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\
NEUE JAHRBÜCHER
FÜR
PHILOLOGIE UM) PAEDAGOGIK.
GEGENWÄRTIG HERAUSGEGEBEN
VON
ALFRED FLEOKEISEN und HERMANN MASIÜS
riOFMSOB DT DBUDV FBOmiOK XX
l^JBUJM U Jll> V JLhUiZIQSTKB JAHBGiJNra.
EINHUNDEBTUNDNEUNZEHNTER BAND.
•O»».'*'*«^»*/^"»***^'^^ '^** "^'^ ^
LEIPZIG
DRÜCK HSV VERLAG VON B. O. TEUBNER.
1879.
JAHRBÜCHER
fOr
CLASSI8CHE PHILOLOGIE
ALFRED FLECKEISEN.
FOimniDZWANZICISIEB JAEBSAKe IS»
DEB JAHMSCBEM JAHBEÜCHEB FÜB PHILOLOGIE USD
BUmUSSESTUHUItEnilZSSIITEB BASD.
LEIPZIG
DBCCK UND TEELAQ TON B. O. TEDBHBB.
VERZEICHNIS DER MITARBEITER
AN DEN JAHRGÄNOEN 1876 BIS 1879.
(die in parenthete bei^teUten zahlen beziehen sich mt das nachstehende inhallSTerteichnls.
die namea der mitarbeiter zn den ersten zwanzig- jahrg-&nren sind zo anfanr der Jahrringe
1860, 1864 and 1874 abgredrackt.)
1. Ebrbt Bachof in Eisenach (28)
2. Fbahz Badbb in Eutin
3. Emil Babhbbhb in Groningen (83. 63. 74)
4. Albbbt von Bambbbg in Eberswalde
6. Julius Babtsch in Stade
6. Hbbkamh Baümoabt in KÖnigrsberg (Ostprenszen)
7. Malwin Bbchbbt in Leipzig (109)
8. Julius Bbloch in Rom (28)
9. Habs Kabl Bbhickbn in Bartenstein
10. Thbodob Bbbok in Bonn
11. Gbboobius Bbbnabdakis in Leipzig
12. RunoLP Bitschofskt in Wien
13. Fbibdbich Blass in Kiel
14. Hbbmahv Blass in Berlin
16. Huao Blümnbb in Zürich
16. Rudolf Bobbik in Belgard (Pommern)
17. Fbibdbich Bockbmüllbb in Stade
18. WiLHBLM BÖHiiB in Stolp
19. Ebmst Bössbb in Plön
20. Max Bonnet in Paris
21. Heinbich Bbandbs in Leipzig
22. Wilhblm Bbandes in Braunschweig (48)
23. Bamubl Bbandt in Heidelberg
24. Ludwig Bbbitbnbach in Naumburg
25. Adolf Bbieoeb in Halle
26. Julius Bbix in Liegnitz
27. Kabl Bbuoman in Leipzig
28. OscAB Bbuoman in Leipzig
29. Hebmarn Bbunckb in Wolfenbüttel (89)
30. Fbanz Büchblbb in Bonn
31. Carl Bünoeb in Straszburg (Elsasz)
32. Heinbich Buebmann in Berlin
33. Jacob Bubkhabd in Zürich
34. J. Ch. f. Campe in Greiffenberg (Pommern)
36. Wilhelm Christ in München (1)
36. Heinbich Chbistensen in Ratzeburg
37. Johann Claussbr in Altena
38. Wilhelm Clbmm in Gieszen
39. Cabl Corbadt in Stettin
40. Chbistiar Cbor in Augsburg (19. 81)
41. JoHARR Gustav Curo in Grandenz
42. Ardrbas Dedbbich in Emmerich (10. 66)
43. Hbirbicb Deiteb in Emden (107)
44. LuDwio DiRDOBF in Leipzig (f 1871)
VI VerzeichniB der xnitarbeiter.
45. Wilhelm Dittbnbbboeh in Halle (84)
46. Thbodob Döhnbb in Dresden
47. AuoüBT DÖBiHO in Dortmund (2)
48. Bbbvhabo Dombabt in Erlangen
49. Anton Aüoübt Dbabgbb in Aarich
60. Ludwig Dbbwbs in Helmstedt
61. Heinbich Döbi in Bern
52. Heinbich Düntbbb in Köln
58. Fbibobich von Duhn in Göttingen
54. Richabd Donckbb in Oreiffenberg (Pommern) (90)
66. Hbbmjlnn Dunqeb in Dresden
56. Cabl Dbiatzko in Breslan
57. Pbtbb Eoenolfp in Mannheim (70. 97)
58. Otto Ebdmann in Stendal (19. 114)
59. Adam Eussneb in Würsbarg
60. Fbabb Etssbnhabdt in Hamburg
61. Johann Paul von Falkenstejm in Dresden
62. Hans Flach in Tübingen (60. 108)
63. Adam Flasch in WürEburg
64. Alfbed Fleckbisen in Dresden (8. 85. 108)
65. CuBT Flbisoheb in Meiszen (38)
66. Johann Kabl Fleischmann in Nürnberg
67. Richabd Föbsteb in Rostock
68. Pbtbb Wilhelm Fobchhammer in Kiel
69. Johannes Fbbudenbbbo in KÖnigswinter (f 1878)-
70. Kabl Fbet in Bern
71. Otto Fbick in Halle
72. Wilhelm Fbibdbich in Mühlhausen (Thüringen)
73. Adolf Fbitsch in Straszbnrg (Elsass)
74. Thbodob Fbiteschb in Güstrow (60)
75. Fbibdbich Fboehde in Lieguitz
76. Adolf FubtwInolbb in Rom
77. Joseph Gabtbellb in Gent
78. ViCTOB Gabdthausen in Leipzig
79. Waltheb Gbbhabdi in Meseritz (78)
80. Hbbmabn Geist in Darmstadt
81. Wilhelm Gemoll in Ohlau (38)
82. Kabl Ebbst Gbobobs in Gotha
83. Geobo Gebland in Straszbnrg (Elsasz)
84. Gustav Gilbebt in Gotha (36)
85. Waltheb Gilbebt in Dresden
86. August Gladisch in Berlin (f 1879) (60. 99)
87. Cabl Gebisse in Mets (31. 76)
88. Anton Gobbel in Magdeburg
89. Fbanz Göbbbs in Düsseldorf
90. Alfbed Goethe in Glogau
91. Gbobo Gobtz in Jena
92. Julius Golisoh in Schweidnitz (111)
93. Emil Gotschuch in Beuthen
94. LOBENs Gbasbbbobb in Würsburg
95. Richabd Gbossbb in Wittstock
96. Emil Gbunaueb in Winterthur
97. Hbinbich Guhbaubb in Waidenburg (Schlesien) (6)
98. Alfbed von Gutschmid in Tübingen
99. Cabl Haohtmanv in Seehausen (Altmark) (23)
100. Hbbmann Hagen in Bern
101. Heinbich Hahn in Montigny-lis-Metz
102. Hebmann Hahn in Beuthen
108. Rbimbb Hansen in Sondershansen
Verzeichnis der mitarbeiter. VII
104. Kabl Habtfeldbb in Freibarg (Breisgao) (39. 85. 17)
106. Tbbodob Haspbb in Leipzig
106. Hbbman Haupt in W&rzbnrg (18)
107. MicHABL Hatdück in Marienbnrg (20)
108. Hbxnbicr Hbbbwaobb in Nürnberg
109. RuooLP Hbihe in Weiszenburg (Elsasz)
110. HzBifABB Hblleb in Berlin
111. Ludwig Hbllwio in BaUeburg (76)
112. Petzb Dibdzbich Chbistiah Hebninob in Husum
113. Otto Hbmsb in Freibarg (Breisgan)
114. WiLHBLM Hbbbst in Halle (73)
115. Fbibobich Kabl Hbbtlbim in Wertheim
116. BfABTiN Hbbts in Breslau
117. Chbistiah Hebwio in Elberfeld (58)
118. Ebbst Hbbzoo in Tübingen
119. Edüabd Hbtdbnbbich in Freiberg (Sachsen)
120. Fbabz Hbtbb in Barienstein
121. Eduabo HiLLBB.in Halle
122. Adblbbbt Hock in Husum
123. Emahubl Hoffmanb in Wien
124. Gustav Hoffmanr in Neunkirchen
125. Fbbdinabd Hoppb in Gumbinnen
126. Abhold Hua in Zürich (17. 37)
127. Fbibdbich Hultsch in Dresden
128. Cabl Jacobt in Danzig
129. Kabl vor Jah in Saargemünd (79)
130. Albbbcht Jobdah in Wernigerode
131. Wilhhlm Jobdah in Frankfurt am Main
132. Lbopolo Julius in München
133. Emil Auoüst Juhghahh in Berlin (53)
134. K. K. in Z.
135. Eduabd Kammbb in Königsberg (Ostpreuszen) (42. 65)
136. Kabl Hbihbich Kzck in Husum
137. Philipp Kbipbb in Ludwigshafen am Rhein (16)
138. Otto Kblleb in Graz
139. Albsbt Kbllbbbaubb in Kempten
140. Fbahz Kebn in Stettin (59)
141. Adolf Kiene in Hannover (110)
142. Otto Kiebitz in Karlsruhe
143. JoHAHNES Klein in Brandenburg
144. Ebnst Klussmann in Rudolstadt
145. Paul Knapp in Rom
146. Hebmanh Adolf Koch in Pforta (f 1876)
147. Reinhold Köhlee in Weimar (45)
148. Wilhelm Heinbich Kolsteb in Eutin
149. Hebmann Kbaffbbt in Aurich
150. Heinbich Kbatz in Stuttgart
151. Gustav Keüoeb in Görlitz
152. Emil Kuhn in Dresden
153. Johann Kvicala in Prag (71)
154. Adolf Lange in Marburg (37)
155. Gustav Lange in Berlin
156. Ludwig Lange in Leipzig
157. Peteb Langen in Münster
158. Fbibdbich Latendobf in Schwerin
159. Kabl Julius Liebhold in Rudolstadt (29. 30. 73)
160. JusTUs Hbbman N Lipsius in Leipzig
161. Rudolf Löhbach in Mainz (%)
162. Gbobo Lobschckb in Dorpat
i
vm
VeneiohniB der mitarbeiter.
163. OusTAv LÖWB iD Leipiig (98)
164. Antoh iiowiMSKi in Deatsch-Krone
165. Asthub Ludwioh in Königsberg (Ostpreufsen) (44)
166. Ebbst Ludwig in Buxtehude (104)
167. Fbibdbiob Lüdbcbb in Bremen
168. GoTTLiBB LÜTTOBBT in Llngon
169. Bbbbbabd Lupus in Straszbnrg (Elsass)
170. Hugo Maomub in Berlin
171. Kabl Matbofp in Dresden
172. Cabl Mbibbb in München
173. BoxAB Mbisshbb in Breslau
174. RiCHABD Mbistbb in Leipsig (69)
175. SiBGFBiBD Mbklbb in Wien (71)
176. Otto Mbltsbb in Dresden
177. Ludwig Mbbdblssohb in Dorpat (80)
178. Adolf du Mbshil in Frankfart an der Oder
179. Gottbold Mbutbbbb in Planen (Vogtland)
180. Gustav Mbtbb in Graz
181. Thbodob Mokksbb in Berlin
182. Gbbhabd Hbibbich Müllbb in Wongrowits
183. Hebxabb Johabmbs Möllbb in Berlin
184. Fbibdbicb Max Möllbb in Oxford
185. Hbbmanb Müllbb-Stbübimo in London (27. 57)
186. Cabl Naucx in Königsberg (Nenmark)
187. Fbanb NiblXbdbb in Schneidemtihl
188. KoBBAD KiBMBTBB in Kiel
189. RicHABD NoETBL in Cottbus (5)
190. JoBABBBs Obebdicx in Münster
191. Tbbodob Opitz in Dresden
192. JoHABB Nbpomux Ott in Rottweil (56)
193. Fbibdbioh Otto in Wiesbaden (77)
194. Kabl Pabsch in Soest
195. Ludwig Paul in Kiel
196. Hbbxabb Pbtbb in Meiszen (55)
197. Fbabz Pflügl in Hof
198. Adolf Philippi in Gieszen (54. 94)
199. EuoBB Plbw in Danzig (f 1878)
200. Tbbodob Plüss in PforU (34)
201. Fbibdbicb Pollb in Dresden _
202. Rudolf Pbimz in Breslau
203. Hugo Pubxanm in Cottbus
204. Rudolf Raucbbbstbib in Aarau (f 1879)
205. Lbopold Rbibhabdt in Hadersleben
206. Gbobg Fbibdbicb Rettig in Bern
207. Ebbst Rbuss in Frsnkfnrt am Main
208. Ebbst Albbbt Ricbtbb in Altenbnrg
209. Jobabbbs Ricbtbb in Nakel
210. Kabl Ribck in Neustrelite (11)
211. Albxahdbb Ribbb in Frankfurt am Main (25)
212. HBBMiBB RöBL in BerUn (26. 88. 101)
213. Adolf Römbb in München (14. 113)
214. Hbbbabb Röbscb in Lobenstein (13. 72)
215. Cbbistiab R58B in Gieszen
216. Ebwib Robdb in Tübingen (3. 115)
217. WiLBBLM Hbibbicb Roscbbb in Meiszen (51. 80. 100)
218. EwiL RosBNBBBG tn Hirsebberg (Schlesien)
219. KoBBAD RossBBBG in Norden (12. 43. 64)
220. Fbabz Röbl in Königsberg (Ostpreuszen) (15. 87)
221. Max Sabobb in Waren
Verzeichnis der mitarbeiter. IX
222. Arnold Schabfbb io Bonn
228. Cabl SchIfeb In Athen
224. Otfbikd Schakbacb in Mühlhaasen (Thüringen) (38)
225. Mabtir Schanz in Würzbarfl^
226. Cabl Schapbr in Berlin (62)
227. Carl Schirlitz in Nenstettin
228. Gbobo Schmid in St Petersburg
229. Fbibdrich Wilhrlm Schmidt in Neustrelitz
230. Hbrmann Schmidt in Wittenberg
231. Otto Schrbiobb in Gotha' (49)
232. Rudolf Schnbidbr in Berlin
233. Karl Schhbllb in Meiszen
234. Fritz Scholl in Heidelberg (7)
235. Gboro Fribdrich Schömanm in Greifswald (f 1879)
236. Carl Schrader in Münster
237. Theodor Schrbibbr in Rom
238. Otto Schrobdbr in Berlin
239. Job. Hbinrich Ch. Schdbart in Kassel
240. Hbrmarit Schütz in Potsdam (41)
241. Ludwig Schwabb in Tübingen (86)
242. Wilhblm Schwartz in Posen (47)
243. Hbihrich Schwbizeb-Sidlbr in Zürich (46)
244. Paul Schwbkkb in Kiel (9)
245. KoNBAD Sbbligbb in Dresden
246. Otto Sieroka in Lyck
247. Jacob Sitzlbb in Tanberbischofsheim (52. 92. 112)
248. Johann Söboel in Hof
249. Julius Sommbrbrodt in Breslau
250. Robbbt Sprbnoeb in Northeim (8)
251. Huao Stadtmüller in Heidelberg (71)
252. AuausT Stbitz in Frankfurt am Main
253. Paul Stbhobl in Berlin (95. 29)
254. Fbdob yon Stojentin in Breslau (21)
255. Heinrich Wilhelm Stoll in Weilburg
256. Abraham Strelitz in Rostock (88)
257. Wilhelm Studemund in Straszburg (Elsasz)
258. Franz Susemihl in Greifswald (102)
259. Sigmund Teuffel in Stuttgart
260. Wilhelm Teuffel in Tübingen (t 1878)
261. Theodor Thalheim in Breslau (82)
262. Rudolf Thimm in Bartenstein (40)
263. Theodor Tohtb in Leer (75)
264. Richabd Tbeitschke in Dresden
265. WoLDEMAR Tröbst in Hameln
266. Heinbich Uhle in Dresden (19)
267. Robert Ungbr in Halle (68)
268. Gustav Unobbmann in Münstereifel (76)
269. Hermann Usbner in Bonn
270. Carl Venedioeb in Spandau (106)
271. Julius Völkel in Moskau
272. Theodor Vogel in Leipzig
273. Richard Volkmann in Janer
274. Ferdinand Vollbecht in Otterndorf (17)
275. Wilhelm Vorlabndeb in Saargemfind
276. CuRT Wachsmuth in Heidelberg (4)
277. August Wagener in Gent
278. Carl Waoener in Bremen (40)
279. K. Walter in Arnstadt
280. Nicolaus Wecklbin in Bamberg (91. 19)
X Verzeichnis der mitarbeiter. — InhaltsverzeicbniB.
281. Andreas Wbidhbb in Darmstadt (22)
282. Fritz Weiss in Dresden
283. Paul Wbiisaokbe in Heidenheim (24)
284. Eddard Wellmanb in Berlin
285. Oscar Wichmahb in Eberswalde (67)
286. Erich Wilisoh in Zittau
287. Hans Wibe in Zürich (32)
288. Eduard Wölfflim in Erlangen
289. Emil Wöbnbr in Meiszen
290. Martin Wohlrab in Chemnitz (93)
291. Jan Woltjeb in Groningen (105)
292. Ernst Ziboelbr in Hagen (Westphalen) (67)
293. Christoph Zibolbr in Stuttgart (61)
294. Leo Zibolbr in München (56)
295. Qebharo Zillobnz in Wittstock
296. Michael Zink in Zweibrücken
297. Hermann Zurboro in Zerbst.
INHALTSVERZEICHNIS.
(die in parenlhese beig-eseUlen zahlen bezicheo sich auf «Ui iroraofiteUende Verzeichnis
der mitarbeiter.)
Seite
1. randbemerkangen zu ThBergks nenester bearbeitnng des Pin-
daros (85) 1
2. sn Horatins [earm. HI 3, 2 f.] und Piaton [apol. o. 20] (47) . 13
8. zam griechischen roman (216) .16
4. der Standort des ehernen Viergespanns anf der akropoUs yon
Athen (276) 18
5. das vierte capitel im ersten bnche der Nikomachischen ethik
(189) 25
6. zn Plutarchos trcpl ^ouaKf)c [c. 3] (97) 38
7. litterarisches zn Piautas und Terentios (234) 39
8. zu Terentins Ennnchns [prol. 4] (250. 64) 48
9. über Ciceros quellen in den büchem de natura deorum (244) 49. 129
10. zu Strabon und Sue tonlos (42) 66
11. zu Horaüus episteln [I 15, 10^13] (210) 69
12. anz. V. Tibulli elegiarum libri duo ed. EBaehrens (219) ... 71
13. zur controversa über ponderoms in der Itala (214) 79
14. zn den fragmenten des Aristonikos (213) 81
15. zu Jnstinus [XI 11, 1] (220) t)2
16. zu Aischylos Persem (137) 93
17. zu Xenophons anabasls (126. 274. 104) 97. 202. 704
18. zu Paianios und Eutropius (106) 104
19. zu Piatons apologie (266. 40. 58. 280) .... 105. 403. 765. 817
20. emendationes Aristoteleae (107) 109
21. anz. T. CBoysen de Harpocrationis lexici fontibus (254) . . .113
22. zu Comiacius (281) 127
28. zu Livius [XXVIl 44, 7] (99) 143
24. das deutsche Institut für archäologische correspondenz (283) . 145
25. zu den geographi latini minores (211) 165
26. eine datierbare altspartanische Inschrift (212) 156
Inhalisveneiclmis. XI
taite
r. n TliiikydidM [VIII 19] nnd Xeoophon [Hell. I 1, 9] (185) . 157
28. Tisaiof ab quelle für Diodor XIY 54—78 (1. 8) . . . 161. 599
». n Herodotos (159. 258) 178. 880
90. in XenophoBt Kyropttdie (159) 174
3L fn Cicero de provineiis consiilaribaB [9, 21] (87) 176
31 der perdneHionsproeeM dea C. Rabiriaa (287) 177
31 m fateiniaclieii antholog:ie (8) .^ 207
31. des Horatina elfte ode des Eweiten bnchs (200) 209
35. phUologisefae ffelegenheitsschriften (64) . . 223. 576. 656. 720. 872
36. eiste lud sweite lesimg in der atheDischen TolksrersamlnDg (84) 225
37. ans. ▼. ACLanffe de Aeneae comm. poliorcetieo (126. 154)241.461. 639
38. IQ Caesar und seinen fortsetsem (81. 65. 224) .... 267. 849
39. ra Cicero de dlTinatione [I 8, 5] (104) 270. 874
4SK die perfectiachen formen von eo nnd seinen composita (278.
162) 271. 848
41. in Tacitos Oermania (240) 273
41 Dochnals für Homer nnd Aristarch (135) 289
43. in ApolUnmris Sidonins (219) 801
44w iBB Homerischen Demeter-hymnos (165) 803
45. snr Odyssee [t 163] (147) 808
46. tnt. T. WHRoseber: Hermes der windgott (243) 309
47. Zens nnd Kronos als wolkenrerseblinger (242) .... 314. 558
48. sn Ansonins (22) 818
4S. emendationnm Aristopbaneamm decas nona et decima (231) .821
(0. beriebtignng eines fragmentes des Parmenides (86) 343
Sl. fiber die sltte der cOvOnMa (217) 345
Sl Kaninos oder Tjrtaios? (247) 351
tt. Stadien an Thnkydides (133) 353
M. über einige reden des Isaios nnd Demosthenes (198) .... 413
M. fiber einige Schriftsteller des namens Pollio (196) 420
M. SV abwehr (192. 294) 425. 553. 718. 871
37. snr Schlacht Ton Marathon (185) 433
tt- snr responaionsfirage bei Aischylos (117) 449
M. IQ Sophokles Antigone (140) 453
•Ol sq Pindaroe [OL 1, 28] (62. 74) 460. 684
6L aachtitge an meiner dritten ausgäbe des Theohritos (293) . . 460
II sor litteratnr des Yergilins (226) 465
O. aber die handschriften des TibnUos (3) 473
44. kritische nachlese sn Dracontins nnd der sog. Orestis tragoedia
(219) 475
e. vu Dlaa [Q 384 ff.] (135) 479
«1 SQ LiTina bnch XXI (42) • .... 481
«7. SQ Lnkianos (292. 285) 491. 698
48. SQT kritik der scriptores historiae AogosUe. I (267) .... 493
39. snr Chronologie des bSotischen vooalismns (174) 513
70. SQ den acholien des Dionysios Thraz (57) 526
7t snr kritik des Enripides (251. 153. 175) 527. 661. 809
71 Isa^aMe bei PUeidns (214) 534
71 SQ Thnkydides (114. 159) 535. 807
71 sn Tiberianos (3) 540
71 ans. T. COneisse de rersibos in Lncretii carmine repeutis (263) 541
71 SQ SallnstlQS (268. 111. 87) 554. 701
77. sas. T. ATÜobansen n. LJacobi: das RSmercastell Saalburg (193) 559
71 som ersten buche tou Vergilins Aeneis (79) 561
79. soletiacher nnd aulodischer nomos (129) 577
tO. SQ Appianot [b. civ. U 62] (217. 177) 592. 821
^ onrfinalien au AHugs ausgäbe des Platonischen Symposion (40) 593
tt «ie dokiaasie der beamten in Athen (261) 601
tt aiae metrische altargiyische Inschrift (212) 608
XII InhaltsverzeiclmiB.
seit«
84. ans. v. Aristotelea politik von FSiuemihl (45) 609
86. der dpTÖC Xötoc (104) 615
86. ans. v. KLange composition der Aegineten (241) 616
87. der schats des Ptolemaios II Pbiladelphos (220) 621
88. emeodationoB Petronii satiranun (256) 629. 833
89. über die ordinaHi bei Vegetint (29) 635
90. SU EntropioB (54) 641
91. ans. y. Enripidis Alce«tie ed. BPrins (280) 657
92. SU Solons fragmenten (247) 668
93. knabenliebe nnd franenliebe in Piatons Symposion (290) . . 673
94. Hermokopiden (198) 685
95. die snnge der opferthiere (253) 687
96. der goldene sebnitt im bexameter (161) 692
97. sa Apollonios Dyskolos (57) 693
98. glossograpbiBcbes (163) 706
99. die vorsokratiscbe pbilosopbie (86) 721
100. ceiTT^piov oder CTeirT/jpiov? (217) 734
101. sn Atbenaios [III 111'] (212) 736
102. Studien anr Nikomacbiscben etbik (258) 737
108. sa Plautus Epidicns [v. 64. 65] (64) 767
104. sn den glossen des Placidos (166) . 768
106. obserrationes criticae in Lncretinm (291) 769
106. sn Caesars bellum Gallicum [III 7. 8] (270) 786
107. SU Cicero de oratore [I 8, 82] (43) 790
108. über die abfassungsseit des sebnten ecloge des VergÜius (62) 791
109. SU Manilins Astronomica (7) ' 798
110. der dicbter Homeros und die Wolfsche hypothese (141) . . . 801
111. aur bedeutung der pr&position icpö (92) 806
112. sur griecbischen antbologie (247) 815
113. ans. y. CHoffmann de yerborum transpositionibus apud Corni»
fieium. part. I (213) 823
114. SU Stoüus Tbebais [IV 94] (68) 882
116. SU Petronius (216) 846
ERSTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HBBAU8GEOBBBK VON ALFRED FlBCKEISBN.
1.
RAMDBEMEBKUNOEN ZU TH. BEEGKS NEUESTER
BEABBEITUNO DES FIND ABOS.*
METRIdCHES.
kthm. 8, 62 lesen wir folgenden vers:
TÖv }iky oObi 6avövT ' doiöal f Xiirov.
der una der worte ist einfach und yeretfindlich; anstosz erregt nur
der hiatos an Torletzter stelle; iim denselben zu beseitigen, schob
GHffmsiin das bekannte fnlcrum metricorum T€ ein und schrieb töv
^iv.ouöi davdvT* doiboi t' ^Xiirov. Böckh bezeichnet in den kriti-
schen Boten diese indernng kurzweg als unnütz, offenbar weil er den
kiatos durch seine Stellung in der arsis eines dactjlischen yersfuszes
ftr entschuldigt hielt, freilich hat Pindar nicht in gleichem Urn-
inge wie Homer Yon dieser freiheit gebrauch gemacht, doch finden
tidi mehrere stellen auch bei ihm, welche die handschriftliche über-
ucfeniBg in dem fraglichen yerse zu rechtfertigen scheinen, nemlich
OL 6, 82 tXuKcqi dKÖvac Xitupdc, wo die Umstellung Hartungs
^iTvpac dicövac auch bei Bergk keinen anklang gefunden hat, Nem.
6, 24 CttMcXciba (CuixXcibqi Bergk ^ nach Triklinios) 8c ön^pTaTOC,
ebd. T. 25 'ATncipdx<4i uWuiv, bthm. 1, 61 'HpoödT<4i fnopcv, und
PytL 1, 70 ultfi t' kmT€XXö^€voc, wo die auch TOn dem para-
phnsten nicht berücksichtigte partikel T€ besser fehlen würde, denn
din der hiatus in diesen versen wesentlich in der Sonderstellung des
dstirs seine entschuldigung habe, ist eine willkürliche annsJime
Bo)B;kS| die obendrein die correctur 6iner, richtiger zweier stellen
nr folge hat. ich habe daher in meiner teztesausgabe Pindars die
* FoeUa Ijrici graeei. recenaiiit Theodoras Berg^k. editionis
^arU« TolmDen I PiDdari carmina continens. Liptiae in aedibas
BOTMbaerl. MDCCCLXXVIII. XX u. 488 0. gr. 8.
Ar clM«. pUlol. 1879 h^. 1. 1
2 WChrist: zn ThBergks neuester bearbeituDg des Pindaroe.
bsl. ttberlieferung doibal f Xmov unangetastet gelassen und lediglich
unter dem texte die änderung Hermanns angeführt. Bergk hingegen
schreibt in der dritten ausgäbe seiner PLG. — in der zweiten war
ihm das neue licht noch nicht aufgegangen — ^hiatnm tempus inane
ut yidetur excusat.' mir war diese bemerkung völlig unverstttndlich,
um so mehr, als ihr Urheber durch das metrische scbema
selbst angedeutet hatte, dasz er den letzten yersfusz ebenso wie
andere leute für einen Choriambus hielte, ich habe mich daber in der
vorrede meiner Pindarausgabe in einem vielleicht etwas spitzigem
Stile, als er einem manne wie Bergk gegenüber angemessen war, aber
unter ausdrücklicher berufung auf unsere stelle über die Weisheit
deijenigen philologen und metriker moquiert, welche, wenn irgend-
wo das metrum einen risz hat, zu den Hempora inania' ihre Zuflucht
nehmen. Bergk, statt stillschweigend das kleine versehen zuzuge-
stehen, braust in seiner neuen ausgäbe der PLO. s. VI gewaltig auf
und erklärt den, der ihm so etwas zumute, für einen *homo intesta-
bilis'. gespannt, wie er alles ernstes an jener stelle seine pause ver-
teidigen könne, finde ich zu meinem erstaunen in der neuen ausgäbe
den vers folgendermaszen notiert :
also jetzt steht das leimmazeichen vollständig im text, sind aber
auch die beiden nachfolgenden kürzen nicht mehr als thesis eines
dactylus, sondern als auflösang einer länge bezeichnet, dem gegen-
über muBz ich nun zunächst zu meiner Verteidigung sagen dasz ich,
als ich meine praefatio schrieb, doch nicht wissen konnte dasz Bergk
den vers später in einer ganz abweichenden weise analysieren werde,
aber erst diese analyse selbst! ist es denn erlaubt so ganz nach be-
lieben zwei kürzen als Vertreter einer länge anzusetzen? ist Bergk
im stände einen zweiten vers mit dem ausgang j. a c:^ ^ nachzu-
weisen oder nur aus den lehren der alten rhythmiker wahrscheinlich
zu machen? anderswo, wie zb. Nem. 4, 1, wo wir fast den ganz
gleichen vers haben, ist Bergk selbst eine derartige notierung nicht
eingefallen, und gleich als wollte der zufall ihm ein Schnippchen
schlagen, ist ihm auch an unserer stelle das zeichen des ictus auf
der vorletzten länge stehen geblieben , wodurch allein schon die Un-
möglichkeit der angenommenen messung erwiesen wird, doch wir
wollen das rhythmische monstrum nicht weiter discutieren und lieber
annehmen dasz Bergk, um seinem Widersacher gegenüber recht zu
behalten, das pausezeichen aufs gerathewol in das Schema gesetzt bat.
Die pausezeichen spielen aber überhaupt in der neuen ausgäbe
Pindars eine grosze rolle, es liegt denselben die richtige, von Böckh
noch nicht geteilte meinung zu gründe, dasz man zur aufhellung der
Pindarischen versmasze mit der Unterscheidung von einzeitigen kür-
zen und zweizeitigen längen nicht ausreiche, die neueren metriker
haben zn diesem behufe in den Schemata die leicht verständlichen
zeichen der drei- und vierzeitigen längen gebraucht. Bergk hat es
WChrkt: za ThBergkt neuester bearbeitang des Pindaros. 3
Torgezogen das in den uns erhaltenen alten melodien oft vorkom-
mende leimmazeichen a zu bilfe za nehmen, ich will nicht unter-
suchen, ob diese neuerung eine glückliche sei ; aber das musz ich her-
Torheben, dasz ich in der weise, wie Bergk jenes pausezeichen an-
gewendet hat, weder eine spur von consequenz noch von rhythmischer
einsieht zu erblicken vermag, wir wollen zur beleuchtung dessen
nur ein einziges einfaches beispiel hernehmen, nemlich die notierung
von Pyth. 1 , 3
J.A — J.W - — « soll sein iA.iw» - ^ hd
ireiOovTai b' doibol cd^aciv.
der vers ist einer von den wenigen, wo die neuere metrische forschung
mit glücklichem erfolg über den standpunct Böckhs hinausgegangen
ist. Böckh erblickte in den zwei beginnenden silben eine basis und
setzte daher über sie das verrufene zeichen x; Rossbach- Westphal
und B Schmidt erkannten richtig, dasz mit den strengen dactylo-
epitriten die leichtfGlszige basis nichts gemein hat und dasz, wenn
irgendwo, so hier von der würde des liedes strengere tactgleichheit
verlangt wird ; sie nahmen daher an dasz die zwei längen die rhyth-
mische bedeutung eines ganzen epitritus haben und dasz somit jeder
der beiden Ifingen im gesang der umfang einer ^üKpä Tpicimoc oder
vielmehr fioucpa reipdcimoc zukommt. Bergk hingegen hat, wie ich
oben angedeutet, nur nach der ersten, nicht auch nach der zweiten
lAnge das leimmazeichen gesetzt, warum, sagt er uns nicht, aber auch
nicht, warum er Pyth. 6, li ganz im einklang mit der lehre der
neuem rhythmik nach jeder der beiden Ifingen ein a geschrieben
hat. ehe aufhellende erklärungen kommen , musz uns daher Bergk
schon gestatten darin ein zeichen bedenklicher inconsequenz zu er-
kennen, aber auch jetzt schon glaube ich errathen zu können , wes-
halb Bergk in der ersten pythischen ode das pausezeichen nach der
zweiten länge weggelassen hat. nach seinen sonstigen notieruDgen
nemlich scheint er nicht der meinung zu sein, dasz überall da, wo
innerhalb eines verses ein kolon katalektisch endigt, der unvollstän-
dige letzte fusz durch längeres anhalten (rovri) oder durch pause
seine ergänzung erhalten müsse, und dasz daher das obige sebema
in vollem einklang stehe zu dem Schema des sechsten verses
KUÜ^QTl, KTlXa bi. Kai bai^ÖVUiV
es bandelt sich hier um eine der schwierigsten fragen der rhythmik,
in der auch ich mich in teilweisem widersprach befinde mit den
Sätzen, wie sie jetzt gäng und gäbe sind, allerdings wurde nicht
regelmäszig und in allen versarten die metrische katalexis durch
rhythmische mittel völlig ausgeglichen , und namentlich ist es be-
denklich, da wo die schluszlänge eines katalektischen kolon in respon-
dierenden Strophen durch zwei kürzen sich vertreten findet, eine
dehnung jener schluszlänge auf den umfang eines ganzen tactes an-
innehmen. aber wenn ich mich daher auch selbst in dieser frage zur
xahl der ketzer bekenne , so bin ich doch weit entfernt die unsicher-
4 WChriat: zu ThBergkB neuester bearbeitung des Pindaros.
heit des urteils in alle strophengattungen hineinzutragen ; es mnsz
hier auf das ethos des rhytbmus geachtet und zwischen dem heay-
cbastischen tropos der dorischen tonart und der elastischen leiden-
schaftlichkeit der päonischen gattung wol unterschieden werden, in
den dactjlo-epitritischen Strophen schliesze ich mich unbedingt der
lehre Apels und der neueren rhjthmiker an, beharre aber bei den
päonen, dochmien und verwandten rhjthmen auf meinem wider*
Spruch. Bergk hat umgekehrt gerade bei den dactylo-epitriten , zu
deren erhabener würde so ganz einzig lang angehaltene iSngen passen,
die rhythmische ergftnzung der katalektischen kola nicht angenommen,
sie hingegen bei den logaöden und pttonen nicht verschmftht, freilich
auch hier ohne alle consequenz. oder zeugt es von conseqnenz und
durchdachter methode, wenn Bergk die zwei ersten verse von Pyth.
11 folgendermaszen notiert:
■ _
Bergks metrische neuerungen in seiner neuen Pindaransgabe
erstrecken sich noch auf andere gebiete; wir wollen sehen, ob mit
grOszerem glück, bekanntlich hat Böckh das grosze verdienst die
unsuverlttssigkeit und teilweise Verkehrtheit der überlieferten kolo-
metrie Pindars nachgewiesen und an ihre stelle eine neue , auf den
anzeichen des hiatus und der zweifelhaften silbe beruhende versein-
teilusg gesetzt zu haben, an dieser errungenschafb der forschungen
BOckhs haben im wesentlichen alle nachfolgenden herausgeber und
metriker festgehalten, nur Moriz Schmidt hat in seinen siegesge-
slingen Pindars an dem festen bau der Böckhschen theorie zu rütteln
begonnen, und auf gmnd subtiler musikalischer Untersuchungen eine
neue Verteilung der perioden und kola vorgenommen, welche viel-
fach mit den gmndlagen der einteilung BOckhs in Widerspruch steht.
M Schmidt hat sein buch ThBergk in freundlicher erinnerung an die
tage in Reinhardtsbrunn gewidmet, aber Bergk hat sich in seiner
neuen ausgäbe weder von Moriz noch von Heinrich Schmidt irgend-
wie leiten lassen, es gereicht mir das zur genug^uung, da meine
metrischen gegner doch Bergk als unparteiischen richter anerkennen
and ihm nicht persönliche rivalitftt und Voreingenommenheit unter-
schieben werden, aber auf der andern seite musz ich gestehen, dasz
die darlegungen gerade MSchmidts mir gezeigt haben, wie wenig
mit der neuen verseinteilung BOckhs die rhythmische analyse der
Strophen Pindars ihren abschlusz gefunden hat. der schlusz der
einzelnen verse zwar scheint von BOckh mit Sicherheit erwiesen zu
sein, aber ob ein jeder der BOckhschen verse schon eine in sich ge-
schlossene periode bilde, oder ob nicht vielmehr einzelne mit voraus-
gehenden oder nachfolgenden versen zu einer grOszem periode zu
verbinden seien, das ist die grosze, nicht so leicht an der band
ftuBzerer kriterien zu lösende frage, denn wenn zb. in der ersten
Olympischen ode die zwei kola
dpiCTOv M^v öbuip, 6 hk I xpucdc atOöfievov irOp
WCbrüt: xa ThBergks neuester bearbeitung des Pindaros. 5
TOB BOckh in kme zeile geschrieben wurden , weil mit dem Schlüsse
des ersten kolon nicht immer ein wort schlieszt, hingegen die
zwei kola
€i h ' dcOXa T€tpä€iv
fXbcai qpiXov firop
sich der Verteilung auf zwei Zeilen fügen musten , weil in einzelnen
Strophen das erste kolon mit einer sjllaba anceps schlieszt: so kann
doch durch diese ftuszerlichkeiten nicht die innere Wahrscheinlichkeit,
dasz beidemal in gleicher weise die zwei kola unter der herschaft
einer hohem einheit stehen, über den häufen geworfen werden, auch
Bergk hat der meinung, dasz die Böckhsche versteilung nicht immer
befriedige, öfter ausdruok gegeben; aber was er an ihre stelle setzt,
gibt zu viel grOszem bedenken anlasz.
Pjth. 5, 6 f. alwvoc dKpäv ßaGfiiöuiv diro
CUV eöboEiqi Mcravicceai
stOszt sich Bergk an der, beiläufig gesagt, fehlerhaft von ihm wieder-
gegebenen notierung Böckhs:
>* m^ X^ %i/ *. «^ \^ i» N^ ^
sondert den ersten bacchius ab und verbindet dann den rest der
beiden verse zu einem einzigen groszen verse :
der neu gewonnene vers, das musz man sagen, hat einen melodischen
fall, aber mit welchen mittein kam er zu stände? von den acht Stro-
phen des gedichtes musten nicht weniger als vier in das Prokrustes-
bett gespannt werden, um so gewaltsame Operationen annehmbar
zu machen, bedarf es zwingenderer beweise für die fehlerhaftigkeit
der BOckhschen versteilung. nicht viel weniger gewaltsam sind die
Änderungen, welche Bergk im dienste seines subjectiven wolgefallens
Isthm. 7 ep. 6 und Nem. 6, 35 zur erhaltung neuer verse vorge-
nommen hat.
Von geringer vorsieht zeugt auch die bemerkung Bergks zu
Ol. 9 s. 108 ^veteres magistri str. v. 9 cum v. 10 vinxerunt, ut
periodus trium esset colorum :
hinc in B v. 74 vööv scriptum et v. 103 ceciTOjH^vöv.* also weil
der Schreiber der Yaticanischen hs. das längezeichen über das o von
vööv vor il und von ceciTa^evöv vor oö gesetzt hat, soll folgen
dasz die alten magistri die zwei von Böckh getrennten verse zu einem
einzigen groszen verse verbunden haben ? hat denn Bergk sich nicht
die mühe genommen nachzusehen , wie die verse vor Böckh in den
bss. und ausgaben abgeteilt waren, und hat er nicht die am wege
liegende beobachtung gemacht, dasz in dem cod. B überall da, wo eine
kurze silbe in folge der falschen kolometrie die bedeutung einer länge
haben sollte, über den betreffenden vocal der querstrich zum zeichen
der ausnahmsweise vorkommenden Verlängerung gesetzt ist? wen
sich Bergk noch nachträglich die kleine mühe nehmen wird, so wird
6 WChrist: zu ThBergks neuester bearbeitung des Piadaros.
er es sicher unterlassen , aus der Schreibung vöov und ceoTO/Li^vöv
in cod. B den schlusz zu ziehen, dasz die alten magistri, dh. die byzan-
tinischen metriker noch dreigliedrige verse billigten.
Zum schlusz gebe ich in diesem abschnitt noch eine blumeniese
von den neuen metrischen theorien, die Bergk an verschiedenen
stellen gelegentlich auftischt. Pyth. 1, 35 bieten einige hss. dv Kai
T€X€UT$ statt des einfachen kqI tcXcut^, Bergk tilgt zwar auch im
texte den zusatz £v, bemerkt aber in der note: 'nisi forte poeta
hunc unum versum anacrusi auzit.' man könnte leicht an einen
ironischen gebrauch der partikeln ^nisi forte' denken, wenn die ironie
hier am platze wftre und wenn sich nicht zu jenem ansspruch noch
andere ganz ähnliche gesellten. Ol. 10, 57 beginnt mit dKpdSivo
bieXuiV, was bedenken erregt, weil in den entsprechenden Strophen
das kolon die form hat . j. w ^ w . . statt nun die erste silbe von
dKpöOiva kurz zu messen und anzunehmen, dasz die beginnende
länge des kolon in unserer dritten epode in zwei kürzen aufgelöst
sei, miszt Bergk die erste silbe lang und bemerkt nun: *spondeus in
principio versus cum in hoc carmine idem valeat quod . w ^ ,
poeta substituit semel creticum.' womöglich noch ungeheuerlicher
ist, was wir zu Ol. 2, 76 lesen: ^numeros versus qui ezaequare velit,
poterit äir^pTarov cum Byzantinis magistris pro öirarov scribere;
equidem nihil novavi : poeta cum in reliquis epodis usus sit hoc colo
w _ v/ w ^ ^ ^1 hie substituit ^ ^ y^ ^^ ,^. versiculi figura
variata, non numero mutato.' auch die tempora inania müssen zur
erklärung jener ganz und gar unbegründeten inaequalitas numeri
herhalten in Ol. 6 s. 83 : ^videtur poeta tribushis lods versus figuram
variavisse syllaba brevi subducta et longa soluta, hac ipsa solntione
commode significans inaequalitatem : nam a ^:. C ^^ hie respondet
legitimae formae w ^ v^ •' auch die möglichkeit der responsion
eines dactylus und eines trochaeus wird uns in aussieht gesteUt zu
Pyth. 4, 225: ^neque tamen reticebo itentidem me hanc opinionem
concepisse Pindarum passim . ^^ v^ loco epitriti , qui dici solet,
adhibnisse responsionis inaequalitate admissa.'
Ohe iam satis est! höre ich von rechts und links rufen, und
allerdings können diese proben genügen , um in der perspective zu
sehen, was nicht alles die weit von Bergks Zukunftsmetrik zu er-
warten hat.
HANDSCHKIFTLICHES.
Bekanntlich hat TyMommsen das verdienst einen auserwählten
handschriftlichen apparat zur texteskritik Pindars zusammengetragen
zu haben, zwar hatten sohoQ andere vor ihm, und hatte insbesondere
Böckh zahlreiche hss. benutzt und innerhalb derselben zwischen alten
und jungen, unverfälschten und interpolierten unterschieden, aber
Mommsen gelang es vorzügliche quellen, die den früheren heraus-
gebem entgangen waren — ich erinnere nur an den cod. Ambrosia-
nus A, den cod. Vaticanus B und den cod. Parisiensis G — neu an
WCbriit: XU ThBergks neuester bearbeitang des Pindaros. 7
dai tag08licht zn ziehen, und Mommsen hat eine solche fülle von hss.
vergiklicm nnd die ooliationen mit solcher akribie und gewissen-
baftigkeii wiedergegeben , dasz es jetzt erst möglich wurde das ver-
hiltiiis der TorscUedenen hss. zu einander zu übersehen und die hss.
in Tsncfaiedene classen einzuteilen, jeder freund der Pindarischen
fflnse und jeder heransgeber Pindars musz dieses hohe verdienst
Mommsens dankbar anerkennen, und ich habe nur eine pflicht der
dankbarkeit geübt, wenn ich in der praefatio meiner Pindarausgabe
die cnchlieaxong der besten hss. auf Mommsen zurfickf&hrte und von
Sun in der unterscheidang der hss. ausgieng. Bergk hat seine neue
iiMgabe Mommsen gewidmet, und es ist mir daher doppelt schwer
begrnflich, wie er an meinen werten über Mommsens yerdienst
kemmmlkeln mochte, dasz Mommsen zuerst ('primns docuit
BoeAhiuB , non Monmisenus' Bergk s. V) die alten und die inter-
polierten hss. unterschieden habe, ist von mir nicht gesagt worden,
and dasz Bezgk, weil er die Codices optimos in seiner dritten aus-
gibe ttodi nicht benutzte, nicht benutzen konnte, deshalb 'incuriosum
Deliomm anbaidiomm fuisse', davon steht ebenso wenig etwas in
Boner anagmbe. es wird doch unsere gelehrtenwelt noch nicht von
flokber nerrositftt ergriffen sein , dasz es nicht mehr möglich ist den
embdien thatbestand hinzustellen, ohne gefahr zu laufen die anklage
böswilliger beechnldigung (*si quis me incuset' ebd.) gegen sich er-
beben tu sehen!
Aber bei aller anerkennung der Verdienste Mommsens musz
Bsa doch auf der andern seite bekennen, dasz dieser endlose apparat
dff HammMoaehen ausgaben einen wahren embarras de richesse re-
pffsentiert, nnd dasz es aufgäbe der künftigen herausgeber ist die
*misw zn verringern', um mit Lehrs zu reden , und eine einfachere
gnmdlage dea textea zu gewinnen, das musz auf zwiefachem wege
entnbt werden: einmal gilt es sich zum bewustsein zu bringen, in
velcfaen dingen denn die hss. eine autoritftt beanspruchen können
lud in welchen hin?riederum die lesarten der hss. von nichts weite-
noi als von der Schulweisheit der grammatiker zeugen; sodann
kommt es darauf an durch eine sorgflütige abwSgung des wertes der
eiaadaeahaa. herauszubringen, welche zur zeugschaft über die älteste
Wxtetüberlieferung genügen und welche getrost über bord geworfen
werden können, dasz in dieser beziehung Bergks dritte ausgäbe viel
n wflnsehen übrig lasse, hatte ich in meiner praefatio leise ange-
dflotei; aaeh darüber zeigt sich Bergk, gleichsam als ob er andern
g» akhta mehr zn thun übrig gelassen habe, gewaltig ungehalten;
ich ibcr kann nicht blosz nichts zurücknehmen, sondern musz den
gWchea vorwarf auch gegen die neue vierte bearbeitung und dieses
■al in verachlrfter form aufrecht halten.
In beeng auf die frage, inwieweit den lesarten der hss. ein auto-
Biiftiver wert beizumessen sei, spielt das Verhältnis der alten schrift,
n der PSadar seine gedichte schrieb, zu dem neuen ionischen aipha-
bet, in welcbea später die band des dichtere umgesetzt wurde, eine
8 WCbrist: EU ThBergks neuester bearbeitnng des Pindaros.
wichtige rolle, ich hatte darüber in einem aufsatze 'die ftlteste textes-
ttberlieferang des Pindar' im Philologos XXV 8. 607—636 gehan-
delt, natürlich nicht mit der von Bergk s. 25 f. mir untergeschobenen
Prätention, damit ein Universalheilmittel für alle fragen der Pindari-
schen kritik zu bieten, sondern in der bescheidnem absieht, damit
einen kleinen beitrag zu der erkenntnis des wertes der hsl. Über-
lieferung in einem einzelnen puncto zu liefern und so eine Verein-
fachung des kritischen apparates vorzubereiten. Bergk hat mich bei
zwei gelegenheiten wegen jener abhandlung abgekanzelt, und, wie
ich reuig eingestehe, nicht ganz mit unrecht: er hat nachgevriesen,
dasz schon zuvor von Böckh in der jetzt in den 5n band der ge-
sammelten kleinen Schriften unseres altmeisters aufgenommenen ab-
handlung 'über die kritische behandlung der Pindarischen gedichte'
8. 290 ff. dieser punct eingehend erörtert worden ist , und er hat an
der band der Inschriften gezeigt, dasz Pindar nicht so allgemein den
buchstab E für den diphthong €i gebraucht; haben kann, aber
nicht mehr beistimmen kann ich, wenn Bergk, trotzdem auch er für
Pindar ein umschreiben aus der alten schrift in die jüngere annimt,
einzelne stehengebliebene reste der alten Schreibweise, wie japve^
statt TGtpvciv Ol. 1, 3, KttKatöpoc statt KaxaTÖpouc Ol. 1, 53 aus
lauter respect vor der 'auctoritas antiquorum exemplorum' unange-
tastet liesz. denn welche Wahrscheinlichkeit hat es, dasz der dichter
ohne metrische nötigung statt der sonst allgemein gebrauchten accu-
sativendung -ouc einmid aus besonderer caprioe die kürzere form -oc
gebraucht haben soll? will man denn nie aufhören lieber den autoren
eine Ungereimtheit zuzutrauen als sich von der aberglftubischen Ver-
ehrung der alten manuacripte loszureiszen? ein gleich hartnäckiges
festhalten an der frühem meinung verleitete Bergk die erst von den
byzantinischen grammatikem aufgebrachten formen bouXiac Tinrioc
€upev(()i eöc€ß{ac usw. beizubehalten und den von Mommsenaus den
ftlteren quellen zurückgeführten Schreibweisen bouXe(acTinr€ioc€{>)i€-
veiqi €ÖC€ß€iac die aufnähme zu verweigem. wenn aber Bergk s. 38 f.
zur begrfindung dieses seines widerspraches auf die weltbekannte
Verwechselung von I und El in jüngeren inschriften und handschriften
hinweist und für diese Verwechselung ägyptische papjri citiert, so
streut er damit sich selbst, um nichts schlimmeres zu sagen, sand in
die äugen, denn wie anders als aus der alten Schreibweise 6YMEN6A
ITTTTEOC usw. ist es zu erklären, dasz gerade bei diesen Wörtern,
nicht aber auch bei dem dativen i und der neutralen endung i
sich in den ältesten hss. Pindars €i statt des vermeintlichen i ge-
schrieben findet? ich hätte noch mehrere einzelne stellen anzuführen,
wo sich Bergk in der kritischen behandlung irre führen liesz, weil
er nicht die consequenzen aus dem von ihm selbst angenommenen
principe zog; aber ich will mit solchem detail den leser nicht er-
müden \md statt dessen nur noch darauf hinweisen, dasz der neueste
herausgeber dem setzer viele mühe erspart hätte, wenn er nach
meinem und Mommsens Vorgang das digamma einfach an den be-
WChrist: sa ThBergks neuester bearbeitaag des Pindaros. 9
•
treffenden stellen in den tezt gesetzt bfttte, statt sich über dasselbe
in den noten weitlftufig zu expectorieren. bei einer andern gelegen*
heit ereifert sich Bergk selbst über diejenigen welche nicht ttber
den text des Aristarch hinauszagehen wagen ; hier zeigt er sich in
dem banne derselben engherzigkeit befangen.
Bezüglich der answahl der hss. hatte ich in meiner ausgäbe be-
merkt : *Bergkias Codices neque optimos neqne subtiliter ponderatos
adhibnit.' auch diese worte erregten den zom Bergks, und doch
kann jeder, der von diplomatischer kritik nur die elemente versteht
und sich einmal mit der Ordnung eines kritischen apparates abge-
geben hat, auch bei flüchtiger betrachtung sich von der richtigkeit
meines urteils selbst der neuesten arbeit Bergks gegenüber über-
zeugen, dasz er nicht auf grund der besten hss. den text in der
dritten ausgäbe constituierte , habe ich bereits oben angedeutet; es
war dieses eben für ihn unmöglich, weil erst spSter durch Mommsen
die besten hss. bekannt wurden, dasz er aber auch in der neuesten
ausgäbe den wert der einzelnen hss. nicht sorgfältig abgewogen hat,
das zu erkennen genügt ein blick in die einleitung s. 34 — 37 und
44 — 46. Bergk begnügt sich damit, die besseren hss. von A bis A
einfach aufzuzfthlen ; ohne irgendwie zwischen hss. des zwölften und
fünfzehnten jh. zu unterscheiden, ja ohne es auch nur der mühe wert
zu halten, über das alter wenigstens der besten hss. eine bemerkung
zu machen, da so nicht einmal die äuszerliohsten merkmale der hss.
angegeben sind , so wird man sich nicht wundem , wenn von einer
Classification derselben nichts zu finden ist ; aber bezeichnend ist es
für den wissenschaftlichen standpunct des herausgebers, wenn er
8. 36 in einer note bemerkt: ^codicum veterum stirpes persequi et
illustrare, quamvis non infructuosum sit, neque huius est loci neque
hominis negotiosi.' aber wenn dem vielbeschäftigten manne auch
nicht die musze vergönnt war die ganze Untersuchung von vorn auf*
zunehmen, so hätte er sich doch wenigstens die mühe nehmen können,
die resultate der forschungen seines freundes Mommsen zu prüfen
und für seine ausgäbe zu verwerten, so ist der kritische apparat der
neuesten ausgäbe Bergks, in dem hss. des zwölften und fünfzehnten
jh. als gleichwertig nebeneinander stehen, ganz unbrauchbar und nur
geeignet diejenigen, welche keine tieferen Studien in der kritik Pin-
dars gemacht haben, in die irre zu führen, die hss. des Triklinios
und Moschopulos zwar hat Bergk von den anderen ausgeschieden,
aber im übrigen steht er ganz auf dem veralteten standpunct jener,
welche die hss. zählen statt sie zu wägen.
Wenn ich indes oben die benutzung der forschungen Mommsens
vermiszte, so soll damit nicht gesagt sein, dasz man sich bei den-
selben schon beruhigen dürfe, nein, durch eine genauere Unter-
suchung kann der apparat noch ganz wesentlich vereinfacht werden,
und es wäre eine würdige aufgäbe für einen jungen philologen , die
Sache aufs kom zu nehmen und einer sichern entscheidung zuzu-
führen, freilich wird er sich bei der Untersuchung nicht ganz auf
10 WChrist: EU ThBergks neneater bearbeitung des Pindaros.
MommsenB angaben verlassen können : denn einigemal scheint der-
selbe die siglen £ and F verwechselt zu haben, nnd Öfter hat er
selber angedeutet dasz er ftlr die richtigkeit seiner angaben nicht
einstehen könne, ich habe mir zum behaf der revision meiner kleinen
teztesausgabe den notwendigsten apparat zusammengedtellt and bin
dabei za der fiberzeugnng gekommen, dasz man mit C (cod. Parisien-
sis), A (cod. Ambrosianas), B (cod. Vaticanas) and D (cod. Medioeas)
ausreicht, and dasz an den wenigen stellen, wo die nftchstbesten hss.
£ (cod. Mediceos, vgl* Pjth. 4, 79), F (cod. Mediceas, vgl. inscr.
01.9), P (cod. Palatinus, vgl. Pjth. 4, 195 und 235. 9, 38 und 113.
10, 27), 0 (cod. Gottingensis, vgl. P. 9, 113) und V (cod. Parisien-
siSy vgl. P. 9, 6. N. 3, 39) eine gute lesart bieten, die in den ältesten
äueUen nicht bezeugt ist, der verdacht nahe liegt, dasz dieselbe
en schollen oder dem köpfe eines grammatikers ihren Ursprung
verdanke.
KRITISCHES.
Wir kommen zu dem gebiete, in dem anerkanntermaszen die
etftrke Bergks beruht, zur conjecturalkritik. die liebenswürdigen
epitheta, mit denen mich Bergk beehrt hat, sollen mich nicht hindern
offen die glänzenden beweise des Scharfsinns anzuerkennen, mit denen
derselbe auch in dieser neuesten ausgäbe die kritik und das Verständ-
nis des groszen dichters gefördert hat. da schon so viele gelehrte
ersten ranges sich mit der Verbesserung und erklftrung des schwie-
rigen autors beschäftigt haben und in neuester zeit keine neuen hilfs-
mittel von erheblicher bedeutung hinzugekommen sind^ so musz man
geradezu staunen , wie nichtsdestoweniger die von mir stets neidlos
anerkannte 'summa ingenii felidtas Bergkii' ein halbes dutzend
neuer emendationes palmariae und ein paar dutzend glücklicher ein-
falle in dieser neuesten bearbeitung zu bieten im stände war. da'
ich aber dieses mal keine neigung habe einen panegyricos zu schrei*
ben, vielmehr mich dem Vorwurf der *obtrectatio' gegenüber zunächst
meiner ehrlichen haut wehren musz, so wollen wir doch auch die
Schattenseiten der kritischen methode Bergks ein wenig an das licht
ziehen, es sind aber drei dinge, denen eine besonnene forschung ost-
gegentreten musz: einmal dasz Bergk auch da, wo ein ein&cher weg
der emendation offen liegt und bereits gefunden ist, sich in dem
auskramen neuer fiadenscheiniger Vermutungen gefällt, sodann dasz
er viel zu rasch bei der band ist irgend einen blendenden einfall in
den text aufzunehmen, endlich dasz er neben einigen glücklichen
emendationen eine ungleich gröszere zahl schlechter und verkehrter
coi^jecturen gemacht hat. damit aber Bergk nicht wiederum sage:
*8olet Christius ex aliorum obtrectatione sibi laudem parere , nihil
eurans, verene an falso sodos operis culpet', so will ich das gesagte
an ein paar einleuchtenden beispielen erläutern.
Ol. 1 , 40 ist überliefert : ckb* dvria npoT^puiv «pO^T^OMai . .
TOT ' 'AtXaoTpiaivav dtpirdtcai öa^^vra qpp^vac Ifi^pui xpuc^atciv dv '
WCliritt: 2U ThBergkB neuester bearbeitung des Pindaros. II
tTTirotc SiroTOV cupuriMOu ttotI ödifia Aiöc MCTaßäcai. an der rieh-
tigkeit der überlieferten worte braucht man nicht ganz zu verzwei-
f^ , wenn man nur den zweiten infinitiT von dem ersten abhttngig
sein Iftszt und dann ttbersetzt: *der dreizackführer Poseidon hat den
knaben geraubt^ um ihn zum hohen hause des 2ieus hinttberzuführen:'
hSlt man aber diese construction fOr zu hart, so ist das einfachste
mittel der emendation, mit ßchmid ein T€ einzuschieben und zu
sehreiben xpuc^aici t ' äv' Tiriroic. fUr einen kritiker ohne Schrullen
und Yorurteil besteht nur die auswahl Z¥rischen diesen beiden wegen,
was thut aber Bergk? er schreibt: *mihi vero pro peraßäcai potius
^eroßdcavT" vel etiam peraßdcaic videtur scribendum esse, ut poeta
anacoluthia usus nominandi casum post accusativum intulerit.' also
um ja nicht den einfachen weg zu gehen, mutet Bergk dem dichter
zu entweder einen unerhörten yerstosz gegen die sprachliche richtig-
keit begangen zu haben, oder von den metrischen gesetzen abge-
wichen zu sein, denn dasz sich Pindar am ende eines verses einen
^ostroph erlaubt habe, ist mindestens so zweifelhaft, dasz man nicht
die zweifelhaften flftUe durch eine schlechte conjectur vermehren darf.
Ol. 13, 99: die zahlreichen siege der Oligaithiden in Nemea
und auf dem Isthmos faszt der dichter mit den werten zusammen :
dXaO/jc T^ fioi ßopKOC iiticcerai äTiKOvrdKi öf| ä^cpoT^puiOev
dbiir^UKCOC ßod KdptiKOC ickov. an dem worte ^opKOC nahmen
schon die alten anstosz, wie uns der scholiast mit den werten be-
sangt: ibiuic fqpii HopKOC f| dvTtopKOC. ktthner waren die neueren,
Ton denen Härtung dvOöpKioc fccerai, Bossler €uöpKt(j ^Tr^ccerai
vorschlug, beide conjecturen geben einen erträglichen sinn, ent-
fernen sich aber zu weit von den schriftzeichen der hss. diesen fehler
hat mit ihnen der verschlag Bergks gemein , ohne ihre Vorzüge zu
teilen: denn was das von B. sogar in den text aufgenommene elc
6pK0C £iT^cc€Tai bedeuten soll, wird nicht leicht einer errathen,
selbst wenn er die erklärende bemerkung des hg. «öpKOC hie testis
est iuris iurandi» gelesen hat. ich glaube dasz hier die band des
dichtere einfach durch die änderung des Spiritus herzustellen ist, in-
dem SopKOC ßod nach der analogie von sexcenti so viel bedeutet wie
'ein durch viele eide bekräftigter ausruf ; denn auch das nachfolgende
iBr\KOVT&K\ ist sicher nicht im wörtlichen sinne zu nehmen , sondern
deutet nur an , dasz sehr oft die stimme des heroldes in Nemea und
auf dem Isthmos den sieg der Oligaithiden verktlndet hat.
Pyth. 5, 34 heiszt es von den des^ gotte geweihten wagenteilen
des Siegers Arkesilas: dXXd Kp^^aTQi öiröca x^pi^^pdv t€ktövu)V
baibaX* drujv Kpicmov Xöqpov diiieiipev iv KOiXÖTreöov vdiroc BeoO.
die worte sind, wie vieles in dieser dunklen ode, auf schrauben ge-
stellt, geben aber doch einen verständlichen sinn, wenn man, wie
bisher so viel ich sehe alle gethan, ^v KOiXöirebov vdiroc OeoG mit
d^€i^i€V verbindet : der wagenlenker war an dem hügel von Krisa
vorbei in die thalebene und rennbahn des gottes gezogen. Bergks
einfall iv vdiroc mit xp^^arai zu verbinden und demnach das über-
12 WCbrist: zu ThBergks neuester bearbeitung des PindaroB.
lieferte 6€oC in Oeifi za oorrigieren ist von vom herein unglücklich,
aber bodenlos ist der versnch die neue constmction Kp^^orrai dv
vdTroc durch den hinweis auf Herod. V 77 t&c b€ ndbac aönliv
dvCKp^fiacav ic Tf|V dKpöiroXiv zu yerteidigen, als ob das active
dvCKp^^acav identisch sei mit dem intransitiven Kp^^aTat, oder als
ob bei Pindar nicht blosz iv für tc stehe, sondern auch in der be-
deutung von ic mit dem accusativ constraiert werde, aber in der
behandlung der ganzen ode hatte Bergk einen bösen stem, ^irie gleich
die nftchsten verse zeigen, deren verballhomung der leser bei ihm
selber nachsehen möge.
Pyth. 9, 123 lesen wir jetzt bei Bergk am Schlüsse des sieges-
liedes nach der erzfthlung vom siege des Aleiidamos bei den liby-
schen nomaden :
iToXXä ^iv K€(vqj Mkov
<puXX' im Ktti cT€<pävouc*
iToXXd bt. TTpöcBev irTcpa b&axo Nixac.
als ich den satz in dieser form las , stiesz ich mich sofort an dem
pronomen xcivui, da mit ihm der doch deutlich durch ixky . . bi von
dem dichter angedeutete gegensatz völlig verwischt schien, ich sehe
in die noten und finde dort mein altes KCivoi als lesart der besten
hss. wieder, ich schlage in den scholien nach, um zu sehen, ob denn
der einfache gedanke 'jene Libyer haben ihm krftnze zugeworfen,
und oft schon zuvor wurde er bei anderen siegen bekrftnzt' etwa von
den alten grammatikem verkannt worden sei. aber bei dem alten
paraphrasten heiszt es ganz richtig: iroXXd bk <puXXa Kai CTe<pdvouc
o\ TTcpl atirröv dcTuiTec fppmTov , iroXXd bk Trrepd vfaciic Ka\ rrpö
TOö dtilivoc £Xa߀, tout^cti itoXXouc kqI dXXouc dTfXivac £v(icnc6.
auch die neueren hgg. und erklftrer fassen sämtlich, soviel ich über-
sehen kann, die sache richtig, Bergk scheint also ganz proprio Harte
das überlieiferte K€ivoi ausgestochen zu haben.
Nem. 7, 37 Kkovto b' eic 'EqpOpav itXaTXO^vrec ist durch einen
metrischen fehler entstellt, da das versmasz am schlösse einen bac-
chius verlangt. Bergk hatte deshalb in den früheren ausgaben die
Verbesserung TrXdviiT€C vorgeschlagen, und da so leicht das über-
lieferte irXoTXOdvTCC als glosse zu dem ursprünglichen TrXdvt)T€C in
den tezt gerathen konnte, so habe ich kein bedenken getragen jenes
irXdvTiTec in meiner ausgäbe wiederherzustellen, aber die kritik
darf nicht zur ruhe kommen, wenn dabei auch das wahrschein-
lichere von dem minder wahrscheinlichen verdrSngt wird, und
Bergk schrieb daher in der neuesten ausgäbe Tkovto b' eic 'Cq)öpav
nXdvaiciv.
Isthm. 4, 51 (3, 69) wird von dem sieger im pankration Melissos
gerühmt :
dXX* övoTöc fi^v ib^cOai,
cuMireceiv b ' dx^^ (aixM^ hss.) ßapuc.
ich führe diese stelle an, weil hier allgemein eine gefällige Ver-
mutung Pauws die überlieferte lesart der hss. verdrängt hat. und
WChmt: zu ThBexgks neuester bearbeitung des Pindaros. 13
doch wttrde ich in einer neuen ausgäbe jenes dK^ql nicht mehr in den
text aufiiehmen, nachdem ich erkannt habe dasz Aischylos Agam.
483 TuvaiKÖc aixMqi irp^Trei das überlieferte aixpi& in ganz ähnlicher
weise Ton dem jSJien dreinfahren einer mutigen seele gebraucht hat.
Nem* 7, 20 schrieb ich nach einer treffenden emendation Wie-
selers: d(pv€Öc irevixpöc t€ OavdTOu irepac fi^a (irapd cfi^a hss.)
V^OVTCn. die änderung ist eine anszerordentlich leichte, da bei der
aaflOsung der scriptura conünua TT6PACAMA nur das C fälschlich
mm folgenden werte herübergezogen zu werden brauchte, um dann
die weitere änderung des sinnlosen ir^pa in irapd zu veranlassen.
Bergk findet hier ein zeugnis für die alte form cdfua »» djna und
sehreibt dann mit weit gewaltsamerer änderung OavdTOU iröpov
cd^a v^ovrm. also das d^a, welches ebenso wie alle seine derivata
bereits bei Homer jede spur seines anlautenden c verloren hatte, soll
bei dem Boioter Pindaros wieder zu seinem Zischlaute gekommen sein !
welche sprachliche Ungeheuerlichkeit steckt in dieser hypothese
gegenüber der thatsache, dasz die anlautende sibilans schon vor der
seheidung des griechischen in seine dialekte in einen bloszen hauch
sich verflüchtigt hat! eine solche erscheinung kann doch nicht ganz
aUein stehen, jenes boiotische cd^a müste doch seine analogien
haben, doch halt ! Bergk führt ja ein analogen an mit den werten
'cf. Hesych. Ca^ivd, Oainivd, cuvextüC AdKUJV€C.' also weil die
Lakonen, welche bekanntlich regehnäszig die aspirata 8 in die
Spirans c verflüchtigten, cafnivd für Oa^ivd sagten, darum ist es er-
laubt, dem Pindar ein cdfua zuzuschreiben und dieses für die ältere
form zu erklären, aus der 6d)bia und &\ia entstanden isti hinweg
mit diesen nugae hariolorum !
Ich hätte auszer dem metrischen, bandschriftlichen, kritischen
noch gar manches zu besprechen, namentlich auch noch über die
Chronologie der Pindarischen öden mit Bergk zu rechten ; aber ich
übergehe dieses für dieses mal, um scblieszlich noch eine ebrenseite
in unserm litterarischen kämpfe zu berühren. Bergk beklagt sich
bei jeder gelegenheit über die anfeindungen, welche sich die pbilo-
logen gegen ihn erlaubten; aber für sich nimt er bekanntlich das
recht in anspruch, streng über die fehler anderer zu geriebt zu sitzen
und bald über diesen bald über jenen herzufallen, gut: das recht
soll er haben; es kommt damit leben in die philologische forschung;
aber hüten soll er sich seine gedanken so auszudrücken, dasz der
pfeil gegen seine eigene brüst zurückschnellt. Ol. 6, 97 lasen bisher
alle hgg. anstandslos XOpai jLioXiTai re TiVüüCKOVTi , ohne zu ahnen
dasz die alten grammatiker, deren zeugnis älter als das unserer hss.
ist, etwas anderes lasen, erst Lebrs Tindarscholien' s. 10 hat ge-
sehen dasz der alte parapbrast irvoai las, wenn er auch irrig eine
spur jenes Tivoai in der Variante des cod. G TToXXat statt jUcXirai er-
blickte. Bergk erkannte richtiger in rrvoat eine Variante zu XOpai,
und spricht nun so, als ob er erst jene lesart aus den scholien eruiert
14 WChrist: zu TfaBergks neuester bearbeitang des Pindaros.
habe, während Lehrs^ dem doch der löwenanieü gebohrte, statt der
rühmenden erwfthnung einen scharfen verweis erbftlt. Pyth, 6, 50
sachte ich die stark verderbte fiberlieferang öpYCxTc irdcaic öc
iTnreCav &obov durch die conjectur öpT^c 6c lirireiäv ^cöbuiv zu
heilen. Bergk erwähnt dieselbe, fügt aber hinzn : 'qaod iam antea
MSchmidt proposuit.' das sieht aus, als ob ich mir fremdes eigen-
tum angeeignet habe; aber das buch von MSchmidt ist in demselben
jähre wie meine ausgäbe erschienen und, wie die gepflogenen recher-
chen nachweisen, mehrere wochen später hier eingetroffen, ich ver-
bitte mir daher solche ehrenrührige Verdächtigungen. Isthm, 4, 36
hatte ich in meiner ausgäbe geschrieben )üiO)biq>dv ^x^v (ix€i vulgo)
iraibecciv *£XXdvuiv, Bergk bessert weiter Ix' ^v iraib€cci, ohne
seinen Vorgänger der erwähnung wert zu halten.- zu Nem. 7, 90 ff.
Iv Tiv K* tdikoi . . 6ÖTUXUIC vai€iv TTaTpl CuiT^viic äToXöv dfA<p^-
TTuiv 6u)bi6v trpOTÖvuJV iuicrrj^ova 2Ia6^av dtuiäv lautet die alte
Periphrase: ö CuiT^vric €iiTUXtüC ßoiiXoiTO bia2[f)v Tf|v biicafav toO
naTp6c auTOÖ Oepatreuuiv Miuxf|v xal rdiv irpOTÖvuAf Tf)V bcictv ical
irXouciav öböv, dirö koivoO dMq>^iTUJV. daraus hatte ich, was andern
entgangen war, geschlossen, dasz dem scholiasten ein t€ nach trpo-
TÖVUJV müsse vorgelegen haben, und demnach in meiner ausgäbe ge-
schrieben: *npoTÖvu)V t' scholiasta legisse videtur.' Bergk schreibt,
ohne meiner zu gedenken, mit einem ein wenig verschiedenen Wort-
laut: *paraphr. irpOTÖvuJV t* videtur repperisse.' nun ist es ja sehr
leicht möglich, dasz Bergk bei wiederholter prüfang auf denselben
gedanken wie ich gekommen ist, aber sonst, wenn er auf dasjenige,
was ein anderer vor ihm aufgestellt hatte, später selbst gestossen
ist, pflegt er doch wenigstens anzumerken: 'mihi quoque in mentem
venit.' nach meinem und anderer leute geschmack ist zwar jener
selbstgefällige zusatz höchst überflüssig; aber jedenfalls kann man
von dem , der andern so scharf auf die finger sieht , verlangen dass
auch er in seinen angaben genau und vollständig sei. hätte übrigens
Bergk mir nur die berechtigung abgesprochen im Pindar und in
deiyenigen gebieten, die er in erbpacht genommen hat, ein wort
mitzureden, so hätte ich geschwiegen und getrost unbeteiligten
dritten das urteil überlassen; so aber, da er mir den Vorwurf der
^malevola obtrectatio' und 'levitas' entgegengeschleudert hat, sah
ich mich genötigt selbst in die schranken zu treten und rückhaltlos
die irrwege und Prätentionen des lammfrommen 'socius operis' anf*
znzeichnen.
MOnohen. Wilhelm Christ.
ADOnng: xn Horatias und Platon. 15
ZU HOEATIUS UND PLATON.
