Trdpa  mit  dem  dem  tone  der  stelle  sehr  angemessenen 
asyndeton  als  ursprünglich  zu  betrachten,  nicht  die  von  Prinz  aof- 
genommene  lesart  von  PL  bw\xa  b\  die  geringere  Zuverlässigkeit  vod 
PL  thun  besonders  folgende  lesarten  dar:  427  peXafiir^itX«)!  ctoXq 
(^eXoTXiMOic  TrdnXoic),  eine  sehr  bemerkenswerte  Variante;  479 
nöXiv  (x9öva),  beherzigenswert  für  andere  stellen  wie  Bakebai  20; 
717  cr\iie\a  t*  «i  KdxicTC  raOr*  d\|;ux(ac  (o^^eta  xflc  cfic  ili  icd«a* 
d^iux(ac),  1025  iroXXiiJV  bk  jaöxOujv  fjXOc  x^ip<xc  elc  d^dc(iroXXui 
bt  ^öxeqi  xcipoc  fiXöcv  €lc  d^dc) ,  1089  xnP€^ic  ^övoc  (xnP^vcei 


NWecklein:  ans.  ▼.  Euripidis  Alcestia  ed.  RPrinz.  669 

)^^XOC)>  1105  Spa  (äOpci).  1097  hat  Prinz  nach  PL  Trjv&e  T€vva(av 
geschrieben;  aber  die  andere  lesart  f^waluiv  steht  der  emendation 
TOB  Lenting  Ycwatuic,  welche  als  notwendig  erscheint,  näher. 

Was  die  aufgenommenen  emendationen  betrifft,  verdient  be- 
sondere anerkennung  dasz  Prinz  die  Verbesserung  von  Reiske-Len- 
ting  153  TÖ  ixi\  Q\)  fi,}/icBa\  Tfjvb'  zu  ehren  gebracht  hat    auch 
119  f.  durfte  die  emendation  von  Beiske- Härtung  Ocuiv  bWir* 
jcxdpav  oOk^t'  £x^  "^^va,  1094  die  von  Herwerden  die  oi;TTOT' .  • 
KoXcic  ohne  bedenken  in  den  text  gesetzt  werden,   sicher  ist  gleich- 
falls die  emendation  von  Eirchhoff  Kuavamric  ßX^iruiv  261.  es  musz 
aber  dann  in  254  \i*  f\br\  als  augenfällige  interpolation  be- 
seitigt werden,  so  dasz  sich  ^x^ajvx^P'  ^ttVkövtip  Xdpwv  KaXci' 
Ti  fi^läcic;  und  t&ir'  Ö9pOci  Kuavauric  ßX^Trujv  nrepuiTdc  ''Aibac 
entsprechen  (^  ^^  ww  _i  .^  -w*  .v^  _>  J\,   569  hat  Prinz  die  emen- 
dation von  Purgold  (b  iroXuSeivou  xal  IXcuO^pou  dvbpöc  ä€(  iroT* 
oIkoc  aufgenonmien.  ich  habe  früher,  ohne  die  Vermutung  von  Pur- 
gold zu  kennen,  \b  7roXi!i£€ivoc  xai  iXevd^pou  dvbpöc  vermutet  und 
balte  dies  allein  für  richtig,  einerseits  entspricht  es  am  meisten  dem 
jKMtischen  stil ,  anderseits  erklärt  sich  die  corruptel  (b  iroXuEeivoc 
Kai  äeuOcpoc  am  einfachsten,  wenn  man  iXcuOepoc  unter  dem  ein- 
flnsz  des  vorhergehenden  iroXi}£€ivoc  entstanden  sein  Iftszt.   wenn 
nur  bemerkenswerte  coi^ecturen  angeführt  werden  sollten,  dann 
bitte  eine  Spielerei  wie  TÖb'  f)v832  nicht  erwähnt  werden  dürfen. 
tu  877  wird  die  Vermutung  von  Härtung  c*  fvavra  vorgebracht, 
wenn  ich  ausserdem  die  mir  vorliegenden  commentare  ansehe,  musz 
icb  Bohlieszen  dasz  man  den  Zusammenhang  der  stelle  wenig  beachtet 
bat.    die  folgenden  werte  des  Admetos  I^VT|cac  6  iiov  tppivac 
IAkuiccv,  mit  denen  man  Soph.  Ant.  857  f^paucac  dXTeivoTdrac 
i\io\  ^€p{^vac  usw.  vergleichen  kann,  weisen  bestimmt  daraufhin, 
dasz  in  den  worten  des  chors  die  anregung  gegeben  war  zu  den  wei- 
teren reflexionen  des  Admetos,  einem  dem  Euripides  geläufigen 
tbema,  ob  es  besser  sei  zu  heiraten  oder  für  sich  allein  zu  leben,  der 
cbor  musz  also  etwa  gesagt  haben :  ^niemals  das  antlitz  einer  lieben 
gattin  gesehen  zu  haben  wäre  diesem  knmmer  vorzuziehen  gewesen.' 
die  entsprechende  emendation  der  stelle  ist  mir  nicht  gelungen:  t6 
M^ot'  eiabctv  q>iX(ac  dXöxou  irpöcwiröv  c'  Av  ?iv  dXunov  befrie- 
digt nicht 

unter  den  selbständigen  emendationen  von  Prinz  geflQlt  be- 
Mttders  die  sn  366  Tpöirov  (für  xpövov).  auch  die  zu  1141  ''tXtic 
(fDr  qjM^)  ist  sehr  ansprechend.  304  bezeichnet  er  dpuiv  mit  recht 
^  «nstflsrig.  PL  haben  Tuiv  ^iX^v.  Mekler  krit  beitrage  zu  Eur. 
ond  Soph.  (Wien  1879)  s.  9  vermutet  v^^uiv.  aber  mit  *bring  es 
über  dich  sie  (deine  kinder)  als  herren  des  hauses  zu  betrachten'  ver- 
langt AJV^<^'«  zu  viel;  so  lange  Admetos  lebt,  ist  er  herr  des  hauses. 
der  sinn  verlangt  TOUTOuc  dvdcxou  bccirÖTac  Tp^9uiv  bÖMuiv. 
325  mochte  Prinz  Kcbvf)c  für  itaibcc  schreiben,  allein  iraibcc  läszt 
sieh  nach  col  \kiv^  ttöci  kaum  entbehren,  und  dpicnic  ergänzt  sich 

4«* 


660  I^Wecklein:  anz.  v.  Earipidis  Alcestu  ed.  RPrinz. 

leicht  aus  dem  vorhergehenden,  in  363  dXX*  oOv  ixeice  irpocböxa 
ix\  drav  Odvuü  vermutet  Prinz  ^kci  cu.  nur  der  bedenkliche  ruf  der 
Partikel  yk  kann  ihm  das  richtige  verdunkelt  und  ihn  abgehalten 
haben  mit  dxeT  ye  das  legitime  dXX'  ouv  .  •  T^  herzustellen.  827 
bezeichnet  auch  Prinz  irpöcuiTtov  als  verdächtig;  ich  habe  frflher 
TÖv  CToXpöv  (oder  töv  it^itXov)  vermutet;  dem  zieht  Mekler  ao. 
B.  14  ircTTXiiipar'  vor,  wie  es  scheint  mit  recht 

Daran  schliesze  ich  noch  einige  bemerkungen,  die  mir  bei  der 
lecttlre  des  buches  in  den  sinn  gekommen  sind,  in  i\br\  It  TÖvbe 
OdvaTOV  elco'pw  n^Xac  tcpf)  Oavövrwv  25  ist  der  aorist  Oavdvruiv 
anstöszig;  man  erwartet  6vtick6vtuiV|  da  der  tod  sich  eben  beim 
sterben  selbst  als  iepcuc  bew&hrt;  überdies  ist  OavövTUiv  nach  6d- 
vaTOC  nicht  geföllig.  es  wird  Icp^  q)6ivövTU)vzu  schreiben  sein: 
vgl.  55  v^uiv  q>8ivövTUiv  M€T2[ov  dpvu^al  T^P<3(C.  —  Ein  grosxer 
Wirrwarr  herscht  noch  in  44tf  f. ,  wo  der  gedanke  *(man  wird  dich) 
in  Sparta  (preisen)  bei  jeder  feier  der  Eaimeen'  also  gegeben  wird: 
CTidpia  kOkXoc  dviKa  Kapveiou  irepivicccrai  Apac  |ir)vdc  dcipo- 
^^vac  navvuxou  ceXdvac.  wozu  soll  ^r)vöc  gehören?  zu  Kopvciou? 
aber  jedermann  wird  Kapveiou  (Jjpac  verbinden,  zweitens  fehlt  n 
TreptvlcceTai  eine  nähere  bestimmung.  was  soll  endlich  der  genitiT 
deipo^^vac  tt.  ccXdvac?  der  sinn  soll  doch  offenbar  sein:  *  wenn  die 
Kameenzeit  im  Umlauf  beim  voUmond  ankommt.'  denn  zur  toII- 
mondszeit  des  monats  Kameios  wurde  das  fest  gefeiert,  wir  mtlssen 
schreiben:  CirdpTf  kukXoc  dviKa  Kapveiou  Trepivtcccrai  i&pac  q)^T- 
Toc  deipojüi^vac  navvuxou  ccXdvac  der  scholiast,  welcher  die  er- 
klärung  gibt:  ÖT€  fdp  iravcdXnvöc  dcTi,  bx*  6Xr)C  xt\c  vuktöc  <p^T- 
T€i,  scheint  noch  «p^TTOC  gelesen  zu  haben,  mit  dem  aosdnick 
irepiviccerai  fpivxoc  kann  man  das  Homensche  i^^Xtoc  ^€T€vicc€TO 
ßouXuTÖvbe  (FT  779)  vergleichen,  wenn  321  die  coigeciur  vonfler- 
werden  oi)b*  tc  TpiTOV  ^0l  q>^TTOC  richtig  ist,  so  haben  wir  den 
gleichen  fehler  zweimal  in  diesem  stficke.  —  In  574  {rXa  bi  coia 
fiilXovöpac  iv  böjüioic  T€V^c6ai  ist  bö^oic  unerträglich,  nicht  nur 
weil  die  herden  nicht  im  hause  geweidet  werden,  sondern  anch 
wegen  der  anrede  ib  .  .  oIkoc.  man  wird  erwarten:  'o  gastfreund- 
liches haus  —  nicht  in  deinem  hause ,  sondern  -^  auf  deinen  triften 
weidete  ApoUon  die  herden',  also  dv  vOfAOic.  vgl.  Kykl.  61  noi- 
ripouc  XeiTTOuca  vo^oOc.  —  Ein  fehler  der  Überlieferung  musz  noch 
in  713  vorliegen,  ich  habe  in  meinen  Studien  zu  Enr.  s.  364  ^ciZova 
l\i)r\c  fttr  ^€i2Iov'  dv  2[(lbr)C  gefordert,  um  einen  anhaltspunctfllrdpq 
zu  gewinnen.  Prinz  belehrt  uns  dasz  dieser  verschlag  bereits  von 
Schäfer  gemacht  worden  ist,  und  setzt  ^eiZova  l^r\c  in  den  text 
allein  abgesehen  davon  dasz  Kai  jüif|V  . .  T^  besser  zu  einer  behaaptong 
als  zu  einem  wünsche  passen  dürfte,  kann,  wenn  Admetos  sagt:  V 
allerdings  länger  als  Zeus  mögest  du  leben',  dies  gewis  niemand  ein 
fluchen  wider  die  eitern  nennen,  derselbe  mangel  innem  zusammen* 
hange  fällt  bei  719f.  auf:  AA.  ei6'  dvbpöc  fXSoic  TOÖb^  t'^CXP^iov 
TTOT^.  06.  \xYf\QT€ve  iroXXdc,  dic  6dvu)ci  nXcIovcc.  man  sollte  doch 


N Wecklein:  anz.  ▼.  Enripidis  AlceBÜs  ed.  BPrinz.  661 

erwarten  dasz  Pheres  anf  den  wnnsch  des  Adxnetos  ^mögest  da  in 
eine  läge  kommen  meiner  zu  bedürfen'  etwas  erwidere,  nun  aber 
ist  dies  eben  der  einzige  vers  in  der  ganzen  stelle,  nach  welchem 
jene  worte  dp^  TOveOciv  oöb^v  ^köikov  iraOuiv  einen  sinn  nnd  ihre 
ToUe  bedeutung  haben,  daraas  ergibt  sich  dasz  die  folge  der  verse 
in  anordnnng  gerathen  ist  dieser  fehler  tritt  in  der  Überlieferang 
des  £aripideischen  teztes  bekanntlich  hSofig  anf.  die  falsche  Ord- 
nung ist  Öfter  durch  zudichtung  von  versen  in  einen  einigermaszen 
ertrSglichen  zustand  gebracht  worden ,  wie  ich  in  meinen  Studien  za 
Eur.  s.  345  an  einem  eclatanten  beispiel  (Herakl.  961)  gezeigt  habe, 
▼gl.  dazu  auch  curae  criticae  s.  15  f.  an  unserer  stelle  erhalten  wir 
den  richtigen  fortgang  der  gedanken  bei  folgender  Ordnung: 
06.  ipuxtl  1^^^  2^Vy  oö  buoiv  iq>€iXop€v. 
AA.  Kai  |Lif|v  Aiöc  Tc  M€iZov'  fiv  lwx\c  xpövov.  718 

<^€.  ^vyjcTCue  iroXXdc ,  djc  9ävu)Ci  nXciovcc.  720 

AA.  q)eO. 

cte*  dvbpöc  fXOoic  ToOb€  t'  €lc  XPciav  ttot^.  719 

<t^.  dp$  TOveOciv  oöblv  ^xbiKOv  naOuiv.  7i4 

AA.  jutaxpoO  ßiou  föip  ^cOö^riv  dpujvTd  cc.  715 

06.  dXX'  oö  cu  vexpöv  dvrl  coO  TÖvb'  dKq>^p€ic;  7i6 

AA.  cd  toöt'  dv€iboc*  oö  ydp  fjGeXec  0av€tv.  721 

0€.  q>{Xov  TÖ  q)^TToc  toOto  toO  OeoO ,  <piXov.  722 

AA.  KQKÖV  TÖ  \f\lia  KOÖK  tv  dvbpdciV  TÖ  CÖV.  728 

bei  dieser  Ordnung  fallen  717.  718  weg,  und  das  ist  ein  neuer  ge- 
winn,  kein  Verlust:  denn  wenn  717  dipeia  Tf)c  cf)c,  (b  Kdxicr',  i\^\)^ 
Xuxc  Torausgeht,  ist  723  nur  eine  lästige  Wiederholung  des  gleichen 
Torwurfa  und  718  oöroi  Trpöc  fmüjv  T*  ujXct'^  ouk  £p€ic  TÖb€  sagt 
dasselbe  wie  716,  nur  in  trivialer  weise,  zu  dem  festen  gefüge  der 
gedanken,  welches  unsere  Umstellung  erzielt,  bemerke  ich  nur  dasz 
Admetoa  die  einrede  des  Pheres  'man  lebt  nur  Einmal  in  der  weit' 
(712)  spottend  mit  'ja,  ewig*  (713)  erwidert,  worauf  Pheres  den 
Torwurf  des  q>iX6i|iuxov  zurückgibt  mit  dem  hinweis,  dasz  Admetos 
seine  flrauen  für  sich  sterben  Iftszt  (720)  und  um  'ewig'  zu  leben 
nur  yiele  franen  zu  heiraten  braucht 

Bamberg.  Nicolaub  Wbcklkiii. 


(71.) 

ZDB  KRITIK  D£8  EÜRIPIDES. 


L  In  jenen  dramen  des  Euripides,  die  weniger  leser  angezogen 
haben  nnd  durch  handschriftliche  vervielfllltignng  minder  verbreitet 
worden  sind,  haben  sich  nicht  wenige  verslücken  von  bald  grOszerm 
bald  geringerm  umfimg  erhalten,  anders  in  stücken,  welchen  die  gunst 
des  pnblirams  bis  in  späte  zeit  gewogen  blieb,  hier  konnten  die 
oaterlassungssflnden  unachtsamer  Schreiber  nicht  so  lange  unbemerkt 
bleiben  und  sowol  wirkliche  als  vermeintliche  versverluste  —  die 


662  SMekler:  zur  kritik  des  £aripides. 

letzteren  verrathen  sich  ua.  durch  die  Störung  der  stichomTtbie  und 
andere  Verletzungen  der  in  der  alten  tragOdie  herschenden  fbnn- 
gesetze  —  wurden  durch  die  gutgemeinte  bemUhung  eifriger  cor- 
rectoren  gedeckt,  ebenso  auch  die  iQcken  inmitten  von  verseiL  aber 
selbst  in  vielgelesenen  tragödien  wie  den  Phoinissai  und  der  Medeia 
begegnet  man  hie  und  da  versausfUUen  wenn  auch  jfingem  datanu. 
Oft  liegt  die  ftuszere  veranlassung  für  den  ausfall  einer  idle  in 
frappanter  klarheit  vor.  so  in  der  Helene,  auch  ohne  die  parodie  dtt 
Aristophanes  in  den  Thesmophoriazusen  wüsten  wir  dasz  zwischen 

660  (b  Oeoi  -  Oeöc  t^p  xal  tö  tiTvwckciv  q)(Xouc 
und       562  'QXrivic  *  dXXd  xal  tö  cöv  0^Xui  ^adeiv 
eine  lücke  klafft,  nicht  aber,  wie  der  in  den  Euripides-hss.  fehlende, 
vom  komiker  erhaltene  vers  lautete,   er  hiesz : 

'EXXtivIc  €l  TIC  i^  'TTixuipia  Twvt^J 
warum  er  übergangen  wurde,  erklftrt  sich  von  selbst. 
Durch  Plutarch  ist  uns  Hik.  972  ff. 

IxiXea  iraiböc  iv  oIkoic 

KCiTai  jivrifiaTa,  ir^vOtjiot 

Koupal  kqI  CT^q>avot  KÖjüiac, 

Xoißai  T€  vcKUuiV  q>8t^^vuiv, 

doibai,  T&c  xpucoKÖ)üiac  usw. 
der  vorletzte  vers  glücklich  erhalten,   bei  Euripides  selbst  ist  er  rer- 
gessen.    der  Schreiber  der  stammhandschrift  sprang  von  AOIBAI  za 
AOIAAI  über. 

Alk.  141  f.  lauten: 

G€.  KalZuicav  elireiv  xal  OavoOcav  £cti  coi. 
XO.  Kai  TTiuc  ftv  auTÖc  xaTOävoi  t€  kqI  ßX^itoi; 
in  den  hauptvertretern  der  ersten  handschriftenclasse  vermissen  wir 
den  ersten  vers. 

Dagegen  kennen  wir  aus  den  hss.  dieser  dasse  allein 
Alk.  275  f.  ^f)  Ttpöc  C€  6€(£iv  tX^c  fi€  irpoboGvcu, 

Mf)  Trpöc  TralbuiV  oOc  öpq>avi€ic 
den  zweiten  der  verse,  der  in  der  durch  Pal.  Laur.  repräsentierten 
classe  fehlt. 
Phoin.  1345  f.  otfioi  Su|iq)opac  ßapuTTOTfiUJTäTac, 

oifioi  KaKtSjv  bOcTr)voc'  (b  TdXac  iftb. 
Eirchhoff  bemerkt  hierzu :  1346  om.  BC,  in  margine  scriptum  habet  A. 
Med.  243  f.  ZriXuiTÖc  aiuiv  el  bk  ^i^,  GaveTv  xpc^ibv. 

dvf|p  b\  ÖTttv  Tok  fvbov  fixÖnTCti  EüVUlV 
übergeht  der  Schreiber  von  £  (Prinz)  die  zweite  zeile, 
Tro.l242f.  €lb*fmäc6cöc 

&Tp€Hfe  Tfivui  iTcpißaXdiV  xdTuj  x6ovöc 
der  von  0  (Kirchhoff)  gleichfalls  die  zweite. 

In  meinem  aufsatz  *zur  revision  der  frage  der  oaesura  media  im 
iambischen  trimeter  des  Euripides'  (Jahresbericht  des  akad.  gTSin- 
in  Wien  1878)  s.  38  habe  ich  einen  ähnlichen  fall  (Hik.  303),  wobei 
die  gleiohheit  der  versschlüsse  zur  unmittelbaren  Ursache  des  tstb- 


SMekler:  zur  kritik  des  EnripidoB.  663 

aus&lls  geworden  sein  dürfte,  zu  erweisen  versucht,   ein  nenes  bei- 
spiel  ftige  icb  im  folgenden  hinzu. 

Mit  rührender  beredsamkeit  schildert  Megara  im  eingang  des 
Herakles  dem  greisen  Amphitrjon  die  furchtbare  läge,  in  die  ihr 
ganzes  haus  gerathen  isty  seit  Herakles  in  den  Hades  hinabgegangen 
und  Ljkos  sich  gewaltsam  zum  herm  des  landes  aufgeworfen,  von 
ihren  kleinen  erzfthlt  sie : 

clc  2X6YXOV  äXXoc  äXXoOev  iriTViuv, 
(b  MnTcp ,  aub^,  iToi  Ttarfip  fiirecri  ff\c; 
T\  bpä;  1TÖ6'  ffiEex;  riji  v^ip  b'  dcq>aX^^voi  76 

£riToOci  TÖv  t€k6vt  '.  ifdi  bk  biaq>€pui 
XÖToici  jiuOeüouca. 
ehe  ich  auf  mein  eigentliches  thema  komme ,  möchte  ich  bei  den  zu- 
letzt angeführten  worten  ein  wenig  verweilen,  sie  können  nur  be- 
deuten: *ich  ziehe  die  kinder  hin,  vertröste  sie  damit  dasz  ich  ihnen 
etwas  vorplaudere,  geschichten  erzähle.'  so  wäre  Xdrotci  mit  bta- 
9^pui  eng  verknüpft  diese  annähme  aber  hat  zur  Voraussetzung,  dasz 
biaq>^pui,  wofür  wenigstens  der  Sprachgebrauch  der  tragödie  keine 
parallele  darbietet,  im  sinne  von  Wertrösten,  beschwichtigen'  ver- 
standen werden  muss.  deshalb  wol  hat  Nauck  einmal  bucq>opui  con- 
jiciert,  auf  welchen  verschlag  ich  gleich  zu  sprechen  kommen  werde. 
er  hat  ihn  fallen  gelassen  und  Eur.  Studien  11 156  sich  anders  aus- 
gesprochen :  'es  ist  sehr  gewöhnlich  im  griechischen  Xöjouc  X^T^ty 
zu  verbinden;  dagegen  XÖTOic  ^uOeOeiv  oder  XÖTOtc  X^T€iv  ist  uner- 
hört und  völlig  undenkbar,  dazu  kommt  dasz  XÖTOici  ^uOeuGUca 
höchstens  ein  erzählen,  nimmermehr  aber,  was  gerade  hier  der  Zu- 
sammenhang fordert,  ein  beruhigen  durch  werte  bezeichnen  könnte.' 
indtoi  er  XÖTOici  ^uGcOouca  aus  ^uOotci  ^uOcüouca  und  dieses  wie- 
der aus  ^uOoici  irpadvouca  ableiten  will,  beseitigt  er  sowol  Xöjotci 
als  ^uOeuouca;  die  änderung  ist  jedoch  nicht  weniger  unstatthaft 
als  die  Hartungs  XÖTOici  napa^udoCca:  denn  nur  wenige  verse  spä- 
ter wird  Megara  von  ihrem  Schwiegervater  das  zu  thun  aufgefordert, 
wts  sie  schon  jetzt  ungemahnt  zu  thun  behaupten  würde: 

dXX  *  f|cüx<£^  Kai  baKpuppöouc  t^kvujv  98 

itrxfäc  dqHxipei  xal  irapeuKifiXci  XÖTOtc, 
icXenTOuca  ^uGoic  &6Xiouc  icXoTtäc  ömu)c 
die  stelle  würde  an  Verständlichkeit  und  Schönheit  zugleich  erheblich 
gewinnen,  wenn  man  mit  benutzung  jener  co^jectur  Naucks  lesen 
wollte:  ifw  bk  bucq>opu)  XÖTOtctv  edOu^oOca,  worunter  das 
lächeln  unter  thränen  verstanden  ist,  zu  welchem  die  mutter  durch 
die  unruhigen  fragen  der  kinder  gedrlbigt  wird :  *um  sie  zu  beschwich- 
tigen, musz  ich  heiter  erscheinen,  indes  der  gram  an  mir  nagt.' 
XototciN€T6YM  ist,  wie  man  sogleich  erkennt,  für  ein  flüchtiges 
aoge  mit  XoTOtciMYGCY  leicht  zu  verwechseln  gewesen  (vgl.  Nauck 
in61.0r.-B.  ¥111411).  zu  Xdroici  vgl.  Her.  688  f.  iroXXouc  it^vriTac, 
öXßiouc  bk  T^  XÖTty  boKoOvrac  elvat.  Hipp. 413  f.  picui  bi  xal t&c 
ci(Hppovac  iiiy  £v  Xoto ic,  XdSpa  bl  TÖX^ac  ou  KaXdc  KCKnuüi^vac. 


664  SMekler:  zur  kritik  des  Earipides. 

Or.  287  TOic  fifev  XÖTOic  iiöq>pav€,  xoic  6*  JpYOiciv  oö.  Phoin. 
359  f.  8c  b*  fiXXiwc  XdT€i,  XÖToici  xoipci,  töv  W  voOv  ^kcic'  l%iu 
Megara  fährt  fort : 

80  vOv  oöv  Tiv'  iXnlb^  f|  iTÖpov  cujTiipiac 

^EeujiapUlei ,  irp^cßu ;  irpoc  ck  fäp  ßX^irui. 

ITÖpov  (für  hsl.  TT^bov,  welches  Heath  rechtfertigen  will,  Canter 
und  Beiske  in  unbefriedigender  weise  änderten),  ist  eine  gesicherte 
emendation  Musgraves.  an  4E€U|iap{2[€i  geht  die  erklärang  bzw.  die 
kritik  vorüber,  gewis  mit  unrecht,  das  verbum  ^S€UfiapiZ€tv  ist  nnr 
noch  aus  dem  prolog  desselben  dramas  nachgewiesen,  wo  darchaas 
sinngemäsz,  wenn  auch  mit  nicht  zu  verkennender  incongmenz  der 
construction  (17)  cujiqiopäc  hk  räc  i^&c  ^Eeu^apUiuv  xai 
irdTpav  oiKCiv  GeXwv  steht,  allerdings  würde  man  den  infinitiv 
lieber  sehen,  das  wort  aber  trifiPt  nach  ableitung  und  verwendang 
an  diesem  platze  zu.  es  heiszt  ^erleichtern'  und  kommt  ungezwungen 
zu  dieser  bedeutung.  dagegen  kann  an  der  andern  stelle  iXiribo  1\ 
ITÖpov  cumipiac  ^EeuMapiZecOai  nur  so  viel  sagen  als  'eine  hoffiiosg, 
einen  aus  weg,  der  zur  rettung  führt,  leicht  h  erb  e  isch  äffen , 
leicht  ausfindig  machen.'  das  lezikon  hat  daher  auf  gmod 
unserer  stelle  ein  medium  ^€U|iapiZ€cOat  zu  statuieren,  das  gar 
nicht  mehr  die  natürliche  bedeutung  festhält:  denn  Megara  und 
überhaupt  wer  in  solcher  Situation  sprechen  mag,  sagt  nicht:  Vel- 
ches  mittel  schaffst  du  leicht  herbei?'  sondern  entweder  'welches 
mittel  schaffst  du  herbei?'  oder  'schaffe  eines  herbei',  die  Vorstel- 
lung des  eöfiapuic  iTapacKCudZeiv  verträgt  sich  nun  einmal  nicht 
mit  dem  tenor  der  rede.  Naucks  feine  beobachtungsgabe  bewährt 
sich  auch  hier,  wenn  er  Ü^v^apllexc  vorzieht,  doch  nicht  ohne  hin* 
zuzufügen  *nisi  gravier  sit  corruptela'.  in  der  that  würden  wir  un* 
recht  daran  thun,  dem  sonst  nirgends,  in  demselben  stück  aber  zwei- 
mal kurz  nach  einander  erscheinenden,  soweit  wir  wissen,  von  Eori- 
pides  neugeprägten  verbum  mit  der  doppelten  Interpretation  einen 
phraseologischen  zwangscurs  aufsudrängen;  um  bei  dem  bilde  zn 
bleiben ,  es  musz  an  der  zweiten  stelle  seinen  nenn  wert  bewahren. 
Gegen  dSeuMapiZei  liesze  sich  nun,  da  es  mit  dXiTlöa  und  iröpov 
nicht  wol  zusammengebracht  werden  kann,  die  stabilitftt  des  tragi- 
schen Sprachgebrauchs  ausspielen^  wonach  i£€upicK€iv  der  hier  er- 
forderliche begriff  wäre:  vgl.  Med.  260  i[}f  \xo\  iTÖpocTiC^iix<xvii 
t'  dSeupeO^.  Alk.  221  Igeupe  jüiriXttväv  tiv*  "Ab^i^Tip  kokäv. 
Hei.  1022  fEoböv  t'  €upicK6T€  (Nauck).  Iph.  Taur.  875  riva 
CGI  ITÖpov  eöpo^^va.  Iph.Aul.356Tivat  TTÖpov  cupui  iröOcv. 
Herakl.  169£XiTib'  €uprjc€iv,  das  iröpov  ilOpc  Ocöc  der  sdilnsz- 
anapäste  mehrerer  dramen  und  ähnliches  bei  Aischjlos  und  Sopho- 
kles (Prom.  59.  Sieben  209.  OT.  42.  £1.  875).  es  könnte  dedndert 
werden,  bei  weitem  wahrscheinlicher  sei  dasz  Euripides  beillnfig 
Tiv*  iXiTib*  f{  ITÖpov  cwTiipfac  dEcOpecfiMiv,  irp^cßu;  geschrie- 
ben, um  so  mehr  da  ^^^|p£CHM^|  ^^^  ®^^®  sieben  bnchstsben 


SMekler:  zur  kritik  des  Euripides.  665 

der  nrhandschrift  umfaBsende  Ittcke  zu  weisen  soheint.  allein  dies 
hiesze  die  sacbe  ttbers  knie  brechen,  versetzen  wir  uns  selbst  in 
die  läge  eines  redactors,  der  sieb  vor  ein  lückenhaftes  Schriftbild 

€£€T TTP6CBT  gestellt  sah.    werden  wir  nicht  zugeben 

müssen,  es  sei  zehnmal  glaublicher,  dasz  er  bei  einiger  kenntnis 
seiner  aufgäbe  die  lücke  gerade  so  wie  wir  es  gethan  hätten,  mit 
Zuhilfenahme  des  naheliegenden  £S€upicKeiv,  als  dasz  er  sie  durch 
das  ganz  abliegende  ^eupaplZeiv  ergänzte?  denn  auch  wenn  ihm 
noch  von  v.  17  her  dieses  letztere  im  ohr  lag,  muste  er  fühlen  dasz 
es  hier  nicht  genügen  kOnne. 

Was  ist  somit  zu  thun?  ich  glaube,  aus  der  thatsache,  dasz 
ä€U|iapiZ€iv  (-€c6ai)  überliefert  ist,  ergibt  sich  notwendig  die  fol- 
gerungy  dasz  irgendwie  von  einer  erleichterung  der  bösen 
läge,  in  welche  die  an  dem  gespräch  beteiligten  personen  gerathen 
sind  und  woraus  sie  sich  zu  befreien  begehren,  die  rede  sein  muste ; 
combiniert  man  jene  thatsache  mit  der  oben  berührten  beobachtung 
des  constanten  gebrauchs  von  (£E)€upicKetV;  so  ergibt  sich  weiterhin 
mit  einiger  Wahrscheinlichkeit,  dasz  eine  gröszere  lücke  vorliegt: 

vOv  oöv  Tiv'  ikrtlb'  f\  TTÖpov  cuinipiac 

dEeOrpec  fmiv,  ^  tux^v  buvaipeO'  &v 

iEcujMaptZeiv,  irp^cßu;  irpöc  c^  T^p  ßX^irui. 
die  gleichen  versanfllnge  haben  irregeleitet;  die  nächste  Wirkung 
war,  dasz  der  nunmehr  beziehungslos  gewordene  infinitiv  ££€U^api- 
liw  in  ein  verbum  finitum  umgewandelt  werden  muste. 
n.  Medeia  160  ff. 

J)  jiCTdXa  Ql\xx  Kai  it6tvi'  ''AprcMi, 

XeucceG*  &  irdcxuii  M€T<iXoic  öpKOic 

£vbT)caM^va  töv  xordpaTov 

nöciv;  6v  ttot*  ^tui  vii^<pav  t*  £ciboiji' 

auTOic  M^XdOpotc  btaKvaio^^vouc, 

oX  T  *  iv^^  iTpöcOev  toXmuuc  *  dbiKcTv. 

J)  itdT€p » (b  nöXic ,  J)v  dTTcväcOiiv 

aicxptltc  TÖV  iixöy  xrcivaca  Käctv. 
es  kann  gar  nicht  zweifelhaft  sein,  dasz  der  schlusz  dieser  anapästi- 
schen reihe  in  irgend  einer  art  beschädigt  ist.  zwar  scheint  nichts 
zu  fehlen,  und  die  letzten  werte  geben  wirklich  zu  keinem  tadel  an- 
lasz,  aber  man  sieht  nicht,  welches  motiv  den  dichter  dazu  führen 
konnte,  dem  sjstem  nicht  den  gewohnten  abschlusz  durch  den  par- 
oemiacns  zu  geben,  wie  das  im  ganzen  kommos  geschieht,  wenn  eine 
gröezere  reihe  schlieszt : 

110  i|fux^  bnx^fca  KaKOiciv. 
114  cdv  narpi,  xal  iräc  bö^oc  £ppot. 
130  bai|xuiv,  oIkoic  dir^bwKev. 
143  iropaOaXiTOM^VTi  q)p^va  ^u6oic. 
147  ßioTdv  CTUT€pdv  irpoXiiroOca. 
172  b^cTTOiva  xöXov  xaTairaucei. 
203  baiTÖc  itX^pui^a  ßpoToiciv. 


666  SMekler:  zar  kritik  des  Euripidea. 

dasz  eine  so  karzathmige  versreihe  wie 

97  bücravoc  i^Oj  \xekia  t€  ttövuiv  , 

iui  \ioi  MOi ,  itu»c  &v  öXoipav ; 
oder  Hipp.  1353  ff.,  wo  der  sprechende  nicht  abbricht,  sondern  in 
neaen  rbythmen  wieder  anhebt,  nicht  zn  yergleichen  sind,  gilt  mir 
für  ausgemacht,   ein  gleiches  ist  von  den  andern  bei  Christ  metrik 
der  Gr.  a.  B.'  s.  255  angefahrten  tragikerstellen  zo  bemerken. 

Heimsoeth  will  an  nnserer  stelle  den  paroemiacns  durch  eine 
Umstellung  erhalten^  der  sich  vorwerfen  iSszt  dasz  sie  die  über- 
lieferte einfach  schöne  Wortfolge  einer  zum  mindesten  weniger  ge- 
fälligen opfert: 

\b  irdrep,  (b  ttöXic,  div  xdav  alcxpwc 

TÖv  i^öv  KTcivac*  direvAcOiiv. 
Kirchhoff  urteilt  anders  und  richtiger  über  die  methode  der  hental* 
lung:  'cum  probabile  non  sit  hoc  systema  paroemiaco  finitum  non 
6880,  post  xdiciv  quattuor  sjllabarum  vocem  excidisse  suspicor.'  das 
erforderliche  wort  und  mit  ihm  den  nicht  unwillkommenen  abschlosz 
des  gedankens  glaube  ich  gefunden  zu  haben  in : 

(ü  TrdT€p,  (ü  iTÖXic,  (Lv  dneväcOnv 

alcXPÜtlC  TÖV  iiiöv 

KTcivaca  xdciv ,  b  1 6  X  uj  X  a. 
vgl.  das  vorhin  erwähnte  ttuic  ftv  ö  X  o  ( ^  a  v  und  v.  704  d  X  u;  X  a ,  so- 
dann folgende  apostrophen:  Andr.  1176  ib  iröXi  BeccoXiac,  bio- 
XiuXa)üiev  und  Her. 754  (ZJirdcaKdbMOUTa^',  diröXXupaiMXw, 
namentlich  den  fthnlichen  schlusz  der  anapftste  Tro.  1253  [ki^o.  b' 
'öXßicGck  die  Ik  TtaT^puJV  |  dTaOuiv  ^ir^vou,  |  b€iv«]ji  tevdTip  btöXuu- 
A  ac.  so  zeigt  Euripides  eine  deutliche  Vorliebe  für  den  schlusz  mit 
dem  verbum  biaicvai€iv:  El.  1307  Sxr\  iraT^puiv  biCKvaicev. 
Herakl.  296  Miuxnv  fjXGev  btaKvaicai.  Iph.  Aul.  27  koi  5uc- 
-dpecToi  bUxvaicav.  Ejkl.  486  Xa^irpdv  ^Hiiv  biaKVoicci. 

Der  anfang  desselben  Systems  ist,  wie  bekannt,  in  neuerer  zeit 
viel  umstritten.  Prinz  nennt  als  die  wahrscheinlichste  vemmtucg 
die  Weils  (und  Heimsoeths):  tL  pLCfäke,  ZeO  Kai  6^^i  nÖTVia,  |  Xeüc- 
<e6*  &  irdcxu)  und  daneben  die  von  Wieseler:  di  ^€T&X€  ZeO  itÖTVid 
t'  (b  Qi^xx,  beide  vorschlüge  fuszen  auf  zwei  jetzt  fast  allgemeis 
adoptierten  und,  wie  mich  dünkt,  richtigen  erwägungen:  dasz  erstens 
Artemis  in  dem  Zusammenhang  der  ganzen  stelle,  zumal  von  Medei&. 
nicht  angerufen  werden  kann,  und  dasz  zweitens  schon  wegen  (16S 
kXij€6'  da  X^T€i  KdTTißodTat  |  Qi\xxv  eöicratav  Zf)vd  6*  6c  ApKuJv 
OVTiToTc  Tafiiac  vcvÖMicrai;  Zeus  angerufen  werden  muss.  wie  aber 
erklären  wir,  wenn  auch  jene  verbesserungsvorschÜLge,  was  tage* 
geben  werden  musz,  sachlich  zutreffend  sind,  das  fortrücken  des 
6^^t  von  seiner  stelle  im  dritten  bzw.  vierten  fnsz  des  dimeters 
in  den  zweiten  fusz,  wo  wir  es  samt  dem  zugehörigen  epitbeton  fin- 
den und  zwar  vollkommen  unverdächtig?  keine  der  vermutnogen 
gibt  hinreichenden  aufschlusz  Ober  die  entstehung  unserer  tradition; 
beide  setzen  einen  corrector  voraus,  der  den  irrtum  lü  peitiXü  BcMt 


SHekler:  Etur  kritik  de«  Enripidefl.  667 

Kol  8^^i  irdrvia  (oder  irörvtä  t'  ib  Oiiii)  vorfiand  und  so  viel  ver- 
stand, eine  metrisch  correcte,  aber  auch  sogleich  so  ungeschickt  war, 
eine  inhaltlich  unmögliche  correctnr  zu  erdenken,  von  deren  Wider- 
sinn er  sich  sogleich  überzeugen  mäste,  im  gegenteil,  eben  das  unza- 
lissige  ''ApTC^i,  durch  bloszen  zufall  metrisch  untadelhaft,  deutet  auf 
naive,  nicht  vorbedachte  correctur  eines  wirklich  oder  scheinbar 
der  erginiung  bedarftigen  textes;  der  liame  der  Themis  hingegen, 
der  einzig  haltbare  in  der  überlieifemng  und  ftlr  die  Wiederherstel- 
lung des  Verses  einzig  brauchbare,  sollte  doch  nur  unter  Währung 
seines  platz  es  inmitten  der  beschädigten  Umgebung  zum  krjstal- 
lisationspunct  der  neugestaltnng  des  textes  werden,  dies  könnte  ge- 
schehe]», wenn  wir  uns  vorstellen  dasz  von  ITOTNIA  APT6MI  nichts 
echt  war  als  die  buchstaben  ONIAA  €  und  diese  ein  rest  von 

(b  fiCTäXa  e^jiii  kqI  [Kp]oviba  [Z]€[C], 
womit  unser  zweck  ohne  heroische  mittel  erreicht  ist    der  vers 
wire  80  gebaut  wie  der  ebenfalls  in  klageanapftsten  vorkommende 
V.  68  der  Hekabe:  ib  crcpoird  Aiöc,  (b  CKoria  vuE.  zu  Kpovi5f)C 
Z€uc  Tgl.  Bakchai  95  und  Hek.  473  f. 
m.  Alkestis  132  ff. 

irdvTa  tdp  ^br)  TcrAecTat  ßaaXeöci , 

irdvTuiv  b^  Ocwv  ^Tri  ßm^oic 

alfuSppavTOi  Oucim  irXi^peic , 

oöb '  £cTi  xaKdiv  £koc  ovib^v. 
so  kann  Euripides  nicht  geschrieben  haben,  gewis  hat  in  der  ersten, 
wahrscheinlich  auch  in  der  zweiten  zeile  der  text  schaden  genommen. 
*lacera  sjstematis  anapaestici  membra'  nennt  Kirchhoff  die  worte 
ifdvra  .  •  ßuiMoTc  mit  vollem  recht,  doch  ist  Nauck  (studien  11  53) 
nicht  ohne  gmnd  dem  verfahren  Kirchhoffs,  welcher 

irdvra  fäp  ffiri .... 

TCT^CCTat  .... 

ßaciXcOct .... 

itdvTuiv  bi  OeOiiv .... 

im  ßuiMoTci .... 
abteilt,  entgegengetreten,  er  selbst  ftuszert  sich  folgendermaszen : 
'das  anapBstische  metrum  wird  durch  die  worte  TCT^XccTai  ßaciXeOci 
gestOrt,  und  eben  diese  worte  sind  von  Seiten  des  sinnes  ihrer  un- 
Uarheit  wegen  anetOszig;  nachher  befremdet  der  paroemiacus  ndv- 
Tuiv  hl  66I&V  dtri  ßui|ioTc,  und  endlich  ist  irXrjpcic  als  attnbut  von 
Oudai  unverstftndlich.'  seine  annähme,  die  enden  von  131 — 134 
amen  in  der  nrhandschrift  nicht  mehr  leserlich  gewesen  und  nun 
dorch  falsche  zusätze  ergttnzt  worden ,  hat  viel  ftlr  sich ;  sehr  glaub* 
lieh  ist  mir,  dasz  der  fragliche  paroemiacus  zum  akatalektischen 
dimater  ergiinzt  werden  mQsse.  ob  Ouciai  itXif)p€ic  anzutasten  ist, 
weisx  ich  nicht  zu  entscheiden,  denke  jedoch  dasz  es  durch  fr.  904, 
3  ff.  cö  b^  )ioi  I  duciav  fiicupov  iroTKopicciac  |  btiax  irXl^pi) 
irf>oxv0eicav  einigermaszen  geschützt  ist.  was  Nauck  und  mit 
ikm  Prinz  den  meisten  verdacht  erregt,  TCTAccrai  ßaciXcOct,  halte 


668  SMekler:  cur  kritik  des  Euripides. 

ich  für  ganz  richtig  überliefert:  'alles  ist  aufgewendet  vom  kSnig, 
das  Unheil  zu  beschwören',  das  bedeuten  die  werte.  ßaciXeOci  steht 
wie  138  t>€Cir6Taici,  212  Tupdvvoic,  um  den  herscher  zu  bezeich- 
nen, es  konnte  nun  freilich  mit  plastischerem  ausdruck  gesagt  wer* 
den:  'alle  spenden  (opfer)  sind  dargebracht',  und  das  subjectdes 
TCT^XecTat  mochte  ii\r\  sein,  das  bei  Euripides  selbst  für  'opfer, 
Opferbräuche,  weihen'  stellt:  Hipp.  25  C€^vuiv  ic  äi|fiv  Kttl  T^Xf) 
jiucTnpiuiv.  Med.  1382  C€Mvf|V  ^opTf|v  fai  Ti\r\  irpoc<h|fOM€V.  fr. 
329,  6  N.  kqI  Geoict  pixpä  x^^P^  OuovTac  t^Xt]  |  tu8v  ßouSurouv- 
TUJV  dvrac  eöccßecT^pouc.  vgl.  Bakchai  39  f.  bei  t&P  iröXtv  rvyh* 
^KMaOeTv,  xel  m^  OAei,  |  &t^X€Ctov  oOcav  tuiv  i\xujv  ßcDcxcu- 
^ärujv.  bei  Aischylos  Perser  203  f.  ßui^öv  irpoc^cniv,  Äirorpi- 
TTOtci  baiMOCi  I  O^Xouca  Oucai  ir^Xavov,  tbv  t^Xt)  räbe.  bei  Sopho- 
kles Trach.  237  f.  6pl2[€Tai  |  ßuj^ouc  t^Xti  t'  fTKOpira  KT)voi(|; 
Ali.  femer  scheinen  die  werte  des  scholiasten:  &  lh€\  iroteiv, 
TCT^Xecrai  'AbixriTi}!  eine  beziehung  zu  enthalten,  welche  in  unsera 
text  nicht  mehr  vorliegt:  'alle  gebotenen  opfer,  alles  was  der 
religiöse  brauch  erheischt,  hat  der  kOnig  erfüllt.' 

So  gewinnen  wir  anlasz  in  den  drei  ersten  Zeilen  des  zu  recon- 
struierenden  anapftstischen  Systems  erg&nzungen  vorzunehmen,  deren 
jede  den  räum  von  drei  bis  vier  buchstaben  beanspruehen  würde: 

Trdvxa    fäp     ^rxpflvlbfi  TerAccTai 
ßaciXcCci     T^Xn, 

TrdvTuiv  bfe  9€d»v  L  elc*  J  ^ttI  ßui^oic 

aifiöppavToi  Ouciai  irXiipeic 

OÖb'  £CTl  KaKUIV  fiKOC  oOb^v. 

für  die  erste  und  dritte  zeile  Ittszt  sich  der  ausfall  nicht  mit  Sicherheit 
bestimmen ;  so  viel  habe  ich  wahrscheinlich  zu  machen  gesucht,  dasx 
eine  gröszere  lücke  im  archetypus  aller  unserer  Alkestis-hss.  war. 
Wien.  Sibqfrikd  Hbklbb. 


92. 

Zu  SOLONS  FRAGMENTEN. 


fr.  4,  5  nehme  ich  an  dem  adjectiv  ji€TdXt)V  anstosz.  es  han- 
delt sich  hier  nicht  um  die  grösze  und  macht  Athens;  als  stehendes 
epitheton  dieser  stadt  will  sich  \xijac  aber  kaum  eignen,  auch  r.  21 
wird  Athen  ncXuripaTOV  ficru  genannt,  ich  möchte  daher  lieber 
ipomfjv  oder  Xmapirjv  lesen,  das  erstere  ist  als  epitheton  von  stldten 
hinl&nglich  bekannt;  zu  dem  letztem  vgl.  Theognis  947,  wo  nacb 
der  meinung  einiger  unter  Xiirapfj  iröXic  ebenfalls  Athen  gemeiat 
ist  auszerdem  ist  ja  bekannt  dasz  Solon  die  stadt  Athen  Xiirop^ 
KOupoTp6q>oc  genannt  hat  fr.  43  Bgk. 

ebd.  V.  11  überliefern  die  hss.  einen  pentameter  statt  eines 
hexameters.  man  nimt  nun  gewöhnlich  an,  dasz  vor  und  nach  die- 
sem vers  ein  hexameter  ausgefallen  sei.   aber  die  hss.  zeigen  kein« 


V 


JSitzler:  sn  Solo&s  fragmenten.  669 

Ittcke  an,  und  auch  dem  sinne  nach  wird  nichts  vermiszi.  daher  ist 
Beigk  mit  recht  der  ansieht,  es  sei  nnr  ein  hemistichion  aasgefallen, 
«n  dessen  stelle  aus  fr.  13,  12  die  worte  fpTMact  it€i6ömcvoi  getre- 
ten seien,  nicht  billigen  kann  ich  es  aber,  wenn  derselbe  gelehrte 
die  folgenden  worte  ofiO'  Upuiv  KTcdvuiv  oCt€  ti  bttfiociuiv  q)ci- 
Myicvot  SU  Y.  11  sieht  und  y.  13  KX^irrouct  b'  f&r  KXdiTTOUCtv 
schreiben  will,  mir  scheinen  dieselben  notwendig  zu  KX^irrouciv 
za  gehören  und  nicht  davon  getrennt  werden  zu  kOnnen.  das  asyn* 
deton  zwischen  y.  11  und  12  kann  aber  nicht  auffallen,  da  ja  auch 
sonst  bei  genauerer  ausfOhrung  des  schon  angedeuteten  die  partikel 
tdp  fehlt,  den  v.  11  möchte  ich  etwa  ergftnzen:  irXouTOÖciv  b' 
dMKOictv  dir'  {pTMact  Ou^öv  ^xovrec,  Ygl.  Theognis  383  f. ,  wo 
das  gegenteil  sich  findet:  dnö  beiXuiv  £pTuiv  Tq(OVT€C  6u^öv. 

ebd.  Y.  21  ist  das  wort  bucMCV^UiV  unklar;  auch  rax^uic  passt 
nicht  gut  sollte  nicht  eher  ^k  buc^^v^üiv  TQTiuv  zu  lesen  sein? 
die  buqi€V€tc  Torroi  sind  dieselben  die  oben  v.  7  bi^jiGU  f|T€^6v€C 
keiszen.  diese  meinen  es  böse  mit  der  stadt  und  suchen  in  volks- 
Tersamlungen  das  volk  zu  Ungerechtigkeiten  aufzuwiegeln;  sie  finden 
besonders  bei  den  äbiKOi  anJclang  (34) ;  daher  heiszen  die  Yersam- 
langen  auch  y.  22  q)iXai  TOic  dbiKoOciv:  sie  werden  hauptsächlich 
▼Ott  diesen  dbiicoi  besucht  deshalb  hätten  diese  worte  nicht  ange- 
fochten werden  sollen. 

Nach  diesen  einzelbemerkungen  noch  einige  worte  über  die 
ganze  elegie.  es  fällt  offenbar  jedem  der  die  elegie  genauer  liest 
suf ,  dass  das  treiben  der  demagogen  nicht  zusammenhängend  ge- 
schildert, sondern  durch  die  folgen  ihrer  Umtriebe  (y.  17 — 22)  unter- 
brochen wird,  ja  y.  18  findet  seine  erklärung  erst  in  y.  23  f. ,  kann 
siso  diesem  distichon  nicht  Yorangegangen  sein,  überdies  bilden  die 
terse  19 — 32  offenbar  den  schlusz  der  ganzen  Schilderung,  an  die 
sieh  Y.  31  f.  passend  anschlieszen.  mit  rücksicht  auf  dieses  alles  sind 
die  Yerse  wol  so  umzustellen,  dasz  nach  y.  16  die  Yorse  23 — 30,  dann 
17 — 22  und  darauf  y.  31  ff.  folgen,  diese  Umstellung  der  Yerse,  die 
wir  um  des  sinnes  willen  Yomahmen,  wird  auch  durch  die  Symmetrie 
der  elegie  bestätigt,  die  als  beigäbe  zu  andern  beweisgrCUiden  wol 
nickt  zu  Yerschmähen  ist  der  einleitung  1 — 10  entspricht  der  schlusz 
31 — 40.  die  Yerse  in  der  mitte,  die  die  Umtriebe  der  demagogen  und 
derok  folgen  schildern,  sind  so  geordnet,  dass  die  Yerse  23— 30  als 
die  wichtigeten  in  der  mitte  stehen,  denen  11^-16  gleichsam  als 
einleitoiig  Yorhergehen  und  17— -22  gleichsam  als  schlusz  nach* 
folgen. 

fr.  11,  3  will  ^d^ora  oder  ^ucia,  wie  die  bttcher  haben,  keinen 
passenden  einn  geben,  ich  Yormute  daher  ^di^ara,  ein  poetisches 
wort  für  ^lir\i  *ihr  habt  sie  gehoben,  indem  ihr  ihnen  die  macht  gabt' 
fir.  13,  11  ist  das  Ycrbum  Ti^i&civ  sicher  Yordorben;  die  Yor- 
schlage  der  gelehrten  wollen  nicht  ausreichen,  wie  Weils  Kriccuiciv, 
EmperioB'  biHidOav  und  Bergks  ^iimiciv,  die  alle  schon  wegen  der 
bedentang  zweifelhaft  sind;  auch  Linders  cuXuictv  und  Ahrens' 


670  JSitzler:  zu  Solons  fragmenten. 

]i€T{u)Civ  wollen  nicht  recht  zum  folgenden  stimmen  nnd  liegen 
etwas  weit  ab.  es  ist  wol  zu  lesen  t^tjüiuiciv  ^sie  erlangen',  in 
derselben  bedeutung  steht  dieser  defective  aorist  auch  bei  Hesiodos 
theog.  610  8c  hi  k€  t^tm!]  dTapnipoto  T€V^6Xv)c,  Ziuei  iv\  cnfjOccciv 
^X^v  dXiacTOV  dvir]V.  denn  dasz  hier  bei  T€T^€IV  der  genetiv  steht, 
will  wenig  heiszen ,  da  ja  auch  sonst  die  verba  des  erlangens  lec 
und  gen.  zulassen :  TCTpeiv  mit  acc.  ist  aus  Homer  hinlftnglich  be- 
kannt, aber  auch  ein  anderer  umstand  empfiehlt  gerade  dieses  wort 
T€Tfi€Tv  heiszt  eigentlich  'einholen,  treffen'  und  wird  besonders  im 
kriege  vom  einholen  der  fliehenden  feinde  durch  den  sieger  gebrauehit 
der  sie  dann  tötet  oder  gefangen  mit  sich  ftthrt.  eben  diese  metapher 
liegt  aber  unserer  stelle  zu  gründe,  wie  deutlich  die  folgenden  verba 
{pxerai  und  £iT€Tai  zeigen. 

ebd.  y.  34  haben  die  bttcher  beivf)V  efc  ainoQ  oder  iybi\y  de 
aÖTÖc  oder  Ik  bj)v  f)v  aördc  oder  ivbriiiv  auTÖc  oder  gewöhnlich  ly 
bf|V  fjv  aÖTÖc.  die  gelehrten  haben  verschiedene  vorschllge  gemacht, 
die  ich  an  dieser  stelle  nicht  alle  aufzählen  will.  Bergk  schreibt  hf 
bf{€\v  auTÖc  usw.,  dem  sinne  nach,  wie  ich  glaube,  richtig,  aber  nicht 
recht  zum  vorausgehenden  und  nachfolgenden  passend«  jedenfüla 
vermissen  wir  eine  Verbindung  zwischen  v.  33  und  34.  ich  möchte 
daher  lieber  schreiben:  Sv  b*  i^Eciv  airn|i  böEav  ^Kacroc  ix^u  'jeder 
glaubt  dasz  ihm  eines  noch  zu  teil  werde,  bevor  er  sterbe;  aber  da 
überrascht  ihn  der  tod.'  es  ist  also  auch  im  folgenden  diröXXuTOi 
statt  öbüpcrai  zu  lesen,  zu  f^KCiv  mit  dem  dativ  ■»  'einem  zukommen, 
zu  teil  werden'  genügt  es  auf  Dindorfs  lex.  8oph.  udw.  zu  verweisen, 
auch  Xenophon  gebraucht  das  verbum  so,  nur  dasz  er  statt  des  dativs 
die  präp.  tc  setzt:  Eyrop.  I  5,  13.  II  1,  8. 

fr.  24  lesen  wir  auch  bei  Theognis  v.  719  ff.,  allerdings  in  etwas 
verschiedener  weise,  die  ursprüngliche  gestalt  des  gedichtes  werden 
wir  aus  einer  vergleichung  der  doppelten  Überlieferung  gewinnen, 
derjenige  welcher  viel  geld,  land  usw.  hat,  sagt  der  dichter  in  daa 
ersten  versen,  ist  nicht  reicher  als  derjenige 

^  ^öva  Taöra  Ttapccnv, 
Tacrpi  t€  kqI  irXeup^c  ttal  Trodv  äßpd  iroOetv , 
Traiböc  t'  i^b^  T^vaiKÖc,  £iTf|v  kqI  tqOt'  dq>(iciTrat, 
ffir\c'  CUV  b'  i&pg  T^TVCTai  dppöbta. 
so  lesen  wir  die  verse  bei  Bergk;  allein  sie  sind,  wie  jedermann  siebt, 
in  dieser  gestalt  kaum  zu  verstehe^,  zu  den  ersten  werten  veigleiAt 
man  unzweifelhaft  richtig  Hör.  epist.  1 12,  5  «•  veniri  benCy  si  loten 
est  pedibusque  tuis^  nü  divüiae  poterunt  regätes  addere  matus.  aber 
so  will  das  laOra  der  hss.  nicht  stimmen,  und  auch  Schneidewias 
Täb€  Moöva  genügt  nicht.    Theognis  hat  xa  b^cvta,  und  das  ist 
allerdings  das  w^rt  das  der  sinn  der  stelle  erfordert,  ich  glaube  d** 
her,  das  ursprüngliche  ist  ^6va  b^ovTa  (beOvra),  woraus  sich 
einerseits  ^6va  raOra,  anderseits  i&  b^ovra  aus  unverstlndiiis  der 
synizesis  entwickelte,  das  komma  nach  itdpecTiv  ist  zu  strekbea, 
da  die  werte  yocTpi  t€  kqI  irXeup^c  Kai  iroci  mit  fiova  b^ovra 


JSitsler:  in  Solons  fragmenien.  671 

iTiipcCTiv  ZQ  Terbinden  sind:  *wer  nur  hat  was  für  magen,  leib  und 
glieder  genügt.'  zn  der  synizesis  in  beovra  vgl.  itXi^ov€C  Od.  c 
247,  Ocöc  sehr  hftufig  und  Oeö^opoc  bei  Pindar  Ol.  3,  10,  and  be- 
sonders b€ÖM€VOC  Aisch.  Eom.  727. 

Nach  dieser,  wie  ioh  glaube,  richtigen  ändening  können  wir  auch 
die  Worte  äßpä  naOetv  nicht  mehr  mit  dem  vorausgehenden  ver- 
binden, sondern  müssen  sie  zom  folgenden  iratböc  t'  t\bt.  TwatKÖc 
ziehen,  wir  lesen  also  x<i  ßP&  iraOciv  iratböc  t'  f\bk  TuvaiKÖc.  der 
Inf.  iraOeiv  hSngt  von  iräpecTiv  ab;  der  sinn  ist  *ttnd  knabe  und 
weib  zu  genieszen' ;  zu  dßp&  iraOeiv  mit  gen.  vgl.  Theognis  v.  1003. 
liierui  sdüieszt  sich  nun  auch  gut  das  folgende,  wenn  man  nur  mit 
Theognis  twv  statt  raCr*  liest,  &pr\  und  ffir\  ihre  stelle  wechseln 
Ufist  und  bMn  6*  verwandelt,  diese  ttnderäB]g[en  hat  schon  Härtung 
Toigenommen;  ich  möchte  nur  noch  col  statt  icvy  schreiben,  also: 
ini\yf  Kcd  rtSty  dq>iiciTrat  Apri  col  6 '  ffir\  YiTvcTai  dp^obia :  'wenn 
fflr  dich  die  zeit  dazu  kommt  und  das  passende  alter  eintritt'  «&pa 
mit  dem  genetiv  ist  aus  Homer  hinlänglich  bekannt,  vgl.  zb.  Od.  T 
334  und  t  510  KOiTOio,  X  379  ^uOuiv  und  fiiivou,  o  126  t&^ov. 

fr.  27,  3  sind  die  worte  reX^cg  Oeöc  in  der  bedeutxmg  *wenn 
gott  ihn  die  andern  sieben  jähre  vollenden  Iftszt'  kaum  richtig,  zu- 
dem ist  es  auffallend,  dasz  hier  gott  als  handelnde  person  hinge- 
stellt wird,  während  im  ersten  distichon  der  mensch  selbst,  vgl. 
IpKOC  öbövTuiv  q)ücac  ^KßdXXcu  ich  schlage  daher  vor  t^Xcc* 
QOeoc  zu  lesen.  fJOeoc  bezeichnet  den  in  die  mannbarkeit  getre* 
tenen,  noch  nicht  verheirateten  jüngling  und  passt  ako  hier  sehr 
gut.  ist  aber  diese  Vermutung,  wie  ich  nicht  zweifle,  richtig,  so 
moflz  auch  im  letzten  distichon  mit  Philon  gelesen  werden:  €l  Tic 
TcA^coc  KQTa  jii^Tpov  Ykoito,  statt  der  Wiederholung  des  dritten 
fenes,  die  Bergk  vorgezogen  hat. 

ebd.  V.  15  ist  ^aXoacdrrcpa  offenbar  corrupt;  auch  ^€Tpii(rr€pa 
bei  ClemenB  ist  nicht  besser,  der  sinn  ist  nach  dem  Zusammenhang: 
mit  der  neunten  siebenzahl  von  jähren  vermag  er  zwar  noch  etwas 
(fn  \itv  bOvorat),  aber  seine  zunge  und  sein  verstand  sind  doch 
schwächer,  daher  müssen  wir  auch  Bergks  |xaXiuiTcpa  zurückweisen, 
das,  wie  ans  scheint,  seine  wiederlegung  schon  in  den  vorausgehen- 
den Worten  findet:  imä  hk  voOv  xal  tXuiccav  iv  ißbofiäciv  m^t' 
^ICTOC  (sc.  der  mann)  ÖKTid  T€.  ich  vermute  MoXepidTcpa,  das 
nach  Hesjchios  mit  q)p^vcc  verbunden  wird,  um  die  abnähme  der- 
selben zu  bezeichnen,  vgl.  ^aXepal  q>p^V€C  »>  dcOcvcic 

fr.  33,  3  gibt  dTCicOeic  keinen  sinn.  Huet  vermutet  dTpeurfic, 
Lobedc  dacOcic.  sollte  nicht  dvOccac  zu  sdireiben  sein?  der 
sinne  wäre  dann :  *obwol  er  das  netz  schon  um  den  fang  geworfen 
hatte,  zog  er  es  doch  nicht  eilig  zu.'  zu  diesem  gebrauch  von  dvucac 
»>  'ein  ende  machend,  eilig,  flugs'  vgl.  zb.  Aristoph.  Wo.  181.  506. 
635.  1253.  BL  71.  We.  30  usw.  der  ausdruck  scheint  der  Volks- 
sprache entnommen  zu  sein  und  passt  somit  trefflich  an  unsere  stelle, 
wo  das  volk  redend  eingeführt  wird. 


672  JSitzler:  zu  Solons  {ragmenten. 

fr.  36,  9  liest  man  gewöhnlich  XPil^MÖV  X^tovtqc  nnd  mttht 
eich  viel  mit  der  erklttrung  dieser  worte  ab ,  die  keinen  paesenden 
sinn  geben  wollen.  Bergk  meint,  die  worte  hätten  die  bedeatang 
von  ^unverständlich  reden*  und  würden  durch  das  folgende  irXwccav 
oÖK^T*  *ATnirf|V  WvTttC  erklärt,  aber  wo  hat  xpncMÖv  Xcreiv  diese 
bedeutung?  Reiske  schreibt  xpn^MOÖc  X^TOvrac  und  denkt  an  wahr- 
sagende Sklaven;  ebenso,  wie  es  scheint,  Ahrens,  der  XP^^MM^b^OV- 
rac  vermutet,  nicht  mehr  nützt  Hartungs  conjectur  bec^ouc  <p^pov- 
TQC,  da  ja  dies  auch  von  den  andern  sklaven  gilt,  nach  dem  ganzen 
zusammenhange  sagt  Selon,  er  habe  viele  aus  der  fremde  in  die 
hoimat  zurückgeführt,  von  denen  die  einen  teils  mit  recht  teils  mit 
unrecht  in  die  Sklaverei  verkauft  waren ,  die  andern  aber  in  folge 
der  not  selbst  entflohen:  denn  nur  auf  diese  beiden  arten  kOnnen 
diejenigen ,  die  Selon  nach  Athen  zurückführt ,  in  das  ausländ  ge- 
kommen sein;  vgl.  überdies  auch  Plut  Solon  c.  13  xp^o  XaMßavov- 
T€c  iii\  ToTc  cijufiaciv  ät^iHMOi  toic  bav€i2Iouciv  fjcav  oi  pky  aurou 
bouXeüovTec,  o\  b'  ini  t^v  Se'vriv  TTirrpacKÖMevoi.  iroXAol  hi  wA 
iraibac  ibiouc  i^vaTKdZovTO  TrwXeTv  (oubfic  T^p  vö^oc  dKwXuc) 
Kttl  Tf|v  TTÖXiv  q>€i}T€iv  biä  T#|v  xo^tirÖTTiTa  Tdiv  bav€icTU)v,  und 
c.  15.   ich  schlage  daher  vor  zu  lesen:  bpiicpöv  qpuTÖVTac. 

ebd.  ist  auch  v.  12  verdorben,  wie  schon  beciroiuiv  Tpopeu- 
^^vouc  zeigt,  das  Bergk  vergeblich  zu  verteidigen  sucht,  aber  wenn 
es  auch  sprachlich  zu  rechtfertigen  wäre,  was  sollte  denn  hier  dieser 
matte  zusatz  f{br]  b€CiroTUJV  rpcfieuM^ vouc  ?  auch  Bergks  conjectur 
fßr]  reicht  nicht  aus.  ich  möchte  statt  dessen  lieber  lesen  ^n 
bccnoToi  V  Trpöc€Ö6€Vuiv,so  dasz  die  stelle  hiesze :  touc  b  *  ivOctb  * 
ouToO  bouXiriv  ieiKia  ^xovrac  ijibf\  becnoToiv  irpöc  €ij6evu)v: 
*  welche  ich  aber  hier  bei  reichen  herren  in  Sklaverei  wüste,  die 
befreite  ich.'  die  worte  sind  denen  in  v.  6  f.  entgegengesetzt :  'aoi 
der  fremde  führte  ich  zurück,  hier  befreite  ich',  vgl.  Plut.  ao.  cv- 
Oevrjc  ist  attische  form  für  €u8rivif)c:  dieses  wort  wird  hier  mit 
recht  beigefügt,  da  es  sich  um  gläubiger  nnd  Schuldner  handelt. 

fr.  37  ist  bis  jetzt  noch  nicht  hergestellt  die  verschiedenen 
versuche  diese  stelle  zu  heilen  hat  Bergk  angeführt,  ich  will  hier 
nur  kurz  meine  ansieht  mitteilen.  Solon  sagt ,  so  viel  wir  aus  den 
überlieferten  werten  sehen  können:  *wenn  ich  der  meinung  meiner 
gegner  oder  meiner  freunde  gefolgt  wäre,  so  wäre  die  sUdt  vieler 
männer  beraubt  worden.'  ich  schreibe  also :  TOici  pourdpoic  statt 
ToTciv  dtT^poic:  d  Top  ^OcXov  S  toTc  ivavTioiciv  ^vbav€v  tötc, 
aOGic  h*  &  Toici  MOviTäpotc  bpdv,  valAia,  ttoXXujv fiv dvbpwv 
usw.  dieses  val  Aia  scheint  mir  in  dem  überlieferten  bpficai  btä  zu 
liegen,  zu  der  krasis  ^oikapotc  aus  poi  ^räpotc  vgl.  Aesch.  Cbo. 
120  ^oöcTiv,  das  sich  auch  Soph.  Ai.  1225  findet,  ^outk^^^ 
Aristoph.  Wo.  1205  uam.  über  das  eingeschaltete  ^oi  vgl.  Krflg«r 
poetisch-dialekt.  syntax  §  47,  9,  8  und  50,  3,  3. 

Taubbbbischopsbbim.  Jacob  Sitzleb. 


MWohliab:  knabenliebe  und  fraoenliebe  im  Plat.  Symposion.     673 

93. 

KNABENLIEBE  UND  PBAÜENLIEBE  IM  PLATONISCHEN 

SYMPOSION. 


Für  die  richtige  auffassong  and  Würdigung  der  knabenliebe  ist 
ein  werk  wie  das  Platonische  Symposion  von  der  grösten  Wichtig- 
keit, in  demselben  wird  uns  eine  elite  von  geistig  und  social  her- 
vorragenden m&nnem  vorgeführt,  deren  Unterhaltung  wesentlich  die 
liebe,  insbesondere  die  knabenliebe,  zum  gegenstände  hat.  es  ist 
sicherlich  von  groszem  interesse  daraus  zu  entnehmen,  wie  solche 
mftnner  zu  diesem  puncto  standen,  dazu  kommt  dasz  fast  alle  nur 
denkbaren  phasen  dieser  erscheinung  berührt  werden,  in  Sokrates 
stellt  sich  die  geistigste,  in  Alkibiades  die  sinnlichste  seite  dieses 
verhftitnisses  dar.  wenn  wir  alles  zusammenfassen,  so  erhalten  wir 
den  eindruck  dasz  die  knabenliebe  zu  jener  zeit  in  jedem  sinne ,  im 
besten  wie  im  schlimmsten,  dieselbe  rolle  spielte  wie  heutzutage  die 
liebe  der  beiden  geschlechter,  schon  FAWolf  sagt  in  seiner  ausgäbe 
des  Gastmahls  zur  rede  des  Pausanias  s.  LXTX;  'zum  erstaunen  ist 
es,  wie  sitten  und  costüme  die  dinge  in  der  weit  umzukehren  im 
Stande  sind«  der  leser  kann  an  vielen  orten  dieser  rede ,  besonders 
im  ganzen  letztem  teil ,  an  die  stelle  des  geliebten  in  gedanken  eine 
geliebte  setzen ,  und  er  wird  keine  ursach  finden  mit  den  gedanken 
des  Pausanias  unzufrieden  zu  sein.' 

Was  zun&chst  die  ausdrücke  iraibcpacTCiv ,  TraibepacTi^c ,  irm- 
bepacria  anlangt,  so  bedienen  sich  die  redner  im  Symposion  ihrer 
80,  ab  bezeichneten  sie  eine  ganz  unverfängliche  und  unanstöszige 
Sache;  ja  Sokrates  spricht  sogar  211^  vom  öpOujc  TratbepacTCiv. 
wollten  die  Griechen  die  schlimme  seite  dieses  Verhältnisses  be- 
zeichnen, so  stand  ihnen  ein  leider  sehr  reicher  Wortschatz  zu  ge- 
böte, den  MHEMeier  udw.  Päderastie  in  Ersch-Grubers  encyclopädie 
m  9  B.  153  f.  zusammengestellt  hat  der  umstand  aber,  dasz  der 
«ufldmck  Päderastie  bei  uns  die  stehende  bezeichnung  für  das  laster 
^er  knabenschändung  geworden  ist,  erschwert  uns  ganz  unwillkür- 
lich das  richtige  und  unbefangene  Verständnis  dieser  Verhältnisse 
wenigstens  in  der  classischen  zeit  der  Griechen  und  ist,  wie  es 
sdieint,  auch  auf  einige  commentare  zum  Symposion  nicht  ohne  ein- 
flusz  geblieben. 

Ebenso  unbedenklich  wie  naibepacTcTv  wird  im  Symposion  das 
verbum  gebraucht,  welches  ganz  allgemein  die  hingäbe  der  naibiKd 
an  den  dpacnfjc  bezeichnet,  das  verbum  xap(2l€c6ai.  184^  wird  es 
init  ÖTioGv  uiTOupTcTv  umschrieben,  dasz  diese  hingäbe  je  nach  der 
ast  der  beteiligten  sehr  verschieden,  auch  sehr  unsittlich  sein  konnte, 
liegt  in  der  natur  der  sache;  dasz  sie  aber  wenigstens  nicht  durch- 
Ans  verwerflich  war,  ist  ebenso  gewis.  in  der  erzählung  des  trunkenen 
Alkibiades  217*  bezeichnet  X'^9^^^'^^^  natürlich  das  schlimmste; 
^egen  das  aber,  was  Sokrates  in  Wirklichkeit  von  selten  des  Alki« 

JOrbAchar  Ar  cImi.  philo!.  1879  hfl.  10.  ^ 


674     MWohlrab :  knabenliebe  und  franenliebe  im  Plat.  Symposion. 

biades  beanspruchte,  wird  gewis  niemand  etwas  einzuwenden  haben, 
im  allgemeinen  freilich  scheint  das  x^pi^CCOai  in  Athen  etwas  in 
miscredit  gewesen  zu  sein,  das  ergibt  sich  nicht  undeutlich  aus  den 
werten  des  Pausanias  djcre  Tivac  ToX^äv  X^TCtv  die  aicxpdv  x<>pi- 
2[€c8ai  dpacraic  (182 '),  die  Hug  zu  218'  gewis  ganz  richtig  aufge- 
faszt  hat.  das  verfichtliche  Tiv^c  nimt  sich 'dabei  im  munde  des  oppo- 
nierenden Pausanias  ebenso  aus  wie  in  den  werten  des  opponieren- 
den Avistophanes  qpacl  hl  bf\  Tivec  auTOtJC  ävaicxuvTouc  cTvai  ipeu- 
66^€V0l  (192*). 

Wenden  wir  uns  nun  von  diesen  haupts&chlich  in  frage  kom- 
menden ausdrücken  zu  dem  was  sich  im  Symposion  von  der  knaben* 
liebe  erwähnt  findet,  zunächst  necken  sich  die  dort  vorgeführten 
personen  gegenseitig  mit  ihren  liebesverhttltnissen.  hierbei  kann  wol 
das  Verhältnis  zwischen  Sokrates  und  Aristodemos  (173^)  nicht  ernst- 
lich in  frage  kommen,  aber  den  Pausanias  und  Agathen  neckt  nicht 
nur  Aristophanes  193^,  sondern  selbst  Sokrates  177*;  ihr  liebes- 
verhältnis  wird  als  ein  notorisches  genommen.  Alkibiades  bezeichnet 
sich  213*^  ganz  offen  als  liebling  des  Sokrates.  ebendaselbst  schil- 
dert Sokrates,  was  er  von  der  Verliebtheit  und  eifersucht  des  Alki- 
biades zu  leiden  und  zu  fürchten  habe.  Alkibiades  gibt  ihm  214' 
diese  neckerei  zurück,  indem  er  dem  Sokrates  vorwirft,  er  sei  so 
eifersüchtig,  dasz  er  in  seiner  gegen  wart  niemanden  loben  dürfe  als 
ihn^  auch  nicht  einen  gott.  222^  schlieszt  Alkibiades  seine  rede  auf 
Sokrates  damit,  dasz  er  auch  den  Charmides  und  Euthydemos  und 
viele  andere  als  geliebte  des  Sokrates  bezeichnet  und  den  Agsthon 
vor  seiner  liebe  warnt,  nach  seiner  rede  (222  ^  f.)  spielt  sich  eine  er- 
getzliche  eifersuchtsscene  zwischen  ihm  und  Agathen  ab.  der  um- 
stand dasz  im  mittelpunct  dieser  neckereien  activ  und  passiv  eine 
persönlichkeit  wie  Sokrates  steht,  ebenso  die  harmlose  art  derselben 
lassen  gedanken ,  als  ob  sich  dahinter  etwas  unsittliches  verstecken 
könne,  nicht  aufkommen,  ebenso  wenig  wie  man  heutzutage  an 
neckereien  verliebter  personen  sofort  einen  allzu  ernsthaften  und 
rigoristischen  maszstab  anlegen  wird. 

Dasz  die  liebesverhältnisse  zwischen  männem  und  Jünglingen 
ganz  denselben  schwärmerischen  Charakter  trugen  wie  in  unseren 
tagen  liebesverhältnisse  zwischen  den  beiden  geschlechtem,  ergibt 
sich  aus  mehr  als  6iner  stelle  im  Symposion,  aus  der  rede  des  Pao- 
sanias  (182 ')  ersehen  wir  dasz  bei  liebeswerbungen  vieles  erlaubt 
war,  was  zur  erreichung  eines  Vorteils  im  geschäftlichen  und  staat- 
lichen leben  nicht  für  zulässig  galt,  bitten  und  beschwönmgt'n 
durfte  man  anwenden  ^  eide  schwören  —  und  mit  der  erfUluQg  der« 
selben  nahm  man  es  nicht  so  genau  wie  mit  andern  eiden  —  sii  b 
vor  die  thür  des  geliebten  legen,  sich  dienstleistungen  unterziehen« 
die  man  sogar  den  sklaven  nicht  zumutete,  alles  das  war  in  Athen 
üblich  und  erlitt  keine  einschränkung  durch  die  gesetze.  wenn  der 
liebhaber  jede  art  sklavendienste  dem  geliebten  leistete,  so  galt  da5 
nicht  für  schmachvolle  Schmeichelei  (184^*).  ja  diese  dienste  nno 


MWohlrab :  koabenliebe  and  f^aaenliebe  im  Plat.  Symposion.     675 

anstrengungeii  seitens  des  liebhabers  wurden  sogar  erwartet  und 
gefordert:  denn  es  war  für  den  geliebten  nicbt  ebrenvoll  sich  schnell 
zu  ergeben  (184*).  alle  diese  zttge  nimt  Sokrates  in  das  bild  auf, 
das  er  203^  f.  von  Eros  entwirft,  hiernach  ist  er  mit  allen  den  eigen- 
sehaften  ausgestattet,  die  zu  nachstellnngen  geeignet  machen.  Eros 
ist  so  abgehärtet,  dasz  er  unter  freiem  himmel  vor  den  thttren  und 
auf  den  straszen  liegen  kann;  er  wird  als  kühner  und  starker  jSger 
geschildert,  als  listiger  rttnkeschmied,  der  gaukeleien  und  alle  kttnste 
der  flberredung,  auch  zaubermittel  in  anwendung  bringt  dasz  So- 
krates hierbei  ins  lächerliche  übertreibt,  ist  leicht  ersichtlich,  ändert 
aber  im  gründe  nichts  an  der  sache.  dasz  ähnliche  huldigungen  auch 
geliebten  mädchen  erwiesen  worden  wären,  ist  schon  deshalb  nicht 
wahrscheinlich ,  weil  bei  Verheiratungen  die  freie  wähl  der  beteilig- 
ten gar  nicht  in  frage  kam. 

Für  unerlaubt  galt  es  bei  der  Werbung  um  die  liebe  schöner 
knaben  geldgeschenke  zu  machen  oder  etwa  die  Stellung,  die  man 
einnahm,  zu  seinen  gunsten  zu  verwerten  (184  ^  185*).  auch  heim- 
lichkeiten  sollten  dabei  vermieden  werden;  man  verlangte  offenes 
vorgehen  (182^).  macht  das  alles  einen  günstigen  eindruck,  inso- 
fern dadurch  unsittliche  momente  ausgeschlossen  zu  sein  scheinen, 
so  spricht  für  die  geistige  auffassung  der  knabenliebe  femer  der 
umstand  dasz  sie  hauptsächlich  durch  Überredung  {\&x^i  TteiOeiv, 
X^T^iv  182  ^)  zu  gewinnen  war.  daher  suchten  eitern,  welche  liebes- 
verhältnisse  für  ihre  kinder  nicht  wünschten,  Unterhaltungen  (bia- 
X^T^cOai)  mit  liebhabem  zu  verhindern  (183'^).  da  den  geistig  be- 
sehrftnkten  Eleiem  und  Boiotem  (182^)  die  gäbe  der  beredsam- 
keit  versagt  war,  gestatteten  sie  ohne  weiteres  das  eingehen  von 
natürlich  rein  sinnlichen  liebes  Verhältnissen  (182^). 

Auch  der  gegenständ  dieser  Unterredungen  wird  ganz  deutlich 
angegeben,  und  zwar  von  den  verschiedenen  rednem  völlig  Überein- 
stimmend. Phaidros  bezeichnet  178'  als  Wirkung  des  Eros  die  aas- 
bildong  des  sittlichen  gefühls.  Pausanias  sagt  184^,  die  liebhaber 
liätten  ihre  geliebten  weise  und  gut  zu  machen,  und  fügt  hinzu,  jeder 
dienst,  den  man  einem  andern  erweise,  um  selbst  vollkommener  zu 
werden,  sei  cfrlaubt  (184'.  185^),  auch  eine  teuschung,  die  man  bei 
dem  atareben  nach  vervoUkomnung  erfahre,  bringe  keine  schände 
(185*).  Eryximachos  empfiehlt  187  '  denen,  die  noch  nicht  gut  sind, 
sich  den  guten  hinzugeben ,  damit  sie  es  werden ,  und  die  liebe  der 
^ten  sich  zu  eriialten.  Alkibiades  bezeichnet  als  das  motiv ,  wes- 
lialb  er  der  geliebte  des  Sokrates  zu  werden  wünsche,  sein  streben 
80  gut  wie  mOglich  zu  werden  (218 '^).  Sokrates  aber  nennt  als 
xweck  solcher  Verhältnisse  geradezu  das  TtaibeOeiv  (209*),  und  aus 
der  rede  des  Aristophanes  (192*)  ersehen  wir  dasz  es  hauptsächlich 
mnf  politische  bildung  abgesehen  war. 

Diese  angaben  weisen  auf  einen  nicht  unwichtigen  factor  in  der'' 
Icaabenliebe  hin.    das  männliche  geschlecht  galt  den  Griechen  für 
begabter  und  bildungsfähiger  als  das  weibliche  (181 ');  sein  präva- 

43^ 


676     MWohlrab:  knabeoliebe  und  fraaenliebe  im  PUt.  SympodoiL 


lieren  vor  dem  weiblichen  lag  in  der  bedeutung  dee  staatslebeiiB  be- 
gründet, nun  war  in  Athen  die  eigentliche  Bchulbildung  in  der  cUs- 
siechen  zeit  eine  sehr  elementare,  was  die  jttng^m  Atiiener  rar  ein- 
fuhr ang  in  das  öffentliche  leben  brauchten  ^  erfahren  sie  meisi  Ton 
ihren  altem  mitbttrgem ;  sie  waren  also  auf  den  umgaag  mit  den- 
selben direct  angewiesen,  so  entspann  sich  zwischen  beiden  ein  Ter- 
hältnis,  das  sich  leicht  zu  einem  erotischen  vertiefte,  wenii  sich  aber 
nicht  die  jungem  um  die  gunst  der  ftltem,  sondern  umgekehrt  die 
filtern  um  die  gunst  der  jungem  bewarben ,  so  findet  das  seine  er- 
klttning  in  dem  im  griechischen  geiste  tief  begründeten  wolgeMen 
an  jugendlich  schönen  formen  und  erscheinungen,  das  in  demaof- 
enthalt  in  den  gymnasien  reiche  nahrung  fand  (217^).  diese  bewer* 
bung  selbst  begann  in  der  regel  mit  dem  zeitpuncte,  wo  sich  Torans- 
sehen  liesz,  wie  sich  der  junge  mann  körperlich  und  geistig  ent- 
wickeln werde  (181  **).  daher  galt  es  für  unanständig  nnverstindige 
kinder,  überhaupt  dumme  menschen  zu  lieben  (181  **?.)«  jaPausanias 
spricht  sogar  182^  aus,  man  müsse  die  edelsten  und  besten  li^>en, 
auch  wenn  sie  häszlich  seien ;  nach  ihm  sollen  solche  Terbindnngen 
fürs  ganze  leben  geschlossen  werden  (181^). 

Begünstigen  alle  diese  angaben  eine  rein  geistige  anffiiseoag 
der  knabenliebe  in  hohem  grade,  so  darf  doch  nicht  Terschwiegen 
werden ,  dasz  kein  i*edner  das  sinnliche  moment  verleugnet  oder  gar 
bekämpft,  getadelt  werden  einstimmig  die  welche  den  körper  mehr 
lieben  als  den  geist  (181^).  darin  liegt  ausgesprochen,  dasz  die 
sinnliche  liebe  bis  zu  einem  gewissen  puncto  für  erlaubt  galt;  allein 
dieser  punot  wird  nirgends  genauer  bezeichnet,  er  wird  wol  bei  ver- 
schiedenen verschieden  gewesen  sein.  Erjximachos  stellt  tob  seinem 
ärztlichen  standpunct  aus  die  genüsse  der  liebe  neben  die  der  koch- 
kunst;  er  will  beide  gelten  lassen,  so  lange  sie  der  gesundheit  des 
körpers  nichts  schaden  (187  *).   ausschweifimgen  verurteilt  er  also. 

Sollte  nicht  auch  in  dieser  beziehung  die  parallele  der  knaben- 
liebe  mit  der  frauenliebe  unserer  tage,  auf  die  so  vieles  hinweist«  die 
richtigsten  gesichtspuncte  an  die  band  geben?  ist  es  denkbar,  dasz 
in  der  Unterhaltung  gebildeter  männer  das  wolgefallen  am  gernttnen 
eine  so  grosze  rolle  hätte  spielen  können?  Alldbiades  selbst  kennt« 
nur  im  zustande  der  trunkenheit  seine  confidencen  maohen  und  aa^ 
selbst  dasz  er  sich  derselben  zu  schämen  habe  (217^).  mit  Ver- 
achtung wird  von  andern  gesprochen,  die  sich  liebe  erkauften,  edlere 
absiebten  also  nicht  haben  konnten,  und  sollte  wirklich  der  |ff«i^ 
für  das  naibeOeiv,  für  die  vervollkomnung  des  geistes  und  berzenA, 
mit  der  münze  gemeiner  liebe  gezahlt  worden  sein?  will  man  die 
Griechen  der  classischen  zeit  für  heuchler  halten,  denen  jedes  miu^l 
recht  war  zur  erreichung  ihrer  zwecke?  will  man  gar  glanben  daM 
sie  so  etwas  öffentlich  ausgesprochen  hätten?  konnte  das  gelüh; 
der  Zuneigung  und  ergebenheit,  konnten  aufmerksamkeiten  and 
allerlei  beweise  dankbarer  anhänglichkeit  seitens  eines  schönen  nnd 
geistig  bedeutenden  und  gebildeten  Jünglings  seinen  altem  unv 


MWofaliab:  knabenliebe  und  fraaenliebe  im  Fiat  Symposion.     677 

bttigor  nicht  hinlänglich  entschädigen  für  das  was  er  fttr  dessen 
aasblldnng  that? 

Alle  Schwärmerei,  welche  die  Griechen  der  knabenliebe  zu- 
wendeten,  gieng  der  liebe  zum  weiblichen  geschlechte  ab.  das  staats- 
intereese,  das  die  ehe  zur  heryorbringang  legitimer  Staatsbürger  ein- 
setzte» trat  in  den  Tordergnmd  und  gab  diesem  ganzen  Verhältnis 
eine  rein  praktische  seite.  alles  was  damit  zusammenhieng  wurde 
geschäftemäszig  behandelt,  und  so  wird  denn  auch  im  Symposion 
Yon  dem  Verhältnis  der  beiden  geschlechter  zu  einander  fast  aus- 
sohlieazlich  die  sinnliche  seite  berührt,  das  ziel  desselben  ist  das 
buxirpciEacOai  (181^).  wenn  man  edle  frauen  vor  gemeinen  liebhabem 
zu  schützen  suchte  (181*),  so  wird  sogar  das  seine  praktische  seite 
gehabt  haben,  auch  Sokrates  bekundet  keine  hChere  auffassung  die- 
ses Verhältnisses,  den  frauen  wenden  sich  die  zu,  die  ipcu^ovec 
Kordt  lä  cdi^ora  sind  und  sich  durch  das  mittel  der  fortpflanzung 
das  fortleben  bei  der  nachweit  sichern  wollen  (208*).  bei  den  tpci- 
^ov€C  Korä  THV  ipvxiiv  soll  das  sinnliche  moment  nur  nebensäch- 
liehe  bedeutung  haben,  nur  Aristophanes  scheint  sich  in  dieser  be- 
ziehung  zu  einem  hohem  standpuncte  zu  erheben,  indem  er  193*^ 
mäimer  wie  frauen  der  innigsten  liebe  für  fUhig  hält. 

Die  vorstehenden  auseinandersetzungen  enthalten  alles  was  die 
einzelnen  redner  als  ihre  ansichten  oder  als  zu  ihrer  zeit  gebräuch- 
lich hinsichtlich  der  knaben-  und  gattenliebe  vorbringen,  es  galt 
nur  festzusetzen,  welches  gleichsam  die  geistige  atmosphäre  ist,  in 
der  sich  die  gesellschaft  des  Agathen  bewegt  wenn  derselben  ein 
höherer  standpunct  vindidert  werden  soll,  als  vielleicht  der  mehr- 
zahl  ihrer  Zeitgenossen  oder  gar  den  spätem  zukommt,  so  liegt  darin 
zugleich  ausgesprochen,  dasz  dieses  urteil  auf  allgemeine  gültigkeit 
keinoi  anspruch  macht,  allein  man  hat  doch  den  Piaton  zunächst 
aus  sich  selbst  zu  verstehen ,  und  deshalb  halten  wir  es  für  unthun- 
lich  bei  der  erUärung  seines  Symposion  die  allgemeine  ansieht  von 
der  Päderastie  zu  gründe  zu  legen,  vielleicht  ermäszigt  sich  von 
diesem  standpunct  aus  mancher  tadel,  der  gegen  einzelne  reden  vor- 
gebracht wird,  dasz  beispielsweise  die  neuesten  erklärer  des  Sym- 
posion in  ihren  ausstellungen  manchmal  zu  weit  gegangen  sind  oder 
sidi  von  nicht  vOllig  zutreffenden  Voraussetzungen  haben  leiten 
laasen,  glaube  ich  an  zwei  reden,  an  der  des  Phaidros  und  der  des 
Aristophanes,  zeigen  zu  kOnnen. 

Hug  nennt  s.  XLVII  die  aufstellungen  des  Phaidros,  Pausanias, 
Erjximacfaos  gemein.  Rettig  (comm.  s.  7)  findet  den  inhalt  der  rede 
des  Phaidros  unsittlich  und  sophistisch,  diesen  unsittlichen  eindruck 
•eheint  Phaidros  hauptsächlich  deshalb  auf  Bettig  gemacht  zu  haben, 
weil  er  glaubt,  seine  rede  befürworte  die  liebe  zu  kleinen  knaben 
(s.  6. 109).  das  kann  nur  gesagt  sein  mit  rücksicht  auf  den  satz 
ou  T^  ftuiT*  ix^  clffciv  ort  ^etZöv  Icnv  dyaOäv  euOvc  v^i(i  övtt 
fi  ^pacTf|c  xpr\ctöc  xal  ipaxjfji  na&biKd  (178«)-  allein  mit  cOOvc  v^ifi 
ivn  ist  doch  nur  der  terminus  a  quo  angegeben :  'es  ist  für  einen 


678     MWoblrab:  knabenliebe  nnd  frauenliebe  im  PUt.  Sjmpouon. 

gleich  von  seiner  knabenzeit  an  die  gröste  wolthat,  wenn  er  einen 
braven  liebhaber  hat.'  das  ist  von  der  empfehlong  der  liebe  zu  klei- 
nen knaben  noch  wesentlich  verschieden,  denn  diese  involTiert  ein 
aufgeben  des  Verhältnisses,  wenn  der  geliebte  das  knabenalter  Aber- 
schritten  hat,  wovon  Pausanias  181'  redet,  wenn  aber  der  liebhaber 
den  geliebten  vom  zarten  knabenalter  an  liebt,  so  ist  damit  nicht 
gesagt  dasz  er  ihn  spttter,  wenn  er  erwachsen  ist,  minder  liebe,  aaoh 
richtet  sich  die  polemik  des  Pausanias  gegen  diese  behauptung  des 
Phaidros  (181^)  nur  auf  ein  allzu  frühes  eingehen  solcher  verhftlt- 
nisse,  durchaus  nicht  auf  die  liebe  zu  kleinen  knaben  ilberbaapt. 
was  Hug  an  der  rede  des  Phaidros  gemein  findet,  hat  er  selbst  ttioht 
näher  bezeichnet. 

Weiter  findet  Hug  s.  XLI,  dasz  sich  Phaidros  in  unentwirrbare 
Widersprüche  verwickelt,  ^indem  er  zb.  zwar  den  Achilleus  als  den 
geliebten  des  Patroklos  erklärt,  weil  er  jünger  und  schöner  sei,  die 
Alkestis  aber,  die  doch  jünger  war  als  ihr  gemahl,  zum  liebhaber  des- 
selben stempelt ;  indem  er  femer  von  dem  satze  ausgehend,  dass  der 
liebende  allein  das  leben  ftlr  einen  andern  aufzuopfern  im  stände 
sei ,  zu  der  merkwürdigen  consequenz  gelangt ,  dasz  umgekehrt  der 
geliebte  durch  das  beispiel  des  Achilleus  sich  entflammen  lassen 
solle  den  liebhaber  durch  thaten  der  aufopferung  zu  ehren«'  die  be- 
rechtigung  dieser  vorwürfe  hängt  wesentlich  davon  ab,  wie  man  den 
satz  versteht  xai  fxfjv  uTr€patTo6vifiCK€iv  ye  pövot  £6^Xouctv  ol  ipaiv- 
T€C  QU  ^övov  ÖTi  ävbp€C,  dXXä  xai  ai  TwaiKCC  (179^),  speciell  ivie 
man  o\  ^puiVTCC  auffaszt.  Hug  hält  es  für  identisch  mit  ol  ^pocToi, 
und  in  diesem  sinne  stand  in  der  that  kurz  vorher  ipiDv  ävT)p.  ähn- 
lich äuszert  sich  Bettig  s.  115.  überdies  bemerkt  Hug  ausdrück- 
lich zu  179^,  (piXia  sei  allgemeiner  ausdruck  und  werde  aowol  Tom 
^pui^evoc  als  auch  vom  dpaCT/jc  gebraucht  (wiewol  häufiger  Tom 
dpuifxevoc) ,  jpuic  dagegen  könne  nur  vom  dpacrnc  gesagt  werden. 
damit  stimmt  überein  was  er  zu  182^  ISS^^.  192^  213^"  anmerkt. 
dasz  f pwc  und  £pav  mit  dpacTrjc  in  engster  Verbindung,  stehen ,  ist 
nicht  zu  bezweifeln ;  sie  bezeichnen  eine  stärkere,  leidenschaftUchere 
liebe  als  qpiXeiv,  wie  sich  schon  aus  Xenophons  Hieron  11,  11  er- 
gibt: UL)CT€  ou  lüiövov  (ptXoTo  dv,  dXXd  koI  dpqio  uir' dv6pvuiru/v. 
der  welcher  die  liebe  eines  andern  sucht,  also  der  epaCTTJc,  wird  zu* 
nächst  eine  heftigere  liebe  empfinden  als  der  dessen  liebe  er  sacht, 
und  darin  wird  der  satz  6€iÖT€pov  TClP  £pacrf|C  iraibiKuiv  *  £v6€OC 
Tdp  dcTiv  (180^)  seine  erklärung  finden,  der  schwerlich  die  ge- 
heime bedeutung  hat,  die  Bettig  s.  7. 124  darin  sucht  der  ipaxifiCj 
da  er  vom  gott  Eros  eingenommen  ist,  ist  etwas  göttlicheres,  ist 
den  göttem  näher  gerückt  als  der  dpit^fxevoc,  der  zunächst  wd  al» 
passiv  gedacht  ist.  der  dpacTifjc  ist  in  diesem  Verhältnis  das  acüve 
princip ;  von  ihm  erwartet  man  thaten.  wenn  er  sich  also  fUr  den 
geliebten  opfert,  so  ist  das  selbstverständlich  und  natürlich,  da« 
wird  auch  Steinhart  meinen,  wenn  er  in  seiner  einleitung  s.  2Sc» 
sagt,  Phaidros  stelle  die  begeisterung  des  liebenden  als  dieursprOiig* 


MWohlrab :  knabealiebe  und  fraueDliebe  im  Plat  Symposion.     679 

liebere  weit  über  die  des  geliebten,  mit  dieser  auffassung  stimmt  es 
vollkommen  ttberein,  wenn  dem  dpuj^€VOC  vorzugsweise  das  qpiXeiv, 
die  (piXia  zugescbrieben  wird,  wie  Hug  zu  182^  192^  bemerkt. 

Allein  wenn  num  annähme,  dasz  ipäy  allenthalben  wo  es  vor- 
kommt von  der  liebe  des  dpacrrjc  zu  verstehen  sei,  so  würde  man  viel 
zu  weit  gehen,  da  Hug  auch  in  den  werten  des  Eryximachos  bei 
Toip  bi]  TU  f xöiCTtt  övxa  iy  jyp  cui^aTi  91X0  olöv  x  *  elvoi  noieiv 
Kai  ipäv  dXXrjXuiV  (186*^)  an  diese  specielle  bedeutung  von  4pdv 
denkt,  so  musz  er  in  denselben  eine  rein  sinnlose  Unterscheidung 
finden,  w&re  dann  aber  nicht  ein  gleicher  Widersinn  in  den  werten 
des  Ljsis  222  *  toO  olKeiou  bf) . .  ä  xe  £pujc  Kai  i\  qpiXia  Kai  f\  iiiiQvyXa 
xvTX<iv€i  ouca  und  gleich  darauf  Kai  €l  fipa  xic  Sxepoc  dx^pou  dm- 
^^€i  . .  ft  ^P$»  ouK  fiv  TTOxe  dneGüfXEi  oub^  fjpa  oub^  dqpiXei,  ei  iii\ 
0UC61ÖC  nr}  T(b  ipw^dvip  dxuTXOtvev  ujv  ?  ist  nicht  im  Symposion 
dpav,  IpuiCy  tpacxrjc  vielfach  in  weiterm  sinne  genommen?  es  heiszt 
200*  iröxepov  ix^^  auxö,  oü  dTTiOu^ei  xe  Kai  dpql,  elxa  dniGu^ei 
xe  xal  dpqi,  i^  ouk  ^x^v;  183*  ö  xoC  cwfxaxoc  jbiäXXov  fi  xf)c  lyuxnc 
dpuiv.  192*  xoö  ÖXou  CUV  xij  dmOu^ia  xal  hxibiex  fpujc  övo^a 
203 «  xal  £^a  (pucei  dpacxf)C  <x)V  nepi  xö  xaXöv  xai  xfic  'Aqppobixiic 
KoXfic  ofici)C.  überdies  bemerkt  Hug  selbst  zu  213',  dasz  der  dpd)- 
ficvoc  sogar  alle  merkmale  des  dpacxrjc  an  sich  tragen,  dasz  also  das 
Verhältnis  sich  umkehren  kann. 

Wenn  nun  dem  dpäv  eine  allgemeinere  bedeutung  nicht  wird 
abgesprochen  werden  kCnnen,  so  hindert  schwerlich  etwas  sie  an  der 
beseiohneten  stelle  in  der  rede  des  Phaidros  anzunehmen,  faszt  man, 
wie  schon  Susemihl  Plai  philos.  1373  für  möglich  hält,  ol  dpuivxec 
hier  als  einen  unbestimmten  ausdruck,  der  beide  teile  umfaszt,  so 
wird  von  den  Widersprüchen,  in  die  sich  Phaidros  verwickeln  soll, 
nicht  viel  mehr  übrig  bleiben,  wäre  es  denn  nicht  auch  in  der  that 
ein  übermasz  von  faselei  und  Unachtsamkeit ,  wenn  Phaidros  unter 
dpwvTCC  die  dpacxai  verstände  und  unmittelbar  darauf  ou  pövov  6x1 
ävbpcc,  dXXd  Kai  ai  T^vaiKec  als  apposition  hinzufügte?  es  wird 
also  das  beispiel  von  der  Alkestis  ganz  einfach  von  der  gattenliebe  zu 
verstehen  sein,  wie  es  schon  Steinhart  (einleitung  s.  221)  gethan 
hat,  nm  so  mehr  als  wir  auch  im  staat  V  468'  lesen:  ddv  xic  xou 
xuxv)  dpuiv  f)  äppevoc  f^  6r)Xeiac 

Das  beispiel  von  Orpheus  ist  schwerlich  als  ein  zweites,  selb- 
ständig neben  dem  von  der  Alkestis  stehendes  aufzufassen,  in  welchem 
falle  Hngs  tadel  zu  179'  7  und  Bettigs  ausstellungen  s.  118  wol  be- 
rechtigt wären,  sondern  es  ist  nur  zur  nähern  erläuterung  des  ersten 
beispiels  beigebracht,  ein  anhängsei  zu  demselben,  wie  die  rücksicht- 
luüune  auf  Alkestis  in  den  werten  Kai  ou  xoX|üiäv  Svexa  xou  fpui- 
XOC  dnoOvqCKCiv  uiCTiep  "AXkiicxic  und  die  schlieszliche  zusammen- 
stellong  mit  Achilleus  bid  xaöxa  Kai  xöv  'AxiXX^a  xf)C  'AXKrjcxiboc 
liaXXov  ixi^n^QV  deutlich  genug  beweisen,  auch  208%  wo  Sokrates 
auf  die  vorliegende  stelle  lücksicht  nimt,  geschieht  des  Orpheus  nicht 
erwähnnng.   das  -tapfere  verhalten  der  Alkestis  wird  durch  die  sage 


J 


680     MWohlrab :  knabeuliebe  und  fraaenliebe  im  Plat.  Sympotion. 

von  Orpheus  in  ein  helleres  licht  gestellt,  erst  die  erzfthlnng  von 
Achilleus,  in  welcher  Phaidros  ganz  in  der  weise  seiner  seit  die 
freandschaftsyerhftltnisse  unter  den  heroen  in  liebesTerhftltnisse  nm* 
deutet  (Meier  ao.  s.  156,  5),  führt  ihn  wieder  auf  die  unterecheidmig 
von  ipacrf\c  und  Tratbixd,  und  zwar  deshalb  weil  er  zeigen  will, 
warum  die  götter  den  Achilleus  höher  ehrten  als  die  Alkeatis. 
Alkestis  wird  natürlich  als  ipibca  aufgefaszt,  wie  sich  ergibt  aus 
dTrepeßdXcTO  t^  (piXiqi  biä  töv  ^purra  (110%  o&rui  xal  8€ol  rriv  ncpl 

TÖV  fpWTQ  CTTOUbllV  T€  Kai  dp€Tf|V  |ÜldXtCTa  Tl|ÜldlCtV,  Kai  oif  ToXfiäv 

lv€Ka  ToO  fpwTOC  dtTo8vi^CK€iv  Acnep  ''AXkiictic  (179).  dämm  war 
ihre  aufopferung  selbstverständlicher  als  die  des  Aehillens,  der  nur 
£pui|üi€VOC  war. 

Ob  übrigens  Phaidros  wegen  seiner  abweidienden  anffaesmig 
einiger  sagen  den  harten  tadel  verdient,  den  ihm  Rettig  s*  6  and  Hug 
s.  XLI  zu  teil  werden  lassen,  möchte  zweifelhaft  sein,  die  grie- 
chischen sagen  waren  der  natur  der  sache  nach  ein  wenig  fixierter 
Stoff,  die  Varianten  allenthalben  zahlreich,  zeigen  etwa  andere  redner 
und  Schriftsteller  mehr  respect  vor  der  Überlieferung?  und  was  i^t 
auf  diesem  gebiete  überhaupt  als  Überlieferung  anzusehen? 

Ebenso  wenig  wie  ich  die  bezeichneten  ausstellungen,  welche 
Bettig  und  Hug  an  der  rede  des  Phaidros  madien,  als  richtig  aner- 
kennen kann,  kann  ich  Bettigs  auffassung  der  rede  des  Aristophanes 
billigen,  die  meines  Wissens  neu  ist.  Rettig  s.  23  findet,  Aristo- 
phanes vertrete  eine  ansieht  welche  der  des  Pausanias  nnd  firjzi* 
machos  entgegengesetzt  sei,  und  bezeichne  das  gleich  im  eingang  seiner 
rede,  allein  die  werte  dXXi]  T^  ^i]  ^v  vtu  ixoi  X^T^tv  {^  $  cu  T€  val 
TTaucaviac  eitr^niv  (189<^)  übersetzt  er  s.  183  ganz  richtig:  *er  habe 
im  sinne  den  gott  in  irgend  einer  andern  weise  zu  preisen.'  Aristo- 
phanes  kann  also  mit  denselben  doch  nur  seine  abweichende  form 
der  rede  bezeichnen,  wie  auch  Hug  annimt,  er  kann  damit  nicht 
sagen  wollen,  dasz  man  eine  rede  zu  erwarten  habe,  'welche  sieh  im 
princip  von  den  früheren  reden  unterscheidet.' 

Das  neue  princip ,  welches  Bettig  in  der  rede  des  Aristophiiies 
findet,  spricht  er  s.  22  in  den  Worten  aus:  'so  ist  der  wahre  sinn 
unserer  dichtung  bekämpfung  der  unnatürlichen  laster  der  seit» 
preis  des  glückes  wahrer  liebe  in  der  Zuneigung  und  Verbindung  tos 
Individuen  getrennten  geschlechts  zu  gegenseitiger  ergflnzung,  zu 
lebens-  und  Wesensgemeinschaft  in  freier  und  dauernder  einheit  der 
ehe.'  kürzer  heiszt  es  s.  204 :  *£ros  strebt  die  freie  geistige  und 
leibliche  Vereinigung  in  der  ehe  an.' 

Als  Schlüssel  zur  lösung  des  rftthsels  der  dichtung  -beteiebnet 
Bettig  s.  202  die  stelle  191 «  |üI€t^6tik^  T€  odv  (sc.  rä  atbota) . .  twv6€ 
{v€Ka,  Ivo  iv  Tfji  cuiüinXoK^  dfia  m^v,  el  avf|p  iiivaiKl  ivnixo** 
T€vvqi€v  Kai  tItvoito  tö  t^voc,  &}xa  b\  e\  dppiiv  dppcvi,  trX»w»o^ 
TOöv  ifiTVOiTO  Tf^c  cuvouciac  Kai  biatrauoivro  koI  iirl  td  fyfo. 
Tp^troiVTC  Kai  ToO  dXXou  ßiou  dntMeXoTvto.  an  dieser  stelle  ist  f&r 
BÜettig  die  völlige  gleichstellung  (d^a  ^^v  • .  dfia  bi)  der  verbisdon^ 


MWohlrab:  knabenliebe  ond  fraaenliebe  im  Plat.  Symposion.     681 

von  mann  mit  weib  und  mann  mit  mann  eine  Schwierigkeit,  er  legt 
gewicht  darauf,  daez  die  erste  Verbindung  obenan  steht,  und  meint 
dass  die  zweite  nur  eine  ausnähme  einführe,  das  ist  sicherlich  gegen 
den  Wortlaut,  welcher  beide  Verbindungen  als  coordiniert  hinstellt, 
aber  Bettig  findet  diesen  gedanken  unmöglich,  er  sagt:  *hier  wird 
also  die  trennung  der  geschlechter,  ihre  Verbindung  zum  zwecke  der 
zeugung,  der  Fortpflanzung  und  erhaltung.  des  geschlechts  als  von 
dem  mitleiden  des  Zeus  stammende  Ordnung  erklärt  ist  es  damit 
vertrSglich ,  wenn  unmittelbar  darauf  wie  in  6inem  athem  bemerkt 
wird,  Zeus  habe  diese  einrichtung  auch  aus  dem  gründe  getroffen, 
damit,  wenn  ein  mann  mit  einem  manne  sich  zusammenfftnde ,  we- 
nigstens trX1lC^ovf|  Tf)c  cuvouciac  stattfinde  usw.?  wie  ist  dieses 
mit  jenem  ersten  zwecke  verträglich,  für  fortpflanzung  und  erhaltung 
des  geschlechts  zu  sorgen,  da  dieses  doch  Untergang  desselben  be- 
deutet?' dasz  Zeus  bei  der  Verbindung  von  mann  und  mann  nicht 
die  fortpflanzung  des  geschlechts  beabsichtigt  haben  kann,  ist  sicher, 
wol  aber  kann  er  die  erhaltung  desselben  beabsichtigt  haben,  das 
ergibt  sich  aus  der  kurz  vorhergehenden  stelle,  zu  der  die  unsere  in 
unverkennbarer  beziehung  steht:  191*  £tr€ibf|  o3v  f|  qpucic  bixot 
dTiiyjdni  iToOoOv  ^KacTOV  TÖ  f\\i\cv  v^  aÖToO  Euvcivat,  kqI  nept- 
ßäXXovTCC  T&c  x^lfKic  Ka\  cumitX€k6m€voi  äXXrjXoic ,  iniOuMoOvTec 
cti^qpOvat,  dn^^vqcKOV  önd  Xi^oO  kqi  tt^c  äXXr)c  äptCac  h\&  t6 
Milb^v  dddXeiv  xu»plc  &XX/|XiUV  ttoicTv.  koI  öitötc  ti  diroOdvot  twv 
f||üitc€uiv ,  TÖ  bk  Xtiq>0€(ii ,  TÖ  X€iq)6iv  dXXo  tiIifJT€t  xal  cuvcitX^kcto» 
€Tt€  T^ivaiKÖc  Tftc  6Xtic  ^vTuxot  fi^{c€t,  ö  bf|  vOv  TuvaiKO  koXoO^cv, 
cTtc  dvbpöc  xal  oötuic  dtruiXXiJVTO.  an  dieser  stelle  findet  Bettig 
8.200das  dvbpÖTUVOV  absichtlich  übergangen;  wahrscheinlicher  nimt 
Hug  an  dasz  Piaton  die  exemplification  zu  vervollständigen  dem  leser 
ttberliesz,  wie  das  bei  ihm  so  häufig  der  fall  ist.  wir  verstehen  also  die 
stelle  so.  nachdem  die  ursprünglichen  doppelmenschen  zerschnitten 
waren,  giengen  sie  dadurch  zu  gründe,  dasz  sie  nichts  mehr  aszen, 
überhaupt  gar  nichts  mehr  vornehmen  wollten  als  nur  sich  umfiiszt 
halten.  Zeus  versetzte  nun  die  geschlechtsteile  nach  vom;  damit 
war  die  möglichkeit  der  befriedigung  des  geschlechtstriebes ,  des 
natflrliehen  wie  des  widernatürlichen,  gegeben,  die  nXncpovfl  Tf)c 
cuvouctac,  die  damit  verbunden  war,  rettete  und  erhielt  insofern 
die  menschen ,  als  sie  wieder  nahrung  zu  sich  nahmen  und  ihren  Ob- 
liegenheiten sich  zuwendeten,  es  ist  somit  die  Verbindung  von  mann 
und  fraa,  also  die  ehe ,  wie  Bettig  meint ,  auf  ganz  gleiche  stufe  mit 
der  Terbindung  von  mann  und  mann  gestellt,  also  mit  der  freund- 
sehaft  unter  männem.  beide  sind  hier  mit  echt  Aristophanischem 
kyniamos  nur  von  der  seite  der  physischen  Vereinigung  bezeichnet, 
wie  das  in  der  Verbindung  mit  dem  mythos  auch  nicht  anders  mög- 
lieh war;  später  wird  das  geistige  moment  um  so  schöner  und  ent- 
schiedener hervorgehoben. 

Za  an&ng  des  16n  cap.  zieht  Aristophanes  die  resultate  aus 
bisherigen  mythischen  aufstellnngen.  die  vier  möglichen  ver- 


682     MWohlrab:  knabenliebe  und  frauenliebe  im  Plat.  Symposion. 

bindungen ,  die  sich  ans  den  drei  ursprfinglichen  gescblechtern  er- 
geben y  bebandelt  er  so,  dass  er  die  lobenswerten  und  die  verwerf- 
lichen  Seiten  derselben  bezeichnet,  aas  der  ehemaligen  TereinigaBg 
von  mann  und  frau  (dvbpÖTUVOv)  entstehen 

1.  a  die  dvbpec  q)iXoTuvaiK€c        h  die  jüiotxoi. 

2.  a  die  TwaiKCC  (piXavbpoi  h  die  fioiX€UTpiai. 

3.  für  die  lobenswerte  seite  der  Verbindung  von  frau  mit  frau, 
also  für  die  echte  freundschaft  unter  frauen  hat  Aristophanes  keinen 
besondem  namen.  dasz  er  sie  aber  voraussetzt,  ergibt  sich  aus  dem 
Zusätze  Kai  al  ^Taipicrpiai  dx  toutou  toö  t^vouc  t'tvovtqi,  der  so 
aufgefaszt  echt  zu  sein  scheint. 

4.  aus  der  Verbindung  von  mann  mit  mann  entstehen,  wenn 
man  die  zeitliche  entwickelung  festhält,  a  die  (piXepacTat,  h  die 
TiaibcpacTaL  dasz  die  ersteren  in  der  öffentlichen  meinung  dem 
tadel  der  Schamlosigkeit  unterliegen,  deutet  Aristophanes  wenigstens 
an:  (päd hk  br)  tiv€C  auTOuc  dvaicxuvTOUC  elvai  veuböfievou  Settig 
musz  selbst  anerkennen ,  dasz  der  worüaut  dieser  stelle  auf  eine  be- 
günstigung  der  Verbindung  von  mann  und  weib  nicht  hinweisL  er 
sagt  8.  207 :  ^dasz  diese  darstellung  die  wahre  absieht  des  dichters 
nicht  enthalten  kann ,  sondern  dasz  sie  ironisch  ist  und  eben  dadurch 
die  aufmerksamkeit  auf  das  allein  wahre  und  naturgemäsze  hinlenkt.' 
da  wir  selbst  die  stelle  191  ^  anders  verstehen  als  Settig,  so  liegt  für 
uns  kein  anlasz  vor  von  der  wörtlichen  auffassung  dieser  stelle  ab- 
zugehen, consequenter  weise  musz  Bettig  s.  188  natürlich  auch  das 
dvbpÖTUVOV  (189*),  das  nicht  nur  im  sinne  des  Aristophanes,  son- 
dern überhaupt  im  sinne  seiner  zeit  mit  schmach  bedeckt  war  (vOv 
V  ouK  fcTiv  dXX'  ft  dv  öveibei  ovo^a  xci^evov),  im  entgegen^ 
gesetzten  sinne  verstehen. 

Mit  den  worten  ärav  \A\  oOv  Kai  auTi|i  dKcivqi  dvTVXQ  tui 
auToO  fmic€i  (192*')  beginnt  die  ergreifende  Schilderung  der  unaus- 
sprechlidben  macht  der  liebe,  dabei  ist  wieder  festzuhalten,  da&z 
Aristophanes  eine  bestimmte  Verbindung  nicht  im  sinne  haben  kann. 
denn  mit  xal  äXXoc  Ttäc,  das  nach  6  iraibepacTrjc  steht,  können 
doch  nur  die  aus  dem  dvbpÖTWOV  und  dem  doppelweib  entstandenen 
bezeichnet  werden,  jede  der  vier  möglichen  Verbindungen  Iftszt  eine 
solche  Vertiefung  zU;  dasz  das  sinnliche  element  dabei  ganz  surOck- 
tritt  Bettig  s.  213  versteht  freilich  den  satz  oub4  T^tp  &V  bö£ei€V 
toOt'  elvai  f|  tujv  dqppobiciuiv  cuvoucia  (192'')  so,  als  ob  Aristo* 
phanes  nur  von  den  ausartungen  der  liebe  gesprochen  hätte,  aber 
es  ist  nicht  abzusehen,  warum  nicht  von  der  echten  freundschaft 
zwischen  roännern  mit  männem  und  frauen  mit  frauen  die  rede  sein 
soll,  warum  in  diesen  worten  einseitig  der  hinweis  auf  echte  eheliche 
liebe  enthalten  sein  soll,  natürlich  versteht  Bettig  (s.  217)  auch  die 
Worte  ToO  ÖXou  oOv  t^  dTTi6u|Lii<)i  Kai  biibEei  Ipujc  dvofia  (192')  nur 
von  der  ^naturgemäszen  verbipdung  der  verschiedenen  geschlechter  cu 
dauerndem  bunde'.  und  doch  bemerkt  er  s.  222  zu  193''  XcTUi  hk  ovv 
^TUiTC  K<xB*  dirdvTUiV  Kai  dvbpuiv  xal  Ti^vaiKWV,  dasz'bisher  ausscblieu- 


MWohlrab :  knabenliebe  und  frauenliebe  im  Plat  SjmpoBion.     683 

lidi  y<Hi  den  männem  die  rede  war/  wobei  er  das  Kol  SKXoc  nfic  nach 
6  naibepacrfic  (192 «)  übersehen  zu  haben  scheint,  w&re  es  nun  in  der 
that  nicht  alku  seltsam,  wenn  Aristophanes  einen  langem  abschnitt 
hindurch  von  der  liebe  Untermännern  spräche  und  damit  die  eheliehe 
liebe  meinte?  läszt  sich  das  wirklich  aus  seinem  beruf  als  komödien- 
diohter  und  mit  Zuhilfenahme  Ton  Ironie  und  parodie  erklären? 

Dasz  der  standpunct  des  Aristophanes  wirklich  ein  erhabener 
ist  und  sich  Ton  dem  der  Vorredner  aufs  wesentlichste  unterscheidet, 
ist  ohne  weiteres  zuzugeben.  Aristophanes  war  sich  auch  bewust 
dasz  er  über  die  denkart  seiner  zeit  hinausgehe,  das  liegt  in  den 
Worten  ö  TtJJV  vCv  ÖXiTOi  iroioOct  (193  ^).  im  vollen  einverständnis 
mit  Bettig  (s.  222)  finde  ich  die  berttcksichtigung  der  frauen  am 
ende  der  rede  bemerkenswert,  aber  nur  deshalb,  weil  Aristophanes 
sie  auf  gleiche  stufe  mit  den  männem  stellt,  weil  er  zugibt  dasz  die 
Hebesverhältnisse  mit  denselben  und  unter  denselben  dieselbe  Ver- 
tiefung zulassen  wie  bei  den  männem,  eben  so  wie  die  enge  Ver- 
bindung, in  welche  er  liebe  und  frömmigkeit  setzt,  bemerkenswert 
ist  dasz  aber  Aristophanes  zu  gunsten  der  ehelichen  liebe  die  liebe 
unter  männem  herabgesetzt  habe,  davon  finde  ich  nirgends  eine  an- 
deutnng.  dazu  kommt  dasz  Aristophanes  das  staatliche  institut  der 
ehe,  SU  dessen  verherlichung  nach  Bettigs  auffassung  seine  lobrede 
dienen  soU,  mit  keinem  werte  auch  nur  erwähnt,  sondern  einfach 
wie  von  allen  andern  möglichen  Verbindungen,  so  auch  von  der  Ver- 
bindung zwischen  mann  und  frau  spricht,  die  doch  nicht  eine  ehe- 
liche sein  musz,  selbst  in  d6m  falle  nicht,  dasz  kinder  daraus  hervor- 
gehen« ist  es  aber  nicht  zu  viel  verlangt,  dasz  der  leser  als  thema 
einer  rede  einen  begriff  errathe,  der  in  derselben  gar  nicht  vorkommt? 

Es  ist  natürlich  dem  Scharfsinn  Bettigs  nicht  entgangen,  dasz 
ouui  in  der  rede  des  Sokrates  eine  art  controle  für  die  auffassung 
der  frühem  reden  und  somit  auch  der  rede  des  Aristophanes  zu 
finden  habe,  da  nun  aber  der  Wortlaut  der  Sokratischen  rede ,  wo 
sie  des  Aristophanes  darstellung  berührt,  der  eigentümlichen  auf- 
fassung Bettigs  nicht  günstig  ist,  so  musz  er  auch  hier  zur  annähme 
von  parodie  und  ironie  seine  Zuflucht  nehmen,  in  der  that  bezeichnet 
er  (s.  300)  cap.  26  und  27  als  den  parodisohen  abschnitt  der  rede  des 
Sokrates.  das  26e  cap.  soll  mit  der  rede  des  Aristophanes  überein- 
flÜnunen,  wenn  man  ihr  die  parodische  hülle  abstreift  (s.  288).  wer 
die  rede  des  Sokrates  ohne  Voreingenommenheit  liest,  wird  schwer- 
lieh Bettig  recht  geben  kOnnen.  wird  nicht  208*  die  liebe  zwischen 
ninnem  und  frauen  auf  die  zurückgeführt,  welche  £ticu|üiov€C  Korä 
Td  cdi^ara  sind?  stellt  nicht  Sokrates  unzweifelhaft  die  ^TKUjüiovec 
KOxä  Tf|V  vvxifiv  über  die  leiblich  schwangeren?  und  ist  nicht  aus 
dem»  was  über  die  geistig  schwangeren  gesagt  wird,  ganz  klar  dasz 
er  darunter  nur  männer  versteht?  hiemach  scheint  mir,  als  könne 
man  von  Sokrates  eine  verherlichung  der  ehelichen  liebe  noch  viel 
weniger  erwarten  als  von  Aristophanes. 

Ich  begnüge  mich  meine  bedenken  gegen  einige  neue  auf« 


684  ThFritzBche:  zu  Pindaroa  [OL  1,  28]. 

fassungen  der  reden  des  Pbaidros  und  Aristophanes  anezQspredien. 
vielleicht  verhält  man  sich  neuerdings  doch  etwas  zu  absprediend 
gegen  die  redner  vor  Sokrates,  forscht  allsa  eifrig  nach  den 
schwachen  seiten  derselben,  man  wird  in  dieser  tendenz  wol  eine 
reaction  gegen  den  Optimismus  Steinharts  erkennen  dürfen,  dass 
dieselbe  bis  zu  einem  gewissen  grade  ihre  volle  bereehügimg  bat, 
sei  unbestritten ;  nur  das  möge  einer  genauem  prttfung  anheim  ge- 
geben sein ,  ob  diese  reaction  nicht  in  einzelnen  puncten  wieder  in 
weit  geht. 

Chemnitz.  Martin  Wohlrab. 

(60.) 

ZU  PINDABOS. 


Nicht  in  dem  lemma  der  schollen  zu  i|i€ub€ic  Ol.  1,  28  li^  der 
fehler,  wie  Flach  oben  s.  460  meint,  sondern  auf  die  richtige  spur 
fahrt  vielmehr  die  Variante  am  rand  von  A  yfAfpexai  xal  qpact .  . 
cuvrdccerat  bk  kqI  (paclv  dvxl  toO  X^touciv.  dieses  q>ad  q>acW, 
welches  auch  die  schollen  A  B  C  D  haben,  ist  mit  nichten  eine  rein 
interpretierende  glosse,  wie  Mommsen  (vgl.  Bemhardj  zu  Eratosth. 
8.  219;  auch  Lehrs  Pindarscholien  s.  196  stimmt  bei)  behauptet» 
sondern  eine  ebenso  alte  lesart  wie  qpäric*  qpp^vac  hingegen  eiB» 
späte  und  schlechte  conjectur.  auszugehen  ist  also  von  dem  bsL 
qpaciv  und  (pdrtc ,  und  einen  fingerzeig  finde  ich  in  der  von  Bergk 
vorgenommenen  anastrophierung  des  uitep  (vgl.  Pjth.  4,  26.  fragm. 
78,  2).  hiemach  schreibe  ich  mit  leichtester  ttndemng  q)uciv 
dnep  für  (paclv  öirip.   die  stelle  lautet  dann: 

fj  OaupaTd  iroXXä,  xai  irou  xi  Kai  ßpotupv 
(pOciv  finep  TÖv  dXaOf)  Xötov 
bcbaibaXjüi^vot  qieObcci  iromiXotc  äanaxdivTi  ^00ol 
*profecto  mirabilia  multa  sunt  et  vel  ultra  naturam  humanam 
veritatem  mendaciis  callidis  omata  decipiunt  inventa.'  die  sage  von 
der  elfenbeinernen  Schulter  des  Pelops  tadelt  Pindar  dem  znsammen- 
hang  entsprechend  als  der  menschlichen  natur  geradezu  widervtrei- 
tend,  ßpoxiBv  qpOciv  fiirep,  wie  ifvckp  poipov,  öitip  Gcöv,  t«iir» 
humanam  naturam.  man  htttte  Iftngst  sehen  kOnnen«  dasz  öirtp 
TÖV  äXaOf)  XÖTOV  in  Verbindung  mit  bcbaibaX^^voi  und  namentlich 
i|i€i»b€Ci  iTOiKtXoic  (denn  auf  diesen  ausdruck  geht  das  von  FUeb 
falsch  bezogene  ipcubcic  Xdrot  der  schollen)  unpassend  ist  und  in 
TÖV  dXaOf)  XÖTOV  vielmehr  das  object  zu  äairatujvn  steckt,  iroi- 
KiXotc  bedeutet  *schlau',wie  Nem.  6, 28,  XÖTOC  als  'wahrheif  kommt 
in  seinem  gegensatz  zu  pOOoc  *alte  fiction'  (Wyttenbach  zu  Piaions 
Phaidon  s.  136  ed.  Lips.,  Meineke  bist.  crit.  com.  s.  59  f.  und  Bei^gk 
de  comoedia  Att.  ant.  s.  277)  zu  voller  geltung,  und  das  Kod  nach 
Kai  1T0U  xt  ist  nun  erst  verständlich  als  *sogar*.  ganz  so  stdit  bei 
Homer  Y  336  pi\  Kai  önip  ^oipav  b6\xoy  ''Aiboc  ekoipiKnot. 

QOsTROw.  Thbodob  FniTsecBS* 


APhilippi«  Hermokopiden.  685 

94. 

HERMOKOPIDEN. 


Dag  nenerdings  von  Kiunanndis  {^Mfiv,  1878  b.  205  f.)  heraus- 
gegebene fragment  einer  poletentafel  gibt  inBcbriftlich  zum  ersten 
male  den  NiKi(äbiiOt  welcher  der  mysterienschindung  in  Pulytions 
hause  beiwohnte  (Andokides  1 ,  12  ff.),  drei  der  teilnehmer  sind 
nns  bereite  durch  die  früher  gefundenen  gleichartigen  insohriften 
bekannt,  also  lehrt  uns  die  neue  inschrif  t  (etwa  in  bezug  auf  die 
eisangelie  des  Androkles  bei  Plut.  Alkib.  19 ,  an  die  ich  (Ibrigens 
nicht  glaube)  nicht  mehr  als  die  bereits  bekannten,  zum  ersten  male 
erscheint  femer  Pherekles  (§  19  ff.  mjsterienschttndung  im  eig- 
nen hause  u.  35 :  katalog  der  von  Teukros  angezeigten),  schon  be- 
kannt war  der  dritte  name,  Eu  philo  tos  (neben  Axiochos  und 
Adelmantos). 

DasB  Enphiletos  und  Meletos  um  399  nicht  mehr  leben,  folgt 
noch  nicht  aus  ihrer  nennung  auf  der  proscriptionsliste;  wenn  man 
an  Andok.  1,  35  denkt,  aber  dasz  der  genösse  des  Euphiletos  §  63 
und  35  (katalog  des  Teukros)  zwar  6ine  person  mit  dem  teilnehmer 
des  gelages  in  Puljtions  hause  §  12  sein  kann,  nicht  aber,  wie 
Brojeen  ebenfalls  wollte,  mit  dem  anklttger  des  Andokides,  lehrt  die 
art  wie  dieser  Meletos  §  94  vom  redner  behandelt  wird,  hiemach 
ist  die  Identität  schlechterdings  unmöglich,  also  konnte  der  namens- 
vetter  dea  anklfigers  dem  redner  als  zeuge  jetzt  nicht  mehr  gefähr- 
lich werden,  lebte  nicht  m^r,  und  dasselbe  wird  von  dem  genossen 
gelten  mOssen. 

Ich  hebe  das  hervor,  weil  es  für  die  beurteilung  der  sache  von 
Wichtigkeit  ist.  nur  so  gewinnen  wir  das  recht,  der  rollenverteilung, 
welche  Andokides  in  bezug  auf  sich  selbst  sowie  Euphiletos  und  ge- 
nossen Tomimt,  mit  mistrauen  zu  begegnen,  vollends  da  [Ljsias] 
6,  22  das  Sklavenzeugnis  bestreitet,  wenn  dagegen  Andokides  be- 
hauptet, die  von  ihm  angezeigten  bitten  schon  auf  der  liste  des 
Teukros  gestanden  ausser  vieren,  welche  aber  nicht  hingerichtet 
worden  seien,  so  musz  letzteres  richtig  sein,  da  sie  noch  leben  §  63, 
ersteres  nach  Thukydides  und  Plutardi  nicht;  und  da  diese  femer 
mddeai,  Andokides  habe  auch  gegen  sich  selbst  als  Hermenfrevler  Zeug- 
nis abgelegt,  so  ist  hier  wieder  das  mistrauen  gegen  den  redner  be- 
fBchtigt,  wenn  wir  zumal  auf  die  geschraubten  ausdrücke  s^en,  mit 
denen  er  einige  jähre  früher  der  alten  wunde  gedenkt :  2  §  8.  25, 
und  an  ific  tötc  dpapriac  klingt  wieder  die  gegenrede  von  399  an : 
§  21  1^|i<ipT€V.  daran  kOnnen  auch  ansichten  über  die  abfassungs- 
seit  des  Thukydideischen  geschichtswerkes  nicht  das  mindeste  ftn- 
dem ,  BO  pikant  es  übrigens  sein  mag  das  Verhältnis  der  werte  auf 
solchem  wege  von  zeit  zu  zeit  einmal  umzukehren. 

Unwichtig  ist  die  differenz  hinsichtlich  des  rathgebers :  Char- 
nüdea  oder  Timaios  ^  hier  kann  ich  GOilbert  ^beitrage'  s.  274  nicht 


686  APhilippi:  Hermokopiden. 

folgen,  mit  dem  ich  sonst  in  vielen  puncten  übereinstimme,  und 
stelle  mich  auf  Andokides  seite  —  um  so  wichtiger  aber  die  m  ond- 
nacht  des  Diokleides :  denn  auf  den  ihr  entgegenstehenden  seng- 
nissen  beruht  ja  die  ganze  Chronologie  dieser  monate  nnd  tage. 
Corsinis  gründen  gegen  den  neumond  konnte  Droysen  in  seiner 
berühmten  abhandlung  leicht  begegnen;  für  Andokidee  war  ja  am 
ende  die  Widerlegung  des  Diokleides  nicht  so  notwendig,  dass  wir 
aus  ihrem  fehlen  ein  zwingendes  argument  gewinnen  könnten,  aber 
den  von  Grote  VII  271  angedeuteten  einwand  durften  die  neueren 
meiner  ansieht  nach  nicht  so  einfach  bei  seite  schieben,  hat  Dio- 
kleides —  und  daran  zweifelt  ja  wol  niemand  —  in  seine  angäbe  die 
mondnacht  aufgenommen,  so  war  sie  auch,  denn  das  liesz  sich  nodi 
nach  monaten  ebenso  gut  controlieren ,  wie  wenn  zb.  heute  nach 
groszer  nächtlicher  feuersbrunst  jemand  öffentlich  deponieren  wollte^ 
es  hätte  gestürmt  oder  geblitzt,  während  das  in  Wirklichkeit  nicht 
der  fall  war.  allerdings  haben  ja  die  Athener,  so  heiazt  ee,  erst  am 
morgen  nach  der  denkwürdigen  nacht  von  der  Zerstörung  künde  be- 
kommen, aber  hätte  nicht  wenigstens  6in  aufmerksamer  sich  ge- 
funden, der  gleich  nach  Diokleides  auftreten  zu  sagen  wüste,  daaz 
der  mond  in  jenen  nachten  gar  nicht  scheinen  konnte,  weil  neu* 
mond  war? 

Also  ist,  denke  ich ,  der  neumond  bei  Diodor  und  die  Ivf)  Kai 
v^a  bei  Plutarch  eine  bei  der  ausdrucksweise  des  Andokides  nahe 
liegende,  spätere,  möglicherweise  schon  dem  Ephoros  gehörende  er- 
klärung  der  lüge  des  Diokleides,  aber  keine  historiscüke  thatsacbe. 
und  damit  sind  wir  denn  freilich  für  die  Chronologie  dieser  denk- 
würdigen monate  wieder  nur  auf  Thukjdides  allgemeine  ausdrücke 
angewiesen,  da  wir  nicht  einmal  die  zeit  der  Adonien  genau  be- 
stimmen können. 

Da  ich  vorhin  die  rede  ncpi  Tf|c  iauToO  xaOöbou  er- 
wähnte, so  mag  hier  noch  ein  wort  zur  Zeitbestimmung  sich  an- 
schlieszen,  obwol  auf  ein  paar  jähre  für  den  vorliegenden  fall  nichts 
ankommt,  man  will  gewöhnlich  nicht  zu  lange  nach  absetzung  der 
vierhundert,  zb.  Blass  att.  bereds.  I  278  das  jähr  409.  wenn  aber 
vau|üiaxoOvT€C  §  12  vorzugsweise  auf  die  schlacht  bei  Kyzikos  geht, 
so  scheint  doch  sowol  diese  als  auch  die  ganze  Situation  der  um- 
liegenden zeit  dem  redner  und  seinen  zuhörem  schon  zu  fem  ge- 
rückt (tÖT€  udgl.),  um  nicht  mindestens  bis  407  hinunterzugeben« 
so  viel  läszt  sich  trotz  des  leider  sehr  allgemeinen  inhalts  der  red« 
wol  mit  Sicherheit  annehmen. 

OlBBSBN.  AdOLT  PBfUPPI. 


PStengel:  die  zunge  der  opferihiere.  687 

95. 

DIE  ZUNGE  DER  OPFERTHIERE. 


KFHennann  im  lehrbuch  der  griech.  antiqnitKteii  IP  §  28 
anm.  20  sagt:  ^Hermes  erhält .  .  die  letzte  libation  zugleich  mit  der 
zunge  des  opfere  . .  die  zunge,  welche  vom  opferthier  noch  besonders 
ausgeschnitten  und  zuletzt  mit  der  libation -an  Hermes  verbrannt 
wird*;  Schömann  gr.  altertümer  II'  s.  242:  *die  zunge  wurde  zer- 
schnitten und  ins  fener  geworfen,  die  alten  erklttrer  sagen ,  dies  sei 
dem  Hermes  zu  ehren  geschehen ,  was  wir  auf  sich  beruhen  lassen 
wollen.'  auch  ich  war  noch  vor  kurzem  der  ansieht  (s.  ^quaestiones 
saorificales',  programm  des  Joachimsthalschen  gymn.  1879  s.  22  f.), 
dasz  man  den  angaben  der  alten  erklftrer  folgen  mttsse.  aber  ein- 
gehendere Untersuchung  derselben  hat  mich  zu  dem  entgegengesetzten 
resultat  geführt. 

Dasz  die  zunge  der  opferthiere  dem  Hermes  verbrannt  sei ,  be- 
richten (I)  Athenaios  1 28  s.  16^  f  circvbov  bk  dnd  t(£iv  beiTivuJV  dva- 
XuovTCC  Ka\  Tdc  CTrovbdc  ^notoGvTo  'Cpjüi^  kqi  oöx  die  öcTepov 
Ali  xeXdtji.  boKci  yäp  €pyif\c  önvou  ttpoctAttic  cTvai.  CTr^vbouci 
b*  ouTif»  Ka\  dni  raic  yX^ccatc  ^k  täv  bclnvwv  ditiöviec.  irpoc- 
v^MOvrai  b'  aurilp  a\  tXuiccqi  bid  tj|v  dp^r)V€iav.  (II)  scholiast  zu 
Od.  T  332  Tdc  rXiftccac  tdp  Tif»  '€p|uiQ  dvcTiGouv  ibc  icpöptp  toO 
X6tou,  Kai  firav  ffxeXXov  KOiMn^vai  fOuov  tXwccqc.  (III)  Eusta- 
Urios  zu  Od.  T  332  s.  1470  £6oc  naXatöv  b^Xci  ö  noni-nfic.  p^XXov- 
T€C  tdp  Kot|üiii9f)vai  fi€Td  Guciav  oi  naXaioi  f Guov  Tdc  tiIiv  icpeiwv 
tXuiccac  Kard  fOoc  luivwv  f\  *Attik&v  ßdXXovxec  ty  nupi . .  bid 
Kai  *€ppq  aöidc  dvexieouv  d)C  \6fOv  boTf\pi  .  .  *€p|uiq  hl  aurdc 
£8uov  die  ToO  X^T€iv  dcpöpifi.  (IV)  schol.  zu  Aristophanes  Plutos 
1 1 10  f|  TXii»TTa  Tiöv  euo^i^vwv  i^  '€pM^  biboxai,  dw€ib#|  tuüv  X6tu)v 
b€cn6Tr\c  icxiv  .  .  öti  tiöv  Upciujv  f|  TX&Tra  tiu  *€p^^  biborai  ^v 
rate  bn^OTcX^ci  Ouctaic.  (V)  schol.  zu  Apollonios  Argon.  1 517  6ti 
IBoc  f[y  Toic  TToXaioTc  Kpcrrfipa  Kipväv,  8t€  ^^XXoicv  xadcübciv,  xal 
tAc  ifXuiccac  Tdiv  Icpciuiv  iiriOuciv  tä  *€pM§  Kai  iiricTr^vbciv  oTvov. 
Kai  f cuic  qpuciKuüc.  irciX  ydp  *€p^f^c  X6toc  clvai  wapab^boTai,  öpTa- 
vov  b4  auToO  fi  TXujcca,  fjnc  öttvou  dnmccövToc  i^pcpei,  eixÖTuic 
Tdi  '€pM^  aörfiv  Wouciv.  Kai  "O^i^poc  «xX^ficcac  b  *  iv  nupi  ßdXXov». 
(Vi)  Paroemiogr.  gr.  I  415  f)  TXöEiTTa  Ttuv  Öuom^vujv  i^  *€pM^  bi- 
bOTOt.  heranzuziehen  ist  auch  noch  (VII)  Comutus  ircpi  9c wv  c.  16 
B.  164  TUTXdvci  bt  *€pfiflc  6  Xötoc  . .  fvOcv  bt  irpu^TOV  fitv  bidKTO- 
poc  K^xXtiTai .  .  f{  dtrö  toO  btdTCiv  Td  voifJMaTa  fipuiv  cic  Tdc  Turv 
TrXTiciov  i|iuxdc  *  xadö  Kai  Tdc  rXtliccac  aindl)  KaGiepoCctv. 

Die  Athenaiosstelle  ausgenommen  rühren  also  alle  angaben, 
dasz  die  zunge  der  opferthiere  dem  Hermes  verbrannt  sei,  von 
»choliasten  und  aus  verhttltnism&szig  später  zeit  her.  wenden  wir 
ans  zunftchst  zu  jener  (I)  Athen,  ao.  fcnevbov  usw.  das  subject  zu 
dem  f cncvbov  sind  die  Homerischen  beiden,  denen  in  dem  satze  vor- 


688  PStengel:  die  zunge  der  opferthiere. 

her  noch  die  Troer  mit  ihren  barbarischen  gebrauchen  gegenüber- 
gestellt sind,  die  stelle  bezieht  sich  auf  Od.r|  137,  wo  OdTSsens  die 
Phaiaken  findet  CTrdvbovTac  bendecciv  ducKÖTTifi  äpT€iq>0VTg,  |  i^ 
irujidTqj  CTT^vbecKov,  fixe  fxviicaiaTO  ko{tou/  hier  ist  also  nur  von 
einer  letzten  spende  vor  dem  Schlafengehen  an  Hermes  die  rede,  wie 
diese  auch  PoUux  VI  100  bezeugt  und  Plutarch  sjmpos.  VII  9  er- 
wähnt, von  einem  verbrennen  von  zungen  finden  wir  nichts,  zu 
dieser  Homerstelle  aber  zieht  Athenaios  nun  Od.  f  341 ,  wo  die 
Nestoriden  mit  Telemachos  vom  opfer  abends  nach  hause  kommend 
TXubccac  iy  irupl  ßdXXov,  dvicrd^evoi  in^Xetßov.  weil  Od.  r\  137 
die  spende  am  abend  dem  Hermes  gebracht  wird,  musz  auch  hier 
die  spende  und  also  auch  das  verbrennen  der  zungen  dem  Hermes 
zu  ehren  geschehen  sein,  dasz  wenige  verse  vorher  (t  334)  gesagt 
wird :  dXX '  dyc  Td^veie  p^v  tXiüccqc  ,  KcpdacGc  b^  oTvov,  |  2<ppa 
TToccibduivi  Kai  dXXoic  dOavdToiciv  |  cireicavrec  koitoio  ^ebw^cOa 
—  das  ignoriert  Athenaios :  dem  Poseidon  sind  die  thiere  geopfert 
(Od.  f  6);  ihm  vor  allen,  nicht  dem  Hermes,  gilt  die  letzte  spende, 
ihm  werden  auch  die  zungen  verbrannt  sein,  dasz  man  später  in 
naehhomerischen  Zeiten  dem  Hermes  zungen  verbrannt  habe,  sagt 
Athenaios  gar  nicht,  während  er  doch  hinzuftlgt:  Kai  TOC  CTCOvboc 
^TrotoövTG  *€pji^  Kai  oux  Obc  ficT€pov  Ali  TeXei^l. 

Die  beiden  folgenden  stellen  (H  III)  schol.  zu  t  332  und  341 
und  Eust.  zu  y  332  s.  1470  wollen  wir  zusammen  betrachten,  weil 
thatsächlich  in  beiden  nur'^in  scholion  vorliegt,  nur  einige  stellen 
zum  beweise.  Eustathios:  *€p^iQ  bi  aurdc  £6uov  die  ToO  X^civ 
dq)6pqj.  ^^XXovTcc  ydp  KOi^iiOfivat  jbieTd  Oudav  o\  TToXaioi  fOuov 
Tdc  TÄv  icpeiwv  TXujccac  Kotd  fOoc  luivuiv  t\  ^Attikujv  ßdXXovrec 
dv  TTupi.  dirdve/iov  bi  aurdc  öcioOvTec  Oeoic ,  f\  tuiv  buccpripiuiv 
Ka6aipovT€c  dauTOÜc.  i^  6ti  KpdTiCTOV  tujv  fxeXujv  f|  iXuicca,  fj  Kod 
6ti  Td  pr]QivTa  Oeotc  dveriOecav  die  diri^apTupujv  aÖTuiv  XoXti- 
6dvTa.  dM^Xei  Kai  Kard  t6  oiic  tujv  ^irui^dTuiv  {cnevbov  rf^v 
Oeiav  oiulviSöjbievot  dKoriv.  ti  Kai  biÖTi  XP^  Td  iv  cu^Tiociqi  citov. 
666V  Kai  irapoi^ia  «^iciH  ^vd^ova  cupiiÖTav»  usw.  der  scholiast  zu 
T  332 :  Tdc  TXuiccac  Tip  '€p^4  dv6Ti6ouv  die  icpöpip  toO  Xötou. 
Kai  ÖTav  ffxeXXov  Koi^n^fivai,  £6uov  TXwccac.  (zu  341)  Kcrrd 
iraTpujiov  iQoc  'luivuiv.  bid  tö  Kaieiv  Tdc  tXuiccac  IbÖKOtiv  avräc 
KaOaipeiv  toiv  ßXaccpnM^i^v.  'Attiuiv  bl  6ti  KpdTicTOv  ToivfieXaiv  f) 
TXiucca.  f\  6ti  Td  ^nÖ^VTa  toTc  0€oic  dvcTiGecav  •  die  dni^aprupuiv 
Tdp  dcujv  bicX^TOVTo.  djiAct  Kai  Kard  tö  oOc  ti)uv  6cTrui|LidTuAr 
IcTrevbov  Tfjv  dKofjv  tiiiv  6€uiv  oluivi2;6|üievoi.  (zu  332)  koi  ön  tq 
tv  cujiTTOciqi  dbö^eva  ou  XP^  t^  dnatipiov  ly  Tqi  ji€Mviic6ai  äcei- 
vuiv  X^yetv  irpöc  dXXouc  dXXd  ciuiiräv  Taura  bid  xai  Tic  ccMpöc 
«fiicui  ^vd^ova  cu|üittötiiv»  usw.  Eustathios  fährt  etwas  weiter 
unten  fort:  6  bk  beiTivoco(piCTf|c  einüiv  ön  a\  TXuiccai  v^ovroi 


'  der   «cboliast  bemerkt  za  dpTCKpövTig:   tintX   övcipoiroftv^c    Koi 
t>irvo66Tt)C.» 


PSteogel :  die  znnge  der  opferihiere.  689 

Tift  '€pMQ  btd  Tfiv  ^pMnvciav,  xal  Sri  &TTevbov  o\  TiaXaiol  inö  t&v 
b€(irvu>v  dvoXüovTCc . . .  boKct  T*P  *€pfific  örrvou  TrpocTdTT]c  cTvm. 
and  dann  geht  er  über  zu  jener  Homerstelle  T  341,  die  er  mit  Athen, 
oder  nach  Athen,  mit  x\  137  combiniert  und  daraus  wie  jener  den 
falschen  schlnsz  zieht,  dasz  Y  341  die  zungen  dem  Hermes  verbrannt 
würden,  wie  alle  ttbrigen  bringt  er  dann  noch  eine  menge  Ter- 
mutongen  und  wolfeile  erklftrungen,  waram  man  wol  dem  Hermes 
die  Zungen  geopfert  habe,  ob  der  andere  scholiast  auch  durch  Athe- 
nuos  zu  dem  üalsehen  Schlüsse  geführt  worden  oder  wie  jener  durch 
combination  der  beiden  stellen  selbst  darauf  gekommen  ist,  wird 
sich  kaum  feststellen  lassen,  ist  auch  ziemlich  gleichgültig.  —  Noch 
eine  andere  quelle,  die  wir  sogleich  ftir  sich  ausführlicher  besprechen 
müssen,  hat  Eustathios  zum  Irrtum  verleitet,  sei  es  nun  dasz  er  sie 
selbst  nicht  richtig  verstanden  und  fisdsch  interpretiert  hat,  sei  es 
dasz  ihm  auch  hier  schon  falsche  erklSrungen  vorlagen,  er  sagt  in 
demselben  scholion:  btö  Kai  6  KuipiKÖc  b!Jcqpii|LUJi  nva  ToO  'CpjüioO 
dirövTOc  dEovcibilct  \ifwv  «f|  TXu^cca  i^  KrjpuKi  toOtuiv  t^vctqu). 
Eust.  denkt  dabei  an  die  Aristophanesstdle  Plutos  1110  f|  fXdhra 
Ti|>  Ki^puKt  TOUTUiv  T^^V€Tal  (welche  er,  weil  er  sie  eben  nicht  ver- 
steht, auch  falsch  dtiert  mit  tivCTat).* 

Sehen  wir  zuerst,  was  (TV)  die  Aristophanesscholien  zu  dieser 
stelle  bemerken :  f|  T^Ärra  Tll^v  Suo^^vuiv  v^  *€p^Q  biborai,  dnetbfl 
TOfV  XÖTUiv  b€CiTÖTT]€  dcriv.  das  ist  offenbar  aus  der  vorliegenden 
stelle  gemacht,  wie  der  leichtfertige  scholiast  es  liebt.'  was  die 
stelle  sagen  will,  ist  klar.  Hermes  bringt  eine  schlimme  nachricht; 
ee  wird  dem  unglücksboten  zugerufen  'dem  herold  wird  die  zunge 
ausgescbnitten'  dh.  die  einfache  thatsaohe,  die  jedem  der  Zuschauer 
bebumt  war:  die  zunge  der  opferthiere  wird  für  den  herold  ausge» 
admitten ,  zugleich  aber  im  Wortspiel  den  wol  verstftndlichen  witz 
enthaltend:  mag  dir,  dem  unglücksherold,  die  zunge  ausgeschnitten 
werden,  die  dieses  unglückswort  verkündet.^  der  scholiast  nimt 
aber  Kf)puE  für  Hermes,  was  ja  nahe  genug  lag,  da  der  icf)puE  6€uiv 


*  nach  teiner  vorgefatzten  meinone,  die  cunffen  würden  dem  Her- 
nes verbrannt,  erkiftrt  er  die  stelle:  ctc  ridryiv  al  fXtbTTai  dOovrat  Tifi 
rä  TdoOTa  KT^pOccovri,  eine  erklftrang  die  aach  der  Arlttophanet- 
•elioUast  neben  andern  gibt:  Mucd  cuXmt^«»  Kai  ^^^c  dbücuic  aOr^i 
OÖOMCV  xdc  ykdKcac.  *  um  nur  ^in  verwandtet  beispiel  anzuführen: 
Arntoph.  Fri,  1019  f.  heisst  et:  oöx  f/betai  bfjirouOev  €lp/|vn  c<paTOtlc, 
odb*  m^OToOrai  ßui^öc.  ans  diesen  versen^  die  wol  nichts  weiter  tagen 
sotten  als  *die  göttin  det  friedens  erfreut  sich  nicht  am  blntbad% 
«ataimt  der  sohollast«  was  sonst  nirgends  bezeugt  wird:  qMxci  fAp 
6vciav  TcXCIcBoi  €lp/)vq,  t6v  bi  ßiu^dv  )if|  al^iaroOcOat.  ical  tbiuic 
dvat|iuiTl  tQ  €lp/|vq  OOouciv.  nun  haben  wir  aber  eine  intehrift 
CIO.  157,  wo  die  ocpiiaTiicd  anfgeiShlt  werden  ^K  T^c  6udac  n^  ^PM4 

TiffAv. —  ^K  Tf)c  0uc(ac  tQ  €lp/|vxi  irapd  CTparriTd^v,  welche  be- 
weist dasi  der  Eirene  blutige  Opfer  gebracht  worden  sind.  *  der 
scholiast  an  Aristophanet  hat  neben  andern  auch  diese  richtige  er* 
kllrang. 

JtthrMchcf  tat  elMS.  phiiol.  1879  hft.  10.  44 


690  PStengel:  die  zunge  der  opferthiere. 

-(Hesiodos  £Kf).  79)  wie  in  bildlichen  darsfcellungen  bo  aodb  hier  auf 
der  bühne  und  in  der  vorstellong  des  scholiasten  als  herold  mit  dem 
KT)puK€iov  und  in  heroldstracht  erschienen  sein  wird  (vgL  Praller- 
Plew  gr.  myth.  I  s.  332).  verstehen  wir  aber  *dem  Hermes  wird  die 
zunge  ausgeschnitten',  so  geht  die  schöne  pointe  des  Wortspiels  und 
Witzes  verloren,  zudem  wird  uns  in  demselben  kritiklosen  scholion 
das  gewichtige  zeugnis  des  Alexandriners  Kallistratos  (den  derscho* 
liast  häufig  benutzt)  mitgeteilt:  KaXXicTpaTOC  tuuv  Öuofi^vuiv  <pf)d 
TQC  T^^ccac  TOic  Krjpu£iv  dirov^ecGau  bxö  xal  töv  iroiiiTf|v  tu» 
'£p\ifji  noieiv  TC^vo^^vac  aördc.  Kallistratos  sagt  also  einfach : 
nicht  ftlr  Hermes  wird  die  zunge  ausgeschnitten,  sondern  die  herolde 
empfangen  sie  —  dasselbe  was  Aristophanes  selbst  sagt 

Wir  kommen  (Y)  zu  dem  scholion  zu  Apollonios  Arg.  I  517. 
es  ist  als  erklärung  folgender  stelle  des  dichters  beigefügt  (1 516  ff.) : 

QU  b'  im  bi\y  li^Tinexia  KCpaccd^cvoi  All  Xoißdc, 

f{  G^fiic ,  euat^uic  iitl  tc  T^ujccgci  x^ovto 

aiOo^^vaic,  unyov  bi  bxä  KV^qpac  d^vi&iovTO. 
es  entspricht  dies  also  genau  der  Homerstelle  y  332  ff. 

dXX'  &xe.  TdfiV€T€  M^v  T^ubccac,  xcpdacOe  bk  olvov, 

6(ppa  TToc€ibdu)vi  xal  dXXotc  dOavdTOiciv 

cireicavT^c  KoiToto  pebcbfieOa. 

tXuiccac  b'  iv  nup\  ßdXXov,  dvtcrd^evoi  b*  inikeifoy. 
der  alexandrinische  epiker  läszt  seine  beiden  die  zungen  der  opfer- 
thiere  dem  Zeus  verbrennen,  dem  das  opfer  galt,  wie  Homer  die 
Nestoriden  in  Pjlos  dem  Poseidon,  den  letzten  Homerischen  vers 
(Y  341)  führt  der  scholiast  ausdrücklich  an;  dies  beweist  dasz  anch 
ihm  jene  Homerstelle  und  wahrscheinlich  ihre  erklftrungen^  wie  wir 
sie  noch  heute  bei  Athenaios,  und  aus  ihm  in  den  commentar  des 
Eustathioa  übergegangen,  vorfinden,  vorgeschwebt  oder  vorgelegen 
haben,  auch  er  bringt  seine  gelehrsamkeit  von  dem  sungenopfer  an 
Hermes  an,  hier  an  einer  ganz  unpassenden  stelle,  wo  sie  rarer- 
klftrung  der  worte  des  dichters  absolut  nichts  beiträgt. 

Die  notiz  (VI)  der  Paroemiogr.  gr.  I  415  würde  schon  an  sich 
nicht  viel  bedeuten  und  wird  noch  verdftchtiger  durch  die  TöUige 
Übereinstimmung  mit  den  werten  des  Aristophanesscholiasten. 

Gomutus  c.  16  s.  164  (VH)  sagt  gar  nicht,  dasz  dem  Henaes 
die  zunge  geopfert  dh.  verbrannt  werde,  sondern  dasz  sie  ihm  ge- 
weiht ^  wie  ich  verstehe,  seiner  obhut  empfohlen  werde,  zunichst 
beim  gastmahl,  wo  der  wein  leicht  die  zungen  lösen  könne,  die  be> 
weise  dafür  sind,  glaube  ich,  in  den  Homerscholien  enthalten,  in  die 
sie  aus  einer  guten  quelle,  welche  die  scholiasten  benutzten,  aber 
nicht  verstanden,  hineingekommen  sein  mögen,  in  den  scholien  su 
T  341  (und  ganz  ähnlich  bei  Eust.  zu  y  332)  lesen  wir:  5n  bei  rd 
Iv  ojfüinoctoic  XcxO^vra  rnpeiv  dx€|yiu6o0vTac.  öOcv  ical  iropoifiia 

*  vgl.  über  die  bedealang  von  xaOtpöui  Lobeok  su  Phrya.  ••  19S 
eAmmoniiis  icpcOcai  et  KoOupcOcai  dici  ail  in  victimis  quae  mactastiir, 
l€pCt»cai  vero  et  Ka0t€p<X»cai  in  donis  qnae  dedicantar.' 


V 


Pfitengel:  die  snnge  der  opferthiere.  691 

v^icu»  MV^ifiova  cu^irörav».  i^  6ti  t&  ^rfiivia  rote  OeoTc  dvcTiBccav, 
iK  imfiaprOpujv  top  Oci&v  btcX^TOvro.   dp^Xei  Kai  Korä  tö  oOc 
TÜfV  ^KnuiMäTuiv  ^cirevbov  Tf|v  dK(rf)v  tu>v  8cuiv  oiu)vi£ö^€VOu 
Hannes,  der  ab  Xö^fioc  angemfen  und  verehrt  witd,  'dem  alles  rich- 
tig atisdrOckenden ,  alle  zu  allein  überredenden  gott'*  —  seiner  hut 
wird  die  znnge  befohlen,  ihm  allein  wird,  wenn  wirSaidas  (n.  icOXtS 
ud  ic€icpOfi^VTi  cirovb/j)  und  dem  Aristophanesscholiasien  (zu  Plutoe 
1132)  glauben  schenken  dürfen,  eine  KCKpap^vi)  cnovb/j,  wein 
mit  (kaltem)  wasser  gemischt,  dargebracht,  allen  andern  göttem 
wird  dKpOTOV,  ungemischter  wein,  gespendet    dasz  dies  geschah, 
nm  anzudeuten,  dem  beherscher  der  zunge  sei  ungemischter  wein  am 
gefthrlichsten,  ist  mir  wahrscheinlicher  als  die  erklttrungen  des 
Saidas  und  des  soholiasten. '    warum  ihm  noch  Tor  dem  Schlafen- 
gehen die  letzte  spende  gebracht  wird,  versuchen  auszer  unsem  oben 
besprochenen  scholiasten  noch  PoUux  VI  100  und  Philostratos  Her. 
X  8  8*  311  zu  erklären  (vgl.  auch  Nitzsch  zur  Od.  11  s.  261  f.  und 
GKrttger  in  diesen  jahrb.  1863  s.  293  ff.),  doch  wfirde  es  uns  hier 
zu  weit  führen  darauf  noch  nfther  einzugehen. 

Den  oben  erwähnten  angaben  gegenttber  haben  wir  nun  posi- 
tive  und  unzweifelhafte  Zeugnisse,  dasz  die  zunge  der  opferthiere 
(wie  ja  schon  bei  Homer)  ausgeschnitten  *  und  dann  den  priestem 
oder  herolden,  *unter  deren  fanctionen  die  religiösen  eines  opferers 
und  opferberoldes  namentlich  in  älterer  zeit  bei  weitem  die  wich- 
tigsten waren'  *,  gegeben  wurden,  dasz  dies  meist  nur  bei  den  grOszem 
Btaatsopfem,  bei  denen  allein  sie  ja  in  gröszerer  anzahl  functionier* 
ten,  geschehen  sein  wird,  während  sonst  der  das  thier  darbringende 
die  zunge  nach  hause  genommen  haben  wird,  habe  ich  ao.  s.  22  f. 
schon  SU  beweisen  gesucht,  eben  dort  und  s.  17 — 19  sind  die  stellen 
gesammelt,  in  denen  vorgeschrieben  wird  dasz  der  priester  die  zunge 
der  opferthiere  erhalten  solle,  ich  ftthre  die  stellen  hier  noch  einmal 
kurz  an.    eine  Inschrift  in  der  revue  archöol.  1874  s.  106:  i^v  hk 

*  Preller-Plew  gr.  myüi.  I  s.  889.        ^  gemiacbter   wein  wird  ihm 
^spendet,   sagt  der  Aristophanesscholiast ,   0ti   koX  tiSiv  Zddvruiv  ical 
Tunf  TCTcAcurnKÖTUiv  dpxci  KUl  wap'  d^q>0T^puiv  Tl^dc  ö^ctou,  und  Saidas 
ebenso :  b\A  rö  lubvruiv  kuI  T€TeX€UTT)KÖTUiv  dpxciv.    aber  den  toten  wer- 
den gar  nicht  waaserapenden  oder  aach  nur  VT|(pdXia  dargebracht,  aon- 
dara  iicJUapaTOv  and  wein  (vgl.  Nitsach  erkl.  anm.  aar  Od.  III  a.  261  f.), 
lud  auch  f&r  die  totengötter  aind  v?|qxiXta  nicht  beaeugt.    in  dem  ver- 
zeichnia  der  gottheiten,  welchen  die  Athener  vri(pdXio  spenden,  bei  Pole- 
flioa  (aehoL  au  Soph.  OK.  100)  fehlen  Hadea  ond  Peraephone;  in  einer 
iasehrif  fc  (Kaibel  epigr.  graeca  n.  1084)  wird  vorgeBchrieben,  ausser  den 
vorher  dargebrachten  Xoißai  (meiat  weinapenden  wie  Enr.  IT.  16S)  in 
den  aeheiterhaufen,  aaf  dem  daa  Opfer  den  6irou6a(oic  Ocotc  Terbrannt 
ist,  noch  wein  au  gieazen;  in  dem  mErchen  dea  Apalejoa  steigt  Payche 
mit  kneheDy  mehlbrei,  honig  ond  wein  zu  dem  gotte  der  toten  hinab, 
and   in  den   Peraem  dea  Aiaehyloa   (v.  610  ff.)  apendet  Atoaaa  anaser 
milch,  honig,  öl  aoeh  dK^ipatov  .  .  woröv  iraXaiAc  diiir^ou  tdvoc,  ond 
tagt  aaadrtteklicht  toiröxouc  b'  tfib  ti^dc irpow^^i|iu)  Tdcbc  vcpT^poic 
6€0lc         *  die  stellen  aind  alle  geaammelt  in  meiner  oben  citierten  ar- 
beit qnaeat.  aacrif.  a.  22  f.        *  Preller-Plew  gr.  roytb.  I  a.  832. 

44* 


692  BLöhbach:  der  goldene  schnitt  im  hexameter. 

Gurrrai  (sc  6  kpeuc) ,  Xäi|i€Tai  t^uiccav.  in  einer  im  'A0rivaiov  11 
8.  237  fS,  mitgeteilten  mjkonischen  inschrift :  Tif»  TToccibdivt  xpiöc 
. .  Ti^  Upei  tX^JLicca,  und:  'AiröXXuivi  raOpoc  . .  t^»  lepet  toO  tou- 
pou  blboTQi  TXu»£ca ,  und :  Tip  l£p€i  tXtJ^ca  xat  T(|i  iraibl  tXukca 
iKaT^p^) . .  Tip  Icpet  YXuicca  xal  ti|)  vujuicpiiti  TXuicca  JKaxig^.  man 
vergleiche  auch  noch  die  stelle  des  Menandros  bei  Athenaioa  XIV  78 
8.  659%  wo  der  opferkundige  koch  dem  Sklaven  suruft:  XdfißaveTJ|V 
TXufTTav. 

Dasz  aber  auch  die  herolde  die  zungen  empfiengen,  beweist 
die  stelle  in  Anstophanes  Plutos  1110  f|  tXuiTTa  Tip  xifipuia  tou- 
TWV  T^^vCTQt,  und  das  zeugnis  des  Kallistratos  im  scholion  za  der- 
selben stelle:  (KaXX(cTpaTOc)  tAv  Ouofui^vuiv  ((pn^i)  Tdc  tXukcoc 
Tok  lofjpuEtv  dirov^^ccOat. 

Bbblin.  Paul  Stbhqsi^ 


96. 

DER  GOLDENE  SCHNITT  IM  HEXAMETEB. 


Einen  wesentlichen  vorzug  der  weitaus  h&ufigsten  und  schön- 
sten cSsur  des  daktylischen  hexameters  erblickt  Christ  (metrik  &  187) 
darin,  dasz  sie  den  vers  in  zwei  ziemlich  gleiche  abschnitte  teile,  es 
ist  dies  aber  durchaus  nicht  der  fall,  nehmen  wir  jeden  fnsz  zn  vier 
moren  an,  so  erhalten  wir,  in  Übereinstimmung  mit  dem  unter- 
geschobenen verse  des  Orpheus  (scholien  zu  Hephaistion  s.  86) 

öpOtov  iiaii^pkc  TeT<Spu)v  Kai  elKOci  fi^Tpuiv» 
fflr  den  hexameter  24  moren.  dazu  müssen  noch  2  moren  ftlr  die 
durch  die  cäsur  veranlaszten  pausen  angesetzt  werden,  so  dasz  der 
durch  die  penthemimeres  geteilte  hexameter  26  moren  enth&lt,  wo- 
von 10  vor,  16  hinter  die  cftsur  fallen,  beide  teile  sind  also  durch- 
aus  nicht  gleich ,  stehen  aber  dennoch  unter  einander  und  zum  gan- 
zen hexameter  in  einem  ästhetisch  wirksamen  Verhältnis,  es  vei^&lt 
sich  nemlich  der  ganze  hexameter  bezüglich  seiner  rhythmisehen 
dauer  zu  dem  grOszem  abschnitt  fast  genau  so  wie  der  gröesere  ab- 
schnitt zum  kleinem,  die  proportion  26  :  16  ■"  16  :  10  ist  bis  auf 
ein  geringes  richtig:  denn  die  producte  der  ftuszem  und  innemglie- 
der  260  und  256  sind  nahezu  gleich,  die  oaesnra  semiqoinaria  teilt 
also  den  hexameter  nach  dem  goldenen  schnitt,  und  die  angenelmse 
Wirkung  welche  sie  hervorruft  kann  demnach  nicht  auf  der  Sym- 
metrie der  beiden  teile  beruhen;  sie  ist  vielmehr  ein  beweis  dafür, 
dasz  die  teilung  nach  dem  goldenen  schnitt  nicht  nur  in  rftumlieheB, 
sondern  auch  in  rhythmisdien  Verhältnissen  unser  ftsihetischeB  g<e- 
fühl  befriedigt. 

Ich  bin  überzeugt,  eingehende  Untersuchungen  würden  ergebeai, 
dasz  das  Zeisingsche  gesetz  auf  dem  gebiete  der  rhythmik  vielfach 
geltung  hat. 

Mainz.  Rudolf  Löebacb. 


PEgenolffs  KU  ApoUonios  Dyskolos.  693 

97. 

ZU  APOLLONIOS  DYSKOLOS. 


Anknüpfend  an  meine  bemerkung  in  diesen  jahrb.  1878  s.  845  f. 
aber  fxipoc  XÖTOu  nnd  tö  iiifK>c  ToO  Xötou  will  ich  hier  die  dort  an- 
gefllhrten  beispiele  der  scripta  minora  dnrob  die  ans  der  syntazlB  er- 
gtnsen.  so  kleinlich  nnd  geringftigig  auch  diese  indices  erscheinen 
m9gen :  sie  bieten  nns  nftehst  der  hsl.  ftberlieferong  den  sichersten 
massBtab  für  die  kritik  des  antors ;  in  nicht  seltenen  fUlen  haben  sie 
Ar  dieselbe  sogar  hohem  wert  als  die  lesarten  der  hss.:  ans  der 
irapdboctc  constmieren  wir  znn&chst  die  XP^cic,  und  nach  dieser 
▼erhhren  wir  mittels  des  Xötoc  (der  ratio)  bei  den  jener  widerstre. 
benden  stellen:  denn  anch  hier  gilt  der  gmndsatz  des  ApoUonios  T& 
nXctovo  xavovtZei  t&  iXärrovä  (vgl.  de  pron.  12,20;  25,  30  f.;  de 
coni.  252,  19  f.  and  sonst;  anch  Choiroboskos  dict.  19,  7).  viel- 
leicht sind  auch  die  folgenden  Zusammenstellungen ,  abgesehen  da- 
von dasz  die  feststellnng  des  Sprachgebrauchs  der  bedeutendsten 
grammatiker  des  altertums  bei  einem  ims  heute  so  gelftufigen,  aber 
vom  den  alten  entlehnten  ausdruck  wie  'redeteil'  fAr  mich  wenigstens 
höchst  interessant  ist ,  fCLr  die  eine  oder  andere  stelle  von  nutzen. 

Wie  in  den  kleineren  Schriften  sagt  also  ApoUonios  auch  in  der 
sjntazis  stets  fui^poc  Xötou,  zb.  s.  47, 2  (wo  zu  lesen  ist:  oök  €ÖXotöv 
T€  ^elTat  }x\ä  qmiv^  xcicXkOai  [wie  auch  z.  25  bicnccKpicOai],  vgl. 
s.  126,  3  ^T&]>  Tuuv  dpOpwv ,  SchOmum  animadv.  ad  vet.  gramm. 
doctr.  de  art.  s.  49  anm.  9,  Skrzeczka  1853  s.  15  und  Egger  *ApoU 
lonins  Djscole'  s.  127)  und  z.  24;  311,  19  (vgl.  Bekker  zu  s.  162, 1 
nnd  Skrzeezka  ao.  s.  2*);  nfiv  S  icn  \Aipoc  Xötou  s.  269,  16  f.; 
ptipf]  XÖTOU  8.  47,  28;  ^€pO[yv  XÖTOU  s.  7, 11.  ebenso  in  Verbindung 
mit  üc  und  t(c:  £v  tici  \x{pec\  Xötou  s.  117,  4;  )ui€Tä  Ttvoc  ji^pouc 
X6tou  s.  324, 2 ;  Tivi  ^£p€t  XÖTOu  s.  235,  7.  desgleichen  mit  dXXoc : 
äXko  jUpoc  XÖTOU  s.  111,  4  f.  7  f.;  £n'  dXXo  V€ÖC€i  p^poc  Xötou 
8.  312,  24  f. ;  ^€T&  AXXou  ^^pouc  Xötou  s.  187, 28  und  188,  3;  dXXa 
$iifn\  XÖTOU  s.  109,  8  (so  A;  das  toO  von  6  kann  nicht  in  betracht 
kommen);  in'  dXXuiv  )ui€puiv  Xötou  s.  251, 4 f.  (wo  ich  mit  8 jlburg 
^ToO>  bfiXoufi^vou  lese);  deshalb  muste  Bekker  s.  10,  7  unbedingt 
In*  oXXuiv  pepdhr  Xötou  sehreiben,  da  hier  auch  A  den  artikel  toO 
nidit  hat,  und  s.  307,  8  f.  ist  auch  gegen  die  autoritflt  von  A  £v 
dUÜioic  p^pcct  XÖTOU  zu  lesen,  dahin  gehört  auch  ^T^pou  p^pouc 
Xötou  s.  23,  25  und  ^T^puiv  juicpCbv  Xötou  s.  117,  5  (wo  ich  <Tä> 
ftnXoÖMCVO  <^  ix^puiv  )ui€p(&v  XÖTOU  ftbr  nötig  halte);  btöqpopo 
^i£(n\  XÖTOU  s.  103,  5  f.  und  i%  btoipöpufV  )ui€purv  toO  Xötou  (wo 
ich  das  TOO  streichen  wtbrde)  s.  319,  27  f.  dagegen  rä  dXXa  fi^pf) 
ToO  XÖTOU  s.  305,  6;  305,  28—306,  1;  307,  25;  334,  20  (Lehrs 
qiiJMst.  ep.  s*  40,  anal,  gramm.  s.  423,  Uhlig  diss.  s.  32,  BSchneider 
Kölner  programm  1867  s.  7  f.) ;  Tuliv  aXXwv  ^€puiv  toO  XÖTOU 


694  PEgenolff:  zu  Apollonios  DyakoloB. 

8.  309,  9  f.  und  iiexä  tüjv  äXXu)v  tou  Xötou  ^epuiv  s.  194,  3  f. 
natttrlich  auch  ra  täiröXoma  ^lipi)  tou  Xötou  s.  10,  15  und  rä  öirö- 
Xoiira  Tuiv  luicpi&v  toC  Xötou  s.  22, 5  f.  ferner  in\  twv  tJEXic  ficpwv 
TOU  XÖTOU  8.  22,  13  f.;  £k  tiZiv  Trapeirofx^vuiv  ^epuiv  tou  Xötou 
8.  23,  28;  endlich  Ta  TrpoKaT€iX€TM^va  tujv  juiepdiv  tou  Xötou  s.  9, 
13  f.  fihnlich  wie  äXXo  ^€poc  XÖTOu  nnd  ra  äXXa  iUpfi\  tou  Xötou 
sagt  Apollonio8:  rräv  p^poc  Xötou  s.  23,  5;  188,  12;  224,  7;  (269, 
16  f.;)  330,  6;  rravTl  fiepet  Xötou  8.  22,  19;  iiA  novTÖc  M^pouc 
XÖTOU  8.  32,  22.  dagegen  sagt  er:  dirl  irdvTUiv  tiuv  jyiepdiv  tou 
XÖTOU  8.  224, 18  f.  und  iv  ftiraci  Tok  ^^pect  toO  Xötou  b.  223, 16  f. 
80wie  ndvTa  Td  toO  Xötou  p^pt)  s.  12,  24  f.  analog  ist  fi^pfi  Xötou 
TrXeiova  s.  307,  27  f.  und  dagegen  Td  irXctcTa  tiuv  jiiepi&v  tou 
XÖTOU  s.  303,  8  f.  bei  der  Verbindung  mit  zahlen  dagegen  Ifisst  Ap. 
auch  in  der  syntaxis  den  artikel  vor  Xötou  so  oft  weg,  dass  ich  kein 
bedenken  trage  einige  entg^enstehende  lesarten  auch  in  A  su  emen- 
dieren.  zb.  heiszt  es  (öq)')  £v  fiepoc  Xötou  8.  8,  6;  87,  9  t  (uno- 
Xdßoi  <äv>  TIC?);  88,  11;  63,  23;  87,  16.  19;  269,  18  f.;  270,  4; 
303, 11;  (304, 12;)  311, 15  f.  (wo  nur  B  tou  Xötou  hat);  318, 19; 
329,  27.  ich  kann  daher  s.  340,  9  f.  die  lesart  von  A  Ev  p^poc  tou 
XÖTOU  nicht  für  richtig  halten,  da  dreizehn  stellen  g^en  6ine  stehen: 
es  ist  also  dort  tv  pipoc  [tou]  Xötou  zu  schreiben,  ebenso  sagt 
Apollonios  oObiv  M^poc  Xötou  s.  23,  24  und  224,  10  f.  gleich- 
m&szig  musz  es  auch  bei  den  andern  zahlen  sein :  buo  }iipit\  Xötou 
8.  140,  6  f.;  304,  12;  333,  27;  334,  22  (wo  also  BSohneider  im 
Kölner  programm  von  1867  s.  7  f.  mit  unrecht  die  lesart  von  A 
adoptiert);  daher  auch  iv  boc\  )ui^p€Ct  Xötou  s.  318,  20  (£v  buct 
^^p€Ci  XÖTOU  V00UM6V0V  <6ti>?  vgl.  de  coni.  s.  242,  22  ff.  Sehn, 
und  schol.  Dion.  s.  967,  30  ff.);  318,  23  f.  25.  ähnlich  dv  ^KOT^pq) 
ji^p€i  XÖTOU  8.  270,  14;  dagegen  (irpöc)  dKÖTcpa  tiuv  ficpuiv  tou 
ÄÖTOU  8.  261,  1  f.  nach  allem  diesem  wtlrde  ich  s.  320,  26  f.  nicht 
mit  ühlig  dies.  26  f.  die  lesart  von  A  iv  Tpict  M^pect  toO  Xötou  in 
den  text  aufnehmen. 

Selbstverstftndlich  sagt  Apollonios  auch  in  der  syntaxis  nurTd 
fi^pn  TOU  xötou,  zb.  8.  11,  10  f.  und  15  f.;  47,  25;  58,  5;  311, 19; 
T(by  ^€pd»v  TOU  XÖTOU  s.  10,  13  und  25;  97,  3;  201,  16  f.;  (koto 
TÖv  fieptCMÖv)  Turv  ^€puiv  tou  Xötou  s.  334,  18  f.    aber  auch  tq 
TOU  XÖTOU  (KaTacnficerat)  p^pn  s.  48,  15  f.;  (Td  cic  o  Xrrrovra* 
Ttüv  ToC  XÖTOU  )ui€pdiv  8.  332,  19  f.;  ti£»v  toO  Xötou  fiepuiv  auch 
8.  310,  7.   dahin  gehören  auch  die  büchertitel  bei  Suidas  I  1  s.  627 
Beruh,  mpl  )ui€ptc)uiOU  itSiV  toO  Xötou  fiepujv  (vgl.  Lehrs  anal,  grsmm. 
8.  416  ff.)  und  irepi  cuvTdSeuic  TiXrv  toO  Xötou  pepäiv  (über  den 
Suidasartikel  zum  jungem  Tjrannion  vgl.  auszer  Lehre  ao.  aach 
JWackemagel  de  pathologiae  veterum  initiis  [Basel  1876]  s.  12  f.). 
nach  demselben  gesichtspnncte  ist  zu  beurteilen  olc  iiiv  fikpeci  toü 
XÖTOU  8. 303, 5  f.  steht  bei  dem  mit  dem  artikel  verbundenen  M^poc 
nodi  ein  attribut,  so  hat  XÖTOU  ebenfalls  den  artikel,  zb.  Td  W^ 
XÖTQTa  \iipr\  toG  Xötou  s.  19,  2  f.   dagegen  tö  ainö  fi^poc  XÖTOu 


PEgenolff :  za  Apollonios  Dyslcoloa.  695 

8. 111, 9  und  TQÖTd  (das  tö  vor  diesem  worte  ist  natttrlich  zu  tilgen) 
li^poc  X6tou  b.  293,  13. 

Mit  Apollonios  stimmt  auch  hierin  sein  söhn  Herodianos  genau 
ttberein.  auch  er  sagt  stets  fui^poc  XÖTOU  IE  934, 36;  96;  9;  147, 25; 
}iiin\  X6tou  zb.  1 603, 10.  dXXo  fui^poc  Xötou  1304, 17;  per'  dXXou 
fi^pouc  XÖTOu  I  166,  15.    Srepov  p^poc  Xötou  I  484,  3  (weshalb 
8.  483,  7  doch  wol  fiiibevöc  ^^pouc>  XÖTOu  ^ctoSO  iriirrovroc  zu 
lesen  ist).  btdq>opa  \iipx\  Xötou  II  464,  4  —  504,  35.  iräv  M^poc 
Xdxou  n  429,  8.   nucpoTiKÖv  \iipoc  Xötou  II  907, 12.  am  genaue- 
sten stimmt  er  in  der  Verbindung  mit  zahlen:  £v  p^poc  Xöyou  11 
49,  2;  63,  16.  27;  64,  1;  65,  6  (öq)'  ly  iiipoc  XÖTOu);  67,  38;  68, 
34  (Koe*  «V  M^pOC  XÖTOU);  75,  36;  112,  10;  119,  24;  [130,  22;] 
140,  10;  151,  6;  199,  3.  7;  215,  4;  306,  8.  11;  306,  6;  907,  14  f. 
anch  ^v  iy\  p^pct  Xötou  II  407,  21.  28.  ebenso  biio  p^pn  Xötou 
I  498, 11  «-  II 76,  24  f.  und  103, 21 ;  I  498, 19  (—  U  103, 30).  21 ; 
507,  11;  521, 29  (—n  17, 2);  536,  29  f.  (— ni2,30);  541,  30 f.; 
n  25,  2.  11  f.;  31,  14;  54,  19;  62,  8;  63,  5;  64,  29;  66,  12;  68, 
34 f.;  75,37;  76,  24  f.;  83,  25 f.;  86,20;  130,21;  144,17;  151,4; 
158,  18;  169,  11;  163,  13;  196,  19  f.;  199,  3;  200,  5;  216,  3; 
407,  29;  464,  5  —  504,  35  f.;  659,  10;  865,  41  und  sonst,   daher 
kt  doch  wol  II  141,  12  wenigstens  ftir  Herodian  buo  \iipT\  [toO] 
XÖTOU  zu  schreiben,  so  auch  Tpia  ^^pri  Xötou  II  464,  6  »»  505,  1 
and  iy  bucl  M^pcci  XÖTOU  I  497,  4  (mit  Lentz's  note);  II  117,  12 
e»  562,  23;  143,  12  f.;  145,  6;  153,  8  und  sonst,    dagegen  sagt 
auch  Herodian  öktui  bi  övruiv  Tt&v  pepuiv  tou  Xötou  I  562, 13  und 
iKacrov  T&v  |Ui€pCbv  toO  Xötou  n  612,  20;  TaOra  Td  ^^pr)  toO 
XÖTOU  II  934,  26  und  toötujv  tuiv  )ui€puiv  toO  Xötou  II  934;  7  f. ; 
Td  dXXa  M^pn  tou  Xötou  II 910, 18  f.  daher  wOrde  ich  II  910, 16  f. 
TOtura  Td  fui^pn  <toG>  Xötou  und  II  934,  9  tiBv  Trpo€tpl]^^vulV 
ti€fiibv  <TO0>  XÖTOU  schreiben. 

Bei  Cboiroboskos  dagegen  findet  ein  schwanken  statt  im  Sprach- 
gebrauch, namentlich  bei  den  zahlen,  er  sagt  zwar  stets  p^poc  XÖTOU, 
zb.  3,  30.  32;  10,  6;  555,  30;  eic  ^^poc  XÖTOU  99,  28;  dagegen  eic 
^^poc  ToO  XÖTOU  99,  24  f.  äcdcTOU  ji^pouc  Xötou  2, 10;  rrdv  ^^poc 
AÖTOU  716,  10  f.  («=  Theodosios  1024,  33).  12;  dv  iiavTi  fiepet 
XÖTOU  740,  1;  fiXXo  fxdpoc  Xötou  500,  15;  dXXou  ^^pouc  Xötou 
s.  14,  4  f.   dv  iy\  iiip€\  XÖTOU  13,  19;  dagegen  öicrui  ^^pn  toO 
Xötou  2,  17  f.;  468,  23;  469,  34;  öktüi  pövo  iiipr\  toO  Xötou 
2,  22  f.  25.  26.  27.  32  f. ;  3,  32  f.  33  f. ;  auch  pdpi]  toC  Xötou  eiciv 
ÖKTtb ;  regelmässig  ist  Tuiv  öktui  ^epüOv  toO  Xötou  469,  36 ;  £v  TOic 
ömb  ^^p€Ci  TOU  XÖTOU  19,  13  f.  (ähnlich  Dionjsios  634,  4  f.  toö 
XÖTOU  M^pv)  ÖKTU»;  sonst  hat  dieser  fx^poc  Xötou  633,  26;  634,  11; 
640,  3 ;  641,  23;  Mnmal  irdVTUiv  tüjv  toO  Xötou  ^cpuiv  641, 14  f. ; 
aber  633,  32  f.  XdSic  ^tI  liipoc  tou  Korrd  cövToStv  Xötou  dXd- 
XiCTOV  8.  unten;  die  Stellung  Tt&v  toO  Xötou  ^cpiDv  hat  auch  Dion. 
Hai.  de  comp.  verb.  c.  2  s.  }0  OöUer,  der  nur  fuiopiuiv  für  (icptXiV 
bietet),    stets  sagt  er  aber  tö  ^^poc  toG  Xötou,  zb.  734,  11;  Td 


696  PEgenolff:  zu  Apollonios  DyakoloB. 

^^pn  Tou  Xdrou  740,  11  f.  ebenso  irävra  Ta  fui^pr)  toO  Xötou  716, 
26  f.;  TTdvTUiv  twv  ^€p<uv  toO  Xötou  469,  22  f.,  wie  auch  Turv 
dXXuiV  ^€pu)v  ToO  XÖTOU  2,  34;  aach  Ta  äXXa  ^i^pri  tou  Xötou  2, 
34  f.  und  12,  31  f.  (wo  zu  lesen  ist  bid  Ta  fiXXa  jui^pq  tou  Xötou* 
«äveircKTÖTuiv»  bi  b\a  tö  Toiöcbc  xai  Tocöcbe,  TOiouTod  ical  ti)Xi- 
KOUTOci*  TauTa  T^^p  dir^KTactv  äveb^VTO,  oTov  npocO^jicTiv  tou 
A6  Ktti  TOU  I,  vgl.  26,  21  ff.  und  108,  1  ff.  und  sonst,  flbngens  bat 
aus  diesen  oder  fthnlicben  stellen  Melampus  zu  Dion.  818,  17  ff.  ge- 
schöpft), aber  er  hat  auch  iy  ^T^poic  p^pcct  ToC  XÖTOU  13,  20; 
TÖ  auTÖ  M^poc  ToO  XÖTOU  819,  25.  29.  33;  820,  2.  5  («»  Herodian 
I  473). 

Aehnlich  schwankt  der  Sprachgebrauch  auch  bei  dem  yerfuaer 
der  irrt^epic^ol  tou  i|iaXTT)p{ou  (welche  nicht  von  Choiroboakos  ge- 
schrieben sind,  vgl  Lehrs  anal,  gramm.  s.  439  anm.  und  Lentz  pnef. 
Herod.  s.  CCIV).  auch  er  sagt  ^^poc  Xötou  s.  1,  5;  9, 1;  16,  24  f.; 
22,  1;  32,  19;  40,  35;  41,  15;  43,  25;  46,  11;  53,  13;  58,  35; 

63,  1;  64,  9;  66,  20;  67,  35;  77,  7;  83,  30  (merkwürdig  ist  in 
den  letztem  fUlen  das  schwanken  zwischen  jui^poc  XÖTOU  und  fi^pouc 
Xötou)  usw.  ähnlich  nöca  fi^pn  Xötou  10, 1 ;  12, 32;  26, 16;  45, 1; 
54,  24;  98,  26;  106,  18  (antwort  buo).  nöca  iiipi\  Xötou  cidv; 
buo  ist  auch  28,  4  zu  lesen  statt  Troiou  fx^pouc  Xötou  ^cti;  ß'.  aber 
Ik  itöcuiv  ^cpuiv  TOU  XÖTOU  10,  16  (antwort  £k  ndvTuiv).  iroiou 
fi^pouc  XÖTOU  15,  35;  16,  24;  19, 14;  34, 32;  41,  13;  44, 6;  46,  7; 
47,  19;  80,  16;  85,  6.  31;  94,  9;  97,  23;  98,  34;  99,  20;  100,35; 
101,  5;  104, 17.  30;  107,  14.  Einmal  iroiou  M^pouc  ToO  X6tou: 
52,  30.  hf  fi^poc  XÖTOU  45,  1  f.;  dvTl  ^vöc  ^i^pouc  Xötou  54,25; 
buo  }iipi\  Xötou  94,  9;  Tgl.  87,  33;  iy  travTi  ^^pct  toO  Xötou 

64,  25.  Ttüv  M6puiv  TOU  Xötou  16,  29  f.;  rd  Trpö  auToO  XexO^vTa 
ji^pn  TOU  XÖTOU  8.  20,  11  f. 

Consequenter  ist  der  Sprachgebrauch  bei  den  scholiasten  zu 
Dionjsios  Thraz.  stets  heiszt  es  ^i^poc  Xötou:  714,  7;  X^tc  ii  v^ipoc 
XÖTOU  Steph.  826,  14  f.;  clc  M^poc  Xötou  827,  1  (Dion.  633,  26); 
ygl.  827,  9;  828,  1  f.;  829,  2  f.  7.  8;  830,  6.  15;  843,  15  (Dion. 
634,  11);  845,  1  f.  3;  {iiipx\  XÖTOU  881,  14;)  881,  18.  19;  882,  21 
(wo  nidit  nur  dirrurrov  mit  SchCmann  redeteile  s.  43  zu  ergimcn, 
sondern  auch  f\  oöb€T^pou  nach  f{  irddouc  einzuschieben  ist  trotz 
Steinthal  gesch.  der  sprachwiss.  s.  626*  und  Skrzeczka;  vgl.  Choiro- 
boskos  dict  II  469,  3;  cod.  Coislin.  387  bei  Gramer  AP.  IV  217  — 
codd.  bibl.  Caes.Beg.  271  und  172  Vindob.  bei  La  Boche  TTapCKßoXai 
TOU  ^CTdXou  ^yj^aroc  £k  tiZiv  'HpuibiavoO,  Moschopulos  bei  Bitacbl 
praef.  in  Theodulum  s.  CXXXII,  Zonaras  u.  ^t)|ia,  Theodor,  prodr. 
s.  137  f.  und  mein  Anonymus  s.  42);  892,  21  f.;  899,  9  f.  (in der 
definition  des  artikels,  welche  auch  ich  [mit  Skrzeczka  1853  s.  9  md 
Schümann  animadv.  ad  vet  gramm.  doct.  de  art  s.  24  f.]  ftr  Apol- 
lonianisch  halte,  wie  auch  das  folgende  sehr  an  Apollonios  [darcb 
die  Vermittlung  des  Choiroboskos?]  erinnert);  906,  13  f.;  924«  7 
(welche  definition  dem  Apollonios  zu  gehören  scheint,  wie  flbeiiisapt 


PEgenolff :  SU  ApoUonios  Dyskolofl.  697 

«Qas  Yon  8. 924,  7  bis  926,  2  ans  ApoUonios  geflossen  zu  sein  scheint, 
▼gL  Prisdan  XIV  7  and  8);  985,  2.  10  (Dion.  641,  23);  952,  7 
(weleke  definition  wol  ApoÜonianisch  ist,  vgl.  Priscian  XVI 1  und 
BSchneider  im  rh.  mus.  XXIX  s.  188 — 186).  dagegen  hat  Dionjsios 
Thraz  s.  633,  31  f.  \ibc  £crt  ^^poc  toö  Korra  cOvroSiv  Xötou 
ikax^cioyy  oder,  wie  Melampns  (also  auch  Choiroboskos,  vgl.  Hör- 
scfaalmann  de  Dionysii  Thr.  Interpret,  vet.  I  s.  26)  s.  836, 26  f.  X^tc 
icn  M^poc  ^XdxicTov  toO  Kord  cuvtoSiv  Xdtou  (vgl.  Uhlig  in  den 
yerhandlnngen  der  Wiesbadener  philologenvers.  s.  141);  vgl.  s.  837, 

2  f.  }iipoc  tdp  ^criv  £XdxiCTOv  toö  Xötou;  837,  9  f.  fi^poc  tXA- 
XtCTOV  ToO  Koxä  cüvToEiv  XÖTOU ;  ebenso  danach  mein  Anonymus 
8. 15  iif\c  ix6ix€v6v  icTX  \4ixy  öpicactat,  ön  ^^poc  dXdxiCTÖv  icri 
ToO  KOrd  cövToStv  XÖTOU.  daher  ist  s.  839,  29  die  Iflcke  nach  cod. 
Vat.  1766  so  zu  erginzen:  ri  icn  XÖTOC  <Tf|v  X&tv  M^poc  toO 
XÖTOU  qniciv,  In  dTVOOÖvruiv  fijLiu^v  t(  ^cn  Xötoc>  dicirep  nsw.  bei 
zahlen  steht  auch  hier,  so  viel  ich  sehe,  in  der  regel  der  artikel  nicht : 
Iv  M^poc  XÖTOU  Melampns  842, 13;  926,  22.  23.  24;  946,  12;  £v 
M  ^p€i  XÖTOU  965, 17.  20.  buo  iiipi]  Xötou  695, 30;  8tq>h.  826, 
26  f. ;  873,  19  f. ;  946,  9  (welcher  abschnitt  dem  ApoUonios  ange- 
hört) ;  949,  3  f.  (Uhlig  im  rh.  mos.  XIX  s.  34  und  Lehrs  Arist. ' 
s.  323  f.).  19.  21;  967,  25  «buo>  M€puiv  XÖTOu)  -»  967,  31  und 
968,  5  f.;  Tpiuiv  peptliv  Xötou  702,  15  f.  und  967,  32.  toO  Xötou 
elvm  liipi]  ÖKTiIi  schol.  Dion.  840,  22  ff.  («  Dion.  634, 4  f.).  regel- 
m&szig  ist  irdvra  Td  örrdi  ixipT\  toO  Xöfou  s.  673,  17 ;  tOliv  öicnb 
fuicpdiv  ToO  XÖTOU  673,  26 ;  ircpl  tiuv  öktüi  ^cpwv  toO  Xötou  676, 

3  f.;  Td  ÖKTdi  \iipr\  tou  Xötou  723,  33;  724,  12;  842,  5  f.  (vgl. 
schol.  A  zu  Hom.  X  59  and  Baohmann  Anecd.  U  183,  22);  Kupia 
Kol  TvncituraTa  \ilpr\  toC  Xötou  rd  buo  rauro,  tö  T€  övofuia  xal  t& 
^flMa  schol.  Dion.  844,  16  f.  (vgl.  881,  2  f.,  Apoll,  de  adv.  121, 5  f. 
Sohn,  und  synt,  1 3  s.  19, 2  f.).  dagegen  iy  rote  buo  fuiövoic  fi^pcci 
XÖTOU  schol.  Dion.  854,  13  f.  (wo  man  allerdings  sehr  versacht  ist 
<ToO>  XÖTOU  zu  schreiben) ;  tujv  irpoeipiiM^vuiv  buo  pepdiv  Xötou 
844, 25  f.  (wo  ich  ebenfalls  den  artikel  bei  Xötou  vermisse).  (KacTOV 
lUpoc  XÖTOU,  zb.  £v  iKdcTif)  \iipti  Xötou  741, 1  f.;  irfiv  p^poc Xötou, 
f  b.  itA  navTÖc  ji^pouc  Xötou  872, 8  (wo  z.  20  dicupoXoTci  zn  lesen 
ist:  vgL  Gramer  AO.  IV  330,  7);  dXXo  \iipoc  XÖTOU,  zb.  £v  fiXXoic 
^^ct  XÖTOU  877, 15;  oiibky  dXXo  ft^poc  Xötou  954,  6  f.;  also  auch 
oiibiv  ET€pov  fui^poc  XÖTOU  S.935, 16  f.;  £T€pa  M^pii  Xötou  933,29; 
935,  24;  bidqpopa  p^pr)  Xötou  947,  30  f.  (welche  stelle  offenbar 
cormpt  ist),  dagegen  haben  die  schoHen  stets  t6  lUfiOC  toO  Xötou, 
ab«  962, 1  (welche  stelle  ich  nicht  verstehe,  wenn  man  nicht  so  emen- 
diert:  xal  tö  \iipoc  toC  Xötou  <tö  cuvbcTtKÖv  Tuiv  ^epd^v  toO 
XÖTOv>,  vgl.  cuvbeTUCÖv  tuiv  toO  Xötou  ftcpuiv  952,  5);  daher 
7r€pl  TUIV  Mcpuiv  ToO  Xötou  673,  7.  24;  tu»v  <dXXuiv?>  M^pAv  toO 
xiöTOV  741,  18  (Melampns,  dh.  Gboiroboskosn  vgl.  dlot.  696,  5—8 ; 
achoL  Dion.  762,  30  f.;  823,  16  fil  (vgl.  dict.  66  f.  nnd  265  ff.); 
883,  7  (vgl.  dict  471,  5  ff.);  941,  21  (Hörschelmann  ao.  s.  38  nnd 


698  OWichmaxm :  su  Lakianos. 

46  f.);  Steph.  840,  16.  20  f.  [vgl.  z.  24  f.];  845,  5  f.;  881,  2. 16 ; 
900,  4;  ^v  T^  ttXok^  («»  cu^irXoxQ)  tAv  MCpuJV  tou  Xdtou  906, 
2  f.;  vgl.  923,  32;  932,  25;  iv  TOic  dicXiroic  tOiv  pcpiXiv  toO  X6tou 
960,  15  f.;  TUJV  ToO  Xötou  MCpO&v  843,  19;  952,  5  f.;  £v  Toic 
liipecx  TOU  XÖTOU  892,  23  f.;  951,  27.  irdvra  t&  jui^pn  toO  Xötou 
673,  30;  TrdvTUiV  Tdiv  tou  Xötou  ^cpujv  924,  21  (««  Dien.  641, 
14  f.).  33 ;  iK  TTdvTuiv  tüjv  jyiepd^v  toO  Xötou  936,  14  f.  (waldte 
stelle  auB  Apollonios  de  adv.  146,  2  ff.  gesohOpft  ist,  vgl.  Priseian 
XY  8.  63,  21  Hertz);  iy  näci  TOic  \xip€c\  tou  Xötou  949,  13;  ra 
dXXa  jH^pT)  ToO  XÖTOU  Melampus  818,  21  f.  =»  Choiroboskos  dict 
12,  31  ff.  und  26,  21  ff.;  [844,  15;  881,  8;]  tiIiv  dXXuiv  ^€pu^v  ToO 
XÖTOU  926,  7  und  927^  6;  toi  äXXa  ^epr]  ToO  Xötou  953,  26  (wo 
Kai  naoh  T^raxTat  zu  streichen  ist) ;  iy  toic  fiXXoic  p^pea  toO  Xötou 
896,  26  (welcher  abschnitt  von  Apollonios  herstammt;  897,  7  ist 
dicrpoOca  zu  lesen,  vgl.  Choiroboskos  dict.  817,  20  und  Uhlig  diss. 
s.  13);  Ti£^v  kXitikoiv  <fA6püüV  toO  Xötou*  tuiv  Tdp>  ficpuiv  tou 
XÖTOU  932,  25. 

Mannheim.  Pbteh  Eqenolff. 

(67.) 

ZU  LüKIANOS. 


Td  irpöc  Kpövov  c.  2  dv  a^Tatc  hk  Tak  inra  crrOubaiov  filv 
oiibk  dfopaiov  bioiKrjcacOat  ^oi  cuTK€X(6pTlTai,  irivciv  bi  icai 
jLie9Ö€tv  xal  ßoäv  xai  iraiCetv  usw.  der  priester  bittet  am  feste  des 
Eronos  den  gott  um  eine  j;nade  für  die  zu  ehren  desselben  darge- 
brachten dankopfer.  Eronos  will  ihm  gewähren,  ist  aber  gezwungen 
zu  erklären,  dasz  bei  der  kflrze  seiner  nach  Übereinkunft  übemom* 
menen  regierung  es  nicht  in  seiner  macht  stehe  die  gewttasehten 
reichtümer  zu  erteilen,  seine  ganze  herschafb  dauere  nur  sieben 
tage ;  seien  diese  vorbei ,  so  mfisse  auch  er  wieder  Privatmann  wer- 
den, und  auch  in  diesen  sieben  tagen  —  fährt  er  fort  —  ist  mir 
nicht  erlaubt  cnoubaiov  iiky  oubi  dTopaiov  bioiKrjcacOat,  wol  aber 
alle  arten  der  freude  zu  genieszen  und  zu  gewähren,  crroubaiov  M^v 
oi)hk  dTopaiov  ist  so  nicht  zu  verstehen.  Dindorf  hat  oöbiv  hinter 
ciroubaTov  eingeschoben,  ohne  damit  die  correctheit  des  ausdncks 
zu  fördern,  nichts  ernstes  und  nichts  öffentliches  ?  sind  die  schwel- 
gereien des  Satumalienfestes  nicht  publice?  es  handelt  sich  um  den 
gegensatz  von  ernst  und  freude.  lustbarkeiten  aller  art  kann  der 
gott  veranstalten;  aber  jede  ernste,  unwiderrufliche  regiemngsba&d- 
Inng,  und  wäre  es  die  geringste,  ist  ihm  verboten,  die  eoneeior 
ciroubatov  \ily  oijbk  dKapiaiov  bringt  der  stelle  die  heilung. 

TTXoiov  f\  eOxai  c.  1  oöx  ^Ttb  ^Xctov  Sn  Oärrov  rouc  vmac 
iwlkoc  V€Kpöc  dv  (pavepqli  xci^cvoc  f[  Oda^d  Ti  tuiv  TropoböEuiv  Tt- 
MÖXaov  biaXdOot,  K&y  tc  KöpivOov  hiox  dirvcucrl  Odovra  dwi^vot 
bid  TOUTo;  —  K&v  . .  biox  ist  die  gleichmäszige  ttberlieferung  dw 
hss.  und  von  Fritzsche  mit  der  bemerkung  gebilligt  *ut  in  orstume 


OWichmann:  zn  Lnkianos.  699 

oUiqua'.  ich  kftun  nicht  umhin  entweder  mit  Dindorf  den  con- 
jimetiy  henaatellen  oder  die  Überlieferung  zu  respectieren  und  den 
ansfiall  TOn  d  vor  ic  anzunehmen,  so  daaz  zu  leaen  wäre  k&v  ci  de 
K6piv6ov  tiox  — ;  ich  yerweise  dieifttr  auf  Apan^TOi  c  14  k&v  el 
ßouXotTO  äirärctv,  und  auf  TTdic  bet  Icr.  CUTTP*  c.  7  k&v  ei  ijieuca- 
m6h|I  t&ndpxot  Tuxcfv  toO  t^Xouc,  das  ich  in  meinem  Jahresbericht 
Aber  Lukianos  zs.  f.  d.  gw.  1879  s.  18  ^gegen  Sommerbrodts  oor- 
reotnr  k&v  . .  öiräpXQ  durch  handschriftlichen  fingerzeig  unterstützt 
gut  geheiszen  habe. 

ebd.  c.  3  €d  T€,  (b  Ti^öXac,  5n  i\\xäc  dvaMtf«vi)cK€ic  tcI^v  6ou« 
Kubibou  cuTTPCtM^iiTUiv,  &  dv  Tij>  irpootMiqi  rrcpl  Tf)c  äpxaiac  fmO&v 
Tpuqrfic  elircv  iv  rote  ''lu^ctv,  6irÖT€  o\  töt€  cuvairqiKicOficon^.  hier 
ist  die  Überlieferung  am  schlusz  unzweifelhaft  schon  in  früher  zeit 
verdorben  worden,  suchen  wir  aus  dem  anfang  des  satzes  auf  dem 
gründe  der  Überlieferung  den  schluszgedanken  zu  enrathen,  so  kann 
es  kein  anderer  sein  als:  '(gut«  dasz  du  uns  das  geschichtsweik  des 
Thnkydides  anführst,  wo  er  in  dem  prooimion  von  unserm  ehe- 
maligen luxus)  bei  den  loniem  berichtet  hat,  soweit  sie  der  gene« 
ration  der  alten  attischen  auswanderer  angehört  haben.'  &  ist  eine 
freie  relative  anknüpfung  an  dvofitfivyicKCiC'  dv  TOic  ''luiciv  öit6t€  ol 
Tdre  cuv(mt|iK(c6ncav  aber  ist  neben  dem  vorangehenden  unver- 
ständlich. Fritzsche  glaubt  dasz  aus  der  rede  des  Lykinos  6irö8€V 
zu  benutzen  und  66€V  xal  vor  dv  TOtc  ''luictv  an  stelle  des  6ii6t€, 
dieses  aber  in  die  rede  des  Lykinos  zu  restituieren  sei.  aber  selbst 
die  aa&ahme  des  in  AV<P  erhaltenen  cuvoiiC|iKicav  scheint  mir  im 
verein  mit  jener  correctur  keinen  correcten  gedanken  zu  geben,  denn 
cuv€tTri|iKicav  verlangt  ein  object,  das  ich  im  gedanken  wol  finden, 
aber  auch  im  satz  ausgedrückt  sehen  will,  es  ist  freilich  der  Wort- 
laut der  Thukydideischen  steUe  selbst,  der  zu  dieser  lesart  geführt 
hat,  selbst  aber  von  einer  ähnlichen  grammatischen  kühnheit  frei  ist 
(vgL  Thuk.  I  6).  zunächst  ist  kein  grund  anzunehmen  dasz  iirörc 
und  toöO€V  durch  versehen  ihren  platz  gewechselt  haben,  um  so 
weniger  als  die  Umstellung  der  werte  allein  die  Schwierigkeit  der 
conetruction  nicht  beseitigt  so  wenig  wir  aber  auch  öit6T€  ge- 
brauchen kdnnen,  so  können  wir  doch  an  eine  Verderbnis  denken, 
und  ich  meine,  das  ursprüngliche  läszt  sich  ohne  zwang  herausfinden. 
es  hieez:  cTircv  dv  TOic  ''luiciv  OCOiTOTE  cuvairuiKicOiicav.  in  die- 
sem öcoi  TÖT6  steckt  erstens  ol  töt€,  zweitens  das  durch  flüch- 
tiges lesen  oder  schlechte  Schreibart  hervoigerufene  öndrc,  was  ent- 
weder an  den  rand  oder  über  ol  töt€  geschrieben  worden  sein 
modite  und  so  seine  spätere  aufnähme  in  den  text  geftmden  hat. 
dieaea  öcot  rdre  thut  aber  dem  gewünschten  gedanken  und  einer 
correcten  construetion  genüge,  denn  Thukydides  sagt  nicht  dasz  die 
weiehliohe  art  der  kleidung  und  feine  frisur  der  alten  Attiker  für 
immer  bei  den  loniem  üblich  gewesen  sei,  sondern  lidvuiv  TOi^c 
trpccßuT^pouc . .  ini  iroXu  aüv)  f|  occufi  xar^qccv,  worunter  die 
generation  derer  zu  verstehen  ist  6cot  t<St6  cuvoirqiKicOiicav. 


700  OWicbznann:  zu  Lukianos. 

ebd.  c.  4.  die  drei  freunde  haben  den  Adeimanios  im  gedrftnge 
verloren,  sie  sind  auf  dem  wege  zur  stadt  zurflcksukehren.  xi  5' 
oOv  XP^  TTOieTv  f|)uiäc;  ivroOda  KOpabOKCiv  adröv,  f\  IQiK^xc  ipb 
adOtc  ^rrdvei^i  ic  rö  nXoiov;  Samippos  fragt:  was  sollen  wir  thnn? 
und  gibt  sich  die  antwort:  ihn  hier  erwarten,  oder,  führt  er  fort, 
£6^X€ic  ^T^  . .  irXotov.  dieser  satz  darf  ebenso  wenig  wie  dvToOOa 
KttpabOKCiv  aÖTÖv  als  frage  gefilzt  werden.  Dindorf  und  Fritzache 
haben  das  fragezeichen  gesetzt,  dann  aber  ist  der  indieatiy  dirdvciiAi 
nach  iOifXeic  falsch,  der  fehler  liegt  in  ^OAeic,  aus  dem  €l  OAciC 
gemacht  werden  musz,  was  neben  dem  praesens  dirdv€i)itt  unbedenk- 
lich ist  und  als  höflichkeitsformel  bei  Attikem  allgemein  im  ge> 
brauch  war.  ich  lese  also  Ti  b'  oOv  xpf)  Troi€iv  fipfic;  IvroOda  KOpo* 
boKctv  aÖTÖv,  fj,  €i  d€X€ic,  ^ifib  aOOtc  ^rrdvet^t  ic  tö^  tiXoTov. 

ebd.  c.  23  cTra  b€iirva  in\  xpucoO  .  .  .  ö  NopabiKÖc  ol  bi 
CK€uä2;ovT€c  SKQcra  coq>iCTai  Ttv€c  ir€pl  rxi\i}xaTa  Kai  x^MOuc  fx^v* 
T€C.  Adeimantos  schwärmt  in  der  Schilderung  des  lebens  das  er  nach 
erfttllung  seines  Wunsches  führen  wird,  sein  haus  soll  voll  sein  Ton 
freuden  und  freunden,  schon  in  der  frflhe  wird  man  ihm  die  auf- 
Wartung  machen  wollen  (ircpmaTifjcouci) ;  denen  die  frflber  stok 
waren  soll  man  die  thttr  vor  der  nase  zuschlagen  (T^pocapa£dtuicav). 
'wenn  ich  mich  zeige'  sagt  er  *80  werde  ich  iviouc  oöb'  £tnpX^l|l0^al^ 
den  armen  aber  werde  ich  hold  sein  (9iXo<ppovifico)itat)  und  sie  in 
tisch  bitten  (KcXeucui);  die  andern  sollen  vor  wut  bersten  (diroirvt- 
IpfjCGVTai);  die  speisen  sollen  auf  gold  erscheinen  und  die  die  alles 
dies  bereiten  sollen  virtuosen  im  kochen  und  im  geschmack  sein.' 
Iftszt  sich  auch  beiirva  dm  XP^coO,  Tdpixoc  fuiiv  &  Ißnpioc,  olvoc 
tk  usw.  ohne  verbnm  verstehen  und  wäre  selbst  der  sehluszsats  olme 
copula  von  jedem  anstosz  frei,  so  wird  dieselbe  als  friturom  un- 
zweifelhaft gewünscht,  und  da  ^XOVTCC  nicht  zu  verstehen  ist  (xu|üUmSc 
und  rtiiiiiara  sind  coordiniert  und  mttssen,  gemeinsam  von  ircpl  ab- 
hängig, zu  coqpiCTai  tivcc  gezogen  werden),  so  kann  man  der  oor- 
rectur  £  c  o  v  t  a  i  nicht  ausweichen,  die  Verwechselung  von  ot  uid  €C 
in  hss.  ist  bekannt  genug,  dann  aber  empfiehlt  sich  auch  die  atSr- 
kere  interpunction  vor  o\  bk  durch  ein  komma  zu  ersetzen. 

ebd.  c.  29  direl  Tip  'AbcipdvTou  Giicauptf^  nap<mX/|aov  t6 
toioOto,  Kai  tö  trpfiTM<x  oöx  ÖMOiov  f|b\j,  i&circp  ^rav  Ibij  Tic  autöc 
bi'  auroC  KTiicdpcvoc  Tf|v  buvacTckiv.  das  hsL  fi^oiov  ist  bereits 
von  Fritzsche  nach  8olanus  und  Guyet  in  öj^ioluic  gebessert,  für  Ibf| 
hat  er  die  conjectur  Sommerbrodts  aufgenommen  und  geschrieben 
örav  iji  Tic.  der  begriff  des  sehens  gehört  freilich  nicht  hierher.  Hart- 
mann  (studia  crit.  in  Luc  s.  6)  hat  cib^  gesetzt,  was  dem  gedaakea 
eine  passende  färbung  gibt,  ich  würde  sie  der  correctur  Sommer- 
brodts vorziehen,  wenn  mir  nicht  eine  andere  lesart  wabreeheinliclMr 
wäre:  Stov  £x!1  Tic  .  .  KTr|cdM€VOC  Tf|v  buvacTciov.  das  perfectam 
das  verlangt  wird  gelangt  in  dieser  fassung  besser  zum  ansdruek. 

Eberswalde«  Osoab  Wioflauxir« 


LHellwig:  zu  Sallostius.  701 

(76.) 

ZU  SALLUSTIÜ8. 


Iftg.  14, 3  cdtque  egOtp.  c,  quaniam  eo  miseriarum  venturus  eram^ 
veBem  poHus  oh  mea  quam  oh  maiorum  meorum  henifida  possem 
a  ffdbis  oirnZtufn  päeret  ac  maxume  deheri  müd  [hemfiäa]  a  populo 
Bamano^  quibus  non  euerem;  secundum  ea,  si  de9ideranda  erami^  uU 
dMUstOerer,  9ed  qmniamparumt%daper  seipsaprob^ 
mihi  m  mamk  fuUIugurtha  quäUs  ford^  ad  vos  oonfugi^p,  c,  quibus^ 
guod  mihi  nfyefrwmim  est^  cogor prius  oneri  quam  mui  esw.  diese 
stelle  bedarf  des  inierpreten  sowol  als  des  correciors.  zonftchst  halte 
ich  mit  EOrtte  henifioia  in  dd>en  mihi  henificia  für  eingeachoben;  zwei« 
tena  ist  mir  völlig  unwahrsoheinlieh  weil  sinnentsteUend,  dasz  %Ui  in 
uU  dehUis  uierer  Tergleicbspartikel  sein  könnte ;  vielmehr  steht  es  ent- 
weder absolut  OB  utinam,  wie  es  bei  Cato,  Sallosts  vorbildei  oft  genng 
Torkommti  oder  es  tritt,  abhftngig  von  t^eSei^,  zur  abwechselung  vor 
den  bloszen  coigimctiv.  folgerichtig  wftre  dann  das  vorausgehende 
quibus  non  egerem  aufzulösen  mit  e^  ut  üs  non  egerem.  ddhtis  ist 
aubstantivum.  den  absoluten  gebrauch  von  debere  beweist  lug.  96, 2 
magis  id  laborare  ut  HU  quamplurumi  deberent,  ut  nach  veUem  statt 
des  blossen  coi^unctivs  im  dritten  und  vierten  Wunschsätze,  nachdem 
inzwischen  schon  ein  Infinitiv  davon  abhängig  gewesen,  ist  an  sich 
wahrscheinlich,  namentlich  bei  Sallust,  der  dsoi  ausdruck  so  gern 
rariiert;  es  bleibt  wahrscheinlich,  selbst  wenn  keine  einzige  beleg* 
stelle  dazu  aufgefunden  werden  könnte,  unter  diesen  Voraussetzun- 
gen ist  in  die  stelle  ein  guter  sinn  zu  bringen;  sie  lautet  dann  in 
der  ttbersetznng:  *und  nun,  ihr  herren  Senatoren,  da  es  einmal  so 
weit  mit  mir  kommen  muste,  so  wünschte  ich,  ich  könnte  von  euch 
um  meiner  statt  um  meiner  vorfahren  gutthaten  willen  hilfe  heischen, 
und  gar  am  liebsten  wäre  es  mir,  es  wflrde  mir  vom  römischen  volke 
etwas  geschuldet  und  ich  bedtbrfbe  dessen  nicht;  nächstdem  aber 
[würde  ich  wünschen]  dasz  ich  mich  des  geschuldeten  —  wenn  es 
denn  einmal  verlangt  werden  muste* — jauch  wirklich  hätte  bedienen 
können,  allein  (dieser  wünsch  ist  ein  vergeblicher,  und)  da  ja  das 
«im  recht  sein»  an  und  für  sich  keinen  schütz  gewährt  und  es  nicht 
In  meiner  macht  stand  den  Jngurtha  anders  zu  machen  als  er  ist,  so 
habe  ich  meine  Zuflucht  zu  euch  genommen,  ihr  herren,  und  muss 
euch,  was  mich  tief  unglflcklich  macht,  zur  last  fidlen,  noch  bevor 
ich  euch  zu  nutzen  sein  konnte/  hödist  charakteristisoh  für  den 
ledner  ist  die  feine  Unterscheidung  von  geleisteten  diensten,  auf  die 
man  bei  einer  bitte  um  hilfe  bescheidenti^ch  hinweisen  darf,  und  sei- 
eben,  die  ein  wirkliches  recht  auf  Wiedervergeltung  begründen  wür- 
den— solche  aber  gibt  es  dem  groszmächtigen  römischen  volke  gegen- 


*  deMerare  statt  repeiert  ist  ein  ausdrock  der  vorsieht,  um  den 
römisohen  dttnkel  nicht  in  verletsen. 


702  CGneisse:  zu  Sallustius. 

über  nicht,  diesen  gedanken  durchblicken  zu  lassen,  sich  selbst  da« 
mit  herabzusetzen,  um  die  BOmei'  zu  erhöhen,  darin  liegt  der  serri- 
lismus  des  Adherbal. 

Batzbburo.  Ludwig  Hellwio. 


lug.  94, 1  oeterwm  t0t  qui  escensmi  tränt  (so  Dietsch  und  Jacobe 
*  mit  Carrio;  Jordan^  mit  einem  teile  der  hss.  qui  e  ceniurHs  erani}j 
praedoäi  ab  duce  arma  omatumque  fmäaiverawt^  capite  atquepe* 
dihus  nudis^  uti  prospectus  nisusque  per  saxa  faeilius 
foret:  super  terga  gladii  et  scuta,  verum ea  Nunädica  ex corus^ 
ponderis  gratia  amul  et  offensa  quo  Itims  streperent.  gegen  diese 
von  Jordan  und  Dietsch  nach  den  hss.  gegebene  lesart  (auä  Jacobe 
hat  dieselbe,  abgesehen  von  den  bedeutungslosen  abweichungen,  daei 
er  hinter  mdaveraiü  und  fcret  semikola  setzt,  aufgenommen)  ist  fol- 
gendes vorzubringen. 

Die  zu  der  expedition  gegen  das  castell  bestimmten  Soldaten 
hatten  ihre  waffen  und  ihre  Ueidung  gelindert:  in  welcher  weise  das 
ersteroy  zeigt  super  terga  gladU  et  scuta  (ausserdem  hatten  sie  statt 
der  gewöhnlichen  Schilde  numidische  gewählt);  ihre  Ueidung  aber 
hatten  sie  insofern  geSndert,  als  sie  eapUe  at^ped&n$s  nudis  den 
weg  antraten,  nun  erwarten  wir  offenbar,  dasz  diese  beiden  beetim> 
mungen  neben  einander  stehen,  ebenso  wie  der  Schriftsteller  orma 
omatumque  verbunden  hat.  oder  wenn  sie  durch  ein  glied  getremt 
sind;  so  haben  wir  anzunehmen,  dasz  sich  dasselbe  blosz  auf  eine 
von  ihnen  beiden  —  auf  capite  atque  pedibus  nudis  oder  auf  s^per 
terga  gladU  et  seuta  —  bezieht:  denn  sollte  es  sich  auf  beide  bedeheo, 
so  hätte  Sali,  dasselbe  entweder  vor  beide  zusammen  stellen  oder  es 
ihnen  hinten  anfügen  müssen,  im  texte  werden  cegnte  atque  pedüms 
nudis  und  super  terga  giadii  et  seuta  getrennt  durch  uti  praspedus 
nisusque  per  saxa  facäms  foret,  es  ist  aber  klar,  dasz  in  diesem 
finalsatse  die  Überlegung  bezeichnet  ist,  aus  welcher  heraus  die  Sol- 
daten ihre  waffen  sowol  wie  ihre  kleidung  geändert  hatten^  denn 
das  tragen  der  Schwerter  und  Schilde  auf  dem  rücken  erleiditerte 
nicht  weniger  als  die  ablegun^  der  helme  und  der  schuhe  das  stei* 
gen  und  den  ausbUck:  ja  mir  scheint,  als  ob  der  ausbliok  besonders 
dann  gehindert  gewesen  wäre,  wenn  die  Soldaten  ihre  breiten  sehOde 
in  der  band  gehabt  hätten ,  viel  mehr  als  wenn  sie  die  nicht  allsn- 
groszen  helme  getragen  hätten,  denn  wenn  wir  einmal  mit  den  hgg. 
die  Worte  uti  prospectus  nisusque  per  saxa  facüius  foret  an  oofN^ 
atque  pedXbus  nudiis  anschlieszen,  so  kann  Äch.  prospedus  natOrüdi 
allein  auf  capüe  (sc.  nudo)  beziehen ;  ob  die  Soldaten  schuhe  anhattan 
oder  nicht,  dürfte  für  den  ausbUck  gleichgültig  gewesen  sein,  dabei 
möchte  ich  jedoch  die  frage  aufwerfen,  ob  überhaupt  im  lateinischeB 
von  zwei  durch  que  so  eng  verbundenen  ausdrücken  der  eine  auf 
eines  von  zwei  wiederum  durch  die  copula  aufs  engste  verbondcncB 
werten  allein  bezogen  werden  kann,  ich  für  meine  person  mag  sie 


OGneisse:  zu  SaUnttiiu.  '     703 

nicht  entscheiden,  obgleich  ich  eher  geneigt  wftre  sie  zn  yemeinen* 
jedenfalls  aber  misftllt  an  der  flberlieferten  lesart,  wie  sie  in  onseren 
ausgaben  fixiert  wird,  dasz  das  glied  uli  praspeäua  msusqueper  aaxa 
foeSms  forety  welches  logisch  eine  erkl&ning  sowol  za  capiU  atque 
pedibua  nudis  wie  zu  super  ierga  gladii  et  saäa  enthftlt,  syntaktisch 
nur  jenem  zugeteilt  wird. 

Anderseits  wenn  wir,  wozu  uns  die  Überlieferung  des  textes  das 
recht  einiftumt,  nach  capite  atquepedibus  nudia  ein  Semikolon  setzten 
und  uti  prcspedus  msusque  per  aaxa  faciUus  forei  zu  euper  ierga 
gUidü  ei  soiäa  zögen,  so  würde  damit  eine  gleiche  unebenmftszigkeit 
des  satzbaus  und  der  gedankenfolge  geschaffen,  denn  dann  würde 
die  absieht  den  ausblick  und  das  aufsteigen  zu  erleichtem,  und  zwar 
durch  das  tragen  der  Schwerter  und  säiilde  auf  dem  rücken,  ge- 
radezu als  etwas  neues  hingestellt,  als  ob  man  dadurch,  dasz  man 
die  Soldaten  barfusz  gehen  liesz,  etwas  anderes  bezweckt  hätte  als 
gerade  das  klettern  bequemer  zu  machen. 

Daher  ist  mit  Umstellung  von  capUe  aique  pedibue  nudie  zu 
lesen:  arma  omcdumqae  fwuiavera/mt ^  uti  prospecius  nisusque 
per  saxa  faeilius  forei:  capiie  aique pedihus  nudis^  super 
ierga  gladii  ei  seuia^  verum  usw.;  dann  bezieht  sich  das  capUe 
aique  pedibus  nudM  Tomehmlich  auf  msus^  und  super  ierga  gladü  ei 
souia  Tornehmlich  sut  prospeäus. 

Vielleicht  ist  die  Verstellung  keine  zuflQlige.  möglicherweise 
nemlich  glaubte  jemand,  dasz  in  den  Worten  ponderis  graOa  siimul 
ei  o/fenaa  quo  leviue  eirepereni  der  grund  angegeben  sei,  weshalb  die 
Soldaten  ihre  Schwerter  und  schilde  auf  dem  rücken  trugen;  dasz 
sieh  also  uti  prospedus  nisuaque  per  eaooa  fadUus  forei  allein  auf 
capiU  aique  pedibus  nudis  bezOge,  und  damit  dies  um  so  deutlicher 
henrortrete,  stellte  er  die  beiden  glieder  um.  er  hfttte  dann  ttber- 
sehen^  dasz  die  werte  ponderis  graiia  usw.  lediglich  das  an  scuia  an- 
gehftngte  verum  ea  NumUUea  ex  eorOs  erkUren. 

Jug.Sl^bdemqueSamamveieresnovique  ei  oheascienies 
hellif  siquoe  locus  aui  casus  comunxerai^  orhis  faoere  usw.  einem 
jeden  leuchtet  ein  dasz  navique  und  ei  bbea  säentes  hdli  neben  ein- 
ander unerträglich  sind,  sollte  übrigens  jemand  auf  den  gedanken 
kommen  die  werte  so  zn  erklären :  'die  Römer,  Veteranen  imd  rekru- 
ten  gvmisoht,  und  daher  (w^gen  dieser  mischung)  kriegskundig',  so 
braneht  ihm  blosz  erwidort  zu  werden,  dasz  mit  dem  sdcfUes  bdli 
eine  charaktereigenaehafk  bezeichnet  wird,  welche  den  lekmten 
nicht  plötclich  und  durch  einen  zu£sll  beigebracht  werden  konnte, 
anaserdem  würde  der  Schriftsteller,  um  den  umstand  hervorzuheben, 
dan  die  veieres  und  novi  unter  einander  gekommen  waren  und  ge- 
rade dieses  durcheinander  den  Bömem  zu  statten  kam,  sich  nicht 
der  Verbindung  der  beiden  ausdrücke  durch  ein  einfaches  que  be- 
dient haben. 

Man  hat  nun  verschiedene  versuche  gemacht,  die  schwierige 
stelle  in  Ordnung  zu  bringen.  Kritz,  dem  Jacobs  folgte,  tilgte  novi- 


704  KHartfelder:  zu  Xenophons  anabaeis  [V  2,  89]. 

que^  Dietsch  ä  oh  ea  sdentea  beut,  gegen  letztem  läszt  sich  aninittel* 
bar  das  eine  hervorheben,  dasz  nach  ansscheidung  jener  worte  die 
teilung  der  BOmer  in  veteres  and  navi  dorchaos  keinen  sinn  hat: 
offenbar  hätte  dann  Sali,  am  besten  einfach  Bomani  geschrieben. 
Spritz  hingegen  würde  sehr  in  Verlegenheit  gewesen  sein,  wenn  ihm 
die  frage  vorgelegt  wäre,  welcher  umstand  den  interpolator  tu  seiner 
Interpolation  veranlaszt  hfttte.  wir  mflsten  einem  solchen  einen  un- 
gewöhnlichen grad  von  thorheit  oder  Unachtsamkeit  zutrauen,  wenn 
er  jenes  glossem  vor  ei  ob  ea  sdentes  bdli  hätte  einf^lgen  sollen. 
Jordan  hat  kein  bestimmtes  urteil  Aber  die  stelle  gewonnen:  was  er 
im  kritischen  apparat  vermutungsweise  auÜBtellt,  erscheint  dnrdiaus 
unsicher. 

Ich  glaube  dasz  wir  es  auch  hier  mit  einer  einfachen  Verstel- 
lung der  worte  Sallusts  zu  thun  haben,  er  schrieb:  demque BommU 
veteres  ei  ob  ea  scienies  belli  novique^  siquo$  hous  mU  caama 
coniunxeraif  orbis  facere^  was  wol  keiner  erklärung  bedarf. 

Metz.  Carl  OiiniaeB. 


(17.) 

ZU  XENOPHONS  ANABASIS. 


Als  die  Hellenen  von  dem  festen  platze  der  Drilen  abziehen 
wollen  (V  2,  29),  fürchten  sie  von  den  feinden  ttberfäUen  su  wer- 
den, und  ein  Myser  namens  Mjsos  erhält  den  auftrag  zum  schein 
einen  hinterhalt  zu  legen  und  so  die  Drilen  abzuhalten,  dazu  wählt 
er  sich  zehn  Kreter  aus.  billigerweise  fragt  man,  warum  gerade 
zehn  Ereter  zu  diesem  zwecke  bestimmt  werden,  aber  vergeblicfa 
sucht  man  bei  den  ausl^em  nach  einer  erklärung:  KrOger,  Voll- 
brecht,  Behdantz  bemerken  nichts  dazu,  die  stelle  erklärt  sich  ans 
anab.  lY  8, 27 :  als  die  Hellenen  bei  Trapezunt  lagern,  feleni  sie  ans 
freude  ttber  ihre  rettung  wettkämpfe;  unter  denselben  befindet  sich 
auch  der  dauerlauf,  dolichos,  und  zu  diesem  melden  sieh  mdir 
als  sechzig  Kreter,  danach  ist  klar  dasz  die  Kreter  im  danerlanf  be- 
sonders tflchtig  waren,  bei  dem  scheinhinterhalt  des  Mysos  konnte 
man  nur  solche  leute  gebrauchen,  die  tüchtig  und  ausdauernd  im 
laufen  waren,  um  nach  erreichung  ihres  zweckea^  den  feinden  ent- 
fliehen und  das  beer  Xenophons  wieder  einholen  zu  kOnnen.  dass 
dem  wirklich  so  war,  hat  der  erfolg  gezeigt  (anab.  V  9,  30—42). 
ttber  die  Übungen  im  laufen  bei  den  Kretern  vgl.  auch  SchOmaans 
griech.  alt  I  320. 

FaniBüBa  im  Bbeiboau.  Kasl  Hartfbld] 


GLöwe:  glossographisohes«  705 

98. 

OLOSSOOBAPHISCHES. 


Die  lateinischen  glossare,  verderbt  wie  weniges  aus  dem  alter- 
tum,  fordern  auf  sohritt  und  tritt  die  angestrengteste  kritische  thfttig- 
keit  heraus,  in  ihrem  ursprünglichen  bestände  schon  früh;  bisweilen 
noch  ehe  sie  in  bestimmte  samlungen  eingereiht  waren,  oorrumpiert 
wurden  die  glossen  dann  später  während  einer  langen  flberlieferung 
verstflmmelt,  interpoliert  und  oontaminiert.  da  bei  diesem  zustande 
des  matenals  die  heilung  der  schaden  durch  reine  coiyecturalkritik, 
noch  dazu  eines  einzelnen ,  recht  oft  nicht  gleich  abzuschliessen  ist, 
80  musie  ich  in  meinem  *prodromus  corporis  glossariorum  latinorum' 
(Leipeig  1876)  viele  räüisel  ungelöst  lassen,  manches  zur  aufhel- 
lung  wurde  seitdem  in  den  recensionen  von  EBaehrens  (Jenaer 
litt-ztg.  1877  nr.  10  sp.  154—156),  HB[Cnsch]  (litt,  centralblaft 
1877  nr.  21  sp.  694—697),  H  Hagen  (Bursians  Jahresbericht  für 
1876  s.  338—351)  und  JNOtt  (in  diesen  jahrb.  1878  s.  417—427) 
baigesteuert;  anderes  glaube  ich  inzwischen  durch  handschriftliche 
Studien  auf  deutschen  und  italiänischen  bibliotheken,  sowie  auch 
durch  erneute  erwägung  selbst  gefunden  zu  haben,  und  teile  davon 
einiges  im  folgenden  mit.* 

1.  Das  lemma  von  uUüigani  :  uüuperant  (s.  5)  war  uüüi[ti]ffafU 
zu  schreiben,  noch  verstümmelter  ist  die  unedierte  glosse  des  cod. 
Yaticanus  1468,  wo  sich  von  zweiter  band  eingetragen  findet  uUige- 
hai  :  uüuperdbat.  sehr.  uü%\lüx\gdbai. 

2.  Die  mit  hilfe  des  Yaticanus  3321  veryoUständigte  glosse 
candes  :  uasa  fiäüia  SaUarum  (s.  7  und  377)  bietet  ein  sonst  gäni- 
lieh  unbekanntes  oandes^  dessen  Verbesserung  in  eapides  schwerlich 
auf  widerepruch  stoszen  dürfte.  thOneme  geßLsze  bei  heiligen  hand- 
lungen  zu  verwenden  war  eine  Vorschrift  Numas:  und  so  bedienten 
sich  ihrer  die  Vestalinnen  (s.  OJahn  zu  Persius  s.  135).  einen  ent- 
sprechenden brauch  der  Salier  lernen  wir  aus  unserer  glosse  kennen: 
denn  die  änderung  oapides  :  uasa  fiäüia  sacrorum^  woran  man 
mit  rücksicht  auf  die  verstümmelte  glosse  armiüum  l  uasa  sacro- 
Twm  ♦  41  (s.  325)  denken  könnte,  setzt  doch  einen  zu  sonderbaren 

*  vielleicht  wird  der  ranm  einer  anmerkane  gewährt,  um  einige 
dmekfehler  nnd  Tersehen  sa  verbessern,  man  lese  9.  20,  7  vu.  und 
»2,  16  VQ.  Euckerü  für  Eutychu  |  48,  4  to.»  50,  4  to.,  437«  1  Marbodi 
für  MarbodaH  |  62,  14  vo.  quam  emendaiionem  für  quam  j  111,  16  vo.  tilge 
suppfem.  I  142,  6  vu.  tabuUnio  für  talario  \  222,  16  yn.  Ambrosio  für  Ambro- 
siano  \  234,  10  in.  18002  fftr  13802  |  368,  7  vu.  immutato  für  immutao  \ 
392,  16  vo.  eilo  für  eiUo  |  431,  11  vu.  ho9l%9piee$  fOr  hostUpiie$.  in 
den  Indices:  484«  1  fehlt  Damaiui  |  4361»  11  vn.  330  fdr  177  |  438«  4 
tilge  (kuina  |  441*»  baiadare:  412  sq.  für  67  |  444«  äww$:  368  für  883  | 
4L47*  memare  und  460*  tuburcinatii  419  ffir  420  |  448^  sehr,  guisquiliae 
90,  216.  femer  füge  am  gehörigen  orte  ein:  acf/Zu«  432.  ?  ca/turfca  374. 
4iemiqu€  417.'  femia  132.  ibis  272.  iemuria  193.  obs-  426.  redantruare 
SS4.    remarairkeM  263.    ?  siremire  344. 

ithrbSehar  flkr  cIms.  philol.  1S19  hft  10.  46 


706  GLöwe:  gloBsographiBchee. 

Übergang  des  gewöhnlichen  in  das  seltnere  voraus,  nm  billigong  zq 
finden. 

3.  Die  von  Festus  Pauli  s.  16,  6  so  seltsam  abweichende  form 
arcolonus  (s.  13)  ist  einfache  corniptel:  denn  der  Casinensis  401  hat 
arcölus,   ebenso  auch  Hagen  ao.  s.  340. 

4.  Die  Schreibung  tdlum  für  tdum  (s.  12  anm.  2)  habe  ich  in- 
zwischen  öfters  in  hss.  gefanden,  zb.  im  Amplonianus  folio  10  saec.  X 
von  Augnstins  regulae  (Eeil  OL.  V  s.  493,  31).  ausführlicheres  Aber 
diesen  codex  an  anderm  orte. 

5.  aestifmum  (s.  15  anm.)  findet  sich  auch  in  der  unedierten 
glosse  des  Leidensis  67  E:  in  aestimium  :  in  aestmationem  (inesti- 
matum  die  hs.). 

6.  mdü  cams  cum  levüer  gannU  (s.  16^)  musz  aus  der  reihe 
der  von  Festus  (s.  s.  117^  16)  unabhSngigen  glossen  gestrichen  wer- 
den, da  der  Leidensis  67 E,  aus  dem  sie  genommen,  sichere  berOh- 
rung  mit  jener  quelle  aufweist,  wie  s.  146  gezeigt  ist. 

7.  In  der  auf  Titius  zurückgehenden  glosse  offendix  :  nodus 
proprie  quo  apex  flaminum  räinäur  et  premitur  (s.  16^)  ist  auf 
grund  des  Casinensis  439  und  401  et  remütUur  zu  schreiben,  wie 
auch  Festus  s.  205^  2  hat 

8.  Die  glosse  des  Opillius  Aurelius  sterülum  l  eaprae  harha  wird 
s.  18  belegt,  sia  findet  sich  auch  in  der  form  steriOum  :  boHki  de 
capra ,  wo  de  capra  in  vulgftrer  ausdrucksweise  den  genetiv  vertritt, 
da  nun  im  Yaticanus  3321  und  Casinensis  439  icccU  hinzugeftigt 
wird,  so  ist  mit  rttcksicht  auf  Festus  s.  330^  33  herzustellen  sterü- 
Jum  :  eaprae  harha  vocatur. 

9.  Ein  weiteres  beispiel  für  vulgKrlateinischen  gebrauch  von 
xaTd  (s.  29  anm.  1)  bietet  Anthimi  epistola  77:  oata  moduMm, 

10.  JSSemler  hatte,  wie  s.  31  anm.  4  gezeigt  ist,  wenig  glück 
mit  seiner  bearbeitung  der  'Isidorus'-glossen :  denn  er  ^konnte  in 
deutschen  landen  die  Lucina,  die  ihm  bei  der  Veröffentlichung  helfen 
sollte,  nicht  finden',  von  einem  weitem  vergeblichen  versuch  er- 
fahren wir  aus  einem  briefe  Semlers  an  Petrus  Bondamus  vom  I7]i  juli 
1750,  abgedruckt  von  Keil  vor  dem  Halleschen  index  lect.  aest.  1877 
8.  IV.  dort  sagt  er  ganz  ähnlich :  ^tanto  tempore  adhuc  non  invenio 
Lucinam',  und  sucht  durch  Bondam  einen  Verleger  zu  gewinnen,  von 
dem  er  gar  kein  honorar,  nur  zwölf  freiexemplare  beuisprucht 

11.  draquüi imanusinuidi (s.  44  anm.  1)  ist  in  di  aquSi : mames 
inferi  zu  bessern. 

12.  Das  adjectivum  hd{t)uus  (s.  70)  ist  schon  bei  Cicero  nach- 
weisbar: vgl.  AugustiniVegulae  s.  520,  28  K.:  exigum,  hduus  {M- 
luus  g),  ut  Cicero  dixit. 

13.  Bftthselhaft  und  von  vielen  vergeblich  mit  ooigectaren 
dacht  ist  homhum  :  sorheUum  (s.  77).  einen  schritt  weiter  fUirt  die 
schon  verzeichnete  Variante  des  Sangallensis  913  sorhUhmy  der 
lösung  nahe  aber  erst  der  Yaticanus  1468  mit  seinem  hombyrnlBor- 
didum.  man  wird  homhum  :  sordidum  [sonum]  zu  ergttnxen  babea : 


GLöwe:  gloBBOgraphischee.  707 

Tgl.  die  s.  78  verzeichneten  glossen  homhus  i  sanus  tumidus  und 
himbus :  vox  inepta. 

14.  Fflr  bromasus  (s.  80)  bringt  de  Vit  in  seiner  bearbeitnng 
des  Forcellini  zwei  stellen  ans  Zeno  bei.  besonders  aber  ist  zn  ver- 
gleichen Anthimns  ed.  Böse  s.  52  %  wo  anszerdem  exbromare^  dromt- 
äu8,  hromidiias^  inhromidari  belegt  werden. 

15.  8.  84  histaniea  :  funestanUs.  es  ist  ftmeratUes  zu  emen- 
dieren. 

16.  In  dem  verse  et  reprobet  pr oh a:  quae  bona  auni  capiet 
(s.  103)  schreibt  Hagen  ao.  s.  342  repröba.  indem  ich  anch  den  reim 
hersteüe  (vgl.  v.  1  und  2),  bessere  ich  den  ganzen  vers  so:  etprava 
reprohet:  quae  bona  sunt  capiet. 

17.  adnectans  («»  adnictans) :  donans  (s.  108)  schien  als  *zn- 
winkend,  gewährend'  verstanden  werden  zu  kOnnen.  es  ist  aber 
adneäens  l  nodans  zu  bessern ,  wie  die  vollständigere  ttberlieferong 
im  Casinensis  90  s.  9  beweist:  adnedens  :  nodans^  Ugans. 

18.  annä :  fulg^  (s.  108)  hat  gewis  nicht  irgend  welches  nr- 
latein  gewahrt,  sondern  ist  nnr  verderbt,  zweifelhaft  bleibt  freilich 
die  heüang.  denn  anch  das  offenbar  hierher  gehörige  tmnare  :  fol- 
gere des  Casinensis  90  s.  21  gibt  keinen  sichein  fingerzeig.  ein  heil- 
mittel,  welches  innerhalb  des  bnchstaben  a  bliebe,  weiszich  nicht; 
doch  kommt  das  einreihen  unter  falsche  buohstaben  bisweilen  — 
und  sogar  häufiger  als  s.  10  dargestellt  ist  —  vor.  man  kann  also 
an  [c]andel :  fiäget  denken,  noch  leichter  ist  das  verschlagen  unter 
a  zu  erklären,  wenn  amtet  =>  aenUet  «»  enüet  geschrieben  wird, 
ganz  ebenso  sind  s.  423  amUatores  und  adax  nadigewiesen.  sehr 
begünstigt  vrird  diese  besserung  durch  Casinensis  90  s.  87,  wo  wir 
wirklich  erntet  fülget . .  finden.     

19.  Die  im  rhein.  museum  XXXI  s.  60  näher  belegte  glosse 
abreptabai  :  vre  incipkbat  (s.  108)  ist  äbreptabat :  [ah]ire  indpiebat 
zu  ergänzen,  worauf  der  sinn  und  die  Variante  abira  im  Leidensis 
67  E  führen. 

20.  Die  glosse  gerro  :  nocatorm  (s.  117,  26)  habe  ich  in  den 
^Analecta  Plautina'  s.  200  gerro  :  nogator  geschrieben,  das  richtige, 
vulgärer  spräche  gemäsze  ist  aber  vielmehr  gerro  :  nogatorius:  vgl. 
cod.  Monaceneis  19439  f.  47''  b  nequam  :  nugtäurius. 

21.  8. 134  f.  habe  ich  die  greulich  verderbte  glosse  des  Amplo- 
nianns  (vgl.  FOehlers  ausgäbe  s.  386, 19)  verärum  :  virüia  masculi 
quasi  numen  ignisquae  colobatur  in  urbe  roma  so  hergestellt: 

Veretrum :  viriUa  mascuU 

[Yesta  :  dea]  quae  cotebaJbwr  in  urbe  Borna  quasi  numen  ignis 
es  ist  aber  nicht  unmöglich,  dasz  sogar  drei  glossen  in  öine  zusammen- 
gezogen sind: 

Veretrum  :  virüia  mascuU 

[Vesta  :  dea]  quae  cokbatur  quasi  numen  ignis 

[Yeläbrum  :  locus]  in  urbe  Borna 
Tg},  cod.  Leidensis  67E  f.  58^  b:  Vdahrum  :  locus  in  urbe  roma. 

46  • 


708  GLdwe:  glossographisches. 

22.  In  der  Amplonianischen  gloss^  rumen  :  quidam  stnMS  in 
regula  certorum  animalium  in  quo  servant  dbos  guos  propterea 
narrandus  (s.  136,  14)  wai-de  gtida  and  pasiea  fummaniur  yer- 
mutet,  dies  bestätigt  mit  ausnähme  des  letzten  wortes  eine  in 
Augustinus  regulae  s.  501,  9  eingedrungene  glosse,  nach  der  wir 
so  bessern  und  ergänzen:  rumen  :  quidam  sinus  in  gula  cartcrum 
animäliumj  in  quo  servant  dbos  postea  maasa/ndos^i  unde  ruminare 
dicimus,  massare  «»  masticare  ist  frequentativum  zu  mandere ,  wie 
zb.  minsare  (denn  so  ist  mit  Vaticanus  1468  und  anderen  in  der 
8.  419  mitgeteilten  glosse  mensare :  sa^us  mingere  zu  schreiben) 
zu  mingere,  zwischen  den  in  den  tezt  des  grammatikers  gedrungenen 
glossen  und  unseren  glossaren  finden  sich  auch  sonst  manche  be- 
rOhrungspunote.  so  ist  s.  498,  9  eingedrungen:  Uticen  quin  Utuis 
dioet.  man  schreibe  JUioen  X  ctui  Ubuis  oan^  nach  Anleitung  der  s.  136 
eruierten  glosse  liticen  :  qui  cum  lituo  canü.  andere  glossen  bei 
Augustin  sind  oscen  :  avis  quae  ore  dat  augurium  xaid  pomerium  : 
locus  post  muros.  wir  haben  also  hier  den  interessanten  fall,  dasz 
ein  leser  des  grammatikers  sich  für  die  ihm  dunkeln  worte  aus  glos- 
saren raths  erholte,  einen  ähnlichen  habe  ich  s.  238  anm.  4  nach 
CWachsmuth  erwähnt. 

23.  aa  :  uox  dcierUis  est  ide  uacuae  (s.  138)  ist  zu  schreiben: 
al  a! :  vox  dcHeniis  egt^idest  ^vaef  vaef\ 

24.  praesegmina  :  partes  corporis  redsae  (s.  259) ,  ratnemtum 
(s.  407)  und  hUülos  diod>ant  sacerdotes  hreoium  templorum  (s.  377) 
sind  als  Fulgentiana  zu  streichen. 

25«  Zu  nugigerulus  (s.  261)  vgl.  luliani  ars  (cod.  Amploniaaus 
2^  10  f.  50:  Qwid  i/ntdkgOu/r  rmgigerukks?  Nugarum  [mtgus  m*  2 
aus  nunc  as  die  hs.]  portUor.  eine  entsprechende  bildung  ist  rumi- 
gendus:  vgl.  rumigenM  :  rumorum  portitores  im  Vaticanua  1468 
f.  72^  b  {remigeruU  remigerorum  die  hs.),  und  saihUigerulus:  vgL 
Prodromus  s.  200. 

26.  s.  272  erklärte  ich  die  sonderbare  ttberlieferung  dea  Ampl^ 
nianus'  alcedo  l  genuspiscis  ans 

älcedo  i  genus  [avis 

aUec :  genus]  piscis 
dafür  habe  ich  inzwischen  eine  bestätigung  im  Casinensis  402  £  6  *" 
gefunden,  wo  folgende  glossen  neben  einander  stehen: 

aüec :  genus  piscis 

akedo  :  pdagi  {pdam  cod.)  avis 

27.  murcus  'yerstümmelt'  war  bisher  nur  aus  Aimian  XV 
12,  3  und  als  römisches  cognomen  (s.  Hühner  in  diesen  jahrb.  1B5^ 
s.  343  ff.  1859  8.  437)  bekannt,  ich  habe  es  im  Prodromus  s.  283 
auch  aus  zwei  glossen  belegt  und  kann  jetzt  weiteres  dazu  beibriageB 
aus  einem  wichtigen,  noch  ganz  unbenutzten  glossar,  das  ich  umtsr 
heimat  nach  'glossarium  bavaricum*  nennen  möchte«  alle  mir  be- 
kannten hss.  desselben  haben  murcus :  truncaiue  und  mareo :  iruneo. 
die  zweite  glosse  ist  murco  l  tnmco  zu  schreiben  und  als  ferbalfom 


OLdwe:  gloBBOgrapluBches.  709 

anftttfasBen.  datiy  oder  ablativ  des  a^ectivs  wird  es  deshalb  nicbt 
sein,  weil  man  sonst  als  interpretament  truneaio  zu  erwarten  htttte« 
mwrcare  ist  regelrecht  von  murcus  abgeleitet,  wie  ewrtare  yon  eitiiiu8 
und  nnzShlige  andere. 

38.  Zu  n  2  s.  293  ff.  (Lnciliana)  werden  bei  anderer  gelegen- 
heit  berichtigungen  und  nachtrage  (darunter  einige  neue  fin^ente 
des  Satirikers)  gegeben  werden. 

29.  s.  345  anm.  2 'glaubte  ich  in  der  glosse  laoeiii  :  murices 
tw  bradms  (gloss.  Amplonianum  ^  s.  346, 158)  emendieren  zu  müssen 
mtrices:  denn  suris  -■  surex  wird  ausdrttcklich  mit  museuku  bra- 
thiorum  erklärt,  es  ist  aber  nichts  zu  ftndem:  denn  nicht  nur  ist 
murices  die  einstimmige  ttberlieferung  der  quellen  (Yatic.  3321; 
6018;  Gasin.  439;  glossae  'afhtim':  mund;  glossae  *aa'  Casinensis 
401  et  Vaticani  3320;  Amplon.^  s.  346^  158;  Mai  VI  s.  530:  bra- 
chid)^  sondern  dieselbe  form  findet  sich  auch  in  anderen,  von  jener 
unabhftngigen  glossen  ttberliefert: 

kicertis  :  hroMis  seu  muricihus 

floss.  'aa'  (Gas.  401:  braehH  Meu  muriei;  Vat.  3820  cm.  glossam; 
at.  1471«).    Vat.  1468  {i  ffenu»  pUeU  add.  m.  8). 

lacerti :  murices  bracMarum 

gloss.  'aa'  (om.  Vat.  8880;  Vat.  1471«:  lacerti  murice;  Gas.  401: 
loeerHi), 

da  'es  schon  wegen  der  constanten  glossierung  yon  laeertus  durch 
miiscuku  nicht  wahrscheinlich  ist,  dasz  murex  hier  in  seiner  gewöhn- 
lichen bedeutung  yerwendet  wurde,  so  musz  man  wol  eine  yulgftre 
Bebenbildung  {mus-eu-Ju^ ,  ^mus-ec^)  annehmen. 

30.  Zu  randum  und  räbamini  (s.  346)  ist  zu  ftigen  raibar  :  ar- 
Mrotar  aus  dem  cod.  Vaticanus  1468  f.  71  'a. 

31.  Das  bisher  nur  auf  den  glossae  'Isidori'  s.  695,  41  be- 
ruhende sölerare  ■»  soUdare  (wie  marcerare  ■»  marddare)  s.  353  er- 
hXU  eine  neue,  weit  sidirere  stütze  durdi  denselben  Vaticanus  1468 
f.  78'  b  (yon  m.  2  eingetragen)  solero  :  firmo  vd  susHneo  vd  scHum 
jrfemo. 

32.  Die  glossen  mit  ecHimms  s.  355  yermehrt  der  Casinensis  401 
der  glossae  *aa'  durch  colcmis  :  scivuSt  saspes. 

33.  Das  alOateinische  pr<>ptervos  (s.  356),  das  in  den  Acta  IT 
8.  468  £.  durch  Zeugnisse  der  Flautus-hss.  belegt  und  aus  prqpetervos 
erklärt  wurde,  freue  ich  mich  auch  aus  einer  glosse  nachweisen  zu 
können,  die  gewis  auf  irgend  einen  archaischen  schriflsteller  zurück- 
geht, oodex  Monacensis  lat.  14388  saec.  X  hat  f.  222'  ajpfC(p<0n«cia : 
imprdbus  {imprauus  die  hs.). 

34.  susjßo  :  säUo  (s.  366  zeile  10)  ist  saspOo  :  saiho  zu  schrei- 
ben«  so  inzwischen  auch  Hagen  ao.  s.  351. 

35.  unter  den  *obscura'  s.  374  f.  wurde  auch  aufgeführt 
cäUxica :  exinanUa.  der  yersuch  yon  Turnebus  oaUx  siecus :  exinam- 
tue  gewährt  keine  lösung.  ich  glaube  das  richtige  gefunden  zu  haben, 
die  glosse  steht  nemlich  in  dem  alten  Vaticanus  3321  saec.  Vlll  f.  18  "^ 


710  GLOwe:  glossographiBches. 

in  der  fassimg  dassica  :  exinanUa^  was  dem  richtigen  oassüa :  exma- 
nüa  schon  weit  näher  liegt,  auf  letzteres  führt  die  parallele  glosse 
casiscere  :  exinanire  des  Casinensis  439  f.  13'  b.  ca«9e6cere  eigentlich 
*leer  werden'  hat  vulgär  und  —  wie  die  bestimmt  ausgeprägte  form 
cassUa  zeigt  —  auch  bei  irgend  einem  vulgär  schreibenden  Schrift- 
steller die  bedeutung  'leer  machen,  leeren'  gehabt,  die  factitive  ?er> 
Wendung  der  inchoativa  wurde  s.  362  an  einer  reihe  von  beispielen 
gezeigt,  wie  ferascere  <»  ferum  r edderei  descere  und  fateseere  » 
aperire;  pravescere  »*  depravare  us^.  idi  will  einige  neue  belege 
aus  glossaren  hinzufügen,  stupescere  »>  hehetarei  hebeiatU  :  stu- 
pescufU  (glossae  'asbestos');  faiiscere  «»  dissohere:  fasdnas  guidem^ 
dum  Vlande  decipis,  fatiscis^  si  quid  frangis  vd  dissolvis  (senieatiae 
codicis  Casinensis  159  f.  24^  b:  facinas  für  fasdnas  die  hs.);  las- 
sescere  =>  lassum  reddere:  lassesoere  ;  lassare  (cod.  Vaticanns  1468 
und  andere) ;  Idbescere  «s  efficere  ut  lahatur  äUquid :  lahescU  :  movel, 
conveüU  (glossae  'asbestos':  lauescü  wonä  die  hss.).  eigentflmlich 
bleibt  übrigens  bei  cassita  die  participialbildung:  etwa  wie  cretus  yon 
crescere?  freilich  besteht  zwischen  beiden  verben  der  groaze  unter- 
schied, dasz  das  eine  directvon  der  wurzel,  das  andere  von  einem 
adjectiv  abgeleitet  ist. 

36.  Die  besserung  propudialis  für  propudi  aU  (s.  377  anm.  5) 
bei  Festus  s.  238^  17  ist  ebenfalls  gemacht  von  Sophus  Bogge  (in 
diesen  jahrb.  1872  s.  105),  der  passend  ooüuviaris  parcus  bei  Paulas 
s.  57  vergleicht. 

37.  Ein  neuer  beleg  für  die  form  extispicus  (s.  379)  findet  sich 
im  Casinensis  402,  wo  für  hestipus  l  aruspes  zu  sdireiben  extispicus : 
hofuspex. 

38.  Dem  capitel  über  cognomina  s.  387 — 401  füge  ich  folgende 
neue,  resp.  verbesserte  oder  erweiterte  glossen  hinzu: 
Tlancus,  Plautus' :  Plancus  :  pedibus  latis,  quipianas  et  Udos  hahä 

pHantaSj  quem  Vmbri  ploton  vocant  (codd.  Yaticani  3320. 

3321.  Casinensis  439 :  piUmca  .  .  que  .  .  quam  die  hss.,  nur 

qui  Vat  3321 ;  allein  der  anfang  der  glosse  ist  als  pIoiiCM^ : 

ped^ibus  latis  in  anderen  glossaren,  welche  im  Prodromus 

s.  387  verzeichnet  sind,  erhalten) 

^Plautus' :  plautus  :  ßapuuiTOC  ] 

plautus  :  languidis  aurilnus:  vei  \      ..     i    ^    n,    .•  .• 
«1/..»^  ^.M^^0  l  8-  Analecta  Plantin« 

nomen  auctoris  f  ^/\« 

plautus  :  auribus  magnis^  gracüi  ^' 

corpore 
piautum*  :  aurtbus  languidum 
plautus  :  t  lotus  [pkius?]  seu  \  cod.  Vaticanus  3320 

kfUus 


*  dies  sind  die  ersten  belege  für  das  litterariBche  vorkommen  dei 
Wortes,  denn  die  obliqaen  casus,  resp.  die  Verwendung  als  neotrQB 
and  die  verbindanff  mit  auribu»  beweisen,  dass  diese  grossen  au  !>«* 
stimmten  sehriftsteflem  stammen. 


GLdwe:  gloBBOgraphisches.  711 

auribus  plautis*  :  flacädM^  langenübus  (ood.  Caainensis 
439  f.  1'  b: ploMis  dt  ingenHbue  die  hs.) 

^Pansa':  pansa  dicUur,  cui  tünae  curvae  simt  (glossae  'aabesios': 
pans  die  hjss.) 

^ScanniB' :  scamrus  :  cums  eakes  extrmseeus  evmnenl  etpedes  intrürsus 
imcm/rvi  su/nt  (glossae  ^asbestos':  ocHx  . .  eimmet  die  hss.) 

^Faetos' :  padus  :  homo  stramboa  ocvAos  hahens  (so  ist  nr.  10*  s.  390 
mit  hilfe  der  glossae  'aa'  [wo  ocidos  im  Vatic.  3320  und 
Casinensis  401,  hahens  im  Vatic.  1471  ^  fehlt]  und  des  cod. 
Monacensis  lat.  14388  f.  221  ^  [wo  petus  h.  stranbos  ocuk$8^ 
ohne  hahetis]  zu  bessern:  nebenbei  ein  neuer  beleg  für 
ärambus^  wofür  noch  zu  vergleichen  limis :  strambus  et  (Mi" 
quis  ocuUs  im  Vatic.  1468  [limnis  .  .  oUiquus]) 

*Strabo' :  etrabo  :  qui  tmum  ocuUnm  tartum  habet  (glossae  Trisciani' 
f.  29^  b;  cod.  Casinensis  439  f.  59^  b:  strauo  .  .  tortu; 
Vatic.  3321  f.  144 >^:  strambü]  Vatic.  6018:  strawbo.  dies 
ist  also  die  quelle  für  Papias:  s.  s.  391  anm.  3) 

^Broccus' :  brocci  sunt  producta  ore  et  deniibus  prominentibus  (glossae 
'aa';  cod.  Casinensis  90:  brods  proä/uäo  ore  in) 

^Nasica':  naska  :  cwrvo  naso  (cod.  Monacensis  lat.  19439  f.  46^  b) 

*Opiter' :  opiter  :  cui  avo  vivo  pater  mortuus  est  (glossae  Prisoiani 

f.  19' b:  est^namdi) 
^Agrippa' :  agrippa  :  qui  cum  dohre  fia^ci^Mr  (glossarium  bayaricum) 
*Froculns':  proculus  :  Umge  a  patria  natus  (cod.  Monacensis  14388 

f.  222'  b;  vgl.  gloss.  *Isidori»  s.  690,  7) 

39.  s.  411  habe  ich  die  hftufige  und  zb.  im  arabischen  glossar 
so  überlieferte  glosse:  ueretrum  z  partum  arinum  in  veretrum  iper- 
iunsarium  verbessert,  dies  billigt  Georges  in  Bursians  Jahresbericht 
1876  in  8.  484  nicht,  sondern  schlägt  vielmehr  verärum parcinum 
vor.  ich  glaube,  er  wird  seine  coi^jectur  au%eben,  wenn  er  hört  dasz 
in  einem  Münchener  fragment  aus  Tegemsee  geradezu  veretrum  iper-^ 
iusofium  geschrieben  steht 

40.  Ein  neuer  beleg  für  turbida  (s.  411)  ist  turbines  l  turbi- 
dines^  cammationes^  tempesias  ventarum  (cod.  Casinensis  401). 

41.  In  der  glosse  hiantes  :  ampHiantes  (s.  412  anm.  3)  ist  es 
doch  am  einfachsten  os  einzuschieben,  das  nach  hiantes  leicht  aus- 
fallen konnte. 

42.  appadix  :  sada  cames  (s.  419  nr.  3)  ist  zu  schreiben  appen- 
dix  :  soday  comes  und  hOchst  wahrscheinlich  eine  von  den  nidit  zu 
seltenen  Appnlejus-glossen,  .über  die  anderswo  im  zusammenhange 
gehandelt  werden  wird. 

43.  sequius  :  sermo  (s.  420  nr.  3)  wird  doch  wol  zu  sedus  zu 
ziehen  sein,  es  findet  sich  nemlich  sequius  auch  sonst,  worauf  schon 
anm.  1  hingewiesen,  dazu  kommt  dasz  die  von  AMai  aus  dem  Vati- 
caaua  3321  geschöpfte  glosse  in  einer  Montecassineser  hs.  desselben 
glossars  vielmehr  sequius  l  secus  lautet. 


712 


GLOwe :  glosBOgraphisches. 


44.  Auch  in  inäede  :  inde  (s.  422  nr.  11)  ist  zu  viel  yerinnieii 
gesetzt,  der  cod.  Christinae  reginae  310  bietet  die  richtige  wori- 
teilung  inde  :  deinde. 

45.  Die  von  Hildebrand  zuletzt  publicierte  glosse  oMeMx :  qmie 
corrupte  ohsärix  bat  in  dem  Leidener  cod.  67  F'  den  sosats  fmnc 
prope.  die  glossae  *aa'  (zb.  der  Vatioanns  1471^)  heilen  die  cor- 
mptel ,  indem  sie  mMOupatur  dafttr  geben,  den  vier  ao.  betgebtifdi- 
ten  belegen  für  obsärix  reibt  sieb  als  fünfter  an  cbaetrix  :  quae  pmt* 
^uriefi^i&U5  praeest  (Vaticanas  1468  m.  1,  wo  m.  2  ebsteMx  corri- 
giert  bat). 

46.  Die  Amplonianische  glosse  quattur  Z  Udinwm  tat  sed  quai-- 
tuor  (s.  423  nr.  16)  ist  za  schreiben  quathtr  X  laümtm  O^on^  est,  $€d 
qtuxthu>r. 