Die aatitliese nom avium ardarprava tu^en^tMiii, nan vcUtu in-
äamüs ijframm bei Horaüua am». IQ 8, 2 f. soheint bisher noch
knea imter den aaelegem erheblich beanmhigt zu haben, und
doch ist ne in dem einen wie in dem andern ihrer teile für den
fiehter des Angnetiachen Zeitalters befremdlich und unerklftrlich,
vsnn wir ▼oranssetaen wollten , dasz es sich hier um eine selbstftn-
diga gedAnkeneneogiing ans ^em gosz, und nicht vielmehr um die
nesaikariige Terwendnng von anspielungen handelte^ die dem
fin^gabüdeten leser jener seit, als in dem allgemeinen be wustsein
dar gebildeten g^genwirtig, ohne weiteres als solche kenntlich ge-
wsM wftre. auf diese seite der Horaaischen dichtung« auf die er
aslbat in der Teigleiohung mit der matinischen biene so deutlich hin-
weist, wird die aoslegnng, die ab. die Tortreffliche, durch Ecksteins
▼frdienat uns ingSnglich gemachte arbeit Ton Theodor Arnold *über
die grieduschen stndien des Horaz' (Halle 1855. 56) wol kaum ge-
■fignid beaehtet und ausgebeutet hat, noch viel mehr ihr augenmerk
nddeii mflsaen.
Im Torliegenden fidle Iftszt uns aber auch Arnold, trotz seines
sbeebsitts Aber Hör. Studium des Platon (ao. abt 11 s. 28 ff.), völlig
xm. stidi. und doch ist es eine der bekanntesten, berühmtesten stel-
ka der auf schulen am meisten gelesenen Platonischen schrift, die
bar dem dichter vorgeschwebt hat
Im 20n capitel der apologie will Sokrates seinen richtem
aas tbataaehen und eigenen erlebnissen die Überzeugung beibringen,
dMs er niemala irgend jemandem geffen das recht aus todesfurcht
sich aaehgibig zeigen wflrde, dasz aber eben diese unnachgibig-
kcit bei der beieiligang am öffentlichen leben ihm notwendig den
mtefgaag bereiten müsse, den zweiten teil dieses satzes konnte Hör.
Uv sieht branchea; der erste entspricht genau dem vir iuatua ei
ttnaxpropoBttL
Zorn beweise erzfthlt er znnftchst die geschichte von seiner pry-
taaie bei den process der Arginusenfeldhemi, wo, wie er sagt, er
aDaiB von den prytaaen der volksversamlung widersprach, sie solle
aichta gegen daa gesets thun, und obschon die redner bereit waren
ihn antnklagen und zu verhaften und die menge dies mit geschrei
tederte (ttd ä^uiv xeXcuövTuiv %a\ ßodiVTuiv — dvium ardarprava
i), meinte, lieber im einklang mit gesetz und recht sidi der
gebhr aussetzen zu müssen, als aas furcht vor gefangen-
Mhaft oder tod es mit dem ungerechtes beechliessenden volke zu
*Dies war,' fUirt er fort *aLs die Stadt noch die demokratische
hatte; als aber die Oligarchie eingerichtet wurde, da
die dreiazig (der ausdruck tdreissig tyrannen» war zu
16 ERobde: zum giiechiBcben roman.
Piatons zeit noch nicht üblich , wol aber zu Hon zeit) mich holen'
usw. er sollte mit vier andern die polizei spielen und in Salamis
den Leon yerhaften, damit derselbe hingerichtet würde, er habe in
diesem falle durch die that gezeigt, dasz er sich; aus dem tode
auch nicht so viel mache, daraus aber, nichts ungerechtes
und gewissenloses zu thun, alles, die vier giengen hin und
brachten den Leon, Sokrates aber gieng von dannen nach hause:
non vciUus instantis i^anni meiüe quatU soUda.
Ich glaube, durch vorstehendes ist die antithese unserer strophe
sowol in ihren beiden teilen als auch in der Zusammenfassung der-
selben zu einer einheit, die eben unser capitel vollzieht, völlig be-
friedigend erklärt, zugleich musz uns eine der berühmtesten stellen
der Horazischen dichtung durch diese unerwartete geschichtliehe
besiehung ein ganz neues licht gewinnen; sie musz uns doppelt
theuer werden , nachdem sich als ihr vorbild Sokrates erwiesen hat
und nachdem wir sie erkannt haben als ein leuchtendes ehrendenk-
mal ftlr den reinsten Charakter des dassischen altertums.
Dortmund. August Döring.
3.
ZUM GRIECHISCHEN ROMAN.
I. Was über die persönlidien Verhältnisse des romansohreibers
lamblichos FRühl in diesen jahrb. 1878 s. 317 ff. vorgetragen hat,
kann ich mir leider nicht aneign^. ich setze den stand der frage
nach Bühls und meinen eignen (gr. roman s. 362) erOrterungen als
bekannt voraus und bezeichne nur kurz die puncto, in deinen ich
durch Rühl nicht überzeugt worden bin. 1) auch wenn des Suidas
diTÖ botiXuiv f\y bedeutet 'ex Servitute manumissus, libertus erat',
so liegt darin noch nicht dasz lamblichos erst im kriege zum sklaven
gemacht worden sei; die werte können ebensowol ausdrücken dasz
er von geburt sklave gewesen sei. 2) dasz lamblichos 'eine zeit
lang in Sklaverei verfallen sei', vermag ich aus den werten des
scholioos zu Photios alxjiiaXumc6f)vai b^ töv BapuXibviov . . kqI
irpaOfivai Ctipov t&nö ruiv Xaq>upoiTUiXiiiv nicht herauszulesen. Bflhl
versteht unter dem COpoc den lamblichos selbst aber es lag kein
grund vor, den lamblichos gleich dem Babylonier, dessen name
nicht genannt war, nur nach seinem vaterlande zu bezeichnen; es
vrird auch nicht möglich sein, wenn zwischen dem Babylonier
und dem cTvai bi toutov des nächsten satzes ein anderer als der
Babylonier genannt war, dieses toötov (wie doch sachlich notwen-
dig ist) auf den Babylonier zu beziehen, vor allem aber ist es gram-
matisch schwerlich zulässig, den ganz bestimmten Syrer lamblichos
mit einem solchen Cupov ohne artikel zu bezeichnen, der verfissaer
des scholion, der ja sonst ganz leidlieh sich ausdrückt, hätte min-
ERohde: zum griechischen roman. 17
dnlens aagen mflssen: Trpa6f)vai bt (Kai) töv Cupov. denn wie
laln aoefa das kqi trpaOfivai wftre, leuchtet ein. 3) mit der aussage
dcsPhotioB (8. 75^, 27) X^T€i bk kqI dauTÖv BoßuXuiviov eTvai ö
CVTTP09€UC ist keinesfalls gegen den viel bestimmtem bericht des
Mbohon zu operieren , wonadi lamblichos sich vielmehr einen Syrer
TOB gebnrt nannte, da demnach Photios jedenfalls die eigene aassage
des lambliefaoe nur ungenau wiedergibt, so sehe ich keine veranlas-
aoog ans seinem BoßuXiAivioc lieber einen aufenthalt in Babylon als
eine bildang nun gelehrten Babylonier herauszulesen. — Sind so-
■it RahU dentongen nicht zulässig, so ist kein anlasz zu der skepsis
gegeben, mit wacher die von mir betonten chronologischen gründe
ftr meine auflaseung zwar zagegeben, dem lamblichos aber in
sciaem angeblich ^chwindelhaftoi berichte nicht die fthigkeit zu
eüwr iolehen einfachen chronologischen berechnung zugetraut wird,
es liegt wenigatens kein grnnd vor zu glauben, dasz lamblichos,
wean er dmin echwindelte, nicht mit einiger methode geschwindelt
habe. — Auch die artige deutung jenes rftthsels von dem verbor-
gcaen und durch die inschrift eines löwenbildes angedeuteten gold-
«datie, welche BOhl s. 319 vorbringt, kann ich mir nicht zu nutze
osdien. gerade das von EOhl angezogene buch Kopps lehrt (und
ffir philologiecb geflbte leser noch viel deutlicher als der vf. selbst
bttüiehtigt hat), dasz von alchemistischen thorheiten kaum auch
aar im f&nften jh. irgend eine ahnung sich geregt hat: wie sollte
■SB deigleiohen bei dem Zeitgenossen der Antonine, lamblichos,
iVButea dflrf«!? die 'lo^ißXixou iroiiicic alchemistischen inhalts
nag viel eher an den Neuplatoniker lamblichos, diesen erzphan-
taitea und hauptmagus, erinnern wollen, bei Btthls deutung er-
biilt fibrigens audi gar nicht, wie so denn der schätz Tf)c cttjXiic Tifi
(«iTpämiaTi bezeichnet sei.
U. Ton Antonios Diogenes berichtet Photios bibl. s. 114*
^ : X^€i bt iaxnöv ÖTi noifiTi'ic tcn xw^ifibfac naXaific. mit die-
Mr wörtlich genommen allzu ungereimten nachricht habe ich mich
meiaaBderznaeizen gesucht gr. roman s. 251 anm. 2. statt der dort
gmebenen deutung ziehe ich jetzt vor an eine Verwechselung von
voii|Ti<)C und uirOKptTHCzu denken, so gut wie aus einem rpatHi-
Mc oiehrfeeh durfth misverstftndnis ein TroiiTrf|C Tporriybiac gemacht
Verden iat (vgl. ASchaefer Demosthenes u. s. z. I s. 218 anm. 4),
kaute Phottoe glauben in dem Antonios nicht einen öiroxpiTil^c son-
ö«a einen woinT^C Kui^ifibiac noXaiäc vor sich zu haben, wenn die-
Kr lieh selbst etwa genannt hatte einen KUifülipböc iroXaiäc KW^qj-
binc, wie ein solcher auf der inschrift aus Thespiai CIO. 1585, 24
«vllmt geweeen zu sein scheint Antonios wftre demnach in wahr-
est siebte anderea gewesen als öiTOKpiTJ|c dpxaiac KU)^(}ibiac,
gitick jenem Aristomenes aus Athen, von dem Athenaios III 116*^
V>At.
TGbibobm. Erwin Bohob.
ftr cUw. phflol. IST» hfl. 1. 3
18 CWachBmath: der staadort des ehernen viergespannfi
4.
DER STANDORT DES EHERNEN VIERGESPANNS AUF DER
AKROPOLIS VON ATHEN,
Eine scharfe bezeichnang der stelle der borg, an welcher das aus
dem boiotischen und chalkidischen beutecehnten von den Athenern
errichtete Viergespann stand, enthalten nur die worte Herodots V 77 :
Ti&v Xurpuiv Tf|v b€xdTiiv dv^OiiKav trotncÖMCVOi T^Opiirirov x^*
K€OV * t6 bi dpiCT€pf)c xc>pö<^ lcniK€ irpdiTov iciövn 4c j& irpoinj-
Xma T& iv TlJ dKpotröXi. hier hatten bisher, wie in stillschweigen-
dem einverstftndnis^ archäologen, topographen und selbst der edi-
tor und interpret Bahr noch in der zweiten aufläge seiner ausgäbe
übersetzt: ^wenn man durch die propyltten in «Ue bürg eintritt/
zweierlei bemerkte ich hierzu mit der kürze, die mir ja, woUte ich
mein buch nicht ganz ins ungemessene anschwellen, oberstes gebot
sein mäste, aber nach reiflicher ttberlegung, 'stadt Athen' I s. 160
anm. 2: erstens, diesen sinn können die worte nicht haben, zweitens»
der einzig mögliche *wenn man in die propyltten eintritt, stOszt man
zuerst auf das Viergespann* enthftlt eine sachliche Unmöglichkeit,
weil dann die mttchtige quadriga in dem doch eben zum durchgang*
bestimmten propylttengebftude gestanden haben müste. aus diesen
beiden prttmissen ergab sich mir der schlusz, die stelle sei verdorben,
und die Vermutung, es sei ^lövn Td trpotnjXaia zu schreiben.
Auch jetzt, nachdem Ton fünf verschiedenen selten Über diese
wichtige stelle geschrieben worden ist, weisz ich noch nichts anderes
über sie zu sagen , obwol ja meine conjectur selbst leicht durch eine
bessere ersetzt werden mag, und sollte also eigentlich wol schweigen,
allein so wenig ich gesonnen bin mich auf eine polemik gegen ab*
weichende ansichten, die gegen einzelne puncto meines buebes in der
Zwischenzeit aufgestellt sind, einzulassen — material genug wftre
dazu vorhanden — so möge es mir ausnahmsweise einmal verstattet
sein, an dieser stelle die ansichten meiner gegner nun meinerseits
zu beleuchten, gerade an dieser deshalb, weil niemand mir hier bei*
gestimmt hat, wol aber die frage auf das methodologische gebiet
hinübergespielt worden ist.
Zum behuf der concordanz mit Pausanias (I 28, 2) iSszt mich
RSchöll in der Jenaer LZ. 1875 s. 686 die ttnderang der Herodot-
stelle vornehmen, mit yerlaub: absichtlich hatte ich, um mein urteil
nicht prftoecupieren zu lassen, den gang der periegese des Pausanias
ganz bei seite gelassen, hatte mich lediglich an worte und sinn der
Herodotstelle gehalten and würde mich sehr leicht zu trösten wissen,
falls sich herausstellen sollte, dasz Pausanias hier gegen seine sonst
so streng festgehaltene topographische me^ode, die kürzlich Michaelis
' weDO CartioB am gleich aDEu führenden orte a. 64 die ftndening,
die ich vorschlug, auch Viacher luachreibt, ao herab t daa auf einem
versehe n.
auf der akropolis toh Atiien. 19
(mitt. d. inst. II 8. 95) wieder mit gutem gründe betont hat, ver-
stiesz: denn die I 28, 2 yoraasgeschickte phrase X^^P^^ ^ fi ^ca
KOT^XeSa iSazt an sich ein abweichen yon seinem princip örtlicher
reihenfolge zu. also die mir untergeschobene absieht oder geheime
triebfeder bestand nicht.
Aber eben die stelle Herodots selbst und an sich betrachtet
schien mir den doppelten oben bezeichneten anstosz zu bieten.
Ich spreche von dem zweiten anstosz zuerst, diesen haben
BuTsian im litt, centralblatt 1875 sp. 1080 und Weizsäcker in der
arch. Zeitung XXXm (1875) s. 46 fQr nichtig erklSrt, indem beide
annehmen, die quadriga habe in den propjläen selbst gestanden, und
zwar setzt sie Bursian in die westliche, Weizsäcker in die östliche
halle, ich kann mich hier begnügen auf das hinzuweisen, was von
Cnrtins in der arch. zeitung X X X ÜI s. 54 und Michaelis ao. s. 1)6 f.
in billigung meiner anschauung ausgeführt ist. für die osthalle hat
letzterer mit zielen bewiesen, dasz das Viergespann keinen platz
hatte; in bezug auf die westhalle, in deren nördlichem teil es (wegen
des äpiCTepfic) gestanden haben müste, iSszt sich noch hinzufügen,
dasz Pausanias, um zur pinakothek zu gelangen, hier durchpassiert
war, also ein übergehen und erst nachträgliches erwähnen des ge-
waltigen anathems ganz undenkbar ist.
Aber gegen den ersten punct hat sich Curtius ao. mit groszer
entscbiedenheit erklärt, und Michaelis, der sonst materiell mit meiner
ansetzung Übereinkommt^ findet s. 97t2nd 98, dasz er das 'mit vollem
rechte' gethan habe; auch RSchöIl ao. hat die ganze auseinander-
Setzung von Curtius ohne das leiseste wort eines bedenkens adoptiert :
grund genug für mich zu ernstlicher prüfung. .
Nach der futurbedeutung von cTfii, welche bekanntlich im par-
ticipium besonders kräftig hervortrete, könne — so äuszert sich
Curtius — iciövTi ic xd TrpoTTuXaia nur heiszen *wenn man im
begriff ist in die propjläen einzutreten', mithin 'unmittelbar vor
den propjläen' und ebenso würde ^SiövTi nur heiszen 'vor dem
austritt', er knüpft daran die generelle bemerkung: 'will man die
geringe zahl der stellen, in denen antike localitäten ausführlicher
beschrieben sind , richtig verwerten , so ist genaue beobachtung des
Sprachgebrauchs die erste bedingung.'
Yon der richtigkeit dieses allgemeinen grundsatzes kann nie-
mand lebhafter überzeugt sein als ich , und ich habe auch in diesem
falle mich nach kräften bemüht den anforderungen, die er stellt, ge-
recht zu werden, aber das resultat der nachforschungen und Über-
legungen, die ich, bevor ich jene bemerkungen schrieb , angestellt
und die ich jetzt nochmals unbefangen nachgeprüft habe, ist eben
ein von dem Curtius'schen axiom wesentlich verschiedenes, und da
die controverse sich nun einmal auf diesen punct zugespitzt hat, ge-
statte man mir denselben jetzt etwas eingehender zu behandeln.
Zunächst eine Vorfrage, nicht minder bekannt als die thatsache,
dasz in eiiizelnen fällen die futurbedeutung von €T)lii besonders kräftig
20 CWachsmuth: der Standort des ehernen viergespanna
im participium hervortritt, ist ja dooh die andere , dasz sehr hSafig
dieses participium präsensbedeutung hat und zweitens selbst das
aoristische participium vertritt (wie dies auch bei andern griechi-
schen Verben, die nur das participium des prftsens und nicht das des
aorists bilden, zu geschehen pflegt), weshalb, würde demnach vor-
erst zu fragen sein, weshalb musz denn eiciövTi und ^EiövTi gerade
nur immer die eine von den drei an sich möglichen bedeutungen
haben? weshalb ist also zb. bei ^lövTi TOi irpoTTuXaia eine andere
deutung überhaupt nicht zulässig als die 'vor dem austritt aus den
propyltten'^ so dasz durch meine änderung die quadriga gerade erst
recht in die propjläen zu stehen käme?
Doch ist mit solchen allgemeinheiten die frage freilich nicht zu
entscheiden: und es könnte ja sehr wol der fall sein, dasz das, was
an sich möglich war, gerade hier factisch vermieden wurde, hat sich
nun also ein dem sonstigen usus entgegengesetzter Sprachgebrauch
in den phrasen ausgebildet, wo man den dativ (oder genitiv) des par-
ticipium von ctfii oder einem compositum verwendet, um eine genaue
localbezeichnung zu gewinnen? sehen wir zu.
Sehr häufig steht bei Herodot und Pausanias, um zunächst von
diesen beiden Schriftstellern, die Curtius allein berührt hat, zu reden,
ein solches particip um die richtung eines weges zu bezeichnen, zb.
bei Herodot II 7 ic ir\y *HXiou iröXiv dnö OaXdcciic ävuj iövTi,
II 29 diTÖ '£X€q>avT{vT)C iröXioc fivui iövri, bei Pausanias 141,6
Ik toutou tou iepoO KaTiouci ,JI 10, 7 dirö toutuiv dviouciv ic tö
TUjLtvdciöv icTiv iy beEiql <t>epa(ac \€pöv 'Apt^Miboc, oder zahllos oft
das einfache ioCci oder iövTi, auch TTpoioöci (III 20, 4). überall hat
hier das participiun^ reine präsensbedeutung , nirgends ist an eine
erst bevorstehende Vorwärtsbewegung zu denken, doch auch diese
stellen lassen wir noch bei seite und fragen schlieszlich blosz, wie
werden in solchen Verbindungen die participia iciövTi, £cioOci und
dSiövTi, dSioOci, bzw. die entsprechenden genitive gebraucht?
Zunächst werden die genannten participia oft nur zur bezeich-
nung des eingangs und ausgangs an stelle der abstracten substantiva
verwendet, so dasz der gedanke an die in dem ?erbum liegende be-
wegung ganz zurücktritt, gewis nicht an die futurbedeutung des
präsentischen participium gedacht wird, besonders bezeichnend ist
hierfür eine stelle wie Pausanias I 24, 5 ic töv vaöv 8v TTopOc-
vuiva 6vo)bid2Iouciv , ic toGtov kiouciv önöca dv toic KaXou^^voic
deTOic K€iTai, irdvia 4c t^v *A9rivoc (x^x t4v€civ, xd bfe öiricOcv
f) TToccibuivoc irpöc ^AOnvdv icixy fpic, wo icioOctv nur die ein-
gangsfront des tempels im gegensatz zu seiner westlichen rückseite
(6inc66v) bezeichnet, ähnlich heiszt es auch ebd. II 3, 2 £k Tf)c dto-
pdc 4Eiövtu)v Tf|v im Acxaiou npoiroXaid 4cti, was eben auch nur
bedeutet 'bei dem ausgang des marktes nach der Lechaionstrasze*,
dh. bei der mfindung dieser strasze in den markt.
Am häufigsten treten sodann die genannten participformen mit
den Worten iy dpicrepql oder irx\ dpictepd oä. und dv beElfi oder in\
auf der akropoÜB yon Athen. 21
iciid oft. eng verbunden auf, lediglich um die an sich zweideutigen
begriffe 'rechte' und 'links' nach dem standpuncte des eintretenden
oder snstretenden zu orientieren, ob der betreffende gegenständ
Tor oder hinter dem eingang bzw. ausgang liegt, ist dabei ganz
gleidigfiitig; erst weiter hinzutretende locale bestimmungen geben
hicrflber anfacUuBZ : es ist beides je nach den begleitenden umstftn-
dm nOglich und beides aucLfactisch nachweisbar, unerlaubt aber
ist es jedenfalls zu sagen, dasz hier durch das participium, in dem
«fi faturbegriff liege, angezeigt sei, dasz die betr. gegenstände vor
den «ingaag liegen, ich lasse einige beispiele folgen.
I. Vor dem eingang. Ailianos troiK. icr. VIII 16 fGaipav
CdXttiya irapo t&c iruXac irpöc Tt^ t€{x€i iy bcSiqi €ici6vTuiv. hier ist
kkr, dasz das grab vor dem thor an der stadünauer rechter band
(wenn maa eintrat) gelegen war. oder Lukianos bidX. ^raip. IV 3
hii Vk iMcpvrjiüHiv du Korrä Toixou Tivöc Acte KaTaT€Tpä<pOai
Toövoiia Iv K€pa^€iKi|>. lircMipa oiiv 'Aiciba KaTacKeqiofii^viiv* f| b'
AXo M^v odbiv n^pc , toGto bi ^övov invfVf^^^iyoy cIciövtujv
M T& bcStdi irpdc T14) AiitiiXui. der flble graffito befindet sich , wie
gui unzweideutig bezeichnet ist, unmittelbar vor dem Dipylon rechts
?om eingang. *
n. Hinter dem eingang. zum beweis ftlhre ich hier am
üsbsteo eine iaschrift an, die uns den officiellen athenischen stil,
welcher ja sehr prftds zu sein pflegt, in dieser beziehung kennen
Mrt, nemlich ein bruchstück einer inventarurkunde des £rechtheion,
welches Köhler im arch. anzeiger 1865 s. 91 f. publiciert hat, z. 11 f.
(vlpAc T^ Trapac[Tdbi Tf)c (so schreibt Michaelis mitt. d. inst. 11
•. 30 um. 20 besser statt in\ was KOhler setzte) dpiCTcJpac elciövTi
BBd 1. 13 f. irpöc tQ iTapa[cTdbi Tf)c bcEidJc clciövTi. hier ist ja
oinhar ein platz im innern des raumes, in dem die Trapactdc
>idi befand, bezeichnet, und zwar links und rechts vom standpuncte
<les eintretenden (bzw. eingetretenen) gerechnet, der hinzugefügte
nsatz irpöc tQ irapacrdbi zeigt genauer an, wo im innom (wie
weit vom eingang entfernt, können wir bei der rftthselhaftigkeit
der irapacTAc jetzt nicht mehr oder noch nicht ermessen; es ist
tber fBr den Sprachgebrauch auch ganz gleichgültig).
Von dieser classe von beispielen ist endlich durch eine merkliche
' heiliafig wird — um auch diese den Sprachgebrauch betreffende
c«BtroTerse sa berühren — aus dem zusammenhange der oben ansge-
Mtnea werte sugleieh klar, mit welchen rechte Bursian im litt,
ccatralblatt 1876 s. 1060 behaonten durfte: 'data auch in späterer seit
Mdi im Tolksmande die strecae vom nördlichen rande der Agora bis
nn Bipylon als KcpQ^ciKÖc beseichnet wurde, beweist auf das schla-
rndst« die von Wachsmnth nicht berücksichtigte stelle Lucians dial.
«nur. VI 8* (aoll beiesen IV 8). diese stelle konnte ich freilich nicht
Wficksicktigeo, wo ich beweisen wollte, dass KcpoMCiKÖc in spaterer
>cit öfters gmas an stelle von dyopd gehraucht wurde, namentlich des-
**t«a nicht, weil KcpapciKÖc hier, wie so oft in der spatem seit, den
^«•sera Kerametkos bedeutet.
22 CWachsmuth : der Standort des ehernen Tiergespanns
nuance geschieden eine äuszerlich ziemlich nahe stehende gruppe. in
dieser wird auszer im beim oder äpiCTCpa uä. zu ciciövTi und den ent-
sprechenden participien noch unmittelbar hinzugefügt cic TÖ beiva :
eine weitere bestimmung der localität durch irgend einen andern
punct, wie sie in jenen beispielen sich durchweg zeigte, ist hier aber
nicht zugesetzt, bei dieser gruppe ist also einerseits der begriff der
verbalen thätigkeit bestimmter festgehalten und zum ansdruck ge-
bracht als dort; anderseits fehlt es an jeder anderweiten fizierung
des Standorts: daraus ergibt sich schon von selbst, dasz ein Schrift-
steller, der deutlich sprechen will, in solcher weise nur dinge be-
zeichnen wird, die gleich beim eingang, also bereits im innem
des betr. gebäudes stehen, und dies findet sich durch die beispiele
voll bestätigt, wiederum wfthle ich diese aus Herodotund Pausanias.
Herodot 1 51 ö KpoTcoc . . ä7r^7r€)biTr€ ic A€Xq>ouc . . Kpi]Tt)pac
buo jiCTäBci lüieTäXouc, xP^ccov xai dpTupeov, toiv ö m^v xP^ceoc
Ikcitg im beixä dciövTi ic töv vriöv , 6 bk dpTupeoc in * dpicrepa.
unzweifelhaft- standen diese wertvollen weihgeschenke (wie sie spftter
nach Herodots gleich folgender erzfthlung im thesauros der Qazo>
monier und im pronaos des neuen von den Alkmeoniden gebauten
tempels aufbewahrt wurden) nicht im freien vor dem tempel, son-
dern in demselben, aber beim eingang, dh. in der verhalle.
Hierher gehört ferner die stelle des Pausanias (II 10, 2), die
Curtius wie einst (zur gesch. des Wegebaus bei den Griechen s. 273
anm.) so jetzt (ao. s. 54) als besonders charakteristisch angeführt
hat: denn es ist natürlich irrelevant, dasz hier statt im beSid und
im dpiCTepa die dem sinne nach identischen werte xaO' ^KdTcpov riic
^cöbou TjJ fiiv und t^ bi stehen, hier also (es ist beil&ufig überhaupt
die einzige stelle, die zum erweis der ganzen von Curtius aufge-
stellten theorie vorgebracht ist) heiszt es: ^vreOO^v ictxv öböc ic
icpöv 'AcKXiimoC. TrapcXOoGcib^k töv TrepißoXov iv dpicrepa
biTiXcOv icTxy o!KT^^a. (kcitci bi 'Tirvoc iv tiJi irpox^pip . • tö iv-
boTepu) bk 'ArröXXuJVi äveirai . . xeirai bk iv tq CToqi ktjtouc öctoOv
. . Kai M€T* aÖTÖ dx^^MCi 'Ovcipou kqI ''Yttvoc . .) ic bk tö 'AckXh-
trieiov dcioOci xaG' ^Kdrepov Tf)C dcöbou ifji ixkv TTavöc KaOnfievov
dtaX^d dcTi, T^ bk ^^ApTCfüiic ScniKCV. dceXOoCcib^ö 6€Öc icTxv
usw. gewis ist das eine sehr charakteristische stelle voll der be-
stimmtesten localbezeichnungen; aber was beweist sie? Pausanias
geht nach dem heiligtum des Asklepios, betritt zunftchst den peri-
bolos, findet in diesem ein doppelgebäude mit einer vordem und
hintern cella und seulenhalle und beschreibt dasselbe, dann geht er
in das Asklepieion hinein, bedeutet hier nun wirklich , wie Curtius
behauptet, dcioOci dasselbe wie I 26, 5 npö Tf]C dcöbou? dort ist
die rede von dem altar des Zeus Hjpatos, der sicherlich nicht in der
Vorhalle, sondern unter freiem himmel lag (wie ich mit Michaelis ia
mitt. d. inst. II s. 19 annehme, vor der Korenhalle). und Pan imd Ar-
temis standen auch vor der vorhalle des Asklepieion unter freiem
himmel? das nimt Curtius selbst nicht an, er setzt sie in den pro-
auf der akropoüs von Athen. 23
des heüigtoms. sicher richtig; gehört dieser aber nicht sam
AiHspieion? bedeaton nun aber die worte des Pausanias nichts an-
dern als dies: 'gleioh beim eingang (icioOcO in das Asklepieion (in
desi pnmaos) stfiszt man auf die und die gegenstttnde» drinnen aber
im inneni desselben (£ccX6oCct), also in der cella, steht die büd-
Mole des gotles', so steht eben icioOct nicht gleichbedeutend mit
vp6 1% itäbov (wie Pausanias sb. auch I 8, 6 ; 30^ 1 sagt), die
aüi da wort £aoOa angeführten gegenstände stehen schon in dem
nasB in den man eintritt, nicht vor demselben , wenn auch gleicfa
im infiuig«
Was folgt nun daraus für unsere Herodotstelle (V 77) , deren
aehsrfe Interpretation in frage steht? ich meine mit notwendigkeit
äm^ dass mit dem ausdmck £ciövTi ic Td TrpoiruXam, da eine
vsitere bestimmung nicht hinzugefügt ist, nur der Standort eines
gegsnstandes bezeichnet sein kann, der gleidh beim eingang in den
propjlien sieh befindet, dasz wir speciell bei Herodot dies anneh-
me dflrfen, zeigt die angeführte parallelstelle, die in jeder beziehung
ttslog, zugleich auch, so viel ich finde, die einzige vollkommen ad-
iquie ans seinem ganzen gescbichtswerke' ist; und es ist ja erste
groadregel aller auf feststellung des Sprachgebrauchs gerichteten
asterrodinngett, sich zunftchst an die obseryanz des schriftetellers
Bdbst sQ halten, um den es sieh handelt.
Dsss aber an dieser stelle (V 77) jedenfalls £ciövTi *gleidi
beun ebgiBg' und nicht Vor dem eingang* zu erklären ist, das geht
n guter letzt noch ganz unzweideutig aus dem hinzugefügten trpdli-
TCv berror, das doch ein beuTCpov, TpiTOV usw. notwendig bedingt,
vol kann man schon im begriff in einen geschlossenen räum einzu-
(Rtan drsnssen eben noch (ganz zuletzt) einen merkwürdigen
fBSVistsnd erblicken; stfiszt man aber beim eintreten in ein ge-
bUde zuerst auf ein monument, so ist dies eben das erste von
lUsa in dem gebäude befindlichen, und ebenso umgekehrt: wol
kaon man schon im begriff ein gebäude zu verlassen, eben noch
(im Wtilett angenblick, unmittelbar am ausgang) eine berühmte stif-
tsag in demselben wahrnehmen; füllt aber der blick beim hinaus-
Mm SU er 8 t auf eine solche Stiftung, so steht diese sicherlich
Sicht mehr im gebäude, sondern ist das erste von dem vielen, was
■Sä diaossen im freien sieht.
Bleibt man mithin zunächst ganz unbekümmert um die stelle,
u wdefaer das Viergespann in Pausanias periegese der akropolis er-
«Ihitt iat, lediglich bei einer auslegung der Herodotstelle stehen, so
' n der rrotxen banptcIaMe des oben angeführten beispiele gehört
^ ttd«re §M\t, wo ici6vn meines wiseens in derartigen verbindangea
^ Hiredot vorkommt, II 169 ai bi (raqpal) clci dv Ti|i lp4) Tf|c 'AOn-
^^^ordnii ToO iicrdpou, iaövri dpicrcpflc x&p6Cf wo es fraglich
^fcsii kaoa, ob das IciövTi sich anf das |i^apov oder auf das Ipdv
^ 'Mtpmbic besieht nnd je naehdem nnter die erste oder zweite ab-
**^l»f jener beispiele sn «teilen ist.
24 CWach&inuth : der Btaudort des ehernen viergespiuina in Athen.
kommt man zu folgendem ergebnis. sprachlich möglich ist weder
die auffassnng von Cnrtins, der das Viergespann vor den propjlSen
auf dem westlichen Zugang zur bürg sucht, noch die von Michaelis,
der es sich im innem des burgraumes unmittelbar bei den propy-
Iften links von dem wege der vom Erechtheion herkommt denkt,
letzterer hat dabei zugleich noch eine sehr künstliche deutung der
Worte rd irpoiruXaia Td dv t^ iKpoiröXi nötig und legt auszerdem
einen nicht gerechtfertigten accent darauf, dasz zufällig in dem vor-
hergehenden, aber ohne innem Zusammenhang mit dem folgenden
der westliche teil des Erechtheion erwähnt ist, und erreicht doch nur
die halb schiefe bestimmung ^links vom eingang in die propylfien',
während das fragliche monument, wie er es selbst ansetzt, für
jemand, der vom Parthenon her in die propyläen eintritt, doch
durchaus nicht links, sondern rechts liegt« sprachlich möglich
ist nur die auffassung von Bursiaa. aber eben diese ist sachlich
unmöglich , während sowol die ansetzung von Curtius als die von
Michaelis sachlich möglich ist; alle überhaupt denkbaren erklä-
rungsversuche erweisen sich folglich als undurchführbar, also ist die
stelle corrupt.
Nachdem man so weit gelangt ist, düifte es selbst rigorosen
richtem gegenüber nicht blosz erlaubt, sondern auch geboten sein,
die periegese des Pausanias heranzuziehen, und hier schliesze ich
mich durchaus den einsichtigen, gegen CnrÜus (und Scholl) gerich-
teten bemerkungen von Michaelis ao. an, infolge deren das, was oben
als an sich möglich bezeichnet ist, bei schärferer betrachtung der
betreffenden einzelnen puncto sehr unwahrscheinlich wird, so sehr,
dasz nach allen regeln der Wahrscheinlichkeit vielmehr auch in dem
letzten passus seiner burgbesdhreibung Pausanias volle topogra-
phische Ordnung gewahrt hat. mithin lag die quadriga wol ziem-
lich zuletzt an dem wege vom Erechtheion zu den propyläen , also
links von dem austritt aus diesen.
Diese auffassung wird darch meinen änderungsvorschlag auch
in die als corrupt nachgewiesenen werte Herodots gebracht; kann
man dasselbe auf einfachere oder schlagendere weise erreichen, werde
ich sehr dankbar sein« aber man höre auf diese stelle durdb inter-
pretatorische gewaltmaszregeln retten zu wollen oder gar das be-
mühen der hier vorliegenden Schwierigkeiten herr zu werden. ein-
-fach als überflüssig zu bezeichnen.
Heidelbcro. Cort Waobsmotr.
BNoeiel: das Tierte capiiel im ersten buche der Nikom. ethik. 25
5.
DAS VIERTE CAPITEL IM ERSTEN BUCHE DER
NIKOMACflISCHEN ETHIK.
Hit den folgenden zeilen will ich durchaus nicht etwa einen
beitrag zur genauem kenntnis der Aristotelischen lehre liefern ; ich
gedenke keineswegs das gewicht der grttnde zu prüfen , die Aristo-
telea gegen die Platonische ideenlehre ins feld ftlhrt; ich beabsich-
tige einzig nnd allein den innem Zusammenhang des vorgetragenen,
das fortrücken von gedanken zu gedanken möglichst im einzelnen
anfeadecken und klarzulegen, bei einem Schriftsteller wie Aristo-
teles, dem man auf der einen seite die klarste, schmuckloseste nüch-
temheit und strengste logik der reflezion nachrühmt, wShrend man
ihm auf der andern seite die wunderlichsten gedankensprünge glaubt
zntranen zu dürfen, wird eine solche behandlungs- und betrachtungs-
weise auch jetzt noch angebracht erscheinen dürfen.
Wae zunfichst den wortsinn des ersten satzes (s. 1096* 11 — 13)
betrifft, so ist TÖ KaOöXou nicht wesentlich verschieden von dem was
gleich darauf t& etbii genannt wird ; es ist nur der allgemein herge-
brachte und verständliche ausdruck für dasjenige was nachher nach der
terminologie einer bestimmten schule bezeichnet wird, grammatisch
isiTÖ KoOöXou das antiptotische object zu iniCK^qiacOai und biairopf)-
cat, also logisch subject zu X^t^iai : dieses X^yerai aber bezieht sich
nicht auf Ar. selbst, sondern auf die Vertreter der ideenlehre. so
wird also gleich in den ersten werten des cap. die prüfung (biairopfi-
cai) der ideenlehre als das zu behandelnde thema bezeichnet, die
Verbindung dieses gegenständes mit dem bisher (cap. 3) besproche-
nen stellt ß^Xnov her, doch nicht in d6m sinne dasz die neu begin-
nende Untersuchung als eine im vergleich mit der vorangehenden
angemessenere bezeichnet würde , sondern nur so dasz die prüfung
der ideenlehre überhaupt als an diese stelle gehörig hingestellt wird ;
der comparaüve sinn ist dem werte gänzlich abhanden gekommen, wo-
für die von Bonitz im index Aristotelicus citierten stellen s. 1208 ^ 7
und 1 80 ^ 1 2 unzweifelhafte belege bieten, lose also ist die anknüpfung
unleugbar, aber weder bei Ar. ohne beispiel noch sachlich unbegrün-
det, denn Ar. ist in der frage nach dem wesen der eubaifiovla be-
griffen, und diese selbst ist ihm (s. 1095' 15 f.) TÖ TrdvTUJV dxpö-
Tcrrov Toiv irpaicTiüV diraediv und dasjenige ou X^ifOMCV TfjV ttoXi-
Tiicf|V £q>i€cOai, dh. sie ist für ihn der ausdruck (6vö)LiaTi s. 1095 * 17)
für das höchste gut; offenbar aber, wenn es eine idee des guten gibt,
so ist diese das höchste gut, und die frage danach also erledigt. Ar.
aber rechtfertigt die Untersuchung des vierten capitels auch gegen
ein moralisches bedenken , das er selbst andeutet , Kahrep TTpocäv-
Touc oöciic Tf\c TOiauTTic lr\Tr\C€{X)C: es liegt auf der band, dasz von
einer wissenschaftlichen Schwierigkeit der angeregten frage hier nicht
die rede sein soll; die würde weder ein grund sein können gegen
26 RNoetel: das vierte capitel im ersten buche der Nikom. ethik.
(Katncp) die bescb&ftigung mit ihr, noch könnte sie selbst begrün-
det wenlen durch das folgende bid TÖ q>iXouc ävbp(&c . . eibf) : in
diesem satze liegt der logische accent auf q>(Xouc, und TrpocdvTT)C be-
zeichnet die moralische Schwierigkeit, das peinliche der Untersuchung,
damit ist denn aber auch der polemische Charakter derselben deut-
lich genug bezeichnet, das folgende (t>öS€i€ b* &v Icuic ß^nov
€Tvai . . irpOTiM&v Tf|v dXr)6€iav), wo kein grand vorliegt ß^Xnov
nicht wieder in demselben sinne zu nehmen wie kurz zuvor, und wo
ä^q>OlV mit einer echt Aristotelischen breviloquenz die äXrjOcia und
die q>(Xouc ävbpac bezeichnet, ist dann die sprichwOrilioh gewordene
rechtfertigung des Unternehmens durch den hin weis auf die erfor-
schung der Wahrheit als oberste pflicht, zumal für den q>iXöcoqK>c.
und nun beginnt die prüfung oder genauer gesprochen die bekfimpfnng
der ideenlehre.
Die entwicklung des ersten einwandes, den Ar. erhebt, erstreckt
sich bis zu den werten ujct' ouk &v ein KOivrj nc ^irl toutuiv ibla
(s. 1096* 23). sprachlich bietet dieser passus durchaus keine Schwie-
rigkeiten: TÖ Ka6' aÖTÖ Kttl f) oöcia z. 21 ist, nur in zwei ausdrücke
zerlegt, dasselbe wie z. 20 rf; das tcn an dieser letztem stelle und
ebenso das TÖ vor u€T€pov z. 18 hat Bassow (forschnngen s. 53) mit
recht getilgt, auch der Zusammenhang der gedanken ist, wenn man
die beiden sStze bi6ir€p oubt tu>v dpiOjAoiv Ib^av KaT€Cic€ua2Iov
z. 18 f. und iTapaq)udbi yäp toOt' foiKC Kai cujißeßtHcÖTi roö 6vtoc
z. 21 f. als parenthetische zusfttze vorläufig ausschaltet, einfach und
klar. Ar. ist darauf aus, zwischen der beschaffenheit der idee und
der des dxaOöv einen widersprach nachzuweisen, der die ezistenz
des ätaOöv als idee unmöglich macht, zu dem ende geht er von der
thatsache aus, dasz die urheber der ideenlehre selbst ideen nicht
statuieren für solche dinge, die unter sich im verhiQtnis des nach-
einander stehen; dem gegenüber stellt er die andere thatsache, daaz
das dTOiOöv auch in solchen dingen erscheint, auf welche das ge-
nannte Verhältnis anwendung findet; dieses zweite stück des gegen-
satzes ist aber nicht so präcis formuliert wie das erste, das dtaBöv,
sagt Ar., findet sich ebensowol in der kat^gorie der Substanz wie in
der der qualitftt, wie in der der relation. dasz damit die reihe der dem
dtaOöv zugänglichen kategorien nicht etwa erschöpft sein soll, ist
z. 23 f. so ausdrücklich wie möglich gesagt (tö dTuOöv Icoxuic
X^T€Tai Tifi ÖVTi); so hat also Ar. an unserer stelle zum zwecke des
beispiels eine auswahl getroffen , und diese auswahl ist nicht (^e
anstosz, weniger freilich materiell als formell; es musz aufCallen,
dasz Ar. drei stücke nennt, während er nur mit zweien operiert,
man könnte sich zu der ansieht neigen, er habe die qualitit nur
eben als Zwischenglied benutzt, um sich von ihr dahin leiten zu
lassen, wohin er wollte, zur relation; aber, am nicht davon zu reden
dasz dann unverständlich bliebe, warum denn das nocdv übergan-
gen ist, das doch noch regelmäsziger als das iroidv zwischen oucia
und Tipöc Ti erscheint, es wäre auch gar nicht abzusehen, warum
BNoetel: das vierte oapitel im ersten buche der Nikom. ethik. 27
Ar. flieh 80 ganz aosdrttoklich auf die relation als beispiel versteifen
sollte, da doch dasjenige, um dessen willen er sie anführt, dasz
sie nemlich ucTCpov t^c ouciac, weil sie foixe cuiüißcßiiKÖTi tou
dvTOC, bekanntlich überhaupt von sämtlichen kategorien, mit selbst-
▼erständlicher ausnähme der Substanz, gilt, so bleibt nichts übrig
als anzunehmen, dasz Ar. zuerst, gleichsam im gefühle des Über-
flusses an beispielen, der ihm zu geböte stand, zwei herausgriff, dann
aber mit der behandlung des einen es bewenden liesz, da es ein-
leuchtete dasz es damit genug war. denn worauf es ankommt , ist
nur eben dies, dasz zwischen den beiden kategorien der Substanz
und der relation gerade jenes Verhältnis des nacheinander besteht,
welches die gemeinsamkeit der idee ausschlieszt (djcr' otJK fiv €Xr\
xoivrj TIC iiA TOUTuiv ib^a). damit ist jener Widerspruch zwischen
der natur dar ibia und der des dyadöv, um dessen nach weis es
sich in diesem abschnitt handelt, zur genüge constatiert, und Ar.
glaubt sich das ausdrückliche aussprechen der letzten schluszfolge-
rung, dasz das dyaSöv nicht ibla sein könne, sparen zu dürfen, es
ist noch übrig, den sinn der beiden parenthetischen zusätze zu er-
kllran. der zweite (Trapaq>udbi fäp toöt' £oik6 xal cu^ßeßiiKÖTi
TOG dvTOC) gibt ihn durch die einführung mit fap deutlich genug
zu erkennen: durch einen schlusz aus der analogie wird gefolgert
daaz 9 wenn das irpöc Ti im übrigen ähnlichkeit hat mit Trapaqpudc
und CUMßeßnKÖc, diese ähnlichkeit sich auch auf die Zeitfolge er-
atreeken werde, für die beweisföhrung sind also diese werte nicht
SU entbehren, vielmehr dienen sie gerade jenem satze zur stütze, in
welchem der widerstreit zwischen diraOöv und ib^a zu tage tritt,
und nur insofern können sie sprachlich als eine parenihese bezeichnet
werden, als der nachfolgende satz ujct' ouk dv eix] usw. sich nicht
an sie, sondern an das vorausgehende tö bi KaO' auToO . . toO rrpöc
TI anschlieszt. anders ist es mit der ersten einscbaltung biörrep
ovbk TUJV dpi6^u)V ibeav KaTecKeuoilov. das ist nur eine beiläufige
erwähnung, die auch fortbleiben konnte; aber sie hat doch auch
ihren zweck, von den beiden Sätzen der ideenlehre, dasz für solche
dinge, die im Verhältnis des nacheinander stehen, gemeinsame ideen
nicht angenommen werden, und dasz es eine idee der zahlen nicht
gibt^ setzt Ar. den zweiten, der nur eine anwendung des ersten ist,
bei seinen lesem eben darum eher als bekannt voraus als den ersten ;
und indem er nun an die consequenz erinnert, wünscht er die erinne-
rung an die prämisse wachzurufen , damit ihm diese, welche für ihn
der ausgangspunct seiner polemik ist , nicht bestritten werde.
Der zweite einwand umfaszt die zeilen 23 — 29. das dtaGöv
erscheint icötxujc tuj 6vti, dh. nicht nur ebenso oft, sondern auch
in ebenso vielen gestalten wie das sein , es nimt in jeder kategorie
eine andere erscheinungsform an. dasz dies der sinn des icaxuLic
X^Y^Tm sein soll, geht aus den in der parenthese z. 24—27 ange-
führten beispielen unzweifelhaft hervor; aus dieser tbatsache folgt
nun aber unmittelbar, dasz das dtaGöv nicht KOivöv Ti Ka6öXou Kat
28 RNoetel : das vierte capitel im ersten buche der Nikom. etbik.
^v sein kann: denn dann (ci fiv KOivöv Tt KaOöXou Ka\ Sv TÖ dnfaOöv,
dieser satz ist zn ergänzen) könnte es eben auch nar in 6iner kate-
gorie, nicht in allen vorhanden sein, hier bricht Ar. seine erOrte-
rang ab ; es liegt aaf der band , dasz dieselbe der ergttnznng bedarf,
sie umfaszt nnr gerade diesen syllogismas: was seinem wesen nach
nur eins ist, das kann nicht in mehreren kategorien, auf mehrerlei
weise ansgesagt werden; das äxGcGöv wird auf mehrerlei weise aus-
gesagt; also ist das ifOldöv nicht seinem wesen nach eins, es fehlt
der abschluszy dasz die idee ihrem wesen nach eins sei, also das
dtttOöv mit ihr nicht identisch sein könne, ob nicht Ar. mit dieser
aufTassung den Piaton misverstanden habe, das zu untersuchen liegt
auszerhalb der grenzen unserer aufgäbe ; foir unsem augenblicklichen
zweck genllgt es festzustellen, dasz hier die beweisfllhrung noch
früher abgebrochen wird als vorhin : dort wurden die beiden sätze
ausgeftlhrt, welche den widerstreit enthielten, und dem leset blieb
es nur überlassen, das factum dieses Widerstreites zu constatieren;
hier wird nnr die 6ine seite des Widerspruchs aufgestellt, und der
leser musz, um zur einsieht in denselben zu gelangen, die andere
selbst dazu thun. wir gehen von hier zur vergleichung der beiden
bisher besprochenen einwendungen in bezug auf ihren inhalt Ober.
Beide haben sowol die stelle gemeinsam , auf welche sie ihren
angriff richten, als auch den satz von welchem sie ausgehen, beidemal
wird dem ätotOöv die einheit abgesprochen , welche eine immanente
eigenschaft der idee ist, und damit die möglichkeit bestritten, beide
mit einander zu identificieren ; beidemal stützt sich dabei Ar. auf
die erfahmngsthatsache, dasz das drradöv erscheint (X^Y^Tat) in
mehreren kategorien; dasz es das zweite mal heiszt tv irdcaic Täte
KOTiiTOpfaic, ist nicht wesentlich: für die art, wie Ar. seinen beweis
für die nichteinheit des &xaB6v führt, würde es vollständig genügen
darauf hinzuweisen, dasz dasselbe in mehr als 6iner kategorie vor-
handen ist; das zeigt der zusatz z. 28 dXX* Iv ^i^ MÖvi]; ebenso ist
es (worauf vorhin schon hingedeutet wurde) das erste mal nicht von
bedeutung, dasz das äyaMv gerade in den beiden kategorien der
oöda und des npöc Ti gefunden wird; an die stelle der letztem
könnte mit derselben Wirkung irgend eine andere treten, so könnte
es leicht den anschein gewinnen , als ob die beiden einwendungen
gegen die Platonische ideenlehre so sehr auf eins hinauskämen, dasz
die eine von ihnen überflüssig wäre, es besteht aber doch zwischen
ihnen ein nicht ganz bedeutungsloser unterschied, das zweite mal
bleibt Ar. wirklich bei dem satze stehen, dasz das draOöv in einer
mehrzahl von kategorien gefunden wird; das erste mal handelt es
sich auch um eine mehrzahl von kategorien , aber nicht schlechthin,
sondern so dasz die eine von ihnen die Substanz sein musz und dar-
aus erst die folgerung gezogen wird, dasz das drraOöv auch da er-
scheint, wo das Verhältnis des zeitlichen nacheinander vorliegt, wenn
man auf diesen unterschied achtet, so erkennt man in der anordnung
der beiden deductionen eine gewisse Steigerung; uro die unverein*
BNoetel: daa Tierte capitel im ersten buche der Nikom. ethik. 29
btrkeit Tan \bia und ä^ttOäv darzaihun, bedarf es das zweite mal
mebt iB«lir wie das erste mal einer solchen Zusammenstellung von
katsgorioii in welcher 6ine die sabstanz ist, nicht einer solchen in
weldber das yerh<nis des irpörepov und ScTCpov erscheint: es ge-
iQgt jede beliebige mehrzahl derselben; der einwand ist das zweite
mal, wenn der ansdmck erlaubt ist» principieller als das erste mal.
Der dritte einwurf (z« 29 — 34) ist mit den beiden Torangehen-
dei in bezog anf den Inhalt und dessen darstellnng verwandt, was
uter üae idee flUlt, für das gibt es auch nur 6ine Wissenschaft; also
afltte es (wenn es eine idee des guten gäbe, unter die dann doch
all« einzeliieB gAter fallen würden) auch für die sämtlichen Ayalda
wu eine einsige Wissenschaft geben, dieser forderung, welche die
logik, falls 68 eine idee des guten gibt, erheben musz, stellt Ar. in
döselbaB weine» die wir bisher schon zweimal beobachtet haben, die
trliikmBgsthatsache gegenüber, dasz es yiele inicrflMai tuuv dtaOuiv
gibt; and abermals in hergebrachter weise begnügt er sich diese bei-
den aitse in formulieren, und überl&szt es dem leser, den Widerspruch
oad damit die unmüglichkeit, dasz eine idee des guten existiere, zu
coQstatieren. die Übereinstimmung mit dem bisherigen erstreckt
üeh aber noeh weiter, und nicht nur auf die formellen puncto, dasz
M^ diesmal wieder, wie die beiden vorhergehenden male, ein in-
<ÜReiBr beweis geliefert ist, und alle drei mal die gegnerische be-
äsaptuttg in ihrer haltbarkeit gemessen wird an den empirisch fest-
itshsaden tbatsachen; auch die stelle der gegnerischen lehre, gegen
vd^ der angriff gerichtet wird, ist dieselbe, auch hier wird dem
gnibegriffe die zum wesen der idee gehörende einheit abgesprochen,
iadcm wir aber unsere aufmerksamkeit den werten z« 31 Kai tuiv
vziliiav KOTTiTOpiav (so. dtoOi&v) zuwenden, erkennen wir den fort-
Kkritt, der innerhalb dieses kreises an dieser stelle gemacht wird ;
<ier zweite einwand unterschied sich, wie wir eben gesehen haben,
TOB dem ersten dadurch dasz er sich unmittelbar gegen die einheit
te idee richtete; der dritte geht noch einen schritt weiter: er stellt
^ einheit, welche da sein sollte, aber nicht da ist, eine wenn auch
zieht gerade unendliche, so doch unbestimmbare Vielheit gegenüber:
-kn. dnrch den zusatz Kai tuiv utrö \i\ay KaTT)Top(av wird auch die
■Ogb^rweise vorhandene Illusion beseitigt, als ob etwa die zahl
^ imcTf)|iai TUIV dToOttiv sich mit der der kategorien decken möchte.
Bms mit den folgenden werten ein neuer abschnitt beginnt, das
Bsrkisri schon die art der einführung: bisher lautete dieselbe lii
ö^, dcoUich anknüpfend und fortfahrend; jetzt wird gesagt diropr)-
Ciic b* dv TIC (z. 34) , und nicht einmal das Kai in der folgenden
ttüs venrith dasz dies nicht die erste Schwierigkeit ist, auf die Ar.
n ttosaen meint: denn dieses ist eng mit ti noTC zu verbinden, in
^ that ist denn auch jetzt der angrifispunct ein anderer als bisher.
^ ontcnebeidung des dinges an sich, wenn man diesen ausdruck für
^ idee gebmnchen will, von dem ding der Wirklichkeit, sagt Ar.,
müszig, falls doch, wie doch wol nicht bestritten werden
30 RNoetel: das vierte capitel im ersten buche der Nikom. etbik.
kann und wird (dies ist der sinn des cansalen elncp), in beiden der-
selbe begriff, eben der des dinges, liegt, denn dann besteht zwischen
ihnen in bezug aaf diesen begriff kein unterschied; und so wenig
der mensch an sich [qua mensch verschieden ist von dem einzelmen-
schen, so wenig ist das dyaO^v an sich, dh. die idee des gut^i, qua
äTCtOöv verschieden von dem einzelgut. der satz Q y&p dv6pumoc . »
oib* ^ drraOöv ^ 2 f . enthftlt also in seiner ersten httlfte die begrün-
düng nicht etwa fflr die worte cTircp £v t€ ainroavBpuiirqi koI dv-
OptdiTi}! de Ka\ ö auTÖc Xöxoc ^criv, 6 toö dvBptl^irou, sondern für
den verwunderungsvollen Charakter der frage Tt irOTC rqI ßouXovtm
X^TCiv aÖTO^KacTOV : wenn zwischen dem ding an sich nnd dem ein-
zelding qua ding kein unterschied ist, so erscheint allerdings ihre
Unterscheidung als ein wundersames unternehmen, die zweite hllfte
et h* oÖTUic, oöb' fj ätaBöv bietet eine weiterfOhrung insofern, als
hier das bisher allgemein gesagte auf den besondern fall des droOöv
angewendet wird: auch die Unterscheidung von aÖTodroOov und
dTOiOöv ist müszig und haltlos. Ar. gibt sich aber damit nicht zu-
frieden; er fingiert selbst eine ein Wendung gegen seine letzte be*
gründende aufstellung. man könnte einen unterschied qua dxoOöv,
der doch nur darin bestehen könnte, dasz die idee ein fidXXov dTCtOöv
wftre, darin begründet finden wollen, dasz der idee das prftdioat der
ewigkeit zukommt, gegen diese möglicherweise auftauchende auf-
fassung wendet sich Ar. im folgenden : dXXd fifjv oibk (aber auch
nicht etwa) . . i(pTi|i^pou z. 3 — 6; diesen aus weg, meint er, werde
man nicht gelten lassen können^ wenn man nicht etwa auch zugeben
wolle, dasz zb. ein weiszer gegenständ darum, weil er Ittnger dauere,
auch weiszer sei als ein anderer von kürzerer dauer; offenbar ist der
zweck dieses beispiels lediglich, durch ein argumentum ad hominem
auf den gttnzlichen mangel an berührung hinzuweisen , welcher zwi-
schen der für die idee in anspruch genommenen ewigkeit und der-
jenigen eigenschaft besteht, als deren prototyp sie erscheint.
Ebenso offenbar aber ist es, dasz hier nicht mehr gegen die ein*
heit der idee des guten , sondern ganz direct und unmittelbar gegen
ihre ezistenz gestritten wird; sie wird als etwas überflüssiges be-
zeichnet, als etwas für dessen dasein es an einem zureichenden
gründe fehlt, man könnte hier eine Steigerung finden wollen, fthn*
lieh wie wir sie vorhin beobachteten , als wir sahen , wie der zweite
einwand (* 23 — 29) sich unmittelbar gegen die einheit der idee des
guten richtete, wtthrend der erste (* 17 — 23) sich diesem seinem an-
griffsobject nur auf umwegen gen&hert hatte, bisher nemlich (* 17
— 34) wurde die einheit der idee bestritten, also etwas das freilich
ein so unentbehrliches requisit der idee ist, dasz sie ohne dasselbe
gar nicht gedacht werden kann; aber jetzt erst (von * 34 an) wird
geradezu das Vorhandensein der idee überhaupt in frage gestellt.
aber es Iftszt sich auch noch ein weiterer unterschied,, eine weitere
Steigerung finden, was bisher vorgebracht wurde, das Iftszt aller-
I, mit einigen, nicht eben tief einschneidenden SndenmgMi, eine
RNoetel: dtt yierte ci^itel im ersten buche der Nikom. ethik. 31
aawendung auch auf andere ideen za als nur gerade die des guten;
Ar. hat aber davon nichts angedeutet, vielmehr ganz streng sich in
dem kreise von gedanken gehalten , der hier in der ethik zunächst
ilm angebt; jetst (*34) wird das anders: die anwendbarkeit des vor-
getragenen auch auf andere gebiete als nur gerade das des dnraOöv
ist nicht nur thatsftchlich vorhanden, sondern Ar. beginnt auch gleich
damit, dasz er dem was er sagt nicht nur eine allgemeinere, sondern
überbaopt eine ganz allgemeine beziehung gibt; nachträglich erst
wird das dTOiOöv erwfthnt; nachdem ein anderes beispiel vorausge-
gangen, der Zusammenhang mit dem thema, und zumal mit dem-
jenigen was bisher tLber dasselbe gesagt wurde, ist jedenfalls nur
lose, vollends aber was nun folgt, ^ 5 — 7, das steht mit dem eben
besprochenen in gar keiner innem Verbindung, mit grOszerer über-
zengungskraft, sagt Ar., reden die Pjthagoreer und Speusippos hier-
Aber, indem sie in die cuCTOtxia tuüv dTCxOuiv geradezu die einheit
(tö £v) au&ehmen. unter der cucToixict tuiv dyaOüliV kann nichts
uideres gemeint sein als jene reihe von begriffen, welche mit dem
ir^pac beginnend das £v und das äxaGöv in sich schlieszt und mit
dem TCTpaTuivov endigt (Metaph. I s. 986' 23—26). die meinung
wird also wol diese sein, dasz bei den Pythagoreem und Speusippos
die einheit des dtoGöv freilich glaublich erscheine, weil das dnraBöv
in derselben reihe zusammenhängender begriffe auftrete, zu welcher
aadi das £v gehOre. die frage , ob Ar. wirklich und im ernst den
Pythagoreem eine verhältnismttszig befriedigende lOsung der frage
nadi der einheit der idee des guten zugestanden habe , oder ob es
ihm nicht entgangen sei, dasz doch die einfache aufstellung des
postnlates die wirkliche beweisfUhrung nicht ersetzen kann, und sein
Zugeständnis also einen halb ironischen Charakter trage, diese frage
dflrfen wir für unsem zweck bei seile lassen, aber ganz unabweis-
bar drängt sich die Wahrnehmung auf, dasz hier jedenfalls von dem-
jenigen nicht die rede ist, was im unmittelbar vorangehenden be-
sprochen wurde, und dasz es für den comparativ 7n6av(()T€pov in
den Zeilen * 34 — ^5 an jedem vergleichungspuncte fehlt, wol aber
kommt Ar. hier ganz sichtlich auf dasjenige zurück, wovon er * 17
— 34 gehandelt hat, und da findet auch das TTiOavÜJTepov seine be-
ziehung. drei ein Wendungen hat Ar. beigebracht, die sich sämtlich
gegen die von Piaton behauptete einheit der idee des guten rich-
teten ; daran kann sich nun recht wol die bemerkung knüpfen , dasz
einen gpröszem schein von richtigkeit (denn mehr liegt in dem worte
mOavuiTCpov nicht) die Pjthagoreer durch ihr verfahren der auch
von ihnen verfochtenen einheit der gut- idee verleihen, entfernt man
nun diese worte von der stelle, wo sie ohne Zusammenhang und ohne
beziehung stehen, und schiebt sie da ein, wo sie beides finden, in
zeiit» * 34 , so gewinnt der ganze abschnitt bis *^ 7 an abrundung : er
lerf&Ut dann in zwei absätze, von denen der erste, gröszere (bis ^ 34,
einschlieszlich der worte iTi6av(I)T€pov . . dnaKoXouOeiv bOKcT) von
der einheit der idee, der andere, kleinere von der existenz der
32 RNoetel: das vierte capitel im ersten bache der Kikom. etbik.
idee überhaupt handelt, bleiben wir bei diesem ergebnia vorlAufi^
stehen.
Dasz wir hier an einen gröszem abschnitt der ontersuchang ge-
langt sind, zeigen die nächstfolgenden worte dXXd nepl ^^v toutujv
äXXoc &TUJ XÖTOC, ^ 7 f. das ist die formel mit welcher ein näheres
eingehen auf das bisher besprochene abgelehnt, die bisher verfolgte
entwicklung abgebrochen wird, die berechtigung zu diesem ver-
fahren wird in dem folgenden satze nachgewiesen : toic öi Xex^t-
civ . . TpÖTTOV dXXov z. 8 — 13. der sinn dieser worte ist dieser: bei
dem gesagten (rä XexO^vra sind die bisherigen auseinandersetzim-
gen des Ar.) regt sich ein zweifei, insofern nemlioh die lehre gar
nicht von jedem gut ohne unterschied gemeint sei, vielmehr die
unterordnimg unter eine gemeinsame idee sich nur beziehe auf die-
jenigen guter, die um ihrer selbst willen erstrebt und gesofafitzt wer-
den, während aUes, wfis deren Zustandekommen oder dauer bewirke
oder ihr gegenteil verhindere, nur ein relatives (biä toOtq) gut sei,
ein gut in einem andern sinne (Tpöirov dXXov). die worte XifCcOai
Ka6 ' iy clboc rd kqO * aörd biu)KÖM€va xai dTairui^eva kehren bald
darauf, z. 15 f., wieder in der form Td Ka6' aörd el X^T^Tai KOTd
^iav Ibeav. dieser letzte satz wird von Ar. zum gegenstände der
prQfung (cK€i|iuip€6a z. 15) und dann der Widerlegung (z. 21— >26)
gemacht; er enthält die von ihm bekämpfte ansieht seiner gegner;
wenn nun an dieser stelle die worte XcTCcOai ht koB* Sv elboc usw.
in einem adversativen Verhältnis stehen zu dem satze ^f| iT€pl irav-
TÖc dtaOoö Touc Xötouc clpncdai, so dasz vor xaO' aurd z. 10 ein
fiövov oder fiöva zu supplieren ist, so musz mit touc Xötouc eben
auch die gegnerische ansieht, die der akademiker, gemeint sein, es
ist in der that kein grund vorhanden gegen den consensus der besten
und, wie es scheint, fast aller hss. das pf| in z. 9 zu tilgen; man ist
freilich geneigt statt des perf. elpflcOai vielmehr das präsens zu er-
warten; doch kann das perf. nicht auffallen neben liroiouv * 17.
es spricht sogar manches geradezu für die beibehaltnng des ^f|.
denn wenn man es mit cod. 0 striche, so mttsten freilich unter XÖTOUC
die bisherigen auseinandersetzungen des Ar. selbst gemeint sein;
aber ganz abgesehen davon , dasz dann mit einer auch bei Ar. an-
gewöhnlichen Schwerfälligkeit z. 9 dasjenige Xötouc genannt sein
würde, was z. 8 XexOcTciv hiesz, so würde es ja nicht einmal richtig
sein, dasz diese erörterungen sich auf iräv dnraOöv bezogen haben,
jedenfalls , mag man nun das in früheren zeiten viel umstrittene iii\
beibehalten oder tilgen, liegt der logische accent auf den werten
X^T^cOai kqO' Sv clboc usw.: diese worte bezeichnen einen stand-
punct, von dem aus die bisherige polemik des Ar. gegenstandslos
erscheinen musz : denn während hier die gttltigkeit der ideenlehre aus-
drücklich auf den kreis der ko6' aörd dTadd beschränkt wird, hat Ar.
seine beispiele bisher nicht nur aus d6m gebiet entnommen , das er
z. 16 ff. als das der dTOdd xaO * aurd bezeichnet, darum verfolgt er das
bisher gesagte nicht weiter, sondern begibt sich auf den standpunct
B2Sortei: <Ui vierte capitel im ersten buche der Nikom. ethik. 33
MiBcr gflgner. er prftcmeri denselben zunächst, indem er aus dem
IvgneineheB ein^faade die ihm zu gründe liegende nnterscheidung
«iMiolnter nnd relAtiver guter heraasschftlt (z. 13 f.) und dann die
ktdflno onter der bezeicfanong diqp^Xifuia aus der betrachtung ab-
Miidert (l 14 f.). dann wendet er sich dem neuen gegenstände der
ntenndinng lu, indem er die frage aufstellt rd KoO' aörä cxeqidi-
fieta ci Utctoi Korä ^iav Ibäxv (z. 15 f.). zu deren lösung ist natttr-
üek TOT allen dingen unerlftsslich, dasz der begriff der Ka6' ai^TOi
ifM bestimmt fixiert werde, diesem zwecke dienen die Zeilen 17
--20. eine doppelte auffi^ssung ist möglich , je nachdem man den
Ugiiff laxer oder strenger nimt. die erste der beiden führt Ar.
^kkk so ein, dasz man über seine gedanken nicht mehr in zweifei
MiB kmn, mit dem fj {an) z. 16, dessen er sich regelmttszig bedient,
00 sof eine tob ihm selbst angeworfene frage die antwort, wenn
«cb ia fragender form, su geben; es scheint ihm natCLrlich, dasK
nm sUes dasjenige als gut bezeichne, was auch an und für sich,
ibfeiondert T<m allem andern, begehrt wird, wie klugsein, sehen,
dm VW, wenn er zur erklAmng seiner entseheidung hinzufügt
(L 18 f.), dasz man diese dinge, auch wenn sie einmal mittel, nicht
'ntk ssien, doch wol zu den absoluten gutem rechnen dttrfe, so
Mrtet ein dasz er zwischen den gdtem die nur zweck, und denen
i» war mittel sind, noch eine dritte dasse unterscheidet, solche die
Ud das eine bald das andere sind, und dasz er diese classe ebenso,
««fl sie doch auch Movoü^va bKUKerai, den absoluten gutem zu-
gviUi wissen wilL aber freilich enthalten diese werte auch nur
ens erUXniBg, nicht eine wirkliche rechtfertigung seiner entscheid
^Qf; die folgt erat in dem nftcfasten setze, und zwar auf indirectem
ngi. wollte man nicht auch die genannten gflter zu den drct^d
n0' ourä rechnen, wollte man also der strengem auffsssung folgen,
» wOrde als das einzige in diese classe gehörende gut nur eben die
^ des guten selbst fibrig bleiben (f^ oub ' dXXo oub^v iTXf|v rfic
Acac), and da wäre es doch mtlszig davon zu reden, dasz diese classe
vter eine gemeinsame idee fide (^d^ral0V TÖ cTboc). nicht etwa
^ ist der anhält der polemik, da^z gerade die idee des guten das
OBgs unbedingte gute sein , sondern dies , dasz es Oberhaupt nur
«a aasiges unbedingtes gut geben soll; von dem dann zu sagen,
^ SS Kii8' £v elboc Xl(T£Tai, ist eine nichtige spielerei. ist abo
^ irtrangsre auCTassung nicht durchfllhrbar, so bleibt nichts ttbrig
^ d«r andern sieh anzubequemen, es sdieint mir nötig dasz man
gang der beweisführung sich recht klar mache: die auffas-
dasz 9pov€iv, 6pov usw. zu den dyaOä Ka6' aturrd zu zfthlen
wird nach dem ganzen zusammenhange nur darum als die an*
bezeichnet, weil, wenn sie zu gründe gelegt wird, die
isnebt von der Unterordnung sftmtlieher absoluten gttter unter eine
f^iiaiauiu idee doch nicht sofort hinfUlig ist, sondern erst der
fc^KAsa Widerlegung bedarf, vrir haben es also auch hier wieder
■t «ner Steigerung su thun, insofem Ar. unter den beiden mög^
flrclaM.pUlol. 181» hfl.1. 8
34 RKoetel: das yierte capitel im ersten buche der Nikom. ethik.
liehen auffassungen von derjenigen, die alsbald in sich zasammen-
f&llt, fortschreitet zu der andern, bei der eine ausdrückliche Wider-
legung angebracht ist. die folgt denn auch alsbald, 2. 21 — 25. in
diesen worten bezieht sich ToOra z. 21 auf öca Kai ^ovo1i^€va
biuiKCTQi z. 17, und das futurum berjcei ist zu erkl&ren durch den
Zusatz Venn anders die idee des guten bestand haben soll*, dann
musz in den dtctOa xaO' aurd, dem öpfiv, q)pov€iv, f|bovai, Ti^oi,
ein und derselbe begriff des guten liegen, gerade so wie im begriff
des Schnees und des bleiweisz ein und derselbe begriff der weisze
liegt; das ist aber thatsllchlich nicht der fall, da vielmehr der begriff
des guten in der Ttfxrj, in der q)pöviictc, in der f)bovi^ jedesmal ein
anderer ist. den nachweis ffir diese letzte behauptung bleibt Ar.
ähnlich schuldig wie ' 30; yielmehr bricht hier die beweisftUurong
ab, die lebhaft an diejenige erinnert, die wir * 17 — 23 fanden; aach
hier wird der Widerspruch zwischen dem logischen erforderais und
der empirischen thatsache aufgedeckt, die ziehung der schluszfolge-
rung dem leser überlassen, die nun noch folgenden worte oök
£cTtv £pa TÖ dtaGdv koivöv ti xai xara fiiav Ib^av (denn so wird
doch wol gelesen werden müssen , nachdem Bassow ao. s. 53 z. 32
aus KM hergestellt bat £v Ti Kttl KOiv^ KaTiiTopouji€VOv) bilden den
abschlnsz nicht etwa nur für die letzte beweisfElhrung (denn dann
würden sie lediglich eine tautologie Ton z. 23—25 sein), sondern
für die ganze Untersuchung, zu der sich Ar. z. 8 verstanden hat.
Blicken wir nun auf diesen ganzen zweiten abschnitt zurück
(^ 7 — 26), so ergibt sich dasz in demselben die beziehung der Unter-
suchung auf das dxoiOöv mit grGster gerwissenhaftigkeit festgehalten
wird und das nächste angriffsobject bei der polemik gegen die ideen-
lehre die einheit der idee bildet; und ebenso wie in diesen materiel-
len stücken stimmt dieser abschnitt mit dem ersten (* 17 — 34 und
^ 5 — 7) auch in formeller beziehung insofern überein, als beidemal
in dem gange der beweisführung eine gewisse Steigerung beobachtet
wird, und so sind denn auch die beiden abschnitte unter sich durch
das Verhältnis der Steigerung verbunden, im ersten bekämpft Ar.
die Platonische ideenlehre von der Voraussetzung aus , dasz sie auf
alle dtciOd ohne ausnähme bezug haben solle; im zweiten gestattet
er seinen gegnem sich in eine einschränkendere auffassuug des
Systems zurückzuziehen, und bekämpft dasselbe dann auch in dieser
engem gestalt. von dieser erkenntnis der Verbindung zwischen den
beiden abschnitten flült nun ein neues licht auf den passus ^ 34—
^ 5. wenn wir vorhin sahen dasz .derselbe durch ein versehen in den
ersten teil hineingerathen ist, in dessen Zusammenhang er nicht
passt, so müssen wir jetzt erkennen dasz er überhaupt in der ge-
samten gedankenfolge, wie wir sie im übrigen von * 17 — ^ 26 ent-
wickelt haben, keine angemessene stelle findet, er läszt sich in die
regelmäszig vorrückende Steigerung der beweisführung, die wir be-
trachtet haben, nicht einreihen; es würde nicht richtig sein, wenn
man dagegen einwenden wollte, dasz ja der nachweis für die ab-
HNoetel: das Tierte capitel im ersten buche der Kikom. etbik. 35
(ichtliehkeit dieser sieigenmg nicht beigebracht worden Bei: denn
giiu ftbgefiehen davon dasz ein solcher nachweis sich überhaupt
Hom einmal stricte f&hren iSszt, ist erstens die Steigerung an sich
tm 80 gewöhnliches vehikel des logischen Verfahrens, und zweitens
liegt diese Steigerung hier so anf der band, ist so ungekünstelt, dasz
die annähme wenig glaublich erscheint, Ar. solle sich ihrer beim
niederschreiben nicht bewnst gewesen sein, aber zugegeben auch,
(Usz man hiervon absehen mOste, so ftUt jedenfalls schwer ins ge-
wicht, dasz die beaiehung anf das &T€tOöv, also gerade derjenige
piraet, an dem allein dieses capitel seinen Zusammenhang mit der
etbik festhält, nnd der eben darum sowol in * 17 — 34 und ''5 — 7 als
udi in ^ 7 — 26 immer wieder betont wird, in jenem abschnitt nur
gU2 ioszerlich und vorübergehend berührt wird, und dasz, während
(Out immer gegen die einheit der idee des guten gestritten wird, dort
^«ndeia deren existenz angegriffen wird, man könnte auf die ver-
lOQtoog kommen, dasz jener passns überhaupt ein fremder bestand-
teil sei; er könnte wol so entstanden sein, dasz ein leser sich eine
Dotiz, deren gegen die ideenlehre polemisierenden inhalt er aus
irgend einer andern Aristotelischen stelle entnahm, an den rand
bchrieb zn der stelle ^ 7 ; ah man diese randbemerkung eines lesers
Ar den nachtrag eines abschreibers nahm , schaltete man sie wenige
TeileB zu hfüi ein ; aber ganz abgesehen davon dasz es nicht gelin-
ges würde diejenige stelle ausfindig zu machen, aus der unser ein-
Khiebsel geflossen sein möchte, so wird weiterhin (^ 33} ganz deut-
U auf diesen passns recapitulierend bezug genommen, und die be-
t^ttdhmg in der Endemischen und in der groszen ethik zeigt auszer-
^, dasz auch in der Nikomachischen die sonderezistenz der idee
osaütelbar angegriffen wurde, nun werden wir aber sehen dasz
Aoeb weiterhin alles so fest und eng an einander gefügt ist, dasz für
RS so fremdartiges einschiebsei nirgends ein platz übrig bleibt, da-
nun glaabe ich dasz diese werte an den eingang des capitels, * 17,
g^ltOroL dorthin passen sie mit ihrem durchaus prttparatorischen
<^vakter. indem Ar. sich anschickt die Verwendbarkeit der ideen-
■^ für die ethik zu prüfen, hebt er zunächst ein bedenken hervor,
^ üdi überhaupt gegen die annähme von ideen richtet , um dann
^•t sich dem eigenüichen gegenstände seiner Untersuchung zuzu-
veadca nnd die weitere ausftthrung, welche diese lehre von Seiten
iW niheber gefunden hat, vom standpuncte der ethik aus mit be-
itimmter nnd anssehlieszlicher beziehung auf das äyadöv zu prüfen.
die«« saaahme gewinnt eine stütze dadurch, dasz auch in der groszen
'^ (die Endemische behandelt die beiden puncte x^up^CTÖv und
i^vöv überhaupt promiscue) die abgesonderte existenz der idee zu-
Vit und in aller kürze berührt wird (s. 1182^ 12—18) und dann
c'vt die eingehende betrachtnng der idee als KOivöv folgt.
Dtr nädiste abschnitt reicht bis z. 31 oiKCiÖTCpov. worauf die
^H*, Bit welcher er beginnt, tcuic bfj X^t^Tm, abzielt, das ergibt
><b SOS ihrer darauf folgenden begründung. der ausdruck dtaOöv
8*
36 RNoetel: das vierte capitel im ersten buche der Nikom. ethik.
kann doch nicht zu denen gerechnet werden, unter denen lediglich
zufiKllig ganz verschiedene dinge sich zusammenfinden ; die unzweifel
haft vorliegende homonjmie musz vielmehr einen innem , logischen
grund haben, die verschiedenen möglichkeiten dafOr zählt nun Ar.
auf: weder die herleitnng der homonjmie aus der beziehung auf ein
gemeinsames ziel noch die aus der abhfingigkeit von einem gemein-
samen Ursprung ist ihm wahrscheinlich ; er entscheidet sich fOr die
annähme einer homonjmie aus der analogie. indem die daran sich an-
schlieszenden werte die yäp Iv cii^MaTi dipic usw. ganz aufTallend,
sogar in der anslassung des oStujc , an die erklftrung von analogie
(Metaph. IX 6 s. 1048 ^ 7 ibc toöto dv tout^i f^ npdc toOto, TÖbe iv
Tqjbc t{ irpöc TÖb€) erinnern, geben sie mehr als nur eine erlSuterung :
sie enthalten die begrttndung fCLr die entscheidung des Aristoteles,
die dipic ist ein äTo6öv (s. 1096^ 17), der voCc desgleichen (* 25);
die erklftrung für die flbereinstimmende benennung wird gefunden
in der übereinstimmenden Stellung welche sie, jedes in seinem kreise,
dem cüi\xa und der ipuxni einnehmen, ein weiteres eingehen auf
diesen gegenständ wird dann aber, als nicht zur gegenwärtigen
Untersuchung gehörig, ganz ähnlich wie ^ 7 f.* abgelehnt. — Fragen
wir nun nach dem Zusammenhang, in welchem dieser abschnitt mit
dem vorangehenden steht, so ist nicht schwer zu erkennen, was den
Ar. auf die hier besprochene frage geführt hat. mit den werten ouk
£cTiv äpa TÖ draGöv koivöv ti kqi xaTd M(av ib^av schlosz der erste
teil des capitels. die einheit des begriffs hat Ar. bestritten und, seiner
meinung nach , mit erfolg ; die einheit der benennung ist eine unbe-
streitbare thatsache die zur aufklärang, eben wegen dieses Wider-
spruchs, auffordert, die art aber, wie diese frage vorläufig erledigt
wird, führt zu dem ergebnis, dasz ihre besprechung gar nicht an diese
stelle gehören würde, und bereitet somit auf den schluszabschnitt
des capitels vor.
Dessen thema geben gleich die ersten worte an ö^ciuic hk xax
nepi TT^c ib^ac. die weitere besprechung der ideenlehre soll als ent
behrUch abgelehnt werden, nemlich als entbehrlich für den zusanmien-
hang der ethik. in den begründenden werten cl T^p xai . . ZiiTeiTai
z. 32 — 35 ist mit Bassow ao. das TÖ in z. 32 in Kai zu ändern. Ar.
gibt für den angenblick dasjenige ab richtig zu , was er bestritten
hat, dasz es ein einheitliches oder ein von den dingen gesondertes
gutes gibt; dasz aber dieses Zugeständnis auch in der that nur ein
augenblickliches sein soll , das zeigt schon die sprachliche form des
nachsatzes bf\kov ujc ouk &v cTti- Ar. stellt sidi auf diesen stand*
punct nur, um zu zeigen dasz auch von ihm aus und gerade von ihm
aus die ideenlehre für die ethik unfruchtbar bleibe; der grund ist,
dasz die idee gerade vermöge derjenigen eigenschaften , gegen die
Ar. polemisiert hat, nicht ein npaKTÖv oder ktiitöv dv6piuiti|i sein
könnte; vOv bi TOioÖTÖv T\ lr]TexTau weder gegen diese charakt«-
ristik seiner ethik, als einer durchaus auf das praktische und empi-
rische gerichteten Untersuchung (vgl. s. 1094* 22—24. 1095* 5 f.
RNoetel: du vierte cspitel im enten buche der Nikom. ethik. 37
16), Bodi gegen die eben aufgestellte behauptung in bezug anf die
idce daB guten erwartet Ar. irgend einen Widerspruch; er unterlftszt
daher auch die begrflndung der letztem, wol aber denkt er (z. 35)
tt die mOgliebkeit dasz man , wenn auch die idee selbst nicht em
irpcDCTÖv oder kthtöv ist, ihr oder der bekanntschaft mit ihr doch
mm praktischen nutzen beimessen möchte , sofern man meine dasz
ae als da muater dienen könne, in dessen besitz man im stände sei
ndi die praktischen und erreichbaren guter richtiger zu erkennen
oad leichter so erwerben (1097* 1 — 3). der Widerlegung dieser an-
sieht, der eis gewisser schein von richtigkeit nicht abgesprochen
wird (mScevÖTHTa pk^ ofiv ix^i Ttv& 6 Xöroc z. 3 f.)> ist der rest
des eapitels gewidmet, in dem zunftchst folgenden satze (bis z. 8)
ist tincriiiiatc in dem weitem verstände zu nehmen, in welchem es
«ach die rixvai in unserm modernen sinne umfaszt; das zeigt nicht
10 sehr TCXvirac z. 7 als die beispiele in z. 8 ff. ; der sinn der beiden
partieipia liptiptivai und dniZT|ToOcai (der paraphrast ergänzt sinn-
gemte dvairXripiXfcai) ist concessiy; dann ist der sinn des ganzen
psniu dieser: *die supponierte annähme von der praktischen nütz-
lidikeit der idee stimmt nicht überein mit der art wie die dirtCTi^jiai
betrieben werden: denn obwol sie doch alle nach einem dta6öv
•beben (vgl. s. 1094* 1 f.) und das was ihnen fehlt zu ergänzen
»eken, lassen sie doch seine (des obersten &Ta9öv) kenntnis bei
«ite; und es ist doch nicht recht glaublich, dasz die sämtlichen
nxvhoi ein so mächtiges hil&mittel (wie nemlich das oberste dta*
^ als iropdbciTMA sein würde) nicht kennen und nicht einmal nach
Maeo besitze trachten sollten.' der satz kommt also darauf hinaus,
ditt dem theoretischen scheine der richtigkeit eine unwahrschein-
Bdkett gegenübergestellt wird, die auf der empirie beraht. der
Bachvds, der im folgenden geführt wird, wie doch auch in der that
Toa dem obersten gut als TrapdbctTMO ein praktischer nutzen gar
u^t absoaelien sei, steigert diese un Wahrscheinlichkeit, indem er
^ verfahren der TCXViTai rechtfertigt , da ein ßoy|6T)M0t tiiXikoOtov
gv aidtt vorfiege: weder für den weber noch für den Zimmerer
aoeh für den heerführer noch für den arzt sei zum betrieb seiner
thitagkeit irgend ein nutzen von der kenntnis des guten an sich, von
^ sehaoen der idee zu erwarten (z. 8 — 11). auf ein bedenken ist
Ar. nur hinaiehtlich der ärztlichen kunst gefaszt: darum fügt er hin-
a (x. 11^13), dasz auch der arzt bei seiner behandlung nicht die
gwidheit an sich, sondern die menschliche gesundheit, oder viel-
Mbr die seines patienten im äuge habe.
Betrachten wir nun diesen ganzen abschnitt (von s. 1096 ^ 31 an)
i«h ciamal im zusammenhange, so ergibt sich dasz auch in ihm eine
'^vtlMlinde Steigerung stattbidet. in wie fem dieselbe in 1096 ^ 35
-1097* 18 an finden ist, davon ist so eben die rede gewesen, aber
•^ dieser ganie pasaus steht zu dem vorangehenden (s. 1096^ 31
-d6) in demselben Verhältnis: nachdem der idee des guten die
des npcncTÖv und kttttöv OTaBöv abgesprochen ist, wird
38 HGuhrauer: zu Plutarchoa ncpl ^oucucf^c [c. 3].
ihr schlieszlich auch das genommen, worauf sie allenfalls noch einen
anspruch auf berUcksichtigung in der ethik gründen konnte, die
praktische nützlichkeit. so zerf^lt das ganze capitel in zwei grosze
abschnitte: der erste (s. 1096^ 17 — ^ 26) bestreitet die existenz
einer idee des guten, der zweite (s, 1096^ 31—1097* 13), der
durch den überleitenden passus s. 1096*^ 26 — 31 mit dem ersten
verknüpft ist, concediert das bestrittene hypothetisch, um darzuthun
dasz eine idee des guten, wenn sie existierte, doch in der ethik keine
stelle finden könnte, das ist dieselbe steigernde weiterfUhrung der
gedanken, wie wir sie von s. 1096* 17—** 7 zu •» 7 — 25*beobachtet
haben, damit ist denn die in den anfangswoFten des capitels t6 be
kqOöXou ß^Tiov !cuic £niCK^i|iacOai kqI bianopficai ttuic X€T€Tai
liegende frage erledigt, und nun ist es an der zeit, dasz Aristotele.^
formelhaft abschlieezt (s. 1097* 13 f.) kqi irepl M^v toutuiv im
TocoÖTOV elpricOui.
Cottbus. Bichard Nobtbl.
6.
ZU PLÜTARCHOS nCPI MOYCIKHC
In cap. 3 s. 6, 1 (Volkmann) wird unter den ältesten com-
ponisten auch der Delpher Philammon genannt und von ihm gesagt:
dXXdi Kttl OiXdfiMWva töv A€X<pöv Atitoöc tc Kai 'ApT^jiiboc Kai
*AndXXu)voc T^veciv biiXoicai iv ^^Xeci koI xopouc trpüCiTov irepi t6
^v A€Xq)Otc l€pöv CTf)cai. Volkmann (s.62,45) gibt zu dieser stelle
aus Bürette in m6m. de Vacad. d. inscr. bd. XIV s. 314 folgende
notiz : 'Amjot dans sa Version omet Latone, soit par oubli, soit qae
ce nom manquät dans Texemplaire Grec du traducteur, comme il
manquoit apparemment dans celui du Gyraldi (bist. poet. II c. 65*^
ed. LB.) qui fait la memo Omission, en allöguant ce passage de
Plutarque.' Volkmann selbst fügt nichts hinzu, auch Westphal hat
die stelle unverändert gegeben, desgleichen die Didotsche ausgäbe»
mir scheint aber dasz, gleichviel aus welchem gründe die worte
AiiToGc T€ Kai in der Amyotschen Übersetzung weggeblieben sind,
durchaus nicht zweifelhaft sein kann, dasz sie wirklich zu tilgen
sind, denn wer hat je von einer sage gehOrt, welche die geburt
der Leto znm inhalt hat? meines Wissens gibt es eine solche sage
nicht; es kann also aach von keinem dichter erzählt werden, er habe
die geburt der Leto in seinen poesien verherlicht. das kann Plutarch
in keiner seiner quellen gefunden haben ; dasz er aber aus sieh etwas
so thörichtes sollte hinzugesetzt haben, wird man ihm nicht zutrauen
können, wie überaus verständnislos er sich audi bei seiner com >
pilationin dieser ganzen partie zeigt, es liegt vielmehr hier offen-
bar ein glossem vor; vielleicht hatte der glossator dazu geschrieben
At^toOc T^Kva, und aus dieser glosse, nachdem sie in den tezt ge-
rathen war, ist Ar)ToOc T€ Ka\ geworden.
Waldbnburg in 80HLBBIBN. Heimrxch Guhraubr.
FSchöll: litterarisches zu Plautus und Terentius. 39
7.
LITTEEARI8CHES ZU PLAUTUS UND TBRENTroS,
L
Die stelle des DonatuSt nach welcher man früher das lebensalter
des Plautus unter das des Ennius herabdrOckte, ist durch Ritschi für
alle zeit unschädlich gemacht, ich glaube aber dasz jener Irrtum
überhaupt nicht dem Donatus selbst zur last flült, sondern erst durch
die Überarbeitung seines commentars verschuldet ist. es heiszt be-
kanntlich zu den werten Ändr. prol. 18 Naevium Plautum Ennkim]
in ginguUs fnagna emphasis esty sed ordo non est servcUus: Ennius
namque ante Plautum fuit. sed quod est summae auäaritatis, Ennium
iitttfNttm dixit, dabei ist nun auffallend , dasz der rhetorischen be-
merkung — und solche, oft recht treffliche, macht ja gerade Donatus
mit verliebe — in singulis magna emphasis est mit sed ordo non est
servatus eine chronologische notiz gegenübergestellt sein soll, die in
solchem Zusammenhang gar nicht passend erscheint nun ist aber in
den letztem werten zunächst auch noch nichts, was zu einer chrono-
logischen auffassung nötigte; es ist im gegenteil höchst beachtens-
wert, dasz der ausdruck ordo als rhetorischer terminus eine rolle
spielt, gerade bei Sätzen wie der vorliegende, ich führe die einschla-
gende stelle des Quintilianus an IX 4, 23 primum igüur de ordine.
eius observatio in verbis est singulis et contextis. singula
sunij quae aovvösxa diximus, in his cavendum ne decrescat
oratio et fortiori suhiungatur aliquid infirmius^ ut sacri-
Ugo für aut laironi petulans : augeri enim debent sententiae et insur-
gere. eine solche asyndetische aufzählung haben wir hier bei Teren-
tius : der ordo erforderte dasz dabei die gröste autorität zuletzt ge-
nannt wurde, und die war natürlich, wo es sich lediglich um komische
dichtung handelt, auch nach dem urteil der alten mit nichten Ennius,
sondern Plautus, und somit stehen die werte sed quod est summae
auctarücUis, Ennium tUtimum dixit im Widerspruch mit diesem urteil,
Tor allem aber im unverträglichsten Widerspruch mit dem sinne der
rhetorischen bemerkung in singulis magna , . non est servatus. da-
durch kennzeichnen sie sich deutlich als zusatz eines scholiasten, der
diesen sinn nicht verstand, der die rhetorische bemerkung chrono-
logisch auffaszte, imd der nun zugleich seinen dichter entschuldigen
wollte, vermutlich entstammen demselben scholiasten auch die vor-
hergehenden werte Ennius namque ante Plautum fuit. nicht unmög-
lich aber ist es, dasz er erst durch einen fehler gerade in diesem satze
zu seinem misverständnis verführt wurde, derselbe würde ja chrono-
logisch genommen einen haarsträubendem irrtum enthalten, als man
vor der zeit völliger Verwirrung und Verwilderung litterargeschicht-
licher kenntnisse irgend jemand zutrauen könnte : höchstens konnte
da, selbst irrtümlich, eine frühere geburt, nicht ein früheres leben
statuiert werden, hiesz es ursprünglich vielmehr etwa Ennius nam-
40 FSchÖll : litterarischeB zu FlAatos und Terentias.
que ^nominandusy ante PlatUum fuü^ eben der emjphasis, des ardo
wegen hätte Ennius besser seine stelle vor Plaotus gehabt; daroh den
ausfall von nominandus zwischen namque and ante wftre dann die vor-
liegende lesart entstanden, und an sie schlosz sich jener widersinnige
Zusatz an. wie gewöhnlich der so angenommene hergang in der scho-
lienlitteratur Überhaupt und bei Donatus insbesondere ist, bedarf
keines beweises. auch darauf braucht vielleicht kaum hingewiesen zu
werden, dasz nicht etwa gegen diese darlegungen eine instaaz bilden
kann das scholion zu Phcrm, proL 1 mit einer möglichen oder schein-
baren zurückbeziehung auf das in der besprochenen stelle fUscblich
betonte alter des Ennius. denn wenn es ao. heiszt: postqitam poeia
vetus] qui iam diu est^ non qui iam diu fuü: ergo ut vinum petus^ non
vetusid Ennius^ so könnte — jene beziehung als wahr angenommen —
diese bemerknng von demselben bearbeiter wie jener zusatz herrtlhren
oder von einem weitem scholiasten , dem das interpolierte scholion
vorschwebte ; allein vielleicht ist eine solche beziehung gar nicht be-
absichtigt, und dann kann in der that für den sinn der zweiten stelle
der bei anfführupg des Phormio bereits acht jähr tote Ennius als veius
qui iam diu fuit im gegensatz zu Luscius qui iam diu est gemeint sein.
Ich itige anhangsweise noch eine Vermutung bei Ober die stelle
aus Cicero de re pubUca IV (bei Augustinus de dv. dei II 9), welche
l^aevius und Plautus in eine Verbindung bringt, wie sie der litte-
raturgeschichte ins gesiebt schlägt: sed Peridem^ cum iam suae
tati maxima auctoritaieplurimas annos domi et beUipraefuiesä^
versibus et agi in scaena non plus decuit^ quam si Flauius noster
vdluisset aui NaeviusPubiio et Gnaeo ßcipionibus aut CaeciUus Marco
Caloni male dicere, man hat die Schwierigkeit wol bemerkt, aber
meines Wissens nirgends erledigt, dasz hier von Naevius anscheinend
so gesprochen wird, als ob derselbe nicht invecüven gegen die römi-
schen groszen und spedell den P. Scipio losgelassen hätte, und doch
ist und war das gegenteil bekannt genug, die allgemeine unwahr-
scheinlichkeit , dasz Cicero eine solche thatsaohe nicht gewust oder
nicht beachtet hätte, wird nun noch durch einen besondem umstand
vergröszert. in seinem Brutus 15, 60 nimt ja Cicero auf eingehende
forschungen ttber Naevius tod rücksicht, die er selbst und Varro an-
gestellt, und Varro gerade brachte die umstände des todes mit jenen
invectiven in Verbindung, das wissen wir aus Hieron jmus: nnd
wenn es im allgemeinen schon feststeht, dasz solche angaben bei
ihm im gründe auf Varro zurQckgehen , so erhält das hier noch eine
nähere bestätigung dadurch, dasz er den tod des Naevius in der
weise ansetzt, wie nach Cicero Varro that. ist damit die sachliche
Unmöglichkeit jenes irrtums für Cicero klar, so kommt dazu ein
allerdings untergeordnetes sprachliches bedenken : zwei beispiele —
Plautus (und Naevius?) gegen die Scipionen, Caecilius gegen Cato
— werden durch aut verbunden: sollen nun innerhalb des ersten
beispiels die anscheinend zusammenge&szten Plautus und Naevius
gleichfalls mit aui verknüpft sein? diesem kleinen sprachlichen wie
F8eii<Al: litterarisches zu Plsutas nnd TerentiaB. 41
d6B grossoi saohliehen flbelstande helfen wir ab durcb die gering-
fügig« imd gewöhnliche yertauscbnng von aut mit ut^ nnd dies ut
Naemu ftgt sich sehr wol in den ganzen Zusammenhang der Cicero-
fiiscben stelle. Cicero führt aus : wenn man auch manche inyectiven
den altattisdieii komikem hingehen lassen möchte, dasz sie selbst den
PeriMes aof der höhe seiner Verdienste und seines ruhmes nicht ge-
lefaoot bfttten, wttre ebenso unpassend gewesen, als wenn es Plautus
den Sdpionen gegenüber (oder Gaecüius dem Cato) noch hfttte
machen wollen wie sein vorgftnger Naevius; was dieser — freilich
n seiaflon schaden! — noch gewagt, das wollte mit recht Plautus
ud den nachfolgem nicht mehr angemessen erscheinen, ganz Ter-
«offieh wire es deshalb etwa [a}id Niieinus als glossem zu streichen :
Nasfins moste dem Cicero gerade in diesem Zusammenhang in den
KU hnmmen, nnd so yerflocht er die erinnerung an ihn mit dem-
Nibci auf das passendste.
n.
Die frage nach schauspielerzahl und rollenverteilung bei Plau-
Uv and Terentins hat noch keineswegs zu festen und sicheren resul-
UUm gellihrt, anch nicht durch die auf Ritschis beobachtung über
die bedeotniig der griechischen buchstaben gegründeten auseinander-
ictusgen , besonders Yon CSteffen (Acta societatis philologae Lip-
«aiblls. 107 ff.) und HBosse (quaestiones Terentianae, Leipzig
1S74). es liegft das zum teil an der beschaffenheit der handschrift-
Hcben unterläge, den yielfischen yerwechselungen der buchstaben,
««Um teils zo tahlzeichen und unsicheren ftnderungen, teils zu be-
daküdMn annahmen geführt haben, ich kann und will hier nidit
a&M wieder dnrdiaprechen , sondern möchte nur eine oombination
■itttäen, welche vielleicht im stände ist den schwankenden unter-
nekangen einen festem grund zu geben, vielleicht auch ein weiteres
ateiMse so gewlhren.
Ich sefaieke die bezüglichen werte des Enanthius de comaedia
vorstts, von welchen die genannten bearbeiter wie ihr vorgftnger
Nehnidt (über die zahl der Schauspieler bei Plautus und Terenz»
Erittgen 1B70) mit recht ausgegangen sind, und welche seitdem
dveh die diplomatische ausgäbe von Beifferscheid (vor dem index
NhoL VratisL hib. 1874/75 s. 4) einen kritischen übelstand verloren
«ad «n weiteres characteristicum gewonnen haben : et ad üUimuim qui
paHium^ ^ eeeundarum partium tertiarumque, qui quarii
eCfiie qmktü aetares esaent^ distribuium et divisa quinquepartüoadu
^ Mo fahmla, die abgesdimackte beziehung, welche der grammatiker
te ud anderwärts zwischen der fttnfzahl der Schauspieler und der
•^ slatQiert, können wir auf sich beruhen lassen: beeintrftchtigt
Bi deck nieht die gültigkeit der angäbe selbst, dasz in der neuen atti-
«chta koBÖdie fünf Schauspieler üblich waren, dabei bemerkt Bosse
■H recht, dasz bei der hier durchgeführten vergleichung mit den
verfailtnissen das fehlen einer abweichenden angäbe über
42 FSchGll: litterariftches zu Plautus und Terentiut.
diese auf gleichheit in diesem puncte hinführe, damit verbindet sich
nun sehr ansprechend das schon von Schmidt dargelegte resaltat,
dasz s&mtliche Plautinische comödien auszer Budens und Poenulus
und von den Terenzischen wenigstens zwei stücke, Hecjra und Hau-
tontimorumenoSf mit fünf schauspielern aufgeführt werden konnten,
indessen da diese möglichkeit bei den genannten Plautinischen und
den übrigen vier Terenzischen stücken nicht vorhanden ist, da hier-
durch zugleich zweifelhaft erschien, ob da wo die beschrilnkung allen-
falls möglich ist dieselbe wirklich auferlegt, war , wenn doch über-
haupt eine gröszere zahl verwendet werden konnte und öfters muste,
so kam man nicht eben weit mit jener beobachtung. Steffen verlangt
von vorn herein sechs Schauspieler, und auch Bosse hält trotz einiger
einwendungen diese meinung für 'quodam modo' annehmbar; beide
aber müssen noch mehrfach darüber hinausgehen, Bosse nicht so
oft und stark, weil er, wie gleichzeitig andere gelehrte (Dziatzko,
W Wagner), auch eine Verteilung derselben rolle unter mehrere Schau-
spieler für zulässig und thatsächlich erklärt, besonders betont Bosse
auch, dasz zwei hauptschauspieler vor allen übrigen bedacht worden
seien, und dafür will er noch einen umstand geltend machen, der
recht erwogen und gründlicher vorgenommen uns zu einem ganz
andern und neuen resultat führen wird. Bosse sagt s« 47: 'sen-
tentia mea vero confirmari videtur eo, quod etinomnibusdidas-
caliis praeter eam quae Ambrosiano codice traditaest
et in Omnibus Donati praefationibus duo actores ad unam
fabulae actionem commemorantur' und wieder s. 49 : ^explicavimua
quomodo factum sit ut in omnibus didascaliis Terentianis
dnorum actorum nomina inveniantur.' das hat nun Bosse allerdings
nidit gezeigt und konnte er nicht zeigen, schon das 6ine ist bedenk-
lich, dasz er zwar zugibt, der ausdruck egÜ oder egere habe von haus
aus in den didascalien 'zur aufführung bringen' bedeutet, also den
dominus gregis bezeichnet, dasz er aber annimt^ derselbe sei durch
misverständnis der grammatischen bearbeiter der didascalien auf
die beiden hauptacteurs bezogen worden, vor allem aber hat Bosse
nicht einmal den thatbestand richtig und genau angegeben, aller-
dings heiszt es in den didascalien zu Andria, Eunuchus, Phormio
und Adelphoe egere L. Ambivius Turpio X. Aiüius Praenestinus^ und
nur insofern zeigt sich bei zweien derselben noch eine ab weichung,
dasz in der einen Überlieferung an zweiter stelle der name Minudus
Prothumus erscheint, diese namensdifferenz und ihre erledigung hat
natürlich für die uns beschäftigende frage gar keine bedeutung; von
wesentlicher bedeutung ist es dagegen , dasz wir jenen vier didas-
calien, in denen mit egere zwei namen eingeführt werden, zunächst
die didascalie zum Hantontimorumenos gegenüber zu stellen haben,
wo es einfach heiszt egü ÄmbivitAS Turpio (gerade so wie in der
Stichusdidascalie (egü) T, Füblüius FeUio)^ und dazu gesellt sich
die Überlieferung der Hecjrradidascalie mit egit Luc. Ambivius Luc.
Sergius Turpio: daraus macht man durch Umstellung wieder zwei
FSchöll: litteArisches zu Piautas und Terentius. 43
ädores; wenn wir aber bedenken, dasz von den beiden namen, welche
xwiscken nomen nnd cognomen des Terenzischen damiims gregig ein-
gcsdioben sind, der eine das praenomen dieses dominus wiederhoU,
dsss sndem egü^ nieht egtre überliefert ist: dann werden wir vielmehr
inzonehmen haben, dasz durch ein versehen Ltic. Sergius hineingekom-
men war und durch Lue. Ambivius corrigiert wurde — daher die stel-
kmg, daher das egü: und so egüque L, Ambivius bietet I>onats prae-
fstio. die willkttr derjenigen bearbeiter der Terenzischen didascalien,
welehe entgegen der üb^lieferung überall egU statt egere (oder gar
^htnlilpgere mit zwei namen) herstellen wollen, brauchen wir in einer
(Uriegang kaum ^u erwähnen, welche eben so sehr sich auf die über-
Uefenmg gründet als ihrerseits dieselbe begründen wird, wol von
aelbst hat jetst schon jeder aufmerksame leser den angegebenen that-
beitud in gedanken combiniert mit dem vorher berührten umstand,
dftiz gerade die beiden stücke Hautontimorumenos und Hecjra die
ffl^liclikeit boten, durch die als stehend überlieferte zahl von fünf
adianspielem dargestellt zu werden, und damit wieder wird man
QiwiUkflrlich sogleich die weitere thatsache verbinden, dasz gerade
dieie stücke notorisch nicht contaminiert sind, von den übrigen da-
gegen dni sicher, der Phormio vielleicht aus zwei stücken zusammen-
i$«irbeitet ist. nnd daraus ergibt sich meines erachtens folgendes
gesicherte reaultat: fünf schanspieler waren herkümlich in der neuen
attischen komödie; diese einrichtung übernahmen die Bömer: eine
caUna bestand aus fünf aäares^ unter denen der erste zugleich dami-
mugregis war; erforderte ein stück mehr personal, so wurden zwei
tBimae zusammen gemiethet, daher das ^ere mit zwei namen, zwei
<Miii in den personenreicheren stücken des Terentius, wie dies'auch
Dositos an die band gibt praef. Ad. s. 7, 10 Bff. wenn aber unter den
TeicBsJichen stücken nur zwei sich mit der herkömlichen zahl be-
gBfigca, wfthrend unter den weit zahlreicheren Plautinischen nur
eben so viele dieselbe überschreiten, so steht das im besten einklang
Bit dem gesteigerten aufwand überhaupt, und mochte dem Teren-
üu noch durch seine vornehmen gönner besonders erleichtert, firei-
üch wol auch durch seine Widersacher besonders geneidet werden.
ÖS aber denn doch überhaupt auch unter den Plautinisuhen stücken
zvci schon sich ein mehr gestatten , so ist die mOglichkeit offen zu
Uten, dasz auch bei anderen stücken, die allenfalls von fünf auf-
ftfUirt werden konnten , doch mehr verwendet wurden, hier kann
ucht allein die beobaehtung gewisser unzutrftglichkeiten , die durch
lia SQ besehrftnktes personal entstehen konnten, ins gewicht fallen
— dsrgleicben hat keine durchschlagende beweiskraft — wol aber
kua gende hier, auf dem gewonnenen boden, die Überlieferung der
pieeUsehen bnchstaben erg&nzend eintreten , nnd gerade hier Ittszt
nch Boch ein specieller gesichtspunct geltend machen, in der stelle
dci Eoanthius» von der wir ausgehen musten, sind — nnd zwar erst
uch der durch Beifferscheids ausgäbe gewonnenen gestalt — deut-
*^ zwei gruppen unterschieden, drei hauptschauspieler (nicht zwei.
44 FSchöU: litterarischea zn Plauhis und Terentius.
wie Bosse will) , yon denen natürlicli der erste wieder bedeutender
sein muste, nnd zwei untergeordnete: das gibt teils die Wiederholung
des quiy teils der Wechsel yon qui primarum partium, quiseatnäa-
rum partium tertiarumque mit qui quarti loci aique qui^Ui aäares
essent unzweifelhaft an die hand{ und das Verhältnis ist zudem durch-
aus sachentsprechend, man vergleiche auch Donatus praef. s. 3, 6;
6, 20; 10, 1; 14, 9 Bff. (etwas anders 12, 15). mit dieser deut-
lichen Unterscheidung berührt sich nun offenbar der unterschied in
der buchstabenbezeichnung, dasz die hauptrollen durch die anfangs-
buchstaben des alphabets, die nebenrollen durch spätere schriftzeichen
notiert sind : es liegt auf der band, in welcher weise dies zu verwerten
sein wird, endlich aber erö&et sich noch eine weitere aussieht , die
schon damit angedeutet ist, dasz bei Terentius gerade zwei nicht
contaminierte stttcke durch fünf Schauspieler darstellbar sind und
wirklich yon 6iner caterva dargestellt wurden, steht dies in innerm
zusammenhange y so würde folgen, dasz demnächst auch der Phor-
mio und weiter von Plautus Budens und Poenulus contaminiert sind,
und dasz gerade was die erhöhte schauspielerzahl nötig macht uns
art und grenzen der contamination an die band gibt, es hätte dann
unsere darlegung einer schon öfter aus bloszer Vermutung hingestell-
ten meinung thatsächlichen anhält geboten, und für die so vagen
Untersuchungen über contamination wäre wenigstens einiger anhält
gewonnen, natürlich ist aber auch die bedeutung dieses gesicht&-
punctes, wenn er überhaupt sich bewähren sollte — und das musz
näheren forschungen vorbehalten bleiben — eine sehr beschränkte,
da ja contamination zu einer Vermehrung des personals sehr leicht
führen konnte, nicht aber dazu führen muste, also ein durch fünf
adares spielbares stück nichtsdestoweniger contaminiert sein kann,
und so werden wir uns wol auch fürderhin mit der allgemeinen
thatsache begnügen müssen, dasz Plautus contaminiert hat , können
vielleicht hinzufügen, dasz auszer den Commorientes die beiden stücke
Budens und Poenulus contaminiert sein mögen; den nachweis im
einzelnen können nur die glücklichen unternehmen, welche das giäs-
chen wachsen hören.
m.
*Quam fabulam graecam Plautus Sticho ezpresserit, nesdmus;
verba enim adelpkoe menandbu in versu 6 corrupta esse apparet
(conf. Bitschelium parerg. I pag. 270 seq.), nee constat utrum fa-
bulae an poetae an adeo utriusque nomen falso in didascaliam
irrepserit' so äuszert sich Studemund in seiner sonst in jeder be-
Ziehung gründlich abschlieszenden behandlung der Ambrosianischen
didascalie (commentationes philologae in honorem Th. Mommseni
s. 801), und er gibt damit zu erkennen, dasz er von den ausfüh-
rungen Bitschis, auf welche er im allgemeinen verweist, nur das
negative , nicht das positive billigt, in der that ist es unbegreiflich,
wie man die von Bitschi allerdings näher und besser begründete
FSehöll: litterariiclies zu Plautas und Terentiiu. 45
b/potbase KFHennaims, dasz philadelphoe menandru zu lesen sei,
«asi meist angenommen hat ist sie doch in Teuffels litteratur-
gesefaichte als nackte thateache, ohne Fragezeichen hingestellt, wfth-
rcnd zh. die besser begründete hypothese Ladewigs über das original
der Menaedunen angezweifelt wird, nnd doch hatte Ritschi selbst
tJB dorchschlagendes bedenken nicht unterdrückt, wenn er auch das
gewicht desaelben berabzndrücken sachte, es spielen im Stichos
xwei brfider und zwei schweetem.; allein weder die liebe der scbwe-
iterm anter einander noch die der brüder anter einander wird ge-
schildert, anch nicht die liebe der brüder zu den Schwestern irgend
hecaii«gelioben , sondern nur die liebe der beiden Schwestern zu den
beiden brfldem ist es, wodurch die handlang bedingt wird, während
nf^eidi die Hebe der brüder zu den sehwestem zwar nicht so aus-
drfleUidi hervorgehoben wird , aber doch aus ihrer treuen rückkehr
nad ihrem goten einvernehmen erhellt der begriff der gattenliebe
iit €s also, welcher der tendenz des Stückes entspricht, keineswegs
der der geaehwiaterliebe, der doch in <piXdb€X90C liegt über die in
diesen worten geftuszerten bedenken wollte sich ätschl mit der
thitaaehe bemhigen, dasz titel im altertum nicht vom wesentlichen
dei inhalta entnommen za sein brauchen, allein hier wAre ja nicht
fianal etwas unweeentliches, sondern etwas gar nicht hineinspielen-
des nun titel genommen: denn wenn Bitschi schlieszlich 0iXdb€Xq>oi
ftboeettt *die beiden sich liebenden geschwisterpaare', so fehlt einer
»oldwn deutung doch jeder halt nehmen wir noch hinzu dasz die
ftigmente der <^iXd2>€Xq>oi sich wol allenfalls mit dem Stichns ver-
■itkeln lassen, dasz sie aber keine einzige auffiLllige übereinstim-
■a«g zeigen, dasz sie somit nach allen erfahrungen auf diesem ge-
Vi«U der forschung einer begründeten identitfttsannahme nicht im
wijge stehen, keineswegs aber selbst eine solche annähme begründen
Uaaen: dann mnsz man Studemund gewis recht geben, wenn er
dine so positiv hingestellte Vermutung einfach hat fallen lassen,
ich fennag aber dieselbe noch weniger zu billigen, weil ich nicht
«iamal — wie Stademnnd ao. — in den negativen darlegungen, auf
««kken jene vermutong basiert, Bitschi beistimmen Kann, ich glaube
vietaidur, jn ick glanbe zu wissen dasz — wovon seit Bitschi nie-
■and etwas wissen wollte — zwei verschiedene stücke des Menandros
«Bter dem titel 'Ab€XqK>i existiert haben, von denen das eine Teren-
tiiu, das andere Plautas übertragen hat. Bitschi sagt ao. s. 270, er
würde die müglichkeit dieser annähme nicht einmal erwähnen, wenn
licht Menanders *Ab€Xq>oi ß' ?nrklich einmal in den scholien zu Pia-
ton s. 319 Bk. citiert würden; er fügt aber hinzu: gegen dies citat
■firache spfort entscheidend, dasz gerade der gedanke, um deswillen
jcaes scholion Menanders Adelphen anführt (KOivd rd Tdiv (piXuiv),
tkh bei Terentias wiederfindet {ad. 804 cammunia esse amicorum
«<<r je einia), nicht etwa bei Plautus im Stichus. darauf ist zu
«widern: angenommen einmal, jenes citat wäre richtig — was
Ugt daraus als dasz eben Terentius die zweiten Adelphen des Me-
46 FSchÖll : litterarisches zu Plautus und Terentiae.
nandros, Plautus demnach die ersten übertrug? denn wenn Bitfichl
sagt, gerade das Terenzische stück würde unter der Voraussetzung
von zwei gleichnamigen komOdien als 'Ab€Xq>oi a"" zu bezeichnen
sein, so entbehrt diese behanptung des grnndes. Bitschi meinte
aber mit Grauert (bist. u. philol. anal. p. 136 f.) und Könighoff (de
ratione quam Ter. in fabulis graecis latine convertendis secutus est,
Köln 1843, s. 62), auf das einmalige eitleren von 'Ab€Xq>o\ ß' sei
nichts zu geben und jenes ß' entslamme einer corruptel. dasz der-
gleichen comiptelen vorkommen, kann und braucht ja nicht geleug-
net zu werden ; in diesem falle handelt es sich aber nicht um eine
einmalige citation. das zeugnis der Platonscholien tritt bestfttigend
zu dem der ßtichusdidascalie, spricht direct dasselbe aus, was jene
implicite enthält, wenn nun zu diesem doppelten Suszem zeugnis
für eine zweite Menandrische komödie 'AbeXqpoi die innere bestftti*
gung hinzutritt, dasz im Stichus wirklich zwei brüder eine so her-
vorragende rolle spielen, dasz um ihre heimkehr sich das ganze stück
dreht: so darf man schon hier fragen, was man eigentlich noch mehr
verlangen soll? und doch kann einem weitem verlangen genfige ge-
schehen, bei Stobaios anth. LVI 3 finden sich unter dem lemma
Mcvdvbpou 'AbcXcpuiV folgende verse: xa^P*» ^ «P'^H V\j ^*o xP^^vou
TToXXoO c ' IbuiV I dcTTdZofim • touti TÖtp oö nficav ttoiä | Tf|V Tflv,
ÖTttV bi TOUflÖV ic\h\3J XWJp(0V | TÖ T^P Tp^<pOV fl€, TOÖT* ^ydl XpIviU
Oeöv. in der gröszem ausgäbe des Menandros nahm Meineke an , das
konnten nur worte des Demea sein , der auf sein landgut zurückge-
kehrt darüber seine freude ausspreche , und Meineke schlosz daraus,
bei Menandros hfttte im gegensatz zu Terentius das stück teilweise auf
dem lande gespielt, dagegen machte Grauert geltend, eine solche an-
nähme sei von vom herein bedenklich , verstosze gegen die drama-
tische Ökonomie, zudem aber passten für die angenommene Situation
nicht die worte btd XP<^vou iroXXoO c^ ibd)V. (übrigens passt
das ganze auch nicht Älr den charaktcr.) da nun Justinus n€p) fio-
vapxtac den letzten vers xd f&p Tp^qpov ^€, toOt* ifw Kp(vui 6€Öv
als ^v 'AXicCci vorkommend citiert, so nahm Grauert ein falsches
eitat bei 8tobaios an und verwies sämtliche verse in die *AXi€tc. dem
schlosz sich Meineke in den fragm. com. gr. IV s. 76 an und ebenso
Ihne (quaestiones Terentianae, Bonn 1843, s. 31). wenn wir aber
nun im Stichus III 1 finden, wie der eine bruder heimkehrt von der
langen reise, wenn derselbe IV 1 nochmals darauf zurückkommt und
V. 18 f. (s= 523 f.) sagt: {idm redeo,) nimidst roluptas^ $( diu
afueris domo, \ dömum übi redieHs, si tibi nuUa aegritudo animo
öbviamsi : sollen wir da bei Stobaios abermals eine ähnliche corruptel
annehmen wie in der didascalie und dem scholion — oder sollen
wir auf ein solches zusammentreffen etwas geben? dasz Menandros
die gnome rd jap Tp^90V usw. auch in den 'AXteic verwenden
konnte, bedarf keines beleges, man braucht also gar nicht etwa bei
Justinus eine citais Verwechselung anzunehmen : und doch wäre dies
ebenso berechtigt wie die umgekehrte annähme jener gelehrten, ja
FSchW : litterarisches zu Plautas und Terentius. 47
jiUt Boeh berechtigter, da wir yon den 'AXi€ic gar nicht wissen, ob
eine (teile wie die bei Stobaios citierte in die handlung passte , wol
iber Ton unsem Adelphen. aber noch nicht genug, dieselbe yer-
wechselong des citates 'Ab€Xq>ot mit 'AXi€tc hat Ihne ao. s. 32 nach
Be&fejB Yorgang noch einmal statuiert fttr Athenaios X 431*^ mit den
TerMDÖKTUI TtC ÖlTOXCTv &V€ßÖa Ka\buib€Ka I KUdGODC, l\X)C KaT^C€tC€
qHXoTi^oü^evoc. (fix die Schilderung eines trinkgelages mit comment,
wie es diese verse voraussetzen, ist allerdings in den Menandrisch-
Terensischen Adelphen kein schicklicher platz; bevor wir aber zum
Tierteiunal dasselbe wegcorrigieren , werden wir uns besinnen , dasz
wir am scbloaz des Sticfans das allerausgedehnteste trinkgelage vor
nns sehen, wo na. vorkommt (v. 706 ff.) vide quat cyathos hü^us.
r M qitat dfgiti Hbi «unl in manti. | cdntio graecäst: fl itivx^ ^ xqIu
w 1) ^if xmapa. | f iiOn propino. ddcumum a fönte t^ tute inde^ $i
9Qfis, wir Bind aber auch damit noch nicht zu ende, ich will kein
gewicht dmraaf legen, dasz der vers Ti noXXa TTipcTv TroXXä bei
bchoutöra; beiTerentios nichts entsprechendes hat, sehr wol aber
ia original des Stichns I 2 im gesprSch des vaters mit den töchtem
vorkommen konnte, vgl. v. 135; aber noch zwei weitere Fragmente
•SB Monanders Adolphen, welche uns Stobaios erhalten hat, für
die man keinen oder keinen passenden platz in dem Terenzischen
ittck aasfindig machen konnte, geben eine unmittelbare handhabe
nr a&knflpfang an den Stichns. zunftchst: oö iravTcXaiC bet ToTc
voviyK>ic iiTiT^iT€iv, | dXX* dvTiTdTT€c6*- €l hl fif|, Tdvuj Kdrui I
^ürv 6 ßioc Xnc€t ^6TacTpaq>€\c 6Xoc. über die mofe curU>si , male
«oMm macht der parasit im Stichns ganz fthnliche refiezionen v.
198 £ sed cwrion 9%M hie compdwris mcMy \ äli^nas qui res cürant
Mm mdMMNO, | quibus ipsis nuüast r6s quam procur6nt sua. noch
Behr aber ist zu geben auf die verse : f pTOV eöpetv cuTT^vf) | n^VT)-
t6c kviv* oiibk ek t^p ömcXotci | aimli iTpocr)K€iv töv ßoriOeiac
Tnric I bcöpevov* aircicOai xdp d^a ti irpocboK^. diese worte, wel-
the bei Terentius kaum eine oder nur eine ganz ftuszerliche, deshalb
neh verschieden bestimmte anknüpfung finden konnten , berflhren
oaes der wesentlidien motive des Stichns , in welchem die brüder
Sich Vergeudung ihres Vermögens dem Antipho fremd und gleich-
gflltig werden, nm dann, mit schätzen wieder heimgekehrt, sofort die
Terwiadt&chafllichste liebe und Zärtlichkeit bei ihm zu finden.
Ich denke, dies alles ist hinreichend und mehr als wir brauchen :
ci könnte — so wenig ich dafür eine nötigung sehe — die eine oder
Midero von den vorgefahrten beziehungen wegfallen, und doch würde
tt Mch gerechtfertigt erscheinen, wenn ich aufgrund der gegebenen
MslUsnog im gegensatz zu Studemund und anderen sage: 'quam
Uolam graecam Plautns Sticho ezpresserit, scimus: verba enim
AottKOB MBMAHDBC in vorsu Gincorrupta esse apparet.'
Hbidblbbb«. Fritz Scholl.
48 RSprenger: zu TerentiuB Eunuchaa [prol. 4].
8.
ZU TERENTIUS EUNÜCHÜS.
Si quisqtUKmst, qui placke se studetU Inmis
quamplMrumis et minume mulios laSderty
«n Ms poeta hie nömen profttetür sw>m.
tum siquis est, qui dictum in se indem^ius
existumalnt ^sse, sicexfstumety b
respönsum, non dictum esse, qma laesü prior,
qui h6ne vörtendo et edsdem scribendö male
ex Grands hanis LaHnas fecU nön bonos»
es nimt mich wunder, dasz noch niemand an dem in se in v. 4, dessen
Überlieferung allerdings schon zu Donatus hinaufreicht, anstosz ge-
nommen hat. denn erstens ist die erklärung desselben, dasz mit dem
siquis Luscius Lanuyinus, der malevolus po^a, gemeint sei, durchaus
sprachwidrig, da cUiquis immer indefinit ist, wie ja auch Phofm.
prol. 12, wo dieselbe formel wiederkehrt {nunc siquis est, qui hoc
dicat aut sie cogüet), der dichter mit dem siquis irgend einen be-
liebigen aus dem publicum meint, zweitens wäre es Terwunderlich,
wenn der dichter sich bei seinem Widersacher, gegen den er ja sonst
ziemlich rücksichtslos vorgeht, vor einem neuen ausfall gewisser-
maszen entschuldigen wollte, dagegen muste ihm alles daran liegen
das publicum, dem seine worte gegen Luscius leicht zu hart er-
scheinen konnten, darauf hinzuweisen, dasz er sich im falle der not-
wehr befinde, das überlieferte in se wird daher weichen müssen,
fragen wir nun, was an dessen stelle zu setzen sei, so wird ein wort,
welches in der weise wie hier schon zur zeit der niederschrift des
ältesten codex nicht mehr gebräuchlich war, viel für sich haben,
nemlich in de, das ich hier am liebsten durch 'von dieser eeite' (dh.
von Seiten des dichters, in dessen namen der prologus spricht) über-
setzen möchte, anstosz und anlasz zur Verderbnis gab, dasz inde hier
von einer person gebraucht wird , was ja aber im altem latein Öfter
(Ter. ad. 47. PI. Ourc. 722. Lucr. Y 201) und sogar noch bei
Curtius m 1 , 8 begegnet. *
NoRTHBiM. Egbert Sprbhobr.
* [bekanntlich stellt sich inde sa tf wie Jane zu hte, iUine in Vle
usw. nnn wird aber in den Terenzischen prologen der dichter nie mit
is, sondern constant mit fde bezeichnet (vgl. Ritschl in ReifParseheids
Snetoni reliq. s. 606 s« oposo. III s. 242); also wird anoh oben nicht
inde sondern hinc zu corrigieren sein, hine pitrtieidamt um mit Servius
zn Verg. jlen. I 6 zu reden, cum sii loci adverbium, TereniiuM vehaU
ad perßonam trantttäit nsw. dieses hinc war vermutlich in einer nralten
hs. des diehters wegen des anlaats von inclemenUus ans^fallen, und
•in alter abscbreiber ergänzte, am den vers vor dem hiatns zu bewahren,
das, wie oben überzeugend nachgewiesen ist, sinnwidrige in se, A. F.]
PSchwenke: Ciceros quellen in den büchem de natura deorum. 49
ÜBER CICEROS QUELLEN IN DEN BÜCHERN DE NATURA
DEORUM.
L
Die nntersachongen über Ciceros quellen in der schrift de ncUura
deontm betrafen bisher fast ausschlieszlich die einzelne stelle I 25 —
41 ' ; alles nbrige war nur hie und da kurz berührt worden, so auch
ia Schömanns ausgäbe (4e aufl. s. 17 — 19). jetzt hat RHirzel in
dufm eignen buche* zuerst die frage nach den quellen des ganzen
werke« ausführlich und mit groszem Scharfsinn erörtert, viele that-
Sachen und gesichtspuncte klargelegt und festgestellt, vieles auch
zum bessern verstfindnis einzelner stellen beigetragen, dennoch ist
ooch manches fibrig, worüber auch die vorsichtige, viele möglichkeiten
erwXgende beweisführung Hirzels abweichende meinungen nicht be-
seitigt hat. diese hier hervorzuheben scheint um so mehr geboten,
ils alle künftigen Untersuchungen dieses gegenständes von der
Hinelschen arbeit werden ausgehen müssen, während es aus dem-
ielben gründe eine nutzlose Wiederholung sein würde, auf das, worin
mesae resoltate mit den seinigen übereinstimmen , noch nfther ein-
qgeken.
Wir beginnen sogleich mit dem ersten hauptteil der Ciceroni-
icben schrift, dem Epikureischen vertrag des Vellejus. über diesen
sieih Hinel der hauptsache nach folgende ansieht auf. von den drei
abtcfanitten, in welche der Vortrag zerföllt, ist der zweite (25 — 41)
ans Phflodemos iT€pt euceßeiac geflossen; die beiden andern (18—
ii und 42 — 56) müssen ebenfalls auf eine griechische und zwar eine
ipitepiknreischa quelle zurückgehen, welche jedoch die genannte
des Philodemos nicht sein kann , weil sich in ihr nichts Shn-
findet und weil 2 schlecht zu 1 und 3 passt. diese letzteren
dig^gen müssen aus 6iner quelle stammen , weil sie genau dieselbe
tandenz zeigen und 2 sich leicht herausheben läszt , ja vielleicht erst
ipiter von CSoero zwischen sie eingeschoben wurde, vieles spricht
UtiTy daes Cicero fOr sie ein werk des Zenon benutzte, zweifellos
scbeint mir, dasz teil 1 und 3 auf 6iner und derselben griechiscben
pelle beruhen; es handelt sich daher noch lediglich um den zweiten
hiatorisehen) teil, dessen quelle und verhSltnis zu den beiden anderen,
ftaa kann allerdings niemand die Verwandtschaft von 25 — 41 mit
lUodemos ir. cAc. s. 65 — 89 (Gomperz) leugnen; doch fragt es sich,
ot> Cicero direct aus Philodemos geschöpft hat (vgl Schömann '
i- 18; in der 4n aufl. bt er mehr zur bejahung geneigt), diese frage
Ui Hirzel (s. 5) für entschieden dadurch, dasz bei beiden autoren
' ieh citiere Dur nach paragraphen. ' nntersncbaogen bu Ciceros
M«a«phiacbaa Schriften von Rudolph Hirsel. I teil: de natura
^•fVB. Lcipiag, vtrlag von 8. Hirzel. 1877. IV und 244 s. gr. 8.
Ar clwft. phllol. 1879 hA. 1. 4
50 PSchwenke : Ciceros quellen in den bfiöhem de natara deomm.
an mehreren stellen die gleichen bttcher zu denselben zwecken citiert
werden, so Antisthenes OuciKÖc , Aristoteles irepl q>iXocoq>iac III,
Chrjsippos irepiOeoiv I. II, Diogenes yon Babylon nepi Ti\c 'AOnväc,
Xenophons apomnemoneumata; und es musz zugegeben werden,
dasz sich bei besserer erbaltung der schrift des Philodemos noch
mehr so auffallende Übereinstimmungen finden würden, dagegen,
meint Hirzel, können die abweichungen nicht in betracht kommen,
zumal sich die beiden stärksten derselben , die auslassung der Philo-
sophen Herakleitos und Prodikos, von deren besprechung bei Philo-
demos sich s. 70, 6* und 71, 6^ hinreichende andeutungen erhalten
haben, genügend dadurch erklären, dasz Cicero ihre lehren für über-
einstimmend mit der der stoiker , resp. des Persaios hielt und nicht
dasselbe zweimal geben wollte, nun gehen aber Herakleitos und
Prodikos den stoikem voraus , es würde also eine mehr als gewöhn-
liehe voraussieht Ciceros nötig gewesen sein, um an ihre Überein-
stimmung mit den später vorkommenden zu denken und sie deshalb
zu übergehen, dadurch wird dieser grund eben so unwahrscheinlich
wie die anderen dafür aufgesuchten, welche Hirzel mit recht zu-
rückweist.
üeberdies finden sich auch in dem besser erhaltenen teile des
Philodemos manche abweichungen von Cicero, wir sehen dabei
natürlich ab von der gröszern kürze des letztem, in folge deren von
dem bei Phil. 77, 1—12. 20-25. 79, 3—19. 28—35. 80, 26—82, 13
vorgetragenen bei Cicero keine spur vorhanden und Diogenes von
Babylon (Phil. 82, 14—84, 8) in drei zeilen abgefertigt ist auf-
fallender schon ist, dasz wir von der gesamtkritik der stoiker s. 84,
8 — 88, 24 bei Cicero nichts lesen, während er einen ausfaU ge^^en
Chrjsippos bringt (39 anf.), wo Philodemos nichts ähnliches bietet,
noch an zwei anderen stellen hat Cic. mehr als Phil. : § 39 ignetn
praeterea et eum quem ante äixi aethera, tum ea quae natura fluerent
atgue manarenty ut et aquatn et terram et aera^ dem nichts griechi-
sches zu entsprechen scheint', und § 40, wo Cicero mit den werten
idemque etiam legis perpetuae et aetemae tnm, quae qtMsi dux vitae et
magistra offidorum sü , lovem dicit esse eandemque fatalem necessUa-
tem appeüatj sempUemam rerum futurarum verüatem . . ausführt was
Philodemos nur mit dem werte Kai töv vöjüiov andeutet (mehr davon
81, 6 f.). die zweite stelle ist um so mehr beachtenswert, als die
A}iapiiivr\ als aeterna verüas auch § 55 bekämpft und diese defini-
tion durch de div, I 125 (vgl. de not. dear. III 14) als echt stoisch
erwiesen wird, als kleine Verschiedenheit ist noch anzuführen die
umgekehrte reihenfolge in der aufzählung der lehren des Persaios
(Ph. 76, Cic. 38) und des Chrjäippos (Cic. 39 solem lunam sidera
«s Ph. 80, 9 — 12; Cic. 40 idemque dispulat . . rdiquorum deorum
i» Ph. 80, 1—9, wobei noch m Cioeros werten Ph. 79, 24—28 mit
' Lecgniek 'ad eiDendandos . . Cic. libros de natara deomm qaid
ex Philodemo . . . rednodet* (Halle 1871) s. 44 MUt wol fälschlich PhiU
79, 20 ff. damit io besiehang.
PS^'^venke: Ciceroa quellen in den büchem de natura dcorum. 51
dO, 1 — 6 merkwlirdig veri^cbmolzeii ifit). wenn man endlich, wie
billig, nun sweiten teil des Epikureischen Vortrags auch die kurce
khtik der poetischen mythologie, des priester- und Volksglaubens
redmet, so ergibt sich die weitere differenz, dasz der entsprechende
abschnitt bei Philodemos der kritik der philosophen vorangeht, bei
(Scero folgt.
Wenn nun auch dies alles nicht unbedingt aosschlieszt, dasz
Phflodemoe Cieeroe quelle gewesen sein könnte, so verbietet es doch
ohne weiteres anzunehmen, dasz er es gewesen sein musz: denn die
aDgafthrten Verschiedenheiten , welche im falle dieses verh<nisses
nun teil onverstindlioh bleiben, erklfiren sich sehr leicht bei der an-
Bahne, dasz beide stellen selbst erst aus einem weiter zurückliegen-
den original geflossen sind, dessen benutzung durch mehrere selbst-
ventindlicb einige teils zuflSllige teils willkürliche discrepanzen her-
beifUrte. (fir dieselbe annähme spricht aber sehr die unwahrscfaein*
lidikeit dasz Philodemos , wenn er selbst das Verzeichnis der theo-
lognmena anfertigte, bei Diogenes von Babylon stehen geblieben
wire und nicht vielmehr die reihe der stoiker bis auf Poseidonios
Terf<^ hfttte. wir mflsten uns danach das original eher zur zeit
d€s Diogenes oder bald nach ihm entstanden denken , wfihrend die
iolgeBden Epikureer, welche über diesen gegenständ schrieben, das-
ttibe möglichst genau benutzt, natürlich auch die citate herüber-
gcBonmen hfttten, welche Hirzel die sache zu gunsten des Philodemos
n entBcbeiden schienen, in der that würde dieses verfahren durch-
MS dem bekannten urteil Ciceros über die Epikureer entsprechen :
«nlr« doium le^Uis . . ecteros causa incognUa candemnatis (n. d. II
73): denn sie folgten ohne eigene lectüre der gegner einfach dem
Tcrdammenden urteil ihrer schulgenossen.
Ist damit auch der ftnszere grund beseitigt, welcher anzunehmen
mang, dasz Cicero für die niehthistorischen abschnitte eine andere
fttXk benutzt habe als für den historischen, so besteht doch noch
der iuere : das schlechte verhftltnis des zweiten teils zum ersten und
dritten, dasselbe zeigt sich nach Krische *die theol. lehren der griech.
deaker' s. 23 f., Lengnick ao. s. 4, Hirzel s. 18 zunächst in dem über-
ginge snm historischen teil (25): atque haec quidem vestra, LudU^
fMÜ« varo aUa smt^ ah uUimo repetam superiorum^ während später
die stoiker nochmals vorkommen; dann in dem übergange zu diesen
iribst (36) : ui tarn ad vestros^ Bälhe^ veniam^ als ob er noch nicht
▼OD ihnen gesprochen hätte ; und endlich, abgesehen von diesen ein-
ftbrangen, in der doppelten behandlung Piatons und der stoiker.
•■ MfAülendsten sind sicher jene beiden Übergänge, freilich für die
yitPsn gerade am wenigsten beweisend, da sie wahrscheinlich Cicero
•Uein aagdiOren, der sich wol kaum so sklavisch an die form seiner
teriage band; anch spricht Ar seine Selbständigkeit in beiden fällen
die iteksichtnahme auf die dialogische form des Werkes, und nament-
ij^ die zweite stelle charakterisiert sich als eine von denen, durch
er an jene form za erinnern sucht, dabei vergiszt er leider
4*
52 PSchwenke : CiceroB quellen in den büchem de natura deorum.
selbst, was er früher gesagt bat ; aber dieses vergessen beweist nichtd
für seine quelle, auf einer gleichen fluch tigkeit beruhen die werte
in § 25 , für welche Hirzel als einzig natürliche erklftrung die Ver-
mutung aufstellt, dasz Cicero die neue quelle, mit der er hier begann,
noch nicht weit genug gelesen hatte, um zu wissen dasz auch in ihr
die stoiker behandelt waren, aber in demselben irrtum konnte er
ja auch befangen sein, wenn er dieselbe schrift wie in 18 — 24 weiter
benutzte , und sicher hatte er dann mehr Veranlassung zu der an-
nähme, die stoiker würden nicht nochmals kritisiert werden, als
wenn er zu einem neuen von seiner bisherigen quelle unabhftngigen
Verzeichnis der philosophischen theologumena griff, ein ganz fthn-
liches vergehen wie hier § 25 und 36 findet sich im zweiten buche de
divinatione (vgl. Schiebe 'de fontibus librorum Cicer. qui sunt de
divinatione', Jena 1875, s. 35), wo es § 49 heiszt : ostenta restant ; diese
werden kurz behandelt bis 50 sed quid plura? und darauf eine er-
zfthlung von der entstehung der haruspicina vorgebracht, schon 5 1
aber stoszen wir auf die auffallenden worte sed haec hadenus; nunc
ad ostenta veniamus. niemand wird diese Übergänge verschiedenen
quellen zuschreiben wollen , sondern jeder mit Schiebe ao. einsehen,
dasz Cicero, während er vorher wie nachher Kleitomachos folgt, nur
über jener aus einer anderen (nicht griechischen) quelle eingescho-
benen erzfthlung seine früheren worte vergessen hat. an unserer
stelle ist jedenfalls die Schwierigkeit der lateinischen wiedergäbe des
Stoffs von § 25 ff. und die länge der darauf verwendeten zeit die Ur-
sache, dasz er sich der in 25 gebrauchten worte oder auch seiner
damaligen absieht, die stoiker später zu übergehen, nicht mehr
erinnerte.
Bedenklicher aU die besprochenen worte könnte es scheinen,
dasz Piaton und üie stoiker überhaupt nochmaU ausführlich behan-
delt werden, jedoch sind Wiederholungen auch in den nichthistori-
schen abschnitten nicht vermieden (vgl. 24 : 51), und es kann streng
genommen nicht einmal als solche gelten, wenn in der einleitung
Piaton und die stoiker vorläufig bekämpft und dann in der histori-
schen aufzählung auch ihre ansichten vorgetragen und kritisiert
werden, wenn trotzdem die doppelte behandlung bei Cicero aoff&llt,
so trägt dieser allein die schuld, wie ein näheres eingehen anf die
mutmaszliche beschaffenheit seiner quelle zeigen kann, es wird da-
durch zugleich sein verfahren bei benutzung derselben in ein helleres
licht gesetzt werden.
Dasz § 18 — 24 nach einer griechischen quelle gearbeitet sind,
ist trotz der Verneinung Erisches s. 22 unzweifelhaft, es wird jedoch
für unsem zweck nicht unnütz sein, dies etwas ausführlicher nach-
zuweisen, als es Hirzel s. 12 gethan hat. an eine benutzung von
Lncretius V 110 ff. ist natürlich nicht zu denken, wie Hirzel s. 9 ff.
gegen Krische beweist, dagegen auch die ähnlichkeit der beiden
stellen nicht zu leugnen, deren Verhältnis erst durch eine dritte, ps. -
Plutareh plac. phil. I 7,4 — 10, unverkennbar ein ezcerpt aus einem
PSchwenke: Giceros quellen in den büchern de natura deorum. 53
Epikoreisclieii werke, aufgeklftrt wird, zur übersichtlichen ver-
gleichung folge der gedankengang dieser drei stellen :
Cic. 18 — 24: ich lehre weder die weltschöpfung des Platoni-
schen Timaios noch die Vorsehung und göttliche weit der stoiker (18).
gegen Piaton ist einzuwenden: wie kann man von einer solchen
weltscböpfong kenntnis erhalten, ja sie überhaupt nur denken ? und
wie konnte Piaton eine erschaffene weit ewig nennen (19 f.) ? gegen
die schaffende Vorsehung der stoiker gilt ungefähr dasselbe, nur
setzen sie sich gerade in Widerspruch mit Piaton, indem sie die ewig-
keit der weit leugnen (20) , beide aber lassen unerklärt , warum die
Wirksamkeit der gottheit erst an einem bestimmten zeitpuncte ein-
trat (21). doch wol nicht weil vorher der gott die arbeit scheute ?
oder that er es, um besser zu wohnen ? dann hätte ihm vorher etwas
zur glttckseligkeit gefehlt (22); oder um der menschen willen?
sidier nicht wegen der wenigen weisen ; aber ebensowenig kann er
fUr die thoren gearbeitet haben, da sie ja beständig unglücklich sind
(23). endlich ist auch die stoische ansieht von der weit als gott zu
Terwerfen : denn ein vernünftiges wesen kann nur menschengestalt
haben , und die angebliche Schönheit der kugelform beweist nichts
dagegen, femer steht die Umdrehung der weit in Widerspruch mit
der glückseligkeit der gottheit, wie auch einzelne teile der erde, mit-
bin der weit «=r gottes unglücklich sind (23 f.).
Lucr. V 110-^234 : die weit ist nicht ewig und göttlich (110—
25), denn vemunft kann nur in menschengestalt wohnen (126 — 45).
die götter wohnen nicht in der weit, denn sie bestehen aus zu feinem
Stoffe (146 — 55), haben auch die weit nicht erschaffen (15G — 05),
denn sie hatten keinen grund sich unsertwegen zu bemühen (165 —
ß7) und überhaupt ihre frühere ruhe zu verlassen (168 f.). letzteres
wäre nur begründet, wenn sie vorher unglücklich gewesen wären
tl70 — 75); aber auch das erstere anzunehmen ist unstatthaft, weil
e» uns eben so gut wäre nicht geschaffen zu sein (176 — 80), ferner
weil die götter vor der Schöpfung noch keinen begriff vom menschen
haben konnten und man deshalb doch erst die mechanische Verbin-
dung von atomen annehmen müste (181 — 94). dem göttlichen Ur-
sprung der weit steht endlich das Übel entgegen , welches überall in
derselben vorhanden ist (195—234).
Plac. phil. I 7, 4 — 10 : Piaton behauptet (im Timaios) die gött-
liche weltschöpfung; aber wie konnte diese sein gott ausführen?
und wie kann dieser gott selbst rund sein, tieferstehend als ein
mensch (4)? auch Anaxagoras lehrt eine göttliche weltbildung,
unterscheidet sich aber von Piaton, indem er die materie vorher
mhen läszt, während jener eine ursprüngliche bewegung annimt
(5f). gegen beide aber ist einzuwenden : die arbeit der weltschöpfung
widerspricht der glückseligkeit des gottes (7); femer bleibt uner-
klärt, warum der gott von einem gewissen zeitpuncte an die weit
schuf, er hat doch vorher nicht geschlafen (8) und ist auch nicht
iinglttcklicher oder bedürftiger gewesen (9). endlich zeugt gegen die
54 PSchwenke: Cicero« quellen in den büchern de natura deorum.
göttliche erschafFtmg imd regienmg der weit, dasz es dem guten
schlecht, dem bösen gut ergeht (10).
Dem inhalte nach steht bei aller ähnlichkeit kaum eine der an-
geführten stellen der zweiten nfther als der dritten, in der disposition
dagegen stimmt Cicero mit den Plac phil. auf&llend überein , wäh-
rend Lucretius erheblich abweicht: bei beiden richtet sich die pole-
mik gegen zwei philosophen; dem ersten wird ein yorwurf gemacht,
der den zweiten mittri£Ft, dabei aber hervorgehoben, dasz dieser zweite
mit dem ersten in Widerspruch steht; dann wird gegen beide ge-
sprochen, diese Übereinstimmung läszt mehr als jede fthnlichkeit
einzelner gedanken auf eine quellenverwandtschaft schlieszen; sie
beweist sicher, dasz Cicero bei ausarbeitung von § 18 — 24 eine grie-
chische quelle vor sich hatte , welche selbst einem filtern Epikureer
nachgebildet war. denn dasz in der stelle der Plac. phil. Piaton und
Anazagoras^ genannt sind und die stoiker fehlen, erklärt sich ein-
fach dadurch, dasz das original, aus dem sie ezcerpiert ist, einer zeit
angehört, in welcher die bekämpfung der stoiker noch nickt, wie
später, nötig war. auf diese originalstelle geht indirect (denn bei
ihm werden die stoiker berücksichtigt) Lucr. V 110 — 234 zurück,
welcher seine griechische vorläge wol in der einleitung zu einem
theologischen werke fand, dasz wenigstens jene verse, welche Lach-
mann als nicht in den Zusammenhang des jetzigen werkes passend
erkannte , zur einleitung eines abschnittes über theologie bestimmt
waren, zeigt 110 ff. und 155. wahrscheinlich aber war Lucretius in
der anordnung seines Stoffes unabhängiger von seiner quelle als
Cicero.
Dieser musz aber nicht nur den inhalt seiner vorläge möglichst
vollständig wiedergegeben haben (denn nur wenige gedanken des
Lucr. und der Plac. phil. fehlen bei ihm, während er selbst mehrere
vorbringt, welche jene nicht haben), sondern kann auch im umfange
nicht weit hinter ihr zurückgeblieben sein , da in seiner darstellnng
eine gewisse behagliche breite und ausführlichkeit nicht zu verkennen
ist. dagegen sehen wir , wie sehr er schon im folgenden abschnitte
(25 — 43) gekürzt haben musz, wenn wir damit die betreffenden
stellen des Philodemos vergleichen, der darin gewis nicht bedeutend
von Ciceros original verschieden ist (vgl. unten), vor allem aber ist
Ciceros knappheit in der darstellung der Epikureischen lehre selbst
auffallend, während die Epikureer sie möglichst ausftlhrlich vorzu-
tragen pflegten, gibt er nicht einmal so viel als zum rechten Ver-
ständnis nötig ist (vgl. § 49). das läszt sich nur dadurch erklären^
dasz er anfangs seine quelle annähernd vollständig zu übertragen
anfieng, dann aber, je weiter er fortschritt, immer mehr fürchtete,
er möchte der Epikureischen philosophie zu viel räum gönnen, und
deshalb immer kürzer wurde, bei der eile aber, in welcher er schrieb,
* dasK KpikuroB «ich überhaupt mit Anazagoras bescbHftiete, leigt
La. Diog. X 12 ^dXicxa 6* dircb^x^'^Ot <piicl AiOKXfjc, ntiv dpx^iu'v *Ava-
Scttöpav, KaiToi Cv Ticiv dvTeipiiKülic aOrCp.