47.  Das  verbum  exaumptuare  (s.  425  nr.  24)  wird  gewis  aneh 
herzustellen  sein  in  der  glosse  des  Vaticanas  1468  exesttumU  :  de- 
praedaivü. 


a!  a!  28 

abreptabat  19 

i*  adneetam,  odneden»  1 7 

ae9tbanum  6 

agrippa  38 

alcedo  20 

älUt  26 

amitt^  erntet  18 

t  annet  18 

appendix,  fappodixA2 

Appnlejnsglosse  42 

i'areo/ofittf,  areoUis  8 

An^osUni  regalae  4. 12. 

22 
auribus  pUoitU  88 
b€l{i)uiu  12 
bamiuä,  bumbui  18 
hroceus  88 
bromo9u$  n.  yerwandtes 

14 
buMtaniei  15 
'feaUxiea  86 
t  eandei  2 
eapidei  2 

coMseMcere,  caieita  86 
etaa  9 
coUmb  42 
iH  n^ü  11 

LniPZIO. 


Indicnlus: 

exsumptuauii  47 
extiipicu»  37 
faÜMcere  factitiv  85 
Fulgentiana  24 
ffunestaniei  15 
^erro  20 
t  fiMlf  ^«  44 

/tmif  38 
Utieen  28 
Loeiliana  28 
nuuiore  22 
rnnsare  22 
murco,  murei»  27 

MUTAB  e=3  muffCIl/llt  29 

nariea  88 
iitcli<  6 
nogatorhu  20 
nugigeruluM  25 
o5«tf<rta;  46 
offendix  7 
0^^  88 
otceii  28 
paetus  88 
paiua  88 
pertuiorium  89 
planati  88 


plautuM  38 
p/oton  38 
pomerjaon  28 
praeulus  88 
propteruoM  38 
propttdiaHi  36 
^Kfllfiir  46 
roto'  80 
nimen  22 
rumigeruba  25 
SaHorum  wua  /tcHHa  t 
teaiintf  88 
Semlers  bearbeiiaiig  d. 

Isidorot-gloaaeii  10 
sequiuM  43 
eolerare  81 
ttor6elh0B  18 
MOMpito,  fMuepii»  84 
steritbtm  8 
s/ra5o  88 
etrambws  88 
$tupe*cere  faetitiT  86 
teZ/km  4 
terMo  40 
VeUOfrum  21 
uUiHt(gant  -gabami  1 
FmM  38 

OUSTAT  L8WK« 


LZiegler:  andiatar  et  altera  pars  [gegen  JNOtt].  713 

(66.) 

AUDIATUB  ET  ALTERA  PARS. 


Wenn  es  für  mich  auch  eine  kleine  genngthnnng  war,  dasz 
br.  JNOtt  selbst  oben  s.  568  einige  in  seinem  aiükel  *nir  abwehr' 
(oben  s.  425 — 432)  vorliegende  versehen  nnd  misverstftndnisse  be- 
riehtigt  hat,  so  kann  ich  mich  dennoch  wegen  der  nnvoUstttndigkeit 
dieser  berichtignngen  nicht^abei  beruhigen,  sondern  erlaube  mir 
anch  meinerseits  solche  nachfolgen  sn  lassen. 

Schon  der  einleitende  abschnitt,  welcher  bestimmt  ist  von  vom 
herein  den  leser  gegen  mich  zn  gewinnen,  enthlüt  eine  reihe  von  Un- 
richtigkeiten, vor  allem  mnsz  ich  mich  ernstlich  dagegen  verwahren, 
daaz  ich  jemals  einen  ^mntwiUigen'  angriff  (jahrb.  1877  s.  200  heiszt 
es  gar  *eine  ebenso  leichtfertige  wie  mntwiUig  vom  zanne  gerissene 
diatribe')  auf  hm.  Ott  gemacht  habe,  die  sache  verhftlt  sich  einfadi 
so.  während  des  drockes  meiner  ^Italafragmente'  erschien  in  den 
jahrb«  1874  s.  757  ff.  Otts  anfsatz  ttber  das  bibellatein,  in  welchem 
derselbe  anch  eine  hypothese  ttber  den  namen  'Itala'  aufstellte,  welche 
mit  der  in  meinem  buche  vorgetragenen  meinung  in  widersprach 
stand,  da  ich  nun  wegen  der  bedeutung  der  jahrbttcher  diese  neue 
erkUbrung  nicht  ignorieren  durfte ,  derselben  aber  aus  vielen  grün- 
den nicht  beistimmen  konnte,  so  blieb  mir  nichts  anderes  ttbrig  als 
ihr  entgegenzutreten,  und  dies  habe  ich  in  einer  unter  dem  texte 
stehenden  note  in  aller  kttrze  gethan.  wer  eben  seine  gedanken  und 
einßQle  in  die  weit  schickt,  muez  es  sich  gefallen  lassen,  wenn  andere 
die  richtigkeit  derselben  bestreiten,  und  wer  bei  besprechung  frem- 
der  arbeiten  eine  so  spitze  feder  ftthrt  wie  hr.  Ott,  darf  sich  am 
wenigsten  beklagen,  wenn  andere  mit  ihm  nicht  eben  sehr  glimpf- 
lieh  verfahren,  mein  vorgehen  war  allerdings  ein  angriff,  aber  sicher- 
lich weder  *mutwillig'  noch  ^leichtfertig*. 

Der  nachfolgende  Vorwurf,  ich  hfttte  Otts  'au&atz  ttber  das 
bibellatein  (jahrb.  1874  s.  757  ff.  833  ff.)  heruntergesetzt  und  als 
seichtes  und  oberflftchliches  machwerk  (so)  verschrieen*,  ist  vOllig 
ans  der  luft  gegriffen,  einmal  pflege  ich  nidit  so  derbe  ausdrttcke 
zn  gebrauchen;  dann  war  meine  polemik  gar  nicht  gegen  den  *auf- 
satz  ttber  das  bibellatein'  gerichtet,  sondern  nur  gegen  die  darin 
vorgetragene  hjpothese  ttber  die  Itala.  Otts  sprachlichen  forsohungen 
habe  ich  nirgends  meine  anerkennung  versagt  und,  um  alle  misver- 
sttndnisse  zu  beeeitigen,  in  meiner  schrift  ttber  die  lat  bibelttber- 
setsungen  vor  Hieronjmus  (Mttnchen  1879)  s.  27  anm.  2  ausdrttck- 
lieh  bemerkt:  'nur  gegen  diese  ansieht  Otts,  dnrehaus  aber  nicht 
g^gen  dessen  anfsatz  ttber  das  bibellatein,  fttr  den  ich  im  gegen- 
teil  im  interesse  der  sache  sehr  dankbarbin,  habe  ich  mich 
in  meinen  Italafr.  der  Paulin.  briefe  s.  65  flttchtig  geftusseri'  diese 
bemerknng  hfttte  Ott  doch  nicht  ttbersehen  dttrfen. 

Das  flbrige  mir  vorgehaltene  register  meiner  vorwttrfe  gegen 


714  LZiegler:  audiatur  et  altera  pan  [gegen  JNOtt]. 

Ott  ist  im  ganzen  richtig,  und  ich  habe  noch  heute  nichts  davon 
zurückzunehmen,  nur  wird  man  in  meinem  buche  vergebens  die 
ausdrücke  'sch&nder  der  deutschen  Wissenschaft'  oder  'betrag'  oder 
gar  'litterarischer  buschklepper'  suchen,  wie  man  nach  dem  Wort- 
laute bei  Ott  glauben  könnte  und  auch  wirklich  geglaubt  hat 

Der  nachfolgende  abschnitt  bewegt  sich  in  bedauerlichen  irr- 
tümem  und  Verwechselungen,  hier  geht  Ott,  wie  er  sagt,  daraaf 
ttber  'mir  das  fundament  meiner  anklage  zu  entziehen  und  meine 
kampfesweise  in  einzelnen  charakteristischen  zügen  zu  beleuchten.' 
dabei  wendet  er  sich  gegen  abschnitt  III  9  meines  buches.  dieser 
abschnitt  bezweckt  die  von  Ott  Q'ahrb.  1877  s.  201  ff.)  bestrittene 
Identität  der  Freisinger  fragmente  mit  der  bibel  des  Augnstinas 
neuerdings  zu  beweisen.  Ott  hatte  s.  201  diese  identitfit  mit  folgen- 
den Worten  angegriffen:  'unterzieht  man  die  Freisinger  blfttter 
{B  bei  Z.)  einer  eingehenden  Untersuchung  und  vergleichnng  mit 
dem  texte  des  Augustinus-Capreolus  (C  bei  Z.),  so  wird  man  gleich 
von  der  ersten  zeile  an  finden,  dasz  sich  in  ihnen  ein  anderes 
übersetzungsprincip  geltend  macht,  das  sich  durch  das  stre- 
ben nach  einem  engern  anschlusz  an  das  griechische 
original  charakterisiert,  darum  begegnet  man  in  B 
nicht  wenigen  gräcismen,  grammatischen  und  lexioali- 
sehen,  zum  teil  der  gröbsten  art,  die  in  C fehlen.'*  daran 
schlieszt  sich  eine  au&ählung  von  19  stellen,  welche  mit  den  Wor- 
ten 'dahin  rechne  ich  zunächst .  •  femer'  eingeleitet  werden,  nach 
dem  Wortlaut  dieser  Sätze  und  dem  ganzen  Zusammenhang  muste  jeder- 
mann glauben,  es  lägen  an  diesen  19  stellen  gräcismen  des  Frisin- 
gensis  vor,  in  welchen  dieser  von  Augustinus-Capreolus  abweicht 
in  Wirklichkeit  aber  sind  10  stellen  mit  aufgef&hrt) 
fttr  welche  weder  bei  Augustinus  noch  bei  Capreolas 
eine  parallelstelle  vorhanden  ist  —  and  diese  manipolation» 
welche  groben  irrtum  verursachen  muste  und  verursacht  hat,  habe 
ich  als  'plumpe  teuschnng'  bezeichnet,  wie  sucht  nun  Ott  mir  'das 
fundament'  dieser  allerdings  harten  anklage  zu  entziehen?  ich  hatte 
in  der  sprachlichen  einleitung  zu  meinen  'Italafiragmenten'  §  16  s.  IB 
die  gräcismen  und  hebraismen  des  Freisinger  textes   zusammen- 


*  Ott  bringt  in  seinen  beriehtignngen  oben  8.  553  einen  naehtrt; 
an  dieser  stelle,  danach  wäre  in  obigem  satze  nach  *zum  teil*  durch 
ein  versehen  das  wort  ^gräcismen*  ausgefallen  nnd  durch  ein  weiterci 
versehen  in  dem  abwehrartikel  s.  427  die  note  weggeblieben,  in  ▼<'* 
ober  dieser  aasfall  ergänzt  und  bemerkt  werden  sollte,  daas  der  relatit- 
sati  'die  in  C  fehlen'  von  ihm  anf  die  werte  'nun  teil  gräetameo  der 
gröbsten  art'  beaogen  worden  sei.  es  ist  allerdings  ein  bedaoerlioli«r 
Unfall,  dass  ein  nach  Ott  ao  wesentliches  wort  durch  ein  tertebca 
tibergangen  ¥nirde,  daac  dieser  ausfall  zwei  jähre  ohne  berichti^Bg 
blieb  und  endlich  gar  noch  die  note,  welche  die  richtlgatellanir  ^^' 
textes  bezweckte,  nicht  zum  abdmek  gekommen  ist.  allein  Ott  ksan 
sich  trösten,  der  sinn  der  ganzen  stelle  ist  mit  nnd  ohne  das  wort 
'gräcismen'  genau  derselbe,  wie  jeder  leaer  sieh  leicht  äberseufta  wird. 


L 


LZiegler:  aadiatar  et  altera  pan  [gegen  JNOtt].  715 

gestellt  mit  den  einleitenden  Worten:  ^manobe  Verbindungen  sind 
aus  dem  streben  nach  wörtlicher  Übersetzung  hervoigegangen.'  es 
handelt  sich  dort  einzig  um  die  grftci&men  (und  hebraismen)  des 
Freisinger  textes;  von  einer  vergleichung  mit  Augustinus  oder 
Capreolus  ist  gar  nicht  die  rede ;  am  allerwenigsten  aber  sollte  dar- 
geUian  werden  dasz  sich  'in  den  Freisinger  blättern  ein  anderes  ttber- 
setzungsprincip  geltend  mache  als  bei  Augustinus-Capreolus'.  nichts- 
destoweniger Iftszt  nun  Ott  diese  sprachliche  Zusammenstellung  ab* 
drucken,  und  da  zufHUig  19  stellen  angeführt  sind,  von  denen 
12  Partien  des  Freisinger  teztes  angehören,  wo  Augustinus-Capreolus 
keine  parallele  bieten,  so  findet  er  ^Übereinstimmung  im  beweis- 
verfahren  und  im  ergebnisse  desselben' !  er  geht  ferner  so  weit  zu 
behaupten,  es  werde  wol  so  ziemlich  dasselbe  sein,  wenn  ich  beim 
Frisingensis  ein  streben  nach  wörtlicher  Übersetzung  finde,  und 
er  ein  streben  nach  engerem*  anschlusz  an  das  original,  ja  s.  428 
schreibt  er  sogar,  dasz  ich  die  thatsache  der  wiederholten  abweichung 
des  Frisingensis  von  Augustinus  auf  das  streben  nach  wörtlicher 
Übersetzung  zurückführe,  während  ich  in  meinen  Italafr.  s.  22  ff. 
(vgl.  auch  meine  'lat.  bibelübersetzungen  vor  Hieron.  s.  65  ff.)  ganz 
andere  gründe  für  diese  ersoheinung  aufgeführt  habe«  ich  denke,  ein 
solches  conglomerat  von  Unrichtigkeiten  und  Verwechselungen  richtet 
sich  von  selbst,  nebenbei  bemerke  ich  dasz  der  abdruck  des  §  16 
meiner  Italafragmente  sehr  ungenau  ist.  abgesehen  von  einer  reihe 
kleinerer  versehen,  welche  in  einem  'buchstäblichen'  abdruck  nicht 
vorkonunen  dürfen,  fehlt  s.  426,  7  vu.  mehr  als  eine  zeile  des 
citierten  abschnittes,  wodurch  der  betreffende  satz  zum  unsinn  wird, 
weil  darin  gerade  die  hanptsache  fehlt,  und  einen  so  ungenauen 
kritiker  soll  man  nicht  einmal  rügen  dürfen? 

Nicht  besser  steht  es  mit  dem  nachfolgenden  abschnitt,  in  wel- 
chem bewiesen  werden  soll,  dasz  'wie  der  fundamentalsaiz  meiner 
gegen  Ott  gerichteten  antikritik,  so  die  ganze  durchfUhrung  formell 
schwach  und  haltlos ,  innerlidi  hohl  und  unwahr  sei',  der  beweis 
soll  durch  zwei  beispiele  geliefert  werden,  betrachten  wir  das  erste. 
Ott  hatte,  wie  oben  schon  mitgeteilt  ist,  behauptet  dasz  man  bei  einer 
eingehenden  Untersuchung  und  vergleichung  der  Freisinger  blätter 
mit  dem  text  des  Augustinus-Capreolus  von  der  ersten  zeile  an 
finde,  dasz  sich  in  ihAen  ein  anderes  übersetzungsprincip  geltend 
mache,  um  nun  die  Unrichtigkeit  dieser  behauptung  klar  vor  äugen 
zu  stellen,  liesz  ich  in  meiner  neuen  schrift  s.  84  L  den  ersten  ab- 
sdmitt  der  Freisinger  fragmente  neben  dem  texte  des  Augustinus 
abdrucken,  wie  es  bereits  Italafr.  s.  68  geschehen  war.  nur  erlaubte 
ich  mir  eine  für  die  beurteilung  ganz  gleichgültige  änderung.  in 
meinen  Italafragmenten  ist  nemlich  zur  Vereinfachung  des  ohnehin 
sehr  umständlichen  dmckes  —  es  stehen  hier  vier  teztcolumnen 


*  der  eomparmtiv  und  der  snsamraenhaDg  verlangt  die  ergäniung 
^als  bei  Angattious-CapreoloB*. 


716  LZiegler:  audiatur  et  altera  pars  [gegen  JNOtt]. 

neben  einander  —  oben  die  stelle  Aug.  c.  Adim.  14,  2  als  die  nm- 
fangreicbere  eingesetzt,  dieses  56  kleine  zeilen  umfassende  citat 
stimmt  bis  anf  unwesentliche  dinge  in  ganz  auffallender  weise  mit 
dem  Frisingensis.  nur  in  den  zwei  ersten  zeilen  liegen  bei  zwei  w6r- 
tem  ab  weichungen  vor;  allein  unter  dem  texte  sind  kleinere  dtate 
des  Augustinus  (ench.  29.  des  ymb.  9)  angeftlhrt,  in  welchen  der 
ursprüngliche,  mit  dem  Frisingensis  genau  flberein- 
stimmende  Wortlaut  erhalten  ist.  diese  note,  welche  ein  um- 
sichtiger kritiker  um  so  weniger  übersehen  hfttte ,  weil  weiter  oben 
§  21  nachgewiesen  worden  war,  dasz  die  bibelcitate  des  Augustinus 
hftufig  von  den  abschreibem  nach  der  vulgata  g^bidert  wurden,  und 
weil  gerade  die  c.  Adim.  14,  2  vorliegenden  abweichungen  offenbar 
unter  dem  einflusz  der  vulgata  entstanden  sind ,  hat  Ott  ganz  un- 
berflcksichtigt  gelassen,  um  nun  einem  Shnlichen,  immeriiin  un- 
begreiflichen übersehen  des  Sachverhaltes  vorzubeugen,  habe  ich  in 
meiner  neuen  schrift  bei  den  zwei  ersten  zeilen  den  mit  dem  Fri- 
singensis stimmenden  richtigen  text  nach  den  zwei  genannten  stellen 
oben  eingesetzt  und  in  den  noten  bemerkt,  dasz  das  citat  aus  c.  Adim. 
14,  2  nach  der  vulgata  geSndert  sei.  statt  nun  seine  flflchtigkeit 
oder  kritiklosigkeit  einzugestehen,  benutzt  Ott  diese  rein  tuszerlicbe 
ftnderung  dazu,  mich  zu  verdächtigen,  indem  er  sagt,  ich  entziehe 
dadurch  dem  leser  'das  substrat  der  beurieilung  seiner  behauptong 
und  führe  sie  in  die  irre'  I  ja  er  nennt  dieselbe  eine  'eigentümliche 
manipulation ,  für  welche  er  anderen  die  richtige  bezeiohnung  flber^ 
lasse',  recht  bedauerlich  ist  dabei,  dasz  durch  ein  neues  'versehen' 
Otts  meine  note  s.  84,  4  so  verstümmelt  ist,  dasz  man  wirklich  un* 
redliche  absiebten  bei  mir  vermuten  könnte,  ich  bemerkte  zu  dem 
citat  aus  ench.  29:  'ebenso  de  sjmb.  9;  c.  Adim.  14,  2  dagegen 
ist  der  text  nach  der  vulgata  geSnderi'  Ott  hat  die  im 
druck  hervorgehobenen  werte  ausgelassen,  diese  auslassung  ist  nmi 
von  Ott  allerdings  oben  s.  563  nachträglich  berichtigt  worden,  wobei 
das  Meidige  erratum'  mit  der  'hast  bei  der  ausarbeitung  der  ohne- 
hin verspäteten  erklärung  und  dem  dränge  amtlicher  geschälte*  ent- 
schuldigt wird,  allein  mir  ist  mit  diesem  spät  nachhinkenden  boten 
wenig  geholfen,  drängen  sich  nicht  einem  solchen  kritiker  gegentter 
von  selbst  worte  der  gerechten  entrüstung  auf,  ohne  dasz  man  sich 
zu  einem  'erkünstelten  pathos'  herabzuwürdigen  braucht? 

Mit  dem  ersten  beispiel,  welches  die  'formelle  schwäche  umd 
haltlosigkeit  sowie  die  innerliche  hohlheit  und  unwahiheif  meiner 
antikriük  beweisen  sollte,  war  es  also  nichts,  wie  steht  es  mit  den 
zweiten?  in  den  berichtigungen  s.  553  musz  Ott  selbst  bekennen: 
'schlieszlich  berichtige  ich  zu  s.  429  ein  misverständnis.  es  sind 
dort  Frisingensis  und  text  des  Augustinus  miteinander  verwediselL 
die  folge  davon  ist,  dasz  die  ansieht  Z.s  verkehrt  wiedeigegeben  uid 
eine  falsche  folgemng  gezogen  worden  ist.'  damit  der  leaer  daa  'mie- 
verständnis'  Otts  bequemer  beurteilen  kann,  lasse  ich  die  betrefoide 
stelle  des  abwehrartikels  hier  folgen :  'welche  bewandtnis  es  mit  die- 


/ 


LZiegler:  aadiaiar  et  altera  pars  [gegen  JNOtt].  717 

«er  «greifbar  yorliegenden  wirklicfakeiti» '  habe ,  darüber  ftuszert  sidh 
Z.  an  einer  andern  stelle  mit  einer  deatlichkeit  die  nichts  zu  wün- 
schen übrig  lässt.^  8.  82  schreibt  er  nemlich:  «Augustinus  citiert 
«na  den  in  den  Freisinger  bl&ttem  erhaltenen  stellen  teils  Einmal 
teils  öfter  über  3500  Wörter;  dabei  ergeben  sich  etwas  über  70  ab- 
weichnngen;  unter  diesen  stimmen  wieder  etwa  40  lesarten  mit  der 
Yolgata,  so  dasz  wir  ziemlich  sicher  annehmen  dürfen «  dieselben 
seien  wenigstens  zum  grösten  teil  interpoliert.»  weicht  der  Fris. 
über  70mal  von  dem  tezt  des  Augustinus  ab ,  ist  ein  gut  teil  dieser 
abweichungen  auf  die  vulgata,  also  auf  Hieronymus^  zurückzuführen, 
dann  ist  es  aus  mit  der  behaupteten  identität  der  beiden  texte,  dann 
nimt  der  Frisingensis  eine  mittelstellung  zwischen  Augustinus  und 
Hieronymus  ein.'  eine  solche  umkehrung  des  Schlusses  ist  kein  ein- 
faches *misyerstftndnis' ;  sie  ist  ein  grober  logischer  fehler,  der  sich 
weder  durch  'die  hast  bei  der  ausarbeitungf  noch  durch  'den  drang 
amtlicher  geschft^'  entschuldigen  läszt  und  der  um  so  unverzeih- 
licher ist,  weil  aus  ihm  in  so  derbe  und  beleidigende  form  gekleidete 
urteile  abgeleitet  worden  sind. 

Ein  wirkliches  misyerstftndnis ,  allerdings  seltsamer  art,  findet 
«ich  weiter  unten  s.  430.  an  der  stelle  I  Cor.  6,  2  besteht  zwischen 
Augustinus  und  dem  Frisingensis  die  stärkste  dissonanz;  dazu  habe 
ich  (lat.  bibelübers.  s.  81,  2)  die  note  gesetzt:  'ich  bemerke,  dasz 
hier  überhaupt  eine  starke  abweichung  zwischen  B  und  C  (nur  durch 
de  doctr.  Christ.  4,  18  (36)  belegt)  vorliegt.  C  stimmt  mit  der 
vulgata«  doch  ich  will  auf  dieses  immerhin  zur  vorsieht  mahnende 
verliAltnis  kein  gewicht  legen.'  jedermann ,  der  mein  buch  kennt, 
weisz  sofort  dasz  unter  diesem  'zur  vorsieht  mahnenden  Verhältnis' 
nur  die  Übereinstimmung  mit  der  vulgata  gemeint  sein  kann,  welche 
eben  auf  eine  spätere  änderung  schlieszen  läszt.'  Ott  aber  bezieht 
diese  worte  auf  die  abweichung  von  B  und  C  und  schreibt:  'wenn 
starke,  zur  vorsieht  mahnende  abweichungen  nicht  mehr  ins  gewicht 
fidlen,  dann  verdienen  unbedeutendere  Varianten,  doppelte  und  drei- 
üsche  Übersetzung  öines  und  desselben  wertes  keine  beachtung.  dann 
hört  überhaupt  jede  berechtigung  auf  von  einer  mehrzahl  von  bibel- 
übersetznngen  vor  Hieronymus  zu  reden.'   Ott  hätte  sidh  alle  diese 


'  es  handelt  sieh  um  die  identität  von  B  nnd  C.  ^  und  trete  die- 
MT  'dentliobkeit'  hat  Ott  die  ganae  siehe  falsch  yerstanden!  ^  «aeh 
dieser  icblnss  ist  grnnd falsch,  in  Wirklichkeit  stimmen  die  Freisinger 
blätter  hänfig  mit  der  vulgata.  allein  diese  Übereinstimmung  darf  man  denn 
doch  nicbt  auf  Hieronymus  aurfickfübren ,  da  dessen  Überarbeitung  des 
neeeii  testaments  ja  jünger  ist  als  der  tezt  des  Frisingensis.  der  grund 
dieser  übereiBStimmung  ist  einfach  der  von  mir  sattsam  erwiesene  um- 
stand, dass  Hieronymus  seiner  bearbeitung  einen  tezt  zu  gründe  gelegt 
hat,  welcher  mit  dem  des  Fris.  in  sehr  naher  Verwandtschaft  steht. 
vgL  meine  Italafr.  s.  62  ff.  *  ich  habe  hier  deshalb  auf  dieses  ver* 
hiltBis  kein  gewicht  gelegt,  weil  für  die  abweichung  zwischen  B 
und  C  auch  noch  andere  grfinde  denkbar  sind.  vgl.  meine  Italafr. 
e.  22  ff. 


718  LZiegler:  audiatur  et  altera  pars  [gegen  JNOtt]. 

ttberflüssigen  worte  ersparen  können ,  wenn  er  die  betreffende  be- 
merkung  mit  etwas  mehr  ruhe  und  Überlegung  gelesen  hStte. 

Wie  steht  es  nun  mit  der  ^entziebung  des  fundaments  meiner 
anklage'  ?  wie  steht  es  mit  dem  nachweis  der  ^formellen  schwftcbe 
und  haltlosigkeit',  der  'innerlichen  hohlheit  und  Unwahrheit'  meiner 
antikritik?  fliegen  nicht  alle  diese  pfeile  auf  den  schlitzen  znrOck? 

Die  nachfolgenden  sätze  kann  ich  etwas  kürzer  behandeln ,  da 
sich  die  leser  nach  dem  vorausgegangenen  doch  schon  ein  arteil 
bilden  können,  s.  430  z.  20  vo.  spricht  Ott  zu  meiner  bemerkung 
B.  88  f.  der  lat.  bibelübers.  folgende  yerdftchtigung  gegen  mich  aus : 
'charakteristisch  fdr  die  hierbei  beobachtete  kampfesweise  ist,  dasz 
Z.  auch  nicht  für  einen  einzigen  der  bestrittenen  sfttze  den  fundort 
angibt,  er  hat  hierzu  auch  guten  grund:  denn  schon  ein  flüchtiger 
vergleich  meines  teztes  mit  den  anf&hrungen  desselben  genügt,  um 
die  Sophisterei  seines  Verfahrens  zu  durchschauen.'  dagegen  bemerke 
ich ,  dasz  ich  in  meiner  ganzen  schrift  genau  den -fundort  aller  ange- 
griffenen sfttze  verzeichnet  habe,  in  der  betreffenden  anmerkong 
s.  88  ist  eine  solche  angäbe  unterblieben  aus  dem  einfachen  gründe, 
weil  dieser  ganze  abschnitt  III  9  gegen  Otts  recension  in  den 
Jahrb.  gerichtet  ist  und  am  anfange  desselben  (s.  77,  2)  der  fondort 
schon  angegeben  war.  ein  genaueres  citieren  des  nur  mehrere  selten 
umfassenden  aufsatzes  hielt  und  halte  ich  für  überflüssig. 

Die  Sätze,  welche  meine  'Sophisterei'  nachweisen  sollen,  ent- 
halten wieder  die  gewöhnlichen  misverst&ndnisse  und  ungenaoig- 
keiten.  ich  hatte  (Italafr.  §  25  ff.)  auf  grund  der  identitftt  von  BC^ 
also  des  Freisinger  textes  mit  Augustinus-Capreolus ,  den  officiellen 
gebrauch  des  Ereisinger  teztes  an  den  bischofssitzen  zu  Hippo  and 
Karthago  nachgewiesen,  obwol  nun  dieser  nachweis  mit  der  an- 
nähme der  identitftt  von  BC  steht  und  fllllt,  und  obwol  Ott  diese 
identitftt  bestreitet,  schreibt  er  doch  in  seiner  recension  s.  192:  ^Z. 
weist  s.  25 — 30  nach,  dasz  an  den  beiden  bischofssitzen  in  Karthago 
und  Hippo  die  gleiche  lateinische  bibel  im  gebrauch  gewesen  sei ,  er 
nennt  diesen  gebrauch  einen  «offlciellen»,  diese  bibel  war  die  Itala. 
damit  stimme  ich  vollkommen  überein ,  nur  verbieten  mir  philolo* 
gische  gewissensscrupel  darunter  die  «in  Italien  entstandene»  über- 
setztmg  zu  verstehen.'  diese  annähme  der  folgerung  trotz  der 
leugnung  der  prftmisse  nannte  ich  eben  unlogisch,  dasz  nun  aber 
femer  dieser  mein  nachweis  des  officiellen  gebrauchs  mit  dem  satte 
Otts  'die  Itala  sei  die  bibel  der  kirchlichen  gemeinde  and  litor- 
gischen  präzis  in  Africa'  in  Zusammenhang  gebracht,  dasz  also  hier 
mein  satz  'zu  einer  mir  fremden  deutung  aufgebauscht  worden  ist*, 
das  zeigt  trotz  der  entgegenstehenden  behauptung  Otts  und  trotz 
des  zu  hilfe  gerufenen  'alinea'  der  Wortlaut  in  uinzweifelhaffcer  weise. 
Ott  schreibt  nemlich  s.  192  z.  24  vo. :  *da8  möge  noch  ausdrücklidi 
constatiert  sein,  dasz  Z.  für  seinen  Italatezt « officiellen»  Charakter^ 


^  ich  bemerke,  dasz  ich  nar  von  einem  officiellen  'gebraneh*  spreche. 


LZiegler:  audiatur  et  altera  pars  [gegen  JNOtt].  719 

in  ansprach  nimt,  den  er  der  Itala  sonst  kategorisch  abspricht'  nun 
beginnt  ein  neuer  absatz  mit  den  werten :  *Itala  ist  also  die  officielle 
lateinische  bibel  oder,  wie  ich  mich  bestimmter  aasgedrückt  habe 
(Jahrb.  1874  s.  769)  «die  bibel  der  kirchlichen  gemeinde  and  litur- 
gischen praxis  in  Africa».'  ist  nicht  die  Verknüpfung  dieser  sStze 
und  deren  allmähliche  Steigerung  ganz  deutlich  zu  ersehen?  and 
wenn  dies  der  fall  ist,  auf  wessen  seite  ist  dann  die  'Sophisterei'  zu 
finden? 

Aus  den  nachfolgenden  stttzen  hebe  ich  nur  noch  6inen  heraus, 
s.  432  sagt  Ott,  dasz  von  mir  aus  ^naheliegenden  gründen'  nicht  ge- 
schlossen worden  sei,  dasz  Augustinus  seine  Itala  erst  auf  africa- 
nisehem  boden  kennen  gelernt  habe,  die  gründe,  welche  mich  dazu 
bestimmten,  sind  allerdings  'naheliegend',  aber  in  ganzanderm  sinne, 
als  Ott  glauben  machen  will,  sie  sind  nemUch  in  meinem  buche 
über  die  lat.  bibelübers.  s.  21  ff.  sehr  ausführlich  auseinandergesetzt, 
für  leser,  welchen  dieses  buch  nicht  zu  geböte  steht,  bemerke  ich 
dasz  hier  nachgewiesen  ist,  dasz  vor  der  zeit  des  Augustinus  in  Africa 
ganz  andere  Übersetzungen  im  gebrauch  waren  (s.  28 — 53),  dasz  fer- 
ner die  bibel  des  Augustinus  mit  den  in  Italien  verbreiteten  tezfcen  in 
sehr  enger  Verwandtschaft  steht  (s.  53  ff.),  und  dasz  aus  dem  leben 
dieses  kirchenlehrers  dargethan  worden  ist,  dasz  er  die  bibel  in  Ita- 
lien, also  wol  auch  nach  einem  italischen  texte  studiert  hat  (s.  57  f.). 
allerdings  hatte  Augustinus,  wie  ich  selbst  nachgewiesen  habe  (Italafr. 
8.26),  in  Italien  bei  seinen  schriftstellerischen  arbeiten  eine  fehler- 
hafte handschrift  zur  band,  aber  es  war  eine  handschrift  derselben 
Übersetzung,  deren  er  später  in  Africa  sich  bediente,  dies  zeigt 
neben  der  groszen  Übereinstimmung  der  parallelstellen  besonders 
noch  der  umstand,  dasz  Augustinus  selbst  seine  in  Africa  benutzten 
hss.  als  Codices  eiusdem  interpretationis  bezeichnet  hat  (retract. 
I  7,  2  und  3).  das  sind  nun  freilich  'naheliegende'  gründe,  und  es 
wäre  wol  gut  gewesen,  wenn  Ott  dieselben  nicht  verschwiegen  hätte. 

Hiermit  will  ich  die  reihe  meiner  berichtigungen  schlieszen. 
dabei  bemerke  ich  ausdrücklich,  dasz  es  mir  durchaus  nicht  darum 
zu  thun  war,  meine  von  Ott  bestrittenen  sätze  neuerdings  zu  be- 
weisen, nachdem  meine  arbeiten  in  den  weitesten  kreisen  eine  so 
erfreuliche  aufnähme  und  Zustimmung  gefunden  haben,  und  nachdem 
besonders  die  Identität  von  BC  von  männem  als  evident  anerkannt 
worden  ist,  welche  mit  ehren  im  dienste  der  Wissenschaft  grau  ge- 
worden sind,  kann  mir  die  zustinmiang  Otts  gleichgültig  sein,  mir 
war  es  hier  nur  darum  zu  thun,  die  methode  eines  kritikers  zu  be- 
leuchten,  der  bald  'aus  persönlichem  gründe  die  feder  ergreift,  auch 
wenn  sich  seine  studien  nicht  mit  der  zu  besprechenden  sache  be- 
rühren' (Jahrb.  1877  s.  185),  bald  'in  der  hast  der  ausarbeitung  und 
im  drang  der  gesohäfte'  (oben  s.  553)  sich  die  sonderbarsten  ver- 
sehen zu  schulden  kommen  läszt  und  obendrein  eine  spräche  führt, 
welche  eine  antwort  fast  unmöglich  macht. 

MOhohbn.  Leo  Zibglbb. 


720  Philologische  gelegenheitfischriften. 

(35.) 

PHILOLOGISCHE  GELEGENHEITSSCHBIFTEN. 


Angsbarg  (stadienanstalt)  Johannes  Mahl:  symbolae  ad  rem  scae- 
nicam  Acharnensium  Aviamqae  Aristophanis  fabalamm  accoratins 
cognoscendam.   Pfeiffersche  baohdrnckerei.    1879.    59  s.  gr.  8. 

Berlin  (Joachimsthalsches  gymn.)  Paul  Stengel:  qaaeationes  saeri- 
ficales.  Drägersche  buchdruckerei  (verlag  von  8.  Calyary  u.  oomp.). 
1879.  30  s.  gr.  4.  —  (univ.,  lectionskaUlog  winter  1879/80}  Johannes 
Vahlen:  de  versibus  nonnuUis  vetemra  poetarum  Romanomm  apnd 
Ciceronem.    typis  academicis.    15  s.    gr.  4. 

B  rann  schweig  (gymn.  Martino-Catharineam}  C.  Th.  Orav  anhörst: 
die  entwicklangsphasen  des  religiösen  lebens  im  hellenischen  alter- 
tum.    druck  von  J.  H.  Meyer.    1879.    17  s.    gr.  4. 

Dorpat  (nniv. ,  zar  Stiftungsfeier  12  dec.  1878)  Eugen  Petersen: 
über  die  preisrichter  der  gproszen  Dionysien  su  Athen,  draok  tou 
Schnakenbnrg.  25  s.  gr.  4.  -^  (diss.)  Johannes  La&4k:  obser- 
vationes  rhetoricae  in  Demosthenem.    Petersburg  1878.    37  a.   lex.  8. 

Halle  (uniy.,  lectionskatalog  winter  1879/SO)  Henrici  Keilii  oratio 
de  Friderici  III  electoris  Brandenburgici  in  universitate  Halenti 
condenda  consiliis  d.  XXII  m.  Martii  habita.  druck  von  Hendel. 
8  s.  gr.  4.  —  (lat.  hauptschule)  Christian  Muff:  antik  und  modern, 
ein  Vortrag,    verlag  von  R.  Mühlmann.    1879.    48  s.    8. 

Hamburg  (Johanneum,  zum  50jährigen  doctorjubiläum  von  Johannes 
Classen  2  sept.  1879)  Franclsci  Eyssenhardtit  epistula  urbica. 
druck  von  Meissner.    10  s.    gr.  4. 

Heidelberg  (gymn.)  W.  Behaghel:  geschichte  der  anffassang  der 
Aristophanischen  Vögel,  zweite  abteilung.  druck  von  O.  Mohr. 
1879.    30  s.   gr.  4.     [die  erste  abteilung  erschien  ebd.  1878.] 

Hernais  (k.  k.  staatsgymn.)  Carl  Zlwsa:  die  eurjthmische  technik 
des  Catullus.  verlag  von  C.  Konegen  in  Wien.   1879.  29  s.  lex.  8. 

Königsberg  in  Pr.  (Wilhelms -gymn.)  Anton  Viertel:  die  wieder- 
Auffindung  von  Ciceros  briefen  durch  Petrarca,  eine  philologisch- 
kritische  Untersuchung.  Hartungsche  verlagsdruckerei.  1879.  44  s. 
gr.  4. 

Laubaeh  (gymn.  Friderieianum)  Karl  Wetzell:  beitrage  zn  dem 
gebrauche  der  partikeln  bei  Antiphon,  druck  der  'deutschen  Reiehs- 
post'  in  Frankfurt  am  Main.    1879.    37  s.  gr.  4. 

Lyck  (gymn.)  Friedrich  Bahnsch:  des  Epikureers  Philodemus 
Schrift  ircpl  crmciuiv  kqI  omcitiiccuiv.  eine  darlegung  ihres  ge- 
dänkengehalts.   verlag  von  Emil  Wiche.    1879.   38  s.   gr.  8. 

Mainz  (gymn.)  Alexander  Drescher:  quaestionnm  de  AristophaAts 
Ranis  pars  prima,    druck  von  H,  Prickarts.    1879.   20  s.  gr.  4^ 

Marburg  in  Hessen  (gymn.)  Philipp  Braun:  beitrüge  zur  lehre  vom 
griechischen  pronomen.  6b€  und  oGtoc  bei  Aeschylns.  aniy.>hach- 
druckerel  (R.  Friedrich).    1879.   36  s.    gr.  4. 

Merseburg  (domgymn.)  Otto  Friedel:  de  philosophomm  graeeomm 
studüs  Homericis.    1879.    28  s.    gr.  4. 

Pforta  (landesschule)  Illustri  ac  venerabili  soholae  regiae  Misaieasi 
novarum  aedium  Urnen  felicissimis  auspiciis  intranti  rkal.  luHU] 
lubentissimis  animis  congratulantur  faustaqne  omnia  impreeaatar 
soholae  Portensis  rector  et  praeoeptores.  druck  von  Sieliag  in 
Naumburg.  1879.  31  s.  lex.  8.  [Inhalt:  de  Horatii  oara.  m  25 
scr.  Theodorus  Pluess  (s.  3 — 8J  —  beobachtungen  fiber  die  be* 
nutsung  des  Verrius  Flaccus  von  Gustav  Kettner  (s.  9—31).] 


ERSTE  ABTEILUNG 

FUß  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HKBAUaOBGBBBH  VON  AlPRBD  FLBOCmSBK. 


9f. 

DIE  V0ES0KEATI8CHE  PHILOSOPHIE. 


Wer  sich  mit  der  yorsokraiischen  {ftiüosophie  der  Hellenen  aoa 
den  quellen  ntther  yeriraat  madit,  dem  kann  die  wahmefamong  nioht 
entgeiien,  wie  wenig  die  daratellang  derselben  in  onsem  lehrbttohem 
der  geeeUehte  der  philosophie  sich  mit  der  historischen  Wahrheit  im 
einklang  befindet;  besonders  gilt  dies  gerade  Ton  dem  angesehe&r 
sten  nnier  ihnen,  die  gegenwärtige  nntersachong  hat  sum  siel  dies 
nachsnweisen  und  damit  die  berichtigang  der  falschen  darsteUangen 
ansnbahnen. 

Einen  nicht  geringen  teil  der  schuld  an  der  entstellong  trftgt 
HegeL  obwol  diesem  das  hohe  yerdienst  nioht  abgesprochen  werden 
kann,  eine  geistvollere  auffassung  und  behandlung  der  geschiohte 
der  Philosophie,  ab  bis  dahin  hersohend  war,  begrttndet  su  haben, 
ao  hat  er  doch  auch  eine  fiUschnng  der  yorsokratbchen  lehren  da- 
doreh  bewirkt,  dasz  er  in  dieselben  seine  eignen  philosopheme  hinein- 
getragen, indem  Hegel  in  der  entwicklung  seines  sjstems  yon  dem 
reinen  abetracten  sein  ausgieng,  erkannte  er  allerdings  gans  riohtig, 
daes  dasselbe  yon  dem  Eleaten  Parmenides  in  voller  klarheit  er&sxt 
nnd  dargestellt  worden  ist;  aber  darin  irrte  er  grObUch,  dass  er 
eeiiie  bekannte  dialektik  zur  logik  der  geschichte  machte  und  meinte, 
wie  in  seinem  handbuch  das  abstracte  sein  in  nichts  umschlägt  und 
dann  beides  sich  zum  werden  vereinigt,  so  sei  naoh  dem  abstraeten 
aein  des  Parmenides  anoh  von  H er ak  leite s  das  werden  als  das  ab- 
aolitCe  aufgestellt  worden,  dabei  stütste  er  sich  auf  einen  vermeint- 
Uoken  Herakleitischen  aussprach,  welcher  diese  Vereinigung  des  seins 
Q&d  nichts  klar  ausdrOcke :  tö  öv  oübiv  ^oXXov  tcn  toO  Mf|  dvroc. 
aber  H^el  sagt  nicht,  woher  er  wisse  dasz  Herakleitos  dies  ausge- 
sprochen habe ;  nach  Aristoteles  metaph.  I  4  war  es  ein  ausspruch 
der  atomiker  Leukippos  und  Demokritos,  also  gerade  deijenigen 

Jahrbttcher  Ar  datt.  philol.  1S79  hf  1. 11.  46 


722  AGladiflch :  die  yorsokratifiche  philosophie. 

Philosophen  welche  das  werden  anf  das  bestimmteste  leugneten«  diese 
lehrten :  das  nichtseiende,  das  leere,  ist  ebenso  sehr  wie  das  seiende, 
das  volle,  die  atome;  wobei  sie  beides  getrennt  neben  einander  be- 
stehen, nicht  aber  zu  einem  dritten,  dem  werden,  sich  vereinigen 
lieszen.  also  hat  das  werden ,  welches  Hegel  zum  princip  der  Hera- 
kleitischen Philosophie  erhob,  in  der  Überlieferung  gar  keinen  boden, 
sondern  schwebt  wirklich  rein  in  der  lufi  aber  noch  schlimmeres 
widerHihrt  unserm  philosophen  beim  hineintragen  seiner  dialektik 
in  die  geschichte.  er  hat  es  unterlassen  sich  vorher  die  frage  vor- 
zulegen und  darüber  gewisheit  zu  verschaffen,  ob  denn  das  abstraete 
sein  des  Parmenides  auch  wirklich  das  frühere  und  das  werden  des 
Herakleitos  das  spfttere  sei,  und  diese  frage  wird  von  der  glaubwür- 
digsten Überlieferung  verneint,  indem  Parmenides  selber,  wie  Ber- 
nays  (rhein.  museum  VII  s.  114  ff.)  überzeugend  nachgewiesen  hat, 
in  mehreren  versen  seines  philosophischen  gedichtes  die  lehre  des 
Herakleitos,  des  frühem,  mit  schKrfe  tadelt  und  verwirft,  so  steht 
es  mit  der  Hegeischen  auffassung  der  Herakleitischen  philosophie. 
dennoch  fährt  Zeller  in  seiner  ^philosophie  derOriechen'  (I^  s.  585  ff.) 
fort  nicht  der  historischen  Wahrheit  gem&sz  das  iriip  äciluiov  (mit 
dem  selbstverstftndlich  nicht  die  flamme  gemeint  ist) ,  sondern  den 
metaphysischen  satz  vom  flusz  aller  dinge  (so  benennt  er  jetzt  das 
Hegeische  werden)  als  das  prindp  der  philosophie  des  Epheaiers 
darzustellen,  so  vertraut  ist  er  mit  dem  innem  Seelenleben  des 
Philosophen,  dasz  er  weisz,  der  metaphysische  satz  habe  in  der  seele 
desselben  'durch  eine  unmittelbare  Wirkung  der  einbildongsknift' 
sich  zum  feuer  gestaltet,  und  zwar  sei  der  metaphysische  satz  im 
bewustsein  des  Herakleitos  der  behauptung,  alles  sei  fener,  *niebt 
vorangegangen'  (s.  586  anm.  1),  sondern  gleichzeitig  habe  das  statt- 
gefunden,  dabei  ist  es  um  so  auffallender,  dasz  Zeller  gerade  den 
von  Hegel  erfundenen  metaphysischen  satz  und  nicht  das  nrkond- 
liehe  irup  dciZuJOV  (fr.  25  Mullach)  voranstellt  die  angefUute  nadi- 
Weisung  durch  Bemays  und  deren  erweiterte  begrflndang  darch 
ABchuster  wird  von  ihm  s.  670  f.  natürlich  aus  allen  kräften  be- 
stritten. 

Nicht  minder  hat  Hegel  bei  Anaxagoras  die  entstellong  der 
historischen  Wahrheit  veranlaszt.  indem  er  nemlich  dessen  lebre  vom 
vöoc  ganz  unrichtig  auffaszt  und  ihm  das  philosopfaem  seines  eignen 
Systems  unterschiebt,  dasz  *der  gedanke,  der  gedanke  an  sich'  das 
Wesen  der  dinge  sei ,  läszt  er  diesen  mittels  seiner  dialektik  in  das 
subjective  denken  umschlagen,  und  die  ganze  schar  der  Sophisten 
entsteht  und  verbreitet  in  Groszgriechenland  und  Hellas  ihre  ver- 
derblichen lehren,  nach  der  Überlieferung  hat  die  sophistik  gar  keine 
berührung  mit  Anaxagoras ,  sondern  wurzelt  schon  gleich  bei  Gor- 
gias  *dem  vater  der  sophistik'  in  der  eleatischen  philosophie,  in  dem 
pf)  öv  des  Parmenides*;  nur  Protagoras  hat  seine  lengnong  der  er- 


'  8.  PlatODs  Sophistes,  bes.  241'  nnd  Aristot.  metaph.  Y  i. 


AQladisch:  die  TonokraiUche  philoaopfaie.  723 

kenniDis  dürcb  die  Herakleiiische  lebre  begründet;  aber  um  die 
aberlieferung  bekümmerte  Hegel  sieb  niobt.  der  Hegeischen  dia- 
lektik  gemKsz  scblieszt  nun  auch  Zeller  die  sopbistik  unmittelbar 
an  Anaiagorae  an,  ungeachtet  er  s.  937  selber  einräumt:  *Ton  kei- 
nem Sophisten  ist  uns  bekannt,  dasz  er  ausdrücklich  an  die  Anaxa- 
goriscbe  lebre  anknüpfte/  und  dem  beispiele  Zellers  folgen  die 
meisten  lehrbücher  der  geschieh te  der  philosopbie;  ja  in  Überwegs 
grundrisz  ist  es  schon  nicht  mehr  Sokrates  der  eine  neue  epoche 
begründet,  sondern  die  Sophisten  sind  es;  die  vorsokratische  philo- 
sopbie ist  hier  zur  vorsophistischen  geworden ,  und  Sokrates  steht 
hinter  den  Sophisten  in  zweiter  linie.  was  würde*  wol  Piaton  dazu 
sagen? 

Wol  mag  es  philosophen  wie  Hegel,  welche  selbst  begründer 
eines  geistvollen  Systems  sind ,  schwer  fallen  in  der  behandlung  der 
geechiohte  der  philosopbie  die  erforderliche  parteilose  Stellung  zu 
behaupten  und  der  Versuchung  zu  widerstehen,  die  eignen  philoso- 
pheme  in  die  geschichte  hineinzutragen,  daraus  wird  es  erklärlich, 
dasz  unserm  groszen  philosophen  schon  im  altertum  ein  noch  weit 
grüszerer,  Aristoteles,  in  der  entstellung  des  historischen  vorange- 
gangen ist.  wir  haben  bei  Aristoteles  metaph.  I  3  f.  den  ersten  ver- 
such  vor  uns ,  die  geschichte  der  philosopbie  als  ein  stufenmäsziges 
fortschreiten  des  erkennens  zu  begreifen,  indem  er  hier,  ganz  ähn- 
lich wie  Hegel,  in  der  frühem  philosopbie  seine  vier  metaphysischen 
prindpien  nachzuweisen  untemimt,  läszt  er  das  stoffliche-  prindp  in 
nachstehender  Stufenleiter  auftreten:  zuerst  stellt  Tbales  das  wasser 
als  den  urstoff  aller  dinge  auf;  dann  Anaximenes  und  Diogenes  von 
Apollonia  ein  feineres,  die  luft;  dann  Herakleitos  das  feinste,  das 
feuer;  darauf  Empedokles  die  vier  demente,  indem  er  den  genann- 
ten elementen  die  erde  hinzufügt;  endlich  Anazagoras,  als  Vollender 
der  scala,  unzählige  urstoffe.  wir  wollen  jetzt  die  Stufenleiter  näher 
betrachten. 

Was  zuerst  Thaies  betrifft,  so  ist  dem  Aristoteles  nicht  be- 
kannt, dasz  er  seine  bebauptung  irgendwie  begründet  habe;  Aristo- 
teles vermutet  blosz  wie  er  zu  der  bebauptung  gekonunen  sei: 
4  Xaßdiv  Tcujc  Tf|v  öiröXTmiiv  ^k  toö  irdvrwv  öpäv  Tf)V  Tpoq)f|v 
ÖTpäv  oOcav  xal  aörö  tö  OcpM^v  bn  toütou  t^Tvömcvov  kqI  TOÜTip 
Z&v  TÖ  b*  tt  oö  t'TVCTQi,  toOt'  dcilv  dpx^  irävTWV  usw.  was 
Aristoteles  hier  als  seine  persönliche  Vermutung  ausspricht,  wird 
dann  von  den  spätem  als  die  reflexion  des  Thaies  selbst  wieder- 
gegeben, das  einzige  sichere,  das  man  von  der  philosopbie  des 
Tbales  wüste,  ist  der  ausspruch:  dpxfj  Trdvrujv  Sbujp,  und  was 
Aristoteles  diesem  aussprach  hinzufügt:  biö  Kai  Tf|V  fffv  iq>' 
OboTOC  äTreqtrjvaTO  cTvat.  dieses  wenige  ist  aber  auch  ausreichend, 
um  das  richtige  Verständnis  seiner  bebauptung  zu  gewinnen,  wenn 
Thaies  den  ausdruck  dpx^j  gebrauchte,  so  hatte  dieser  in  seinem 
munde  unstreitig  noch  nicht  die  bedeutnng  welche  Aristoteles  ihm 
beilegt,  sondern  nur  die  gewöhnliche  bedeutung  ^anfang';  die  philo- 

46* 


724  AOladiBch:  die  Tonokratiache  pliilOBOphie. 

Qyl  sophisj^he  bedeutung  ist  dem  worie  erst  von  Aristoteles  in  seiner 
philosophischen  terminologie  gegeben  worden,  daher  hat  denn  anch 
Cicero  de  nai»  deor,  I  10,  25  die  behaaptung  des  Thaies  gans  richtig 
wiedergegeben:  aquam  dmt  esse  initium  renim\  nur  was  erhinxn- 
setat  deum  autem  eam  mentem^  quae  ex  aqua  cunäa  finffsrd  ist 
Ciceros  znthat.  dasz  die  behaaptung  des  Thaies  diesen  sinn  hatte, 
im  anfang  sei  alles  unter  wasser  gewesen,  wird  durch  die  mit  ihr 
verbundene  angäbe  beglaubigt,  er  habe  deshalb  (biö)  gesagt,  daas 
die  erde  auf  dem  wasser  schwimme:  denn  diese  ann^bme  liees  sich 
doch  nicht  damit  begrttnden,  dasz  das  wasser  das  urwesen  aller 
dinge  sei;  sie  War  aber  wolbegründet,  wenn  er  meinte,  sie  sei  aus 
dem  wasser  emporgetaucht,  dazu  kommt  als  offenbare  bekräftigong 
die  gleichzeitige  meidung  des  Aristoteles,  dasz  manche  meinten, 
schon  jene  seien  der  ansieht  des  Thaies  gewesen,  welche  Okeanos 
und  Tethys  zu  urhebem  der  Schöpfung  machten:  denn  niemand 
wird  dem  Homerischen  verse  'QKeavoO,  6cit€p  t^vecic  nävxccci 
T^TUKTai  den  sinn  beilegen  wollen,  dasz  Okeanos  das  urwesen  aller 
dinge  sei.  kurz,  Thaies  erscheint  als  der  gelehrteste  unter  den  sieben 
weisen,  indem  er  mit  der  praktischen  Weisheit  manche  von  seinen 
Zeitgenossen  bewunderte  astronomische  und  physikalische  keantnisse 
Tereinigte;  aber  in  die  Aristotelische  scala  gehört  er  nicht  ja  er 
wflrde  selbst  dann  nicht  hinein  gehören,  wenn  das  unglaubliche  statt- 
fände, dasz  er  den  ausdruck  dpXH  im  AJistotelischen  sinne  gebrancht 
h&tte.  was  würde  ans  der  geschiohte  der  philosophie  werden,  wenn 
man  jedem,  der  einen  solchen  ansspruch  thut,  ohne  ihn  zu  begrün- 
den ^  eine  stelle  in  ihr  einr&umen  wollte! 

Wir  wenden  uns  jetzt  zu  Anaximenes  und  dem  von  Aristo- 
teles ihm  beigesellten  Diogenes  von  ApoUonia  und  zu  Hern* 
kl  ei  tos.  diese  haben  allerdiüigs,  die  beiden  «rsteren  die  loft,  Hera* 
kleitos  das  feuer,  für  das  urwesen  aller  dinge  erklttrt;  aber  es  ist  an- 
wahr,  dasz  sie  mit  der  luft  und  dem  feuer  die  so  benannten  demente 
gemeint;  unwahr,  dasz  gegen  die  luft  Herakleitos  das  feuer  als  ein 
feineres  erkannte  und  darum  zum  princip  erhob,  das  wahre  ist 
vielmehr,  dasz  sie  (nicht  den  urstoff,  sondern  gott  suchend)  das  ur- 
wesen als  ein  geistiges  wesen  sich  dachten,  abw  noch  nicht,  wie 
Anazagoras,  als  reinen  unkörperlichen  geist  zu  fassen  vermochten, 
sondern  als  ein  feinstes  fttherisches  wesen  sich  vorstellten,  welches 
in  seiner  höchsten  lauterkeit  in  den  obem  rftumen  des  himmels,  im 
irepiexov,  seinen  sitz  habe,  die  weit  ^enke  und  durch  verdichtnng 
alle  dinge  hervorbringe  und  durch  Verdünnung  wieder  vernichte,  es 
ist  eine  den  genannten  philosophen  gemeinsame  vorstellnng,  nieht 
erst  des  Diogenes  von  Apollonia  und  Herakleitos,  sondern  andi  schon 
des  Anaximenes,  wie  ans  folgendem  brudistück  seiner  schrill  er- 
hellt': olov  f|  i|iuxf|  f|  i\ix€T4f>a  dj|p  oSca  cuTKpaTci  fmfic,  icod  fiXov 


'  bei  psdudo-Plutaroh  de  plao.  phil.  I  S,  6  und  Stehaios  ekL  phye, 

1  8.  xse. 


AGladiich :  die  TonokratiBcli«  pfailotopbie.  735 

tAv  köc^ov  iTV€C)iia  Kai  äfjp  ircpi^x^i.  da  Anazimenes  das  Txrwesen 
mit  der  TemOnftigen  seele  identificierte,  so  muste  notwendig  aooh 
er  es  schon  als  mit  Temonft  begabt  eich  denken;  von  seinem  an- 
hfiager  Diogenes  von  Apollonia  wird  dies  dem  Anaxagoraa  gegen- 
aber  nnr  stttrker  hervorgehoben;  namentUeh  geschieht  dies  in  dem 
bmohstflck  bei  Simplikios  zu  Aristot.  physik  fol.  83*  Kai  )XOi  boK^et 
t6  Tf|v  vÖTiciv  i%oy  elvai  ö  &i\p  KaXeö^evoc  önd  tu»v  ävOpdmuiv 
Kai  ötrö  TOUTOu  ndvTa  KußepvfiMat  Kai  ndvriuv  KpaT^ctv  *  dnö  t&p 
}io\  TOUTOU  boK^ei  vöoc  elvai  Kai  ^ttI  nfiv  dcptxOai  koI  ndvra  bio- 
TtMvat  Kttl  iw  iravTl  £v€ivai.  auch  das  nrwesen  des  Herakleitos  ist 
nichts  anderes  als  dieses  n^pxiyioy  q>p€vf)p€C,  der  sitz  des  fttherisohen 
Zeus  (fr.  35),  die  fvib}kr]  i^TC  oIOKiZei  ndvTa  bid  irdvTUiv  (fr.  55). 
dasz  er  dieses  nrwesen  auffbllender  weise  gerade  als  irOp  bezeich- 
nete, liszt  sich  ans  der  bedentnng  des  wertes  in  der  griechischen 
Sprache  nicht  erklftren,  wol  aber  aus  der  Zoroastrischen  religion ,  in 
deren  gebiet  er  lebte,  nm  dies  klar  zn  machen,  musz  ich  notwendig, 
weil  es  sich  um  einen  für  unsere  Untersuchung  nicht  gieichgttltigen 
punct  handelt  und  zugleich  zum  bessern  TersUbidnis  der  Herakleiti- 
schen lehre  und  ihrer  geschichtlichen  Stellung  beitragen  wird ,  hier 
die  folgende  kleine  episode  einschalten. 

Die  wichtigste  und  sicherste  Urkunde  der  Zoroastrischen  reli- 
gion ist  der  mit  acht  weiszen  nis&ischen  rossen  bespannte  heilige 
wagen ,  welchen  die  Perserkönige  Xerxes  und  Dareios  Kodomannos, 
der  entere  auf  dem  feldzug  gegen  die  Hellenen  (Herod.  YII 40),  der 
letztere  auf  dem  feldzug  gegen  Alezandros  (Curtius  HI  7),  mit  sich 
fUirten.  zu  diesem  hat  unlängst  Schliemann  den  commentar  an  der 
stitte  des  alten  Troja,  die  einst  lange  unter  persischer  herschaft 
stand,  aus  der  erde  gegraben,  danach  wurde  an  dem  heiligen  wagen 
die  lehre  Tcranschaulicht,  dasz  in  gleicher  weise,  wie  bei  dem  sich 
drehenden  rad  in  fortwährendem  Wechsel  das  unten  zum  oben  und 
das  oben  zum  unten  wird,  alles  in  der  weit  sich  in  einer  unaufhOr- 
liehen  bewegnng,  in  einem  unaufhörlichem  Umschwung  befinde.' 
da  das  Würfelspiel  eine  ähnliche  veranschaulichung  darbietet ,  so  er- 
seheint auch  die  erzählung  des  Laertios  Diogenes  ES  3  beachtens- 
wert, nach  welcher  Herakleitos  in  dem  heiligtnm  der  ephesischen 
Artemis  mit  den  knaben  würfelte  (i^TpatdXiCe)  und  zu  den  sich  um 
ihn  stellenden  Ephesiem  sagte:  ri,  i&  KdKicTOi,  Oou^dZcTC;  i^  OÖ 
Kpctrrov  TOUTo  noicTv  fi  ficG'  ö^iliv  TToXtTCvccOat ;  doch  erblickte 
der  Ephesier  die  beste  yersinnlichimg  der  beständigen  bewegung 
aller  ^ge  in  dem  flieszenden  wasser,  wie  Piaton  sagt  (Krat.  402*): 
Xiy€\  irou  'HpdKXeiTOc,  ön  TtdvTa  x^P^^  ^ai  oöbiv  fi^vct,  Kai  irora- 
|ioO  ^krt}  diretiodZuiv  Td  dvTa  \iytx ,  die  6lc  cic  töv  outöv  iroTOfiöv 
oSk  &v  IpßaiifC.  indessen  ist  es  sehr  begreiflich,  dasz  die  Zoroastri- 
schen tbeologen  die  Tersinnlichung  durch  den  wagen  oder  das  wagen- 


'  rgl.  die  daytteUiisg  der  Zoreastrisohen  tbeologen  bei  Dien  Chrjrsost. 
86  8.  9l  f.  Beiske. 


726  AGladisch:  die  vonokratische  philosophie. 

rad  wählten ,  weil  sie  diese  den  gläubigen  überall  vor  aogen  stellen 
konnten,  unter  den  trojanischen  altertümem,  welche  Schliemann 
ans  licht  gezogen  und  in  seinem  atlas  derselben  in  photographischen 
abbildungen  uns  vorlegt,  befindet  sich  eine  sehr  grosze  ansahl 
symbolischer  aus  terracotta  gefertigter  räder.  an  diesen  wird  die 
Schnelligkeit  des  beständigen  Umschwungs  aller  dinge  durch  primi- 
tive Zeichnungen  von  antilopen,  welche  im  Bigveda  das  gespann  des 
Wagens  der  winde  sind ,  auch  durch  hirsche  angedeutet  (nr.  34.  35. 
36.  245).  das  den  Umschwung  bewirkende  ewige  feuer,  welches  in 
dem  zuge  des  Dareios  Kodomannos  durch  die  dem  heiligen  wagen 
vorangetragenen  flammenden  altäre  versinnlicht  wurde ,  ist  auf  den 
trojanischen  rädern  teils  auf  dieselbe  weise  (nr.  272.  273.  275.  279. 
289.  292),  teils  durch  zwei  hölzer  angedeutet,  mittels  deren  reibnng 
die  priester  das  feuer  erzeugten ,  vor  welchem  sie  dem  ewigen  feuer 
ihre  lobgesänge  darbrachten  (nr.  237.  282.  291.  361);  teils  ist  es 
durch  blitze  oder  durch  blitze  mit  donnerkeilen  versinnlicht  (nr.  107. 
124.  125.  160.  356).  die  versinnlichung  des  ewigen  feuers  durch 
blitze  ohne  oder  mit  donnerkeilen  ist  besonders  merkwürdig,  weil 
sie  in  der  auffallendsten  weise  mit  einem  Herakleitischen  fragment 
übereinstimmt,  welches  Hippolytos  refut  haer.  IX  10  anführt,  in- 
dem er  sagt:  Herakleitos  lehre  dasz  alles  in  der  weit  durch  das  feuer 
bewirkt  werde,  XirfiDy  outuic  «rd  hk  irdvra  olaKiZei  KCpauvöc», 
TOUT^CTi  KOTeiiOuver  Kepauvöv  tö  irOp  X^tuiv  tö  aluivtov.  hiernach 
scheint  Herakleitos  in  der  bezeichnung  des  gleichen  urwesens  sich 
der  Zoroastrischen  religion  angeschlossen  zu  haben. 

Wenn  schon  aus  dem  dargelegten  erhellt,  wie  wenig  die  dar* 
Stellung  des  Aristoteles  sich  mit  den  wirklichen  lehren  der  drei  ge« 
nannten  philosophen  im  einklang  befindet,  so  zeigt  sich  der  wider* 
Spruch  noch  greller  darin,  dasz  Herakleitos  in  seinem  tiefem  und 
scharfem  denken  die  Umwandlung  des  urwesens  in  die  dinge  nicht, 
wie  Anaximenes  und  Diogenes  von  Apollonia,  als  eine  blosse  Ver- 
dichtung, sondern  zugleich  als  eine  entzweiung  desselben  mit  sich 
selber  auffaszte ,  daher  den  krieg  den  vater  aller  dinge  nannte  nnd 
lehrte  ndvTa  kqt'  £piv  xivecOai  (fr.  37.  39).  ein  solches  urweeea 
wird  ftlr  das  blosze  dement  feuer  ausgegeben! 

Mit  den  beiden  philosophen,  welche  Aristoteles  auf  Herakleitos 
folgen  läszt,  verhält  es  sich  nicht  besser,  denn  es  ist  unwahr,  daas 
Empedokles  die  vier  demente  in  ihrer  getrenntheit  als  daa  nraa* 
fftngliche  betrachtete,  wie  Aristoteles  angibt,  sondern  nach  seiner  ans 
vor  äugen  liegenden  darstellung  ist  es  der  Sphairos,  die  hüchsta 
gottheit,  die  erst  bei  der  weltschöpfung  in  die  vier  elemente,  welche 
in  ihr  in  vollkommener  Indifferenz  enthalten  waren,  zerrissen  wurde.* 
dennoch  schiebt  Aristoteles,  und  ihm  folgt  darin  Zeller,  dem  Empe- 
dokles die  wunderliche  Vorstellung  unter,  dasz  die  zerrissene  gott- 


^  8.  fr.  175  f.,  daza  Panserbietec  'beitrage  zur  kriÜk  und  erklSraBg 
des  Empedokles'  8.  27  f.    Philop.  in  Aristot.  de  gen.  et  corr.  fol.  6^ 


AGladiach:  die  Torsokratische  philosophie.  727 

halt»  die  ja  doch  ein  früheres,  das  zerreiszende,  voraussetzt,  das  ur- 
aaflüigliche  gewesen  dei.  indessen  berichtigt  Aristoteles  seine  un- 
passende einreihnng  des  Empedokles  in  die  scala,  indem  er  metaph. 
X  4  ihm  das  verdienst  zuschreibt,  dasz  er  nicht  blosz,  wie  Anaza> 
goras,  das  zweite  der  metaphysischen  principien,  fiOev  f|  dpx^l  Tf)c 
xivi)c€uic  und  Si^a  toö  KaXdic  Tfjv  airiav ,  sondern  in  seinen  beiden 
alles  wirkenden  mfichten,  (ptXia  und  veiKOC,  auch  die  erklttrung  des 
vielen  schlechten  in  der  weit  aufgestellt  habe;  und  met.  II  4  nennt 
Ar.  auch  den  Sphairos  die  hOchste  gottheit  (töv  eubai^ov^CTaTOV 
d€Öv)  des  Empedokles.  dagegen  bleibt  Zeller,  die  vollkommene 
richtigkeit  der  scala  nicht  bezweifelnd,  dabei  stehen,  dasz  nach  Em- 
pedokles die  vier  elemente  in  ihrer  getrenntheit  das  ursprüngliche 
seien,  indem  er  (s.  707  u.  708  anm.  1)  nicht  blosz  das  angeführte 
so  klare  zeugnis  des  Aristoteles  über  den  Sphairos,  sondern  auch  die 
erkl&rung  des  Empedokles  selber  zurückweist.^  natürlich  erhftit 
man  daher  ans  dem  Zellerschen  buche  auch  von  der  philosophie  des 
Empedokles  ein  falsches  bild,  ein  solches  das  schon  an  sich  in  der 
angegebenen  weise  entstellt  ist,  imd  bei  dem  zugleich  die  wichtigsten 
und  am  meisten  charakterisierenden  züge  weggelassen  sind,  wir 
haben  hier  die  merkwürdige  thatsache,  dasz  ein  geistvoller  mann, 
hoehgefeiert  als  philosoph,  dichter  und  arzt,  sich  zur  Zauberei  be- 
kennt, diese  thatsache  wird  von  Zeller  nur  in  den  angaben  über  das 
leben  des  philosophen  erwfthnt,  in  der  darstelluug  seiner  weltansicht 
aber  mit  stillschweigen  übergangen,  ungeachtet  sie  mit  dieser  in  der 
engsten  principiellen  Verbindung,  steht,  von  der 'seelenwanderungs- 
lehre  und  was  damit  zusammenhängt'  bemerkt  Zeller  s.  734  gana 
riehtig,  Empedokles  habe  sie  ^aus  der  Orphisch-Pythagoreischen  Über- 
lieferung aufgenommen',  diese  war  aber  nach  Herodotos  II 81  keine 
andere  iJs  die  ägyptische,  so  dasz  Empedokles  seine  ägyptische  lehre 
nicht  erst  aus  Aegypten  zu  holen  brauchte. 

Wenn  Aristoteles  uns  nach  Empedokles  den  Anaxagoras  als 
den  gipfel  seiner  Stufenleiter  vorführt,  so  bereitet  dabei  auch  ihm, 
wie  wir  oben  an  Hegel  wahrgenommen,  der  widersprach  der  Chrono- 
logie gar  keine  Verlegenheit,  vielmehr  sagt  er  selber  ganz  unbefan- 
gen :  'E^irebOKXfic  bk  t&  T^rrapa . .  'AvoEoröpac  bt  6  KXoZop^vtoc» 

TQ  |iiv  flXlKtqi  TtpÖTCpOC  UIV  TOUTOU,  TOIC  b*  fpTOtC  ÖCTC- 

poc,  ditcipouc  clvai  q>?ici  rdc  ipx&c.  denn  dasz  er  mit  rote  £pTOic 
nicht  die  Anaxagonsche  schrift  irepi  q)uceuic  meint,  zeigt  die  form 

*  Zeller  sttgt  ao.:  'als  die  gottheit  hat  ttbrigens  Empedokles  den 
BpbAiros  nicht  beseichnet,  sondern  nur  als  gottheit  .  .  erst  Aristoteles 
nennt  diesen  6  Ocöc;  daraas  folgt  aber  nicht,  dass  ihn  aach  Empe- 
dokles so  genannt  hat,*  aber  die  f  ier  elemente,  in  welche  das  arwesen, 
der  Sphairos,  zerrissen  wird,  werden  in  dem  angeführten  fragment  von 
Empedokles  ansdrfioklich  fula  Ocolo  genannt;  ob  er  dabei  das  wort  Ocolo 
mifc  oder  ohne  artikel  gebraucht,  ist,  da  er  ja  vom  nrwesen  redet,  völlig 

fldehgfiltig.    so  viel  mir  bekannt,  weiss  auch  das  ganse  altertam  von 
einer  andern  bedeutang  des  Rphairos,  als  dass  er  £e  höchste  gottheit 
des  Empedokles  sei. 


728  AGladisch:  die  TorsokraÜBclie  pbüoBophie. 

des  Busdracks  (vgl.  Breier  pfailod.  des  Anazagoras  s.  85).  indesMii 
macht  Aristoteles,  wie  an  Empedokles,  so  auch  an  Anax^pons  in 
glänzender  weise  wieder  gnt  was  er  in  der  scala  gegen  die  geaddehie 
sündigt,  indem  er  bald  darauf  ihn  in  seiner  wahren  bedeutnag  dar- 
stellt and  Ton  ihm  sagt,  dasz  er  mit  seinw  lehre  vom  vöoc  gegen 
die  früheren  wie  ein  nüchterner,  yerstttndiger  nnter  albern  reden- 
den erschienen  sei.  nicht  das  gleiche  thut  Zeller,  welcher  den  Anaza- 
goras  ebenso  wie  den  Empedokles  in  der  falschen  Stellung  festhlUt» 
die  er  in  der  Aristotelischen  Stufenleiter  einnimt.  demgemäsx  will 
er  s.  874  ff.  uns  überreden,  dasz  die  behauptung  unEfthUger  nrstoff» 
den  eigentlichen  bestand  der  lehre  des  Anaxagoras  bilde  and  seine 
bedeutung  in  der  geschichte  der  philosophie  begründe,  indem  der 
vöoc  bei  ihm  nur  den  zweck  habe  die  stoffe  zu  yerbinden  und  m 
trennen,  danach  hätten  wir  hier  ein  räthsel  vor  uns,  wenn  die  er* 
hebende  weltansicht,  durch  welche  Anaxagoras  und  sein  grosser 
Schüler  und  besehützer  Perikles  die  ihnen  zugeschriebene  erhaben- 
heit  des  sinnes  und  Charakters  empfangen  haben  sollen*,  keine  an- 
dere als  die  annähme  unzähliger  urstoffe  gewesen  wäre,  wer  die 
weltansicht  des  Elazomeniers  in  ihrer  wahren  gestalt  kennt,  der 
weisz  dasz  es  die  allerdings  erhebende  lehre  vom  vöoc  ist,  welche 
ihm  seine  bedeutung  und  zwar  eine  sehr  hohe  nicht  bloss  in  der  vor* 
sokratischen  philosophie,  sondern  in  der  philosophie  aller  selten  ver- 
leiht, indem  er  zuerst  den  geist  und  die  materie  von  einander  vOUig 
schied  und  dadurch  die  natur,  sonne  und  mond  nicht  ausgenommen 
(Plat.  apol.  26  ^),  entgötterte  und  zu  einem  gebilde  aus  blosaen  na- 
türlichen sto£fen  herabsetzte,  die  annähme  unzähliger  urstoffe,  in 
welche  die  natur  nach  ihrer  entgütterung  notwendig  zerfallen  muste, 
hatte  also  den  vöoc  zu  ihrer  Voraussetzung,  nicht  aber,  wie  Zelier 
es  darstellt,  zu  ihrer  folge,  dasz  Anaxagoras  den  unendlichen  reinen 
geist  nur  vöoc  benannte,  ist  aus  seiner  Stellung  inmitten  der  grie- 
chischen Vielgötterei  sehr  begreiflich,  niemand  wird  beswMfeln  daas 
Euripides  blosz  die  meinung  seines  lehrers  wiedergab,  wenn  er  in 
einem  seiner  dramen  den  nachstehenden  dialog  einflocht: 

Bcöv  bi  TtoTov  eTiT^  fioi  vot]t^ov; 

Töv  n&v6'  öp(&vTa  koötöv  oöx  öpd)^€vov/ 
in  der  that  fehlt  dem  vöoc  keine  der  entscheidenden  eigensehallen» 
welche  der  deismus  des  alten  testamenta  gott  beilegt,  er  ist  erstens 
ein  reiner  nnkörperlicher  geist,  ohne  gemeinschaft  des  Wesens  mit 
irgend  einem  der  dinge,  in  absolutem  fürsichselbstsein.*  er  istoöro- 

•  1.  PlaUms  Phaidros  270*.  Plntareh  Perikles  e.  4. 6  aa.  bei  ftdieie- 
bach  Anazag.  fraf^m.  s.  17  f.  '  s.  6ehneither  de  Eoripide  phUosepbe 
t.  S7.  *  0.  fr.  6.  aristot.  de  anima  I  fi.  III  4.  Cie.  d*  ml.  dtor,  I  11. 
dass  An&xairorae  in  dem  angefahrten  fragment  dennoch  von  vöoc  aagir 
IcTi  ydp  XfUTÖraTÖv  tc  irdvTUiv  xP^Mditav  Kai  xatepiiiTaTov,  kaaa  «aa 
nicht  befremden,  da  ja  auch  der  gott  des  alten  and  neuen  testaneats, 
y  dessen  uakörporHchkelt  doch  niemand  beaweifelt,  ala  hancb,  wi«0fM« 
/  beaeicfanet  wird,  aneh  daa  buch  der  weieheit  7,  t%  aenat  die  ce^^ 
die  immaterielle,  ein  irvcOfia  vocpöv,  Xcirröv  aaw. 


AOladiBoh :  die  vonokraÜBche  pfailosopbie.  729 

KpdTU>p  dh.  sellmtheTScber  mit  unbesolirSnkter  macht  nach  freiem 
belieben.*  wenn  Zeller  (s.  889  f.  nnd  892  anm.)  dem  vöoc  hanpt- 
sBebHob  deshalb  nicht  volle  Persönlichkeit  zuerkennen  will,  weil 
Anazagoras  lehrt  'dasz  er  allen  thieren,  grosz  nnd  klein,  als 
belebende  seele  inwohne'  '^  so  muss  er  sie  anch  dem  gott  des  sdten 
teetaments  absprechen,  denn  so  redet  der  psalmist  104,  29  f.  im 
hinblick  auf  aÜes  lebende,  davon  'es  wimmelt  ohne  zahl,  thiere 
klein  und  grosz',  ausdrttcklieh  von  gott:  'du  nimst  ihren  odera, 
und  sie  sterben  und  kehren  in  ihren  staub  zurttok ;  du  Ittssest  aus 
deinen  ödem:  sie  werden  erschi^en,  und  du  erneuest  die  gestalt  der 
erde.'  und  das  buch  Hieb  sagt  34, 14  f. :  'wenn  er  auf  sidh  nur  acht 
^be,  seinen  geist  und  seinen  kbenshauch  an  sich  zöge,  es  erblaszte 
alles  fleisch  zumal ,  und  der  mensch  kehrte  in  den  staub  zurück.' " 
merkwürdiger  weise  sagt  Tertullian  de  anima  12  auch  von  Anaxa- 
goras,  dasz  er  den  vöoc  als  die  angel  betrachte,  an  welcher  das  ge- 
samte  leben  der  weit  hange  (unhersitatis  osciBum  ex  üUus  asce  suspen- 
dens),  ferner  ist  der  vöoc  nicht  bloez  der  schCpfer  der  weltordnung, 
die  er  aus  dem  chaos  als  Werkmeister  durch  sonderung  der  stoffis  her- 
Torbringt  (und  die  ganze  physik  des  Anaxagoras  ist,  selbst  nach 
seiner  eignen  aussage  inft,  12,  diese  einfache  chaoslehre),  sonctem 
er  ist  überhaupt  die  alleinige  alles  wirkende  macht,  und  keine  an- 
dere macht,  kein  anderer  gott  neben  ihm,  kein  verhftngnis '',  kein 
zttiUl*';  Zeus  selbst  und  alle  übrigen  volksgütter  sind  gar  nicht '^ 
er  ist  aber  nicht  blosz  allmftchtig,  indem  er  alles  macht,  sondern 
auch  allwissend,  wie  Anaxagoras  in  fr.  6  sagt:  'alle  kenntnis  von 
allem  besitzt  er' ;  schon  bei  der  schöpfong  der  weltordnung  aus  dem 
cbaoe  wüste  er  alles  voraus  und  bestimmte  es;  'das  zusammen* 
gemischte  und  das  abgesonderte  und  das  geschiedene,  alles  kannte 
der  vöoc,  und  wie  es  sein  sollte  und  wie  es  war  und  so  vieles  jetzt  ist 
und  wie  es  sein  wird,  alles  richtete  der  vöoc  ein.'  er  ist  nach  Kedrenos 
und  Harpokration  der  'wttchter  der  weit"*,  nach  Piaton  'der  kOnig 


*  Piaton  nennt  den  vöoc  im  Kratyloi  413 <  adroKpdriMp,  Anaiagoras 
beaeifihnet  ihn  in  fr.  6  als  aÖTOKporr^c.  diesen  ausdrack  erläutert  Caras 
de  Anazagoreae  cesmo-theologiae  fontibns  s.  9  wie  folgt:  'solis  sois 
vfHbms  et  eolo  sno  ntitnr  arbitrio,  svaraqae  propriam  potestatem  hftbet, 
nee  nlla  eansa  nisi  taa  yolnntate  dnctiis  decernSt.  verbum  ilK  aetati 
»axime  proprinm,  Earipideum,  Thaeydideam.  apod  Euripidem  mentis 
eoKns  eet  epUbeton:  ▼.  Andrem.  48S.  in  Thacjdide,  nbi  sobol.  adtc« 
Eetlkiov  ezpucare  tolet,  Tel  de  libertate  ipei  vf^xi^  imperante  (IT  68), 
vel  de  Xvixcji^  s.  ratione  sponte  aeente  (IV  107),  Tel  sensu  politico 
eeewrit,  e.  o.  rd  irüv  aöroKpdropo  oiae^lvot  (v.  1 126  eoll.  VI  8.  V46); 
hne  qnoqae  referam  aOroicivnTev  iliad  apad  Lactantinm  Inst  I  6,  18.* 

^  Aristot  de  anima  I  2  iv  diraa  yäp  6irdf>xciv  aördv  (seil,  töv 
vöav)  Tolc  CiOotc  Kai  iictdXotc  kuI  ^i^polc  usw.  vgl.  Aaaxag. 
fr.  •.  11  Tgl.  hierüber  v.  Colin  bibl.  theologie  «  SS  bd.  I  s.  ItS. 
<*  Phitareh  Periklee  o.  4.  Alex«  Aphrod.  de  fato  S  s.  4  f.  Orelli. 
^  f.  Piatone  Philebos  28*.  Aristot.  metapb.  I S.  *^  ».  Lakianos  Timon 
e.  10.  "  Kedrenos  ehron.  s.  180^  Harpokr.  n.  'AvaEoröpac:  irdvTuiv 
Vpoupöc. 


730  AGladiBCli:  die  TOrsokratische  phüosophie. 

bimmels  und  der  erden'/'  demnach  muste  Anaxogoras  notwendig 
glauben  dasz  alles  vemQnftig  und  trefflich  und  nichts  unvemtlnfti- 
ges  und  schlechtes  in  der  weit  sei."  es  gibt  daher  kaum  ein  schö- 
neres Zeugnis  für  den  sinn  des  philosophen  als  die  meidung  der  alten, 
dasz  er  es  fttr  den  höchsten  lebensgenusz  erklärte,  *den  himmel  und 
die  gesamte  einrichtung  der  weit  zu  betrachten'."  dabei  ist  die 
yoranstellung  des  gestirnten  himmels  (denn  dieser  ist  selbstver- 
ständlich gemeint)  um  so  beachtenswerter,  weil  in  diesem  audi  der 
deismus  des  alten  testaments  seine  schönste  bekrttftigung  erblickt. " 
die  behauptung  Zellers  s.  894  f.,  dasz  bei  Anaxagoras  sich  Ton  dem 
▼orsehungsglauben  keine  spur  finde, '^  wird  nicht  bloss  durch  das 
angeführte ,  allein  schon  durch  den  angegebenen  Wortlaut  von  fr.  6 
auf  das  gründlichste  widerlegt,  sondern  Plutarch  meldet  de  fortnna 

c.  3  auch  mit  klaren  werten,  dasz  nach  Anaxagoras  durch  die 
cußouXia  und  irpövota  des  vöoc  der  mensch  die  begabong 
empfangen  habe,  sich  zum  herrn  aller  geschöpfe  zu  machen  und  sid^ 
ihrer  zu  seinem  nutzen  zu  bedienen.  *'  um  so  weniger  läszt  sich  die 
Überlieferung  des  pseudo-Plutarch  bezweifeln,  dasz  nach  der  dar- 
Stellung  des  Anaxagoras  der  vöoc  sich  allerdings  um  den  mfinschea 
bekümmerte  und  ihn  sogar  zum  hauptangenmerk  der  Schöpfung 
machte.*'  die  meinung  Zellers,  dasz  Anaxagoras  in  seiner  schrifi 
ausschlieszlich  seine  physik  entwickelte  und  vom  vöoc  nur  insoweit 
handelte,  als  er  desselben  dabei  bedurfte,  wird  auch  durch  das  Zeug- 
nis Piatons  widerlegt,  welcher  in  seinem  Phaidros  270^  von  Anaxa- 
goras meldet:  Trepi  voO  t€  kqI  dvoiac  töv  iroXuv  Xötov  inotcrro. 

Demnach  stellt  Zeller  auch  die  lehre  des  Anaxagoras  gerade  im 
wesentlichsten,  im  princip,  durchaus  unrichtig  dar.  wie  wenig  auch 
seine  darstellung  des  Pythagoras  und  der  Pythagoreer  mit  der  histo- 
rischen Wahrheit  übereinstimmt,  habe  ich  in  der  abh.  ^die  ägyptische 
entstellung  des  Pythagoras'  (Philol. XXXIX)  nachgewiesen,  während 
in  Wirklichkeit  jene  Weltanschauungen  sich  in  der  ansprechendsten 
weise  organisch  aus  einer  bestimmten  grunderkenntnis  entwickeln, 

1*  PUt.  Philebos  28«  ßactXeOc  oüpavoO  xal  yf\c.  Tgl.  dasa  Breier 
philos.  d.  Anaxag.  s.  82.  "  Aristot.  metaph.  I  3  f.  Themiat.  in  AriaioC 
pbys.  fol.  68 ^  Fiat.  Philebos  28«.  ^^  Ariatot.  eth.  Eudem.  16.  ygL 
Philo  quod  mundaa  alt  incorr.  s.  488  ed.  Franeof.  *'  s.  paalm  19,  %  L 
146,  20  f.  Sir.  42,  16  ff.  *^  wenn  Zeller  hierbei  auch  den  vorwarf  be- 
sondere hervorhebt,  welchen  Piaton  (Phaidon97^)  und  Ariatolelea  (mei. 
I  4)  dem  Anaxagoras  machen,  dasz  er  den  vöoc  nar  da  gebranche,  wo 
er  die  physikalischen  Ursachen  einer  eracheinong  nicht  ta  finden  wiaae» 
80  ist  derselbe  schon  im  altertum  und  von  neaeren  gelehrten  binreicliead 
beleaehtet  worden,  dieser  vorwarf,  der  auf  dem  Platonisohen  and  Arisiote* 
lischen  standpancte  begreiflich  erscheint,  sollte  nicht  von  einem  ebriat- 
liehen  gelehrten  wiederholt  werden,  welcher  weiss  dasa  j«  aacb  die 
physikalischen  erklftrangen  unserer  natarwissenschaft  den  voraehvage* 
glaaben  weder  ansschllessen  noch  beeinträchtigen,  s.  Bimplikioa  im. 
Aristot.  pbjs.  fol.  S8'.    Hemsen  Anazag.  Clax.  s.  89  f.    HRitter  gtch. 

d.  pbii.  I  s.  817  f.  gesch.  d.  ion.  phil.  s.  246  f.  *^  vgl.  1  Moee  1.  26  f. 
9,  2  f.  psalm  8,  6  f.  ^  de  plac.  phil.  I  7,  7;  vgl.  Eosabios  praa^ 
evang.  XIV  16.  Rosenmtiller  schol.  in  Gen.  1,  26—31. 


AGladiech:  die  vonokratiBohe  philoBophie.  731 

sind  sie  bei  Zeller  samlimgen  eigentümlicher  gedanken  und  behaup- 
tongen,  welche  mit  dem  aufgestellten  princip  teils  nur  künstlich, 
teils  gar  nicht  in  Verbindung  gebracht  werden  können«  am  deut- 
lichsten zeigt  sich  dies  bei  Herakleitos.  indem  dieser  das  nCp 
äcKuiov  als  das  urwesen  erkennt,  das  in  unaufhörlicher  Umwand- 
lung sich  befinde,  ergibt  sich  damit  von  selbst  der  bestAndige  flusz 
aller  dinge,  dasselbe  ist  zugleich  das  ircpUxov  q>p€vf|p€C,  der  ftthe- 
rische  Zeus,  die  TViO^n  i^TC  olaKiZei  Trdvra  bid  TidvTUJV,  auch  der 
XÖTOC  Suvöc  (fr.  58),  daher  auch  die  vernünftige  seele  und  airfr\ 
£npf|  i|iuxJt  cCKpuJTdTii  Kai  dptc-n}  (fr.  73.  74).  indem  es  zugleich 
allen  wesen  als  die  belebende  seele  inwohnt,  gibt  es  nichts  abscheu- 
licheres als  das  entseelte,  dh.  vom  göttlichen  entblöszte  (gleichsam 
gottlose),  den  leichnam  (fr.  53),  darum  auch  nichts  thörichteres  als 
zu  den  unbeseelten,  alles  göttlichen  wesens  haaren  götterbildem  zu 
beten  (fr.  61).  dem  tttherischen  Zeus  als  reinem  lichte  entgegen- 
gesetzt ist  die  finstemis,  der  Hades;  deswegen  verabscheuung  alles 
nftchtlichen  treibens,  namentlich  der  Zauberei  und  mjstik  (fr.  81. 
Klem.  Alex,  cohort.  II  s.  18  f.  Potter,  fr.  70  bei  Schleiermacher),  des- 
wegen auch  verabscheuung  der  im  finstem  schleichenden  lüge  (fr.  8 
Schi.)  und  nachdrückliche  betonung  der  Wahrhaftigkeit  und  der  Offen- 
heit im  handeln",  zumal  dem  nie  untergehenden  lichte  niemand,  kein 
trug,  verborgMi  bleibe.'^   sogar  die  Überlieferungen,  welche  auf  eine 

**  bei  Stobaios  floril.  III  84  befindet  sich  das  nachstehende  Hera- 
kleitisehe  fragment:  cuMppovctv  dp€Tf|  ^ettcTT),  kqI  coq>(T)  dXT)64a  X^tciv 
KUl  iroUeiv  Kard  q>Ociv  CiraTovrac.  dieses  fragment  bat  saerst  Schleier- 
maeher  (n.  44)  verdächtigt,  indem  er,  wie  er  selber  sagt,  sich  aaf  das 
blosse  gefQhl  stützte;  jetst  hat  Mallach  mit  nnbegreiflicher  besagoahme 
auf  fr.  65  (bei  fr.  66)  es  ganz  aus  der  samlong  der  Herakleitischen  texte 
Torschwinden  lassen,  obgleich  es,  wie  wenige,  das  gepr&ge  der  eebtheit 
an  sich  trügt,  denn  erstens  ist  die  cuj<ppocuvT)  die  erste  der  Wer  car- 
dinaltogenden  der  Herakleitisierenden  stoiker,  und  iweitens  gibt  es 
kaam  einen  aasdruck,  der  Heraklei  tischer  wäre  als  dXi)6^a  noUeiv,  da 
nach  Seztos  Empeirikos  adv.  math.  VIII  8  Herakleitos  etymologisierend 
t6  dXi)6^c  als  to  ^i\  Xfjßoy  deutete,  übilgens  wird  mir  von  Zeller  s.  677 
die  Wunderlichkeit  aufgebSrdet,  ich  htttte  an  Herakleitos  dies  'dass  er 
•rkenntnis  der  Wahrheit  verlangte'  als  Zoroastrisch  hervorgehoben,  das 
hier  yorliegende  dAT)Oto  X^T^iv  xal  not^eiv  als  echt  Zoroastrisch  su  be- 
.  seiohnen  war  und  bin  ich  vollkommen  berechtigt  durch  Herodot  I  136. 
Plat.  Alkib.  I  121  f.  Strabon  XV  3,  18  s.  783  Gas.  Stobaios  fior.  bd.  U 
s.  827  Oaisf.  ^  das  schöne  fragment  t6  ^f|  bOvöv  noTC  (spdic)  irdic 
dv  TIC  XdOoi  ist  von  Mullach  anter  n.  48  dadurch  gans  entstellt  wor- 
den, dass  er  Tic  in  Ttva  verwandelt  hat  und  es  so  übersetxt:  'qaomodo 
qnoBsqaam  fugiat  ignis  numqaam  occidens?'  er  hat,  wie  freilich  auch 
schon  Sehleiermacher  n.  40,  den  snsammenhang  nubeachtet  gelassen, 
in  welchem  das  fragment  von  Klemens  dem  Alexandriner  paedag.  II 10 
s.  M9  (Potter)  angeführt  wird.  Klemens  sagt  nemlich,  an  die  worte 
Jesajas  29,  16  oOal  ol  iy  Kpixpfl  pouXV|v  iroioOvrec,  xai  Icrat  iv  ckötsi 
Td  «pro  ainibv  Kai  ipoOci*  t(c  li6pOKCV  i^mAc  anknüpfend:  XViceTai  ^4v 
ydp  icwc  t6  alcOtiTöv  qnlic  Ttc*  t6  b^  voiitöv  (ohne  sweifel  ist  gott  ge- 
meint) dbOvoTÖv  4cTiv  *  f\,  (&c  9T)civ  'HpdKXciToc,  t6  yLi\  bOvöv  irorc  «wc 
dv  Ttc  Xddot;  |iv)boiuiaK  toCvuv  dnticaXuimii^cOa  tö  ckötoc.  danach  ist 
MnUaohs  ändemng  nnbegreiflich,  sumal  da  man  sich  fiberhaapt  nicht 


(>- 


732  AGladificli:  die  Torsokratische  pbilOBOphie. 

Zoroaetriscbe  bestattung  des  Herakleitos ,  an  stelle  der  yerbreamimg 
der  leiche,  hindeuten,  erklären  sich  aos  der  bedeutong,  welche  das 
fener  und  der  leichnam  in  seiner  anschauung  hatten.''  wie  auch  die 
behauptung,  der  krieg  sei  der  vater  aller  dinge,  in  der  natur  seines 
urwesens  ihre  begrttndung  hat,  ist  bereits  oben  s.  726  gaseigi  wor* 
den.  so  entwickelt  sich  dies  alles  ganz  einfach  ans  der  nrkundlichan 
gmndansicht  des  Herakleitos,  während  es  aus  dem  ihm  untargescbo- 
benen  metaphysischen  satze  vom  flusz  aller  dinge  sich  schlechter- 
dings nicht  ableiten  l&szt. 

Es  kann  niemandem  entgehen,  dasz  in  den  beleuchteteii  Zeller* 
sehen  darstellungen  überall  das  bemflhen  sich  kund  gibt,  das  mor* 
genlttndische  fernzuhalten  oder  hinwegzudeuten.  diesem  bemühen 
Hegt  ohne  zweifei  der  glaube  zu  gründe,  der  ziemlich  allgemräi  m 
herschen  scheint,  als  ob  die  philosophen  durch  die  nachweisong  des 
morgenländischen  gehaltes  ihrer  lehren  an  dem  ansehen,  weldiee 
ihnen  bisher  beigelegt  worden,  eine  einbusze  erlitten,  gerade  die 
gegenteil  findet  in  Wirklichkeit  statt,  während  Pythagoras  und  aeiBe 
schule,  Herakleitos,  die  Eleaten,  Empedoldes  und  Anaxagoras  bis* 
her  blosz  fflr  hervorragende  denker  des  hellenischen  Volkes  galiea, 
werden  sie  durch  diese  nachweisungen  zugleich  repräaentanten 
groszer  weltgeschichtlicher  culturvölker,  indem  sie  deren  mehr  oder 
minder  sinnliehe  religiöse  Weltanschauungen  in  der  klärung  der 
Philosophie,  gleichsam  in  schönen  lichtbildem,  wiedergeben  mid 
so  das  rechte  tiefere  Verständnis  der  geschichte  erschlieszen.**   am 


vor  der  sonne,  dem  •innlichen  lichte,  verbirgt,  nm  sie  ca  vorgesseo, 
sondern  nm  nicht  von  ihr  gesehen  in  werden,  an  dem  f^agnent  ist 
gar  niehts  zu  berichtigen,  auch  nicht  Xf|C€Tai  in  den  werten  des  Klemeas 
sn  ändern,  weil  das  futurum  medit,  X^jcc^ai,  mit  dem  accnsativ  aadi 
für  das  futurum  activi,  X^jcui,  gebraucht  wird:  s.  das  Passcwsche  wöv- 
terbucb. 

^  Zeller  stellt  s.  677  die  saohe  so  dar,  als  ob  ich  der  sage,  Hera- 
kleitos sei  lebendig  von  banden  zerrissen  worden,  glauben  baimäasev 
während  ich  meine,  es  sei  in  ihr  die  thRtsache  einer  Zoroastrisehaa 
bestattung  blosz  entstellt,  indem  ich  ausdrücklich  bemerke:  *wania 
sollten  wir  uns  verwundern,  wenn  er,  wie  er  Zoroastrisch  dachte  ead 
lehrte,  auch  eine  Zoroastrische  bestattung  ffir  sieh  anordnete?* 
**  natürlich  kann  davon  nicht  die  rede  sein,  dasi  die  genannten  philo- 
sophen unmittelbar  ans  der  morgenländisehen  nrqoelle  gescbdplt 
hätten;  auch  nicht  davon  dasz  sie  das  ans  der  urqnelle  äberlicferle 
auch  in  allem  einseinen  geistlos  wiedergegeben;  manches  mäste  ve« 
anfang  an  sich  notwendig  in  der  hellenischen  ansahaanng  amgeatalta« 
(zb.  dachten  die  Aegypter  den  mond  sich  nieht  als  eine  göttia,  soedewi 
als  einen  gott);  aber  im  grundwesentlichen  liegt  die  äbereinsUmmaa^ 
so  klar  zu  tage,  dass  sie  von  keinem  unbefangenen  bestritten  werdea 
kann,  am  einfachsten  läset  sich  dies  an  Parmenides  und  den  akes^ 
mischen  vedantinen  darthun.  Parmenides  unterscheidet  swei  staiid* 
puncte  der  betrachtung,  den  der  Wahrheit  nach  der  erkenntais  der 
denkenden  vemnnft  und  den  der  blossen  meinung  nach  der  wahs» 
aebmung  der  sinne,  und  lehrt  auf  dem  erstem,  es  sei  nur  das  Aae 
seiende,  TÖ  6v,  während  er  die  siehtbare  Vielheit  und  verftnderaag  dea 
seienden,  die  ganze  vor  engen  liegende  weit,  als  ^^  <W,  ffir  eiae  leere 


AOladitoh:  die  Yonoknititche  pbüotopbie.  733 

anfCallendsten  zeigt  sich  dies  bei  der  belenchtimg  Aegypiens  mit  der 
Empedokleischen  fackeL 

tensohang  der  sinne  erkl&rt.  auf  gleiche  weite  nnterecheiden  die  redan- 
tinea  den  etandponct  der  eognitio  and  den  der  ignorantie,  und 
lehren  anf  dem  entern  genan  ebenso  Tom  Brahma  oder  gott:  'he  is  the 
entiiT,  sal  (dh.  baoheUblioh  xd  6v),  while  forme  (die  sichtbaren  gestal- 
ten des  eeienden),  being  mere  illnsion,  are  nonentity,  asat  (dh. 
bachst&blich  tö  jyu^  ^v);  tbere  is  not  here  any  mnltiplieitj.'  s.  Cole- 
brooke  'on  the  Tedas'  in  den  Asiat,  researches  bd.  Vni  s.  404.  'on 
the  philosophy  of  the  hindas'  in  den  transact.  of  the  roy.  asiat.  sodety 
bd.  11  e.  86. 

Berlin.  Aüovst  €h.ADi80H.* 


[*  es  sollte  dem  Verfasser  dieser  abbandlang  leider  nicht  rergöant  sein 
sie  gedrackt  vor  sich  sa  sehen:  am  16n  norember  d.  j.  ist  er  in  Berlin 
sanft  entechlafen.  das  feailleton  der  Norddeatschen  allg.  stg.  Tom  28  noT. 
enthält  einen  naohrnf  aas  der  feder  des  geh.  legationsraths  dr.  RH  epke, 
dem  wir  folgende  notiaen,  sum  grösten  teil  wörtlich,  entlehnen. 

An  gast  Gladisch,  geboren  am  M  angost  1804  sa  Altenhof  in 
der  proTins  Posen,  atadierte  in  Beriin  haaptsllohlieh  anter  Karl  Hitter 
and  Hegel,  die  damab  aaf  dem  höhepanct  ihres  wissenschaftUohen  Wir- 
kens standen,  and  warde  sa  anfang  der  80er  jähre  als  lehrer  der  ge- 
eehichte,  deatsehen  litteratar  and  philosophtscben  proplLdeatik  am  katbo- 
lieohen  gymn.  in  Posen  angestellt,  sein  Unterricht  wirkte  in  hohem 
grade  anregend,  and  die  leatseligkeit  and  biederkeit  seines  Charakters 
gewann  ihm  das  aatraaen  seiner  schdler,  die  in  weitaas  überwiegender 
sahl  Polen  waren,  so  sehr,  dass  sie  in  ihren  besondern  drangsalen  ge- 
rade sa  ihm,  der  keine  silbe  polnisch  yerstand,  wie  sa  einem  yXter- 
liehen  freande  ihre  anflocht  nahmen,  nach  etwa  sehnjXhriger  thXtig- 
keit  warde  er  aaf  andringen  des  ersbischöflichen  Stahls  von  der  regierang 
Ttraalaast,  dieser  stelle  anter  beibehaltang  seines  ^ehalte  an  entsagen, 
er  sog  nach  Halle,  trat  hier  sar  evttngdischen  kircbe  fiber  and  be- 
schäftigte sieh  eifHg  mit  seinen  wissenschaftlichen  arbeiten,  bis  er  als 
direetor  des  neag^grSndeten  gymn.  in  Krotoschin  wieder  in  wirkaamkeit 
trmi.  dieses  amt  hat  er  bia  vor  wenigen  j^iren  bekleidet,  wo  ihn  das 
leiden,  das  Jetst  seinem  leben  ein  siel  setate,  sam  rück  tritt  beweg. 

Seine  wissenschaftliche  lebensaofgahe  waren  vergleichende  nnter- 
saehangen  auf  dem  gebiete  der  religion  and  philosophie.  in  einer  reihe 
von  monographien  versaehte  er  oa.  nachsoweisen,  dass  die  religiösen 
weliaasehaaangen  der  fünf  alten  ealtarvSlker  des  morgenlandes,  der 
Chineeen,  Inder,  Perser,  Aegypter  and  Israeliten,  in  der  hellenischen 
«nlturwelt  als  elemente  des  religiösen  and  philosophischen  bewastseins 
wiederkehren,  seine  hierher  gehörigen  Schriften  (jetst  sXmtlich  vorlag 
der  Hinrichssehen  bnchhaadlang  in  Leipsig)  sind  folgende:  die  alten 
Ohinesen  and  die  Pythagoreer  (1841)  —  die  £leaten  and  die  Indier 
(1844)  —  Herakleitos  and  Zoroaster  (1869)  —  Empedoklee  and  die 
Aegypter  (1868)  —  Anazagoras  und  die  Israeliten  (1864)  —  die  Hyper- 
boreer and  die  alten  Chinesen  (1866)  —  die  religion  und  die  philo- 
eophie  in  ihrer  weltgesehiehtliehen  entwicklang  und  stellang  su  ein- 
juider  (18M).  A.  F.] 


734  WHBoscher:  CcTrrfiptov  oder  Crcirrfipiov? 

100. 

CeniHPION  ODER  CTGTTTHPION  ? 


Nach  Ephoros  bei  Sirabon  8.  422 ,  Plutarcb  de  def.  or.  15  und 
quaest.  gr.  12  bestand  in  Delphoi  ein  enna^'terischer  religilSser  brauch, 
welcher  die  erlegung  des  menschlich  (also  schon  enhemerisiisch)  g^- 
faszien  drachen  Python  und  die  daran  sich  knflpfende  flocht  und 
reinigung  des  Apollon  darstellen  sollte,   auf  dem  sog.  tennenplatze 
(fiXuic)  ward  znnKchst  eine  hOtte  oder  ein  zeit  (CKT)vfj,  KoXiäc)  auf- 
geschlagen ,  das  ganz  den  eindmck  eines  fürstlichen  zeltes  machte 
{\i\\ix\lia  Tupawiici^c  t\  ßaciXmfic  oIki^C€U)c).  alsdann  wurde  ein  Jüng- 
ling, dessen  eitern  noch  lebten,  von  einem  chore  unter  fackelschein 
leise  und  heimlich  auf  einem  AoXuJvia  genannten  pfade  an  das  teil 
herangeführt,  derselbe  muste,  wie  es  scheint,  einen  pfeil  in  das  innere 
der  hütte  senden',  darauf  drangen  seine  begleiter  mit  ihm  hinein, 
stürzten  einen  darin  befindlichen  tisch  um,  zündeten  das  zeit  an,  und 
endlich  entflohen  alle  mit  abgewandtem  antlitz  aus  den  tbüren  des 
heiligtums«   in  unmittelbarem  anschlusz  an  diese  kämpf-  und  flacht- 
scene  scheint  auch  die  dienstbarkeit  des  gottes  und  seine  in  Tempe 
erfolgte  reinigung  und  rückkehr  nach  Delphoi  dargestellt  worden 
zu  sein,  da  Plutarcb  quaest.  gr.  12  von  einem  ^ifinM^  Tf)c  npöc  töv 
TTuGuiva  toO  OcoO  m*X*1C  kqI  xf^c  m^tq  rfjv  M^X^v  iftx  rä  T^jini^ 
q)UTflc  KQi  £Kbiüü£eu)C  und  de  def.  or.  15  von  den  TrXdvai,  der 
XaTp€ta  .ToO  Traiböc  und  von  der  im  Tempethal  erfolgten  reinigung 
vom  morde  redet. 

Was  nun  den  namen  dieses  ennaSterischen  festes  anbetrifFt, 
welches  die  wichtigsten  momente  des  delphischen  Apollonmjthos 
zur  darstellung  bringen  sollte,  so  nehmen  KFHermann,  Schümann, 
AMommsen  (Delphika  s.  210)  und  die  meisten  hgg.  von  Plut.  quaest 
gr.  12  an,  dasz  es  Ceirn^piov  hiesz.*  AMommsen  hat  sogar  diesen 
namen  etymologisch  deuten  wollen,  indem  er  ao.  sagt:  «CeinVipiov 
vielleicht  von  c^߀c6at,  also  ^ehrwürdiger  brauch',  oder  w&re  der 
sinn:  brauch  des  siebenten  tages  fc€irräc «»  ^irrdc),  so  daes  eine 
feier  der  dßbö)iin  bezeichnet  würde?»  es  soll  im  folgenden  kurz  ge- 
zeigt werden,  dasz  die  beiden  von  Mommsen  versuchten  etjmoIogieD 
unmöglich  lichtig  sein  kOnnen  und  der  richtige  name  des  fesle:> 
wahrscheinlich  CTetTTrjpiov  gewesen  ist. 

1.  Die  sftmtlicben  festnamen  auf  -T^ipia  (vgl.  KaXXuvrilpia« 
Aa^Tmflpia,  KXabeurrjpia,  TTXuvr/jpia,  CuTKO|Liicnfjpia ,  NiioiTripia 
usw.)  sind  ihrer  bildung  nach  neutra  pluralia  von  a^jectiven  auf 
-Trjpioc,  wozu  höchst  wahrscheinlich  der  begriff  Wpd  za  ergänzen 
ist.  solche  a^jectiva  auf  -Tnpioc  gehen  wiederum  auf  substantlra 
auf  -Tr]C  und  -TTip  zurück,  welche  bekanntlich  handelnde  personen 

'  dies  verschweigt  Plutarcb,  Ephoros  aber  redet  ausdrScklieh  too 
einem  KaTaroieOciv.  '  vgl.  auch  TbSchreiber  ApoHon  Pvthoktt'o«>« 
(1879)  8.  9  auiD.  1. 


WfiBoicher:  Ceirrfipiov  oder  CTcmn^ptov?  735 

bezeichnen,  auf  diese  weise  bezeichnet  KaXXtnrh'jpta  das  fest  der 
KoXXuvTai,  NiKiiTfipia  das  fest  der  vtio^Tai,  TTXuvnipia  das  der 
nXüvrat,  neben  Cuipcoiiitcr^pia  steht  ein  cuTKOMiCTifjc,  neben  ^ucrii- 
pia  ein  }x6cn\c  nsw.  man  benannte  also  manche  feste  nach  gewissen 
sn  ihnen  vorzonehmenden  ceremonien  und  handlangen,  die  den 
alten  besonders  charakteristisch  erschienen,  wenden  wir  dies  auf  die 
Ton  Mommsen  yersnchte  ableitong  des  namens  Ceirrt^piov  von  ceirrd 
im  sinne  von  im&  an ,  indem  wir  dabei  selbst  die  nnbewiesene  vor- 
anssetzang  zugeben,  dasz  die  Delpher  ceirrd  statt  ircräi  sagten,  so 
erkennt  man  sofort,  dasz  eine  Zusammensetzung  dieses  Zahlworts  mit 
dem  Suffix  •'nfjptov  unmöglich  zu  Ccimfjptov  führen  konnte,  sondern 
nach  analogie  von  povacnfjc,  ^ovacTfjpiov,  TCTpabtcrai,  eUabtCTaf 
Dsw.  etwa  CcmracTifjpiov  oder  CcirrabiCTi^piov  lauten  muste.  da- 
gegen ist  die  zweite  der  von  Mommsen  Tcrsuchten  ableitnngen,  die 
von  c^ßecOat,  aus  einem  sachlichen  gründe  undenkbar,  wftre  sie 
richtig,  so  mttste  CeirTfjpiov  das  fest  oder  den  brauch  der  ^cenTflpec 
oder  c^irrai  dh.  der  Verehrer  bedeuten,  eine  solche  bezeichnung  ist 
aber  nicht  blosz  zu  allgemein ,  sondern  auch  schon  deshalb  unwahr- 
scheinlich ,  weil  die  bei  den  oben  geschilderten  ceremonien  thfttige 
hauptperson,  jener  d^q>i6aXf|C  KÖpoc,  nicht  als  ein  Verehrer  des 
gottes  auftrat,  sondern  vielmehr  diesen  selbst  darstellen  sollte. 

2.  Müssen  wir  aus  diesen  gründen  die  Mommsenschen  deutun- 
gen  des  festnamens  und  damit  wol  auch  die  gangbare  fassung  des- 
selben als  unhaltbar  bezeichnen ,  so  fragt  es  sich ,  ob  die  lesart  Ct€- 
imfjptov,  welche,  so  viel  ich  weisz,  zuerst  Dttbner  aus  den  besten 
Pariaer  hss.  hergestellt  hat,  besser  begründet  ist.  nach  meiner  Über- 
zeugung ist  dies  in  der  that  der  fall,  wenn  man  folgendes  erwKgt. 
nach  Plut.  de  def.  or.  16  schlosz  sich  unmittelbar  an  die  dramatisdie 
anffOhrung  des  kampfes  die  darstellung  der  irXdvot,  der  Xarpcia 
und  der  ircpl  rd  T^fiir?i  Ka6op)üio{  an;  quaest.  gr.  12  heiszt  es,  das 
Stepterion  sei  ein  pi^nMCt  Tf)c  irpöc  töv  TTuOtuva  pdxnc  Ka\  Tfic 
^€Td  Tf|v  indxriv  irA  rd  T^^itt]  q>UT^c  Kai  ^KbubSeuiC  gewesen,  nun 
berichtet  Ailianos  it.  \.  m  1 ,  dasz  noch  zu  seiner  seit  die  Delpher 
alle  neun  jähre  eine  theorie  edler  knaben,  an  ihrer  spitze  einen 
dpxiO^uipoc,  wahrscheinlich  eben  jenen  dfiq>i6aXf|c  KÖpoc,  der  den 
ApoUon  vorstellen  sollte,  nach  Tempe  gesandt  hätten,  wo  dieselben 
feierliche  opfer  darzubringen  und  sich  von  dem  dort  befindlichen 
lorbeer  kr&nze  zu  flechten  hatten,  mit  denen  sie  auf  demselben 
wege  wie  einst  Apollon  nach  Delphoi  zurückkehren  musten  (jxefa- 
Xotrpcndic  eücovrcc  iy  TOtc  T^pircciv  dniaci  irdXiv  CTCcpdvouc 
dwd  Tfic  aiurrfic  bdq)V?ic  bmnXÖavTCc,  dq>*  ficircp  dpÄv  (iXibv?) 
Kai  t6t€  ö  6€dc  £cT€q>avuicaTo).  Ailianos  bezeugt  also  in  diesen 
Worten  für  Delphoi  dieselbe  sitte  der  daphnephorie,  die  bekanntlich 
auch  in  andern  Apollonculten  vorkam  und  fiberall  die  bedeutung 
einer  iKCcia  gehabt  zu  haben  scheint  (BOtticher  baumcultus  s.  S87 
Q.  400  f.  KFHermann  gottesd.  alt.  §  24, 14).  ist  es  demnach  sicher, 
dasz  bei  der  enna^terischen  feier  in  Delphoi,  welche  erst  mit  der  rück- 


736  HROfal:  EU  Athenaios  [III  Ul^. 

kehr  des  architheoros  von  Tempe  beendigt  war,  die  bekrüniang 
der  sämtlichen  theoren  mit  dem  lorbeer  Ton  Tempe  eine  ImaptroUe 
spielte,  80  gewinnt  allerdings  die  lesart  CT€iTTi)piav,  womit  ein  fest 
der  bekränsnng  beseichnet  wird,  eine  weit  höhere  Wahrscheinlich- 
keit als  das  unverständliche  and  fiirblose  Ceimfipiov.  hiersu  kMnmt 
noch  dasz,  während  ein  cCTrrVjptoc  sich  nirgends  nachweisen  UiBt, 
ein  ausdruck  CTCim^pia  sich  wirklich  bei  Hesychios  findet,  der  ihn 
mit  CT^^^aTa,  fi  o\  huixai  iK  Tuiv  icXdbuiv  £Sf)iTTOV  erklärt,  wie 
vortrefElich  dies  zu  unserer  deutung  pasat,  leuchtet  ein:  denn  ApoUon 
ist  auf  der  fahrt  nach  und  von  Tempe  nur  als  ein  \k^tiic  au  denken', 
und  solche  k^rai  trugen  nach  Hermann  ao.  vonugsweise  lorbeer- 
kränze  und  -zweige. 


'  dasB  ApoUon  auf  der  rückkehr  von  Tempe  lanäobst  noch  aU  ein 
iKdTT)C  aufgefasit  wurde,  geht  deutlich  aas  Stephauos  Bjz.  u.  Actirvidc 
hervor. 

Mbiszem.  Wilhelm  Heinrich  Boschcr. 


lOL 

ZU  ATHENAIOS. 


III 111^  *ApX€CTpaT0c  • . 

npiXiTa  M^v  oOv  bilipwv  ^CfiWicojüiai  i^ukömoio 
Ai^^ilTpoC;  q>(X€  Möcxe,  cu  b*  Iv  q>p€cl  ßdXXeo  c^civ. 
icti  top  oOv  Tä  KpdTicTa  Xa߀tv  ß^XTicrd  rc  irdvruiv, 
eÖKäpTTOu  Kpi0fic  KaOopwc  Y^CKvm^va  irdvra, 

XcuKÖTcp '  alOeploc  xiövoc.  Ocol  cmcp  fboociv 
fiX^iT*,  iic€f6€v  {(MV  *£pMf)c  aötok  dropdZei. 
£cTt  hk  Kdv  6ifjßaic  rate  iirTaTrOXoic  dTruixf) 
K<k V  6äcip  iy  t  '  fiXXatc  iröXeciv  ticiv  ,  dXX&  T(T€t(>Ta 
q>aivovTai  irpdc  ^K6iva.  caq>€t  i6b  *  iirfcraco  böSi].         lo 
nach  der  analogie  der  folgenden  aufziüilung  (köXXiE,  ^TKfmqrfo  oaw.) 
kann  hier  nicht  yom  bloszen  gerstenmehl  oder  von  allen  darana  be» 
reiteten  speisen  die  rede  sein,  sondern  nur  von  einer  eintelnen,  be- 
stimmten, anstosz  erregt  schon  äusserlich  irdvTuiv  —  Trdvra  (WBib* 
beck  Archestraü  reliquiae,  Berlin  1877,  s.  6  anm.).   Meinekes  i^cih 
fi^va  hebt  keine  Schwierigkeit,  sondern  bringt  lediglich  ein  so  gut  wie 
unerhMes  wort  in  den  text.   ich  meine,  Archeatratos  sefarieb  (t.  4) : 

€iiKdpiTOu  KpiOf^c  KaOapuic  i^Kim^va  nacrd, 
vgl.  Hesychios  und  Photios  udw.,  Eustathios  s.  1278,  64  iracrd, 
£tvoc  dXq)(TOic  MCfiiTM^vov. 

Berlin.  Hbrmaiih  Böst^ 


FSaaemihl:  stadien  zur  NikomaohiBchen  etliik.  737 

102. 

STUDIEN  ZUR  NIKOMACHISCHEN  ETHIK. 


I.   DIE  ÜBERLEGENDE  VERNUNFT. 

Aristoteles  zerlegt  im  anfaag  des  secbsten  buches  der  Niko* 
maohischen  ethik  (1139*  5  ff.)  den  yemanftigen  teil  (rd  XÖTOV  €xov) 
der  menscbenseele  nocb  wieder  in  einen  erkennenden  (dmcn)- 
fiOVtKÖv)  und  einen  überlegenden  (Xotictiköv)  bestandteil.  man 
hat  bisber»  so  weit  mir  bekannt  ist,  ziemlich  allgemein  unter  jenem 
die  gesamte  theoretische,  unter  diesem  ausschlieszlich  die  prak- 
tisch-technische Vernunft  verstanden  ^  und  erst  Bamsauer  in 
seiner  ausgäbe  (Leipzig  1878)  s.  374  f.  und  TeicbmüUer  in  seinem 
neusten  buche  ^die  praktische  Vernunft  bei  Aristoteles'  (Gotha  1879) 
s.  179  ff.  sind  der  Wahrheit  besser  auf  die  spur  gekommen,  allein 
die  auseinandersetzung  des  erstem  Iftszt  an  klarbeit  viel  zu  wflnschen 
übrig,  der  letztere  aber  bleibt  sich  selber  nicht  treu ,  sondern  ftllt 
gelegentlich  wieder  ganz  in  die  hergebrachte  auffassung  zurück,  nnd, 
was  die  hauptsache  ist,  er  macht  von  seiner  eignen  meines  erachtens 
nicht  die  richtige  anwendung,  sondern  schlägt  von  diesem  richtigen 
ausgangspunct  aus  die  allerverkehrtesten  wege  ein. 

Die  hergebrachte  meinung  ist  offenbar  aus  den  Worten  ent- 
sprungen, mit  denen  Ar.  seine  benennung  der  überlegenden  Vernunft 
begründet,  überlegen  (XoTiZccSai)  und  berathschlagen  (ßou- 
X€U€c8ai)  sei  dasselbe  (z.  12  f.).  denn  freilich  das  berathschlagen 
gehOrt  ja  ohne  zweifei  der  praktischen  vemunft  an.  allein  wenn  Ar. 
diesen  zweiten  vernünftigen  seelenteil  nach  einer  demselben  eignen- 
den thätigkeit  benennt,  mnsz  es  deshalb  dessen  einzige  thtttigkeife 
sein?  die  werte  des  Ar.  im  Zusammenhang  betrachtet  lehren  das 
gegenteil. 

Er  sagt :  mit  der  erkennenden  vemunft  betrachten  wir  dasjenige 
dessen  principien  wandellos  sind,  mit  der  überlegenden  das  wandel- 
bare (dvb€XÖM€VOV  Kai  fiXXuJC  €X€iv) ,  und  ich  will  letztere  deshalb 
die  überlegende  nennen,  weil  dasüberlegen  oder  rathschlagen  zweifel- 
los eine  auf  wandelbares  gerichtete  vemunft-  oder  verstandesthfttig- 
keit  ist.'  nun  umfaszt  ja  aber  das  gebiet  dßs  wandelbaren  bei  ihm 
bekanntlich  nicht  blosz  des  menschen  praktisches  handeln  und  tech- 
nisches schaffen,  sondern  überhaupt  alle  erscheinungen  der  sab* 


'  8o  zb.  auch  Walter  'die  lehre  voa  der  praktischen  vernaoft  in  der 
griech.  phil.'  (Jena  1874)  0.  276  ff.   Zeller  phil.  der  Griechen  II'  2  s.  686. 

•  1139«  6—16  6iroK€(c0uj  6O0  t4  Xötov  ^xovra,  tv  jiiv  iji  OcuipoOfACv 
Td  TotaOTa  Tiliv  6vtuiv  öcuiv  al  dpxal  \ii\  iyhixoYzai  dXXuic  ^x^iv,  Cv 
&i  4*  '^^  ivb€xö^€va'  iip6c  yäp  rä  Tip  T^vct  fTcpa  Kai  tu^v  tiIc  yuxf)c 
MopCuiv  Itcdov  ti^  t^vci  t6  irp6c  ^KdTcpov  ircqpiuKöc,  etncp  xaO  *  6M0iöTi)Td 
Tiva  KOl  oiKCi6TT)Ta  if\  Tvtöcic  Oirdpx€i  aÖTotc.  XcTicOu»  bi  toOtujv  t6 
lUv  4incrT)jüioyiK6v  rö  bi  Xctictiköv  *  t6  t^P  ßouXcuccOai  kqI  XoTÜIcceai 
Ta6Töv,  oöödc  bi  ßouX€U€Tai  nepl  tiXiv  pLi\  iv&cxoM^vuiv  dXXuic  Cxciv* 
djCTC  t6  Xotictiköv  4ctiv  Iv  ti  ji^poc  toO  Xötov  ixoYtoc, 

iahrbAch«r  fOr  cImb.  philol.  1879  hft.  11.  47 


738  FSttBemihl:  gtadien  zur  NikoniRehischeii  ethik. 

lunarischen  weit,  freilich  hat  auch  dieser  teil  der  natur  noch  un- 
wandelhareprincipien,  und  daher  gibt  es  aach  von  ihm  noch  erkennt- 
nis,  wenn  auch  nicht  mehr  durchweg  jene  eigentlichste,  auf  das  aus- 
nahmslos Yemunfbiotwendige,  so  dod)  die  minder  strenge  (dKptßfjc), 
auf  das  wahrscheinlidie,  in  der  regel  oder  meistenteils  (die  irc\  tö 
noXö)  eintretende  gerichtete',  aber  es  greift  in  dieses  reich  der  dinge 
zugleich  der  zufall  ein,  und  das  Euf&Uige  kann  nicht  mehr  gewnst, 
sondern  nur  gemeint  werden/  ist  es  also  die  überlegende  Yemunft, 
mit  welcher  wir  alles  wandelbare  betrachten,  so  gehört  auch  allea 
derlei  theoretische  meinen  (boEdZeiv)  ihr  an,  so  dasz  sie  neben  ihrer 
praktischen  auch  ihre  theoretische  seite  hat. 

Dann  aber  konnte  Ar.  füglich  dieselbe  art  von  yemunft,  welche 
er  nach  der  erstem  richtung  hin  hier  die  überlegende  nennt» 
spftter  nach  der  letztem  hin  als  die  meinende  (boEacTiKÖv)  be- 
zeichnen, denn  dasz  das  ergebnis  der  theoretischen  reflexion  Ober 
wandelbare  erscheinungen ,  die  meinung  (b6{a),  und  das  der  be» 
rathung  über  solches  wandelbare,  was  in  unserer  gewalt  {iq^*  f|Miv) 
liegt,  der  Vorsatz  (irpoatpecic),  zwei  verschiedene  dinge  sind',  hebl^ 
da  in  beiden  füllen  die  olrjecte  des  nachdenkens,  wenn  auch  der  art 
nach  andere,  so  doch  der  gattung  nach  gleich,  nemlich  eben  wandel- 
bare gegenstände  sind,  die  mGglichkeit  nicht  auf,  dasz  Ar.  in  beiden 
flülen  auch  das  nachdenkende  subject  für  das  nemliche,  für  den- 
selben vemunftteil  angesehen  hat. 

Dennoch  ist  es  keineswegs  so  von  vom  herein  ausgemacht,  wie 
Teichmüller  mit  fast  allen  andern  auslegem'  auszer  Walter  («o. 
s.  488  ff.)  annimt,  dasz  Ar.  das  wort  boSaCTiKÖv  wirklich  in  diesem 
sinne  gebraucht  hat.  zuvörderst  ist  es  eine  verkehrte  dentelei,  wenn 
Teichmüller  wider  die  obigen  ausdrücklichen  werte  des  philosopben, 
nach  denen  XoTiCTiKÖv  deijenige  vemunfbteil  ist,  welchem  das  ver- 
mögen  des  rathschlagens  innewohnt,  dasselbe  zu  einem  *  vermögen 
mit  gründen  (Xötoi)  zu  rechnen'  umdreht  und  so  diese  beceichnong 
mit  jener  andern  boEacnxöv  als  möglichst  gleichbedeutend  hinsu- 
stellen  sucht  (s.  183),  wiKhrend  er  einige  Seiten  weiter  im  ärgsten 
widersprach  mit  sich  selber  die  praktische  Vernunft  geradezu  mit  der 
logistischen  zusammenwirft  (s.  207)  und  vollständig  im  sinne  der 

'  teile  der  thiere  HI  2,  663  *>  27  ff.  UX  bi  Tf|v  qiOciv  Ocuipclv  de  Td 
iroXXd  ßX^irovra*  fj  Tdp  ^v  ti|i  iravrl  f|  die  irtX  t6  iroXO  tö  «rrd  <fOav 
icriv  ,  ,  .  biö  xal  irXctCTov  iy  toIc  iiextcroic  die  ivl  tö  iroXö  ßX^^NivTac 
ciirctv.  physik  II 8, 198*»  85  f.  vgl.  metoph.  XIII 3, 1078«  9  ff.  Kal6cui  &t?t  ^ 
trcpl  TdJv  itpoT^ttiv  t4i  XötM)  «ai  AirXouct^puiv,  xocolHip  ^AXXov  cxci  Td- 
Kpiß^c  naw.  «  met.  VI  2, 1026  <>  2  ff.  VII  U,  1089  *»  81  ff.  VIII 10, 1061^  14  ff. 
vgl.  anm.  18.  106.  »  Nik.  ethik  III  1,  1111  ^  80  ff.  vgl.  aaiiL  11.  •  aeeh 
Mseow  'forschuDgen  über  die  Nik.  ethik'  (Weimar  1874)  s.  44,  nur  da«« 
dieser  ans  dem  gebrauch  von  boSacTiKÖv  für  Xotictiköv  vielmakr  aiaca 
gmud  ftir  die  nnechtheit  der  beiden  stellen  hernimt,  an  weksliee  der^ 
selbe  sich  findet.  Ramsaner  unterscheidet  beides  und  findet  in  den 
hoEacTiKÖv  vielmehr  eine  dritte  einteilung  neben  der  in  eiiseaeead« 
uid  aberlegende  nnd  der  in  theoretisehe  nad  praktische  vemiinlt  ett- 
gedeutet,    diese  ansieht  bedarf  keiner  Widerlegung. 


1. 


FSnsemihl :  slndien  zur  Nikomacbischen  ethik.  739 

gewOhnlicheti  ansiebt  1189*  7  f.  Ta  TOiafira  tijuv  ävruiv  Scuiv  al 
dpxai  fif|  ivb^xovTm  äXXuic  ^x^iv  darob  das  theoretische  und 
XA  ivbexö^eva  durch  das  praktische  object  übersetzt  (s.  238 
anm.).  sodann  aber  ist  es  keineswegs  so  unmöglich,  wie  Teichmttller 
(s.  282  ff.)  meint,  an  der  zweiten  von  den  beiden  stellen,  an  denen 
die  bezeichnnng  boSacriKdv  vorkommt,  13, 1144  ^  14  ff.',  mit  Walter 
unter  derselben  vielmehr  den  ganzen  vemttnlligen  seelenteil  im 
gegensatz  zu  dem  begehrenden  (i^8tKÖv),  dem  sitz  der  Charakter* 
tngenden,  zu  verstehen,  denn  Teichmüller  selbst  bemerkt  ja  (s.  182), 
dasz  Ar.  gelegentlieh  die  ausdrücke  böEa  nnd  boEdZeiv  ungenaa 
über  das  gebiet  des  erkennens  mit  ausdehnt ,  so  dasz  es  in  der  that 
nichts  auffallendes  haben  könnte,  wenn  er  hier  den  ausdruck  boSa- 
CTIKÖV  zur  bezeichnung  des  denkenden,  intellectQeUen  teils  der 
Seele  gewfthlt  hfttte.  und  der  Zusammenhang  der  stelle  läszt  es  zu 
hier  das  ganze  der  vemunft  an  die  st^le  des  teiles  zu  setzen,  da  es 
sich  hier  aus  dem  zusammenhange  von  selber  versteht,  dasz  die  Ver- 
nunft hier  nur  als  überlegende  und  speciell  als  praktische  in  betracht 
kommt,  auch  im  deutschen  könnten  wir  füglich  eben  so  gut  sagen: 
*wie  sich  innerhalb  des  Verstandes'  als  'wie  sich  innerhalb  des 
praktischen  Verstandes  die  blosz  natürliche  klugheit  zur 
praktischen  einsieht  verhttlt,  so  innei4ialb  des  Charakters  die  natür- 
liche tugend  zur  wirklichen,  und  letztere  entsteht  aus  ersterer  nicht 
ohne  die  praktische  einsieht/*  wie  oft  gebraucht  nicht,  was  ja  wie- 
derum Teichmüller  (s.  107)  selbst  hervorhebt,  Ar.  den  ausdruck 
voGc  schlechtweg  bald  für  die  theoretische  oder  specieller  blosz  für 
die  eigentlich  erkennende  oder  gar  blosz  für  die  die  pnndpien  un^^ 
mittelbar  erkennende,  bald  für  die  überlegende  oder  auch  nur  prak- 
tische vemunft  oder  vemunfteinsicht  allein,  dergestalt  dasz  man 
lediglich  aus  dem  Zusammenhang  ersieht ,  welche  von  diesen  engem 
bedentungen  jedesmal  gemeint  ist!  und  wenn  boEacTtKÖv  hier  als 
ein  anderer  name  fUr  Xotictiköv  steht,  ist  er  immer  noch  zu  weit. 
denn  zur  überlegenden  vemunft  gehört,  wie  gesagt,  auch  eine  theo* 
retische  seite,  und  innerhalb  der  praktischen  selber  ist  noch  eine 
praktische  vemunft  im  engem  sinne,  dh.  die  auf  das  praktisdie  oder 
sittliche  handeln  (Trpdrretv)  und  eine  poietische  oder  der  kunstver- 
etand  (t^XVII)  zu  unterscheiden,  welcher  es  mit  dem  technischen 
schaffen  (not€iv)  zu  thun  hat ;  nur  die  praktische  vemunft  im  engem 
sinne  aber  kommt  hier  in  frage:  denn  ihr  allein  gehören  ja  jene  bei- 
den gestaltungen  oder  gebilde  (€lbr|)  an,  welche  Ar.  beivdnic  und 
q)pöviicic  nennt. 