PSdbwenke: Caoeros quellen in den bücfaem de natura deonim. 55
iüt er neh nicht einmal die zeit genommen den inhalt seines origi-
iik nur in kürzere worte zu fassen, sondern er hat nach schlechter
ezeerptorenmanier in der regel den anfang eines abschnittes über-
tngoi, das folgende einfach weggelassen, ein besonders schlagendes
htkpd daf&r ist die behandlang des Chrysippos (39 — 41) gegen-
fibcr Philod. s. 77, 12--82, 13: während der inhalt von Chiys. ircpt
Sciiiv I xiemlieh ansfUirlich, von 11 schon bedeutend kürzer wieder-
gegeben ist, werden seine übrigen theologii^chen Schriften ganz über-
gangen, aoa demselben gründe finden sich in den vorhergehenden
{§ die starken Übereinstimmungen mit Philodemos (Antisthenes,
Arütotelee, Persaios) gerade im anfang der stellen über die be-
treienden philosophen, wfthrend zu den bei Philodemos enthaltenen
kUu^mssus über Speusippos (? 72, 7^), Eleanthes (74 f.), Persaios
(77, 1^18) niehts entsprechendes bei Cicero vorkommt, ganz in
gleidisr weise hat dieser 46 ff. von den beiden teilen, welche er 45
MB cwie verspiicht (über die forma dei und seine vUae actio mentis-
^0piatio) nur den ersten ausführlich behandelt (46 — 50), an dessen
«ade er schon so kurz wird , dasz er selbst fürchtet nicht verstanden
XB werden, den zweiten aber nur in wenigen Zeilen berührt (50. 51),
so dan zb. der wohnung der gOtter in den metakosmien gar keine
«rwihnung geschieht.^ durch dieses verfahren ist es nun allerdings
g^mmen, dasa die drei abschnitte des Epikureischen Vortrags sich
dem nafrnge nach verhalten wie 2:5:4 (im letzten die schlusz-
poianik 52 ff. mitgerechnet) und so 18 --24 als selbstttndiger teil
fortritt; aber es ist ganz falsch daraus zu schlieszen, 25 ff. kdnne
■Mutans derselben quelle sein wie 18—24, welchen im griechischen
<mpul dnrch die länge der folgenden abschnitte der ihnen gobüh-
K»it Charakter einer polemischen Vorbemerkung gewahrt blieb, so
dw «ine spätere (historische) besprechung Piatons und der stoiker
lüdiia anfallendes haben konnte.
Endlich macht Erische s. 23 f. unter Zustimmung von Lengnick
vid Hinel darauf aufinerksam, dasz der historische teil später ganz
^ icite gesetxt werde : weder bespreche Cotta in seiner Widerlegung
d« Veflejns die von diesem über die früheren philosophen gefUlten
irteQe im einselnen, noch erwähne diesen teil Öalbus im zweiten
bicbe. Lengnick und Hirzel sind deshalb geneigt ihn für später
ongf schoben zu halten, zumal sich § 42 bequem an das ende von
^ iosehlieeien laese (Hirzel s. 23). aber das stück kann nicht erst
>*^ foUendong des ersten buche oder des ganzen werkes einge-
icUiet sein, denn es wird an drei stellen (I 63. 91. 94) von Cotta
^'vttnt. daaa dieser die kritik des Vellejus nicht im einzelnen be-
* dMS das Verhältnis des dritten teils sn der sa vermutenden ge-
*^ des eriginals gaos daiselhe ist, wie das des zweiten sn Philo-
^**M, MAeht es sehr nnwahraeheinlich, dess die kfircnngen in § 26 ff.
'^^ ^( reeknnng von Ciceroe quelle sn setzen seien, und reohtfertigt
*^ obife annähme, daes diese im umfange von Philodemos nicht sehr
'^* ' gewesen sei.
56 PSchwenke: Ciceros quellen in den büchem de natura deorum.
kämpft, ist selbstyerständlicb: es lag eben Cicero für den Tortrag
des Cotta keine quelle vor, in der dies geschoben wftre; und dasz
Cicero selbst eine bericbtigung der Epikureischen entstell ungen und
misyerstftndnisse nicht für nötig hielt, zeigen die worte (91) enu-
merasti memarUer et copiose^ . . de deorum natura phüosopharum stn-
temiias, vollends ungerechtfertigt wäre es zu verlangen, dasz im zwei-
ten buche wieder auf den vertrag des Vellejus zurückgegangen würde,
welcher nach der dispo^ition des ganzen werkes durch die Wider-
legung Cottas endgültig abgethan ist. in der that enthalten von
allen stellen , in denen nach Erische s. 24 im zweiten buch 'auf den
Epikureischen vertrag hingewiesen wird', nur zwei (II 47 und 73)
eine directe bezugnahme; in den übrigen wird zufällig etwas auch
von Vellejus besprochenes angeführt oder bekämpft.
Aber auch nach abschlusz der rede des Vellejus kann das stück
nicht eingeschoben sein, weil dann die kürze des dogmatischen ab-
Schnittes unerklärlich wäre, überhaupt läszt es sich nicht ohne
weiteres herausheben: wenigstens wäre das exposui in § 42 auf
18 — 24 bezogen möglichst unpassend, da dort nicht theologische
lehren, wie 25 — 41, auseinandergesetzt und dargestellt, sondern nur
solche, deren kenntnis bereits vorausgesetzt ist, bekämpft und ver-
höhnt werden.
Ich glaube gezeigt zu haben, dasz alle die gründe, welche dafür
zu sprechen scheinen, dasz der historische teil aus einer andern quelle
als die nichthistorischen geflossen sei, nicht stichhaltig sind, es wird
also gerathen sein bei der ganz natürlichen Vermutung stehen zu
bleiben, dasz Cicero alles aus 6iner quelle geschöpft habe, nur so
wird auch das Vorhandensein des historischen absohnittes verständ-
lich, im Vorworte des ganzen werkes (I 2) lehnt Cicero ausdrück-
lich eine aufzählung der theologischen lehxen der philosophen ab,
zunächst allerdings wol nur für diese seine einleitung; aber immer-
hin zeigt er seine abneigung dagegen, welche auch nicht widerlegt
wird durch § 13 sed iam . »panam in media senientias phHosophorum
de natura deorum: quo quidem loco convocandi omnes videniur^ qui
quaesit earum vera iudicent. denn unter den sentenOae phüosopkorum
kann man nach § 3 f. nur die der Epikureer, stoiker und akademiker
verstehen, und die qui . . iudicent sind sicher nicht, wie Schömann
erklärt, die dogmatischen philosophen, sondern, wie schon frühere
erklärer gesehen haben, die leser des werkes de natura deorum^ die
Cicero gegenüber den Verunglimpfungen der akademie durch seine
gegner (11 f.) zum urteil aufruft, wenn er aber trotzdem später
anderer ansieht geworden wäre und aus freien stücken und mit her-
beiziehung einer neuen qUelle eine geschichte der religionsphilosopbie
hätte einschieben wollen, so würde er sie dem akademiker gegeben
haben, selbst wenn die aufgefundene quelle eine Epikurtisohe war.
denn wie er von ihrer wahrheitstreue überzeugt ist, sahen wir schon
oben, wenn wir also dennoch einen historischen teil innerhalb des
Epikureischen Vortrags lesen , so erklärt sich das mit einiger wahr-
PSdurenke: Ciceros quellen in den bflchem de natura deorum. 57
üAciilichkeit nur daraus, dasz Cicero in seinem Epikureischen ori-
giul nach der einleitnng einen solchen abschnitt antraf, ihn al&
iitigriemideB bestandteil des ganzen betrachtete und benutzte und
ueh ihm unter ftlhrung derselben quelle zum dogmatischen teile
ftbeigieng.
Pngt man schlieszlich, wer diese quelle war, so hindert uns
mehtt die bedeutsamen grfinde anzuerkennen, welche Hirzel s. 25 ff.
Ar ZenoB den Epikureer beigebracht hat, und es Terbietet wol weder
die herrorragende Stellung die dieser unter den jüngeren Epikureern
eiuiiiiit, noch die hohe meinung welche Cicero yon ihm hatte, glaub-
lieb XU finden, dasz er sich in 'der einleitung seiner schrift einem
ittem schulgenossen anschlosz und in dem historischen teile sich die
irbeit eines andern nach weise sehr vieler alten schriftsteiler zu nutze
madite. doch wtre es immerhin eher möglich, dasz er bei selbstän-
dig Terfertigung des yerzeichnisses bei Diogenes Yon Babylon
siAtm geblieben wftre, als dasz dies Philodemos gethan hfttte.
IL
FUr die Widerlegung des Vellejus durch Cotta hat man teils
eise stoische teils eine akademische quelle angenommen. Hirzel
fechiissrtsich (s. 32—45) der letztem meinung an. das entscheidende
fBr ihn ist, dasz die ansieht des Poseidonios über die Epikureische
ibcologie in § 123 in widersprach steht mit dem was Cotta § 85
ftWr sie gesagt hat. Cicero habe das urteil des Poseidonios aus dessen
werk fiber dM g5tter, welches er fdr die ausarbeitung des zweiten
braches in die hand nahm, dem akademischen Yortrage angefügt
(c. 192). wie es nun aber kommt, dasz die § 123 für Epikurs atheis-
B« (ftlso für Poseidonios) angeführten beweise genau mit denen
flWninitimmen , die vorher (also nach akademischer quelle) gegen
£pikiir gdtend gemacht sind, erklärt Hirzel nicht, und dies scheint,
■odi abgesehen von den bedenken welche viele von seinen argu-
MBtsB im eüuelnen erwecken, grund genug zu sein, den gegenständ
«ser nochmaligen prüfung zu unterwerfen.
Für Ciceros benutzung seiner quellen und deshalb auch für
itnm anffindong macht es einen groszen unterschied, ob der be-
trvfipade absohnitt, für den sie verwendet sind, einen philosophischen
pgnstmd darsteUt oder eine vorangegangene darstellung wider-
legt, für den ersten fall war Cicero durch die art seiner philosophi-
bdien bildung auf den engen anschluss an eine griechische quelle
••gewiesen und fand leicht eine seinen zwecken entsprechende; für
des zweiten dagegen konnte ihm eine selbständige bearbeitung
^^dcr stellen nicht schwer fallen, ja er war vielfach dazu genötigt,
*qI ar kanm ein griechisches buch fand, welches nicht nur denselben
t'Uosopban, sondern auch dasselbe werk widerlegte, das er vor-
^ Ar die dogmatische darstellung benutzt hatte, und doch muste
« ndi, wollte er nicht den letzten schein dialogischer composition
*Q%cbai, wenigstens einigermaszen an die zu bekämpfende aus-
Ö8 PSchwenke: Ciceroa quellen in den büchern de natura deorum.
einandersetznng halten, so war es nnvermeidlioli, dasK er, auch
wenn er die gedanken selbst einer griechischen quelle entnehmen
konnte, sie selbständig anordnete, hie und da abänderte und eigenes
hinzuthat.
Dasz Cicero in der ersten rede des Cotta so verfuhr, zeigt eine
Zusammenstellung il^er einzelnen teile mit den entsprechenden des
Epikureischen Vortrags, nach der einleitung (67— 61), welche für
uns nicht in betracht konunt, ist
61 — 64 gerichtet gegen 43 f. (dasein der götter; npöXriiptc}
68'— 76 „ „ 49 {quasi corpus)
76—102 „ „ 46— 48(ge8taltdergötter)
105' — 108 „ „ 49 (Wahrnehmung der gOtter mittels der
büder)
109—110 „ „ 50 (anzahl der götter; IcovOMia)
110—114 „ „ 61 (glückseligkeit)
116 — 124 „ „ 66 = 46 (gottesverehrung und firömmiff-
keit).
wir sehen dasz Cicero in der hauptsache der Ordnung des Epikurei-
schen abschnittes folgt, diesen also jedenfalls (Sfter wieder eingesehen
hat. dasselbe beweisen die mehrfachen stellen, in denen er direct
auf einzelne gedanken und ausdrucke jenes teils bezug nimt und
welche ziemlich dieselbe reihenfolge einhalten, es ist jedoch be-
achtenswert, dasz nach § 111 solche stellen nicht mehr vorkommen,
ziehen wir femer in betracht, dasz bis § 76 auffallend häufig, später
vereinzelt, von 116 ab fast gar nicht mehr, gedanken vorkommen,
welche wir schon in frttheren Schriften Ciceros, namentlich den Aca-
demioa^ de finihus I 17—26 und IE finden, und welche gewis nicht
alle, aber doch vielleicht teilweise auf rechnung seiner erinnerung zu
setzen sind, so erscheint die Vermutung gerechtfertigt, dasz er in
den ersten partien selbständiger gearbeitet habe als in den letzten,
in diesen müssen wir also einen viel sicherem boden ftlr die Unter-
suchung seiner quelle erblicken als in jenen und demgemäsz von
ihnen ausgehen.
In der that stimmt § 117 ff. sehr stark mit Sextos Empeirikos
adv. math. £K 14 ff. 60 ff. flberein, an manchen stellen eben so wört-
lich, wie I 26 ff. mit Philodemos.^ leider vermag man aus der viel-
fach zerrissenen, sich oft wiederholenden darstellung des Sextos
nicht zu erkennen, wie seine quelle beschaffen war. doch kann man
* über die stellen, welchen nichts in der rede des Vellejui ent-
epricht, sieh unten s. 68 f. ^ sb. Cic. US ... ü qui duceruni toiam
de du immortalibus opinionem fietam esse ab hondnihuB tapientibut usw.
Sextos IX 14 Cvioi Toivuv Cqpacav toOc irpiIiTOUc tCEiv dv6puüiruiv .
irdvu cuvcToOc övrac dvoirXdcoi ti^v ircpf tc t(I»v 9€d>v öirövoiav usw.
Cic. ISO Demoeriius . . deos esse dieii tum anmanÜM imagines^ quae vel
prodesse nobis soleatU vel noeere, tum ingeniis quasdam imagines. Sextos
19 Ai^ÖKpiToc b^ €lbuiXd Tivd q>nav ^^ncXdZeiv rote dvOpuiirotc ical toO
Tuiv rä ^iv ctvai draOoiroid tu o^ KUKOirotd . . ctvat 51 ToOta ^cydXa
T€ KOl Oncpqnif) usw. rg\, Hirzel s. 40.
FSelweiike: Ciceros quellen in den büchem de natura deorum. 59
vielleidit etwas ans Plac. phil. I 7 schlieszen, soweit das schlechte
fieeipt ein bild von dem original zu geben im stände ist. es werden
«iort suerst die atheisten Diagoras, Theodoros, Enhemaros angeführt,
<iiBB ak beispiel ftSir die meinung derer welche die götter am des
stsatswohis willen erdichtet sein lassen, Enripides, welchem dieselben
Tose beigelegt werden, wie bei Sextos (IX 54) dem Kritias. hierauf
folgen als citat (q>ticl) die werte eines Epikureers^ und endlich die
plulofiopheme derer welche das dasein gottes behaupten, an deren
lehloss Epikur wiederkehrt, ähnlich war Tielleicht das viel reichere
naterial des Seztos gegliedert, dessen index der atheisten 50 ff. (mit
««giuBong der Wiederholungen) enthfilt: Euhemeros, zu welchem
(Wiclbe Ters des Timon citiert wird wie in den Plac. phil. ; Diagoras,
i^odikos, Theodoros, Kritias, Protagoras, Epikuros. zu diesem ver-
xeiebais sind die ausfUirangen teilweise aus 14 ff. zu ergänzen, so
zo Ph)dikos ans 18, zu Kritias aus 14 , wo kein name genannt war,
wie bei Cic 118. anklar bleibt die steÜnng des Demokritos, welcher
TOB Seztos schon 19 angeführt', dann 24 unmittelbar vor Epikur
aocbials g^uumt ist, während er 57 f. fehlt, bei Cicero aber vor
ISfikai nicht nur an unserer stelle, sondern auch II 76 vorkommt,
gut kurz behandelt ist bei Sextos das Verzeichnis derer, welche die
{Mar bestehen lassen (64), doch stimmt es bis auf die Stellung der
^fiauehen philosophen und die nennung des Empedokles mit den
?i«c ph. flberein, besonders darin dasz am ende die andere ansieht
teEpikors iheologie zur geltung kommt, das beiden stellen zu
gnade liegende original hatte offenbar den zweck, die meinungen
^ Philosophen über dasein und wesen der götter zu gruppieren und
Miadihlen, and es liegt wegen seiner benutzang durch Sextos die
^emrtimg nahe, dasz es von einem akademiker ausgearbeitet war.
^ wie dem auch sei, fOr unsere stelle, für welche zunächst nur
üai rtnsichnis der atheisten von bedeutnng ist, folgt aus ihrer fast
^vckglagigen fibereinstinmiung mit dems^ben nur, dasz sie iigend-
wie mit der daratellang bei Sextos verwandt ist und dasz man des*-
^ die §§ 117 bis 123, wo Epikur als atheist hingestellt ist, keines-
filh aosainandeneiszen and venehiedenen quellen zoschreiben darf.
ua wird aber gerade § 123 bestimmt Poseidonios ncpl Gcuiv V citiert
od weiden die grClnde fOr das ihm beigelegte urteil ttber Epikurs
*^«Qlogie an^jeführt (neque emm tarn desipiens . . ariUume rdinquit
"^^ es ist daher das nächste und einfachste, die stelle von 117,
^ riefaaehr die ganze beweisfährung von 115 ab, in welche sich
de aBtehlnng der atheisten einordnet, auf Poseidonios zurfickzu-
Bern widerspridit es nicht , wenn wirklich die darstellung des
^^>te sadi sehon im anfang des 9n buches, wie Hirzel will, auf
• daflir mriebt ansser der obea besprochenen ähnlichkett mit Cic.
' ^^ f. wd Locr. y 110 ff. der Anklaogr an die erste Kvpia b6^a in
I * od die polemik g^egen die allmacbt gottes (8) verglichen mit
*^^' n es • . mens domino* adicUcuni <mn(a poise quot müeri eredunt.
()0 PSchwenke: Ciceros quellen in den büchern de natura deorum.
Kleitomachos beruhen sollte : denn es stand Poseidonios nichts im
wege, dessen arbeit für seine zwecke zu benutzen, wie anderseits
auch einen spätem Skeptiker oder placitaverfasser nichts hinderte
die arbeit des Poseidonios für sich zu verwenden, dagegen häufen
sich gerade hier die anzeichen , welche auch ohne jenes citat auf ein
stoisches original schlieszen lassen würden; die kritik des Epikur
aus der gegenstandslosigkeit seiner gottesverehrung wird als stoisch
bezeichnet Plut. stoic. rep. c. 6, 3 eira touc "GTTiKOupciouc dX^TX^-
c6ai bOKoGci (die stoiker) OuovTac 6€0tc. § 116 sind die definitionen
der pietas und sandüas^ auf welche sich der beweis stützt, ganz
stoisch, wie Stobaios ekl. 11 124 zeigt: Tf|V b' €uc^߀iav • . . iTTiarj-
jiiiv 66UIV Oepaireiac und Tf|v öctÖTTira uiroxpäqpec^i ötKaiocuvnv
irpöc Ocoüc (vgl. auch La. Diog. VII 119). wenn also bei Sextos
Emp. IX 123 ff. diese definitionen in den beweisen für das dasein
gottes angeführt werden, so zeugt das nur dafür, dasz diese beweise
stoische sind, wie auch anderweitig feststeht, nicht aber, wie Hirzel
s. 41 schlieszt, dasz unsere stelle skeptischen Ursprungs sei. auch
die Unterscheidung von superstüio und religio (117) kommt bei den
Stoikern vor, nicht nur bei Cicero selbst II 71, sondern auch bei
Comutus de nat. deor. s. 236 (Gale) eic TÖ euceßelv, dXXd |Lif| eic tö
beicibaifioveiv (vgl. Osann s. 387). ebenso sind es die stoiker, wel-
che an dem Epikureischen gotte die bonüas et beneficentia (121) ver-
missen: o\) fäp dOdvaTOv xal fiaKdpiov fiövov, sagen sie nach Fiat
de comm. not. c. 32, 1, dXXd xal (piXdv6pu)Trov Kai Kr|b€fioviKÖv
xal übqp^XtjLiov irpoXa^ßdvecOai xai voeicOai töv 6eöv. quanto
stoici melius f ruft Cotta selbst aus und führt dabei ein stoisches
dogma an : censeni autem sapientis sapientibt/is etiam ignatis esse ami-
cos usw., was Hirzel s. 44 mit Sextos Emp. IX 131 in zusammen
hang bringt: offenbar habe Cicero auch in seiner quelle gefunden.
dasz nur zwischen vernünftigen wesen eine sittliche gemeinschaft
möglich sei , und darauf beziehen sich die angeführten worte. nun
gehören diese aber keineswegs ihm allein an: denn wir lesen bei
Stobaios ekl. II 204 : rrdvTac touc cnoubaiouc djq>€Xeiv dXXrjXouc,
ouT€ 9iXou€ övrac dXXrjXu^v ndvTuuc ofire €fivouc . . irapd tö \ir\n
xaTaXajußdvecOai ^riTe dv lam^ xaTOixeTv TÖirip (Cic. ubicumquc
sini gentium) f cuvoi|Tixuic jn^VTCixe irpdc dXX/jXouc biaxeicöoi koi
<piXixiüC. es ist also von etwas viel speciellerem die rede als von
der allgemeinen sittlichen gemeinschaft, und unsere stelle fordert
durchaus nicht ihre erwähnung, da nur die freundschaft der einander
unbekannten und räumlich von einander entfernten der aus Epikurs
lehre folgenden Unmöglichkeit einer wolwollenden gesinnung selbst
unter zusammenlebenden (göttem wie menschen) gegenübergestellt
werden soll, das alles ist gewis eher einem stoiker, also dem Posei-
donios, zuzuschreiben als einem akademiker, der sich zur Wider-
legung Epikurs im allgemeinen auf den stoischen standpunct stellt.
Wir würden dennoch der letztem annähme beitreten müssen.
wenn das in der stelle vorkommende nichtstoische wirklich auf eine
PSdiweDke: Cieeros quellen in den büchern de natura deonim. 61
.«keptiselie quelle hinwiese, das ist aber nicht der fall, gar nicht in
beftndbt kommt der tadel gegen Prodikos (118). denn dasz dessen
aetaiDig Ton der des Persaios vollkommen verschieden ist, obgleich
(fiese aoch von Cotta m 41 so anfgefaszt wird , liegt auf der hand
Tgl. SchOmann^ s. 145. 227). wenn femer § 119 die lehre des
Eohemeroe, out fortis aut daras aui poieniis vires post mortem ad
itcs pervemsse^ grosse Ähnlichkeit mit der stoischen II 62 (vgl. I 39
<ttde) TOigetragenen zu haben scheint, so zeigt Sextos Emp. IX 17.
jl (Totc iroXXoic ^vo^icOiicav Ocoi nnd imö twv fiXXuiv OeonoiT]-
OcvTOC bd&ii Oeouc), dasz daran nur Cicero schuld ist, welcher in
der efle des Eahemeros ansieht falsch verstanden oder wenigstens
Ufcli aiisgedrflckt hat. auf Cieeros eigene rechnung kommt endlich
auch die erwihnung der mysterien (119), wqlche so allerdings von
«MB Stoiker nicht geschehen konnte, sie ist aber hier überhaupt
impaasaid nnd störend : denn mit den werten quibtM explicatis . .
rmm wiagis natura oognosätur quam dearum wird doch nicht be-
grtadel, was die einzige zu rechtfertigende Ursache der anführung
sein kitente, dasz durch die mjsterien eine gottesverehrung unmög«
lick gemacht werde; und wie Cicero selbst darüber den zusammen-«
hng Terloren hat, zeigt der wunderbare Übergang zu 120 und das
udtftsagende DemocrUus . . nuiare vidäur in natura dearum. bei
^xtos ao., wo alles hier vorkommende in groszer Vollstfindigkeit
«igcffthrt ist, steht nichts von den mjsterien; daher fehlten sie wol
Mdi ia Cieeros quelle, welcher zu ihrer einschiebung leicht durch
& crinBerung an Tusc. 1 29 veranlaszt werden konnte, wo sie eben-
fiOs iDimittelbar nach den gottgewordenen menschen {quarum de-
^»fmämUur sepulcra in Chraeda^ vgl. hier ah Euhemero . . sepuUurae
^tutiutraniur dearum) erwfthnt werden, auch die anführung von
Venen rOmiscber tragiker zeugt fiir seine selbstSndigkeit in diesen
Wir werden also von der annähme, dasz § 115 — 124 im
«cMAÜichen anf Poseidonios beruhen, als von einer hinreichend
«idern grundlage ausgehen dürfen, nun stimmt aber die vorher-
l!*brade darsteUung in vielen stücken ganz mit dieser stelle überein.
kW § 63 werden wie 117 f. Diagoras, Theodoros, Protagoras
><W einander als atheisten aufgeführt , was Cicero wol aus eignem
gv^icbinis gethan haben kOnnte (vgl. § 2), wenn nicht seine er-
tfUmig über Protagoras der des La. Diog. IX 51 f. vielfach w5rt*
^ gliche (während Sextos IX 56 einer andern version folgt) : xal
*^^toö bt Toihov fiQlajo xdv ipditov wepl fitv Ociöv ouk Ixat
«Mvai oOe' die cldv cöO' die oök clctv . . btä toöttiv bk. Tf|v
^PX^v ToO cuTTP^MOToc iEeßXyjeii irpöc 'A6iiva(uiv kqI rä
$ipUa aÖTOÖ KQT^Kaucav dv dxop^: es ist daher wahr-
*<^*iaKch, dasz Cieeros werte einem griechischen original entlehnt
*Ä4, wahndieinlich demselben wie 117 ff., welches ebendeshalb
<i^ aoch unmittelbar die quelle des Seztos sein kann, die haupt-
tber ist, dasz das von 76 ab gesagte mit den kurzen sfttzen in
62 PSchwenke: Ciceros quellen in den büchern de natura deomm.
§ 123, welche offenbar grUnde des Poseidonios sind, so zasammen-
trifft, dasz letztere wie ein r^snmö aus jenem erscbeiiien:
tU homunculi smüem deum fingeret ^ vgl. 76 — 102, wobei be-
sonders zu beachten ist, dasz § 85 aus der onmOgliohkeit der
menschlichen gestalt der götter gefolgert wird , dasz es dann
consequenter sei , ihr dasein überhaupt zu leugnen.
Uniamentis dvmtaxat extremis \ Ib, 98.
fum habüu soUdoi 75. 105.
membris . . usu membrarum ne minmo guidem: 92. 99. 101.
exüem qumdam atque perluddum: 75.
wUiü cuiquam trilmentem . . nihü agentem: 100. 101 f.
Aber § 85 steht in offenbarem widersprach mit 123. aller-
dings, aber ohne die benutzung der gleichen quelle an beiden stellen
auszuschlieszen. ich deutete bereits an , dasz § 85 zu anfang die be-
weisführung auf ganz dasselbe hinauslftuft wie 123. wenn nun dort
die quelle beide ansichten flber Epikurs götterglauben referierte, wie
ja auch in den angeführten stellen des Sextos und der Plac. pbil.
beide vertreten sind, so blieb Cicero, der sich in diesen partien freier
bewegt als später, immer die möglichkeit sich für die eine zu ent-
scheiden, auch wenn sein gewfthrsmann die andere vorzog, er moste
ihm sogar widersprechen, wenn er seine erfahrungen über den aber-
glauben und die götterfurcht der Epikureer anbringen wollte (mit
§ 86 mortem dico ei deos usw. vgl. Tuac- 1 48). diese nemlioh sind
der einzige wirkliche grund für seine behauptung: denn der andere,
welchen er anführt und welcher auch bei Sextos IX 64 vorkommt (die
al ^iiTQi ToC 'CirtKOupou Xäeic fiiapTUpoOci), ist gar kein beweis für
Epikurs götterglauben, sondern nur dafür dasz er die götter den
Worten nach bestehen ifiszt, gilt also blosz gegen diejenigen welche
auch in seinem ausdruck zweideutiges finden wollten, dieses argu-
ment konnte daher ebenso gut von dem gebraucht werden , welcher
Epikurs aufrichtigkeit bestritt, aber die unzweidenügkeit seiner
Worte gelten liesz. wenn endlich Hirzel s. 36 wegen der wörtlichen
Übereinstimmung zwischen Sextos IX 58 und Cicero § 85 auf ein
skeptisches original schlieszt, so würde sich diese durch die indirecte
Verwandtschaft der stellen, die auch ich nicht leugne, genügend er-
klären; sie bedarf aber nicht einmal dieser erklärung: denn kut'
£viouc («=3 nannuUis) findet sich unendlich oft in referaten, kann also
eben so zufällig sein wie dTroXeiTrciv Oeöv >» reliquisse deos, irpöc
Tf|v q>i)civ Tuiv TrpaTfidTUUV »» re, denn diese ausdrücke stehen,
noch viel übereinstimmender mit Cicero {verbis "» ^T^fion Koi Xötifi)
re «=> TOic npdrfiaciv, tollere «» dvaip€iv) von derselben sache an
so verschiedenen stellen wie Philodemos 7T€pl €Öc. s. 86, 3 ff. und
Plutarch adv. Col. c. 11, 1.
So kann uns die besprochene stelle nicht veranlassen sie und
die umliegende partie des Vortrags im gegensatz zu der spätem stoi-
sehen einer akademischen quelle zuzuschreiben, auf jene aber deuten
auch hier nicht wenige bis in einzelheiten stoische gedanken und
PSehwenke: Cicero« quellen in den büchem de natura deonim. 63
aosflümmgen. so ist in § 77 {amnifto guis tarn caecus . . in äUarum
fofmansm tmüaikme servare) die Plac. phil. I 6, 9 vorgetragene
stoüeh« einteOnng der götterlehre in das €7öoc vo^tKÖv und fiuOi-
KÖv (ausser dem qpucixov) nicht zu verkennen, auch was an unserer
stelle gleich folgt: die Schönheit der menschlichen gestalt habe zu
äier Übertragung anf die götter veranlasst, findet sich ebd. § 16.
§ 83 sagt Cotta: nan pudet igütur jphysicuin . . ah animis consudu-
4me tmlndis pdere tesHmanium verUatis? dasselbe argument kehrt
hl denelben saebe II 45 wieder, die stoische lehre von der weit und
den gestimen als gOttem wird als die des redenden vorausgesetzt
S 87. 95 , und auch der darauf gegründete einwand in § 84 solem
dieam amt hmam aut caekim deum? kann wol nur einem stoiker
gegenüber gebraucht werden, aus der stoischen teleologie , welche
der skademiker in keiner weise zugeben kann j ist § 92 und 99 der
twki atBommen, dasz im menschlichen körper nichts überflüssig,
■idits ohne orsache sei (vgl. II 121). § 100 wird der beweis der
Stoiker Ar dae dasein der gottheit aus ihren werken verteidigt.
9 103 steht der redende durchaus auf dem boden der stoischen kos-
sologie. diese stelle erfordert jedoch eine genauere betrachtung,
weO sich in ihr spuren der anordnung von Ciceros quelle zeigen.
Sdicm § 65 gibt Cicero eine vorlttufige disposition: doce me,
wmdt {di) sintj uln smt^ quales sifU corpore^ animoj vüa. nach dieser
särd snerst die entstehung der gOtter aus den atomen behandelt^
«dcke Vellejus nirgends ausdrücklich anerkannt hatte , so dasz aus
dem Epikureischen vertrag allein (vielleicht abgesehen von § 54)
Bjckt die berechtigung folgen würde, gegen die atome zu sprechen.
vca dft gdit Cicero mit auslassnng des uhi smt auf das sehr nahe
Ikgeade gua$i corpus des § 49 über, befindet sich also in dem teile,
wdehen er vorher mit quäles smt corpore bezeichnete, und bekttmpft
dcdbalb daran anschlieszend 76 — 102 die menschliche gestalt der
g6tter (gegen 46 — 48). nun lesen wir § 103: verum sü sane . .
deus effi^ies hominis et imago: qaod eius est domicüium? quae sedes,
fm IseuSf quae denique actio vilae? usw. er kommt also auf die oben
rrwlhnten teile übi sini^ qwües smt vita zurück, und obgleich Vellejus
ssEgrads von dem wohnsitz der gGtter gesprochen hatte, führt Cotta
deanoch ans, dasz er ein recht habe davon und von den weiteren
btgCB tu reden (103 f.). im folgenden wird dann aber gar nicht
davon gebändelt, sondern Cicero filhrt in der Widerlegung des Epi-
ksieeit da fort, wo er stehen geblieben war, dh. er geht zu § 49
tbcr (105 sie enim dicebas usw.). das ist so auffallend, dasz § 103 f.
gar ucfat anders erklftrt werden kann denn als unverarbeiteter rest
te <(QeUeBSchrifl, deren disposition mit dem bestreben Ciceros, sich
>a der Widerlegung an den dogmatischen vertrag anzuschlieszen , in
ccaiict gert th. nnter diesen umstünden ist es gewis von grosser be-
^Mteag, dasz diese beiden §§ ganz mit der stoischen philosophie in
«üjaag stebeii, dasz II 42 die verschiedenen aufenthaltsorte der
Ufsdn irasea in fthnlicher weise mit dem der götter in zusammen*
64 PSchwenke: CiceroB quellen in den bücheru de natura deorum.
hang gebracht; und dasz auch von Seneca {quaesl. fkU. V 6) die im
feaer lebenden tbiere erwähnt werden, der stoischen lehre ist end-
lich die bemerkung in § 104 cum hoc proprium 8Ü animanHum^
ut aUquid adpetant^ quod sU naturae accommodatum yollstSndig an-
gemessen.
Auch deshalb ist diese stelle wichtig, weil wir ans ihr ersehen
dasz Cicero ein original vor sich hatte , welches sich in durchgehen-
dem Zusammenhang mit der Epikureischen theologie beschftftigte;
dasz er also nicht die einzelnen gründe aus einer akademischen
gesamtkritik der philosophischen gOtterlehre, welche gewis nicht
nach schulen, sondern nach materien geordnet gewesen wäre, zu-
sammengesucht hat, wie es der fall sein müste, wenn er dieselbe
akademische quelle benutzt hätte wie Sextos Emp. IX. nun ist es
aber sehr unwahrscheinlich , dasz Kleitomachos ganze bücher gegen
Epikurs theologie geschrieben haben sollte: nirgends wird dem Kar-
neades eine so eingehende bekämpfung Epikurs zugeschrieben, wäh-
rend überall von seinem streite mit den stoikem und dem der stoiker
mit den Epikureern die rede ist, so dasz wir auch argnmente gegen
die Epikureer, welche ohne urheber angeführt sind , ohne weiteres
den Stoikern zuschreiben dürfen, zb. das von dem sog. Metrodoros de
sension. col. 12 (vol. Herc. coli. 1 1. VI) erwähnte: q>aciVT<iPi u>c
el b\ä TÖ XoTiCjLiöv ^x^iv dv6pu)TTdfiopq>dc dcTiv xal Tf)c £uiötiitoc
K0ivi)c oCci]C, cuvdnTui)Li€v aÖTip Kai TroXXäc . . (KoOvÖTirrac
^op(q>t&)v . . vgl. Cic. § 94. ebenso darf man wol die gründe der
übrigen dogmatiker gegen die Demokritisch-Epikureische physik bvi
Cic. acad. pr. II 125 (vgl. not, d. 1 65. 108) für stoische halten. — So
weist uns alles auch vor § 1 15 auf eine stoische quelle, die natürlich
nicht verschieden sein wird von dem später benutzten fünften buche
des Poseidonios nepl Oeduv. denn dasz dieser dort nicht nur eine
gelegentliche bemerkung gegen Epikar machte, sondern ausführlich
gegen ihn sprach, scheint aus Ciceros ausdruck disseruü (123) her-
vorzugehen.
Nach dem gesagten werden wir freilich die stellen von akade-
mischer färbung, welche von 61 — 114 vorkommen, mit anderen
äugen ansehen, als wenn wir von ihnen ausgiengen. aber auch ganz
unbefangen betrachtet enthalten sie nichts, was auf eine akademische
quelle zu schlieszen nötigte, denn dasz einzelne ähnlichkeiten und
anklänge bei Sextos Emp. , wenn nicht auch der ganze Zusammen-
hang derselbe ist, noch nichts beweisen, da sie zwar schlieszlich auf
eine gemeinsame quelle zurückgehen, aber von jedem nachgesprochen
werden konnten , ist bereits an mehreren beispielen gezeigt worden.
Allerdings ist § 61 ff. die bestreitung des beweises aus der all-
gemeinen Verbreitung des götterglaubens echt akademisch und konnte
in einer stoischen schrift nicht vorkommen ; aber sie ist derart, dasz
sie anch einem Cicero allein nicht schwer fallen konnte, und wenn
dieser es unterläszt näher darauf einzugehen , guia commune hoc est
argumentum <üiorum etiam phüosophorum ^ so läszt das doch eher
PSehwenke: Ciceroi qaellen in den büchern de natura deorum. 65
Termoten dass ihm ein stoisches werk vorlag, welches darüber nichts
eathielt, als ein akademisches, welches gerade gegen diese gmndlage
der ganaen theologie einen haaptangriff richten mäste« rein äkade-
aiacbe äosserongen sind femer § 66 haec ego nunc physioarum ara-
aäa fimdo^ vera an falsa neacio usw. und § 100 qui (sioici) etiam si
aherratU eoniectura usw.; aber sie stehen in so starkem contrast zu
den sie umgebenden dogmatischen Sätzen, dasz man unwillkOrlich
uf die Terrnntung kommt, Cicero habe sie eingeschoben, um seinen
skademiker nicht allzusehr aus der rolle fallen zu lassen, dies wird
dsdorefa bestätigt, dasz der zweite gedanke auch in der von Cicero
feeibstlndig gearbeiteten stelle HI 4 vorkommt.
Ganz ohne belang sind die werte § 84 qiuun heO/urn erat^ VeUei,
ctmfiUri pciius nesdre quod nescires usw.* und § 94 quorum si nemo
ttntm vidit de natura dearum^ verendum est ne uüa sU omnino. das
ktitere rflhrt wahrscheinlich von Cicero selbst her, weil es mit einem
kiBweis auf § 25-— 41 verbunden ist; aber es könnte ebenso gut von
einem dogmaiiker gesagt sein , dessen lehre unter den anderen mit
Tenrorfen ist und der die Epikureische nicht anerkennt, sogar wie
cu leiser spott gegen die akademie klingt § 80 flarere in cado aca-
denioM necesse est. dagegen könnte von bedeutung scheinen, dasz
§ 113 Philon erwfthnt wird and ihm ganz bestimmte äuszerungen
la den mond gelegt werden, man könnte darin eine andeutung fin-
den, dasz eine schrift Philons benutzt sei. aber schon der umstand,
duz auch § 59 und 93 solche reminisoenzen an philosophen, die
Ciccro gehört hatte, Philon, Zenon, Pbaidros, vorkommen, nimt die-
icr stelle die beweiskraft den vielen spuren der stoa gegenüber, gan^
abgesehen davon dasz wir von Philon eine ähnliche schrift gar nicht
ennrten dürfen, eher könnte man an Antiochos denken, welcher
udi Plat Lacallns 28 eine schrift iT€pl 6€tuv verfaszt hat auf ihn,
der sieh in der physik jedenfalls nicht weit von den stoikem ent-
fente, würde nicht nur die stoische haltung des ganzen passen, son-
dern er könnte sogar, da seine schrift ungef&hr ins j. 67 vor Ch.
ftllt, den Poseidonios citiert haben, zweierlei aber macht diese ver-
matnag unwahrscheinlich : zunächst ist es nicht glaublich, dasz An-
tiodios der Widerlegung der Epikureer so viel platz eingeräumt
hüte, während es ihm viel näher lag die Skeptiker zu bekämpfen.
t*eitens aber spricht der umstand, dasz das werk des Poseidonios
jdde&ialls für das zweite buch von Cicero benutzt wurde, sehr daltlr,
dan das citat I 123 direct aus ihm genommen ist. überdies finden
^ skeptischen redewendungen auch aus Antiochos keine directe er-
^Ibvag. es wird daher sicherer sein, bei der ersten Vermutung
itehea za bleiben und Poseidonios für den zu halten, den er für die
pue kritik der Epikureischen theologie verwendet hat, wenn wir
kodi nicht im stände sind im einzelnen nachzuweisen , wie weit er
* to wird auch aead. pr, II 196 dem dogmatiker der Demokritischen
l^pik gegeaüber der aasaprach in den mnnd gelegt: niMl »entire est
Cm prmoa »eniire,
für cisM. pbilol. 1679 lifl. 1. 6
i
66 PSchwenke: Ciceros quellen in den büchem de natura deonun.
vor § 115 sich streng an ihn gehalten hat oder selbstftndig ge-
wesen ist.
Man könnte nun gegen dieses resultat noch einwenden, es sei
nicht glaublich dasz Cicero seinem akademiker einen stoischen Vor-
trag in den mund gelegt habe, aber Cicero, der nie besonders pein-
lich in der Unterscheidung der schulen war, konnte es darauf am
wenigsten ankommen an einem orte, wo es sich nur um die be-
streitung der Epikureischen lehre handelte, hat er doch auch im
zweiten buche de finibuSj in der rede die er sich selbst beilegt, aller
Wahrscheinlichkeit nach eine stoische quelle benutzt (vgl. Madvig
Cic. de fin.' s. LXIV; Zietzschmann ^de Tusc. disp. fontibus', Halle
1868, s. 8); eine grosze fthnlichkeit der composition aber ist in den
bttchem de finibus und denen de natura deorum gar nicht zu ver-
kennen (vgl. Madvig s. LXII anm. und Erische ao. s. 12 f.).
ßchlieszlich darf man auch die verschiedene art nicht unbeachtet
lassen , wie in der vorrede unseres Werkes die beiden akademischen
vortrage angekündigt werden, während § 4 zur bezeichnung der
kritik der stoa einfach Karneades genannt wird , heiszt es § 3 nach
andeutung der Epikureischen lehre: quarum $i vera senientia est^
guae potest essepidaSj quae sanditas^ guae religio? usw., worte mit
denen ganz unverkennbar die Widerlegung auf positiver grundlage,
wie sie 116 ff. gegeben wird, versprochen ist; auch stimmen die an-
geführten gründe so überein, dasz man zu der Überzeugung kommen
musz, Cicero habe seine quellenschriften bereits ausgewählt und ein-
gesehen gehabt, als er die einleitung schrieb, hätte er aber wirklich
für den ersten akademischen vertrag eine schrift des Kleitomacbos
bestimmt, so würde er den namen des Kameades schon in § 3, nicht
erst nach erwähnung der stoiker genannt haben.
(der 8ch1u0S folgt im nächsten hefte.)
Greifbwald. Paul Schwenke.
10.
zu STRABON UND SÜET0NIU8.
Ich weisz nicht welches auffallende misgeschick die schuld
trägt, dasz ich nicht nur in meiner schrift 'die Römer und die Deut*
sehen am Niederrhein' s. 62 , sondern später auch in meinen ^feld-
Zügen des Drusus und Tiberius im nordwestlichen Deutschland' s. 98
die Worte des Strabon VII 1 s. 291 nach der fehlerhaften vulgata
citiert habe: ^CTt hk Kai CdXac TroTafidc, oiS peTaEü xal ToO*Pr)vou
TToXcjLiiüV KalKaTopGdiv ApoOcoc ^t€X€utt]C€V ö Fcp^avtKÖc: ob*
wol dem geiste die durch die sache gebotene emendation noXe^uiv
Kai KaTOTTOpOuiv vorschwebte, die notwendigkeit dieser meiner
Verbesserung springt in die äugen : denn mit keinem worte geschieht
im zusammenhange der geschichte irgend eine erwähnung von an-
Ordnungen oder einrichtungen des Drusus auf seinen feldzügen; wol
ADederich: zu Strabon und Suetonius. 67
aber wird der eilmttrecbe durcb die länder, der Zerstörungen und
verwflstungen, der niederwerfung und bezwingung der germaniscben
Völker in starken ausdrücken gedacbt. zu innem anordnungen war
keine zeit vorbanden, zutreffend sagt Cassius Dion LIV 32 : Kai inX
Tfiv Cutapßpiba ^K6tO€V dTrmapcXGujv cuxvä ^Tidpeiicev: vgl.
c. 33 Touc Oöcin^Tac KaxecTp^niaio. ferner bericbtet Florus IV 12
[n 30], 23: Brusus primos domuit Vsipetes^ inde Tenderos per-
currit et Chattos . . inde välidissimas nationes Cfieruscos Suehosque
et Sigamhros parUer adffressus est, Orosius VI 21 Drusus in Germa-
nia primo Vs^etes^ deinde Tenderos et Chaitos per domuit; Mar-
comannos paene ad internecionem cecidit; postea fortissimas
naiiones . . pariter uno heHo, sed diam suis aspero superat^it.
Aber in derselben stelle des Strabon steckt nocb ein anderer
bisher von niemand geahnter fehler, nemlicb ein irrtum des geo-
grapben selbst, es ist (von FAbrabam im programm der Sophien-
realsehule in Berlin 1875 s. 6) die frage aufgeworfen worden , ob
die partidpia iroXcjiidjv Kai KaTaTTopOwv sieb auf oii juctoSu Kai toO
'P/jvou bezieben, oder auf dTcXcuTTjccv. sie bezieben sieb, wie die
stelle nun einmal lautet, auf beides: Drusus führte krieg zwischen
Saale und Bbein , und er ist in dem kriege zwischen beiden Aussen
gestorben, richtig wird man übersetzen : 'es ist da auch ein flusz
Salas, und in den zwischen diesem flusz und dem Rhein geführten
zerstörenden kriegen ist Drusus gestorben.' freilich mag man auch
bei der erklärung der werte sich drehen und wenden wie man will,
es wird doch keine volle be&iedigung erzielt, das liegt aber am be-
ricbterstatter. es läszt sich nun einmal nicht aus der geschichto
wegdisputieren, dasz Drusus bis zur Elbe vorgedrungen und dasz
er in den zerstörenden kriegen zwischen Rhein und Elbe gestorben
ist. und mit der eigentümlichen art der erwähnung der Saale —
das kann man im groszen zusammenhange der Strabonischen darstel-
lung wol nicht leugnen — soll an diesen flusz ein ganz besonderes
ereignis geknüpft werden ; man braucht sich nicht allzusehr zu ver-
wundern, wenn ich in meinen *feldzügen des Drusus und Tiberius*
s. 102 gesagt habe, 'die Saale habe in dem vordringen des Drusus
zur Elbe noch eine besondere rolle gespielt.' wenn auch der flusz
beim vordringen zur Elbe keine besondere rolle gespielt hat, so hat
er sicherlich auf dem eiligen rückzuge von der Elbe nach dem Rhein
eine bedeutung gehabt, nemlicb die dasz Drusus 'bei oder in der
nShe der Saale* den Schenkelbruch durch pferdosturz erlitten hat
und in folge dessen in dem daselbst bezogenen Sommerlager gestor-
ben ist. dieser sinn liegt zwar nicht in den aufbewahrten worten
des Strabon ; allein wie unsicher und verworren oft dieser Schrift-
steller in seinen geographischen darstellungen ist , habe ich zur ge-
nüge in meiner genannten schrift s. 100 f. dargethan. er hat etwas
anderes sagen wollen, und zwar folgendes: *es befindet sich da (nem-
licb zwischen Rhein und Elbe , um deren zwischengebiet es sich im
groszen zusammenhange handelt) auch ein flusz Salas, bei welchem
6*
68 ADederich: zu Strabon and Suetoniiu.
Drusus auf seinen zwischen Rhein und Elbe geführten zer-
störenden kriegen gestorben ist.' ich wage es freilich nicht diesen
historisch richtigen gedanken im texte des Strabon zu restituieren;
allein es unterliegt keinem zweifei, dasz der verstilmmelte gedanke,
wie er bisher lautete, ebenso auf rechnung eines irrtums des Schrift-
stellers selbst zu setzen ist, wie die übrigen Unrichtigkeiten in der
beschreibung des laufes der flüsse zwischen Rhein und Elbe.
Was den tod des Drusus betrifft, so ist (an derselben stelle) die
behauptung aufgestellt worden, Drusus sei nicht, wie das zeugnis
des Cassius Dion lautet, auf seinem vierten feldzuge umgekomitaen,
da nach dem glaubwürdigem berichte des Suetonius Claud, 1 der-
selbe überhaupt nur zwei feldzuge unternommen habe, das ist ein
groszer irrtum. der gedankengang der langen stelle des Suetonias
ist nach meinem dafürhalten folgender, er faszt zuerst die beiden
kriege , den rätischen und germanischen , zusammen, dann greift er
aus den (vier) germanischen feldzügen den anfang heraus, die grosz-
artige thätigkeit des römischen feldherm in der anläge der fassae
Dnisinae, welche der flotte einen neuen Wasserweg in die Nordsee zu
bahnen bestimmt war, von welcher aus das nördliche Germanien an-
gegriffen werden sollte, nach kurzer erwfihnung der besiegung und
Verfolgung der feinde kommt er dann schon zum ende, zum resultat
der feldzuge mit der^ erscheinung der deutschen prophetin (an der
Elbe) , dh. mit rückzug und tod des beiden, der Schriftsteller läszt
dann folgen die ehren des Drusus während der feldzuge, bestehend
in dem ovandi w>$ und den triumphcHia ornamenta, sowie in der
Übertragung des consulates, nachdem er vorher quaestor und praetor
gewesen war, welche ämter ohne genauere Zeitbestimmung aufge-
führt werden, als consul untemimt Drusus einen neuen feldzug
(nicht einen zweiten, sondern den vierten) , den letzten auf welchem
er im Sommerlager stirbt, die worte quas ob res bis sunt appeUata
enthalten aber nichts neues , sondern heben nur einige cinzelheiten
aus dem mit prohibuisset schlieszenden germanischen feldzuge her-
vor, nach der erwähnung der ehren während der feldzuge und des
todes im Sommerlager folgen endlich die ehren nach dem tode. die
worte expedUione repetUa sind nicht von einem zweiten, sondern nur
von *einem wiederholten feldzuge' zu verstehen, dem vierten und
letzten : so dasz auch von einem Widerspruch in den berichten des
Suetonius und Cassius Dion keine rede sein kann, nebenbei sei noch
bemerkt , dasz das consulat nicht unmittelbar auf die praetur folgte,
wie man aus dem worte confestim schlieszen könnte, sondern zwi-
schen der praetur des Drusus (im j. 743 der Stadt) und dem consulat
(745) lag noch ein ganzes jähr, ist es doch dem schriftsteiler nicht
zu thun gewesen um eine genaue Unterscheidung der Chronologie bei
den ämtem und feldzügen, sondern blosz um eine allgemeine Zu-
sammenfassung derjenigen ereignisse, die in seinen äugen von be-
sonderer Wichtigkeit zu sein schienen.
EmisitiCH. Akdbeas Deoirioh.
SRieck: za Horatias episteln [I 15, 10—18]. 69
11.
ZU HORATIUS EPISTELN.
I 15, 10 muiandus locus est et deversaria nota
praeteragendiis equus. *quo tendis? non mihi Cumas
est üer aut Baias* laeva stcmachosus hahena
äicel eques : sed equi frenato est auris in ore.
Die erklämng dieser stelle bildet eine wahre crux phUologorum.
besonders das sed in v. 18 spottet aller interpretationsversuche. es
ist nnlogisch : denn jeder leser erwartet ein nam ; aber selbst wenn
es znlfissig wäre nam (oder enim) dafür einzusetzen, der ganze zusatz
bliebe doch haltlos, keine der von den auslegem vorgetragenen er-
klftnmgen hebt die Schwierigkeit, der scholiast interpretiert ganz
iScherlich. Bentley und Fea wollen mit einigen hss. sed equis fre-
ncdo est auris in ore schreiben , so dasz also Hör. dem scherzhaften
referate seiner bevorstehenden Unterhaltung mit dem pferde eine all-
gemeine Sentenz hinzufügte, dem gegenflber haben die neueren hgg.
das am besten bezeugte equi restituiert, zumal da den eigentlichen
anstosz des wertes sed diese änderung gar nicht berührt, um ihn zu
beseitigen ist manigfaltiges geleistet, mit beibehaltung von equis
vermutet Horkel (anal. Hör. s. 146) t<^ fdr sed, dies würde die stelle
ertrftglicher machen , ist aber selbst unerträglich , weil es der proso-
die von eques gewalt anthut. so wie die werte überliefert sind, kann
man nur verbinden, wie es schon comm. Cruq. thut: eques stomadio-
BUS laeva hahena dicet equo suo: quo tendis? non est mihi iter Cumas
aut Baias. schlösse sich das folgende passend an, so würde man
gerade die prägnante rede weise ^er sagt es ihm mit dem linken zügel'
für sehr poetisch erklären müssen. Döderleins erklärung laeva sto-
machose fledens hahena equum ist gekünstelt und von Keck (de Hör.
epist. libro I, Kiel 1857, s. 23) mit recht zurückgewiesen, aber das
folgende passt in keinem falle: es bleibt schleppend und unlogisch.
das deutsche beispiel ^vergebens suchte der general seine leute zum
stehen zu bringen, aber sie waren nicht zu halten', welches Döderlein
als ein analoges zur erklärung des sed beibringt, passt nicht (s. Keck
ao.). Kecks eigene erklärung durch sat. I 5, 60 ist falsch und von
Ribbeck widerlegt : ^sed ist nicht gleich at, und die trockenheit dieser
lehrhaften notiz wäre auch so unerträglich.' einen gedankensprung
anzunehmen, wie Orelli, Döderlein ua., ist nicht weniger mislich und
macht gleichfalls die werte nicht geistvoller. Bibbeck und Lehrs
halten den vers von sed bis ore für interpoliert, jener mit der zuver-
sichtlichen behauptung ^ein anderes mittel diesem salzlosen zusatze
zu einigem halte zu verhelfen bietet sich nicht', dieser, indem er
die Worte certum nitens üer. edere perge substituiert, wer sich mit
dem überkühnen kritischen verfahren dieser beiden gelehrten nicht
befreunden kann , wird trotzdem nach andern heilmitteln aussehen,
um auf dem sichern boden der Überlieferung bleiben zu können, es
70 ERieck: zu Horatius episteln [I 15, 10—13].
ist merkwürdig, wie nahe Prädicow (s. ThSchmid zdst.) einer be-
friedigenden erkl&rung gewesen ist. er wollte schreiben: sed equus:
frenato est auris in ort, das ist allerdings abgeschmackt, aber die
Vorstellung ist richtig, dasz Hör. das pferd als redend eingeführt
habe, ich meine, man dürfe nur die interpunction und einen buch-
staben ändern, um nicht nur überall das richtige grammatische und
logische Verhältnis herzustellen, sondern auch die ganze stelle an-
schaulicher und poetischer zu piachen, schreibt man :
^quo tendis? non mihi Giemas
est Her aut Baias?* laeva stomachosus hahena
dicet equus; sed equi frenato est auris in ore>
so ist alles in Ordnung, das pferd hat oft genug den dichter nach
Bajae getragen ; jetzt soll es nach Velia oder Salernum gehen, bei
Voltumum musz Hör. jetzt daher links abbiegen, bekannte Wirts-
häuser an der strasze, die nach Bty'ae führt, rechts liegen lassen.
(Döderleins behauptung, deversorium sei hier in der sonst nicht nach-
weisbaren bedeutung von deverticulum ^Seitenweg' zu nehmen, 'da
nicht einzusehen sei, warum Hör. darum, weil er auf der südlichen
haviptstrasze weiter reiste als früher, auch den gewohnten an der
hauptstrasze liegenden einkehrorten ausweichen muste', scheint mir
pedantisch, dasz gerade an dem kreuzungspuncte der beiden groszen
straszen Wirtshäuser lagen, ist doch wahrscheinlich; warum soll es
nicht sitte gewesen sein, dasz die von Born nach Bajae gebenden
hier Station machten , die in der richtung auf Neapel reisenden ein
anderes absteigequartier an der strasze nach Neapel zu wählen pfleg-
ten?) er musz also das pferd, welches unwillkürlich die bekannte
strasze zur rechten einschlagen will, nach links lenken, da wundert
sich das pferd. 'was fällt denn meinem herrn ein?' denkt es, und
'ärgerlich über den linken zügel sagt es : wohin willst du denn? soll
ich denn nicht die strasze nach Cumae oder Bajae gehen?' 'aber des
pferdes ohr ist im gezügelten maul' setzt kurz und treffend der dich-
ter hinzu, dh. 'sein ärger hilft ihm nichts, es musz mir gehorchen,
da es auf den zügel (hier den linken) achten musz , den es im maule
trägt.* stomachosus mit dem abl. causae zu verbinden macht wol
keine Schwierigkeit: es kommt das wort bei Hör. sonst nicht vor,
und stomachari wird ep. I 1, 104 mit ob construiert und steht sat.
I 4, 55 absolut; aber nach analogie der verba und ac^ectiva der ge-
mütsbewegung wird immerhin der ablativ gesetzt werden dürfen.
Neubtrblitz. Kabl Bieok.
KEowberg: anz. t. TibuUi el^ae rec. EBaehrens. 71
12.
ALUI TIBÜLLI ELBGIABUM LIBRT DUO. ACOEDUNT PSEUDOTIBULLIANA.
KB0BH8Ü1T ABMiLiüS BAEURENS. Lipsiae in aedibus B. G.
TeobnerL MDCCCLXXVIII. XXVI u. 88 s. gr. 8.
Dtss der einflnsz, welchen das von Lachmann bei Veranstaltung
seiner kritischen aosgabe des Tibnllus (1829) eingeschlagene ver-
bhren auf die kritik dieses dichters geübt hat, in mancher hinsieht
m recht nachteiliger gewesen ist, dürfte nach den aasftthmngen
von Locian Mfiller in der prae&tio zu Tibollos und von EBaehrens
in den 'Tibnllisohen blättern' ziemlich allgemein zugestanden wer-
doi. besonders lähmend wirkte die von Lachmann s. VI seiner
pne&tio mit voller emphase der ttberzengung vorgetragene ansieht
dm, wie nnsaverlässig auch die von ihm ftlr die relativ besten ge-
hsUenen Tiboll-hss. inmier seien, doch die hoffnung auf entdeckung
boeerer aUer aossicht entbehre, nur hieraus erklärt sich die er-
seheianng, dass während eines halben Jahrhunderts alle ernstlichen
bsmOhnngen um die anffindnng neues kritischen materials fttr Tib.
oiierbiieben aind und dasz keine der von 1829 — 1878 erschienenen
HboUanagaben aof wesentlich anderer als der von Lachmann ge-
cehaffenen kritischen basis ruht, erfuhren doch selbst die von Lach-
atan bereits indicierten Freisinger excerpte erst 1869 durch LMfiller
gebttbrende Würdigung und ein jähr später Verwertung in dessen
•ergäbe, hohe anerkennung verdient es daher, dasz einer unserer
verdieDstvollsten hss.-forscher, hr. prof. EBaehrens in Groningen, die
boibimg auf neue funde für TibuU nicht sinken liesz und unbeirrt
dmth das Lafchmannsche verdict bei seinen bibliothekstudien auch
derdarchforachiing von Tibnll-hss. seine aufmerksamkeit zuwandte.
Mine bemflhongen sind nicht unbelohnt geblieben, wirklich ist es
ika gelungen drei hss. ausfindig zu machen, welche sämtliche Lach-
minnerhe hss. an wert, zum teil auch an alter Übertreffen, auf
gnmdkge dieser hss. hat B. die oben genannte neue kritische
BboUaaagmbe veranstaltet, deren beurteilung und Würdigung diese
teilen gewidmet sind, schon hier musz indessen bemerkt werden,
Qa aliia sanguinische erwartnngen gleich im keim zu ersticken,
diBi durch das neu aufgefundene material keinerlei neues licht ttber
eine der wiebtigsten fingen der Tibullkritik, die nmstellungsfrage,
verbreitet wird, diese bleibt trotz der neu entdeckten hss. in der-
•^bcn donkriheit wie bisher, und es dürfte auf eine lOsung derselben
dier zu rechnen sein, als bis derzufall einem glücklichen finder
vor dem nennten jh. geschriebenes exemplar von TibuUus in die
spielt, femer glaube man ja nicht, dasz die beschaffenheit der
▼« B. gefnndenen hss. derartig sei, dasz durch sie die vielen scrupel
te «ortkritik gelöst würden, nein, die gebotenen lesarten waren^
cieige wenige ansgenommen, längst bekannt und sind bis auf diese
««igen sb. schon in der ausgäbe von Broekhujzen 1708 zu finden.
^ wert der Baehrensschen hss. besteht vielmehr darin — und das
72 ERossberg: aoz. v. Tibulli elegiae rec. EBaehrens.
ist wichtig genug — dasz die kritik durch sie in den stand gesetzt
wird die alte Überlieferung von den oft recht verftihreriBchen con-
jecturen der Itali des fünfzehnten jh. zu unterscheiden und von jener
aus neue Wiederherstellungsversuche des ursprünglichen TibuUtextes
anzustellen.
Ehe wir zur beschreibung und Würdigung der neu aufgefun-
denen hss. im einzelnen übergehen, müssen wir einige worte über
die äuszere einrichtung der B.schen ausgäbe voranschicken. dieselbe
folgt ganz dem muster der vor zwei jähren erschienenen Catnllaus-
gäbe desselben hg. und enthält auf XXVI seiten prolegomena, anf
88 Seiten den text mit testimonia und varietas leotionis. als eigen-
tümlichkeit der B.schen ausgäbe, durch welche sie sich von allen bis-
herigen unterscheidet, ist hervorzuheben, dasz hier nicht mehr von
vier bttchem Tibullischer gedichte die rede ist, sondern der alten
Überlieferung gemttsz (vgl. Baehrens Tibull. blätler s. 54), sowie im
anschlubz an die ergebnisse der hohem kritik nur von zwei, welchen
die ehemals als drittes und viertes buch figurierenden gedichte unter
der bezeichnung 'Pseudotibulliana' angefügt sind, bedenklich für
die wähl dieses titeis ist nur der umstand , dasz sich unter diesen
stücken ein unzweifelhaft dem Tib. angehöriges gedieht findet (sonst
IV 13), so dasz sich vielleicht die bezeichnung 'appendix Tibulliana'
(analog der 'appendix Vergiliana') mehr empfohlen hätte, ob selbst
bei der wähl dieser bezeichnung die aufnähme des den tod Tibulls
behandelnden epigramms des Domitius Marsus zu rechtfertigen ist,
lasse ich dahingestellt, wenden wir uns nun von diesen äuszerlich-
keiten zu den prolegomena.
Nach einigen Vorbemerkungen über die Unzulänglichkeit der
bisherigen kritischen hilfemittel für die Tibullkritik und nach einer
kurzen Widerlegung der ansieht, als ob das vierzehnte jh. der be-
kanntschaft mit Tib. gänzlich ermangelt habe, gibt B. eine beschrei-
bung der neu entdeckten hss. dieselben sind :
1) A, cod. B. 26 sup. der Ambrosianischen bibliothek zu Mai-
land, ehemals dem bekannten Colucoio Salutato (t 1406), nach die-
sem den Mediceem gehörig, er ist nach B. ungefälu* 1375 geschrieben
und enthält den Tib. allein, ein halbes jh. später sind ihm von
zweiter band einige wenige Varianten beigefügt.
2) V, cod. Vaticanus 3270, ehemals eigentum des Fulvio Cr-
sini. derselbe ist von OLöwe nach den angaben von B. anf seine
gute untersucht und von AMau für den hg. verglichen worden, nach
der übereinstimmenden ansieht beider gelehrten stammt er eher aus
dem ende des vierzehnten als dem anfang des fünfzehnten jh. er
enthält auszer Tib. noch Ovids remedia amaris und ist von späteren
sehr reich mit Varianten ausgestattet
3) 0, cod. Guelferbjtanus (Ms. Aug. 82, 6 foL): derselbe ist
in langobardischer schrift geschrieben, so dasz er auf den orsten
blick den eindruck einer hs. des zehnten oder elften jh. macht, nach
B. fällt seine entstehnng jedoch in die zeit um 1425. auszer Tib.
KBowberg : ans. ▼. Tiballi elegiae rec. EBaehrenö. 73
eitfalli er den brief der Sappbo. eine um mebrere decennien spKtere
bad hat zahlreicbe Varianten hinzugefügt und an mehreren stellen
die orsprilngliche leaart durch rasur geändert, nach untrüglichen
i&seidien ist dies derselbe codex, aus welchem Puccius die ihm am
viditigsten erscheinenden lesarten, jedoch ohne rücksicht darauf, ob
diesdben Ton erster oder zweiter band stammten , excerpierte und
den xande der Aldina von 1502 beifügte, ich bemerke noch dasz
mir aodi einer der Codices des Achilles Statins mit G identisch zu
sebi scheint.
AnsMr diesen drei ToUstSndigen hss. zieht B. für die kritik heran
1) das alte fragm. Cuiacianum Scaligers (F), 2) die Freisinger ex-
cerpie (JW».)n]id 8) die einem im elften jh. in Frankreich zusammen -
gtstelHai ilorüegium entstammenden Pariser excerpte {Par.). auch
ftber diese hüfismittel wird in den prolegomena das wissenswerteste
bdgebnM^t.
üeber die abstammung und die verwandtschaftsverhSltniBse
der hn. gelangt B. zu Mgenden resultaten , welchen ich nach ge-
Buer prtlliing aller in betraoht kommenden momente mit voller
HbwienguBg beipflichten kann, abgesehen von dem fragm. Cuiac.
od den ezc. Fris., Ilber deren Stellung zu den übrigen hss. sich
uehts gewisses ermitteln läszt, gehen sfimtliche hss. auf einen codex
des nennten jh. (von Baehrens O genannt) als ihre gemeinschaftliche
qedle snrttck. sie scheiden sich jedoch in zwei familien , von denen
£e eiiie dnreh die in hohem grade fibereinstimmenden codd. A und
V, die andere durch G und die exe. Par. vertreten ist. direct aus 0
iit keine der vorhandenen hss. geflossen, es ergibt sich demnach
Mgudcs stemma:
0
X (cod. Veron.?) y
/ ^
«cPar. G A V
& ipiterea interpolierten hss. (g) entstammen grGstenteils der
^■ihe AV, doeh finden sich in ihnen nicht selten auch lesarten der
fiunüie. ich nehme hier gelegenheit darauf aufmerksam zu
dasz die dem cod. Y beigeschriebenen Varianten fast über-
>U Bit der lesart von G übereinstimmen.
Was den wert der einzelnen hss. für die kritik betrifft, so miszt
^ der fioiilie x weit grössere bedeutung bei als der familie y. in
/<Mr fniilie ist es natürlich G, welcher schon um seiner voUstSndig-
^ «fllen höhere Wichtigkeit besitzt als die exe. Par. die lesarten der
•Hilerai haben fibeilianpt nur dann auf berücksichtigung anspruch,
*«ii lie mit O übereinstimmen, da der text in ihnen oftmals ganz
*>DHriieh gelodert ist. der gmnd hierfür liegt teils darin, dasz die
"^gehobenen verse zu einer selbständigen sentenz ausgeprägt wer-
te usten« teils in metrischen bedenken des ezcerptors, welcher
i^* die dreisilbigen pentameterausginge conseqaent beseitigt, wie
74 KRosBberg : anz. t. Tiballi elegiae rec. EHaehrens.
steht es aber mit dem] wert von G selbst? das arteil von B. über
diesen codex werde ich mit seinen eignen werten wiedergeben, er
sagt proleg. s. XVII: ^abi 6 et AV inter se dissentiunt, bis fere
diffidendam , ab illo autem nisi ob cansas gravissimas non receden-
dum illiusque scripturas pro germanis communis utriusque archetjpi
lectionibus (0) habendas esse' und einige zeilen weiter: ^ad 0 quod
attinet, eius librarium, cum scripturam imitaretur langobardicam,
non fraude fecisse, ut fecerunt tum Florentiae maxime mnlti scribae
(nam in ceteris nil ille cum bis habet commune), sed vetustum exem-
plar quam fidelissime depinxisse antumaverim. hinc si ex filii vnitu
de patre facere licet coniecturam , hie nobilis saeculi X vel XI pro-
pago dicendus est. at multo recentior, ni fallimur, erat codicum AV
parens. hunc enim cum ipsa indoles ac natura ex prole superstite
perspicaa, tum tituli a rubricatore carminibus praefixi quasi intento
digito demonstrant saeculo XII vel XIII ortum esse.' diesen urteilen
habe ich folgendes entgegenzustellen, trotz der höchst wahrschein-
lich richtigen Zeitbestimmungen für die vorlagen von GPor. und AV
vertritt dennoch die letztere hss.-classe die ältere, nnverflUschtere
Überlieferung, der gesamteindruck der lesarten in AV ist der, dasz
der text durch die bände einer reihe von unwissenden Schreibern ge-
gangen ist, welche sowol der prosodie unkundig waren (beispiele
I 3, 25 deum, 5, 7 das zweite parce, 7, 6 VidU ei vinctoSy 8, 1 cehrCy
V. 57 levis, U 1, 17 und öfter dti, 4, 33 incerta, Ljgd. 1, 16 Costa-
liamque umhrosam, 5, 29 Mque vobis usw.) als auch kein bedenken
trugen baren unsinn abzuschreiben (beispiele I 3, 38 veteris, v. 50
r^f>erte, 4, 29 teperdit, 8, 51 sentüa, 11 3, 63 bipsaios, Lygd. 1, 10
pumkety 6, 8 PulserU, v. 15 Annenas, Sulp. ep. 1, 8 «d vemo usw.).
die Verderbnisse in AV bestehen daher zum grösten teil in Schreib-
fehlern und machen den eindruck der unabsichtlichkeit, dagegen
hat der Stammvater der familie OPar. (vermutlich schon in karo-
lingischer zeit, jedenfalls vor dem elften jh.) eine Überarbeitung er-
fahren, durch welche eine grosze anzahl von scbreibfehlem verbessert,
mehrere stellen glücklich geheilt, nicht wenige aber nach Ovidischem
vorbilde oder nach dem geschmack des Überarbeiters umgestaltet
wurden, hieraus ergibt sich dasz 6 für die kritik nur sehr vorsichtig
und unter steter berücksichtigung der in A V gebotenen Überlieferang
zu benutzen ist.
Die vorstehend ausgesprochene ansieht will ich zu beweisen
suchen, erstens: die rasuren in G (von zweiter band herrührend
und daher nicht auf rechnung des x zu setzen) beweisen dasz ur-
sprünglich die Übereinstimmung zwischen G und AV gröszer war,
als sie jetzt erscheint, als lesarten des 0 sind durchaus noch fol-
gende in anspruch zu nehmen*: I 2, 23 decet (G in raeur docti),
7, 28 memphitem (G memphiten), v. 42 cu^ide (G compedc).
* die von B. aufgenommenen lesarten sind von hier ab dnrch ge-
sperrte cnreivschrift gekenneeichnet.
Kfiotsberg: ans. y. TibuUi eleg^ae rec. EBaelurens. 75
8, 58 ii< nee (Q ui n^i}, 10, 43 candescere (Q can^escere),
n 1, 34 BmU (6 arU)^ t. 38 grande (G glande), y. 49 i^erat (G
myen'Oi 3, 62 Jiqitor (G loquor\ 5, 92 compressis (G compren-
.^it\ Ljgd. 3, 29 tMt;an< (G ftft;e»i^), 4, 63 Ulis (O ^i§), paneg.
49 ulix^m (G «lisMm), v. 104 Dexteraq; ut (G Dexter^q; ui, FPar.
Dtiter ut{}^ V. 140 Dyaapes (G coasjp««), v. 143 tamiria^ welches
«b ToHfra an&anehineii war (G tomyris)^ v. 200 mektheas (G
«e^ei|ea«), Sulp. ep. 6, 5 quid (G ^tMX^, Baehrens qum). trotzdem
dan 0 an lieleii der aufgezählten stellen jetzt eine lesart bietet,
walobe mit recht von B. aufgenommen ist (nur über tnemphiten bin
ich ftaderer meinnng), so ist doch der wert dieser lesarten für die
kritik gleich null, dasz es mit einer ganzen reihe von lesarten erster
bud ebenso steht, dafür soll mir das eigne verfahren yon B. bei der
coBstitotion des textes als mitbeweis dienen, an folgenden stellen,
wo iv& Terschiedenheit der lesarten von AV und G nicht aus schrei-
Unirtom, sandem nur aus willkttrlichem verfahren des correctors
te ¥oriage von G zu erkllbren ist, hat B. die lesart von G gegen die
roa AY sehr mit recht einfach verworfen, es bietet nemlich G I 3,
79 qmie für quod AV, 4, 6 aesHvae Cania für aestivi, v. 33 Vidi
«yo io» für Vidi iam, v. 37 iuvefUus für iuventas, v. 39 licebit
f^Ubehit^ T. 61. 62 Pierides für Pieridas, 5, 71 fktm für non,
^^ptmeget ftit pernegat (der grnnd der correctur ist in Ov. trist.
11448 zu suchen), "v.^lfdere für ludere, 7, ^honori.honos, v. 16
Cib» fl Cilieas, 8, 60 sonüu f. strepitu, H 1, 15 ignis (!) f.
«f««t, V. 18 idUte {. pellite^ 3, 58 fttscf quas f. fusci quos,
^^^.117 lauroa f. laurus, v. 120 paretw Lpaier^ 6, 3 terret (!)
!. km dh. terrae^ v. 21 et sukis (!) f. spes 5., v. 28 bdla pwMa f.