'  <&cre  KttOdtrcp  ^itl  toO  boEacriKoO  Mo  <CTtv  c(&i)i  &ctvöTf)c  kuI 
9p6vnctc,  O0TUIC  ical  ivi  toO  fjOiKoO  60o  fcnv,  t6  ^£v  dpcrfi  9uoki^  tö  b* 
i\  «upto,  Kai  Td&TUiv  /|  KUp(a  oö  T{v€Tat  &VCV  9povf)CCurc.  ^  wenn  da- 
ber  Teichmüller  (s.  232  f.)  ViTmlter  den  Widersinn  unterschiebt,  als  lasse 
dieser  den  Ar.  die  praktische  einsieht  (<ppövT)ac)  snr  unvemünftig^en 
■evle  rechnen,  so  ist  dies  mehr  als  man  für  glaublich  halten  sollte, 
und  eine  geradezu  unerhörte  art  von  polemik. 

47* 


740  FSasemihl:  studien  zur  NikomachiBchen  ethik. 

Anders  aber  steht  es  mit  der  andern  stelle  5,  1140^  25— 30.* 
freilich  ist  es  Walter  zuzugeben ,  dasz  die  abhftngigkeijt  des  ploral- 
genetivs  Tuiv  XÖTOV  ixövxiJJV  von  Tf\c  tpuxnc  die  natürlichere  con* 
struction  sein  würde  und  die  Verbindung  desselben  als  attribut  mit 
dem  dualgenetiv  ^epoiv  ein  ziemlich  halsbrechendes  grammatisches 
manOver  ist.  dasz  es  aber  deshalb  nicht  unmöglich  ist«  beweist  eben 
schon  der  zusatz  ii  t€  TOip  böia  n€pi  TÖ  ^vb€XÖM€VOV  dXXiuc  ^x^iv 
Kai  f)  q)pöviicic  selbst :  denn  wer  ihn  immer  machte,  er  hat  nicht  an- 
ders construiert.  Walter  nun  hält  den  urheber  für  einen  interpolator, 
der  misverständlich  boSacTiKÖv  an  jener  zweiten  stelle  als  eine  an- 
dere bezeichnung  der  überlegenden  Vernunft  aufgefaszt  und  diese 
seine  auffassung  auch  hier  hineingetragen  habe,    allein  es  kommt 
hier  gar  nicht,  wie  Walter  meint,  auf  die  selbstverständliche  und 
von  vom  herein  3,  1139^  13  ff.  vorausgesetzte  thatsache,  dasz  die 
praktische  einsieht  (q)pöviicic),   wenn  schon  sie  allein  unter  allen 
zweifellos  von  Ar.  angenommenen  Vernunfttugenden  unabtrennbar 
von  den  Charaktertugenden,  also  den  tugenden  des  unvernünftigen 
Seelen  teils  ist,  dennoch  nicht  diesem  unvernünftigen,  sonderndem 
vernünftigen  teile  der  seele,  es  kommt  hier  vielmehr  darauf  an,  wel- 
chem teile  des  letztem  sie  im  unterschiede  von  der  erkenntnis  {im- 
cnfj^T])  angehört.  *°  hieran  scheitert  Walters  ganzer  versuch,  denn 
gleichviel  ob  mit  oder  ohne  jenen  zusatz  können  die  ihm  voraaf- 
gehenden  werte  nur  so  verstanden  werden ,  wie  sie  der  urheber  die- 
ses Zusatzes  verstanden  hat,  und  dadurch  ist  denn  die  hergebrachte 
erklärung  von  boEacTiKÖv  an  beiden  stellen  gerechtfertigt,   dann 
aber  ist  nicht  allein  keine  Ursache  mehr  in  dem  Verfasser  des  zosatzes 
eine  andere  person  als  in  dem  der  voraufgehenden  worte  zu  erblicken» 
sondern  dieser  begründende  und  erläuternde  zusatz  ist  dann  sogar 
unentbehrlich,  indem  er  uns  die  nötige  aufklärung  darüber  gibt, 
warum  und  mit  welchem  rechte  Ar.  die  vorher  gebrauchte  bezeich* 
nimg  XoTiCTiKÖv  jetzt  mit  der  neuen  boSaCTtKÖv  vertauscht,    die 
praktische  einsieht  ist  nicht  tugend  der  erkennenden,  sondeni  der 
überlegenden  vemunft,  und  diese  ist  mit  der  meinenden  eins:  denn 
mit  dem  wandelbaren  hat  es  so  gut  die  meinung  zu  thnn  wie  die 
praktische  einsieht,   wie  sich  endlich  genau  an  diese  begründang  die 
nachfolgende  Verwahrung  dXXd  p^V  usw.  anschlieszt,  hat  bereite 
Teichmüller  (s.  236  f.)  vortrefflich  entwickelt,    und  diese  begrün- 
düng  ist  auch  mit  nichten,  wie  Walter  behauptet,  widersinnig,  sie 
entspricht  im  gegenteil  auf  das  genaueste  bestätigend  der  obigen 
darlegung  vom  gedankengange  des  Aristoteles. 

•  6uolv  b*  övToiv  ficpolv  Tf^c  (puxfjc  Tütiv  XÖTOV  ^x^vTuiv,  ^ripov 
Av  €\r\  dpcTf),  ToO  boSacTiKoO'  f\  Te  t&p  ööEa  ircpl  t6  ^vöcx^m^vov 
dXXuic  lx€iy  Kai  i^  9p6vr)Cic.  dXXd  jii^v  oO&*  lEtc  ^ct&  Xötou  |«6vov* 
cfiMclov  ö'  ÖTi  Xi\Br\  ii\c  niv  ToiaiiTT)c  lEetuc  ?ctiv,  <ppovT)C€UK  b'  oOk 
£cTtv.  10  mit  recht  wirft  daher  insofern  TeicbmüUer  (s.  S38)  Walt»r 
vor,  er  habe  sich  nicht  dämm  bekümmert  Mass  Ar.  die  gant«  daritel- 
lung  der  dianoetiscben  tagenden  anf  die  unterscheid ang  der  btidcn 
teile  der  vernünftigen  seele  begründet'. 


FSusemihl:  Stadien  Eur  Nikomachischen  etfaik.  741 

Aber  ist  denn  nicht  diese  darlegnng  doch  vielleicht  unrichtig? 
wenigstens  in  der  ethik  selbst  III  4,  1111''  31  ff.' \  sagt  Bassow 
ao.  (ebenso  Bamsaaer  s.  388),  erklärt  Ar.  vielmehr  ausdrücklich 
auch  auf  dem  gebiete  des  wandellosen  und  ewigen  ein  blo82e8  mei- 
nen fttr  möglich ,  und  da  man  doch  zunächst  jede  schrift  aus  sich 
selbst  zu  deuten  hat,  so  ist  es  in  der  that  sehr  zu  tadeln,  dasz  Teich- 
müller diesen  Widerspruch  einfach  verschweigt,  dennoch  darf  man 
ihn  nicht  dazu  benutzen,  weder  mit  Walter  die  echtheit  jenes  be- 
gründenden Zusatzes  noch  mit  Bassow  die  der  ganzen  stelle  1140** 
25 — 30  zu  verdächtigen.'*  denn  da  Ar.  in  frühem  und  spätem 
Schriften,  in  der  zweiten  analytik,  der  psychologie,  der  metaphysik  *', 
wiederholt  als  den  gegenständ  der  meinung  im  gegensatz  zur  er- 
kenntnis  mit  dürren  Worten  das  wandelbare  bezeichnet,  so  kann  er 
unmöglich  in  der  ethik  allein  darüber  anderer  ansieht  gewesen,  der 
Widerspruch  kann  vielmehr  nur  ein  scheinbarer  und  wird  dahin  aus- 
zugleichen sein,  dasz  man  über  das  wandelbare  nur  meinen,  das  un- 
wandelbare aber  auch  wissen  kann  und  von  diesem  können  auch  ge- 
brauch zu  machen  hat,  jenes  also  das  wirklich  adäquate  gebiet 
der  betrachtung  für  die  meinende,  dieses  für  die  erkennende  Ver- 
nunft ist. 

Aber  warum  hat  denn  Ar.  nicht  von  vorn  herein  die  auf  das 
wandelbare  gerichtete  Vernunft  sei  es  *die  überlegende  oder  mei- 
nende* sei  es  'die  überlegende  und  meinende'  genannt?  warum  ge- 
braucht er  vielmehr  zuerst  die  bezeichnung  'überlegende'  und  dann 
die  bezeichnung  ^meinende'  Vernunft?  auch  hierauf  gibt  er  selbst 
die  antwort  das  sechste  buch  der  ethik  soll  die  tugenden  oder  Vir- 
tuositäten der  vernünftigen  seele  abhandeln,  und  zwar  sowol  die  des 
erkennenden  als  auch  die  des  fiberlegenden  teils  derselben,  und  dies 
sind,  sagt  Ar.,  diejenigen  fertigkeiten,  mit  welchen  jeder  dieser  bei- 
den teile  möglichst  unfehlbar  das  richtige  trifft,  Ka6'  fic  oOv  ^dXlCTa 
Sctc  dXiiecucet  ^Kärcpov,  aurai  dperal  dfiipoTv  2,  1139^  12  f., 
innerhalb  des  theoretischen  meinens  aber  erklärt  er  sofort  eine 
solche  Virtuosität  für  unmöglich,  OiToXfii|i€t  fäp  Kai  b<SSi]  ivb^x^'^a^ 
5iaY|i€Ub€c9at  3,  1139^  17  f.,  nicht  für  unmöglich  aber  auf  dem  ge- 
biete der  praktisch-technischen  berathschlagung  oder  Überlegung, 
der  praktischen  einsieht  also  und  des  kunstverstandes,  eben  so  wenig 
wie  auf  dem  des  mittelbaren  (^niCTVifiii)  und  unmittelbaren  wis^ens 
(voOc)  und  der  Vereinigung  des  höchsten  in  beidem ,  der  metaphysi- 
schen Weisheit  (009(0):  tcxiu  bf|  oTc  dXTjdcOet  f|  M^ux^  .  .  nivrt .  . 


<>  /|  ^^  ifdp  6ö£a  boKit  ncpl  ndvra  clvai  xal  oüUv  iVrTov  ircpl  Td 
diöta  Kai  xd  döOvaTa  f^  Td  i<p*  ^M^v.  ^*  sieht  ao  eutscbieden  äatzert 
sich  Bamsaaer.  **  tweite  aoal.  II  83,  89*  2  ificTC  Xdirerat  bd£av 
cTvat  ircpl  xö  dXnO^c  ^4v  fj  iiicOboc,  ^vöcxöficvov  bi  xal  dXXuic  Cxctv. 
ract.  VII  14,  1089^  34  f  dXXd  M£a  icrl  toO  ivöcxoM^vou  dXXuic  <X€iv. 
VI  11  10,  1061^  14  ff.  ircpl  yibf  oOv  xd  ivbcxÖMCva  i\  aörV)  TCtvc'rat  micv 
^c  Kai  dXrjOflc  böEo  nsw.  psych.  III  8,  428*  27  f  o<pk  dXXou  Tivöc 
icTxy  i\  böia  dXX*  ^kcIvou  .  .  oO  koI  alc6r|Ctc. 


742  FSusemihl:  Studien  zur  NikomaohiBchen  etbik. 

TCXVT],  diTicTTifiii ,  <ppövt)cic,  cocpia,  voOc  (ebd.  z.  16  fSX  olc  6kt\' 
Oeuo^ev  koi  ^rib^nore  biaipeuböjLicta  nepi  tä  ^li\  dvb€XOfA£va  i\  Kik 
^vbexö^Eva  £XXuic  ^x^^v  ^iricniMii  Kai  (ppövnctc  kn  kqI  coq;>ia  xat 
voOc  (6,  1141*  3  ff.),  daher  offenbar  hebt  er  zuerst  an  dieser  zwei- 
ten art  von  vemunft  ihre  überlegende,  praktische  seite  berror;  als 
es  sich  dagegen  im  ftlnften  cap.  um  den  gegensatz  ihrer  tagend  zur 
erkenntnis  handelt,  wird  ebenso  natürlich  die  Verwandtschaft  der 
erstem  mit  dem  eigentlichen  gegensatz  der  erkenntnis,  mit  der  theo- 
retischen meinung  hervorgehoben ;  an  der  dritten  stelle  endlich ,  wo 
es  allein  auf  den  gegensatz  jener  tagend,  der  praktischen  einsieht, 
die,  wie  gesagt,  von  allen  verstandestagenden  allein  zu  den  charakter- 
tagenden in  innerm,  untrennbarem  Verhältnis  steht,  zu  eben  dieeoi 
Charaktertugenden  ankommt,  war  es  ziemlich  gleichgültig,  ob  ftlr 
den  betreffenden  vemunftteil  der  name  Xotictiköv  oder  boEcKTiKÖv 
gebraucht  ward. 

Walters  scharfsinniges  verfahren  konnte  nur  dadurch  einen  ge- 
wissen schein  von  berechtigung  gewinnen,  dasz  unmittelbar  vor  dem 
satz  5,  1140^  25  ff.  buoiv  usw.  ein  anderer  überliefert  ist,  der  sich 
auf  die  Verschiedenheit  der  einsieht  von  der  kunst  bezieht,  wer  aber 
den  gang  des  ganzen  cap.  aufmerksam  betrachtet,  wird  Bassow  und 
Bamsauer  recht  geben  müssen,  dasz  er  nicht  hierher  gehört,  ob  er 
aber  deshalb  als  interpolation  zu  tilgen  sei  oder  ob  nicht  vielmehr, 
was  mich  wahrscheinlicher  dünkt,  die  glieder  folgendermassen  zu 
ordnen  sind:  z.  6  Tf|c  —  7  t^Xoc**.  z,  21  dXXd  ^fiv**  —  25  T^XVH- 
z.  4  XcincTai  ^  6  Koucd.  z.  7  biä  —  21  irpcuaiicriv,  ist  eine  andere 
frage,  nur  auf  die  eine  oder  andere  weise  aber  Iftszt  sich  die  ohne 
zweifei  aUein  richtige  und  verständliche  folge  der  gedanken  her- 
stellen: es  wird  zuerst  die  einsieht  von  der  erkenntnis,  dann  von  der 
kunst  unterschieden,  dann  eben  daraus  die  definition  der  einsieht 
und  aus  dieser  definition  wieder  das  Verhältnis  der  charaktertugend 
zur  einsieht  entwickelt,  woran  sich  dann  endlich  völlig  sachgemäsz 
die  einordnung  der  letztem  im  gegensatz  zur  erkenntnis,  aber  in 
Übereinstimmung  mit  der  kunst  in  den  meinenden  vemunftteil,  aber 
auch  zugleich  innerhalb  dieser  ihrer  Sphäre  die  durch  jene  ihre  de- 
finition und  Stellung  zu  den  cHaraktertugenden  bedingte  Unterschei- 
dung von  der  blosz  theoretischen  meinung  (dXXd^flv  oub*  €£iC|A€Td 
XÖTOU  lAÖvov  usw.  z.  28  S.)  anschlieszt. 

II.    DIE  PRAKTISCHE  EIKSICHT. 

Es  erheben  sich  nun  aber  die  weiteren  fragen:  kommt  denn  auf 

dem  praktischen  gebiet  im  engem  sinne  (denn  von  dem  technischen 

haben  wir  hier  nicht  weiter  zu  reden)  der  überlegenden  vemanft 

einzig  und  allein  ()as  überlegen  oder  berathschlagen  oder  auch  noch 

**  dMs  diese  werte  anf  alle  fälle  falsch  gestellt  siad  nnd  uamitict* 
bar  hinter  iroi^C€uic  (s.  i)  gehören,  erkannte  schon  Maret,  <*  dXki 
pd\y  bedeutet  daaa  'aber  aach%  wie  nnsählige  male  bei  Ar.  rar  einlfihraog 
eines  neaen  and  ferneren  beweises,  einwarfs,  unterscheidnngsflioveota. 


FSiuemihl:  Stadien  zur  Nikomachificheii  ethik«  743 

irgend  eine  andere  thäiigkeit  zu?  und  wenn  letzteres  der  fall  sein 
sollte,  hat  sie  dann  wenigstens  lediglich  nach  ersterer  ricbtung  in 
der  praktischen  einsieht  (q)pövncic)  ihre  virtnositftt,  und  hat  sie  nach 
anderen  richtungen  etwa  noch  6ine  oder  mehrere  andere  tagenden? 
Mit  dem  zweck  hat  es  der  wünsch  und  wille  (ßouXr]Cic)  au  thun, 
Überlegung  (ßouX/j  oder  ßoOXcucic)  und  Vorsatz  (irpoafpccic)  '*  aber 
nur  mit  den  mittein  zum  zweck :  so  lehrt  Ar.  III 4. 5. 6. 7,  111 1  ^^  26  ff. 
1112^  11  ff.  1113*  15.  ^  3  f.  zu  welchem  teile  der  seele  aber  der 
wille  gehört,  ob  zum  vernünftigen  oder  zum  strebenden  (öpeicnKÖv)» 
dem  sitze  dar  Charaktertugenden,  darüber  spricht  er  sich  in  der  ethik 
nicht  aus,  aber  anderweit  sagt  er  mit  der  bündigsten  bestimmtheit^ 
dasz  der  letztere  in  willen ,  gemüt  (Oufiöc)  und  begierde  (£1^l9u^(a) 
serflült. "  während  aber  die  beiden  letzteren  auch  den  thieren  za- 
kommen,  ist  nicht  blosz  der  vorsatz  diesen  fremd '°,  sondern  auch 


^*  d«8z  die  deatschen  aaadrttcke  den  griechischen  nnr  nnyollkom- 
men  entsprechen,  liegt  auf  der  band,  nach  nnsern  begriffen  hebt  ab. 
die  plötalichkeit  des  entschlasses  die  vorsiltslichkeit  der  handlang  noch 
nicht  anf,  anders  urteilt  Ar.  hinsichtUoh  der  irpooipcctc  III  4,  1111^  9  f. 
(s.  anm.  92).  und  vielfach  ist  trpoaipcac  Ttelmehr  was  wir  die  gesin- 
nnng  nennen,  was  soll  man  aber  daza  sagen,  dasz  Teiehmtiller,  der 
uns  doch  so  viel  von  Walters  angeblichen  eonfusionen  zn  erzählen  weiss, 
0.  67.  98  poOXrictc  dnrch  das  wollen,  s.  69  ff.  irpoafpcctc  abweohselna 
dnreh  den  willen  und  das  wollen,  s.  78  darch  die  sittliche  gesianang 
oder  den  willen,  dann  aber  von  s.  88  ab  dnrch  vorsatz  oder  gesinnnng 
oder  beides  wiedergibt,  endlich  s.  265  Walter,  welcher  gleich  Zeller 
nnd  mir  ßoöXfjac  daroh  'willen'  überträgt  nnd  eben  dies  meint,  wenn 
er  mit  vollem  recht  den  willen  (s.  275)  den  dunkelsten  begriff  der 
▲siMotelisdien  ethik  nennt,  höhnisch  entgegenvrirft,  er  müsse  wol  ^'dle 
f&nf  ersten  bOcher  der  ethik,  welche  die  tagend  als  allgemeinen  willen 
oder  gesinunng  behandeln,  nicht  bemerkt  haben'?  "  psych.  II 
S,  414^  2  6p€Stc  ^iv  Tdp  £in6u^(a  kuI  6u|üi6c  Kai  ßoüXr|ctc.  III  10» 
433^  23  if^  fäp  ßoOXncic  öpcEtC  poUtik  IV  (VII)  15,  1334»  22  ff.  9\i^öc 
Tdp  Kol  ßoOXriac  (tn  hi  xal  iiriOvfiia  kqI  t<vo|4^voic  cö90c  Ovdpxci  toIc 
«at&bic,  ö  bi  Xoiicji6c  xal  ö  voOc  npoioOciv  ir^q>uK€v  ^rr^vccOai  (vgl. 
sn  dieser  stelle  freilich  anm.  953  zu  meiner  aasg.  n.  übers.),  mit  die- 
sen stellen,  die  TeiohmüUer  s.  93  f.  anm.  nicht  sn  kennen  scheint,  steht 
pi^eh.  HI  9,  432 >»  4  ff.  Kai  &TOirov  bi\  t6  toOto  biacnAv*  €v  t€  Tijk 
AOTiCTtK<|i  fdp  i\  ßoOXnctc  T^v€Tai,  Kai  iy  Tip  dXÖTMi  i^  £i(i9u|A(a  Kai  6 
Ou^dc*  ci  bi  Tp(a  i\  W\iXi\t  iy  ^KdcTip  fcTOi  öpcEic  keineswegs,  wie 
Bamsaner  (s.  132)  zn  glauben  scheint,  im  Widerspruch :  man  mnsz  diese 
stelle  nur  richtig  erklären,  wie  es  schon  Trendelenborg  und  Zeller 
II*  8  s.  583  anm.  1  getban  haben,  und  nicht  so  grandverkehrt,  wie  ea 
Teichmüller  8.67  thnt.  der  sinn  ist:  man  darf  das  begehrungsvermögen 
(öpCKTiKÖv)  nicht  auseinaaderreissen,  das  müste  aber  bei  der  Piatoni- 
sehen  dreiteilnng  oder  einer  solchen  sweiteilnng  der  seele,  welche  bloss 
die  beiden  von  ihm  angenommenen  unvernünftigen  teile  in  tfinen  an« 
■anunenfaszt ,  geschehen:  denn  bei  dieser  teilnng  kommt  der  wille  der 
varnonft  su,  das  gemüt  und  die  begierde  dem  andern  oder  dea  beiden 
andern  teilen,  dasz  Ar.  (was  selbst  Walter  s.  205  verkennt)  in  der 
topik  IV  5, 126*  12  f.  angemessen  findet  die  Platonische  einteil^ng  statt 
aeaner  eignen  zu  benutzen,  kann  natürlich  für  diesen  seinen  eignen 
staadpnnct  far  nichts  bewiesen,  vgl.  Zeller  ao.  "  ethik  III  4,  1111^ 
12  f.   oO  jap  K0tv6v  i\  irpoaCpcac  xal  rCbv  dXdttuv,   4in6ufila  64  aal 


744  F&uBemihl:  studien  zur  Nikomachiscben  ethik. 

der  besitz  des  willens  von  dem  gleichzeitigen  einer  Yemünftigen 
Seele  abb&ngig.  **  denn  wie  überhaupt  alles  streben  mit  hilfe  eines 
Torstellens  in  bewegung  gesetzt  wird'°,  so  besteht  diese  yorateUaog 
beim  willen  genauer  in  der  richtigen  oder  yerkehrten  meinung  der 
Temunfty  dasz  der  gewollte  zweck  ein  wirkliches  gut  sei.'^^  nicht 
rein  dem  strebenden  seelenteile  di^egen  ist  der  vorsatz  zuzurechnen, 
auch  er  ist  zwar  ein  streben  (dpcSic),  aber  ein  Yorher  überlegtes 
(npoßcßouXcufi^vov,  ßouXeuTiKf|  öpeSic) " :  er  setzt  sich  zusammen 
aus  dem  ergebnis  dieser  yoraufgehenden  berathung  und  dem  ent- 
schlusse  dasselbe  auch  wirklich  auszuführen  und  dadurch  den  ge- 
wollten zweck  zu  erreichen :  jenes  ergebnis  drückt  Ar.,  wie  Bamsauer 
richtig  bemerkt;  III  5,  1113'  5  f.  durch  Srav  eic  qOtöv  dvcrfdril 
Tf|V  (ipxnvi  diesen  entschlusz  durch  Kai  aÖToC  €ic  rd  f|TOU^vov* 
toCto  t otp  TÖ  npoaipo\JM€VOV  aus,  und  in  bezug  auf  jenes  gehOrt  der 
Yorsatz  ohne  zweifei  der  praktischen  vemunft  an,  durch  diesen  aber 
geht  er  aus  ihr  in  das  wollen  und  aus  dem  wollen  ins  handeln  über, 
ob  die  diesen  entschlusz  fassende  und  seine  ausführung  anordnende 
und  leitende  kraft  (tö  f)YOU|ievov)  in  der  menschenseele  lediglich  in 
dem  strebenden  teile  der  letztem  zu  finden  ist  oder  aber  selbst  noch 
in  der  schwebe  steht  zwischen  yemunft  und  streben,  ist  damit  aller- 
dings noch  keineswegs  entschieden ,  aber  unter  dieser  eigentlichen 
trttgerin  des  Yorsatzes  (tö  TTpoaipoü|ui€VOv)  die  Yemunft  selbem 
Yerstehen,  wie  zuletzt  noch  Zeller*'  wollte,  würde  gerade  dasjenige 
am  Yorsatz  dem  streben  entziehen  heiszen,  in  welchem  nach  der 
natur  der  sache  allein  der  Charakter  des  strebens  gefunden  werden 
kann,  es  widerspricht  aber  auch  der  definition  des  Yorsatzes:  denn 
nimmer  hfttte  Ar.  dann  denselben  als  einen  Yemünftigen  strebens-, 


M  rhet.  I  10,   1369«  1  ff.  Tä  }ibß  ötd  XoTiCTiicy|v  öpcStv  tA  64  bt' 
AAoTov*  fcTi  b'  1^  \xiv  ßoOXiictc  .  .  AXoroi  5'  öp^Scic  bpif\  xal  Im^iAia. 

M  psych.  III 10  wird  gezeigt,  das^  das  nrsprüngHch  bewegende  dat 
erstrebte  (öpCKTÖv)  oder  der  zweck,  ein  npaicröv  dyaOöv,  und  zwar  ein 
wirkliches  oder  scheinbares  ((paivöficvov)  ist,  aber  nnr  indem  es  ent- 
weder durch  die  (praktische)  Yernanft  oder  die  vorstellnng  (t<{i  vonOf^voi 
f\  (pavracOflvai  433^  12)  der  strebenden  seele  (öp€imKÖv)  tum  bewnst- 
sein  gebracht  wird,  an  die  stelle  dieses  gegensatses  tritt  dann  4SS^ 
27  ff.  nach  der  richtigen  bemerknng  yon  Teichmüller  s.  65.  907  f.  der 
gleichbedeutende  entweder  durch  die  überlegende  (Xoyictiic/|)  oder  be- 
rathonde  (ßouXcuTticfi  434*  7)  oder  aber  durch  die  sinnliche  (oicOv)TtKi^ 
vorstelluDg  (9avTacui).  vgl.  Zeller  s.  547  anm.  3.  582  anm.  83. 
•Ol»  ethik  lU  6.  [V  11,  1136»  7  ff.  oÜTC  T^p  ßoOXerat  oöbclc  6  mV|  oIct« 
ctvQi  cirouöatov.j  rhet.  ao.  s.  3  f.  ßoOXr|cic  draOoO  öpcEtc  (oööclc  t^ 
ßot&XcTat  dXX*  fi  arav  olnefl  ctvai  draOöv).  *<  ethik  UI  14.  1112«  15 
und  5,  1113*  9  ff.  6vtoc  hi  toO  irpoatpcToO  ßouXcuroO  öpcrroO  xilrv 
i(p'  ^mtv,  Kttl  i\  irpoafpcctc  Av  €\r\  ßouXcuTiKfi  öpcEic  ti&v  £q>'  /||i1v*  6c 
ToO  ßouXcikacOai  t^  Kpfvavrcc  öpcTÖjicOa  xard  rfiv  ßoOXcuov. 
**  8.  599  f.  anm.  4.  allerdings  kann  aber  auch  nicht  mit  Walter  (s.  222  ff.^ 
der  ganze  mensch  verstanden  werden :  denn  dieser  ist,  wie  Zeller  richtig 
bemerkt,  doch  nicht  sugleich  ein  teil  seiner  selbst  (aÖToO  cU  TÖ  t^P^ 
licvov).  Walter  hat  sich  zu  dieser  dentung  durch  die  unecht«  sliriJ« 
TI  2,  11391»  5  Terleiten  lassen:  s.  unten  s.  745—747. 


\ 


FSusemihl:  Studien  znr  Nikomachiscbeu  ethik.  745 

sondern  höchstens  als  einen  strebenden  vemunftact  bezeichnen 
können.  **  es  widerspricht  endlich  auch  dem  gleiehnis,  durch  wel- 
ches allein  der  philosoph  das  wesen  jener  leiterin  wenigstens  nach 
selten  ihres  yerhSltnisses  zu  den  ausführenden  seelischen  und  leib- 
lichen Organen  erläutert.'^  denn  die  Homerischen  ftlrsten  sind  aller- 
dings, so  lange  sie  im  rath  sitzen,  lediglich  die  berathende  yemunft, 
aber  sobald  sie  die  Yolksversamlnng  berufen  und  vor  dieselbe  treten, 
stellen  sie  zugleich  das  streben  dar  den  im  rathe  gefaszten  beschlusz 
znr  ausftthmng  zu  bringen ,  zu  welcher  selbst  es  sogar  bereits  der 
erste  schritt  ist,  dasz  sie  denselben  dem  volke  als  befehl  yerktlnden. 
Genau  an  diese  auseinandersetzungen  des  dritten  buches  (c.  4. 
5.  7)  Aber  den  yorsatz  schlieszt  nun  der  anfang  des  sechsten  in  sei- 
nem weitem  yerlaufe  sich  an.  denn  es  gilt  dort  zunftchst  zu  finden, 
worin  das  gemeinsame  wesen  der  verstandestugenden,  dh.  der  tugen- 
den  beider  vemunftteile  besteht,  bei  beiden  haben  sie  in  der  Wahr- 
heit ihre  aufgäbe  (fpTOV);  diejenige  bleibende  beschaffenheit  (Sic) 
beider,  vermöge  derer  beide  diese  ihre  aufgäbe  im  höchsten  grade 
erfüllen,  ist  folglich  ihre  beste  bleibende  beschaffenheit  oder  ihre 
tugend.  damit  ist  für  die  erkennende  Vernunft  genug  gesagt,  aber 
die  Wahrheit  der  überlegenden  sowol  als  praktischer  vemunft  im 
engem  sinne  wie  als  technischer  ist  eine  andere  als  die  der  er- 
kennenden, die  tugend  der  praktischen  vemunft  im  engem  sinne 
masz  in  unauflöslicher  Wechselbeziehung  stehen  zu  denen  des  Cha- 
rakters, letztere  aber  sind  als  vorsätzliche  bleibende  beschaffen - 
heiten  (££€ic  npoaip6TiKa()  bestimmt  worden  (11  6,  1106^  36),  jene 
Wechselbeziehung  liegt  folglich  in  jenen  beiden  dementen  des  Vor- 
satzes ,  berathnng  und  ents6hlusz,  praktischer  vemunft  und  streben, 
enthalten**,  und  die  praktische  Wahrheit  ist  folglich  diejenige,  welche 


**  er  that  aber  in  der  anm.  21  angef.  steihe  1113*  9  ff.  ersteres:  denn 
aneh  ßouXeuroO  ist  hier  natürlich  attribut  sn  öpCKToO  wie  ßouX€unK/| 
sn  öpcSic.  *'  1118*  7  ff.  bfiKoy  6^  toOto  Kai  itc  tOiv  dfixo^iw^  iroXi- 
TCitfiv,  üc  'Ofiripoc  ^^t^€tT0*  ol  fdp  ßactXctc  ü  npo^oivro  ^irfiTT^XXov 
x<p  htißW.  '^  bei  Teichmfiller  liest  man  s.  60  den  Widersinn,  daes 
aeitens  der  dnrchdringnng  dieser  beiden  elemente  im  vorsats  der  yor- 
aata  selbst  ('wille'  bei  Teichmüller,  s.  oben  anm.  16)  bei  Ar.  die 
praktische  vernnnft  heisse,  nnd  s.  102  den  womöglich  noch 
grossem,  dass  die  praktische  einsieht,  die  tagend  der  praktischen  ver- 
nanft,  ans  streben  (Öpclic)  nnd  praktischer  Vernunft  (voOc) 
bestehe  (also  nach  jener  obigen  behanptnng  ans  streben  und  vor- 
•  atsl).  a  104  femer  (vgl.  s.  188)  müssen  es  sich  einsieht  nnd  Wahr- 
heit gefallen  lassen  dasselbe  zu  sein,  'und  diese  praktische  Wahrheit 
and  dieser  richtige  Vorsatz  ist  nach  der  Aristotelischen  definition  die 
praktische  vemunft*.  so  wird  atfTT)  M^v  o5v  fj  bidvota  Kai  i\  dX^€ta 
wpflumKi^  Qhersetst  (s.  anm.  26)  statt:  'diese  (sich  im  richtigen  vorsats 
ftossemde)  vemunft  nnd  Wahrheit  ist  die  praktische*!  s.  40  f.  wird 
die  praktische  vemnnft  statt  'die  sich  mit  dem  hegehren  durchdringende 
od«r  vereinende  vemnnft*  selber  *eine  durchdringnog  oder  Vereinigung 
von  vemnnft  und  begehren'  genannt  nnd  behauptet,  dass  dies  auch 
Walters  meinung  sei.  nnd  s.  186  hat  er  es  sogar  schon  cn  der  be* 
hanptnng  gebmcht,  dass  das  begehrungsvermSgen  bei  Ar.  das- 


746  FSuBemihl:  stadien  zur  Nikomachiscben  ethik. 

in  der  richiigkeit  des  yorsfttzlichen  strebens  zum  ausdrock  gelangt, 
man  wird  Bamsauer  (s.  376)  beipflichten  müssen ,  dasz  mit  dieser 
1139*  15—31"  gegebenen  auseinandersetzung  nunmehr  auch  für 
die  bestimmung  des  wesens  der  praktischen  Yemonfttogend  alles 
erforderliche  gewonnen  ist,  und  dasz  das  schluszergebnia  1139  ^  12  £." 
unmittelbar  hieran  anknüpft  und  mit  allen  dazwischengeacbobenen 
auszer  jeder  Verbindung  steht,  und  dasz  dies  dazwischentretende 
groszen teils  1 139  *  31 — 35  ^  4  f.  nur  das  in  jener  aaseinandersetsong 
bereits  enthaltene  mit  andern  Worten  noch  einmal  wieder  Yorbringt, 
das  ende  desselben  aber,  1139  ^  5—12'^,  von  welchem  dies  allerdings 
nicht  gilt,  einen  gedanken  enthält,  der  in  den  erörterungen  des  dritten 
buchs  über  vorsatz  und  Überlegung  1112*  28 — 31  ganz  am  pbitze 
gewesen  wäre,  ja  einschlieszlich  mit  in  ihnen  enthalten  ist,  dagegen 
schlechterdings  in  diesen  Zusammenhang  nicht  hineingehOri  Über- 
dies ist  nun  abdr  in  jener  Wiederholung  auch  die  behaupiung  m* 
stöszig,  dasz  der  Vorsatz  nicht  ohne  eine  schon  vorhandene  bleibende 
Charakterbeschaffenheit,  also  nicht  ohne  tugend  oder  Untugend  des 
Charakters  möglich  sei**:  denn  wenn  dies  auch  bedingungsweise  im 
sinne  des  Ar.  ist,  so  widerspricht  es  doch  so  sohlechti^n  gesagt  der 
wiederholt^  von  ihm  ausgesprochenen  lehre,  dasz  umgekehrt  tugend 

selbe  sei  mit  der  praktiichen  vernanft.  das  soll  der  nemliebe 
Aristoteles  gelehrt  haben,  welcher,  um  nur  bei  der  ethik  stehen  sa  blei- 
ben ,  begehraDgsvermögen  nnd  Vernunft  I  IS  anfs  schirfste  all  swei 
verschiedene  seelenteile  sondert  and  dann  VI  2,  wie  wir  tiiheB,  die 
Vernunft  selbst  wieder  in  die  erkennende  nnd  die  überlegende,  tu  wel- 
cher letztem  er  die  praktische  zählt,  gliedert I 

»•  Xnirr^ov  lipa  ^KOT^pou  toOtuiv  t(c  i\  ßcXTfcrr)  Qsnc'  oÖrq  w 
dp€Tf|  ^KUT^pou,  f|  y  dp€TV|  iip6c  t6  Cdtov  xö  oIkcXov.  TpCa  6*  krW 
iy  t4  ^01x4  '^^  K^pta  irpdEcuif  Kai  dXr^Octac»  alcSncic  voOc  öpc£tc.  tou- 
Tuiv  y  f\  atc6r)cic  o06€^tftc  dpxf)  iTpd£€uic  .  . .  ^cnv  6'  6ir€p  Iv  &tavo(<? 
KOTdcpactc  Kai  diTÖ9actc,  toOto  iy  öpiUi  biuiEic  Kai  (purfi*  «Bcr*  h^M 
i\  ifiiKi]  dpCTf)  fEtc  irpootpCTiK/),  r\  bä  iTpoa(p€Cic  öpcStc  ßouXcvTiKTi,  ^i 
5id  TaOTa  töv  tc  Xötov  dXrfif\  etvai  Kai  Tf)v  öpeStv  6pe/)v,  clircp  4  vpo- 
aipccic  cirou6a(a,  xal  rd  aOrd  t6v  \it>f  q>dvat,  t6v  bk  6i((ik€iv.  aihr\  p^v 
oGv  f|  öidvoia  xal  i\  dXi^Octa  irpaKTiKfi,  Tf^c  bi  OcuipiiTiKtk  6iovoiac  luii 
}ii\  iTpaKTtKf)c  yLr]bi  icoiiiTiKf)c  t6  cö  Kai  Kaxdic  TdXii64c  ^cnv  noI  v^* 
boc*  toOto  y&p  icny  iravTÖc  öiavoiiTiKoO  ^xov,  xoO  bi  irporrucoO 
Kttl  6iavov)TiKoO  i\  dXnOcia  6|aoX6tuic  £xouca  tQ  6p4E€t  t4  6p94. 
t7  dp(poT^puiv  bi\  itS»y  voti'I'ikupv  uopiuiv  dX^iOcia  t6  £pTov.  koS*  äc 
oOv  MdXicTa  usw.,  s.  s.  741.  *'  oOk  Cctiv  bi  irpoaip€T6v  oü6^v  fvrovoc 
.  .  o<)bi  Tdp  ßouXcOcTot  TTCpl  ToO  TCTOvöToc,  dXXd  ircpl  toO  ico^dyw 
Kai  (vöcxofi^vou,  tö  bi  xcTOvöc  oOk  ivö^x^Tat  pf|  T^vdcOot  os«. 
**  83  f.  biö  oüx'  dvcu  voO  Kai  biavolac  oOr*  dv€u  ^OtKf|c  4cnv  {Eciuc 
i\  irpoaCpccic.  ^  III  4,  llll>>  6  f.  obcciÖTaTov  ydp  {i\  irpoaipcoc)  clvoi 
boK€t  tQ  dpcTi)  xal  jidXXov  Td  fiQi\  xplvciv  Td)v  irpdEeuiv.  VII 11,  tW 
16  f.  iroviip6c  5'  oO'  A  f^  irpoalpccic  iicictxfic.  rhet.  I  13,  1874<  U 
iy  täp  t4  iTpoaip4c€t  i^  ^oxOnpia.  11  5,  1382*  36  t^i  npooipclceai  T^ 
6  d5iKoc  d&ixoc.  topik  IV  6,  126«  36  Kdvrcc  yäp  ol  qpaOXoi  xard  Mpo- 
aipcctv  X^ovrai.  poetik  2,  1448«  3  f.  xaxic;^  xol  dpcrf}  xd  ifin  h»^- 
poüci  itdvTCc  vgl.  c.  6,  1460«  8  f.  €cti  bi  fjeoc  t6  toioOtov  6  5nXol  t/jv 
irpoalpcctv  dirola  Tic  und  e.  16,  1164«  17  ff.  Kci  ffioc,  idv  .  .  «014 
jKivcpöv  6  Xdroc  fj  i\  irpAEic  irpoalpccCv  nva.  daher  aaoh  die  tehoo 
hervorgehobene  definition  der  charaktertagend  als  einer  Hic  vpoaapCTwn* 


F8u0emihl:  studien  zur  Nikomachischen  etliik.  747 

und  Qstugend  des  Charakters  tob  Yorsatz  und  gesixmung  abhängt. 
und  nicht  minder  anstOsadg  ist  es,  dasz  hier"  mit  6inem  male  die 
wähl  gelassen  wird  den  vorsatz  entweder  als  strebende  Yemonft  oder 
al3  Temttnfdges  streben  anzusehen,  und  als  träger  desselben  nicht 
jener  als  f|TOUfi€VOV  bezeichnete  teil  der  menschenseele,  sondern  als 
dies  prinoip  der  handlang  der  ganze  mensch  erscheint."  mag  also 
die  ganze  stelle  aus  der  Eudemischen  ethik  eingetragen  sein  odei* 
Yon  wo  sonst  immer  stammen,  von  Aristoteles  ist  sie  nicht:  darin 
mosz  man  noch  über  Ramsauer  hinausgehen. '^  aber  6ines  hat 
Bamsauer  dabei  übersehen:  die  werte  1139*  35  —  ^  4^^,  in  welchen 
die  Verwandtschaft  und  der  unterschied  der  praktischen  vemunft 
im  engem  sinne  und  der  technischen  dargelegt  wird,  sind  in  der 
ihat  ftlr  den  Zusammenhang  nnentbehrlich :  denn  es  handelt  sich  ja 
nicht  blosz  darum,  die  tugenden  beider  von  denen  der  theoretischen 
Vernunft,  sondern  auch  gegen  einander  abzugrenzen."  so  bleibt  nur 
die  wähl  entweder  diese  werte  für  echt  zu  halten  oder  eine  lücke 
anzunehmen,  welche  durch  die  aufnähme  des  ganzen  passus  1139* 
31  —  ^12  etwa  aus  der  Eudemischen  ethik  teils  über  teils  wider  die 
gebühr  verklebt  worden  ist. 

Wie  dem  nun  aber  auch  sei ,  gewis  ist  so  viel ,  dasz  die  hier 
gemachte  Unterscheidung  der  praktischen  vemunft  im  weitem  sinne 
Yon  der  theoretischen  und  im  engem  sinne  von  der  poietischen 
dorchaus  mit  demjenigen  stimmt,  was  wir  sonsther  als  Aristotelische 
lehre  kennen,  wonach  also  die  theoretische  vemunft  rein  in  sich  selbst, 
im  erkennen  ihren  zweck  bat,  die  praktisch -technische  aber  um  eines 


**  k  4  ff .  bi6  fi  öpcxTiKÖc  voOc  i\  irpoa(p€cic  ^  öpeEic  öiavoi|TiKif),  xai 
i\  TOiaÖTi)  dpx^  avBpuiiroc.  "  so  faszt  die  worte  auch  TeichmüUer 
8.  S08.  ffans  ander«  freilich  vorher  s.  60  anm.:  'dies  principe  welches 
in  dorchäriDgaDg  yon  denken  und  begehren  beateht,  macht  das  eigen- 
tömlicb  menschliche  aus;  über  ihn»  sieht  das  göttliche,  welches 
bloss  die  theoretische  vemunft  hat,  unter  ihm  das  thierische«  wel- 
ches bloss  das  begehren  hat  ohne  vernünftige  direction/  ähnlich 
Bamsauer:  'in  hac  enim  parte  (?)  est  t6  dvQpuiireOccOai,  quo  et  a  brutis 
el  A  du»  differimns.'  aber  das  müste  vielmehr  TOtaOTT|  dpx^  ö  dv6pui- 
voc  oder  allenfalls  TOiaOTr)  dpx4  dv9puiiroc  heiszen.  "  denn  dieser 
meint  nur:  'quaeritur  id  unum,  ntrum  Aristoteles  ipse  putandus  Sit 
hAOc  h.  L,  quamquam  minus  cooHnode  interposuiste  an  sententiae  istae 
vere  Aristotelicae  e  ditputatione  aliqua  de  irpooip^ceuiC  vel  etiam  <ppo- 
vf|C£ttic  natura  in  alienum  locum  immigraverint.'  **  bidvoia  b*  aur^ 
o66^  Kivd,  dXX'  i\  lyewä  xou  xal  itpaKT\Ki\'  aOrn  T^p  koI  tt^c  iroinTtKf)c 

Äxet'  Ivexa  jap  tou  uoiCt  irdc  6  iroiiDv,  xai  (dXX*  ?)  oO  t^Xoc  ditXi&c, 
iä  irp6c  Tt  Kttl  Tivöc  t6  iT0ir)T6v.  dXKä  t6  irparrdv  rj  fäp  cüirpaSia 
TiXoc,  i\  b*  fipcEiC  TOt&TOU.  **  hierin  macht  auch  die  an  sich  sehr 
beachtenswerte  bemerkung  Ramsauers  (a.  883)  su  den  Worten  4,  1140* 
2  f.  Crcpov  5'  icTlv  iroCncic  xal  irpöiEtc  mcrcOoMCv  bk  ircpl  aöTiDv  xai 
Totc  i£(VTCpiKOtc  XÖTOtc:  'ita  agitur,  quaai  illa  1139^  1  sq.  non  prae- 
cessissent;  neque  enim  is  cui  ea  ante  ocnloa  erant  quae  iflio  non  tan- 
tom  de  diterimine  homm  genemm»  verum  etiam  de  rattooe  eorum  inter 
se  indicata  sunt,  iam  ad  unum  Tdiv  iEuircpuciI^v  XÖTUiv  teatimonium  oer- 
fagiaaet»  mich  nicht  irre,  das  iricrcOofiCv  .  .  XoTOic  ist  eine  blosa 
parenüietiache  beifUgnng. 


748  FSusemibl:  studien  sur  NikomachiBclien  eÜiik. 

auszerhalb  liegenden  Zweckes  willen  tbfttig  isi  "*  dasz  nun  aber  die- 
jenige vernnnft,  welcbe  beim  setzen  dieses  Zweckes  mitbeteiligt  ist, 
indem  sie ,  wie  wir  saben ,  dem  willen  die  Yorstellung  desselb^  tu- 
fübrt,  glcicbfalls  die  praktiscbe  nnd  nicht  die  theoretiscbe  ist,  kann 
freilieb  von  vom  berein  keinem  zweifei  unterliegen*^,  nicbts  desto- 
weniger  aber  wird  die  tagend  der  erstem  bereits  mit  dieser  ans- 
einandereetzung  lediglieb  auf  das  gebiet  der  beteiligong  dieser  art 
Yon  vemnnft  beim  vorsatz ,  also  der  berbeiscbaffung  der  mittel  zum 
zwecke  verwiesen,  und  dazu  stimmt  es  vollständig,  dasz  hernach 
diese  tugend,  die  praktiscbe  einsiebt,  nicht  etwa  den  charaktertngen- 
den  den  richtigen  lebenszweck  zeigt,  sondern  ihn  vielmehr  von  die- 
sen entnimt  und  lediglich  sie  über  die  mittel  belehrt  diesen  zweck 
zu  eneichen.'"  die  praktiscbe  einsiebt  ist  also  die  Virtuosität  im 
dienste  des  richtigen  Zweckes  die  zu  dessen  erreichung  allein  ge- 
eigneten Vorsätze  und  entschlieszungen  zu  fassen ,  soweit  dies  sache 
des  Verstandes  und  nicht  des  Charakters  ist ,  und  zwar  sie  dergestalt 
zu  fassen,  dasz  sie  auch  wirklich  ausgeführt  werden,  denn  wo 
letzteres  nicht  geschieht,  wie^eim  unmäszigen  (äKpOTiic),  da  fehlt 
die  Charaktertugend,  von  deren  Vorhandensein  nach  dem  gesagten 
auch  das  der  praktischen  einsieht  selber  abhängt,  den  unmäszigen 
leitet  bei  seiner  Überlegung  nur  die  natürliche  klngheit  oder  geistes» 
gewandtheit  (b€ivÖTr)c) ,  die  blosze  naturbasis  der  praktischen  ein* 
siebt,  welche  gleich  sehr  im  dienste  eines  guten  wie  eines  verkehrten 
Zweckes  stehen  kann  und  es  beim  unmäszigen  allerdings  wol  im 

>*  1139*  31  ff.  iTpdScuic  niy  oOv  dpx^  irpoaipccic,  ($6€v  f|  kIvtioc 
dXX'  oOx  oO  ^vcica,  irpoaip^ccuic  bi  ApcEic  Kai  Xöfocö^vcKdTivoc. 
35  ff.  öidvoto  6 *  aCrrf)  oOO^v  Ktvet,  dAA*  /|  ^vcxd  tou  xal  irpaKTtKf|. 
vgl.  psych.  111  10,  433*  14  ff.  voOc  6  €v€Kd  tou  XoTt2IdMevoc  xai  6  irpa 
KTtKÖC  &ia<p^p€t  bi  ToO  6€wpr)TiKoO  Tif»  T^€i.  **  psjch.  III  9,  432^ 
27  f.  ö  }iiy  T^p  6€Uipr)TiKÖc  (voOc)  odBiy  vocT  (Ocuipd  EL)  irpaittöv, 
o<ibi  ktfix  ircpl  (pcuKToO  Kai  öiuiKToO  oöO^v.  *'  13.  1144*  7  ff.  i\  ixbf 
fäp  (i^6iKf|)  dpcTf|  t6v  CKOiiöv  iroi€t  6pe6v,  i\  bi  (ppövi^cic  t&  irp^  toO- 
Tov.  20  ff.  tV|v  ^iv  oGv  itpoalpcciv  6p0^v  irotcT  i^  dp€T/|,  rd  b*  6ca 
iK€ivr\c  £v€Ka  n^qpuxc  irpdrrccOat  oOk  £ctiv  Tf)c  dpcTfJc  dXX^  ^^pac  6uvä- 
^€U)C  usw.  29  ff.  (Tgl.  anm.  48.  49.  41).  1145*  4  ff.  oOk  Ictoi  i\  «po- 
afpccic  öp6f|  dvcu  9pov/)C€uic  oi)b'  dv€o  dpcrf^c*  9i  M^v  yäp  t6  t4Xoc,  f) 
bi  Td  irpöc  t6  t^Xoc  iroicl  irpdTT€iv.  c.  6,  1140'  25  ff.  9pov(fiou  .  .  t6 
bOvacOat  xaXdtc  ßouXcOcacOai  ircpl  rd  afmSi»  &xaBä  xal  cup^^povra  .  .  «ola 
irp6c  t6  €Ö  tf\y  ÖXuic.  c^^€1ov  b'  6Tt  Kai  toOc  ircpf  ti  q>pov{fAOUc  XlroM^v, 
drav  irpdc  t^Xoc  ti  cnouöatov  cd  XotIcuivtoi.  c.  8, 1141  ^  8ff.  ^  9p6vi|ctc  . . 
iccpl  div  £cTiv  ßouXcOcacOot  *  toO  t^P  q>pov()üiou  ^dXlCTa  toOto  Cprov  cTvai 
«poMCv,  Td  cO  ßouXcOccOoi,  ßouXcOcTai  bi  oübclc  ircpl . . .  5caiv  }ii\  riXoc 
Tt  IcTiv,  Kai  toOto  irpaKTÖv  draOöv.  c.  9, 1142*  26  i^  bi  (q)pövncic)  ToO  Icxd- 
tou.  c.  10,  1142^  31  ff.  cl  bf|  Tdiv  <ppov(|üiuiv  Td  cO  ßcßouXeOcOai,  fj  cü 
ßouXla  ctr)  dv  öpOdTr^c  Vj  KOTd  to  cufKp^pov  irpdc  ti  t4Xoc  uw. 
{b,  anm.  63).  e.  11,  1143*  b  ff.  fi  cdvcck  icTtv  .  .  ircpl  «Ihr  dirop^cicr 
av  TIC  Koi  ßouXcOcaiTo.  bid  ircpl  Td  aOrd  fiiy  t4  9poW|Cci  icriv.  e.  U, 
1143*  28  ff.  irdcai  fdp  ot  buvd^cic  oOtoi  (a*  «ppöviicic,  cOvcoc,  pniriii), 
voOc)  tOv  iq(dTUiv  ctcl  koI  Tdhr  Ka6*  ^koctov.  X  8,  1178*  16  ff.  cuW- 
ZcuKTOt  bi  Kai  i\  (pp6vT)Cic  t4  toO  fjOouc  dp€T4,  clircp  al  jiiy  Tf|c  9po- 
vf|ccu)c  dpxal  KOTO  Tdc  i^6iKdc  clciv  dpCTdc,  t6  b*  öpOöv  Tibv  i^6u(wv 

KaTd  Tf|V  9pdVT)ClV. 


FSiuemihl:  Stadien  zar  l^omachisohen  ethik.  749 

dienste  des  erstern  gelegentlich  auch  noch  zu  einem  richtigen  vorsatz 
bringt,  der  aber  zu  schwach  ist,  um  wirklich  aoageftlhrt  zu  werden.  '* 
selbst  die  mttszigkeit  (^TKpaT€ia)  ist  aber  noch  keine  charaktertugend 
nnd  folglich  ohne  praktische  einsieht,  weil  der  wille  des  mftszigen, 
ob^eich  er  eben  so  wie  der  des  tagendhaften  den  richtigen  zvfeck 
und  mit  grösserer  entschiedenheit  als  der  des  unmäszigen  ergreift, 
doch  nicht  wie  beim  tugendhaften  von  Yom  herein  die  alleinherscbaft 
hat.  die  Verschiedenheit  Yon  allen  dreien  liegt  also  zunächst  ledig- 
lich in  dem  Verhältnis  des  willens  und  nicht  der  vor&tellung,  der 
praktischen  vemunft  zum  zwecke,  in  der  verschiedenen  stärke,  mit 
welcher  der  wille  ungestört  oder  aber  in  verschiedenem  grade  ge- 
stört durch  widerstrebende  begierden  den  nemlichen  zweck  ergreift  ^^, 
und  erst  bei  der  zweitön  prämisse  des  praktischen  Schlusses  beginnt 
auch  die  hemmung  der  vemunftthätigkeit,  die  beim  unmäszigen  bis 
zur  Störung  aller  Überlegung  durch  die  begierde  fortgeht,  während 
der  massige  immer  noch  eben  so  richtige  Vorsätze  und  entschlttsse 
nicht  blosz  üaszt,  was,  wie  gesagt,  sogar  dem  unmäszigen  zum  teil 
noch  gelingt,  sondern  auch  ausfuhrt  wie  der  einsichtige  und  tugend- 
hafte, aber  erst  nach  einem  kämpf  mit  der  begierde  (s.  bes.  YII  5). 
erst  beim  lasterhaften  krankt  der  wille  nicht  mehr  an  bloszer 
schwäche,  sondern  ist  geradezu  auf  einen  verkehrten  zweck  ge- 
richtet, und  die  vemunft  ist  gleichfalls  dergestalt  verdorben,  dasz 
sie  von  vom  herein  den  richtigen  zweck  verwirft  und  den  verkehrten 
an  die  stelle  setzt  ^',  in  dessen  dienst  dann  freilich  ihre  rathschlagende 

**  YII  11,  1162*  6  ff .  0^6'  fi^a  q>p6vtfiov  xal  dicpaTff  £v&^x€T01  cTvai 
t6v  oötöv  usw.  10  ff.  t6v  bk  öcivöv  oOöi^  kuiXOci  dxpaTtt  clvai  .  .  bvä 
t6  tV^v  Ö€tvÖTi]Ta  5ta<p^p€iv  Tf)c  9pov^C€U»c  t6v  cipTm^vov  Tpöirov  £v 
Totc  irpiiiTOic  XÖT01C  (—  VI  13,  1U4*  23  ff.).  Im  folgenden  s.  14  ff. 
oöfti  nsw.  ist  daun  Walter  (s.  492)  das  misgeschick  begegnet  6  6€ivdc 
statt  6  &Kpari\c  als  snbject  sn  denken;  es  hätte  gentigt  dies  mit  drei 
Worten  an  bemerken.  TeichmüUer,  bei  dem  sich  ähnliche  misgriffe 
hänSger  finden  (s.  anm.  17.  25.  82.  46.  61  f.  56  ff.  64.  72.  97)  hat  es, 
nachdem  er  wiederholt  darauf  gekommen  ist,  am  schiaase  in  einem 
eignen  excnrs  auf  mehr  als  drei  selten  (s.  430—435)  breitgetreten. 
'*  daher  helszt  es  von  der  vernanft  auch  des  massigen  nnd  selbst  des 
nnmässigen  1 13,  1102^  15  f.  öp6d>c  koI  iv\  rä  P^Xtictu  irapaicaX^  (vgl. 
anm.  54)  und  vom  nnmässigen  VII  9,  1151*  24  ff.,  er  sei  ßeXriuiv  ToO 
dxoXdcTOu  o664  q^tOXoc  dirXiZic  C((i2^€Tai  jap  tö  P^Xtictov,  /|  dpx/|.  in 
so  fem  er  aber  schliesslich  doch  nicht  den  rathschlägen  seiner  yemnnft 
nnd  «eines  willens,  sondern  denen  seiner  begierde  und  Sinnlichkeit  folgt, 
kann  er  nach  dieser  richtung  hin  auch  wieder  mit  dem  lasterhaften  auf 
^ine  iinle  gestellt  werden  (VI  10»  11421»  18  ff.).  «■  hier  heisst  es  also 
nicht  mehr  (s.  vorige  anm.):  cdiZcrai  /|  dpx/l»  sondern  VI  5,  1140^  16  ff. 
ai  ^4v  T^p  dpxal  twv  irpciKTUJv  tö  oO  Cvcko*  ti)i  bi  btcqpOapfi^vip  bi* 
n^vfly  f|  Xt&nnv  cöGOc  oO  <polv€Tai  /|  dpx^i,  oöo4  bctv  toötou  ^ckcv 
oO^  oid  toOto  aipetcOat  irdvra  koI  irpdixctv.  &Tt  fdp  i\  xoKia  q>Oap- 
TiKiPl  dpx<lc.  Vn7,  1150«  2  (Kaxia)  bU(p6apTai  t6  ßaricrov.  VII  9,  1151> 
14  ff.  n  Tdp  dpcTf)  xal  t\  ^oxOiipta  Tf|v  dpxi^v  i\  ^^v  <pO€{p€i  i^  bi  ci|>C6t, 
4v  bi,  Tfltlc  irpdEcci  t6  oO  ^vckcv  dpx/|,  d^circp  iw  rolc  ^aOrlMaTlKo1c  a( 
6iro6^C€tc.  vgl.  VI  13,  1144*  31  ff.  oi  Tdp  cuXXoriCMol  TtSiv  npoKTtl^v 
dpx^^  CxovT^c  clctv,  iirctbi?)  Toiövbc  tö  t^Xoc  xal  tö  dpicTov  . .  btacrp^- 
9€t  YÖp  1^  ^ox6rlp(a  xol  bianieObccOai  iroiet  ircpl  töc  irpaxTixdc  dpxdc. 


1 


750  FSttsemihl:  studien  zur  NikomacbiBchen  ethik. 

thfttigkeit  logisch  keine  ftnderung  erfftbrt  and  Yollkommen  richtig 
sein  kann.^  allerdings  gibt  es  also  eine  solche  rathschlagende  thfttig- 
keit der  praktischen  Vernunft  auch  auszeriialb  der  einsieht,  aber 
nicht,  wie  TeichmUller  (a.  108  ff.)  behauptet,  noch  neben  derselben: 
denn  wo  die  einsieht  vorhanden  ist,  da  findet  sie  lediglich  innerhalb 
dieser,  und  wo  diese  fehlt,  lediglich  in  deren  gmndlage,  der  geistes- 
gewandtheit  oder  naturklugheit,  und  beim  lasierhaften  in  der  a&B 
dieser  hervorgegangenen  versohmitstheit  (travoupria)  statt,  wtthrend 
die  gewandtheit  bei  dem  einsichtigen  von  der  einsieht  absorJbiert  ist^, 
wo  endlich  tler  mensch  noch  in  einer  Obergangsstafe  wie  von  der 
natürlichen  charaktertugend  zur  wirklichen,  so  von  der  gewandthett 
zur  einsieht  steht,  da  in  eben  dieser  ttbergangsstnfe.  eine  solcbe 
mittelstufe  ist  auch  im  mftszigen,  gleichwie  die  mftaugkeit  seihet 
eine  solche  ist  zwischen  natfirlicher  und  wirklicher  charaktertugend. 
je  geringer  aber  ein  mensch  mit  der  naturgabe  der  bcivötr^  aus* 
gestattet  ist,  desto  mehr  logische  irrtUmer  wird  er  natttrlioh  beim 
Überlegen  begehen  und  folglich  auch  im  sittlichen  handeln,  aber 
diese  fallen  in  das  gebiet  dessen  hinein,  was  Ar.  die  6^apTia  im 
gegensatz  gegen  die  xaida,  ^oxOrlp{a,  dbiKta  nennt.  ^^ 

Aber,  sagt  Teichmttller  (s.  186),  Ar.  bezeichne  VII  9,  1151' 
17  ff.  ja  doch  die  praktische  einsieht  selbst  vielmehr  als  ein  nötiges 
meinen  (öp9oboH€iv)  über  den  sittlichen  zweck,  man  weisz  in  der 
that  nicht,  ob  man  mehr  über  die  kühnheit  oder  über  die  Unrichtig- 
keit dieser  behauptung  erstaunen  soll,  in  Wirklichkeit  sagt  Ar.  hier 
vielmehr,  im  praktischen  handeln  sei  der  richtige  zweck  das  princip, 
welches  auch  im  unmttezigen  noch  gerettet  bleibt,  und  gerade  wie 
bei  den  principien  der  mathematik,  den  grundttttsen  (öiroO^etc),  sei 
es  auch  hier,  in  beiden  fällen  sei  es  nicht  das  discursive,  in  scUflssen 
sich  bewegende  denken  (Xöfoc),  welches  diese  principien  unsichren 
könne,  sondern  wie  dort  und  überhaupt  im  theoretischen  gebiet  das 
unmittelbare  wissen ,  so  hier  auf  dem  praktischen  ein  analoger  act 
der  Vernunft,  eine  entweder  von  natur  gegebene,  angeborene  oder 
angewöhnte  tugend  die  richtige  meinung  über  das  princip  zu  hegen.  * 
dasz  aber  diese  tugend  die  praktische  einsieht  sei,  davon  sagt  Ar. 
kein  wort,  diesen  widersprach  gegen  seine  eigne  austkückliche  Idue, 

an  sieh  dagegen  ist  die  Vernunft  fehlerlos:  DL  8,  1169*  17  «ic  T^ 
voOc  otpcttai  t6  P^A:TiCT0v  lauT4>.  psych.  III  10,  486«  86  voOc  »slvodv 
irAc  Öp06c.    weiteres  bei  Zeller  s.  600. 

«  VI  10,  11421»  18  ff.  6  T&p  dtcporfic  xal  6  <poOXoc  0  vporiacTa 
Ibctv  (6dv  r.  oö  .  .  Tuxclv  ßpengel)  ^k  toO  XoticmoO  TCÜEctat,  t&CTC 
öpOte  fcTct  ßcßouXcu^^voc ,  Kax^v  hi  v^a  e(Xn9Uic.  **  s.  VI  13. 
1144«  28—^  17.  mit  dem  obigen  erledigt  sich  TeiehsiQllers  polenk 
gegen  Walter,  der  die  saehe  schwerlich  anders  anfgefasst  hat  «li  ich. 
aber  sich  freilich  nicht  vorsit'htig  und  klar  genug  ausgedrückt  hat 
**  [V  10.  1185»»  11  ff.]  VII  e,  1148«  8.  c.  11,  UM«  16  f.  rhet  l  IS. 
1874«  11  f.  ^  14  ff.  Tgl.  anm.  80.  *^  unmittelbar  nach  den  aa«.  41 
angef.  Worten  beisat  es  femer  1151*  17  ff.  oOrc  bi\  imtX  6  X&f9C  te- 
bacKoXiKöc  Tiifv  ^px<by  oör*  ^rraOea,  dXX*  dpcrf|  fi  ipvciKit  fi  I6icri|  reC 
6p6oboEdv  ncpi  tViv  dpxV|V.    weiter  s.  dann  anm.  40. 


FSuBemihl:  fitudien  zur  Nikomachiscben  ethik.  751 

dasz  die  letztere  es  vielmehr  lediglich  mit  den  mittein  zum  zwecke 
zu  thnn  hat,  dichtet  ihm  lediglich  TeichmüUer  an.  nicht  minder  aus- 
drücklich lehrt  ftherdies  von  ihr  Ar.,  dasz  nicht  sie  seihst,  sondern 
nur  ihre  gnmdlage,  die  naturklugheit  (b€ivÖTr)c),  dem  menschen  an- 
gehören ist.  ^  und  könnte  die  praktische  einsieht  seihst  ihm  ange- 
wöhnt werden,  so  wftre  es  ja  um  den  satz  geschehen,  dasz  sie  seiher 
erst  an  der  auf  ehen  diesem  wege  der  gewöhnung^'  entstandenen 
Charaktertugend  die  hedingung  ihrer  existenz  erh&lt^;  an  die  stelle 
jenes  wechselverhftltnisses  beider^  würde  lediglich  die  abhftngigkeit 
der  letztem  von  der  erstem  treten,  die  praktische  einsieht  würde 
selbst  damit  aus  einer  reinen  vemunfttugend  so  zugleich  mit  zu 
einer  strebenstugend  werden.^  endlich  hat  ja  Ar.,  wie  schon  oben 
(s.  741)  bemerkt,  geradezu  erklftrt,  dasz  das  blosze  meinen  keine 
tagend  zuläszt,  weil  es  den  Irrtum  nicht  ausschlieszt;  entweder  musz 
also  hier  unter  dem  richtigen  meinen  doch  mehr  als  ein  bloszes 
meinen  yerstanden  und  also  der  ausdmck  nach  dieser  richtung  un* 
genau  sein  oder  aber,  da  er  doch  auf  diesem  gebiete  eine  Verderbnis 
der  Vernunft  für  möglich  hftlt,  nicht  im  strengen,  sondern  nur  in 
einem  annfthemden  sinne  kann  er  von  einer  tngend^des  richtigen 
meinens  reden ,  während  er  in  der  berechnung  der  richtigen  mittel 
zum  richtigen  zweck  offenbar  Unfehlbarkeit  eben  so  für  möglich  hSit 
wie  in  der  strengen  theoretischen  erkenntnis  und  besonders  der 
metaphysischen  Weisheit  (coq)ia),  so  dasz  also  der  praktischen  ein- 
ncht  nur  dadurch  der  strenge  tugendcharakter  gewiJirt  bleibt,  wenn 
sie  nicht  mit  jener  nur  uneigentlichen  virtuositftt  im  richtigen  mei- 
nen über  den  zweck  vermengt  wird,  in  das  gebiet  des  theoretischen 
unmittelbaren  Wissens  reicht  überhaupt  der  Irrtum  nicht  hinein,  von 
dem  entsprechenden  vernünftigen  erfassen  des  praktischen  Zweckes 
ist  er  keineswegs  ausgeschieden:  dies  ist  hier  der  wesentliche  unter- 
seliied.  nur  die  glücklich  angelegte  natur  trifft  hier  von  selbst  das 
richtige,  und  wenn  sonst  die  gewöhnung  etwas  ist,  was  nicht  un- 
mittelbar den  vernünftigen,  sondern  nur  den  strebenden  seelenteil 
erzieht,  so  nimt  sie  dagegen  hier  ihren  richtigen  platz  ein.  denn 
anter  der  angewöhnung  dieser  art  von  virtuositftt  und  vollkommen* 

^  VI  18.  1144^  1  ff.  KUi  v^p  A  dpcnP)  irapairXr|c{uic  ^ci  ihc  i^  9pö- 
^ci€  iTp6c  tV)v  bctvÖTT^ra  (oö  tuötöv  ptkv  ömoiov  6^,  oötui  icai  i\  qpucticfi 
dpcTfl  irp6c  Tfpf  Kupkcv.  *^  II  1,  1108«  14  ff.  (a.  anm.  60).  c.  8.  X  10, 
1079»  20  ff.  «•  niid  «•  VI  13, 1144«  7  ff.  (s.  «nm.  88)  M  ff.  /|  ^iCT<|i 
ö^litfn  ToÖT(|f .  .  Tf)c  M^^^c  (aemlieh  tfj  (ppoW|C€i)  o<nc  dvcu  dpctffc,  die 
c^prirral  V€  Md  Icrt  bfkXov.  oi  xdp  cvXX0TtC|yU)l  asw.  (s.  anm.  41).  dicrc 
ipfiMpöv  6n  dMvaTOV  ^pövi^ov  ctvai  fifj  övra  droOöv.  (nicht  das 
aage,  wie  TeichmfUler  s.  99  behatiptet,  sondern  nur  ein  ange  der  seele 
winl  hier  die  qipövnac  genannt,  s.  967  anm.  hat  er  aber  seine  eigne 
übereetsmig  schon  wieder  vergessen  und  versteht  nnn  gar  anter  bpLyia 
Tf)c  VWf\C  den  moralischen  sinn  'dessen  tagend  die  q>pdTii«c  ist'!) 
»  1  ff.  (s.  anm.  46.  7).  1146«  4  ff.  X  8.  1178«  16  ff.  (s.  anm.  38).  *»  die 
Worte  des  Ar.  n  1,  1108«  16  ff.  if^  atv  5tavo7|TiKf|  (dp€Tf|)  t6  vXdov  Ik 
MbucKoXfac  Cxei  ical  tf)v  t^cciv  ical  tViv  aöEnov . .  V^  b'  ifitid\  i£  lOouc 
ircpriiverat  usw.  scheint  Teichmfiller  nicht  gelesen  za  haben. 


752  FSusemihl:  stadien  zar  Nikomachiachen  eihik. 

heit  kann  doch  keine  andere  als  die  der  charaktertugend  verstanden 
sein,  nemlich  mit  der  charaktertugend  nimt  der  wille  notwendig  die 
richtung  von  dem  blosz  scheinbar  guten  auf  das  wirklich  gute,  den 
richtigen  zweck,  und  dann  erfaszt  denselben  ohne  zweifei  auch  die 
Vernunft,  daraus  folgt  denn  nun  allerdings,  dasz  die  praktische  ein- 
sieht, obwol  mit  dieser  art  von  Vernunftvollkommenheit  weder  ganz 
noch  teilweise  einerlei ,  doch  von  ihr  nicht  minder  abhängt  als  von 
der  charaktertugend.  schon  im  dritten  buche  hat  Ar.  7, 1 1 14  ^  3 1  £  ^' 
die  frage  besprochen,  ob  es  in  der  gewalt  des  menschen  liegt,  diese 
richtige  Vorstellung  oder  ansieht  (q)avTac(a)  über  den  zweck  za 
hegen,  oder  ob  irrtum  und  Unwissenheit  gerade  in  dieser  entscheiden- 
den richtung  hin  unverschuldet  sind,  und  er  läszt  hier  eine  doppelte 
möglichkeit  offen :  entweder  hängt  es  von  der  bleibenden  beschaffen- 
heit  (££ic),  also  der  tugend  oder  Schlechtigkeit  des  Charakters  ab, 
wie  der  mensch  über  den  zweck  denkt,  und  dann  ist  er  in  demselben 
masze  wie  für  erstere  auch  für  diese  seine  denkart  verantwortlich, 
oder  aber  die  richtige  denkweise  über  den  zweck  ibt  eine  glückliche 
naturgabe  (€uq>uia),  die  man  nicht  von  andern  empfiangen  kann, 
weder  durch  gewöhnung  noch  durch  belehrung,  die  glücklichste 
welche  es  für  den  menschen  gibt,  der  ja  nicht  ein  reines  Vernunft- 
wesen ,  sondern  aus  vemunft  und  Sinnlichkeit  zusammengesetzt  ist, 
und  dann  beschränkt  sich  freilich  die  menschliche  freibeit  aof  die 
wähl  der  mittel,  es  sind  dies  genau  dieselben  beiden  möglichkeiten 
wie  in  jener  spätem  stelle  des  siebenten  buche,  denn  da  nach  Ar. 
die  charaktertugend,  wie  gesagt,  aus  der  gewöhnung  entsteht,  so  hat 
die  richtige  denkweise  über  den  zweck ,  wenn  sie  wiederum  ans  der 
charaktertugend  hervorgeht,  gleichfalls  in  der  gewöhnung  ihren  Ur- 
sprung, die  freibeit  beschränkt  sich  übrigens  dann  darauf,  dasz  zu 
dieser  gewöhnung  nicht  die  blosze  erziehung  durch  andere  anareicht, 
sondern  schlieszlich  jeder,  nachdem  er  erwachsen  ist,  selber  sein 


^1  cl  bi  TIC  X^YOi  ÖTi  irdvT€c  ^<p{€VTai  ToO  <paivo^vou  dtaOoO,  tf.c 
bi  (pavradac  oö  KOpioi,  dXX*  öirotöc  ito6*  ^koctöc  ^cti,  toioOto  koI  to 
T^Xoc  q>aiv€Tai  aÖT<;i'  cl  ^t^  oOv  ^koctoc  adrif»  Tf|c  ßciüc  ^cri  huk 
alrioc,  Kai  rf\c  qpavraciac  Icrai  iruic  aitröc  aiTtoc,  ci  6^  ^^&€lc  a(rTw 
oTtioc  toO  KaKoiroidv,  dXXd  &i'  dtvoiav  toO  t^Xouc  raOra  irpdrrci,  ^tä 
toOtuiv  olö^evoc  ainCji  t6  dpiCTOv  £c€c6ai,  i\  bi  toO  TdXouc  l^ccic  oOk 
aöOaipCTOc,  dXXd  q)Ovai  öct  üjcirep  önnv  ^xo^'^^^i  4  Kpivcl  koXÄc  xal  tö 
KOT'  dX^Beiav  dtaOöv  alpf)C€Tai.  kqI  £ctiv  cö(puif)c,  u>  toOto  KaX«&c  vi- 
(puKcv  (tö  tdp  M^icTov  Kai  KdXXicTov,  Kai  ö  irop*  ^t^pou  ^V|  otöv  u 
Xaßdv  ^r\bi  ^Oclv,  dXX*  olov  £<pu,  toioOtov  ^ci,  [Kai]  t6  cö  kqI  t6 
KaXuic  toOto  ncipuK^vai  i\  reXcla  koI  dXr]6ivf|  Av  ctr)  €09u1ia),  ci  hi\ 
toOt'  krlv  dXnOf),  t(  MdXXov  i\  dpCT^i  Tf)c  Kaxiac  {erat  ^koOoov;  öm- 
q>oiv  tdp  6^o(u)C,  Tt|i  draOi}»  Kai  Tij)  xaKifr,  tö  t^oc  9ik€i  fi  ötcuicbn'O'^^ 
q)a(vcTai  Kai  KctTat,  Td  bi  Xoiird  irpöc  toOt*  dvoq>^povTCC  npdrcrouciv 

ÖTIUlC&niTOTC.      €lT€    bt\    TÖ  T^XOC  fif)   <pOC€t  ^KdCTtp   <paiV€TOl  olOvb^KOn, 

dXXd  Ti  Kai  irap*  aOTÖv  icTiv,  cItc  tö  ^^v  tAoc  9uoköv,  Tip  6^  ra 
XoiTrd  YrpdTT€iv  ^koucCuic  töv  cirouöalov  i\  dp£TVj  ^kouciöv  ^ctiv,  oö^v 
flTTov  Kai  1^  Kaxia  ^koöciov  Av  ctr].  ö^o(u>c  yäp  Kai  r^^  KaK<p  indpxf^ 
TÖ  öl*  oOtöv  iy  Tale  irpdEcctv  Kai  €l  iii\  iv  t^i  tAcu  xa  irap*  iripov 
(*»  9)  bemerkt  Ramsauer  richtig;  'sc.  ^eiZovTOC  f\  öiödCKOVTOc' 


FSasemihl:  Studien  zar  Nikomacbischen  ethik.  7&3 

eigen  teil  beitragen  masz.'*  bei  der  andern  mOglichkeit  aber  ist 
leicht  einzusehen ,  dasz  die  mittel  ja  doch  durch  den  zweck  bedingt 
sind,  oft  dergestalt  dasz  dabei  gar  keine  freie  wähl  bleibt,  yielmehr 
wer  den  letztem  will,  auch  die  erstem  wollen  musz.  Ar.  lehnt  also 
die  entscheidung  zwischen  beiden  mdglichkeiten  genau  da  ab,  wo 
die  eigentlichen  Schwierigkeiten  des  freiheitsbegriffes  beginnen,  die 
er  sich  durch  seine,  wie  Bamsauer  (s.  156)  zeigt,  unrichtige  be- 
hauptang,  dasz  unsere  Überlegungen  und  vorsfttze  nur  auf  die  mittel 
und  nie  auf  den  zweck  selbst  gerichtet  seien,  unnötigerweise  noch 
yennehrt  hat.  ^ 

Soll  nun  aber  der  in  der  ethik  so  hftufig  yon  Ar.  in  ansprach 
genommene  öpdöc  Xöyoc  (oder  auch  XÖTOc  allein,  wo  dies,  wie  oft*\ 
genau  dasselbe  bezeichnet)  sich  lediglich  auf  das  durchschauen  der 
richtigen  mittel  zum  richtigen  zwecke  mit  ausschlusz  der  notwendig 
Yoraufgegangenen  aufßndung  des  richtigen  Zweckes  selbst  besohrttn- 
ken ,  so  ist  dies  vom  Aristotelischen  Sprachgebrauch  aus  kaum  an* 
ders  als  durch  die  annähme  erklärlich,  dasz  Xöyoc  hierbei  wie  in  der 
eben  besprochenen  stelle  VII  9,  1151^  17  ff.  so  Überall  in  jener 
engern  bedeutung  steht,  in  welcher  es  im  gegensatz  zu  voOc  als  dem 
unmittelbaren  denken  das  discuisiye,  sjllogistisch  yermittelte  be- 
zeichnet. 

Zu  den  schwerbegreiflichsten  dingen  gehört  es  nun  freilich, 
dasz  Ar.  erst  im  siebenten  buche  bei  der  behandlnng  der  mftszigkeit, 
die  gar  keine  eigentliche  tugend  ist,  auf  jene  yirtuositSt  im  richtigen 
meinen  über  den  zweck  zu  sprechen  kommt,  und  zwar  in  einer  weise, 
aus  welcher  heryorgeht  dasz  es  wirklich  hier  zuerst  ausdrücklich  ge- 
schieht und  nicht  etwa  die  unyollst&ndigkeit  der  Überlieferung  schuld 
daran  ist,  wenn  wir  bei  der  besprechung  der  yorzüge  der  praktischen 
yeraunft  im  sechsten  buche  sie  nicht  mit  erwfthnt  finden,  und  unser 
erstaunen  wftchst,  wenn  wir  sehen  dasz  doch  bei  der  ersten  behand- 
lang der  praktischen  einsieht  dort  die  Wichtigkeit  des  erfassens  der 
richtigen  zwecke  gebührend  hervorgehoben  wird,  c.  5, 1140^  11 — 20 


**  Tgl.  Bamsauer  s.  168.  *'  in  der  that  aber  wurde  Ar.  sich  selbst 
widersprecheD,  wenn  man  genötigt  wäre  VI  10.  1142^  32  f.  /)  eößouXCa 
€ff|  Av  Öp6öti)c  f\  kotA  t6  cv^9^pov  irpöc  ti  tcXoc,  oO  i\  9pövif)oc  dXii- 
O^c  imÖMiyfic  icciv  das  oG,  wie  noeh  Qrant  and  Bamsauer  than,  auf 
Tt  T^oc  sn  bestehen,  während  es  doch  eben  so  gut  aaf  t6  cu^9^pov 
bezogen  werden  kann,  letztere  constniction  aber  ist  schon  deshalb  die 
richtige,  weil  sie  den  widersprach  entfernt ;  sie  ist  aber  aaeh,  wie  Walter 
9.  470  f.  setgt,  die  allein  dem  susammenhang  entsprechende,  nnd  auch 
darin  kann  ich  Walter  nur  beistimmen,  dasz  man  bei  der  erstem  Ttel- 
mehr  t6  t^Xoc  (so  freilich  K^  AM.)  erwarten  müste.  ^  dies  gilt  jedoch 
nicht  Ton  I  13,  1102^  14  ff.  ToO  jap  ^T^paroOc  xal  dKoaroOc  töv  X6tov  xal 
Tf\c  ytix^c  Tö  Xdrov  ^xov  iiratvoO^€V  (6pO<Xic  fäp  xal  ivl  rä  ß^Xricra  irapa- 
KcfXd).  denn  die  ermahonngen,  welche  die  (praktische)  Vernunft  (X6toc)  im 
massigen  nnd  nnmäszigen  erteilt,  bestehen  in  erster  liuie  (s.  s.  749  mit 
anm.  40)  gerade  darin,  den  richtigen  zweck  su  rerfolgen,  nnd  erst  in 
s weiter  darin,  es  auch  mit  den  richtigen  mittein  and  auf  die  richtig« 
art  sa  than. 

Jahrbfteher  f&rclaM.  philol.  1879  hfl.  11.  48 


754  FSuBemibl:  Btadien  zur  NikomachiBchen  ethik. 

(vgl.  anm.  41).  und  es  wächst  noch  mehr,  wenn  wir  femer  sehen 
dasz  vom  zehnten  bis  zwölften  cap.  eine  reihe  von  eigenschttfien,  die 
für  die  praktische  einsieht  unentbehrlich  sind,  abgehandelt  wird, 
und  wir  nun  unter  ihnen  gerade  jene  hochwichtige  yergebens  suchen 
und  dagegen  im  zwölften  cap.  eine  solche  finden,  welche  auBdrflck- 
lich  als  eine  unmittelbare  vemunftanschauung  (voOc)  beseichnet 
wird  und  doch  von  so  ganz  anderer  art  ist,  so  dasz  denn  hier  eben 
jener  gegensatz  von  q)p<Sviictc  und  XÖTOC  zum  voOc  innerhalb  des 
praktischen  geistes  ausdrücklich  erörtert  und  dabei  in  einer  weise 
erörtert  wird ,  welche  das  richtige  meinen  über  den  zweck  eben  so 
sehr  mit  dürren  Worten  vielmehr  aus  dem  gebiete  des  voOc  ans- 
schlieszt,  wie  es  VII  9,  1151^  17  ff.  aus  dem  des  Xöroc  aosge* 
schlössen  wird,  und  man  folglich  nicht  mehr  begreift,  was  für  eine 
classe  von  denkart  es  dann  noch  sein  kann,  diese  stelle"^,  schon  von 
Oiffen  als  ^locns  obscurissimus'  bezeichnet,  strotzt  aber  auch  sonst 
von  Schwierigkeiten  und  anstöszen,  und  von  allen  dentongsver- 
suchen  befriedigt  keiner  vollständig,  zunächst  gehen  diejenigen  er- 
klärer  von  vom  herein  fehl,  welche  entweder,  wie  Walter  (s.  38  ff. 
815  ff.)  und  sein  recensent  im  litt,  centralblatt  1876  sp.  457  f. 
M.  H(einze),  glauben  dasz  hier  nur  von  der  theoretischen,  oder, 
wie  Teichmüller  (s.  214  ff.),  dasz  hier  nur  yon  der  praktischen 
unmittelbaren  vemunftanschauung  die  rede  sei,  indem  beide,  wie 
Zeller  (s.  650  ff.  anm.  2)  richtig  bemerkt,  eine  grammatische  Un- 
möglichkeit zu  gründe  legen,  denn  ö  ^^v  und  6  bk  kann  nicht  von 
demselben  subject  gesagt  werden,  von  dem  einerseits  dies  und  ander- 
seits  jenes  gilt,  sondern  nur  Mer  eine'  und  *der  andere'  bedenten, 
hier  also  die  eine  und  die  andere  art  von  voOc,  und  nicht  minder  ver- 
langt die  spräche ,  dasz  Kard  Tdc  dTiobeiEeic  mit  6  fui^v  und  ty  TOtc 
irpaiCTiKaic,  wozu  Teichmüller  (s.  218  f.  anm.)  und  Zeller  mit  recht 
£iTiCTifj^aic  ergänzen ,  mit  ö  bi  als  nähere  bestimmung  za  öinem  be- 
griffe verbunden  wird,  da  nun  aber  doch  unter  6  £v  raic  npom- 
kqTc  voOc  nur  die  praktische  vemunftanschauung  verstanden  sein 
kann ,  so  folglich  unter  ö  Kard  rdc  dirobeiSeic  nur  die  theoretische: 
dnöbeiStc  bezeichnet  hier  also  im  strengen  sinne  die  wissen- 
schaftliche beweisftthrung,  und  es  ist  diejenige  unmittelbare  Ver- 
nunftanschauung gemeint,  welche  mit  hilfe  der  induction  eben  die- 
sem   beweisverfahren   die  unbeweisbaren  principien  aller  beweise 

**  1143*  35  ff.  Koi  ö  voOc  Tdiv  icxdriDv  £k*  dM<pöT€pa*  xai  t^rurv 
irpdfTUUv  öpuiv  Kai  TfSty  ^cxdTUJV  voOc  Icri  koX  oO  X6toc.  Kai  ö  füv  Kori 
Tac  diro6€U€tc  tOjv  dKivnTuiv  6pu)v  Kai  icpiiiTUJV,  ö  6*  ^v  rate  «pcim- 
Katc  ToO  kxdrou  Kai  ivöcxo^i^vou  kuI  Tf)c  ^^pac  vpordccuic.  dpxoi  T^ 
ToO  oC  IvcKa  aGrar  ix  rdiv  Ka6*  fKacra  ydp  tö  KaOöXou*  Toihwnr  ovv 
Ix^w  6€t  atc6T)civ,  aÜT?)  6'  ^ctI  voOc.  hieran  muss  ticb  d»BB,  wie 
Baasow  erkannt  hat,  unmittelbar  anschlieszen  ^  9  ff.  bi6  Kai  dpffi  koI 
T^Xoc  voOc  4k  toi^tuiv  t^p  al  diro6c(£€tc  Kai  «cpl  ToOrunf.  daas  ^et« 
Worte  nicht  an  ihrem  richtigen  platze  stehen,  hat  namentlioh  Raasanar, 
ohne  von  dieser  Umstellung  an  wissen,  gnt  bewiesen;  freilidh  wwdea 
auch  durch  die  nicht  alle  Schwierigkeiten  gehoben. 


FSasemibl:  Stadien  cur  NikomachiBchen  etbik«  755 

(dKivtlTOi  öpoi  Kai  npuiTOi)  liefert,  und  von  welcher  allein  in  allea 
früheren  abachnitten,  c.  3.  6.  7.  9,  1139*>  17.  28  ff.  1140^  31  ff. 
1141  ^  17  ff.  1142-  25  ff.<^,  die  rede  war.''  gegen  aie,  die  sich  eben 
hiermit  am  meisten  ins  allgemeine  versenkt ,  war  die  am  einzelnen 
haftende  praktische  einsieht  (q>pövr)Cic)  c.  9,  1142*  23  ff.^  in  den 
schftrfsien  gegensatz  gestellt  und  geradezu  selbst  zu  einer  hohem 
art  yon  sinnesurteil  (oucOncic)  zugespitzt  worden,  hier  dagegen  wird 
diese  letztere  yon  der  eigentlichen  einsieht  unterschieden  und  dabei 
selber  als  eine  andere  art  yon  unmittelbarer  yemunftansehauung 
(voCc)  bezeichnet,  nemlich  als  die  der  praktischen  vemunftund  nach 
der  gerade  entgegengesetzten  richtang  auf  das  einzelne  hin."  zweier« 
lei*^  wird  als  ihr  gegenständ  angegeben,  das  letzte  mittel  auf  wel* 
chea  schlieszlich  die  berathschlagung  führt  (tö  ^cxotov  Kai  £vb€xö- 
^€VOv)",  und  der  Untersatz  im  praktischen  schluaz  (f|  iiipa  npö* 

**  wenn  Teiehmfiller  s.  846  an  der  leiatgeaanaten  stelle  (ygL  anm,  68) 
unter  voOc  ▼ielmehr  diepraktitohe  Temonft,  and  anter  deaopoi  lüvoÖK 
icxi  Xöjoc  die  praktischen  principien  Tersteht,  so  ist  dies  in  der 
that  mehr  als  man  für  möglich  halten  sollte,    vgl.  Zeller  s.  064  anm.  1. 

^*  80  aaszer  Zeller  aa.  aach  Orant,  Ramsaaer  and  Trendelenbarg 
hiat  beitr.  11  s.  876,  den  Walter  s.  42  ff.  in  dieser  hinsieht  yergebena  be- 
streitet, am  so  anbegreiflicher  ist  es  mir  freilich,  dasz  Trendelenbarg 
nnd  Ramsaaer  trotzdem  za  4v  rate  irpaKTticalc  wiederam  diroöciEcci  hin- 
sudenken  wollen.  ^6x1  b*  ^  q>p6vnctc  oOk  £incTf|Mil»  <pav€p6v*  toO 
jap  icxärov  kriv,  d&€ir€p  €tpi|TOi'  t6  ydp  irpOKTöv  toioOtov.  dvTUeiTat 
f&iv  6f|  t4»  v4i  *  ö  ^^v  fop  voOc  Tdbv  6puiv  wv  oOk  Cctiv  X6toc.  f)  64  toO 
4cxdT0u,  oC  oOk  &T1V  iiriCT/iiATi  dXX*  akOriac,  oOx  ^  Tilh^  i6iu»v,  dXX* 
oXq.  atc6av6^€6a  6ti  t6  4v  toIc  ^aOrmaTiKOtc  &x<>'^<^v  TpiTOJvov  cri\C£Tai 
Xdp  KdKct.  dXX*  oOti)  fidXXov  aTcBiicic  f\  (ppövticic,  4k€(vi)c  64  dXXo 
cI6oc.  TeichmfiUer  s.  247  setst  komma  Tor  f\  (pp6vr|ac.  dann  müste  es 
Tielmehr  f\  i\  <pp6vficic  heiszen.  ^  mit  recht  findet  Ramsaaer  beide 
stellen  kaam  miteinander  yertrttglich  s.  400  f.  'neglegitur  a  parte  9po- 
vf)C€uic  qaod  et  ipsa  tujv  KaOöXou  eget,  a  parte  toO  voO  qaod  xdiv 
4cxdTUiv  4ctIv  in'  dfi9ÖTepa  1148*  86;  neqae  enim  hoeasqne  voOc 
erat  nisi  ad  quem  samma  scientiae  prineipia  referrentnr.  nihilo  minns 
panim  probabile  est  eandem  huc  pradentiae  caasa  afcOv|Civ  qaandam 
indozisse,  qai  moz  e.  12  idem  nomen  menti  dataras  esset  (1148**  6); 
nam  aliam  atc6r)Civ  hie,  aliam  c.  18  diel  ne  significatar  qatdem.*  s.  411 
'hanc  akOnctv  Tt|i  y^  dar!  post  1142«  26  sq.  paene  miram.'  *^  denn 
indem  in  den  werten  ToO  £cxdTOU  Kai  ivbcxo^i^vou  xai  Tfjc  ^T^pac  tcpo» 
Tdctuic  bei  4v6£X0^4vou  der  artikel  toO  nicht  wiederholt  wird^  sohUeszen 
sich  eben  damit  toO  4cxdT0U  xal  4v6€XO^^vou  aa  Einern  ^liede  zusam- 
men nnd  Kai  ttJc  tripac  irpordccuic  tritt  demselben  als  ein  zweites  an 
die  Seite,  dies  hat  Zeller  nnd  aach  (s.  anm.  64)  Ramsaaer  eingeseheot 
Walter  (s.  828)  and  TeicbmüUer  dag^egen  haben  es  verkannt,  aach  Tren- 
delenbnrg  nnd  Rassow  (s.  77  f.),  ersterer  indem  er  sn  4v6€xo^4vou  hin- 
zndenkt  icai  dXXuic  ix&Vf  letsterer  indem  er  vermntet  das  dies  hinter 
4v6€X«Hs4vou   aasgefallen  sei.  *'  nach  der  richtigen  erklftrnng  Ton 

Zeller:  s.  III  6,  1112 1>  18  ff.  Iwc  Av  €X6uiav  4iri  t6  icpdiTOv  atTtov,  6 
4v  t4  €6p4c€i  CcxoTOv  icriv,  28  f.  xal  t6  fcxarov  4v  t^  dvoXOcei  «pCti- 
Tov  ctvoi  4v  t4  T^cci.  icdv  fiiv  dbuvdTty  ivrOxuiciv,  d9(cTOVTOi  •  . 
4dv  64  6uvaT6v  okiIvittoi,  irX^ipoOci  vpdTTCtv  (also  4v&€XÖfi€vov  ganz 
richtig  «>  buvoTdv,  was  Trendelenbnrg  and  Rassow  mit  anrecht  ver- 
werfen), pejoh.  lU  10,  438«  16  f.  oG  jap  i\  6pcEic,  aOrn  f\  dpx^  toO 
«poKTUCoO  voO-  t6  b*  CcxOTOV  (nemlich  ToO  irpOKTiKoO  voO,  s.  Walter 
s.  881  anm.  1)  dpxA  Tftc  irpdScuK. 

48* 


766  FSusemihl:  Btadiea  zar  Nikomachischen  ethik. 

TQCtc),  und  wenn  es  auch  recht  schwer  ist  einzusehen,  wie  erüteres, 
der  schlnszsatz  der  berathung,  sache  nnmittelbarer  anschaaung  sein 
soll**,  80  ist  doch  das  von  ZeUer  geltend  gemachte  bedenken,  dasz 
die  thStigkeit  der  praktischen  vemunft  selbst  dergestalt  nicht  in  das 
berathschlagen,  sondern  in  das  erkennen  der  zweiten  praktisehen 
prSmisse  und  des  die  ausfdhrung  des  beschlossenen  beginnenden 
mittels  gesetzt  werde ,  in  Wahrheit  nicht  vorhanden,  denn  nicht  die 
thStigkeit  der  praktischen  vemunft  überhaupt,  sondern  nur  die  der 
unmittelbaren  praktischen  vemunftansdiauung  wird  hierein  ge- 
setzt (voCc  im  gegensatz  zum  XÖTOC).  folglich  wird  aber  auch 
keineswegs,  wie  ZeUer  behauptet,  'die  erkenntnis  des  thatsächlichen, 
von  dem  die  praktische  Überlegung  ausgeht,  und  des  auszufahrenden, 
zu  welchem  sie  hinleitet,  mit  zu  dieser  gerechnet',  wol  aber* als  ein 
unentbehrliches  erfordemis  zu  ihr  angesehen  und  gleichfalls  der 
praktischen  vemunft  zugeschrieben,  ja  in  noch  höherem  masze  von 
dem  praktisch  einsichtigen  erfahrung  als  kenntnis  des  allgemeinen 
verlangt/'  als  grund  dafür,  weshalb  innerhalb  der  praktischen  Ver- 
nunft das  unmittelbare  denken  nicht  wie  innerhalb  der  theoretischen 
auf  die  allgemeinsten  principien  gerichtet  sei,  sondern  vielmehr  jene 
beiden  gegenstfinde  habe,  wird  nun  aber  angegeben,  dasz  die  letitem 
noch  wieder  die  principien  des  Zweckes  seien,  dpXttl  T&p  xoC  ou 
Ev€Ka  aÜTai.^  allein  wie  man,  ausgenommen  da  wo  es  sich  um  ein 
bloszes  beurteilen  einer  von  andern  vollbrachten  handlung  fragt, 
aus  dem  mittel  den  zweck  kennen  lernen  könnte  statt  umgekehrt, 
ist  wenigstens  mir  unbegreiflich;  dasz  dagegen  aus  den  Untersätzen 
der  praktischen  Schlüsse  die  die  Zweckbestimmung  oder  die  sittlichen 
grundsfttze  enthaltenden  obersfttze*'  entstehen,  kann  man  sich  aller- 
dings wol  vorstellen**,  aber  doch  nur  in  analoger  weise,  wie  auch 

**  daher  meint  denn  Raamsauer  8.  409  f.,  diese  ^cxora  seien  ja  viel- 
mehr (was  an  sich  freilich  richtig  genug  ist)  die  der  9pövT)Cic,  die  des 
voOc  vielmehr  die  sonder-  oder  einseUwecke.  allein  wie  dieae  t6 
CcxOTOV  Kol  ivöcxöficvov  genannt  werden  könnten,  vermag  ich  wenig- 
■tens  nicht  abzasehen,  and  Ramsaner  selbst  mnsz  angeben  daex  da- 
durch nur  eine  andere  Schwierigkeit  entsteht:  cvoOc  xaloö  Xöroc  noo 
prorsus  verum  hoc.  vStv  ic%,&xwyf  enim,  si  quidem  rä  x4kf\  rä  Ka6* 
fKacTO  dicuntur,  saue  saepe  est  Xötoc.»  **  8,  1141  ^  14  ff.  oöö'  ^tIv 
1^  9PÖV11CIC  TiSiv  icaOöXou  flövov,  dXXd  M  koX  rd  küQ'  f Kocra  yvuipitov  * 
irpamicyi  fäp,  ^  bk  irpÄEic  tcepl  rd  ko8'  ^Kocra.  6i6  ical  €vioi  o^ 
cibdrec  Iviuiv  cIöötujv  irpoxTiKd^Tcpoi  xal  4v  toYc  dXXoic,  et  €^1r€lpol. 
vgl.  1142«  14  ff.  atnov  b'  öri  xal  rtZrv  kuO*  iKUcrd  icriv  ^  <ppövi)CK, 
&  TivcTui  TVtOpiMa  il  i^1r€lpiac,  v^oc  6*  d^it^xpoc  oök  ^ctiv.  114S^  11  ff. 
iDcTC  6ct  itpocix^iy  ti£»v  ^uncipuiv  ical  irpEcßur^puiv  fj  9povi|uiiv  tqic 
dvairoöcdcTotc  «pdccci  xoi  odEaic  oöx  fJTTOv  tiI>v  dirobcUcuiv-  h^ä'yöp 
usw.  s.  anm.  76.  **  faOrai  i.  e.  t6  Cqcorrov  xal  ivScxÖMCvov  atqae 
1^  Ir^pa  irpöracio  bemerkt  richtig  Bamsauer.  bei  TeicbmüUer  •.  Si4 
anm.  liest  man  dagegen  folgende  seltsame  erklSrong:  toOrat  durch 
attraclion  von  dpxoi  statt  toOto:  denn  Ar.  meint  nur  den  inhall  des 
untersatxes,  und  er  setst  nicht  dpx^,  sondern  äpxai,  weil  er  diäten  ic- 
halt notwendig  als  Vielheit  des  einzelnen  denkt,  ans  welchem  durch 
induction  das  ^ine  und  allgemeine  hervorgeht»  ^  s.  die  anm«  41 
angef.  stelle   18,  1144-  31   ff.        ••  TeichmüUer  s.  tu  f.  wUI  dadorefa 


FSoBemilil:  Btadien  zur  NikonachiBcben  ethik.  757 

innerhalb  des  theoretischen  denkens  bei  der  indoction  der  obersatz 
mittels  des  Untersatzes  und  des  schluszsatzes  bewiesen  wird.''  und 
dazu  stimmt  ja  auch  genau  die  begründung  £k  tu»v  xaO'  CicacTa  yotp 
TÖ  xoOöXou,  die  doch  ungekünstelt  kaum  etwas  anderes  als  ein  in- 
ductives  verfahren  bezeichnen  kann,  ist  dies  aber  der  fall,  so  sieht 
man  in  der  that  nicht,  wo  der  aufgestellte  unterschied  zwischen  dem 
theoretischen  und  dem  praktischen  unmittelbaren  denken  bleibt,  und 
warum  denn  nicht  eben  so  gut  wie  dort  die  erkenntnis  der  obersten 
principien  trotz  der  hilfe  der  induction*"  als  eine  unmittelbare  an- 
gesehen wird,  hier  yon  der  richtigen  meinung  ttber  den  zweck  bei 
ihrer  analogen  entstehungsweise  ein  gleiches  gelten  soll,  soll  die 
quelle  der  yirtuositftt  in  diesem  richtigen  meinen,  wie  wir  sahen,  nach 
Vn  9, 1151^  18  f.  naturell  oder  gewOhnung  sein,  so  ist  ja  obendrein, 
wie  Bamsauer  (s.  410)  richtig  bemerkt,  die  gewöhnung  eine  art  yon 
praktischer  induction.  wollte  man  aber  vielmehr  mit  Zeller  an  einer 
richtigen  erklftrung  jener  wort«  verzweifeln  und  sie  als  einen  spä- 
tem Zusatz  entfernen,  so  bliebe  damit  die  Schwierigkeit  nach  dem 
bemerkten  noch  immer  dieselbe,  und  Überdies  enthalten  die  nächsten 
werte  TouTuiv  oOv  Cx^tv  bei  aTcOf^ctv,  auTr)  b  *  icvX  voCc  eine  fol- 
gemng  (ofiv),  ftir  welche  jene  begründung  unentbehrlich  ist:  denn 
deshalb  allein  ist  die  aufßässung  des  letzten  gliedes  in  der  kette  der 
mittel  und  des  inhalts  der  zweiten  praktischen  prftmisse**  eine  art 
von  sinneswahmehmung,  weil  diese  beiden  gegenstände  etwas  ein- 
zelnes und  nicht  etwas  allgemeines  sind.'"  das  alleranstöszigste  end- 
lich sind  die  schluszworte  biö  xal  dpx^  Kai  T^Xoc  voCc  *  £k  toAtuiv 
jap  a\  äitobe&tc  xal  ncpl  toutuiv,  die  Zeller  ganz  mit  schweigen 
fibergeht.  Eassow  (s.  31)  bezieht  das  btö  auf  ö  voOc  Tu>v  £cx<iiTUiv 
in'  dpipdrepa  usw.;  dann  wäre  also  der  sinn:  der  theoretische  voOc 
ist  anfang  und  der  praktische  ende;  dazu  passt  aber  die  begrfindung 
nicht:  denn  unter  toutuiv  kann  nichts  anderes  gemeint  sein  als  vor- 
her, eben  jene  beiden  objecto  des  praktischen  unmittelbaren  denkens, 

mog^T  das  verderbte  xoOqMt  xal  8,  1141  >*  20  rechtfertigen,  aber  ich 
wenigsteos  vermag  den  «n  dieser  stelle  erforderlichen  sinn  nur  so  auf- 
anfassen t  wer  ans  blosser  erfahrang  die  thatsache  (ön)  kennt,  dass 
Togelfleisch  eesnnd  ist,  ohne  die  Ursache  (öiÖTi),  dass  nemlich  alles 
leichte  fleisch  (r^sand  ist,  ist  ein  besserer  arst  als  wer  letsteres  weiss, 
wenn  er  nicht  snj^leich  weiss  welches  fleisch,  nnd  also  auch  nicht  dass 
vogelfleiseh  leicht  ist. 

*^  sweite  anal.  II 83.  denkt  man  sich  aber  die  sache  so,  dann  wird 
man  anch  nicht  mehr  mit  Ramsaner  (s.  410}  behaapten  können:  'syl- 
logismnm  si  ezcogitaveris  qaemlibet  irpamicöv,  invenies  propositionem 
minorem  omninm  minime  ad  t6  t^oc  oC  Cvcko  vel  ad  t6  6p€KT6v 
specUre.'  *^  8,  1139^  29  ff.  ciciv  dpa  dpxal  4£  lüv  ö  cuUoTtC|AÖc,  div 
OOK  {cn  cuXXotiCMÖc-  ^varuit^  dpa  vgl.  Zeller  s.  192  £F.  240  ff. 
—  denn  diese  sind  sonach  wledemm  unter  toOtuiv  verstanden  wie  vor- 
her nnter  aOrai,  nnd  nicht  geht  toötuiv  aaf  Ti&v  koO*  Ikocto.  ^  III  6, 
1112^  34  ff.  oM4  hi\  tä  koB*  Ckocto,  otov  et  dpxoc  toOto  f\  ff4ncirrai 
die  M'  aice^ceuic  rdp  toOto.  VII  6,  1147«  26  ff.  f)  fi^  fäp  KaOöXou 
MCa,  i\  b*  Mpa  ircpl  tOiv  koO*  Ikocto  4ct(v,  div  alc6r)Ctc  i\^r\  Kvp(a. 
ferner  s.  anm.  76.  88. 


758  FSasemilil:  studien  zur  Nikomacbischen  ethik. 

des  moralischen  sinnes.  soll  aber  sonach  vielmehr  dieser  praktische 
voOc  anfang  und  ende  sein,  so  ist  zwar  an  sich  gegen  die  bezeichnung 
des  praktischen  Schlusses  durch  diröbeiSic  nichts  einzuwenden ,  die 
sich  yielmehr  auch  im  folgenden  und  VII  5,  1147*  20  findet,  aber 
wie  wunderlich  ist  doch  hier  diese  begrttndung  aus  der  natnr  der 
dirobciEctc,  nachdem  gerade  der  theoretische  voOc  im  gegensatze 
zum  praktischen  als  der  KQTa  rdc  diTobe(E€ic  bezeichnet  worden  ist! 
und  da  der  satz  xal  dpx^  Kai  t^Xoc  voCc  sich  bereits  als  eine  fol- 
gerung  (btö)  aus  der  vorangehenden  auseinandersetzung  darstellt,  so 
kann  die  hinzugefügte  begründung  nur  etwas  enthalten,  was  ein- 
schlieszlich  bereits  in  jener  auseinandersetzung  schon  mit  gegeben 
ist.  versteht  man  nun  unter  diröbciStc  hier  nicht  blosz  den  prakti> 
sehen  schlusz,  sondern  auch  die  berathschlagung,  was  sich  freilich 
sonst  nirgends  findet^  so  ist  allerdings  für  das  eine  der  beiden  ob- 
jecto, das  fqcaTov  kolX  £vbexö|üievov,  die  sache  klar:  denn  gleichwie 
aus  ihm  die  anscHauung  des  zwecks  hergeleitet  ward  (ix  toutuiv), 
so  dreht  sich  anderseits  (nepl  Tourmv)  um  seine  auf&ndung  die  be- 
rathung  und  schlieszt  mit  ihr:  eine  unmittelbare  anschanung  aagt 
uns,  dasz  dies  mittel  das  letzte  ist,  welches  wir  zum  beginn  der 
ausführung  zu  suchen  hatten ,  gleichwie  in  der  geometrie ,  dass  das 
letzte  und  kleinste  bei  der  Zerlegung  der  figuren  ein  dreieek  and 
nun  keine  kleinere  figur  mehr  möglich  ist  (1142*  27  ff.)/*  inwie- 
fern aber  der  praktische  schlusz  sich  um  die  zweite  prftmisse  drehen 
und  dadurch  yom  theoretischen  sich  unterscheiden  soll ,  darüber  ist 
im  Toraufgehenden  nichts  zu  finden.^  ich  sehe  keinen  andern  ana- 
weg  aus  all  diesen  wirmissen  als  die  annähme,  dasz  diese  ganze 
stelle  nicht  von  Aristoteles  herrührt,  und  dasz  Tielmehr  hinter 
9,  1142^  30  eine  auseinandersetzung  ausgefallen  ist,  welche  anter 
anderem  auch  dahin  gieng,  dasz  es  auch  in  der  praktischen  yemanfl 
ein  unmittelbares  denken  (voCc)  gebe,  vermöge  dessen  wir  znr 
auffassung  des  Zweckes  gelangen.^    dasz  freilich  Ar.  auch  dieses 

^*  anders  freilich  Zeller  8.  656  anm.,  und  nicht  ohne  giiten  gmnd, 
aber  nur  «o  kommt  die  ver^Ieiohnng  heraus.  Hamsaoers  bedenken  geir«a 
die  echtheit  der  betreffenden  worte  sind  also  doch  wol  nicht  so  gaas 
ungerechtfertigt.  ^  Teicbmüller  s.  261  schreibt:  ^mithin  mnaa  die 
praktische  Vernunft,  da  sie  die  allgemeinen  principien  des  handelns  und 
praktischen  denkena  in  den  obers&tsen  erkennt  und  augleich  mit  dem 
moralischen  sinn,  der  die  untersfttse  findet,  dasselbe  ist,  notwendig  an- 
fang und  ende  sein,  dh.  sowol  Inhalt  a!s  umfang  des  praktiachea 
denkens.'  dabei  ist  vergessen  dass  voOc  hier  nicht  die  praktiseh«  ver* 
annft  bedeutet,  sondern  nur  das  unmittelbare  denken  derselben. 

**  ein  indicinm  fOr  diese  IGcke  ist  auoh,  dasi  der  folgende  ante  t6 
ItYT&v  bi  Koi  t6  pouXcöeceai  6ia<p^p€i'  t6  tdp  ßouXcO€c6ai  ^f)T€lv  ti 
Ict(v  wol  als  ende  einer  aasgefallenen  erörtemng  denkbar  ist,  jetiit 
aber  schlechthin  zusammenhangslos  dasteht,  überdies  finden  sich  nna 
aber  X  7.  1177«  17  f.  die  worte  ÖTt  6'  icrl  6€Uipi|nK«t  (if^  toO  voO  tfifh- 
Tcia  KQTd  t/|v  olKciav  dpcT^v)  cTpnTai,  su  denen  Ramsaner  (s.  690)  mit 
recht  bemerkt,  dasz  dies  nirgends  im  vorhergehenden  steht,  indes  ar 
nun  zeigt,  dasz  an  eine  unechthelt  dieser  worte  nicht  sn  denken  ist 
schlieszt  er  ans  ihnen  mit  zwingender  notwendigkeit  einen  Terinst  im 


FSaeemihl:  stadienzur  Nikomachischen  ethik.  759 

als  eine  art  von  innerm  sinne  (alcOiictc)  oder  individnellem  tacte 
aaffaszte,  kann  nach  seinen  von  Walter  (s.  160  flf.)  richtig  beleuch- 
teien  ftaszeningen  nicht  zweifelhaft  sein,  die  richügkeit  der  zwecke 
die  jemand  verfolgt,  der  sittlichen  gnmdsfttze  welche  er  sich  znr 
richtschnnr  nimt,  hängt  stark  von  seiner  individualitftt  ab.  die  rieh* 
tige  sittliche  mitte  ist  für  verschiedene  individaen  eine  sehr  ver- 
schiedene, 6ines  schickt  sich  nicht  für  alle/^  wie  weit  man  zu  gehen 
hat  in  zom  und  wie  weit  vielmehr  in  Sanftmut,  darttber  lassen  sich 
nicht  leicht  allgemeine  regeln  geben:  denn  das  hftngt  immer  vom 
einzelnen  fall  ab,  und  folglich  steht  hierüber  vielmehr  eben  jenem 
gesunden  sinne  und  individuellen  gefflhle  jedesmal  das  urteil  zu.^ 
daher  vermag  denn  Ar.  für  das  moralisch  gute  nur  die  Zirkeldefinition 
zu  geben,  es  sei  das  was  der  gute  mann  will.^  und  nichts  anderes 
ist  das  KoXöv  und  5  bei :  eine  so  wesentliche  rolle  es  in  der  bestim- 
mung  der  Charaktertugenden  spielt^,  bleibt  es  doch  einfach  dem 
taet  des  handelnden  überlassen  zu  finden,  worin  es  in  jedem  einzelnen 
falle  bestehe,  nicht  minder  unzweifelhaft  ist  es  aber  nach  1143* 
28  f.^,  dasz  Ar.  auch  umgekehrt  diejenige  alcOiicic,  welche  die  zwei- 
ten praktischen  prftmissen  findet,  als  eine  art  von  voOc  ansah,  da- 
her sind  denn  genauer  nur  die  werte  Ka\  ^  \xiv  .  .  voOc  und  h\ö  xal 
Ag%i\ .  .  TOiiTUiV  1143^  1 — 6.  9—11  als  interpoliert  zu  betrachten. 
Von  den  übrigen  drei  für  den  praktisch  einsichtigen  unentbehr- 


6n  bncbe.    8.  jedoch  anm.  87.    natürlich  war  die  interpolatioo  im  12n 
cap.  erat  folge  der  lücke  am  ende  des  9n. 

^*  VLicov  oO  t6  toO  irpdTMttTOC  dXXd  t6  irp6c  i^müc  1106  ^  7.  86  f. 
fiberhanpt  8.  II  6.  8.  9.  ^^  II  9, 1109i>  20  ff.  d  bk  ^ixpi  t(voc  koI  iiti 
iröcov  i)ickt6c  oö  ^^^lov  Tili  Xdxip  dipopicai'  otbk  yäp  dXXo  oö6^v  tiDv 
alcOnTOiv»  Tä  bi  TOiaOro  ^v  toIc  Ka8*  Ckocto,  koI  £v  Tf]  a(c6if|cei  i^  xpi- 
cic  IV  11,  1186^  8  ff.  ö  6i  iröcov  Kol  ml^c  napCKßoCvuiv  i|ieicT6c,  oö 
^öiov  Ti)»  X6vv  diro6oOvat'  ^v  fäp  toIc  KaO'  ^koctq  koI  tu  aic8f|C€i  /j 
icpicic  daher  pol.  I  2,  1863*  16  n.  toOto  t^  irp6c  rd  dXAa  l(^  toIc 
dMpiimoic  T5u>v,  t6  ^övov  dyaSoO  koI  kqkoO  xal  5iKa(ou  koI  dbdcou  ical 
Td»v  dXXuiv  atc8if)civ  ix^iy.  etbik  III  6, 1113*  88  ff.  biacp^pci  irXcIcrov 
Xcmc  ö  cirouÖGtloc  tift  rdAf^e^c  ky  äcdcroic  6p<bv  «Dcirep  Kovdfv  koI  filrpov 
ainiby  ibv,  ferner  1143^  14  f.  (s.  anm.  63)  6td  ydp  t6  i%€\v  te  ri^c  Im- 
veipCac  ÖMiLia  öpd^civ  öpOO^c.  III  7,  1114^  6  ff.  djcnep  6i|ftv  ^ovro, 
Q  Kpiv€l  KaXuOc  nsw.  (a.  anm.  61).  Tgl.  Bainaaner  a.  168  f.,  der  jedoch 
billigerweiae  den  blossen  Tergleich  VI  13,  1144^  U  f.  und  die  yon 
Piaton  berüber^nommene  beseichnnng  öp^a  i|iuxf|C  1144*  30  (a.  anm.  48f .) 
hatte  ans  dem  spiele  lassen  sollen,  nnd  Zeller  s.  838  anm.  2.  ''°  II 6, 
bes.  1113*  23  ff.  dpa  9aT^ov  6irX<X)c  ^^v  koI  kot'  dXfje€iav  pouXT)t6v 
ftvoi  TdxaOdv,  iKdcTifi  bi  Tö  9aivÖM€vov;  rif  fi^  oGv  cirou6a(ip  rd  kot' 
dX/(6€tav  etvai,  t4»  bi  <paOXi|i  t6  tuxöv.  38  ff.  (s.  anm.  76).  X  6,  1176* 
16  ff.  boKct  6*  t^  dicoci  Tolc  TOtoöTOic  clvat  t6  9otvö^cvov  Ttn  cirou- 
baicp.  €l  bi  ToOto  KoXt&c  X^tcroi,  KaOdircp  boKcl,  xal  Ccnv  cxdcTOu 
liirpov  i\  dpCTf)  Kol  6  dradöc  1}  toioOtoc  usir.  vgl.  Ramsaner  s.  168. 
881.  '"  leb  begnfige  mich  hier  die  dine  stelle  anmftthren:  III  10, 
1116^  12  f.  ToO  NoXoO  Cvcica'  toOto  yäp  xikoc  Tf)c  dpcTf)c.  16  rdiv 
ftliapTidhr  i\  ^iv  An  8  oö  6^  17  ff.  o  v^  oOv  &  bei  xal  oG  Cvcica 
6iroM4tvuiv  xal  (poßoö^cvoc  .  .  6\io{wc  bi  xal  dapptbv  dvbp^oc. 
^  «Acat  Tdp  ai  buvdjLiCic  aörai  (nemlicb  Tvub^n*  cOvccic,  <pp6vi|Cic,  voOc) 
Td)v  4cxdTuiv  clci  xai  rdbv  xoO'  Ckoctov.    a.  aber  anm.  94. 


760  FSusemihl:  Btudien  zar  Nikomachüriien  ethik. 

liehen  eigenscbaften  ist  die  wolberathenheit  (eößouXia)  ein  banpi- 
bestandteil  der  einsieht  selber  (c.  10),  die  Verständigkeit  (cuvcoc) 
und  das  wolmeinen  (TVUiHn)  dagegen  (e.  11)  stehen,  weil  sie  blosz 
urteilend  (xpiTiKai)  sind ,  zu  der  befehlenden  (^irtTaKTiK/j)  einsieht 
sogar  in  einem  gewissen  gegensatss  ^',  nur  aber  dasz  doch  niemand 
einsiehtig  und  folglich  auch  nicht  im  besitz  der  charaktertugend  sein 
kann,  der  nicht  auch  versttodig  und  wolroeinend  ist  die  yerstftndig- 
keit  hat  mit  der  einsieht  ferner  noch  den  gegenständ  gemein,  das 
worüber  man  beräth,  also  die  mittel  zum  zwecke^,  die  Verwandt- 
schaft des  wolmeinens  mit  ihr  ist  dagegen  zwar  die  gleiche,  aber  in 
einer  beschränktem  sphSre,  in  fragen  der  billigkeit/*  wir  erüahren 
nicht  einmal,  ob  auch  diese  eigenscbaften  tugenden  sind,  dasa  ihnen 
ein  gewisser  Charakter  des  natürlichen  und  angeborenen  anklebt "*, 
gleichwie  jener  Hugend'  im  richtigen  meinen  über  den  zweck", 
spricht  vielleicht  eher  dagegen,  im  ersten  buche  13,  1103^  5  f.*' 
ward  die  Verständigkeit  allerdings  mit  als  beispiel  unter  den  ver 
nunfttugenden  aufgeführt,  aber  doch  nur  nach  dem  laxem  begriff, 
nach  welchem  jede  löbliche  bleibende  beschaffenheit  ({£ic)  tagend 
genannt  wird"',  so  dasz  folglich  dort  auch  die  mäszigkeit,  die  her- 
nach, wie  bemerkt,  von  den  eigentlichen  tugenden  des  diarakters 
gesondert  wird,  als  eine  solche  hätte  angeführt  werden  können;  im 
sechsten  buche  dagegen  gilt  der  strengere  begriff,  nach  welehem  nur 
solche  ££eic  tugenden  sei  es  des  erkennenden  sei  es  des  überlc^n- 
den  vemunftteils  sind,  xaO'  Sc  ^dXtcr'  dXii6€U€i  ^Kdrepov,  ans  die- 
sem gebiet  aber  ist,  wie  schon  bemerkt,  die  b6£a  ausdrücklieh  aus- 
geschlossen worden  (1139**  12 — 18,  s.  o.  s.  741.  751),  die  versün- 
digkeit  aber  wird**  als  Kpivciv  tv  itjjt  XpflcOot  T^  hoirj  bezeichnet. ** 

^*  1143*  6  ff.  6i6  YTCpl  T&  ainä  ^iv  tI)  9pov/)C€i  icriv,  oök  €cn  U 
Tairrdv  cOvccic  xal  q>pövticic*  f|  ptiy  yäp  cppovricic  ^iriToicTucf^  knv  .  . 
i\  bi  cOvccic  KpiTiK^i  MÖvov.  13  ff.  ^v  Tip  XP^ceai  tQ  öölq  [^iri]  t6  iqpivciv 
ir€pi  Toütuiv  ircpl  «Bv  i\  q>pövi)c(c  kriv,  dXXou  kifOYToc,  küX  .xpivciv 
KOAdic.  19  f.  1^  .  .  Tvi^Mn  .  .  1^  toO  dmeiKoOc  icri  Kpicic  6fM[,  S3  f .  ^ 
bf|  (80  Trendelenbarg  statt  hi)  cutTv^MH  T^^MH  ^ctI  KpiTiKif^  toO  imt- 
€tKO0c  6p6f|'  6pef|  b'  f|  ToO  dXfieoOc  (dXv^eOic  Trendelenbnrgl.  29  f.  ly 
}xiy  T(li  KpiTiKöc  ctvai  iT€pi  dfv  6  9PÖVIM0C,  cuvctöc  xai  cuTvU>|Mtfv  l\ 
cuTTV(iI»MUiv  (vielleicht  Ist  f\  cuyirvtifMUiv  nor  eine  onricbtige  in  den  text 
gedrungene  Variante)  usw-,  s.  anm.  81.  '*  11,  1143*  &  ff.  s.  aam.  S8. 
79.  *'  indessen  fügt  Ar.  1143*  31  f.  unmittelbar  nacb  den  aans.  79 
angef.  Worten  hincn:  rä  T&p  ImctKf)  KOivA  T(Dv  droOdbv  AirdvTunr  Icrlv 
Iv  tCji  irpöc  dXXov.  ^  18»  1143**  6  ff.  6i6  xol  ^uciKd  boKct  clvoi  n^ro, 
Kai  90c€t  co<pöc  ^^v  oöbcic,  TvtJ^MVIv  b*  ix^w  koI  cOvcctv  koI  voöv.  o^ 
^ctov  b*  dn  Kai  TdTc  /|XtKiatc  oiö^eOa  dxoXouOctv,  xai  ffi€  i\  f^wia  voOv 
IX€i  Kai  yy\bitr\y^  die  if\c  qn^ccuic  alrCac  o(ki)c  . .  diCTC  bei  vpoc4x€iv  Tiinr 
i^ircCpuiv  Kut  vpccßuT^ptuv  usw.  s.  anm.  63.  75.  *^  s.  anm.  46. 
^*  C09(av  fiiv  Kai  cOvcctv  Kai  9pövi]civ  btavoi|TiKdc  "^  s.  9  f.  ti^ 
{Scuiv  bi  T&c  ^icaivcTdc  dpCTAc  A^ro^cv.        **  1143*  13  f.,  s.  aom.  79. 

^  freilich  fehlt  ebenso  gut  die  erklärnng,  ob  auch  4incTtf|Ki|  sod 
voOc  Innerhalb  der  theoretischen  yernunft  tugenden  sind  oder  nur  co^lo. 
doch  hat  es  damit  wol  eine  andere  lewandlnis.  das  sechst«  bock  ser- 
fällt  in  zwei  hanptteile.  der  erste  (bis  7,  1141*20  Tt^lttrrdTUlv}  kaadelt 
▼OD  den  verstandestugenden  überhaupt,  der  sweite  (s.  13,  1143^  16  ff. 


FSüsemibl:  Btiidien  snr  NikomaehiBclien  ethik.  761 

Noch  mehr,  es  wird  nicht  einmal  ansdrficklich  gesagt,  ob  yer- 
siändigkeit  und  wolmeinen  gleich  der  einsieht  der  praktischen  oder 
ob  sie -'^  der  theoretischen  yemnnft  angehören,  doch  kann  nach  der 
nator  der  sache  ersteres  wol  kaum  zweifelhaft  sein,  denn  beide  be* 
ziehen  sich  auf  das  praktische  handeln:  wer  die  charaktertngend  der 
billigkeit  (iirtcfKeta)  ausüben  will,  bedarf  dazu  yor  allen  dingen  des 
wolmeinens,  und  wer  in  fremdem  auftrage  handelt,  der  yerstftndig- 
keit,  nemlich  der  richtigen  beurieilung  des  ihm  aufgetragenen«* 

Ist  dies  nun  aber  richtig  —  und  TeichmüUer  (s.  210)  hftlt  es 
ja  daftbr  —  so  kann  der  befehlende  Charakter  der  praktischen  ein- 
sieht unmöglich,  wie  TeichmüUer  (s.  36 — 88)  gegen  Walter  darzu- 
thun  sucht,  aus  der  unter  allen  umstftnden  befehlenden  natur  der 
ersten  prämissen  in  den  praktischen  Schlüssen  hergeleitet  werden, 
denn  wer  den  handelnden  richtig  beurteilen  wiU,  musz  ja  genau  den* 
selben  schlusz  machen,  durch  den  der  handelnde  sich  zum  handeln 
antrieb,  genau  denselben  schlusz  zb.,  den  jener  machte,  der  seinen 
yater  schlug:  ^obersatz:  was  uns  angeboren  und  also  natumotwendig 
ist,  dürfen  und  wollen  wir  thun;  Untersatz:  in  unserer  familie  ist  es 
angeboren  seinen  yater  zu  prügeln;  schluszsatz:  also  darf  und  will 
ich  den  meinen  prügeln'  ^  musz  der  wolmeinende  beurteiler  in  jenes 
seele  ihm  nachmachen,  wenn  er  ihn  wirklich  billig  beurteilen  will, 
noch  mehr,  der  obersatz  'leichtes  fleisch  ist  für  kranke  heilsam'  "^  i^t, 

Ti  }Uy  oOv  icny  i^  9pöviicic  xal  t\  co<p{a,  xal  ir€pl  rWa  iKorifM  Tvtxdvci 
oOco,  Kol  ÖTi  dXXou  Tf\c  H^^c  MopCou  dpcriP)  ^Korr^pa,  eTpi^Tar  öianopfT- 
ceu  b  *  dv  TIC  iTCpl  oOrilbv  ri  xpi^Ci^oi  ctav)  genaaer  von  der  co<p(a  und 
9p6vficic  im  besondern  and  namentlich  Ton  der  letstera.  Tom  ersten  fehlt 
das  ende,  in  welchem  unter  andern  ausgeführt  worden  sein  mnss,  waram 
der  knnstTerstand  (t^x^)  a>>  *ich  noch  keine  togend  ist,  dass  es  aber 
eine  tagend  desselben  gibt,  and  worin  sie  besteht  (s.  6,  1140**  22  T^xvnc 
fxiy  €cTiv  dpCTf|,  ^poWjCCUic  h*  oOk  (Lcrxy.  7,  1141*  12  dprrf)  T^xvnc)i 
und  ferner,  ob  anszer  der  co<p(a  aacb  voOc  and  ^mcT/mn  tagenden  der 
theoretischen  yemunft  sind,  und  wenn  nicht,  warnm  nar  die  erstere  and 
nicht  die  beiden  letzteren,  vom  zweiten  haaptteil  aber  fehlt  aoeh  noch 
der  anfsng.  die  X  7,  1177*  17  f.  citierte  stelle  (s.  anm.  73)  kann  daher 
allerdings  anch  vielmehr  in  dieser  lücke  gestanden  haben.  Ramsaaer 
hat  die  letztere  and  in  der  haaptsache,  wenngleich  nicht  ohne  Irrtümer 
im  einselnen,  anch  schon  den  ranzen  sachyerhalt  richtig  erkannt,  sollte 
aon  aber  Ar.  in  dem  aasgefulenen  wirklieh,  wofür  manches  spricht 
(s.  Döring  'kanstlehre  des  Aristoteles',  Jena  1872,  s.  62  ff.),  sogar  der 
^ictcrfuit)  nnd  dem  voOc  der  theoretischen  vemanft  den  yoUen  tagend- 
Charakter  aberkannt  haben,  so  ist  yoUends  gar  nicht  daran  zn  denken, 
dasz  er  ihn  der  cOvccic,  der  Twiffiri,  dem  anmittelbaren  voOc  anf  dem 
praktischen  gebiet  hatte  znerteilen  wollen,  am  von  der  €(^uXki  gar 
nicht  SU  reden.     Übrigens  ygl.  noch  anm.  lOS. 