"^vra I»., Lygd. 2, 8 nota f. naia, v. 15 togatf (!) f. rogat(ä)e aus
fffcalae, 4, 17 dknensa f. emersa aus emensa, v. 47 cuiusque (!!)
fciM^Me, welches aus euique dh. aevique verlesen ist; 6, 7 dtnim
' 'sfHM, V. 37 loquor f. ^ueror, t. 43 sie f. fivne, paneg. 27
■Mee (!) f. earmtne, v. 139 ireido (!) f. tetereo verlesen aus
7htraeo, v. 211 nomina f. earmtna. de Sulp, et Cer. am. 2, 20
''Kdlr(!) f. lange. Sulp. ep. 4, 1 muldam f. mii{<um. angesichts die-
«r Wspiele handgreiflicher interpolation sieht es auch mit solchen
»«■rtaB von 6 miäich ans, für welche sich in AV gleichberechtigte
^TMajBa oder aber an sich des sinnes nicht entbehrende lesarten
'«iaden, zb. I 1, 29 hidentem O gegen btdentes AV (der plural
^ gir aichU auffllliges ; er erklftrt sich einfach aus einem durch
^ i» imlerdmm liegende Wiederholung veranlaszten legeren sprach-
'(^bnMh)» V. 41 fruetusve G gegen -que (für disjunction liegt
^Qtbns keine notwendigkeit vor), v. 48 imbre gegen igne {wel-
^te «MB sehr guten sinn gibt und wozu iuvante paest, während
^ Mre inwHde nur gezwungen erklftren laszt); 2, 6 fulia gegen
^^vs od t Uli US gegen maus (beide lesarten in G wol eher nach
^ mgemodelt als von diesem nachgeahmt: bei Ov. a. a. 11 244
^!lrt sich aique erU opposiia ianua fuUa sera zwanglos, während
76 ERoseberg: anz. y. TibuUi elegiae reo. EBaehrena.
hier claudüur mit fuUa verbunden einen pleonasmus enthalten wttrde.
die lesart des AY ist natürlich zu construieren firwa ianua dau^ur
dura serä); 5, 27 fructibus gegen vUibus (hier ist wol aus versehen
eine irrtümliche angäbe in die ann. crit. gerathen. aller analogie
nach musz Y m. 1 uitibus, m. 2 fructibus haben); 7, 3 frangere
gegen /uftdere, 8, 11 suc{c)o gegen fuco, 10, 46 iugapanda gegen
iuga curva (während Tib. noch an 7 stellen curvus hat, findet sieb
pandus nie bei ihm , wol aber hftufig bei Ovid. übrigens urteilt 6.
Tib. blätter s. 62 , dasz sub iuga curt?a 'der einfachheit des Tibnlli-
sehen stiles angemessener' sei. dieser ansieht bin ich heute noch);
II 3y S eolenda gegen serenda (jenes yiel matter als dieses, ja nicht
einmal passend, da die thfttigkeit der stiere schon mit zum coiere ge-
hört., hier aber offenbar vom zweck ihrer arbeit die rede ist); Ljgd.
2, 27 casum mortis gegen causam m. (aber um den traurigen ein-
tritt des todes handelt es sich hier gar nicht, wol aber, wie die in-
Schrift des leichensteins beweist, um die Ursache desselben), weitere
merkmale willkürlicher Änderung lassen sich in den wortumstellnngen
erblicken , welche sich in 0 einigemal finden, ich habe 7 beispiele
davon notiert: I 1, 78. 3, 9. 30. 8, 9. 9, 63. 11 6, 49. de Sulp, et
Cer. am. 4, 7. an drei dieser stellen verwirft B. die Stellung von 0
gegen die von AY ; er hätte dasselbe auch an den anderen stellen thun
sollen, femer finden sich in AY lücken, welche in Q ausgefüllt sind,
an folgenden stellen: I 9, 69 hat 0 Ista haec persuadetfacies^ wäh-
rend haec in AY fehlt, ob G mit einschiebung von haec auch nur
annfthernd das richtige getrofi^en , Ittszt sich bei der dunkelheit nn<i
Schwierigkeit der ganzen stelle nicht entscheiden. 11 4, 10 fehlt in
A das epitheton zu maris; Y hat vUrei, 6 dagegen t^a^^t nachLygd.
4, 85. mir scheint vürei, selbst wenn es nicht auf alter tradition be-
ruhen sollte, den vorzug zu verdienen, paneg. 40 ist, wie die Über-
einstimmung mit F beweist, in 0 nach aut richtig hie ergttnzt ; eben-
so ist V. 200 die lüeke in AY vor maU^m wol richtig durch nee ans-
gefüllt, de Sulp, et Cer. am. 4, 1 6 ist die Ittcke nach posthac in G
durch noSj in der ed. Plant, durch quam ergänzt, beides scheint
das richtige nicht zu treffen; vielmehr ist wol wegen der ähnlichkeit
der vorangehenden buchstaben hanc ausgefallen, die ausfUllung einer
vermeintlichen lücke hat endlich auch II 1, 76 stattgefunden, wo
AY lesen Ad iuvenem tenebris sola pueUa venity in 6 dagegen iv
tenebris steht dies widerstreitet aber völlig dem TibuUiachen
Sprachgebrauch, wie die vergleichung von 1 2, 25 und 6, 59 beweist,
an der einzigen stelle, wo sich bei Tib. in tenebris ßxkdet^ 1 10, TiO
haben diese werte einen ganz andern sinn als in den drei vor-
genannten.
Lang ist die reihe der stellen, an welchen, wie nicht geleugnet
werden soll, Ot den AY gegenüber die richtigere lesart bietet, allein
diese stellen sind groszenteils der art, dasz es sich in ihnen nur um
die Verbesserung von schreibfehlem handelt, sie beweisen also nur
dasz der Schreiber der vorläge von OPar. mit Verständnis und mit
KBoaaberg: anz. v. Tibulli elegiae rec. EBaehrena. 77
dem bestreben einen lesbaren text herzustellen schrieb, an solchen
m&nnem bat es ja za keiner zeit gänzlich gefehlt, da die aufzählang
dieser stellen zu viel räum beanspruchen würde , so musz ich leider
daraaf yerzichten. indem ich bemerke dasz ich für 70 — 80 stellen
richtige Verbesserung in G zugebe , hebe ich eine kleine anzahl der-
selben heraus, zu welchen ich eine erlftuterung irgend welcher art
für nötig halte, es ist in G corrigiert II, 37 e aus et AY (stand hier
im archetjpns vielleicht ec?). Z^ZS ventis aus veteris. die Schreib-
weise in A uefis zeigt deutlich dasz der irrtum in AV durch ein un-
genau gezeichnetes compendium uetis veranlaszt wurde, b^l per te
aas paroe^ welches aus dem anfang des verses eingedrungen, v. 76
%at ans nam (hier liesze sich indessen an ein ursprüngliches nunc
denken). 11 1, 54 äicerei aus duceret (sollte sich hier eine spur der
Schreibweise deiceret gerettet haben? solche Schreibweisen mit ei
kommen ja selbst in der spätesten kaiserzeit noch vor : vgl. Corssen
aossprache P s. 787). 4, 33 uicta aus incerta (die ansieht von B.
über die entstehung des Schreibfehlers billige ich nicht: vielmehr
erklftrt sich derselbe aus der Verbindung des d von uicta durch einen
nach oben gehenden haken , welcher dem compendium für er über-
fasehend ähnlich sieht). Ljgd. 3, 22 regit aus gerit (da auch die
Fna. gerü haben, so ist der Schreibfehler gewis alt der irrtum ist
veranlaszt durch das zusammentreffen von lege regit).
Bisweilen freilich misglückten dem corrector seine verbesser ungs-
versoche, wie folgende reihe von stellen beweist, an welchen sich
aoch B. der Überzeugung , dasz AV die ursprünglichere lesart ent-
halten, nicht verschlossen hat man liest in G I 1, 45 imunes für
immites AV, 2, 87 jprorepere Lperrepere^ 4, 64 viruisset f. ni-
iuisset, 5,32 detrahett -hat, 7,32 in Lab, 9,67 putes f. putas,
10, 27 myrtisque f. -toque, v. 61 praescindere f. persc. (B. mit g
resc), V. 68 profluat f. prefluat (B. mit g perßuat)] IL 5, 58 re-
spicU Lprospicit, v. 74 concinuisse f. praecinuisse, Lygd. 4, 4
JJesine et in f, Desinite in, 6, 44 discis f. disces, paneg. 136
alüque f. aliisque. Sulp. ep. 1, 6 suum f. suam (F sua).
Sehr fraglich ist mir an folgenden stellen, ob die Verbesserung
in 6 das richtige trifft: I 2, 67 posset G für possU AV, 5, 29 reget
f. '€U^ 6, 42 atque f. aiU (bei der verderbtheit der ganzen stelle
läszt sich gar nichts entscheiden), v. 72 properans f. praprias
(letzteres wol nichts als ein verfehlter ansatz zvl proripior , so dasz
eine lücke zu statuieren); 7, 54 Lihem et mesopio dulcia mella
fa vo f. Liha et mosopio didcia mella feram (hier ist die vulgatlesart,
in welcher nur meUa in meüe corrigiert wird, wegen vergleichung
mit I 10, 23 vorzuziehen); 10, 49 vomerque vigent f. vomer vide-
rü (die lesart von AV verglichen mit vomerque niiet der exe. Par.
führt auf das von Guyet vorgeschlagene vomerque nitent, wofür auch
der gegensatz arma occupat situs spricht, vgl. Ov. fast, IV 927 f.
das inquinet dieser stelle scheint der Schreiber von G vor äugen ge-
habt zu baben, als er occupet fiii occupat AY Par, verballhornte);
78 KRoBsberg: anz. v. Tibulli elegiae rec EBaehrene.
II 1, 67 Ipse interque greges für Ipse quoque inter agros A {greges
y. das quoque scheint nicht aufgegeben werden zu dürfen; deshalb
ist die emendation der lesart von A durch Klotz apros vorzuziehen, bei
greges tritt überdies der gegensatz nicht scharf genug hervor) ; Lygd.
4, 82 Ä ego non possum für nepossim (die lesart der AV ist durch-
aus zu halten, da unser vers unzweifelhaft eine nachahmung vod
Tib. n 4, 7 ist: 0 ego nepossim).
Durch die angeführten beispiele, deren zahl sich leicht ver-
mehren liesze , hoffe ich dargethan zu haben , dasz cod. G den hohen
wert, welchen B. ihm beimiszt, bei weitem nicht besitzt, ja dasz die
höchste vorsieht bei seiner benutzung anzuwenden ist, da manche
seiner lesarten auf den ersten blick blendend wirken, man lasse sich
aber durch das blendwerk nicht verführen, ich musz wiederholen,
die ungetrübtere quelle flieszt in AV. diese beiden hss. der
kritik erschlossen zu haben ist das bleibende verdienst
des hg.
Da die besprechung dieses wichtigsten punctes viel räum be-
ansprucht hat , so berühre ich die anderen nur im fluge. unter den
Versumstellungen, welche der hg. vomimt, sind einige aneprechend,
ohne dasz jedoch die notwendigkeit der hergestellten versfolge mit
evidenz in die äugen spränge, bei den eignen coigecturen ist es B.
bisweilen entgangen, dasz dieselben schon von früheren vorgebracht
sind, so wii-d I 1, 25 Dummodo iampossim schon von RBichter de
Tib. trib. pr. carm. (Zwickau 1873) s. 6 vorgeschlagen, v. 51 pereat
pereatque schon von NHeinsius. zu 1 8, 35, wo B. Ac statt des über-
lieferten Äi liest, war zu bemerken dasz bereits von Drenckhahn Ei
gefordert wurde. Priap. 2, 22 ist intremente schon von Heinsius und
später von Dissen vermutet, gegen einige andere conjeeturen be-
merke ich folgendes. I 2, 7 schreibt B. iantM difficüis dornt / m ftlr
äomini hss., dominae vulg. es will mir aber nicht einleuchten, dasz
Tib., welcher das zweite supinum sonst nirgends hat, hier ein so ent-
legenes wie domitu gebraucht haben sollte, das gerathenste ist die
lesart der hss. zu halten und unter dominus den gatten der Delia zu
verstehen, dasz dann difficilis mit domini zu verbinden ist, liegt auf
der band. I 6, 16 will B. für Me quoque lesen Te quoque, zu dieser
höchst unwahrscheinlichen Vermutung ist er veranlaszt durch un
richtige interpretation von Ov. trist, II 467 f. (vgl. Tib. blfttter s. 77).
hier gehört nicht ntmium petü zusammen, sondern ntmtiim incauto.
V. 32 desselben gedichts findet B. (Tib. blätter s. 79) das insiahai
'etwas ungeheuerlich' und setzt Uxträbat dafür ein. aber Verg. Aen,
XII 751 steht canis et Uxtratihus instat. als commentar kann über-
dies dienen Claudianus in Euf, H 457 inträntem latraiu Cerberus
urgä. das zu I 7, 9 für Non sine me est tibi partus honos vorge-
schlagene Non sine Marte ibi p. h. ist nichtssagend, die lesart der
hss. hatte ohne frage der Verfasser der vita Tibulli vor äugen, als er
schrieb : cuius et coniuhemälis AguUanico hetUo milUarihus donis do-
natus est (vielleicht honoratus est?), non sine me heiszt hier nicht
HBAoBch: aber panderosua in der Itala. 79
me Dämonie ^ wie B. Tib. bl. s. 13 meint, sondern me camUafUe.
n 3, 45 setct B. statt Vi mulia innumera iugera paseat ave in den
tot oitta. aber scbafe treibt man nicht auf bebautes land , sondern
nf die brache und im herbst auf die stoppeln.
Als teatimonia trage ich nach zu I 5, 30 das apophoreton des
Mirtialis XI V 193 ussü amatorem Nemesis lasciva TibuUuniy \ in
toia iuvit quem nihil esse domo, femer zu I 9, 3 das in den
tckolien zn Btatius Theh. Y 689 vorfindliche (angeführt von Lach-
Bma in der ann. crit.).
&idlich bemerke ich noch dasz in der ann. crit. an folgenden
stdkn die angäbe ttber die leäart der exe. Fris. fehlt: 1 1, 6 zu assi-
dao, Ljgd. 4, 19 zu sopiertd^ 6, 52 zum. ganzen verse, paneg. 95 zu
iWnM, epigr. 2, 2 zum ganzen verse. — II 4, 28 ist im texte statt
ope« zu lesen amem^ I 7, 13 in der ann. crit. p. 304 statt 504.
NOBDBR. KOMBAD RO88BERO.
13.
ZUR CONTBOVERSE ÜBEE PONDEROSVS IN DER ITALA.
Anf die controverse selbst, die zwischen Wiseman und Garns,
iwisehen Regler und Ott ttber ponäerosus stattgefunden hat , soll
kkr nidit des nihem eingegangen werden, wer sich daftbr inter-
casiot, findet das nötige besonders in Zieglers schrift ^Italafragmente
der FMifiniachen briefe' (Marburg 1876) s. 66, und in der anzeige
Roteiben von Ott in diesen jahrb. 1877 s. 196 f. hier soll nur, ohne
•De rUckaicht anf persönliches, aus einigen belegstellen erwiesen
vcrdoi, daaz ponäerosus wirklich bisweilen in der bedeutung von
hmmmu gebrancht worden ist.
Zuerst kommt in betracht die bereits von Wiseman citierte stelle
Lrrit 21, 20, welche in der vulgata lautet: {non offeret panes die
«0 nee aeeedH ad mnUstenum eius) si gtbhus^ si lippus^ si albuginem
khew m ocmIo, si iugem seahiem, si impetiginem in corpore^ vd
^trniosus, daaz das letzte wort etwas anderes besagt als der im
Mrltschen stehende ausdruck, der vielmehr atiritus tesHculo oder
— wie die Alexandriner übersetzt haben — ^övopx^c bedeutet, ist
^ ohne belang; wol aber verdient die thatsache hervorgehoben
n werden , daaz fOr die vulgata-ttbersetzung selbst eine andere les-
tft aaehweiabar ist. schon Gregor der grosze am ende des sechsten
'X ^ nicht hemiosus^ hondem ponäerosus gelesen (opp. 11 s. 11),
«ortns ohne allen zweifei hervorgeht dasz in denjenigen kreisen,
ftr welche er schrieb, dem letztem werte die bedeutung des erstem
^)<igelegt zn werden pflegte, der gelehrte Bamabit Vercellone, des-
«t bO^sl verdienstvollem werke Wariae lectiones vulgatae latinae
ublionun editionis' (bd. I, Rom 1860) wir diese angäbe entneh-
gO HBöDBch: über ponderotua in der Itala.
man, hat für die lesart panderoaus in jener stelle auszerdem noch
folgende Zeugnisse beigebracht: ^Taio LXXX p. 838; Isid. V 423 ;
Beda U 354. IV 394; Raban. V 602; Ratherius Ver. CXXXVI 508 ;
Spicil. Solesm. HI 266.' beide lesungen neben einander, nemlich
panderosfis vd herniosus^ finden sich in der vulgata-hs. F(13 jh.)
und bei Haymo CXVni 786.
Zweitens hatte man sich wegen der identit&t jener beiden ad-
jectiya auf Amobius VII 34 berufen; dagegen wurde von anderer
Seite eingehalten dasz in dieser stelle ponderosus in wörtlicher bedeu-
tung zu fassen sei und keineswegs ^mit einem bruch behaftet' heiszen
könne. Amobius sagt daselbst : quodsi possent adscnbere vakiudineSj
aegrüudmes et corporales diis morhos^ non dubUarent eos lienosas^ lip-
pulas cUque enterocelicos dicere^ eo quod ipsi et limosi ei lippi sunt
saepe et ingentium herniarum magnitudine ponderosi.
sicherlich hat auch hier panderosus die bedeutung ^gemchtig, bürde-
voll'; aber da ihm diese ja auch in allen den fallen verblieb, wo e;^
für herniosus gebraucht wurde , und da es hier in der reihe der sich
wiederholenden adjectiva dem weiter oben ersichtlichen enterwxiicus
entspricht, so möchten wir glauben, Amobius habe in diesem zu-
sammenhange gerade dieses wort (und nicht ein anderes n&her liegen-
des, vielleicht oneratus) gebraucht, weil es ihm als ein volkstüm-
liches synonymen von herniostis geläufig war. so aufgefaszt l&szt
ponderosi die beigefügten werte ingentium herniarum magmiudine
als eine bei der rhetorisierenden Schreibweise des Amobius nicht
blosz unauffällige, sondern auch an diesem orte insofern ganz be-
rechtigte epezegese erscheinen, als dieselben im verein ixdt ponderosi
dazu bestimmt waren, den begriff von enterocdicus energisch za stei-
gern und zu verstärken, übrigens hat höchst wahrscheinlich schon
das subst. pondus in der rönuschen vulgärsprache sva. hernia be-
deutet, ähnlich wie bei uns im volksdialekte mancher gegenden ein
hoden- oder leistenbruch kut' dSox^v ^ein schade' heiszt.
Endlich findet man noch einen beleg für die hier in rede stehende
bedeutung des a(^. ponderosus in den sog. Casseler glossen, und zv?ar
in dem von FDiez (altromanische glossare, Bonn 1865) besorgten
abdrucke derselben s. 78, wo wir unter nr. 172 lesen: * ponderosus
haolohter* [<» bruchleidend], hierzu hat der hg. bemerkt: *iXhttr
diese unlateinische und unromanische bedeutung von ponderosus
findet sich auskunft bei Ducange , ihre anwendung in den glossaren
sehe man bei Graff [ahd. Sprachschatz] IV 848, wo haoioht^ hdlohi
sowol herniosus wie ponderosus verdeutscht, beide Wörter sind denn
auch bei Papias gleichbedeutend.'
. Faszt man vorstehendes zusammen, so gelangt man zu dem er-
gebnis, dasz das adj. ponderosus in der vulgären latinität sowol von
NordaMca als auch von Italien und Frankreich ein synonymen von
herniosus gewesen ist.
LOBENSTEIM. HeRMANM
EKSTE ABTEILUNG
FUß CLASSISCHE PHILOLOGIE
HSRAU8GBGBBBN VON ALFRED FlECKEISEN.
14.
ZU DEN FRAGMENTEN DES AEISTONIKOS.
Es ist unstreitig das werk des Aristonikos TT€pi crijieiujv 1Xiä-
boc Kol ^Obuccetac, dem wir unsere hanptkenntnis von der epoche«
Buchenden thfttigkeit Aristarchs sowie die belehrendsten einblicke
ia das ganze wesen und treiben der alten alexandrinischen philologen
TOfdanken. leider entspricht dem hohen werte desselben wenig der
xBstand in welchem es anf uns gekommen ist auseinander gerissen
«ad veraetielt, entstellt und verkürzt, wie es uns heute in der
Venediger hs« vorliegt, ist des Aristonikos werk weit von seiner ur-
EinUDgÜclien gestalt entfernt, und eine vollständige reconstruction
OS den auch anderwärts zerstreuten trttmmem wird uns wol schwer-
üdi je gelingen, anerkannte meister unsers faches haben aber mit
giflcklicher hand an dem bau begonnen und ihn schon zu stattlicher
Mut geftthrt; dennoch bleibt noch viel zu thun übrig, und eine hin-
gebende beachftftigung findet hier noch reichlichen lohn, zumal wenn,
vie es hier wirklich der fall ist, neue gesichtspuncte erschlossen sind,
^ in TerstSndiger und ausgibiger weise verwertet eine bedeutende
«dterMbnmg der sache ermöglichen, es ist daher der zweck dieses
jofsaties, anf einige hauptpuncte aufmerksam zu machen, die bei
«Bcr etwa notwendig werdenden neuen ausgäbe der fragmente des
ArisCoftikoe in erster linie berücksichtigung verdienen, derselbe hält
och danun auch von internen fragen , die sich bei eingehender be-
Kbiftigmig mit dem werke unsers grammatikers vielfach aufdrän-
gen, mit absieht fem und gibt nur dasjenige was als unanfechtbar
öcher angenommen und erwiesen werden kann, er soll auch einige
«wenige nachtrige zu Friedländers und Camuths ausgaben enthalten.
ftr jüngere keifte liegt hier noch ein reiches feld der thätigkeit vor,
cad wenn ich durch die folgenden Zeilen diejenigen, deren Studien
iich in dieser riditung bewegen, zu weiterm nachdenken und ein-
lebender beadiftftigung mit der sache anrege , so glaube ich meinen
Kweck voilatindig erreicht zu haben.
far cIms. philoL 1878 hft. 8. 6
82 ARömer: zu den fragmenten des AristonikoB.
Auszer yielen andern wichtigen ergebnissen, die aber hier nicht
in betracht kommen, zeigt uns die neue collation der Venediger
hs., dasz das werk des Aristonikos, so weit jene ha. die
fragmente zu demselben stellt, uns heute in einer dop-
pelten recension vorliegt, und zwar in einer ausführ-
lichem und längern die in den randscholien, und in
einer kttrzern die in den textscholien jenes codex Yor-
treten ist. über die unterschiede beider arten von schollen habe
ich in meiner abh. ^die werke der Aristarcheer im codex Venetos A'
(in den Sitzungsberichten der philos.-philol. classe der k. bayr. aka-
demie der wiss. 1875 bd. 11 heft 3 s. 241—324) s. 284 ff. ausführlich
gehandelt, da aber diese meine schrift nur wenigen zugänglich ist,
so wird man es mir zu gute halten, wenn ich, um den immer wieder-
kehrenden Verweisungen auszuweichen , manche der dort besproche-
nen puncto auch hier wieder, natürlich mit den entsprechenden kür-
zungen , behandle, in einer neuen ausgäbe des Aristonikos scheinen
mir vorwiegend folgende puncte berücksichtigung zu verdienen :
1) in derselben müssen rand- und textscholien ge-
nau geschieden sein, bei den letzteren, die oft nur summarisch
über ein von Aristarch gesetztes kritisches zeichen berichten, masz
auf randscholien, die dieselbe Sache ausführlich behandeln, hinge-
wiesen werden, so berichtet uns zb. das textscholion zu K 383 über
KaTaGujüiioc: Sri tö KaTa8u^loc dv6u^loc, oöx ^c fmcic
ausführlicher spricht sich das randsch. zu P 201 aus: f) öittXi), öti
OUTU)C €ipTlK€ KaTaGÜjüllOC, dVTl TOU KUTd MlUXnV ^CTIV, ou
|i€pi|ivqic irepl tou Oavarou. f||ti€tc bk i\ tQ cuwiÖeiqi X^TOM€v
KaTa6l3^lOV tö dpecröv. es unterliegt doch wol kaum einem
zweifei, dasz Aristonikos da wo das wort zuerst vorkommt, K 383,
eher veranlassung hatte sich ausführlicher darüber anszulassen als
an der zweiten stelle P 201 — wir haben es daher ganz sicher hier
mit einem gekürzten auszug zu thun. ganz dasselbe ist der fall mit
}xi\eov. darüber berichtet das textsch. K 480: ÖTi oi veüüTCpoi
fi^X€OV TÖv druxTii f> ^^ ''0\ir]poc dvri toC ^araiwc: das randsch.
zu TT 336: ÖTi fi^Xeov dvTl tou ^€X^uic, ^aTaiu)c. Kai b\ä itckvtöc
oStuic "Oiitipoc X9^^^^' 0^ ^^ TpaTiKOi tn\ tou oiKTpou kqI TdXa-
voc, Kai f| cuvI^Oeia, irpöc 8 Kai f\ Cfi|tieiu)cic. es ergibt sich daraus
die aufgäbe, die lehren des Aristonikos über die einzelnen werte zu-
sammenzustellen, ihre verschiedene fassung in rand- und textscholien
zu prüfen und die hauptstelle zu ermitteln und zu bezeichnen, wo das
scholion der ursprünglichen gestalt der werte am nächsten zu kom*
men scheint, es wird sich da ganz sicher zeigen lassen, dasz auch die
randscholien schon mehrfache kürzungen erfahren haben, wenn auch
nicht in dem masze wie eine ganze reihe von textscholien , auf die
wir gleich zu sprechen kommen: denn wenn man sich auch immer
den satz gegenwärtig hält , dasz an manchen stellen die kürzere fas-
sung von unserm grammatiker selbst ausgegangen sein kann, so be-
gegnet man doch ganzen gruppen von textscholien, die sich für den
ARömer: tu den fragmenten des AriBtonikos. 83
keaner beim ersten blick als das ausweisen, was sie wirklich sind,
Bonlieb als aiuzüge aus aoszügen , kürzungen aus kttrzungen. dazu
m0diten wir rechnen die kurzen hinweise wie f 169 TTpöc tö äcuv-
öfcTov: — 6 301 irpdc tö ßoX^eiv: — M 140 npöc Tf|v ö/iuivu-
fiiov Toö Oivo^dou: — 0 582 irpdc t#|v dTTOCTpoqprjv: — C 352
7pöc TÖ Xiii: — Z 64 Tipöc Tf|v iTTavdXimiiv: femer scholien wie
€224 ÖTi öuo Imroi: — 298 «ti dvTi toO auToO: — A 384 8ti
dvri TOÖ drr^Xov: — € 106 öti Tf\c TpuiiKfJc Auxiac: — 153 öti
loi iit\ buo TÖ TiiXuT€TOc: — 657 ön Ta böpara i\iiaw : — 776 ön
dvri TOÖ iroXXf|v acoTiav: — £ 439 öti ß^Xoc töv ßcßXrm^vov tö-
irov: und fthnliche; femer teztscholien ohne Sri, wie B 438 dvri
TOÖ drcip^Tuiccnf : — 440 dvri toO ^Tcipui^ev : — € 14 dvri toO
in' dXXijXouc: — 17 dvri toO iir^Tuxev: — 29 dvTl toO irdvTWV:
— 124 dvTi toO M<iXOu: — 264 dvrt toO irpöc: — 824 tö dvd
(hrtiTiic KQTd: und andere, dahin gehören femer aUe scholien, in
wekben eine lesart Zenodots yon Aristonikos angegeben wird, ohne
widerlegt zu werden: A 8 ÖTt ZiivöboTOC cq>u)i ^Tpacpcv: — 34
4n Zf|vöÖ0T0C bid toO %: — 42 öti ZiivöboTOC Ticauv: — 73
in ZitvöbOTOC Tpdq>€i 6c Miv dfietßö^cvoc firea itTepöevTO
vpocnuba: — 351 fin ZiivöboTOC Tpdqpei x^Tpac dvaiTTdc:
ond andere, alle diese scholien entfernen sich weit von der art und
veise, die wir bei unserm grammatiker gewohnt sind, und sie weisen
BBS mit zwingender gewalt darauf hin, in unsem secundSren quellen
Bss aach venroUstftndigung des so lückenhaften materials umzusehen,
diher ergibt sich als zweiter gesichtspunct:
2) ist bei den randscholien die heranziehung ande-
rer quellen hie und da schon geboten, so ist dieselbe
bei den textscholien geradezu unerlSszlich. indem ich
tuer Eostathios und das Etjmologicum magnum bei seite lasse,
BOcbte ich anf andere hss. hinweisen, in welchen uns lehren des
Aiiakmikoe Torliegen. leider ist die ausbeute keine grosze; aber
iiier mllaaen wir auch das kleinste dankbar annehmen. C 117 oöb^
Top oubi ßif) ^HpaxXiioc q>UT€ Kf)pa. dazu bemerkt das textsch. in
A: Sn oÖK oTb€V dOdvaTOv töv 'HpaxX^a: — • V: ireptccfi f| ^ia
nö^ocic Kai <Ti evTiTÖc 'HpaxXflc irpöc Td iw tQ vtKuiq^ (X 602 ff.)
odiTOu^cvoL meistens ist so auch in den randscholien von A die
ivo^opd Tf)c avi€M(iC6uic gegeben. — TT 311 xdimec'. dTdp Mevi-
^ 'Ap^toc oÜTa döavTO | cr^pvov Tv^vu}8(^VTa . . . teitsch. in
A: wpöc Tf|v ö^umiMiav, ön TpuiiKÖc 6 ööac oiSTOC: — V: dvTi
TOÖ GöovTOC Kai (irpöc) Tf|v ö^uivu^iav i\ bm\f\ : dasz in dem
M TOÖ SöavTOC eine beobachtung Aristarchs steckt, ersehen wir
KU dem textecb. zu 6 124 xal ÖTi dvTl toC "Cktopoc q)p^vac. —
0 21 äcp^ui. ifXdcreov bk 6€oi xaTd ^UKpöv ''OXu^ttov. textsch.
a A: fin MOKpdc 6 "'OXu^itoc die öpoc: — B (ähnlich auch LY)
^«tet noch den zasatz: töv bi oöpavöv eupOv KaXet. — Genauere
**fib«ii bietet V anch £ 379 touc b' auTol ßaciXf)€C £k6cm€0V oÖTd-
ixvoi ncp: cuXXf)imKulc tö oördMevoi * Aio)uir|br)c ifdp ß^ßXiyrai,
84 ABömer: zu den fragmenten des AriBtonikos.
während das textsch. in A ganz allgemein sagt : 5ti cuXXr]7rTUcuic
eipHKev ouTttji^vujV tivuüv kolx ßeßXiiji^vuiv. vgl. auch die scholien
beider hss. zu N 764. 0 716, wo ebenfalls das textsch. aus A durch V
yenvoUstttndigt werden kann; parallelstellen lesen wir in Y O 169.
288. N 223. Z 402 , während sie in den textscholien des Venetus
ausgefallen zu sein scheinen. — Ist erst einmal das material, das
heute noch vielfach zerstreut in den hss. liegt, vollständig veröffent-
licht, so läszt sich daraus vielleicht eine reichere ausbeute für das
werk des Aristonikos hoffen; aber so viel zeigen uns die obigen
beispiele doch, dasz bei einer neuen ausgäbe der fragmente die an-
dern hss. besonders da herangezogen werden müssen, wo wir auf
den vielfach gekürzten auszug aus dem Yenetus angewiesen aind. —
Auszerdem hat uns die neue vergleichung dieser hs. gelehrt:
3) dasz die fragmente des Aristonikos von vielen
falschen Zusätzen zu reinigen sind, die durch Yilloison
und Bekker in dieselben hineingekommen sind, darauf
haben schon Pluygers und La Boche hingewiesen; aber der toU-
ständigkeit wegen kann hier dieser wichtige umstand nicht über-
gangen werden, doch genügen zur beleuchtang desselben wenige
beispiele. A 96 lesen wir bei Friedländer: ä6€T€iTat 8ti ncpic-
cöc* TTpÖK€iTOi Toip ' dXX' ?V€k' &Qr\Tf\poc, öv i^iifiTic* *ATCt-
fi^fivuüv. t6 bk ^TTifi^fiqpeTai dirö koivoO bei Xa/ißdvetv. aber die
Worte 8v i^Tifiiic' . . Xafißdveiv stehen nicht in A, sie worden
von Yilloison, dem Bekker gefolgt ist, aus B dem scholion zuge-
fügt, — A 454 steht bei Friedländer: 6ti Kaxd Tf|V TToTpÖKXou
ßobov (TT 237) oÖK öpGiöc X^TCiai, dvTeöOev MeiaxOelc oö Tdp
cIkötudc 'AxiXXcüc ^mxaipei t^ firnj tiöv *6XXt^vuiv. 6 bk Xpuaic
ßdpßapoc Kai fiicAXiiv. aber das scholion schlieszt in A mit ^cra-
XOeic (lies jiCTevexO^tc). die folgenden werte ou tdp cIkötuic . .
^ic^XXriv sind schon von Yilloison aus andern hss. mit unserm scho-
lion verbunden worden; sie enthalten aber, wenn man das scholion
zu TT 237 vergleicht, kaum eine bemerkung des Aristonikos. — A 103
sind bei Friedländer die werte zu streichen: touT4I Tip ct(xhi Kai Tip
TTtpTrXavT' öcc€ bi ol, wie auch B 64 dcrepicKOC cöv ößeXiocui:
es sind ebenfaUs zusätze von Yilloison. durch dieses unkritische ver-
fahren des ersten herausgebers, den Bekker später hierin noch über-
boten hat, sind die fragmente unseres grammatikers vielfach ent-
stellt, und durch die neue coUation der hs. ist ein reiches material
fttr die bessere gestaltung derselben gewonnen worden ; insbesondere
müssen auch manche scholien des Didjmos, die Bekker mit denen
des Aristonikos verbunden hat, davon getrennt werden, so lesen
wir bei Friedländer 6 371. 372 döCTOUVTai biio CTixoi, ÖTi oök
fbei KQTd ^^poc biTiTiicacGai , xai TaOra npöc Tf|v KaXii»c cibuTav
Ka\ \ii\v ovbi, f)p€ic nepiccöv Tt TTpoctCTopoO|i€V. oöbi irapd Zr\yo-
bÖTip fjcav. aber ein blick in die hs. zeigt dasz die werte oiibt irapä
ZrivobÖTip ficav nicht dem Aristonikos, sondern dem Didjmos ge-
hören; Bekker hat sie mit dem randscholion des Aristonikos ver-
ABOmer: za den fragmenten des AriBtonikos. 85
bnnden. so ist es auch bei M 350 Kai 'ApiCToqpdvTic i^6^t€1, 0 231
xai TTopd 'ApicToq)dv€i i^GctoOvto, TT 261 ^G^tci kqI *ApiCToq)dviic.
es sind dies sSmtlich textscholien , die Bekker unrichtig mit den
nndscholien verbunden hat : sie gehören dem Didymos , nicht dem
Axistonikos an. aber schon von dem Schreiber der randscholien des
Yenetns wurden vielfach beide classen von scholien mit einander ver-
bunden, und die kritik hat also jetzt die aufgäbe jedem der beiden
grammatiker das seine zuzuweisen, es soll dies hier an zwei beispie-
len erläutert werden. 6 284 bei Friedländer: irapä ZiivobÖTU) oi)bk
fjy' t\8^TiTro kqI irapd 'Apicxoqpdvei, öti ÄKaipoc f| TcveaXoTia, Kai
oÖK ^xouca npoTpoirfiv dXXd TOuvavTiov, öveibicfidv Kai diroTpo-
inf|v. wir werden da doch wol kaum irren, wenn wir die worte Trapd
Zr|VObÖT(fi . . 'ApiCT0q>dV6i dem Didymos zuweisen ; das folgende,
bei dem ä66T€iTat ausgefallen ist, öt\ dKaipoc . . dTTOTpoTrrjv ist
ein scholion des Aristonikos. ähnlich verhält es sich wol mit 6 557,
wo es bei Friedländer heiszt : d6€T€iTai ÖTi oiK€iÖT€pov ^x^^ ^ard
Tf|v TTotpökXou dTTiqpdveiav (TT 299). Kai 6 iir]Q bi cuvaGereixai
aönij. £k€T Tdp aiqpvibiov ßouXcTat dTr{Xa|tii|iiv irapacTficai aiq)Vi-
öiu»c TTotpökXou iTTiqMXV^VTOc , dvTaOöa bi irapaTeiaji^viiv vtivc-
fiiov Kol eubiav. oök ^qp^povTO bk ovbi, irapä ZrivobÖTip. i^8^t€i
bk xal 'ApiCToqpdvTic. die worte oök dqp^povTO . . 'ApiCToq)dvTic hat
der Schreiber des randsch. mit dem scholion des Aristonikos verbun-
den ; sie gehören aber unzweifelhaft dem Didymos.
So mflssen wir auch noch bei ganzen scholien, die wir heute
unter den fragmenten des Aristonikos lesen, das recht des Didymos
geltend machen, zb. bei A 434 lautet das textsch. : *ApicTapxoc
dq)^VT€C, und das scholion gehört unzweifelhaft dem Didymos.
dem Aristonikos gehört vielleicht was wir in V zu dem verse lesen:
ir^Xacav: TTeXacGfjvai ^TToincav ibc tö Trdvxac ji^v (>* fXirei
(ß 91). so ist wol auch TT 140 ZrivöboTOC toötov d0€Tr|cac touc
ilf\c T^ccapac ouk ftpo^^v dem Didymos zuzusprechen.
Hier möchte ich noch auf eine eigentttmlichkeit der scholien
des Aristonikos hinweisen , wenn ich auch im augenblick eine be-
friedigende erklärung derselben nicht aufstellen kann : nemlich auf
die Verschiedenheit des Wortlautes und der fassung in den rand- und
textscholien. so lesen wir H 6 im randsch.: löbk X^XuvTai ^ttI
Td T^Ta dv€V€KTfov: im textsch.: Trpöc tö cxf^jna ujc crrdpra
X^Xuvrai (B 136). — I 478 randsch.: *€XXdc ttöXic öfujüvu^ioc
tQ X^pö Mupjiiböv€C bk KaXeOvTO Kai"€XXTiv€C (B 684).
textsch. : npöc T^iv *6XXdba, öti 00iujTiKf| iröXic. — I 685 randsch. :
6ti 6jiicTpo(pe töv Xötov du Tdp clire br|Ouciv, dXXd brjeTe:
textsch.: dirö toO biTiTTiMaTiKoO ^tti tö jui^ititiköv jiCT^ßTi. diese
scholien beweisen wenigstens das 6ine zur evidenz, dasz die text-
scholien aus den randscholien nicht gektlrzt sein können; aber im
unklaren bleiben wir darüber, in welchen worten wir die ursprüng-
liche fassung des Aristonikos zu erkennen haben und wodurch die
inderung derselben veranlaszt wurde.
86 AEömer: zu den fragmenten des Aristonikos.
4) die kritischen zeichen der Venediger hs. müssen
viel mehr, als es bisher geschehen ist, herangezogen
werden, eine reihe der dahin einschlägigen fragen harrt freilich
noch ihrer erledigung; aber wenn auch erst aufgrund eingehender
vorarbeiten eine allseitig befriedigende lösnng dieser schwierigen
aufgäbe möglich ist, so kann ich doch jetzt schon auf gewisse puncto
hinweisen, die fruchtbringend für das werk des Aristonikos ausge-
nutzt werden können, faszt man nemlich die frage über das Ter-
hältnis der schollen zu den kritischen zeichen jener hs. etwas näher
ins äuge, so wird man durch die sprechendsten thatsachen zu der
annähme gedrängt, dasz die in der Yenediger hs. enthaltenen cnM€ia
mit deii scholieu desselben codex gar nichts zu thun haben: einmal
haben wir nemlich schollen , zu denen die kritischen zeichen fehlen,
und umgekehrt ; und wollte man dies auch mit der Unachtsamkeit
und nadil&ssigkeit der Schreiber erklären, so ist doch femer zu be-
achten, worauf schon andere vor mir hingewiesen haben, dasz in den
schollen manchmal ganz andere zeichen erwähnt werden als die sind,
welche wir heute vor dem texte der verse lesen, hier wird man doch
wol schwerlich irrtum der Schreiber annehmen dürfen; weit eher
wird man zu der annähme geneigt sein, dasz wir da noch eine andere
notation kennen lernen, die yerschieden ist von der welcher die scbo-
lien gefolgt sind, wenn daher die notation unserer hs. mit den scho-
llen zusammentrifft, so ist das zufällig: beide notationen stimmen
da einmal überein. ein interessantes beispiel dieser art haben wir
bei den zeichen und schollen zu 6 28—40. in der hs. haben nem-
lich die verse 28 — 34. 39. 40 den asteriscus mit dem obelus, 35 —
38 den obelus allein : und diese zeichen werden auch in den schollen
berücksichtigt: Sri Ü äXXuJv töttuiv ^erdKeivrai. wo dies der fall
ist, steht der asteriscus cum obelo 28. 29 «> | 693. 694 ; 30 (crtxoc
TrapanenoiiiiLi^voc Lehrs bei Friedländer H 404). 31 «> a 45. 81. ui
473; 32—34 = 6 463—465; 39. 40 = X 183. 184 Kai iy toic
KUTä ixiQOC bxanmrtx usw.
Von besonderer Wichtigkeit sind natürlich diejenigen kritischen
zeichen , zu denen wir keine schollen mehr haben : wir gewinnen da
noch manches zur Vervollständigung der schrift des Aristonikos oder
der Aristarchischen notation überhaupt, es möge dies hier an eini-
gen beispielen gezeigt werden. A 5 olwvoici T€ iräcr Aiöc b* ir^r
XeicTO ßouXfi« vor diesem verse steht eine punctierte diple. diese
bezieht sich natürlich auf eine lesart Zenodots. unsere scholien
schweigen darüber; aber da hilft uns Eustathios aus I 18, 18 61 bi
ZiivöboTOC dvri toO n&cxbaiTafQ&tp^x^ cqpdXXcTat. batra ini
)i6vu)V dvOpuüTTUJV ''0^r]poc TtBiici. vgl. Lehrs ArisL s. 87. < —
A 52 ßdXX". del bi, irupal vckuwv KaiovTO 6a^€lai. vor diesem verse
steht eine diple. sie bezieht sich entweder auf ßdXX\ 6ti ^n^TUxcv,
oder auf dei bk . . Oa^eiai: vgl. Lehrs ao. s. 197. — A 200 TToX*
\&b* 'AOnvaiiiv. beivuj bi o\ dcce qpdavBev. schwieriger ist die vor
diesem verse stehende diple zu erklären, wahrscheinlich wies Ari-
ABdmer: zu den fragmenten des Aristonikos. 87
starcb damit eine falsche erklflrang zurück, von der wir noch spuren
in ansern acholien haben: nv^c bk q)dav8€V ävrl toG ^qpuüTicOricav
oi TOU fjpufoc öq)6aX|tiot. und wir lesen im anfang Yon BLV 6 bi
dvri TOU TÄP- — A 305 dvCTi^Triv , XOcav b ' &fOßi\v napd vriuciv
AxoiuiV. die punctierte diple vor diesem verse bezieht sich zweifel-
los anf Zenodots lesart dcnfJTTiv: s. schol. B 694 6ti ZrivöboTÖc
Tpckpci dcTrjcecBai fficXXev. vgl. La Boche Did. s. 14. Lud-
wich oomin. 8« 15. — A 425 buibCKäti] bi toi qOtic ^Xeuccrai
OuXuMirövbc. A 493 dXX' 6t€ brj fi* ^k toio buwbeKdTT] t^V€t* i^iöc.
beide verse haben diplen in der hs. der grund ist unschwer zu er-
ntben: gewis npöc TÖv T«£»v fmepuüV dpi8)biöv, wie es B 48 heiszt.
Es wftre gewis eine dankenswerte aufgäbe, in einer monographie
ille kritischen zeichen, zu denen die schollen fehlen, zusammenzu-
steUen und wo mOglich zu erklftren. freilich wird man da nicht überall
zn imbestritten sicheren resultaten kommen ; auch dürften bei den
oyicia dee Yenetus vielfache Irrtümer zu berichtigen sein, allein
trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten dürfte es nicht un-
m^lich sein, einen groszen teil dieser kritischen zeichen richtig
n deuten und unsere kenntnis von der notation Aristarchs dadurch
xnenreitem.
6) die Wiederherstellung von Aristarchs notation
ttosz auch an denjenigen versen versucht werden, wo
3BS sowol die kritischen zeichen als auch die scholien
iBBtichelassen. ich bin nun zwar weit entfernt mit Sengebusch
t jibb. 1856 6. 768 f.) zu glauben, dasz es nicht undenkbar sei,
«inst die vollstftndige notation Aristarchs hergestellt zu sehen;
aber dennoch mnsz ich zugeben dasz wenigstens bei einigen versen
^ Tenach gewagt werden musz. sind wir doch im groszen und
gvien 80 gut vom System Aristarchs unterrichtet, dasz da, wo zu-
ftUig einmal unsere quellen schweigen, die reconstruction seiner
I^brB wenigstens angestrebt, wo möglich auch durchgeführt werden
fflUB; denn das dürfen wir doch wol mit OSchOmann (philol. anz.
^ s. 137 £) annehmen, dasz zb. das cx^lMGi 1ßuK€iDV nicht blosz an
^ stdlen , wo ee heute zufiülig unsere scholien erwfthnen , sondern
ucb an allen andern von Aristarch angemerkt und von Aristonikos
bciprocfaen wurde« für die sache gleichgültig ist es, ob man diese von
Amtareh notierten grammatischen eigentümlichkeiten , änoi €lpn*
üiw usw. , an jedem einzelnen verse , wo wir deswegen ein zeichen
warten dürfen, berühren oder sie in einer einleitung als schemato-
iogie nuaaunenfassend behandeln will.
Viel weniger sicher gehen wir dagegen bei Wiederherstellung
^ i^lien, die sich nicht auf grammatische dinge beziehen, und
■n wird dabei oft über blosse Vermutungen nicht hinauskommen;
M wird man durch die ausgezeichneten beobachtungen , die uns
AriBioukoe an anderen stellen von Aristarch mitteilt, unwillkürlich
rnnt das in nnaem quellen lückenhaft überlieferte sjstem durch
«igaet nachdenken au vervollstftndigen. ich möchte hier nur eine
88 AEömer: zu den fragmenien des AriBionikos.
Yermutang mitteilen, um vielleicht andere zu eingehenderer betrach-
tung der sache anzuregen, zumal da auch Nägelabach Hom. theol.
s. 152 anm. darüber nicht ins klare kommen konnte und in Ebelings
lex. Hom. u. O^Tic die richtigkeit von Aristarchs lehre angezweifelt
wird. TT 222 KaXf^c baibaXliic, iriv ol 9^Tic dpTupÖTteto ] e^K*
im vnöc ät^cOai. dazu bemerkt Aristonikos : ort oö bujb€KaTaiov
än^XiTie TÖv 'AxiXX^a Tcvviicaca i\ G^tic, KaOanep ol vewiepoi
iroiTiTai, dXXd cuveßiou TTiiXeT. dKir^iiTrei toOv diri töv iiöXejAOV
'AxiXXte Ktti (pnciv (C 69) töv b* oux uTrob^Eojiai aöiic
oiKabe vocTrjcavTa . . tbc &v ^tti toO oIkou jui^vouca. ähnlich
TT 574. C 57. 60. 90. 332 (438). die beobachtung Aristarchs an den
angeführten stellen ist ganz sicher und unanfechtbar, nun möchte
man doch wissen, wie er sich folgenden yersen gegenüber gestellt
hat: A 356 £)c (p&io baKpux^ujv, toO b' fxXue tcÖTvia ixr\vi\p |
f^ji^vn ^v ß^vGccciv dXöc Tiapd irarpl t^povTU C 35 äkoucc
hk nÖTVia M^'^P I ^l^^vii iv ß^vOecciv dXöc Trapd Trarpi
T^povTi. nach der art, die wir sonst bei ihm gewohnt sind, merkte
er diejenigen verse an, die nach seiner ansieht Veranlassung gaben
zu einer Version des mythus , und man möchte daher vermuten dasz
A 356 wie C 35 eine bemerkung stand wie: ÖTi dvreOOev iiXdvn
T^TOV€ TOic vcuiT^potc, ÖTi bwbCKaTttiov dn^XiTTC TÖV 'AxiXXten
O^Tic. sicher aber scheint mir, dasz sich Aristarch über beide stellen
und ihr Verhältnis zu TT 222 und anderen ausgesprochen hat.
Dies scheinen mir die hauptpuncte zu sein , die bei einer neuen
ausgäbe des Aristonikos ganz besondere beachtung verdienen, es
entstehen natürlich im verlaufe der Untersuchung noch andere fragen,
die aber erst in zweiter linie berücksichtigt werden können, es
mögen daher hier jetzt einige nachtrage folgen zu den ausgaben von
Friedländer und Carnuth, die teils aus der neuen collation der hs.,
teils aus andern hss. oder eignem nachdenken gewonnen wurden,
auf Vollständigkeit macht natürlich diese Zusammenstellung keinen
anspruch.
Aus Yen. A sind noch folgende scholien nachzutragen: B 167
6ti öpoc 6 "OXuMTTOC: — 388 6ti ^k TeXajuiwvujv dvfjirTOV tuc
dcTTibac: — r 104 ÖTI '£XXiiviKU)C ^tti jmfev toiv biio tö Srepov tui
^T^pip dvTibUcTaXKev, iirl juiiv toO Tpirou äXXov cTpiiKCv: — (?)
A 416 ÖTI GiiXuKÄc Tf|V "IXiov: — € 264 bid Tf|V aÖTf|v alTiav: —
776 ÖTI dvTi ToO iToXX#|v CKOTiav: — Z 97 öti dvTi toO (purfic: —
218 ÖTI ncpiTTÖc ö Ka( cuvbecMOC: — 273 öti ndXiv dvrl ToOnapd
Touvaci: — 403 öti napcTUjLioXoTCi: — 415 öti dvTi toO €Ö vaio-
M^vnv: — H 12 öti TrcpiKCqpaXaiac elboc f| CTCcpdvii: — 16 öti
XüvTO elirev dvT\ toO i\v)Qr\: — 333 öti ol dpxaioi {xaiov to
C{i}\xaTa: — 410 öti bid nupöc iödirTCVTc irdvTec: — 0 206 irpöc
Tfiv c\ivaXoi9f|V dvTi toO Zfjva : — 270 öti caqxBc dvTi toö ^k
ßoXf^c diriTUXOi: — 316 ÖTi dXXcbici f| ir€p{, Tr€p\ f|Viöxou: — 555
oÜTuic (dafür ist öti zu schreiben) ou Tf)V tötc oucav qKKeivrjVt
dXXd Tf|v KaOöXou (pa€ivV|V. dei bi Td 9aivöiLi€va iv oupavi^^ (pr\c\
ABOmer: ta den fragxnenten des AriBtonikos. 89
Kffl OMC 'OXu|iirip: — 1 34 ort tujv Kord ffiv ^nmuiXiiciv dTrmXiiKTi-
nuc elfritfi^vuiv \ii\iyvfia\ : — 467 6ti KaraxGöviov A(a xdv "Aibiiv
i^i: — K 120 ÖTi TTCpiccdc ö KttC: — 348 ÖTi ToO 'Obucdwc
(iirövToc iiövou ctircv cuXXiyiTTiKiIic u)c äpa qpuiv^cavTC: — 408
in divbcc^oc 6 boi xai ouk äpOpov : — A 96 öti elboc TT€piK€q>a-
laioc f| CTCqMiVTi : — 140 öxi dvii xoö ätTcXov : — 306 6 (lies 8ti)
'"O^iiipoc T^ccopac ^övouc äv^ouc olSev: — 404 öti dvT\ toO
91JTU1: — 632 dn dvTi toO fiTorev xard ^€Ta90pdv dnö tuiv
(MV^wv: — M 42 Sri dvxl xoO ccpl(piytai: — 76 dvTi xoO dpu-
K^Twcav: — 363 elpitrai ön bUoceuacxai (textsch.) — 402 &x\ b\ä
tckiMi6vuiv dviprrovxo al dcnibcc: — N 11 5xt OauiidZuiv dvxi
Toü Oeuifievoc : — 25 äxi Ik xuiv cu/icppotZofi^Viuv xö t^vxo fXaßcv
cniiaivci: — 110 8x1 £XX£iiT€i i\ ncpi, nepl v€&v: — 275 8x1 npö-
Oicic 1lo^)€lTal Kai f) imXicic fiXXaKxai. dvxi xoO ircpl xouxuiv bia-
X€T€C39ai: — 557 5xt tctukic fjXXaicTai boxtirfi dvxi t^viki^c ovbk
ouTOÖ xd ?TXOC: — 657 8x1 0nXuKtLic xf|v "IXiov: — 697 8x1 cuv
T^i ö 'OiXcuc : — £ 601 über €iiT^füi€vai sieht dvxi xoö cliraxc : —
0 49 ffcpiTxcuci xd £iT€ixa (?) : — 178 8x1 irxujcic fiXXaicxai, ei bk
«uTiii dvri xoö ei bi aäxoö xok {neci. xö tdp ol auxqi £cxi : —
min i^* iauToQ ö ZeOc edXaccav biav koKü: — 395 6x1
OJamn f| inl^ irA xeixoc: — 412 8x1 dnoS ^vxaOOa C09(av übvö-
|MC€ n|v xcKTOViirflv x^xvTlv: — TT 595 8x1 nöXic iv OGiiji f| 'CXXdc:
- P 242 Sxi ^vnXXdrn i\ irrficic : — C 53 dvxi xoö tibfixe.
Manche scholienf die bei Bekker stehen, scheinen bei Fried-
Iteder nur aaa Teraehen ausgefallen zu sein. A 21 heiszt es von
Athene und Here: irXnciai alt* iicdnv, Koxd bk Tpubccci fütcb^cOnv,
ad das acbolion : irpdc xf^v KaGdbpav ''Hpac Kai 'AOtivfic, 8x1 lunro-
ittena iKOx^puidev (nXiiclov vielleicht zu tilgen) xoö Aiöc dasz
&i werte dea Ariatonikoa sind, ersieht man aus den scholien tiher
^mIIw aache zu 6 444 und Q 100. — A 99 ci|> ß^Xci ÖMnO^vxa,
nfntc imßdvT* dX€T€ivf)c' wenn nicht das ganze scholion, so ge-
Urea dem Ariatonikos wenigstens die werte an: 8x1 ol dpxaioi xd
0011010 oinc JOairrov und tf)v, ei \xi\ npöxepov ^Kaucov. — A 106
106) 0cßXf|K€t npdc cxfiGoc, 6 6' örrnoc ffiirece Tr^xpip. dazu ist
Wmttkt: fixi oö irpi^vcic, dXX' dvaxpenofi^vouc öirö xf)c nXiiTHC
Qnricn)a bid xdc ßiac xuiv ßaXövxuiv. dasz dieses scholion, wenn
vck seine faeaung nicht ganz klar ist, dem Aristonikos gehört, er-
BfikC man aoa dem scholion zu € 68 (vgl. Naber quaest. Homer.
l49). ^ A 345. 346 £v6a 9iX' dnxoXto Kp^a £bM€vat libk ku-
vüXa I olvou 1nv^^€val M^Xiiib^oc, 8q>p' £6^Xnxov. vielleicht ge-
^ dem Ariatonikoa auch daa scholion, daa wir hier leaen: oOxoi
iy Miv Toic öiro|AvVi^aciv oOk d6exo0vxai, £iTatxiu»vxai bk aöxouc
« ^Tcpoi die dirpeirtiic (dirpenetc Cobet) Kai iropd xd npöcuiita
üc apedbtov (xai olvdpiov Cobet) dveibiZovxoc xoö 'ATa^^MVOvoc.
^ 6 32—34 werden ganz gut in dem scholion erklftrt: xotkouc
lÄiv ^cx* dXita f| "Hpa itoporivexat X^touca r463— 465). zwei-
Whaft kann man sein aber die folgenden werte ai xoiaöxot bk irpoc-
90 ARömer: zu den fragmenten des Arietonikos.
(puüvVjceic CTiiLiaivouci ifiv *A9nväv ^k jiövou Aioc T€T€vflc9ai • kqi
Toip oute "OjLinpoc oöxe *Hcioboc juiTiT^pa autfic napabtöuici. vgl.
Lehrs Arist. s. 179.
Auszerdem aber baiten nacb wabr8cheinlicher vermutuiig nocb
folgende verse kritiscbe zeicben: A 8. 9 Tic t' äp C9ui£ Oediv ^piöi
Euv^T]K€ pdxecOat; | AriToOc kqi Aiöc ulöc. aucb bier batte Aristarcb
aufmerksam gemacbt auf das eigenartige der darstellung, so gut wie
A 218 wo wir bei Aristonikos lesen: ÖTi.ibc ^jüiirveucOelc dvTairob^-
bvJKe KaOäTTCp dv dpxti Tf)c IXidboc Ticr'dp c(pu)€ Oeuiv, elra
AtitoOc KCl Aiöc ulöc. — A 54 rfl öeKdxij b* dtop^ivbe kq-
X^ccaro Xaöv 'AxiXXeuc. aus der bemerkung des scbol. B zu der
stelle : dXXuic re xai auröc fiTcTrai Tfjc uTraiOpou CTpanöc ersehen
wir dasz aucb vor diesem verse eine diple stand, nachdem Fried-
länder die früher misverstandene sache zu T 45 schon zum teil rich-
tig gestellt, hat sie zuletzt Naber ao. § 7 mit heranziehung der ver-
schiedenen stellen der Ilias und Odjsee, die fttr Aristarchs ansieht
sprechen, endgültig erledigt. — A 156 spricht Acbilleus die worte:
^Tiei fj jüidXa iroXXd fbieToEu | ouped t€ CKiöcvra OdXaccd re i^x^^cca.
hätten wir nicht zufällig bei einer andern stelle eine notiz zu diesem
verse erhalten, so würde schwerlich jemand auf die Vermutung kom-
men , dasz vor ihnen eine diple stand, und doch ist dem so. \ be-
merkt nemlich zu I 363 Trpöc tö ineX f\ [X&\a noXXd |Li€Ta£u
oCped re. während nemlich verse wie 156. 157 die Vorstellung
einer groszen entfemung Trojas von Phthia in uns wach rufen, heiszt
es, freilich unter der Voraussetzung günstiges windes: fipari k€
TpiTdruj 4>6(nv dpißwXov koijüinv- dasz Aristarcb auf dergleichen
geachtet und wir also in der notiz des scbol. V noch spuren dieser
beobachtung finden, lehrt ein ähnlicher fall der Odyssee. Nestor
sagt Y 318 von der fahrt des Menelaos aus Aegjpten nach Griechen-
land: Kcivoc Tdp yiov dXXoOev eiXfjXouGev | Ix tu>v dvOpuiTTuiv,
66ev ouK IXiTOiTÖ T€ OujükID | £X6dfüi€v , öv Tiva TrpwTOV diroccpfiXiu-
civ deXXm | ic n^Xatoc m^tä toiov, 66€v t^ irep oöb'
oiiuvoi I auTÖerec oixveOciv, inex \iiya t€ bcivdv t€.
zu 321 ist in den scholien bemerkt: uircpßoXiK&c toOtö qpTiciv
dndTCi ouv iTCfüinTaioi b* AVt^tttov (E 257). dieses scäolion
stammt ganz sicher aus Aristonikos. — A 396 TToXXdKi f&p C€0
TTOTpöc ivx ineTdpoiciv dKouca | cuxc^dviic. dieser vers hatte eben-
falls eine diple wegen der früher berührten beobachtung Aristarchs
zu TT 222. 574. C 57. 60. 90. 332. spuren davon lesen wir zu unse-
rer stelle in V: . . ä£iov bk Kai touto Trapacim/jvacOai, 5ti kqO*
''Ofiripov DU V60TVÖV KaT^Xciipev 'AxiXX^a f| 6^tic. vgl. auch das
scbol. des Herodian zdst. — f 139. 140 ist von Helene gesagt: &c
elnoOca Oed tXukuv \'m6P0V {fxßaXe 6u)li({> | dvbpöc t€ irpoT^poio
Kai dcTCOC i\bk roid^uiv. nach den scholien zu H 392. N 626 stammt
aus Aristonikos, was wir hier in B lesen: dTVOcT Tf|v 6nc^u)C dpira-
fi\v 6 TTOinTric. — A 266. 267 spricht Idomeneus zu Agamemnon :
'ATpeibTi, ^dXa ^liv toi tffhv ipiripoc ^Taipoc | fccofiai, die tö npur-
ARömer: za den fragmenten des Aristonikos. 91
Tov 6ir^cn)v xai KaT^veuca. sollten wir nicht eine spnr von Ari-
itarchs beobacbtong haben in dem scholion B zu B 256: ouk oIb€
K Touc irpoc Touc Tuvbapibac (?) SpKOuc. Kai fovw 'iboMCveuc
qniav die tö irpiiiTOV ött^ctiiv Kai Kar^veuca — ? —
€ 392 ff. tXi) b* "Hpn* firc ^iv xporcpöc na!c 'ApcpiTpumvoc I beSi-
Tcp^ Korä ^alöv öicnff rpiTAiÄx^vi | ßeßXrJKei. in den worten des
Eostfttfaios zu 396 : cn/iiciuicai ÖTi oÖK olbev ivraOOa ''Ofüinpoc töv
'HpaxX^a ^irdXqi xp^M^vov, dXXd tö£oic ävbpaxaOoOvTa ist nn-
iweifelhaft eine gute beobachtnng Aristarchs erhalten. — I 454 f.
vffifip b' ^öc aöriK* öicOelc | noXXä KarripäTO, CTurcp&c b' dire-
K&XCT* '€ptvCc. ttber '€pivOc ist in Y bismerkt: ouk olbev töv
ipfBßii¥ aönuv 6 noifrrrjc — TT 179 Tf)c b' iTlpr\c €Jibuipoc
'Vijioc f|T€MÖveu€v. Y : ävrl toO beur^poc bta tö ^^rpov , npöc
öf|btirX^. — Q 700 äXX* fipa Kaccdvbp?), \K4Xr\ XP^c^Q 'A9po-
bhq, I TTdpTOMOv eicovapfica 9iXov irardp' elc€väTic€v. dazu haben
wir ein gotes scholion des Aristonikos in Y: bia Tf|v cuMirdOeiav
tt)C N&Tuip (ou ist einzusetzen) bi& Tf|v jidvTetav* oö fäp olbcv
auiffv fidynv 6 iroinTric
0 433 eövQ b* ofi itot' £^ikto, x^^^ov b' dX^eive T^vaiKÖc.
hier rtnd eine diple nach Aristonikos zu €70: Sn ßapßapiKÖv ^6oc
t6 6c icXciövuiv TwaiKuiv iTaiboiroi€icOai. Aa^pnic toöv xöXov
iX^civc T vvotKÖc — T 216 ix^ipovc' dvd bf)M0v dmciröfi€V0t
8(oö 6|i<pQ hatte eine diple wegen B 41: ÖT\ ö)iq>ifj f) 6€(a xXqbiuv,
ou iraca 9riMf)* ^^^ k<^^ Z^vc iravo)i<paToc, 6 xXiibövioc. — e 230
oOWj b* dpt^^pcov ipfipoc ixifa Svvuto vu|iq>Ti. schol. Pal. öti koi-
vÖTCpov vOv Tdv TT^nXov qpfipoc elpTiKCV. Tgl. Friedländer Ariston.
nQ 229. — n 64 töv m^v fiKOUpov iövTa ßdX' dptupdToEoc
'AmäXuiv. irpöc tö £0oc, öti 'AiröXXuiv toOc dppcvac 90V6u€t. —
d 111. gewia war hier bemerkt^ was wir auch sonst bei Aristonikos
lesen: ÖTi övOMorroeeTtKÖc 6 noiiiTi^c. — 8 (494) 504 airrol tdp
Mtv Tpwcc ic dKpöiroXiv dpucavTO. sollte hier nicht eine diple ge-
^Uad0n haben wegen Z 88. 257. 317. H 345: 5Tt biaXeXuji^vujc
bpoy iröXtv €TiT€ t^^v dKpöiroXiv. — k 191 oub' önr) i\ik\oc 9a€-
ciM^poTOc cTc' vnö laiav hatte eine diple. vgl. Lehrs Ar. s. 175.
- M7 oCe* öndr* ftv cretxrici irpöc oupavöv dcrcpöevTo. wegen
^pöcvTa dürfen wir hier eine diple vermaten: 5Tt dxaipov tö
Meciov wie 6 655. 0 218. — ^ 68 ff. ob hier wol Aristarch
^ipfea geeetzt hat wegen der bekanntschaft des dichtere mit der
Aigonavtensage? Y bemerkt zu H 469: ön Kai Td 'ApTOvauTtKd
oÄcv. — V 407 biicic t6v t€ cticcci irapifiiievov. al bk v^^ovTai
^*tli eine diple: denn zn Z 25 lesen wir bei Aristonikos: Kai ÖTt
h T^ TÖirqi Tärv öfuiv X^yc^ und in einem ähnlichen scholion des
^«B. D wird aasdrflcklich anf nnsere stelle hingewiesen: die TÖ
Huc TÖV Y€ cÖ€CCi nap/i)i€VOV (vgl. schol. zu Aristoph.
Vfigd 18).
VüHCHCH. Adolph Böicbb.
92 FRfihl: zu JustinuB [XI 11, 1].
15.
ZU JUSTINUS.
Bei Justinas XI 11, 1 ist überliefert: inde Ehodum Alexander
Äefftfptum (Midamque sine certamine recipü. obwol bereits Orosius
(m 16, 17) Oüiciam las, so gilt das wort doch für verdorben; von
den zahlreichen verbesserungsvorschlttgen kann indessen keiner aaf
wahrscheinliGhkeit anspruch erheben, ich möchte glauben, die stelie
sei doch in Ordnung und verlange nur ihre richtige erklftrung. es
sind aber meines erachtens zwei erklärungen möglich, es kann sein,
dasz Justinus hier beim excerpieren ein misverständnis begegnet ist
und bei Trogus etwas ähnliches stand wie bei Curtius IV 6, 22
sed Bhodii urbem sttam portusque dedebant Alexandra. iUe OiUeiam
Socrati tradiderat PJnlota regkmi circa T^rum iusso praesidere. dann
hätte Justin in der eile Kilikien als eine neue erwerbung Alexanders
betrachtet, es ist aber auch nicht unmöglich , dasz uns in unserer
stelle ein sonst nirgends erwähntes historisches factum aufbewahrt
ist. Alexander war im j. 334 an der südküste Eleinasiens nur bis
Side vorgedrungen, im herbst von 333 machte er von Tarsos aus
einen streifzug nach westen, der aber bereits in Soloi sein ziel fand.
die siebentägige expedition gegen die Bergkiliker, die der könig von
hier aus unternahm (Arr. II 5, 6) , kann höchstens die nächste um-
gegend von Soloi pacificiert haben; der bericht Arrians müste doch
wol ganz anders aussehen, wenn Alexander, wie Droysen (Hellenis-
mus I' s. 249) will, in diesen sieben tagen 'seine Verbindung mit
den westlichen provinzen gesichert' hätte, das ganze sog. rauhe
Kilikien blieb vielmehr offenbar noch von Makedonien unabhängig,
wenn nachher Balakros zur satrapie auch noch die Strategie erhielt
. (Diod. XVm 22), so wird das namentlich mit rücksicht auf diese
landschaft und ihre kriegerischen gebirgsstämme geschehen sein;
wir wissen dasz er einige jähre später im kämpfe mit den benach-
barten Isauriem umkam, die stelle des Justinus aber liesze sich so
erklären, dasz unter dem eindruck der schlacht von Issos, der auf-
lösung der persischen flotte, der Unterwerfung von Ejpros, der er-
oberung von Tjros auch die westlichen Eiliker sich ohne den ver-
such weitem Widerstandes freiwillig Alexander unterworfen hätten,
der hergang wäre sehr natürlich , und dasz uns keine andere spar
davon in unserer Überlieferung geblieben, wird den nicht wnndenit
der die beschaffenheit dieser Überlieferung kennt zur zeit der be-
lagerung von Tyros scheint das rauhe Kilikien noch nicht makedo-
nisch gewesen zu sein: denn zur blokade der stadt kommen zwar
schiffe aus Ljkien, aber aus Kilikien blosz von Soloi und Hallos
(Arr. n 20, 2).
KöMiGSBERG. Franz Böbl.
PhKeiper: zu Aischylos Persem. 93
16.
ZU AISCHYLOS PERSERN.
Die meiner abhandlung 'die Perser des Aeschjlns als quelle
ftr altpersiBche altertomskimde betrachtet, nebst erklärung der darin
f oiiommenden altpersischen eigennamen' (Acta seminarii philologici
Erlmgensis I b. 175 — 289) durch prof. Wecklein in Bursians
Jahnsbericht 1878 I s. 214 f. zu teil gewordene recension gibt mir
ToanlassoDg einige poncte derselben teils xu berichtigen teils neu
ZQ bdenchten.
W. macht mir eine einwendung gegen den in dem titel meiner
sbL aosgesprochenen standpunct, die Perser des Aischjlos als quelle
fttr tttpersisdie altertumskunde zu betrachten, indem er sagt, es sei
^m 'eigentlich anch ein verkehrter standpunct, da nur die spärlichen
■otixsn des dichters an einem anderswoher genommenen, viel reiche-
mi maierial geprüft werden könnten , also dieses material zur be-
Icacfatong der angaben des dichters, nicht aber diese zu einer nennens-
vttten bereichenmg jenes dienten', gern gestehe ich zu dasz die
Toa mir gewählte aufschrift den inhalt und Charakter des ersten
tolas meiner arbeit nicht ganz zu seinem rechte kommen läszt, aber
m wirkliches misverstftndnis kann dadurch unmöglich entstehen.
«« jedoch die sache selbst betrifft, so halte ich an dem bezeichneten
ftUadpuncte, den vor mir schon EHannak in seiner schrift 'das histo*
ritehe in den Persem des Aeschjlos' (Wien 1865) mit ausreichender
begrfiadang eingenoknmen hat, auch jetzt fest, niemand wird leng-
MB ktenen dasz die als wirklich geschichtlich eruierten angaben des
Aiidiyloe ftber persische dinge ebensogut für die zwecke der erani-
«bea ahertnmsforschnng verwendbar sind und mit demselben recht
ih qnells beteichnet werden kOnnen wie diejenigen jedes andern
ahca sefariftwerkes, das sich mit dem persischen altertum befaszt,
ad sei es das werk des Herodotos selbst, dasz fireilich die Verwertung
te US den 'Persern' zu entnehmenden materials eine andere, dh.
kntiMhere prflfnng und behandlung erfordert als beispielsweise die
^ Herodotascfa&i, ist selbstverständlich und von mir Überall betont
Meine s. 187 geäuszerte Vermutung, n€pc^trroXtc v. 65 könne
OB Wortspiel mit dem namen der persischen kOnigsstadt TTepc^iroXic
fitUten, mnsz ich als haltlos bezeichnen, da, wie ich mich verge-
«iis«t habe, nicht einmal Herodot diese Stadt und noch weniger
ibna erst später auftretenden namen gekannt hat. dagegen mag
Y^pcm V. 178 mit dem namen der TT^pcai absichtlich von Aischylos
gmsmengehalten worden sein. — Zu dem im träume der Atossa
«rwihntsn adler v. 205 ff. bemerke ich, dasz derselbe auch sonst bei
te Griechen als der königliche vogel der Perser in Übereinstimmung
^ d« penischen queUen bezeichnet wird, so erscheint dem Kyros
**ck XsB. Kymp. YII 1, 4 ein ätjöc xpucoOc irA böparoc ^axpoC
94 PhEeiper: zu Aischylos Persem.
ävareTap^voc, und Ailianos ir. \. XTL 20 berichtet dasz Achaimenes^
der Stammvater der Acbaimeniden, von einem adler genährt worden
sei. damit meint er, wie Spiegel gesehen, den vogel Simnrgh der
eranischen sage, wozu m. vgl. Spiegels eranische alter tamsknnde I
8. 565 ff. II 118. — Meinen von W. abgewiesenen Vorschlag y. 859
voilicfiaTa nupTwa in noXtcpaTa tt. zu ändern nehme ich mit rück*
sieht auf den gebrauch des Stammwortes vöjlioc in iroXiccovöfAOC
852 und ircpcovÖMGC 919 (vgl. 585) zurück, obwol auch Tenffel zdst.
gegen jenen ausdruck etwas bedenklich ist. auch über 239 toSouXkoc
aiXjüiil, das ich s. 192 anzweifelte, gibt W. den etwas wolfeilen auf-
schlusz, dasz toSouXköc eben zur nähern bestimmung von aixMH
diene. — Meine ausfUhrungen in dem excurs Über die göttliche Ver-
ehrung der Perserkönige s« 198—210 würde ich nach der Veröffent-
lichung der neuen, erschöpfenden Untersuchung Spiegels hierüber
(eran. altkde. III 600 ff.) jetzt einigen modificationen unterziehen^
und namentlich wäre ich geneigt jene thatsache auch für die Acbai-^
menidenkönige nicht ganz in abrede zu stellen, meine annähme dasz
der Artaphrenes des Aischylos 776 eine und dieselbe person mit dem
Intaphemes des Herodot ist, und weitere hieraus sich ergebende
folgerungen gedenke ich demnächst ao. eingehender zu erörtern.