•7^  wie  yon  der  yerstandigkeit  Walter  Jen.  litt.-stff.  1877  s.  28  be- 
haoptct.  "*  dieser  fall  liegt  aber  in  dem  dXXou  Xctovtoc  lliS«  16 
(s.  anm.  79)  offenbar  mit  eingeschlossen,  vgl.  das  Kpivctv  Iv  Tt}»  XP^cOoi 
TU  MEq  B.  18  f.  mit  pol.  III  4,  1277  >»  28  f .  ^»xOM^vou  64  T€  o6k  £ctix. 
dprdi  9p6vi|ac,  dXXd  64Sa  dXnef|C  and  mit  dem  alcOävccOoi  gegenüber 
fremdem  befebl  pol.  I  8,  1268^  84  («pooic6av6^€vovi  and  6,  18641»  22 . 
TeichmüUer  s.  60.  ^  VII   7,  1149^  8  ff.    TeichmüUer  s.   80. 

>•  VI  8,  1141^  18  ff.    vgl.  anm.  6«. 


762  FSusemihl :  Studien  zur  Nikomachischen  ethik. 

für  sich  beti-achtet,  sogar  ein  reiu  theoretischer,  naturwissenschaft- 
licher satz,  der  als  solcher  in  einer  abhandlnng  über  gesundheit  nnd 
krankheit  völlig  am  orte  ist,  aber  er  ist  so  geartet,  dasz  er  zugleich 
als  erste  pr&misse  eines  praktischen  Schlusses  gewandt  nnd  als  solche, 
aber  auch  nur  wo  es  sich  nicht  um  blosse  beurteilung  handelt,  be- 
fehlend werden  kann,  in  der  that  ist  aber  auch  die  aufiFassong  Wal- 
ters (s.  480  ff.)  unhaltbar,  wie  schon  Zeller  (s.  651  anm.)  richtig 
andeutet,  wirft  Walter  (gleichwie  auch  Bassow  s.  128)  das  bermth- 
schlagen  mit  dem  praktischen  schlieszen  fl&lschlich  in  eins  zusammen, 
und  genau  auf  diesen  nemlichen  yerkehrten  boden  stellt  sich  Teich- 
müller bei  seiner  polemik  gegen  ihn ,  indem  nach  diesem  gelehrten 
(s.  41}  alles  praktische  denken'*  sich  *in  einem  Schlüsse  formulieren 
Iftszt,  dessen  obersatz  den  zweck  setzt,  dessen  Untersatz  das  mittel 
auswShlt  und  dessen  schluszsatz  das  mittel  mit  dem  zweck  vereinigt, 
dh.  handelt',  dann  musz  das  überlegen  wol  überhaupt  kein  prak- 
tisches  denken  sein :  denn  dieser  sjllogismos  schlieszt  an  sich  die 
Überlegung  noch  keineswegs  ein«  denn  so  folgert  auch  wer  'plötz- 
lich' handelt  und  nicht  erst  Überlegt^;  erst  wenn  hindemisse  ein- 
treten ,  wenn  das  mittel  noch  wieder  andere  voraussetzt  und  nicht 
von  vom  herein  klar  ist,  welche  es  sind,  und  ob  diese  alle  auch  in 
unserer  macht  stehen ,  tritt  Überlegung  ein ,  je  nach  deren  bejahen- 
dem oder  verneinendem  ergebnis  die  handlung  vollführt  wird  oder 
nicht,  wol  aber  setzt  sonach  alles  überlegen  einen  praktischeii 
schlusz  voraus,  dessen  schluszsatz  aber  noch  in  der  schwebe  ist. 
selbst  mit  Zeller  (s.  651  anm.  s.  654  anm.  1)  kann  ich  daher  nicht 
dahin  übereinstimmen,  dasz  dieser  schluszsatz  mit  dem  der  berathnng 
(dem  £cxo(TOV  iv  tQ  dvoAucct)  einerlei  sei.  der  inhalt  des  erstem 
ist  vielmehr  die  gesamte  handlung  oder  ausführung,  zb.  eine  reise, 
der  des  letztem  nur  die  erste  Vorkehrung  (irpurrov,  äpxAt  s>  ^xim.  61) 
zu  derselben,  zb.  die  herbeischaffung  des  nötigen  reisegeldes.  woher 
aber  der  befehlende  oder  gebietende  Charakter  kommt,  welcher  der 
praktischen  einsieht  oder  der  zur  virtuositftt  gediehenen  kunst  rich- 
tiger Überlegung  und  auszerdem  auch  in  bezug  auf  andere  richtnngen 
ihrer  thfttigkeit"  der  praktischen  vemunfb  beiwohnt,  darüber  hat 
Ar.  seine  meinung  nicht  einmal  angedeutet,  und  wir  werden  wol  am 
besten  thun  es  auf  sich  beruhen  zu  lassen,  ob  er  sich  überhaupt  eine 
klare   und  bestimmte   meinung    hierüber  gebildet  hatte.  **    deeto 

'*  etwa  auch  jenes  indnctiv««.  daroh  welches  der  obertats,  nad  das 
wAhrnehmungarteil ,  durch  welches  der  nntersats -ge fanden  wird? 
"*  VII  6»  1147«  80  ff.  npdrreiv  €Ö8i)c,  olov  cl  iravröc  t^uk^oc  Tc0cc6at 
6€l,  Toirrl  bi  yXukO  .  .  dvdnpni  t6v  öuvdMCvov  xai  fif|  kuiXu6m€vov  d^o 
toOto  Kai  vpOTTCtv.  dnmit  vgl  III  4,  1111^  9  f.  koI  rä  ilai^ytic 
iKoOcta  ^iv  X^o^€v,  Kcrrd  irpoa^cciv  ö'  oO.  **  so  in  der  allerdin^ 
dorchans  gebietenden  aofstellnng  des  obersatses,  iitX  Td  ß^Xricra  npe- 
.KoXdv  I  13,  11021»  16  f.  (s.  anm.  40.  64),  vgl.  MroTMa  VII  7.  1149«  Sl 
und  ps/ch.  III 9,  438*  1  ff.  imTdtrovTOc  toO  voO  usw.  ferner  a.  VII 5, 
1147*  31  f.  Orav  oOv  i\  v^ky  icaOöXou  (sc.  6öEa"«der  obersaU)  4vfl  icu»- 
XOouca  TcOccOm.  *^  die  sweiten  prftmissea  der  praktischen  acUBsie 
dSrften  wol  in  den  meisten  Wien  an  sieh  rein  tbeoretiscbe  nnd  nicht 


FSiueiiiihl:  stadien  snr  Nikomacliiicben  ethik.  768 

iweifelloser  igt  aber,  dasz  die  thfttigkett  der  praküsehen  yemanft 
eieb  weitaus  nicht  aaf  das  berathschlagen  oder  überlegen  bescbriLnkt, 
und  wenigstens  im  groszen  nnd  ganzen  aucb ,  was  alles  noeh  sonst 
an  dieser  tbfttigkeit  gebOrt. 

in.    DIE  THEORIE  DER  ETHIK. 

Anch  die  diseiplin  der  etbik  wird ,  wie  icb  jetzt  im  gegensaiz 
zn  froher  j^billigten  ansichten  zugeben  mosz,  insofern  ihr  erzeognia 
sein,  als  derselben  wiederholt  eine  praktische  tendenz  nnd  mithin 
gleidifalls  eine  art  yon  gesetzgebender  nnd  gebietender  natnr  zuge- 
sehrieben und  gesagt  wird ,  duz  nicht  im  erkennen  selbst  ihr  zweck 
liegt.» 

Nicht  zwar  kann  mit  Teichmttller  genauer  als  der  erzengende 
fMStor  dieser  seiner  ethik  und  politik  im  sinne  des  Ar.  die  praktische 
einsieht  angesehen  werden,  nachdem  sich  gezeigt  hat,  dasz  diese  yon 
Ar.  ttberall  nnr  auf  die  mittel  bezogen  wird.**  die  gründe  oder  yiel- 
mehr  tmgschlttsse,  mit  denen  TeichmflUer  (s.  12 — 35)  diese  seine 
behauptnng  gegen  Walter  zu  beweisen  yersndit  hat,  einer  eingehen- 
den Widerlegung  zu  unterziehen,  dazu  gebricht  es  mir  hier  freilich 
an  räum;  yielleioht  bedarf  es  aber  anch  einer  solchen  nicht  einmal, 
wo  man  die  Unrichtigkeit  des  resnltates  nachgewiesen  hat.** 

Denn  soweit  es  immerhin  doch  auch  einen  gemeinsamen  lebens- 
zweck  für  alle  menschen  überhaupt  im  sinne  des  Ar«  noch  gibt,  ist 
yon  diesem  und  yon  nichts  anderm  diese  seine  ethik  die  darstellnng: 
zu  dem  umrisz,  welchen  das  erste  buch  bis  zum  ende  des  12n  cap. 
vom  begriffe  dieses  höchsten  guts  oder  der  menschlichen  glückselig- 
keit  entwirft,  gibt  alles  folgende  die  ausführung,  und  wir  finden 
nichts  was  aus  diesem  rahmen  herausträte,  selbst  nicht  die  beiden 
bücher  über  die  freundschafL** 


praktische  sZtse  sein  (sb.  Touri  yhiKÖ  annu.  92).  wenn  also  Ar.  die« 
Jeaige  alcOnac  («>  voOc,  s.  s.  769),  dnrch  welche  sie  gefunden  werden, 
ohae  weiteres  cur  praktischen  yemnnft  rechnet,  so  erklart  dies  Teich- 
mfiller  s.  994  ff.  richtig  aas  dem  praktischen  interesee,  ans  welchem  sie 
hier  allein  aufgesucht  werden,  aber  wie  seltsam  ist  doch  der  gedaake, 
dass  derselbe  satz  je  nach  den  umständen  Ton  einer  yerschiedenen 
yemanft  erdacht  werde! 

••  I  1,  1095«  4  ff.  Tö  T^Xoc  Icrtv  oö  yvi^^cic  dXXA  irpüEtc  II  9, 
1108^  26  ff.  X  10,  1179«  86  ff.  **  ans  diesem  gründe  halte  ich  denn 
anch  Teichmfillers  fibersetsnng  yon  <ppövT|ac  durch  Mebensweiaheit'  (an 
aadam  stellen  wählt  er  vielmehr  ^besonnenheit')  für  yerfehlt  nnd  die 
TOB  ihm  (8.  87)  bemängelte  dnrch  'einsieht'  oder  genauer  'praktische 
einsieht'  für  die  yerhMltnismässig  noch  immer  beste.*  ^  gleich  s.  14 
wird  ans  dem  dem  praktisch  einsichtigen  snkommenden  sichwol- 
berathen  über  die  geeigneten  mittel,  die  gut  nnd  nfitslich  sind  sn 
dem  gemeinsamen  swecke  aller,  dem  glflckseligen  leben  (tö  ödvoctei 
MoXtfjc  ^ouXciicacOai  ircpl  Td  a(n^  droOd  koI  omqi^povTa  oö  Kord 
M<poc..dXXAiro1oirp6cT6€0rf)vöXuic  VI4, 1140«26ff.)  ein  'erkennen 
des  guten  allgemein'  gemacht,  mit  solcher  exegese  kann  man  frei- 
lieh alles  beweisen,     und  so  geht  es  im  folgenden  weiter.        **  denn 

glückseligkeit  kann  der  firenndschaft  nicht  entbehren^  mag  man  nnn 


764  FSusemihl :  Studien  zur  NikomachiBchen  ethüc. 

Aus  dem  gebiete  sirenger  beweisfühmng  oder  dedttciion  (dntö- 
bciSic)  wird  nnn  diese  disciplin  tob  Ar.  selbst  ansdrttcklidi  in  das 
der  induction  und  des  bloszen  mehr  oder  minder  richtigen  meiaens 
verwiesen**,  und  nicht  einmal  jener  möglichst  irrtumafreie  Charakter 
bleibt  ihr,  welcher  auf  dem  felde  des  praktischen  denkens  der  ein- 
sieht den  rang  einer  wirklichen  tugend  verleiht,  dem  Periklea  wird 
der  name  eines  einsichtigen  Staatsmannes  deshalb  nicht  abgesprochen, 
weil  er  in  philosophisdber  Staats-  und  moralphilosophie  noch  nicht 
geschult  war.  '^  Ar.  erkennt  an,  dasz  man  auch  ohne  sie  durch  er- 
fahrung  tüchtig  werden  könne,  aber  nicht  durch  sie  ohne  erfahrung.  ** 
aber  durch  sie  verbunden  mit  erfahrung  wird  der  mensch  am  besten 
in  seinen  handlungen  geleitet  sein.  '^ 

Nun  liegt  aber  auf  der  andern  seite  nach  Ar.  der  höchste  gipfel 
menschlicher  glückseligkeit  nicht  im  handeln,  sondern  im  erkennen, 
und  eine  disciplin  die  dies  lehrt '^'  tritt  doch  wiederum  weit  aas  den 
schranken  blosz  praktischer  vemunftthfttigkeit  heraus,  soll  femer 
dieselbe  doch  auch  gleich  den  theoretischen  Wissenschaften  eine  q>iXo- 
coq)ta  sein'®\  so  begreift  man  nicht  recht  wie  sie  dies  könnte,  wenn 
sie  nicht  auch  eine  theorie  ist,  sondern  einem  andern  teile  der  Ver- 
nunft angehört*    eine  von  Teichmüller  ganz  übersehene  stelle  der 

dAranf  sehen  dass  sie  als  th&tige  ausübang  der  tagend  definiert,  oder 
darauf  dasz  eine  gewisse  xoptlT^u  von  Saszern  gfitem  %n  ihr  verlangt 
ist:  IcTi  yäp  dp€Tn  Tic  fj  mct*  dp€Tf|c  usw.  Vni  1,  1156*  1  ff.  ^Uouc 
.  .  6  boK€\  Tibv  iKTÖc  dTa6ü[)v  ^It^tov  ctvot,  vgl.  freilich  17  7,  1123^ 

20  Tl^fl  .   .  M^CTOV  .  .  TlIlV  iiCTÖC  dTo80(»v. 

•»11,  1094^  11—27.  c.  2,  1095*  SO—  *  13  (c.  %  1098«  26  ff.  wol  no- 
echt).  II  2,  1104«  1  ff.  (anch  von  zweifelhafter  eehtheit).  VII  1,  1145^ 
2  ff.  IX  1,  lies«  12  ff.  vgl.  das  6pdob<^€lv  iT€pl  tV^v  dpx^iv  VII  9,  1161«  19. 

*^  VI  6,  1140  >*  7  ff.  b\ä  toOto  ITcpixX^a  Kai  toOc  toioOtouc  9po- 
v(^ouc  olö^cOa  ctvai  nsw.  ^^'  freilich  steht  der  dies  ansdriiekUch  be- 
sagende Satz  i&ct€  6€l  dM9U)  ixtiy  f^  To6Tr|v  ^dXXov  VI  8,  1141^  21  f. 
in  einem  passns  von  höchst  zweifelhafter  eehtheit,  i.  Rassow  s.  45,  aber 
auch  das  voraufgehende  z.  16  ff.  Iftuft  auf  dasselbe  hinaus,  s.  aam.  69.  X  10, 
1181 M  ff .  >^I  1,  1094«  22  ff.  1096- 10  f.  ^^  X  7—9.  aber  aaeh  fiber 
das  6e  buch  kann  ich  znmal  anf  gmnd  des  anm.  87  angedentelen  nicht  gaas 
so  urteilen  wie  Zeller  (s.  648  f.  mit  anm.  2)  thoi,  um  so  weniger  da  c,  1 
schwerlich  dem  Ar.,  sondern  wol  dem  Eudemos  gehört,  allerdings  kommt 
es  dem  Ar.  hier  hanptsftchlich  darauf  an,  das  wesen  der  q>p6vT|ac  in  ihrem 
Verhältnis  sowol  zu  den  charaktertngenden  als  zu  den  übrigen  veranaft- 
togenden  darzulegen,  aber  ich  musz  bestreiten  dasz  die letstera  hier 
überhaupt  nur  zu  diesem  zweck  in  betraeht  kommen,  freilich  werden 
sie  auch  nicht  um  ihrer  selbst  willen  behandelt,  was  nicht  in  die  ethik 
gehört,  wol  aber  nur  nach  ihrer  bedeutung  für  die  menschliche  gI8ck> 
Seligkeit  überhaupt,  und  so  spricht  sich  denn  auch  in  dieser  ihrer 
sehulemden  behandlungsweise  dieselbe  widerspruchsvolle  doppeldeutig- 
keit  aus,  welche  charakteristisch  ist  für  diese  ffanze  Arisloteliaeke 
disciplin.  vgl.  die  treffenden  bemerkungen  von  Sehleiermacfaer  aber 
die  ethischen  werke  des  Ar.,  werke  zur  philos.  III  s.  818  f.  <^  I  4, 
1096^  31.  (X  10,  11811»  16  1^  ircpi  vd  dvOpdiinva  <piXoco9(a  steht  in  eimm 
unechten  abschnitt.)  und  wenn  Ar.  met.  VI  1,  1026*  18  sagt,  es  gebe 
Tpctc  9iXoco9kn  OettipT|TiKa(,  so  setzt  dies  nach  der  richtigca  be- 
merkung  Zellers  (s.  178  anm.)  das  Vorhandensein  auch  von  ^lÄoco^tai 
irpaKTiKoi  und  notfiTtKal  voraus,    femer  s.  aam.  106. 


FSasemihl:  Stadien  sur  Kikomachuchen  ethik.  765 

Politik'*'  zeigt  uns  denn  auch  dasz  Ar.  keineswegs  durchweg  sich 
selber  treu  bleibt  im  festhalten  eines  blosz  praktischen  and  nicht 
rein  wissenschaftlichen  Zweckes  seiner  ethik  and  politik.  and  wenn 
es  nach  ihm  im  unterschiede  yon  der  Wissenschaft  oder  erkenntnis 
(£1^tCTlfj^1l)  im  strengen  sinne  auf  dem  gebiete  des  meinens  nicht 
blosz  keine  wirklich  swingenden  beweise,  sondern  auch  keine  defini- 
tionen  gibt*^,  so  trifft  dies  letztere  bei  der  ethik  nicht  im  mindesten 
zu:  so  sehr  bewegt  sidi  dieselbe  durchweg  in  der  gewinnung  und 
nihem  ausftlhrung  von  definitionen. 

Schon  das  yorstehende,  so  wenig  es  den  stoff  erschöpfen  kann 
und  soll,  dfirfte  genflgen,  um  mich  gegen  den  yorwurf  der  Unbe- 
sonnenheit zu  yerteidigen,  welchen  mir  Teichmttller  (3.  429)  wegen 
meiner  beurteilung  yon  Walters  buch  gemacht  hat,  und  es  zu  recht- 
fertigen, wenn  ich  trotz  mancher  abweichender  ansichten,  deren  yor* 
handensein  anzudeuten  ich  schon  damab  nicht  unterlassen  habe'^, 
an  der  Überzeugung,  dasz  dasselbe  ein  bedeutendes  ist,  im  gegensatz 
zu  Teichmflller  auch  heute  noch  festhalte,  die  gleiche  Überzeugung 
yon  TeichmtUlers  neuestem  werke  dagegen  trotz  alles  in  demselben 
enthaltenen  reichlichen  und  aufs  ftuszerste  gesteigerten  selbstlobes 
weitaus  nicht  in  gleichem  masze  zu  gewinnen  yermocht  habe. 


**  HI  8,  11  ff.  T(p  bk  ircpl  licdcTT)v  fA^eo6ov  <ptXoco9oOvTi  xal  iti\ 
liövov  diroßX^iTOVTi  irpöc  t6  irpdTTciv  oUctöv  ktirö  fifj  nopopdv 
^T)6(^  Ti  KaTaXc(iT€iv,  dXX&  ön^oOv  Tf|v  ircpl  Ikoctov  dX/|Oeiov.  vgl. 
Zeller  8.  607.  «^  met.xVll  14,  1039  ^  81  ff.  cl  oOv  f)  T*  diröftciEic  tO^v 
dvoTKatuiv  Koi  6  6ptc^6c  ^mcrn^oviKÖc,  ical  oök  ivb^x^Tui,  i&cirep  oM' 
lincTf|yjir|v  &ti  ukv  liriCT/}iAf)v  M  6*  Afvoiov  clvoi,  oXXd  ö6Ea  t6  toi* 
oOt6v  4ctiv,  otfriuc  oOÖ'  dit66€t£iv  oM*  6piCfi6v,  dXXd  66Ea  icti  tCjv 
ivÖcxou^vuiv  dXXuuc  iSxeiv,  öffXov  öti  oOk  dv  ctn  aOruiv  oÖt€  öpicfiöc 
oOre  dYr66€iEi€.  ^*^  Teichmttller  spricht  denn  aach  nur  yon  meiner 
ansserong  in  Bnrsians  jahresberioht  III  s.  364,  meine  anzeige  im  pbilol. 
ans.  Vn  (1876)  8.  132  ff.  scheint  er  sIbo  ffar  nicht  einmal  la  kennen, 
and  was  soll  es  heissen,  dass  er  gegen  die  beorteilangen  yon  Prantl 
nnd  mir  die  yon  Heinse  ins  feld  ftthrt,  welche  genaa  ebenso  yorteilhaft 
ist,  ja  Walter  in  pancten  beistimmt,  in  denen  ich  es  nicht  vermag 
(s.  o.  s.  764) ! 

Obbifswald.  Franz  SussiaHL. 


ZU  PLAT0N8  APOLOGIE. 


1.  Der  alte  streit,  ob  |üiuu)I|i  s.  30*  sporn  oder  bremse  bedeute,  ist 
neuerdings  von  HUhle  nnd  ChCron  oben  s.  106  ff.  403  ff.  wieder  auf- 
genommen worden,  beide  machen  für  ihre  sache,  Uhle  fttr  die  bremse, 
Cron  fOr  den  sporn,  die  grasten  anstrengungen ,  und  der  ausgang 
des  kampfes  ist  der  art,  dass  ein  entschiedener  sieg  keinem  der  bei- 
den ringer  zuerkannt  werden  kann,  ein  Cq>€bpoc  aber  doch  sich  lieber 


766  NWecklein:  zu  Piatons  apologie. 

mit  ühle  als  mit  Cron  zu  messen  geneigt  sein  dürfte,  denn  der  aus- 
dmck  Tf)v  f)M^pav  5Xt)V  iravTaxoC  npocKaOtluiv,  besonders  aber  die 
fortsetsnng  dicirep  o\  vucrdZcvrec  dycipöiuievot  KpoucavT€c  dv  pc 
. .  ^biuic  &v  diTOKTeivaiTe  macht  die  yorstellong  der  Stechfliege  so 
klar,  dasz  sie  jedem  unbefangenen  erUftrer  eingeleuchtet  hat  und 
einleuchten  mnss.  die  erOrtemng  yon  Cron,  welche  zwar  nicht  das 
alter  das  des  spomes  bedarf  venrftth,  wol  aber  an  Nestor  erianai, 
kann  hieran  nichts  ifcndem.  auf  der  andern  seite  musz  man  Cron 
einräumen ,  dasz  \'n'n\\i .  .  beo^dvifi  iT^lpccdai  imö  ^uuinöc  Tivoc 
nur  an  den  sporn  denken  Ittszt:  denn  b€0^^vt{i  wSre  doch  bei  der 
vorsteUung  einer  bremse  geradezu  widersinnig,  ganz  gut  bemerkt 
Cron,  dasz  die  bremse  weder  nach  menschlicher  noch  nach  pferdlicher 
auffassung  zu  den  erforderlichen  und  zweckdienlichen  erweckungs- 
mittein  gehOre.  Uhle  wendet  allerdings  ein,  dasz  man  dann  önö  toO 
püuiiioc  erwarten  mttste;  aber  dieser  einwand  wird  sich  gleich  er- 
ledigen, die  Wahrheit  liegt  diesmal  nicht  in  der  tiefe,  aonden  auf 
der  oberflflche.  die  streitenden  vergessen,  dasz  der  Grieche  Ar  beide 
dinge  den  6inen  ausdruck  ^üuii)i  hat,  ^uuii|i  bedeutet  natürlich  ur- 
sprünglich Stechfliege  und  ist  nach  der  band,  man  möchte  sagen  yon 
der  yorstellung  des  pferdes  aus,  auf  den  sporn  des  reiters  fibertra- 
gen  worden,  gestatten  wir  einmal  dem  deutschen  wort  'stechfliege' 
den  gleichen  gebrauch,  so  wird  die  stelle  keinen  anstosz  bieten:  wir 
werden  an  das  insect  und  nur  bei  uirö  jüiuuJTröc  Ttvoc  an  die  be* 
sondere  art  yon  Stechfliege,  den  sporn  des  reiters,  denken. 

2.  In  den  werten  caqx&c  T^p  äv,  €i  ir€(6oi|Jii  ö^fic  KaiTi|i 
bckOai  ßiaZoi|üiT)v  ö^w^OKÖrac,  Ocouc  &v  btbdcKoifii  pfi  fpreicOai 
ö^fic  eTvat  usw.  s.  35^  enthält  irciGot^i  einen  Widerspruch  mit  dem 
an  die  spitze  gestellten  satze  X^iplc  bk  Tf)c  böSric,  \b  ävbpcc,  oObi 
btKQiöv  MGI  boKcT  eTvai  b€tc6at  toö  btKacroO  ovhk  b€6^€V0V  diro* 
q>€UT€iv,  dXXd  bibdcKCtv  Kai  ireiOetv.  wenn  Sokrates  rrciOci  touc 
btKacrdc,  so  handelt  er  recht  und  zwingt  nicht  die  richter  pflicht- 
yergessen  und  meineidig  zu  werden,  der  sinn  erfordert  lKeT€UOl^l 
für  neiOoipt:  ygl.  s.  34«  £beii6r)  T€  xal  Ik^tcucc  touc  biKOcrac  (icrd 
TToXXdjv  baKpuujv. 

3.  Wenn  Sokrates  s.  40^  den  tod  welcher  den  menschen  aUer 
empfindung  beraubt  mit  einem  tiefen  schlafe  yergleicht,  in  dem  man 
nicht  einmal  yon  traumbildem  beunruhigt  wird,  und  um  eines  sol- 
chen erquickenden  scblafes  willen  den  tod  einen  unyergleichlidieii 
gewinn  nennt,  so  hört  sich  das  sehr  glaublich  und  schGn  an,  und 
auch  Cicero  bat  sich  wol  bei  seiner  Übersetzung  der  stelle  davon  ein- 
nehmen lassen  und  nicht  bedacht,  dasz  das  erquickende  und  süsse 
des  Schlafes  erst  beim  erwachen  gefühlt  wird. 

Bambbso.  Nioolaus  Wxoszjmu 


AFleckeüen :  sn  PUmtus  Epidicus  [t.  64.  66].  767 

103. 

ZU  PLAUTUS  EPIDICUS. 


y.  64.  65  lauten  bei  OOtz: 

giM  nunc  me  reUnü?  f  amaine  istam  quam  4mU  de  praedd? 

f  roffos? 

d4perit.  T  herde  däegetwr  oMum  de  iergö  meo. 
dasz  in  der  frage  des  Epidicus  d6r  begriff  auf  dem  der  faauptnacb- 
drnck  liegt,  amaine^  vollständig  in  der  thesis  verschwinden  sollte, 
ist  meinem  gefühl  nach  unmöglich  und  vom  dichter  sicher  nicht  zu- 
gelassen ,  wenn  das  mittel  es  zu  vermeiden  so  nahe  lag  wie  hier,  er 
brauchte  nur  umzustellen  istam  amatne  und  den  vers  in  metrischer 
rttcksicht  an  die  vorhergehenden  iambischen  octonare  sich  an- 
schlieszen  zu  lassen,  so  war  alles  in  Ordnung,  dasz  die  fragpartikel 
ne  nun  erst  an  das  zweite  wort  des  satzes  angehängt  ist,  darf  nicht 
irre  machen:  man  vgl.  Asin.  928  anima  fetäne  tuooris  tuae?  Bacch. 
839  üUxm  meretricemne  esse  censes?  und  andere  stellen  bei  Brix  zu 
Trin.  375.  überhaupt  wird  diese  partikel  bekanntlich  nicht  an  das 
anfangswort  des  satzes  als  solches  gehängt,  sondern  an  dasjenige 
wort  auf  dem  der  hauptnachdruck  der  frage  liegt,  und  dieses  des- 
halb gewöhnlich  an  den  anfang  des  satzes  gestellt;  unter  umständen 
kann  es  aber  sogar  am  ^ide  desselben  stehen,  wie  Bacch.  331  sed 
ieticTJ^eoinims  divesnest?  oder  Tnu.S7S  smedt^uxoremne?  (wo  das 
ne  allerdings  nur  auf  conjectur  beruht). 

Der  zweite  der  obigen  verse  erregt  in  dieser  fassung  einen 
schweren  prosodischen  anstosz.  kann  d^erü  in  den  versmaszen  des 
dialogs  Oberhaupt  einen  daktylischen  wortfusz  vertreten?  soweit  ich 
die  frage  verfolgt  habe,  ist  dies  nie  geschehen,  sondern  deperü  und 
ähnliche  wortformen  haben,  ohne  rücksicht  auf  consonantischen  an* 
laut  des  folgenden  wertes,  immer  einen  creticus  gebildet,  nun 
stimmt  aber  die  obige  fassung  auch  gar  nicht  mit  der  Überlieferung 
aberein:  die  hss.  geben  blosz  deperü.  t  detegetur  carium  usw.,  und 
Nonins  s.  278,  19  bietet  dazu  die  wichtige  Variante  degUur  [ver- 
schrieben ans  degetur]  carium  de  tergo  meo,  mitdemlemma  degere 
est  deträhere,  diese  lesart  durfte  nimmermehr  sich  im  kritischen 
apparat  verstecken,  sondern  sie  gehörte  in  den  text.  die  heraus- 
geber  des  Plautus,  die  mit  einziger  ausnähme  des  Pius  alle  deiegeiur 
aufgenommen  haben,  haben  sich,  wie  mir  scheint,  zum  teil  hierzu 
verführen  lassen  durch  die  analogie  des  deutschen  abdecken  ^  'ge- 
fallenem vieh  die  haut  abziehen';  aber  diese  analogie  ist  nur  schein- 
bar: die  gesamte  latinität  liefert  ttir  diese  bedeutnng  von  detegere 
kein  beispiel,  und  da  Nonius,  ohne  zweifei  aus  älteren  guten  quellen, 
degere  in  diesem  verse  ausdrücklich  durch  deträhere  erklärt,  so  war 
d^geiur  in  den  text  zu  setzen,  wir  erhalten  demnach  als  gesicherte 
Überlieferung :  deperü.  \  degetur  carium  de  tergo  meo.  das  ist  kein 
vollständiger  vers.  voraus  gehen,  wie  bemerkt,  iambische  octonare; 


768  ELudwig:  zu  den  glowen  des  Placidus. 

mit  y.  66  beginnen  trochäische  septenare,  nnd  mit  diesen  werden 
wir  am  zweckmSszigsten  nnsem  v.  65  in  dbereinstimmnng  bringen. 
vergleicht  man  nun  Baoch.  206  f.  ecquidnam  meminü  Mnesttoeki? 
IT  rogas?  immo  unke  unum pturumi  pendü  —  so  wird  die  yerroll- 
ständigung  von  v.  65  durch  ein  am  anfang  zugesetztes  imrno  wenig- 
stens nicht  als  unplautinisch  erscheinen,  die  beiden  verse  64  und  65 
würde  ich  demnach  so  zu  lesen  vorschlagen: 

quid  nunc  me  retines?  T  Mam  amatne,  quam  6mU  de  praedd? 

r  rogas? 
immo  deperü.  T  degeiur  cMum  de  iergd  meo. 
Dresden.  Alfred  Flbckkisbv. 

104. 

ZU  DEN  GLOSSEN  DES  PLACIDUS. 


8.  11,  7  f.  (Deuerling) 

ÄeruseanB,  aes  minutum  colligen$. 
Äceurate^  *f  eonstruens. 
z.  7  hat  Deuerling  den  zusatz  von  KOMOller  ccHUgens  beibehalten, 
den  die  glosse  des  Festus  Pauli  s.  24,  7  Aeruscare  aera  undi^uet  id 
est  pecunias  cdUigere  nahe  legt,  und  dann  in  der  folgenden  zeile  das 
zeichen  der  corruptel  gesetzt,  weder  das  letztere  ist  nOtig  noch  anch 
die  anleihe  in  der  vorhergehenden  zeile;  es  sind  vielmehr  beide  zeiiea 
zu  6iner  glosse  zu  vereinigen,  die  ursprünglich  so  gelautet  haben 
musz: 

Aeruseans:  aes  minutum  accurate  oonstruens. 
der  abschreiber  liesz  sich  durch  den  a-anlaut  von  aecurate  zum  ab- 
brechen der  zeile  und  zum  ansatz  einer  neuen  glosse  verleiten,  flir 
unsere  änderung  spricht  1)  die  Übereinstimmung  der  participia,  die 
in  getrennten  glossen  jedes  einen  entsprechenden  ausdruck  verloren 
haben  müsten,  was  wenigstens  nicht  wahrscheinlich  ist;  2)  die  von 
Deuerling  abgezogene  glosse  aus  Osberni  Panormia:  denn  das  aera 
in  unum  ccüigere^  sicut  nunc  nummularii  faciuni,  welches  eine  ge- 
schicklichkeit  des  geldaufrollens  und  zusammenfassens ,  wie  sie  den 
geld Wechslern  eigen  ist,  bezeichnet,  findet  gerade  in  aecurate  ean" 
atruens  eine  entsprechende  wiedergäbe. 

Auch  in  folgender  stelle  hätte  Deuerling,  dessen  leistung  übri- 
gens sonst  eine  sehr  verdienstliche  ist,  nicht  nötig  gehabt  seine  zu- 
flucht  zur  einfttgung  eines  neuen  wertes  zu  nehmen : 
s.  43,  1  f.  Fabrica^  artificii  subtiUtas. 

Fallay  [facüi]  faüacia^  a  fuoo  dicta. 
Fa2»rtca  bat  Deuerling  zugesetzt,   es  ist  zu  lesen: 

Falla:  fäUacia^  a  fuoo  dicta^  artificii  subtiUias. 
die  beiden  letzten  werte  sind  in  einer  frühem  hs.  aus  mangel  an 
räum  in  die  darüber  stehende  zeile  gesetzt,  weil  diese  nach  der  kar> 
zen  glosse  fugator:  expulsor  noch  genügenden  platz  bot. 

Buxtehude.  Ernst  Lüdwio. 


JWoltjer:  observationes  criticae  in  Lncretium.  769 

105. 

OBSERVATIONES  CRITICAE  IN  LUCEETIÜM. 


Conferenti  mihi  naper  Codices  Leidenses  Lucretianos,  quos  vir  dar. 
dtt  Bieu  insigni  benevolentia  nsus  quattaor  menses  mihi  utendos  con- 
cessit,  parvula  qnaedam  occnrrerunt,  qnae  sive  a  Lachmanna  neglecta 
sive  minus  accarate  transcripta  tamen  memoria  non  indignavisasunt. 
Laohmanni  collationem,  cains  landes  hercle  non  is  detrectabit,  qui 
itemm  eosdem  fontes  adierit,  posteriores  secuti  snnt  editores  omnes, 
etiam  Munro,  qni  cetemm  apparatu  critico  satis  amplo  nsns  multa 
feliciter  correxit.  eo  autem  factum  est  ut  menda  illa ,  quorum  pau- 
citas  Lachmanni  diligentiam  testatur,  adhuc  incorrecta  libris  sint 
dedecori,  exceptis  iis  soiis  qaae  a  Goebelio  snnt  prodita.  hnins- 
modi  animadversionibns  pauca  adieci,  qnae  itemm  atque  itemm 
Lacretii  carmina  perlegenti  mntanda  mihi  visa  snnt  qnaeqae  si  a 
viris  haram  reram  peritis  emendationnm  nomine  digna  putabnntur, 
valde  gaudebo.  denique  ne  ea  quidem  omisi,  quae  ab  editoribns 
cum  sint  mutata,  Lncretio  tamen  vindicanda  esse  ipsius  poetae  oratio 
et  usus  me  docuerant.  sed  ne  verbis  tempus  teram,  ecce  quae  inveni. 
I  169  sqq.  Lucretius  demonstrat  nihil  posse  creari  de  nihilo: 
quod  si  posset,  nullae  essent  natnrae  leges  et  omnia  sine  ulla  con- 
dicione  normave  crescerent  permixta: 

e  fhare  primum  hominea^  e  terra  posset  oriri 
squamigerum  genus  et  vducres  erumpere  cado: 
armenta  atque  aliae  pecudeSy  genus  amne  ferarum , 
incerto  partu  cüUa  ac  deserta  tenerent: 
nee  fructus  idem  arbaribus  canstare  solerent ,  166 

sed  mutarentur ,  ferre  omnes  omnia  possent. 
in  postremis  bis  versibus  latet  vitium  ni  fallor:  illud  idem  enim 
offendit.  sententia  poetae  est  perspicua.  omnia  genera  suum  quod- 
que  gignnnt,  'res  g^nus  servant':  homines  procreant  homines,  e 
piflcibns  nascuntur  pisees,  e  malis  carpimus  mala,  e  piris  pira.  si 
antem  res  de  nihilo  fieri  possent,  causa  non  esset  cur  genera  suum 
quodque  gignerent:  pira  crescerent  in  malis,  cerasa  in  piris,  glan- 
des  in  vitibus:  eaedem  vel  similes  arbores  non  eosdem  yel 
similes  ferrent  fructus.  hanc  tamen  sententiam  t.  165  non 
integram  reddere  mihi  videtur.  nam  constare  quid  aliud  hie  sigüi- 
fioet  quam  idem  semper  esse  vd  manere^  non  yideo:  sie  praeterquam 
hoc  loco  semel  apud  Lucr.  I  588  nee  commutatur  quicquam^  quin 
omnia  constent  usque  adeo^  variae  vdlueres  ut  in  ordine  cunctae  osten- 
dant  maeulas  genercäis  corpore  inesse.  apparet  ergo  idem  supenraca- 
neam  esse,  cum  significatio  huius  Tocabuli  verbo  eonstare  iam  ex- 
primatur.  at  poeta  in  animo  habnit:  neque  eadem  genera  arbornm 
vel  eaedem  arbores  eosdem  ferrent  fimetus.  ergo  legendum  sie  est: 
nee  fructus  isdem  arbofübus  constare  solerent, 
isdem  vero  yocabulum  propter  errorem  a  librariis  haud  alienum 

JahrbOehcr  thr  cUm.  philol.  1879  hft.  IL  49 


770  JWoltjer:  observationes  criticae  in  Lucretium. 

in  libris  nostris  Lucretianis  nasquam  invenitnr^  et  Lacbmannas ,  in 
hac  quidem  quaestione  nimis  religiöse  codicum  auctoritatem  secatus, 
putat  Lucretium  omnino  huius  vocabuli  usu  abstinuisse.  attamen 
sunt  duo  loci,  ubi  isdem  pro  idcm  legendum  esse  iam  diu  viri  docti 
perspexerunt.    II  693  enim  Lachmannus  cum  libris  scriptis  legit: 

quin  etiam  passim  nostris  in  versibiis  ^>9tö 

muUa  elementa  indes  muUis  ctmimuma  verbis^ 
690  cum  tarnen  inter  sc  versus  ac  verba  necesse  est 

conßeare  aUa  ex  aliis  cansta/re  elementis; 

non  quo  muUa  parum  communis  UUera  currat 
693  atU  nuUa  inter  se  duo  sint  ex  omn^ms  idem, 

sed  quia  non  volgo  paria  ommbus  omnia  oonstent. 
boc  loco  Lambinus  recte  scripsit  ex  omnibus  isdem  ^  quem  Monro 
aliique  merito  secuti  sunt;  Lacbmannus  vero  confessus  hoc  sane 
simplicissimum  esse,  tamen,  quoniam  videatur  abhorrere  ab  usu 
Lucretii,  pro  nuUa  legit  nuUi  et  idem  servat,  ita  ad  versus  (v.  690) 
referens  quod  ad  verba  (690,  aUa  691)  perÜnet.  magia  etiam  per- 
spicuus  est  alter  locus  V  349 : 

nee  ratione  alia  mortäles  esse  vtdemur, 

inter  nos  nisi  quod  morbis  aegrescmus  idem 

atque  iUi  quos  a  vUa  natura  removit, 
nbi  iam  Pius  (Bononiae  1511)  isdem  legi  iussit,   quem  Lambinus 
Munro  alii  merito  sunt  secuti. 

Librarii  autem  archetjpi  in  vocabulo  isdem  evitando  pertinaciam 
hoc  modo  explicare  velim.  constat  enim  Lucretium  pro  vocabulo  iis 
Yulgo  usum  esse  pronomine  his^  quamquam  prius  iÜud  üs  bis  locis 
scriptum  inveni:  DI  34  cod.  B;  ni  267  B;  IV  238  B;  lY  1154  t5 
A  et  B  (A  tamen  h  in  rasura  a  manu  Saxonica) ;  V 1091  B ;  V 1312  B ; 
VI  1212  A  et  B  (est  autem  tenendum  B  sive  Quadratum  saepe  an- 
tiquam  lectionem  vel  orthographiam  servasse ,  ubi  A  sive  Oblongos 
eam  mütavit:  sie  adque^  ubi  apud  Lachmannum  legitur,  pro  atgue). 
his  autem  pro  iis  facile  usurpare  potuit  Lucretius,  cum  idem  fere 
significent.  sed  librarium,  etiam  iis  in  vocabulo  quod  est  Osdem 
vitandum  esse  ratum ,  effugit  non  esse  vocabulum ,  quo  eadem  notio 
exprimi  posset,  itaque  isdem  ab  ipso  poeta  originem  ducere. 

I  271   poeta  demonstraturus  Corpora  esse  etiam  ea  qnae  non 

videantur  a  ventis  sumit  exemplum : 

accipe  praeterea  quae  corpora  tute  necesse^ 

270  confiteare  esse  in  rebus  nee  posse  videri. 

prindpio  venti  vis  verberat  incita  CORTÜS 
ififtgentisque  ruit  navis  et  nuMa  differt^ 
interdum  rapide  percurrens  turbine  oampos 
arboribus  magnis  stemU  montisque  supremos 

276  süvifraffis  vexat  fläbris:  ita  perfurü  acri 

cum  fremitu  saevitque  minad  murmure  ventus* 

T.  271  cortus  nterque  Leidensis  habet  a  manu  prima:  Oblcmgos  Ycro 


JWolijer:  obBerrationes  criticae  in  Lucretiom.  771 

a  correctore  torius  (vel  potins  incUat  ofius)y  corrector  Qnadrati  aatem 
corpus.  Munro  secondarios  Italos  Codices  secutas  partus  scripsit; 
Marallas  Politianas  aliiiMm^um;  Lachmaimus  cauies, 

Primom  animadverto  qai  partiiSy  pontum^  cauies  scripserunt 
Torbo  qaod  est  verherare  eam  vim  et  notionem  sobicere,  quam  apud 
Lacretiam  quidem  namqaam  habeat  qoaeqae  verbis  to  heat^  peUsÄen^ 
verrere  (v.  279),  plangere  {TL  1155)  reddatur.  Locreüas  tarnen  hoc 
verbo  nihil  aliud  nisinon  vehementem,  vibrantem,  crebrum 
motum  denotat  et  aära,  auram,  Tibrantes  luminis  radios,  alia 
eiusmodi  subiecta  adhibet,  loci  sunt  hi:  IV  938  de  motu  aSris  in 
corporibus  animalium: 

princvpio  externa  corpus  de  parte  necessum  est, 
aerüs  quoniam  vicmum  tangitur  auris, 
ttMdier  aique  ah  ibus  crebro  puisarier  idu, 
proptereaque  fere  res  omnes  out  corio  sunt  985 

out  eiiam  oonchis  aui  caUo  aut  cortice  tectae. 
interiorem  etiam  partem  spirantibus  aar 
verherat  hk  idem^  cum  ducUur  atque  reflaUir. 
VI  1027  dicitur  de  vento  vel  potius  de  aäiis  atomis,  omnes  res  in  eo 
yersantes  prementibus:  seniper  emm  circum  posUus  res  v  erb  erat 
a€r.  item  1039  de  aäre  qui  est  in  ferro,  quod  attrahitur  a  lapide 
magnete:  penUus  gut  in  ferrast  abditus  o^,  soüicUo  motu  semper 
iactalur  eoque  verberat  aneUum  dubio  procul  et  ciä  intus  soäicet. 
item  verberibus  propeüere  de  solis  radiis  dicitur 
V  484  et  radii  solis  cogebant  undigue  terram, 

verberibus  crebris  extrema  a  Umini*  parte 
in  medio  ut  prqpulsa  suo  condensa  coiret  etqs. 
et  1102 :  inde  cibum  quoquere  ac  flammae  moUire  vapore 
seil  docuit,  quoniam  mäescere  mtitta  videbard 
verherihus  radiorum  atque  aestu  victaper  agros. 
semel  verberiinis  versare  cum  plangere  invenitur  coniunctum,  ubi 
tarnen  de  parum  vehementi  ictu  in  levia  corpora  praedicatur:  VI  114 
ofiä  ubi  suspensamvestemchartasvevotaniis  verberibus  venti  ver- 
sant  planguntque  per  auras.  eodem  modo  verbum  diverberare  a 
Lucretio  usurpatur 

n  150  at  vapor  is  quem  sol  mittit  lumenque  serenum^ 
non per  inane  meat  vacuum:  quo  tardms  ire 
cogüur^  aärias  quasi  dum  diverbercU  undas. 
et  I  222  quod  nunc,  aeterno  quia  constant  semine  quo/eque^ 
donec  vis  obütj  quae  res  diverberet  ictu 
aui  intus  penetret  per  inania  dissohMique^ 
nuUius  exiihim paütur  natttra  videri\ 
illa  vis  antem,  quae  res  diverberat  idu^  est  creber  ictus  atomorum, 
quae  omnes  res  perpetuo  tundnnt,  cf.  II  1140 — 43. 

En  habes  praeter  duos  quos  statim  afferam  onmeslocoe,  ubi  ver^ 
berare  eiusqae  derivata  apud  Lucretium  exstant.  quos  si  quis  perpen- 
derit,  non,  nt  opinor,  vel  portum  lelpontum  vel  eautes  nos^o  loco 

49* 


772  JWoltjer:  observationes  criticae  in  Lucretiam. 

ferendum  esse  putabit,  sed  omnes  harum  remm  periti  iudioes,  ni 
fallor,  editomm  commentia  anteponent  aactoritaiem  codicis  Quadrati, 
qni  a  correctore  habet  CORPUS,  poeta  enim  demonsirataraa  Tan- 
tum esse  corpus  i.  e.  tangere  aut  tängi,  a  prozimo  sensu,  qui  ipso 
corpore  nostro  fit,  orditur.  hoc  vult:  ipsi  sentimus  yim  Teati  levi 
tactu  faciem  nostraxn  stringentis  (vocabulum  ineUa  autemceleritaiem 
tantom  denotat  neque  maiorem  vim  quam  epitheton  omans  habere 
yidetur,  cf.  VI  137.  295.  324.  582,  etiam  de  plaoidiore  motu  prae- 
dicatur  VI  431);  deinde  transit  ad  alia  corpora,  quae  ventis  moveri 
yidemus.  primum  yentum,  qualem  cottidie  percipimus,  describit, 
deinde  qualem  interdum  summa  cum  vi  fürentem  yidemus.  doii- 
que  corpus  veram  esse  scripturam  genuinamque  perspicuum  fit  ex 
alio  loco ,  ubi  bis  idem  vocabulum  verberare  legitur  aique  de  venti 
sensu  qui  corpore  nostro  fit  sermo  est,  IV  259  sqq.: 

ventuß  enim  guoq%ie paükUim  cum  verberat  et  cum 
acte  fluU  frigus ,  non  prwam  quamque  sdlemue 
particulam  venii  sentire  et  firigoris  ekts^ 
eedmagisunarsumy  fierique  perinde  videmus 
corpore  tumptagas  in  nostro  tamquam  aliquae  res 
verberet  atque  sui  det  sensum  corporis  extra. 
ad  nostrum  locum  hie  respicere  yidetur. 

Paulo  post  poet«  venti  yim  cum  fluminis  abundantis  impetu 
comparans  sie  pergit: 

280  nee  ratione  fluunt  alia  stragemque  propagant , 

et  cum  moUis  aquae  fertur  natura  repente 
flumine  abundanti^  quam  largis  imbribus  äuget 
montibus  ex  aUis  magnus  decursus  aquai, 
fragmina  conidens  süvarum  arbustaque  tota^ 
285  nee  validi  possunt  pontes  venientis  a^uai 

vim  subitam  tölerare. 
ita  Lachmannus.  y.  282  Codices  pro  quam  habent  quem^  quod  a 
Marullo,  quem  posteriores  secuti  sunt  usque  ad  Lachmannnm,  in 
quod  mutatum  est.  Munro  et  Bemajsius  cum  Lachmanno  faciunt 
at  alibi  yitium  latet,  si  quid  yideo.  illud  äuget  enim  post /lumtfi^ 
ahundanti  debebat  esse  auxU:  nam  Lucretium  hanc  enallagen  tem* 
porum  usurpasse  defendere  non  ausim.  sed  tamen  si  persuasum  mihi 
esset  codicum  auctoritatem  äuget  poscere,  ego  quidem  non  repugna- 

rem.  quare  eos  scrutemur.  A  sive  Oblongus  habet  äuget  ^  B  aive 
Quadratus  uirget.  Lachmanno  ergo  num  aredendum  sit  tadte  amget 
archetypo  adscribenti,  alii  iudicent.  equidem  puto  Tel  ez  solia  hLs 
scriptb  perspicuum  esse  urget  archetypi  esse  scripturam,  quae 
terea  cum  Lucretii  dicendi  genere  plane  concinit,  id  qood 
Stratums  sum.  quod  antequam  facio,  animadyertendom  est,  si  ae- 
cum  urget  legas,  quem  nullam  difScultatem  praebere,  cum  If 
correctura  in  ^Mom  mutetnr.   ergo  haec  habes: 


JWolijer:  obserrationes  criticae  in  Lneretiniii.  773 

et  cum  molUs  aquae  fertur  tkUura  repenie 
flumme  abundaniiy  quem  largis  imbribus  urgei 
mcfdibus  ex  aUis  magnus  deoursus  aguai, 
magnns  deearsiis  aquai  largis  imbribus  iirget  ex  altis  montibns  et 
bac  vi  flomine  abandanü  arbores  sternontar:  haac  esse  poetae  sen- 
ientiam  facile  unusquisque,  opinor,  concedet.  obiectum  verbi  urgere 
nostro  loco  non  est  expressnm,  plane  ex  nsn  Lucretii.  is  enim  ootiee 
pneterqnam  hoc  loco  verbo  urgere  utitur:   11  197.  DI  893.  962. 
1051.  VI  192.  481.  512.  558.   ex  bis  primns  secnndus  postremus 
soli  habent  obiectnm.    ad  illustrandam  scriptnram  quam  proposui 
locoB  attnli  hos: 

VI  476  praäerea  flumis  ex  amnibus  et  smwi  tpM 

eurgere  de  terra  nebulas  aeetumque  vidernnSt 
quae  vdut  älüus  hinc  Ua  sureum  expresaa  feruntur 
suffundtmtque  sua  cadum  caUgine  et  aUae 
sufjficiunt  fHnhis  paukUim  eonveniundo : 
urget  enim  quoque  signiferi  super  aeiheria  asetue 
et  quasi  densendo  auhtexii  caerula  nimbie. 
VI  509  canfertae  nuhes  umentia  mUtere  cerUmt 

dmpUcUeri  nam  vis  venti  contrudit^  et  ipsa 
copia  nimhorum  turha  maiore  coacta 
urget^  de  superopremit^  ac  facit  effluere  imhris. 
praeterea  cf.  II.  A  493  X€tM<SiPPOuc  (Kdrcici)  xar*  dp€cq>iv,  önalö- 
^cvoc  (scfaol.  inciTÖ^evoc)  Aide  ÖMßPH^- 

I  433  nam  quodeumque  erit^  esse  aiUquid  debeibit  id  ipsum^ 
augmine  vd  grandi  vel  parva  demque^  dum  sit: 
eui  si  tactus  erU  quamvis  levis  exiguusque^  485 

corporis  augebit  numerum  summamque  sequäur: 
sm  iutaäüe  erü^  nuUa  de  parte  quod  üOam 
rem  prohtbere  queat  per  se  transeire  meantemy 
scUieet  hoc  id  erity  vacuum  quod  iruine  vocamius, 
Lachmaanus  Bernajsius  Munro  y.  434  et  435  inverso  ordine  habent: 
nam  quodeumque  erü^  esse  aUquid  debebU  id  ipsum: 
cui  si  tactus  erü  quamvis  levis  exiguusque^ 
augmine  vd  grandi  vd  parvo  denique^  dum  sU, 
corporis  augebit  numerum  summamque  sequetur. 
Mmirone  teste  in  margine  cod.  Flor.  32  scriptum  est:  Widetur  pro- 
ponere  tantum  de  corpore,  dicendo  Augmine  vd  etc. ;  non  enim  con- 
veninnt  illa  nisi  oorpori.    cum  tamen  de  inani  quoque  intellexisse 
appareat,  ex  iUo  Sin  intaäüe  erü  etc.  adTertendum  diligentius.'   in 
ctdce  autem  legitur:  'si  legatur  Nam  quodcwmque  . .  Cui  si  taäus  •  • 
Augmine  vd  . .  Corporis  .  .  .  patebit  sermo.'    auctoritas  igitnr  tot 
virorum  doctorum  non  spemenda  Tidetur:  attamen  Codices  defendere 
ausim.    primum  quaeritur  augmine  quid  significet.    Creechius  ad 
Y.  431  sententiam  poetae  ita  expressit:  'quicquid  enim  est,  quanti- 
täte  aliqua,  magna  aut  parya  donatur.'  adversus  quem  Lachmannus 


774  JWolljer:  observationes  criticae  in  Lacretiam. 

'quasi'  inquit  *soriptum  sit  aliquo  augmine,  sed  neque  augmen 
quantitas  est'  etqs.  neuter  tarnen  ad  opinionem  stabiliendam  arga- 
menta  protulit.  ergo  usus  Lucretianus  inquirendus  est.  vulgo  antem 
augmen  apud  euxn  propriam  primamque  habet  significationem,  quae 
est  incrcmenti  (ü  73.  188.  495.  1133.  V661.  130);  sed  aliam  quae 
est  guantUatiSy  amhituSj  amplüudiniSy  non  deesse  apparet.  m  266: 
animus  constat  e  quattuor  partibus  uniter  aptis,  quae  quasi  muUae 
vis  unius  corporis  extant.  quod  genus  in  quovis  animantum  viscere 
vdlgo  est  oäor  et  quidam  calor  et  sapor,  et  tarnen  ex  his  omnibus  est 
unumperfedum  corporis  augmen  (Munro:  *bulk  of  body*).  eaedem 
significaliones  yocabulo  auctus  dedit  poeta;  alteram  his  locis:  11 482 : 
atomorum  figurae  sunt  finito  numero,  quod  si  non  ita  sü^  rursum  iam 
semina  quaedam  esse  infinäo  debebunt  corporis  auctu]  V 1170  egregias 
animo  fades  vigiktnte  videbant,  et  magis  in  somnis  mkrando  corporis 
auctu\  VI  168  caedere  si  quem  ancipiti  Videos  ferro  procuX  arboris 
audum,  apparuit  igitur  ni  fallor  augmen  apud  Lucretium  interdum 
habere  significationem  ambitus^  qua/ntitatis, 

Porro  tenendum  est  vacuum  apud  Lucretium  esse  quasi  8%iih 
stantiam  ut  hoc  barbaro  vocabulo  utar:  v.  420  et  504  id  Tocat  rem ; 
res  genitas  dicit  mixtas  esse  e  materia  et  vacuo  v.  369.  materies  et 
yacuum  utrumque  est  infinitum ,  sed  potest  in  partes  dividi  maiores 
minoresve:  has  partes  omnis  materiae  totiusque  vacui  nsu  oottidiano 
novimus  et  de  iis  nostro  loco  sermo  est  fac,  inquit  poeta,  sit  ier- 
tium  aliquid  quod  neque  materies  neque  vacuum  sit.  hoc  quodcmn* 
que  erit  debebit  esse  aliquid ,  sive  magna  est  quantitate  sive  panra^ 
nihil  ad  rem  quantitas,  dum  modo  sit  hoc  qitbd  dicis,  id  est,  dnm- 
modo  neque  coniunctum  neque  eventum  sit  (cf.  v.  449  aqqO« 
nam  haec  revera  non  sunt,  ergo  si  est,  alterumutrum  de  eo  prae- 
dicari  potest:  tangi  aut  potent  aut  non  poterit:  si  autem  tangi  pote* 
rit,  quamvis  leviter  et  ezigue,  quantitas  vel  modus  nihil  ad  rem^  si 
tangi  poterit,  ad  materiem  referendum  erit:  si  minus  potent,  si  cm- 
nino  nulli  rei  nullo  modo  umquam  resistere  poterit,  racuum  Tooan- 
dum  erit.  tertium  non  datur.  apparet  igitur,  ni  fallor,  loonm  in  in- 
tegrum sie  restituendum  esse : 

nam  quodcumque  eritj  esse  aiiquid  debebit  id  ^asum 
augmine  vd  grandi  vdparvo  denique^  dum  sit, 
cui  si  tadus  erit  quamvis  levis  exiguusque^ 
corporis  augebit  numerum  etqs. 

I  511  sqq.  Codices  habent: 

praäerea  quoniam  genUis  in  rebus  inaned , 
materiem  drcum  soUdam  oonstare  necessest: 
nee  res  üUa  potest  vera  ratione  probari 
corpore  inane  suo  cdare  atque  intus  habere^ 
516  si  non,  quod  coMbä^  soUdum  oonstare  rd^nquas: 

id  porro  nü  esse  potest  nisi  materiai 
concüiumf  quod  inane  queat  rerum  ookibere. 


JWolljer:  observatioiies  criticae  in  Lucretium.  775 

Lachmannus  annotat:  ^recte  interpretatur  Creecbins  <id  inane  qaod 
in  rebus  genitis  est»,  sed  id  siquis  inane  rerwn  dixerit,  vereor  ne 
potins  vacuum  a  rebtis  quam  id  qaod  voluerit  dizisse  yideatur.  quare 
non  dnbito  quin  poeta  scripserit  quad  inane  in  rehu*  queat  cohi- 
'bereJ*  ita  Lachmannus  non  admodum  leni  emendatione.  alii  aliud, 
inter  qnos  Briegerus  (Pbilol.  XIY  563)  inane  queat  purum.  Munro 
codioum  scripturam  tuetur ,  cum  inane  saepe  sit  substantivum  apud 
Lucretium,  quod  argumentum  adversus  Lacbmannum  non  satis  esse 
Talidum  videtur,  cum  non  probet  illum  sine  causa  ambiguitatem 
metuisse.  attamen  Codices  procul  dubio  integram  scripturam  tra- 
diderunt.  inane  enim  plus  quam  octogies  apud  Lucretium  inveni- 
tur,  substantivum  est  fere  septuagies,  ne  semel  quidem  adiectivum 
cum  genetivo  vel  ablativo  coniunctum.  Lucretio  igitur  in  mentem 
venire  non  potuit  fore  ut  aliquis  sententiam  herum  verborum  inane 
rerum  non  statim  cum  legisset  intellegeret,  praesertim  cum  v.  511 
genüia  in  rebiM  inanest  et  513  sq.  res .  .  corpore  inane  suo  cdare 
scripsisset. 

I  551  denigue  $i  miUam  finem  natura  parasset 
frangendis  rebus ,  iam  corpora  materiai 
usque  redaäa  farent  aevo  frangente  priore , 
uinüex  Ulis  a  certo  tempore  posset 
concqftum  summum  aetatis  pervadere  FINEM.  555 

nam  quidvis  cUius  dissdvi  passe  videmus 
quam  rursus  refici. 
illod  finem  v.  555  Lachmannus  et  alii  multi  reiecerunt,  cum  hoc 
vocabulum  (praeter  II  1116)  in  libris  Lucretianis  semper  feminini 
Bit  generis.  haec  tamen  si  sola  esset  causa  cur  probari  non  posset, 
&cile  emendaretur  locus  summam  scribendo.  sedfinis  propter  signi- 
ficationem  mihi  dispücet.  Lucretius  enim  docet  (cf.  II  1122):  res 
omnes  initio  *hilaro  grandescunt  adauctu  paulatimque  gradus  aetatis 
Bcandunt  adultae',  donec  alescendi  stMnmum  täigere  cacumen 
(1130);  inde  mimUatim  vires  et  rohor  aduUum  frangit  et  inpartem 
peiorem  Jiquitur  aetas  (1131  sq.).  sed  si  materies  ad  infinitum  dividi 
posset  per  illud  infinitum  tempus,  quod  iam  praeterisset,  eo  de- 
stmctionis  iam  pervenisset  materia,  ut  nihil  ex  ea  intra  certum  ac 
definitum  tempus  ex  ortu  ad  summum  aetatis  cacumen  vel  florem 
perducere  posset  natura  creatrix:  nam  quidvis  citius  dissolvitur 
quam  reficitur.  res  igitur  ad  perfectionem ,  ad  statum  adultum ,  ex- 
tremam  Crescendi  finem  (11  1116)  non  pervenirent.  quodsi  negari 
non  potest  hanc  esse  poetae  sententiam ,  perspicuum  iam  est  et  luce 
clarius  aäatis  finis  minime  aptum  esse  nostro  loco:  nam  aetas  adulta 
non  est  finis  aetatis  sed  finis  Crescendi,  atque  ob  eandem  causam 
neque  Munro  recte  scripsit:  oonc^um  summum  aetatis  pervadere 
ad  auctum^  nam  ad  finem  aetatis  et  ad  summum  auäum  aetatis 
multtun  inter  se  differre  non  video.  ipse  difficultatem  sensisse  vide- 
tur, cum  aetatis  vocabulum  vertat  per  heing:  *and  reach  its  utmost 


776  JWoIijer:  observationeB  criticae  in  Lucretiüm. 

growth  of  being'.  ergo  haec  xA)n  esse  ex  xnenie  poetae  apparet.  Pins 
ad  hunc  locum  annotavit:  ^Codices  fideliores  reservant  florem^  quam 
lectionem  maxime  probo.'  sed  tum,  id  quod  Pius  neglexit,  legen- 
dam  esset :  conceptum  a  d  simmum  aetatis  pervadere  fioremj  ut  II 1116 
ad  extremam  Crescendi .  .  finem  .  .  perduoM,   cf.  I  564.  V  847. 

Munro  recte  animadvertit  vocabulom  finem  (Oblongns  habet 
finiSy  Quadratus  fine^  a  correctore  finem)  ultimum  fuisse  paginae  Ti- 
cesimae  tertiae  archetypi,  qua  de  re  facile  fieri  potuerit  ut  boc  Toca- 
bulum  a  librario  scriberetur  pro  amisso  quodam  in  fine  versus  (coios 
rei  multa  exstant  in  Lucretii  codicibus  exempla).  scripturae  diacre- 
pantia  in  utroque  codice  banc  opinionem  confirmare  vldetur.  quibos 
Omnibus  perpensis  scribendum  esse  censeo  mrnmum  aetatis  per- 
vadere CULMENy  quod  Omnibus  desideriis  satisfadt.  Lachmannas 
ex  Varronis  de  lingua  Latina  VII  p.  300  landet:  quare  quod  est  *per^ 
vadepolum*  valä  h'ode  per polum\  simile  autem  dicendi  genas  aupra 
laudayimus  e  11  1123  patdatimque  gradus  aetatis  scandere  adühae, 
ciümen  apud  Lucretiüm  non  invenitur  (nam  quod  est  VI  296  culmm« 
recte  a  Marullo  mutatum  est  in  /u^tne),  sed  Uli  30  habemus  aUescendi 
summum  oacumen^  nee  yocabulum  Lucretii  aetate  erat  inusitatom. 

I  722  hie  est  vasta  Charyhdis^  et  hie  Äetnaea  rm/nantur 
murmura  flammarum  rursum  se  ooüigere  iras^ 
faucibus  eruptos  iterum  vis  ut  vomat  ignis 
ad  cadumque  ferat  ßammae  fidgura  rursum. 
malim  cum  correctore  Quadrati  (cuius  scripturae  Lachmannas  men> 
tionem  non  fecit)  et  ed.  Veronensi  (1468)  flammarum  qaam  Oblongi 
correctoris  flammau  emendatio  enim  in  Quadrato  a  manu  peranti* 
qua  aut  ab  ipsa  prima  manu  £ftcta  est,  id  quod  veri  similius  mihi  vi- 
detur;  scribendi  genus  concinit  cum  vocabuli  nimirum  1 524  Oblongi, 
quod  moneo  cum  hoc  compendium  non  admodnm  sit  freqaans  vel 
potius  rarum  in  codd.  Lucretii.  correctio  in  Oblonge  est  a  mann 
multo  recentiore.  flammarum  plur.  num.  praeterea  concinii  com 
flammarum  (723)  et  plurali  ignis  (724).  porro  correctio  in  ai  tarn 
facilis  est  et  tam  frequens  in  utroque  codice  eins  osos,  nt  summ 
esset  correctorem  Quadrati  eam  non  adhibuisse,  nisi  flammarum 
.«veram  scripturam  habuisset.  denique  a'i  in  B  multo  frequentios  a 
manu  prim&  est  scriptum  quam  in  A,  qui  vulgo  habet  o,  interdom 
ae  vel  e.  sie  in  huius  libri  v.  1051  A  habet  materia^  B  maUriai. 
item  V.  1041  Oblongus  habet  ratiane  aversa  via^  B  sive  Quadrates 
contra  ratione  aversa  viai  neque  id,  ut  Lachmannus  ait,  a  mana  cor- 
rectrice,  sed  ab  ipsa  prima,  idem  qui  annotare  potuerit  ad  hone  ver- 
sum  Lucretiüm  non  dixisse  ratione  aversa  rtai',  sed  sine  hoc  grae- 
cismo  ratione  aversa  viaque  fateor  me  non  intellegere,  com  idem 
poeta  scripserit  1 406  cum  semet  institeruni  vestigia  certa  viai,  II 249 
sed  nü  amnino  nulla  (in  libris  deest,  alii recta)  regione  viai  <Mi- 
nare  quis  est  qui  prasslet  cerneresese?  V  1123  Her  infestum  fcoere 
viai,  recte  ergo : 


JWollger:  obeervationeB  criticae  in  Lacretium.  777 

sicomnia  dtbetii 
diMoM  simul  ac  defeeU  auppedüare 
maUries  äUqua  ratione  avena  viaL 

Anaxagoraa  doctrinae  de  ö^oiOMCpclf,  qua  aiimlitado  onmimn 
partimn  in  rebns  simplioibns  exprimitur,  Lucretins  praeter  alia  faaec 
opponit: 

I  859  praäerea  guonkm  cUhm  augä  corpus  äUtquCy 

scire  licet  ncbis  venas  ei  sanguen  et  ossa  d60 

{et  nervoe  ahenigenis  ex  partibus  esse), 
SWS  cibos  onmis  cammixto  corpore  dicent 
esse  et  habere  in  se  nervorum  corpora  parva 
ossaque  et  omnino  venas  partisqne  cmoris^ 
fiä  uti  dhus  omnis^  et  aridus  et  Uquor  tjwe, 
exaUenigenisr^msconstarepuietury  865 

ossäms  et  nervis  venisgue  et  sanguine  rmxto. 
praeterea  quaecumque  e  terra  corpora  creseitnt 
si  sunt  m  terris^  terram  constare  neoessest 
ex  älienigenis^  quae  terris  exoriuntur. 
transfer  item^  totidem  verhis  utare  UcebU.  870 

in  lignis  si  flamma  lotet  fumusque  emisque^ 
ex  äUenigenis  oonsistcmt  Ugna  necessest, 
praeterea  teOus  quae  corpora  cumque  aUt ,  augä 
ex  aUenigeniSy  quae  lignis  onuntur. 
-versns  qui  post  860  est  inaertua  a  Lambino  est  fftotas.   omnes  edi- 
tores  hoe  commentnm  Lambini  extollnnt:  Laohmannus:  *laado  in- 
gemnm  et  stadiam  Lambini',  Mnnro :  'whieh  mnst  be  very  like  what 
Lucr.  wrote.'  attamen  dubito ,  quin  immo  repngno.  alienigena  res 
est  ea  coius  partes  inter  se  sunt  diBsimiles,  opponitor  TOic  6|iOio- 
^cp^civ.    qnod  si  tenaeris,  videbis  non  rectam  esse  condusionem 
quam  Lambinns  fecerit,  cum  putet,  cibos  qnoniam  corpus  angeat,  inde 
eeqni  partes  corporis,  ossa  sanguinem  nervös  yenas,  ex  slienigenis 
pairtibos  constare.    quid  enim  impedit  quominns  ex  cibo  ossa  suas 
sibi  assnmant  partes,  venae  item  cett,  id  qood  Anaxagoram  docnisse 
Laoretiiis  narravit  v.  835  sqq.  —  quid,  inqoam,  impediat  quominns 
koc  fiat,  non  apparet   eo  autem  modo  corpus  nutriri  Lucretios  ipse 
doeuit  y.  812: 

adiutamur  enim  dubio  procut  atque  aUmur  nos 
certiß  ab  rebus,  certis  äUae  atque  aUae  res. 
nimirum  quia  multa  modis  communia  muttis 
muUarum  rerum  in  rehus  primardia  mixta 
sunt^  ideo  varüs  variae  res  rebus  aluntur. 
ei  autem  obicias  cibum  non  eese  neryos  sanguinem  cett.  et  banc  ob 
causam  bas  res  oompositas  eese  e  partibus  alius  rei,  ergo  alienigenas 
esse ,  respondeo  easdem  res  perpetuo  inde  a  prima  origine  cibo  nu« 
tritae  esse,  eodem  modo  perpetuo  augeri.  ergo  qui  inde  sequi  possit 
eas  alienigenas  esse?  at  poeta  demonstrare  in  animo  babuit  eibtiiH, 


778  JWolijer:  obsenrationes  criticae  in  Lucretium. 

exempli  gratia  corpus  esse  alienigennm ,  non  öfioio^€p^c.  nam  si 
hae  omnes  tarn  diversae  partes,  e  quibus  corpus  nostram  constat,  e 
cibo  proveninnt,  apparet  cibum  esse  corpus  alienigenum,  non  ö^oto* 
^epdc.  conido  igitur  versum,  qui  exciderit,  huius  modi  fere  fuisse: 
praeterea  quoniam  dbtM  augä  corpus  älüque 

—  scire  Ucä  nohis  venas  et  sanguen  et  oasa 
(nervosque  —  ex  alienigenis  consistere  debet.y 

cibus  ex  alienigenis  consistere  debet,  quoniam  corpus  i.  e.  venas 
sanguinem  ossa  nervös  äuget  alitque. 

Eadem  est  argumentatio  yersuum  873  et  874  a  Lachmanno  ita 
scriptorum : 

praeterea  tdtus  quae  carpora  earnque  aiU,  äuget 
ex  aUenigenis,  quae  aiienigenis  ariun^ur. 
falsum  hoc  quae  alienigenis  oriuntur  et  ob  metrum  (of.  LMuelleruB 
de  re  metrica  p.  284)  et  ob  sententiam  et  ob  eam  causam,  quod  ortri 
verbum  Lucretius  numquam  cum  solo  ablativo  coniunxit,  sed  com 
praep.  ex  (I  161.  204;  II  931 ;  IIX  970),  cum  unde ,  aut  absolute  id 
usurpayit.  Munro  putans  duos  vel  plures  versus  interiisse  post  873 
huius  modi : 

in  lignis  si  flamma  lotet  fumusque  cinisgue 
ex  alienigenis  consistant  ligna  necessest, 
praeterea  tdlus  quae  corpora  cumgue  ailiij  äuget 
(jßx  alienigenis  quae  teüure  exariuniur. 
sie  Uidem  qtMe  ligna  emittunt  corpora^  akmtury 
ex  alienigenis i  quae  lignis  his  oriuniur. 
quattuor  versibus  explicavit  duos  (871  et  72)  qui  post  870  nullaex- 
plicatione  egent,  cum  duo  plane  similia  argumenta  pi*aecedant  861 — 
866.  867—869). 

Me  iudice  res  sie  se  habet,  longa  sjUaba  quae  v.  874  deest 
est  esT,  ita  ut  habeas  exariu^ur  (sie  Flor.  31  Camb.  Lambinus); 
lignis  ortum  est  e  Ugna  ▼.  872  et  locum  tenet  vocabuli  omissi  aUem- 
gena.  ergo  legere  yelim: 

praeterea  tdJtus  quae  corpora  cwmque  oM,  a/ugd 
ex  oiUenigenis^  quam  aiienigena  exoriuntur. 
quem  causale  cum  ind.  coniunctum  apud  Lucretium  inyeniri  satis 
notum  est.  MaruUus  autem  yidit ,  idque  merito ,  hos  yersus  ab  hoc 
loco  plane  alienos  esse;  neque  tamen  iure  meritoqne  eos  deleyit, 
cum  locus  eorum  sit  post  y.  860.  hi  yersus  enim,  ut  nexus  senten- 
tiarum  docet,  cum  eo  qui  post  860  exddit,  debebant  postremi  esse 
pag.  34  archetypi,  sed  lapsu  quodam  archetypi  librarii,  qui  repetito 
illo  yocabulo  praeterea  deceptus  est,  suo  loco  omissi  sunt  illi  duo; 
primus  autem  (post  860)  iam  excidit  antea.  ergo  mecum  sie  legas: 
praeterea  quoniam  dbus  augä  corpus  aUique 

—  scire  Ucä  nobis  venas  et  sanguen  et  ossa 
(j^ervosque  —  ex  alienigenis  consistere  debei.y 
praeterea  tdlus  quae  corpora  oumque  aiU ,  äuget 
ex  alienigenis^  quom  aiienigena  exoriuntur. 


JWoltjer:  obsenrationeB  criticae  in  Lucretium.  779 

alterum  argumentum  cum  altero  congruere  nemo  non  videt,  opinor. 
praeterea  post  tam  parvum  interrallum  repetitum  invenies  etdam 
m  120  et  123;  304  et  307.  si  autem  mavis  tellus  praeterea 
quae  carpara  etqs. ,  loci  laudati  docent  Lucretium  non  repugnare. 

Hactenns  poeta  e  saa  doctrina  argumentatus  est,  ut  supra  de- 
monstravimns:  cf.  v.  812  sqq.  Anazagoras  eiusque  discipuli  de  his 
rebus  aliter  sentiebant.  Plutarcbo  (plac.  I  3)  teste  docuit:  ömoXo- 
TilTtov  icrtv  ÖTi  iv  Txji  Tpoq)^  T^  Trpocq>€po|i^vi]  TTdvra  icÄ  id 
6vTa.  qua  de  causa  sie  pergit  poeta:  si  autem  {sine  uterque  codex, 
qua  forma  hoc  uno  loco  poeta  usus  est,  ceterum  «m,  sed  semper  ante 
Yocalem^  recentiores  cum  nexum  non  perspicerent  »ive)  dicent  ea 
quae  e  dbo  in  corpus  transeant  in  cibo  ipsa  iam  inesse,  quae  e  terra 
in  herbas  ceteraqua  transeant  ipsa  iam  in  terra  inveniri  debere,  nihilo 
minus  verum  erit  quod  dixi,  nam  ipsi  fatebuntur  cibum,  terram 
ceteraque  ex  alienigenis  constare  partibus. 

Itaque  non  fortioribus  adhibitis  neque  acerbioribus  medioamen- 
tis,  quam  editores  adhibuerunt,  totum  locum  sie  fere  ad  Lucretii 
mentem  restituere  volui: 

praäerea  qtumiam  cibua  augä  corpus  alUque  859 

—  sdre  Ucet  nohis  venas  et  sang%ien  et  ossa 

(nervosque  —  ex  aUenigems  oonsistere  debet.y 

teüus praeterea  quae  carpara  cuimque  alU,  äuget  878 

ex  aUenigems  y  quam  aUenigena  exariunlur.  874 

sine  cibos  amnis  cammixta  corpore  dicent  861 

esse  et  habere  in  se  nervorum  carpara  parva 

assaque  et  ommmo  venas  partisque  cruaris, 

fiet  uti  dbus  omnis^  et  aridus  et  Uquar  ipse^ 

ex  aUenigenis  rebus  constare  putetur^  866 

assibus  et  nervis  sanieque  et  sangume  mixta, 

praeterea  quaecumque  e  terra  carpara  crescunt 

si  sunt  in  terris^  terram  constare  neoessest 

ex  aUenigenis  j  quae  terris  exariuntur. 

transfer  item,  totidem  verbis  utare  Ucebit.  870 

in  Ugnis  si  fiamma  tatet  fumusque  cinisque, 

ex  aUenigenis  consistant  ligna  necessest. 

Collatio  codicum  Leidensium  me  doonit  Quadratnm  sive  B  cum 
aliis  yirtutibus  tum  hac  praestare  Oblonge  sive  A ,  quod  diügentius 
archetypi  versuum  numerum  expressit,  eoque  in  lacunis  statuendis 
ei  plus  fidei  saepe  habendum  esse  quam  fratri  maiori  natu,  cuius 
rei  ampla  proferre  testimonia  nunc  non  est  in  animo ,  attamen  panoa. 
nam  primnm  Oblongi  librarium  neglegentius  saepe  scripsisse  vel  ex 
eo  apparet,  quod  in  primis  duobus  libris  iam  non  minus  duodecim 
versus  omisit,  quos  deinde  corrector  Saxonicus  inter  lineas  supplevit 
(I  364  duos,  549  unum,  836  unum,  1022  unum,  11  257  tres,  411 
nnnm,  883  duos,  943  unum).  praeterea  in  capitulis  notandis  apparet 
B  accuratiorem  esse  quam  A.  ubi  enim  capitulnm  duorum  versuum 


780  JWolljer:  obserrationes  criticae  in  Lucretium. 

babet  bic,  ille  praebet  interstitimn  dnomm  versuam;  sed  interdum 
A  ano  versn  ezbibet  capitnlum,  qnod  procal  dubio  in  arohetjpo 
daobuB  versibus  continebatar  cnique  recipiendo  B  intentitiitm  dno- 
mm yersnnm  reseryavit.  at  exemplum  afferaxn:  post  I  950  capi- 
tnlum  leg^tur  hoc:  tö  pan  apiron  to  gar  pepirasmenon  aeroe  (La. 
Diog.  X  41  dXXä  Mf|v  xai  tö  Ttäv  fiireipöv  Icn*  tö  t^  neircpac- 
^^vov  &Kpov  ^X^O  1  ^^^  c^^^™  longius  esset  quam  quod  nno  Tema 
oontmeri  posset,  a  librario  ultima  syllaba  quae  erat  dU  omissa  est. 
B  autem  interstitium  duobus  versibus  recipiendis  aptum  reliquit^ 
porro  postrema  pars  libri  m  probat  librarium  qui  B  scripsit  dili- 
genter  rationem  kabuisse  numerorum  versuum  in  archetjpo  seripto- 
rum.  ibi  enim  cum  lapsu  a  librariis  band  alieno  pro  atquc  obima 
quaerit^  quae  sunt  ultima  verba  v.  1066,  scripeisset  atqtie  revisU^ 
ultima  versus  sequentis  verba,  itaque  hunc  v.  1067  omisiaset,  koina 
paginae  finem  scribens  animadvertit  se  unum  versum  praeteriiaae; 
ut  numerum  tamen  servaret,  deinde  in  fine  paginae  v.  1077 — 1081, 
id  est  quinque  versus ,  ita  disposuit,  ut  sex  versuum  spatiom  com- 
plerent.  —  Sed  baec  iam  sufficient  ut  intellegas  me  vere  dixiase 
Q  u  a  d  r  a  1 0  potius  credendum  esse  quam  0  b  1 0  n  g  0  in  laounis  notandis. 

Mirum  est  Lachmannum  hoc  non  perspexisse  pag.  72  commen- 
tarii  scribentem^  ante  v.  I  921  interstitium  (unius  versus)  luisse, 
quod  librarii  nostri  neglexerint.  cum  enim ,  ut  supni  demonstravi, 
post  V.  950  archetypus  baberet  capitulum  duas  lineas  explens,  quod 
nt  reciperet  librarius  B,  qui  ipsa  capitula  non  exscripsit,  interstitinm 
duarum  linearum  reliquit,  versus  quem  Lachmannus  desiderabat,  ut 
singularum  arcbetypi  paginarum  numeroa  expleret,  iam  inventus  esL 
hie  ergo  B  accuratiorem  esse  quam  A  nemo  negabit. 

II  600.  601  A  babet  sie  sensu  carentes: 

hone  (magnam  matrem)  veteres  Oraium  docH  eeeinere  podae 

sedibiis  in  curru  biiugos  agUare  leones  etqs. 
hunc  alterum  versum  sie  priorem  insequi  non  posse  perspicnum  est; 
B  autem  accuratior  inter  hos  duos  versus  interstitium  reliquit  du o - 
rQm  versuum.  Lachmannus  igitur  et  qui  eum  secuti  sunt  editores 
merito  B  defendunt  contra  A;  sed  qui  fieri  potuerit  ut  idem,  qui 
tanta  accuratione  Codices  contulerit,  simul  B  fidem  haberet  nee 
tamen  haberet,  fateor  me  non  intellegere,  unum  versum  omissom 
esse  putat  huiusmodi :  moffnifioe  divam  ex  ipHs  penäraUbu'  veämm 
(quem  versum  Lucretius  quidem  numquam  scripsisaet).  com  tarnen 
spatium  duobus  versibus  recipiendis  aptum  relictom  sit  neque  oapi- 
tnlum  alterum  versum  complere  potuerit  (cum  post  v.  598  iam  l^ga- 
tur)  statuendum  videtur  duos  versus  interiisae.  si  snspitionem  pro» 
ferro  liceat,  oontendere  ausim  Lachmannum  alterum  versum  omiaiaae, 
ne  27  versus  paginae  arcbetypi  tribueret,  quod  ne  semel  quidem  ae- 
cidere  potuisae  ratus  esse  videtur.  minime  recte  tamen.  sie  A  nniun 
habet  folium  (41)  quod  27  versus  habet  in  utraque  pagina,  eum  reli- 
quae  habeant  viginti.  simile  quid  ex  aliia  libria  manuacriptis  appa- 
mit  nee  non  ex  voluminibus  Herculanensibus. 


JWoltger:  obBerrationeB  critioae  in  Lncretiiim.  781 

II  40  si  non  forte  iuas  legiones  per  loca  campi 
fruere  cum  videas^  heUi  smulQcra  oenfitf, 
su^fsiiäm  magnis  epicuri  conatäbüUas^ 
omatas  armis  Uastatuas  tariterq:  ammatas 
Ms  tibi  ttun  rebits  tmefadae  religionea 
effugmnt  animo  pavidae  etqs. 
ita  Oblongus.  Lachmannus  correzit  fruere  in  fervere  cum  oorrectore 
Quadrat!,  tarüergue  in  pariterque;  Munro  aatem  q^icuriin  et  ecum  vi, 
qua  speciosiorem  haud  fere  ullam  inveni  Lucretiieditorum  ooniecturam. 
Nonhis  (p.  503  M.)  laudat  ex  libro  secundo  Luoretii  versum  hunc: 
fervere  cum  Videos  dassem  lateque  vagari^  quem  Lambinua  in  con- 
textum  inseruit  post  y.  43,  item  Lachmannus,  Munro  vero  post  ▼.  46. 
Qnadratus  porro  praebet  loco  versuum  42  et  43,  qnos  Oblongus 
mbris  litteris  maiusculis  scriptos  habet,  lacunam  trium  versuum 
(Lachmannus  parum  accurate  'complurium') :  corrector  per  hoc  inter- 
etitium  lineam  ad  perpendiculum  duzit  atque  adscripsit:  'non  est 
opos  sectione.'  sed  hie  corrector,  qui  multa  menda  correzit,  procul 
dubio  falsus  est,  cum  videret  t.  44  cum  41  coniunctum  sententiam 
praebere,  neque  tarnen  perspioeret  nihilo  magis  atque  MaruUus,  ana- 
phoram  his  tibi  tum  rdms  minime  aptam  esse ,  si  de  una  tantum  re 
(legionibus)  sermo  esset  si  ergo  Quadrato  credendum  est,  tres 
versus  sunt  omissi,  nee  quicquam  obstat  quominus  versum  a  Nonio 
laudatum  tertium  faciamus,  cum  in  contextum  optime  quadret.  nam 
Munro  quo  iure  hunc  Nonii  versum  post  v.  46  collocet,  ^iravdXimiiVt 
eni  venuatatem  non  iniucundam  merito  Lambinus  tribuit,  tollens, 
non  Video.  —  At  restat  itastaiuas  vel  itasiuaSy  ut  schedae  Haunienses 
scribunt.  id  Lachmannus  parum  apte  mutavit  in  väHdaSj  Munro  in 
stiduas*  neutrum  probare  possum.  totum  vocabulum,  si  hoc  nomine 
dignum  est,  eiciendum  esse  puto:  videtur  mihi  corruptum  esse  ex 
imstUuias  super  omatas  scripto  et  inde  versui  Ulatum  omisso  alio 
vocabulo.  nam  vocabulum  omissum  esse  ^)paret.  quis  enim  credit 
Lucreüum  scripsiase  omatas  armis  nuUo  adiectivo  aut  adverbio  ad- 
ieeto?  quis  umquam  vidit  legiones  fervere  per  loca  campi  sine 
armis?  potuitne  languidius  quid  dici?  mihi  legen ti  III 457  quando- 
quidem  gigni  pariter  pariterque  videmus  cresoere  in  mentem 
venit  (postea  vidi  Bemaysium  idem  scripsiflse)  pariter  solnm  nostro 
loco  aptum  esse,   ergo  nunc  habes: 

si  non  (»s  nisi)  forte  tuas  legiones  per  loea  campi 
fervere  cum  Videos^  heüi  simulaera  dentis^ 
suMdOs  magnis  et  ecum  vi  constabHitaSi 
omatas  armis  pariter  pariterque  ammatas^ 
fervere  cum  Videos  dassem  lateque  vagari^ 
his  tibi  tum  rd>us  etqs. 
V.  45  Lachmannus  et  Munro  scribunt  adverbium  pavide  contra  Co- 
dices qui  habent  adiectivum  {Apauidae^  Bpauidf).    auctoritas  oo* 
dicnm  in  hac  quidem  quaestione  non  admodum  magna  videtur,  cum 
▼nlgo  e  vel  6  habeant  pro  oe\  attamen  haud  frequenter  oe  invenies 


782  JWolijer:  observationeB  criticae  in  Lncretiam. 

pro  e.  Lucretius  porro  numquam  pavide  adverbio  usas  est,  sed  in 
loco  simili  Y  974  qtiaerebafU  pavidi  pälantes  noctis  in  umbriB. 
Faber  autem  putabat  timefactae  et  piwidae  bis  idem  esse ;  at  falsus 
est,  si  quid  yideo:  nam  propterea  quod  timefactae  sunt  religiones, 
sunt  pavidae,  quasi  timore  pavidae.  cf.  Verg.  Aen.  II  685  nospa- 
vidi  trepidare  metu  etqs. 

11 152  sqq.  poeta  demonstrat  atomos  luce  oelerins  per  infinitom 
vacuum  fern,  nam 

vapor  is  quem  söl  miäü  lumenque  serenum^ 
non  per  inane  meat  vacuum;  quo  tardius  ire 
cogüu/Ts  aärias  quasi  dum  diverberet  undas. 
Lachmannus  annotavit:  ^Lambinus  pessime  quasi  dum  diverberai: 
nam  dum  intellegendum  est  donec,*  Munro  autem,  qui  ipse  codioee 
Leidenses  non  contulit,  concedit  Lambini  soripturam  defendi  poase« 
Lachmanno  vero  quis  CTUT€pöc  ^XP^^  bai^uiv  illa  soribenti  nescio. 
quis  enim  verba  eius  legens  non  crödet  in  illis  codicibusconiunctiviim 
reperiri?  attamen  Oblongus  habet  quosidum  diueruerat^  Quadratos 
quo  sidü  diuerberat.  praeterea  dum  «>  donec  cum  indicativo  babes 
I  949  si  tun  forte  anmum  taXi  ratione  tenere  versibus  in  nostris 
possem^  dumperspicis  omnem  naiuram  rerum,  qua  constet  oompia 
figuraj  et  IV  24  item  dum  percipis.  nostro  loco  tamen  dum  intelle- 
gendum esse  donec  Lachmanno  concedere  non  possum.  quod  quo- 
minus  faciam  prohibent  hi  loci ,  ubi  simile  phaenomenon  deecribitnr 
et  dum  eandem  habet  significationem  atque  nostro  loco :  IV  358  nee 
ad  nostras  aciesperläbüur  ictus^  aäraper  nwütum  quia  dumsumäaera 
feruntuTj  cogü  hebescere  cum  crebris  offensibus  o^;  IV  280  eic  übt 
seprimum  speadi  proiecU  imagOj  dum  venit  ad  nostras  ades^  pr^ 
irudU  agitque  aära  qui  inter  se  cumquest  oeuHosque  loeahts.  item 
IV  559.  612.  —  Eodem  errore  ductus  Lachmannus  VI  302  cmm 
scripsit,  ubi  Codices  habent  veram  scripturam  dum:  ß  quoque  ut  inier- 
dum  venii  vis  missa  sine  iffni  igniscat  tamen  in  spatiolongoque  meaim^ 
dum  venit  amittens  in  cursu  corpora  quaedam,  Munro  yemin 
restituit. 

II  333  nufic  age^  iam  deinceps  cunctarum  exordia  rerum 
qualia  sint  et  quam  longe  distaniia  formis 
percipe,  muUigenis  quam  sint  variata  figuris; 
non  quo  muUa parum  simüi  sini praedOa  forma^ 
sed  quia  non  vdgo  paria  omnibus  omnia  oonstenL 
nee  mirum:  nam  cum  sit  eorum  copia  tania , 
ut  neque  finis,  uti  docui^  neque  summa  sit  iifla, 
340  debent  nimirum  non  omnibus  omnia  prorsum 

esse  pari  ßo  simüique  adfecta  figura. 
parturiunt  gtnus  humanum  mutaeque  natanles 
squamigerum  pecudes  et  laeta  armenia  feraequCj 
et  variae  volleres ,  laetantia  quae  loca  aq^trum 


JWolljer:  obseryationeB  criticae  in  Lucreiiam.  783 

ixmcdthrant  ckcmi^  ri^pas  f<>ni%8q^t  l^^  345 

ei  quae  pervolgant  nemara  aviapervdüantes; 
quorum  tnuim  guidvis  generatim  sumere  perge: 
mvenies  tarnen  itUer  se  differre  figuris. 
T.  342  parturiunt  ni  fallor  iam  nemo  est  qni  defendat.    Oblongus 

habet  praeterea  (ea  a  manu  correctrice) ,  Qnadratns  preteregenus^ 
Nonins  praeterea  qnod  verum  est.  praedicato  tarnen  carent  snbiecta, 
quae  yy.  342 — 346  ennmerantur.  cum  appareat  praeterea  mutan- 
dum  non  esse ,  versus  post  346  interiisse  videtur.  porro  v.  334  suo 
loco  non  esse  perspicuum  puto :  nam  sententia  huius  versus  sequenti 
versu  336  muUigenis  quam  smt  variaia  figuris  exprimitur,  ergo  ferri 
non  potest.  quod  si  constat,  facile  videbis  quo  vitio  hi  versus  labo- 
rent.  si  v.  334  suo  loco ,  id  est  post  v.  346  leges ,  omnia  recto  or- 
dine  sequentur.  pro  qwüia  smt  tum  qucdia  sunt  legendui||  atque 
plenius  post  formis  distinguendum  esse  nemo  non  videt.  v.  338 — 
341  demonstravit  poeta  vel  a  priori,  ut  dicunt,  perspicuum  esse  e 
copia  atomorum,  fieri  non  posse  quin  variis  figuris  sint  praeditae. 
deinde  quae  oculis  videmus  a  natura  creata  ex  atomis ,  testes  affert 
eiusdem  rei  vv.  342 — 376:  varia  genera  animalium  — 346;  varie- 
tatem  intra  fines  eiusdem  generis ,  qua  fit  ut  matres  prolem  suam 
cognosoere  possint  et  proles  matrem ;  tum  v.  377  qtuire  äiam  atque 
etiam  simüi  ratione  necessest  etqs.  condusionem  facit  reditque  ad 
initium  argumentotionis. 

II  927  tum  praeterea ,  quod  fugmus  ante , 

qua  tenus  inpuüos  animalis  vertier  owi 
cemimus  aUtuum^  vermisque  effervere^  terram 
intempestivoe  quam  putor  O0pt(  ob  inibris, 
scire  licet  gigni  posse  ex  non  sensibu^  sensus, 
recte  Munro  ad  h.  1.  animadvertit  quatenus  hie  signifioare  quoniam. 
ignorat  tarnen  (nam  Lachmannus  id  memoria  indignum  putabat  vel 
potiaB  non  vidit)  Oblongum  habere  quatinus^  Quadratum  quatin^y 
priorem  totum  vocabulnm  a  manu  prima,  alterum  ati  in  rasura. 
apparet  igitur  archetjpum  habuisse  quatinus.  item  IV  760  Lach- 
mannus: qua  tenus  hoc  simUe  est  iüi  quod  mente  videmus  atque  oculis^ 
simHi  fieri  ratione  necesse  est.  hie  quoque  quatenus  ■»  quoniamy 
quandoquidem.  Munro  et  Bemaysius  (hie  quidem  cum  ipee  Codices 
conferret  animadvertere  debuerat)  rursus  Lachmannum  sequuntur, 
sed  Codices  habent  a  manu  prima  sine  ulla  rasura  quatinus  uno 
Yocabulo.  in  Lucretü  libris  hoc  vocabulum  quod  est  quatenus  quater 
invenitur:  praeterquam  locis  laudatis  etiam  III  218.  424,  ubi  tamen 
propriam  habet  significationem  ^ua/$fie,  quousque,  atque  quatenus 
scriptum  praebent  codd.  Leid,  itaque  discrimen  qnod  Festus  (p.  268 
quatenus  significat  qua  fine  ut  haetenus  hac  fine.  at  quatinus 
quomam)y  Marius  Victorinus  (p.  14  vol.  VI  Keil,  igitur  quatinus 
est  ut  quianamy  quatenus  autem significat  finem  loci cuiusdam^  vebä 


784  JWolijer:  obBcnraiioneB  criticae  in  Lucretium. 

qua  fine\  quibuscnm  Fronto  (de  diff.  toc.  p*  470  Mai.)  et  Caper  (de 
orthogr.  p.  2243)  consentiunt,  hoc  discrimen,  inqaam,  quod  statu- 
enint  inter  guatewus  «=  qua  fine  et  qwitifmB  «=  quomam ,  a  Neuio 
n^  p.  640  non  probatam  neque  a  Forcellino,  Lucretiiis  aut  librarins 
archetypi  saltem  observasse  videtur.  Marias  Victorinus  1.  Lqua- 
tenus  inqnit  saepc  cum  $U  rede  scriptum^  vos  eperducUis  et  faeäis 
quatinus,  ä  saepe  i  lüteram  commutatis  in  e.  hoc  idem  librarios 
veterrimoram  codicum  qui  aetatem  tulerunt  fedsse  apparet  hanc 
ob  rem  non  magni  momenü  sunt  loci  a  Neuio  prolaÜ  e  Ciceronis 
codieibus,  ubi  quaiintis  legitur  pro  quatenus  =>  quausque.  Cicero 
numquam  qttatentis  vocabulo  usus  est  pro  quandoquidem ,  quamam^ 
ante  eum  Scipio  Africanus  minor  in  oratione  quam  habuit  poatquam 
ex  Africa  rediit  (Festus  1. -1.  uti  negotium  erat^  quaienos  eastra 
nostra  üa  munüa  eranty  ut  posses  partem  exerdtus  abducere)\  Yer- 
gilius  9mnino  hoc  vocabulo  abstinuit,  Horatius  tantmn  habet  pro 
qu(miam,  qtumdoquidem^  Ovidius,  Tacitus,  Quintüianusalüutramqne 
adhibent  significationem.  porro  illi  Codices  Ciceroniani  omnes  sunt 
recentiores  (veterrimi  saec.  X)  quam  Lucretii  Codices  Leidenses, 
quorum  archetypus,  qui  discrimen  seryavit,  vetustior  est  quam  omnes 
qui  supersunt  Codices,  paucos  rescriptos  si  ezceperis.  apud  Horatium 
orthographia  est  dubia;  attamen  quatinus^  quod  solum  habere  debe- 
bat,  si  verum  Festus  scripsit,  habent  Codices  perantiqui  cann.  JH 
24,  30.  serm.  I  1;  64.  3,  76.  11  4,  57  (cf.  Eelleri  et  Holden  appara* 
tum  criticum).  quaünus  «=»  quoniam  etiam  in  codd.  mas.  lustini 
(Xn  11,  6)  ezstare  testatur  Bongarsins.  hoc  ergo  constat:  inde  a 
Scipione  Aemiliano  quaietms  duobus  nsurpator  significationibos  quae 
sunt  qu<Hisqu€^  qua  fine  et  quandoquidem^  quomam.  Verrius  Flaocos 
autem  docuit  hoc  discrimen  ipso  vocabulo  eiprimi  ita  nt  quatenus  ai 
qua  fine ,  quatinus  sit  quoniam :  quod  tamen  saepe  neglegi  et  voca- 
bula  commutari  Marius  Victorinus  queritur.  attamen  discrimen  ser- 
vavit  omninm  codicum  antiquissimus  archetypus  Lucretii  et  alii  non* 
nulli.  quibus  omnibus  perpensis  credo  Verrio  Flaeco  fidem  haben* 
dam  itaque  quatinus  scribendum  esse  pro  quoniam,  quatenus  pro  qua 
fine.  simili  modo  etiam  alia  vocabula  origine  eadem  inter  se  diferre 
recte  monuit  Corssenus  II  p.  419,  ezemplacum  afferat  attradare  een- 
iractaire  pertraäare  et  oontrectare  obtrectare  deireetare:  prioim  ills 
quae  habent  propriam  significationem  verbi  simplicis,  alten  tnuu- 
latam.  quibus  exemplis  addo  vocabnla  penna  (aviom)  et  pinm 
(murorum)  origine  eadem,  vi  diversa,  a  grammaticis  disoreta,  in  oo- 
dicibus  saepe  permutata. 

ni  41  nam  quod  9aepe  homiines  mcrbos  magia  esse  tmendös 
infamemque  ferunt  vHam  quam  Tariara  letij 
et  se  scire  animae  naturam  sanguinis  esse, 
aut  etiam  venti,  si  fert  ita  forte  voluntas  etqs. 
ita  editores  recentiores,  non  tamen  Lucretios,  si  quid  Video,   bie 
enim  semel  usus  est  dicendi  genere  alicui  est  natura  (II  817  ntm 


JWoltjer:  observationes  criticae  in  Lucretium.  786 

certis  certa  figuris  est  fuüwra  cohris)^  cum  passim  habeat  natura  esse 
praeditum,  constare  natura^  natura  reddUa  est  (alicai).  praeterea 
naturam  ita  inter  duo  substantiva  poaitam ,  altprum  genetivo  casa, 
alterum  genetivo  simili,  non  potest  non  ambiguam  reddere  senten- 
tiam,  neque  a  Lncretio  umquam  quod  sciam  scriptum  est  nam  animi 
sive  animae  natura  cum  frequentissimum  sit  apud  eum,  inversus  ordo 
natura  animi  sive  animae  rarius  invenitur,  quo  fit  ut  unus  quisque 
V.  43  talem  legens,  qualem  snpra  exscripsimus,  naturam  cum  animae 
coniungere  velit.  haec  tarnen  vitiuncula  non  magni  momenti  essent, 
si  codicum  auctoritas  versum  ita  scriptum  tueretur;  sin  autem  ab 
editore  quodam  originem  ducunt ,  non  admodum  levia  putanda  vi- 
dentur.  haec  igitur  iam  causa  est  cur  Lachmanni  mutationem  pro- 
bare non  possim.  sed  praeterea  codicum  scripturam  servandam  esse 
puto.  habet  enim  Oblongus  scire  animi,  Quadratus  autem  sdri  anime^ 
quod  per  metathesin  esse  pro  seire  animi  perspicuum  est.  archetjpas 
igitur  habuit  scire  animi.  quod  si  constat,  quaeritur  nam  recte  sie 
scriptum  sit.  neque  Lachmannns  neque  Munro  dixerunt  cur  emen- 
datione  opus  esse  sibi  visum  esset,  fortasse  cum  Fabro  faciunt,  qui 
anmi  natura  est  sanguinis  graece  dici  posse  neque  tamen  latine 
putavit.  sed  genetivum  materiae  hoc  loco  aptissimum  esse  senten- 
tiae  apparet  ex  Ciceronis  Tusc.  I  9, 19  Empedodes  animum  esse  cen- 
set  cordi  suffusum  sangmnem:  ergo  animus  est  sanguis  secundum 
Empedoclem,  quem  poeta  refellere  videtur.  eundem  autem  genetivurn 
ei  poetae,  qui  de  egestate  lingnae  queratur,  condonandum  esse  con- 
tendere  ausim,  cum  ipse  Cicero  habeat  de  div.  I  43,  98  cum  saepe 
lapidumy  sanguinis  non  nwnquam,  terrae  interdum^  quondam  etiam 
lactis  imher  defluxit  pro  eo  quod  est  II  28,  60  lapideus  aut  sangui- 
neus  imber.  sed  etiam  alio  modo  explicari  potest  hie  locus,  potuit 
enim  poet«  per  ellipsin  ita  dicere  pro  eo  quod  est  se  scire  animi 
naturam  (naturam)  sanguinis  esse,  ut  si  quis  dicat  centaurorum  caput 
erat  hominis ,  corpus  cgui,  Lucretius  simili,  non  tamen  eodem  modo 
rv  750  quaienus  hoc  simüe  est  HHi,  quod  mente  videmtM  atque  oculis, 
smüi  fieri  ratione  necesse  est,  ubi  quod  videmus  intellegendum  est 
videre,  ergo  quoniam  hoc  simile  est  illi,  videre  mente  atque  {vidcre) 
oculis.  neque  aliter  credo  Cicero  dixit:  quis  potest  sine  mqxvma  con- 
tumdia  conferre  vitam  Trehonü  cum  DohbtUae?  (Phil.  XI  4).  deni- 
que  ne  offendat  verba  animi  naft^ra,  quae  tarn  arte  sunt  eoniuncta, 
tamen  caesura  disiungi,  monebo  hoc  idem  saepius  fieri,  ut  huius  libri 
▼.212  indepta  atque  anwm  naitwra  animaeque  recessit.  ergo  l^en- 
dum  est: 

et  se  scire  animi  naturam  sanguinis  esse. 

in  870  proinde  ubi  se  Videos  hominem  indignarier  ipsum, 
post  mortem  fore  ut  aut  putescat  corpore  posto 
aut  flammis  interfiat  maiisve  ferarum, 
scire  Ucet  non  sincerum  sonere,  atque  suhesse 
caecum  aliquem  cordi  stimülum,  quamvis  negä  ^$e 

Jthrbtteher  fBr  clMt.  philol.  1879  hH.  11.  60 


786  CVeoediger:  zu  Caesars  bellum  Gallicum  [III  7.  8]. 

875  credere  se  quemquatn  sibi  sensum  in  morte  futurum: 

non^  tU  opinor,  envm  dat  quodpromütU  et  unde, 
nee  radicUus  e  vüa  se  töUU  et  eidt, 
sed  facU  esse  sui  quiddam  super  inscius  ipse, 
illud  tmde  v.  876  interpretibus  iam  xnultas  diffionltates  praebait, 
quas  nemo  mibi  videtur  solvisse.  Mnnro  ezplicat:  'non  dat  id  quod 
promittit  se  daturum  et  id  ex  quo  promittit  sedaturam',  Tnrnebas: 
'non  dat  quod  promittit,  id  est,  non  dat  ex  animo.'   iJii  pro  unde 
proposuemnt  inde^  alii  äbunde  pro  et  unde.   ne  multus  sim,  plura 
omitto.    Lucretianus  usus  poscere  videtur  yerbnm  quod  animum 
fluctuantem  exprimat  illius  hominis,  qui  non  det  quod  promittat, 
cum  non  radidtus  e  vita  se  tollat  et  eiciat.   quam  ob  rem  scriben- 
dum  propono: 

non,  lU  opinor,  enim  dat  quodpromiUit  et  undat. 
undare  fere  idem  est  atque  fluctuare.  sie  Yal.  Flaccus  Arg.  V  303  prae- 
cipue  Äesoniden  varios  mcerta  per  aestus  mens  rapU  undanUm  euris 
ac  müUa  novantem.  Catullus  autem  64,  62  magnis  eurarum  fluäuai 
undis.  sie  Claudianus  in  Ruf.  I  76  undantes  irae,  Lucretios  m 
298  irarum  ftudus,  qui  loci  dooere  videntur  w%dare  pro  fluctuare 
non  omnino  inusitatum  fuisse.  pro  et  undat  exspectes  5ed  undat  \ 
hoc  tamen  propositae  a  nobis  emendationi  obstare  non  posse  apparet 
e  y.  873,  ubi  pro  atque  suhesse  exspectes  sed  subesse^  et  alüs  locis 
multis. 

Groninoae.  Janüs  Woltjer. 


106. 

ZU  CAESARS  BELLUM  GALLICUM. 


Petersdorff  versucht  in  dem  programm  des  gymn.  zu  Beigard 
von  1879  den  nachweis  zu  führen  'Caesarem  permulta  ex  scriptis 
quos  habuit  fontibus  hausisse  ac  saepissime  ad  verbum  transcripsisse* 
(s.  17).  unter  den  in  diesem  sinne  oomponierten  stellen  vermissen 
wir  das  7e  und  8e  capitel  des  dritten  buches  (besonders  da  fttr  III 1 
bis  m  6  von  Qalha  bis  hiemarit  ao.  der  nachweis  geführt  wird),  hier 
wird  erztthlt ,  dasz  Caesar  inUa  hieme  nach  Illyricam  gieng.  plöU- 
lieh  jedoch  und  wider  erwarten  heiUum  in  QaUia  ortum  est.  dieser 
nahm  sehr  bald  grOszere  dimensionen  an,  so  dasz  der  hGcfastcommaB- 
dierende  Publius  Crassus  sich  hilfeflehend  an  Caesar  wenden  mo>t«. 
der  nun  certiar  factus  .  .  iubet.  die  angeftlhrten  werte  schlieazen  das 
ein,  was  mit  demselben  rechte  wie  die  von  Petersdorff  angeftlhrt«?a 
stellen  als  aufgrund  eines  berichte  und  mit  beibehaltung  der  sprach* 
liehen  eigentttmlichkeiten  desselben  von  Caesar  abgefaszt  worden  ist. 
der  nachweis  ist  leicht  zu  führen,  zunftchst  ist  bemerkenswert  mar^ 
Oceanum  für  das  sonst  gebrauchte  Oceanus.  das  als  einziges  peodant 
angeführte  terra  QaUia  1  30  verliert  noch  dadurch  an  wert,  6Bßt  e< 


CVenediger:  zu  Caesars  bellum  Gallicum  [III  7.  8].  787 

in  der  wenn  auch  indirect  angeführten  rede  der  legati  iotius  fere 
GaXUae  steht,  ferner  WM  auf  dasz  proximus  mit  dem  aco.  verbun- 
den ist.  die  Schulgrammatik  besagt  dasz  propior  propius  und  pro- 
ximus proxime  neben  dem  dativ  auch  den  acc.  bei  sich  haben ;  das 
lexikoB  belehrt  uns,  dasz  Csssar  prqpior  Vm  9  mit  dem  acc.,  AI.  19 
mit  dem  dativ,  proxme  dv.  I  72  und  Äfr.  56  mit  dem  acc.,proa?t- 
mus  dagegen  I  6  oppidtim  proximum  finibtis^  II  1  proxima  partui^ 
II  6  proximae  ei  loco  und  AI  63  desgl. ,  praximi  Germanis  I  1 ,  Gal- 
UaeUB,  Bemis  11  12,  Bheno  Ulli  und  Oceano  VI  31.  35  mit  dem 
dativ  verbindet,  auszer  unserm  proximus  mare  Oceanum  bleibt  nur 
I  54  proximi  Rhenum  incolunt  und  zwar  von  sämtlichen  hss.  ver- 
bürgt, und  ist  nicht  auch  auflßlllig  das  adjectiv  j?roa;imt<^  hei  hiemarat 
gegenüber  den  sämtlichen  andern  stellen,  an  denen  esse  (dafür  I  54 
inooiere)  oder  coüocatum  esse  dasselbe  erklären?  nicht  minder  schwie- 
rig ist  das  hiemarat  die  meisten  wollen  durch  das  plusquamp.  diese 
handlung  als  etwas  vergangenes  mit  rücksicht  auf  die  zeit  des  aus- 
bruch  des  krieges  hingestellt  wissen ,  andere  fassen  hiemarat  in  dem 
sinne  von  'er  hatte  Winterquartiere  genommen',  diese  bedeutung 
hätte  hiemare  zwar  nur  an  dieser  stelle  und  ganz  gegen  Caesars  son- 
stigen gebrauch  (vgl.  nur  III 6  ae.).  aber  da  die  hss.  auszer  hiemarat 
nur  das  gleichwertige  hiemaverat  bieten,  werden  wir  die  letzte  er- 
klärung  lieber  acceptieren  als  die  oben  angegebene,  die  mit  der  gan- 
zen stelle  im  Widerspruch  steht,  denn  das  hiemare  war  nicht  voll- 
endet ;  als  die  in  den  nächsten  Sätzen  erzählten  ereignisse  eintraten, 
sondern  das  überwintern  dauerte  fort,  sogar  so  lange  bis  Caesar, 
cum  primum  per  anni  tempus  potuit,  beim  beer  anlangte,  weiter 
fällt  uns  auf  frufnenti  catAsa^  während  Caesar  sonst  sagt  IV  9.  12 
frumentandi  causa,  desgl.  <dv,  1 48,  oder  frumentatum  IV  32.  VI  36. 
vm  10.  Afr.  9.  11.  67,  oder  gar  rei  frumentariae  causa  YU  90. 
civ,  I  16  (auch  frumentatione  confecta  VI  39,  frumeniationihus  pro- 
hibere  Vn  64  und  frumentatione  prohibere  VIII  7,  ebenso  wie  re  fru- 
mentaria  comparata  1  37,  rem  frumentariam  supportari  I  39  nebst 
copiae  rei  frumentariae  U  10,  inapia  rei  frumentariae  III  24  sind  zu 
berücksichtigen). 

Der  anfang  des  achten  cap.  bietet  zunächst  eine  häufung  von 
(drei)  genetiven,  der  wir  allerdings  auch  11 17  begegnen,  verglichen 
aber  mit  cli^Ber  stelle  ist  die  unsrige  hinsichtlich  der  präcision  sehr 
im  nachteil.  die  meisten  erklärer  lassen  orae  als  gen.  pari  vom  prä- 
dicat  amplissima  abhängen,  die  einfachere  und  der  Wortstellung  an- 
gemessenere Übersetzung  dürfte  zwar  besser  amplissima  auctoriias 
als  subject  nehmen,  dazu  omms  orae  maritimere  als  gen.  subi.  (deutsch 
local  wiederzugeben  durch  'an  der  meeresküste',  dh.  unter  den  be- 
wohnem  der  küste,  wie  der  schlusz  des  cap.  deutlich  beweist,  wo 
omni  ora  maritima  in  ziemlich  freier  weise  für  die  bewohner  gesetzt 
ist),  davon  abhängig  ist  wiederum  regionum  earum  als  gen.  subi. 
('in  jenen  gegenden')-  das  prädicat  ist  huius  est  civitatis  'besitzt 
dieser  staat'.   aber  auch  so  zeigt  eine  vergleichung  mit  den  übrigen 

60  ♦ 


788  CVenediger:  za  CaeearB  bellum  Gallicum  [III  7.  8]. 

stellen ,  wo  ein  genetiy  von  einem  andern  abhSngig  ist,  abweichung 
von  Caesars  sonstiger  redeweise.  anf  das  dreifache  et  im  folgenden 
satze  mit  quoä  macht  Sejffert  aufmerksam  und  vergleicht  die  stelle 
mit  U  19.  res  ncmtica  kommt  nur  hier  vor,  AI.  12  mit  homines  ver- 
bunden, substantiviert  AI.  16.  dasz  femer  das  significanfb  wort 
pkirimas  am  ende  des  satzes,  hinter  dem  verbum  finitum  steht,  ist 
bei  Caesar  nicht  selten  (vgl.  Seyffert  zdst.  und  Zumpt  gr.  §  789), 
aber  wol  scieniia  atque  fisus^  welches  auszer  11  20  sich  nicht  weiter 
findet,  und  auch  das  folgende  impetus  maris  steht  einzig  da  neben 
impäu8  flumims  IV  17  und  veWtorum  III  18.  hftufiger  sind  im^us 
cohartium^  dassis,  naviutn  (insidiarum  VIII  19).  was  heiszt  aber 
weiter  in  magno  impäu  maris  atque  aperto?  das  in  hat,  verglichen 
mit  in  tanto  imperio  I  33  und  in  tanta  muUituäine^  gar  kein  beden- 
ken, schwieriger  ist  apertus.  nach  der  erklSrung  von  Sejffert  heiszt 
so  der  andrang  des  meeres,  das  sich  weit  und  offen  ausbreitet,  dann 
wäre  also  für  das  einfachere  in  magno  impetu  maris  aperii  das  un- 
gewöhnliche, undeutliche  geschrieben.  Baumstark  zieht  apertus  vich 
in  der  Übersetzung  künstlich  zu  impetus  und  nennt  so  den  andrang, 
gegen  welchen  weder  nfer  noch  hftfen  schützen,  liegt  das  aber  in 
apertus'i  Caesar  hat  apertum  mare  in  12,  Oceanus  apertus  ITL  9  ganz 
in  unserm  sinne  *das  offene  meer'.  sonst  gebraucht  er  bekannUicb 
das  wort  von  umerus^  latus^  auch  müites  für  unser  'ungeschützt,  unge- 
deckt', ferner  von  locus,  loca^  ctmiculuSt  litus,  coUis  oft  für  unser  'nicht 
bewaldet',  auch  im  comparativ  civ.  III  84  und  im  Superlativ  m  26. 
ganz  anders  Afr.  73,  wo  homines  aperti  unser  'offene  (und  ehrliche) 
menschen'  bedeutet,  an  unserer  stelle  gehört  apertum  offenbar  za 
^mare  (vgl.  m  12)  und  nicht  zu  impetus.  aperti  maris  aber  zuschrei- 
ben verbietet  die  Übereinstimmung  sämtlicher  hss.  wir  müssen  ans 
also  begnügen  auch  hier  das  abweichende  von  Caesars  sonstigem  ge- 
brauch zu  constatieren.  dasz  das  atqt^  hier  steigernden  sinn  haben 
müste,  aber  in  dieser  Verbindung'  nicht  haben  kann,  mag  beilSafig 
angedeutet  werden,  nur  hier  findet  sich  femer  poi4ibu8  interiedi^, 
ebenso  mari  uH  gleich  dahinter  (vgl.  tempestatibus  uti  dv.  JH  16' 
und  veäigdks  habere  (vgl.  facere  IV  3).  auch  diB&abhisfU  inüium 
retinendi  SiUi  erregt  bedenken,  es  findet  sich  zwar  VH  1  hdU  imtium 
fadant,  1 18  inüium  fugae  faoere  (vgl.  dv.  TU  69.  96),  und  dv.  TEL  94 
imtium  fugae  fU  ah  ätiquo,  sowie  inüium  heUi  nasdtur  VIII  6.  nV. 
III  20,  AI.  58.  76  und  oritur  V  26.  VHI  38.  dv.  I  35.  HI  94;  end- 
lich steht  neben  einander  II  9  initium  fieret  transeundi  und  initnm 
fdidunt  transeundi.  aber  nirgends  ist  das  ergttnzende  verbum  noch 
mit  einem  Substantiv  oder  das  ergänzende  Substantiv  mit  einem  ret- 
bum  verbunden,  der  sinn  aber  verlangt  hier  offenbar  (Eniner) :  'si« 
machen  den  anfang  mit  der  Zurückhaltung  der  abgesandten',  dh.  der 
anfang  bestand  darin  dasz  sie  zurückhielten,  gebraudit  Caesar  sc 
den  genetiv,  so  das  sog.  gerundiv?  sollte  sich  der  bekannte  sprtcb- 
gebrauch,  wonach  zb.  copiae  equüatus  'truppen  bestehend  ans  rdterei* 
bedeutet  (vgl.  Baumstark  zu  II  10),  bis  auf  tnMm  fit  rOinendi  Sük 


CVenediger:  zu  Caesars  bellum  Ghdlicum  [III  7.  8].  789 

'der  anfang,  bestehend  in  dem  zurückhalten  des  Silius'  ausgedehnt 
haben  ?  —  Weiter  findet  sich  nur  hier  conitMro  mit  acc.  c.  inf. ,  da- 
gegen Hisp.  26.  36  mit  ut  verbunden,  auch  cammime  consiUum  in 
dem  sinne  ^gemeinsame  Verabredung'  steht  nur  noch  I  30,  wiihrend 
es  civ.  1 38  und  III  78  ^kriegsplan'  bedeutet,  häufiger  sind  dagegen 
pMicOj  privatOy  regio  consOM^  vgl.  dv.  I  20  umo  consüio  und  anum 
Mius  &äUiae  cansiUum  TU  29.   das  folgende  fortunae  exUum  ferre 
steht  einzig  neben  eandem  fortunam  ferre  VII  62  und  civ.  II  28 
eadem  fortuna  tUu  auch  exitus  fortunae  ist  nur  hier  verbunden,  da- 
für Vn  77  exitus  fortunarum  und  dv.  H  5  evefUus  {omnium)  fortu- 
narum,  nicht  minder  aufßlllig  ist  soUicUo  ut^  das  sich  so  construiert 
gleichfaUs  nur  hier  findet,  während  sonst  nur  ein  objectsaccusativ 
folgt  (das  tit  in  y  6  findet  seine  erklärung  in  dem  zugesetzten  hör- 
tari).    dasselbe  gilt  von  servüiUem  per  ferre.    in  allen  übrigen  Ver- 
bindungen: in  servitutem  ahducere^  (ü>sträherey  äbripere,  tradere^  re- 
digere^  tn  Servitute  tenere^  servitutem  inwmgere^  Servitute  premi  be- 
zeichnet servüus  den  zustand  des  geknechtetseins,  hier  dagegen,  ver- 
bunden mit  dem  gen.  subL  Bomanorum^  offenbar  'das  joch  dh.  das 
knechten  der  Bömer'.  im  nächsten  satze  ist,  wie  oben  bereits  be- 
merkt, ora  marüima  für  die  küstenbewohner  in  auffälliger  weise  ge- 
setzt, schlieszlich  sei  nur  noch  dwsperduco  ad  sententiam^  das  nur 
noch  vn  4  sich  findet  (VI  12  ad  seperduxerant)y  sowie  das  kgationem 
miitere  gegenüber  dem  gebräuchlichem  legatos  mittere  usw.  erwähnt. 
Hierzu  kommen  einige  speciell  grammatische  abweichungen.   so 
der  Satz  utinea  Ubertate  quam  acceperantpermanere  maüentj  wo  zwei 
hfls.  acceperint  und  nudint  bieten,  aasz  man  den  conjunctiv  erwartet, 
bemerken  mehrere  erklärer.  ist  denn  wirklich  quam  aeceperant  ein 
selbständiger  zusatz  des  Schriftstellers  wie  die  relativsätze  in  andern 
stellen  wie  II  4.  II  3  usw.?  ist  es  nicht  vielmehr  untrennbar  von 
dem  gedanken  des  regierenden  subjectes  und  sogar  den  grund  des 
erstem  enthaltend?  schon  Held  zdst.  bemerkt:  'nicht  einschaltung 
des  Schriftstellers ,  sondern  wesentlich  zur  Vervollständigung  von  ea 
libertas.'  und  trotzdem  nicht  der  conjunctiv  ?   wir  haben  also  hier, 
um  mit  Zumpt  zu  reden,  'eine  ausnähme  bei  guten  prossikem,  die 
doch  immer  nur  einzeln  sind',    man  vergleiche  nur  in  demselben 
capitel  existimäbant  se  ohsides  redperaturos  quos  Crasso  dedissent. 
dagegen  hat  der  coiy.  praes.  in  si  veUt^  remittat  nichts  auffälliges 
(s.  Sejffert  zdst.)  und  läszt  sich  nicht  mit  III  5  intermitteret  ver- 
grleichen,  sondern  ist  bedingt  durch  das  hypothetische  Satzgefüge, 
dessen  sinn  jeden  andern  coi\junctiv  hier  ausschlieszt. 

Ea  erübrigt  noch  auf  den  beginn  des  7n  cap. ,  dh.  auf  den  satz 
der  mit  dem  oben  citierten  beUum  coortum  est  schlieszt,  einen  prü- 
fenden blick  zu  werfen,  da  findet  sich  auszer  etwa  eaq^ndsis  Qerma- 
nis  'die  scharen  des  Ariovist'  (vgl.  Bheinhard  zdst.)  die  Verbindung 
igtque  ita  in  dem  sinne  'und  in  folge  davon',  dieselbe  bedeutung 
bat  diese  Verbindung  noch  VIII  11  und  dv,  11  28.  42,  nicht  aber 
I  IS  und  civ,  1  79,  wo  sie  bedeutet  et  hoc  modo  'und  so'  (betont); 


71)0  flDeiter:  za  Cicero  de  oratore  [I  8,  32]. 

Afr.  Ib  bedeutet  atque  üa  Murch  dies  manöver'  und  88  ^und  so' 
dh.  mit  dem  Schwerte,  ebenso  könnte  auffallen  das  sübÜum  heUtm 
desselben  satzes,  das  einzig  dasteht,  wie  ja  überhaupt  Caesar  hftu- 
figer  repentinus  als  suhitus  gebraucht  und  ersteres  nur  mit  den  sinn- 
verwandten ifnpetu^,  incursus,  incursio  (doch  YIII 11  subita)  ^  malus, 
iufnultus  usw.  verbindet,  ausser  bei  incursio  VIII  11  stehen  beide 
Wörter  auch  abwechselnd  bei  adventu^,  casus^  malumy  periculum  und 
neben  einander  nur  in  dem  besprochenen  cap.  8  subita  et  rqpentina 
consüia,  da  nun  Caesar  nie  an  einer  und  derselben  stelle  zwei  ganz 
gleichbedeutende  Wörter  gebraucht,  so  haben  wir  nur  die  wähl,  ent- 
weder subitus  verschieden  von  repentinus  zu  fassen ,  also  mit  Baum- 
stark ersteres  durch  'plötzlich',  letzteres  durch  'unvermerkt'  zu  fiber- 
setzen (Doberenz  schlftgt  vor  'schnell  gefaszt  —  unerwartet*,  desgl. 
Kraner  nach  Cic.  de  rep.  II  3  non  modo  exspedatos  sed  etiam  repen- 
tinos  adventus)i  oder,  wenn  wir  dagegen  anführen  dasz  Caesar  beide 
attribute  denselben  Substantiven  ohne  unterschied  der  bedeotung 
beilegt,  an  keiner  stelle  aber  beide  zusammen,  diese  merkwflrdige 
Verbindung  aus  der  bezugsquelle  zu  erklären. 

Denn  das  stellt  die  vorliegende  Untersuchung  auszer  allen  zwei- 
fei ,  dasz  wir  in  den  besprochenen  zwei  capiteln  eine  im  engsten  an- 
schlusz  an  den  bericht  des  Publius  Crassus  abgefaszte  darstellong 
der  veranlassung  und  des  beginnes  des  krieges  gegen  die  kfisten- 
Völker  haben,  weshalb  Caesar  sich  so  eng  an  diesen  bericht  anschlo&z, 
dasz  er  in  wertschätz,  phraseologie  und  syntax  von  seinem  sonstigen 
gebrauche  abweicht,  dürfte  schiver  zu  erklären  sein,  ftirchtete  ^t 
vielleicht  durch  Veränderung  der  spräche  seines  berichtes  auch  die 
thatsachen  selbst  zu  verdunkeln? 

Spandau.  Carl  Yenediger. 

107. 

ZU  CICERO  DE  ORATORE. 


1 8, 32  lesen  wir  in  den  besten  hss. :  quid  autem  tarn  necessarntw 
quam  tenere  semper  arma^  quibtis  veH  tediis  ipse  essepossis  velyr^^ 
vocare  integros  vel  te  ulcisci  lacessitus?  während  sich  in  den  Obh- 
gen  improbos  für  integros  findet,  die  lesart  improbos  ist  allem  An- 
schein nach  ein  Verbesserungsversuch  der  abschreiber;  dagegen  führt 
uns  integros  i  die  zwar  verderbte  aber  besser  beglaubigte  lesart,  auf 
die  spur  des  ursprünglichen  textes.  derselbe  hat  nach  meiner  mei- 
nung  integer  reos  gelautet,  in  folge  dieser  leichten  Veränderung 
entsprechen  sich  die  werte  tedus,  integer,  Uwessitus  und  charakten- 
sieren  nebst  den  verben  treffend  die  drei  Stadien  des  kampfes,  wel- 
cher durch  die  rede  ausgefochten  wird,  der  redner  steht  durch  seic«f 
redegabe  gedeckt  da,  ohne  andere  schutzwaffen  nötig  zu  haben,  kann 
auch  aggresiv  vorgehen  und  die  schuldigen  unversehrt  heraoftfor- 
dei*n ,  wenn  er  aber  angegriffen  wird ,  sich  mit  erfolg  verteidigen. 

Emden.  Heinrioh  Dbiter. 


l 


HFIach:  abfasBungsEeit  der  zehnten  ecloge  des  Vergilius.      791 

108. 

ÜBER  DIE  ABFASSÜNGSZEIT  DEE  ZEHNTEN  ECLOGE 

DES  VERGILIUS. 


Nachdem  durch  die  angäbe  des  Asconius  Pedianus  und  der  auf 
ihm  fuBzenden  grammatiker  festgestellt  war,  dasz  Vergilius  im  j.  42 
vor  Ch.  angefangen  hat  seine  eclogen  zu  dichten  und  ihm  zur  be- 
arbeitung  und  Verbesserung  der  übrigen  noch  die  nttchsten  drei  jähre 
gegeben  waren ,  sind  die  meisten  kritiker  bei  bestimmung  der  ab- 
fassungszeit  der  eclogen  in  diesen  grenzen  stehen  geblieben,  obgleich 
besonders  die  zweite  notiz  mehr  eine  sache  des  blinden  glaubens  ge- 
wesen ist.  da  aber  wenigstens  zwei  dieser  gedichte  (1.  9)  auf  ein 
bestimmtes  ereignis  sich  bezogen,  so  dasz  sie  mit  Sicherheit  den 
Jahren  41  und  40  zugewiesen  werden  konnten,  da  femer  auch  ecl.  6 
in  nicht  miszuverstehender  weise  unter  der  Wirkung  dieses  ereig- 
nisses  geschrieben  i8t\  also  auch  derselben  zeit  ihre  entstehung  ver- 
danken wird,  und  endlich  auch  die  entstehungszeit  von  ecl.  4  gleich- 
falls dulrcfa  eine  andere  historische  beziehung  im  sinne  des  Asconius 
ermittelt  worden  ist  (s.  Ribbeck  proleg.  s.  9):  so  war  man  wol  be- 
rechtigt jener  angäbe  der  alten  vertrauen  zu  schenken  (s.  Ribbeck  ao. 
8. 1).  in  der  that  konnte  dasselbe  auch  durch  die  versuchten  datierun* 
gen  der  eclogen  2.  3.  5.  7  nur  gerechtfertigt  erscheinen,  die  zehnte 
ecloge  allein  —  denn  auch  ecl.  8  war  in  jenem  quadriennium ,  vvenn 
auch  mit  mühe  y  unterzubringen  —  ist  neuerdings  auf  grund  histo- 
rischer angaben  hinsichtlich  ihrer  entstehung  nicht  bestimmt  wor- 
den ,  und  diese  wollen  wir  deshalb  jetzt  einer  prüfung  unterziehen. 

Ruaens,  der  zuerst  wieder  nach  der  angäbe  der  grammatiker 
die  abfassnngszeit  der  Vergilischen  gedichte  genau  zu  bestimmen 
versuchte,  setzte  unser  gedieht  in  das  j.  38,  Völker  de  Comelii  Galli 
vita  et  scriptis  I  s.  25  (nach  Voss)  in  das  j.  37,  ebenso  Lehrs  in 
Herodiani  scripta  tria  s.  431',  Teuffei  dagegen  RL6.'  s.  460  und 
Ribbeck  in  das  j.  39,  da  beide  annehmen  dasz  sämtliche  eclogen  in  den 
Jahren  41  — -  39  herausgegeben  seien,  die  genannten  kritiker  hatten 
ala  wichtigsten  leitstem  für  die  bestimmung  jene  angäbe  der  gram- 
matiker und  den  ersten  vers  des  gedichts:  extremutn  hunc^  Are- 
ihusa ,  mihi  cancede  labarem.*  dasz  dies  zweite  argument  aber  sehr 
dttrftig  war,  wenn  gleichzeitig  allgemein  angenommen  wurde  dasz 
die  heutige  reihenfolge  der  eclogen  allerdings  von  Vergilius  herrührt, 
der  sie  bei  der  zuletzt  auf  den  rath  des  Pollio  erfolgten  gesamtaus- 
gabe  eingeführt,  aber  nicht  der  ursprünglichen  folge  entspricht,  in 

*  vgl.  meinen  auftatz  über  die  sechste  eologe  in  diesen  jahrb.  1878 
s.  633  —  687.  *  Lehrs   sagt   auch    ohne  weiteres:    Maobas  aunis 

post  (sc.  nach  39],  cum   ecloga  Virgilii  decima  scripta.'  '  Teaffel 

«0.  s.  461:  'anter  den  einselnen  stücken  gibt  10  sich  selbst  als  letst- 
Terfasstes.'  Ribbeck  ao.  s.  10:  'ultimam  eclogaram  decimam  esse  constat 
Tersa  primo.' 


792       HFlach:  abfassungszeit  der  zehnten  ecloge  dea  Yergülas. 

der  sie  als  einzelne  gedichte  geschrieben  und  bekannt  geworden  sind« 
dasz  Verg.,  wie  er  ein  gewisses  gedieht  —  aus  gewissen  gründen  — 
an  die  spitze  dieser  ausgäbe  gestellt  hatte ,  ebenso  ein  anderes  — 
aus  anderen  gründen  —  an  den  schlusz  stellen  und  durch  ein  ein- 
ziges leichtwiegendes  wort  {extremum)  vielleicht  mit  kleiner  ände- 
rung  eines  ursprünglich  dagestandenen  wortes  oder  gar  durch  Ver- 
änderung eines  ganzen  verses  diesen  schlusz  andeuten  konnte :  das 
ist  keinem  in  den  sinn  gekommen,  ich  glaube  aber  mit  berücksich- 
tigung  des  Inhalts  zeigen  zu  können,  dasz  dieses  gedieht  durchaus 
nicht  zu  den  letzten  bukolischen  machwerken  des  Verg.  gehört,  son- 
dern zu  den  ersten  und  ältesten. 

Wie  gewöhnlich ,  hat  Verg.  im  prooemium  den  Inhalt  des  ge- 
dichts  angegeben:  v.  6  sollicitos  Gälli  dicafmts  amores^  dh.  ich 
will  die  unglückliche  liebe  des  Gallus  besingen  \  und  zwar  so 
dasz  seine  geliebte  Lycoris  das  gedieht  selbst  lesen  (v.  2)  und  ihre  Ver- 
urteilung erfahren  soll.  Gallus  hat  diese  teilnähme  verdient,  weil  er 
selbst  dichter  (v.  3  und  50)  und  ein  innig  geliebter  freund  des  Verg. 
ist  (v.  73  f.).  es  ist  einleuchtend  dasz  hier,  wie  in  der  sechsten  ecloge 
(v.  62  f.),  wo  Gallus  als  nachahmer  des  Euphorion  genannt  wird, 
nur  die  rede  sein  kann  von  den  vier  büchern  elegien  auf  Lycoris  \ 
die  nachweisbar  den  elegien  des  Euphorion  nachgebildet  oder  aus 
ihnen  übersetzt  waren  (Probus  und  Servius  zu  ecl.  10;  Meineke  ao. 
s.  24;  Bohde  griech.  roman  s.  122  anm.).  Gkllus  würde  demnach 
etwa  in  demselben  alter  wie  sein  freund  und  mitschüler  Vergilius 
(er  war  bekanntlich  nur  ein  jähr  jünger  als  dieser)  sich  der  Über- 
tragung griechischer  dichtwerke  gewidmet  haben.'  in  seinen  ele- 
gien hatte  er  seine  glückliche  liebe  zu  Lycoris  besungen,  nicht  seine 
unglückliche  liebe,  wie  man  ab  und  zu  bei  neueren  erklftrem 
liest',  und  diese  geliebte  hatte  liebe  und  gedichte  vergessen,  war 


^  wenn  Ladewig-Schaper  sagen:  'die  einleituug  enthält  die  versiehe* 
rnng,  dasz  die  klage  ohne  jede  bitterkeit  nur  dem  dichter  gelten  •oUe% 
und  weiter  unten  ^sollicitos  amores  die  liebesgedichte',  so  gehören  diese 
bemerkungen  su  den  freilieh  bei  diesem  gedieht  überwiegenden,  die  ich 
für  unrichtig  zu  halten  gezwungen  bin.  dasselbe  gilt  noch  von  mehrereo 
andern,  zb.  v.  3  *  diese  worte  sind  mit  besiehung  auf  Augustus  gesehrie- 
ben, «ein  lied  gilt  es:  wer  sollte  ein  Ited  dem  dichter  weigern?»'  v. 4f. 
'so  wie  mein  lied  vor  bitterer  empfindung,  magst  du  vor  der  berShma^ 
deines  Verfolgers   stets  sicher  bleiben*  nft.  *  damit  steht   nicht  in 

Widerspruch,  dasz  mit  6,  72  f.  auf  eine  Übersetzung  der  chiliadea  des 
Euphorion  angespielt  wird  (Völker  U  s.  20;  Meineke  Anal.  Alex.  s.  13  f. 
und  78  f.)t  da  auch  diese  bei  der  abfassung  der  eclogen  wenigstens  som 
teil  vorgelegen  haben  müssen,  wie  aus  10,  60  f.  hervorgeht  (s.  unten). 

*  ob  dagegen  bereits  die  vier  bücber  elegien  des  Oallus  fertig  vor- 
lagen oder  nur  ein  teil  von  ihnen,  das  wird  natürlich  nicht  zu  beweisea 
sein,  daher  auch  das  vorsichtige  urteil  von  Voss  und  Lehrs  ao.:  'ele- 
gias  de  Lycoride  sua  certe  iam  coeperat  condere.'  ^  dies  war  ein 
Irrtum  von  Voss,  aber  teilweise  auch  noch  von  Völker  I  s.  S6.  II  s.  16  f. 
die  Worte  v.  9  f.  quae  nemora  vos  habuere,  puellae  Naides  (nemlicb  die 
Musen:  vLentsch  im  Philo!.  XXI  s.  40)  zeigen  deutlich  dasz  Gallus  nach 
dem  treubruch  der  Lycoris  sich  der  poesie  ganz  enthalten  hatte:  deaa 


HFlach:  abfassnngszeit  der  zehnten  ecloge  des  Yergilias.      793 

ihm  untreu  geworden,  einem  fremden  manne  nach  Gallien  nachge- 
zogen' und  hatte  dadurch  für  immer  das  band,  durch  welches  Gallus 
und  sie  yerbunden  waren,  gelöst,  dies  ist  die  wichtigste  historische 
angäbe  des  gedichts,  und  von  ihr  musz  man  ausgehen,  was  sagen 
die  alten  erklärer  dazu? 

Servius  sagt:  hk  GäUus  amavü  Cytheridem  m&retticem^  libertam 
YolMmmiy  quae  eo  spreto  AfUonium  euntem  ad  &äilia8  est  secuta,  da 
aber  Antonius,  die  bekannte  Cjtheris,  die  freigelassene  dos  Volum- 
nius,  bereits  im  j.  46  verstoszen  hatte,  um  Fulvia  zu  heiraten,  nach- 
dem  er  ftinf  jähre  mit  jener  ein  Verhältnis  unterhalten ,  so  hat  man 
den  zweiten  teil  dieses  Zeugnisses  ohne  weiteres  verworfen  (Völker 
Is.  26;  Bibbeck  s.  10).  indem  aber  Bibbeck  den  ersten  teil  des- 
selben annahm,  ;liesz  er  doch  die  6ine  un Wahrscheinlichkeit  zu,  dasz 
der  jugendliche  Gallus  seine  liebe  an  ein  wesen  verschwendet  habe, 
das  bereits  im  j.  61,  als  er  18  jähre  alt  war,  die  Vergangenheit  einer 
Sklavin  und  Schauspielerin  hinter  sich  hatte  und  dann  nach  einem 
fÜnQtthrigen  concubinat  von  Antonius  bei  seite  geschoben  war.  zu 
dieser  6inen  unwahrscheinlichkeit  kommt  dann  eine  zweite,  dasz 
dieselbe  Cjtheris  mehrere  jähre  den  Gallus  beglückte,  um  dann 
schlieszlich  wieder  mit  einem  neuen  liebhaber  durchzugehen,  mit 
Einern  werte,  die  von  Cicero  so  oft  gebrandmarkte  concubine  des  An- 
tonius kann  die  geliebte  des  jungen  dichtere  Cornelius  Gallus  nicht 
gewesen  sein,  wie  schon  Völker  I^s.  27  richtig  erkannt  hat. 

Zu  dem  zeugnis  des  Servius  kommt  aber  ein  zweites,  welches 
bisher  nicht  beachtet  ist.  im  scholion  des  codex  Medicens  (bei  Zange- 
meister n.  Wattenbach  Exempla  cod.  lat.  n.  10)  heiszt  es:  [Iy]conn 
vcHumniam  cUerin  loquüur  quam  triumviri  [co]meUus  gaüus*  et  mar- 
CU8  anionius  amaverufU^  quam  [pe]r  potentiam  antonius  secum  ä/uxU 
in  gaüias  ad  exercitum  proficiscens.  dieses  scholion  von  der  band 
dessen  der  das  subscript  gemacht  hat  (Bibbeck  proL  s.  221)  ist  an 
die  stelle  eines  altem,  von  der  band  des  ersten  Schreibers  herrühren- 
den getreten,  in  welchem,  wie  die  wenigen  spuren  zeigen,  genau  das- 
selbe gesagt  war  wie  in  dem  heutigen,  zu  dieser  ältesten  notiz  kommt 
das  Zeugnis  des  Aurelius  Victor  v.  Hl.  82  {Brutus)  Cytheridem  mimam 
cum  Antonio  et  OaUo  poeta  amavU.^^  aber  auch  diese  letzte  angäbe 
leidet  an  einer  innem  unwahrscheinlichkeit.  Brutus  war  im  j.  42 
(als  Oallns  und  Vergilius  in  ihrer  dichterischen  anfangsperiode  sich 
befanden)  gestorben,  seit  51  (als  Gallus  18  jähre  alt  war,  Brutus 
etwa  28)  glücklicher  Schwiegersohn  des  Appius  Claudius;  also  wird 
sein  nmgang  mit  Cytheris  vor  dieser  zeit  spielen,  und  vor  der  zeit 


eben  deshalb  hatte  er  von  den  Muien  keine  tröetong  erhalten,  nnd  dei- 
halb  bittet  er  die  birten  Bein  nnglück  so  besingen. 

•  y.  46  f .  iu  proad  a  patria  (nee  sii  mihi  ertdere  iantum)  AlpinaMt  «, 
dura  nwes  et  frigora  Rheni  me  sine  eola  videe.  *  hier  liegt  eine  ver- 
weehslnng  ▼or,  da  Galluf  (mit  Pollio  und  VamB)  su  den  triamvirn  der 
Hcskerrerteilong  gehört  hatte.  >®  daes  Aurelins  Victor  wertvolle  bio- 
ffTADhiacbe  angaben  entbftit,  ist  bekannt:  s.  Teoffel  ao.  s.  969. 


794      HFlacli:  abfassungszeit  der  zehnten  ecloge  des  Vergilius. 

in  welcher  Antonius  sie  zu  seiner  concubine  machte,  dann  können 
wol  Brutus  und  Antonius  dasselbe  mftdchen  hintereinander  berückt 
haben,  schwerlich  aber  Brutus  und  Gallus. 

Hieraus  ergibt  sich  aber  dasz  wir  keinen  grund  haben  die  an- 
gäbe des  scholiasten  und  des  Servius  zu  bezweifeln,  dasz  Anionias 
die  geliebte  unsers  Gallus,  Lycoris,  mit  gewalt  nach  Gallien  entftihrt 
hatte ;  nur  werden  wir  das  als  eine  Verwechslung  und  als  einen  in* 
tum  bezeichnen  dürfen,  dasz  diese  Ljcoris  die  alte,  verlassene  con- 
cubine des  Antonius  war;  sie  war  also  nicht  jene  Cjtheris,  vielleicht 
überhaupt  nicht  eine  Cjtheris.  war  aber  die  Verwechslung  einmal 
geschehen,  so  war  sie  natürlich  von  einflusz  auf  stellen  wie  Servius 
zu  ecl.  10  und  Ann  Victor. '^  also  Brutus  und  Antonius  haben  eine 
Cjtheris  geliebt,  Antonius  und  Gallus  eine  Ljcoris.  halten  wir  dies 
fest ,  so  ergibt  sich  von  selbst  dasz  Antonius  dieses  m&dchen  mitge- 
nommen hatte  im  anfang  des  j.  43",  als  er  nach  der  ihm  zuerteilten 
provinz  Gallia  Cisalpina  aufbrach."  seit  dieser  zeit  datiert  der 
Seelenschmerz  des  unglücklichen  Gallus. 

Dennoch  ist  die  ecloge  des  Verg.  nicht  unmittelbar  nach  die- 
sem abmarsch  des  Antonius  geschrieben :  denn  wir  erhalten  in  ihr 
den  eindruck,  dasz  Gallus  sich  einem  ganz  unnatürlichen,  also  wol 
sehr  langen  schmerz  ergeben  hatte  (v.  28  ecquis  erU  modus?),  wi^ 
war  in  dieser  zeit  geschehen?  Gallus  hatte  sich^  gewis  veranlaszt 
durch  den  gewaltact  des  Antonius,  an  Octavianus  angeschlossen '\ 
der  ihn  gleich  in  sein  herz  schlosz  und  durch  seine  vermittlang  und 
fürsprache  kurz  darauf  auch  dem  Verg.  wolthaten  zn  erweisen  ge- 
legenheit  fand  (Probus  comm.  s.  6  Keil),  aber  dies  war  erst  nach 
dem  mutinensischen  krieg  und  nach  dem  november  des  j.  43  mög- 
lich ,  als  die  Stellung  des  Octavianus  durch  das  triümvirat  gesichert 
war.  wahrscheinlich  ist  sogar  unmittelbar  nach  dem  triümvirat  ge- 
schehen ,  was  doch  in  dieser  zeit  geschehen  sein  musz ,  dasz  Gallus, 
der  von  niedriger  herkunft  war,  zum  ritter  gemacht  wurde,  da  er 

'*  Probus  nennt  keine  Cytheris,  Ovidius  und  Propertiat  III  SS,  91 
(formosa  LycorU)  kennen  nur  eine  Lycoris.  sehr  beseichnend  für  dit 
entstehung  der  elegien  des  Gallus  ist  Martialis  VIII  73,  6  im^miitm 
Gaüi  pulehra  LycorU  erat,  würde  sie  es  wol  gewesen  sein,  wenn  «ie 
schon  ein  oder  swei  jahrsebnte  durch  die  bände  des  Bratos  and  An- 
tonias  ua.  gegangen  wäre?  so  gemütlich  stellt  sich  die  sacha  nur 
Spohn  vor,  der  sogar  so  glücklich  war,  das  alter  der  Lycoria  an  ent> 
decken,  und  würde  Gallus  so  versweifelt  gewesen  sein,  wenn  die  ante- 
cedentien  seiner  geliebten  ihn  in  jedem  angenblick  darauf  vorberetcen 
mnsten,  dasz  ihm  dasselbe  bcTorstehe  wie  Brotas  and  Antonios  und 
vielleicht   noch    einem   halben  dutzend  anderer?  *'  seine   ehe  mit 

Fulvia  wird  ihn  darin  ebenso  wenig  gestört  haben  wie  in  andern 
dingen  (vgl.  Marl  XI  20).  <*  dasz  der  kalte  Rhein,  den  Verf?.  v.  47 

nennt,  nicht  wörtlich  zu  nehmen,  und  dasz  die  darauf  sieh  stStzead« 
annähme  des  Martinas  (dasz  das  gedieht  87  verfasst  sei)  verfehlt  ist, 
hat  Ribbeck  gezeigt.  i«  Völker  I  s.  21  vermutet  dasz  dies  gleich 

nach  der  ankunft  Octavians  in  Rom  (44)  geschehen  sei,  was  ebea*o 
wenig  Wahrscheinlichkeit  bietet  wie  seine  motivierung,  weil  er  frei- 
gelassener des  Cinna  war. 


Hillach:  abfasaungszeit  der  zehnten  ecloge  des  YergiliuB.      795 

später  als  prttfeet  Aegyptens,  vermutlicb  aber  auch  schon  als  triam* 
vir  in  Gallien  (41)  dem  ritterstand  angehörte  (Volker  I  s.  16). 
wenigstens  glaube  ich  in  dem  gedieht  andentungen  über  diese  Stan- 
deserhöhung zu  erblicken  (v.  35  ff.)* 

Wenn  wir  demnach  mit  rücksicht  auf  die  historischen  anspie- 
lungen  das  gedieht  in  das  j.  42  setzen,  durch  welche  bestimmnng  es 
freilich  vielleicht  zu  der  ältesten  unserer  eclogen  gemacht  wird,  so 
fragt  es  sich ,  ob  die  ganze  anläge  des  gedichts  und  der  weitere  ver- 
lauf desselben  diese  annähme  unterstützen,    das  gedieht  soll  den 
Oallus  trösten  und  wird  diesen  zweck  erfüllt  haben,   der  trost  ist 
nicht  ernst  gemeint,  sondern  scherzhaft;  was  der  umstand  beweist, 
dasz  Verg.  das  gerippe  der  ersten  idjlle  Theokrits ,  in  welcher  der 
sterbende  Daphnie  besungen  wird ,  seinem  gedieht  zu  gründe  gelegt 
bat.'^    daher  der  scherzhafte  ausdruck  v.  10  indigno  cum  &äOus 
amore  peribat  «>  1, 66  Skq  Adq>vic  ii&KiXO.   wäre  dieser  ton  im  ge- 
dichte  nicht  enthalten ,  so  mUste  die  nachahmung  als  eine  äuszerst 
ungeschickte  und  verfehlte  bezeichnet  werden,  den  schwerpunct  des 
gedichts  bildet  die  klage  des  Gallus  selbst  (v.  31 — 69),  nachdem  er 
von  den  hirten,  von  Apollo  und  Pan  getröstet  worden  ist  (v.  9  — 30). 
sehr  fein  drückt  in  dieser  vorausgehenden  partie  Verg.  aus,  dasz 
Gallus  einem  seiner  nicht  würdigen  weibe  sein  herz  geschenkt  habe: 
V.  10  indigno  amore^  v.  21  unde  amar  iste  tHH  (was  verächtlicher 
i&t  als  Theoer.  1,  78  Tivoc  TÖccov  fpaccai),  v.  23  ttta  Lycoris  cUium 
.  .  per  harrida  castra  secuta  est  (was  doch  im  munde  des  Apollo 
nur  bedeuten  kann :  *wie  kannst  du  verzweifelt  sein  über  den  vertust 
eines  wesens,  das  jetzt  als  lagermädchen  [wir  sagen  'soldatenbraut'] 
gegangen  ist?'),  womit  Lycoris  der  verächtliohkeit  preisgegeben  und 
zu  den  verworfenen  dimen  gezählt  wird,   um  so  drastischer  wirkt 
noch  die  liebende  Zärtlichkeit  des  Gallus  v.  48  f.  a,  ^e  ne  frigora 
iaedanif  a,  tibi  ne  teneras  glacies  secet  asperapUmtas!  die  klage 
des  Gallus  selbst  ist  die  schwierigste  partie  des  ganzen  gedichts  und 
hat  zu  verschiedenen  irrtümem  veranlassung  gegeben. "  sie  ist  aber 


*^  die  nachahmuDgen  einselner  Theokritiseher  verte  sind  zasaminen- 
getragen  nach  WRibbeck  von  Sohaper  in  diesen  jahrb.  1864  •.  791.  es 
fehlt  aber  zb.  v.  i  Areißtitsa  entlehnt  ans  1,  117,  ▼.  6  Dorig  aus  1,  118 
na.  auf  den  scherzhaften  ton  hat  bereits  ORibbeck  anfmerksam  ge- 
macht. **  man  hat  zb.  bei  v.  44  ff.  an  einen  wirklichen  feldzog  des 
QAllaa  gedacht  (Völker  I  s.  26)  und  deshalb  das  gedieht  in  das  j.  37 
verlegt,  oder  an  den  militärischen  bemf  des  Gallns  (F orbiger  zdst.), 
oder  man  hat  ▼.  44  —  49  (Sohaper  im  anhang  s.  204)  bzw.  v.  46 — 61 
(Völker  II  s.  11)  oder  46  —  54  (FonUninna)  für  yerse  des  Gallns  ge- 
halten, in  zn  grossem  rertranen  auf  die  thörichten  werte  des  Bervius: 
hi  ttuiem  amnes  ver$tu  Oatli  mnit  während  doch  Probns  an  unserer  stelle 
und  Servins  sn  ecl.  6,  72  davon  gar  nichts  wissen,  an  jener  stelle  be- 
zeichnet Bervins  als  rerse  des  Gallns  nur  v.  60 — 61  ibo  et  Chaieidico 
nsw.  y  welche  sehr  wol  am  schlusz  der  einleitnng  zu  den  elegien  des 
Gallo«  gestanden  haben  können  (in  gleichem  Zusammenhang  wie  die 
Ihnliehen  Yerg  ecl.  6,  1—8)  und  als  solche  auch  an  dieser  stelle  allein 
am   besten  gedentet  werden,    insofern  stimme  ich  mit  RPeiper  jahrb. 


796      HFlach:  abfassungszeit  der  zehnten  ecloge  des  Vergilins. 

auch  ungeschickt,  und  verräth  deshalb  einen  jugendlichen  und  un- 
geübten dichter,  statt  dasz  uns  nemlich  geschildert  wird,  wodurch 
der  verzagte  Gallus  wirklichen  trost  findet,  was  doch  das  endliche 
resultat  des  gedichts  sein  soll  und  gewesen  ist,  bleibt  er  am  schlosz 
untröstlich  und  gibt  jeden  weitem  trostversuch  auf.  und  doch  hat 
Gallus  V.  33  f.  selbst  angedeutet,  wie  er  wünschen  möchte  dasz  nach 
seinem  tode  (den  er  für  bevorstehend  hält:  s.  oh&i  peribat)  die  ar- 
kadischen hirten  seine  liebe  besingen,  dasz  aber  Verg.  unter  diesen 
sich  befindet,  beweist  v.  26  quem  vidimus  ipsi.  aber  Verg.  hat  die- 
sen düstem  schlusz  doch  vielleicht  absichtlich  so  eingerichtet,  um 
die  grosze  Verzweiflung  des  Gallus  desto  besser  mit  den  vorausgehen- 
den tröstungen  anderer  contrastieren  zu  lassen,  wodurch  dieselbe 
nur  lächerlicher  werden  konnte. 

Der  gedankengang  in  der  klage  des  Gallus  ist  folgender,  ^wie 
sanft  würde  ich  im  tode  ruhen,  wenn  ihr,  o  hirten,  dann  meine  liebes- 
schmerzen  besingen  wolltet  (31—34)  I  wäre  ich  doch  einer  der  eorigen 
gewesen,  so  hätte  ich  mit  Lycoris,  beide  im  verborgenen,  ein  idyl- 
lisches ,  ungestörtes  dasein  fristen  können  (35—43).  aber  jetzt  will 
ich  in  den  krieg  gehen ,  erträgt  doch  meine  Lycoris  auf  den  admee 
feldem  der  Alpen  noch  viel  schlinmieres  (44 — 49).  *'  oder  ich  will 
lieber  meine  früheren  (dh.  die  im  glück  gesungenen,  wobei  nicht  an 
seine  elegien,  sondern  an  epische  Übertragungen  zu  denken  ist :  Quin- 
tilian  X  1,  66)  lieder  vornehmen  und  sie  euch  vortragen  (50 — 51). 
oder  ich  will  in  die  bäume  verlassener  Wälder  meine  liebe  einkratzen 
(52 — 54).   dazwischen  kann  ich  ja  mich  der  eberjagd  auf  dem  eisi- 

1865  8.  855  fiberein,    dasz  diese  beiden  verse  die  eig;entliehe   verlier' 
liohung  des  dlchiers  Oallus  enthalten,  wenn  ich  aach  von  seinen  Strophen 
nichts  wissen  will,    ich  lasse  mich  endlich  gar  nicht  ein  anf  eine  pole- 
mik  gegen  die  mir  absolut  nnverständliche  ansteht  Schapers,  dasz  das 
ganze  gedieht  ein  klagelied  auf  des  tod  des  Oallas  (gesL  im  j.  t6)  sei 
(zn  V.  85—69):  'die  vorstellnng  der  alten,  dass  die  verstorbenen  ihre 
liehllngsbeschäftigiingen  nach  dem  tode  fortsetzten,  gab  dem  dichter 
die  möglichkeit  diese  worte  dem  freunde  in   den  mnnJ  au  legen  and 
ihm  dadurch  die  ehre  zu  erweisen,  welche  sich  Gallus  nach  Verg.  dsr» 
Stellung  selbst  gewünscht  hatte'  [welche  'lieblingsbesohäftigungea'  httte 
also  Gallus?  liegen,  dichten,  kriegfnhren,  singen,  jagen  usw.],  da  ich 
diese  ansieht  nach  den  gegenbemerkungen  von  Bibbeok   proleg.  s.  U 
für  abgethan  halte,    nnr  auf  zwei  momente  will  ich  aufmerksam  machen, 
wenn  Verg.  nach  dem  tode  des  Oallus  sein  lob  wegen  der  kaiaerlicbea 
Ungnade  aus  dem  schlusz  der  Oeorgica  streichen  mnste,  wie  durfte  er 
ihn  hier  feiern?    und  dann,  welch  seltsame  geschmacklosigkait  wirt  ei 
gewesen,  wenn  Ytrg*  nach  dem  tragischen  tode  des  Gallus  jene  alte^ 
längst  vergessene  liebesgeschichte  wieder  aufgewärmt  hätte!  —  VolU; 
unverständlich  ist  mir  aber  auch  in  diesem  gedichte,  das  bis  zun  letstea 
verse  von  bukolischen  Wendungen  und  Situationen  überfliesst»  eine  he- 
merkung  wie  zu  v.  7  'dieser  vers  enthält  eine  von  den  wanifea  Wen- 
dungen, welche  in  dieser  ecloge  an  die  form  der  bukolischen  dichtauf 
erinnern.' 

"  mit  diesem  satz  und  mit  v.  S8  wird  die  Situation  des  gedieht* 
abweichend  von  der  sonstigen  darstellung  in  den  anfang  des  j.  43  so- 
rückgeschobea. 


HFlach :  abfassungszeit  der  zehnten  ecloge  des  Vergiliua.      797 

gen  Parthenins  und  auf  seinen  geföbrlichen  spitzen  ergeben  (55 — 
60).  doch  wozu  das  alles?  nichts  bringt  mir  heilung  (60 — 61).  der 
gott  (Amor)  bleibt  dennoch  hart,  und  meine  lieder  machen  mir  selbst 
keine  freude  mehr  (62—63). ''   mag  ich  zum  ftuszersten  norden  oder 
zu  den  sOdlichsten  gegenden  ziehen,  meine  unselige  liebesqual  yer- 
iJtezt  mich  nicht  (64 — 69).'    eine  solche  klage  hfttte  ein  besserer 
dichter,  zb.  Tibullus  oder  Ovidius,  allerdings  in  ein  ganz  anderes 
gewand  gehflllt.'*  besonders  unklar  ist  ihr  anfang  y.  31  tarnen  ean- 
täbiHs^  Arcades^  wfthrend  man  zunSchst  eine  antwort  an  Pan  er- 
wartet; femer  der  ausdruck  y.  44  nunc  insamu  aimor  me  detinet  (wo 
Forbiger  mit  unrecht  einen  gegensatz  zum  vorhergehenden  erkennt: 
so  aber,  wfthrend  doch  nunc  .  .  tlK> .  .  ifUerea  .  .  iam  das  gleiche 
ausdrücken :  *bald  will  ich  hiermit  mich  trösten,  bald  damit') ;  dann 
die  anknüpfnng  y.  52  certum  est .  .  maUe  pati,  überhaupt  wird  das 
yerstflndnis  durch  das  fehlen  der  conjunctionen  und  partikeln  be- 
deutend erschwert  (y.  44.  50.  55.  64).    diese  Unklarheit  des  aus- 
drucks  ist  Veranlassung  gewesen,  dasz  so  yerunglflckte  deutungen 
des  gediebts  möglich  gewesen  sind  wie  die  von  Geyers,  der  darin 
eine  parodie  sah'^,  und  die  oben  erwfthnte  von  Schaper.   vielleicht 
aber  liegt  in  dieser  Schwerfälligkeit  und  unverstftndlichkeit ,  die  im 
allgemeinen  nicht  zu  den  Untugenden  des  dichters  gehören ,  ein  be- 
sonderer sinn ,  wie  dies  auch  bei  der  sechsten  ecloge  angenommen 
werden  kann,    die  nachahmer  des  gelehrten  und  unverständlichen 
Euphorion  standen  bei  vernünftigen  Römern  in  keiner  besondem 
achtung*',  und  dasz  sich  diese  beurteilung  vorwiegend  auf  Gallus 
bezogen  haben  musz,  wird  auch  durch  Quintilian"  bestfttigt  (vgl. 
Meineke  Anal.  Alex.  s.  24).     möglicher   weise   hat  Verg.  diesen 
dunkeln  ton  in  beiden  gedichten  nachgemacht,  um  dem  freunde  zu 


^  e«  ist  eine  sehr  wahrscheinUehe  vermatang  von  Völker  II  s.  10 
«nm.  6,  dasE  die  liebeselegien  das  Galloi,  wie  die  erotischen  jagend- 
gediohte  des  Oriditts,  den  namen  Amores  geführt  haben.  '*  ich  gebe 
allerdiDge  zu,  dass  die  überUefening  gerade  dieses  gedichts  keine  be- 
sondere gote  ist:  y.  17  ist  offenbar  anainnig  und  deshalb  von  Bibbeok 
athetiert  (wie  man  aber  mit  Hitsig  rh.  museam  XIV  s.  482  ff.  v.  16— 
18  streichen  kann,  verstehe  ich  nicht) ;  y.  38 — 89  sind  abgeschmackt  und 
mit  recht  von  Hitsig  ao.  verworfen,  demnach  erkannte  das  richtige 
schon  Heyne:  'aniverse  vero  a  simplicitate  et  venustate  pastorioii 
carminie  et  Theocritea  snavitate  in  plerisqae  recesslt.'  ^  wenn  aber 
sein  receosent  PhWagner  jahrb.  1866  s.  776  im  anfang  des  gedichts 
und  im  ^schönen  sehlusa*  einen  besondem  ernst  bemerkt  hat,  so  gestehe 
ich  auch  diese  ansieht  für  verfehlt  sa  halten.  *i  Cic.  Tute,  lll  §  46 
o  poeiam  egreghm  (sc.  Enniumi^  quamquam  ab  Mm  C4miarüna  Eupkorioni» 
eaniemmUur,  da  die  Tosonlaaen  in  den  jähren  46  und  44  geschrieben 
sind ,  so  lagen  in  diesen  jähren  nacbabmnnffen  von  Gallns  bereits  vor. 
aof  den  gelehrten,  aber  schwerfälligen  (Oelfius  XIX  9)  and  unbedenten- 
den  flelvius  Cinna  (worüber  Lentscb  im  philo!,  aas.  1871  s.  120)  allein 
kann  aich  Cieeros  Üosserang  nicht  beziehen.  **  X  1,  93  eUgia  quoque 
OraeeoM  praüoearnui^  emut  mihi  ternu  aique  eiegam  maaelmt  nidttur  auctor 
Tiöuiius.  wni  qui  ProperUttm  malint,  Oviäius  uiroque  laidoiar,  sicut  durior 
Gaiiua, 


798      HFlacb:  abfassungszeit  der  zehnten  ecloge  des  VergiliuB. 

schmeicheln,  so  steht  neben  der  besingnng  seiner  (des  Gallus)  glück- 
lichen liebe  als  seitenstttck  die  seiner  unglücklichen  liebe  durch  Verg., 
neben  der  ersten  etwas  unverständlichen  nachahmung  des  Euphorion 
die  (vielleicht  erste)  gleichfalls  ungeschickte  nachahmung  des  Theo- 
kritos,  neben  der  ersten  römischen  elegie  das  erste  römische  idjlL 

Nur  das  6ine  werden  wir  erklären  müssen  ^  warum  Verg.  bei 
der  gesamtausgabe  der  edogen  dieses  gedieht  an  den  schlusz  ge- 
stellt hat.  ich  glaube  aus  demselben  gründe,  aus  dem  er  die  erste 
ecloge  an  den  anfang  gestellt  hat.  wie  nemlich  jenes  gedieht  durcb 
die  feier  des  Octavian  den  grösten  historischen  hintergrund  hatte 
und  deswegen  die  allgemeinste  teilnähme  beanspruchen  konnte,  so 
steht  dieses  auf  der  dürftigsten  basis,  da  es  von  den  liebesschmerzen 
eines  unglücklichen,  aus  unbekannter  familie  stammenden,  wol  kaom 
sehr  zur  anerkennung  gekommenen,  wenigstens  damals  noch  nicht 
in  weitere  kreise  gedrungenen  dichters  handelt,  also  einem  gegen- 
stände gewidmet  ist,  der  schwerlich  beim  publicum  grosses  interesse 
erwecken  konnte,  dann  dürfen  wir  als  huldigung,  die  dem  Callas 
nach  Verg.  glücklicher  restituierung  gebracht  ist,  jene  sechste,  an 
Varus  gerichtete  ecloge  betrachten,  in  welcher  gelegentlich  seiner 
liebeselegie  und  seinen  sonstigen  Übertragungen  aus  Euphorion  ein 
compliment  gemacht  wird."  vielleicht  hatte  aber  Verg.  selbst  das 
gefühl,  dasz  das  gedieht  ein  verunglücktes  war,  uud  verurteilt«  es 
deswegen  dazu,  den  reigen  seiner  eclogen  zu  schlieszen. 

*'  woher  die  Überschrift  conquaestio  de  agrit  cum  CorneHo  Gallo  io 
die  ältesten  hss.  (Pal.  nnd  Med.)  nnd  die  von  ihnen  abstammenden  ^- 
kommen,  ist  schwer  za  sngen.  diese  angäbe  passt  (wenn  wir  Gallos 
aas  dem  spiel  lassen)  anf  die  nennte  ecloge.  dem  Charakter  solcher 
Überschriften  entsprechend  ist  allein  die  im  Gadianns:  poeta  ad  GmOum 
(was  der  Schreiber  offenbar  vervollständigt  de  amore  OalK  con$olatio).  da 
der  Gndianns  einen  hervorragenden  wert  hat  und  ans  demselben  urche- 
typus  stammt  wie  der  Palatinns  (Ribbeck  proleg.  s.  320),  so  dfirfen  wir 
jene  anfschrift  als  die  richtige  betrachten. 

Tübingen.  Hans  Flach. 


109. 

ZU  MANILroS  ASTRONOMICA. 


Die  interessanten  forschungen,  welche  mein  verehrter  herrrector 
T  h Vogel  über  den  repräsentativen  gebrauch  der  prftp.  in  angestellt 
und  in  diesen  jahrb.  1878  s.  393  ff.  veröffentlicht  hat,  haben  midi 
veranlasst  dieser  auffHUigen  construction  weiter  nachzugeben,  »^ 
ciell  ihr  vorkommen  bei  dichtem  festzustellen. 

Man! lins,  in  betreff  dessen  allein  mir  diese  uniersuchoog  «b- 
geschlossen  vorliegt,  enthält  mehrere  sichere  beispiele  diesem  g^ 
brauchs^  während  andere  stellen,  da  ihre  lesart  oder  anslegong  zwei- 


Mßechert:  zu  Manilius  Astronomica.  799 

felbaft  ist,  nur  nfögl icherweise  hier  anzuführen  sind,  unbedenklich 
erkenne  ich  den  in  rede  stehenden  gebrauch  an  in  I  783  (Jacob)  qui 
gestat  in  alite  Fhoebum  und  V  482  soluagueper  omnis  ibitpersonas 
et  turbam  reddd  in  uno,  erstere  werte  auf  Corvinus,  letztere  auf 
den  Vorleser  oder  Schauspieler  bezflglich.  die  stelle  Y  217,  an  der 
der  dichter  von  der  alles  versengenden  glut  des  hundsstemes  spricht, 

natura  suismet 
aegrotat  nufrbis  nimios  obsessaper  aesttsSy 
ingue  rogo  vivit;  tantas  per  sidera  fervor 
funditur;  atque  uno  candent  in  flamine  cunäa 
dürfte  nur  dann  in  betracht  kommen  können,  wenn  Jacobs  conjectur 
atque  uno  candent  in  flamine  cunda  als  das  richtige  anerkannt  würde, 
allein  den  vorzug  verdient  meines  erachtens  Bentlejs  der  hsl.  Über- 
lieferung {ceu  sunt  in  flumine)  nicht  minder  nahe  kommende  Ver- 
mutung se  accendunt  hmine  (besser /7iimfn«?)  cunäa.  wenn  Manilius 
femer  n  661  schreibt:  duo  cemere  pisoes  et  geminos  iuvenes  dupHi- 
cemgue  in  virgine  farmam,  so  liegt  doch  wol  hier  die  einfach  locale 
bedeutung  der  präp.  vor,  insofern  in  oder  an  dem  stembilde  der 
Jungfrau  eine  doppelgestalt  zur  erscheinung  kommt,  ebenso  deute 
ich  V  426 ,  wo  der  dichter  die  manigfachen  künste  des  Schwimmers 
erwähnt,  der  bald  mittels  der  bände  wie  mit  einem  rüder  sich  vor- 
wärts bewegt,  bald  aufrecht  stehend  mit  den  füszen  das  wasser  tritt, 
bald  unbeweglich  auf  der  Oberfläche  des  wassere  liegend  sich  von 
den  wellen  tragen  läszt.  vers  426  lese  ich  nun  mit  Bentley  nunc 
aequore  mersas  diducet  pahnas^  furtivus  remus  in  ipso^  dh.  'baJd  wird 
er,  ein  verborgenes  rüder  in  sich  selbst,  die  ins  meer  getauchten 
bände  in  entgegengesetzter  richtung  bewegen.*  dasz  Jacobs  con- 
jectur furtivus  remes  (so)  in  ipso  durchaus  verwerflich  ist,  leuchtet 
sofort  ein.  die  stellen  V  572  viäorque  Medusae  viäus  in  Ändro- 
meda  est^  1  384  uno  vincuntur  in  astrOy  endlich  lY  46  Cinibrum  in 
Mario  .  .  victum  würden  nur  dann  unter  die  kategorie  des  reprä- 
sentativen m  fallen ,  wenn  gesagt  werden  sollte,  dasz  in  dieser  oder 
jener  person  oder  sache  eine  ganze  classe  gleichartiger  personen  oder 
Sachen  oder  in  der  geringem  zugleich  die  gröszere  und  wichtigere 
besiegt  worden  sei.  da  dies  aber  an  keiner  der  drei  stellen  der  sinn 
sein  soll,  so  ist  wol  der  einfache  gebrauch  zu  statuieren,  der  vorliegt 
in  der  constmction  furere^  ordere^  depenre,  deficere  in  äliguo.  die  stelle 
lY  45  aber  bedarf  jedenfalls  noch  einer  genauem  besprechung.  die 
ganze  vorhergehende  stelle  von  v.37  an  ist  kritisch  hOchst  bedenklich 
und  so  wie  sie  überliefert  ist  keinesfalls  zu  halten,  nachdem  durch 
die  verschiedensten  beispiele  aus  der  altem  römischen  geschichte 
die  wunderbare  macht  des  Schicksals  dargethan  ist ,  wird  das  bdlum 
sociale  (v.  43  vires  Italas^)  erwähnt  und  im  anschlusz  daran  die  bür- 
gerkriege.   da  heiszt  es  denn  im  cod.  Gemblacensis : 


'  dass  diese  lesart  des  cod.  Gembl.  beiEnbehalten  sei,  glaube  ich 
kinreiohend  nnohgewiesen  zn  haben  in  den  Leipsiger  Stadien  I  s.  81  f. 


800  MBechert:  zu  Maniiias  Aatronomica. 

adice  et  civüia  bdla; 

et  Cimbrum  in  Mario  Mariumque  in  carcer^  vidum; 

quod  consül  totiens  exid,  guodque  exule  constU 

adiacuit  Lybicis  compar  iadura  ruinis 

eque  crepidinihtis  cepU  Carthaginis  arces. 
offenbar  spielt  der  dichter^  der  auch  im  Yorbergehenden  auf  sobr 
specielle  mirakel  eingebt,  auf  die  gefangennabme  des  Mtarius  in  Min- 
tumae  an ,  femer  auf  seine  flacbt  nach  Cartbago  nnd  das  darauf  fol- 
gende siebente  consulat  im  j.  86.  dasz  Marias  vom  ratbe  zu  Min- 
tumae  nicbt  in  das  gefUngnis  geworfen,  sondern  in  eustodiam  liberam 
bei  einer  vomebmen  bttrgerin  gegeben  wurde ,  ist  ja  wol  dorcb  ver- 
Iftssige  bericbte  genügend  bezeugt  (Val.  Max.  I  5,  5.  II  10,  6.  Plnt. 
Marius  37  ff.),  aber  bei  einem  dichter,  zumal  einem  solchen  wie 
Maniiias ,  bat  man  ja  von  vom  herein  an  dem  nicht  ganz  satreffen* 
den  ausdrucke  wol  nicbt  sonderlich  anstosz  zu  nehmen,  nach  Vellejos 
n  19,  3  war  der  sklav,  der  den  Marius  in  carcere  Mintumensium 
(also  auch  er  spricht  vom  gefUngnis')  töten  sollte,  ein  im  Cimbem- 
kriege  gefangener  Germane ,  nach  Val.  Max.  II 10,  6  aber  ein  Cim- 
ber.  dies  alles  in  erwftgung  gezogen  spricht  nun  Vogel,  an  dessen 
argumentation  ich  micb  überhaupt  eng  angescblossen  habe,  die  mich 
sebr  ansprechende  Vermutung  aus,  Manilius  habe  geschrieben: 

et  Cimbrufn  in  Mario ,  Marium  non  carcere  rtcfum. 
m  für  non  ist  auch  anderwärts  in  den  hss.  anzutreffen,  zb.  Tac.  dial. 
23  infirmitate  für  non  firmitate  und  ebd.  26,  wo  cod.  £  hat  tu  hac 
für  non  hac.  Bentlejs  geistvolle  conjectur  et  Cinnam  in  Mario 
Hariumque  in  Caesare  vidum  würde,  wie  mir  scheint,  den  ganzen 
Zusammenhang  stören,  da  in  den  ganzen  vier  versen  von  Marius  und 
nur  von  diesem  die  rede  ist.  femer  würde  ein  Schriftsteller,  der  so 
begeistert  Caesars  und  Augustüs  lob  singt,  schwerlich  so  nackt  den 
gedanken  hinstellen,  dasz,  wie  Marius  den  (gleichzeitigen  nnd  ver- 
btlndeten!)  Cinna,  so  Caesar  den  Marius  überboten  habe  —  in  der 
art  wie  er  den  bürgerkrieg  führte. 

Zum  schlösse  sei  noch  erwfthnt,  dasz  IV  136  ein  unsweifel- 
haftes  in  repraesentativum  vorliegt ,  wenn  man  mit  Bentlej  liest : 
sequ€  {putat  PaUas)  in  Aracknea  nuiffwum  portasse  tritm^pkum  aa* 
statt  des  unhaltbaren  hsl.  seque  in  Ara^nea  magnmn  putat  esae 
triumphum. 


'  ebenso  Lnoanus  Phars.  II  79  von  dem  Bklaven:  vider^ 
ienebro$o  in  carcere  tucem.  ^ 

Leipzig.  Malwin  Bbohbbt. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜBtCLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HERAUSGEGEBEK  VON  ALFRED  FlBCKBISEN. 


HO. 

DER  DICHTER  HOMEROS 
UND  DIE  WOLPSCHE  HYPOTHESE. 


Als  P AWolf  seine  'prolegomena  ad  Homernm'  an  WvHumboldt 
schickte ,  erwiderte  ihm  derselbe :  *die  gründe  die  Sie  angeben  sind, 
glaube  ich,  alle  noch  so,  dasz  sie  nach  individuellen  Verschieden- 
heiten mehr  oder  mindern  eindrack  machen,  der  cardo  remm  liegt 
meines  erachtens  blosz  darin,  dasz  in  der  Dias  wirkliche  Verschieden- 
heiten des  Stils,  der  spräche  usw.  sein  sollen,  bei  diesen,  glaube  ich, 
hfttten  Sie  anfangen  müssen;  jetzt  getraue  ich  mir  zwar  immer  den 
gegner  zu  bestreiten,  nie  aber  ihn  besiegen  zu  können."  ist  nun 
dieser  sprachliche  nachweis,  welchen  Humboldt  bei  Wolf  vermiszte 
und  von  welchem  er  die  entscheidung  über  die  angeregte  frage  ab- 
hAngig  erklärte,  spftter  geführt  worden?  sicherlich  nicht  ja,  er 
kann  gar  nicht  geliefert  werden .  hfttte  Homer  seine  gesftnge  nieder- 
schreiben ktfnnen,  so  war  es  möglich,  dasz  sie  in  sprachlich  unver- 
ftnderter  form,  wenngleich  nicht  ohne  Schreibfehler,  von  handschrift 
zu  handschrift  überliefert  wurden,  nun  wurden  sie  aber  durch  münd- 
liche Überlieferung  mehrere  generationen  hindurch  in  yerschiedenen 
sfingerschulen  fortgepflanzt  und  dann  erst  in  diesen  niedergeschrie- 
ben, besonderheiten  und  differenzen  in  dialekt,  lexilogie,  selbst  in 
der  grammatik  —  und  darauf  beschr&nkt  sich ,  was  man  gefunden 
zn  haben  glaubt  —  werden  daher  mit  weit  gröszerm  recht  auf  die 
überliefernden  sfinger  als  auf  den  ursprttnglidien  schöpfer  der  dich- 
tnngen  zurückgeführt  dennoch  hat  das  versmasz  und  die  heilige 
Verehrung  für  den  dichter  den  einheitlichen  Charakter  des  stils,  der 
poetischen  dietion  und  gestaltung,  in  denen  sich  ror  allem  die  in- 
dividualitat  des  Schöpfers  ausspricht,  so  treu  erhalten,  dasz  die 
Wissenschaft  zu  der  erfindung  des  mjthus  von  der  dichtenden  sage 


>  B.  Geppert  über  den  Ursprung  der  Homerischen  gesftnge  (Leipsig 
1S40)  im  beginn  der  vorrede. 

Jiihrh«eher  fttr  clMf.  philo!.  1879  hfl.  IS.  51 


802     AEiene:  der  dichter  Homeroe  und  die  Wolfsche  hjpothese. 

gegriffen  hat,  unter  der  die  einzelnen  sttnger  in  einem  grade  steheo, 
dasz  sie  ihren  individuellen  persönlichen  Charakter  einbüszen,  um 
eine  thatsache  zu  erkl&ren,  die  unerklärlich  bleibt,  nachdem  man  den 
6inen  dichter  verloren  hat.  denn  was  ist  sage  ?  einproductwel- 
ches  die  gestaltende  kraft  auszer  sich  hat  und  an  sich 
erfährt,  was  besagt  also  in  Wahrheit  der  mythus?  dasz  im  gan- 
zen Yolke ,  nicht  in  seinen  sängem ,  die  gestaltende  kraft  ruht,  da 
entfaltet  sich  vor  den  freiem  im  männersale  des  Odysseus  und  im 
kreise  der  Phaiaken  ein  anderes  bild  vor  unsem  äugen,  dort  sind 
es  die  sänger  welche  die  sage  gestalten  und  ihren  hOrem  ttberliefem, 
diese  selbst  sind  die  lauschenden  und  aufnehmenden  empftnger.  so 
war  es  zur  zeit  des  Homer,  so  ist  es  immer  gewesen,  so  dasz  einem 
Volke  seine  sagen  verloren  gehen  kOnnen ,  wenn  sie  nicht  in  dich- 
tungen  erhalten  und  fortgetragen  werden,  zumal  wenn  ihnen  die 
Sagenforschung  fehlt.'  was  wüste  denn  der  gebildete  Deutsche,  der 
sich  um  die  sagenforschung  nicht  kümmert,  vom  Eyffhäuser  und 
Friedrich  dem  Bothbart,  wenn  er  es  nicht  von  seinen  dichtem  er- 
führe? und  wie  will  man  die  Verehrung  der  gottbegnadeten,  von 
der  Muse  begeisterten  sänger  beim  volke  erklären,  wenn  dieses  gibt, 
jene  die  empfänger  sind  ? 

Noch  .  auf  einem  andern  gebiete  macht  sich  diese  irrtflmlidie 
Vorstellung  von  der  schöpferischen  thätigkeit  der  sage  geltend  and 
teuscht  das  besonnene  urteil.  Homer  gehört  unter  allen  dichteni  m 
den  grösten  künstlem  in  der  lebendigen  und  plastischen  gestaltong 
der  diaraktere.  darum  habe  ich  in  meiner  ^composition  der  Bias' 
(Göttingen  1864)  der  darstellung  der  hauptcharaktere  nicht  nur 
eine  besondere  Sorgfalt  gewidmet,  sondem  auch  gezeigt  dasz  die 
beiden  hauptträger  der  handlung,  Achillefus  und  Agamemnon,  dieser 
selbst  aufs  engste  angepasst  sind  und  dasz  ihr  Charakter  nicht  ver- 
ändert werden  darf,  ohne  die  entwicklung  der  handlung  unmO^ich 
zu  machen  oder  gänzlich  umzugestalten,  wie  kommt  es  nun,  dasz 
solche  argumente  wirkungslos  bleiben  ?  weil  man  die  vorstellang 
hegt,  die  sage,  nicht  der  dichter,  habe  diese  Charaktere  gesehaffeB. 
so  glaubt  man  an  die  göttliche  kraft  der  sage,  während  die  Mose, 
deren  göttliche  Wirksamkeit  der  alte  dichter  an  sich  su  er&hrcn 
glaubte ,  von  ihrem  throne  herabgestiegen  ist.  wie  nichtig  solcher 
glaube  sei ,  möge  uns  hier  nur  noch  das  beispiel  des  Thersites  vor 
äugen  führen,  nur  6inmal  und  in  einer  einzigen  Situation  wird  die- 
ser Charakter  uns  vorgeführt,  um  dann  gänzlich  wieder  zu  verschwin- 
den, und  dennoch  wie  er  leibt  und  lebt  tritt  dieser  Charakter,  ia 
wenigen  und  drastischen  zügen  gezeichnet,  uns  vor  die  äugen,  «o  dasx 
wir  sein  bild  nicht  wieder  vergessen  können,  (wir  werden  dabei  an 
die  kunst  Shakespeares  erinnert.)  ist  das  auch  ein  charakter,  den  die 
sage  geschaffen  hat?    ganz  und  gar  für  die  Situation  erfunden  e^ 


*  für  diese  thatsache  berufe  ich  mich  auf  das  seaniis  roa  Hax 
Müller. 


AKiene:  der  dichter  Homeros  und  die  Wolfache  hypothese.     803 

weist  er  sich,  in  welcher  er  erscheint,  das  volk  zttmt  auf  Agamemnon, 
weil  er  den  tapfersten  beschützer  der  Achaier  aus  ihren  reihen  durch 
seine  beleidigung  entfernt  hat.  dieses  grollende  und  dem  kämpfe 
ohne  den  tapfersten  Streiter  abgeneigte  volk  soll  ftlr  die  fortsetzung 
des  krieges  ohne  den  beleidigten  beiden  gewonnen  werden,  da  tritt 
Thersites  als  Sprecher  für  dasselbe  auf  und  gibt  den  gedanken  aus- 
drack,  welche  dasselbe  in  den  letzten  zwölf  tagen  der  ruhe  in  be- 
wegung  gesetzt  haben,  seine  Iftcherliche  Persönlichkeit  wird  dann 
das  beste  mittel,  solchen  gedanken  und  Stimmungen  ebenfalls  den 
Stempel  der  Iftcherlichkeit  aufzudrücken  und  den  vom  dichter  be- 
absichtigten erfolg  in  der  versamlung  zu  unterstützen,  hat  die 
Charaktere  bildende  sage  diese  Situation  vorausgesehen? 

Hieraus  scheint  sich  zweierlei  zu  ergeben :  6inmal  dasz  eine  ge- 
lehrte und  gründliche  kenntnis  der  griechischen  spräche  kein  not- 
wendiges erfordemis  ist  für  die  beurteilung  der  frage,  ob  die  Ilias 
wie  die  Odyssee  6inen  dichter  für  ihre  abfassung  mit  notwendigkeit 
Toranssetzen  oder  ausschlieszen;  zweitens  dasz  gerade  die  philologen 
bei  dem  gegenwftrtigen  stände  der  Homerischen  kritik  am  wenigsten 
geeignet  sind  ein  unbeüängenes  urteil  über  die  aufgeworfene  frage 
abzugeben,  mit  langgehegten  Vorstellungen  zu  brechen  hftlt  immer 
schwer,  selbst  wenn  sie  sich  für  das  unbefangene  urteil  als  Vorurteile 
ergeben. 

Für  die  notwendigkeit  des6inen  dichtere  zeugt  femer  vor  allem 
die  strenge  einheit  und  ganzheit  der  handlung,  we||he  ich  für  die 
Ilias  früher  in  meiner  'composition  der  Ilias*  nachgewiesen  habe,  für 
die  Odyssee  in  einer  unter  der  feder  befindlichen  arbeit  nachweisen 
werde,  dieser  grnnd  gewinnt  doppelte  kraft  und  bedeutung,  wenn 
wir  von  Aristoteles  erfahren,  dasz  von  allen  epischen  dichtem  der 
Griechen  dem  Homer  allein  es  gelungen  ist  seine  epopöen  um  eine 
einheitliche  und  ganze  handlung  zu  gruppieren,  er  erklftrt  diese  er- 
scheinung  aus  der  gröszem  Schwierigkeit  der  aufgäbe  bei  dem  grö- 
szem  umfang,  hier  kommen  wir  zu  der  schwSchsten  seite  der  auf- 
lösenden Homerischen  kritik,  welche  die  autoritftt  dep  Aristoteles  für 
die  epische  poesie  einfach  zurückweist«  gerade  dieser  theoretiker 
der  kunst  hat  ftlr  die  erkenntnis  der  einheit  und  ganzheit  der  hand- 
lung die  merkmale  und  gesetze  mit  einer  klarheit  ausgesprochen, 
die  bis  auf  den  heutigen  tag  nicht  übertroffen,  wol  aber  vielfach  ver- 
dunkelt worden  ist,  und  diese  stehen  in  voller  geltung.  sollen  wir 
nun  annehmen,  dasz  er  wol  befthigt  gewesen  wSre  seine  gesetze  auf 
die  tragödie  richtig  anzuwenden  und  diese  zi^beurteilen,  für  das  epos 
aber  ihm  diese  fUhigkeit  absprechen?  das  ist  der  reine  Unverstand, 
wenn  er  aber  den  übrigen  griechischen  epikem  auszer  Homer  die 
einheit  und  ganzheit  der  handlung  abspricht,  so  müssen  wir  uns  um 
so  mehr  bei  seinem  urteil  berahigen ,  weil  ihre  werke  uns  verloren 
gegangen  sind,  wir  also  gar  keine  möglichkeit  haben  sein  urteil  einer 
controle  zu  unterziehen,  und  die  vrissenschaft  hat  wahrlich  keine 
veranlassung  dieses  urteil  in  zweifei  zu  ziehen,   was  anders  als  ihre 


804     AEiene :  der  dichter  Homeros  und  die  Wolfsche  hypotheae. 

gröszere  Yortreffliehkeit  und  anerkennung  hat  uns  denn  die  Ilias  und 
Odyssee  erhalten,  während  die  übrigen  epop5en  untergegangen  sind? 

Derselbe  Aristoteles  sagt  in  seiner  poetik  c.  24,  7:  'Homer  ver- 
dient, wie  in  yielen  andern  dingen,  so  auch  besonders  darin  lob,  dasz 
er  allein  von  den  dichtend  (vom  epos  ist  hier  die  rede)  wol  weisz 
was  er  selbst  than  musz.  es  gehört  sich  nemlich ,  dasz  der  dichter 
in  eigner  person  so  wenig  als  möglich  sage :  denn  so  weit  er  dies 
thnt ,  ist  er  nicht  nachahmender  dichter,  die  ttbrigen  dichter  abo 
führen  das  ganze  werk  in  eigner  person  ans  und  stellen  nur  weniges 
und  selten  nachahmend  dar.  jener  dagegen  führt,  nachdem  er  nur 
weniges  einleitend  vorausgeschickt  hat ,  sofort  einen  mann  oder  ein 
weib  oder  eine  andere  charaktergattung  ein ,  und  zwar  keine  ohne 
Charakter,  sondern  alle  sind  individuell  ausgeprSgt'  mit  diesen 
Zeugnissen  des  Aristoteles  vergleiche  man  nun  die  Tormittelnde 
hypothese,  welche  Bemhardy  griech.  litt.  U'  s.  148  ff.  aufgestellt 
hat:  *die  poetische  kraft  und  erfindung  der  epischen  genossenschaft 
machte  erst  durch  ihren  fleisz  den  ausbau  beider  epen  zu  einem  so 
hohen  grade  der  Vollständigkeit  und  abrundung  möglich,  nachdem 
der  Stammvater  der  groszen  epen ,  der  einheitliche  begriff  "O^itipoc 
(so),  mit  kühnem  griff  statt  vereinzelter  lieder  ein  zusammenhängen- 
des ganzes  unternommen  hatte.'  also  was  die  übrigen  epischen  dich- 
ter in  ihren  eignen  Schöpfungen  zu  leisten  nicht  vermochten,  du 
sollen  sie  erst  in  den  grundstamm  der  Homerischen  epen  hinein- 
gearbeitet ha1|pn.  und  warum  sollen  sie  das?  weil  es  unwahrschein- 
lich ist,  dasz  der  gröste  epiker  an  der  spitze  der  epischen  poesie 
stehen  soll,  dabei  wissen  wir  von  der  vorausgehenden  entwicklang 
der  poesie  nichts  sicheres  als  was  wir  von  Homer  darüber  erfahren, 
in  solchen  anschauungen  erkennt  die  in  Wolfs  spuren  wandelnde 
Homerische  kritik  die  höhe  der  Wissenschaft. 

Wir  fassen  die  gewonnenen  thatsachen  zusammen:  1)  die  poe- 
tische spräche  und  gestaltung,  der  individuelle  stil  des  dichters  ist 
derselbe  in  allen  teilen  der  Ilias  und  der  Odyssee,  von  den  im- 
zweifelhaften  Interpolationen  abgesehen.    2)  beide  dichtungen  be- 
sitzen  eine  einheitliche  und  ganze  handlung  nach  den  von  Aristoteles 
aufgestellten  gesetzen  und  merkmalen.   3)  der  sachkundigste  und 
zuverlässigste  zeuge  der  gesamten  griechischen  litterator  Aristoteles 
bezeugt,  dasz  von  allen  epischen  dichtem  der  Griechen  dem  Homer 
allein  gelungen  sei  seine  epen  um  eine  einheitliche  und  ganze  hand- 
lung zu  gruppieren,  und  erklärt  diese  thatsache  aus  der  grOsierA 
Schwierigkeit  der  aufgäbe  im  vergleich  mit  der  gröszem  l^ne  der 
dramatischen  erzeugnisse.  4)  während  die  übrigen  epischen  dichter 
der  Griechen  das  ganze  in  eigner  person  in  ihren  werken  ausführtes 
und  nur  weniges  und  nur  selten  nachahmend  darstellten,  schickt 
Homer  nur  weniges  einleitend  voraus ,  dann  entfaltet  sich  die  hand- 
lung in  dramatischer  lebendigkeit,  und  alle  auftretenden  personen 
sind  charakteristisch  ausgeprägt,  das  letztere  haben  wir  selbst  noch 
vor  äugen,  das  erstero  müssen  wir  dem  zuverlässigsten  zeugea  an* 


AEiene:  der  dichter  Homeros  und  die  Wolfsche  hypothese.     805 

bedingt  glauben,  diese  vier  thatsachen  allein  genttgen,  am  die  not- 
weudigkeit  des  ^inen  dichters  für  die  Dias  nnd  Odyssee  zu  erweisen, 
ja  diese  ergibt  sich  von  selbst  ans  denselben,  betrachten  wir  im 
lichte  derselben  die*entwicklung  der  epischen  poesie  der  Chriechen 
in  ihren  sftngerscholen  nnter  Voraussetzung  der  richtigkeit  derWolf- 
schen  hypo^se,  dasz  zuerst  unter  Peisistratos  die  zerstreuten  lieder 
in  die  beiden  liederoompleze  Ilias  und  Odyssee  zusammengefaszt 
seien ,  der  vermeintliche  Verfasser  Homeros  nur  eine  mythische  per- 
sönlichkeit, so  eröffnet  sich  vor  unsem  äugen  ein  wundersames  bild. 
an  die  sage  vom  zorn  des  Achilleus  und  von  den  abenteuern  des 
Odyssens  hat  sich  eine  reihe  von  gesängen  geknüpft«  welche  von 
verschiedenen,  nach  zeit  und  ort  getrennten  sftngem  gedichtet  wur- 
den, diese  lieder  wurden  in  verschiedenen  schulen  überliefert,  nun 
geschah  es  dasz  die  sage  einen  dichter  erfand,  welchem  diese  ver- 
schiedenen lieder  beigelegt  wurden,  dieser  verschlang  nicht  nur  die 
Damen  der  ursprünglichen  dichter,  sondern  annectierte  auch  ihre 
erzeugnisse  mit  solchem  erfolge,  dasz  er  bald  groszen  rühm  und  bei- 
fall  fand,  auch  knüpfte  sich  an  die  lieder  vom  zorn  des  Achilleus 
der  name  Ilias,  an  die  lieder  von  Odysseus  der  name  Odysseia.  eine 
anzahl  der  begabteren  sSnger  schuf  dann  eine  reihe  von  selbstän- 
digen gröszem  epopöen,  deren  Verfasser  bis  heute  die  kritik  noch 
nicht  angezweifelt  hat.  namentlich  bildete  sich  ein  kyklos  solcher 
werke  der  epischen  poesie,  welche  die  sagen  vom  troischen  kriege 
und  seinen  beiden  ergSnzend  behandelten,  die  handlungen  der  Ilias 
und  Odyssee  stehend  ausschlössen.'  keiner  dieser  spätem  dichter 
erreichte  indes  den  rühm  und  die  Verehrung  des  mythischen  Homeros, 
ja  bis  zu  d6m  grade  siegte  seine  beliebtheit  bei  den  hörem,  dasz  sich 
spätere  dichter  genötigt  sahen  ihre  eignen  werke  dem  Homer  bei- 
zulegen, von  ihm  sie  empfangen  zu  haben  sich  rühmten,  um  sie 
populärer  zu  machen,  trotz  alledem  kamen  indes  die  sängerschulen 
niemals  auf  den  gedanken  die  einzellieder  der  Ilias  und  Odyssee  zu 
einem  ganzen  zusammenzufassen:  das  geschah  zuerst  unter  Pei- 
sistratos in  Athen,  und  da  ergab  sich  dann  ein  zwiefaches  wunder, 
alle  übrigen  epischen  dichter  hatten  sich  begnügt  einen  beiden  oder 
eine  zeit  zum  mittelpunct  ihrer  epopöen  zu  machen ,  ohne  dasz  eine 
einheitliche  handlung  die  glieder  derselben  zu  einem  künstlerischen 
ganzen  verband;  oder  sie  wählten  eine  vielteilige  handlung,  wie  die 
Verfasser  der  Eyprien  und  der  kleinen  Dias,  so  dasz  sich  viele 
tragödien  aus  beiden  machen  lieszen,  ans  der  letztem  mehr  als  acht, 
deren  namen  man  in  der  poetik  des  Aristoteles  nachlesen  kann,  da* 
gegen  bewahrten  die  aus  den  bänden  der  commission  in  Athen  her- 
vorgegangene üias  und  Odyssee  eine  einheitliche  und  ganze  hand* 
lung,  so  dasz  alle  glieder  derselben  nach  Ursache  und  Wirkung  aus- 
einander folgten,  sei  es  nun  nach  dem  gesetze  der  notwendigkeit 

'  warum  worden  diese  stets  attsgeschlossen,  wenn  sie  nur  in  eincel- 
liedem  existierten?  gab  es  keine  einaellieder  auf  dem  behandelten 
gebiete  des  troisehen  Sagenkreises?   die  Odyssee  kennt  doch  solche. 


806     AEiene:  der  dichter  Homeros  und  die  Wolische  hypothese. 

oder  der  Wahrscheinlichkeit,  zugleich  erwies  sich  das  erste  glied  der 
handlung  als  anfang,  weil  es  nichts  voraussetzte,  ein  anderes  aber 
ans  ihm  folgen  muste,  das  letzte  glied  als  ende,  weil  es  sich  als  folge 
eines  andern  ergab,  aber  nichts  weiteres  nach  sich  forderte. 

Noch  ein  zweites  wunder  brachten  dieselben  verschiedenen 
sSiiger  zu  stände,  sie  alle  sagen  einleitend  nur  weniges  in  eigner 
person  und  führen  sofort  Charaktere  ein,  so  dasz  die  handlung  in 
dramatischer  frische  und  kraft  fortschreitet  und  sich  entwickelt ,  die 
Charaktere  selbst  in  voller  klarheit  und  bestimmtheit  sich  ausleben 
und  mit  gleicher  kunst  gezeichnet  erscheinen ;  wfthrend  die  übrigen 
epischen  dicbter  das  meiste  in  eigner  person  erzfthlten  und  nur 
weniges  und  selten  nachahmend  dsrstellten.  das  ist  in  den  grund- 
zügen  die  entwicklnng  der  epischen  poesie  bei  den  Griechen  vom 
standpuncte  der  Wolfschen  hypothese.  ergeben  sich  nun  nach  dem 
gesetze  der  notwendigkeit  aus  einer  wissenschaftlichen  hypothese 
widersinnige  und  unmögliche  consequenzen,  so  ist  dieselbe  damit 
widerlegt  und  ihre  Unmöglichkeit  bewiesen,  zu  gleicher  zeit  wird 
damit  der  gesamten  aus  dieser  hypothese  erwachsenen  kritik  ihre 
basifi  entzogen,  ich  mache  noch  ausdrücklich  darauf  aufmerksam, 
dasz  ich  die  erste  der  vier  oben  aufgestellten  thatsachen,  die  gleich- 
heit  der  spräche,  nur  zur  ab  wehr  benutzt  und  mich  bei  der  Wider- 
legung der  Wolfschen  hypothese  nur  auf  die  drei  andern  thatsachen 
gestützt  habe,  das  ist  geschehen,  weil  die  gleichheit  der  sprühe 
und  des  stils  nur  empfinden,  nicht  bewiesen  werden  kann,  ich 
wollte  mich  für  meinen  beweis  nur  auf  unwiderlegliche  thatsachen 
stützen,  eine  weitere  begrflndung  der  notwendigkeit  des  öinendich- 
ters  der  Ilias  habe  ich  in  meiner  ^composition  der  Iliaa'  geliefert; 
dasselbe  wird  für  die  Odyssee  das  in  Vorbereitung  befindliche  werk 
über  die  oomposition  der  Odyssee  leisten. 

Hannover.  Adolf  EmB. 


IIL 

ZUR  BEDEUTUNG  DER  PRÄPOSITION  TTPO. 


In  der  neuem  zeit  wird  (unter  anderen  von  Procksch  in  der 
zs.  t  d.  gw.  1878  s.  323 ,  der  sich  auch  auf  Aken  bemft)  ftr  die 
prftp.  irpö  als  grundbedentung  angegeben  *mit  dem  rttckea  soge- 
kehrf,  wfthrend  ävrt  'mit  dem  anüits  zugekehrt'  sei.  dies  klingt 
sehr  bestechend,  sch^t  aber  ungeffthr  so  richtig  za  sein,  wie  wenn 
jemand  behauptete,  €ic  bedeute  'in  —  hinein  mit  dem  antliti  zuge- 
kehrt', wonach  niemand  rücklings  in  einen  räum  gelangen,  sb.  in 
einen  abgrund  stürzen  oder  mit  dem  hinterteil  eines  schüfos  eisff 
bucht  zugewendet  in  diese  einlaufen  kOnnte.  deigleichen  neben- 
bestinunungen  liegen  wol  in  keiner  prftposition.  wie  Ifteherlick  aber, 


JGtoliech:  zur  bedeatang  der  prftpoBition  irp6.  807 

abgesehen  von  der  Schwierigkeit  der  ausfährung,  erschiene  zufolge 
jener  angeblichen  grundbedeatnng  ein  Archidamos,  welcher  Iftngs 
der  heeresfront,  mit  dem  rdcken  ihr  zugekehrt,  hingienge  nnd  sie 
ermutigend  anredete  (Xen.  Hell.  VII 1,  30):  £q>acav  b*  auTÖv  kqI 
npd  TWY  Xöxuiv  Tiapiövra  Touxbc  TraponccXeiJcacGat.  wie  l&cherlich 
die  schutzflehenden,  welche  den  angeflehten  ihre  kehrseite  zuwen« 
deten  (Flut  Themist.  15) :  ST€poi  bi  (päcMora  kqi  elbiuXa  xadopöv 
(boiav  dvöirXuiv  ävbpuüv  dir'  AiTivtic  tqc  X€^P<^c  äv€xövTuiv  npö 
Tiiiv  '€XXr)vtKU»v  Tpirjpuiv.  wie  wenig  bedrohliches  Iftge  in  dem  er- 
scheinen der  kriegsschiffe  Tor  dem  hafen,  wenn  sie  die  hinterteile 
demselben  zugekehrt  hätten  (Isokr.  15, 123) :  fva  iii\  Tipö  tiIiv  Xt^^- 
vuiv  ££aiq)VT)c  öqpOcic  clc  Oöpußov  xai  TapaxJ|v  aörouc  KaracT/j- 
C€i€V.  auch  stellen  folgender  art,  wie  ich  sie  gerade  zur  band  habe; 
sprechen  dagegen:  Plut.  Alkib.  2  ö  b'  'AXKtßiäbiic  KaraßaXuiv  diri 
CTÖfia  irp6  ToO  Zcütouc  xal  Traporcivac  ^aurdv  usw.  Xen.  anab. 
Vn8,18  diiel  irdvu  i\hr\  ImiloYto  xmö  tujv  to£€um6tu)V  ical  cq|)ev- 
bovdiv,  iropeuö^evoi  kOkXip,  öirwc  iä  öirXa  ixoxev  rrpö  TuivToEeu- 
fidruiv.  Diodor  IE  8  TOic  bk  Kioct  npö  tuüv  tö  i^V}m  b€XO}iivwy 
nXeupwv  Tuiviac  TTpoKorecKCuaccv. 

Demzufolge  dürfte  es  rathsam  sein,  in  diesem  falle  an  dem  alt- 
heigebrachten  nicht  zu  rfltteln,  welchem  die  von  mir  in  dem  Pro- 
gramm Ton  1877  aufgestellte  grundbedeutung  trrpö  praepositio  id 
significat ,  cuius  in  conspectu  aliquid  est  sive  motum  sive  immobile, 
sive  praeiacens  sive  praecurrens,  vel  cuius  in  conspectu  aliquid  agi- 
tur»  sich  anschlieszt« 

Sghwbidhitz.  Julius  Oousoh. 


(73.) 

ZU  THUKYDIDES. 


n  52  öirepßtaZoftcvou  ydp  toO  kokoO  ol  fivOpumoij  oök  £xov* 
T€c  Sti  T^vuiVTOi,  de  ÖXiTuipUxv  dTpdiTOVTO  Kai  Icpd^v  Kai  öcCuiv 
ö^oiuic.  dasz  sich  lepdhr  hier  besonders  auf  die  den  göttem  geweih« 
ten  gebttude  und  r&umlichkeiten  bezieht,  ergibt  sich  aus  den  un- 
mittelbar vorhergehenden  werten  Td  TC  Upd  iy  olc  £cK/jvriVTO 
vcKpijuv  likla  j\v.  schwieriger  ist  die  definition  von  Sctov,  das  in 
Piatons  Euthyphron  10^  mit  OeoqptX^c  identisch  gesetzt  wird,  nach 
der  disposition  des  vorliegenden  capitels  kann  es  sich  wol  nur  auf 
die  von  den  gOttem  sanctioniert  gedachten  menschlichen  gesetze  im 
allgemeinen  beziehen,  während  ein  teil  der  öcia,  nemlich  die  ge- 
brftoche  bei  der  totenbestattung  (vgl.  Phaidon  108 '  dirö  tuiv  öduiv 
T£  KQI  voMi^uiv  Tiin^  ivOdbe  TCK^aipÖMCVoc  X^ui),  in  den  folgenden 
Worten  vö^oi  T€  ndvTCC  £uv€Tapdx^cav  otc  ^xP^i^o  Trpdrepov  ircpl 
Tdc  Tttvdc,  {OoiTTOV  it  die  EKacTOC  ibuvoTO  deutlich  bezeichnet  ist. 


808  EJLiebhold:  zu  Thokydides. 

dasz  endlich  Thuk.  bei  der  disponierenden  Wendung  xai  Upurv  kos 
öctujv  ö^oiuic  an  den  schftrfem  gegensatz  zwischen  gOtÜichem  und 
menschlichem  recht  bereits  gedacht  habe ,  erhellt  vor  allem  ans  der 
in  etwas  anderer  form  gehaltenen  Wiederholung  dieser  begriffe  am 
Bchlusz  der  gewaltig  ergreifenden  Schilderung  (c.53)  Oeuiv  b^  q>ößoc 
fi  ävGpuiTTUJV  vö^oc  oObelc  dircipTe,  tö  ^iv  Kptvovrcc  Iv  ö^oiiji 
Kai  c^߀iv  Kai  iii\  £k  toO  TrdvTac  öpäv  tv  Icifj  dTroXXu^^vouc,  tu/v 
bk  d^apTr^äTuiv  oubelc  dXTTtZiüv  m^XP^  '^^^  ^^^nv  T€v^c6ai  ßtouc  &v 
Tf|v  Ti^ujpiav  ävTibcOvat,  ttcXu  bk  \it\lw  ri\y  ffiri  Kcrr€l|l^(plc^^v^v 
cq|)(X)v  dTrtKpeftacOf)voi,  i^v  irplv  £mtt€Cciv  cIköc  cTvat  toC  ßiou  ti 
äTToXaOcai,  in  welchem  die  mit  der  frtthem  wendung  ovk  fx^v^^^ 
ÖTt  T^vuJVTai  nur  flüchtig  angedeuteten  motive  der  öXiTuipia  mit 
schlagender  prttcision  hingestellt  sind,  dasz  öciov  mit  biKOiov  iden- 
tisch gebraucht  werden  kann,  folgt  aus  der  bemerkung  des  scho- 
liasten  zu  m  56 ;  dasz  man  es  auch  in  der  spütem  zeit  von  den  letz- 
ten ehren  verstand,  aus  Plutarchs  Numa  12  ££aip^TU)C  bk  if|v  irpoc- 
aTopeuoM^vriv  Aißinvav  dTricKOTrov  Tuiv  nepl  toOc  Ovi^CKOvrac 
öciu)v  6€Öv  oOcav  usw.  Macrobius  femer  sagt:  8a$uium  estmter- 
dutn^  quod  nee  sacrum  nee  reUgiosum  est.  an  den  weitem  gegensatz 
aber  zwischen  heiligem  und  profanem  ist  zu  denken  bei  Aristophanes 
Lys.  742  f.  (b  ttötvi'  6iX€i9ui*,  diricxcc  toö  tökou,  fuic  öv  €k  öciov 
^öXui  *fi)  xuipiov,  wo  Sciov  xuipiov  von  den  scholien  als  t6  ß4pf)Xov 
Kai  }ii\  Icpöv,  €ic  ö  £E€ctiv  elci^vat  aufgefaszt  wird:  vgl.  Xen. iröpot 
5,  4.  Plat.  Staat  I  344  ^  gesetze  87  8  ^ 

II  89  fif|  bi\  auTÜJV  Tf|v  TÖX^av  bcic^TC '  ttcXu  bi.  u^eic  ^Kci- 
voic  TrX^tAJ  q|)ößov  irap^x^TC  Kai  iricTÖTcpov  Kord  re  tö  npov€Vucn~ 
K^vat  Kai  ÖTt  ouK  &v  fiToOvrat  iii\  ^^XovTdc  n  dEiov  toö  irapd 
noXu  TTpdSeiv  dvOicTacOai  ö^dc  usw.  die  werte  toö  irapd  iroXu 
geben  keinen  vollständigen  sinn,  mag  man  dieselben  substantivisch 
verstehen  oder  mit  Poppe  Trpdcc€tv  ergSnzen,  so  dasz  nach  seiner 
meinung  *eximiam  agendi  rationem'  (^die  grosze  anstrengung'  fiber- 
setzt Müljer)  zu  erklftren  sein  würde,  sehr  passend  ist  zum  ver- 
gleich herangezogen  YII  21  dXTriZeiv  &n*  aÖTOÖ  Tt  £pTOV  toC  kiv- 
bövou  de  TÖv  TTÖXe^ov  KaTcpTdcacOai.  wenn  man  nemlich  bedenkt 
dasz  TTÖvoc  mindestens  ebenso  hAufig  wie  Kivbuvoc  von  dem  kämpfe 
und  der  kampfesansti^ngung  gebraucht  wird,  so  dflrfte  man  von  der 
meinung  der  bisherigen  interpreten  nicht  sowol  abweichen  als  die- 
selbe zu  einem  befriedigenden  abschlusz  führen,  wenn  man  mit  hin- 
weis  auf  die  tthnlichkeit  der  schrifbsttge  und  unter  der  vonasseteoDg 
von  dem  ausfall  eines  wertes  vermutete,  dasz  der  historiker  ToO 
Trapa  iroXu  ttövou  geschrieben  habe,  so  dasz  der  sinn  wtre:  'ihr 
aber  bewirkt  bei  ihnen  eine  weit  gröszere  und  gegründetere  furcht 
teils  wegen  des  früher  erfochtenen  sieges,  teils  weil  sie  meinen,  ihr 
würdet  ihnen  nicht  entgegentreten,  wenn  ihr  nicht  gewillt  wliet 
eine  der  bei  weitem  grOszem  anstrengung  würdige  thataQSsnltÜuiB.* 

BuDOLaTADT.  Eabl  Jui.106  Lubbold- 


JEYfcaia:  anz.  v.  FWieseleri  adnotationea  erlt.  ad  Enr.  Gyclopem.     809 

(71.) 

ZÜB  EBITIK  DES  EUREPIDES. 


FRIDERICI    WIE8BLEBI    ADMOTATIONES    ORITIOAE    AD    EURIPIDIS 

CYOLOPEM.  (vor  dem  index  scholarom  der  Georgia  Augnsta  fdr  das 
wintersemeeter  1879 — 1880.)  Gottingae  ofBcina  academica  Dieteri- 
Chiana  fypis  ezpresait    15  8.    gr.  4. 

In  yorsiehender  arbeit  hat  Wieseler  an  einer  erheblichen  anzahl 
TOn  stellen  des  EyklopS  die  flberlieferang  in  scharfsinniger  weise  zu 
▼erbessam  xaitemommen.  Ton  seinen  emendationsvorschlSgen  ist 
namentlich  ansprechend  zb.  die  Änderung  in  y.  91  fiEcvöv  T€  T^v  ' 
T^ivb*  ^ßcß&rec  (überliefert  ist  crdimv,  wofür  Musgraye  pjT|v  yor- 
Bciilug);  oder  in  y.  561  dTro^axT^ov  statt  diro^uitr^ov:  doch  be-  ' 
zeichnet  hier  wol  Nanck  mit  recht  im  folgenden  yerse  al  Tp(x€C  als 
oormpty  was  Wieseler  nicht  zugeben  will,  auch  darin  dürfte  Nauck 
recht  haben,  daez  in  al  Tpix€C  ein  zu  X€iXoc  gehöriges  adjectiv  zu 
suchen  sei.  er  yermutet  cutuk^c  ,  doch  ist  yielleicht  angemessener 
Ka0ap6v  TÖ  x^iXoc  eOrpen^c  (yorbereitet,  nemlich  zum  trinken) 
T^  ^ov.  —  Zu  den  ansprechenden  yermutungen  W.8  gehört  auch  die 
solureibnng  in  y.  657  £KKa(€T6  Tf|v  6^\v  (statt  öqppöv)  QnP^c  '^oö 
£€VobaiTa:  denn  hier  musz  natürlich  ein  das  äuge  des  Ejklopen 
bezeichnender  ausdruck  stehen,  und  der  behauptung  W.s,  dasz  öq|)puc 
in  dieser  bedentung  nicht  erweislich  sei ,  kann  nicht  widersprochen 
werden.  W.  führt  aus  dem  Eyklops  sechs  stellen  an,  an  denen  yon 
der  blendung  des  Polyphemos  die  rede  sei,  wobei  zugleich  der  aus- 
druck 6i|iic  erscheint  (458.  462.  486.  594.  627.  697).  man  kann 
sich,  um  öqppüv  zu  stützen,  nicht  auf  Od.  1 389  f.  berufen:  ndvra  hl 
o\  ßX^cpop'  d^q)l  Ko\  Öq|)p0ac  €ikev  duT^fl  x^vric  Kalo^^V1lc,  da 
hier  daä  bei  dem  ausbrennen  des  augcs  zugleich  stattfindende  yer- 
sengen  der  augenbranen  erwfthnt  wird,  wfthrend  an  der  Euripidei- 
schen  stelle  yon  dem  ausbrennen  des  auges  (£KKat€Tc)  die  rede  sein 
mnss  und  nicht  etwa  yon  dem  yersengen  der  augenbraue.  —  Auch 
zu  y.  704  hat  W.  eine  sehr  beachtenswerte  yermutung  aufgestellt« 
aadi  der  Überlieferung  ruft  Polyphemos  dem  fortgehenden  Odysseus 
zu  ▼.  704  f. 

oö  bf)T',  ircA  c€  Tftcb*  dTropp/|£ac  n^rpac 

odroki  cuvvoihatci  cuviphpui  ßaXiiiv. 
hier  sind  die  werte  Ti)c&'  ditopp/|Sac  ir^Tpac  in  grammatischer  hin- 
sieht auffallend,  und  man  will  die  annähme  eines  partitiyen  genetiys 
(«B  ein  stück  yon  diesem  felsen  abreisaend)  nicht  gelten  lassen,  etwa 
wie  Od.  t  325  TUpAv  alvu^^vouc  (yon  dem  kXse  nehmend)  oder 
0  98  öirrf)cai  t€  xpediv  oder  wie  bei  Thukydides  öfter  der  partitiye 
genetiy  f^  t^mvciv  (zb.  I  80,  2.  n  56,  6.  VI  75,  2)  neben  j^lv 
T^fxv€iv  steht,  sollten  solche  beispiele,  wie  die  eben  erwfthnten  sind, 
zur  reohtfertignng  des  ausdrucks  xf[ch*  diroppfiSac  ir^Tpac  nicht 


glO  JKvf6ala:  zur  ioitik  des  Euripidet. 

ausreichen,  dann  wäre  W.s  yermutung  T^pOp'  &TropprjEac  n^Tpac 
in  erster  reihe  berttcksichtigenswert.  W.  verweist  auf  Hesychios 
T^pGpov*  6  XeröfJicvoc  dpT€|uiiuv,  £vioi  bi.  tö  fiKpov  toG  k^puk  Kai 
CT^ini  olKiac*  Tivfec  bi  TÖ  £cx€tTOV  Ka)  öipviXöVj  und  besonders 
auf  Erotianos  gloss.  Hippokr.  s.  126  (Klein)  T^pGpov  "(äp  Sierov 
oi  iraXaiol  tö  fcxarov  kqi  ln\  r^Xei,  die  ical  Cuptiribiic  £v  €upu- 
c0€i  TTOicT  TÖv  'HpaicXia  X^ovra  ouTUiC*  Tr^mpcic  b*  ic  *'Aiboü 
ZujYta  Koä  TcOvTiKÖTa  I  Kai  fioi  tö  T^pOpov  bfiXov  clciropeuoiiou 
(wo  Erfurdt  ol  Tropeuo^ai  verbesserte).  Eirchhoff  hat  Ti^vb*  dnop- 
pi\iac  TT^Tpav  vorgeschlagen;  es  ist  aber  nicht  wahrscheinlich ^  dasz 
dies  von  den  absdireibem  in  Tf)cb'  äiroppiiSac  nixpac  oorrompiert 
worden  wttre.  auch  Naucks  Vermutung  Tpu<poc  ätroppr)£ac  ir^pac 
ist  minder  wahrscheinlich,  wenn  W.  sagt:  *viz  credibile  est,  Cj- 
clopem  significare  aliquam  rupis  partem  ad  fadem  aatri  in  acaena 
repraesentati  pertinentem.  cogitat  potius  de  supremo  colle  in  v.  706 
commemorato,  ita  ut  verba  fivu)  b'  irc*  öx^ov  cT^i  nostram  cor- 
rectionem  apprime  tueantur',  so  ftlge  ich  noch  das  gewis  nicht  un- 
wichtige moment  hinzu,  dasz  bei  Homer  Polyphemos  die  spitze 
des  groszen  berges  abreiszt  und  dorthin,  wo  er  das  schiff  des 
OdjBseus  vermutet,  schleudert:  fJK€  b*  äTropprjSac  KOpuq>f|v  öpeoc 
M6T&X010  (t  481).  —  Bezüglich  der  ebenfalls  gefUligen  vermatong 
zu  V.  664  kqXöc  t'  ö  Traidv*  iiiXrte  \xo\  TÖvb"  aO,  KvKXun|i  (statt 
TÖvb'  (b  KukXujip)  ist  zu  bemerken,  dasz  vor  W.  schon  Wilamowits 
(Anal.  Eurip.  s.  226)  denselben  Vorschlag  veröffentlicht  hat. 

Bezüglich  mehrerer  stellen  jedoch  kann  ich  die  ansieht  W«s 
nicht  teilen;  ich  will  jedoch  hier  nur  solche  stellen  behandeln,  zu 
denen  ich  selbst  einen  emendationsvorsohlag  oder  eine  selbstifandige 
meinung  in  bezug  auf  die  erklftrung  glaube  au&tellen  zu  kGnnen. 
V.  144  ff.  C€l.  dv  cdXiüiaci  vedic  £cTtv  f\  <p^€ic  cu  viv; 

OA.  £b'  dcKÖc,  öc  K€u6£i  viv,  die  öp^c,  T^pov. 

C€l.  oÖTOC  M^v  odb'  &v  T^v  TvdOov  TrXifjcetd  mou. 

OA.  val  blc  TÖcov  iruüM '  öcov  &v  ii  dacou  ^u^. 

C€i.  KaXrjv  T€  Kprjviiv  cinac  f)&€idv  t'  ipioi. 
in  V.  145  schreiben  Härtung,  Nauck,  Eirchhoff  ua.  Sb*  dcKÖc,  6c 
K€ii9€i  VIV*  cicop^ic  T^pov;  W.  httlt  dies  für  zweifelhaft  und  schlftgt 
d)C  ipqlc  vor.  ich  verstehe  nicht,  welchen  sinn  dies  geben  solL 
vielleicht  ist  hier  in  W.s  abh.  ein  druckfehler  statt  div  Ip^' 
dann  müste  man  aber  coi^jicieren  etwa  £b'  dCKÖc,  6c  k6c€u6€V  div 
dpfc,  T^pov  'dieser  sdüauch  ists,  der  da  birgt,  wonach  da  dich 
sehnst,  greis',  da  ist  aber  doch  die  Hartungsche  Schreibung  ein* 
facher  und  wahrscheinlicher.  —  Den  v.  147  glaubt  W.  durch  ver* 
ttnderung  von  vai  in  £vt  ('adest')  heilen  zu  können,  dieser  vorsefalag 
ist  aber  ganz  unannehmbar.  Ivt  könnte  nur  bedeuten  *in  dem 
schlauche  ist'  und  dies  ist  natürlich  unmöglich,  die  stelle  ist  viel 
schwerer  verderbt  als  dasz  sie  durch  Änderung  eines  einsigen  wories 
geheilt  werden  könnte,  i  Nauck  und  Kirchhoff  nehmen  vor  v.  147 
den  ausfall  von  wenigstens  zwei  versen  an.  aber  auch  wenn  man 


V 


JKvf^ala:  anz.  v.  FWieseleri  adnotationes  orit.  ad  Enr.  Cyclopem.     811 

vor  y.  147  eine  beliebige  lücke  statnieren  wollte,  80  bleiben  immer 
die  werte  val  bic  töcov  tkjj^'  £cov  &v  Ü  dcKoO  ^uQ  unerkl&rlich. 
sollen  diese  sich  darauf  beziehen,  dasz  etwa  Odysseus  dem  Seilenos 
ein  doppelt  so  groszes  quantom  wein  für  die  angebotenen  nahnmgs« 
mittel  geben  wollte,  als  der  schlauch  faszte?    aber  nach  Homer 
(i  212  ToO  <p^pov  ifi^Xyjcac  dcKÖv  ixi'xov)  und  nach  Euripides  hatte 
Odysseus,  ads  er  sein  schiff  verliesz,  nicht  mehr  wein  als  eben  in 
diesem  6inen  schlauch  mitgenommen«    oder  h&tte  Odysseus  sagen 
sollen,  dasz  er  blc  töcov  ndift'  öcov  &v  li  dcKOU  ^uQ  auf  dem 
schiffe  habe  ?   auch  dies  ist  ohne  zweifei  unzulSssig :  Odysseus  hatte 
auch  von  diesem  edlen  wein  Marens  mehr,  vgl.  Od.  i  204.   da  sich 
nun  Überhaupt  kein  Zusammenhang  denken  Ittszt,  in  welchem  die 
Worte  vai  blc  töcov  usw.  einen  befriedigenden  sinn  geben  könnten, 
so  scheinen  die  zwei  oder  drei  ersten  werte  dieses  verses  corrupt  zu 
sein.  —  Aber  auch  die  Überlieferung  des  y.  146  kann  nicht  richtig 
sein,    man  findet  in  diesem  verse  den  sinn,  dasz  Seilenos  den  im 
schlauche  befindlichen  wein  als  nicht  einmal  zum  fallen  4me&  mun- 
des  genügend  bezeichne,  aber  nicht  alles,  was  eine  hyperbel  ist,  ist 
darum  auch  schon  witzig,   auch  im  satyrdrama  darf  der  witz  nicht 
schief  und  lahm  sein,  wie  es  dieser  witz  des  Seilenos  wäre.  Seile- 
nos selbst  bezeichnet  ja  v.  148  den  schlauch  als  eine  schöne  und  an- 
genehme quelle,  und  der  wein  verrat  im  schlauche  reichte  in  Wirk- 
lichkeit dazu  aus,  um  sowol  den  Seilenos  als  auch  den  Eyklopen 
trunken  zu  machen;  auch  erschien  dem  Ejklopen  dieser  weinvorrat 
als  so  erbeblich,  dasz  er  auch  seinen  brüdem  etwas  davon  zukommen 
lassen  wollte  (531).  ich  glaube  also  dasz  die  worte  des  Seilenos  in 
V.  146  einen  andern  witz  enthielten,  nemlich  dasz  er  auf  die  worte 
des  Odysseus  'dieser  schlauch  ists,  der  den  wein  birgt,   siehst  du, 
greis?'  erwiderte  'ja  auf  diese  weise,  wenn  ich  nur  den  weinschlauch 
ansehe,   wird  er  meinen  mund  nicht  füllen;  das  blosse  ansehen 
nützt  mir  nichts.'   vgl.  einen  ähnlichen  witz  in  v.  153  ff.   der  eben 
angegebene  sinn  wird  gewonnen,  wenn  man  mit  geringer  ftnderung 
schreibt  ouTUiC  (nemlich  'wenn  es  beim  bloszen  ansehen  bleibt') 
pky  o  ÖK  &v  Tf|V  TvdGov  ttXi^cci^  ^ou:  auch  könnte  man  oörfiv  (dh. 
odroi  &v)  statt  oib*  &v  schreiben. 
V.  390  ff.  cicu<poc  bk  KiccoO  iraptöcT'  elc  eOpoc  Tptuiv 
TrVjXeujv ,  ßä6oc  be  Tcccdpuiv  £q>a(v€TO. 
Kai  xdXK€OV  X^ßirr'  inil^cev  irupl 
ößcXouc  t'  fixpouc  \ikv  ^TKCKauM^vQuc  irupi, 
E6CT0UC  hi,  bpeTrdvqi  t*  <^Xd  iraXtoöpou  icXdbqi, 
AlTvaid  Te  cqxxrcia ,  iteX^KCuiv  TvdOoic. 
d)c  &'  fjv  {TOifüia  TrdvTa  usw. 
V.  394  stimmt  audh  Wieseler  der  von  Hermann  und  anderen  ge- 
billigten coiyectnr  Scaligers  £€ctouc  bi  bpendvqi  t&XXo,  naXioupou 
KXdbuiv  bei;  doch  diese  emendation  Scaligers  wird  in  wahrschein- 
licher weise  vervollständigt  durch  WecUeins  vorsohlag  xXdbouc 
(stndien  zu  Euripides  s.  403),  was  übrigens  vor  WecUein  schon 


gl2  KJyicala:  zur  kritik  des  Eoripide«. 

Kirchhoff  vorschlug.  —  v.  392  will  Wieeeler  dirälccev  in  Im  Kciv 
nupi  (*ad  fervendom,  coquendmn  igni*)  geftndert  wissen,  durch 
welche  änderung  eine  sehr  harte  und  ungefällige  ausdrucksweise 
bewirkt  wird,  gewis  ist  hier  die  Überlieferung  fehlerhaft,  da  die 
accusative  ößeXoiic  und  C9(rf€ta  in  der  luft  schweben:  denn  mit 
inilecev  können  sie  natürlich  nicht  verbunden  werden,  und  die 
Verbindung  derselben  mit  Trap^Oero  ist  durch  das  dazwischen  ge- 
schobene  diT^Z[ec6V  gestört,  darum  vermutete  Lobeek  dirdcrncev  f)ir 
lii4l€C€V.  ich  glaube  dasz  entweder  der  überlieferte  text  hier  lücken* 
haft  ist  oder  —  und  dies  halte  ich  für  wahrscheinlicher  —  dasz  v.  392 
nach  395  zu  stellen  ist,  wobei  dann  ößeXouc  und  ccporcia  von  nop- 
d6€T0  abhSngig  ist  und  parallel  mit  CKi}90C.  durch  diese  umstellimg 
wird  auch  die  Iftstige  Wiederholung  des  ausgangs  irupi  in  zwei  auf- 
einanderfolgenden versen  beseitigt,  die  echtheit  des  verbum  iir&cccv 
möchte  ich  durchaus  nicht  bezweifeln:  denn  der  factitive  gebrauch 
von  dTTiZeiv  ist  nach  analogie  des  Shnlichen  gebrauchs  anderer  in- 
transitiver verba  zulässig,  und  seine  möglichkeit  wird  speciell  durch 
Aisch.  Prom.  370  TOiövbe  Tuqpuic  ^EavoZ^cei  xöXov  erwiesen,  dasz 
der  dichter  dasjenige,  was  in  v.  392  mit  den  werten  XdßTfr*  iirficcev 
TTUpi  bezeichnet  wird,  wirklich  erwfihnt  haben  musz,  kann  man  wol 
als  sicher  annehmen:  denn  in  dieser  so  umständlichen  Schilde- 
rung der  Vorbereitungen  des  Eyklopen  durfte  dies  moment  nicht 
fehlen  y  und  die  verse  399  und  404  setzen  die  erwähnung  desselben 
voraus.  —  Die  von  W.  in  v.  395  aufgestellte  Vermutung  TvdOouc 
hat  bereits  Kirchhoff  geäuszert  und  mit  recht  in  den  text  aufge- 
nommen. 

V.  519  ff.  CA.  KukXu)1|i,  dKOucov,  ibc  dTu>  toC  Baicxfou 

TouTOu  Tp{ßu)v  eifi',  6v  TTieiv  fbuncd  coi. 

KT.  ö  Bdicxioc  bk  Tic  66ÖC  vofiiZcTai ; 

OA.  ^^YicTOC  äv6pt(»iT0tctv  €ic  T^p^iiv  ßiou. 
die  Unrichtigkeit  und  zusammenhangslosigkeit  der  Überlieferung  die- 
ser stelle  suchte  Hermann  zu  heben  durch  Veränderung  von  toutou 
V.  520  in  OeoC  und  durch  die  Schreibung  bi  Tic  im  folgenden  verse. 
doch  ist,  wie  schon  Härtung  bemerkte,  diese  fassung  der  stelle  nicht 
wahrscheinlich,  auch  das  anscheinend  leichte  emendationsmitiei,  d&$ 
in  der  bloszen  änderung  der  interpunction  besteht  (6  Bokxioc  b€ 
Tic;  Oedc  vo|i(Z€Tai;  wie  Eirdihoff  schreibt)  kann  nicht  befnedigen. 
Wieselers  verschlag  aber,  v.  521  zwischen  Poljphemos  and  Odjsseus 
zu  teilen  (KT.  ö  Bdicxioc  hk  Tic;  OA.  8€Öc  voMiZcTat  fi^croc  usw.*. 
musz  ebenfalls  abgelehnt  werden,  da  die  Störung  der  stichomjthie 
hier  nicht  zulässig  ist.  auszerdem  wüste  Polyphemos  gewis  recht 
gut,  wer  Bakchios  ist;  er  selbst  sagt  ja  v.  204  t(  ßoncxiäZex';  ovrxi 
Aiövucoc  Tdbe.  es  ist  wol  v.  521  zu  schreiben  6  Bdxxioc  b*  ou  Tic 
6€6c  vo^iZcTai;  der  Eyklop  weisz  dasz  BdKXtoc  der  name  dm  wein* 
gottes  ist,  und  da  er  nun  von  Odjsseus  die  werte  toO  Baxxi^^ 
TOiiTOU,  &v  irieiv  fbuiKd  coi  hört,  so  will  er  sich  darübo'  histi^ 
machen,  dasz  man  den  Bakchios  trinkt  und  dasi  Bakduos,  eis 


JKvicala:  anz.  v.  FWieseleri  adnotationeB  crit  ad  Enr.  Cjclopem.      813 

g Ott,  im  schlauche  wohnt  (525).  zu  diesem  disput  gebraacht  Polj- 
phemos  die  frage  ^wird  nicht  Bakchios  für  einen  gott  gehalten?'  als 
einleitong. 
T.  591  ff.  £vbov  ^iv  ävTip*  Tifi  b'  önvip  Trapcifi^voc 
Tdx'  a  ivaiboOc  qpdpuroc  üi6ific€i  xp^a, 
baXöc  b'  &uiOev  aöXiuiv  ibOei  Kairvöv. 
TrapriuTp^irtcrai  b  *  oi>bkv  dXXo  ttK^jv  Trupoöv 
KOkXuiitoc  d^iiv*  dXX'  öirwc  dvfjp  £c€u 
za  dieser  stelle  gibt  W.  drei  Termutungen,  nemlich  äirö  b'  öirvou 
V.591  (statt  iCji  b*  Ö7Tvi|i),  öi€i  KattvoO  v.ö93  und  TrapcuTpcTTiCT^' 
oub^v  oiXXo  ('apparandnm  est  nihil')  v.  594.  dasz  wenigstens  im 
ersten  und  zweiten  falle  oorruptelen  anzunehmen  sind,  betrachte 
auch  ich  als  sicher;  aber  bezüglich  der  heilung  derselben  bin  ich 
anderer  ansieht,  v.  591  scheinen  mir  die  worte  des  Odysceus  £vbov 
liiv  dvrjp,  wenn  man  dieselben  als  selbständigen  satz  auffaszt,  zweck« 
los  und  platt  zu  sein.  Poljphemos  ist  ja  seit  geraumer  zeit  (seit 
▼.  356  ff.)  in  der  hole,  und  der  chor  weisz  es  ganz  gut  und  h9rt 
kurz  vorher  das  gesprftch  das  der  Eyklop  und  Seilenos  in  der  hole 
mit  einander  führen,  ich  glaube  dasz  man  hier  zu  der  ^Iten  (zb.  in 
HOpfners  ausgäbe  vorkommenden)  fassung  der  stelle  zurückkehren 
und  die  interpunction  nach  dWjp  tilgen  musz.  natürlich  ist  dann 
Ttip  b '  unmöglich ,  was  ja  aber  überhaupt  für  corrupt  gehalten  wird, 
ob  es  freilich  genügt  zu  lesen  Ivboy  ^iv  dvf|p  ti|i6*  öirvuj  Tiapei- 
M^voc  usw.,  ist  zweifelhaft  ti^*  UTrvi|i  müste  den  schlaf,  in  wel- 
chem sich  Polyphemos  jetzt  befindet,  den  gegenwärtigen  schlaf  be- 
zeichnen, wenn  aber  auch  Tifib*  corrupt  sein  sollte,  so  kann  man 
doch  die  Zusammengehörigkeit  der  worte  £vbov  ^^v  dvrjp  mit 
(uOrjcct  xp^a  behaupten;  den  gegensatz  von  \iky  bildet  erst  b*  in 
V.  593.  —  In  V.  593  föUt  diOel  kqitvöv  allerdings  auf,  und  zwar 
weil  es  an  und  für  sich  ein  eigentümlicher  ausdruck  ist,  und  dann 
weil  die  Wiederholung  ibOci  nach  dem  d)Oifjc€i  im  vorausgehenden 
verse  ungefällig  erscheinen  kann,  aber  vielleicht  hat £ur.  absicht- 
lich dies  wort  wiederholt  und  dasselbe  in  beiden  aufeinander  fol- 
genden venen  an  derselben  stelle  gesetzt,  um  durch  diesen  paral- 
lelismus  eine  pointe  zu  erzielen:  so  wie  der  Kyklop  bald  iliOifjcet 
xp^a,  so  di9€i  KQTTVÖv  das  Werkzeug  der  raehe,  der  baXöc,  mit  wel- 
chem der  tod  und  die  verzehrung'  der  geführten  des  Odysseus  ge- 
rftcht  werden  soU.  man  müste  diOetv  xairvöv  {fumum  mutete  oder 
fumum  cAere^  wie  sich  auch  bei  Lucretius  ad/wtiOas  agere  und  bei 
VergiUns  spmiaa  agere  findet)  von  dem  so  zu  sagen  ruckweisen  aus- 
stoszen  des  rauohes  verstehen,  sollte  jedoch  auch  diese  erklSrung 
und  die  Überlieferung  unrichtig  sein,  so  wäre  doch  keinesfalls  die 
conjectur  6l€i  xanvoC  zu  billigen.  —  In  v.  594  musten  diejenigen« 
welche  die  Überlieferung  aufrecht  erhielten,  zu  der  annähme  greifen, 
iTap€UTp€Tri£€tv  bedeute  hier  das  gerade  gegenteil  von  dem  was  es 
sonst  bedeutet  und  was  man  auch  überhaupt  als  die  dem  worte  zu- 
kommende bedeutung  betrachten  musz  (vgl.  Iph.  Taur.  725  irapcvi- 


814  JEvf^ala:  zur  kritik  4e8  Enripidee. 

Tp6ntZ€T6  Tfivbov  ^oXövTCc),  und  80  erklftrte  Hermann  'appanmdo 
praetermissnm  est  nihil,  nisi  ut  exuramms  ocnlum/  Wieselers  oben 
angeführte  conjectnr  wäre  sehr  geffllig,  da  durch  die  beseitigung 
des  perfects  und  durch  die  einfUhrung  eines  ausdrucks,  der  die  noch 
zu  thuende  aufgäbe  bezeichnet,  ein  hauptanstosz  entfernt  wird, 
aber  ich  glaube  dasz  doch  auch  dieser  conjectur  die  bedeutung  von 
irapeuTpeiriZeiv  im  wege  steht,  da  nemlich  dieses  verbum  die  Tor- 
bereitungen  und  anstalten  bezeichnet,  die  man  trifft  um  einen 
zweck  zu  erreichen ,  da  femer  diese  Vorbereitungen  bereits  getroffen 
sind  und  da  die  zu  lösende  aufgäbe  (irupoOv  KukXvüitoc  6^iiv)  nicht 
zu  den  Vorbereitungen  zu  rechnen  ist,  so  erwartet  man  mit  be- 
zug  auf  die  worte  oöb^v  fiXXo  nXf|V  irupoCv  K.  6.  nicht  iropcurpc- 
niCT^a,  sondern  vielmehr  irpaKT^a  oder  Xoiiröv  b*  oifbiy  £XXo  irXf|v 
irupoOv  KiiKXumoc  d^iiv  oder  etwas  ähnliches,  wenn  ich  auch  hier 
einen  verschlag  mitzut-eilen  mir  gestatte,  so  will  ich  denselben  nicht 
als  eine  förmliche  conjectur  betrachtet  wissen  y  sondern  ich  will  d«- 
mit  nur  bezeichnen ,  in  welcher  Sphäre  beiläufig  sich  hier  die  emen- 
dation   bewegen  kann,     einen  entsprechenden  sinn  würde  geben 

baXdc  b' uiOcT  kqitvöv  irapriurp^mcTat  t*  (nemlich  6  baXöc)' 

ovbkv  äpTÖv  7TXf|V  irupoOv  KuKXuiiroc  6^itv  ^nichts  ist  ungethan, 
nichts  ist  mehr  zu  thnn  übrig  als*  usw. 
V.  646  ff.  dXX*  olö*  iTTipö^v  *Op<pj^u)C  draWlv  tt<4vu, 
(bc  auTÖ^OTOV  TÖv  boXöv  €lc  TÖ  Kpaviov 
CTeixovO'  ö<pdirr6iv  töv  ^ovoiira  iraiba  vyc. 
da  Polyphemos  auch  bei  Euripides  ein  söhn  Poseidons  genannt  wird 
und  da  seine  mutter  nach  der  Odyssee  Thoosa,  des  Phorkjs  tochter, 
war,  so  hält  W.  die  worte  iratba  iptc  ftir  verderbt  and  vermutet 
statt  derselben  iravOatf)  ('omnino  detestandum').   ohne  zweifei  bt 
an  dieser  stelle  jede  änderung  abzulehnen,   freilich  ist  es  auch  nicht 
zu  billigen,  wenn  manche  den  grund  dieser  bezeichnung  darin  such- 
ten 'quod  enormi  ac  monströse  corpore  praeditus  fuisset'  oder  wenn 
andere  wiederum  meinten,  der  dichter  habe  damit  den  Kjklopen  als 
einen  feind  der  gOtter  bezeichnen  wollen,  da  solche  feinde  oft  naxbic 
Tfic  V\c  heiszen.    es  ist  vielmehr  anzunehmen,  dasz  Eur.  hier  eine 
Verwechselung   begieng.     die  Eyklopen  der   Theogonie  Brontes^ 
Steropes  und  Arges  sind  sOhne.  des  üranos  und  der  Gaia.   die^e 
heiszen  deshalb  1|T1T€V^€C  (Apoll.  Arg.  I  510)  und  x^vtot.  ver- 
schieden  von  diesen  Eyklopen  ist  Polyphemos  mit  d6n  EyUopeo 
welche  Eur.  v.  531  die  brüder  des  Polyphemos  nennt,    wenn  nun 
der  dichter  den  Polyphemos  als  iratc  Tfic  bezeichnet,  während  er  ihn 
nach  Homer  als  söhn  der  Phorkystochter  hätte  bezeichnen  sollen,  so 
liegt  hier  eine  Verwechselung  mit  den  Eyklopen  der  Theogonie  rcr, 
eine  Verwechselung  die  übrigens  nicht  blosz  bei  Euripides  sieh  fin- 
det: so  werden  bei  Nonnos  XTV  52  neben  einander  ab  Eyklopen 
genannt  Brontes,  Steropes,  Arges,  aber  zugleich  auch  Euryaloe,  B** 
treus,  Tracfaios,  Halimedes  und  Polyphemos,  und  die  Eyklopen 
heiszen  bei  Nonnos  TnT€V&C  (U  341.  XXVm  231).    übiigeos  is* 


JSitKler:  zur  griechischen  anthologie.  815 

dies  nicht  das  einzige  beispiel  einer  Verwechselung  und  ungenauig- 
keit  in  diesem  drama,  ein  gewis  mehr  auf&llendes  beispiel  ist,  dasz 
Eur.,  der  doch  den  Eyklopen  als  einSugig  sich  Torstellte,  hie  und  da 
▼on  den  äugen  des  Polyphemos  spricht:  so  459  S^^ora,  463  cuv- 
auovdi  KÖpac,  470  toO  TU9X0OVTOC  ö^fiaTa  baXoO,  611  injp\  t&P 
Tdxoe  q)uiC9Öpouc  öXei  KÖpac. 
T.  666  f.  dXX*  oön  pf|  qf&fryte,  iflcb*  Öui  Tr^rpac 

Xa(pOVT€C,  OÖbiv  ÖVT€C* 

Nauck  hat  die  worte  oöö^v  2vT€C  als  Verba  corrupta'  bezeichnet, 
und  Wieseler  schlägt ,  indem  er  ebenüalls  eine  corruptel  annimt, 
fvbov  6vT€C  (*dum  intus  sitis')  vor.  aber  hier  musz  man  doch  wol 
darauf  rücksicht  nehmen,  dasz  auch  bei  Homer  Polyphemos  sagt 
vOv  M  M*  iwv  öX(toc  t€  kqI  oÖTibavöc  xal  dxticuc  öq)6aXMoO 
äXduiC€V  (t  515  f.). 

Bei  dieser  gelegenheit  trage  ich  zugleich  nach,  dasz  die  in  mei- 
ner bemerkung  oben  s.  530  vorkommende  Sndemng  Eur.  Herakl. 
132  ii^XXovt'  für  ^^XXctv  t',  die  natürlich  sehr  naheliegt,  schon 
von  Matihiae  angestellt  worden  ist. 

Pbao.  Johann  EvIöala. 


112. 

ZUR  GEIECHISCHEN  ANTHOLOGIE. 


*     Bei  Bergk  PLG. '  XLV  s.  643  findet  sich  folgendes  epigramm : 
Otbc  Trdrpac  Ivckq  C9€T^pac  €lc  bf)ptv  £6€Vto 
SirXa ,  Kod  dvriTräXuiv  Cßpiv  änccK^bacav ' 
^apvä^€Voi  b*  dp€Tf)c  Ka\  beijüiaToc  oök  icduicav 

ipuxdc,  &XX'  'AibT)v  Koivdv  fOevro  ßpaßf), 
o{jV€K€V  '€XXyivu)v,  dbc  ^f|  Ixrföv  aöx^vi  0^vt€C  5 

bouXocävric  CTUTCp&v  d^<plc  ^x^iciv  fißpiv. 
Tttta  bk  iraTplc  Ix^i  KÖXiroic  ti&v  nXctcra  Kopövnuv 

ciIi^qt'^  InA  OviiTofc  ^k  Aiöc  ifbc  Kpiac* 
\ir\biv  d^apTCtv  tcix  Ocuiv  xal  irdvra  xaropOoCv, 

iv  ßiorq  ^otpav  b*  oön  9ut€iv  ?Trop€v  —  10 

das  wir  in  Demosthenes  kranzrede  §  289  lesen,  diese  verse  sind  in 
der  überlieferten  gestalt  unhaltbar  und  wurden  deshalb  schon  viel- 
&ch  behandelt,  ohne  dasz  man  meines  erachtens  bis  jetzt  zu  einem 
befriedigenden  resultate  gelangt  wftre. 

Gehen  wir  zunftchst  auf  den  sinn  ein,  so  wird  im  ersten  distichon 
der  zweck  des  kampfes,  im  zweiten  der  ausgang  desselben,  im  dritten 
wieder  der  zweck,  im  vierten  die  bestattung  und  im  fOnften  endlich 
der  grnnd  der  niederlage  erwfthnt  dem  sinne  nach  gehOrt  also  das 
erste  und  dritte  distidion  zusammen,  dann  erst  sollte  das  zweite 
folgen,  an  das  sich  die  verse  7  f.  gut  anscUieszen  wttrden.   auch  der 


816  JSitzler:  zur  griechischen  anthologie. 

form  nach  liesze  sich  das  erste  und  dritte  distichon  leicht  Terbinden, 
man  dürfte  nur  mit  einer  leichten  änderung  v.  5  elvCKdO*  '€XXf|- 
VU)V  usw.  lesen. 

Allein  Karsten  machte  mit  recht  darauf  aufmerksam,  dasz 
Ixyföv  bov\oc6yr]C  aäx^vi  nO^vai  nur  vom  sieg  er  gesagt  werde, 
also  hier  nicht  richtig  sein  könne,  indessen  kOnnte  auch  dieser  an- 
stosz  mit  leichter  mühe  durch  Ivx^  aux^v'  öqp^VTCC  beseitigt 
werden,  wenn  nur  nicht  der  ganze  inhalt  des  distichons  auf  eine 
andere  Vermutung  fahrte,  die  verse  5  £  sind  nemlich  offenbar  nur 
eine  erklftrung  zu  dvTiiTilXujv  Oßptv  äircoc^bocov.  deui  wie 
konnten  diese  worte  besser  umschrieben  werden  als  durch  die,  ^r) 
ZuTÖv  aöx^vi0^VT€C  (oder  vielmehr  ZuTipaöx^v'  iiq)^VT€c)bou- 
XucdvT)C,  CTUtepdv  äi\xfp\c  ^x^^^^v  ußpiv  ?  dabei  habe  ich  durch  die 
interpunction  zugleich  gezeigt,  wie  diese  worte  zu  verbinden  sind: 
pf|  gehört  nur  zum  participium  und  dL}xqiic  ix^iv  heiszt  'fein  halten', 
vgl.  Od.  a  54  ua.  waren  nun  diese  verse  ursprünglich  an  den  rand 
geschrieben ,  oder  wurden  sie  aus  einer  randglosse  erst  zurecht  ge- 
stutzt, so  erklärt  sich  auch  das  eindringen  derselben  an  falscher  stalle 
sehr  leicht,  wir  werden  also  mit  recht  dieses  distichon  wieder  strei- 
chen dtbrfen. 

Nach  der  angäbe  des  Zweckes  im  ersten  distichon  wird  im  zwei- 
ten der  ausgang  des  kampfes  geschildert :  sie  fielen,  aber  ohne  sinn 
und  beziehung  sind  hier  die  worte  dpcTTic  xai  bei^QTOC,  woftr  riele, 
aber  bis  jetzt  ungenügende  besserungsvorschlttge  gemacht  wurden, 
am  einfachsten  und  besten  scheint  es  mir  zu  schreiben:  "Apeuic  Kai 
Aei^aTOC:  'sie  retteten  ihr  leben  nicht  aus  dem  furchtbaren 
kämpfe.'  der  gebrauch  von  ''Apric  in  diesem  sinne  ist  bekannt; 
AeTjLioc  aber  wird  mit  4>ößoc  H.  A  37  ua.  als  diener  des  Ares  ge- 
nannt, die  personifioation  wird  durch,  das  folgende  'Aibnv  koivöv 
empfohlen,  sollte  aber  jemand  daran  anstosz  nehmen»  so  schreibe  er 
fip€u>c  Kai  bci^aroc  als  hendiadys,  und  der  sinn  bleibt  der- 
selbe. cu)2[eiv  mit  £k  oder  dem  bloszen  genetiv  ist  hftufig,  zb.  Sopb. 
Ant.  1162  ciucac  dxOpuiv  x^öva. 

Auf  diese  weise  ist  auch  die  Symmetrie  des  gedichtes  ge- 
währt, es  wird  je  in  einem  distichon  ein  gedanke  absolviert:  denn 
die  zwei  folgenden  distichen  behandeln,  wie  schon  gesagt,  begrftbnis 
der  gefallenen  und  grund  der  niederlage.  das  letzte  distichon  ist  von 
fib€  Kp(cic  V.  8  abhängig,  denn  wenn  Yömel  sagt,  es  mOste  in  di^ 
sem  falle  icxM)  und  firopov  (als  erste  person)  stehen,  so  übersieht 
er  dasz  die  anknüpfimg  eben  eine  freiere,  ja  im  letzten  verse  so- 
gar indirecteist:  fnop€,  sc.  Zeüc.  übrigens  ist  nach  KOTOpOoOv 
zu  interpungieren;  dies  zeigt  die  Wiederholung  des  hexameters  §  390 
und  der  sinn,  der  nach  dem  ganzen  gedichte  nur  d6r  sein  kann:  die 
götter  sind  in  allem  glücklich,  im  leben  aber  muss  man 
sein  Schicksal  erleiden. 

Tauberbischofsbeim.  Jacob  SinuBt. 


ChCron:  zu  Platons  apologie  [SO*].  817 

(19.) 

ZU  PLATONS  APOLOGIE. 


Ungern  greife  ich  zur  feder,  um  die  vielbesprochene  stelle  30* 
noch  einmal  zur  spräche  zu  bringen:  ungern,  weil  ich  fflrchte  weder 
der  verehrlichen  redaction  noch  den  lesem  dieser  blfttter  damit  eine 
freude  zu  machen,   doch  wQrde  ich  glauben  mich  einer  pflichtver- 
aftumnis  schuldig  zu  machen,  wenn  ich  durch  mein  schweigen  der  auf- 
fasaung  Vorschub  leistete,  welche  Weck  lein  ganz  neuerdings  oben 
8.  765  f.  geltend  macht,  ich  halte  nemlich  diese  anffassung  Ür  ganz 
unzulässig  und  halte  mich  um  so  mehr  verpflichtet  die  Unrichtigkeit 
derselben  soweit  ich  es  vermag  darzulegen,  weil  ich  weisz  dasz  die 
bremse  oder,  wie  sie  jetzt  heiszt,  Stechfliege  viele  und  sehr  achtungs- 
werte gOnner  hat.   wenn  nun  ein  solcher  kSmpe  wie  Wecklein  fllr  sie 
auf  den  plan  tritt,  so  ist  gefahr  dasz  er  schon  durch  das  gewicht  seines 
namens  dieser  nach  meiner  Überzeugung  grundfalschen  ansieht  neue 
aohftnger  gewinne,   ich  durfte  hier  Wecklein  um  so  eher  als  einen 
kSmpen  bezeichnen,  als  er  sich  selbst  die  stelle  eines  £<p€6poc  zu- 
schreibt,   dieses  bild  scheint  mir  übrigens  hier  ganz  unglücklich  ge« 
wtthlt  zu  sein,   es  würde  voraussetzen  dasz  wir  beide,  ühle  und  ich, 
um  des  ruhmes  willen  uns  im  wettkampfe  gemessen  hStten.   das  ist 
nun  bei  mir  sicher  nicht  der  fall ;  vielmehr  glaube  ich  mich  ehrlicher 
weise  zu  denen  rechnen  zu  dürfen,  die  ebenso  gern  sich  widerlegen 
lassen,  wenn  sie  etwas  unrichtiges  behaupten ^  wie  sie  gern  einen 
andern  widerlegen,  wenn  er  etwas  unrichtiges  behauptet,   dasselbe 
nehme  ich  auch  von  ühle  an,  und  auch  von  Wecklein:  denn  sonst 
wSre  es  freilich  besser  das  gesprfich  nicht  weiter  fortzusetzen,  was 
aber  um  der  sache  willen  zu  bedauern  wSre.   das  bild  vom  £<peöpoc 
scheint  mir  aber  auch  um  deswillen  nicht  gut  gewählt ,  weil  dann 
doch  einer  der  beiden  frühem  kämpfer  als  sieger  aus  dem  kämpfe 
hervorgegangen  sein  müste.  Wecklein  gibt  aber  jedem  von  uns  beiden 
recht,  dh.  jedem  unrecht,  doch,  wenn  ich  ihn  recht  verstehe,  jenem 
mehr  recht  als  mir.  gibts  etwa  hier  ein  weniger  oder  mehr?  möchte 
ich  gleich  mit  dem  wiszbegierigen  griechischen  Jüngling  fragen,  doch 
um  nicht  voreilig  die  frage  zu  beantworten,  so  wollen  wir  lieber 
hOren  was  WecUein  zur  rechtfertigung  seiner  entscheidung  bei- 
bringt.  W«  ist  nemlich  aus  einem  £q>€Öpoc  unvermerkt  ein  ßpaßeu* 
Tfjc  oder  biaicptvuiv  geworden,  eine  roUe  die  Sokrates  in  einem 
gesprftohe,  als  man  sie  ihm  zumutet,  mit  guten  gründen  ablehnt. 
Wecklein  behauptet  nun,  der  ausdruck  Tf|v  fjfi^pav  öXt)v  TTOvroxcO 
TrpocKoOiZuiv,  besonders  aber  die  fortsetzung  d!iciT€p  ol  vucrdZcvrec 
£T€tpö^€V0l  KpoucavTCC  fiv  )i€  .  .  ^^biuic  &v  äTroKT€ivatT€  mache 
die  Vorstellung  der  Stechfliege  so  klar,  dasz  sie  jedem  unbefiingenen 
erklftrer  eingeleuchtet  habe  und  einleuchten  müsse,   diesem  ganz  un- 
begründeten machtspruch  kann  ich  nur  die  behauptung  entgegen- 
stellen, dasz  gerade  das  gegenteil  davon  wahr  ist.  diese  behauptung 

JfthrbSeher  (Br  clmst.  phUol.  1870  hft.  12.  62 


818  ChCron:  zu  Flatons  apologie  [30«]. 

babe  icb  nun  zu  beweisen,  icb  beginne  damit  dasz  ich,  um  ja  nichts 
zu  verbergen,  was  für  die  gegenteilige  ansiebt  geltend  gemacbt  wer- 
den könnte,  die  ganze  stelle,  die  W.  auszugsweise  mitteilt,  blerber- 
setze,  sie  lautet:  iä\  fäf)  i}xi.  dnoKTe(viiT€,  oä  ^(jibiuic  äXXov  toi- 
oOtov  €Öp/ic€T€ ,  äT€XvÄc,  A  Kttl  T€XoiÖT€pov  elirciv,  npOCKe{|A€VOV 
T^  TiöXei  ÖTTÖ  ToC  9€oC,  oicnep  tiriTty  ^et^Xtp  ji^v  kqi  T^vvatiu, 
imö  jüieT^Bouc  tk  vuiOecT^pqj  xai  6€0jüi€Vi|i  ^T^ipecdai  öirö  fAuumöc 
Ttvoc*  otov  br\  ^01  boKet  ö  Geöc  liA  tQ  ttöXci  npocTeOetK^vat  toi- 
oCtöv  Tiva,  &c  öjiac  ^T^ipujv  xai  ireiOuiv  kqI  övcibiZuiv  £va  ^acrov 
oub^v  nauojLiai  Tf|v  fiM^pav  öXiiv  navTaxoC  npoocaGiZuiv.  toioCtoc 
oOv  fiXXoc  od  ^biuic  öjliiv  T€vrjc€Tai,  (fi  ävbpec,  äXX'  iäv  i\io\ 
Ti€i9r]c9€,  9€ic€c6^  jüiou'  ä^ctc  b'  Icuüc  Tdx'  &v  äxBö^evot,  üjcncp 
ol  vucTä^0VT6c  ^T^ipÖMevoi,  KpoucavTec  fiv  jlic,  tt€i9öm€voi  'Avutw, 
^biuic  &v  dTTOKTeivaiT€,  cTtq  töv  Xomdv  ßiov  xaGcubovrec  bia- 

T€X01T€  äv ,  €i  ixr\  TlVa  äXXoV  6  GeÖC  upiV  ilTtTT^JÜll|l6t€V  KT)bÖ^€VOC 

ujLiuiv.  in  dieser  stelle  kommt  der  fraglicbe  ^)ju)i|i  6inm&l  Yor.  er 
kommt  sonst  überhaupt  nicht  mehr  weder  in  dieser  noch  in  einer 
andern  scbrift  Piatons  vor.  in  dieser  6inen  stelle  nun,  räumt  Weck- 
lein  ein^  könne  man  nur  an  den  sporn  denken :  *denn  b€0|A^vi|i  wfire 
doch  bei  der  Vorstellung  einer  bremse  geradezu  widersinnig.'  wie 
W.  nun  von  dieser  auffassung  zu  der  Stechfliege  im  folgenden  satz 
kommt,  das  ist  ein  kunststOck,  welches  ihm  weder  Uhle  noch  ich 
nachmachen  kann,  er  meint  zwar,  wir  htttten  nur  beide  vergessen, 
dasz  der  Grieche  fQr  beide  dinge  den  6inen  ausdruck  ^uui^i  hat ;  das  ist 
aber  weder  richtig  noch  möglich  i  denn  wie  hätten  wir  das  vergessen 
sollen,  was  der  eine  dem  andern  beständig  zu  gehör  redet?  dasz  ich 
es  nicht  vergessen  habe,  kann  ich  auch  dadurch  bekräftigen,  dasz  in 
den  sieben  auflagen  meiner  ausgäbe  die  erklämng  der  fraglichen 
stelle  von  dieser  doppelbedeutung  des  wertes  ausgeht,  wie  kommt 
nun  W.  zur  Stechfliege?  das  T^XotÖTcpov,  welches  Uhle  betonte, 
nimt  er  nicht  in  anspruch,  was  beweist  dasz  ihn  meine  erörterung 
befriedigt  hat.  auch  olov  nicht,  welches  seiner  Stellung  wegen  am 
ehesten  auf  jLiiJuiTroc  zurückweisen  könnte:  begreiflicher  weise,  da 
dies  ja  nur  auf  den  begriff  'sporn'  führen  könnte,  dasz  otov  aber 
überhaupt  nicht  in  so  enge  beziehung  zu  jüiuuiiroc  gesetzt  werden 
kann,  habe  ich  schon  früher  gezeigt,  also  Tf)V  f^^pav  5Xi]V  novra- 
XoO  npocKa9i2[uJV !  das  verbum  selbst  kanns  aber  auch  nicht  sein, 
da  W.  weder  nachweist  noch  nachweisen  kann,  dasz  dasselbe  aus- 
schlieszlich  oder  auch  nur  vorzugsweise  von  solchen  insecten  ge- 
braucht wird ;  vielmehr  wird  es  in  der  regel  von  menschen  gesagt, 
auch  die  beiden  beigefügten  bestimmungen  weisen  mit  nichten  deut- 
lich auf  die  Stechfliege  hin.  nun  stehen  aber  die  werte  in  der  eng- 
sten Verbindung  mit  den  worten  8c  u^äc  £T€ipu)V  Kai  TretOuiv  kqi 
öveibiZuiv  iva  licacTOV  oOb^v  Tiauo^ai ,  die  doch  offenbar  jeden  ge- 
danken  an  eine  Stechfliege  ausschlieszen  und  nur  an  den  leibhaften 
Sokrates  mit  seinem  bekannten  Seilenosgesicht  denken  lassen,  dasz 
aber  W.  auch  noch  das  wcirep  . .  dirOKTcivaiTC  nach  dem,  was  icb 


ChCron:  zu  Platons  apologie  [80*].  819 

darüber  bereits  in  meiner  erOrtemng  gesagt  habe,  als  beweis  filr  die 
Torstelinng  der  Stechfliege  geltend  macht,  darüber  wnndere  ich  mich 
aufrichtig ,  da  ja  hier  offenbar  nicht  einmal  mehr  die  vergleichnng 
des  athenischen  volkes  mit  einem  pferde,  an  welche  sich  doch  ganz 
aasschlieszlich  die  erwfthnung  des  ^i}uii|i  anschlieszt,  festgehalten 
wird  und  auszer  dem  }ii,  das  beigefügte  nei96^€VOt  *AvuT(}i  ganz  un- 
mittelbar auf  den  vor  gericht  stehenden  Sokrates  hinweist. 