Was den zweiten teil meiner abh. betrifft, so blieb ich daselbst
die antwort schuldig auf die frage nach dem gründe der auffallenden
erscheinung, dasz Aischylos neben der mehrzahl unzweifelhaft echt
persischer namen einen rest ersichtlich nicht persischer zur bezeich*
nung seiner persischen heerführer verwendet hat. ungereimt und
grundlos wäre es etwa anzunehmen ,. dasz sein vorrath persischer
namen nicht weiter gereicht und dasz er daher zur aushilfe ander-
weitige beigezogen habe, hiermit würde man dem dichter eine ar-
mut und Unwissenheit schuld geben, die mit seinem sonstigen viel-
seitigen wissen über persische Verhältnisse und insbesondere mit
der durch die überwiegende mehrzahl echter namen verbürgten
kenntnis persischer personennamen in einem unerklärlichen wider-
sprach stünde, nicht viel besser erscheint die ausflucht einiger frü-
herer erklärer, welche, um dem Aischylos den Vorwurf einer be-
wüsten teuschung seiner landsleute zu ersparen, plAisibel zu machen
suchten, er habe durch einstreuung dieser von den übrigen Perser-
namen merklich verschiedenen, seltsam klingenden namen den witz
seiner zuhörer auf die probe stellen und eventuell ihre lachmuakeln
reizen wollen, im ernste wird aber doch niemand dem Aischylos
ein so niedriges, seiner ganzen geistesrichtung wie dem Charakter
seiner dramatischen kunst so fernliegendes motiv zuschreiben wollen,
einem Aristophanes wäre dasselbe ganz angemessen, wie sich aas
dem absichtlichen wolgefallen, mit dem er zb. in den Achamem
persisches kauderwelsch vom stapel läszt , unzweideutig ergibt, ich
kann mir keinen andern befriedigenden grand zur erklärong denken
als eine gewisse, leicht entschuldbare ignorantia des Aischylos. dies
meine ich so: Aischylos, dessen angaben über persisches wesen ins-
PhKeiper: sn Aischylos Persern. 95
gestillt den eindmck des selbsierlebten und genau erforschten machen,
ht sich offenbar bemüht auch diesem detail der namen, das ihm zur
usAllong des zeitgeschichtlichen, aus der unmittelbaren gegenwart
iMreosgenommeiien rahmens nnerläszlich schien , den Charakter ge-
«Aichtlicher treiie und zuverlftssigkeit au&nprägen, der durch das
gioxe stttck hindurch geht dabei hat er sich jedoch keiner minutiö-
sen geiuHiigkeit beflissen und nicht mit der ängstlichen Sorgfalt eines
bistmikers yon beruf diesen dingen nachgespürt, sondern er hat sie
ZQ sauer kenntoia gebracht so gut er konnte, ich denke mir, dasz er
Ton leiaem feldzuge des j. 490 her eine gewisse summe yon voll-
tfiaeiideii, bekannteren Persemamen mit nach hause gebracht hatte
und während des neuen zusammenstoszes der Perser mit den Helle-
aea im j. 480 und nachher durch nachfragen und erkundigungen
sein sflmmcfaen persischer namen zu ergänzen und zu verbessern
itzebte. dasz ihm bei diesem bemühen mitunter ein irrtum unterlief
oad tr manchoi nicht echten oder nicht unversehrten namen mit in
bnf nahm, ist viel zu natürlich und selbstverständlich, als dasz wir
« Biber zu erOrtem brauchten, auszerdem will ich nur daran er-
isaen, dasz wir, wie bekannt, in ansehung des linguistischen wissens
oad flberhaupt des internationalen Sprachverkehrs weder Aischylos
Bodi seine ganze und die nachfolgende zeit mit unserm modernen
matab messen dürfen: seine kenntnis der persischen spräche, bzw.
der periischen namen, konnte nur eine oberflächliche, empirische sein.
vir mOssen uns im gegenteU wundem, dasz Aischylos zu solcher
^sBBtiiii und einsieht in die persischen namen gelangte, dasz wir
Bit im hilfinnitteln der modernen Sprachforschung auf grund un-
Mrer kenntnia der alteranißchen spräche getrost von den 56 in den
TttHn' als persisch angeführten namen 41, also gerade %, als
^ penisdi and relativ sehr gut linguistisch ins griechische über-
^-nfsa beliehnen können, da verdeiäen wir es dem dichter nicht,
wcsa er unter den übrigen einige verdrehte, aber doch persische,
c^ andere gar nicht persische, von ihm aber in gutem glauben als
poBseb angeaefaene, oder endlich einige wenige von solcher art vor-
Abi, dasz wir ihr persisches urbild nicht entfernt mehr wiederher-
itellcft kfinnan, da sie mit griechischen namenbildungen zufällig zu-
■aBBMBstininien. das athenische publicum endlich, um auch von
dNMoi za reden, wird mit dieser linguistisch -onomatologischen
^tong seines Veteranen und dichters sehr wol zufrieden gewesen
«a oad kaom darauf geachtet haben, wenn in der groszen reihe echt
{i^rasch Uiagender namen der eine oder andere abweichenden klanges
^*Mief, und selbst wenn die lautliche Übereinstimmung einiger
wtaiger mit einbeimischen, griechischen namen von aufmerksamen
^<<>beehteni aollte bemerkt worden sein, wird man daran kaum einen
f»^ genommen, sondern sich die saehe irgendwie zurechtgelegt
f*^ wenigstens habe ich nirgends eine tadelnde oder überhaupt
otfisiereBde bemerkung aus dem altertum über die art, wie Aischylos
^ ptnisehen namen seinem stücke einverleibt hat, gefunden.
96 PhKeiper: za Aischyloe Persem.
Nach wiederholter betrachtung der 15 von mir ausgeschiedenen
namen kann ich als endresultat folgendes meinen bemerkungen in
der abh. nachtragen. M^)Liq)ic und ¥d|üi)Liic setzen uns als gel&ufige
ägyptische namen einigermaszen in erstaunen, allein zur zeit des
Aischjlos standen die Griechen noch nicht in so regem verkehr mit
Aegypten wie später; daher darf uns bei Aischylos ein solcher irr-
tum, der bei Herodot geradezu undenkbar ist, nicht zu sehr befrem-
den.* stark umgeformt, da sie mit griechischen nahezu zusammen-
fallen, müssen folgende namen sein: AiXatoc, MdraXXoc bzw. fAi-
TaXXoc, TTcXdtuJV, TöXjiioc und EdvOic. sehr verdreht, wenn auch
etwas weniger gräcisiert, erscheinen 'A|Liq)tCTp€uc und 'ApKTCuc da-
gegen 9dpußic nehme ich jetzt entschieden für den persischen namen-
schatz in anspruch, da sich im buch Esther c. 1 nach der griechischen
Version der LXX der augenscheinlich nahe verwandte name Bapaßä
(var. Oapcßuia, Capeßiua), von einem persischen vornehmen findet.
auch CeudXxric und Tevdruiv scheinen unter der griechischen hülle
einen persischen kern zu verbergen, erstem stelle ich nach dem
zweiten bestandteile mit CirdXKiic ', namen eines Thrakers bei Xeno-
phon, zusammen, wie man denn schon öfker versucht hat thrakische
namen aus den eranischen idiomen zu erklären, den zweiten ändere
ich am liebsten in TavdTU)V, wofür TevdTUiv die schlechtere aus-
spräche ist, und deute ihn dann aus dem altpersischen in der s. 281
angegebenen weise, so bleibt nur noch v. 982 ''AXTriCTOC übrig, für
den ich s. 23d weder griechischen noch eranischen Ursprung wahr-
scheinlich machen konnte, ich ergriff dann den ausweg in ^AXinaov
gar keinen namen, sondern nur das product einer texteacormptel zu
sehen, etwa aus iraibairicTÖv entstanden, wie in den add. s. 470
nachgetragen ist. Wecklein ist gleicher ansieht, dass nach 982. eine
Ittcke anzunehmen sei , und teilt mit dasz er 'sich schon längst die
änderung Baravilixou na^b' dXTrviCTOV an den rand notiert
habe mit der annaJime, dasz der name von dem allerliebsten
söhne des Batanochos in der lücke ausgefallen sei', ich finde W.s
Vermutung so schOn, dasz ich ihr gern den Vorzug vor der meinigen,
'die W. übersehen zu haben scheint, einräume, und würde sofort be-
reit sein dXTrviCTOV für eine in der that preiswürdige emendation zu
erklären, wenn ich zur Unterstützung des wertes auszer Find. Isthm.
4, 14 noch mehr belegstellen, am liebsten aus Sophokles oder Aischj-
los selbst, beibringen könnte.
* vielmehr scheint es als habe Aisch. mit beiden namen ägyptische
mitstreiter im beere des Xerzet bezeichnen wollen, dann aber mast«
er sie an der richttg^en stelle nennen, nemlich v. 33 — 40, wo wir umge-
kehrt in ebenso Beltsamer weise drei unzweifelhaft persische namen
vorfinden. * vgl. Pape- Benseier ffr. eigennamen über die personen
dieses namens, aar etymologie von GräXinic, wozu ich andi 'AXK-cuvac
Xen. Kyrup. V 3, 42, anfUhrer der Kadusier, stelle. Tgl. P. de Lagarde
armenische Stadien (Qöttingen 1877) zu nr. 713.
LUDWIOSHAFEN AM BheIN. PhILIPP EeIPER.
AHiig: zu XenophoDB anabadB [codex C]. 97
17.
ZU XENOPHONS ANABASIS.
In der revne ciitiqne Jahrgang 1878 nr. 51 hatte hr. Charles
GtMX die freandlidikeit meine beiden abhandlungen ^Aeneas von
Stymplialoe' (1877) und ^commentatio de Xenophontis anabaseoB
codioe C Pariaino' [vgl. jahrb. 1878 s. 597 ff.] anzuzeigen, während
ich mich in besag auf die erstere abhandlung über Aeneas der voll-
jUadigen zostinunang des trefflichen französischen gelehrten zu er-
freacB habe, ist in bezng auf die zweite über die von mir im cod.
Pkr. 1640 gefundenen lesarten von erster band das endorteil ein
«twas geteiltes, hr. Qranx schlieszt mit den werten: ^in somma,
veno in diesem beitrag zu der kritik der anabasis nicht alles von
gleichem werte ist, so gibt es doch darin treffliches, was in alle aus-
gaben flbei^hen wird.' zur Vermeidung von misverstfindnissen, die
diese werte erwecken könnten, seien mir ein paar ergänzende und
beridt^nde bemerknngen gestattet, die auch mein hr. recensent
fnoidlieh aufnehmen möge.
Zanichst bemerkt hr. Qraux ganz richtig, dasz in den von mir
tinngeHigten facsimiles der contrast zwischen der ersten und der
zweiten band einigermaszen gesteigert ist« ich habe das selbst s. 11
B. ibh. hinlänglich angedeutet, wenn ich sage: 'quod in Universum
qnidem in codioe ipso ita est, quanquam concedendum interdum
«tiiB Bon ex nuuore vel minore ductuum crassitudine vel atramenti
divenc eolore aed ex aliis indiciis mannum diversitates me cogno-
f ine.* da photographieren unmöglich war und den verlangten dienst
■idht geleifltet hätte, so blieb mir kein anderes verfiahren übrig als
^ zflge so genau wie möglich abzuzeichnen und die gewöhnlichen
satendüedei durch welche die zweite band von der ersten sich ab-
Mi, nemhcli die grössere dicke und dunklere tinte (von denen zu-
«eflen nur der eine bemerkbar ist) durch das gemeinsame merkmal
teikleter nnd zugleich dickerer züge zu bezeichnen, und auch da
vo andere mutencheidnngszeichen, zb. starke rasur, künstlich her-
▼«^bnielita Unebenheit des pergaments usw. auf correctur weisen,
äisMs selbe merkmal eintreten zu lassen, diese etwelche Steigerung
te wirklichen eindruckes für das blosze äuge (^contraste exag6r^ 4
^essein* wie hr. Ghranx sich ausdrückt) war aber um so berechtigter
sad durch die proportion gebotener, weil ich auch diejenigen züge
enter band anfiiehmen wollte und muste, die ich wenigstens in der
b. Mlbet nur mit der loupe sehen konnte, ich wäre hm. Graux sehr
^•akbar, wenn er mir einen andern noch einfachem weg zu dem be-
*ulcB tweck angäbe; den ersten gedanken, die zweite band durch
«ae andere färbe zu geben, gab ich bald auf, da hierdurch der wirk-
bebe eindraek viel mehr alteriert worden wäre als durch das von
Kir eingesdilagene verfahren, ich gab mir alle mühe diese verschie-
tebeit so gering als möglich zu machen, und wer auszerdem. die
iifeiUekcr (%r cIms. philol. 1870 hft.S. 7
98 AHog: zu Xenophons aaabaiü [code xC].
Schwierigkeit erwttgt, einen lithographen, der von der saohe selbst
nichts versteht, so zu instruieren und zu corrigieren, dasz so wenige
fehler wie möglich übrig bleiben (einige derselben habe ich im texte
gelegentlich erwähnt), wird mit einiger nachsieht den so viel ich
weisz zom ersten male gemachten versuch dieser art beurteilen und
meiner Versicherung glauben schenken, dasz der totaleindruck im
wesentlichen und auch die wirklich wichtigen einzelnen zUge, die
erwähnten verstOsze abgerechnet, getreu gegeben sind, doch das
wird im gründe auch von hm. Graux nicht bestritten.
Ich hegte die ho&ung, es würde eine anzeige meiner schrift
von Seiten eines gelehrten, der wie hr. Oraux zugleich kenner der
paläographie und zudem in der läge sein* würde , den codex selbst
zur vergleichung hersnzuziehen , die drei fragen genau unterschei-
den : 1) die paläographische frage , ob das , was ich als im codex ge-
sehen angebe, wirklich darin zu finden sei, 2) ob ich die trümmer
von Qpr. richtig durch conjectur ergänzt hätte, und 3) ob die so ge-
fundene lesart von Opr. der durch C| repräsentierten vulgata vorzu-
ziehen sei. leider ist diese erwartung nicht ganz in erfüllung ge-
gangen, so dasz ich in mehreren fällen der ablehnung oder wenig-
stens bezweiflung meiner lesart nicht genau weisz, von welchem die*
ser drei standpuncte aus diese ablehnung geschehen ist; auch wurde
die von mir genau innegehaltene Unterscheidung dessen was ich zn
sehen glaubte und dessen was ich zur ergänzung conjicierte,
von dem rec. nicht immer beobachtet
unbedingt werden von hm. Graux anerkannt n. 2 äpEcuvTO
I 3, 1 (zweite band «s C| JipEaro), n. 3 aöpiov II 2, 1 (C| auTÖc),
n. 6 cTpoToii^bou lY 4, 17 (C, CTpaTeü|AaTOc), n. \f div npocboKCi
III 2, 34 (eine lesart von Opr., die ich übrigens als schon von Dübner
gesehen, aber nicht von ihm aufgenommen bezeichnet habe) (C| tbv
iTpocboKäv boKcT MOi), n. 10 bii&iKOVTec kqi bdKVOUCi III 2, 35 (C|
buiiKoud T€ Kai bdKvouci), n. 20 cO t(£iv ifiubv 1 7, 4 ((7, ctLiröXfiujv),
wozu wir noch rechnen kOnnen n. 4 dTToXii<p6€iiicav IV 3, 21 (C|
dTTOKXeicOeincav : 'il paralt assez probable') und n. 11 dv^nvcucav
IV 3, 1 ((7| dv€iraucavTO : 'il est tout 4 fait plausible')* endlich
wird auch von hm. Graux gebilligt in n. 21 KoXuic öirdpx€iv I 9, 17
(C| kqXuIic ir€iOapx€iv), wobei übrigens un von mir blosz conji-
eiert wird, und vom paläographischen standpunct aus, abgesehen
vom räume der dafür passt, ebenso gut der ausdruck 'pure fantaisie'
gebraucht werden konnte, wie es anderwärts von hm« Graux geschah.
Zu den von hm. Graux paläographisch anerkannten les-
arten darf ich wol auch n. 1 rechnen, oOtoI HI 2, 11 (C| aÖTOic):
'aÖToTc est en effet une correction.' wenn derselbe hinzufügt, es
sei zweifelhaft, ob nicht die erste band selbst so conigiert habe, so
scheint mir diese bemerkung eher davon herzurühren , daaz ihm die
lesart selbst nicht recht gefiJlen will, er sie also vom oben genann«
ten dritten standpunct aus verwerfen möchte, für die von mir hier
für. aÖTol angenommene bedeutung aua spante oder ^övot verweise
AHiig: sa Xenophoiu anabasift [codex O],
kh anszer den im text angeführten stellen jetzt nachdrücklich auch
auf die von mir adoptierte lesart der bessern hss. in VI 2, 1 1 £Uo2v
cui^povoicv , atjTol cucrdvTCc Ka\ cTpoTfiToOc ^Xöfüievoi dauTwv
XII16' tououc fiv Tf|v TTOpeiav itoioivto. ebenso anerkennt hr.
Gnnx anch n. 8 dvTTfrwviZovTO IV 7, 12 (C| buiTiwviZovTo) als die
leiirt Ton Qtt., glaubt aber, biT)TUiviZovTO sei vorzuziehen, vermut-
lich wegen der congruenz mit dem vorhergehenden dvrenoioOvTO
dpcTfic fflr nns ist einzig die autoritftt ftLr Cpr. entscheidend, da
dae solche congmenz gleich anlautender wOrter bei Xenophon nichts
•nf sieh hat.
Schwerer wird es mir, das urteil meines rec. an folgenden stellen
la verstehen, zn n. 21 anfang (I 9, 16), wo ich TrXouciurr^pwc 2[f)v
«ouiv als die leeart von Cpr. aufnehme (C7| itXouciu)t^POUC iroieiv),
bemerkt er, es sei zwar räum da um lf\v zu placieren, 'mais je ne
disüngue pas la moindre trace d'aucune lettre de ce mot'. aber ich
kabe weder im text noch im £EU»imile irgend wie eine solche spur
aagedeutet; wol aber bemerkte ich dasz ich mit und ohne loupe ur-
qvrünglicfae« irXouciurr^pui sehe, indem C7| von dem ursprünglichen
Ol den zweiten ring auskratzte, um den ersten als 0 stehen zu lassen ;
Ton dem zweiten sind aber noch spuren übrig, waa hr. Qraux über-
ttken hat; dasz der lithogrmph diese spuren etwas zu stark gemacht
hat, habe ich im texte bedauert, sodann ist zu bemerken dasz die
lanr sich weit oben nach rechts bis senkrecht über das folgende ix
bhianairiffht, was inmier mit Sicherheit auf einen wegradierten accent
idküeBzen iBszt: folglich musz noch ein selbständiges kurzes wort
xvischen irXouourr^ui und iroieiv gestanden haben« palttographisch
itafat demnach fest TrXouciurr^pui ..." iroieTv oder irXouciuiT^pui
. . • r iroteiv. daraus habe ich nun, wie mir scheint mit ziemlicher
nehcrheit, xonud da ich fthnliche beispiele aus Xenophon beibrachte,
vXouaunipuic lr\y irotetv durch coxgectur ergänzt, und hr. Graux
hat vom standpnncte des textkritikers aus keine gegenbemerkun-
gea gemacht f Breitenbach dieselbe angenommen, in n. 5 (IV 5, 4)
•ih ich ganz deutlich wenigstens V€i . ai (der oircnmflex scheint noch
tts der rasnr heranszuragen). das v ist jetzt die hälfte des neuen
f{ von XfiSm. hr. Oraux sagt kurzweg: 'il ne semble pas qu'il y ait
ea ü-deesoQs dv€ivai.' dabei vermisse ich eine bestimmte
über das auch dem blossen äuge vollkommen sichtbare stück
nriaehen dem neuen r| und £, was ich ab das zeichen für €i; das
aar oben etwas wegradiert ist, ansehen musz. n. 17 ^vckcv ciivAOoi
IV 7, 20 ((7| {vaca £X6oi) sei zwar, sagt hr. Oraux, nicht unmöglich :
'asis n'est ponr nons que simplement coxgecturaL' auch für mich;
^«as anderes habe ich weder im facsimile noch im text behauptet.
Aber ich bin dnrch berechnung der raumverhftltnisse und durch die
«ahmehmnng, dasz ursprünglich ^X6oi, also ein compositum stand,
■ii einer gewissen notwendigkeit zu dieser conjectur gekommen:
^sia wddie andere präposition, mit der ^X6oi zusammengesetzt sein
Uants, hätte sogleich sinn und räum in der runden, bogenförmigen
100 AHug: zu Xenophons anabasifl [codex C7].
rasur die durch die jetzige ligatur von €Ka ausgefüllt ist? hier ist
nun freilich des kritischen bedenkens Breitenbachs erwähnung zn
thun , welches nach seiner ansieht gegen die aufnähme dieser lesart
sprechen soll, er glaubt nemlich , cuvdpx6c6ai könne nicht in dem
von mir statuierten sinne 'mitgehen , mitziehen' gebraucht werden,
ich hoffe dasz folgendes beispiel jeden zweifei dieser art heben wird:
Strabon X 462 enthält (ausEphoros) folgenden satz: 'AXxii^uiva Tdp
TÖv 'A^cpidtpcui CTpareücavTa juera Aio^rjbouc kqI tuiv dXXuiv *€iii-
t6vu)v Kai KaTopOuucavTa t6v Trp6c Onßaiouc ttöXciliov cuveXOeiv
AtojLiiib€i Kai Ti)iU)pf)cacOai füter* auToO touc Oivdujc ^x^pouc,
wo cuveXOcTv A. nicht heiszen kann, Alkmeon sei mit Diomedes zu-
sammengekommen, da er ja schon vorher bei ihm war, sondern
mitgekommen oder mitgezogen. vgL dasselbe citat VII 325.
'de la fantaisie toute pure' sind hm. Oraux folgende beispiele: 1) n. 18
ÖTt o\ 'ApiaCou m 2, 17. dieser ausdruck bedeutet, wenn ich ihn
recht verstehe, so viel wie der vorige: 'simplement conjectural'.
meine paläographischen angaben sind davon nicht sehr verschieden,
ich glaubte nur links unten von dem neuen compendium von ei einen
ausradierten ring dh. ein o zu sehen, und oben die spuren einer Ver-
bindung von Spiritus asper und acut; sodann einen strich in der
mitte der rasur, der entweder acut oder Spiritus lenis sein könne;
also ö ...'... . oder S ...'... . das übrige ist reine ooiyectar,
wobei aber ausdrücklich hervorgehoben wurde, dasz der name Köpoc
weder einfach noch in ableitung dastehen konnte, sonst hAtte der
corrector nach seiner weise wenigstens Kup beibehalten, welche
andere ergftnzung ist nun möglich? es thut mir leid dasz hier hr.
Graux, wie er uns sagt> die 'raisons de sens' nicht geprüft hat: dasz
diese wirklich für diese/fantaisie toute pure' dh. conjectur sprechen,
davon mag ihn die zustinmiung Breitenbachs überzeugeit. 2) n. 19
X66pa II 6, 28. hier behauptete ich blosz den untern teil eines 6 in
dem u des neuen cuv zu sehen und ausserdem einen schiefen geraden
strich in dem c, den ich nicht anders als X deuten könne, möge nun
ein anderer besser ergänzen. 3) n. 22 vCv olba 115, 13 lautet meine
paläographische angäbe blosz: .../... dieses (in der hs. einheit-
liche) zeichen für die Verbindung von Spiritus lenis und circumflex
sah ich blosz mit der loupe, rechts anstoszend an die acutverlänge*
rung des U); ausdrücklich sprach ich im text das bedauern aus, dasz
der lithograph das zeichen zu stark gegeben hat. freund Thomann
sah dieses zeichen mit bloszem äuge, wenn ich vöv olba daraus con-
jicierte, so möge man diese conjectur, die auf den sinn und die räum-
Verhältnisse zugleich basiert ist, mit einer bessern bekämpfen.
Wirklich bestritten werden von hm. Oraux auch die zu-
letzt genannten lesarten nicht, wol aber folgende: 1) n. 7 KaTaqppo-
vrjcac III 1, 27. hier kann ich es eher begreifen, dasz mir von Seiten
des hm. Graux, der den codex nicht unter allen möglichen beleuch-
tungen wie ich geprüft hat, Widerspruch entgegentritt, das perga-
ment ist hier sehr rauh und setzte den rasuren starken widerstand ent-
AHog: zu Xenophons anabasis [codex C]. 101
gegen, 80 dasi dieselben unregelmäszig geriethen und über die grenze
lies bembeichtigien umfangs hinauskamen: es sind förmlich einge-
kntite furchen aus der rasur entstanden« auch ich glaubte wie hr.
Graux Ifingere zeit, dasz auch das a neu sei: ich erkläre mir das aber
80, dasz es yon der rasur gegen den willen des correctors angegriffen
war and daher mit neuer tinte ersetzt werden muste. in Überein-
stimmimg miiDttbner, der M€t' äq>povt^cac herausfand, erkannte
ich in dem einschnitt oben, der von links nach rechts aufwfirts geht,
die imsor des obem Striches eines T, die aber auch über das ziel
hinaosgieng und dadurch den schein erweckte, als ob Über dem a
ebealalls etwas radiert sei. diese erscheinung wird es sein, die hm.
Graox zu der conjectur Tr€pt9povV|cac, die er der meinigen gegen-
ftberstellt, gebracht hat; die rasur unten scheint aber keinen räum
ftr den fbogen des p zu haben, zugegeben nun aber, was nicht zu-
zugeben ist, dasz KaTaq>povr)cac und 7rcpt'q>povricac paläographisch
gifoeh viel Anspruch haben, so wird, meine ich, der Sprachgebrauch
des Xeaophoa für das von mir angenommene KaTaq)povrjcac Spre-
gal: ir€pi<ppov€iv findet sich bei Xenophon gar nicht, bei den Atti-
kern der frühem zeit blosz Thuk. I 25. 2) 'plus que douteux' n. 16
oOc cfipiCKOV n 3, 10 (C| 0^ f^cav). meine palftographische angäbe
laatet darüber: ein bogen der auf u oder eu hindeutet, am schlusz
ein V, naeh dem u oder €u zeichen die pi bedeuten können, sodann
am anluig eine senkrecht hoch hinaufgehende rasur, welche das com-
pendiom für o6c enthalten haben kann, ich gebe zu bei dieser stelle
am meisten geschwankt zu haben: sie ist die unsicherste von allen;
aber auch hr. Graux bezeichnet die Vermutung nicht als unmöglich.
Anders verhfllt es sich mit weiteren vier stellen , die besonders
iateneeant und nach meiner (imd anderer) ansieht sicher sind, und
bd denen ich besonders bedaure die von hm. Oraux ausgesproche-
sen zwttfel nicht irgendwie begründet zu sehen. 1) n. 14 )iVT)Metov
m 2, 13 (C| fiapTupiov) von hm. Graux einfach als unmöglich be-
leidinei, ohne dasz er uns irgendwie sagte, er habe das nicht ge-
aahen, was ich als gesehen angebe, nemlich füiv • • • wOV. das noch
deatliche v hart am neuen a, die alte endung ov und der von mir als
kjrphen erkannte bogen unter der zeile weisen mit notwendigkeit auf
ein mit dem stamme ^va zusammenhangendes, auf ov endigendes
nhttaativ hin , das eher kürzer war als das mit groszen buchstaben
darüber gesetzte papTtipiov: denn sonst hätte das hyphen keinen
über das Vorhandensein und die deutung des fraglichen bogens
6er zeile, der dem blossen äuge schon sichtbar ist,
ipriebl sich hr. Graux wieder gar nicht aus. 2) n. 12 iO^Xovrcc
AtoBoIIV 6, 19 ((7| idcXouciot) bezeichnet hr. Graux als 'absolu-
BCBi doaieiiz'. so lange er aber nicht bestimmt in abrede stellt,
^au tMi • • • und T • • ot noch heute sichtbar seien (vom t mit
Moncm ange nur der obere strich, mit der loupe das ganze) und
^1 ferner, zwar nicht durch tinte, wol aber durch die zerkratzung
^ pergamentea ein bogenförmiger buchstab zwischen f und oi
102 AHog: zu Xeoophons anabasiB [codex C].
sieb verrathe , der 6 oder aO sein kann , so lange kann ich auch den
widersprach des hm. Graux nicht als begründet ansehen, die et-
welche raumschwierigkeit ist gehoben durch die anwendang der in
diesem codex beliebten abkttrzung fQr €C oder t€C. ist aber iQ£k . . .
T . o\ palftographisch sicher, tBi\ .... t^^Ooi paläographisch wahr-
scheinlich, so ist es aufgäbe des kritikers mir nachzuweisen, auf
welche andere art diese trümmer ergänzt werden können , als ich es
that. 3) n. 15 dcä9€ia IQ 1, 21 (Cj ÖTTOipCa) wird ron hm. Qranx
nicht bestimmt bestritten, er anerkennt vom kritischen standponct
aus die gdte der lesart; als paläograph bezweifelt er, ob q> und €i so
nahe an einander stehen konnte; dasz aber in einer so unregelmftszig
geschriebenen hs. buchstaben gelegentlich etwas nfther an einander
rUcken als anderwfirts, ist doc^ wol nichts auffallendes; und hier
haben wir es mit einer thatsache zu thun. glücklicherweise hilft hi^
mehr als anderwärts die färbe der tinte zur Unterscheidung der hftnde
bedeutend mit. unter dem i aber des neuen UTroipia sind mit der
loupe deutlich erkennbare spuren eines mit blasser tinte geschriebe-
nen compendiums von ei zu sehen; ebenso ist in dem nenen ifi der
lange strich, der von oben nach unten geht, blasz, der querbogen nea
und Ton schwärzerer tinte : was mit den rasuren namentlidi links
von dem langstrich unbedingt auf q>, also im ganzen auf <p€ia führt;
kommt nun noch durch das neue o eine schiefe linie, die nach rechts
oben darüber hinausftLhrt, so bleibt nur iiq>€ia oder dq>€ia übrig als
paläographisch feststehend, die beiden anderen buchstaben durch
coi^jectur zu ergänzen zu dem dem räume und dem sinne nach
passenden dcäqpcia konnte keine schwere aufgäbe mehr sein. 4) zu
meinem groszen bedauern ist hr. Oraux über die charakteristischste
und interessanteste stelle mit einer leichtigkeit hinweg gegangen,
gegen die ich ein Wendungen erheben musz: n. 13 Zeuc tk ßpovr^
KttT^TrXn^e III 4, 12 (Cj Zeüc b* dpßpovTiiTOUC iroieT). darüber be-
merkt hr. Oraux blosz: 'M. Hug d6termine fort bien les limites da
grattage, mais qui saurait dire ayeo quelque assurance ce qni se
trouvait 14 d'abord?' dasz damit nichts gesagt ist, wird wol hr.
Graux zugeben, anlangend zunächst die grenzen der rasur, die hier
wie anderwärts allerdings eine sehr grosze rolle spielen , so ist, wie
ich aus dem texte leider jetzt zu wiederholen genötigt bin , daraus
schon ein bestimmtes resultat zu gewinnen: da der accent des jetzi-
gen djißpovTiiTOUC neu ist und derselbe auf rasur steht, so folgt dar-
aus, dasz ein anderer accent daselbst wegradiert wurde, dasz also
entweder ßpovrf) oder ßpovrfi (dh. datiy) dagestanden hat. daraus
ergibt sich, da ßpovTf| als nominatiy unmöglich, der datiy also her-
zustellen ist, weiter, dasz ein yerbum, in dessen mitte ein n stand,
welches yom corrector aus der lesart Cpr, unversehrt belassen wurde,
zu eruieren ist. es handelt sich aber sodann nicht blosz um die 'limi-
tes du grattage': ich habe noch weitere drei paläographische that-
Sachen angeführt: 1) die spuren eines t über dem u in dem neuen
TOUC, die ich zuerst mit der loupe, dann aber auch mit dem blossen
AHog: SQ Xenopboni anabasis [codex C], 103
aoge sab ; 2) neben dem alten ir, das der correcior stehen liesz, weil
er es flir sein iroici verwenden konnte , den zweiten strich eines X
liaks onten im neaen o, so dasz er sich mit dessen rundang fast ver-
sdifflols, so jedoch dasz er aus der dadurch entstandenen eckigen
form Boeh erkannt wird (leider hat mein lithograph diesen strich zu
fehr ins innere des o gerflckt) ; 3) nicht zwar durch tinte, aber durch
einkratinng im peigament sichtbar zwischen i und £i in dem neuen
iroici eine merkwflrdig gewundene linie, die auf ein E hinweist, pa-
Uogr^hiscfa ist also vollkommen gesichert: ßpoVT^ . . T . irX . E .
was kann dies anders sein als KOT^TrXriEe?
Idi bftite mich nicht darüber beklagt, wenn hr. Orauz sich vor-
genommen bfttte in seiner anzeige sich rein auf den palftographischen
rtudpunct zu beschrftnken: gerade das, dasz er das nicht that, mochte
dani beitragen, dasz er die palftographische aufgäbe nicht streng
ToQsog. wie oft hr. Oranx sich den codex ansah , ob mit hilfe einer
»cbarfen loape, weiszich nicht; aber ich wundere mich darüber nicht,
d«8i jemand , der den codex nicht so oft wie ich , und zwar bei den
vcrsekiedeiiaten belenchtongen prüfte, nicht beim ersten blick das-
jeaige sah, was ich selbst erst nach den verschiedensten versuchen
xo finden vermochte, wer wollte sich zb. zutrauen , um kleines mit
grosserem zn Tergleichen , beim Ambrosianus des Plautus da^'enige
int sieherlieit controlieren zu können, was ein anderer durch lange
brigcaetziea mühsames lesen herausbrachte? hr. Oraux ist lojral
gong das aoeh anzuerkennen: 'naturellement je n*ai pas la pr6ten-
tioD, en pareil caa, d'affirmer ce ^ue M» Hug et ses amis se sont fait
iHasioD', aber er fttgt hinzu: 'n^anmoins les lecteurs trds-prudents
de Iteopbon vondront peutdtre mettre un point d'interrogation ä
e6U de eee lectores Hug' (nemlich dei^enigen die hr. Oraux nicht
gesellen hat), ich gestehe dasz dieser *point d'interrogation' mit be-
nehnig anf meine angaben über das von mir gesehene mich
capfiadlieh berührt; ein fragezeichen mag man überall da setzen,
«0 idi die ergSnznng durch conjectur vomahmi jede bessere wird mir
«ülkonimen sein; obschon zu bemerken bleibt, dasz hr. Oraux nach
dieser nehtong hin anch nicht 6inen andern Vorschlag gemacht hat
■it aosBabme des von ihm selbst nur frageweise vermuteten Tr€pi-
fpoW^coc. damit aber der 'point d'interrogation', den hr. Oraux
kier binzofilgen möchte, nicht (gegen den willen desselben) dazu bei-
trsge, das zutrauen in die Zuverlässigkeit meiner palftographischen
ttgabca ZQ erschüttern, sehe ich mich veranlaszt hier das unter-
K^iebcse sengnis deijenigen freunde mitzuteilen, denen ich die
vicktigBten stellen des codex, als derselbe in meinem hause war, zu
wiederholten malen vorlegte: ich werde mich darin auf die be-
<tnttsBsien stellen beschrftnken.
Die aalenieiebn«ten bezeugen hiermit dasz A. Haitf als er den codex
l^^'iiiaas 1640 in eciner wohnnng hatte, ihnen eamtlicbe im programm
^^•adclte etellen vorlegte and sie mehrere mal« ereachte dieselben
*it itr loepa zu prüfen, insbesondere bezengen sie dass sie n. 5 (lY
^ 4) 4ea notem teil von Q, n. 12 (IV 6, 9) iBik T • • oi, n. 14
104 HHaupt: zu Paianios und Eutropins.
(III 2, 18) das hyphen, n. 16 (III 1, 21) q>€l0, n. 13 (III 4, 12) T . trX . E .
deutlich gesehen haben. H. Blüm n er. H. K esse Irin g. Th. Hag.
K. Thomann.
Der unterzeichnete bezeugt anszerdem speciell in n. 16 (II 8, 10)
den bogen, den Hng für den teil von eu ansiebt, sowie das übrige wa»
daselbst angegeben ist, ebenso in n. 22 (II 6, 13) das zeichen für die
Verbindung von spiritus lenis und circumflex und zwar mit bloszem
äuge gesehen zu haben, wie er auch das meiste übrige ohne die hilfe
der lonpe zn sehen vermochte. K. Thomann.
Zürich. Arnold Hug.
18.
ZU PAIANIOS UND EUTBOPIUS.
Bei Paianios I 9 (8) lautet der text nach der Sylburgachen aus-
gäbe und nach codd. Monacensis und Lanrentianua : buo bi ^cav
oGtoi Kai dtYicior djcT€ k&v ^Tcpov qMiOXov elvai, KaroqieuTCiv im
TÖv ^TCpov. im condidonalsatze vermiszt man das prädicat und den
Artikel vor Srcpov; ebenso ist xdv bei Paianios, der sonst immer ei
gebraucht, aufflKllig. Sjlburg bemerkt zu der stelle: 'cum cTvm
subaudiendum cufißairi^ ^vb^x^i'^o vel simile quodpiam verbum fioi-
tum.' Planudes (scriptorum veterum nova coUectio ed. AMai II
8. 528) I der, wie ich an einem andern orte nachgewiesen habe, den
Paianios mehrfach ausgeschrieben hat, liest: &x\ buo Kard ttiv
*Pui)litiv 7rpo€X€ipi2IovTO uTraTor die €i cufiißaiii töv ^Tcpov qMzOXov
elvai, KaTaq)€ÜT€iv ^n\ töv Srepov. das richtige wird demnach sein:
bOo bi fjcav oÖtoi Kol dri^cior üjctc kSv <cicu|ißaiT|TÖv> ?Tf-
pov cpaöXov elvai usw.
ebd. X 1 geben die hss.: q>acl yoOv auTÖv X^t^iv, djc dficivov
napä ToTc ibiiuraic toO ßaciX^uic eörropiov clvai, f{ jiiKpdi nepi-
K€KX€Tc6ai x^piu'- ▼or toG ßaciX^uic ist der artikel Tfjv ansgefallen,
den wir bei dem wörtlich mit Paianios übereinslimmenden Planudes
(ao. 8. 567) wiederfinden.
Eutropius IV 16 (7) Quintus quoque Caepio ad idem heüum
missus est, quod quidam Viriatm contra Bamanos in LusUania gere-
h<xt, so hat codex Fuldensis , während im Monacensis Cepio erst von
zweiter band an die stelle des ursprünglichen Scipio gesetzt ist dasz
wir in Scipio die richtige lesart zu erkennen haben, beweist einmal
Paianios, der an der betreffenden stelle zweimal CKr)Triiuv schreibt,
auszerdem noch die zweite auf Capito zurückzuführende Eutropflber*
Setzung (Mai ao. s. 547, Suidas u. BopiavGoc und u. imßouXri,
Gramer anecd. Par. II s. 11), welche consequent Cktitt(u)V statt dea
historisch berechtigten Kaiiriiuv setzt, das von den hgg. sehr mit
unrecht corrigiert worden ist.
Würzbüro. Hbrman Haupt.
HXJhle: za Plotons apologie [c. IS b. 80*]. 105
19.
ZU PLATONS APOLOGIE.
In der alten Streitfrage, ob in der bekannten stelle der apologie
f. 30*, wo Piaton den Sokrates Athen mit einem rosse vergleichen läszt,
das immer durch einen ^uuiiti erweckt werden müsse, dieses wort
eineo sporn oder eine bremse bedeute, haben sich die beiden neue-
ika Interpreten, Cron in der 7n aufläge und Wohlrab in der bearbei-
tmg der StaUbaumechen ausgäbe, für den sporn entschieden, ich
bin der gegenteiligen ansieht und glaube dieselbe durch hinweis auf
einige bisher wenig oder gar nicht beachtete momente zur gewisheit
criieben, die andere erUftmng aber als unhaltbar erweisen zu können.
Stellen wir uns zunächst einmal das bild vor, welches bei der
aoffissung des ^uull|l als sporn sich ergibt.
Wlihrend frühere erklärer sich dieses bild so dachten , dasz So-
krates gleichsam als ein reiter das träge rosz, das athenische volk,
aasponie, hat Stallbaum richtig bemerkt, dasz dieser vergleich der
Brbaoität wie der ironie des Sokrates wenig entspreche, und dasz
ioeh die ausdrücke TTpoCK€tc6at, -rrpocreOetK^vai und irpocKaOiZeiv
Khledit dazu passen: einwände welche Koenighoff in dem programm
Ttai Mfinstereifel 1850 s. 22 f. keineswegs entkräftet hat. es war
dikcr ein fortsehritt, dasz Cron diese Vorstellung verliesz und, wie
a iueh nach dem sprachlichen ausdmck unserer stelle , wegen des
u«6, ridktiger ist, Sokrates selbst als den sporn auffaszte. denn da
Sokrates sich nur als Werkzeug im dienste des gottes betrachtet,
Bflite man bei weiterer Verfolgung des bildes sich den gott selbst
als den reiter denken, dasz aber dies wiederum etwas schiefes hätte,
•cbent Cron selbst gefühlt zu haben und will daher dem vergleich
eifere grenxen gezogen wissen, 'das bild' sagt er 'erstreckt sich
aar anf die vergleichung der stadt mit einem rosse das des spoms
Wdszf sur erweckung. diesen beruf eines Weckers verrichtet Sokra-
tes, wobei der gedanke an den reiter durchaus fem gehalten werden
■niaz.' aber ich mOchte fragen, ob man denn anders kann als an
eaen veiter denken, wenn von pferd und sporn die rede ist; die
inhaltong dieses gedankens hat entschieden etwas gewaltsames.
Ferner aber soll dieses rosz , wenn es auch seiner grösze wegen
«twas tiige ist, doch ein edles thiersein, iTTtroc \xirfac xal T€vvaio c :
•ho cm edles rosz soll unter dem reiter — mag uns der auch nicht
passen, wir kOnnen ihn für den sporn nicht entbehren — träge
des spoms bedürfen; ja es soll sogar geweckt werden
durch den sporn (b€0|i^vqj dteipccOai) , es schläft also ein
mcr dem reiter. nun, das mag, wenn auch mit Übertreibung, von
abgetriebenen miethgaul gesagt werden können, aber nimmer-
tst das ein edles rosz, bei dem dieser ausdmck anwendbar
vtce, und so etwas hätte wol weder Sokrates gesagt noch Platou
te sagen lassen, mGchten sie auch gar nichts von pferden verstau-^
106 Hühle: zu Platons apologie [c. 18 b. 80*].
den haben, wollte man aber betreffSs des einscblafens einwenden^
ijeipew * wecken' sei hier übertragen gebraucht wie das deatsche
'ermuntern' im sinne von 'antreiben', so wird dies durch den Sprach-
gebrauch nirgends bestätigt, sondern ^T^ipciv heiszt stets nur 'aas
dem schlafe wecken', und die etwa vorkommenden bildlichen an*
Wendungen des Wortes sind ganz anderer art. schon diese Schwie-
rigkeit steht dem gleichnis vom sporn entgegen.
Sehen wir uns aber weiter um — nicht nach zügen die in das
bild passen: deren gibt es auszer dem fftlschlich so gedeuteten
Kpouetv, wovon weiter unten ^ in Wahrheit keine, sondern nach an-
stOszen — so befremdet uns am meisten das unbestimmte pronomen
bei )iüuiiti : t&iiö jiuuiiTÖc Tivoc 'von einem sporn', wanim nicht Won
dem sporn', wie wir uns so eben selbst ausgedrückt haben, and
ebenso Cron in den oben angeführten werten? es handelt sich doch
um einen bestimmten sporn, den des betreffenden reiters, und mflste
also entschieden heiszen (mö toö fiiiuiiroc, wie bei Xenophon it. iim.
8, 5 steht iraicdTUi Ti!p fiijumi. denn dasz Tic bedeuten konnte oX^er-
vter^ der rechte oder der linke sporn*, das wird wol niemand der
etwas griechisch versteht behaupten, abgesehen davon dasz es sach-
lich unpassend wftre. einen ausweg sucht hier Cron darin dasz lic«
wie lat. quidam^ uneigentlichen ausdrücken beigefügt werde, aber
ist das richtig: 'Softes macht der stadt zu sohlten wie einem
rosse, das durch eine art sporn oder gewissermaszen durch einen
sporn ermuntert werden musz'? nein, die ausdrücke rosz und sporn
sind beide ganz eigentlich gemeint; das uneigentliche, der vergleich,
dh. dasz Athen eigentlich kein rosz und Sokrates eigentlich kein
sporn ist, das ist durch die vorgesetzte vergleichungspartikel t&CTTCp
ausgedrückt, die, mathematisch gesprochen, wie ein minuszeichen
vor der parenthese steht ; innerhalb derselben darf dann nicht noch
einmal eins stehen in gestalt von Tic, ebenso wenig bei ^i}uii|i wie
etwa bei Timoc.
Dasz übrigens an diesem vergleiche, wenn Sokrates sporn oder
reiter sein soll, nichts komisches ist (T€XoiÖT€pov eiiteiv), hat schon
Stallbaum geltend gemacht; auch Eoenighoff und Cron haben, wie
es scheint, hierin nichts Ittoherliches entdecken können und versuchen
deshalb andere, einander sehr Ähnliche erkl&rungen, die ich aber nur,
was die Cronsche betrifft, als sprachlich unzulftssig — denn T^Xoioc
heiszt eben 'lächerlich' und nicht 'sonderbar', was doch ein bedeu-
tender unterschied ist — und in der sache bei beiden als geschraubt
ansehen kann.
Ganz anders passt die wie eine entschuldigung eingeschaltete
bemerkung des Sokrates 'wenn es auch komisch klingt' auf das bild
von der bremse, wie sich bei der ausmalung dieses bildes sogleich
ergeben wird, hier sind wir erstens den lüstigioi gedanken an einen
reiter los. unser edles rosz liegt da in behaglicher ruhe, die man
auch etwa trftgheit nennen kann, vielleicht auf einer grasreichen
wiese, wo es sich gütlich gethan hat, und würde jedenfalls gemftch-
Hühle: za PUtons apologie [c. 18 s. 30*]. 107
lieb eJMchlafea, wenn es nicht immer wieder geweckt würde von
maa &ialen hrmnae, die eich bald hier bald da ihm ansetzt, diese
iwaiife heint Sokrates, sie ist von der gottheit dem wenn auch etwas
tr^en, ao doch eigentlich edlen rosse Athen angesetzt (boKCi 6 Geöc
i^ t4 iröXct irpocTcOciK^vai) nnd plagt es nun, npöcKeirai, auf be-
M der gottheit, önö toö OcgO, indem sie den ganzen tag unermfid-
htk sieh aberall hinsetzt, oöb^v itauerai Tf|V fm^pav öXtiv -rravraxou
irpocxa8i2[uiv. ist das nicht ein treffendes und zugleich spaszhaftes
büd, mit unverkennbarer Sokratischer selbstironie gezeichnet? wie
die bremse dem pferde, so setzt sich Sokrates fortwährend dem athe-
sti^sn volke auf den leib, indem er bald hier bald da neben einen
gm ifhlich ausruhenden spaziergfinger sich auf die promenadenbank
liadorlint und ihm mit seinen fragen und ermahnungen zusetzt,
npocKcnm, um ihn aus dem geistigen schlummer zu wecken , was
gewlftnlidi ohne einige stiche nicht abgeht.
Hier ist alles in schönster Ordnung, und während wir bei der
aadani erklimng uns zwang aathnn mttssen den vergleich nicht
aBBsnspinnen, damit er nicht hinke, bietet sich uns hier eine
▼on beziehungsvollen ausdrücken, schon Stallbum hat dar-
«of Ungewiasen, wie gut irpcaccktai, -rrpocreOciK^vai und -rrpocKa-
82civ ZQ dieser auslegnng und zu einander stimmen; ich füge hinza,
irts schon oben impUcite angedeutet ist, dasz auch oöb^v irauOMai
sad «ovTOXOÖ vortrefflich in das bild passen, und diese ausmalung
ccs fleiefaBiasea, die wir in den werten zu finden wissen, sollte si(£
<a Phton haben entgehen lassen, der grosze Stilist , der frühere
achter? ist es doch als wenn er seinen Sokrates eine Aesopische
ühd erzählen liesze: *es war einmal ein edles rosz, dem es zu wol
fAf ; träge lag es da nnd ergab sich dem schlummer; da schickte
Jui die gottheit, die es dauerte (icnbö^€V0c), eine bremse auf den
Mb(teärc|ii|f€). welche es umschwärmte und erweckte, um es seiner
ftlShan bestinunung zurückzugeben.*
Diflse geataltung des bildes scheint manchen erklärem deshalb
«Btgngen zu sein, ja sie scheinen den sporn hauptsächlich deshalb
ber ■ageBommen zu haben, weil sie sich das rosz in bewegung
ivhtea, vidikicht verleitet durch des Suidas erklärung von vuiG^cre-
poc mit PpoMhcpoc, die auch Stallbaum acceptiert. aber vuiOVjc
beini aidit bloss langsam', sondern auch ^träge, der regsamkeit
ud sriineidigkeit ermangelnd', wie es Piaton selbst braucht, und
T9U gleirtfalls im comparativ, Pol. s. 310*, ebenso Aischjlos Prom.
i2, Hflvodotos ni 53 ua. wenn somit nichts entgegen steht uns das
rm rahoid an denken, so fällt auch der gegen die bremse von
K^aighoff' erhobene, von Wohlrab acceptierte einwand weg, dasz
^csas aafwuflnftige thier ohne unterschied das träge wie das mun-
)«« t9m lagveife. was aber bei der andern anffassung ein sprach-
war, das unbestimmte pronomen, das erklärt sich hier
uagetwimgen: ^dun|i Tic heiszt eine art bremse, so etwas wie
dh. es braucht nicht gerade dieses thier zu sein, welches
108 Hühle: eu Flatons apologie [c. 18 8. 30®].
^uu)i|i genannt wird, sondern ebenso gut kann es auch eine fliege
oder mücke, irgend ein fliegendes und stechendes insect sein.
Diese letztere erkenntnis führt uns noch auf ein anderes, schon
von Nathanael Forster* angedeutetes moment, welches für unsere
deutnng von gröster Wichtigkeit ist : das ganz ähnliche bild welcheä
gleich nachher folgt in den werten AcTtcp ol vucräZovTCC i^^xpi-
^evot. Sokrates sagt nemlich : *ihr könnt gar leicht einmal im ärger,
wie leute die beim einnicken geweckt werden, zuschlagen und mich
töten, und hernach würdet ihr euer weiteres leben hindurch fort-
schlafen , wenn euch nicht gott einen andern wecker schickte/ hier
beruht das richtige Verständnis auf der deutung des wertes Kpou€iv,
über welches Elberling in seiner ausgäbe, gesttttzt auf eine natür-
lich falsche ableitung desselben im £tym. m., eine unglaublich ver-
kehrte bemerkung macht, weil nemlich xpoOeiv von K^pac herkom-
men soll, werde es eigentlich von thieren gebraucht, die mit den
hörnern stoszen, und deshalb wende es hier Piaton an bei dem
vergleiche der stadt mit einem pferde: das pferd wird also zu den
homträgem gerechnet! nicht so unsinnig, aber doch auch f&l^cb,
versteht Stallbaum das wort vom schlagen mit den hufen ebenfalls
mit beziehung auf jenen vergleich, aber man darf sich das erste blM
gar nicht in dieser weise fortgesetzt denken , vielmehr wäre es ein
stilistischer fehler, wenn der schriftsteiler, welcher so eben in unserer
Phantasie die Vorstellung von einnickenden menschen erregt hat, »o^
gleich mit dem nächsten worte wieder aus dem gleicbnis heraus-
fiele und mit einem nur in das vorher gebrauchte bild passenden
ausdruck auf dieses zurückgriffe. nein, Kpou€tv musz von den ein-
nickenden selbst ganz eigentlich gemeint sein , es heiszt hier *aix\
der band zuschlagen', und zwar nach dem durch eine berOhrung in
einschlafen störenden dinge, was kann aber das sein? jedenfalls
ein wesen, das durch den schlag getötet wird, wenn anders dnoicTei^
vaiTC im bilde bleiben soll , also jedenfalls so etwas wie eine fliegt
oder mücke , die sich dem einschlafenden auf die stim gesetzt bat
So haben wir ein zweites gleichnis, welches dem ersten gani
ähnlich ist, aber die handlung um einen schritt weiter fahrt bStt^
Piaton bei dem ersten bilde bleiben wollen , so wäre die oben angd
fangene Aesopische fabel etwa folgendermaszen weiter gegangen!
'das rosz aber wollte es nicht leiden und schlug die bremse tot, un<
so brachte es sein weiteres leben in schläfrigem müsziggange hü
und entartete.' aber anstatt so fortzufahren, substittnert Platoj
mit meisterhafter kunst dem ersten gleichnis ein anderes, dem ve^
glichenen näher stehendes, und wie er zu anfang, nach Stallbaad{
feiner bemerkung, in dem leser ganz allmählich das beabsichtigt
bild hatte entstehen lassen, so leitet er ihn mit dem fibergange voj
dem thier auf menschen und mit dem für bild und wirklichk«
* dieser sagt in der anmerkung eu unserer stelle: 'Ficinus et Se
ranua locam hunc de equitis calcaribua, perpernm, uti ex aequenl
bna videtar, accipiunt.'
Hfiaydnek: emendationes Aristoteleae. 109
gieidi riditigeii worte diroiCT€iV€iv laogsam wieder aas dem bereiche
dn bildlichen in die Wirklichkeit hinüber.
Ich habe nnr noch hinrafügen daez die worte vird toO GcoO bei
GBKnr erUlrong ganz wol echt sein können, denn wenn man sie,
wie wir oben gethan and wie sprachlich wol nnanfechtbar ist, ttber-
Mtit 'aaf befehl der gottheit', so liegt darin nichts was , wie Stall-
benin behaaptet, die eleganz des bildes störte ; dasz sie aber aus dem
gnmde hier mflsziff seien, weil erst nachher Sokrates sage dasz er
TOD der goitheit der stadt als erwecker gegeben sei, ist darnm nicht
latreifend, weil Sokrates schon vorher sich als ein geschenk der
gottheit an die stadt bezeichnet hat. insofern darauf hier aurückge-
«iesoi wird, scheint mir dieser zusatz sogar recht passend und der
f^üe dCT Platonischen redeweise ganz angemessen.
Deudbü. Hbinriob ühle.
20.
EMENDATIONES ABISTOTELEAE.
De part. aaim. m 2 p. 662^ 35 rwv bk bixaXiIrv T& \xkv 1T0XX&
dpcrrat l%€i itpöc äXKVjv, xal ti&v fiuivuxuiv ^vm, rä bi ko) irpöc
MiOeiav. &01C hl fif| b^bunc€V f| cpiicic dXXnv dXKiP|v irpöc cuirn-
(MV, o(ov TOxurflTa cui^otoc, KaOärrep toic TTnrotc ßeßotiOfiKCV, i^
uCTctec, ibcircp toic komViXoic . . tq bi X^^^^^^^^i i&cncp xal
T3 vm ödrv T^voc, bixoXöv. öcoic b' äxP^^TOc ir^cpvKcv fi tuiv
icpöTuiv tiEoxn« TOUTOic TTpocT^d€ix€v dräpov ßofiOctav f| (puctc.
j hoc ormftioBis contextu nihil inedt quo verba öcoic bi ^f| p. 663 * 1
fcfiiai referrL quam ob rem ed. Parisina commate post \xf\ posito
•ft vorba iU snppleri vult 6coic bk }xi\ K^porra b^bufK€ wpöc äXic/jv,
U'bottv f| <puctc eqs.; qnod licet ad sententiam accommodatum sit,
<ntio tarnen Tidetnr dnrior esse, quia y. b^buJKC, quod simul cum
&01C b^ }ii\ andire inbemur, ex iis quae seqnuntnr arcessendum est.
rmterea Aristoteles si haec scripsisset, ea quaeinfira *8 sqq. dispu-
"'A ptopier sententiae similitudinem artiore orationis vinculo (ut ▼.
oooiaic Tel dtcouTiiic addito) cum superioribus coniunzissct. itaque
pneitat psurticnla bt^l deleta 6coic fi^ b^buiK€V eqs. cum iis quae
•ctceedvai eoneetere, nt disputatio ad hunc modum procedat : plera-
.'X bisnloi et noimnlla solidipedum praesidii causa comua habent, ea
'iddieet qnibns natura nuUum aliud ad salutem tuendun praesidiom
Teinti eeleritatem aut magnitudinem corporis aut broochos
; qoibos autem {bk respondet partioulae \xkv ^35) comua ad
nihfl prosnnt, his natura aliud adiumentum addidit verba
*a b( Kol wpöc ßo^tov *1 dubito num Aristotelis sint: nam cum
''•llqoa omnis disputatio ßoT)6€(ac et dXKf)c notionibus, quamquam
- a pari sunt ambitu, sed haec in illa continetur (cf. 685 ^11. 686
'^'«promiscue tarnen utatur, eaedem hoc loco prorsus disiunguntur.
110 MHajduck: emendationes AriBtoteleae.
sed tarnen pro oerto iUud negare non audeo, nam in iia quae antece-
dunt 662 ^27pote8t sane Ulis verbis ea vis anbiei, nt ßoifjOeia de-
fensionem*, äXici) impetum signifieet: qnamqaam reotius fortasse
indicabimos ▼. dXicf)c additom esse ad ßoT]6€{ac notionem accoratins
definiendam.
De pari. anim. in 4 p. 666 ^21 KOiXIac b' fxouciv a\ iikv tujv
^€t6Xuiv £(j)uiv (sc. Kapb(ac) Tpeic, a\ bk tujv dXaccövuiv buo, ^iov
hi irficoi' bi' iiv b' alTiav, clpirrai. bei t&p clvai TÖirov nva tfic
xapbiac xai öiroboxr|v toO trptliTou affiaroc. StT hk irpurrov dv nj
Kapbiqi tivcTai tö al^o, iroXXdKic elptiKo^icv', biärö t&c dpxilTOvc
opX^ßac bOo elvai, tViv tc ^etdXiiv koXou^^vtiv xat Tf|v dopTr|v.
CKQT^pac Tctp oficiic äpx^lc Tu»v (pXeßdiv, xal biaq>opdc ^xoucuiv,
irepl div CcTcpov ^poö^ev, ß^Xriov xal töc äpxdc aÖTuiv Kcxuipi-
c6ar toOto b* &v elf] biq>uoOc 6vtoc tou af^orroc xal iccxuiptcfjic-
vou. biönep iv olc ^vb^x^^at bu* eldv öiroboxai. verba bei yop . .
elvai . . €lpf)Ka^€V declarant, quam ob rem nnum cordis Tentricalum
esse oporieat; quae autem sequuntur bi& TÖ . . i^oboxai causam
afferunt , cur natm*a iis animalibus , quorum magnitudo corporis ad
eam i'em sufficiat, duplicem cordis ventriculumdederit: ex quo appa-
ret eum conteztum verborum, qui ^25 occurrit, ferri nullo modo
posse. itaqae ed. Parisina bei . • elpyjica^ev tamquam parenthesin
uncis indudit et quae sequuntur ad superiora ?erba bi' f)v b* alriav
elpfirai reyocat. at ut orationis formam omittam, quae sane mira
est, nescio omnino, quo modo haec verba, in quibus prima pars dii»pa*
tationis propositae continetur et quae cnm superioribns artissime co-
haerent (nam verba bi* iiv b' alriav supplenda sunt ^(av ndcai
£XOUCiv), parenthesis loco possint haberi. Codices cnm praeter nnum
omnes ^25 bid bi tö habeant (quAn scripturam Theodorus Gaza in
latina versione retinet, editores autem quod soiam onmes spreverunt),
verba ad hunc modum legenda esse conioias: ^23 bei T^ • • aTfia-
Toc* 5ti bi • . elp^Ka^ev. bid bi tö . . dopnfiv, ^KOT^pac oCcnc
dpx^c • . xexuipicÖai, h. e. unum oerte cordis ventriculum esse opor-
tet, qnia primus sangnis receptaculo quodam eget, sed propterea^
quod duae principales venae sunt, melins est, cum atraque sit dpx^
Tuiv q>Xeßttiv atqne ipsae inter se differant, etiam initia eanun (in
oorde) discreta esse eqs. quamquam verbis ita conionctis durior fit
oratio, neque infitior alia quoque raüone satis probabili huic loco
sabveniri posse, si ^25 legas böo bk (sc. KOtXiac €xouciv aX £xoucai)
bid TÖ . . bÜG elvat, quae facile in enm quem videmns modum cor-
mmpi poteraut
De part. anim. III 14 p. 674 *24: ostenditur ventrionlos diver-
sorum generum neo magnitudine nee forma inter se similes esse:
> ef. III 1 p. 661 ^ 5, abi tarnen ßo/|6€ia dXKf|c ooUoni non opposita,
sed siibiecta est. ' sapra in eodem capite, abi etiam ratiooee affert,
qnare nee cerebram nee ieenr pro principio venaram habendam sit. lic*
iecoro quae dieantnr 666 * 80 cam plerisqae libris sio legenda sant: Ixi
bi Tcivei öl* aÖToO «pX^H'» ^ ^Kcivou ö' oöbcfiia.
MHajdnok: emendatioaes Aristoteleae. 111
dU' Sca lUy Icny ain&y dm>((iöovTa ti&v £vat^uiv kqü tiHv Zipo-
rdninf, fiiov ^x^i KoiXiav, olov ävGpujTroc xal kuuiv xai X^uuv xat
ToUa 6ca iroXuöäicTuXa, Ka\ öca ^uivuxo, olov Ymroc öpcuc dvoc,
m 5ca bixaXa ^iv äfJiq>uiöovTO bij olov Cc, irXi^v kt n biä ji^T^Soc
Toö ob\ianoc koX Tf|v ttic Tpoqiflc buva)Liiv, oOcov ouk eöireTrrov
dU' dxavMbbf) xai SuXucrjv« ix^i nXetouc, olov Kd^T)Xoc, Acircp
od rä x€paT09Öpa ra t^p K€paT09Öpa oök £ctiv dpcpübbovra *
Uä Tovro bi Kcu f| KdfinXoc ou jujy ä^q>uibövTUiv ^CTiv, dx^paTOC
oixa . . • camelus igitur od tujv djüupuibövTUiv icTiv, idem tarnen
sapenoribiifl verbis inter bixcxXd ^^v ä|iq>iibb0VTa bi refertur. qoae
Tcrborom repagnantia qao modo tollenda alt, exitus haias disputa-
üonis dooet, ex quo intellegitur Aristotelem bixcxXä }iky dx^para b^
leripaiaae. nnum, inquiti ventriciiliun habent ex animalibus sanguine
pnaditia et viviparia quae ntrimqae dentata sunt, nt bomo et canü
ei Ico et reliqoa miütifida et fiolidongnla omnia et bisulca quae
conibos carenti nt ans, nisi tale aliqnod anünal propter magnitadi-
aem eorporia et cibi natnram plnres ventrioulos habet, nt camelns,
481 hac parte oorporia et propterea (cf. * 33 aqq.) etiam dentinm
aatnn eomigeria aimilia eät
De aniin. gen. Y 7 p. 786 ^28 Ariatotelea qnaerit qnae graviS
Toda et acotae natura ait, et qnibuar ex cauaia haec diversitaa ait re-
pcieada. ac primum illnd, inquit, conatatgrave in tarditate, acntom
a eeleriiata motna conaiatere, aed hniua tarditatia et celeritatia caasa
Ktnna in eo qnod movet, an in eo qnod movetnr poaita ait, dubitari
potait (Terbis ipaia apodoaia deeat, qnod orationia yitium neacio
Amiotelia an librariomm cnlpae tribuam; fortaaae particnla b^ ^27
ddenda est), annt enim qni motna illam diveraitatem ad nnum id
^Bod aoTetor revooent et, ai id (ac. aer ad arteriam alliana) mnltum
u^ gia? em, ai exignnm, acntam vooem effici putent. qnod recte qui-
ieo aliqoatenna, non recte in nniveranm dicnnt. ^^31 ti|i ^iv tdp
Tivci dpMic fonce X^y^cOai tö ßapO dv ^€T^6€i tiv\ cTvai toö kivou-
U}ftnt» ci tdp toOto, ical iiiicpöv ical ßapu q>6^TEac6at ou ^(jibiov,
Ofioittic hk oiÄl ßapu koI d£u. at vero, inqnit p. 787 * 2, gravia vox
äüert a magna itemque acuta ab exili. magnitudo antem et exilitaa
loctt aiBe dubio irXi)6€i ica\ dXiTÖnrn toC kivou^^vou continetur.
podfri Ali graYe et acntnm eodem referunt, eo adducnntnr nt, quae
{ATcm Toeem faabeant, eadem ^€X€iXö<puiva, quae acutam, eadem
-vpöqpufva eaae contendant: quod manifeato faiaum eat verba ei tdp
• dEu Thaodoma Oaza aic vertit: *nam ai hoc ita eaaet, parvam
«ühlmqae gimvem emittere vocem non ÜMÜle liceret, nee magnani
«t aiBdem aentam'; qnaai haec illi quam aupra vidimua opinioni
^PpoMventor. at refutandi initium fit p. 787 * 2 : quae antecedunt
*M ^31 aqq. in eadem opinione aliquid veri ineaae comprobant.
^Mtm ob rem iUa Terba in hanc aententiam accipienda eaae arbitror :
inu% recte diätnr grave dv ^€T^6€i nvl toO Kivou)i^vou conaiatere,)
>tt ii hoc ita ae habet, illud quoqne par eat (quod nana docet) non
SkIW qnanqnam paryam (ac. pro aua natura) eandemque. gravem
112 MHaydück: emendationes Aristoteleae.
aut magnam et eandem acutam vocem mittere. quamqaam oratio-
nem admodum obscuram et dissolntam esse non infitior. recte autem
Theodorus Gaza pro v. ßapu supposuit ^magnam YOcem% quod res
ipsa tarn necessario postulat, ut vel invitis omnibus libris ixifa Kai
öEu legendum sit.
De caelo III 8 p. 307 ^5 Aristoteles ostendit errare eos, qui
elementorum diversitatem omnem formaram differentiis contmen do-
ceant. atque ignis naturam falso ad globi aut pyramidis formam re-
vocari mnltis fdiis rationibus allatis sie demonstrat: npöc bk TOUTOic,
ine\ TÖ 0ep)iöv kuI tö ipuxpöv dvavxia xij buvdjici. ibövaiov ino-
boOvai Tip M'uxpqi cxn^ci xi* bö fäp ivavtiov civai t6 ditobibö-
)i£yov, oöO^v b' dvavTtov dcrl cxriMari. si calidum in certa quadam
forma consistit, frigidi eadem ratio erit; quoniam autem frigidum
calido contrarium est, formam contrariam ei tribui oportet, id qnod
fieri non potest, quia nulla forma formae contraria est. hoc sine
dubio dicere vult, non illud quod in editionibus legimus, formae
nihil contrarium esse; quoniam tota argumentatio eo perÜnet, ut
frigidi nullam formam cogitari posse demonstretur. ex qno appa-
ret ^8 legendum esse ouO^v b' EvavTiov icj\ cxflfia cxAiiOLXU
De audib. p. 804 * 21. arguta yox hoc habet, ut tenuis eademqae
alienorum sonorum admixtione libera sit : nam propria eiua vis ölv-
TiiTi, XcTTTÖTiiTi, &Kpi߀{(;i continetur: »28 bid Kttl täv öpT^vuiv id
Xcirrd Ka\ cuvrova xal iii\ ^xovra K^pac tqc q>uiväc Ix^i XiTupvu-
T^pac • 6 TÄp dnd xifiv töb&rujv fjxoc, kqi 8Xu)C ötav dirö nvoc v
TvöjLievoc TTapaKoXouOiJ, cuv^x^i "rtiv dKpißetav t^v täv qxOÖTTU'V.
non continetur dKpißeta alienis sonis, sed conturbatur vel confnndi-
tur. itaque praestat pro vocabulo cuv^x^i legere cufxci. infra '^ll
exponitur abrumpi vocem, cum iam nequeamus a6ra cum percussione
emittere, sed pulmones nimis distenti languescant: <&CTr€p tdp KOt
Td ck^Xt) (sie recte Wallis) Kai Touc Jj)iouc dKXuccOat cu)Lißaiv£i tö
TcXeuTaiov cuvtövujc, omwc xal töv ircpi töv Ttvcu/iova töitov.
dubito num apte dicatur iKXOecGm cuvtövu)c; veri similius est
scriptum fuisse cuVTÖ)iuic certe enim abrumpitur tox, cum pulmo-
nes diu distenti ad extremum celeriter et subito debilitantur.
Metaph. IX 3 p. 1047 *20 Aristoteles docet falso negare Mega-
ricos potentiam ab actu seiungendam esse ; quam disputationem his
yerbis concludit: üjct' dvb^x^'^oi buvaTÖv ^iv Ti elvai )if| elvoi b^,
Ka\ buvaTÖv fifi elvai cTvoi bi, öfioiujc bk xat inX vSiv dXXuiv kotii*
TopiOuv buvaröv ßabiCciv &v ]if) ßabiZeiv, xal füif| ßabiZov biivaröv
cTvai ßabiJIetv. extrema verba Kai ^r\ . . ßabiZciv non dubito quin
corrupta sint. ut enim supra non solum oppositis sed contrariis ora-
tionis membris dicitur posse aliquid esse, quod non sit, itemqae,|
quod sit, posse non esse : eadem ratione hie priori membro buvüTÖv
ßabi2[€iv öv ^f| ßabiZetv necessario opponendum est Kai ßabUlov bu^
vaTÖv eTvai ^f| ßabiZeiv : idque Aristoteles sine dubio scripsit.
Mabienburoi. Michabl Hatducr.
FTStqjeDim: atiz. v, CBoysen de Harpocrationis lexici fontibna. 113
21.
M BABPOCRATIOKI6 LEXICI F0NTIBU8 QUAE8TIONE8 SELECTAE. ACCE-
DUKT FRAOmSHTA liEZICORÜM RHBTORICORUK EX CODD. COISL.
V. 347 BT PARIS. M. 2636 NUNO PRIMÜH EXOERPTA. DIS8ERTATI0
QUAM AD 8ÜMM08 IN PHIIi080PHIA HONORES . . IMPETRANDOS
SCEIP8IT 0AR0LÜ8 BOYSEN MAR0HIOU8 WITT8T0CHIEN8IS.
Kfliae in aedibus C. F. Haeseleri. ex officina C. F. Mohr (P. Peters).
1876. 106 8. gr. 4.
bedenkliched yorurteil erweckt es in dem kser, wenn er
etva beim yorlftofigen durcfablttttem den vf. einer die quellen Har-
pobations behandelnden schrift am ende erklären eieht, die quellen
&M6 •ehriftatellers wtbrden sich mit aassieht auf guten erfolg erst
4a nafindig maehen lassen, wenn savor die quellen der rhetori-
«dien Partien des Suidas, Photios, Btym. m., Enstathios, Hesjebios^
Pollox und Atiienaios nachgewiesen wftren. doch dürfte ein blick
al die ar^t selbst zunidist wol geeignet sein dieses rororteil zu
beseitigen, denn so richtig auch jene ftusserung jedem kenner der
Inikographischen litteratur der Griechen erscheinen musz, so liegt
doch einerseits die sache bei jedem der genannten Schriftsteller ähn-
lich, und es musz daher, soll man überhaupt zu einem ende kommen,
«ol oder Abel irgendwo der anfang gemacht werden; anderseits aber
ttigt es sich , diasz der Tf. einen groszen teil jener untersachungen
mnfthren selbst unternommen hat. einzelne Paragraphen, ja ganze
ofit/A handeln Aber die quellen und das gegenseitige yerhftltnis eini-
RT der Bekkerschen ledlo, des Suidas, £tym. m. usw. man staunt ge-
nden, wenn man die fGQle dee behandelten Stoffes flberblickt. und in
der that hat nch der vf. nicht auf das notwendige beechiftnkt, sondern
acb oft genng von einer Untersuchung zu anderen hinreiszen lassen,
die Mmem tbema fernlagen , denen er aber trotzdem die gröste aus-
f^Midikoit angedeihen liess. so lesen wir, um nur das auffallendste
nuofUven, mit einiger beiremdung am anfang des 4n capitels, dasz
die im ganzen Torhergehenden capitel (also einem schon recht um-
^ugreicken teile einer fiberhaupt sechs capitel umfassenden schrift)
^■ehsadelien fragen sieh bezogen *ad glossas ab Horpocrationeis di-
^^rnssiniaa'« nun wird zwar niemand jemandem einen ernsten vor-
*nf daraiOB machen wollen, wenn seine arbeit mehr darbietet als
^ titel erwarten Iftszt. in unsenn falle liegt aber die sache doch
ndeci, wie jeder best&tigen wird, der das auszerordentlich zeit-
'»hcnde gerade derartiger Untersuchungen, wie sie Boysen uns vor-
•<P, könnt, denn wenn man in dem vorliegenden buche, einer in*
^c^vialdisaertation, eine menge der schwersten und verwickeltsten
^^ bdianddt sidit, deren befriedigende lösung kein einsichtiger
*?s äner krsft, wenigstens nicht auf 6inmal, erwarten kann, wird
^^ sieh besorgt fragen, ob diese allzu weite ausdehnung des arbeits-
^idcs nicht der durcharbeitung des einzelnen habe eintrag thun
und die durchsieht der arbeit ist nicht dazu angethan diese
Ar ctaM. phU«I. 1879 hA. S. 8
114 FrStojentin: anz. v. CBoysen de Harpocrationis lexici fontibns.
besorgnis als unberechtigt zu erweisen, die arbeit erscheint als eine
merkwürdige mischung zeitraubendster Sorgfalt und tumultuarischen»
sich überstürzenden yerfahrens. die höchst schätzbare tugend danach
zu streben, möglichst des ganzen materials habhaft zu werden, ist
Boysen in hohem grade eigen, es ist ihm kaum eine besprechung
des von ihm gerade behandelten gegenständes durch neuere, kaum
selbst eine entlegnere stelle der alten entgangen, aber was nützt
diese tugend bei dem nur zu oft hervortretenden bestreben neue oder
von einer minderheit geteilte gesichtepuncte zur geltung zu bringen,
wenn die in diesem falle viel notwendigere tugend fast ganz ver-
miszt wird , die hinterlassenschaft des altertums selbst mit scharfem
aber ruhigem blicke zu betrachten, durch keinen momentanen reiz
beirrt? von der Wahrheit des gesagten wird man sich weiter unten
bei der besprechung des einzelnen oft genug überzeugen können,
hier mögen nur einige beispiele des vom vf. beliebten Verfahrens
ihren platz finden, s. 3 findet er, dasz Harpokration die erklfirung
von 'A&pdcT€ia dem von Strabon citierten Eallisthenes verdanke;
der letztere aber spricht, wie der Zusammenhang der Strabonstelle
zeigt, von der landschaft (oder stadt) dieses namens, Harpokra-
tion von der göttin. s. 23 werden die glossen äjiqiiopKia des vier-
ten Bekkerschen lezikon und des 8uidas ihrer ähnlichkeit wegen auf
6ine quelle zurückgeführt; aber gerade in der erklftmng dieses wer- j
tes finden wir die grammatiker in zwei lager geteilt, von denen das I
Bekk. lex. dem einen, 8uida8 dem andern angehört.' umgekehrt i
findet B. auf derselben seite wenig fthnlichkeit zwischen den glossen '
dXdcTuip : h Tä M€TdXa dbiKrj^aTa iroiujv. xai äXiri^pioc 6 iroXXd
^biKiiKuic xal KoXdZecSai ä£toc, und dXdcTujp: ö ^erdXa tctoX^h- :
KUic äbiKf))iaTa, ibv ouk &v dmXdOoiTÖ nc, dXdcruip KaXcTrat. dXi- 1
Tripioc : ö TToXXd i^biiaiKuic Kai 8v KoXdZciv Trpocf)K€ ircpl i&v iif^ |
^apT6V. s. 30 gründet er auf die ähnlichkeit zwischen einem frag-
mente des Telephos über uirui^ocfa und der entsprechenden stelle
des PoUuz (Vin 56) die Vermutung, dasz Telephos die quelle des
Pollux in seiner darstellung der gerichtlichen altertümer sei. dabei
sprechen aber Telephos und Pollux von zwei verschiedenen hypo-
mosien, die mit einander nichts weiter als den namen ge>
mein haben: Telephos von dem gerichtlichen fristgesuch, Pollux
von dem mit der TP<l<P^ iropavö^uiv verbundenen eide. s. 63 heiszt
es in betreff der das wort ßuccauxTIv erklärenden glossen des Heey-
chios, Ailios Dionysios und Pausanias: *si accuratius inter se con>
tenderis, quid aliud aequitur nisi ut Hesjchii glossa ex Pauaaniae
et Dionysii glossis sit compilata?' hätte Boysen selbst 'accuratius*
verglichen, so hätte sich auch ihm ergeben müssen, dasz Hesyckio^
nur mit Pausanias übereinstimmt, während Dionysios eine von beiden
völlig abweichende erklärung gibt, und auch dergleichen wird sie i.
^ nach Saidas and Hesychios amfaezt dfiq>iopK(a nur die eide der
beiden streitenden parteien, nach dem lYn nnd Vn Bekk. lex. sowiei
nach Pollax aaaser diesen auch noch den eid der richter.
FrSfeqieBim: ans. t. CBoysen de HarpocrationiB lezici fontibus. 115
der keer wol znr wamung dienen lassen, wenn er zb. s. 37 die in
den wortan *eqnidem Harpocratdonis epiiome fere tota cum Photii
Smdaaqoe lexicis acoaratissime collata mihi persoasi' usw.
liegciide Teraichenmg wenige Zeilen spftter so illustriert sieht, wie
es durch die eben dieser yergleichung entstammende angäbe über
die gloase ZcCEiC geschieht.' auch der umstand dürfte in den
4age& der meisten leser dem buche wenig zum Torteil gereichen,
dan der H» unter den beiden auf diesem gebiete hauptsftchlich in
frige kommenden autorititen Moriz Schmidt und Naber sich gerade
den entern nun Wegweiser erwfthlt hat. Schmidts hjpothesen wer-
doi bald ohne weiteres angenommen, bald noch weiter fortgeführt,
beld, aber in der regel nur bei nebendingen, modifieiert von einer
«oigfkltigen naehprOfung, die doch bei so vielbestrittenen annahiqen
BBfrUsiliA gewesen wttie, ist wenig zu merken, immer und immer
wieder stosien wir auf jene fibereüte art der Untersuchung, die auch
sdaem TOibild Öfter als gut eigen ist. von einer Vermutung, die
mia sb bloesen versuch einer lOsung gern hinnehmen möchte, wird
lebr oft im weitem verlauf als einer strict bewiesenen thatsache ge-
qffoehen, und weitere hypothesen werden darauf gebaut, mit meiner
obigen ftuazerung will ich indessen Nabers prolegomena zu Photios
lieht als oniunsttezliche norm hingestellt haben, vielmehr sind auch
bei ihm die nachteiligen folgen nicht ausgeblieben, die eine allzu
vdie aoadehnung des arbeitsfeldes mit sich zu bringen pflegt, und
» ist ein unbestreitbares verdienst Boysens hier offisnbare mängel,
dort oBgenllgende begrttndung aufgedeckt zu haben, ja wenn er
Sieh Bor hiermit begnflgt hätte ! aber statt dessen schüttet er das
bid mit dem bade aus, und wenn ihm etwas in den Naberschen
Miihmen nicht zu stimmen scheint, stellt er flugs die entgegen-
gewtete ansieht auf; mit welchem rechte, werden wir bei der durch-
mitenmg des einzelnen sehen , zu der wir uns jetzt wenden.
Die ganze schrift zerfUlt in sechs capitel, deren erstes zusam-
acttteDt and beurteilt *quae usque ad nostram aetatem critici de
Harpoeratione eiusque lexico docuerint'. auf einen einleitenden
pMigr^ihen Ober die handschriftliche Überlieferung des lexikon
^olgn 25 verbesserungsvorschlSge, von denen jedoch nur sechs als
iidior oder wahrscheinlich zu bezeichnen sind: 1 u. äTV€U€T€: *AvTi-
9ttnf tyv^ff ix Kornroptac dirapacrj^ou für das fehlerhafte 'Avn-
^ (v Ti{» ß'; 2 u. dvairobiZö^eva : dvTl toC iEcToZöficva fj dvTl
70U dvuißcv rd aörd itoXXdxic Xctö^cva t\ irparrö^cva transponiert
dffTl avtuOcv vor ££€T(£6m€Vo; 4u. dTriXXciv: Audac iy rCji xard
dcofiv^ou für £v tQ; 9 im lemma Ik iTpocorrurrf)c ftlr £k irpoorru)-
T^c; 10 u. "CpiAOC wild mit Bekker xal iroTo^öv hinter -rroTa^ÜJV
cagseehoben; 23 u. ixbeSd^evoc im citat aus Demosthenes nach den
' mach BojTsen sollen hier die epitome Harpokrations, Soidas and
^Wliae di« eomiptel 'Api€T0T^Xf|C statt dptCTOC bieten, während in wahr-
^^ dies nnr Snidas nnd Photios thnn, die epitome dagegen das rieh*
^e dpicTOC hat.
8^
116 FyStojentm: anz. y. CBoysen de HarpocrationiB lexici fontibuB.
hs8. des Dem. und der epitome ^Kb^x^cOai n t&v diceivaic. die
übrigen erscheinen als unnötig, unsichar oder geradezu fakch.' die
jetzt folgende Untersuchung über Harpokrations peraon und Zeit-
alter würde man gern methodischer statt an den anfang an das ende
der Bchrift gesetzt sehen, da äuszere anhaltspuncte für die datierung
eigentlich gar nicht vorhanden sind, und ich würde auch geglaubt
haben, dasz der vf. dieselbe absichtlich hierher vorlegt habe , in der
richtigen erkenntnis nemlich, dasz aus seinem endrasultate fiir die
zeit Harpokrations nichts folge* dasz ich mich aber geteuscht hätte^
zeigt s. 81, wo ihm die vermeintliche benutzung der beiden Attikisten
Pausanias und Dionjsios durch Harpokr, als eine best&tigung seiner
ansetzung erschttnt. könnte aber nicht jemand aus demselben gründe
unfl mit demselben rechte auch Photios und £ustathio8> die notori>
sehen benutzer jener Attikisten, ins zweite jh. nach Gh. setzen wollen ?
in der Untersuchung selbst, so eingehend, zuweilen sogar breit die-
selbe auch geführt wird, kommt der vf., wie man freilieh bei dem
gänzlichen mangel fester stützpuncte nicht anders erwarten kann,
zu keinem andern resultat als schon Maussac, dasz nemlich Harpokr.
wahrscheinlich im zweiten jh. nach Gh. gelebt habe und möglicher-
weise der lehrer des kaisers Yerus gewesen sei. und selbst dies re-
sultat musz noch als ftuszerst unsicher gelten, um so mehr als manche
folgerungen durchaus verunglückt sind, so die aus dem Wortschätze
des lexikographen gezogene , dasz er ein Zeitgenosse des Athenaios
gewesen sein müsse, denn erstens, wenn die spräche Harpokrations
besonders der in den lexicalischen partien des Athenaios fthnelt , so
hat ja der vf. selbst s. 5 richtig angenommen, dasz beide hier aus
derselben quelle (und zwar in der regel wörtlich) geschöpft haben,
und zweitens vermissen wir sehr eine angäbe darüber, ob die beiden
grammatikem gemeinsamen Wendungen sich denn bei andern gar
nicht finden, eine durchmusterung der bisher über Harpokrations
quellen geäuszerten Vermutungen, denen er wol mit recht seine Zu-
stimmung versagt, führt ihn dann auf das lexikon des Caecilius, dem
das ganze zweite capitel gewidmet ist.
Um nemlich die meinung derer zu widerlegen, welche in dem
eben erwähnten lexikon die hauptquelle Harpokrations sahen, ge->
nflgen ihm die direct unter Gaecilius namen überlieferten fragmente
' unnötig sind offenbar neben manchen andern die übrigen ver-
besserangen, bei denen citierte rednerstellen nach nnsem texten ver-
bessert werden, da hier nichts einen anhält fltr die aanahi^e bietet,
Harpokration habe etwas anderes geschrieben als wir jetzt bei ihm
lesen, nnd da es ja genugsam feststeht, dasz die citate der grammatiker
keineswegs immer mit den in den hss. der betreffenden antoren vor-
liegenden fassungen fibereinstimmen, sogar saweilen sehr erheblich ab-
weichen, jedenfalls nicht das richtige ist sb. getroffen o. CGiveXoc, wo
Boysen ^Kiufiiiiöci bk. adröv TTXdTWv ö toOc Adxuivac TpdM^ac statt ^kui-
Mibbci 6^ aÖTÖv 6 toOc TTXdTwvoc AdKUivac tpdMKXC vorschlägt, soll dies
nnn eine, freilich gar sn nnge wohnliche und dorch nichts gerechtfertigte
hezeichnung des komikers zar Unterscheidung von dem philosophen sein
oder soll es fUr TTXdTU^v iv AdKvuciv stehen.
FrStojeDtiii: ans. t. CBoyBen de Harpocratioms lexici fontibus. 117
sieht, Boadeni er snekt deren noch mehr zu ermitteln, nnn hatte
MSckmidt in seiner reoemiott des Bemhardjsohen Suidas in diesen
Jahrb. 1855 ■. 779 ff. die bemerknng gemacht, dasz sich in mehreren
boehstAben des Yn Bekk. lex. von einander nnabhttngige glossen-
gnppen ausobeiden lassen, deren eine (in der regel) sidi nur bei
Sodsi wiederfindet und mit diesem auffallend übereinstimmt, ins-
bttosdere hatte er im bnchstaben A eine glossengruppe wahrgenom-
m«B, die sich aoszer jenen merkmalen noch durch häufige verwei-
sag sof den Sprachgebrauch der redner von den übrigen partien die-
m bochstsben unterscheidet« hieraus auf eine gemeinsame quelle
sdüitnand suchte er nun auch in den meisten übrigen buchstaben
mit gztoersr oder geringerer bestimmtheit glossengmppen der oben
bctachoetca art aussusdieiden» so sehr man ihm indes im anfang
sdaer untersochung beistimmen musz, so wenig wird man es im
wcitsin yerlanf derselben können, wo sein verfahren immer Willkür-
Ückr wird und er schlieszlich fast alle (auch vereinzelte) glossen des
Bekk« lex« jener Einern quelle zuweist, in denen er besondere tthn-
licbkdt mit Suidas und dieselbe terminologie wie in der gruppe aus
A vahRBuehmen glaubt. Schmidt krönt sein werk mit dem beweise,
<htt jene queUe das lezikon des Caecilius sei. das sdüüpfrige dieser
bewstdUmmg hat Boysen gar nicht erkannt, vielmehr gilt ihm alles
Too leiaem vorgftnger aufgestellte als sicher, nur die fiir den Caed-
iaiiichen ttrqnmng der glossen vorgebrachten argumente hält er für
tiiflUig mit amwiahme eines einsigen, dieses einzige aber erscheint
in dtito onnskstösilicher. es ist die identität der glosse q>äcic mit
«a«B icagment des Caecilius. das letztere steht im lex. Cant. u.
^poßoXii: KavciXioc hl 9äav q»r)cW ctvai f)v kot& twv t& bvmöcta
»ictbUmi öiropurrövtuiv diroq>^pouci wod koOöXou xarä tüjv tq
«onri rilcirrdvtuiv' koXcicOoi bk oörui ical x&c i^mopiKiäc Mtiviiccic.
üe ^esM des Tn Bekk. lex. s. 315 lautet: qxicic: Mfjvucic npöc
^ ipXOVTOc Kcrrdt ti&v thropurrövTuiv tö ^^oXXov f{ Kora toiv
atecoOmiv xuH>tov f\ okiov fi n räiv bT)|xodu)v t\ kotq tuiv im-
Tpiiwv Tubv }Mi\ ficptcOuncÖTUJV rdc olKioc tiSiv öpqwtviXrv. die be*
^k«, die jedem bei solchen disorepsnzen aufstoezen, beseitigt
B«p«n durdi den hhnweis, dasz in dem fragnente die werte Kai
toMXou auf eine Verkürzung der ursprünglichen werte deuten, das
«MXou hat aber offenbar diesen sinn gar nicht, vielmehr verhftlt
**tb die sedie folgendermaszen. Caecilius sagt: 9dcic sei die klage
^%tm die welche die staatsbeigwerke untergruben, und überhaupt
& 9hm nicht bloss gegen diese , sondern überhaupt) gegen alle
^«kke Boh an Staatseigentum vergriffisn. sonach macht das frag-
aot bwnsswegs den eindrock der Verkürzung, vielmehr den eines
f^fwiadetsn ganzen, wie man es wol einem Caecilius zusehreiben
BIS. er erUlrt nemlich q»dcK als klage gegen offenbare angreifer
X rtatseigentunis und hebt daraus alB speciellen fall, der ihm
**1 besonders wichtig erschienen sein mochte, den gegen die t&
^yioa fi^tvXXa önopörrovrcc hervor, eine ganz andere kategorie
118 FyStojentin: anz. y. CBoyaen de Harpocrationia lexici fontibas.
bildeten die i/ütnopiKal ^iivuceic (nemlich xara ti&v 'A6r)vaiujv
i^TTÖpuiv }xr\ iv tQ 'AmicQ &XX' dXXaxöce otiitoüvtuiv) , die daher
sehr wol von Caeoilius mit den worten angeführt werden konnten :
KOXoOvTai bk usw. nicht in der Ordnung wird man in der Gaecilia-
nischen erklftrung nur die übergehung d6r gattnng von ipiicic finden
können, welche sich auf schlechte Yormtinder bezog und welche fast
alle andern grammatiker erwfthnen. indes lag diese übergehung i
möglicherweise in der absieht des rhetors, insofern nemlich von i
einigen diese letztere gattung der tpÖLCXC nicht für eine öffentliche, '
sondern für eine privatklage angesehen wurde, vergleichen wir so>
nach dies Caeciliusfragment mit der glosse des Bekk. lex., so kann |
von einem Caecilianischen Ursprung der letztem kaum die rede sein,
da einerseits eine bemerkenswerte ähnlichkeit in fassung oder wor- 1
ten nicht vorliegt, anderseits aber jeder von beiden glossen ein wich- '
tiger bestandteil der andern fehlt, aber drücken wir einmal ein äuge
zu und räumen wir ein, dasz die glosse q»äcic des Bekk. lex. aus
Caecilius stamme, folgt hieraus für die von Schmidt in andern buch- |
Stäben, beispielsweise in A ausgeschiedenen gruppen irgend etwas?
unmöglich, da in 0 überhaupt noch keine gruppen haben ausge-
schieden werden können, also auch nach unserm zugestftndnis würde
sich nur das resultat ergeben, dasz die glosse (pdcic und nichts mehr
aus Caecilius stamme. Bojsen freilich nimt die behauptung Schmidts,
dasz sich die glosse q>dcic an d6r stelle des buchstaben O finde 'wo
wir die ezcerpte aus dem lezikon zu den zehn rednern (dh* Caecilius)
zu finden hoffen dürfen', ohne weiteres hin und sucht sie noch zu
bekräftigen, die glosse q>äctc ist aber die siebentletzte des buchstaben
O im Bekk. lex., und von den 12 letzten glossen, die wol die Caeci-
liusgruppe bilden sollen, stimmen auszer q>äcic (wo jedoch Suidas
wieder wörtlich mit Photios stimmt) nur zwei mit Suidas überein,
und diese drei glossen werden noch durch andere nicht übereinstim-
mende von einander getrennt denn die von Boysen ebenfalls hier-
hergezogene glosse q)€XX(^)a weist zwar mit Suidas verglichen die
oben angeführten merkmale, Übereinstimmung mit Suidas und, wenig-
stens bei letzterm, Verweisung auf redner, auf; aber eben diese Suidas-
glosse kann nicht ans jenem Wörterbuch des Caecilius stammen, in-
dem sie aus der epitome Harpokrations, der glosse q>eXX€UC des Bach-
mannschen lexikon und einem scholion zu Aristophanes zusammen- 1
gesetzt ist und gerade die werte, auf denen die fthnlichkeit mit der
glosse des Bekk. lex. allein beruht, aus der epitome herrühren, ein
edatantes beispiel , auf wie schwankendem boden sich Bojsen hier
bewegt, indem er also die glosse q)dciC und darum auch die gesam-
ten von Schmidt bezeichneten gruppen für Caecilianisch hält, sucht
er zunächst diese ansieht durch vergleichung der überlieferträi frag-
mente des Caecilius mit den entsprechenden, sonst aber jene Schmidt-
Bchen kriterien nicht im mindesten aufweisenden glossen des Suidas
zu stützen : von den glossen des Bekk. lex. kann nach seinem eignen
Zugeständnis keine in betracht kommen, in eicoTTcXfa wird man
FrStojentm: inz. r. CBoyien de HarpocrationiB lezici fontibus. 119
eine flbermnfttimmnng zugeben können, in GcuipiKÖv jedoch scheinen
waiigstflnB mir die aneichten des Caecilius und seines gegners Lysi-
BAdddee T«rtreten zu sein, in dSoäXflc endlich stimmen nach Bojsen
Ciedlius und Snidas gL 3 Tortrefflich mit einander ('bene congru-
nst')* bei sorgfUtigerer betrachtnng aber würde er radicale yer-
schiedenbeit gefanden haben, bei Harpokr. udw. heiszt es nemlich:
M irctvTÖc ToC £k tuiv Ibiuiv ^KßoXXoM^vou rdTTcrai ToSvoMa, koI
ovx dbc olercu KaiidXioc ^dvuiv vSry Ik KaraMiciic öq>€iXövTuiv,
dk die bfacfi äouXT)C wnrde angewendet in jedem falle, wo jeman-
dem sein eigentnm vorenthalten wurde, aber nicht blosz in d6m fidle,
wenn jemand in folge einer venirteilang etwas schuldig war,
eine bnaze zu zahlen hatte und diese Zahlung Yorenthielt die
Wtitere erUirong fahrt Harpokr. selbst unter den speciellen fällen
dieser tba\ an, und als alleinige erklftrung derselben überhaupt findet
ne sich im anfang des scholion Demos^. XXI § 44 ££oijXiic bk J^v,
in bivbuv€U€v iicirccetv KTryiaröc nvoc, f\ xu)p(ou f\ olKiac, bia
TÖ idj äcTCTiK^voi Tf|v KOTObiicnv KOTa xpövov TÖV dipic^^vov, wo-
mch man sich also an dem eigentum des säumigen yerurteilten schad-
los hahen konnte, TgL das etwas abweichende scholion Demosth. XXI
§ Sl. jenes scholion dürfte daher in der that auf Caeoilius zurück-
gehen (trotzdem Boysen s. 30 das yothandensein Caecilianischer
frigmente in den Demosthenischen schollen leugnet), unmöglich
ibor Suidas, wonach diese bbo] gegen die gerichtet ist, welche ein
durch uxteilasprueh einem andern zugesprochenes eigentumsrecht an
ein gut oder haus nicht respectieren. und so geht denn Bojsen auf
der Yon Schmidt betretenen abschüssigen bahn mit steigender hast
weiter, obwol er s. 45 und 46 gegen Schmidt betont, dasz nicht in
iDen bodistaben des Yn Bekk« lex. sich die Ton jenem entdeckten
gnqipen vorfinden und in den einzelnen buchsiaben nicht immer die-
sdbeB quellen benutzt sind, wie ganz anders wftren seine resultate
geworden, hfttte er damit die beobachtung Nabers proleg. s. 183
Terhonden, dan im Yn Bekk. lez. die Verweisungen auf den red-
ürischen Sprachgebrauch nur in der betreffenden masse des buch-
•Üben A und allenfalls in A erscheinen, sonst aber nirgends! so
»ber tdüieezt der paragraph mit der behauptung, dasz in A eine aus
tasdiiaa stammende glossenmasse existiere, von den übrigen buch-
ctabcn wird kurzweg dasselbe angenommen, den beweis dafOr glaubt
der H. sidi ersparen zu können, weil es 'longum essef ! wie er sich
diesen beweis voigestellt haben mag, kann man indes aus s. 32 er-
MfacB, wo er bei einer glosse des Suidas, die nicht aus der epitome
Hsqwkntions stammt, in der aber dieselbe stelle des Deinarchos
cturt wird wie bei Harpokr., die sache mit einer rhetorischen Wen-
dung erledigt zu haben glaubt: 'qui locus Dinarchi cum ex Harpo-
«nticais epitoma non fluxerit, cui rectius tribuetur quam Cae-
«Sio?* nicht minder überraschend für den leser ist die selbst ohne
des idiatten einer stütze s. 20 vorgebrachte und s. 21 wiederholte
bchaoptong , dasz die Caecilianischen glossen sich im Yn Bekk« lex.
120 FyStojentin: anz. y. CBoysen de HarpocrationiB lezici fontibos.
meist am ende jedes buohstabea fUttden. welcher feine unterschied
hierbei s. 56 gemacht wird: 'glossae Paasaniae nonmunqnam ulii-
mam imaqoaque sub littera locum tenent, Caecilianae sab finem
litteranun comparent', ist mir unfaszbar.
In § 2 setzt Boysen seine forschnng nach Caecilianischen frag*
menten fort, er findet im buchstaben A des IVn Bekk. lex. einige
glossen, die mit dem sog. Caecilios des Vn Bekk. lex. ttbereinstim*
men, und erklärt deswegen den ganzen buchstaben ebenfalls für
Caecilianisch. aber die von ihm beispielsweise angeführten sechs
glossen sind die einzigen in diesem buchstaben , die mit der Caeci*
liusgruppe des Vn Bekk. lex. stimmen, von allen Übrigen glossen ^
ist nicht einmal ein einziges lemma in der letztem enthalten, daher
hätte der vf* aus dem umstände, dasz jene sechs glossen im IVn
Bekk. lex. hinter einander stehen (nur 6ine fremde ist eingeschoben),
doch htWshstens folgern können, dasz nur dieser teil aus Caecilius
stamme, über die übrigen buchstaben auszer A begnügt er sich mit
der doch gar zu leichtgläubige leser YOraussetzenden bemerkung
s. 24, es werde am besten sein, die glossen des IVn Bekk. lex.
sämtlich (dh. das ganze IVe Bekk. lex.) dem Caecilius zuzuteilen. *
bei seinem eifer aber dem Caecilius glossen zu vindicieren sieht der
yf. nicht, dasz unter den Suidasglossen, die er s. 24 im buchstaben
A der ähnlichen fassung wegen dem Caecilius zuschreibt, mehrere
oJSenbar mit glossen des Vn Bekk. lex. zusammenzustellen sind, die
letzteren sich aber nicht unter der Caeciliusgruppe finden,
es wären demnach die sog. Caeciliusglossen im Vn Bekk. lex. nicht
zu 6iner gruppe vereinigt, sondern über den ganzen buchstaben zer-
streut, durch derartige bedenken jedoch nicht im mindesten beirrt
gibt Boysen endlich im anhang einen mehrere 100 glossen enthal-
tenden index fragmentorum Caecilii, geschöpft aus Suidas, dea bei-
den Bekkerschen lexika und den schollen des Oregorios von Eorinth
zu Hermogenes. wie letztere zu dieser ehre kommen, ersehen wir
aus s. 31, wo uns ihre Übereinstimmung mit Suidas versiphert wird,
was von derartigen Versicherungen zu halten, haben wir schon zur
genüge kennen gelernt, entgangen ist dem vf. aber, dasz die ganze
reihe der Oregorglossen, die er fast sämtlich für Caecilianisch hält,
aus der schrift des Psellos nepi ti&v övo^dTuiv TUiV biKurv wörtlich
abgeschrieben sind, jenem von echter, alter erudition weit entfernten
machwerk byzantinischer Schulweisheit.
Cap. in behandelt das gegenseitige Verhältnis der lexik* des
Suidas, Photios, Eudemos und Methodios. des Melodiös? werden
^ 'itaqne nunc anidem ordine glossaram a littera A incipientiam
relicto si ex ceteris litteris Caeciliana expiscari stadebimus, ita optima
agemui, nt primnm quidem lexici qnarti glossas omnes rhe-
toris nostri lexico attribaamus, deinde in lexico quinto fines
Caecilianarum gloBBarom circamscribamas, deniqae et comparatione
utriusque lexici Seraeriani edocti et nostro ipsorum Indicio nsi ex
finidae lexico CaeeiUana seeladamus.*
SVStflö^ntixi.' ans. t. CBoysen de Harpocrationis lezid fontibug. 121
che leter fragen, was ist das für ein Methodios? wir kennen
koin lezikon des Methodios. dasz dem buchstaben A des Bachmann-
lehea oder dem Yln Bekkerschen lezikon dieser name gebühre, ist
one entdecknng MSohmidts , die zu bele achten hier leider der räum
rerbietet, der aber Bojsen seine volle Zustimmung gibt, der yf. geht
ron der immer noch anhänger zählenden echtheit des dem 8uidas
rorgesetzten index aus, die er noch weiter zu stützen sucht, bei die-
Mm bestreben hat er indes kein glück, das grobe versehen mit der
gloBBe NrjpiTOV dpoc ist schon von anderer seite gerügt, auszerdem
aber führt er^als beleg für die benutzung des im index genannten
tiUladios die glosse ö£ußaq)OV an. nun verwirft jedoch Helladios
die znianmiensetzung mit dSoc ausdrücklich und nimt die mit öEu
an, während Suidas erklttrt: öEußacpov: tö bexöjievov tö öEoc. im
folgenden sucht er darzuthun, dasz Photios das Bachmannsche lexikon
oder ein diesem ganz Shnliches in das seinige aufgenommen, und be-
streitet die ansieht, dasz Suidas den Photios benutzt habe, von dem
to gloeee d£uiK^Xiic entnommenen argumente, wodurch Naber selbst
üe UBglftubigsten vom gegenteil zu überzeugen hoffte , gesteht auch
Boysen : Wix (er hätte nur sagen sollen 'non') potest reici.' trotz-
iem untemimt er den gegenbeweis. von befreundeter seite bin ich
mf eine zweite glosse von nicht minderer beweiskraft wie dSuiK^Xric
m&nerksam gemacht worden, im Bachm. lex. nemlich, welches noch
Behmidt die directe quelle des Suidas, nach Bojsen nur das funda-
aMnt dieser quelle gewesen ist, befinden sich die glossen £q)öXKia
und £q)opoc in guter Ordnung, bei Photios dagegen ist ein satz der
sinen glosse in die andere gerathen , und bei Suidas findet sich die-
selbe confusion in wörtlicher Übereinstimmung! den Boysenschen
gegenbeweis nun kann ich nicht für gelungen erachten, besonders
aber die benutzung des Timaios durch Suidas selbst weisz er gegen
die überzeugenden gründe Nabers nur solche vorzubringen, denen
man ihre bestimmung den gänzlichen mangel guter argumente zu
verdecken deutlich ansieht, über das lexikon des Eudemos, von dem
der vf. im anhang mehrere bruchstücke ediert, wird sich bestimmtes
erst dann aufstellen lassen, wenn dies lexikon ganz ediert sein wird.
ob freilich abgesehen hiervon der Wissenschaft damit irgend ein
dienst geleistet werden wird, wage ich schon jetzt zu bezweifeln, in-
dem auch mir, wie Küster, dieser Eudemos pseudepigraph und im
gegensatz zu Bojsen stark aus Suidas interpoliert erscheint, wenn
nicht etwa gar der von Naber vermutete Ursprung des ganzen
lexikon aus Suidas sich herausstellt.
Im lYn cap. ^de lexico V Segueriano' widerlegt der vf. im
ganzen mit guten gründen Schmidt und Naber, welche gröszere par-
üen dieses lexikon aus Pausanias ableiten wollten, aber sein eigner
versuch dieselben partien auf Ailios Dionjsios zurückzuführen ist
nm der viel zu unsichem begründung willen als gescheitert anzu-
sehen, nicht minder der beweis dasz Pausanias die quelle gewisser
anderer partien des fraglichen lexikop sei. denn gleich das erste
122 FyStojentin: anz. y. CBoysen de HarpocrationiB lexid fontibaa.
beispiel ist gänzlich yenmglückt: lex. Bekk. s. 203, 15 dbtiq)aT0uc
Tpit^petc: T&c ^€T(iXac Tpifjpetc f{ t&c ixoucac dvreXft rd trXiipui-
paTa. Tiap" 6 Ka\ dbTiq>dTOi fippotTa X^TOuct rd fucrdXa xal tAciq.
Eastathios citiert s. 1394, 34 zwei rhetorisohe lexika, aach nach
Bojsen wahrscheinlich Pausanias und Dionjsios. aus dem ersten
erklärt er dbn<pdTOC TpirjpTlc gar nicht, aus dem zweiten aber mit
Photios als Tf|V TÖv ^icOöv Xa^ßdvoucav ivreXf). aus dem ersten
dagegen führt er eine erklftrung yon dbiiq>äTOV fip^a an. danach
heiszt der wagen so, nicht etwa (wie im Bekk. lex.) weil er selbst
T^€iov ist, sondern bid touc kot* auTÖ TcXelouc tTnR>uc. im zwei-
ten lexikon wird db. fippa gar nicht besprochen, wer hat da noch
lust die andern beispiele zu prüfen? betrachten wir aber wenigstens
noch das beispiel &^mnoc gleich auf der folgenden seite 54, bei wel-
chem uns durch ausschreiben der stellen die mühe des nachschlagens
erspart wird, trotz aller ähnlichkeit der worte nemlich, die zwischen
der glosse des Bekk. lex. und Pausanias obwaltet und durch die sich
auch Naber hat teuschen lassen, erklären beide ganz yerschieden.
denn das Bekk. lex. deutet djUiTTTTOi als menschen, Pausanias als
pferde! dasz es sich hier nicht etwa um ein misyerständnis der
Worte des Pausanias durch das Bekk. lex. handelt, zeigt deutlich
Harpokration , aus dem wir das yorhandensein beider erklftrongen
neben einander erfahren, denn bei letzterm kann das oiSroi in oOroi
&^mTrol X^TOVrat nur auf Tttttoi gehen , nicht aber auf den 6inen
dXauvuiv. nicht minder yerfehlt scheint mir das folgende beispiel
dKpocTÖXiov. das Bekk. lex. gibt für dies wort eine erklämng, die
Pausanias für fiq>XacTOv hat. nun deutet aber Eustathios selbst an
dasz einige, yielleicht Apollodoros, wie man aus lex. Bekk. s.471f 19
schlieszen möchte, beide ausdrücke fttr identisch hielten (und dies
thut offenbar das Etjm. m.), während andere, jedenfalls Didymos,
den Pausanias eben hier citiert und dem er selbst folgt, yerschieden-
heit annahmen, werden wir nun mit Bojsen zu yermuten haben,
dasz das Bekk. lex. durch ein yersehen die erklärung yon ficpXaaov
auf dKpocTÖXiov übertrug, oder nicht yielmehr dasz es (im gegen-
satz zu Pausanias) zu denen gehört, die beide worte für gleich-
bedeutend hielten und daher für das letztere wort eine erklärung
bieten durften, die andere nur für das erstere gelten lieszen? durch
dergleichen beispiele ermuntert genügt dem yf. s. 55 die blosse ab-
weichung einer glosse yon Dionjsios, um sie dem Pausanias zuzu-
sprechen, ich glaube daher, man kann getrost die behauptung auf-
stellen, dasz sich im Yn Bekk. lex. weder glossen des Ailios Dionj-
sios noch des Pausanias yor^den. denn sollte auch wirklich hier
und da eine glosse ähnlichkeit mit einer der beiden Attikisten
haben, so wird hieraus für den Ursprung dieser yereinzelten
glossen aus denselben doch gar nichts folgen können.
In cap. y 'de Aelii Dionjsii et Pausanias lexicis rhetoricis'
wendet sich der yf. wiederum besonders gegen Mäher, der die ab-
hängigkeit beider Attikisten yon Diogenianos behauptet hatte, und
FTStojentin: am. v. CBoysen de Harpocrationis lezici fontibus. 123
hllt gende das gegenteil hiervon für richtig, auch mir scheint
Kaberi anddit unsicher, wiewol ich Boysens einwänden kein ge-
wicht einzarStuneni noch viel weniger aber seine eigene ansieht zu
bilhgen im stände bin. denn wenn er in der von Naber f&r seine
assidit angefUirten stelle des Enstathios s. 1533, 47 xeiTat toOv
^v ^optxifi XeSucifi TaOra* olof inibdXiov, adx/jv. AioTeviovöc
W 9nav olaxac X^TCt« olc Td irnbdXia £niCTp^q>ouciv usw. die an-
fiilinmig Diogenians von dem lex. rhet. abtrennt und zwei verschie-
dene dtate annimt, hat er offenbar die zwei verba dicendi q)r)clv und
llx^i nicht genflgend beachtet, von denen das letztere AiOTCViavöc
com Bubjeet hat» das eingfesdiobene 9T]cIv aber nach Eustathios citier-
wdse sich blosz auf den verfieuser des XeSiKÖv ^iiTOpiKÖv beziehen
ksan, und auch das fehlen der werte Diogenians bei Photios liesze
fikh leicht erklftren. wie femer der vf. seine beobachtung, dasz
eiaigemal Hesjchios die von beiden Attildsten einzeln vorgebrach-
tca erklfinmgen vereint bietet, ftlr seine annähme günstiger als fttr
die NaberBche finden kann, ist schwer einzusehen, was soll man
eadlieh xa den schlössen s. 64 sagen : da Diogenian die werte aller (!)
Schriftsteller, die beiden Atükisten nur die attischen zu erklären be-
absichtigt hfttien, so wflrden die letzteren aus dem werke Diogenians
fast gar keinen nutzen haben ziehen kOnnen ; und zweitens : hätten sie
etbamtztyBO würden sich in ihren, also in attikistischen, werken
aehr ethnische glossen finden, im weitem verfolg die schon von
»deren gesehene benutzung beider Attikisten durch Photios und die
des Photios durch das Efym. m. in den mit ^TtToptKrj bezeichneten
gloMen billigend schieszt der vf. doch sicher weit über das ziel hin-
Ma, wenn er alle glossen, die zwar mit Photios übereinstimmen, aber
jtnen znsatz nicht haben, für nicht Photianisch hftlt nicht unter-
IiMen will ich noch besonders auf ein interessantes dilemma auf-
merksam SU machpn, welches Boysen in einem ezcurs dieses capitels
ufdeckt, ohne eine lOsung gefunden zu haben, auf den Widerspruch
Mmlich zvrischen der bekannten stelle der jedenfalls seinem reifem
«her angehörenden bibliotheke des Photios, nach welcher sein lezikon
&b Boeh unabgeiiuzt erscheiut, und einer stelle der quaestiones Am-
H'iMiianae desselben autors, wo er von einem bereits im Jünglings-
alter verfiMzten lezikon spricht, welches, wie Boysen aus letzterer stelle
KUiessen zu müssen glaubt, mit dem uns erhaltenen identisch ist
In cap. VI endlich zieht der vf. für sein eigentliches thema das
nultat. die hftnfig beobachtete Übereinstimmung Harpokrations
Bit Jossen des Dionysios und Pausanias, wenn auch oft nur sol-
ekcft die er dafür hält, veranlaszt ihn zu der annähme, dasz Har-
pofaatit» diese Attikisten benutzt habe, und es Iftszt sich nicht
Icogaen, dasz einige kürzere glossen Harpokrations mit den ent-
■preciiaidfln der Atükisten übereinstimmen, aber folgt hieraus ohne
veiterea, dasz ersterer die letzteren benutzt habe? ist es nicht eben
M gvt möglich, dasz alle drei dieselbe urquelle benutzt haben? die
^Vithk^en, glaube ich, sind doch beide vorhanden,^ und doch
124 FvStojentin: anz. ▼. CBoysen de Harpocrationis leiici fontibas.
scheint die letztere für Bojsen nicht zu existieren, wer aber könnte
vorurteilslos auch nur eine geringere anzahl von glossen Harpokra-
tions und von echten glossen der Attikisten gelesen haben, ohne von
vom herein die unwahrscheinlichkeit, ja die Unmöglichkeit der Boy-
senschen annähme zu erkennen? Harpokration, dieses juwel aller
antiken lexikographen, sollte auch nur einen bruchteil seines Werkes
den, so wertvoll sie fttr uns auch sein mögen, doch immerhin im ver-
hiütnis zu seinen schätzen dürftigen Schriften der Attikisten entlehnt
haben? und weist denn nicht alles auf die zweite möglichkeit hin?
au8 der oft hervortretenden, so überaus groszen ähnlichkeit der glos-
sen des Dionysios und Pausanias (vgl. Bojsen selbst s. 81 'utriasque
fragmenta inter se tam similia sunt, ut nullo modo accnrate possis
discemere, quae huic, quae illi sint propria') haben schon andere
geschlossen und wird jeder schlieszen müssen, erstens dasz beide oft
eine gemeinsame quelle benutzt haben, und zweitens dasz beide diese
quelle zwar hKufig im excerpt aber doch ziemlich wörtlich wieder-
geben, nun sieht sich Bojsen selbst s. 72 zu der annähme genötigt,
dasz Dionjsios das grosze lexikon des Pamf^ilos benutzt habe, da
er ebenfalls im allgemeinen den ansichten Bankes und Schmidts über
den Ursprung des Hesjchios aus PamphUos beipflichtet, welche an-
nähme htttte sich da auch für ihn ungezwungener ergeben , als dasz
die . so oft zwischen den Attikisten und Diogenian (Hesjchios) be-
obachtete ähnlichkeit eben auf die benntzung des Pamphilos durch
alle drei zurückzuführen sei? nun vergleiche man doch Harpokr. u.
q>iXoTiic(a mit Pamphilos bei Athen. XI 602 ^, und man wird völlige
Übereinstimmung finden, auch Bojsen citiert diese glosse, aber zu
welchem zwecke? um zu zeigen, dasz Harpokration nicht aus Athe-
naios selbst geschöpft haben könne I hier htttten wir also eine andere,
ältere, von einer fülle von gelehrsamkeit strotzende quelle gefunden,
auf die sich die drei fraglichen lexikographen ohne Schwierigkeit zn-
rttokfdhren lassen, ob aber schon Pamphilos selbst als die qnelle
der Übereinstimmung der drei lexikographen anzusehen ist (vgl. das
hierüber von mir *de lulii Pollucis . . auotoritate' s. 108 angedeatete)
oder erst die von diesem benutzten autoren, das will ich an diesem
orte dahingestellt sein lassen« von den vom vf. als beweise für seine
ansieht angeftkhrten beispielen mögen hier nur zwei besprochen wer-
den , das eine um die nn Wahrscheinlichkeit, das andere um die Un-
möglichkeit seiner annahmen ntther zu zeigen, die glosse des Photios
8pmr)b^CT0(Ta: rd EOXa rä örrö Opiiruiv btaßeßpw^i^va, olc ivri
cq>paTiöuiv ^xP^S^vro. 6pU|i t&P Zt^^öv Icn KaT€cO(ov EiiXa xat k^-
paxa h< der vf. für eine contamination der von Eustathios s. 1403,
35 überlieferten glosse des Pausanias 6 b' aördc \ij^i Kai ön Opi-
irfjbeaa £uXi^q>ia rd önö Opmuiv ߀ßpu>M^vo ibc dnö toO ^iu.
ok ixP^VTÖ 9iictv o\ cq>öbpa okovojüiiKoi dvri tXutttAv c^poti-
bu)v. Tivtc hk aörd ircvracuXXdßuic GpimiWcTaTa cIttov', und der
^ den letzten satz tivk hi usw. von den übri^n Worten abzatren-
nen und einer andern quelle des Enstathios (Dionjsios) sozuschreiben
FTSIqjcntiB: anz. ▼. CBoysen de Harpocrationis lexici fontibus. 125
MDer mwnnng nach ans Ailios Dionjsioa stammenden glosse des
Vb Bekk. lex. oder der auch nach aussonderong des fremden immer
aoeh ToUstftndigem des Soidas 6piirtib^aT0v : ävrl tou ßeßpui^d-
vov Koi bi€(p6apMdvov . . . 6pli|i Tcip Z<pöv ictx Kareceiov ivXa Ka\
K^poTO. iiißvrrnix TirepibTic dv nji Kord Ar]M<ibou , eine abstam-
Bimg für die ich freilich den s. 48 beigebrachten beweis nicht im
mindesten als Überzeugend erachten kann, wegen ihrer groszen Khn-
iicfakeit mit Photios wird er aber dann anch das schol. Ar. Thesm.
427 EuXa unö 0pmuiv ßeßpui^^va olc dccppdTiZov. Gpmec hk cTboc
csuiUiKUiv fllr eine solche contamination beider Attikisten halten
Blbsen, desgleichen die nicht minder ähnliche des Hesjchios 6pi*
vi^bccTOV: EuXov öirö Opimiiv ßcßpuiM^vov. o\ tdp dv toic £üXoic
cfiTCC oiinuc dKaXoCvTO. aber auch in der erklKrnng Harpokrations
vHrdsn die erwShnung des Hjpereides und die werte dvTi toO
bicfSopM^vnv anf den sog. Dionysios (dvil toO ߀ßpiAl^dvov Kai
ÖK^Oopfidvov) weisen, die worte dirö Tuiv äirö OpmiS^v Karcbri*
b^6wiv EuXujv anf Pausanias (£uXifjq>ia Td örrö Optiruiv ßeßpw-
MCva die 6nd toO (bw), pbwol dem yf.- unbegreiflicher weise die
voiie des Pausanias ^multum ab Harpoorationeis absuat' und er
dvom die ganze glosse dem Dionysios zuschreibt, auch das endlich
dfirfte zu beachten sein, dasz in der glosse des Etjm. m., die in der
tbAt in zwei hälften zerftUt, von denen die erste den sog. Dionysios,
die zweiie Pausanias reprSsentiert, doch in der ersten hafte das dirö
ToO epup 6piKÖc Kttl ToG dbu) TÖ dcOiui wieder auf Pausanias (die
M TOU Äui) hinwiese, so gelangten wir denn auf grund der Boy*
ttnaefaen annahmen zu dem resnltat, dasz bei unserer glosse drei oder
gir vier grammatiker und zwar fast jeder auf seine eigne weise die
ietika beider Attikisten zusammengeschweiszt hätten : denn eine allen
<h«i oder vier gemeinsame quelle, in der dies allein zuerst ausgeführt
vire, etwa Diogenian, wird man bei aller ähnlichkeit nicht anneh«
am k5nnen. das unwahrscheinliche eines solchen resultates springt
iz die aogen: wie viel näher liegt es hier eine sämtlichen angeftihr-
tü gTsrnmatikem incL der Attikisten zu gründe liegende urquelle
fianmehmen, ans der alle Torliegenden fassungen ohne schwierig«
uit abgeleiiet werden können! als zweites beispiel diene die glosse
^vaxTpoicäüf)C. hätte Boysen sämtliche stellen des Eustathios ge-
tuat, die sich auf dieses wort beziehen, so hätte er jedenfalls einen
giBz andern gebrauch davon gemacht, als durch die bloszen anfOh-
nageai s. 49 und 79 geschehen ist da haben wir ja, würde er ge-
«p haben, ofienbare äberelnstimmung des Vn Bekk. lex. und Har-
pokrations mit Ailios Dionysios 1 die glosse nemlich bei Eustathios
ft. 1539, 24 diroKTpibcc tA dXtdbcc. dTraxTpctc xdp ol kuvtitoL
^3nTpOKäLi|C bt itXoiov XqcTptKdv fiCToSu ^iroucrpiboc kqI k^Xti«
tx, & Kol aurd irXouxpid dcriv ist wirklich eine glosse des Diony-
no9, wie Eostathios s. 1871, 61 zeigt, dasz wir aber von dieser
HttiüX mir «iae sehr gewagte annabme des rf., noch gewagter aber
te kieraoa gezogenea folgerangen.
126 FvStojentin: anz. y. CBoysen de Harpocrationis lezici fontibus.
glosse in des Eastathios erster stelle eine durchaus authentische fas-
snng besitzen, dafür bürgt für die erste hälfte der glosse die genaue
Übereinstimmung der zweiten stelle und für die zweite h&lfte die des
Suidas (die entsprechende glosse des Photios ist in einer groszen
lücke untergegangen): dnaiCTpOK^Xnc: nXoTov XqcrpiKÖv m^toEu
dTroncTplboc xaT k^Xittoc, ärrcp xal aurd nXoiäptä icnv. dies allein
genügte, um das inrtümliche der annahmen darzuthun, welche der
vf. über das verhSltnis der dieses wort betreffenden glossen des Dio-
nysios, des Vn Bekk. lex. und Harpokrations aufgestellt hat trotz*
dem will ich noch genauer hierauf eingehen, vergleichen wir hiermit
die glosse des Hesychios diraxTpiöac: rdc äXidbac* dTraicrpeic ydp o\
dXieic xal xaOöXou o\ KUvr]Toi. £TraicTpoK^r)c bi elboc nXoiou. wer-
den wir ihren Ursprung aus Dionysios annehmen können ? gewis nicht,
denn trotz aller Übereinstimmung ist sie an einer stelle ausführlicher,
aber auch da wo sie kürzer ist (dTraKTpoK^Xfic bi etboc TrXoiou) zeigt
den ursprünglichen reichtum ihrer quelle die glosse Harpokrations
dTraKipoK^Xfic: Aicxivtic dv ti^ xard TiMdpxou. cTbocb'icTi
TrXoiou cüvOeTov i^oy Tf|V KaTacK€uf|v & t6 dnaicTpibGC xal w-
Xtitoc. Jiv hk die inmav XqcTpixöv, ibc xal Aeivapxoc tv i^ mii
TToXu€iJKTOU. und nun sollte gar Harpokration aus Dionysios ge-
schöpft haben? zeigt nicht schon, abgesehen von allem andern, die
klare ausdrucksweise in den werten cuvOcTOV ixov Tf|v KaTaCKeirfjv
£k t€ dtraKTpiöoc xal x^titoc im verhiUtnis zu den abgeblaszten
und unklaren des Dionysios ^€Ta£u dnaxrpiboc xai x^XfiTOC, dasz
nicht Harpokration , sondern Dionysios die abgeleitete fassung ver-
tritt? und nun die glosse des Vn Bekk. lex. dTTOXTpox^Xiic : Xqapi-
x6v xal ßpaxO TrXoiov. fcn bk. tö ^vo^a cuvGctov dirö dtraicTpi-
boc xal Ki\r]ioc: ihr kommt am nächsten Etym. m. iTTOKTpox^XTic:
cuv€Td6r) Ik t€ xAtitoc xal ^TraxTpiboc * nXoia bi J^v ßpax^oi Xq-
CTptxd usw. das cuvCT^On wollte der etymolog jedenfalls nicht von
der wortcomposition verstanden wissen, sondern im sinne Harpo-
krations. denn im ersten falle würde er das perfectum aJTK€iTai
oder nach seiner sonstigen gewohnheit überhaupt kein yerbum ge*
setzt haben, die glosse des Etym. m. selbst wird man sich nun viel
eher aus einer fassung wie die Harpokrations als aus Dionysios her-
vorgegangen denken können, das €cTi bi tö 6vopa cuvScTOvdes
Bekk. lex. endlich viel eher aus einem misverstandenen cuv€T€Or]
der fassung des Etym. m. oder meinetwegen auch direet aus der
Harpokrations als aus dem ^€Ta£u des Dionysios. auch bei der glosse
des Bekk. lex. also spräche schon nach dieser erwSgung die Wahr-
scheinlichkeit für einen nicht-Dionysischen Ursprung, und so kann
man von des vf. prämissen ausgehend auch noch bei verschiedenen
anderen beispielen zu ergebnissen gelangen, die das unwahrschein-
liche oder falsche der ersteren dartbun. nachdem Boysen noch in
§ 2 dieses cap. eine grosze menge von glossen angeführt, in denen
allerdings Harpokration, Photios und das Ve Bekk. lex. mit ein«
ander übereinstimmen, die aber darum doch nur das zeigen, was er
PSchwenke: Cioeros quellen in den büchem de natura deonim. 129
(9.)
ÜBER CICEROS QUELLEN IN DEN BÜCHERN DE NATURA
DEORÜM.
(•chloBi Ton s. 49 — 66.)
ÜL
dantellnng der sioisofaen theologie im zweiten buche ist
u^ HineU nniersachiing (s. 191 — 243), abgesehen von einigen zn-
tkitai Ciceroa, ans drei qnellenschriften geflossen: § 3 — 44 und
164—167 aas Poeeidonios 7T€pi 0€u>v, 45 — 72 aus dem gleichnami-
gen werke des Apollodoros, 73 — 153 aus Panaitios irepl npovoiac.
dient resultat ist ein sehr befremdendes, wenn Cicero das werk
des Poeeidonioe vor sich hatte, welches, wie Hirzel selbst zugibt
\u 196 anm. 2), die theologie mit einschlusz der lehre von der vor-
idraag behandelte, sollte er da noch das bedürfnis geMhlt haben zu
udern bflehem zn greifen? er yermiszte, sagt Hirzel, bei Posei-
<kmo8 die etymologischen und allegorischen deutungen der mytho-
logie, bei Panaitios den beweis der Torsehung aus der mantik, und
xog dsahalb im ersten falle das buch des Apollodoros heran, im
iveüa kehrte er zu Poseidonios zurück, aber mit der umsieht, die
er darin gezeigt haben würde, steht die ausftthrung seiner guten ab-
nehten in wunderbarem Widerspruch : denn nicht nur die stellen, in
deMD das yermiszte stand, nahm er auf, sondern ganze teile der be-
treffenden werke, ohne zu bemerken dasz er dadurch mehrere paral-
lele dantellungen desselben gegenständes in seine schrift brachte,
sad gesetit selbst, es liesze sich das vereinigen, müste man nicht
cnrarten dasz Cicero eine andeutung über jene lücken seiner quellen
gtbc? so oft er in den büchem de officiis aus sich selbst oder aus
Poieid<»iios den Panaitios corrigiert, unterlftszt er es nie mitteilung
dATOB zn maehen, und hier sollte er, der nie kar^ war im herror-
Mea seiner yerdienste und kenntnisse, yersftumt haben seine um-
aeht in das hellste licht zu stellen? mit 6inem werte: das ganze
Cieero zngesehriebene verfahren ist so unwahrscheinlich, dasz wir es
^ absiveehen müssen, wenn die beobachtungen und thatsachen,
laf welche sich Hirzel stützt , nur irgendwie eine andere und natttr-
erkUbung zulassen.
beweis gründet sich in der hauptsache darauf, dasz Cicero
dw in § 3 gegebene disposition {esse deos; qudUs sint; mtmdum ab
ttf odmimkiron; eonsuHere eos rebus humams) der sache nach nicht
•trug einhalte: denn in dem teile, welchen er am schlusz (44) als
*<iaea ersten bezeichnei beweise er nicht nur dasz götter existieren,
Hmdcm aoch dasz weit und gestime götter seien , was offenbar in
^ tweiten faUe. in diesem aber (45^72) werde nicht allein § 45
^M ganz dasselbe wiederholt, sondern auch § 57 f. die lehre von
c«r ronehong vorausgenommen, endlich werde zwar § 132 aus-
^^^eb der dritte teil geschlossen und 133 der vierte begonnen,
Ar clM«. philol« IST» hfl. S. 9
130 FSchwenke: Cicaros quellen in den büchem de natura deorum.
später aber (153) alles 133 — 158 gesagte als zum dritten teile ge-
hörig betrachtet and 154 der vierte nochmals angekündigt, worauf
154 — 162 wieder eine parallele zu 133 bilden, die richtigkeit die-
ser beobachtungen kann man im groszen und ganzen zugeben, ohne
deshalb die angeführten Schlüsse daraus ziehen zu müssen, denn
wenn man nur nicht mit der absieht, spuren verschiedener quellen
aufzufinden, an die sache herantritt, wird man manches anders be-
nrteilen, und die vergleichung einiger griechischen stellen wird das
bestätigen, um jedoch den gang der Untersuchung nicht unnötig
zu erschweren, werde ich hier nicht auf Hirzels einzelne argumente
eingehen, sondern nur unter berücksichtigung derselben die quellen-
untersuchung nochmals zu führen suchen.
Eine einteilung der stoischen thaologie ist uns aoszer der an-
geführten stelle Ciceros (§ 3) nirgends überliefert, das was bei ihm
als theologie zusammengefaszt ist, wird bei La. Diogenes Vn an
zwei verschiedenen steUen behandelt, 138 f. in unmittelbarer Ver-
bindung mit der kosmologie die lehre von der Vorsehung, und erst
147 f. ^e von dem wesen der gottheit. ebenso trägt Areios Didjmos
bei Eusebios praep. ev. XV 15 , 5, zum teil in wOrtlidier Überein-
stimmung mit der erstem stelle des Diogenes, zugleich mit der koä-
mologie den Vorsehungsglauben vor; die eigenüiche theologie be-
handelte auch er jedenfalls an einer andern stelle, welche uns nicht
erhalten ist. zu demselben resultate führt uns die betrachtung der
titel und fragmente der werke des Chrjsippos. wenn dieser eine
schnft 7T€pl Tipovotac neben der nepl 6€wv schrieb, so ist zu ver-
muten dasz er in letzterer vorzugsweise von dem handelte, was der
Stoiker Ciceros in seinem ersten und zweiten abschnitte vorträgt,
und die Vorsehung nur gelegentlich berührte, das bezeugen auch
die meist bei Plutarch erhaltenen fragmente (Baguet de Chrysippo
s. 204 ff.) und die inhaltsangabe bei Philodemos n. cäc. 77, 13 ff.
getrennt behandelte Chrysippos ferner die lehre von der manük und
dem Schicksal, welche bei La. Diog. 149 unmittelbar angeschlossen
werden und deren Zugehörigkeit durch Cic. de not, cL III 19. de dU\
19. II 3 bestätigt wird, über das werk des Antipatros von Tarsca
nepl Oeujv (Plut. stoic. rep. 38, 3) ist uns nichts nlüieres überliefert ;
Panaitios schrieb nur Tt€pt npovotac. Poseidonios ist der einzige,
von dem wir wissen dasz er unter dem titel ircpi 6€ÜJV zugleich über
das wesen der götter und über die Vorsehung schrieb (Diog. 13h.
148) , während er über mantik und Schicksal besondere büdier ver-
faszte. mit dem umfang der ersten schrift stimmt also der der Cice-
ronischen einteilung überein. nun lassen aber nicht allein die citat .'
im vertrag des Baibus auf die benutzung eines jungem stoikcrs
schlieszen, sondern es weisen auch sowol der sdilusz des erbten
buches als auch manche stellen des zweiten bestimmt auf Posex-
donios hin. es wird daher sehr wahrscheinlich, dasz die fragliche
vierteilung, von der vrir nur 1 und 2 sowie 3 und 4 je zusammen-
genommen bei früheren stoikem nachweisen können, erst auf Pohei-
PSchvenke: Ciceros quellen in den büchem de natura deorum. 129
(9.)
ÜBER CICER08 QUELLEN IN DEN BÜCHERN DE NATURA
DEORUM.
(•chloBi Ton 8. 49 — 66.)
m.
Die danieUang der stoischen theologie im zweiten buche ist
nach Hinels nntersnchang (s. 191 — 243), abgesehen von einigen zn-
tkaten (Seeroa, ans drei qaellenschriften geflossen: § 3 — 44 und
164--167 «as Poeeidonios TT€pi 0€<Bv, 45 — 72 ans dem gleichnami-
ga we^e des Apollodoros, 73—153 aus Panaitios Tr€pl npovoiac.
dmet resoltat ist ein sehr befremdendes, wenn Cicero das werk
des Powidonioe vor sich hatte, welches, wie Hirzel selbst zugibt
(e. 196 amn. 2) , die theologie mit einschlusz der lehre von der vor-
sdnoig behandelte, sollte er da noch das bedfirfiiis gefUhlt haben zu
laderaa bflcbem zn greifen? er vermiszte, sagt Hirzel, bei Posei-
douo« die etymologischen und allegorischen deutungen der mytho-
iogie, bei Panaitios den beweis der Vorsehung ans der mantik, und
20g deshalb im ersten fiedle das buch des Apollodoros heran, im
nreüen kehrte er zu Poseidonios zurttck. aber mit der umsieht, die
V dtfin gezeigt haben würde, steht die ausfllhrung seiner guten ab-
üditea in wunderbarem Widerspruch : denn nicht nur die stellen, in
deacB daa vermiszte stand, nahm er auf, sondern ganze teile der be-
treiendeD werke, ohne zu bemerken dasz er dadurch mehrere paral-
lele daratellungen desselben gegenständes in seine schrift brachte.
cad gesetzt selbst, es liesze sich das vereinigen, mfiste man nicht
«nraiten dasz Cicero eine andeutung ttber jene Ificken seiner quellen
gibe? so oft er in den bttchem de officiis aus sich selbst oder aus
Poteidonios den Panaitios corrigiert, unterlftszt er es nie mitteilung
diTOB zn maehen, und hier sollte er, der nie kar^ war im hervor-
Mea seiner Verdienste und kenntnisse, versftumt haben seine um-
ixbt ia das hellste licht zu stellen? mit 6inem worte: das ganze
Cicoo zageaehriebene verfahren ist so unwahrscheinlich, dasz wir es
^ aba|Hreehen müssen, wenn die beobachtungen und thatsachen,
of welche sich Hirzel stützt , nur irgendwie eine andere und natttr-
Kcbere erkltmng zulassen.
Bein beweis gründet sich in der hauptsache darauf, dasz Cicero
^ in § 3 gegeb^ disposition {esse deos; quales sint; mundum ab
*^ oämtmittrari; eonsulere eos rebus hufnanis) der sadie nach nicht
»trtag einhalte: denn in dem teile, welchen er am schlusz (44) als
wiaen ersten bezeichne^ beweise er nicht nur dasz götter existieren,
><ndcni auch dasz weit und gestime götter seien , was offenbar in
^^ tweiten &lle. in diesem aber (45^72) werde nicht allein § 45
— d6 ganz dasselbe wiederholt, sondern auch § 57 f. die lehre von
^ vonehong vorausgenommen, endlich werde zwar § 132 aus-
^'Vklieh der dritte teil geschlossen und 133 der vierte begonnen,
Ar dM«. plüloL IST» hfl. S. 9
132 PSchwenke: Ciceros qadlen in den büchem de natara deorum.
man dennoch aus ihm die berechtigang herleiten, den ganzen ersten
teil Ciceros unter die beweise für das dasein der gdtter zu rechnen,
so müste man annehmen dasz nicht nur bei einer reihe von argu-
menten, wie bei Sextos, sondern bei allen von § 18 ab von Cicero
die richtige schluszfolgerung ausgelassen sei, was doch kaum ^ub<
lieh ist. auszerdem widersprechen § 39 die deutlichen worte atque
hoc mu/ndi divinitaie perspeäa tribuenda est siderümstademdwmUas,
man könnte nun, wie Hirzel zu thun scheint, in § 18 — 44 den zwei-
ten abschnitt der ursprünglichen einteilung des Poseidonios: quäk^s
sint^ erblicken, das verbietet aber das wort qualiSy welches nicht
nach den arten des göttlichen (Hirzel s. 207 *in welcher bestimmten
form wir uns das göttliche vorzustellen haben') , sondern nach den
körperlichen und geistigen eigenschaften desselben und der einzelnen
götter fn^ es bleibt daher nur die einzige und leicht erklftrbare
möglichkeit übrig, dasz sich Cicero nicht erst hier, andern schon
früher, bei angäbe der einteilung der stoischen theologie, irrte, dasz
er also dieselbe nicht einer directen angäbe seiner quelle entnahm,
sondern aus einem flüchtigen einblick ihrer verschiedenen teile zu
gewinnen suchte, dabei fiel sein blick natürlich immer anf die an-
fange der bücher, und da fand er allerdings im ersten den beweib
für das dasein der götter, im zweiten die lehre von ihren eigen-
schaften , bemerkte aber nicht dasz auch noch von anderen dingen
darin die rede war. im dritten und vierten buche traf er das rich-
tige, weil ihr inhalt einheitlicher war." so eiigab sich ihm da«
Schema in § 3, zwar unvollständig, aber geeignet sich dem gedftcht-
nis einzuprägen, so dasz es ihm überall gegenwärtig war, wo es
darauf ankam die teile des Vortrags gegen einander abzugrenzen,
denn das muste er wol manchmal selbständig thun , da er an den
stellen, wo er kürzte oder etwas freier übertrug, die von der quelle
gebotenen Übergänge in der regel nicht gebrauchen konnte, wir wer-
den es daher begreiflich finden, dasz er § 23 aa. , 44 ae. , 72 ae. un-
abhängig von seinem original seine einteilung anwendet und dabei
fehler begeht, als analoga dazu bieten sich uns schon in unserm
ersten teile stellen dar, wo er am schlusz des beweises sich in merk-
würdiger Unklarheit darüber befindet, was denn eigentlich bewiesen
werden soll; so § 15 ae., wo nicht das dasein der gottheit zu bewei-
sen, sondern ein grund des allgemeinen götterglaubens anzugeben
war (vgl. Sextos Emp. IX 26. 27. Hirzel s. 204 f.) und § 17 f. , wo
er, wie Schömann gesehen hat, flüchtig exoerpierend den schlusz zu
17 (vgl. Sextos 86 f.) ganz ausgelassen hat und sogleich mitten in
einen neuen satz (vgl. Seztos 94) übergegangen ist. dieses versehen
ist von um so schwereren folgen gewesen, weil gerade hier der ab-
*' 80 erklärt sich auch die auffällige erscbeinang, dau die nähere
zasammengehörigkeit des ersten und zweiten« des dritten und viertea tciL>
in § 3 gar nicht erwähnt wird, ein Stoiker konnte sie unmöglich ver-
nachlässigen, besonders da ihm gegenwärtig sein mnste, dass die bei-
den hälften gewöhnlich in versclüedenen Schriften behandelt wurden.
FSeliweiike: Ciceros quellen in den büchem de natura deoiurn. 133
sekntt iboff esse abschloas und der neue von der beseeltheit, yer*
lABftigkeit und gOttliehkeit der weit begann, zu welchem der nach-
«», dan eine seele In der weit sein müsse, den leichten Übergang
bahnte (vgl. Hinel s. 208). dasz Cicero gertuie dies übersah, macht
es begreiflieh, dasz er § 23. 44 sich immer noch in dem von ihm
ingegebmaii ersten teile za befinden glaubt, für uns aber haben
diae thatndien eine doppelte bedeutnng : sie zeigen nicht nur in
«hr charakteristischer weise die art wie Cicero hier gearbeitet hat,
soBden wsniea auch davor, aus werten, welche eine abteilung
aAüeszen, allznyiel fiOr die queUe zu folgern, sicherer wird es sein,
uch auf den materiellen inhalt des gegebenen zu verlassen und die
knMmk yerknüpfungen desselben erst dann zu berücksichtigen,
«am sie damit in einklaag stehen.
£iB aehlagendes beispiel dafür bietet sogleich Ciceros zweiter
ttü (§ 45 ff.), derselbe wird als abhandlung über die beschaffenheit
dtr gOttar angekündigt, und wir haben, wie bereits angedeutet, kei-
sa grand das quäUs hier anders zu verstehen als I 65 , wo es aus-
fUntieber beiszt quake sM corpore animo vüa. dasz in der that da-
TOB die rede seiB soll ,'Zeigt gleich die polemik gegen den anthropo-
aorpbisaiiia, dam gegenüber als merkmale des gottesbegriffs beseelt-
fent «id h<ichste voUkommenheit aufgestellt werden, es war nun
ncksnweiaen, dasz diese merkmale sich wirklich an den wesen fin-
dcB, welehe bisher als gütter dargestellt waren, der weit und den
SertirDMi* dies gesehiehi natürlich mittels derselben argumente, auf
vdcfae vorher die gOttUchkeit eben dieser wesen gegründet wer-
te war, so jedoch dasz dabei besondere rücksicht auf ihre gestalt,
ihitigkeii and bewegnngen genommen wird, anstatt nun aber bei
te stehen xa bleibt, was zu beweisen war: anmantem^ sensus
raOomie mimdum esse oompotem (47) und hanc in steüie con^
. . non poseum inUiOegere sine merUe raUone oonsHio (54),
Cicero über das ziel hinaus und fügt hinzu: qua ratione
mundum oondudiiur und . . non possumus ea ipsa {sidera)
SM ia dsorum numero reponere'^ ebenso § 56 ae. dagegen ist in
im Chat aas Zenon (57 f.) wieder nur von der be wüsten, plan-
aioigeB thBtigkeit der weit die rede, und ebenso spricht das r6sum6
a § 59 f. nar von der thätigkeit, bewegung und form der götter.
ire afttaende nnd heilbringende Wirksamkeit bildet auch den über-
pm% zQ den gOttem des Volksglaubens (60). wir erhalten also einen
^bäaitt, der lowol in sich als mit dem vorhergehenden und folgen-
beste zosammenhftngt, wenn wir nur jene schluszsfttze weg-
, in denen Cicero, wie unsere bisherigen erfahrungen lehren,
«i hiditesten f^er begehen konnte und begieng.
Gerade anf diese sätze aber gründet Hirael seine Vermutungen
IWr den ganzen zweiten teil, er kann natürlich die parallelen be-
«ciae fbr die göttlichkeit der weit und der gestime in Ciceros erstem
'-ad twettem teil nicht 6iner quelle zusclu'eiben; also musz Cicero
xi § 45 eine zweite Schrift herangezogen haben, er soll es gethan
134 PScbwenke: Ciceroe quellen in den büchem de natura deomm.
haben, weil er bei Poseidonios keine allegorischen und etymologi-
schen erklärungen der volksgötter fand, geben wir dies auch Yorläufig
zu, so bleibt doch unerklärt, warom er nicht erst in dem angenblicke
zu einer neuen queUe griff, wo er ihrer wirklich bedurfte, war er aber
bei Poseidonios schon an die stelle gekommen, in der er jene deu-
tungen yermiszte , so muste er doch bemerken dasz er jetat weit in
der Untersuchung zurttckgriff, zumal die beiden quellen, wie Hirzel
meint, eine ähnliche disposition hatten, das unwahrscheinlichste von
allem aber Ist, dasz es das werk des ApoUodoros irepl 6€Uiv gewesen
sein sollte, welches Cicero benutzte, zunächst berechtigt uns nichts
zu glauben, ApoUodoros ^der grammatiker' habe in der genannten
Schrift die stoische theologie vorgetragen, dasz er Diogenes von
Babylon oder Panaitios gehört hatte, kann uns wol zu der Vermutung
veranlassen, dasz in seinen allegorischen und etymologischen erklä*
rungen viel stoisches enthalten wai*; fOr Hirzels weiter gehende an-
nähme jedoch müsten wir bestimmte Zeugnisse der Überlieferung
oder der fragmente haben, in letzteren findet sich gar nichts spe-
ciell philosophisches, aus crsterer hat Hirzel (s. 219) einen grund zu
entnehmen gesucht: weil nach Photios bibl. 161 Sopatros für seine
dKXoTOii ApoUodoros werk erst vom dritten buche an benutzte, soll in
den ersten beiden büchem das rein philosophische gestanden haben,
diese Vermutung würde einige Wahrscheinlichkeit für sich haben,
wenn Sopatros vom dritten ab sämtliche büoher excerpiert hätte;
wir erfahren aber dasz er auch 6 — 8. 10. 13. 14 nicht benutxte; aus»
welchem gründe, wissen wir nicht, können also auch über 1 und 2
ohne weitere anhaltspuncte nichts vermuten, dagegen haben wir
gerade in fr. 1 bei Müller (s. 428) einen beweis, dasz schon im ersten
buche etymologische deutungen vorkamen , und da sie aioh gerade
auf Zeus beziehen, die letzten bücher aber vom hades handelten
(Photios ao. und ApoU. fr. 10) , so liegt es viel näher dem werke
eine anordnung nach mythologischen als nach phüosophischen ^e-
sichtspuncten zuzuschreiben, gesetzt aber, ApoUodoros behandelt«?
alles das was Cicero in § 45 — 72 gibt, wie konnte dieser überhaupt
auf den gedanken kommen, ein werk von 24 büchem zur band zu
nehmen, um aus 22 derselben das wenige auszuziehen, was er 63
— 71 vorträgt? dem gegenüber kann doch nicht in betracht kom-
men, dasz nach fr. 2 im zweiten buche die entdeckung der identitüt
des morgen- und abendstems dem Pythagoras zugeschrieben wurd»-.
das würde von bedeutung sein, wenn bei Cic. § 53 dasselbe geschähe ;
in wirküchkeit ist hier nur von jener Identität, nicht von ihrem ent-
decker die rede. endUch kann auch Hirzels coigectur, ad Att* XIII
39 statt der überlieferten unverständUchen buchstaben 'AiroXXo-
buipou zu schreiben, nichts beweisen, da sie erst auf der vermatung^,
Cicero habe ApoUodoros benutzt, bemht und mit ihr f&Ut.
Wenn aber ApoUodoros Ciceros quelle nicht war, wer war es»
sonst von den späteren stoikem? Panaitios ist, wie Hirzel s. 212
selbst sagt, durch § 62 ausgeschlossen. Antipatros begann zwar
PSckvenke: Cicerot quellen in den bücbem de natura deorum. 135
Bftd Phii. 8toic. rep. 38, 3 seine schrift ebenso mit der definition
dttgottesbegriffs, wie Cicero seinen zweiten teil, aber diese definition
•9eöv . . vooO|i€v KfiQfv ^oncdptov Kai öq)6apT0V Kai cuiroiiiTtKÖv
tv^pttmuiv) differiert bedeutend von der des Balbus. ftthren wir
Aber § 45 ff. auf den allein übrigen Poseidonios zurück, so sind wir
wieder mn eine quelle für den ersten teil in yerlegenheit. so kom-
tarn wir mit Hinel in endlose Schwierigkeiten, denen gegenüber die
amialiBie, Cicero sei bei derselben quelle geblieben wie vorher, habe
iber dcB rweck der beweise misverstanden, bei weitem das einfachere
osd natürlidiere scheint, zumal das mis Verständnis durch die ana-
iogn idilttMe des ersten teils sehr nahe gelegt war.