Anderes  hat  Wecklein  znr  nnterstütznng  seiner  ansieht  nicht 
beigebracht,  dasz  darin  auch  nicht  der  schatten  eines  grundes,  der 
für  die  Stechfliege  sprfiche,  enthalten  ist,  dagegen  sehr  vieles  ent- 
schieden gegen  dieselbe  spricht,  ist  nicht  zu  verkennen,  ja  W.  führt 
ohne  es  zu  wollen  einen  sehr  triftigen  grund  gegen  dieselbe  an.  er 
stimmt  nemlich  meiner  bemerkung  bei,  dasz  die  bremse  weder  nach 
menschlicher  noch  nach  pferdlicher  anffassung  zu  den  erforderlichen 
und^weckdienlichen  erweckungsmitteln  gehöre,  wenn  dieses  aber 
80  ist,  so  kann  sich  Sokrates,  der  sich  von  der  gottheit  der  Stadt  zum 
heile  geschenkt  glaubt,  unmöglich  mit  diesem  geschöpfe  vergleichen, 
das.  jeder,  wenn  er  kann,  tötet  oder  sonst  sich  vom  halse  schafft, 
ohne  dadurch  sich  zu  benachteiligen. 

Fassen  wir  nun  alles  zusammen ,  so  zeigt  es  sich  dasz  Sokrates 
nur  die  stadt  Einmal  mit  einem  groszen  und  edlen  rosse,  das  des 
Spornes  bedarf,  dann  mit  solchen  die ,  wenn  sie  im  einschlafen  ge- 
stört werden,  leicht  ihrem  Unwillen  einen  zu  kräftigen  ausdruck 
geben,  sich  selbst  aber  nirgends  weder  mit  einem  sporn  oder  stachel 
noch  mit  einer  bremse  oder  Stechfliege  vergleicht,  ja  dasz  man  nicht 
einmal  irgendwo  diese  vergleichung  schicklich  anbringen  könnte, 
am  ehesten  wSre  es  möglich  vor  TrpocK€(^€VOV:  aber  auch  da  geht 
es  nicht  an  wegen  des  folgenden  iIiCTTcp  tiririp  . .  beofi^vtp  dteipecOat 
U1TÖ  fitjuinöc  Tivoc.  dasz  auch  dieses  Tivöc  nicht  für  die  bremse 
spricht,  ist  schon  früher  von  mir  nachgewiesen  und  von  W.  still- 
schweigend anerkannt  worden. 

Möchte  also  nun  endlich  einmal  dieser  plagegeist  zur  ruhe  kom- 
men und  nicht  Iftnger  mehr  unruhe  und  Unfrieden  unter  den  besten 
menschen  anstiften!* 

Muste  ich  so  dem  hochgeschStzten  gelehrten  entschieden  ent- 
gegentreten, so  freue  ich  mich  ebenso  entschieden  dem  verschlag  zu 
35'  Ikctcuoi^i  statt  irciOot^i  zu  lesen  beistimmen  zu  können,  der 
fordemng  des  sinnes  entspricht  zwar  meine  erklärung  der  über- 
lieferten lesart  auch,  aber  sie  ist  doch  etwas  gezwungen,  während 
mit  der  ftnderung  Weckleins  die  worte  sich  recht  natürlich  dar- 
stellen. 

Dagegen  scheint  mir  die  bemerkung  zu  40'  unbegründet,  denn 
wenn  man  auch  die  erquickung  eines  ruhigen  Schlummers  nicht  auf 
den  todesscUaf  anwenden  kann,  weil  auf  diesen  kein  erwachen  folgt, 
so  empfindet  man  doch  auch  nicht  die  not  und  plage  des  lebens,  über 

*  [aach  die  redaction  erklärt  die  debatte  Ober  den  |iOttiy  in  der 
PlatoaucheD  stelle  in  den  jahrbfiehem  hiermit  fOr  geeehlotfen.] 

6«« 


820  FStengel :  za  Herodotoe  [VI  106.  106]. 

die  80  viele  menschen  klagen,  überdies  beugt  Sofcrates  der  irrigen 
auf&ssang  ausdrücklich  vor  durch  die  bemerkong :  kqI  t^  oubiv 
nXefwv  ö  Tiäc  XPÖvoc  9a{veTai  outuj  bi\  eTvai  fi  pia  vuE.  dies  ge- 
ntigt für  den  vorliegenden  zweck,  die  hauptsache  folgt  ja  in  den 
glauben  des  Sokrates  an  das  leben  nach  dem  tode. 

AuasBüBa.  Chkutian  Cboh. 


(29,) 

ZU  HEBODOTOS. 


Der  Iftufer ,  durch  welchen  die  Athener  die  Lakedaimonier  um 
hilfe  bitten  lieszen,  als  die  Perser  gegen  Marathon  vordrangen,  heistt 
nach  Herodotos  VI  lOÖ.  106  <]>ei6iTr7Tibr|c.  nach  Pausanias  I  ^8,  4 
und  YIII  54,  6;  Plutarch  de  Her.  mal.  26;  Lukianos  uii^p  toO 
TirakMaTOc  3;  Pollux  in  148;  Solinus  I  s.  98;  Suidas  u.  Iinriac; 
schol.  zu  Aischines  11 130;  Plinius  not,  hist.  YII  20  heiszt  derselbe 
mann  <t>tXm7T(öiic  (vgl.  Wesseling  zu  Herod.  YI  105 ;  Hermann  za 
Aristoph.  Wolken  68).  zwei  hss.  geben  auch  für  Herodotos  <t>iXm- 
Trlbric.  dazu  konunt  dasz  4>iXiinriöiic  ein  häufiger  griechischer  name 
ist,  der  auch  durch  inschriften  reidüich  bezeugt  ist  (CI6.  171.  213. 
6030.  CIA.  1 446),  der  name<t>€ibi7TiT(biic  aber  auszer  in  der  Herodot- 
stelle  sich  nur  noch  in  des  Aristophanes  Wolken  findet,  wo  der  pferde 
liebende  söhn  des  Strepsiades  ihn  führt  der  name  ist  offenbar  von 
Aristophanes  erst  für  die  rolle  erfunden,  wie  das  schon  in  den  versen 
66 — 68  deutlich  ausgesprochen  ist.  Wir  finden  also  an  einer  einzigen 
stelle  in  der  griechischen  litteratur  einen  sonst  nicht  vorkommenden 
namen,  er  wird  nicht  einmal  durch  alle  hss.  überliefert,  eine  reihe 
anderer  glaubwürdiger  Schriftsteller  nennt  denselben  mann  nüt  einem 
andern  sonst  hftufig  vorkommenden  namen :  ich  denke,  man  wird  sich 
entschlieszen  müssen  auch  bei  Herodotos  YI  105.  106  OiKimriöric 
zu  schreiben  und  den  namen  <t>€ibi7nriöiic  auszer  an  jener  Aristo- 
phanesstelle  überhaupt  zu  den  toten  zu  werfen,  die  versehreibnng 
ist  leicht  möglich,  und  wer  an  sie  nicht  glauben  mag,  hftlt  es  viel- 
leicht nicht  für  unmöglich,  dasz  ein  abschreiber,  dem  jener  name 
aus  Aristophanes  bekannt  war,  Pheidippides  —  pferde  sparend  — 
für  einen  iSufer  passender  gefunden  habe  als  das  gewöhnliche  Phi- 
lippides.  auch  der  Phidippus  des  Cornelius  Nepos  Mut.  4,  3  kann 
an  der  sache  nichts  Sndem.  auch  hier  haben  die  hss.  zum  teil  Pküii- 
jpum,  und  ob  wir  nun  mit  Fleckeisen  Philol.  lY  s.  327  die  fUle,  wo 
^derselbe  mann  sowol  mit  seinem  eigentlichen  namen  als  mit  dem 
daraus  gebildeten  patronymicum  benannt  wird',  für  sehr  hftufig  halten 
oder  sie  mit  KKeü  ebd.  s.  743  bezweifeln  woÜen  —  immer  werden 
wir  zugeben  müssen,  dasz  auch  hier  lesart  und  Überlieferung  unsicher 
ist,  und  dasz  die  stelle  nicht  geeignet  ist  eine  andere  tu  stütssn. 

Berlin.  Paul  SmosL. 


LMendelB8<^n:  za  Appianos.  821 

(80.) 

ZU  APPIANOS. 


WHBoscher  vermtitet  (oben  s.  592)  bei  Appianos  b.  dv.  II  62 
Kai  £9op^lSvTOC  statt  des  überlieferten  *  Kai  £q>opuiVTOC.  die  ganze 
stelle  lautet  bei  Bekker  s.  580,  32  ff.:  Kakapoc  b*  aöroOc  ircpi- 
OfovTÖc  T€  Koi  cöv  övcibct  ^axpäv  in  xöv  rTojLitTfiiov  Ävxa  Im- 
beucvuovTOC,  Ka\  iipopiBvroc,  rä  ctmeia  dtrcppinTOuv  Kai  Itpexh 

TOV,    Ol   bfe  jüiÖXlC  OTT*  alboOc  Kar^KUTlTOV  ic  Tf|V  yf\V  äTTpOKTOI. 

dasz  in  diesem  passns  in  der  angegebenen  gestalt  nicht  alles  in  ord- 
nnng  ist,  bat  Boseher  richtig  gefUhlt,  den  sehr  einfach  zu  hebenden 
schaden  aber  durch  eine  völlig  verfehlte  oonjectur  bedeutend  ver- 
schlimmert, es  ist  nichts  weiter  zu  thun  als  das  völlig  sinnlose 
komma  nach  Kttl  iqpopOjvroc  zu  streichen  und  damit  dieses  satzteil- 
chen statt  mit  den  beiden  vorhergehenden  participien  mit  den  fol- 
genden imperfecten  zu  verbinden:  *die  Soldaten  warfen  trotz  Caesars 
flehentlichen  bitten  die  feldzeiohen  sogar  vor  seinen  äugen 
weg.'  so  haben  die  editoren  trotz  jenes  bösen  komxfla  immer  die 
stelle  gefaezt  —  wie  B.  aus  den  ftltem  latein.  Übersetzungen  hätte 
ersehen  können  —  nur  dasz  SchweighSuser  an  ein  nach  £q>opd>VTOC 
vielleicht  einzuschiebendes  aÖToO  denkt,  fdr  welches  jedoch  keine 
notwendigkeit  vorliegt,  wie  sich  femer  der  Sprachgebrauch  Appians 
zu  der  vnlgata  stellt,  wird  man  aus  den  nachstehenden  beispielen 
ersehen:  Illyr.  c.  26  (s.  367, 11  M.)  Kdv  TOÖTi|i  (6  Katcop)  T^CTiMOV 
ÄaX^dTTiv,  CTparöv  £T€pov  fitovra  toIc  £v  TTpui^övi)  cu^^axov, 
uTtavrticoc  ibiuiKCV  de  TÄ  öpri,  Kai  itpofixbvioc  in  toO  Tecxi- 
^ou  Tf|v  TTpu)^övav  eIXev,  vgl.  auch  b.  civ.  n  63 :  nach  der  flucht  bei 
Dyrrhachium  (o\  cTpaTiuiTai)  cuvubpvuvTO ,  £<popi£»VTOcaÖToO 
(andere  toO)  Kaicapoc,jüif|  dTrav^etv  dx Tf)c  \x&xr\c  el  ^f| Kporoiev, 
vgl.  ebd.  c.  73  (pdiivricOd  ^oi)  t&vdqpopi&VTOCdfüioO  cuvil»)ivuc0€ 
&XXfjXotc.  dasz  endlich,  wenn  richtig  bezogen,  der  ausdruck  Kai 
dqpopuiVTOC  statt  ^überaus  matt'  auszerordentlich  bezeichnend  ist, 
wird  B.  ja  wol  ohne  weiteres  zugeben,  entspricht  somit  d<pop4JüVTOC 
der  Situation  wie  dem  Sprachgebrauch  aufs  beste ,  so  scheint  ander- 
seits dqpop^iBvTOC  weder  sprachlich  noch  sachlich  zulässig:  sprach- 
lich nicht  weil  ein  ähnlicher  gebrauch  von  d90p^äv  ^gegen  jemand 
ohne  böse  absieht  losstürzen'  sich  bei  Appian  kaum  finden  dürfte, 
sachlich  nicht  weil  Caesars  versuch  die  flucht  zu  hemmen,  wie  er  in 
ircpiO^ovTOC  und  dTTtbeiKViiovroc  angedeutet  ist,  das  'losstürzen'  zur 
Voraussetzung  hat.  Plutarchs  ÖTravTidZwv  diTeipäTO  ävacrpd- 
q)€iv  hingegen  ist  völlig  sachgemäsz:  wollte  jemand  durchaus  ändern. 


*  die  lateinische  tibersetzonff  des  Candidm  läsit  allerdinrt  auf  ein 
in  der  vorläge  vorgefundenes  CcpopiS^vra  echlletien,  doch  kooiint  lie 
den  bessern  griechischen  hss.  (O)  gegenüber  erst  an  zweiter  stelle  in 
betracht. 


822  LMendelsBohn :  za  Appianos. 

80  könnte  man  sich  danach  allenfallB  kqI  iniCTp^ipoVTOC  bei  Appian 
gefallen  lassen.' 

Bei  dieser  gelegenheit  möchte  ich  überhaupt  davor  warnen,  ohne 
yorausgegangenes  eindringliches  studiom  conjecturen  im  Appian  za 
machen :  wer  ohne  ein  solches  die  anstösze  welche  phraaeologie  nnd 
Syntax  des  Alexandriners  auf  schritt  und  tritt  geben  nach  den  — 
besonders  in  Holland  beliebten  —  vulgarrecepten  beseitigen  wollte, 
könnte  ftrger  morden  als  weiland  Adas,  bei  gleicher  schnldlosig- 
keit  der  objecto,  um  6in  beispiel  zu  geben:  üsener  rhein«  mns.  XVI 
8.  481  httlt  prooem.  3  (s.  5,  7  M.)  in  den  werten  aörrj  T€  iToXia 
liaKpoTdni  bf|  ndvTuiv  dOv&v  oOca  das  allerdings  auf^lige  iOvAv 
für  unmöglich  und  coigiciert  IcOpuliv.  die  yermutung  macht  an  sich 
dem  Scharfsinn  ihres  Urhebers  alle  ehre,  nur  hat  der  sonst  so  belesene 
gelehrte  den  Appianischen  Sprachgebrauch  nicht  gekannt:  es  hei8st 
b.  civ.  IV  83  Kttl  övo^a  toO  TTo^irrifou  dvd  öXi^v  Tf|v  Ißnpiov, 
eupuTdiriv  <irdvTU)v?>  tOvujy  oOcav,  TrepiWovroc  usw.  und 
ebd.  lY  100  irXf)v  Ik  ^6vr\c  MaKCboviac  £6vouc  öpeiou,  icai 
BcccoXiac  X^9^^  ßpaxeiac.  aus  diesen  sich  gegenseitig  stützenden 
stellen  erhellt  dasz  Appian  mit  f  9voc  in  der  that  geradesu  'land'  be- 
zeichnet —  daneben  verwendet  er  das  wort ,  wie  auch  Cassius  Dioa 
ua.,  zur  Übersetzung  von  provincia  —  und  die  editoren  keinen  grund 
hatten  an  jener  stelle  anstosz  zu  nehmen.  icOfiöc  dagegen  in  der  be- 
deutung  von  it)  d^9i9aXdccioc  (schol.  zu  Aristeides  t  III  s.  22,  3 
Ddf.,  Bemhardj  zu  Suidas  u.  IcOmöc)  ist  wie  überhaupt  aus  keinem 
selbständigen  Schriftsteller  bisher  nachgewiesen  so  Appian  völlig  un- 
bekannt. 


'  die  auffallende  b  ach  liehe  concordans  zwiBcben  Appian  b.  civ.  11 
und  Platarch  im  Pomp  ejus  and  Caesar  ist  oft  bemerkt,  aber  irri|^  auf 
die  gemeinsame  unmittelbare  benutznng  des  Aslnius  PoUio  snrfiek- 
gefiihrt;  hätte  man  auch  die  sprachliche  übereinstimmang  beachtet, 
so  würde  man  schon  vor  Thonret  (Leipziger  Stadien  I  s.  813)  gefiind«D 
haben  dass  beide  denselben  von  Asinias  Pollio  abh&ngigen  griechi- 
schen gewährsmann  benatzten,  aach  in  andern  pariien  geben  gelegent- 
lich sprachliche  beobachtongen  das  correctiv  für  proyeniensschlöste: 
wenn  zb.  HPeter  'qaellen  Plntarchs^  s.  103  aas  der  sachlichen  aberein- 
stimmung  zwischen  Plat.  Mar.  41  f.  and  App.  b.  civ.  I  66  f.  aof  dieselbe 
quelle,  Poseidonios,  'mit  Wahrscheinlichkeit'  schlosi,  so  h&tte  ein  ge- 
naueres eingehen  aach  auf  die  sprachlichen  coincidensen  diese  Wahr- 
scheinlichkeit zur  gewisheit  erhoben,  man  vergleiche  nnr  beispieb- 
weise  Plut.  Mar.  44  /|pi6TT)C€v  ö  xdirriXoc,  6  n  iraOdjv  oOxi  t6v  Wov 
(oTvov),  ilicircp  €tuiO€v^  iIiveTTat  Kai  bf)|iOTiK6v,  dXXA  toO  cirouöaiou 
Kai  iroXuTcXoOc  mit  App.  I  72  Kai  toO  Kairf|Xou,  xihi\  cicouboi^TCpov 
(olvov)  alToii},  m^OoM^vou.  daraas  folgt  mit  evidens  dass  in  der  that 
ein  griechisches  original  —  dh.  in  diesem  falle  Poseidonios  —  beides 
hier  vorgelegen  hat,  and  Klebs'  'de  aetatis  SuUanae  seriptoribos'  (Berlio 
1876)  Vermutung,  beide  htttten  hier  Livius  ausgeschrieben,  flllt  schon 
aus  diesem  gründe  zusammen;  weit  wahrscheinlicher  wird  man  Posei- 
donios als  quelle  für  alle  drei  betrachten. 

DoRPAT.  Ludwig  Msndblssobh. 


AEömer :  anz.  7.  CHoffmann  de  yerboram  traneposit.  ap.  Cornifioiam.  823 

113. 

DE    VBRBOBUM  TRANBPOSITIOKIBUB   IN   COBNIFICI  BBETOBICORUM  AD 
ü.     HEBBNNIUM    LIBRIS.      PABT.     I.      DI88EBTATI0     INAU0URALI8. 

8CBIPSIT    CAB0LU8    HOFFMAMK.     Monachi    typis    Godofredi 
Schoeningeri  Weiasianis.    1879.    60  8.  gr.  8. 

Mit  befiiedignng  und  freude  sieht  man  in  neuerer  zeit  die  krftfte 
janger  and  tflchtiger  philologen  einer  schrifl  ans  dem  römischen 
altertnm  zugewendet,  der  wir  fast  ausschlieszlich  unsere  richtigen 
Vorstellungen  Ton  der  rhetorik  des  altertums,  wie  sie  yon  lehrem 
und  schttlem  geübt  wurde,  verdanken :  der  rhetorik  an  Herennius. 
sie  ist  und  bleibt  das  grundbuch  für  alle  diejenigen,  welche  ihre  auf- 
merksamkeit  darauf  richten,  die  sache  kennen  zu  lernen,  wie  sie  wirk- 
lich gewesen  ist,  frei  von  den  glücklichen  oder  unglücklichen  zu- 
thaten,  womit  Cicero  und  andere  rhetoren  sie  bereichem  zu  müssen 
geglaubt  haben,  als  solches  verdient  es  auch  mehr,  als  es  bisher 
geschehen,  in  unsem  schulen,  natürlich  in  zweckmftsziger  auswähle 
mit  einer  vollen  und  ausgibigen  erklärung  behandelt  zu  werden, 
denn  es  ist  doch  eine  der  allertraurigsten  Wahrnehmungen,  die  man 
sowol  bei  philologen  wie  bei  nichtphilologen  machen  kann,  die  von 
unsem  gymnasien  kommen:  sie  haben  wol  diese  oder  jene  rhetorische 
Bchrifk  Ciceros  mit  fleisz  und  interesse  gelesen ,  von  der  sache  selbst 
aber  haben  sie  kaum  einen  schein  von  annähernd  richtiger  Vorstel- 
lung, spricht  man  nun  etwa  gar  von  dem  groszen  und  gewaltigen 
bau,  an  dem  Jahrhunderte  thfttig  gewesen,  zu  dessen  errichtung  über- 
legene schSrfe  des  Verstandes  wie  eine  geradezu  ungeahnte  psycho- 
logische feinftthligkeit  mitgeholfen :  so  sieht  man  in  der  regel  er- 
staunte und  unglftubige  geeichter,  und  das  ist  kein  wunder:  gerade 
da^enige  buch,  aus  dem  man  das  am  deutlichsten  und  klarsten  er- 
kennen und  lernen  kann,  ist  ja  in  der  regel  aus  dem  kreise  der  schul- 
lectflre  ausgeschlossen,  und  mir  sagt  femer  die  erfahrang,  wenn  sie 
auch  nur  von  einem  einzigen  jähre  datiert,  dasz  man  gerade  dieses 
buch  den  schülem  in  die  band  geben  musz ,  um  endlich  einmal  mit 
den  unklaren  und  verschwommenen  Vorstellungen  von  rhetorik 
gründlich  zu  brechen,  wenn  in  den  schülem  auch  nur  ein  einziges- 
mal  der  eindruck  lebendig  wird  bei  irgend  einem  fein  ausgearbei- 
teten und  behandelten  capitel  unserer  rhetorik,  mit  wie  seltener  Ver- 
standesschärfe diese  rhetoren  ihr  ziel  unverwandt  im  äuge  behalten, 
wie  sie  alle  schwächen  und  fehler  unserer  armßeligen  menschennatur 
erkennen  und  ausnutzen :  dann  darf  man  wol  eher  hoffen,  dasz  sie 
der  sache  einigermaszen  adäquate  Vorstellungen  mit  in  das  leben  hin- 
ausnehmen, dazu  kommt  femer,  dasz  die  rhetorik  der  guten  zeit  — 
und  dahin  gehOrt  das  werk  des  Ck)mificius  —  nicht  etwa  eine  graue 
theorie  ist,  sondern  eine  greifbare  lebendige  disciplin,  die  in  den 
reden  Cioeros  fleisch  und  blut  angenommen  hat.  und  wenn  wir  nun 
einmal,  was  ja  auf  allen  andern  gebieten  so  selten  der  feil  ist^  bei 
viel  bewunderten  werken  aus  dem  altertnm  —  bei  den  reden  des 


ß24  ABOmer:  anz.  v.  CHoffmann  de  verborum  transpotit  ap.  ConuBcionu 

Cicero  und  Demosthenes  —  in  der  glücklichen  läge  sind  zu  erkeimaii 
und  zu  beurteilen ,  wie  der  funke  der  rednerischen  genialitftt  durch 
die  unvergleichliche  und  virtuose  handhabung  des  zu  ihrer  zeit  gOl- 
'  tigen  rhetorischen  Systems  zur  gewaltigen  flamme  wird:  dann  soll- 
ten wir  uns  doch  aufgefordert  fühlen,  der  t^XVTIi  die  jenen  die  Waf- 
fen geschärft,  unsere  ganz  besondere  aufmerksamkeit  zuzuwenden, 
in  den  uns  erhaltenen  reden  den  überall  leicht  erkennbaren  spuren 
derselben  mit  erneutem  fleisze  nachzugehen,  mit  ^em  worte  uns 
das  rhetorische  Verständnis  derselben  zu  erringen,    für  Cicero 
haben  wir  da,  wie  dies  LSpengel  schon  in  einer  seiner  ersten  Schriften 
ausgesprochen  und  nachgewiesen  hat,  in  des  Comifidus  rhetorik  an 
'     Herennius  den  wertvollsten  und  sicherstefi  führer.    leider  ist  das 
Studium  dieser  ausgezeichneten  schrift  durch  den  unseligen  wirrwarr, 
der  in  den  handschriften  herscht,  bedeutend  erschwert,  und  so  findet 
hier  die  philologische  kritik  noch  ein  reiches  feld  für  ihre  thfttigkeit. 
einen  wertvollen  beitrag  zu  derselben  hat  uns  CHoffmann  ge- 
liefert  in  der  oben  angeführten  schrift.  bekommt  man  auch  anüangi», 
besonders  wenn  man  sich  vergegenwärtigt,  welches  unheil  die  ver- 
suchten  und  empfohlenen  transpositionen  in  den  una  erhaltenen 
Schriften  aus  dem  altertum  schon  angerichtet  haben,  bei  der  lectüre 
des  titeis  'de  verborum  transpositionibus'  einengelinden  schrecken: 
so  zeigt  doch  eine  genauere  einsieht  in  die  schrift,  vne  weit  Hoff- 
mann von  maszloser  willkür  entfernt  ist,  wie  er  im  gegenteil  ge- 
schickt und  scharfsinnig  seine  sache  zu  führen  versteht,    wenn  man 
ihm  auch,  wie  wir  nachweisen  wollen,  nicht  überall  zustimmen  kann, 
so  führt  doch  der  von  ihm  eingeschlagene  weg  in  vielen  fällen  xum 
richtigen,  er  möge  mir  es  also  nicht  misdeuten,  wenn  ich  einigen 
von  ihm  versuchten  Umstellungen  gegenüber  meine  gegenteiligen  an- 
sichten  geltend  mache. 

Wir  beginnen  mit  I  9,  15  rem  düucide  narrabimuSt  ^,  W 
quicguid  priimum  gestum  erU,  Ua  primim^  ea^xmemus  ei  rentm  ae 
iemparum  ordinem  eonserväbimusy  ut  gestae  res  emami  cuä  ut  paiuisse 
geri  videbtmiur — hie  erü  cansiderandum^  ne quid periurbaie,  ne^id 
nave  dicamw,  ne  quam  in  aliam  rem  transeamus^  ne  ah 
ultimo  repetamuSf  ne  lange  persequamur^  ne  guid,  quad  ad 
rem  pertineat,  praetereamus — etsi  sequemur  ea  quae  de  hrevüaUprat- 
cepta  sunt:  nam  quo  hremor^eo  düucidioret  cognüufacQiornarraüofid^ 
anstosz  erregten  hier  die  gesperrt  gedruckten  worte,  und  währoid 
Eajser  daran  dachte,  dieselben  als  ^breyitatis  praecepta'  hinter  die 
Worte  quae  de  brevitate  praecepta  sunt  (ne  quam  . .  persequamur)  lu 
stellen ,  aber  durch  die  parallelstelle  Ciceros  de  inv.  I  20,  29  davon 
abgehalten  wurde,  schlägt  jetzt  H.  vor  ne  quam  m  äUam  rem  tranS" 
eamus  an  seiner  stelle  zu  lassen,  dagegen  die  beiden  andern  Yorachrif- 
ten  fie  .  .  repetamus,  ne  lange  persequamur  als  lehren  über  di« 
Wevitas  der  darstellung  hinter  quae  de  hrevitaie  praeapta  amä  » 
stellen,  ich  bedaure  ihm  hierin  nicht  folgen  zu  künnen:  wenn  man 
überhaupt  an  eine  Umstellung  denkt,  so  dürfen  die  drei  Vorschriften 


AROmer:  anz.  v.  CHoffiaoAnn  de  Terborom  traaBpoBit.  ap.Comificiam.  826 

nicht  aiiseinandergerisseii  werden:  denn  der  von  H.  8.  27  aufge- 
stellte unterschied  zwischen  et  si  tr€umiiantb%is  nüUis  tdemur  und  ne 
quam  in  aHiam  rem  transeamus  ist  unhaltbar.  HransUiambus  idi  quid 
dgnificet'  bemerkt  H.  'yel  optime  cognoscimus  ex  eiasdem  libro* 
IV  26,  35  iransUio  vocatur  guae,  cum  ostendit  hrevUer  quid  dictum 
sU^  propamt  Uem  Wevi  quid  consequalur.'  allein  so  kann  das  traimti' 
onibus  uii  hier  unmöglich  gefaszt  werd^,  und  schon  Toxita  hat  rich- 
tig bemerkt:  *non  autem  ircumtionee hoo  in  loco  intelligit  ^eroßdceic, 
napaßdceic  a  rebus  tractatis  ad  res  traotandas,  ut  qoidam  volunt 
(quoniam  transitiones  breves  admittuntur),  sed  tiap€Kßdc€ic  a 
rebus  propositis.'  liest  man  die  von  Comif.  IV  26,35  fttr  die  figur 
beigebrachten  beispiele,  so  mttste  man  sich  doch  billig  wundem, 
wenn  eine  gerade  fUr  die  narratio  passende  figur  in  derselben  keine 
Verwendung  finden  dürfte,  ja  Quintilian  empfiehlt  gerade  diese 
figur  fQr  die  darstellung  und  erlftutert  sie  durch  ein  beispiel  IV  2,  50 
ffi^mfi»  eofpediä  eyposüianem  brevi  ifUerfatiane  äüdinguere:  ^audiisiis 
quae  ante  acta  aunt:  acdpite  nunc  quae  insecuntur»*  refidetur  enim 
i/udex  priarum  fine  et  se  vdut  ad  novum  ruraus  inäium  pra^aräbU» 
ich  frage,  was  ist  fttr  ein  unterschied  zwischen  dem  beispiel  Quin- 
tilians  und  dem  von  Comif •  beigebrachten:  mea  in  istum  heneficia 
cognovisHs:  nunc  quamodo  iste  mihi  ffratiam  rettuterü  accipüe?  doch 
wol  gar  keiner,  es  kann  daher  auch  keine  rede  davon  sein  das  et  si 
tramitiombus  nußis  utemur  in  den  'brevitatis  praeoepta'  in  dem  von 
H.  angenommenen  sinne  zu  erklttren;  vielmehr  gibt  Comif.  selbst 
in  den  unmittelbar  darauf  folgenden  worten  et  si  nan  deerräbimus 
ab  eo  quod  coepenmus  exponere  die  richtige  erklftrang  davon,  es 
ist  das  so  ganz  seine  art,  die  ausdrücke  für  6ine  und  dieselbe  sache 
zu  hftufen,  damit  über  dieselbe  ja  keine  Unklarheit  hersche.  sie  be- 
gegnet hier  bei  der  behandlung  der  narratio^  wie  auch  anderwärts 
im  verlaufe  seines  Werkes,  müssen  wir  demnach  die  worte  et  »i 
transUiambus  nuUis  utemur  und  ne  quam  in  äliam  rem  traneeamus 
in  dem  sinne  der  «irap€Kßdc€tc  a  rebus  propositis»  für  gleichbedeu- 
tend halten ,  so  kann  man  unmüglich  ne  quam  in  dlMm  rem  trans- 
eamue  von  der  Umstellung  ausscldieszen,  wie  dies  H.  versucht  hat. 
aber  die  transposition  selbst  unterli^  meines  erachtens  den  ge- 
rechtesten bedenken,  nicht  etwa  weil  die  steUe  Ciceros  di^egen 
spricht,  sondern  aus  einem  andern,  wie  mir  scheinen  will,  viel  ge- 
wichtigem gründe,  über  die  Übersichtlichkeit  oder  klarheit  der  dar- 
steUoBg —  so  wollen  wir  das  ditudde  übersetzen  —  ftuszert  sich  Cor- 
nifieius  in  folgender  weise:  rem  däuäde  narrabimm,  si^  ut  quicquid 
primum  gestum  erit^  ita  primum  eaponemua  et  rerum  ac  temparum 
ardinem  eonservabimue  usw.  das  hauptgesetz  also  —  schon  von 
Isokrates  erkannt  fr.  12  bintriT^ov  tö  irpdbrov  Ka\  tö  bcuTcpov  xal 
T&  Xoiirä  iito^ivwQ  —  wird  vorangestellt  seiner  art  entsprechend 
warnt  er  vor  den  gewis  nicht  selten  vorkommenden  fehlem :  1)  ne 
quid  perturbate  dicamus:  zeiten  und  begebenheiten  dürfen  nicht  un- 
gehörig durcheinandergeworfen  werden.   2)  ne  quid  nove  dicamus: 


826  AR^mer :  anz.  v.  CHoffinanD  de  yerboram  transpoBit.  ap.  Gornifidmiu 

dies  ist  die  ca9t^V€ia  &itö  tiov  övo^dTUiv  der  griechischen  rbeiorea: 
vgl.  Quint.  IV  2,  36.  3)  ne  quam  in  äUam  rem  iranseamus:  mm 
zwecke  der  ttbersichtlicbkeit  musz  man  unnötige  and  flberfiOssige 
^abschweifhngen  vermeiden.  4)  ne  ah  üUimo  r^pektmus^  5)  ne  Umge 
persequamur.  beides  sind  fehler  sowol  gegen  die  brevUas  wie,  um 
der  kürze  wegen  dieses  wort  zu  gebrauchen ,  gegen  die  perspUmUa»^ 
da  ja  durch  dieselben  am  meisten  die  flbersichtlichkeit  der  darstel* 
lung  erschwert  wird.  Cicero  bemerkt  in  dieser  beziehung  de  m\ 
I  20,  29 :  saepe  res parum  est  inUHkcta  longitudine  magis  qttam 
obsoimtaie  narrationis.  diese  longUudo  ergibt  sich  aber  durch  6ns  ah 
uUimo  repäendo  und  das  longe  persequendo.  6)  ne  quid  quod  ad  rm 
pertineat  praäereamus:  diese  Vorschrift  steht  in  nahem  Zusammen- 
hang mit  den  beiden  vorausgehenden  und  ist  an  sich  klar,  verdstxt 
man  nun  die  werte,  wie  H.  wollte:  et  si  sequemur  ea  quae  de  brevi- 
tote praecepta  sw/it^  ne  ah  ultimo  repetamuSj  ne  lange  perse- 
quamur^  so  faszt  man  meines  erachtens  den  sinn  des  schriftstellerii 
nicht  richtig :  denn  warum  sollte  er  die  Vorschriften  über  die  hremtas^ 
von  denen  er  eben  mehrere  angefahrt,  hier  gerade  nur  auf  diese  bei- 
den ne  ah  ultimo  repetamus^  ne  lange  persequamur  beschrfinken?  im 
gegenteil  will  er  vielmehr  die  praecepta  über  die  hreviUiS  in  ihrem 
ganzen  umfang  auch  zur  erreichung  der  perspieuüas  angewandt 
wissen:  nam  quo  hrevior^  eo  dHuddior  et  oognüu  facüwr  nanratb 
fiet,  das  ist  der  grund,  warum  ich  der  von  H.  vorgeschlagenen 
transposition  nicht  beistimmen  kann ;  ich  glaube  vielmehr  dasz  die 
Worte  in  den  hss.  an  ihrer  richtigen  stelle  stehen,  ganz  natürlich 
konnten  die  rhetoren  die  Vorschriften  über  die  brevikis  und  die  per- 
spicuUas  nicht  genau  auseinanderhalten:  sie  berühren  sich  ja  zu  nahe, 
um  nicht  manchmal  in  einander  überzufiieszen.  so  behandelt  auch 
Cicero  p<xrt.  32  die  Vorschriften  über  das  däuäde  narrare  unter  denen 
der  hrevüas:  ergo  ad  dHucide  narrandum  eadem  fUa  supenora  ex- 
planandi  et iüustrandi  praecepta  repetemus^  in  quihus  sit  hreviias 
ea  quae  saepissime  in  narratione  laudaiur^  de  qua  supra  dictum  est* 
üeber  die  insinuatio  äuszert  sich  Comificius  unter  andern  in 
folgender  weise:  I  6,  9  «t  causa  turpihtdinem  hahebU^  exordiri pete- 
rimus  his  rationihus :  rem^  non  hominem^  Aomtnan,  non  rem  ^^eäari 
qportere;  non  piacere  nohis  ipsis  quae  facta  dicantur  ah  adversariis, 
et  esse  indigna  aut  nefaria:  deinde  cum  diu  rem  auxerimus^  nihil 
simile  a  nohis  factum  ostendemus;  aut  aiiquorum  iudickm  de 
simiU  causa  aut  de  eadem  aut  de  minore  aut  de  maiore  proferemus^ 
deinde  ad  nostram  causinn  pedetemptim  accedemus,  et  smUitudinem 
conferemus;  aut  negahimus  nos  de  adversarOs  diäuros  et  taßmm  oc^ 
cuUe  dicemus  interieäiane  verborum.  die  bedenken  Kaysers  geg«n 
diese  stelle  hat  H.  s.  13  ff.  ganz  gut  widerlegt,  und  er  sdülgt  selbst 
eine  auf  den  ersten  blick  bestechend  schöne  umatellung  der  werte 
vor:  nanpHacere  nchis  ipsis  quae  facta  dieantur  ab  adf^ersarüSjet esse 
indigna  aut  nefaria:  deinde  cum  diu  rem  auxerimus,  ad  nastrmn  am- 
sam. .  accedemus  et  simüitudinem  conferemus^  nihil  simile  a  nohis 


ABflmer:  aoz.  y.  CHoffinann  de  yerbonun  transpoait  ap.  Cornificimn.  827 

factum  ostendemus;  tmt  aliquorum  it4diemm  .  .  proferemus. 
eine  stfitze  habe  diese  transposition  in  den  worten  Ciceros  de  inv* 
I  17,  24  deinde^  cum  iam  müior  fadus  erii  audUor,  ingredi  pede- 
tempiim  in  defensionem  et  dicere  ea,  gwne  indignentur  adversarii^  tibi 
quoque  indigna  vißeriy  deindt  cum  lenieris  cum  qui  audiet,  deinen-' 
strare  nihü  earum  ad  te  perOnere.  H.  mOge  mir  erlauben  von  einem 
guten  Satze  seiner  abhandlung  gebrauch  zu  machen  (s.  29) :  'non  ea 
qnaestio  esse  debebit,  quid  habeat  Cicero,  quid  non  habeat,  sed  quae 
scripta  sunt  apud  Comificium,  explicationem  admittant  bonam  atque 
tolerabilem  necne.  quodsi  non  est,  tum  demnm  ad  Oiceronis  aucto- 
ritatem  debemus  provocare,  sipossimus  hoc  modo  Toruminyestigare.' 
diese  werte  müssen  als  oberster  grundsatz  ft&r  die  richtige  erklSrung 
des  Comificius  immer  festgehalten  werden ;  demnach  habe  ich  yer- 
sucht,  ob  denn  die  werte,  wie  wir  sie  bei  Comif.  lesen,  nicht  eine  gute 
und  erträgliche  erklftrung  zulassen,  von  den  drei  hier  von  ihm  vor- 
gelegten fällen  ist  doch  der  erste  klar  dahin  zu  fassen:  sind  uns  die 
Zuhörer  ganz  abgeneigt  wegen  der  turpitudo  causM ,  so  substituiert 
man,  wenn  sie  an  der  sache  anstosz  nehmen ,  die  person  und  umge- 
kehrt, gerade  wie  Cicero  de  inv»  I  17,  24  sagt:  aut  pro  re  hominem 
OMt  pro  homine  rem  (interponi  oportet)^  ut  ab  eo  quod  odü  ad  id  guod 
düigU  audUoris  animustraducatur,  vgl.  Quint.  IV  1,  44  5t  causa  täbo- 
rabimus,  persona  sübveniat^  si  persona^  causa,  oder  man  drückt  selbst 
seinen  abscheu  aus  über  den  fall,  man  sympathisiert  in  der  beur- 
teilung  desselben  ganz  mit  den  gegnem ;  aber  —  und  das  ist  die 
bauptsache  —  man  steigert  und  vergröszert  deren  darstellungen  des 
gegenwärtigen  falles,  dann  kann  man  wie  mit  6inem  schlage  mit  der 
überraschenden  behauptung  hervortreten :  nihü  simüe  a  nobis  factum^ 
und  dafür  dann  auch  im  folgenden  den  beweis  antreten,  in  dem  nihU 
simüe  liegt  nach  meinem  dafürhalten  doch  nur  der  sinn :  das  was 
unsere  gegner  uns  schuld  geben  haben  wir  überhaupt  nicht  gethan ; 
auf  einen  vergleich  der  ähnlichkeit  oder  Verschiedenheit  kommt  es 
hier  gar  nicht  an,  sondern  mit  einer  kühnen  behauptung  wird  rund- 
weg und  entschieden  erklärt:  das  was  unsere  gegner  sagen,  deren 
behauptungen  und  darstellungen  man  natürlich  übertreiben  musc, 
haben  wir  nicht  gethan.  dann  ist  der  fall,  auf  den  ja  hier  alles  an- 
kommt, insinuiert,  dh.  eingeführt,  wir  meinen  also :  der  vom  Ver- 
teidiger selbst  geäuszerten  indignation  über  den  fall,  der  darstellung 
desselben  als  eines  jedes  sittliche  gefOhl  empörenden  Vorganges,  den 
mit  Übertreibung  geschilderten  behauptungen  des  gegners  musz  so- 
fort (nicht  pedetemptim)  der  satz  und  der  daran  sich  an- 
schlieszende  beweis  entgegengehalten  werden:  nihü  simile  a  nobis 
factum,  es  scheint  mir  dasselbe  was  Cic.  de  inv.  I  17,  24  sagt:  si 
causae  turpitudo  contrahü  offensianem^  auipro  eo  homine  in  quo  offen- 
ditur  aiium  hominem  qui  Migitur  interponi  oportet^  a¥lt  pro  re  in  qua 
offendüwr  aliom  rem  quae  probaiwr.  und  das  kann  doch  nur  in  der 
von  Comif.  angegebenen  weise  dadurch  geschehen,  dasz  man  dem  von 
dem  gegner  entworfenen  möglichst  schwarz  geschilderten  bilde  von 


828  ABttmer :  anz.  v.  CHoffinann  de  verborum  tranapOBit.  ftp.  Coniifichun. 

einer  person  oder  saohe  das  gegenbild  in  lichterer  üarbenzeichniing 
gegenttberbält.  femer  will  mir  auch  bei  der  von  H.  yoi^geachlage- 
nen  Umstellung  die  einfache  und  nackte  lünstellung  des  satases  cMt 
aUqfwnun  iadicmm  de  smUi  catMa  aut  de  eadem  aüt  de  mnort  out 
de  maioreproferemus  nicht  einleuchten*  bei  diesem  satse,  wo  von  der 
ähnlichkeit  des  falles  die  rede  ist,  kann  man  unmöglich  die  werte 
et  ^müiiudinem  conferemus  missen. 

In  dieser  oder  ähnlicher  weise  wird  man  sich  die  werte  zurecht- 
legen müssen,  und  dann  ist  auch  ihre  Stellung  ohne  anstosx.  dagegen 
wundere  ich  mich  dasz  man  bisher  eine  stelle  aus  demselben  cq>. 
ohne  anstosz  gelesen  hat.  über  die  anwendung  der  insimuUio  nem- 
lieh  heiszt  es:  aut  cum  turpem  causam  hdbemtAS,  hoc  est  cum  ipsa 
res  animum  auditorisanohisalienat;  aut  cum  ammus  audi- 
toris  perauasus  esse  vidäurab  üs  qui  ante  contra  dixeruni^  aut  cum 
defessus  est  eos  audiendo  qui  ante  dixerunt.  ich  finde  hier  die  werte 
hoc  est  cum  ipsa  res  ..a  nobis  alienat  in  dieser  aufzfthlung  auffallend, 
man  erwartet  sie  sicher  nicht  hier,  sondern  an  einer  andern  stelle. 
wie  es  nemlich  im  folgenden  heiszt:  sipersuasus  audäor  fuerüy  id  est 
si  oratio  adversariorum  fecerii  fidem  auditoribus^  so  erwartet  man  die 
Worte  auch  da  wo  er  zur  ausführung  der  einzelnen  fälle  übergebt, 
also:  si  causa  turpüudinem  habebit^  hoc  est  cum  ipsa  res  animum 
auditoris  a  nobis  alienat^  exordm  poterimus  JUs  rationibus. 

Zu  den  schwierigsten  stellen  des  ganzen  ersten  buches  gehört 
unstreitig  I  10,  17  über  die  causarum  divisio.  sie  lautet  in  Eaysers 
texte:  causarum  divisio  in  duas  partes  distributa  est:  primum 
re  narr  ata  debemus  aperire,  quid  nobis  conveniat  cum  aäpersarüSy 
quid  in  controversia  sU;  si  ea,  quae  uiüia  nobis  erunt^  convesMiU^  hoc 
modo:  Hnterfectam  esse  ab  Oreste  matrem  covwemt  mM  enm  ad- 
versariis;  iurene  fecerü  et  licuerüne  facere^  idestin  controversia,*  item 
e  contrario:  ^Agamemnonem  esse  a  Qytaemestra  oocisum  oonfiUnim; 
cum  id  tta  sU^  me  utdsd  parentem  negant  oportuisse.*  Hofimann, 
der  so  wenig  wie  ich  mit  Kaysers  erklärungsversnch  dieser  schwie- 
rigen stelle  einverstanden  ist,  hat  dieselbe  s.  30  ff.  eingehend  mit 
dem  resultate  behandelt,  dasz  die  beiden  hier  angeführten  beispiele 
zu  versetzen  seien  und  zwar  in  folgender  weise :  si  eo,  quae  ulüia 
nobis  eruni^  convenientf  hoc  modo :  Ägamemnonem . .  negani  oportmsse. 
item  e  contrario:  inierfectam  esse  ab  Oreste  maJtrem  . .  et  Ucu€riint 
facerey  id  est  in  controversia.  allein  damit  sind  die  Schwierigkeiten 
nicht  gehoben,  so  ist  mir  zunächst  vollständig  unklar  und  nn?er- 
ständlich  die  construction  der  werte  ^  ea,  quae  uiüüa  nobis  erunty 
convenienty  hoc  modo,  müssen  wir  dazu  aus  dem  vorausgehenden 
debemus  aperire  ergänzen?  das  scheint  mir  sachlich  und  spradilich 
unmöglich :  denn  bei  hoc  modo  findet  sich  in  der  r^gel  bei  Comif. 
noch  ein  eignes  verbum,  oder  er  führt  das  beispiel  ohne  da«  man 
dazu  noch  etwas  zu  ergänzen  hätte,  in  nicht  missuvergtehender  weise 
ein.  das  ist  hier  nicht  der  fall ,  und  darum  hat  wol  Orelli  nach  dem 
Vorgang  früherer  die  stelle  so  gelesen :  quid  nobis  conveniat  cum  ad- 


ABömer:  ans.  y.CHoffmann  de  verbonim  transposit.  ap.  Cornificinm.  829 

veraams^  d  aiea^  quae  tUUia  nobis  erunty  oonvementj  quid  in  coniro- 
venia  rdmgwtkir,  hoc  modo,  allein  die  werte  quid  nobis  convemat 
cum  adversarüSy  quid  in  controversia  ait  gehören  doch  so  eng  zu- 
sammen, dasz  man  sie  schwerlich  in  der  angegebenen  weise  trennen 
darf.  wSre  das  5»  «a  quae  utüia  nobis  eruni  oonvenient  überhaupt 
yerständlich,  dann  wäre  es  wol  am  einfachsten  nach  sU  das  si  zu 
streichen  und  die  stelle  so  zu  geben:  ea  quae  uHHa  ncbis  eruni  con- 
venieni  hoc  modo,  allein  mir  scheint  der  zusatz  nicht  ohne  bedenken, 
nach  der  früher  über  die  divisio  gegebenen  definition  1 3,  4  per  quam 
aperimus  quid  convemat^  quid  in  controversia  sü  erwartet  man  hier 
doch  kaum  etwas  anderes  als  die  erklSrung  derselben  durch  bei- 
spiele.  wenn  wir  also  heute  in  unserm  texte  Ittsen:  re  narrala  debe- 
mus  aperire^  quid  nobis  conveniat  cum  adoersarüs^  quid  in  contro- 
versia sUy  hoc  modo:  interfedam  esse  ab  Oreste  matrem  convenit 
mihi  cum  adversariis;  iurene  fecervt  et  Ucueriitne  facere^  id  est 
in  controversia:  dann  wftre  alles  klar  und  verständlich;  femer 
erwartet  man,  wenn  der  zusatz  si  ea  quae  tdiUa  nobis  erunt  convenieni 
richtig  sein  soll,  nach  der  bei  ihm  beliebten  genauigkeit  und  ans- 
fährlichkeit  im  folgenden :  ea  quae  nobis  obsuni  in  coniroversia  eruni^ 
hoc  modo:  iurene  fecerü  et  Ucueritne  facere,  id  esiin  controversia.  es 
widerstreitet  femer  auch  ganz  dem  Charakter  unserer  schrift,  dasz 
eine  so  wichtige  bestimmung,  wie  sie  doch  das  siea  .  .  convenient 
unzweifelhaft  enthalten  sollte,  hier  iy  irap^pT«)!  gegeben  wäre,  so 
dasz  man  sich  darunter  gar  nichts  denken  kann,  streicht  man  da- 
gegen den  zusatz,  so  ist  alles  klar  und  verständlich,  dagegen  sach- 
lich wie  sprachlich  anstöszig  und  kaum  hierher  gehörig  ist  das  fol- 
gende:  item  e  contrario:  Agamemnonem  esse  a  Qytaemestra  occisum 
oof^entuT]  cum  id  ita  sity  me  ülcisci  parentem  negant  oportuisse. 
der  bei  Coraif.  ungewöhnliche  Wechsel  im  ansdruck  confitentur,  fer* 
ner  das  me  .  .  negant  qportuisse  unterliegen  den  gerechtesten  be- 
denken, sachlich  ist  das  beispiel  deswegen  anstöszig,  weil  es  von 
dem  vorhergehenden  gar  nicht  verschieden  ist  die  tendenz  des 
Verfassers  geht  doch  unzweifelhaft  dahin,  die  divisio  an  dem  bei- 
spiele  vom  processe  des  Orestes  zu  erläutern:  das  ist  im  vorausgehen- 
den geschehen,  und  darum  finde  ich  das  folgende  beispiel  ganz  iden- 
tisch mit  dem  vorhergehenden:  denn  ist  die  hier  gegebene  ausfüh- 
rung  etwa  davon  verschieden  ?  dem  interfedam  esse  ab  Oreste  matrem 
convenit  mihi  cum  adversariis  entspricht  im  folgenden  Ägamemnonem 
esse  a  Clytaemestra  occisum  convenit  mihi  cum  adoersairüSy  dem  iurene 
feeerH  d  licueritne  facere^  idedin  controversia  entspricht  hcueritne 
Oresti  parentem  üldsciy  idedin  controversia^  wofür  dann  die  unge- 
hörige ausdrucksweise  eingetreten  ist:  me  ülcisci  parentem  negant 
oportuisse,  mit  der  art,  wie  man  die  stelle  des  Comificius  gewöhn- 
lich interpretiert,  kann  ich  mich  nicht  einverstanden  erklären,  man 
sagt:  interfedam  esse  ah  Oreste  matrem:  dies  von  dem  defensor  zu- 
gestanden ist  ein  utHe  für  den  accusator\  Ägamemnonem  esse  a  (%- 
taemedra  occisum:  dies  vom  aoousator  zugestanden  ist  ein  utHe  fOr 


830  ARömer :  anz.  v.  CHofi&nann  de  Terborum  trauBpoeit.  ap.  Cornificium« 

den  defensor,  allein  da  müsten  die  worte  doch  ganz  anders  lauten 
und  auch  eine  ganz  andere  Stellung  haben:  ea  quae  tdüia  nobis 
erunt  convenient;  hoc  modo:  inUrfectam  esse  ab  Oreste  matrem  oon- 
venu  mihi  cum  adversariis.  item  e  contrario:  Ägamemnonem  esse  a 
Clytaemestra  occisum  convenU  mihi  cum  adversariis.  eine  solche 
oder  ähnliche  Stellung  müsten  doch  sicherlich  die  worte  haben,  ganx 
abgesehen  davon  dasz  man  an  der  vagen  allgemeinheit  des  aus- 
druckes  ea  quae  utilia  nobis  erunt  keinen^anstosz  nehmen  will,  un- 
zweifelhaft richtig  und  verständlich  ist  die  von  Cic.  de  ino.  I  31  ge- 
geben» ausfuhrung:  quae  partUio  quid  conveniat  aut  quid  non  con- 
veniat  ostendit^  haec  debet  iüiAdy  quod  convenity  inclinare  ad  suae 
causae  commodumj  hoc  modo:  interfedammairem  esse  afiUoeon- 
venit  mihi  cum  adversarOs.  item  contra:  interfectum  esse  a  Clytae- 
mestra Ägamemnonem  convenU.  dazu  gibt  er  dann  im  folgenden  die 
ganz  richtige  erklärung:  nam  hie  uterque  et  idposuUy  quod  conveme^ 
baty  et  tarnen  stMC  causae  commodo  consuiuit.  das  heiszt  doch  wol: 
wie  der  defensor  des  Orestes  zugesteht  dasz  der  söhn  seine  matter 
getötet,  so  musz  er  auch  sofort  dem  accusator  des  Orestes  das  Zuge- 
ständnis abnötigen,  dasz  Eüjtaimnestra  den  Agamemnon  getötet  hat. 
dies  ist  das  inclinare  ad  suae  causae  commodum^  das  in  dem  ea  quae 
tUtUa  nobis  erunt  nur  schwach  und  unklar  wiedergegeben  ist.  darum 
scheinen  mir  auch  diese  worte  sowie  das  ganze  folgende  sprachlich 
so  anstöszige  beispiel  nicht  von  Comificius,  zu  dessen  hauptvorztlgen 
ju  bekanntlich  verständliche  klarheit  gehört,  ausgegangen  zu  sein, 
sondern  einem  interpolator  anzugehören,  der  dabei  die  stelle  aus 
Cicero,  noch  mehr  aber  die  von  Comif.  I  16,  26  gegebene  ansfüh- 
rung  vor  äugen  gehabt  zu  haben  scheint,  meines  wissens  findet  sieh 
eine  solche  bestimmung  über  die  divisio  nur  bei  Cicero;  Quintilian 
wenigstens,  der  die  partitio  ausführlich  behandelt  IV  5^  1 — 28, 
spricht  auch  nicht  mit  einem  worte  darüber. 

Eine  unzweifelhafte  interpolation  hat  man  bei  Comif.  über- 
sehen 1 4,  5 :  honestum  causae  genus  putatur,  cum  aut  id  defendiwms^ 
quod  ab  omnibus  defendendum  indetur^  aut  id  oppugnamus^  quod  ab 
Omnibus videtur  oppugnari debere,  utpro  viro  forti  contrapari- 
cid  am.  die  letzten  worte  ut  pro  viro  •  .  paricidam  gehören  nicht 
hierher.  Einmal  ist  die  construction  ungehörig:  man  mag  die  worte 
drehen  und  wenden  wie  man  will,  sie  mit  oder  ohne  komma  schrei- 
ben, sie  fügen  sich  nicht  ohne  anstosz  an  das  vorhergehende;  sodann 
gibt  Comif.  hier  nur  definitionen  und  sämtliche  ohne  beispiele;  wa- 
mm  sollte  femer  der  schriftsteiler  gerade  zu  der  einleachtendÄtent 
klarsten  und  verständlichsten  seiner  definitionen  ein  beispiel  gesetzt 
haben,  während  wir  viel  eher  ein  solches  erwarten  beim  dubvim  und 
humüe  genus?  die  anstOszigen  worte  sind  die  randbemerkung  eines 
abschreibers ,  die  dann  später  in  ungehöriger  weise  in  den  text  ge- 
kommen ist 

Ganz  einverstanden  musz  ich  mich  erklären  mit  der  zuück- 
Weisung  von  Weidners  ansieht  über  die  entstehungszeit  von  Ciceros 


AROmer :  anz.  y.  CHoffinann  de  yerbomm  transposit.  ap.  Comificium.  831 

bflchem  de  inventiane  und  der  rhetorik  an  Herennius  8.  8  ff.,  was 
hauptsächlich  gegen  diese  zuerst  Ton  Bnrman  geäuszerte  ansieht 
spricht  ist  von  H.  s.  10  schlagend  hervorgehoben,  aber  noch  eine 
andere  behauptung,  die  mehr  die  sache  selbst  betrifft,  hat  mich  bei 
Weidner  überrascht,  'gegenüber  dem  nur  zu  wahren  urteile  Spengels 
über  den  Verfasser  der  bücher  de  invefUiane  (rh.  mus.  XVIII  s.  495) 
^derselbe  glaubt  es  immer  anders  und  besser  machen  zu  müssen 
(als  Comificius) ,  macht  es  aber  gewöhnlich  schlechter'  spricht  sich 
Weidner  s.  IV  anm.  8  dahin  aus:  'omnino  diligenti  quodam  philo- 
sophiae  studio  Ciceronis  ars  differt  a  Comificii  ratione/  allein  wie  es 
mir  scheinen  will,  hat  ihn  das  ^diligens  philosophia^  Studium'  nicht 
▼or  misyerstftndnissen  und  Ungeschicklichkeiten  geschützt,  dafür  nur 
zwei  beispiele.  über  die  Wahrscheinlichkeit  der  narraHo  spricht 
Comificius  I  9^  16  veri  simüis  narrcUio  erii,  $i  ut  mos,  ut  opinio^  ut 
natura  pastutat  dicemus.  das  gibt  nun  Cicero  wieder  129:  si  res  ä 
ad  eorum  qui  agent  naturam  et  ad  vuHgi  morem  et  ad  eorum  qui 
audietU  opinionem  adcammodäbUur.  allein  das  ist  klar,  dasz  er 
die  Vorschrift  des  Comif.  gar  nicht  verstanden  hat:  denn  das  wort 
natura  in  der  Zusammenstellung  mit  mas^  apinio  hat  offenbar  einen 
ganz  andern  und  allgemeinem  sinn.  Quintilian  hat  es  richtig  wie- 
dergegeben IV  2, 52  ne  quid  naturae  dkamus  adversum^  und  er  meint 
damit,  die  narratio  darf  keine  momente  enthalten,  die  verstoszen 
gegen  die  ewigen  und  anwandelbaren  gesetze,  wie  sie  in  der  natur 
bevschen.  Cicero  hat  aber  im  Übel  angebrachten  verbessemngs- 
eifer  die  sache  zu  sehr  beschrttnkt:  wenn  man  nemlich  zu  mos  und 
opmio  etwas  anhängen  darf,  so  ist  es  nur  Aomimim,  und  dazu 
tritt  dann  als  das  letzte,  wichtigste  und  allgemeinste  natura,  die 
narratio  darf  also  nicht  widersprechen  mori^  opinioni  hominum^ 
am  allerwenigsten  aber  naturae.  der  Vorschrift,  wie  sie  Cicero  for- 
muliert hat|  wird  Comif.  daselbst  gerecht  mit  den  werten  jper^cmo- 
rum  dignitaies^  womit  die  folgende  ausführang  stimmt:  ne  refdli 
passit  (sc  narratio)  . .  aut  homines  ipsos  facere  aut  pati  non  potuisse. 
Ich  wüste  aber  zur  bestfttigung  von  Spengels  urteil  keinen 
bcUagendem  beweis  aufzubringen  als  das  beispiel  welches  Cicero  II 
51,  153  für  die  constitutio  legitima  ex  scripta  et  ex  sententia  gegeben 
hat.  man  vergleiche  dasselbe  mit  der  einfachen ,  ungesucht  klaren 
auseinandersetzung,  welche  Comif.  IT  11,  19  uns  darbietet,  mit 
welch  schülerhaftem  Ungeschick  ist  das  von  Cicero  geändert  wor- 
den !  da  sehen  wir  doch  wol  klar  und  deutlich ,  wie  er  in  dem  be- 
müheUy  den  von  seiner  vorläge  gebotenen  fall  recht  fein  zuzuspitzen 
und  ihn  dadurch  noch  complicierter  zu  machen,  eine  Ungeschicklich- 
keit immer  grüszer  als  die  andere  begeht,  wenn  man  solche  und 
ähnliche  fälle  sich  vor  äugen  hält,  so  kann  man  über  die  art  der 
entetehung  beider  werke  nicht  im  mindesten  in  zweifei  sein,  zu- 
gleich wird  man  aber  wieder  inne,  welchen  schätz  wir  an  dem  klar 
und  durchsichtig  gearbeiteten  handbuch  des  Comificius  besitzen* 
freilich  erfordert  dasselbe  ein  angestrengtes,  hingebendes  Studium, 


832  OErdmann:  zu  StatioB  Thebais  [IV  94]. 

aber  wer  auf  ein  solches  gestützt  das  jugendwerk  Ciceros  damit 
vergleicht,  dem  wird  es  unschwer  gelingen  an  manchen  stellea  zu 
zeigen  und  andere  zu  überzeugen  quid  disteni  aera  Jupinis, 

München.  Adolf  Bömse. 

114. 

ZU  STATIÜS  THEBAIS. 


In  der  Schilderung  der  gegen  Theben  sich  warnenden  und  ihre 
scharen  versan^nelnden  beiden  bei  Statins  lesen  die  neueren  bgg. 
Theh.  IV  94  patriae  ckt  agmina  gmtis  fidmineus  Tydem^  iam  Ick^ns 
et  integer  artus,  eine  Variante  ist  nicht  angegeben,  auch  die  leaart 
sonst  nicht  bemängelt,  anstosz  aber  erregt  integer  artus.  fi«ilich 
wird  man  bemerken,  dasz  die  stelle  auch  sonst  etwas  nachlftsaig  ge- 
arbeitet ist,  besonders  dasz  das  nachfolgende  gleichnis  sdilecht  ge- 
wählt oder  wenigstens  schief  ist:  der  jugendkräftige  Tydeus  ver- 
glichen mit  der  aus  dem  Winterschlaf  erwachten,  durch  häutung  neu 
gestärkten  schlänge,  aber  deswegen  darf  man  sich  den  anstosz  in 
artus  nicht  gefallen  lassen,  denn  der  ist  entschieden  voriiandoi. 
erstens  weil  artus  fast  nur  im  plural  vorkommt,  wie  bei  Homer 
Tuiot,  und  weil  gerade  hier  der  plural  durch  den  sinn  verlangt  wird; 
auch  die  beiden  einzigen  stellen,  wo  artus  im  singulär  vorkommt, 
Yal.  Fl.  IV  310  qua  primo  cervix  contmittüur  artu^  und  Lucan^VI 
754  tunc  amnis  palpitat  artuSy  können  den  singulär  für  unsere  steile 
nicht  rechtfertigen,  wollte  man  aber  femer  auch  zugeben  dasz  offMS 
wie  öfter  im  sinne  von  tnembra  gebraucht  sei,  so  ist  doch  der  aus- 
druck  zweitens  zu  allgemein  und  darum  zu  schwach:  denn  es  handelt 
sich  hier  nicht  allein  um  körperkrafL  eben  dieses  und  dazu  die  bei 
Statins  sehr  häufige  Verbindung  der  adjectiva  mit  genetiv  scheint 
mir  gegen  die  auffassung  von  artus  als  acc.  plur.  zu  sprechen«  die 
Verbesserung  erscheint  leicht:  zunächst  liegt  artis  'kriegskuade, 
Übung';  doch  scheint  auch  dieser  ausdruck  nicht  kräftig  genug, 
dann  wäre  mit  beziehung  auf  das  attribut  der  schlänge  im  gleich- 
nis {Über  senio  et  squalmtibus  annis  exutus)  an  aevi  zu  denken, 
welches  die  dichter  oft  bei  integer  haben  (Verg.  Aen.  IX  255.  Ov. 
met.  IX  441.  Statins  ^t;.  V  2,  63.  Theh.  U  638).  doch  mSchte  ich 
noch  lieber  ausi  vorschlagen,  mit  beziehung  auf  die  bekannte  beiden- 
that  des  Tydeus  gegen  die  ihn  aus  dem  hinterhalt  überfallMiden  The- 
baner  (D.  €  384  ff.  uö.).  auch  Statins  schildert  dies  ausführlich  11 
480 — 742,  so  dasz  eine  Zurückweisung  darauf  nicht  nur  ganz  natfir* 
lieh  ist,  sondern  auch  den  heldenmut  des  Tjdens  am  kräftigsten 
hervorhebt,  der  genetivns  relationis  findet  sich  recht  oft  in  eansaler 
bedeutung,  so  auch  hier:  *dnrch  seine  heldenthat  fühlte  sich  l^dens 
kräftig.'  ähnlich  SiUus  XIU  214  {Vtrrius)  iurbidus  ausi  imeauto  fer- 
vore  eruperat. 

Stendal.  Otto  EnDiiAini. 


AStrelits:  emendationes  Petronii  aatiraram.  883 

(88.) 
EMENDATIONES  PETRONII  SATIBAEUM. 

(vide  supra  p.  629—634.) 


c.  38.  Garrolus  conviva,  ex  quo  Encolpios  de  mnliere  Tri- 
malchionis  seisdiatos  erat,  non  in  hac  fabola  consistit,  sed  de  fami- 
lia,  de  divitiis  domini  cenae  uno  tenore  confabalatns  postremo  ad 
coalibertiim  Trimalchionis  modo  inopem,  sed  thesaoro  invento  divi- 
tem  ÜMtnm  delabitnr.  sie  pergit:  ego  nemni  invideo^  si  quid  deus 
dedä,  est  tarnen  suib  älapa  et  non  vuU  9ihi  male,  cam  de  libertino 
senno  sit,  fieri  non  potest  quin  de  alapa  symbolo  manamissionis  vin* 
diota  factae  oogitemaB.  notus  antem  est  locus  Taciteus  ann.  XIII  27 
quin  et  fmmumUtendi  duas  speäes  instüutoB^  ut  reUnquentur  paeni- 
tentiae  amt  novo  beneficio  locus:  quoe  vindictapatronus  non  liberaverit, 
vdut  vimetdo  servituiis  attineri.  quem  locom  falso  quidem  Burmannus 
sie  ad  nostmm  adhibuit,  ut  libertum  illom  potuisse  ad  servitutem 
reTOcari  dioeret  *,  sed  haec  sane  verbis  est  tarnen  sub  cHapa  subest  sen* 
tentia,  nondom  plane  ac  rite  illom  manumissum  i.  e.  nondum  ciri- 
tatem  simul  cum  libertate  adeptnm  esse  atque  id  ut  sibi  contingat 
timere.  id  sibi  velle  elooutionem  istam  perspectum  habebit,  qui  sub 
aHapa  i.  q.  sub  imperio  alapae  esse  viderit  (cf.  Horatii  iUud  adhuc 
9ub  iudAce  Us  est^  Liv.  XXIV  26  sub  aUena  inviäia  regnare^  Plancos 
ap.  Cic.  epist.  X  23,  2  sub  mofHi,  Lir.  XLm  10  sub  ktu  esse^  Colom. 
I  2  sub  hoc  metu)  vel,  ut  rem  ipsam  symbolo  substituam,  sub  imperio 
dommi^  penes  quem  est  manumissio.  quam  interpretationem  elo- 
eutionis  proverbialis  ne  quis  iusto  violentiorem  ezistimet  non  timeo, 
sed  concedo  etiam  de  yeris  plagis,  quas  parasiti  patiebantur,  oogitari 
posse.  atat  vero  de  alapae  oommemoratione  statuis,  oerte  eondicio- 
nem  libertini  minuit,  atque  ob  id  ipsum^  quomodo  cum  eis  qnae  se- 
quuntnr  sie  ut  eztant  iungi  possit,  non  yideo.  hie  enim  sine  dubio, 
ut  Temaoula  lingua  loquar^  sententiamm  nexus  est:  'das  war  früher 
ein  armer  schlncker.  aber  nun  soll  er  einen  schätz  gefunden  haben 
und  anf  einmal  reich  geworden  sein,  in  gottes  namen,  ich  beneide 
ihn  nicht,  er  ist  ja  doch  von  den  launen  seines  patrons  abhftngig. 
dabei  aber  Ifezt  er  sich  freilich  nichts  abgehen.'  iam  igitur  con* 
innctioni  el  locus  nullns  est:  nam  etsi  quidem  saepenumero  eam  vi 
adyersatiTa  indutam  esse  non  ignoro,  hie  certe  non  ea  est,  ut  vim 
particolae  tarnen,  quominus  aeqne  ad  posterius  atque  ad  prius  colon 
ennntiati  referri  possit,  prohibeat.    itaque  cum  alterum  ab  altero 


*,  qni  iustam  ac  legitimam  mannmissionem  non  assecutl  erant,  re 
ipsa  quidem  liberi  fiebant,  sed  non  ex  iare  Qairidam,  neqae  etiam  in 
civitatem  perreniebant,  sed  lege  lonia  Norbaaa  lata  a.  778  Latini  laniani 
appellabantar:  y.  Beokeri  antiq.  Kom.  II  1  p.  71.  poterant  antem  qal 
sola  Tolnntate  dominomm  manumissi  erant,  denno  vindieta  manomitti, 
neqne  alind  qoieqnam  nisi  eam  iterationem  spectat  paetätentia  loci 
Tacitei:  cf.  Beckemm  1.  L 

iahrbOehtr  fQr  clatt.  philoU  1873  hft.  11.  68 


834  AStrelite:  emendationes  Feironii  aatiraram. 

ennnüato  disinogi  necesse  sit,  quo  sentenüa  quam  modo  ezporai 
evadat,  sie  legendum  censeo:  est  tarnen  sub  olopa,  sed  nan  vhU  sün 
mfüe,  cetenun  iam  non  eget  hie  locus  coniectnris,  qnales  Bunt 
lacobsii  vu^pecula,  alius  v.  d. nescio  cuius  sub  aüaga  i.  e.  in*  äXXatQ, 
altera  ut  pleraeque  lacobsii  temeraria,  altera  certe  otiosa  et  intellectu 
band  faoilior  soriptora  tradita. 

c.  43.  Incidit  super  cenam  mentio  de  funere  CfarysanÜiL  quam 

indignans  PbileroB  ubi  yerbis  vworum  fManifimflMMintemipit,  statim 

ipse,  quae  fere  est  rudis  ingenii  inoonstantia,  in  molestam  rem  de- 

fiectit  orationem,  cuius  baec  sunt  extrema  verba:  et  quot  putas  iBmn 

afmos  secum  tüUsse?  eepiuaginta  et  supra,  sed  oameoius  fiiUy  aetalem 

bene  ferebat^  niger  tanquam  oorvus,  noveram  kominem  olim  Morum 

et  a^uc  salax  erat,    non  meheroUles  ühnn  puto  in  domo  camem  rdi- 

guisse.  immo  etiam  pueHarius  eratp  omnis  minervae  komo.  necm- 

prdbo;  hoc  sdUim  entm  secuim  tvHU.    sunt  qui  nihil  in  sermon«  ple- 

beio  reddendo  Petronio  non  licuisse  statnere  videantur  et  qnidquid 

infimo  cttique  homini  forte  in  buocam  veneritf  illum  ezpressisse  sibi 

persuadeant..  ego  yero  Buechelerum  (p.Xpraefationis)  secutns  multo 

praestantiorem  scriptorem  Petronium  ezistimo,  quam  uttun  bumilem 

artem  eum  ezercuisse  putem.  boc  autem  loco  tantum  abest  ut  Petro- 

nianum  agnoscam  oUm  otiorum^  qnod  Orellius  (leotiones  PetroniaDse, 

Turici  1836,  p.  5)  praeter  nummofwn  nwmmos  c.  37  Francogallonim 

*^  la  fin  des  fins'  comparans  tuebatur,  vel  oUm  otimorynm,  qood 

Weblius  p.  17  emendabat,  ut  omnino  dici  sie  unquam  potuisse  n^gem, 

cum  similis  flexionis  ne  apud  comicos  quidem  scriptores  exemplum 

quod  sciam  extet  nllum. '°   iure  igitur  omnes  fere  docti  locum  cor* 

rqptum  esse  iudicayerunt;  aed  quascunque  ipsi  effuderuntoonieotons, 

yitium  non  sanarunt.    nam  ne  de  Terbis  ab  Oriolio  mire  eonfictis 

oUmoUerum  (L  e.  mulieres  subodorantem)  aut  motimoUerwm  (L  e. 

mulierum  moUtorem)  dicam,  wemidierarwm  etmti2ierQ8iMii8cheffeh 

et  Heinsii,  sive  moQMrem  Antonii,  motüorem  Beiskiii  odiosiMii  lacobsii 

respicis,  nuUa  ex  illis  coniecturis  ea  est,  quin  aut  a  codicis  Tesiigüs 

nimium  recedat  aut  convenientia  significationis  aut  certe  nsu  Hago^ 

latinae  destituatur.  neque  eüam  Buechelerus,  cum  verbum  obecenam 

salacitati  adfine  quaerendum  duceret  et  de  eoieonim  nomine  cogitaret, 

invenit  in  quo  acqaiesoeret.    alia  mihi  insistenda  videbatur  ratio 

emendandi  loci,  cum  non  inter  se  contraria  esse  adverbia  olim  et  od- 

hue^  sed  idem  tempus  significare  idque  accnratius  denotandum  esse 

mihi  persuaderem.    itaque  oliorum  falsa  dittographia  ortnm  esse. 

annorum  autem  adiecto  numero  longius  provectam  aetatem  in* 

dicante  in  genuina  scriptura  faisse  suspicor,  ut  Chrysanthnm  iam 

senem  novisse  sese  atque  etiam  tum  iUum  salacem  fuisse  Phileros 

dicat 

Verba  omnis  Minervae  homo  male  Schefferus  interpretatus  est: 


10  qood  c.  68»  ubi  cod.  H  maii  isto  exhibet,  Scheffenu  asflif*  i-  «- 
maximo  a  ^dXtCToc  sospioabatur,  ob  eandem  eaiuAis  reicianHiui  Mt  «^ 
iure  Baechelenis  Manckeri  recepit  emendationem  wuneHo. 


AStrelitzs  emendationes  Petaponii  satiraram.  886 

'qni  com  qnavis  virgine  rem  habere  Bindet*,  sine  dubio  yox  miner* 
vae  (sie  enim  com  Baechelero  scribendnin  est)  eadem  notione  tra* 
latieia  qua  pingui  vel  crassa  ndnerva  dicta  est  et  referenda,  ni  fallor, 
ad  varias  rei  veneriae  rationes  sea  fignraa.  cf.  c.  68  idem  sutar  est^ 
idem  oocia^  idempistory  omnis  musae  mancipntm. 

c.  58.  Hermeros,  nnus  ex  conlibertis  Trimalchionis,  eum 
Aseyltoii  effose  ridentem  animadvertiseet  eoque  risn  dominum  euom 
despectui  haberi  sensisset,  convitia  in  enm  cumnlat  alind  super  aliud, 
iam  Oiton  ipse  qnoqne  risum  diu  compressum  effnndit,  nee  mora  in 
hunc  Tel  facerbioribus  malediotis  invebitur  Hermeros«  postremo  ur- 
gere  eum  stndet  tribns  propositis  aenigmatis  bis:  ecee  qui  de  nobis 
*longe  venio  j  lote  venio.  aokfeme.'  dioam  tibi,  qui  de  fk)bi8  currü  ei 
de  loco  tum  movetur;  qui  de  nobis  ereacU  ei  fmnor  fit.  cmris^  siupes, 
aaiagiSy  tanquam  mus  in  matdla.*  prioia  yerba  pessime  olim  sie 
legebantnr :  ecce  qmdem  nobis  lange  nemOf  lote  venio^  dum  utrobique 
vemo  in  codice  exaratum  esse  compertum  est  et  Buechelerus  eüam 
primo  loco  qui  de  ncbis  restituit.  quod  autem  puerorum  nostratinm 
de  lana  glomerata  aenigma  confert  ^breit  komm  ich  aufs  dach,  lang 
wieder  herunter:  rathe  mich',  recte  quidem  söive  nie  interpretatur 
▼erbis  TemacuUs,  söd  ut  eadem  sentenüa  in  exilibns  verbis  Herme- 
rotis  sit,  fieri  qui  potest?  de  hoc  aenigmate  quid  ego  sentiam,  dicam 
postquam  de  extremis  yerbis  egero,  in  quibus  curris  sanum  non  esse 
Buechelerus  cognovit.  nee  tamen  ipsi  ut  verum  iuTeniret  oontigit. 
nam  quod  dubitanter  muttis  vel  mmurris  conieoit,  quid  huie  loco  cum 
voce  avicularum  ?  neque  etiam  muUis  minus  longe  a  codicis  scriptura 
recedit  quam  fMuni»,  quod  nesdo  an  hano  ipsam  ob  causam  legendum 
non  proposuerit,  cum  ceteroquin  illud  verbum  murium  vocem  deno- 
tans  ad  sententiam  bene  quadret.  missis  igitur  bis  coniecturis  vide 
ne  forte  cucurris  Petronius  scripserit,  ut  risus  efirenatus  atque  in- 
decens  Oitonis  cum  sono  galli  gallinaoei  comparetur.  qua  in  com« 
paratione  per  se  non  inepta  eo  minus  offsndes,  si  in  paronomasia, 
quae  inter  verba  currit  et  cuewrris  intercedit,  aenigmatis  alterius 
acuraen  consistere  posse  videris.  nempe  enim  cucurrit  Giton  et  de 
loco  non  movetur.  quod  autem  idem  cresoere  et  minor  fieri  dicitur, 
nam  de  Oitone  omnia  dicta  esse  consentaneum  censeo,  id  ipsum  quo- 
que  illa  comparatione  explicari  velim.  nam  cum  ingentem  risum 
adit  ac  nimium  se  effert,  inflat  se  tanquam  gallus  cnoorriens,  simul 
autem,  quod  ambages  propositas  solvere  non  potest  neque  habet 
quod  contra  dicat  vel  faciat,  obstnpefactus  instar  muris  in  matella 
satagentls  hominem  nullius  acuminis  et  abieoti  animi  se  praebet  ita- 
que  cresdt  ei  mwior  fit.  primum  autem  aenigma  fortasse  hoo  sensu 
in  Gitonem  dictum  est,  longe  lateque  eum  peregrinari  (cf.  c.  57 
larifuga  nescio  quis  nodumuSj  quae  quidem  verba  de  Ascylto  dicta 
simul  nimirum  de  Gitone  valent)  et  quomodo  angustüs  se  solvat 
nescire.  in  bis  ambiguis  explicandis  post  sagaciorum  virorum  irritos 
labores  mihi  omnia  prospere  successisse  non  ausim  affirmare,  sed 
satis  habeo,  si  aliquid  veri  in  eis  quae  exposui  inesse  conoedatur. 

68  • 


836  AStrelitz:  emendationes  Petronii  saürarnm. 

unain  addere  Übet,  quod  emendationi  •  et  interpretationi  meae  non 
nihil  momenti  afferre  yideatar.  parem  enim  atqne  Hermeros  mea 
sententia  in  Gitonem  ingessit  cavülationem  Trimalchio  initio  capitia 
sequentis  illi  ipsi  reddit,  cum  dicit:  et  tu  cum  esses  oapOy  eoeoooeo 
(i.  e.  fadehas) ,  atque  cor  non  häbebas,  cui  tarnen  sententiae  propter 
caponis  nomen  galli  loco  positcun  obsceni  nesdo  quid  inspersnm  est 

c.  72.  Mentione  testamenti  mortisqne  facta  flere  ooeperat  Tri- 
malchio ac  tota  cum  eo  &milia,  tanquam  in  f onus  rogata,  cum  luctom 
discnssit  oohortatio  Trimalchionis,  ut  vivere  meminissent  et  balnea 
peterent.  tnm  Encolpios  respioiens  ad  Ascylton  ^quid  cogüas?'  in- 
qcdt  *ego  enim  si  videro  hälnewn^  statim  es^rabo.*  'assentenmr'  aü 
iUe  ^et  dum  Uli  hälneum  petunt,  nos  in  turha  exeamus.*  haec  com 
legerem  neque  coiqnam  offensioni  fnisse  viderem ,  nisi  quod  in  mar- 
gine  codicis  dt.  absevdemufr  esset,  tox  Petronii  aetate  inandita  atqne 
etiam  tribus  Tel  qnattuor  saecnlis  post  et  genere  et  notione  diversa, 
mirabar  et  emendabam  assectemur.  nam  posteaquam  Habinnas 
Trimalohionem  et  illom  ceteri  convivae  snbsequi  coepenmt,  iam 
Ascylti  sociommque  eins  non  erat  assentari,  sed  id  agebatur,  ntrom 
ipsi  quoque  layatom  irent  an  fagerent.  eandem  coniectnram  com 
editionem  minorem  Bnecheleri  nactns  ab  hoc  in  ipsnm  contextam 
verborom  reoeptom  cognoseerem,  gaadebam  simnlqne  hnnc  cam  yiro 
de  Petronii  reliquiis  meritissimo  consensnm  non  reticenti  mihi  veniam 
fore  sperabam. 

c.  80.  Alio  ex  loco,  qni  nbi  fuerit  ne  snspicari  qnidem  licet,  hnc 
delati  snnt  versus  hi  quattuor: 

grex  agU  in  seaena  mtmum:  pater  Ule  vocatufy 

fiUus  hiCy  nomen  diviOa  Ute  tenet. 
mox  ubi  ridendas  inctusU  pagina  partes^ 
Vera  redU  fades ^  adsimulata^^  perit, 
de  sententia  controversia  nulla  est,  sed  cum  Buechelero  in  voce 
pagina  haereo.  quam  etiamsi  ad  Martialis  epigr.  1 5  lasckfa  est  nebis 
pagina,  vita  proba  maxime  respiciens  fabulam  ipsam  yalere  statoas, 
tamen  ne  fabula  qnidem  ridendas  indudere  partes  dici  potest  eo  quo 
hie  opus  est  sensu,  dico  post  actam  fabulam.  quam  sententiam  ne 
Buechelerus  quidem  asseoutns  esse  mihi  videtur,  cum  maekina  ooni- 
ceret  et  pegma  scaenicum  esse  vellet.  cogitavit,  ni  faUor,  vir  doctiKi- 
mus  de  personis,  figmentis,  vestimentis  exuüs  et  indusis,  sed  hnic 
usui  non  pegma  vel  alia  machina  scaenica,  sed  armariom  inwrvit. 
quid  antem  üpergula,  emendationem  videlicet  facillimam,  legaaV 
optima  enim  iam  evadit  sententia,  comoedum  pauperem,  ubi  de 
scaena  domum  redierit  in  pergulam  euam ,  veram  redpere  fadem, 
de  pergula  cf.  c.  74  sed  hie^  qui  in  pergvHa  natus  est^  aedes  non 
semniatur. " 


*'  dissimuleUa  in  cbdd.  adtinadalOj  Doozae  conieetaram,  in  ed.  min. 
Baechelems  so«  emendatione  dum  sitmdaia  matavlt.  ^*  omitit  haac 
locttm  Marqnardtiiu  antiq.  Rom.  V  I  p.  93,  ubi  de  illa  voce  agit. 


AStrelitz:  emendationeB  Petronii  satiranmi.  837 

c.  82*  Etiam  qni  sequimtiir  versas  falso  nunc  exhibentur  looo. 
Vincentius  Beloacensis  (apec.  hist.  XXI  25)  secondum  ordinem, 
quem  in  ezcerpendia  sententüs  adhibait,  inter  o.  20  et  34  eos  legit. 

non  bibit  niier  aquasponui  autpendcfiüa  carpü 
TanUHus  mfdix^  quem  sua  voiaprenrnnt. 

dkntis  haec  magni  fades  erü^  amnia  cemens 
qui  tenet  et  sicco  concoquU  are  famem. 
facile  Bueohelero  assentior  bis  versibus  mediocre  aliqaod  ingenium 
in  deperdita  quam  indioavi  saüranun  parte  lusisse,  tarnen  toI  boc  in- 
feriora  duco  verba  divüis  magm  cum  per  se  languidissima  tum  boc  loco 
inepta.  neqne  enim  magm  diMtis  speciem  praebent  Tantali  GraciatoBy 
sed  eins  qni  divitiarmn  usu  fallitor.  cui  sententiae  optime  satis  fieri 
pnto,  si  mecom  legas  dwiiis  haec  vani  fades  erU*  cf.  Tac.  bist,  n  22 
ne  irrisus  ac  vatnus  isdem  castris  assideret^  Verg.  Aen.  X  631  a/iU  ego 
veri  vana  feror,  Silii  Ital.  Xu  261  nee  forsan  voii  vanus  foret. 

Geterum  non  unum  boc  vitium  traxere  yersus  qnos  adsoripsi. 
nam  ut  de  priore  disticbo  taceam ,  qnod  qnomodo  traditum  ac  tan- 
tatam  sit,  vide  apud  Bnecbelemm,  in  altero  certe  omnia  cemens  non 
recte  se  babet;  Folgentü  (mytb.  U  18)  amnia  late  non  ex  codice,  sed 
ex  ipsios  ingenio  fioxisse  Tidetnr;  yemm  fortasse  vidit  Bnechelemfi, 
com  in  ed.  min.  drcum  emendaret.  etiam  in  versa  sequenti  Codices 
cormptam  exbibent  vocem  iimet,  veram  Vincentios,  florileginm  Pari- 
sinnm  et  b.  1.  Fulgentins  quoque  landatus  in  margine  L. 

c.  89.  In  yersibos  inflato  eodemqne  bamillimo  Eomolpi  ingenio 
dignis,  quibns  illom  in  pinacotbeoa  Troiae  balosin  pictam  explanan- 
tem  facit  Petronins,  y.  10  ferri  neqnit  sie  nt  yulgo  legitur: 

st^pani  graves 

egui  recessus  Danai  ä  in  wAo  lateni. 
neqne  elisio  Danai  et^  de  qua  y.  Lucianum  Muellerum  de  re  metrica 
poet.  lat.  p.  288,  neque  elocutio  m  voto  latent  recte  se  babet.  bac  ser» 
yata  iUam  yitayit  Scaliger,  cum  suum  sine  dubio  b.  L  secutus  in* 
genium  in  codice  Leidensi  exararet  Danai  recessus^  tu  suo  voto  latent. 
quibuscnm  Scaliger  ceteroquin  maxime  conspirat,  editiones  Pitboei 
et  Tomaesii  (p  t)  solae  versum  plenum  sie  ut  supra  adscripsi  ex- 
bibent, libri  manu  scripti  omnes  primo  pede  mutilum.  cuius  emen* 
dandi  xectam  utique  yiam  monstrayit  Scaliger,  sed  neque  ipsius 
emendationem  plane  sequi  debebat  Buecbelerus,  quod  in  ed.  min. 
fedt,  neque  cum  in  ed.  maL  praef.  p.  XL  VI  tentaret  Danai  recessus  et 
in  equo  Udo  latent ,  nimium  a  Scaligero  simul  et  a  ceteris  libris  dis-» 
eedere.^'  mibi  quidem  acquiesci  posse  yidetnr  in  yersu  sie  redinte- 
grato:  Danai  recessus  et  in  equo  voto  latent:  ut  enim  voto  retineam, 
qua  in  yoce  cum  equo  iuncta  non  video  cur  offendamus,  movent  me 
etiam  yerba  Yergilii  Aen.  11 17  votum  (i.  e.  equum)  pro  reditu 


^*  primo  Baeehelenxs  yocem  ferro  additam  in  complaribus  libris 
ante  eaesi  v.  4  hne  reTOcandam  oensoit,  sed  ex  glossa  eam  irrepsisse, 
qnod  iam  Sambacns  cognoTit,  staiaendom  Tidetnr. 


838  AStrelitz:  emendationes  Petronii  satiraram. 

lanty  qaae  aeqae  ac  totam  ezcidii  Troiae  descriptionem  Yergilii 
respezisse  Emnolpam  non  est  quod  dicam. 

c.  93.  Eumolpus  ab  iis  qni  in  portico  spatiabantur  solitam  pro 
versibus  de  Troiae  halosi  recitatis  graüam  cepit  banc,  at  lapidum 
ictibns  fügere  cogeretur.  tum  ne  Encolpion  quoque  in  se  efferaret, 
toto  die  ariem  suam  aliis  molestam ,  ipsi  damnosam  sese  intermissu- 
rom  promisit.  cum  tarnen  itenun  versus  funderet,  acerbis  ac  mi- 
nacibus  verbis  ab  illo  obrutus  est,  sed  a  Gitone  defensua.  sieme 
(i.  e.  Eficolpum)  loquentem  obturgavü  OHon^  mUissimus  puer^  et 
negavü  rede  facerej  quod  seniari  conviHarer  . .  fmdtague  aUa  mode* 
ratianis  verecundiaeque  verba^  quae  farmam  ems  egregie  deoebant. 
inter  baec  verba  et  quae  statim  initio  capitis  sequentis  leguntnr  ^o 
fdioem'  inguU  (i.  e.  Eumolpus)  ^matrem  iuam^  quae  te  taiempeperü* 
ezcidisse  quaedam  asteriscis  interpositis  indicant  Lpt,  et  certe  qoi- 
dem,  ut  lacobsios  adnotavit,  desunt  panca  *quib\is  Eumolpnm  Oitonis 
bumanitate  delectatum  fuisse'  dictum  erat,  mibi  vero  hoc  quoque 
offensioni  est,  quod,  cum  paulo  post  Eumolpus  sie  Gitonem  suayiter 
alloqui  pergat:  üa^  ne  puies  te  tot  verba  perdidisse^  amatorem  tu- 
venisH,  nunc  non  extant  illa  Gitonis  verba  oratione  quam  dicont 
recta,  qua  etiam  Encolpion  loquentem  facit  Petronius,  sed  eomm 
loco  auctoris  narratio  supra  adscripta,  ad  quam  dictum  illud  Eumolpi 
minus  apte  refertur.  quem  igitur  Buechelerus  praef.  p.  XXXVI  boii 
nunquam  Petronii  satiras  decurtasse  dicit  epitomatorem  et  ego  quo- 
que c.  31  (v.  supra  p.  631)  investigasse  mihi  videor,  eundem  hoc 
loco  Gitonis  orationem,  qua  poetam  senem  defenderit,  contraxiase  et 
obliquam  reddidisse  suspicor. 

c.  97.  Ascjltos  cum  praecone  fugiüvum  Gitonem  quaerens  ac- 
cedit,  quod  ubi  intellezit  Encolpios,  qui  puerum  in  sna  cella  tenebat, 
imperavit  Gitoni  ut  raptim  gräbaium  suburet  afmeöUrtique  pedes  ei 
manus  instüis,  quibus  sponda  culdtain  ferebat^  acsieut  oUm  VUxes 
pro  ariete  adhaesissei,  extenius  infra  grabatum  scnäanHum  duderei 
numus.  scripturae  utique  corruptae  pro  ariete  irritus  eztitit  vindez 
Orellius  hac  interpretatione :  'arieti  ita  adhaesisset,  ut  ipse  pro  parte 
eins  habitns  evaderet.'  Heinsium  utero  arietis  coniecisae  tradit 
Bofichius,  sed  vehementer  hoc  loco  erravit  vir  inlustria,  cum  de  ariete 
Uterus  dici  nequeat  ipse  Boschius  tanquam  codicis  scripturam 
in  ariete^  sed  commentidus  liber  est.  Munckeri  emendatio  tmo 
nee  si  palaeographicam  quam  dicunt  artem  spectas  facilis  et  gramma- 
ticae  ratione  habita  falsa  est.  rectam  sine  dubio  viam  ingzeasos 
Buechelerus  in  ed.  mai.  sie  textum  constituit:  pro  •  •  .  airidi  ad-^ 
haesieset,  sed  quae  lacunae  ezplendae  causa  adnotavit  pro  Mduie  aut 
procero  aut  pro  sarcina  non  placent  neque  ipsi  puto  poatea  probata 
sunt,  cum  in  ed.  min.  praepropere  sane  hanc  suam  reciperet  coa* 
iecturam  Cydopis  orieH.  equidem,  cum  intercidisse  aliquid  poat  pro 
sjUabam  statuendum  videatur,  pro^fugusy  vel  pro(mpte}  malim, 
neque  etiam  morer  si  quis  olim  pro(ynde^  post  adhaesissei  ftiiaee 
coniciat. 


ASfarelits:  emendationes  Petronii  satiraraxii.  839 

Yixdom  Oiton  se  abdiderat,  com  Ascyltos  comitante  praecone 
ad  cellam  venit  et  oppessnlatas  fores  efifrüigi  iii88it  tgo  ad  gemta 
Aseißli  procubui  et  per  fnemoriam  €nnicUiae  perq^ne  societatem  mtsena- 
rum  petn^  id  saUem  astenderei  frairem,  ad  eztrema  verba  Scioppios 
adnotavit:  *i.  e.  nt  se  gereret  erga  me  tanqnam  fratrem,  non  tan- 
qnam  inimicnm.'  quam  sententiam  miror  Burmaimain  suam  fecisse 
neqne  alittm  quemqnam  qnod  sciam  ei  oblocutnm  esse,  nam  fakissi- 
mam  esae,  ne  de  elocutione  insolenti  dicam,  et  ipsa  vox  saUem  argu- 
mento  est  et  qnae  illi  supplicationi  statim  adiungit  Eneolpios  mmo 
ui  fidem  haberent  fictaepreces^  *scio  U^  inquam  ^AseyUe^  ad  ocäden- 
dum  me  venisse  .  •  Uaque  .  .  funde  sangtnnem^  quem  süb  praetextu 
quaesiumis  peHstu*  nimiram  verbnin  astendere  propria  notione  (cf. 
de  eadem  re  cp.  seq.  8%  posses  perdUum  [i.  e.  Qitonem\  astendere) 
dictum  et  sententia  perlucida  haec  est:  Oitonem,  fratrem  (i. e. pueram 
meretrioolom,  cf.  c.  80)  et  ipsius  et  £ncolpii,  a  se  quoque  quaeri 
Ascyltos  callide  simulat,  quo  sospitionem  a  se  removeat. 

c.  100.  Primo  hoc  loco  satirarum  Lichas  et  Tryphaena  nobis 
occurrant,  qaorom  qaae  et  inter  se  et  com  Enoolpio  atqne  Gitone 
faerit  ratio,  cum  nondam  satis  constare  videatnr,  paacis  adümbrare 
ittvat.  Asejlto  igitur  deserto,  quod  c.  97  legimus,  et  eins  in  locum 
socio  adsompto  Eumolpo  poeta  Eneolpios  et  Giton  ubi  navem  oon- 
soendemnt,  incidisse  se  in  veteres  inimicos  inteUegunt,  Licham, 
navigii  dominum,  et  Tryphaenam,  quam  non  nxorem  illins  esse,  ut 
ante  Buechelemm^^  plerique  statuisse  videntur,  sed  meretriculam 
vciUipUttis  causa  hue  atque  ülue  veäaniem  (c.  101)  neminem  fugiet.  '^ 
quorum  utrique  aliquando  Eneolpios  et  Giton  funiliaritate,  turpi 
sciücet,  coniuncti  erant  (c.  107),  sed  libidine  ezhausti  fugerant  neo 
sine  illorum  contumelia  et  damno :  nam  Lichae  uzor  corrnpta  (c.  106), 
ab  Encolpio  yidelioet,  Tryphaena  GKtone,  ni  fallor,  auctore  damnata 
(c.  108)  et  eadem  de  causa,  quae  qualis  fuerit  suspicari  licet  ex 
c.  106  extr.'%  relegata  (c.  lÖO  eztr.  gui,  i.  e.  lAduis^  I^rffpkaenam 
exulem  Tarenium  ferat)^  navigium  Ubidinosa  migraUone  (i.  e.  in  qua 
Lichae  uxorem  raptam  Eneolpios  fugae  comitem  habebat)  eaDpüatum 
(c.  118),  qnod  num  idem  fuerit  atque  illud  unde  vestem  diivinam 
sistrumque  (c.  114)  surri]|tterant,  i.  e.  Isidis  sacrum,  valde  dubito. 
c.  104  Licbam  et  Tryphaenam  somnia  secum  commnnicantea  facit 
Petroniua  admodum  similia,  et  illi  quidem  Priapus  secundum  quietem 
dieere  videbatur,  Encolpion  in  ipsius  navigium  deductum  esse,  huio 
Neptunus,  Gitonem  in  eodem  cum  ea  esse  navigio.  ad  hunc  locum 
sine  dubio  spectat,  quod  deprehensis  fngitivis  c.  106  Lichas  dicit  im* 


**  nam  ille  qaidem  e.  113  faUam  scriptnram  ediJe  perquam  bene 
mutavit  in  Hedyle^  qnod  Llohae  nzori  nomen  fiiisse  valt.  '^  praetor 
ipsom   nom^n  a  graeco  tpiKpAv  petitum  cf.  ex.  gr.  o.  104.  106.  118. 

<*  in  illis  verbis  neo  se  mintu  grandi  vewaiam  iniuria  quam  Lieham, 
emus  pudorU  dtgniia»  in  contione  proeeripta  tii  sine  dabio  cittMt  ad  Try- 
phaenam referendmn  est,  pHdorü  aatem  tanqnam  glostema  indncere 
qnam  cnm  Bnechelero  pudor  et  älgttU&e  emendare  maUm. 


840  AStrelitz:  emendationes  Petronii  eatiraram. 

pradentes  noxios  a  dis  in  navigium  suum  inductos  esse  et  simol  quid 
fecisseiit,  eos  admonuisse  pari  somniorum  consensu.  nulla  aatem  de 
liao  altera  re  c.  104  mentio  est,  itaque  quin  ibi  interoiderit  fieri  non 
posse  ezisümo.  sed  verba  c  ICK),  quae  statim  adscribam,  num  priora 
continuo  exceperint ,  quo  iure  vel  qua  de  causa  Buecheleroe  dnbita- 
Terit ,  oapere  non  possum.  postquam  somniim  mentiri  se  coepisse 
£ncolpios  narravit,  sie  pergit:  sed  rq[tenie  quasi  desiruetUe  farhma 
con^fUiam  meam  eiusmodi  vox  supra  consircUum puppis  cani^etnmt: 
*ergo  ms  derisU?*  et  haec  quidem  virüis  (i.  e.  Lkhae)  äpaene  atm^ms 
meis  famtUaris  animtim  palpUantem  percitssü.  ceterum  eadem  in- 
dignatUme  muUer  lacerata  tdterius  exccmduü  et  *^  quis  deus  manSlms 
nisis*  inquU  *GHtona  imponerei^  quam  hene  eaouiem  exc^perem.*  optime 
quidem  haec  verba  prioribus  continuari  mihi  videntur,  sed  non  omni 
carere  vitio.  nam  cum  fugitivus  Giton  exul  appellari  nequeat,  Tly- 
phaenam  autem  Oitone,  ut  mihi  yidetur,  auotore  damnatam  eznlem 
Tarentum  ferat  Lichas,  levissima  mutatione  quam  bene  exul  eum 
exciperem  corrigendum  censeo«  nescio  autem  an  verba  iUa  locuti  sint 
Lichas  et  Trjphaena,  ubi  somniis,  de  quibus  postea  conloqnontur, 
memores  facti  fugitivorum  et  iniuriarum  ab  iis  aij^  inlatanun  agitati 
somno  et  ezpergeiacti  sunt,  ira  igitur  in  puemm,  quamvis  olim 
amatum  et  moz  rursus  gratissimum,  incensa  est  Trjphaena,  qnod 
ipsa  verba  Petronii  satis  docent,  itaque  per  ironiam  "  dicta  eeae  con* 
tendo  quam  hene  exciperem,  unde  simul  patet  scripturae  iraditae  ex- 
dperety  sive  deum  sive  Gitonem,  quem  sono  isto  mulieris  ictnm  paene 
animam  efflare  Petronins  didt,  subiectum  esse  statuas,  locum  naiium 
esse,  nee  minus,  si  quae  adhuc  ezposui  persuasero,  Beiskii  coniecta- 
ram  exdperent  reicies,  qua  lectionem  marg.  t  easdj^erem  in  ed.  mai. 
reoeptam  Buechelerus  in  ed.  min.  mutavit 

c.  101.  Deliberantibus  amicis,  quomodo  instans  perieolnm 
effugiant,  Giton  gubematorem  indulgentem  sibi  nauaeam  ultumm- 
que  hinguorem  simulanti  navem  appulsurum  esse  sperat.  negaimi  hoc 
Eumolpus  fieri  possCy  *quM  magna*  inquü  'navigia  portubus  se  cmr- 
vatis  insinuantf  nee  tarn  cito  fratrem  defedsse  veri  simUe  erit»  aeeedä 
his  .  •  sed  finge  navem  ab  ingenti  posse  ewrsu  defledi  •  ..-  quomMh 
possumus  egredi  nave^  ut  non  conspieiamwr  a  OMf^is?*  noadam 
reetam  medekm  adhibitam  esse  censeo  verbis  procul  dubio  corraptia 
quia  magna  navigia  portubus  se  curt?atis  insinuant.  nam  quae  sola 
ad  sententiam  quadrat,  dioo  Lipsii  gravatim^  eam  ut  reiciameua 
magna  a  litteris  traditis  distantia  tum  usua  vocis  grmvatiim  de  rebus 
mihi  non  compertus  me  movet.  sententia  sane  ea  flagitatnr,  qnam 
Lipsius  restituere  voluit,  sc.  non  facile  magna  navigia  appellere,  banc 
autem  ut  Buecheleri  coniectura  in  ed.  mai.  recepta  t^  ma^na,  mfuä 
etqs.  iuste  redditam  esse  putem  facere  non  possum,  cum  prawartim 
proclivius  in  illa  verborum  collocatione  ad  perversam  delabamnraen- 


^*  cf.  sünilein  ironiam  in  verbis  c.  101  vide*  quam  waUe  mM$  ex- 
pediat,  uUro  domumm  ad  fugietUes  aeeertere. 


AStrelits:  emendationes  Petronii  satirarom.  841 

tentiam  Wix  magna,  nedtun  parva  navigia'.  quod  ipsnin  Buechelenim 
aeiiaiaae  sospioor,  com  in  ed.  min.  altera  ooniectura  hao  curva  via  vitio 
ooeorri  poaee  putaret*  sed  nihil  refer(,  recta  an  oorya  yia  naves  ap- 
pellant,  modo  portnm  subeant«  neque  etiam  magnarom  nanam  est 
enrva  via  advehi«  sed  et  magna  et  parva  navigia-,  pront  ventus  est, 
modo  recta  mo4o  enrya  via  in  portam  defemntar.  ego  in  voce  cur- 
patüt  cuins  loco  margo  t  scripturam  curatis  certe  non  ex  ooniectura 
ortam  exhibet,  eormptelam  latere  et  Petronium  fortasse  sie  soripeisse 
suspioor:  guiamagnat  inquUy  navigia portübus secuta  acy  raies 
insimtant*  facilUme  videlicet  fieri  poterat  ut  sciolas  nesoio  qais 
seriptoram  litteris  quas  ^o  inclasi  iam  mntilatam  propter  vidnom 
verbnm  in  eam  qnae  nunc  extat  mataret. 

In  eis  quae  sequnntar  nisi  ingentem  cursum  L  q.  rapidom  valere 
statnasy  qaod  nam  fieri  possit  dabito,  aptiorem  illi  substituendam 
esse  vooem  oonoedes.  ac  Buecheleras  qnidem,  cum  in  ed.  mai.  ab  ifi* 
eep^o  ciMTSu  tentasset,  postea  iUam  coniectnram  ob  ipsam  rationem 
quam  dicunt  palae<)graphicam  improbandam  abdicavit  nee  nisi 
Beiekii  coniectnram  ab  wrgtnH  cursM  commemorata  dignam  oensnit, 
qoae  etsi  ne  mihi  §aidem  spemenda  videtnr,  tarnen  quaeritor,  nnm 
item  OMfVus  urgms  dici  possit  nt  naves,  undae,  vestigia,  cnrms  urgeri 
dicuntor,  nee  video  cur  snspitionem  meam  reticeam  banc:  navem  ab 
inKAut^genti passe  carsfn  defledi:  c£>8upra  ui  miserioardiapermoHiS 
gubemator  indulgeat  tibu 

c.  103*  Variis  fugae  ac  salutis  consilüs  pensitatis  et  reiectis  tan- 
dem  Eumolpus  anxie  haesitantibus  amids  persuasit,  ut  mercennario 
8U0  tonsori  oapita  com  supercilüs  radenda  sibique  frontes  stigmate 
fugitivomm  notandas  praeberent.  sed  unus  forte  ex  vectoribus  frandi 
illi  intentos  deprehendit  depositoeqne  in  nave  capillos  tanquam  nau- 
fragii  instantia  omen  exeeratus  in  cubile  se  recepit.  nos  dissimUUUa 
nameantis  devoUone  ad  ardkiem  trisUtiae  redimus  säenUoque  oompo- 
süi  rdiquas  noetis  karas  maie  soporaH  cansumpsmms.  fiiUnntur  qui 
ad  ardinem  MstMae  i.  q.  'ad  solitam  tristitiam'  interpietantur,  quo« 
niam  soliti  statua  notione  vox  ordinis  nusquam  legitnr,  neque  ego 
qnid  üla  verba  sibi  velint  capio.  itaqne  scripturam  falso  traditam 
eeae et genninam sie  optime  restitni  existimo:  ad  originemMsHiHae 
i.  e.  eo  unde  exorta  erat  tristitia,  cum  Licham  et  Tryphaenam  in 
navigio  oonspicati  desperarent,  quomodo  eoe  eSugituri  essent.  in 
eaodem  nunc  rursus  reiecti  sunt  deepeiationem,  in  moliendo  fugae 
consilio  deprebensi. 

c.  108.  Postquam  de  infausto  omine  edoctns  Lichas  navis  ex- 
piandae  causa  noxios  verberari  iussit,  Tiyphaena  vapulantia  voce 
iota  Gitona  agnoscit  nee  minus  ipee  Encolpion.  tum  neque  Trj« 
phaenae  misericordia,  quae  tarnen  mox  ipsa  ei  assentitnr,  neque  Su» 
molpi  patrocinio  oommovetur,  ut  nltione  se  abstineat,  obsk^pueram 
ego  syppUeü  melupafndus  . .  ut  nihü  nee  facere  deoeret  nee  dkere.  fU 
vero  spongia  %uUi  facies  ploraniis  detersa  est  et  Uquefactum  per  totam 
OS  atramentum  amnia  scüicet  UniametUa  fuiUginea  nube  confMdU^  in 


842  AStrelits:  emendationes  Petronii  satinram. 

odium  8e  ira  eonf?ertU,  negat  Eumdlpus  passurum  se  etqs,  qnaeritor 
inprimis,  cniusnam  ira  in  odinm  se  converteiii.  nam  ifisis  qnidcm 
verbifl  non  indicatar,  sed  onm  Encolpioe  modo  pavidna  ac  tarbatos 
Silentium  serrarit,  ad  Eumolpum,  acerrimom  fngitiYonun  yindieem 
nee  solom  Toee,  sed  etiam  manibns  amicis  enecorrentem ,  meliiis 
referemas.  tum  yero  etsi  graviorem  animi  affeetnm  esse  odinm  con- 
etat,  tarnen  ira  certe  yehementior  eet  et  in  pngna  qnae  paratar  magia 
quam  illud  cernitnr**;  itaque  lieet  Eumolpus  iam  antea  iratna  fuerit, 
post  ignominiam  amico  illatam  et  ante  pngnam  initam  alind  eerte 
atqne  iram  in  odinm  conyersam  expeetamns.  ferrem  ex.  gr. ,  si  ira 
in  fnrorem  se  conyertisse  diceretor,  neque  Tomaesius,  qnanquam 
probare  nequeo,  com  in  editionis  margine  odmm  et  triam  locom 
mntare  iuberet,  suum  scilicet  secntns  arbitrium,  omni  destitntiu  erat 
ratione.  IFGfronoyins  com  ipse  qnoqne  in  yerbis  traditis  offendjsMt» 
misericardia  pro  ira  conieeit,  sed  sane  iusto  yiolentiorem  adhibitit 
medelam.  mihi  yero  sie  fere  Petronins  scripsisse  yidetnr:  im  oüum 
86  iramque  (yel  et  iram)  convertii  Eumolpus,  negatjpassmntm 
se  etqs.  qoae  emendatio  ut  sententiam  sanam  restitnit,  ita,  ai  ratio* 
nem  palaeographicam  spectes,  band  diffieilis  est,  (pm  praesertim  yer- 
boram  transmutatio  in  Petronii  libris  mss.  non  nno  loco  ooeomt. 

c.  109.  Gratia  et  bilaritate  in  naye  conciliata  Eomolpna  in 
amicos  calyos  eajnUorum  eUgidario  iocatur,  coius  yerans  3  et  4  aic 
in  codicibus  leguntor: 

nunc  umbra  nudata  sua  iam  tempora  maereni^ 
areaque  aUrüis  ridet  aäusta  pHis. 
aream  ridentem,  quam  Martialis  X  81  nüidam  caivam  didt,  eleganter 
maerenUbus  tempanbus  opponi  iam  Bnrmannns  recte  animadyertii. 
otiosam  igitor  operam  impenderont  yiri  dooti  ezaggeranda  emcn- 
dationnm  collnyie,  yeluti  aret^  luget  ^  sordet^  friget^  niteL  aeryalo 
antem,  nt  par  est,  ridendi  yerbo  yox  adusta  ferri  neqnit,  ipaa  per  se 
de  capillis  noyacala  abrasis  yix  apta.  nee  tarnen  Heinaii  conieotoim 
firiget  adesa  mihi  probatur,  cnm  et  alteram  yoeem  praeter  neoeesi- 
tatem  tetigisse  et  iusto  minus  codioum  yestigia  respeziase  yideatiir. 
melius  Buechelems  aduUa  conieeit,  spectans,  ni  fallor,  ad  locom  si- 
millimum  Martialis  Y  48  nudum  est  in  media  Caput,  nee  üOui  m 
longa  paus  area  notatus.  neque  ego  illam  elocntionem  quanqnam 
artificiosiorem  plane  reprobayerim ,  sed  aptins  mihi  yideüir  adusta 
mutare  in  adusque^  i.  e.  per  totum  Caput,  cf.  Apul.  met.  n  p.  147 
adusque  deraso  capOe. 

G.  111.  In  fabula  de  matrona  Ephesia,  quam  mnliebris  lentatis 
castigandae  causa  Eumolpus  narrat,  leyius  hoc  deprohendi  mewiaa« 
mulierem,  quae  maritum  mortuum  assidue  lugebat,  in  sobtemBea 
casula  conspectam  miles  tritis  bis  yerbis  consolatur:  cmmum  mm- 
dem  esse  exihvm  [seä\  et  idem  damicHium.  sed  omnibns  fere  oodidbot 
traditum,  sed  ab  hoc  loco  alienum,  quomodo  irrepeerit^  ex  aoriptura 

'*  ef.  in  ipso  hoc  cap.  nee  tarnen  embu^nam  irü  locofar. 


AStrelitc:  emendationeB  Petronii  satirarDm.  843 

a  Bneohelero  exhibita  minus  apparet  quam  ai  exitum  esse  ei  olim 
in  eodicibua  fniase  Btatnas.  itaque  legi  malo.  quam  coUocationem 
addita  particula  sed  aervarunt  Lp  et  fiorileginm  Parisinum,  neque 
oodioiB  Bemenaia  scripkura  eandem^*  esse  sed  e  idem  domicäiium  pio 
indole  huina  libri  ea  est,  quin  ex  iUa  quam  ego  atatui  evadere  poto- 
erit.  licet  yero  scripturam  Bemensem  ad  eandem  esse  sedem  spectare 
reete  Bneohelema  arbitretur*®,  tarnen  eio  scripsiBae  Petroninm,  quod 
quidem  iam  ob  ipsam  tautologiam  fieri  non  potest,  inde  non  aequitur 
neque  ipse  Bneohelerus  collegit. 

c.  116.  Eumolpus  eiusque  amid  graasantes  Crotona  adyeniunt, 
quam  urbem  priusquam  intiant,  Tilicus  quidam  obviam  üa  £Mtu8  ad 
mores  deperditos  urbis  luxuriosissimae  animos  eorum  convertit.  hoc 
in  extremis  eos  monet:  'adibUis*  inguü  'qppidum  tanquam  in  pes^ 
lenUa  eampoSj  in  guibus  nihü  äUud  est  nisi  cadavera  quae  lacerankur 
cmt  eorvi  qvi  Jacerani.*  iure  Buechelerus  yerbum  inqtUi^  in  oontinua 
oratione  falso  repetitum,  in  dubium  yocavit,  nee  tamen  Haque^  quod 
ipse  coniecit,  sed  igitur  ego  emendayerimi  quod  propius  ad 
ing;äU  aocedit  ao  saepe  cum  bac  Yooe  in  libris  mss.  confundi  con* 
stat,  yelnti  in  cod.  Vaticano  quo  Ciceronis  de  re  publica  libri  oon* 
tinentur. 

c.  124.  Post  Carmen  de  belle  civili  ab  Eumolpo  redtatum,  quod 
aliud  in  tempus  tractandum  differo,  Encolpios  sie  pergit  narrare: 
tandem  Crotona  intravimiis  •  .  inddimus  in  turbam  hered^antm 
seisdUmtiun^quodgenushominiimautundeveniren^  expraescripto 
ergo  eonsäü  communis  exaggeraia  verhorum  vdhihiUtate^  unde  aut  qui 
essemuSf  haud  dubie  credentibns  indicavimus.  bano  narrationem  ab 
epüomatore  amputatam  et  male  oonsarcinatam  esse  facile  Wehlio 
(p.  50  observationum)  concedo.  quanquam  ille  neque  in  dictione  haud 
dubie  credentüms  indicapimus  iusta  causa  offendit  (cf.  c.  98  dum  haec 
ego  iam  credenü  persuadeo  et  o.  106  defkctU  aures  Trgpkaena  iam 
sna  sponte  credentes)  et  yel  epitomatorem  non  unde  aut  qui  essemus, 
sed  unde  et  qui  essemus  scribere  debuisse  non  magis  quam  Buecbe- 
lems  animadYertit. 

c  127.  Encolpion,  qui  Pol jaeni  nomen  Grotone  induerat,  Ciree, 
puloberrima  eademque  protervissima  mnUeri  libidinoso  amore  pro- 
sequitur.  nee  sine  causa  inquit  Pdgaenon  Oirce  amat:  «en^per  inter 
haee  nomina  magna  fax  surgü.  etd  in  Insu  illo  nominum  leporem 
Peironio  peouliarem  non  agnosco*'  —  dormitavit  bio  nempe  poeta 
—  tamen  cetera  quae  adscripsi  yerba  non  debebat  Bnechderus 
proTBus  insdia  dioere  atque  adeo  coiruptelae  explicandae  causa  ad 
suspitionem  de  epitomatoris  opera  refugere.  immo  Tide  ne  magna 
faXf  quod  quidem  solummibi  offendoni  est,  in  magica  fax  mniaiam 

**  littera  a  expaacia  ei  u  saper  adseripta.  **  nam  OMniicm  eudem 
€s$e,  »eiäeei  idtm  damieiliMm,  sciiptara  loannis  Saretberiends,  at  qui  sao 
arbitrio  fabnlam  Mo  illie  sine  dobio  mutarerit,  hao  in  qaaesUone  nullius 
mosBenti  esse  dabei.  **  aeoedii  quod  non  a  Circe,  sed  a  Binnflms 
Od.  II  184  VUxes  iroXt&aivoc  appellatar. 


844  AStrelitE:  emendationes  Petronü  saturamm, 

omnem  toUat  difficultatain.  habes  enim  Yocem  de  amoriboB  eo&- 
oiliandis  usitatam  et  Ciroes  nomini  nüqae  aptisaimam,  facem  aatem, 
de  qaa  Buechelerus  dubitari  posse  ait,  Capidinis  esse**  ipemn  ▼«• 
bum  amandi  dooet,  neqae  eüam  swgentem  faoem  male  dici  erisiimo, 
com  80I,  dies,  ignis,  flamma  et  quae  contraria  sunt  aorgere  dicantor. 
ipse  Buechelerus  tentavit  ma^na  fax  amoris  fidget^  Heinsioa  scüicei 
.  .  magna  pax  surgit^  lacobsius  sisd  ifUer  haec  tnama  lux  fuffä ,  An- 
tonius magna  omisit. 

c.  128  nimquid  te  osadum  meum  offendU?  nunqtUd  ^rinius 
iekmio  macer?  nu/nguid  aiarum  negUgens  sudor?  puto.  si  haec  non 
sunty  nunquid  Oüona  times?  haec  verba,  quibus  Circe  Polyaenon 
languentem  elumbemque  indignata  appellat,  mnltis  coniectnriB  a 
doctis  yiris  tentata  sunt,  mihi  yero  primum  quidem  spirUus  ieimmo 
macer^  qua  cxun  elocntione  conferas  ieiunam  ammam  Caecilii  apud 
Oellium  IE  23,  licet  audadus  et  sine  exemplo  dicta  sit,  tarnen  fortaaee 
omnino  emendatione  non  egere  videtur.''  deinde  ut  in  puio  per  iro> 
niam  adiuncto  oflfensionis  quiequam  yideam  tantum  abest,  ut  illa 
voce  mutata  omnem  orationis  aculeum  tolli  censeam.  itaqul  ut 
Lipsii  coniecturam  eudarputet  et  Buecheleri  sudar?  (nd  si  impzobo, 
ita  etiam  Burmanni  sudarem  puteo  vel  Antonii  sudorepuieOy  qoaa- 
quam  hi  quidem  aliud  Vitium,  ineptam  dico  elocutionem  aUavm 
negUgens  sudar  ^  recte  cognoverunt.  sed  in  eo  vitio  tollende  non 
solnm  ob  id  quod  modo  dizi  a  yero  aberrasse  mihi  videntor,  Tenun 
etiam  quod  cola  enuntiati  minus  conoinna  reddiderunt,  nisi  forte 
tertio  quoque  loco  librorum  vestigiis  desertis  pro  adiectivo  maeer 
▼erbum  finitum  quod  dicunt  grammatid  ponitur.  ut  meam  proferam 
sententiam,  nescio  an  inelegans  sudor  Petronius  posnerit  ut  Plmius 
nat.  bist.  XXI  25,  98  oder  indegans. 

c  135.  Oenothea,  Priapi  saoerdos,  ad  quam  vigoris  refidendi 
eausa  Encolpios  se  contnlerat,  mensam  veterempasuä  in  media  oftori, 
quam  vivis  implevü  earhonibuSy  et  oameUam  eiiam  vekuUde  rupiemi 
pioe  temperata  refedt.  tum  davurn^  qui  detrahentem^  secutus  cmm 
cameüa  lignea  fuerai,  fumoso  pariäi  reddidä.  lahnius  etiam  eo  quem 
tenet  loco  certe  ineptum  delebat,  neque  hoc  sine  offensione  est,  quod 
camella,  quae  qualis  fuerit  in  priore  enuntiato  dgnificari  oportet,  in 
posteriore  lignea  dicitur*  quare  fao  mutato  ordine  duo  illa  enuntiata 
sie  se  exdpiant:  mensam  .  •  implevit  carbanüms,  tum  rfopum  •  . 
reddidit  et  oameUam  etiam  vetttstateruptampice  temperata  rrfeeäiism 
yidebis  utraque  difficultate  expedita  et  attributum  et  particnlam 
optime  se  suo  loco  habere. 


**  ef.  OTidii  amor.  II  9,  5.  HI  9,  8.  **  conieeere  acer  Riehardiu 
pronoB  noYa  eins  Yocia  cam  spiritu  ionctae  signifieatioae,  eeei  Woq- 
werius,  wiaeet  Qmteras,  maeet  aut  mneei  Heintiut  lorbata  oolonun  roa- 
einnitate,  putrcen»  Baeehelenu  in  ed.  min.  tecondam  Sealigeri  9mmdnt- 
qae  Richardi  conieoturam  mareety  ted  Wz  aptius  aut  nsitatios  ««riptiira 
tradita  dictum.  **  'camellam  ex  ulaTO  parieti  iufizo  pead« 
Baechelems.  • 


£Robde:  zu  Petxonius.  845 

m 

0.  137.  Acddit  Encolpio  ut  sacris  Priapi  anseribus  veiatus  at- 
quo  etiam  monns  unum  ex  iia  sacrilega  morte  affioerei.  qua  re  com* 
perta  non  soliun  Oenothea  sacerdos  anseris  fatam  oomploravit,  sed 
Proselenos,  anioala  maga,  et  ipsa  flere  vehementüis  coepU  meique 
misereri^  ianquam  patrem  fnetmi,  fHmpublMwm  cmserem  occUkssem. 
vix  apte  hoc  loco  meique  dicitor,  si  conferas  qnae  modo  praecessenmt 
0.  136  exir.  guaereham^  quid  excanduisset  (OenciOiea)^  oMt  quam 
anseris  potius  quam  mei  misereräur.  fortasse  igitnr  faemaris  vel 
soderis  intercidit,  aut  errore  ilia  scriptora  orta  est  ex  necisque. 

Fragmento  XLV  haec  intexta  est  sententia,  in  promptn  esse 
qnod  saus  sit,  si  frtd  scias  neque  praeter  modun  concapiscas.  con- 
sentanenm  igitar  est  v.  7  sq. 

lex  armata  sedet  circum  fera  limina  nuptae^ 
nü  metuU  Udto  fusa  pueBa  taro 
hoc  sibi  Teile :  yetat  lex  libidinem  conubia  rampere,  eed  cum  amicula 
voluptate  fmi  licet,  quam  sententiam  voce  metuU  turbari  cum  in 
aperto  sit,  eins  loco  levissima  mutatione  vetuii  reponi  velim.  per* 
fectum  autem  aoristi  gnomioi  usu  indutam  vel,  quod  Draegeros  dicit, 
perfectum  consuetudinis  praesentibus  temporibus  intermiatnm  etiam 
altero  loco  ipsius  huius  fragmenti  legitur  t.  4  puffnantis  Tel  potius 
pungenüs  (ex  coniectura  Douzae  £)  stamadki  oamposuere  famem:  of. 
quae  Draegerus  eoUegit  exempla  in  sy&t.  bist*  I  p.  229  sq. 

BosTOCRii.  Abraham  Strblitz. 

116« 

Zu  PETRONIÜS. 


0.  2  s.  4,  5  (ed.  Büoheler  1862)  nandum  iuMnes  dedamaHoni' 
bus  cofdindHinhirj  cum  Sophodes  aiut  Euripides  invenenmt  verba^  gut- 
hus  deberefU  loqui,  soll  iuvenes  zu  deberent  loqui  subject  sein,  so  wäre 
Ton  Sophokles  und  Euripides  nichts  ausgesagt,  was  sie  Ton  andern 
kttnstlem  der  rede  unterschiede,  ja  man  yerstünde  kaum  warum 
gerade  diese  tragischen  dichter  genannt  werden,  das  richtige  sub- 
ject zu  debere9ii  wird  wol  aus  einem  datiTus  (commodi)  zu  ent- 
nehmen gewesen  sein,  tder  hinter  Eunpides  ausgefallen  ist.  Ter- 
mutlich  schrieb  Petronins:  cum  Sophodes  aut  Euripides  dis  in- 
temerumt  verba^  gutbus  deberent  loquu  das  wftre  denn  freilieh  ein 
Toller  tonendes  lob,  wie  es  in  dieser  dedamation  zu  erwarten  ist 

c.  4  s.  7,  2  nuncpueri  in  scoUs  ludutU^  iuvenes  ndenlurinforo^ 
ef,  quod  utroque  turpius  est,  quod  quisque  perperam  didusU,  insenectuie 
confiteri  non  vuU.  das  wäre  ja  nicht  turpiuSj  sondern  Tielmehr 
ein  zeichen  besserer  einsieht  im  alter,  eorrigere  Terlangte  Jacobs; 
ich  Termute  confutari. 

c  10  s.  12, 19  ex  iurpissima  Ute  in  risum  diffusi  pacatius  ad 
reit  qua  secessimus.  die  letzten  worte  sind  schwerlich  richtig 
überliefert:  was  rdiqua  hier  bedeuten  solle,  ist  unTerständlich;  seces- 
sinms  will  nicht  zu  der  folgenden,  offenbar  an  demselben  orte  wie  das 


846  ERohde:  zu  Petronius. 

• 
vorhergehende  spielenden  soene  passen,   vielleicht:  ad  reliquias 
aceessimus:  sie  machten  sich  nun  an  die  rdiguiae  des  8. 11, 15  er- 
wähnten prancUum. 

c.  36  s.  39,  8  ingerehat  nikäo  minus  TrimaidUo  lentissima 
iH>ce  ^Carpe,  Carpe.*  die  vox  lentissima  entspricht  wenig  der  von  Tri* 
malchio  affectierten  stimmnng  eines  heftig  und  wiederholt  antreiben- 
den, vielleicht  violentissima  voce,  vio-  wurde  durch  Trimaid^io 
verschlungen. 

c.  37  8.  40,  3  haec  lupatria  providet  omnia  et  ubi  non  putes^  xu 
providet  wOrde  wol  et  quae  non  putes  passen,  nicht  et  uhi  n,  p. 
Petronius  schrieb  vermutlich  et  est  ubi  non  putes.  die  mistranische 
hausfrau  taucht  plötzlich  auf,  wo  das  gesinde  sie  am  wenigsten 
vermutet. 

c.  39  8.  43,  17  orbis  vertitur  tanquam  mola^  et  semper  äUquid 
mali  faät^  ut  homines  out  nascantur  aut  pereant.  die  von  Bnrman 
zusammengestellten  versuche  älterer  kritiker  das  unpassende  maU 
zu  erklären  oder  zu  emendieren  genügen  nicht  dem  vergleich  mit 
der  mcia  entspräche  es,  wenn  man  sd^ebe  äliquid  molitu  moUtmm 
neutral  und  substantivisch,  wie  bei  Plautus  Men.  979.  vielkickt 
konnte  man  dem  Trimalchio  eine  bildung  wie  molifaeere  dh. 
mole-faeere  zutrauen,  aus  moU  und  facere  zusammen  gesetzt  wie  dorne- 
facta  bei  Petr.  99  s.  119,  20  aus  domari  und  facere^  expergefaeere 
aus  expergi  und  facere  usw.  (vgl.  Lachmann  zu  Lucr.  s.  190  f.). 

c.  40  s.  43;  23  iuramus  Hipparchum  Aratumque  comparamdos 
iUi  homines  non  fudsse.  dasz  homimes  neben  comparandos  unertrtg- 
lich  sei,  f&hlte  NHeinsius,  welcher  ÜU  homini  zu  schreiben  Vorschlag. 
es  wird  vielmehr  zu  schreiben  sein  comparatos  Uli  homines  non 
fuisse:  sie  seien,  mit  ihm  verglichen,  kaum  noch  menschen  za  nen- 
nen ;  so  klein  erscheinen  sie  neben  ihm.  das  part.  perf.  pass.  ist  in 
solchen  redensarten  durchaus  legitim:  vgL  Tac  dial,  18  (z.  9  Hafan). 
Fronte  ad  MCaes.  11  4,  2  s.  48  Nieb.  Prop.  I  5,  7.  Priap.  82,  3. 
Martiaüs  XI  72,  2  usw. 

c.  57  s.  66,  17  eques  Bom/onus  es:  et  ego  regis  fiHus,  es  wäre 
schwer  zu  begreifen,  wie  der  hier  redende  eohUbertus  Trimaidnoms 
darauf  verfallen  könne,  den  Ascyltos  (von  dessen  herkunft  und  nag 
die  Worte  des  Enoolpios  c  81  s.  96,  8  ff.  sehr  niedrige  vorstelhmgea 
erregen)  zum  eques  Bomanus  zu  machen,  wenn  man  nicht  annehmen 
dürfte  dasz  er  nur,  in  ungenauer  anwendung,  parodierend  auf  ihn 
übertrüge,  was  ihm  etwa  aus  irgend  einem  mimus  im  gedichtais 
geblieben  sein  mochte,   den  vers 

equ4Ss  Bomanu'Sy  et  (at?)  ego  regis  ßius 
konnte  im  mimus  irgend  ein  sklav  einem  wirklichen  römiechea  rittet 
prahlend  zurufen  (oder  nachrufen);  ähnlich  renommiert  bei  Plautns 
JPseud.  1171  der  sklav Harpax:  nam  ego  eram  domi  imperator  summms 
in  patria  mea*  vgl.  Truc  II 6, 50  f.  der  sprechende  wendet  den  vers 
nicht  völlig  zutreffend  auf  den  vorliegenden  faU  an.  wie  gettnfig 
dieser  art  von  leuten  verse  der  mimen  waren,  zeigt  ja  die  dedamaftkm 


EBohde:  zu  PetronioB.  847 

des  Trimalohio  aus  Publilins  Sjrus  c.  55 ;  auf  spuren  einzelner  von 
Trunalchio  und  seinen  gSsten  in  ihre  eigenen  werte  verflochtener 
yerse  hat  Bttcheler  mehrfach  aufmerksam  gemacht,  unsem  vers 
braucht  man  trots  der  altertümlichen  apokope  des  3  in  Bomanu's 
nicht  in  die  seit  vor  Laberius  zu  setzen. 

c  60  s.  71,  17  r^penU  nava  Utdorum  WMsio  hUarUatem  hie  re» 
feeii.  ich  vermute  hiare  feciU  das  neue  Schauspiel  unterbricht 
die  hüarüas^  welche  staunend  mit  offenem  munde  einen  augenblick 
betroffen  innehftlt:  dies  drückt  hüare  passend  aus. 

0.  77  s.  91|  7:  der  maihemaiicus  sagt  dem  Trimalchio  auf  den 
köpf  zu:  Ua  daminam  iuam  de  rebus  iüis  fedstu  Scheffers  auslegung 
dieser  werte  ist  mir  unverständlich  geblieben;  die  conjecturen  von 
NHeinsius  liegen  zu  weit  ab.  der  sinn  wird  sein  sollen :  tu  amasius 
damkiae  iuae  fuisH:  womit  der  maihematicus  fireilich  die  Wahrheit 
traf:  s.  s.  90, 4.  diesen  sinn  konnten  vielleicht  die  werte  ausdrücken : 
tu  dominam  ttMm  rebus  üUs  fecisti.  res  %Hae  bezeichnet  (wie  sonst 
iZZa,  Aoec,  iBud)  euphemistisdi  die  mmtuia:  so  auch  bei  Amobius 
aiv.  not.  m  10  s.  268  Hild.  [— 118  Reiff.]  Priapum  dreumfereniem 
res  iUas.  vgl.  auch  Plautus  Most»  897.  facere  «s  futuere:  vgl.  Petr. 
s.  102,  22;  CatuUus  110,  2.  5;  Ov.  amar.  U  4,  4.  sogar  das  de 
könnte  man  schützen,  wenn  es  glaublich  zu  machen  wftre,  dasz  schon 
zu  Fetronius  zeit  die  Volkssprache  den  spfitem  gebrauch  des  de  statt 
des  abl.  instr.  gekannt  habe. 

c.  82  s.  97,  15  divüis  haeo  magni  fades  ertf ,  nemlich  die  quäl 
des  Tantalus.  aber  das  trifft  doch  nicht  auf  jeden  reichen  zu.  ich 
vermute  aegrL 

c.  89  s.  106,  10  m€Wt%sgue  paddae  gaudium  Uurimas  habet. 
statt  habei  vermutet  Bücheier  cM;  nfther  läge  in  lacrimas  abit 
Verwandelt  sich  in  klagen'. 

c.  100  s.  121,  7:  Encolpios  hört  im  versteck  die  stimme  der 
Tryphaena:  et  haec  quidem  (vox)  viirüis  et  paene  auribus  meis  fami* 
liaris  animum  pdIpUantem  pereussit,  wol  viehnehr  paene  viriUs  et 
auribus  meis  famüiaris. 

c.  107  s.  129,  9  me^  utputo  haminem  nan  ignotum,  degerunt 
ad  hoc  officium^  nemlich  bei  euch  für  sie  zu  reden,  was  das  blosze 
bekanntsein  zum  erfolg  einer  solchen  gesandtschaft  beitragen  könne, 
ist  nicht  ersichtlich,  vielmehr  ^ra^ tarn  a  kgato  moUebantur  s.  130, 2. 
man  schreibe  also  non  ingratum^  dh.  ^nioht  unangenehm,  ungern 
gesehen',  so  oratio  non  ingrata  bei  Caesar,  so  ist  auch  c  111  s.  138, 
14  zu  schreiben  ingrata  consokUione. 

c.  108  s.  130,  28  in  odium  se  ira  eonvertit.  aber  Encolpios 
war  vorher  nicht  zornig,  sondern  betrübt  und  voll  furcht,  also 
eher  cura. 

c.  112  s«  140,  6  nee  defcrmis  aut  infacundus  iuvenis  eastae 
iMMHäur.  eastae  ist  hier  zu  allgemein,  es  soll  gesagt  werden:  der 
Soldat  erschien  der  witwe  nunmehr  recht  annehmlich,  da  sie,  durch 
die  eingenommene  nahrung  gestärkt,  die  dinge  wieder  mit  andern 


848     BThimm :  die  perfecttschen  fonnen  Ton  eo  und  seinen  componta. 

äugen  anzusehen  begann,  also  wol  pastae.  pastus  Ton  menacben 
aucb  s.  181,  5. 

c  128  8.  177,  6  nunquid  (te  offendU)  aiarum  negUgens  sndar? 
puto.   vielleicbt  renuto:  ich,  Encolpios,  verneinte  das  eifrig. 

c.  140  8.  202, 12  ist  vielleicht  zn  schreiben:  ea  ergo  ad  Eumot- 
pum  venire,  commendare  liberos  suos  eius  prudentiae  bonUati^se:  cre- 
dere  se  ei  vota  sua.  die  letzten  worte  credere  usw.  sind  die  eignen 
der  matrofM. 

fragm.  XVII  s.  211  suppes  suppumpis^  hoe  est  supmis  pedüms. 
Fetran*  es  ist  zu  schreiben:  suppes  (dh.  suppi-peSy  von  pes  und 
suppus  B»  supinus:  s«  Lachmann  zu  Lucr.  III 172),  supinipes^  hoc 
est  supinis  pedilms.  vgl.  Mai  class.  auct.  VI  s.  547  supeSj  supin^xs, 
id  est  supinis  pedibus. 

Tübingen.  Ebwin  Sohde. 

(40.) 
DIE  PEBFfiCTISCHEN  FORMEN  VON  EO  UND  SEINEN 

COMPOSITA. 


Oben  8.  271  f.  beweist  Carl  Wagener,  dasz  die  angaben  der 
grammatiken  über  die  perfectformen  von  eo  und  seinen  eompoeita 
unrichtig  sind,  ich  kann  dies  fÜrSuetonins  bestätigen,  in  meiner 
dissertation  ^de  usu  atque  elocutione  C.  Suetoni  Tranquilli'  (KOm'gs- 
berg  1867)  s.  21  ff.  habe  ich  die  contrahierten  formen  zur  berichti- 
gung  der  angaben  von  Neue  lat.  form.  11 408  u.  404  gesammelt,  leider 
aber  auf  die  vollen  infinitivformen  nicht  geachtet;  doch  mOdite  ich 
behaupten,  dasz  sie  überhaupt  fehlen,  wie  ich  dies  von  den  formen 
des  indicaidv  auf  ivü  und  ivi  und  des  conj.  plusquamp.  mit  v  (s.  a.  23) 
versichern  kann,  ich  habe  folgende  stellen  angemerkt  (nach  der 
Bothschen  ausgäbe):  4idis8e  Tib.  27.  perisse  lul.  75.  Aug.  27.  Tib. 
62.  Cal.  26  (vgl.  Neue  ao.  s.  399).  Vesp.  15.  Tit.  8.  olnsse  luL  9. 
gramm.  5.  praeterisse  lul.  81.  subisse  Aug.  10.  iransisse  Vit  1. 
gramm.  4. 

adisset  Tib.  14.  52.  introisset  lul.  18.  perissent  Aug.  11.  redis- 
sent  Aug.  29. 

iü  lul.  69.  adiU  lul.  8.  Aug.  8.  16.  47.  Tib.  6.  Cal.  15.  «mf 
Tib.  2.  Cal.  17.  redUt  Aug.  10.  Tib.  14. 39.  52.  72.  CaL  2.  Vesp.  f. 
rhet.  6.  transiit  lul.  4.  30.  35.  39.  Aug.  43.  83.  Tib.  16.  40.  Vesp.  7. 
gramm.  8.  9.  17.  18.  jperM^  lul.  36.  88.  Aug.  26.  Tib.  17.  Tit  2. 
prodiU  Tib.  11.  iniroiU  Inl.  84.  praeteriU  Aug.  41.  obiU  Aug.  63. 
99.  Tib.  4.  73.  Cal.  1.  subiU  Aug.  68.  81.  Tib.  2.  amtUt  Aug.  95. 
redU  Tib.  61. 

Folgende  formen  auf  -it  halte  ich  auch  für  zusammengesogeoe 
perfecta:  adU  Vit.  10.  inU  Aug.  26.  redit  lul.  3.  Aug.  1.  2.  Tib. 4. 
Tit.  4.  transU  Cal.  10.  perU  Tib.  58.  Cal.  59.  prodä  N.  30.  eimät 
Tib.  11. 

Babtenstein.  Buoolp  TBOQi- 


CFleischer:  za  Caesar  und  seinen  fortsetzem.  849 

(38.) 

Zu  CAESAR  UND  SEINEN  FOBTSETZEBN. 
(Tgl.  Jahrgang  1878  s.  273—282.) 


h.  CroU.  Y  7^8  iUe  enim  revocatus  resistere  ac se  manu  defendere 
.  .  co^^,  die  unhaltbarkeit  der  causalen  coi\janction  in  diesem  Zu- 
sammenhang erkannten  schon  die  ältesten  hgg. ,  welche  dafür  autem 
setzten,  das  sich  auch  in  einigen  jüngeren  hss.  findet;  ihnen  folgt 
FrigeU,  während  WPaul  zs.  f.  d.  gw.  1878  s.  190  darin  das  mis- 
verstandene  compendium  von  vero  sieht,  verteidigt  wurde  die  Par- 
tikel von  Yossius,  Clarke  und  Oudendorp,  welche  den  gebrauch  der- 
selben für  enimvero  oder  at  enim  nachzuweisen  versuchten ;  sie  füh- 
ren aber  blosz  beispiele  aus  archaischem  und  archaistischem  latein 
an,  abgesehen  davon  dasz  enimvero  unpassend  ist.  BMüller  ^kritik 
und  erklftrung'  s.  9  will  enim  mit  ^natürlich'  übersetzen,  ohne  nach- 
weise dieses  gebrauchs  zu  geben,  eine  ellipse  nimt  an  Dräger  bist 
Syntax  ÜB.  166  ^  wo  entweder  zu  ergänzen  sei  *und  so  geschah  es* 
oder  'und  darin  hatte  Caesar  recht' ;  dlein  das  zum  vergleich  heran- 
gezogene beispiel  h,  G.  II  32,  7  ist  anderer  natur.  die  Müllersche 
erklämng  ist  von  dem  rec.  im  philol.  anz.  IX  s,  55  zurückgewiesen 
worden,  ebenso  von  Hug  in  Bursians  jahresber.  II  s.  1151.  Eraner, 
Dübner,  EHoffmann  behalten  enim  bei,  ohne  sich  darüber  aus- 
zusprechen. Ciacconius  emendierte  enimvero ,  Madvig  adv.  crit.  II 
8.  253  wiederholte  die  conjectur,  sie  wurde  mit  recht  von  Hug  und 
Paul  ao.  abgelehnt,  endlich  hat  ASpengel  Philol.  XXXII  s.  368  vor- 
geschlagen den  satz  iUe  enim  •  .  civitatis  hinter  Hie  ut  erat .  .  inter- 
ficmnt  zu  stellen,  ebenso  ESchulze  Philol.  XXXIII  s.  730.  Hug 
billigt  ao.  diesen  verschlag,  allein  Dittenberger  bemerkt  in  Eraners 
llr  aufl.  8.  389  mit  recht,  dasz  die  umkehmng  der  zeitlichen  reihen- 
folge  der  ereignisse  aus  rein  logischer  rücksicht  gerade  in  die  leb- 
hafte  erzählung  an  dieser  stelle  nicht  hineinpasse,  er  hält  enim  für 
verderbt:  eine  überzeugende  emendation  sei  noch  nicht  gefunden, 
die  lebhaftigkeit  der  Schilderung  war  es,  welche  mich  auf  den  ge- 
danken  führte ,  dasz  in  dem  verderbten  enim  keine  verbindende  Par- 
tikel zu  suchen  sei,  da  die  asjndetische  Verbindung  hier  entschieden 
mehr  am  platze  ist.  ich  vermute  in  enim  die  misverstandene  ab* 
kürzung  von  emin^  «»  eminu«,  welches  mit  dem  folgenden  resistere 
zu  verbinden  wäre :  'zurückgerufen  begann  jener  aus  der  ferne  wider- 
stand zu  leisten  und  sich  zu  verteidigen' ;  vgl.  11  2  audacius  resistere 
ac  fortius  prignare  coeperunt.  die  trennung  der  zusammengehörigen 
Worte  eminus  resistere  kann  bei  Caesar  keinen  anstosz  erregen. 

ebd.  Vn  19,  2  omnia  vada  ac  saltus  eiuspatudis  oUinebant. 
so  die  hss.  Vielhaber  zs.  f.  d,  Ost.  gjmn.  1867  s.  614  suchte  ohne 
erfolg  die  richtigkeit  des  überlieferten  saltus  nachzuweisen;  ebenso 
MMiUer  beitr.  s.  9  im  anschlusz  an  CHBitter,  wozu  vgl.  Hug  jahresber. 
n  8.  1164,  Dittenberger  ao.  s.  392  anm.  und  OEeller  jahrb.  1871 

JahrbOcher  f&r  elMt.  phUol.  1879  hfU  IS.  54 


850  CFleischer:  za  Caesar  und  seinen  fortBetsern. 

8.  558  f.  EHoffmann  stellte  eiuspahidis  nach  vada^  man  sieht  aber 
nicht  ein ,  warnm  die  Gallier  die  nach  Hoffmanns  vennatung  ihnen 
im  rücken  liegenden,  ganz  ungefährlichen  säitus  sollten  besetzt 
haben,  auszerdem  ist  in  c.  18,  3  erwähnt:  carros  ifnpedi$ne9U<Mque sua 
in  artiores  süvas  ahäiderunty  capias  omnis  in  loco  edito  cdque  aperio 
instruxerunt.  im  folgenden  aber  ist  entschieden  nur  Yon  dem  sompf 
und  seinen  Zugängen  die  rede,  also  von  der  dem  angreifer  zugekehrten 
Seite.  Dinter  und  Dittenberger  klammern  dus  paludis  ein,  letzterer 
bemerkt  aber  ao. :  'die  stelle  ist  jedenfalls  verdorben,  wenn  auch 
nicht  mit  Sicherheit  behauptet  werden  kann^  dasz  eius  paludis  inter- 
poliert sei.'  die  bemerkung  Dübners  'mox  säUus  paludis  si  Caesar 
scripsit,  intelligendi  sunt  qui  extremis  partibus  suis  paludem  attinge- 
bant'  findet  ihre  erledigung  durch  hin  weis  auf  18,  3  tn  hco  edito  ai- 
que  aperto,  Eraner  adn.  crit.  s.  LIII  hält  die  stelle  fdr  verdorben, 
die  verbesserungsYorschläge  sind  folgende :  Nipperdej  s.  90  omnia 
vada  transüusque  eius  paludis  unter  verweis  auf  VIII 13, 1  vadairans- 
itusque  paludis^  eine  etwas  gewaltsame  änderung,  wie  er  selbst  sagt 
das  den  buchstaben  nach  näher  liegende  ac  (so)  adiius^  was  BMOlIer 
*kritik  und  erklärung'  s.  15  nach  ihm  vorschlug,  wurde  von  Nipper- 
dej, der  natürlich  an  atque  aditus  dachte,  ao.  gemisbilligt.  das  von 
Heller  Fhilol.  XHI  s.  2  vorgeschlagene  salicta  dürfte  wol  kaum 
richtig  sein,  jedenfalls  haben  Nipperdej  und  BMfiUer  recht ,  wenn 
sie  in  dem  verdorbenen  saUus  ein  wort  suchen,  welches  die  bedeutung 
'zugang,  weg*  hat.  dies  ist  der  nächstliegende  gedanke,  von  welchem 
bei  der  emendation  auszugehen  ist.  die  form  ac  weist  femer  auf  ein 
wort  hin,  welches  mit  einem  consonanten  anlautete,  hierdurch  er- 
ledigt sich  das  vorgeschlagene  adUus.  ich  halte  «ottttö  ftbr  das  miä* 
verstandene  compendium  von  semitas:  vgl.  V  19  amnibus  riis 
semitisque  und  VII S  ac  ne  singulari  quidem  umquam  homini  eo  tem- 
pore  anni  semitae  patuerant. 

h,  civ,  ni  19,  5  qua  ex  frequentia  Tüus  Lahienus prodit^  sum- 
missa  oratione  de  pace  loqui  atque  aUercari  cum  Vatinio  indpit. 
hierzu  sagt  FHofmann :  ^Labienus  betheuerte  heuchlerisch  seine  liebe 
zum~ frieden,  schob  die  schuld  an  dem  kriege  den  gegnem  zu  und 
fieng  so  einen  Wortwechsel  mit  Yatinius  an.'  hätte  Caesar  dies  sagen 
wollen,  so  hätte  er  sich  meiner  ansieht  nach  gewis  anders  aus- 
gedrückt, man  würde  dann  erwarten  primum  quidem  . .  loqui^  pau- 
latim  autem.  die  worte  welche  in  der  Überlieferung  eng  verbunden 
sind  summissa  .  .  loqui  und  aUercari  lassen  sich  nicht  zusammen* 
bringen,  dazu  kommt  dasz  das  hier  erzählte  verfahren  des  Labienus 
durchaus  nicht  zu  dem  sonstigen  auftreten  des  ehrgeizigen  mannen 
passt.  denn  wenn  auch  h,  O.  VUI  23,  3  f.  berichtet  wird,  dasi  er 
sich  auf  hinterlistige  weise  des  Commius  zu  entledigen  suchte,  so  nt 
er  doch  dabei  nicht  persönlich  thätig.  verschmähte  doch  selbst 
Caesar  derartige  mittel  nicht,  unbequeme  gegner  aus  dem  wege  zu 
räumen,  es  erscheint  mir  aber  geradezu  unglaublich,  dasz  der  mann, 
von  dem  h.  civ.  III  71,  4  erzählt  wird  dasz  er  sich  von  Pompejcs 


CFleiBcher:  zu  Caesar  asd  seinen  fortsetzern.  851 

die  gefangenen  Caesarianer  habe  geben  lassen ,  um  sie  schimpflich 
zu  tQten,  von  dem  es  III  87,  1  heiszt:  hunc  Ldbienus  excepü  et  cum 
Caesaris  copias  despicerä,  Pampei  cansüium  surnmis  laudibus  efferret^ 
^noU*  inquU  ^exisHmare^  Pampei^  hunc  esse  exercitum^  qui  OtUliam 
Germainamqtte  devicerU*^  dasz  der  legat  Labienus  sich  entblödet 
hfttte  in  gegenwart  der  beiden  beere  summissa  araiUme  mit  dem 
gegner  zn  reden  und  sich  eines  so  niederträchtigen  mittels  bedient 
hätte,  um  denselben  sicher  zn  machen,  schon  Hotman  machte  darauf 
aufmerksam,  wie  wenig  summissa  oratione  zu  den  schlusz werten  des 
cap.  tum  Ldbienus  ^desvmte  ergo  de  composHume  loqui:  nam  ncibis 
ms%  Caesaris  capite  relato  pax  esse  nuUa  potesi*  passe,  das  sind 
werte  eines  trotzig  auftretenden ,  hochfahrenden  menschen.  Lipsius 
conjicierte  sumpta  oratione,  wenig  glaubhaft;  Oudendorp  sed  amissa 
oratione  depace,  aUercari  usw.  mit  Streichung  von  loqui ,  jedenfalls 
annehmbarer  als  die  änderung  von  Terpstra  sed  missa  oratione  de 
pace  loqui  atque  aUercari  cum  Vatinio  incipU,  wo,  wie  Hofmann  richtig 
bemerkt,  loqui  sehr  stOrend  ist.  Dttbner  klammert  beide  worte  ein, 
die  er  fttr  ein  aus  dem  folgenden  mediam  orationem  und  immissa  ent- 
standenes glossem  hält,  der  umstand  nun,  dasz  D  und  der  Vossianus 
summissima  haben  und  das  sonstige  schwanken  der  lesarten  auf 
eine  Verderbnis  dieser  worte  hindeutet,  weckte  in  mir  die  Vermutung, 
dasz  sufibissima  ^=»  superhissima  zu  schreiben  sei,  welches  wort 
trefiflich  in  den  Zusammenhang  passen  wflrde. 

h.  JJex.  If  2  atque  omnes  oppidi  partes,  quae  minus  esse  firmae 
videntur,  testudimbus ac  muscuUs  aptantur.  Oruter,  Oronov,  Morus 
und  Vielhaber  zs.  f.  d.  Ost.  gjmn.  1869  s.  549  f.  behalten  das  von 
andern  verdächtigte  aptantur  bei ;  testudinibus  ac  muscuUs  sind  ihnen 
dative :  'loca  infirmiora,  quibns  bestes  invasuri  erant  partes  urbis  in- 
firmiores ,  accommodata^  quo  instrumentis  talibus  sine  impedimemto 
uti  posseni'    so  Gruter.    ausführlicher  und  zwar  in  durchaus  zu- 
treffender weise  schildert  Vielhaber  ao.  die  arbeiten  Caesars  bei  dem 
hinausrtlcken  seiner  Positionen,  betont  den  umstand  dasz  die  im 
wege  stehenden  gebäude  weggeräumt  werden  musten,  um  platz  für 
die  Verteidigungsanlagen  zu  gewinnen  {quantum^[ue  aui  ruinis  deici- 
tu/r  out  per  tnm  redpUur  loci,  in  tantum  munüiones  proferuntur), 
und  schlieszt  dann  mit  den  werten:  'die  schwächeren  teile  der  stadt . 
werden  für  die  anwendung  der  schildkrOten  und  minierhtttten  her- 
gerichtet.'   auch  Dinter  hat  aptantur  beibehalten,    mir  sind  zwei 
puncte  hierbei  anstöszig.  erstens  ist  der  ausdruck  aptari  testudinibus 
ac  muscfdis  auszerordentlich  geschraubt,  und  zweitens  will  der  in 
parallele  gestellte  satz  Liv.  IX  31,  9  ut  quisque  liberaverat  se  onere 
aptaveratque  armis  nicht  recht  passen,  weil  hier  der  Vorgang  des 
aptare  durch  das  se  onere  Uberare  geschildert  wird ,  während  wir  in 
unserer  stelle  gerade  die  erwähnung  dessen,  wodurch  die  schwachem 
teile  der  stadt  für  anwendung  der  Schildkröten  usw.  hergerichtet 
worden  seien,  vermissen,    deshalb  musz  ich  dabei  stehen  bleiben, 
aptantur  für  verderbt  zu  halten,  der  Verbesserungsvorschläge  sind 

64» 


8Ö2  CFleischer:  za  Caesar  und  seinen  fortseisem. 

nicht  wenige.  Lipsias  schlug  vor  captantur,  quatiuntur^  laxantur, 
grcLSsantuT'j  Weissenbom  mpugnafdt^y  mit  mehr  Wahrscheinlichkeit 
Nipperde j,  dem  sich  Eraner  und  DUbner  anschlieszen ,  temptantur\ 
dem  überlieferten  am  nächsten  kommt  EHoffmann,  welcher  appe- 
itmtu/r  yermutet.  aber  auch  diese  coiijectur  geht  zu  wenig  «of  den 
umstand  ein,  der  meiner  ansieht  nach  hier  notwendigerweise  henror- 
gehoben  werden  musz :  auf  das  freilegen  der  schwftchem  teile  der 
Stadt,  um  die  munitiones  vorschieben  zu  können,  ich  vermute  daher 
dasz  Caesar  schrieb:  omnes  qppidi partes  .  .  testttdinilms  ac  muscuUs 
apiuntur  ^=^  aperiuntur  ^die  schwachem  teile  der  stadt  werden 
durch  bresch-  und  minierhütten  bloszgelegt'.  dann  entsprechen  die 
folgenden  werte  ^^ntumque  atU  ruinis  deicUur  den  eben  angezogeneiii 
während  sich  der  zweite  satz  aut  per  vm  recipUur  Jod  bezi^t  auf 
ex  aedificiis  anUem  per  faramina  in  praxima  aedifida  arides  tm- 
miUu/ntwr.  die  bresch-  und  minierhtttten  verrichten  also  die  leichte, 
die  Widder  die  schwere  arbeit,  warum  Yielhaber  bo.  per  foramma  un- 
verständlich findet,  ist  mir  nicht  klar  geworden,  wie  anders  als  durch 
faramina  parietum  konnten  die  widder  innerhalb  der  häusermassen 
zur  demolierung  der  nebenan  stehenden  gebäude  benutzt  werden? 

ebd.  1,  5  iUud  spedans  (so  Vascosanus,  exspedans  die  hsa.)p> 
mumy  fd,  cum  in  duas  partes  essd  urbs  clM^sa^  ades  uno  eansäio  d- 
que  imperio  administraretur,  über  die  teitgestaltung  sowie  die  Sach- 
lage 8.  die  trefifliche  auseinandersetzung  Yielhabers  ao.  s.  550  f.,  der 
ich  mich  durchaus  anschliesze.  ich  füge  blosz  das  6ine  hinzu ,  dasz 
mir  der  ausfall  von  sua  zwischen  divisa  und  ades  höchst  wahr- 
scheinlich ist  es  fehlt  entschieden  ein  wort,  wodurch  die  erstrebte 
einheitliche  verschanzungslinie  als  die  Caesars  der  in  zwei  teile 
getrennten  feindlichen  stadt  gegenüber  gekennzeichnet  wird. 

ebd.  4, 1  praeoecupat  Ärsino(^  per  Ganymeden  eunuchum^  nutri- 
dum  suum^  atque  Achiüan  inierfidt.  jedenfalls  sind  die  beiden  vor- 
letzten werte  atque  Ächillan  umzustellen,  grund  der  Verderbnis 
war  der  gleiche  anfangsbuchstab. 

ebd.  5,  1  finde  ich  von  den  Schwierigkeiten ^  welche. Yielhaber 
ao.  8.  552  f.  in  der  darstellung  rügt,  nichts.  ThMommsen  RO.  m' 
b.  424  und  CPeter  OB.  II  ^  s.  355  geben  den  Sachverhalt  richtig  an. 
crsterer  sagt :  'denn  als  die  Nilcanäle  in  Caesars  Stadtteil  durch  hinein* 
geleitetes  seewasser  verdorben  waren'  usw. ;  letzterer :  'dieses  (das 
trinkwasser)  wurde,  wie  in  die  übrigen  Stadtteile,  so  auch  in  die  von 
Caesar  besetzten  aus  dem  Nil  durch  canäle  geleitet,  und  Ganjmedes 
hatte  mittel  gefunden,  diejenigen  canäle,  die  den  Caesarianen  ^ 
wasser  zuiUhrten,  vom  Nil  aus  zu  verstopfen  und  dagegen  meer 
Wasser  in  dieselben  zu  leiten.'  worin  findet  nun  YieUiaber  die 
Schwierigkeiten?  erstens  erwarte  man  dasz  nach  cap.  5  die  ab- 
sperrung  der  canäle  im  folgenden  dargestellt  werde,  wie  ee  die  aoi- 
Schreiber  dieses  buches  Cassius  Dion  XLII  39  und  Plntardi  Caes. 
49  gethan;  an  stelle  dieser  Schilderung  trete  eine  anekdotenartig« 
erzählung  von  dem  einpumpen  des  seewassers  in  die  canäle.  wanun 


CFleiBcher:  zu  Caesar  und  seinen  forteetzem.  853 

genügen  denn  aber  Yielhaber  die  worie  des  zweiten  satzes  von 
cap.  6  nicht:  ifUersti^tis  enim  specubus  atque  amnibus  urhisparUbus 
exck^f  quae  aib  ipso  tenehantur^  die  dasselbe  sagen  wie  Cassins  Dion 
und  Platarch?  hier  wird  doch  mit  schlichten,  einfachen  worten  er- 
zählt, dasz  der  yon  Oanymedes  vorher  gefaszte  plan  wirklich  zur 
ansführung  gekommen  sei.  wie  erklärt  sich  nun  der  tadel  Viel* 
habers  ?  der  ver&sser  des  h.  Alex,  hat  sich  bei  der  lebhaftigkeit  der 
Schilderung  zu  einer  kleinen  flüchtigkeit  hinreiszen  lassen,  statt 
nemlich  zu  sagen:  'nachdem  der  plan  des  (3anymedes  betre£b  ab- 
Sperrung  des  Nilwassers  billigung  gefunden,  und  demnach  die  canäle 
verstopft,  und  Caesar  der  zuflusz  neuen  wassers  entzogen  war,  macht 
sich  Ganjmedes  an  ein  groszes  und  schwieriges  unternehmen:  er 
Ifiszt  durch  druckwerke  eine  menge  meerwasser  in  die  canäle  ein- 
führen', zieht  er  jenen  satz  'macht  er  sich  an  ein  groszes  und  schwie- 
riges unternehmen'  durch  eine  art  von  prolepsis  in  den  vorhergehen- 
den satz,  welcher  von  dem  verstopfen  der  canäle,  was  unmöglich  ein 
magnum  et  difficüe  opus  genannt  werden  kann,  hinein,  hierdurch 
wird  aber  der  indirecte  Vorwurf  Vielhabers,  das  verstopfen  der 
canäle  (ein  'untermauern'  derselben  war  nicht  nötig:  das  äTrqjKObo- 
^fjOricav  Plutarchs  wird  wol  nicht  wörtlich  zu  nehmen  sein)  sei  un- 
erwähnt geblieben,  nicht  gerechtfertigt;  die  thatsache  wird  wol  er- 
wähnt, wenn  auch  nicht  an  der  stelle,  wo  wir  sie  der  Zeitfolge  nach 
erwarten  sollten,  zweitens  macht  Yielhaber  dem  Verfasser  daraus 
einen  Vorwurf,  dasz  er  unterlassen  habe  zu  erwähnen  'wie  nach  Ver- 
stopfung der  canäle  in  dieselben  kein  wasser  habe  eindringen  können', 
warum  aber  selbstverständliches  noch  auseinandersetzen?  auch  ver- 
stehe ich  nicht,  warum  Yielhaber  die  worte  privaHs  (iedificiis^  an 
denen  er  anstosz  zu  nehmen  scheint,  gesperrt  druckt,  denn  es  ist 
nirgends  die  rede  von  'öffentlichen'  cistemen,  welche  Yielhaber 
s.  653  (mitte)  erwähnt,  sondern  im  anfange  von  cap.  6  heiszt  es 
ausdrücklich  AUxandna  est  fere  tota  suffossa  speeusque  habet  ad 
Nüum  pertinenteSy  quibus  aqua  in  privatas  damos  inducitur.  dem 
entspricht  also  qui .  .  exprivatis  aedificiis  »peeuhus  acputeisextraäa 
aqua  utebantur. 

ebd.  15, 3  hat  Kraner  jedenfalls  den  richtigen  weg  gezeigt,  wie 
man  die  corrupte  stelle  qui  ubi  Caesaris  animum  advertU,  wofSr 
JNOForchhammer  quaest.  crit.  s.  83  qui  übi  dubitationem  Caesaris 
animum  advertit  oder  qui  ubi  dubUare  Caesarem  animum  advertü  zu 
schreiben  vorschlug,  emendieren  müsse,  er  emendierte  nemlich  qui 
ubi  cessari  animum  advertit]  Dübner  und  Dinter  nahmen  die  emen- 
dation  auf.  hierbei  müssen  aber  zwei  puncto  bedenken  erregen, 
erstens  fällt  die  unmittelbar  darauf  folgende  anrede  mit  der  thür  ins 
haus,  ohne  dasz  irgend  eine  andeutung,  an  wen  sie  gerichtet  sei, 
vorausgienge.  jede  art  von  einleitung  fehlt,  zweitens  ist  in  den 
Worten  Euphranors  nur  von  Caesars  flotte  die  rede,  nicht  auch  von 
der  der  feinde,  was  cessari  zur  Voraussetzung  hat;  ich  möchte  daher 
eher  glauben  dasz  der  Verfasser  schrieb :  qui  ubi  Caesarem  eessare 


854  CFleischer:  zu  Caesar  und  seinen  fortsetzem. 

animum  advertU  usw.  die  unhaltbarkeit  der  überlieferten  worte, 
welche  Nipperdej  und  EHoffmann  beibehalten,  ist  von  Forchhammer 
ao.  8.  81  ff.  dargethan  worden. 

ebd.  15,  8  geben  die  worte  gut  aut  in  opere  cnä  in  pugna  occu- 
patum  animmn  hdberent  keinen  sinn  und  sind  deshalb  von  Dabner 
als  unecht  bezeichnet  worden,  sollten  sich  denn  blosz  die  bei  der 
anlegung  von  neuen  befestigungen  und  dem  nie  aussetzenden 
straszenkampfe  beteiligten  Caeaarianer  und  Alexandriner  ftlr  das 
seetreffen  interessiert  haben,  und  nicht  auch  die  übrigen  insassen 
der  Stadt,  mochten  sie  nun  dieser  oder  jener  partei  angehören?  oder 
wollte  etwa  der  Schriftsteller  sagen,  dasz  selbst  diejenigen, 
welche  bei  schanzarbeit  und  kämpf  beteiligt  waren ,  über  dem  see- 
treffen beides  vergessen  hätten  (vgl.  zu  gui .  .  hdberent  Caes.  h.  G. 
n  35, 1  uti  ab  iis  natianibus,  quae  trtms  Bhenum  incokreni^  miUeren- 
tur  legcUi  ad  Caesarem)^  aber  erstens  würde  man,  da  kein  pronomen 
determinativum  vorausgeht,  sicher  ein  vd  vor  gui  erwarten,  und  zwei- 
tens ist  diese  annähme  auch  dem  sinne  nach  von  vom  herein  hin- 
ÜQlig:  jede  derartige  nachlässigkeit  sowol  von  Seiten  der  Römer  als 
von  Seiten  der  Alexandriner  würde  sich  gewis  bitter  gerächt  haben, 
die  Verschlagenheit  der  Alexandriner  war  den  Römern  nur  zu  gut  be- 
kannt: konnte  jene  von  den  belagerten  in  einer  fast  unangreifbaren 
Stellung  in  scene  gesetzte  Seeschlacht  nicht  eine  maske  für  einen  auf 
Caesars  befestigungen  innerhalb  der  stadt  zu  machenden  angriff  sein? 
und  welcher  römische  soldat  würde  ohne  befehl  den  ihm  besonders 
unter  obwaltenden  Verhältnissen  anvertrauten  posten  verlassen 
haben?  anderseits  aber  wüsten  die  Alexandriner,  dasz  die  Römer, 
denen  vor  allem  daran  lag  zum  see  Maeotis  vorzudringen  und  sich 
so  einen  ausweg  zu  lande  aus  der  stadt  zu  verschaffen ,  jede  von  den 
gegnem  gegebene  blösze  augenblicklich  benutzen  würden,  um  den 
nachlässigen  feind  zu  überrumpeln  und  mehr  terrain  zu  gewinnen, 
daher  halte  ich  dafür  dasz  der  Verfasser,  selbst  ein  soldat,  schrieb: 
negue  vero  Älexandriae  fuit  guisguam  aut  nostrorum  aut  qppida$90' 
rum,  nisi  gui  aut  in  opere  aut  in  pugna  occupatum  animum  häbereni^ 
quin  äUissima  tecta  peteret  usw.  vgl.  &.  0. 1 30,  5  fi«  guis  enuntiaretj 
nisi  guihus  communi  cansüio  mandatum  esaety  iiUer  se  sanxeruni.  so 
erscheint  mir  der  von  Dübner  verworfene  satz  haltbar. 

ebd.  16,  1  vermag  ich  in  den  Worten  nostris  emmpulsis  neqme 
terra  negue  mari  effugium  dahatur  [viäis]  omniaque  vidaribus  eramt 
futura  in  incerto:  Uli  si  superassent^  navibus  amnia  tenereni;  si  m 
feriores  fuissent,  religuam  tarnen  fortunamperiditairent%tr,  und 
in  dem  von  den  neueren  hgg.  unverändert  beibehaltenen  zweiten 
teile  der  periode  von  iOi  si  superassent  an  eine  lateinische  oon- 
struction  nicht  zu  erkennen,  ich  möchte  daher  nach  incerto  die  ooig. 
cum  eingeschoben  wissen,  was  nach  Clarkes  angäbe  schon  einige 
alte  hgg.  verlangten,  vgl.  c.  69,  2  maximeque  cammemorabani  im«00 
Phamcicem  auxüia  contra  Caesarem  PompHo  dare  vbhiisse^ 
C  während  doch')  Deiatarus^  gui  dedissä^  tarnen  ei  satisfedssä. 


L 

*. 


CFleißcher:  zu  Caesar  und  seinen  fortsetzem.  855 

Bei  dieser  gelegenbeit  füge  ich  zu  den  von  Drttger  bist,  sjntaz 
II  8.  407  aus  Hirtius  VIII  angeführten  zwei  beispielen  für  Verwen- 
dung des  oonjunctivs  im  relativsatze  der  indirecten  rede  statt  des 
acc.  c.  inf.  (33, 1  u.  39, 3)  hinzu  h,  Alex,  16,  3  ^^uorum  $i  qui  aut  animo 
aui  virtute  cessisset^  rdiquis  etiam  esset  cavendum.  da  letzteres 
wort,  so  allgemein  ohne  irgend  welchen  der  Wichtigkeit  der  be- 
treffenden Situation  entsprechenden  beisatz  gebraucht,  in  diesem  Zu- 
sammenhang als  wenig  passend  erscheint,  so  schrieben  die  hgg.  seit 
Aldus  cadendwn  für  cavendum^  und  zwar  entschieden  mit  unrecht« 
denn  wenn  die  wenigen  rhodischen  schiffe,  welche  in  den  engen  un- 
tiefen den  kämpf  zu  eröffnen  wagten,  ihre  pflicht  und  Schuldigkeit 
nicht  thaten,  flohen,  gekentert  oder  in  den  grund  gebohrt  wurden, 
so  folgte  daraus  noch  nicht,  wie  man  aus  dem  vorgeschlagenen  au2en- 
dum  entnehmen  müste,  der  Untergang  der  übrigen  noch  auf  offenem 
meere  befindlichen  Caesarischen  flotte ,  da  sie  an  der  flucht  durch 
nichts  verhindert  wurden  und  der  östliche  hafen  Alezandrias  ihnen 
eine  offenstehende  Zufluchtsstätte  bot.  wol  aber  muste  Caesars  flotte, 
falls  die  Alexandriner  nach  besiegung  der  ersten  angreifenden  schiffe 
sich  in  den  besitz  der  untiefen  gesetzt  hatten ,  dem  nachdrängenden 
feinde  weichen,  mochte  derselbe  nach  besetzung  der  untiefen  von 
dem  neu  gewonnenen  standpunct  aus  den  kämpf  eröffnen  oder  sich 
einfach  mit  dem  besitze  der  vada  begnügen,  denn  auch  in  letzterm 
falle  hätte  dem  Caesar  ein  verbleiben  in  seiner  Stellung  nichts  ge- 
nützt, ich  glaube  daher  schreiben  zu  müssen  quorum  si  qui  aiU 
animo  aut  virtute  cessissetj  reUquis  etiam  esset  cedendum^  quibtts 
pro  se  pugnandi  facultas  non  fuisset.  so  entspricht  das  dem  sinne 
nach  passende  ceäendum  auch  lautlich  dem  vorhergehenden,  aller- 
dings in  etwas  anderer  bedeutung  gebrauchten  cessisset.  Vielhaber 
dachte  an  ausfall  von  de  summa  rerum  vor  cavendum  unter  beistim- 
mung  Dübners.  meine  änderung  scheint  mir  einfacher  zu  sein. 

ebd.  17,  4  hat  Vielhaber  ao.  s.  557  mit  recht  in  den  werten  ä 
scaifhis  navibusque  longis  quinque  mohüiter  et  sdenter  angustias 
loci  tuebantur  das  zahlwort  verdächtigt,  welches  er  ganz  streichen 
will,  da  das  wort  aber,  wie  es  scheint,  in  den  hss.  mit  buchstaben 
ausgeschrieben  ist,  so  liegt  die  Vermutung,  dasz  wir  es  mit  einem 
verderbten  werte  zu  thun  haben,  näher,  sollte  es  aus  utrinque 
entstanden  sein?  Caesar  machte  nemlich,  um  die  truppen  der  feinde 
za  teilen,  den  angriff  auf  beiden  langseiten  der  insel  zu  gleicher  zeit : 
vgl.  17,  3  äUeram  insulae  partem  distinendae  mcmus  causa  constraiis 
fkwibus  adgreditur, 

ebd.  19,  2  haben  die  neueren  hgg.  mit  6iner  ausnähme  die  les- 
art  der  meisten  hss.  certiorem  Hlum propioremque  oppido  Alexan- 
drini  tuebantur  aufgenommen,  während  ÜFD  fortiorem  bieten* 
mit  recht  aber  nahmen  schon  die  alten  erklärer  anstosz  an  diesem 
gebrauche  des  adj.  certus  bei  einem  concreten  neutrum,  und  Bobert 
Stephanus  schlug  dafür  citeriorem  vor,  was  Madvig  adv.  crit  11  282 
wiederholt,    allein  da  vorher  von  den  Fhariten  die  rede  gewesen, 


856  CFleischer:  zu  Caesar  und  eeinen  fortsetzen!. 

sollte  man  gerade  ein  wort  entgegengesetzter  bedentnng  erwarten; 
anszerdem  Iftszt  das  folgende  propioremgue  oppido  kein  locales  ad- 
jectivurn  erwarten.  Yielhaber  aber  scblng,  da  ibm  die  lesart  f&r- 
tiorem  misfiel,  artiorem  vor,  indem  er  auf  19,  3  hinwies:  non  enim 
plures  consistere  angustiae  locipatiebantur,  aus  zwei  gründen  ftlr  mich 
nicht  überzeugend,  erstens  bezieht  sich  der  eben  citierte  sats  auf 
die  schmalheit  des  dammes  oder  der  brücke,  nicht  auf  ausdehnung 
der  durchfahrt  in  die  breite;  und  zweitens,  wenn  wir  auch  sonst 
nichts  von  der  beschaffenheit  der  zwei  dammdurchstiche  wissen ,  ist 
es  wol  glaublich ,  dasz  die  den  beiden  hftfen  und  der  stadt  zunSchat 
gelegene,  also  am  meisten  benutzte  durchfahrt  die  schmälere  ge- 
wesen sei?  gewis  nicht,  wol  aber  wird  sie,  da  sie  für  die  stadt  von 
viel  gröszerer  Wichtigkeit  war  als  die  andere ,  stärker  befestigt  ge- 
wesen sein  als  jene,  demnach  kann  ich  das  von  Dinter  gebilligte 
und  in  den  text  aufgenommene  artiorem  nicht  itlr  richtig  halten^ 
während  mir  die  lesart  des  für  die  kritik  des  &.  Akx.  so  wichtigen 
ürsinianus  fortiorem  vortreflFlich  in  den  Zusammenhang  zu  passen 
scheint,  besonders  da  in  demselben  h.  Alex,  fortis  in  gleicher  beden- 
tung  ^stark  befestigt'  auch  noch  66,  2  vorkommt:  quod  qppidum  fere 
totius  Cäiciae  nohtUssimum  fortissimumque  est. 

ebd.  20,  3  sed  postquam  uUra  eum  locum  ab  totere  eorum  aperto 
atisi  sunt  egreäi  ex  navibus  Alexandrini pauci,  ut  sine  signis  oertis- 
que  ordinibuSy  sine  ratiane  prodierant^  sie  temere  in  naves  fugere 
coeperunt  scheint  mir  pai^c»,  abgesehen  von  seiner  sonderbaren  Stel- 
lung am  ende  des  satzes,  nicht  in  den  Zusammenhang  zu  passen, 
wenn  vorher  erwähnt  wird,  dasz  remigum  magnus  numerus  et 
dassiariorum  der  Caesarischen  flotte  den  dämm  besetzt  habe,  noch 
dazu  ein  teil  cupidüate  pugnandi  getrieben ,  wenn  es  femer  darmnf 
heiszt,  dasz  ihr  angriff  auf  die  fahrzeuge  der  feinde  von  grossem  er- 
folge begleitet  gewesen  sei ,  und  dasz  sie  durch  die  menge  ihrer  ge- 
schösse  auszerordentlich  viel  ausgerichtet  hätten,  so  widerspricht 
doch  dem  entschieden,  dasz  nur  wenige  Alexandriner  es  gewagt 
haben  sollten  diese  grosze  masse  anzugreifen,  auch  wenn  wir  die  be- 
währte tap  ferkelt  und  bekannte  tollkühnheit  der  Alexandriner  mit 
in  anschlag  bringen :  ich  halte  daher  pauci  für  verderbt  und  vermute 
darin  ein  wort,  welches  sich  auf  das  subject  des  hauptsatzea,  auf  die 
remiges  und  dassiarii  bezieht,  das  bei  der  nachstellung  des  snbjectes 
des  vorhergehenden  satzes  Alexandrini  entschieden  vermisst  wird. 
meine  Vermutung  geht  Bxxf  pa vidi,  noch  zweimal  wird  in  den 
nächsten  Zeilen  des  Schreckens  und  der  bestürzung  der  seeleate,  als 
sie  sich  unvermutet  von  den  Alexandrinern  von  der  offenen  seite  an- 
gegriffen sahen,  erwähnun^f  gethan:  §  4  nastrosque  aaiusperturbatos 
insequehaniur  und  §  5  quihus  omni^^  rebus  perturbaH  müites  osw. 
vgl.  b.  Afr.  82, 1  Uaque  . .  anmadvertU  hostes  circa  poBum  trepidare 
atque  uUro  cUroque  pavidos  concursare.  nachdem  pauidi  verdorbea 
war,  corrigierte  ein  abschreiber  es  in  pauci  um,  veranlaszt  durch  die 
folgenden  werte  qucrum  fuga  incitati  Alexandrini  pHures  ex  nacAus 


CFleiecber:  zu  Caesar  und  seinen  fortsetzern.  857 

egredkhaniur^  weil  er  den  gegensatz  zu  plures  vermiszte.  tind  dieses 
wort  ist  wol  atich  die  tirsache' davon  gewesen,  dasz  noch  niemand 
an  der  ttberliefemng  anstosz  genommen  hat.  die  von  Forchhammer 
ao.  8.  95  f.  als  nnecht  bezeichneten  worte  sine  ratione  mSchte  ich  mit 
den  hgg.  beibehalten  wissen  schon  wegen  der  dem  Verfasser  so  ge- 
läufigen asyndetischen  ansdmcksweise. 

ebd.  20,  7  sind  die  worte  äUevatis  scutis  et  animo  ad  conandum 
nisi  in  klammem  za  schlieszen,  weil  sie  ungeachtet  der  absonderlich- 
keit  der  Sprechweise  in  der  zweiten  hftlfte  des  Satzes  eine  behaaptong 
enthalten,  welche  jedem,  der  die  nüchterne,  von  jeder  derartigen 
ttbertreibnng  freie  darstellnng  der  psendocaesarischen  Schriftsteller 
kennt  und  aaszerdem  selbst  mit  den  gesetzen  des  schwimmens  be- 
kannt ist,  fast  ein  l&cheln  abnOtigen  masz.  das  romanhafte  der  über- 
lieferten worte  entgieng  dem  gescheiten  Schreiber  des  codex  D  nicht, 
dieser  verbesserte  die  Überlieferang  in  allevati  scuiis^  indem  er  sich 
die  Situation  so  vorstellte,  als  ob  dieschwimmenden  Soldaten  Caesars 
die  Schilde  nach  art  der  kfthne  benutzt  hStten  und  dieselben ,  indem 
sie  sich  an  ihnen  festhielten,  vor  sich  her  getrieben  htttten;  von 
Madvig  adv.  crit.  11  s.  282  anm.  wiederholt,  allein  auch  dies  ist 
ganz  unglaublich,  wie  schon  die  von  der  sonst  im  groszen  und  gan- 
zen ezacten  diction  des  Verfassers  abweichende  ausdrucksweise  er- 
gibty  haben  wir  es  hier  mit  einer  der  vielen  interpolationen  zu  thun, 
von  denen  das  h,  Alex»  entstellt  ist.  Dübner  und  Vielhaber  haben 
mit  feinem  tacte  schon  vieles  ungehörige  entfernt;  ich  glaube  aber 
dasz  eine  genaue  Untersuchung  des  Sprachgebrauchs  noch  manches 
einschiebsei  zu  tage  fördern  wird. 

ebd.  21,  5  atque  egesHs  ex  mariU^ndihusUbere  sunt  usipostea 
ad  mUtenda  navigia.  es  fehlt  das  object  zu  usi  sunt,  denn  ein  aus 
den  vorhergehenden  werten  zu  ergttnzendes  mari  wttre  viel  zu  allge- 
mein, da  hier  blosz  von  der  wiedereroberten  durchfahrt  die  rede  ist ; 
das  andere  wort  aber,  an  welches  man  denken  könnte,  eo  loco  am 
aiifang  der  periode  stehend  gehört  einem  andern  satze  an  und  ist 
durch  zu  viele  worte  von  dem  erwähnten  verbum  getrennt,  als  dasz 
man  es  mit  diesem  verbinden  könnte,  mir  ist  es  wahrscheinlich^ 
dasz  entweder  pon^e  yot postea  ausgefallen  (vgl.  19,  1  casteHum- 
que  adpontem  • .  posuU,  §  4  quo  fado  imperatpontem  adversus  hostem 
praevattari^  §  5  quae  consueveräni  navigia per  p&ntes  ad  incendia  .  . 
emitterej  20,  5  quae  in  p&nte . .  eonstUerant^  §  5  munüUmem  in  pante 
institutam,  21, 1  quoad  potuU  cohortando  mos  adpontem  . .  continere) 
oder  dasz  postea  aus  ponte  und  dem  anfangsbuchstaben  des  folgenden 
4id  entstanden  ist. 

ebd.  24,  1  quod  si  quo  facto  sentirent  ea,  quae  posluHarent^ 
mansurum  in  fide  dimissum  regem  credehat.  für  das  unverständliche 
quo  facto  schreibt  man  seit  PManutius  quopadOy  auch  wenig  an- 
sprechend, der  Zusammenhang  fordert  ein  wort  mit  der  bedeutung 
'wirklich,  in  Wahrheit',  und  da  ergibt  sich  von  wlh^iprofecto. 
vgl.  h,  G,  Yin  21,  2  quam  si  sine  dimicatione  inferre  integris  posset^ 


858  CFleificber:  za  Caesar  und  eeinen  fortsetzen!. 

pro  aiM  dementia  atque  humanUale  numguam  profedo  essd  «Qa- 
turus.  h.  Hisp.  25,  7  quorum  pugna  essd  prt^  profedo  dirempta 
usw.  und  26,  6  profedo  nostro  commeatu  privati  necessoHo  ad  dkm- 
canäum  desoendent.  das  von  Jurinius  und  Vielhaber  verdttditigte 
postularent^  wofür  ersterer  pcUHcerefUur  schreiben  wollte,  halte 
ich  für  richtig,  ich  übersetze  Veil,  wenn  sie  wirklich  der  gesinnung 
waren^  welche  sie  bei  ihrer  forderong  an  den  tag  legten'  usw. 

ebd.  24,  5  tSe  u^  ex  carceribus  in  liberum  cursum  emissus  adeo 
contra  Caesarem  acriter  hdlum  gerere  ooepit.  es  liegt  ein  der  renn- 
bahn  entnommenes  bild  vor;  der  vergleich  aber  gewinnt  erst  dann 
Wahrheit  und  leben,  wenn  wir  das  emissus  nicht  auf  den  wagen- 
lenker,  sondern  auf  das  ungestüme  ros  beziehen,  welches,  bisher  nur 
mühsam  vom  lenker  des  gespannes  gehalten ,  nach  dem  fallen  der 
schranken  in  die  rennbahn  hinausstürmt,  denn  der  auriga^  dessen 
erstes  erfordemis  besonnenheit  war ,  kann  nicht  in  paraUele  gestellt 
werden  mit  dem  unbesonnenen  jungen  könig.  ich  vermute  daher 
den  ausfall  von  eq^uus  vor  ex. 

ebd.  25,  3  guod  ubi  Caesari  nuntiaium  ed^  unam  dassem  iubet 
expediri  atque  indrui.  so  die  hss.  mit  ausnähme  der  jüngsten,  in 
denen  unam  fehlt.  Oudendorp  schlug  dafür  vor  una^  dh.  eodem  tem-^ 
pore ;  seit  Nipperdej  ediert  man  suam,  sollte  unam  nicht  das  mia- 
verstandene  compendium  von  universam  sein? 

ebd.  26,  2  üinere  pededri^  quo  coniungitur  Aeg^us  Syriae^ 
Fdusium  adducit.  da  adducü  ohne  object  ist,  so  emendierte  schon 
Davisius  advemt\  Yascosanus  und  BStephanus  schoben  magnascopias 
davor  ein;  Glandorp  coi^icierte  contendü  oder  pervemt^  Vielhaber« 
folgte  dem  beispiel  von  Davisius ,  indem  er  ao.  s.  562  ad  Fdusimn 
venu  vorschlägt  unter  vergleichung  von  36,  3  cum  adveniard  ad 
NicqpoUm\  Dinter  endlich  ediert  od  Pdusium  adcurrü.  aUein  der 
vergleich  von  56,  6  Hispaiim  accedü^  sowie  von  37,  3  prcpius  Aieo- 
polim  accessUf  38,  1  prqpiusque  ipse  Alexandriamper  Syriam  aeeederti 
und  67, 1  cum  propius  Pontum  finesque  QaUograedae  accessissd  legt 
es  nahe,  dasz  der  Verfasser  schrieb  Pdusium  accedit^  dem  sinne 
entsprechend  und  auch  den  buchstaben  nach  von  der  Überlieferung 
nicht  sehr  abweichend.  56«  6  würde,  da  hier  das  an  den  drei  andern 
stellen  hinzutretende  propms  fehlt,  unserer  stelle  vollstftndig  ent- 
sprechen. 

ebd.  28,  4  tribus  autem  ex  lateribus  variisgenerum  mumtiom- 
bus  tegebatur:  unum  latus  erat  adiedum  flumini  NüOy  äUerum  edi- 
tissi$no  loco  dudum^  ut  partem  cadrorum  obtinerd^  tertium  paHude 
cingebatur,  für  generum  mwnüionibus  will  Nipperdej  schreiben 
ger^eribus  m%mUionum\  ihm  folgen  Kraner  und  Dinter,  während 
EHoffmann  die  beiden  Wörter  umstellt.  Dübner  hingegen  nahm  den 
Vorschlag  Dehlers  varii  generis  munitionibus  auf.  vor  Nipperdej 
edierte  man  variis  genere  munüiontbus.  der  von  dem  Verfasser  be- 
sonders hervorgehobene  umstand,  dasz  der  lagerort  des  königs  anf 
allen  den  darauf  erwähnten  drei  Seiten  durch  natürliche  be- 


GFleischer:  zu  Caesar  und  seinen  forteetzern.  859 

festigangen  geschützt  war,  führte  mich  auf  den  gedanken,  dasz 
generum  für  regionum  yerschrieben  sei.  in  dem  consecntivsatze 
uipartem  castrarum  ohiineret  ist  yorpartem  ein  attribut  ausgefallen, 
wahrscheinlich  magnam  oder  maximam. 

ebd.  31,  1  cohortes  illo  circumire  'castra  et  summwm  hcwm 
aggredi  iussü.  HAKoch  rh.  mus.  XVn  s.  477  nahm  mit  recht  an- 
stosz  an  ülo ,  da  man  eine  zahlangabe  bei  cohartea  vermiszt.  er  yer- 
mutete  äUcot;  ich  glaube  dasz  in  illo  die  zahl  JJJ  steckt,  und  däsz 
das  schlieszende  o  aus  dem  anfangsbuchstaben  des  folgenden  ctrctumire 
entstanden  ist.  in  gleicher  weise  benutzt  Caesar  c.  19, 3  drei  jeden- 
falls durch  tapferkeit  ausgezeichnete  cohorten,  um  die  eroberte 
dammbrücke  zu  verteidigen :  et  cohortium  irium  instar  in  terram  ex- 
posuerat. 

ebd.  53,  1  concurrüur  ad  Cassium  defendendum:  semper  enim 
Berones  campluresque  evocatas cwm  telissecum  habere consuerat.  für 
die  Berones  *,  welche  die  hgg.  zu  einer  leibwache  des  Cassius  machen, 
schlug  Madvig  adv.  11 284  vor  gerrones,  deswegen  nicht  annehmbar, 
weil  hier  entschieden  erzählt  wird,  dasz  der  verhaszte  consul  zu  sei- 
nem schütze  stets  bewaffnete  begleiter  um  sich  hatte,  auf  deren 
tapferkeit  und  treue  er  bauen  durfte,  was  konnten  ihm  da  gerrones 
nützen?  und  auszerdem  welche  Zusammenstellung  gerrones  cam- 
pluresque evocatosl  wo  aber  anders  sollten  wir  jene  tapfem  leute 
suchen  als  in  den  reihen  der  centurionen,  welche  durch  die  huld 
des  consuls  aus  dem  stände  der  milites  gregarii  zu  ihrer  würde  ge- 
langt waren?  ich  emendiere  also:  semper  enim  centuriones  com- 
pluresque  evocatos  cum  tdis  secum  habere  consuerat.  überhaupt  kom- 
men die  centurionen  b&ufig  in  Verbindung  mit  den  evocati  vor :  vgl. 
b.  ctt;.  I  3,  3  compktur  urbsi  et  ius  comitium  trtbunis^  ceniurionibus^ 
evoeatis.  1 1 7,  4  e^  pro  rata  parte  centurionibus  evocatisque.  III 53, 1 
evocatos  centurionesque  complures.  Sali.  Cot,  59,  3  ab  eis  centurioneSt 
omnis  lectos  et  evocatos  usw.  die  Verderbnis  entstand  mutmasslich 
auf  die  weise,  dasz  zu  dem  ausgeschriebenen  werte  centtniones  von 
anderer  band  das  gebräuchliche  compendium  0  hinzugefügt  wurde; 
dieses  gerieth  später  in  den  tezt  vor  centuriones^  und  so  entstand 


*  [da  kein  beransgeber,  soweit  ich  vergleichen  kann,  die  annicht 
Wilhelm  von  HnmboldtB  über  die  Beronea  an  dieser  stelle  erwähnt, 
80  halte  ich  es  nicht  für  ranmTerschwendung,  dieselbe  hier  wörtlich 
abdrucken  in  lassen,  er  sagt  in  seinem  nach  Kieperts  urteil  'bahn- 
brechenden* werke  'prilfnng  der  nntersnchungen  über  die  nrbewohner 
Hispaniens  mittelst  der  vaskischen  spräche'  (Berlin  1821)  in  dem  Wieder- 
abdruck in  den  gesammelten  werken  U  s.  114  folgendes:  'der  name  der 
celtiberischen  ▼Ölkerschaft  der  Beroner  kann  mit  dem  noch  hente  in 
Wales  üblichen  worte  her  «speer,  spiesx»  (Owen)  snsaroinenhängen,  das 
auch  in  Miederbretagne  gewöhnlich  ist,  wo  ea  noch  ein  anderes  ver- 
wandtes b\r  «pfeil»  (Le  Pelletier)  gibt,  ich  möchte  daher  das  wort 
beronea  bei  Hirtins  (6.  Alex,  68)  weder  für  den  volksnamen  noch,  da 
alle  Codices  darin  fibereinstimmen,  für  eine  falsche  lesart  halten,  es  war 
unstreitig  ein  celtlscher  ansdmck  für  bewaffnete,  und  der  Ursprung 
des  namens  der  TÖlkerschaft.*  A.  F.] 


860  CFleischer:  zu  Caesar  und  seinen  fortsetzem. 

jener  mit  B  anlautende  völkername,  der  um  so  anpassender  ist,  als 
Cassius  gerade  von  den  Spaniern  mit  dem  glühendsten  hasse  ver- 
folgt wurde:  vgl.  48,  1.  49,  2.  3.  50,  1  und  Madvig  ao. 

Zu  der,  wie  es  scheint,  sowol  durch  auslassungen  als  durch  Um- 
stellungen verderbten  stelle  12,  1  guihus  ....  (nach  Nipperdej)  et 
superiofilms  locis  suhlevahantur  ^  ut  ex  aedificiis  defendi  possent  ei 
fnaUeriam  cundam  obkerent,  quod  nostrae  classis  oppugnationem  eHam 
ad  terram  verebantur^  deren  reconstruction  Dinter  versucht  hat,  be- 
merke ich  am  schlusz  dieser  besprechung  des  h.  Alex,  meinerseits, 
dasz  mir  zwischen  et  und  superiorihus  der  ausfall  von  si  wahr- 
scheinlich ist;  dasz  nach  dem  ut  des  folgenden  satzes  ut  ex  aedifidis 
defendi  possent  das  pronomen  qui  ausgefallen  zu  sein  scheint  (viel- 
leicht ist  daraus  das  an  falsche  stelle  gerathene  quibus  entstanden: 
vgl.  h.  0-,  IV  23,  5  maxime  ut  marüumae  res  posttdarent^  ut  quae 
<^erem  et  instabüem  motum  haherenty  so  dasz  also  der  zweite  satz  den 
ersten  begründet),  und  endlich  dasz  ich  an  materiam  cunctam  an- 
stosz  nehme,  wofür  ichmateriam  convectam  setzen  möchte,  jeden- 
falls ist  hinter  diesen  werten  eine  lücke  anzunehmen,  da  der  Ver- 
fasser nicht  sagt,  wo  die  holzbarricaden  errichtet  worden  seien,  in 
der  Dinterschen  reconstruction  will  mir  am  wenigsten  der  sats  ^mi- 
hus  et  superiorihus  hcis  sübleväbantur  gefallen. 

&.  Hisp,  1,1.  der  anfang  des  sehr  verderbt  überlieferten  ersten 
cap.  ist  von  den  hgg.  in  verschiedener  weise  zu  emendieren  versucht 
worden,  darin  stimmen  aber  alle,  welche  überhaupt  eine  emendation 
versucht  haben,  überein,  dasz  sie  eine  oder  mehrere  lücken  annehmen : 
so  Nipperdej  nach  PJiarnace  superato  und  in  ItaUa  detinetur^  Kraner 
und  £HoiFmann  nach  profugissent,  Dübner  hinter  profugissent  and 
detinetury  Dinter  nach  profugissent  cum  xmß.  detinetur.  die  beiden 
das  buch  beginnenden  ablativi  absoluti ,  welche  den  inhalt  der  dem 
spanischen  kriege  vorausliegenden  ereignisse  recapitolieren,  halte 
ich ,  so  ungeschickt  sie  auch  sein  mögen ,  für  echt,  derartige  asjn- 
detische  abl.  abs.  sind  dem  Verfasser  eigen ,  vgl.  13,  6.  36,  4.  37,  1. 
42,  2.  der  sinn  des  folgenden  verstümmelten  satzes  qui  ex  kis 
proelOs  ist  durch  das  von  Dinter  hinzugesetzte  superfuerunt  (vgl. 
33,  2  nos  ex  proelio  paucos  superesse ,  40,  2  qui  ex  pugna  super^ 
fuerunt^  31,  8  ita  ipsis  Liberalibus  fusi  fugatique  non  superfuissent) 
ohne  zweifei  dem  sinne  nach  richtig  hergestellt,  nur  mGohte  ich  den 
conyuncüv  superfuissent  vorziehen,  welcher  dem  sprachgebraadie 
des  Verfassers  entspricht  und  in  folge  des  nahestehenden  profugissent 
leichter  ausfallen  konnte  als  der  indicati?.  die  nftchsten  werte  sind 
schon  von  Dinter  richtig  emendiert :  sie  können  nur  gelautet  haben : 
cum  a  d  adulescent  e  m  (Dinter  adukseenttdum  nach  V)  On.  Pomjpfi  u  m 
profugissent.  dann  fahre  ich  mit  Streichung  des  interpolierten  cum 
im  satze  fort:  et  uUerioris  Hispaniae  potitus  esset^  wozu  natürlich  der 
so  eben  erwähnte  Cn.  Pompejns  eubjeet  ist,  eine  inooncinnitit  di« 
bei  nnserm  Verfasser  n  icht  auffallen  kann,  vgl.  9, 1.    die  Btrsiehnsg 


CFleischer:  zu  Caesar  und  seinen  fortsetsern.  861 

Ton  cum  schlieszt  natürlich  sowol  die  von  den  hgg.  angenommenen 
lücken  als  auch  die  zerteilong  des  §  1  in  mehrere  einzelsätze  (so  bei 
Dübner  and  EHoffmann)  aus.  er  lautet  nach  meiner  ansieht :  Phar- 
fiace supercUo^  Africa  recepta  ^qui ex hisprodiis superfuissent,  cum 
ad  adülescentem  Cn,  Pompeium profugissent^  [cum]  ä  uUerioris Hispa- 
fUae  patüus  essä^  dum  Caesar  munerihus  dandis  in  ItcHia  däinetur^ 
QUO  facüius  praesidia  contra  compararet  Pompeius^  in  fidem  utms 
cuiueque  cwitaiis  confugere  coepit,  zu  der  prolepsis  des  relativsatzes 
qui  .  .  superfuissent  Tgl.  jahrb.  1878  s.  276. 

ebd.  1,  5  üa pacta  {paucis  T  ezpuncto  u;  pads  D  u  illato, 
und  wahrscheinlich  auch  im  Cuj.  und  Seal.)  commoda  {commodo 
Pet,  commodis  D  corr.,  d)  hoste  hortaU)  maiores  augebantwr  copiae. 
da  ich  bei  dem  vulgftrlatein  des  yerüassers  weder  an  hoste  hortato  an- 
stosz  nehme  (vgl.  AEöhler  de  auct.  belli  Afr.  et  belli  Hisp.  latin. 
8.  25)  und  ebenso  wenig  an  dem  ausdruck  hosiis  (vgl.  das  Meiszner 
Programm  1876  s.  12  anm.),  so  übergehe  ich  die  von  diesen  werten 
ausgehenden  Verbesserungen,  von  der  lesart  der  vulgata  ausgehend 
corrigierte  Morns  ita  haud  paucis  commodis  hoste  hortato,  Eraner  ita 
haud  paucis  commodo  ohlato^  allein  haud  kennt  der  Verfasser  der 
b.  Hisp.  nicht,  ich  suche  den  fehler  in  pacis  und  vermute:  ita 
facili  commodo  hoste  hortato  maiores  augebantur  copiae. 

ebd.  2,  1  und  2.  der  umstand  dasz  der  unwissende  und  ge- 
dankenlose Schreiber  des  ai'chetypus  vqm  b,  Hisp.  unglaubliches 
leistet  im  gleichmachen  der  endungen  neben  einander  oder  in  ge- 
ringer entfemung  von  einander  stehender  worte,  ferner  sein  ge- 
ringes Verständnis  der  compendien  führt  mich  zu  folgendem  ver- 
bessemngSYorschlag  des  anfangs  von  cap.  2.  ich  halte  die  Verderb- 
nis der  unhaltbaren  periode  für  veranlaszt  durch  misverstftndnis  des 
in  Abbreviatur  geschriebenen  vener unt\  die  beiden  vorhergehen- 
den coi\junctive  venisset  und  discessissent  hatten  den  coiyunctiv 
venissent  zur  folge,  dieser  vriederum  die  hinzusetzung  von  gue  zu 
legatif  was  auch  in  einigen  allerdings  untergeordneten  hss.  fehlt, 
schon  Petavius  las  venerunt.  nach  facerent  nehme  ich  keine  lücke 
an:  denn  ich  mache  mit  Dübner  die  werte  simulque  guod  tabeUariis 
abhängig  von  dem  vorhergehenden  potitus  esset  ^  streiche  aber  das 
quod  als  dittographie  von  que*  so  erhalten  wir  mit,  wie  ich  glaube, 
nicht  zu  gewaltthätigen  Veränderungen  eine  richtige,  wenn  auch  in 
folge  der  an  einander  gereihten  relativsätze  hOchst  schleppende 
Periode,  die  aber  dadurch  an  Übersicht  wesentlich  gewinnen  würde, 
wenn  man  mit  a  guibus  nuntiäbatur  einen  neuen  satz  begönne,  ich 
schlage  daher  folgende  fassung  der  §§  mit  berücksichtigung  der 
früher  von  andern  und  mir  zu  §  1  veröffentlichten  coi^ecturen  vor: 
Caesar  didator  tertio ,  constd  designatus  quarto  muUis  ante  iter  rebus 
confedis  cum  cderi  fe8tinatione[fn\  ad  bellum  conficiendum  in  Hispa- 
niam  cum  venisset j  legati[que]  Cordubenses^  qui  a  Cn.  Pompeio  disces- 
sissent, Caesari obviam  venerunt.  a quibus nuntiäbatur noäurno tem- 
pore oppidum  •  .potitus  esset  simülgue  [quoä\  tabdlariis^  qui  • .  facerent. 


862  CFleischer:  zu  Caeear  und  seinen  fortaetzem. 

ebd.  2,  3  geben  sämtliche  bgg.  dem  Vorgang  Nipperdejs  fol- 
gend so :  quibus  rebus  ,  .  et  Q.  Fahium  Maximum  de  suo  adverUu 
facU  certiores  utque  sibi  equUatus^  qui  ex  provinda  fuissdy  praesidio 
esset,  nun  bieten  aber  sämtliche  ältere  hss.  equiiatumy  TYD  ut  quem^ 
qui  fehlt  in  D  und  Dory.,  ÜH  haben  fedsset^  F  isset^  D  feciaseni^ 
ebenso  die  hss.  Oudendorps ,  so  dasz  also  die  Nipperdeysche  lesart 
auf  sehr  schwachen  füszen  steht,  in  anbetracht  der  Vorliebe  des  Ver- 
fassers fUr  anticipierende  relativsätze  ziehe  ich  vor  zu  schreiben:  ui 
quem  sibi  equitatum  [qui]  ex  provinda  feeisset^  praesidio  esset. 
zu  equitatum  facere  ex  provinda  vgl.  7,  4  una  (sc.  legio)  facta  ex 
cotoniis-  und  22,  6  cu/m  hene  magnam  manum  fedsset^  sowie  über- 
haupt die  auszerordentlich  häufige  Verwendung  des  verbnm  faeere  im 
h.  Hisp.:  vgl.  das  Meiszner  programm  1876  s.  16. 

3,  8  bleibe  ich  bei  meiner  frühem  behauptung,  dasz  das  iweite 
prope  in  seprope  captos  esse  absolut  keinen  sinn  gibt  und  einfach 
eine  gedankenlose  Wiederholung  des  vorhergehenden  j^rojpe  in  prope 
magna  pars  hominum  ist,  wozu  vgl.  2, 1  fere  iam  aliquot  mensibus, 
8,  4  magna  pars  dus  provindae  montibus  fere  munUa. 

4,  2  haben  ü^  F  und  T  pr.  viros  fortis^  was  aufzunehmen  sein 
dürfte ;  4,  4  bieten  die  beiden  maszgebenden  hss.  ü  pr.  und  Y  den 
bloszen  accusativ  Cordubam  ohne  vorhergehendes  ad ^  es  ist  dem- 
nach so  zu  schreiben,  vgl.  33,  1.  35,  1.  36,  4.  41,  2  und  das 
Meiszner  programm  1876  s.  9. 

ebd.  5,  2  schreibt  Dübner  mit  Stephanus  und  Olandorp  tendebat 
für  das  überlieferte  tenebat^  misbilligt  die  lesart  der  jungem  hss. 
pontiSy  wofür  die  altem  ponit  haben,  und  verwirft  die  Clarkesche 
conjectur  castra  fär  das  überlieferte  sinnlose  trabes^  alles  mit  unrecht, 
wie  ich  meine,  erstens  kennt  der  Verfasser  tendere  in  dieser  bedentung 
nicht,  während  tenere  sich  öfters  so  gebraucht  findet,  wie  3,  1.  5,  5. 
14,  1.  30,  6,  und  dies  ist  bei  der  grossen  nniformität  des  aosdrocks 
in  dieser  schrift  wesentlich,    zweitens  weisen  die  worte  des  folgen- 
den §  ex  adverso  pari  ratione  castra  ponit  sicher  auf  die  worie  e 
regione  pontis  hin:  vgl.  16,  2  portam  quae  e  regione  .  .  castromm 
fuerat.    drittens  finden  sich  Verstümmelungen  im  anfange  der  Wör- 
ter öfters  in  den  hss.  des  b.  Hisp.:  vgl.  das  überlieferte  cuUaUs  16,2 
für  virgtdta^  orales,    oder  könnte  nicht  trabes  die  correctur  ebes 
durch  Umstellung  der  beiden  silben  entstandenen  traeas  sein  (vgl. 
2,  1  üerante  statt  ante  iter)  ?  Kochs  Vorschlag  rh.  mus.  XVII  s.  478 
mit  annähme  der  Verstümmelung  zweier  worte  castra  Caesar  statt 
trabes  zu  schreiben  ist  ansprechend,  doch  erscheint  der  name  CSmmt» 
da  er  schon  im  vorhergehenden  satze  vorkommt,  hier  überfiflssig. 
mit   vollem   recht  also  haben  EHoflfmann  und  Dinter  die  leaari 
Clarkes  beibehalten. 

ebd.  5,  3  zu  den  Worten  huc  cum  Pompdus  cum  suis  copüs  t^ 
nisset  sei  folgendes  bemerkt,  der  Verfasser  des  b.  Hisp.  kennt  in  sei* 
nem  Soldatenlatein  für  gewöhnlich  keinen  unterschied  zwischen  der 
Stellung  des  pron.  poss.  vor  oder  nach  dem  zugehörigen  subsi  tot 


w 
1 
i 


CFleiscber:  zu  Caesar  und  seinen  fortsetzem.  863 

steht  68  2  de  9U0  adventu^  5  cum  suis  copüs^  8  ah  suis  castris^  10  suas 
copiaSf  11  ad  nostra  . .  casira,  12  ad  nostra  oastra^  13  nostH  equUes, 
ebd.'  suarum  parttum^  14  in  nostrispartibus^  ebd.  nostrarum  equüum^ 
17  in  tua  viäofia^  ebd.  iua  virtute  (beidemal  mit  nacbdruck  im 
gegensatze),  18  suo  signo^  19  a  sua  consuetudinet  20  suarum  partium^ 
21  a  suo  locOy  25  suarum  .  .  partium^  ebd.  no^o^  equUes^  26  9i05<ra 
fdicitas^  ebd.  res^ra  qptnio  (beidemal  im  gegensatze),  ebd.  nostro 
cammeatUf  27  «ua  praesidia,  31  n  ^uo  {oa>,  36  suum  maH^iciumy 
42  MIO  ffem  in  cansulatu^  ebd.  re^ro  ifiiptUsu.  nachgestellt  hingegen 
findet  es  sich  7  castra  stMy  12  e^ifi^u«  nostris  (2  mal),  13  in  castris 
nasiris^  14  equUes  nostri,  15  tfi  coti^pecfu^ti«  fM>5ffO,  16  focos  suoSj 
25  ooie  no^^ra,  43  quaesturae  suae,  es  erhellt  aber  aus  den  ange- 
führten beispielen,  dasz  die  voranstellung  die  häufigere  ist. 

ebd.  6,  3  haben  ÜVFD,  Petay.  8  et  alii  rec.  cui  de  Fompeiö 
cum  nufdius  esset  äUatus,  TL  stellen  cum  nach  cui.  da  beide  lesarten 
keinen  sinn  geben,  schrieb  Stephanus  cuius  rei  Pompeio  cum  nun- 
iius,  Nipperdey  gut  cum  Pompeio  nufUius^  Dtlbner  qui  Pompeio  cum 
nuntius^  die  älteren  ausgaben  bieten  die  Vermutung  von  Stephanus, 
alle  mit  tilgung  des  de.  an  dem  sinn  ist  ja  nichts  auszusetzen;  allein 
die  verschiedene  Stellung  des  cum  im  Par.  11  und  Leid.  I  brachte 
mich  auf  den  gedanken,  dasz  wol  eher  dieses  wort  ein  zusatz  der  ab- 
Bchreiber  oder  misverstandene  dittographie  des  vorhergehenden  rela- 
tivums  sei,  herbeigeführt  durch  den  ihnen  anstöszigen  conjunctiv  im 
relativsatze,  als  de,  dessen  Stellung  in  allen  hss.  die  gleiche,  das  also 
auf  den  archetypus  zurückzuführen  ist.  zieht  man  nun  die  verliebe 
des  Verfassers  fCLr  proleptisch  relative  Zeitangaben  im  beginn  der  sätze 
in  betracht,  so  scheint  mir  die  ttberlioferung  auf  folgende  ursprüng- 
liche lesart  hinzuweisen:  quo  [cum]  die  Pompeio  nunti%is  esset  aUa- 
ius,  eo  die  profieiscUur:  vgl.  13,  3  quo  die  ad  oppidum  capiendum 
aceedereni^  se  scutum  esse  posüurum.  18, 3  quo  die  equestre  prodium 
factum  essetf  suo  signo  perisse  homines  XXX7.  22,  7  ex  quo  die 
oppidum  Aiegua  esset  captum^  metu  conterriios  compHures  profugere  in 
Baeturiam. 

ebd.  7,  1  nehmen  sämtliche  hgg.  an  der  Überlieferung  Caesar 
in  munitionibus  ceterisque^  quae  .  .  opus  fuerumty  aggerem 
vineasque  agere  instituit  anstosz  und  halten  in  munitionibus  ceterisque 
für  verderbt  ich  halte  die  werte  für  unverdorben,  in  steht  in  der 
bedeutung  unseres  deutschen  'unter*  ss  lat.  inter^  entsprechend 
griech.  iy  local  gebraucht,  der  sinn  ist  also:  Während  Caesar  die 
nötigen  Schanzarbeiten  aufwerfen  und  alles  das,  was  zur  belagerung 
der  Stadt  notwendig  war  (oppidum  ist  wol  in  oppugnandum  zu  ver- 
wandeln) herbeischaffen  und  vorbereiten  liesz ,  begann  er  den  bau 
^08  dammes  und  der  laufhütten.'  über  die  verliebe  des  Verfassers 
für  hellenismen  vgl.  das  Meiszner  programm  1879  s.  66  f.  die 
exacten  Lateiner  gebrauchen  so  in  nur  bei  personen,  vgl.  Dräger 
bist.  Syntax  IE  s.  604. 

ebd.  11,  2  fQgt  EHoffmann  mit  recht  telorum  nach  genus  ein, 


864  GFleischer :  zu  Caesar  und  seinen  fortsetzen!. 

verwirft  aber  ohne  hinreichenden  grund  den  ganzen  satz,  der  mit 
sicut  beginnt,  die  richtigkeit  des  eingeschobenen  wertes  ergeben 
folgende  stellen :  9,  3  telorumque  muUüudine  iaäus  facere  ooeperuni. 
11,  4  ignem  muUum  telarumque  muUüudinem  iadando,  13,  6  omni 
genere  telorum  emisso.  15,  4  muUüttdine  tdarum  ignemque  usw. 
16,  1  igne  tdorumquemultitudine  iacta.  17,  3  telorumque  missus  ex- 
ceptantes  (letzteres  mit  Dinter  statt  eocs^äantes).  19,  1  propter 
muUüudinem  telorum.  die  häufige  Verbindung  dieses  wertes  mit 
ignis  läszt  die  einschiebung  des  ganzen  satzes  als  wenig  glaubhaft 
erscheinen,  wenn  auch  die  worte  von  quibus  bis  mitti  verdächtig  sind, 
da  sie  eine  lästige  Wiederholung  des  so  eben  gesagten  enthalten,  ich 
vermule  dasz  die  interpolation  durch  12,  4  ignem  muÜum  tdorum- 
que  muUüudinem  iactando  veranlaszt  wurde. 

ebd.  12,  6  hat  Kraner  tamen  vor  virtute  müüum  nostrorum  ver- 
dächtigt; ich  möchte  lieber  das  zweite  tamen  vor  repulsi  getilgt 
sehen,  denn  das  erstere  ist  durch  die  im  vorhergehenden  §  erwähn- 
ten thatsachen  cum  in  opere  nostri  distenU  essent^  (pppidani)  acrüer- 
quepugnare  coeperunt  und  etsi  milües  nostri  inferiore  looopremehanivr 
vollständig  gerechtfertigt,  das  zweite  hingegen  erscheint  als  ebenso 
unnötige  interpolation  wie  das  oben  behandelte  prqpe  in  3,  9. 

ebd.  14,  3  hat  JDegenhardt  *de  auctoris  belli  Hispaniensis  elo- 
cutione  et  fide  historica'  s.  45  meine  conjectur  eximia  virtute  ffir 
ex  simüi  virtute  schlagend  zurückgewiesen,  allein  daran  musz  ich 
festhalten,  dasz  der  schlusz  des  satzes  averso/t  5uii^  jproelttim /oofre 
unmöglich  richtig  sein  kann,  weil  im  nächsten  cap.  aosfUhrlidi  von 
dem  vom  feinde  mit  den  Römern  begonnenen  treffen  die  rede  ist; 
also  musz  hier  eine  corruptel  vorliegen,  trotzdem  stehen  die  worte 
noch  in  allen  ausgaben. 

ebd.  16,  2  haben  die  hss.  cum  hene  magnam  partem  muri  eon- 
sumpsissent.  Nipperdej  schreibt  temporis  für  murt,  und  ihm  folgen 
die  meisten  hgg.  da  in  §  1  erwähnt  worden  ist,  dasz  der  aasfall 
nocte  und  tertia  vigüia  stattfinden  werde,  so  schlage  ich  vor  für  muri 
zu  schreiben  noctis. 

ebd.  17,  2  vermute  ich  in  dem  von  Nipperdej  eingeklammerten 
vidoriam  eine  corruptel  aus  vix  tuarum  zu  legionum  gehörig, 
welche  worte  an  falsche  stelle  vor  qui  geriethen.  man  vermiszt  neu- 
lich ein  bezeichnendes  attribut  zu  legionum. 

ebd.  17,  4  ziehen  die  hgg.  qualem  zur  rede  der  abgesandten, 
ich  möchte  sie  mit  Dinter  zur  antwort  des  Csesar  gezogen  wissen : 
vgl.  19, 4  den  brief  des  L.  Munatius  qualem  me  üU  prctestäi^  tali  vir- 
tute et  constantia  me  inte  praestäbo.  das  nach  quaiem  ausgefallene 
wort  ist  wahrscheinlich  alienis.  für  ut  lese  ich  mit  ü  vndtct 
und  billige  die  lesart  dieser  hss.  deposcimus petimus que.  diese  verba 
bilden  den  schlusz  der  rede  der  gesandten. 

ebd.  18, 5  haben  die  besten  hss.  insequenti  tempore  duoLu$iUv»i 
fratres  transfugae  nuntiaruntque  oder  nuntiaruntquae  (TÜLFV") 
Pompeium  contionem  habuisse*  Nipperdej  emendiert  transfugae  mn- 


CFleisoher:  zu  Caesar  und  seinen  fortsetzern.  865 

tianifUf  quam  Pannus  cofdionem  häbuissel  mit  dreifacher  yer- 
ftnderung ;  ihm  folgen  sämtliche  hgg.  einfacher  scheint  mir  diese 
correctnr  zu  sein:  tranfug  er  nufUiaruntque  Pampeium  contionem 
Aa&utsse,  wie  18,  3  transfugü  et  nunitiavü  mit  folgendem  acc.  c.  inf. 
19,  3  od  nos  transUiU  dixUque.  20,  2  ad  nos  transfugü  et  mmiiavit, 
dasz  dieses  von  mir  benutzte  compendium  in  den  hss.  des  h,  Hiap, 
angewandt  worden  ist,  ersieht  man  aus  der  anmerkung  Dabners 
zu  22,  7. 

ebd.  18,  4  bedarf  einer  nähern  erUärung,  um  den  text  con- 
stituieren  zu  können,  ein  sklav,  der  seinem  herm  ans  Ategua  in  das 
lager  des  Caesar  gefolgt  war,  ermordet  jenen,  entflieht  in  das  lager 
des  Pompejns,  sendet  aber  aus  nicht  näher  angegebenen  grttnden 
ein  beschriebenes  wurfgeschosz  in  das  lager  Caesars,  welches  den- 
selben Aber  die  im  lager  des  Pompejus  besprochenen  zustände  zu 
Ategua  und  die  kriegerischen  plane  der  dortigen  feindlichen  partei 
benachrichtigen  soll,  zugleich  aber  bietet  er  sich  auch,  um  in  die 
Stadt  zu  gelangen,  den  Pompejanem  als  briefbote  an,  in  der  absieht 
Ton  dort  aus  dem  Caesar  noch  genauere  nachrichten  zukommen  zu 
lassen  (vgl.  in  demselben  cap.  die  to&eZZorts,  die  aus  dem  Pompejani- 
sehen  lager  zu  der  Stadt  zu  gelangen  suchen,  ein  höchst  gefahrvolles 
und  schwieriges  geschäft).  so  glaube  ich  die  sonst  unverständlichen 
worte^t^a  liiteria  accepiis  verstehen  zu  müssen,  sein  anerbieten  wird 
angenommen,  und  er  kehrt  in  die  stadt  zurttck,  die  sein  früherer 
anfenthaltsort  gewesen  war:  cum  in  iir5em  revertiaset.  sämtliche 
hgg.  haben  nun  nach  dem  schluszsatze  qui  wittere  glanäem  inscriptam 
Sdiebat  eine  Ittcke  angenommen,  ich  halte  qui  entweder  für  inter- 
poliert, wie  12,  6  9ut  etsi  inferiore  loco  premehantur  (so  alle  hss.), 
was  Scaliger  entfernte,  oder  für  den  rest  eines  verstümmelten  wor* 
tes  oder  misverstandenen  compendiums,  welches  die  art  und  weise 
des  geschoszwerfens  genauer  bestimmte. 

ebd.  18,  8  hat  Dübner  ebenso  wie  Dinter  die  conjeotur  Schnei- 
ders, welche  sich  aber  wahrscheinlich  schon  im  Petavianus  vorfand, 
ita  fune  crure  deUgato  ohne  bedenken  aufgenommen,  mag  nun  da- 
selbst gestanden  haben  was  da  will ,  fune  crure  ddigato  hat  jeden- 
falls der  Verfasser  nicht  geschrieben,  denn  was  hätte  es  denn  genützt, 
den  tabellarius,  der  sich  zum  anzünden  des  turmes  erbot,  mit  einem 
strick  am  beine  zu  fesseln,  um  ihn  an  der  flucht  in  die  Stadt  zu  hin- 
dern, da  er  mit  hilfe  des  feuerbrandes,  den  er  bei  sich  tragen  muste, 
um  seine  absieht  ausführen  zu  können,  jeden  augenblick  im  stände 
war  sich  seiner  hänfenen  fessel  zu  entledigen?  ich  halte  daran  fest, 
dasz  in  crure  de  ligno  nichts  anderes  als  turri  ligneae  oder  wol 
besser  turrl  ligneä  steckt,  da  der  autor  ^uchpropius  apprcpinquare 
mit  dem  accusativ  construiert:  vgl.  29,  8  und  b,  G.  1 46, 1.  IV  9, 1. 
y  37,  1.  Vn  20,  3.  YIII  36,  3  propiuß  aceedere  stets  mit  dem  accu- 
sativ der  person  oder  sache.  in  fune  vermutete  ich  früher  fun€8tae\ 
das  folgende  eadem  nocte  legt  es  aber  nahe,  in  fune  eine  corrupte 
Zeitbestimmung  zu  suchen,  vielleicht  noctu^  durch  Umstellung  der 

Jflhrbueh«r  thr  eltM.  philol.  1870  hfl.  IS.  66 


866  CFleischer:  za  Caesar  und  seinen  fortsetzem. 

Silben  verderbt:   vgl.   2,   1   Her  ante  für  anU  Uer^  5,  2  irabes 
für  castra. 

ebd.  19,  4  quäkm  me  üU  praestüi^  taii  vwMe  ei  (xmskmtia 
futurum  me  in  tepraestaho.  Glandorp  tilgte  futurum^  nod  alle  hgg. 
folgten  ihm.  die  Vorliebe  des  Verfassers  fttr  das  wort  faiUar  (20,  2 
itemque  adversariorum  vidoriae  fmdores.  21,  3  esse  faiäares  Caesaris 
vidoriae.  25,  6  fautorumque  vokMtas.  28,  2  quisui  [Nipp.]  fuissemi 
fautores,  32,  8  qui  iüaruin  partium  fautcres  essent)  Iftsxt  vermuten 
dasz  futurum  ans  fautorem  entstanden  sei,  welches  seinen  platz 
ursprünglich  hinter  in  te  hatte  und  an  falscher  stelle  in  den  text 
gerieth. 

ebd.  22,  3  glaube  ich  dasz  mit  der  vulgata  nach  reiiqui  einzu- 
fügen ist  qui]  die  lücke,  welche  Nipperdey  und  seine  nachfolger 
nach  detuterunt  annehmen,  halte  ich  für  unnötig :  denn  der  folgende 
satz  erklärt  sich  einfach  aus  den  mitteilungen  welche  die  zurück- 
gekehrten gesandten  dem  Caesar  machten;  für  miserumt  aber  ist  zu 
schreiben  missi  sunt. 

ebd.  29,  6  in  quo  sibi  prope  murum  adversarüs  eonstOuebamt 
habe  ich  jahrb.  1878  s.  275  f.  gestützt  auf  die  lesart  des  Pet  und 
Norvic  aduersarü  prodiandum  oonstüuebant  folgendermaszen  zu 
schreiben  vorgeschlagen:  neque  sibi  nisi  prope  nmrum  cum  ad- 
versarüs proeliandum  canstOuebant,  allein  der  mir  dama]^  noch 
nicht  bekannte  umstand ,  dasz  der  Pet.  und  Norvic.  beide  von  öiner 
und  derselben  band  zum  teil  willkürlich  im  b.  dv,  und  den  folgen* 
den  commentarien  durchcorrigiert  sind ,  und  die  verliebe  des  Ver- 
fassers für '  persönliche  dative  bei  verben  welche  in  der  feineren 
spräche  desselben  entbehren  (vgl.  2, 4  equitatum  sibi  praesidio  habuH^ 
und  denselben  überflüssigen  gebrauch  persönlicher  dative  in  un- 
serer deutschen  vulgftrsprache,  sowie  die  diesem  gebrauch  ent- 
sprechende h&ufige  anwendong  der  pronomina  possessiva  in  der 
lateinischen  und  deutschen  Volkssprache:  AEöhler  ao.  s.  51  f.)  hat 
mich  auf  einen  einfachem  verschlag  geführt,  mit  anwendung  der 
beliebten  Verbindung  durch  ibique  statt  des  überlieferten  m  quo 
(vgl.  h.  dv.  I  60.  b.  Alex.  48.  56.  54.  b.  Afr.  96)  möchte  idi  emen- 
dieren:  ibique  »ibi  prüpe  murum  adver si  (oder  adversarif) 
acies  (oder  aciem)  constituebant:  vgL  im  folgenden  c.  30,  1  ervi 
ades  XIII  aquiUs  cimstiiuta.  nach  adversarii  war  der  ausfall  von 
acies  oder  aciem,  besonders  wenn  es  abgekürzt  geschrieben  wmr, 
auszerordentlich  leicht  möglich;  möglich  auch  d^sz  adversi  aeie 
zu  adversarii  contaminiert  wurde:  vgl.  29,  6  caslribuissd  in  UF 
für  casus  tribuissd. 

ebd.  41,  2  hat  Dflbner  das  von  Kraner  herrührende  Ifleken- 
zeichen  hinter  non pradermittufU  aufgenommen;  mit  recht  aber  fol- 
gen EHoffinann  und  Dinter  Nipperdej,  der  die  Überlieferung  für  in- 
tact  hftlt.  es  ist  schon  öfters  und  an  verschiedenen  orten  dannf  hin- 
gewiesen worden,  dasz  der  Verfasser  des  b.  Hisp,  sich  nicht  selten 
einer  höchst  elliptischen  ausdrucksweise  bedient,  so  auch  hier,  er 


CFleisoher:  zu  Caesar  and  aeinen  forteetsern.  86  7 

erzählt  dasz  die  belageret  die  gelegenbeit  sich  bei  dem  für  die  be- 
lagerten 80  unglücklichen  ausfall  der  stadt  zu  bemttchtigen  benutzt 
haben:  nostri  ad  appidum  recuperandum  ooeasionem  nan  praeter- 
mütunt.  die  thatsache  der  wirklichen  eroberung  wird  nun  gar  nicht 
erwähnt,  sondern  der  yerfasser  führt  mit  rücksicht  auf  das  Tor- 
hergehende  eruptione  facta  eaedem  hene  magnam  facmnt  (denn  so 
wird  wol  zu  emendieren  sein)  fort:  et  rdiqucs  (dh.  also  die  sämt- 
lichen eiiAvohner  der  stadt ,  welche  bei  dem  ausfall  xmyersehrt  ge- 
blieben waren)  vivos  capiunt. 

ebd.  41,  4  tum  praeterea  accedebat^  ut  aggerem  materiesque^ 
unde  aom  {sokUi  TLFV,  soUtae  l>d  et  rec.)  swU  turres  {turris  TFV) 
agi^  prqpkis  mSUa passiiium  VI  non  reperiehantur  (reperiehatur 
TF  Pet.).  unter  hinweis  darauf,  dass  die  Verwechselung  des  con- 
junctivs  und  indicativs  in  den  besten  hss.  des  h.  Hisp,  etwas  häu- 
figes ist  (eine  reihe  solcher  yertausohungen  sei  hier  angeführt: 
18,  2  eduxissent  ÜV  statt  edimt\  15,  3  fecerufU  nach  ut  TLD  statt 
fecerint'j  27,  4  receperunt  nach  ut  D  statt  redperent]  31,  1  deferuni 
nach  ut  V  statt  difßderent;  umgekehrt  steht  der  conjunctiv  statt  des 
indicativs  19,  2  incenderent  T  statt  ineenderunt]  19,  4  tribueres  L 
statt  tritmes]  36,  2  incenderent  V  statt  incendunt'^  41,  4  aoeederet 
TFLVD  statt  accedebat)^  dürfte  wol  folgende  reconstruction ,  be- 
sonders da  das  überlieferte  reperiehafUur  auf  zwei  subjecte  hin^hrt, 
nicht  zu  gewagt  sein:  tum  praeterea  accedebat^  ut  aggerlem]  tua- 
teriesque^  unde  söUti  sufU  turrie  vineasque  agere^  prqpius  nMa 
paseuum  VI  non  reperirentur  (vgl.  7,  1  aggerem  vineasque  agere 
mstüuity  hierzu  vergleidie  man  den  vorausgehenden  satz  huc  ao- 
eedebat  ut  aqua  .  .  nusquam  reperiretur  und  die  gewOhnung  des  Ver- 
fassers eine  einmal  gefundene  und  gebrauchte  redewendung  mehr- 
mals in  unmittelbarer  nähe  hinter  einander  anzubringen.  —  Den 
sich  unmittelbar  an  die  behandelten  worte  imschlieszenden,  in  den 
hss.  so  überlieferten  satz:  ac  {hac  TFV)  Pampeius  ad  oppidum 
oppugnationem  tutiorem  efficeret  usw.  glaube  ich  folgender- 
maszen  lesen  zu  müssen:  ae  Pompeius  ut  (so  schon  der  Pet  vor  ad) 
oppidi  oppugnationem  tardiorem  efficeret  'um  die  belagorung  in 
die  länge  zu  ziehen'.  Nipperdey  schlug  vor  ut  oppidum  adoppugna- 
tionem  iutius  efficeret  y  ebenso  Dinter;  Eraner  ut  oppidum  ab  oppu- 
ßnatione  tutiue  efficeret, 

Meiszen.  Curt  Fleischer. 


Die  oben  s.  267  ff.  veröffentlichten  kritischen  bemerkungen  zu 
einigen  stellen  Caesars  und  seiner  fortsetaer  von  WOemoll  geben 
dem  unterz.  Veranlassung  seine  teilweise  abweichenden  andehten  zu 
äussern. 

5.  Ott;.  11140,2,  wo  0.  die  ytor^  et  r^liiquMpaHtbuastmid  ex  terra 
sealis  et  dasee  moema  oppidi  iemptanSy  uti  adversariorum  manus  di» 


868  OScbambach:  zu  Caesar  und  seinen  fortseUem. 

duceret  als  unnötig  und  unmöglich  siareichen,  ev.  in  §  4  hinter  aique 
inanes  einschieben  will,  ist  die  hsl.  lesart  aufrecht  zu  erhalten,  nach 
c.  39,  1  bestand  die  besatzung  Ton  Oricum  aus  nur  drei  oohorten, 
denen  auszer  der  Verteidigung  des  platzes  selbst  noch  die  decknng 
der  ans  land  gezogenen  kriegsschiffe  oblag  (nach  c.  7,  2  waren  es 
zwölf),  die  hafeneinfahrt  war  sehr  eng,  wie  sowol  aus  dem  ansdmck 
fauctbus  porius  39,  2  als  aus  dem  umstände  zu  schlieszen  ist,  dasz 
sie  durch  die  yersenkung  eines  einzigen  lastschiffes  gespelrt  werden 
konnte,  das  von  M\  Adlius  femer  am  hafeneingang  aufgestellte 
zweite  schiff,  welches  er  durch  einen  türm  Terstftrkt  und  mit  legio- 
naren  besetzt  hatte,  konnte  nur  'den  zweck  haben,  die  gewaltsame 
beseitigung  der  sperre  zu  hindern,  überhaupt  die  Verteidigung  activ 
zu  führen,  die  behauptung  dieser  schwachen  Verteidigungslinie 
liesz  sich  bei  der  groszen  Übermacht  der  Pompejaner,  welche  eine 
regelmSszige  ablösung  gestattete  (c.  40,  2),  nur  bei  einem  krftftigeii 
eingreifen  der  stadtbesatzung  hoffen,  von  welcher  Wirkung  eine 
soldie  teilnähme  von  landtruppen  am  Seegefecht  sein  konnte,  ersdien 
wir  zb.  aus  2».  Alex.  16  ae.  hier  versprach  sie  bei  der  groszen  enge 
des  raumes  doppelt  erfolgreich  zu  sein,  es  war  denmach  für  Cii« 
Pompejus  allerdings  von  der  grösten  Wichtigkeit,  die  krftfte  der 
ohnehin  schwachen  besatzung  zu  teilen,  und  dazu  war  ein  leiteran- 
griff von  der  landseite  gleichzeitig  mit  dem  flottenangriff  sehr  geeig- 
net über  letztem  vgl.  zb.  Livius  XXIV  34, 6.  XXVI 44, 10.  XXVll 
15,  5.  dasz  ein  angriff  von  der  seeseite  nicht  unmöglich  war,  scheint 
mir  nach  Caesars  beschreibung  der  Örtlichkeit,  der  Kraner-Hofrnann- 
sehen  anmerkung  zu  der  stelle  und  der  Kepertschen  kaite  in  seinem 
neuen  atlas  von  Hellas  usw.  (vGöler  auf  tafel  I  in  'die  kftmpfe  um 
Dyrrhachium  und  Pharsalus'  setzt  die  läge  von  Oricum  anders)  durch* 
aus  erwiesen,  freilich  hat  derselbe  nicht,  wie  Oemoll  die  stelle  ver* 
steht,  von  der  innem  hafenseite  ans,  sondern  auf  der  Süssem  nord* 
westlichen  und  nördlichen  stadtfront  stattgefunden. 

5.  Alex.  26,  2 :  die  stelle  scheint  mir  von*Madvig  adv.  cril  11  s. 
282  bereits  mit  mehr  glück  geheilt  zu  sein ;  wenigstens  erhalten  wir 
durch  die  elegante  verftnderung  praesidio  perHnacUer  progm^mmte 
einen  schönen  gegensatz,  der  geeignet  ist  die  waffenthat  des  ICithri- 
dates  in  ein  glftnzendes  licht  zu  stellen,  propugnare  ist  ansserdem 
technischer  ausdruck  für  die  Verteidigung  fester  pl&tze,  während 
GemoU  es  auf  die  angreifer  beziehen  mflste. 

ebd.  27,  2 :  das  erste  inter  se  hat  bereits  Dinter  in  seiner  ans- 
gäbe  getilgt. 

ebd.  34,  4  will  0.  insiUiäas  für  das  hsl.  consHMas  schreiben. 
insHtuere  passt  jedoch  nur  zu  disdplkia^  nicht  zu  armakira,  die  hsl. 
lesart  ist  deshalb  beizubehalten.  diaeipUna  atque  mrmahara  no8hra  ist 
als  eigenschaftsablativ  zu  quas  zu  nehmen  und  die  stelle  zu  über- 
setzen: 'die  er  mit  römischer  disdplin  und  bewa&ung  schon  meh- 
rei-e  jähre  errichtet  hatte.'  die  wendnng  findet  sidi  fittt  wOrtlidi 
wiederholt  h.  Alex.  68,  2.  über  den  ansdmck  ist  zu  vergleichen  k 


OSchambaoh :  za  Caesar  und  seinen  fortsetzem.  869 

O,  VI  1,  4  und  zur  saohe  Cic.  ad  Att,  VI  1,  14  habet  atUern  cohortes 
guadringenarias  nostra  armatura  triffinta. 

h.  Afr.  68,  4  tilgt  O.  die  worte  cum  suis  amnilms  q^ibaiia  ge* 
wie  mit  recht,   der  glossator  scheint  für  epibatae  eine  gewisse  Vor- 
liebe zu  haben :  wahrscheinlich  rührt  von  ihm  auch  das  glossem  her 
h.AIex.  11,4  duae  ommbus  eptbaüs  nudaUte.  es  heiszt  hier:  capta  est 
ufki  hostium  quadriremis,  depressa  est  ättera^  duae  Omnibus  epihatis 
nudatae;  magna  praäerea  muttitudo  in  rdiquis  navibus  propugna- 
tarum  est  interfecta,   unter  duae  die  beiden  vorher  genannten  schiffe 
zu  verstehen  ist  sinnlos;  es  müssen  also  zwei  andere  damit  gemeint 
sein,   doch  sieht  man  in  diesem  falle  nicht  ein,  woher  dem  Verfasser 
diese  genaue  kenntnis  gekommen  sein  könnte  (die  schiffe  entkommen 
ja),  ganz  abgesehen  davon  dasz  die  sache  an  sich  höchst  unwahr- 
scheinlich ist.   denn  nur  nach  hartnftckigem  kämpfe  in  nftchster  nAhe 
wttre  jener  erfolg  möglich  gewesen,  und  da  fragt  man  sich  dann  wie- 
der, wie  die  schiffe  trotzdem  der  entemng  entgehen  konnten,   dem 
glossator  schienen  die  worte  magna  praeterea  muUUudo  usw.  in  kei- 
nem rechten  gegensatz  zu  dem  vorhergehenden  zu  stehen ;  diesen  zu 
schaffen  wurden  die  worte  duae  ammbus  qpÜHxtis  nudatae  von  ihm 
eingeschoben  und  wol  auf  das  eroberte  und  in  den  grund  gebohrte 
schiff  bezogen,  noch  ist  zu  beachten  dasz  epibata  beim  vf  .  des  b.  Alex. 
sonst  nicht  vorkommt,  gleich  darauf,  so  wie  45,  2.  46,  5  finden  wir 
den  lateinischen  technischen  ausdruck  dafür :  propugnator^  daneben 
noch  müites  10,  1.  5  und  13,  4,  defensores  {remiigesque)  16,  6.  übri- 
gens kann  ich  den  verdacht  nicht  unterdrücken,  dasz  auch  propug- 
nastcrum  ein  spftterer  zusatz  sei.   die  Verluste  trafen  namentlich  beim 
abfahren  der  rüder  {detergere  b.  dv.  I  63.  Alex.  15)  die  renuges  (die 
in  den  naves  apertae  auch  den  geschossen  ausgesetzt  waren),    auch 
der  c  10,  1  erwähnte  umstand,  dasz  Caesar  keine  landtruppen  an 
bord  hatte,  macht  es  wahrscheinlich,  dasz  das  gefecht  vorwiegend 
seemftnnisch  von  ihm  geführt  wurde .  wobei  der  verlust  beiderseits 
die  remiges  in  erster  linie  treffen  muste. 

Einige  andere  Verbesserungen  mögen  sich  hieran  anschlieszen. 
b,  Jdex.  27,  4  guemadmodum  andern  optcdKU  eum  vind,  sk  satis 
hahebat  mteretusum  a  Caesare  a  se  retinerL  a  m  ist  ebenso  selbst- 
verständlich wie  wegen  des  doppelten  a  störend  und  als  dittographie 
der  endung  Cbesare  zu  streidien. 

b.  Aflr.  36, 1  M.  Cato,  gui  Vtkae  praeerat,  ddedus  cattidie  Über- 
tinorumy  Afrarum^  servarum  denigue  et  cuiusgue  modi  generis  homi- 
ftum,  qui  modo  per  aetatem  arma  ferre  poterant^  habere  atgue  sub 
mamim  Sdpumi  tu  castra  submUtere  non  intermittü.  sub  mafiMiii  ist 
ohne  beleg  und  sachlich  unklar,  der  Paris.  II  hat  mmü,  Leid.  I  sum- 
mam.  ich  streiche  es  als  dittographie  von  summUtere^  wofBr  ich 
(nach  b.  Afr.  78,  6)  subministrare  lese,  so  dasz  die  stelle  lautet:  at- 
que  submmistrare  Sc^pumi  in  castra  non  intermütü. 

ebd.  §  4  geben  die  hss.:  P.  Süttius  inUriim  cum  eopOs  Numidiae 
fines  ingressus  castdhum  in  monüs  hco  munito  loco^um,  m  quod  lüba 


870  OSchambach:  zu  Caesar  und  seinen  fortseisenL 

bdli  gerenäi  gratia  .  .  campartaverat.  die  worte  enthalten  eine  sinn- 
lose tantologie,  da  ein  casteUum  wol  loco  fmmUum^  aber  nicht  in 
montis  loco  mumto  locatum  sein  kann,  ich  schreibe  also  loeo  mumÜHm, 
indem  ich  in  den  Worten  in  montis  loco  munOo  looatym  in  qui4 
eine  dreimalige  (durch  den  druck  markierte)  dittographie  annehme. 

ebd.  41,  2  edudis  omnibus  copiis  qtujtdrupUei  ade  imstruda  ej 
insütuto  suo ,  prima  eguesiri  turmaiim  direeta  eUphana9qne  tmriiii 
interposüis  Ofmaiisque^  suppetias  tr e  contendU,  armaüsqne  ist  selbst- 
verständlich,  da  man  elephanten  ohne  kttmpfer  darauf  (das  mttste 
doch  armatis  bedeuten)  nicht  yerwendete^  zum  überflusz  audi  noch 
turritis  vorhergeht  die  Stellung  von  armatisque  hinter  inUrpo6it\< 
w&re  femer  im  höchsten  grade  nachlässig;  man  mflste  mindestens 
dephofitisque  turrüis  armatisque  interpositis  erwarten,  armaiisquc  ist 
als  dittographie  des  vorhergehenden  turmatim  zu  tilgen. 

ebd.  78,  8  quo  facto  sui  suhlati  universi  in  hoates  nrnpressionf 
facta  usw.  sui  ist  wegen  des  folgenden  universi  ganz  überflüssig, 
zudem  erwarten  wir  nach  dem  Sprachgebrauch  Caesars  wie  seiner 
fortsetzer  nostri,    es  ist  als  dittographie  von  subJati  in  streidien, 

Schlieszlich  mOchte  ich  noch  b.  dv,  I  58,  1  für  das  allseitig 
verkannte  hsl.  excipiehant  eintreten,  die  stelle  lautet:  tpsi  Massi- 
Uenses  et  cderitate  navium  et  sdeniia  gubemaiorum  eonfisi  fiostrys 
dudehant  impäusque  eorum  exdpiebant.  Nipperdey,  dem  Turnier 
folgt,  schreibt  für  exc^^iebant  vielmehr  dedpid>antf  was  sdion  des- 
halb höchst  unwahrscheinlich  ist,  weil  dies  nichts  als  eine  Tsriidon 
des  vorhergehenden  dudebant  sein  würde.  Eraner  und  HofiBSim 
lesen  non  exdpiebant,  wogegen  derselbe  einwarf  wie  gegen  decij-i- 
dnmt  zu  erheben  ist.  die  hgg.  haben  sich  das  antike  Seegefecht  nicht 
allseitig  klar  gemacht  und  stellen  wie  5.  AI,  46,  2.  15,  ۥ  Plnt  An: 
66  übersehen.'  die  parade  des  auf  die  langseiten  des  feindUcben 
Schiffes  gerichteten  stoszes  erfolgt  entweder  durch  gewandtes  su:?* 
biegen  (dudere)  oder  durch  aufnehmen  des  stoszes  mit  dem  eignes 
Vorderteil  {impetum  exdpere^  adversam  coneurrerCy  oeourrere  ' 
beide  manöver  wandten  die  Massilienser  an  und  bewiesen  nament- 
lich durch  das  letztere  ihre  zuversichtlichkeit,  noch  könnte  auf  «i^c 
ersten  blick  que  auffallmi:  es  &szt  indessen  die  beiden  ansdrficke 
zu  einer  gesamtheit  des  Seegefechts  zusammen. 


^  AI,  Aß,%  eelerrime  fcrtuMmeque  contra  itto  remigmUe  iMve*  mdten^i 
rostris  eoncurrerunt  adeo  vehementer,  ut  navU  Octaoiana  rotir^  itttr^««- 
Ugneo  continerelur,  ebd.  15,  6  oc  tatUum  dochina  potuU,  ui  in  äUf^r- 
numero  nuila  iransverMa  hoati  oHcereUtTy  nuüius  remt  detergereniKr,  <;* 
aemper  venieniibua  adver$ae  oeeurrerent.  Plnt.  Ant.  C6  vitt  ^ 
Kaicapoc  (vcCliv)  oö  fiövov  dvTinpifjpiuv  cufiq)^c6ai  «pdc  xakMOtita:^^ 
CTCpcÄ  Kai  Tpax^  9uXaccoM^vuiv,  dXXd  \u\hi  Kord  «Xcupdv  iiifioXi^ 
bi6övai  6appouciXiv.  *  es  geschieht  dies  mittels  der  ^nuitiÖcc:  «*- 
Graser  de  Teteram  re  naTali  §  37  anm.  1.  Qahl  und  Koner  leben  dtr 
Gr.  und  R.  s.  310. 

MÖHI.HAU8EH  IH  ThÜBINOBH.  OtFUED  SOBailBAGK. 


JNOtt:  ein  letztes  wort  871 

(5ß.) 

EIN  LETZTES  WOET. 


Die  entgegnung  des  hrn.  Leo  Ziegler  aaf  meinen  abwehr* 
artikel  (oben  8.  713 — 719)  veranlaszt  mich  za  einer  knrzen  schlosz- 
bemerkung. 

Aas  dem  manierlichen  ton  dieser  erklftnmg,  die  von  der  pol- 
ternden polemik  seines  buches  wolthuend  absticht,  bin  ich  zur  ein- 
sieht gekommen,   was  ich  denn  eigentlich  in  meiner  besprechung 
seiner  ^Italafragmente'  gegen  hm.  Ziegler  gesündigt  habe,   danach 
leidet  der  satz ,  in  dem  ich  meine  ^bedenken'  gegen  die  von  Z.  be- 
hauptete identitftt  der  beiden  texte  B  und  C  zusanmienfasse ,  an 
einem  formalen  gebrechen,  das  zn  einer  irrtümlichen,  Z.  nachteiligen 
deutung  Veranlassung  gegeben  hat.  ich  gestehe  unumwunden,  dasz 
der  satz,  so  wie  er  jahrb.  1877  s.  201  gedruckt  steht,  nicht  in  Ordnung 
ist,  von  mir  in  dieser  form  auch  nicht  behauptet  werden  wollte  noch 
Oberhaupt  verteidigt  werden  will,    wenn  ich  diesen  wunden  fieck 
unterschätzt  oder  nicht  genügend  erkannt  habe,  so  ist  daran  weniger 
Voreingenommenheit  für  die  eigne  sache  oder  Vertuschung  eines  be- 
gangenen fehlers,  als  der  sinnenverwirrende  und  urteilbetftubende 
lärm  schuid,  der  von  Z.  mit  aufgebet  aller  mittel  zehn  volle  quart- 
seiten  hindurch  in  athem  erhalten  wird  und  meinen  blick  nach  einer 
andern  richtung  hin  gelenkt  hat.   hr.  Z.  hätte  dieses  gebrechen  in 
kürze,  wie  es  jetzt  geschehen  ist,  rügen  künnen,  anstatt  einen  solchen 
I6nn  aufzuschlagen,  als  ob  die  ganze  deutsche  Wissenschaft  am 
bankerot  angelangt  sei;  er  hätte  dann  auch  nicht  nOtig  gehabt  ein 
verfrühtes  und  verfehltes  buch  in  die  weit  zu  schicken,    dieses  auf- 
regende getOse  führte  mich  darauf,  den  schwerpunct  des  angriffs 
nach  der  materialen  seite  hin  zu  suchen  und  meine  Verteidigung 
danach  einzurichten,  wozu  ich  jedenfalls  ebenso  gut  berechtigt  war. 
das  beweisverfahren  Z.s  geht  nemlich  darauf  aus,  mir  den  graecisti- 
sehen  Charakter  des  J9-textes  überhaupt  abzustreiten  und  selbst  die 
wenigen  beispiele,  die  er  nicht  aus  dem  wege  schaffen  kann,  ihres 
gewichtigen  Charakters  zu  entkleiden,   so  ist  es  gekommen ,  dass  ich 
aas  seinen  'Italafragmenten*  den  paragraphen  über  die  graecismen 
zum  abdruck  gebracht  habe,  um  den  innem  Widerspruch,  in  dem  Z. 
sich  mit  sich  selbst  befindet,  nachzuweisen,  wobei  ich  freilich  ein- 
rftome  in  einem  puncto,  der  übrigens  von  nebensächlicher  bedeutung 
ist,  zu  weit  gegangen  zu  sein,   im  übrigen  finde  ich  mich  zu  keiner 
weitem  retractation  weder  meiner  recension  noch  meines  abwehr- 
artikels,  soweit  dies  nicht  schon  geschehen  ist,  veranlaszt.   auch  die 
einleitung  der  erklärung  Z.s,  die  zum  teil  in  schreiendem  Wider- 
spruch mit' dem  thatsäcUichen  verhalt  steht  und  eine  desavouierung 
der  eignen  littera  scripta  ist,  ebenso  den  letzten  teil  derselben  mit 
seiner  wolberechneten  tendenz  kann  ich  ruhig  übergehen,  zumal  da 
Z.  in  der  famosen  Verteidigung  der  textverändening,  die  er  in  B 


872  Philologische  gelegenheitsschriften. 

Yorgenommen  hat,  eine  charakteristische  probe  der  Ton  ihm  gefibten 
hohem  kritik  bietet  nnd  zur  prüfung  meiner  behaoptong  Ton  der 
ftnszem  und  innem  hohlheit  und  halUosigkeit  seines  beweisyerfahrens 
schätzbares  material  Yorlegt. 

So  bleibt  Yon  dem  ganzen  in  scene  gesetzten  apparat  sachlicher 
und  persönlicher  polemik  ein  formaler  fehler  übrig,  an  dem  ich 
möglicherweise  nicht  einmal  selber  die  schuld  trage,  wofür  ich  aber 
die  Yolle  Yerantwortung  übernehme. 

BoTTWfilL.  JOHAH»  NSPOMUK  OtT. 


(35.) 
PHILOLOGISCHE  GELEGENHEITSSCHBIFTEN. 


Berlin  (archäologische  geselUchaft)  Carl  Robert:  Thanatos.  39t  Pro- 
gramm zum  Winckelmannsfeste.  mit  3  tafeln  nnd  4  holzachnitten. 
dmck  nnd  yerlag  von  G.  Reimer.  1879.  44  a.  gr.  4.  —  (oniT., 
doctordiBB.)  FriedrichSchlee  (ans  Nen-Hardenberg) :  de  TerBanni 
in  canticis  Terentianis  conBecutione.  druck  von  J.  Dräger  (Terlag 
von  S.  Calvary  n.  comp.)-     1879.     74  b.    gr.  8. 

Bern  (nniv.,  zum  Stiftungsfest  16  norbr.  1879)  Hermann!  Hageoi 
de  Placidl  eloBBiB  in  lihri  gloBsarum  codiee  Bemenai  obTiia  diBpo- 
tatio.    druck  von  AI.  Fischer.     16  b.     gr.  4. 

Breslau  (nniv.,  lectionskatalog  wlnter  1879/80)  Augusti  Reif f er- 
sehe idil  coniectanea.    druck  von  W.  Friedrich.     10  s.    gr.  4. 

Colmar  (Ijceum)  Schumann:  de  Marcellini  quae  dieitnr  vitm  Thuej- 
didia.    druck  von  witwe  Camille  Decker.     1879.     26  s.    gr.  4. 

Deutsch -Krone  (gymn.)  A.  Lowinski:  de  emendando  prologo  Aga- 
memnonis  Aeschyleae.     druck  von  F.  Oarma.     1879.     16  a.    gr.  4. 

Dpnaueschingen  (progymn.)  A.  Schuler:  über  Herodots  vonteunog 
von  den  orakeln,    druck  von  A.  Willibald.     1879.    26  s.    gr.  4. 

Oöttingen  (univ.,  lectionskaUlog  winter  1879/80)  Friderici  Wie- 
se 1er  1  adnotationes  criticae  ad  Euripidis  Cyclopem.  dmck  der 
Dieterichschen  univ.-bnchdruckerei.  16  s.  gr.  4  fs.*  oben  s.  809 — 815]. 

Greifswald  (univ.,  lectionskatalog  winter  1879/80)  Vdalricl  de 
W  i  I  a  m  o  w  i  t  z  -  M  o  e  1 1  e  n  d  o  r  f  f  commentariolnm  grammatieiiB.  dniek 
von  F.  W.  Kuntke.  12  s.  gr.  4.  —  (doctordiMertationen)  Brast 
Maass  (aus  Kolberg):  de  Bibjllarum  indicibuB.  dmck  von  £.  From- 
mann in  Jena.  1879.  66  s.  gr.  8.  —  Franz  Tank  (aua  Stargard): 
de  TrlBtibus  Ovidii  recensendis.  druck  von  Herrcke  und  Lebeliag 
in  Stettin.     1879.    60  s.    gr.  8. 

Gütersloh  (zum  300jährigen  Jubiläum  des  gymn.  In  Corbaeh  3  juIi 
1879)  GarlGöbel:  de  eoniunctione  guom.  druck  von  Berteb- 
mann.    30  s.    8. 

Halle  (univ.,  doctordiss.)  Friedrich  Martins  (aus  Berlin):  quaestio- 
nes  Plautinae  (de  Gaptivomm,  Amphitmonis,  Poennli,  Bndentif 
fabulamm  prologis.  de  Capt.  vss.  93.  94  et  77.  eaptivi  dno  in 
Captlvis  per  primum  actum  non  in  scaena  versantor).  drack  von 
A.  Haack  in  Berlin.  1879.  36  s.  gr.  8. 
Helsingfors  (univ.)  De  dialectorum  graecarum  die ammo  tesümoBiA 
inscriptionum  collegit  et  examinavit  O.  E.  Tndeer.  drock  von 
Frenckell.     1879.    144  s.    gr.  8. 


Philologische  gelegenheitsschriften.  873 

Jena  (aniy.,  lectionskatalog  winter  1879/80)  Maaricii  Schmidt 
meletematum  Homericonim  particnla  altera,  verlag  von  £.  From- 
mann.    17  s.    gr.  4. 

Kiel  (oniT.,  rede  zur  feier  des  kaisersgeburtstags  22  mSrz  1878)  Eduard 
Lübbert:  Pindaros  yon  Kjnoskephalai.  dmck  von  C.  F.  Mohr. 
16  s.  gr.  4.  —  (doetordissertationen)  Ernst  Krichauff  (aus 
Altena):  quaestiones  de  participU  apud  Sophodem  usu.  verlag  von 
LipsiuB  u.  Tischer.  1878.  90  b.  gr.  4.  —  Elimar  Schwärt s  (aus 
Eutin):  de  metaphoris  e  mar!  et  re  navall  petitis  quaestiones  Euri- 
pideae.  1878.  63  s.  gr.  4.  ^  Adolf  Wachholtz  (aus  Entin): 
de  litis  instrumentis  in  Demosthenis  quae  fertur  oratione  in  Macar- 
tatum.  druck  yon  G.  Struye  in  Eutin.  1878.  41  s.  gr.  4.  — 
Hermann  Sehn  cor  (aus  Schleswig):  quaestiones  Plantinae.  druck 
yon  C.  F.  Mohr.    1878.    40  s.    gr.  4. 

Leipsig  (uniy.,  preisaufgaben  für  1880]  Ludoyici  Langii  comm.de 
L.  Marcii  Philippi  orationis  apud  Sallustium  loco.  druck  yon 
A.  Edelmann.  1879.  15  s.  gr.  4.  —  (yerkttndigung  der  yom  1  noy. 
1878  bis  81  oct.  1879  promoyierten  doctores  phil.)  Ludoyici 
Langii  comm.  de  magistratuum  Bomanorum  renuntiatione  et  de 
centuriatorum  comitiorum  forma  recentiore.  81  s.  gr.  4.  —  (rectorats- 
rede  gehalten  81  oct.  1879)  Ludwig  Lange:  über  das  yerhJUtnis 
des  Studiums  der  classisohen  philologie  auf  der  uniyersit&t  zu  dem 
berufe  der  gjmnasiallehrer.    21  s.    gr*  4. 

Marburg  (uniy.,  doctordiss.)  Wilhelm  Uckermann:  de  Aristo- 
phanis  eomici  yoeabulorum  formatione  et  oompositione.  yerlag  yon 
N.  G.  Elwert.    1879.    83  s.    gr.  8. 

Mönchen  (akad.  d.  wiss.)  Heinrich  Brunn:  die  griechischen  buko- 
liker  und  die  bildende  kunst  (aus  den  Sitzungsberichten  bd.  II  1 
s.  1—21,  Sitzung  yom  7  juni  1879).     gr.  8. 

Schwein  fürt  (studienanstalt)  V.  Völcker:  zur  kritik  und  erklftrung 
des  Oidipus  Tyrannos  von  Sophokles.  Theinsche  druckerei  in 
Würzburff.    1879.   46  s.   gr.  8. 

Trier  (philoTogenyersamlnng  28—26  sept  1879,  begrttszungsschriften) 
im  namen  des  Präsidiums:  Senecae  epistulas  aliquot  ez  Bambergensi 
et  Argentoratensi  codieibus  edidit  Franoiscus  Bueeheler.  druck 
yon  C.  Georgi  in  Bonn.  VIU  u.  66  s.  gr.  8.  —  im  auftrag  der 
Rheinischen  Friedrich- Wilhelms  uniy. :  legenden  der  heiligen  Pelagia 
herausgegeben  yon  Hermann  Usener.  62  s.  8.  —  im  namen 
der  XYI  yersamlung  Rheinischer  schulmftnner:  festschrift  zur  be- 
grüszung  usw.  194  s.  lex.  8.  [Inhalt:  1.  Ignaz  Blasel:  die  all- 
mähliche staatsrechtliche  competenzerweiterung  der  tributcomitien 
durch  das  dreimalige  gleichlautende  gesetz  ui  guoä  irUnUim  plebs 
iusfUaet  omnei  QmrUei  tenerei  s.  1—30.  2.  Oskar  Jäger:  Ludwig 
Uhland  s.  81—52.  8.  Wilhelm  Schmitz:  Studien  zu  den  Tironi- 
schen  noten  s.  63—68.  4.  Edmund  Vogt:  kritische  bemerkungen 
zur  geschichte  des  Gildonischen  krieges  s.  69—88.  5.  6  (mathe- 
matischen Inhalts).  7.  W.  Mlinch:  die  innere  Stellung  Marlowes 
zum  yolksbueh  yon  Faust  s.  106 — 138.  8.  Wilhelm  Crecelius: 
de  Antonii  Liberi  Susatensis  yita  et  scriptis  commentatiunoula 
s.  139—160.  9  fnaturgesohichtlichen  Inhalts).  10.  Alfred  Eber- 
hard: analecta  Babriana  s.  177—194.] 

Wismar  (grosse  Stadtschule)  Job.  Lemme:  fiber  den  gebrauch  des 
pronomen  refleziynm,  besonders  der  dritten  person,  bei  Xenophon. 
ilinstorffsche  rathsbnchdnickerei.    1879.    20  s.    gr.  4. 

Zweibrttcken  (studienanstalt)  Georg  Autenrieth:  emendationes 
Sophocleae.    druck  yon  A.  Kranzbühler.    1879.    21  s.  gr.  8. 


JthrbQcher  far  elut.  philol.  1879  hft.  12.  66 ' 


REGISTER 

DER  IM  JAHEGAKG  1879  BEURTEILTEN  SCHRIFTEN  UND 

ABHANDLUNGEN. 


Mite 

E.  Baehreng:  Albii  TibnlHl  elegiarmn  libri  diio  (Leipng  1878) .     .      71 
Th,  Bergk:  poetae  lyrici  ^aeoi.    ed.  IV  yol.  I  Pindari  earmina 

oontinens  (ebd.  1878) * 1 

C.  Boy$tn:  de  Harpocrationia  lexici  foatibua  qoaestionea  selectae 

(Kiel  1876) HS 

A,  von  Cohausen  und  L,  Jaeobi:  das  Rdmereaatell  Saalbniy  (Hom- 

barg  y.  d.  H.  1878) 669 

C.  GiteiBse:  de  yeraibns  in  Lacretii  carmioe  repetiUB  (Straaibnrg 

1878) 541 

J5f.  Ouhrüner:  mr  ^sobiehte  der  aolodik  bei  den  Qrieeben  (Waiden- 

borg  1879) S78 

R,  Sinei:   antennobiingen    su  Gioeroa   pbilosopbiaeben  sebrilleB. 

Ir  teil  (Leipaig  1877) 49.  1S9 

C  Hoffmann:  de  yerborom  transpositionibas  in  Comifiei  rbetori- 

comm  ad  C.  Herenninm  libris.    pari.  I  (Mfineben  1879)     .     .    833 

A.  Bug:  Piatons  Sympoaion  (Leiptig  1876) MS 

L,  Jaeohii  8.  A,  tNUi  Cokau»en, 

W,  Kloucek:  kritlBchea  nnd  exegetisches  an  Vergilini  (Prag  1879)    471 

y.  Kvieala:  Vergilsladien  (ebd.  1878) 466 

A,  C.  Lange:   de  Aeneae  eommentario  polioreetieo  (Berlin  1879) 

941.  461.  6S9 
K.  Lange:  die  composition  der  Aegineten  (Leipsig  1879)  ....  616 
R,  Prinz:  Enripidis  fabolae.  yol.  f  pars  II:  Alcestis  (ebd.  1879}  .  667 
W.  B,  Rotcher:  Hermes  der  windgott  (ebd.  1878) S09 

F.  SueemOa:  Aristoteles  politik  gr.  o.  deatseb.    8  teile  (ebd.  1879)    609 


BERICHTIGUNGEN  ZUM  JAHRGANG  1879. 


s    158  s.  9  y.  o.  lies  'auf  dem'  statt  *aaf  der' 

s.  169  X.  12  y.  o.  nach  'fiberlegen  war'  ist  einxoschalten  'hAtte  ibre 
baaptstation  in  Abjdos' 

s.  969  s.  16  y.  o.  lies  aeies  statt  aries 

s.  786  a.  11  y.  n.  lies  tfKpxKplac  statt  ^piKpCo 

Die  miseelle  s.  970  *%u,  Cicero  de  diyinatione  [I  8, 6]*  yon  M*  Bert- 
felder war  im  manoscript  längst  in  den  bänden  der  redlction,  als  der 
yf.  sie  ancb  in  dem  1878  erscbienenen  Freibnrger  programm  6ber  'die 
quellen  yon  Cieeros  swei  bfidiem  de  diyinatione'  mititilte.  die  dop- 
pelte yeröiFentlicbnng  derselben  emendation  flUIt  also  ledigUob  der 
redaction  dieser  xeitscbrift  sar  last.