Nun BQcht Hirzel s. 220 ff. wahrscheinlich zu machen, dasz Po-
•eidonioe sich der in § 63 ff. angewandten mythenerklärung nicht
bedient habe, gegen seine erOrterung wird kaum etwas einzuwenden
iciB, aber sie beweist nur dasz Poseidonios die etjmologie und alle-
gohe aidit an stelle wissenschaftlicher gründe gebrauchte, wie es
Cbr7sii^[Kie gethan hatte, und in der that Ist bei Cicero, so weit die
itmg philoeophisdien beweise reichen, keine spur davon vorhanden.
h:xr aber bandelt es sich nicht mehr darum, die stoische lehre zu
rtOtaen, Mmdem die volksreligion einigermaszen mit ihr in einklang zu
Wagen. veiBchrnfthte Poseidonios auch hierbei jene mittel, so muste
er io liemlidi alle besiehungen zu den allgemeinen Vorstellungen des
lolk^s tmd dem hergebrachten cultus aufgeben, was er als stoiker
Tewis udit wollte, dasz aber gerade auf diesen punct unsere ganze
ndle hinaaslänft, zeigt ihr schlnsz: quoque eos nomine consuehub
»wucMpoPcrtf, hoc eos et venerari et colere dehemus usw. (möglicher-
weise folgte hier im original ein besonderer abschnitt über die gottes-
mthiiuig, den aber Cicero sehr kurz zusammengezogen hat), wir
ktaaen äso die mytben* und namenerklftrungen § 63 ff. nicht «Is
pvnd gegen Poseidonios gelten lassen, ja man wird gerade seine
oueht über dieselben darin erkennen dürfen, dasz sie nur mit masz
vad in gröster besehrftnkung angewandt sind.
Was die quelle für Ciceros dritten abschnitt, die lehre von der
vwiehang, betrifft, so spricht allerdings für Panaitios irepl irpovoiac
der mstand, dasz sich Cicero ad Att. XHl 8 diese schrift von seinem
STuade erbiUet. anderseits kann man für Poseidonios geltend machen
<U wahrseheinliehkeit, dasz Cicero bei seiner bisherigen quelle blieb,
«cu sie ihm irgend genügte, und die bestimmte angäbe des La.
Diog. Vn 138, dasz Poseidonios im dritten buche gerade denselben
Rgtnstaad behandelte, nun finden wir bei Diog. hinter dem erwähn-
ten otat folgende werte: (töv köcmov bioiKeicOat xara voCv Kai
Tpdvoiov . .) cic fiiTov aöToO M^poc birJKOVTOC toO voO , KaBdnep
(f* fniuhf Tifc VUXYIC* äXX* f[bt\ bt' div \kbi MdXXov, bt' Obv hk
fTTTOV. bl' diV ^iV Tüp die 2£tC K€XUJP11K6V, djC h\ä TdiV ÖCTÜJV Kai
'^^ vcupuiv* h\* div hk d)C voOc, ü)C bia toö f|T€MOViKoO. diese
'deasrkang kann, weil sie erheblich von der gemeinstoischen psycho-
«^abweicht, nur die lehre des Poseidonios enthalten (vgl. MHeinze
136 PSchwenke: Ciceros quellen in den büchem de natura deorum.
'die lehre Yom logos' s. 146), und es fragt sich nun, ob ihr etwas in
Ciceros abschnitt yon der Yorsehung . entspricht und ob Überhaupt
die stellen im zweiten buche, welche die psychologie berühren, mit
der Yon Poseidonios in seinem werke iT6p\ OeuJV Torauagesetzten
Seelenlehre übereinstimmen.
In der angeführten stelle des Diogenes werden ££ic und voöc
(ess XÖTOc) im menschen unterschieden, dies sind aber die ftaszer-
sten glieder der verschiedenen abstufungen oder dichtigkeitsgiude,
in wichen das wirkende princip die tote materie durchdringt (ygl.
Zeller phil. d. Gr. lU' 1 s. 178), zwischen sie fallen die qpucic und
ipuxrj, so dasz jeder dasse von wesen (den unorganischen, pflanzen,
thieren, vernünftigen wesen) eine dieser stufen zukommt, wie die
älteren stoiker sagen, wenn nun von ihnen abweichend Poseidonios,
von dem bekannt ist dasz er der menschlichen seele unvemfinftige
teile zuschrieb , die ^ic auch im menschen annahm , so musz er in
ihm auch die 9UCIC und x^vxA anerkannt haben, wie dies von seinem
lehrer Panaitios ausdrücklich durch Nemesios de nat. hom. s. 96 über-
liefert ist. ofifenbar kehrten beide zu der von den älteren stoikem
verlassenen lehre des Aristoteles zurück, dasz jede höhere stufe des
Seelenlebens die niederen mit in sich enthalte, auf diesem stand-
puncto steht durchaus Cic. II 33 f. : den pflanzen hat die natur nur
emährung und Wachstum gegeben, den thieren Wahrnehmung, be-
wegung und begehren, hoc homni amplius^ guod addidit ratio»
nem^ qiM regerentur animi adpetitus. es bleibt also neben der
Vernunft die thierische seele im menschen bestehen , wie die pflanz-
liche in thier und mensch, obgleich letzteres nicht ausdrücklich aus-
gesprochen ist. ganz dasselbe besagt § 29, wo dem thiere als hoch-
stes die begehrende^', dem menschen die vernünftige seele {mens »=
voOc) zugeschrieben wird, das alles wird man freilich für nieht-
Poseidonisch erklären nach der bekannten stelle über des Poseidonios
Psychologie bei Ghdenos plac. Hipp, et Plat. s. 476 , oder vielmehr
nach Zeliers erklärung derselben (ao. s. 517). diese ist aber ohne
zweifei irrig : wenn Poseidonios schon den pflanzen , nicht erst den
pflanzenthieren (bucK(viiTa, TTpocireqpuKÖTa öiKiiv qpuTi&v ir^Tpaic
fi Ticiv ^T^poic tgioOtgic) die diTiOuMioi zugeteilt hätte, würde er
bzw. Galenos jene sicher mit genannt haben, es ist deshalb unbe-
dingt die erklärung der stelle vorzuziehen, welche Hirzel s. 213 vor-
schlägt, nach der Poseidonios Oupöc und ^inOu^ia, welche er in dem
werke nepl iraOuiv in übereinstinmiung mit Piaton unterschied, nur
dem thierreich zuschrieb und nun ganz analog der Stufenfolge , die
wir eben betrachteten, innerhalb des thierreichs eine höhere und
niedere classe, welche auch gröszere und geringere grade der alc0r|cic
" qtdddam simile menlU, unde oriantur verum adpeUlui in § 89 ist am-
schreibuDg für die thierseele (h'UxA)« weil Cicero ein angemessenes wort
im gegensatz zu meng nicht sa geböte stand, ans dieser seele müssen
8OW0I nach Chrysippos als nach Poseidonios die begehrnngen der thiere
entstehen.
PSdiweiike: CkexoB quellen ip den bfichem de naiara deomm. 137
md Ktviiac ehmkieruieren, sonderte, von denen der einen nur die
tindv|iia, der andern auch der Ou^öc zukommt, die übrigen ffthig-
kotaB und atnfen der beeeelung kamen bei der frage nach den ndOri
ebcBflo wenig in betraoht wie bei onterscheidung von pflanze, thier
nid mensch die arten der öpcStC. ein widersprach zwischen der an-
gäbe Oalana und Cicero 29. 33 findet also in keiner weise statt, frei-
beh wird die meinong des Panaitios nicht erheblich abweichend ge*
«CMA aon. es iat also noch kein gmnd gegen ihn, wenn in Ciceros
tötem teile § 81 pflanze und thier ebenso unterschieden werden
wie 33. mehr dagegen deutet auf Poseidonios, was gleich darauf
folgt es soll bewiesen werden amnea res subietias esse naturae sen-
timti: weQ die weit pflanzen und thiere hervorbringt, musz sie selbst
gut von dem belebenden princip durchdrungen sein; etemrn (86)
fd reii^iMu naiuras amnes earumque semma contineatj quipotest ipse
«M nahuna admimistrari? tU^ si gui denUs eipuhertatem natura dicat
CMtere, jpmsm aiUem k^minem^ cui ea existatii^ non canstare natura^
Me nddi^ßai new. diese stelle entspricht so genau dem bei La. Diog.
ao. ans Poseidonios drittem buch über die götter angeführten ver*
gkicfa zwischen weit und mensch, dasz sie erst aus ihm eine nähere
aüaterosg erhält, während er selbst durch sie bestätigt und ergänzt
wird, denn ee ist nicht zu verkennen, dasz zahne und hart, welche
a mensehlichen kOrper wachsen, mit den vorher genannten vüis et
wkr in parallele gesetzt sind, sie sind also nicht zufällig, sondern
■it gutem gmnd als beispiele fttr die von der qpuctc durchdrungenen
teilt des menechen genannt, wie bei Diog. knocken und s6hnen für
äe Sic ob freilich Poseidonios den vergleich bis in alle einzel-
bsiim nnd eonsequenzen durchgeführt hatte, scheint sehr fraglich.
Sonst enthält der dritte teil nichts, was für unsere frage von
citseheidender bedentung wäre, die erwähnung des Poseidonios als
Ttriertigers einer sphaera (§ 88) kann ebensowol aus dessen eignem
werke genommen aU von Cicero hinzugefügt sein, dasz die zwei-
Uade besprechong der weltverbrennung § 85. 118 weder unbedingt
fcfn PanaitioB noch gegen Poseidonios spricht, hat Hirzel s. 225 ff.
gcseigt nach die von Poseidonios abweichende angäbe über die
grtee des mondes in § 103 beweist nichts (vgl. Hirzel s. 193), weil
et lieh in einer stelle befindet, in welcher Cicero reimota suhtüHale
äiyirfenJi (98) spricht, dh. wol, ohne sich genau an eine griechische
qscile sn halten.
Es ist nnn noch ein pnnct zu prüfen, auf welchen Hirzel s. 197 ff.
teil seiner aigumentation gegründet hat. § 132 wird, wie be-
fssagt, der dritte teil des Vortrags deutlich abgeschlossen und
|133 ee. mit klaren werten das thema des vierten, die specielle
Mrge der Vorsehung für die menschen, als gegenständ der unter-
wfiuig bezeichnet, in § 133 wird zuerst kurz bewiesen, dasz die
weh um der götter und menschen willen geschaffen sei, dann 135
—163 die sweckmäszigkeit und vortrefflichkeit des menschlichen
lArpeiB und geistes betrachtet, dennoch vrird dieser abschnitt § 153
138 PSchwenke: ClceroB qaellen in den büchem de nattixa. deoram.
80 abgescfalossen, als gehöre er noch zum nachweis der vorsehnng
überhaupt, und 154 fortgefahren, als begänne hier erst der vierte
teil: reatat uJt doceam atque aUqua/ndo perorem^ omma . . homimm
causa facta esse, dies war aber, wenn auch kurz, schon 133 bewiesen
worden, da nun auch auszerdem in den folgenden §§ einige ge-
dankenreihen, nur ein wenig anders gewendet, mit dem vorhergehen-
den parallel laufen, so musz man annehmen dasz Cicero mit § 154
zu einer andern quelle übergieng und, um die wiederholmigen zu
verdecken, § 133 — 153 zum dritten teile schlag, weil aber § 162 die
mantik bestimmt anerkannt wird, kann die zuletzt benutzte quelle
nicht Panaitios, sondern nur Poseidonios sein; vorher aber mosz
Cicero einem andern , also Panaitios gefolgt sein.
So einleuchtend diese Vermutung auch ist, wird man doch nach
dem resultate der bisherigen Untersuchung, welches für den dritten
teil zwar Panaitios nicht unbedingt ausschlieszt, aber mit grOszerer
Wahrscheinlichkeit auf Poseidonios führt, eine andere aalSassong der
betrefiienden stellen nicht von vom herein zurückweisen dürfen,
wenn unsere annähme, der bisher nichts widersprochen hat, richtig
ist , dasz nemlich jeder der vier teile des stoischen yortrags einem
buche des Poseidonios entspricht, so begann Cicero mit § 133 das
vierte zu excerpieren. nun klingt § 1 33 wirklich ganz wie die ein-
leitenden Worte eines neuen buches, durch welche die darstellung
von der betrachtung der Schöpfung überhaupt auf den menschen
übergeleitet werden soll, dies wird durch die außaUende, mit der
Umgebung contrastierende kürze, mit welcher der betreffende punct
behandelt ist, und dadurch bestätigt, dasz das thema des vierten
teils, a dis inmcrtoLibus hyminüms esse provisum, erst nach jenen
Worten angekündigt wird, daher wird es wahrscheinlich, dasz im
griechischen original nicht so abschlieszend gefolgert war wie bei
Cicero : üa fU credibüe dearwn et hominum causa factum esse mundum,
sondern dasz dies Cicero in verkennung des eigentlichen Zweckes der
stelle und in Unkenntnis des später folgenden hinzugefügt hat. dann
erhalten wir von § 134 ab eine wolgeordnete darstellung, welche in
unmittelbarem anschlusz des ersten arguments an die vorhergehende
betrachtung der zweckmäszigkeit und Schönheit der übrigen weit,
die sorge der götter für den menschen nachweist 1) aus dem mensch-
lichen körper und geist (134 — 153), 2) aus der übrigen natur welche
um des menschen willen geschaffen ist (154 — 162), 3) aus der mantik
(162 f.). damit ist der hauptanstosz, die doppelte behandlung des
punctes 2, beseitigt; wenn auszerdem ähnliche gedanken an mehreren
stellen nur wenig verschieden verwendet werden, wenn zb. die her-
schaft des menschen über die natur zugleich als beweis für die Über-
legenheit seines geistes und dafür, dasz alles zu seinem gebrauche
geschaffen sei, benutzt wird, so liegt das in der natur der sache
und konnte kaum vermieden werden, allerdings stört auch so noch
der schlusz von § 153 und der anfang von 154, es wird aber gerade
darauf nach dem oben aufgestellten grundsatze nicht allza viel ge-
PScbwcnke: Cicerofi qaellen in den büehem de natura deorum. 139
«bht la legen und nach den bisherigen erfahrongen gerathener sein,
dsa fiüache daran eher Giceros ungenauem Verständnis und seiner
iOeiitigkait als seiner Überlegung und absieht zuzuschreiben.
Man wird zugeben müssen dasz diese auffassung an sich nicht
weniger berechtigt ist als die Hirzels, ich glaube für sie übwdies
Bocb einen taszem grund anführen zu können.
Die stelle Ton § 133 ab zeigt im ganzen und einzelnen grosze
ihafichkeit mit Xenophons apomn. I 4, 5 ff. IV 3, 3 ff., und da
Cioeiü augenscheinlich nicht direct aus ihm geschöpft hat, so ist es
wakneheinlieh, dasz bereits seine quelle nach jenem vorbilde ge-
arbeitet war« die Ihnlichkeit erstreckt sich bis § 162 f., wo ebenso
vie spemn. I 4, 15. lY 8, 12 die mantik als letzter beweis der gött«
liehen iüreorge für den menschen aufgeführt wird, wenn man also
sieht aanefamen will dasz sich ans zwei verschiedenen autoren, die
beide Xenophon zum muster nahmen, die betreffenden stücke zu-
fillig bei Cicero zusammengefunden haben, musz man die ganze
•teile tiaer griechischen quelle zuschreiben.
Dasi ttber wirklich eine griechische schrift existierte, welche
Midben stofi^ den Cicero vor und nach § 154 vorträgt, in gleicher'
ordnuig und weise behandelte, scheinen die ersten ^f reden des
biechob Theodoretoe über die Vorsehung zu beweisen, ihren inhalt
gibt der readaa§ex selbst de prov. 9 (bd. IV s. 632 f. Schulze) fol-
ffwdennaezen an: • . ^äpTvpac 'naprifayo^v elc m^cov oOpavöv
«u t4v kca ddXoccav wol\ d^pa ical rd dv toutoic fiiravia cui^aTa . .
<i. 2), Kol irpöc TOUTOtc Tf|v TUfV äv8puiic€tu)V cui^dTOJV Kara-
CKorfjiv . . (3), Td OcöcbOTOv Toö Xötou buipov, bt ' od TUlV dvOpui-
cwv i\ «pucic xal t^uiptiav eöpe xai vauriXuxv . . Kai rdc dXXac
ÖKicoc T^xvoc xal imcTTJ^ac . . (4). diT€b€i£a^ey bk . . Kai tujv
^MfV ivi^pttiv T€ Kttl dtpiuiv Tf|v XP^ictv (5) usw. man erkennt
dsrii unsohwer die grundzüge des stoischen Vortrags bei Cicero
i 115^162, und auch die ausführung im einzelnen zeigt trotz ihrer
gieeten breiie und der eingemischten specifisch chrisüichen argu-
■eat» and citate eine oft überraschende ähnlichkeit mit Cicero (vie-
*ei ist in Crenzers ausgäbe angeführt), aus diesem selbst aber hat
Theodoretoe nicht geadhöpft, wie die wörtliche Übereinstimmung mit
ttdem Oriechen zeigt ebenso unwahrscheinlich ist es, dasz er bei
bttitaBg verschiedener Schriften von Xenophon, Piaton, Aristoteles,
öalenoe und vielleicht noch Nemesios von Emesa zu demselben stofF
ksd derselben disposition wie Cicero gekommen sein sollte, es bleibt
ftUo nur die directe oder indirecte benutcung der gleichen quellen-
i^irifi fiVrigt wenn dieselbe auch bei Theodoretoe etwas freier wieder*
gegeben und in dem abschnitt über die vortrefilichkeit des mensch-
IkhsB körpers manches nach den resultaten der spätem forschung,
u&cBilieh des Oalenos, berichtigt ist.
Ist demnach die Verteilung des vierten abschnitts und somit
^ gtasen zweiten buches auf verschiedene quellenschriften abzu-
heilen, so bleibt als ergebnis unserer Untersuchung bestehen, dasz
140 PSchwenke: Ciceros quellen in den büchem de natura deorum.
Cicero in der darstellnng der gesamten stoischen theologie, so weit
er sich überhaupt an ein griechisches muster hielt, des Poseidonios
Schrift iT€pi Oeoiv folgte, deren vier ersten bttchem seine vier teile
entsprechen, ohne dasz er jedoch in § 3 ihren Inhalt vollständig an-
gegeben hätte, auch sonst hat er mehrfach den inhalt seines Originals
nicht richtig a^fgefaszt und falsch wiedergegeben und so den schein
veranlaszt, als habe er mehrere quellen nicht gehörig verarbeitet.
IV.
Dasz dem dritten buch eine schrift des Rleitomachos zu gründe
liegt, ist unbezweifelt und durch Hirzels schöne bemerkung zu § 91
(s. 243 f.) aufs neue bestätigt worden, ich will daher nur mit weni-
gen Worten anzudeuten versuchen, wie Cicero diese schrift zu seinem
zwecke verarbeitete und in wie weit wir aus seiner darstellnng auf
form und inhalt derselben schlieszen können.
Hier ist sicher, was wir bei der ersten rede Cottas nur anneh-
men konnten , dasz in der griechischen quelle auf das original des
zu widerlegenden abschnitts keine rttoksicht genommen war, weil
dieses selbst später verfaszt war als jene, wenn unsere Untersuchung
über die vierteilung des stoischen Vortrags ein richtiges resultat er-
geben hat, muste Cicero sogar diese erst in den bei Kleitomaohos
vorgefundenen stoff hineintragen, sollte ausserdem auoh im ein-
zelnen die Ordnung des zweiten buches eingehalten (§ 10) und femer
die hauptsächlich gegen Chrysippos gerichteten argumente des Kar-
neades, wenn nötig, so umgeformt werden, dasz sie auch gegen Po-
seidonios-Balbus galten, so gehörte zur ausarbeitung der akademi-
sehen kritik der stoa eine Vertrautheit mit dem inhalt der griechi-
sehen quelle und des eignen zweiten buches, wie sie Cicero jeden«
falls nicht besasz, und eine Sorgfalt welche er bei der Schnelligkeit
seines arbeitens nicht anzuwenden geneigt war. es ist daher nicht
zu verwundern, dasz manche ungleichmäszigkeiten und versehen
vorkommen, deren zahl noch vermehrt werden würde, wenn nicht
der gröste teil des abschnitts , welcher von der Vorsehung handelte,
verloren gegangen wäre.
Die stoischen dogmen und beweise, welche Cotta widerlegen
soll, führt Cicero auf verschiedene weise an : entweder bezieht er sich
bestimmt auf eine äuszerung des Baibus {dieebas^ cammemarabas^ tibi
videbatur uä.), oder er bezeichnet sie nur als stoisch überhaupt (dtci-
tis^ dicere soUtis^ vohis videtur^ placet uä.), obgleich auoh von diesen
manche von Baibus vorgetragen waren, offenbar hat Cicero in
ersterm falle die betreffende stelle des zweiten buches vor sich , in
letzterm nicht, nun wendet er aber diese beiden arten der anfüb-
rung nicht an derselben stelle neben einander an, sondern gebraucht
in ganzen groszen abschnitten ziemlich ausschliesslich die eine oder
die andere, die erste § 6—28. 39—65, die zweite 29—38. 66 — 93.
er hat sich also stellenweise enger an Kleitomaohos angeschlossen,
um dann eine zeit lang die stoische darstellung wieder mehr zn be-
PSehwenke: (^oeros qaellen in den büchem de natura deorum. 141
ileksiehtigeii. ein kurzer überblick über den inhalt des dritten
boebtt in seinem Terbftltnis zum zweiten wird dasselbe lehren.
In der Widerlegung des ersten teils (7 — 19) erklärt Cicero sich
gesm an die rede des Baibus halten zu wollen {mandavi enim memo-
fim wm nmmerum sdktm^ sed eUam ordinem argiMnefdonun tuorum
§ 10) und führt das bis § 17 durch; von da an aber zählt er alle be-
wdie TOtt n 16 — 44 nur kurz auf und verschiebt ihre behandlung
wd den teil Aber die Vorsehung, dann geht er (20) zum zweiten
pvaete seiner stoischen einteilung ttber und spricht § 20 — 22 gegen
n 45 £ da aber Zenons beweis für die vemflnfügkeit der weit II
46 t nur bertthrt, dagegen 11 21 vollständig wiedeigegeben war,
•ebttgt er, wie die wOrtlidie Übereinstimmung beweist, letztere stelle
wieder nach, bleibt jedoch dabei nicht stehen, sondern geht III 25
•ogir auf n 16 zurQck und schlieszt sich nun an die stoische reihen-
folge an, bis er wieder bei § 21 anlangt, nun gehört aber alles dies
m demjenigen pnncten, wache er nach § 17 f. mit dem abschnitt
Aber ctie TorBefaang verbinden wollte, wie kommt er also dazu, sie
jetzt idicm vorwegzunehmen? offenbar ist er dazu durch die dispo-
ntioa seiner quelle veranlaszt, welcher er, wie Sextos Emp. IX 108
mf^ m 22 f. gegen U 46 («* 21) entnimt. er würde sonst kaum
niiem bisherigen verfahren zuwider den stoischen vertrag rück-
«irts anstatt vorwärts verfolgt haben, eben dafür spricht, dasz
gUch daranf in dem stücke, welches die andere art zu citieren an-
«vadet, also sicher auf der griechischen schriffc beruht, gegen die
•toisehe lehre vom feuer gekbnpft wird^^ welche ebenfalls in § 18
Bit genannt war. und doch konnte Cicero an jener stelle (§17 f.)
knae andere abaiGht haben, als sich der Unbequemlichkeit, welche
am das einhalten der stoischen Ordnung verursachte, zu entziehen:
er wollte die gründe nicht einzeln aus Kleitomachos zusammen-
■sehea, sondern sie dann vorbringen, wenn dieser sie ihm an die
bad i^be; er glaubte also, dasz seine quelle die aufgezählten stoi-
Kbn lehren in Verbindung mit der Vorsehung bespreche; dies er-
weiil mh aber jetzt für einen grossen teil derselben als Irrtum.
Mer intnm erklärt sich am leichtesten durch die annähme, dasz
4cr titel der benutzten schrift irepi npovoiac oder ähnlich lautete. '^
dittelbe enthielt-wahrscheinlich als erstes argument gegen die gött-
" S 36 tt. swar wird § 37 wieder aaf eine spätere stelle Terwiesen
W loüm quaie tii mox), aber kaum aus dem gründe welchen Schümann
«•fibt, weil Cieero üeh erinnere daas die lehre von der emährung der
ftüinM von Balbus im dritten teil vorgetragen worden sei. denn
öctro aimt in dem gansen stück überhaupt keine rücksicht auf das
<«eitc buch, und wenn er sie nähme, entsprächen seine werte eher
U 4C 4S als 118. wahrscheinlich aber versteht er unter hoc iotum die
t*b« von der bownsten und vernünftigen bewegung und thätigkeit der
^■■•eUkdrper, welche dem aussprach des Kteanthes au grande liegt.
*' ist dioa richtig, so kann die schrift nur gegen die Stoiker, nicht
^cb gegen Epikur gerichtet gewesen sein, dadurch wächst die wahr-
KstiaUehkeit des resultats. welches wir oben über den zweiten teil des
«vua buckes erhielten.
142 PSchwenke: Ciceros quellen in den büohern de natura deorum.
liebe Yorsehung den beweis, dasz götter Überhaupt nicht existieren
(ygl. das analoge verfahren im umgekehrten sinne II 75 ff.)^ und die*
ser lieferte den stoff zu den ersten zwei teilen Ciceros. es Iftszt sich
also leicht mit unserer annähme vereinigen, dasz in § 29^-38 , wo
die Unmöglichkeit des gottesbegrifiPes dargethan werden soll, Cicero
sich enger an seine queUenschrift ansdblieszt und auch 39—64,
welche gegen die einzelnen stoischen götter gerichtet sind, zum teil
ihrer anordnung folgt; obgleich er hier wegen der vielen in frage
kommenden einzelheiten, etymologien, erklärungen usw. genötigt
ist die entsprechenden , in der Ordnung etwas abweichenden stellen
II 60 ff. einzusehen, aufs beste aber iaiSt mit unserer annähme zu-
sammen, dasz er III 65 zum dritten teil übergehend erkllErt diesen
accuratius behandeln zu wollen, leider können wir dies nicht mehr
verfolgen; der erhaltene schlusz aber zeigt, wie sehr er sich von der
rUcksicht auf die stoische darstellung freigemacht hat. § 66 ff. ent-
spricht der stoischen auseinandersetzung von der vortrefflichkeit des
menschlichen geistes (11 147 ff.) , ohne dasz irgend etwas auf diese
stelle hindeutet, wl&hrend das was im zweiten buche folgt, der beweis
dasz alles für den menschen geschaffen sei und die mantik, dann gar
nicht erwähnt werden, es folgt § 79 ff. der vielgebrauchte grund
gegen die Vorsehung, dasz es dem guten schlecht, dem schlechten
gut gehe, und die Widerlegung der stoischen theodicee, auch dies
ohne alle berücksichtigung des stoischen Vortrags, ja zum teil in
Widerspruch mit ihm« denn der einwand, welcher § 93 dem stoiker
zugeschrieben wird : nan curat (deus) ainguJos hammeSj ist das gerade
gegenteil von II 165, wo behauptet und durch denselben sorites, den
Gotta jetzt umgekehrt anwendet, bewiesen wird, dasz die Vorsehung
für einzelne menschen sorge, es ergibt sich daraus, dasz Cicero nur
noch seine griechische quelle vor sich hat.
Ziehen wir kurz das resultat aus dem vorstehenden, so dürfen
wir, abgesehen überall von den selbstverstfindlichen zuthaten Ciceros
(einführung römischer beispiele\idgl.), nur § 29 — 38. 66 ff« für eine
im allgemeinen treue nachbildung einer schrift des Kleitomadios
über die Vorsehung halten; spuren von der anordnung dieser schrift
finden sich auch § 20 — 28. 39—64, und den stoff, so weit er auf
einer griechischen quelle beruht, bot sie sowol in «diesen partien als
§ 11 — 17; es konnte aber Cicero nicht schwer fallen nach analogie
des vorgefundenen, wenn nötig, eignes hinzuzufügen, es dürfte da-
her bedenklich sein, mehr davon für echt Eameadeisch zu halten,
als durch parallelstellen des Sextos Empeirikos beglaubigt ist.
Kiel. Paul Schwenke.
L
CHachtmann: zu Livina [XXVII 44, 7]. 143
23.
ZU LIVIUS.
Liviua schildert XXVjQ 44 die aufregung die im j. 207 vor Ch.
in Born herschte, als Hasdmbal den zug über die Alpen glttcklich
Tollendet hatte und nun durch Italien marschierte, um seinem bru-
der Hannibal die hand zu reichen, die angst, die damals die gemttter
aller erfttUte, erscheint uns durchaus gerechtfertigt, wenn wir be-
denken dasz jetzt von zwei seiten den Bömem die gröste gefahr
drohte, namentlich besorgte man dasz Hannibal, der bei Canusiam
lagerte, in der nächsten zeit losschlagen und mit leichtigkeit den
flieg davon tragen werde, da ja der consul Claudius Nero mit dem
gröflten und besten teile des heeres heimlich aus dem lager abge-
sogen war, um mit dem andern consul M. Livius Salinator gemein-
sam den Hasdmbal zu schlagen, es kam dazu dasz im jähre zuvor
Hannibal die beiden consuln M. Marcellus und T. Quinctius Crispinus
in einen hinterhalt gelockt und beiden den Untergang bereitet hatte ;
man befürchtete also mit recht dasz jetzt, wo die Verhältnisse für
den Punier viel günstiger lagen, er seinen gegnem einen noch
viel empfindlichem schlag versetzen werde, veteres eitis bdli dadeSj
sagt Livius ao. § 5, duo consules praximo anno interfeäi terrebant^
ef ea omnia occtdts^e, cum unus mperator^ unus exerdius hastium m
Italia €8set: nunc duo heUa Punka faäa^ duos ingentes exercUus,
duo$ prope HanmbdUs in Italia esse, dieser gedanke wird alsdann
in § 6 mit den werten begründet: quippe et Hasdrübalem patre
todim HamHoaire genitum, aeque inpigrum ducem, per tot annos in
Hispania Eomano exercUatum beUo^ gemvna victoria insignem duobus
exereitibus cum darissimis ducibtis ddetis. darauf fährt Livius fort:
nam itineris quidem celerüate ex Hispania et concitcUis ad arma
GaUids gentibttö müUo magis quam Hannibalem ipsum ghriari posse
usw. Weissenbom bemerkt zu den werten nam itineris : ^as zu be-
gründende «in mancher beziehung steht er sogar über Hannibah
wird nicht besonders erwähnt.' man musz also erst einen gedanken
einschieben, damit die conjuncüon nam motiviert werde: denn dasz
sie zu dem vorhergehenden satze keine beziehung hat, leuchtet so-
fort ein. durch diese erklärung wird also eine Unterbrechung in der
gedankenfolge constatiert, die ich gerade in der vorliegenden stelle,
wo sich die einzelnen gedanken so eng an einander reihen, für sehr
hart halte, es erscheint mir daher gerechtfertigt die frage aufzu-
werfen: läszt sich durch eine einfache und leichte änderung dieselbe
beseitigen? vergleichen wir, indem wir einstweilen die conjunction
nam ganz unberücksichtigt lassen, den Inhalt der folgenden werte
itineris quidem cderiiate ex Hispania et concitatis ad arma OaUicis
gentibus multo magis quam Hannibalem ipsum gloriari posse mit dem
vorhergehenden gedanken, so ergibt sich, um es mit wenigen und
dürren werten zu sagen , folgender sinn : ''in manchen beziehungen
144 €HacIitmann: zu Livius [XXVII 44, 7].
stehe Hasdrubal dem Hannibal gleich {palre eodem Hamücare
genüum, aeque inpigrvm ducem usw.), in manchen beziehongen
aber sogar höher.' es enthält also dieser zweite gedanke eine
Steigerung, und dieses Verhältnis zu dem unmittelbar yorfaer-
gehenden satze tritt nach meinem dafürhalten klar and deutlich
hervor, wenn wir für nam an unserer stelle iam in der bedeatung
^vollends' einsetzen, dasz iam auch ohne hinzugefQgtes vero gerade
bei Livius oftmals den begriff der Steigerung enthält (ygL Kühnast
Liv. Syntax s. 361), dafür läszt sich eine ganze reihe von beispielen
anführen; es genüge einige davon zu eitleren: I 9, 9 muUi martalts
convenerej studio etiam videndae novae urhi$^ nMocim»propi/i/iqiH qm-
que, CaemnenseSy Ottö/umint, Antemnatea^ iam (Scheibe corrigiert«
allerdings etiam) Sabinorum omnis muUUudo eum Uberis ac comugi-
1ms venu. IX 19, 8 f. statarius uierque miles ordines servans; sed iUa
phalanx inmobiUs et imius generis^ Bomana ades distinctiar^ expluri-
hus partibus canstans, faciUs partienti guacumque opus esset, facilis
iungenti. iam in apere quispar Romano mües? III 34, 7 f. vulga-
tur deinde rumor ^ duas deesse tabulasy quiJbus adiectis äbsoUripossf
vekU corpus omnis Bomani iuris, ea exspectatio, cum dies comitiorum
appropinquarä , desiderkim decemviros iterum creandi fedt. iom
ptebs, praeterquam quod consuhim nomen haud secus quam regum
perosa erat, ne tribunicium quidem auxüium cedentibus invicem appel-
latione decemviris quaerebat. XXni 5, 15 triginta miUapecUitum, qmt-
tuor arbüror ex Campania scribi passe; iam pecuniae affaiim est fru-
mentique. XXVIII 3, 8 quod ubi animadvertU ScipiOy nimia pauci-
tote suorum exaequatum certamen esse, et iam eo ('und schon da-
durch, vollends dadurch') superare hastem, quod ex murapugnaret
usw. vgl. XXIX 3, 13 f. während in diesen beispielen das adverbiam
iam allein den begriff der Steigerung enthält, wird dieselbe an der
von uns behandelten stelle noch besonders durch die hinzufügnng
von quidem zu den werten Uineris cderitate hervorgehoben, man
vergleich» damit die stelle bei Cicero de fin, I § 56 iam iüud qui-
dem perspicuum est animi maximam aut voluptatem aut moUstiam
usw. dasz nam und iam in den hss. sehr häufig verwechselt worden
sind, ist bekannt (vgl. EUendt zu Cic. Brutus 43, 159); es sei be-
sonders hervorgehoben die stelle bei Cicero de imp, CW. Pomp. 9, 'i-^
nam hoc fere sie fieri solere accepimus usw. , wo nur 6ine hs. die les-
art nam gibt, während die übrigen iam bieten, mit recht hat Sejfiert
(schol. lat I § 23) die lesart iam an dieser stelle als unrichtig ver-
worfen und nam eingesetzt; Halm, Eberhard und Heine haben sieb
ebenfalls fUr nam entschieden, wie hier nam für iam gelesen wor-
den musz , damit der Zusammenhang zwischen den beiden gedanken
klar hervortrete, so ist nach meiner ansieht bei Livius umgekehrt
tarn für nam zu schreiben, damit die beiden aufeinanderfolgenden
Sätze in ein deutliches Verhältnis zu einander gebracht werden.
Sbehausen in der Altmark. Carl Hacbtmakk.
ERSTE ABTEILUNG
FÜB CLASSISCHE PHILOLOGIE
HSRAU80E0EBBK VOK ALFRED FlECKEISEN.
24.
DAS DEUTSCHE INSTITUT PUR ABCHÄOLOGISCHE
CORRESPONDENZ.
EIKE SBMISAEOULAB-EBIMNEBXTHa.
In Bom, rlaube ieh, ist die höbe schule
für aUe weit.
Winckelmann«
Am Jahrestag der grOndtuig der atadt Rom, am 21ii april, &nd
im j. 1829 die feierliche erffffiiong des Instituts für archäologische
cooeqKmdenz im palano Cafhrelli in Rom statt, und am gleichen
tage wird in diesem jähre die erinnening an dieses bedeutende er-
ognis Mnd das jubilfiom des fünfzigjährigen bestandes dieser segens-
tndkm aastalt in deren eignem neuem gebäude auf dem Capitol fest-
lich b^gangoi werden, wie dieselbe entstanden und was aus ihr in
&am halben Jahrhundert geworden, sollen in kurzen zügen die
folgenden mitteiiungen den leeem dieser blätter vor die seele fahren,
vidn nichts neoes, allen eine pietätsvolle erinnemng.
Aaf kein Tolk hat die ewige stadt eine so dauernde anziehungs-
faift ansgeabt wie auf das deutsche, so alt unsere geschichte, so alt
nd unsere besiehungen zu dieser gewaltigen zaubenn. und so ver-
MMnbxingend dieser magische zug nach Italien für unser volk in
fehtisdier und religiöser beziehung gewesen ist ^ so viel verdanken
vir denuelben fttr unsere cultur, speciell fttr unsere kunst und
visMosohaft zweimal hat ja Italien die erbschaft der griechischen
cslUir im vollsten masze angetreten, nach dem Untergang der alt-
Wllfaisfhcn freiheit und nach dem fall von Constantinopel, und nur
Iber Italien, in erster linie Aber Rom ist griechische bildung auch
n OS Hyperboreern gedrungen. Rom schien auch zur httterin aller
tcklln des altertoms berufen» wie keine zweite stadt. aber die un-
ttnsnliche ftUle dieser schätze der litteratur und der kunst in ver-
bttdimg mit dem umstände, dasz man sie mit dem äuge des patriotis*
^•«iMchcr ftr elmt». phüol. 187S hfl. S. 10
146 PWeizsäcker: das deutsche Institut für archäol. correspondenz.
mus als erinnerungen der eignen vorzeit anschaute, bewirkte bei
.den Italianem eine gewisse im eigentlichsten, nicht gehftssigen sinn
dilettantische behandlungsweise derselben, in der man bemüht war
die schaden und mttngel zu verstecken und die trümmer als ganzes
Yor äugen zu stellen, fttr die dem classischen altertum örtlich und
ethnisch femer stehenden Deutschen dagegen fiel dieses int^resse
weg, ihnen war es bei ihren humanistischen Studien vielmehr darum
zu thun^ das thatsttchliche vom erdichteten, das echte vom unechten,
den kern von der schale zu scheiden, und so waren sie bald tiefer in
das wahre wesen des altertums eingedrungen als die ItaliSner, die
dasselbe so zu sagen vielmehr sich assimiliert als objectiv erforscht
hatten, reisen in das classische land hatten aber auch jenen die an-
entbehrliche persönliche anschauung der antiken monumente ver-
schafft, und die fruchte dieser Wanderlust nach Italien machten sich
bald in kunst und Wissenschaft aufs glänzendste geltend, der auf-
Schwung der monumentalen maierei in Deutschland im anfang un-
seres Jahrhunderts ist den Studien unserer künstler in Bom za ver-
danken, die ausdehnung und Vertiefung der altertumsstudien in
Deutschland wurzelt in dem gleichen boden, nur mit dem onter-
schied, dasz die deutsche archäologie, um in Bom wurzel fassen zu
können, den neid und die eifersucht der Italiäner zu überwinden
hatte, die sich in ihrem eignen Vaterland, auf ihrer eignen dom&ne
ungern von den fremden überflügelt sahen, ein Winckelmann mnste
noch sein Vaterland aufgeben und 'sich an die fremde verkaofen',
um in Bom wirken zu können, wo man bewustoder nnbewust durch
seine anstellung als aufseher der städtischen altertümer den vorrang
der deutschen bildung vor der einheimischen anerkannte.
Seit Winckelmann ist der zuzug deutscher künstler und ge-
lehrten in beständigem wachsen begriffen: ich nenne nur Gk>ethe,
Zoega, Welcker, Humboldt, und zu anfang des Jahrhunderts finden
wir daselbst eine ganze colonie von künstlem, welche den grösten
Deutschlands nicht nur, sondern aller Völker und zeiten beizuzählen
sind, und von forschem, die durch emsiges sanmieln und suchen der
monumente das gesamtbild des classischen altertums zu vervoÜBtSn-
digen bemüht waren, insbesondere waren es die preuszischen ge-
sandten, Humboldt, Niebuhr, Bunsen^ um die sich diese deutsche
colonie als um einen willkommenen mittelpunct scharte, nnd die
auch selbst regen und thätigen anteil an diesen altertumsstudien
nahmen, das bedeutsamste zeugnis und denkmal dieses einmütigen
zusanunenwirkens, wo es galt festen und zuverlässigen grond fllr
weiteres forschen zu legen, ist die von Niebuhr begründete und von
seinem amtsnachfolger Bunsen im bunde mit Platner, (Gerhard,
Bösteil fortgesetzte 'beschreibung der stadt Bom'. aber auch aus an-
deren nationen strömten gleichgesinnte herbei, und so finden wir in
den zwanziger jähren in Bom beisammen die Deutschen: Bunsen,
£duard Gerhard, Eestner, Platner, Panofka, Thiersch, Schom, die
Dänen Bröndsted und Kramp , den Esthländer Otto v. Stackeiberg,
FWeizsIcker: das deutsche Insiitnt f%lr archäol. correspondenz. 147
da Englinder QtU^ nicht zu reden von den Italiftnem selber, unter
deaen nftmentlich Inghirami eine emsige thtttigkeit in publicationen
entwickelte, wol waren znnftchst alle diese männer, soweit sie nicht
zngleieh an der n>e8chreibüng Roms' teilnahmen, mit eignen arbeiten
b^hlftigt; allein die gemeinsamkeit des ortes und des zieles ihrer
itndien im groazen brachte es unausbleiblich mit sich, dasz sie nicht
bloss in personlichem gesellschaftlichem verkehr mit einander stan-
da, Bondem auch gemeinsame lectflre trieben, gemeinschaftliche
toftige machten und das lebhafte bedürfhis des gegenseitigen aus-
tsBsehes der neuen resultate ihres forschens empfanden, ein frischer
htodi froher Schaffenslust belebte die ganze poetisch angewehte ge-
nUiehaft, die sich danach auch den romantisch-symbolischen namen
der bjperboreisch-rOmischen beilegte, aber das zusammenleben
Termochte jenem mangel keineswegs in genagender weise abzuhelfen,
'msa erkannte' sagt Curtius *die notwendigkeit , f^ ein Studium,
wddies so sehr wie die denkmftlerkunde einen regsamen austausch
Teriaagt, einen mittelpunct zu schaffen, von dem aus alle erweiterun-
gCB arehSologischer kenntnis in wort und bild rasch zur kenntnis
aüer mitforseher und altertumsfreunde gelangen könnten.' das
KoBstblatt und auch das Morgenblatt, deren sidi Gerhard zuweilen
nr TerOffentlichnng seiner neuen archftologischen entdeckungen be-
diate, konnten dieser anforderung nicht genttgen. Gerhard, der,
cnprflsglich nicht archftolog von fach, sondern erst durch den auf-
«Bthalt in Born dazu geworden, an breite und tiefe der philologischen
ksutniflse alle seine genossen Übertraf, war gleichwol auf dem neuen
gebiete der thStigste und trotz seines hemmenden augenleidens un-
enaadlichste in dem streben der gesellschaft ein eignes organ für
ibe Wirksamkeit zu schaffen, es sollten danach in regelmäszigen
teftca interessante denkmftler publiciert und von abhandlungen be-
rloUt werden, f&r diese ^hyperboreisch-römischen Studien' hatte
v selbst bereits drei abhandlungen fertig gestellt, andere beitrSge
litteB Stackeiberg, Hirt, Sarti, Panofka geliefert, schon waren
atk die kupfer für ein heft 'monumenü inediti' (12 tafeln) ge-
fiodien, als der Verleger Cotta, der sache überdrüssig« den vertrag
lofkfiadigte.
Aber Gerhard war nicht zu entmutigen, die hjperboreisch-
iWachen atndien gab er spSter (1833 und 1852) in zwei bftnden
Bit neuen beitragen heraus ; der plan aber, der denselben anfänglich
n gründe gelegen, gewann neues leben durch Gerhards bekannt-
idsfl mit dem duc de Luynes, einem für kunst und Wissenschaft
dtgvistertett franzteischen edelmann. diesen gewann er für die
v^^deraofhalone jenes planes, der nun dahin erweitert wurde, dasz
ja Pttis unter redaction des damals dort befindlichen Panofka ein
'.maal uaiversel de Tarch^ologie mit aufsätzen in f^ranzOsischer,
«tfiaifcher und lateinischer spräche erscheinen und von einem
'«Ostia begleitet sein sollte, das fortlaufenden bericht über neue
'■tdectamgen zu geben hätte', damit war die hyperboreisch-rOmische
10»
148 P Weizsäcker : das deutsche Institut für archäol. correspondenz.
gesellschaft zu einer europäischen erweitert, aber die ausf&brang
des planes erfuhr abermals eine Verzögerung durch Panofkas Weg-
gang von Paris im j. 1828, wodurch das unternehmen wieder in
eine neue , diesmal wesentlich andere phase trat.
Oerhard wandte sich nemüch jetzt an Bunsen. dieser ergriff
die idee mit lebhafter teilnähme, schlug aber vor den plan zu ändern,
^ich fand' schreibt er am 24 Januar 1829 an Niebuhr *dasz ich kei-
nen beruf hatte mich hierfür (für jenes Journal universel) zu inter-
essieren, schlug aber vor den plan zu reformieren, auf herausgäbe
von monumenti inediti und factischen notizen zu beschränken und
diese in Bom zu tage zu fordern.' von groszer bedeutung für
das gelingen war die anwesenheit des prenszischen kronprinzen
Friedrich Wilhelm (IV) in Bom im herbst 1828. dieser faszte die
idee mit freuden auf und liesz sich sogar von Gerhard bewegen das
protectorat der gesellschaft zu übernehmen, eine gunst von hohem
werte, wenn man bedenkt auf welchen vnderstand diese im wesent-
lichen deutsche institution in Bom stoszen konnte, in der that zeig-
ten sich auch Italiäner und Franzosen durch die neue Wendung der
Sache verletzt und gekränkt, und nur Fea begrüszte das werk mit
dem aufrichtigen beifaU, der aus dem interesse für die sache kommt
und andere rücksichten nicht kennt.
Durch diesen gang der dinge war nun der plan so weit gediehen,
dasz am 9n december 1828 als an Winckelmanns geburtstag bei
Bunsen die bestimmte Verabredung zur gründung des Instituts ge-
troffen werden konnte, an Gerhard trat nun die weitere aufgäbe
heran, die nötigen Vorbereitungen zur eigentlichen erö£fhung des
Instituts zu treffen, und seiner unermüdlichen thätigkeit gelang es
auch trotz der sich erhebenden Schwierigkeiten die Organisation und
die Statuten auf die bestimmte zeit fertig zu stellen, während Bunsen
für die äuszere Sicherheit der neuen gründung thatkräftig einstand
und für die Unterbringung derselben im preuszischen gesandtschafts*
hotel die erforderlichen räumlichkeiten zu schaffen wüste, so konnte
denn am 21n april 1829 (dem Palilienfeste) die feierliche eröffiinng
des neuen Instituts vorgenommen werden, welches nunmehr den
namen führte : ^Instituto di corrispondenza archeologica.'
Was nun die aufgäbe dieser bedeutenden gründung war, ergibt
sich aus der geschichte ihrer entstehung gewissermaszen von selbst,
sofern sie ja aus dem tief und lange empfundenen bedürfrds eineä
centralpunctes für samlung und Veröffentlichung neuer archäologi-
scher entdeckungen hervorgewachsen ist. genauer wird sie von
OJahn dahin bestimmt, dasz *durch zuverlässige und sachkundige,
möglichst über alle gegenden des orbis antiquus ausgebreitete corre-
spondenzen von allen bedeutsamen entdeckungen im gebiete der alten
kunst, epigraphik, chorographie und topographie regelmässige und
zusanunenhängende kenntnis erlangt, und durch fundberiohte, be-
Schreibungen, Zeichnungen, plane und karten, welche im arehiv des
Instituts ihren Sammelplatz finden sollten, die unübersehbare masse
FWeniicker: das deutsche Institut fär archäol. correspondenz. 149
dff tlglieh mwachsendeii facta der Wissenschaft gesichert werden
MÜts*. die reröfientlichnngen des Institats gliederten sich diesem
iwedk entsprochend vorerst in drei teile, alljfthrlich sollte in groszen,
Migfilltig aosgefOhrten tafeln eine anzahl bisher noch nicht heraus-
gtgebener bildwerke rerOffentlicht werden unter dem titel *Monu-
mmÜ inediti'. daran sdüosz sich ein band 'Annali' an, bestimmt
die sn j«ii«n erforderlichen erlftnterungen und wissenschaftlichen ab-
haodlongen, nötigenfalls mit beigäbe kleinerer hüfstafeln zu geben,
dn monatlieh erscheinende 'Bnllettino' endlich brachte die fortlaufen-
den berichte ttber neue erscheinungen, fände, ausgrabungen usw.
Bsd Termiitelte so am raschesten die ergebnisse und fortschritte der
ragen wJaaenachafL
Da die gesellBchaft anfänglich trotz des prenszischen protectorats
doch eine internationale und zugleich eine privatgesellsohaft war, so
wir sie zur bestreitnng der kosten auf die j&hrlichen beitrage ihrer
aitglieder (2 Louis d'or), auf den buchhändlerischen ertrag ihrer
pablicationen und auf die besondere f^eigebigkeit einzelner mit-
^ieder* angewiesen, damit war die ezistenz des Instituts freilich
jedeneit sehr in frage gestellt, doch brachte -es eine wesentliche
aatentatcnng, dasz der königliche protector seit 1842 die besol-
diagea für die secretSre Terwilligte, freilich auch diese nicht fest
od unwiderruflich, erst seitdem 1858 das Institut in eine preu-
oiache staataanatalt verwandelt wurde, die an die kOn. akademie
der wiasenachaften in Berlin angeschlossen wurde, war mit der da-
durch gebolenen bedeutend hohem und regelmftszigen geldunter-
ftttmng die existenz des 'Institute prussiano' völlig gesichert, und
i^ dadurch die möglichkeit zur entfaltung ausgedehnterer thätig-
keü geboten, aber es stand ihm eine noch glänzendere entwicklung
bcTor, ein noch höheres ziel war ihm gesteckt, wir kommen darauf
torfidL
Die leitnng der gesellschaft war unter dem protectorat des
banpnnaen in den h&iden einer direction, deren erster präsident
der dnc de Blacas war; secretär war Bunsen, vicesecretäre Oerhard
■ad Fmofka; der verschiedenen nationalität ihrer mitglieder ent-
ipEiehend war die sodet&t in drei seetionen geteilt, deren secretäre
Wekker und OMOller ftlr die deutsche, der duc de Luynes für die
bivOsiache, Mülingen fttr die englische section waren; dazu kamen
ib weitere ordentliißhe mitglieder der direction Fea, Nibbj, Thor-
«ildaen mid einige ehrenmitglieder.' die hauptarbeit fiel den secre-
* diese war auch von selten einiger glänzend, wie denn nameniUch
ivtk die nnterstfitxnngen des dnc de Lnjnes Ton den Annali die
j«krglm 1841, 1843 halb, 1846, 1847 ganz in Paris gednickt wurden
(J«ba: EOeribard s. 81). * die ordentUehen mitglieder der deutschen
Mctioa tfUt Bnasea in dem oben erwähnten brief an Niebahr auf, worin
» teselben bittet sieh ebenfalls in ihre reihe aufnehmen sn lassen, die
Me laniei: 'aaeh dieser eialeitong soU also die bitte kommen, dass
^ vas erlauben m9gen Ihren namen in folgender gesellschaft unter
^ tsej offdinaij della sezione allemanna anzuführen: d*AIton, Böckh,
150 rWeizsäcker: das deutsche Institut für archäol. correspondenz.
tären Gerhard und Panofka zu, wie dies der natur der sache nach
auch his heute noch der fall ist. die namen dieser yerdienstvollen
männer sind der reihe nach diese : Gerhard, Panofka, Olaus Keller-
mann, Emil Braun, Richard Lepsios, Wilhelm Abeken, Wilhelm
Henzen, Heinrich Brunn, Wolfgang Heibig. Henzen und Heibig
haben das glück und die ehre diese stelle im Jubeljahre des Instituts
einzunehmen, und mögen noch lange in ihrer segensreichen Wirk-
samkeit erhalten bleiben!
Gleich nach der gründung des Instituts eröfi&ietesich ein reiches
arbeitsfeld durch die bedeutenden ausgrabungen in Etrurien, welche
eine fülle neuen Stoffs zur veröffentlidiung und erklärung darboten,
und wie wenig es auch in der folgezeit an aufgaben gefehlt hat,
die entweder das Institut selber zu lösen übernahm, oder zu der es
wenigstens die nötige beihilfe an die band zu geben allein im stände
war, das beweist nicht nur die stattliche reihe der von ihm in fünf-
zig Jahren yeröffentlichten Monumenti, der fünfzig bände Annali and
der Bullettini; davon zeugt namentlich auch das grosze werk des
Corpus inscriptionum latinarum, dessen verdienstvoller herausgeber
seine heranbildung zu dieser schwierigen aufgäbe eben dem Institute
zu verdanken hat. neben der wissenschaftlichen th&tigkeit des Insti-
tuts wurde aber auch die sorge für seine äuszere Unterkunft nicht
vergessen, im anfang war ja dasselbe im preuszischen gesandt-
Schaftshotel zu gaste; im verlauf der zeit aber gelang es den aus-
dauernden bemühungen seiner Vertreter, durch samlungen, sab-
scriptionen und regelm&szige beisteuern eine hinreichende summe
zusammenzubringen , um auf dem tarpejischen felsen ein eignes ge-
bände zu errichten, das passenden räum für die samlungen und für die
Verwaltung darbot, und wo auch ein saal für die regelmäszigen zu-
sammenkünfte und festsitzungen eingerichtet war. so stand vorerst
wenigstens das haus, die casa Tarpeia, 'auf felsen gegründet'.
Aber das Institut sollte keine insel bleiben, auch in Deutsch-
land selbst sollten die altertumsstudien bald einen mittelpunct fin-
den, der ihnen bisher nur zu sehr gefehlt hatte und ohne den die
Verbindung mit den heimatländem des griechisch-römischen alter-
tums eine allzu unregelmäszige geblieben wäre* auch hier war es
Gerhard, der die kluft ausgefüllt hat. im j. 1837 kehrte er nach
Deutschland zurück, und sofort erfaszte er den plan, dem aus-
gedehntem archäologischen Studium die thore zu öffnen und die
wege zu bahnen, schon seit 1834 hatte er als anhang zur Halle-
sehen litteraturzeitung ein 'archäologisches intelligenzblatt' heraus-
gegeben und nach seiner rückkehr öffentliche Vorlesungen gehalten,
um das interesse für archäologische Wissenschaft auch in weiteren
kreisen zu wecken, im gründe war es derselbe gedanke, der ihn zur
gründung des römischen Instituts getrieben hatte, welcher ihn auch
Böttiger, Creazar, Goethe, Hammer, Hirt, W. u. A. Humboldt,
JacobB, Klenze, Müller (O.), Ranch, Schinkel, AWSohleff«!,
Schorn, Steinbüchel, Thiersoh, FTieck, Uhden, Welcker.*
PWeiaIcker: das deutsche Institut för archäol. correBpondenz. 151
ia Beriin nicht rohen liesz, bis am Winckelmannstag des j. 1841
fich auf seine anregang die 'archäologische gesellschaft' constitaierte
da seitenstflck und gewissermaszen als filiale der römischen, auch
ose ttitschrift wurde durch ihn gegründet, welche analog den
rtmtacheB pnblicationen *denkmftler, forschungen und berichte' aus
dem gebiete der archfiologie in regelmftszig erscheinenden heften brin-
ge sollte und seit 1843 in ununterbrodiener folge unter dem titel
'^biologische zeitung' unter Gerhards redaction erschienen ist.
Mit 1847 erfolgte die herausgäbe 'unter mitwirkung des arch&ologi-
sdwn InstitntB und der archftologischen gesellschaft in Berlin', seit
1849 fthrte sie bis xu Gerhards tod 1867 den titel: *denkmiüer,
fondnmgen und berichte, als fortsetzung der arch. ztg.' nach seinem
tods wuide dieeelbe von Jahn, Httbner, Curtius und Matz bis zum
2Zü Jahrgang weitergeftihft, von wo an sie vom archSologischen
Inititot ds deasen oigan fOr Deutschland unter der redaction von
Max Fnnkel fibemommen wurde.
So war auch in Deutschland ein neuer mittelpunct des arch&o-
logiseken Studiums gewonneUi und es entwickelte sich ein reger eifer
od eiae umfassende und tiefgehende thätigkeit auf diesem gebiete,
dw iodi f&r die erforschung der deutschen altertümer nicht ohne
friKkt geblieben ist« von ganz besonderer bedeutung für die wissen-
Mkift und für das Institut selbst war eine neue odelsinnige Stiftung
dci famstliebenden königs Friedrich Wilhelm IV, der dadurch aber*
nab seine onablftssige sorge für das gedeihen des seinem schütz be-
foUeMB Ittsütnts bethfttigte. es wurden nemlich im j. 1856 zwei
roilntipendien für junge philologen gegründet, weldie in solcher
VOM onterstütst nach Bom entsendet werden sollten, um auf dassi-
tdüoi boden teils ihre eignen Studien fortzusetzen, teils im dienste
uid aaltnge des Instituts sich nützlich zu machen, das Stipendium
varde je auf 6in jähr erteilt, konnte aber nach umstttnden auch auf
c:a oder mehrere weitere jiüire ausgedehnt werden, die ersten sti-
padiatan waren AlConze und AdMichaelis (1859). hiermit sind
vir sbennala an dem zeitpunct angekommen, von dem an das Institut
dfixch seine constituierung als preuszische Staatsanstalt allen weitem
gciahm enthoben und zu voller entfaltung aller seiner kräfte und
aiOel befkfaigt und ausgerüstet dasteht, in dieser günstigen situa-
tjoa Ufihte es denn auch vorerst fröhlich weiter, bis neue günstige
coKtdlationen ihm einen noch hohem aufschwung gaben, aber
Kkm von aniang an hatten die lorbeeren der Deutschen auf diesem
gvöiete den ItaliSnem und Franzosen, obwol sie von dem Institut
ttiaeswegs ausgeschlossen waren — war ja doch ein Franzose zum
Pittdttten gemacht worden' — keine ruhe gelassen, und so ent-
itaad 1843 das 'Bnllettino archeologico Napolitano' von Avellino,
1^4 ia Frankreich unter mitwirkung von Lenormant und de Witte
' aadi waren 1896 und 1888 arsobienen: Nouvelles Anuales da Ia
*(«tMB Fm^aise, t bände in 8 mit 24 kapfertafeln fol.
152 PWeiz8&cker : das deutsche Institat für archäol. correapondens,
die 'Bevae arch^ologique', antemehmung^ jedoch die nicht als
concurrenz geg&x die Deutschen aufzufassen sind, sondern als frCLchte
desselben Stammes, hervorgegangen ans demselboi bedflrfiüs wie
die archfiologische zeitung, auch im eignen lande organe ftbr den
austausch der neuesten erscheinungen auf dem archSologisdien ge*
biete zu besitzen.
Aber noch war ein höchst bedeutendes gebiet der archKologi-
sehen forschnng von den vorteilen, die das Institut als sammelpnnct
der krttfte und der resultate gewährte, ausgeschlossoi : Griechen-
land selbst, ohne das auch Rom für die Wissenschaft nicht das ge-
worden wftre, was es jetzt ist. zwar hatten die befireiungskriege und
namentlich der umstand| dasz durch die wähl könig Ottos ein knnst-
liebendes deutsches königshaus in enge beziehungen zu Griechenland
trat, den zug deutscher gelehrten in dieses Vaterland der schOnheit
erleichtert und gesteigert, und namentlich war es seit 1832 Ludwig
Boss, der dort in ähnlicher weise, wie im vorigen Jahrhundert in
Bom Winckelmann, durch seine uinfassenden philologischen kennt-
nisse der regierung als der geeignetste mann für eine an%abe er-
scheinen muste, zu deren lOsung es im eigenen lande an auaieiohenden
kilLften fehlte, er wurde zuerst unterconstrvator der altertümer mit
dem sitz in Nauplia und durchforschte von hier aus den Peloponnes;
1834 wurde er nach Athen berufen und zum oberconservator er-
nannt, seine Verdienste in dieser Stellung sind aUbekaont, ich
brauche nur an die wiederaufrichtung des Niketempels zu erinnern;
und auch als er sich durch differenzen veranlaszt sah 1836 von seiner
Stellung zurüdEzutreten, wirkte er doch, seit 1837 zum professor an
der athenischen Universität berufen, noch lange einflusz- und segens-
reich durch seine überlegraiheit an philologischen kenntnissen tmd
wissenschaftlicher methode, sowie durch forschungsreisen in allen
teilen Griechenlands, bis ihm die wachsende fremdenfeindliche Strö-
mung in Griechenland 1843 ein weiteres verbleiben im amie un-
möglich machte, später, seit der Stiftung der archäologischen reise-
Stipendien, wurde Griechenland und die inseln von jungen geldirten
im anftrag der preuszischen akademie und des Instituts bereist, und
wie fruchtbringend diese Stiftung auch in dieser hinsieht war, be*
wiesen sofort die reichen ergebnisse des griechischen aufentbalta der
beiden ersten Stipendiaten, aber die direction des Instituts trug sich
mit noch hohem planen; immer entschiedener brach sicdi die flber-
zeugung bahn, dasz auch in Athen ein ähnliches institut wie in Bom
seinen bleibenden sitz haben müsse, und namentlich Ernst Gurtius,
dem auch die Wiederaufdeckung Olympias verdankt wird, war es
der mit vollem eifer darauf hinwirkte, solchen wünschen und be-
dürfiiissen brachte die wiederaufrichtung des deutschen reiches die
langersehnte erfüllung. am 18n mai 1874 genehmigte kaiser Wilhelm
die Umwandlung des römischen Instituts in eine anstalt des deut-
schen reichs , und am 9n december desselben Jahres wurde auch die
tochteranstalt, das deutsche archäologische Institut in Athen, feier-
PW«bi8eker: dtt deateche Iiutitat für archAol. correspondenz. 153
fick und unter beteiligimg der uniTersitftt, der archäologischen und
dir pbilologiBchen gesellfichaft in Athen eröffiiet, wobei der secretftr
dfa^ben, Otto Luders, nach yorangegangener begrttszung ttber die
arbeitfln denteeher gelehrten aaf griechischem boden sprach und die
ntfe nd anfgaben der neaen Stiftung entwickeltem
80 war denn im lauf der seit aus der bescheidenen pflanzung
BMT pTtTatgesellachaft von Hyperboreern ein stattlicher bäum heran-
gswaehsen, der seine zweige Aber alle teile der classischen Ittnder
ioibnitete und seitdem in fröhlichem gedeihen grttnt und blüht,
abtr die TerSiiderten verhftltnisse brachten auch yerftnderungen
ia der eiBriehiong mit sich, die jetzt im wesentlichen folgende ist.^
Die anfgabe des Institute wird in § 1 des Statute dahin fest-
gettdlt, 'anf dem gebiet der ardittologie und dem verwandten der
piuldogie die beziehungen zwischen den heinuitländem alter kunst
ond Wiesenschaft und der gelehrten forschung zu beleben und
ra regeln und die neu aufgefundenen denkmftler der griechischen
uad römischen epoche in rascher und genügender weise zu yeröffent-
iicfasn. das Institat ist reichsanstalt und hat sein domicil in Berlin ;
die wisBenschaftliche thfttigkeit desselben hat daneben ihren stetigen
siti in Born und Athen, wo regelmSszig seine Schriften erscheinen/
a der wpiixe der anstalt steht eine centraldirection in Berlin mit
oaem Torsitaenden, Lepsius, und elf ordentlichen mitgliedem, von
deaen fünf zugleich mitglieder der preuszischen akademie in Berlin
cad zwei andere sonst in Berlin ansSssig sein sollen , während die
vier übrigen mitglieder an anderen orten Deutechlands ansftssig sind.
gcgeawirtig besteht, diese reihenfolge beibehalten, die direction aus
folgeedeB mitgliedem: AConze, ECurtius, ASarehhoff, ThMommsen,
SHeidier t \ FErttger, BSchfoe, HBrunn, BKekul6, AdMichaelis,
JOrcriieA. auswSrtiges mitglied ist hr. J. de Witte in Paris, dazu
koamen zwei secretlre in Bom, Benzen und Heibig, und ein verwal-
tsagiratfa FLand daselbst, und ein secretär in Athen, Ulrich Köhler.
nwsrdem sShlt das Institut eine grosse anaahl mitglieder, die nach
dm kategorien geordnet sind: ehrenmitglieder, ordentliche und
«nwpoDdierende mitglieder. al^'fthrlich treten die ordentlichen
■JtgBeder der centraldirection zu einer jahresversamlung zusam-
MB, in welcher allein die wichtigsten gegenstftnde, wie wählen,
nteongsablagen, Jahresberichte, stipendienverleihungen zur ver-
teadfamg kommen kfonen. die zahl der Stipendien ist auf fünf er-
bSht worden, von denen das fünfte , wenn sich ein bewerber findet,
nr «atentfttsung für ehristlich-ardiftologische Studien bestimmt ist.
Den seeretixen in Bom und dem in Athen liegt die Verpflichtung
^ die sdirilten des Institute zu publicieren, die rechnungen zu füh-
IV f im Winter aDwi^ehentliche Sitzungen, sowie jährlich zwei fest-
■tnagiB, am geburtetag Boms und am Winckelmannstag, zu ver-
* ▼firdae sUtni des kais« deotsoheo «roh. Inst, in der arch. ztg.
QX? (1S77) 0. 199— SOS. ^ wer an die durch Berchere tod erledigte
<cUe feviUt worden, ist mir zur zeit unbekannt.
154 PWeizsäcker: das deutsche Institut für arch&oL correspondenz.
anstalten, und endlich fdr die Stipendiaten und andere gebildete
Deutsche in Born (bzw. Athen) periegesen in den museen Torzuneh-
men, archäologische und epigraphische vortrage zu halten oder solche
Übungen zu leiten, die periodischen publicationen ded Instituts haben
im lauf der zeit bedeutend an ausdehnung gewonnen, in Born er-
scheinen wie von anfang an die Monumenti (jährlich 12 tafeln in
grosz folio), die Annali und das Bullettino.* dazu ist seit 1872 noch
eine epigraphische Zeitschrift gekommen: ^£phemeri8 epigraphica
corporis inscriptionum latinsrum supplementum.' in Athen erschei-
nen seit 1876 die ^mitteilungen des deutschen archäologischen In-
stituts in Athen', in Berlin endlich seit 1876 als organ des Institats
die oben erwähnte 'archäologische zeitung*.
Neben diesen periodischen Schriften geht eine reihe gröszerer
wissenschaftlicher arbeiten her, deren herstellung grosze kosten und
yiele arbeit erfordert, und die ohne die bedeutenden Unterstützungen,
die das Institut und die preuszische akademie gewähren, nie zustande
kommen würden, es sind deren gegenwärtig vier:
1) eine grosze karte der ebene Ton Athen im maszstab 1 : 25O00.
dieselbe wird ausgeführt unter leitung von ECurtius nach neuen
sorgfältigen aufnidimen des yermessungsinspectors Kaupert vom
groszen genenJstab. eine probe, welch glänzende leistung wir zu
erwarten haben, bietet der jüngst erschienene atlas von Athen von
Curtius und Kaupert.
2) eine samlung der sog. etruskischen umen ist jetzt bis zum
zweiten bände der tafeln vollendet, den text dazu hat HBnmn in
bearbeitung.
3) eine samlung der römischen Sarkophage, dieselbe wurde
schon von OJahn begonnen, dann von Matz und nach dessen tode
von AdMichaelis fortgesetzt, und ist jetzt in den bewährten bänden
von AConze. der Zeichner ist in voller thätigkeit für herstellung
der tafeln.
4) BKekul6 leitet eine samlung der antiken terracotten, woran
ebenfalls eifrigst gearbeitet wird; aJs Vorläufer ist bis jetzt erschie-
nen BEekul6 : griechische thonfiguren aus Tanagra, und nahe bevor-
stehend ist das erscheinen der pompejanischen terracotten, bearbeitet
von A. von Bohden.
So blühen denn im Jubeljahre des Instituts die archäologischen
Studien Deutschlands in einem vorher nie gesehenen, kaum geahnten
fior, und im hinbliok auf diesen noch weiter von der bedeutnng die-
ser segensreichen gründung zu reden hiesze eulen nach Athen tragen,
nur darauf sei kurz aufmerksam gemacht, dasz das Institut nicht mehr
blosz ein sammelpunct archäologischen materials ist, sondern gerade-
zu die hochschule für das Studium der archäologie repräsentiert,
freuen wir uns am abschlusz eines verhältnismäszig so kleinen zeit-
* in swangloser folge gibt das römische Institut auch berani 'Me-
morie delV Institute di corr. «rcheologic«', bis jetzt zwei bände (1832
u. 1866).
ABieee: zu den geographi latini minores. 1&5
«bschiiitteB seit dem bestand des Instituts über all das grosze, be-
deatniigSTolleY was darin ist geleistet worden, und blicken wir frohen
aoges an der schwelle eines neuen halbjahrhunderts in die zukunft,
walcheB wenigstens äuszerlich glänzender emporsteigt als das erste.
so mOge denn das Institut in seinem neubezogenen wohnsitz auf dem
Capitol inBom blühen und gedeihen als hört und bürg der deutschen
altertomsforschung in den classischen ländem und es ihm nie an
minnexn fehlen, die den bisherigen ebenbürtig das grosze und schöne
werk in den begonnenen bahnen weiter führen zu immer reicherer
samlnng der kostbaren schätze des altertums, dasz es vor uns wieder
erstehe in all seiner grosze und herlichkeit; möge in Deutschland
nie die edle begeisterung erlöschen, die in den ehrwürdigen resten
des altertums mehr sieht als Scherben und steine, die begeisterung
die einst Goethe erfüllte, dasz er einen zweiten geburtstag zählte,
eine wahre Wiedergeburt, yon dem tage wo er Bom betrat, aber
auch nie der deutsche ernst um das gründliche und sichere der alter-
tOmer nnd der kunst, den Goethe an Winckelmann rühmt, nie der
gewissenhafte Sammeleifer eines Gerhard, der in dem paradoxen
gipfelte: *artis monumentum quiunum vidit, nuUum vidit, qui mille
yidit, nnum vidit.' kurz, möge es nie an treuen arbeitem in dieser
ernte mangeln, denn die ernte ist grosz!
Heidenh£im. Paul Weizsäcker.
25.
ZU DEN GEOGRAPHI LATINI MINORES.
In meiner ausgäbe der geographi latini minores (Heilbronn
1878) habe ich in der angäbe des Julius Honorius s. 36 B, 4 fluvius
Dmitis • . currü per campas Hispaniae irUustrans paramutn das letzte
wort als unverstündlich bezeichnet, ich verdanke jetzt die erklärung
desselben CZangemeister , der mich auf CIL. 11 2660 aufmerksam
nuu^te. in dieser zu Leon gefundenen metrischen inschrift lautet
nemlich das dritte gedieht : Cervom aUifrontum corntM Dicat Dianae
TüUiuSf Qfios vicU inparami aequore Vedus feroci sonipede. Hübner
bemerkt dazu dasz das in den Wörterbüchern (bis auf De Vit udw.)
fehlende wort noch jetzt im spanischen yorkomme als paramo in der
bedeutung yon ^planities alta et inculta'; auch der städtename
So^ontia Faramka (Ptol. II 6, ÖO. 66) bei den Vaccäem und Var-
dnlem enthalte das wort.
Ich benutze diese gelegenheit um zu einer stelle der früher dem
Aethicos zugeschriebenen kosmographie (s. 83, 29 meiner ausgäbe)
die ttberlieferong g^en Jordan zu verteidigen, welcher (topogr.
von Bom I 1 s. 393. II s. 425) für die insel an der Tibermündung
die seltsame bezeichnung dihanus älmae Veneris wünschte, diese
insel wird vielmehr wegen ihres reichtums an duftenden blumen
(jprae fnmiäcUe sui odaris et floris) in den hss. ganz richtig Lihanus
almae Veneris genannt, dem seltsamen christlich-heidnischen misch-
156 HBdhl: eine datierbare altspartanische inscbriit.
Charakter j^ner durchaus nicht nawichtigen beschreibung B<nD8 ent-
sprechend, welchen schon die wenigen genannten werte feigen, ge-
ziemt es auch sowol biblische als heidnische belegstellen zu bringen,
erstere seien: Hoheslied 4, 11 öcfifj i^oriuiv cou übe ÖQtf| Atßdvou
. . vdpboc Kai KpÖKoc, KdXa^oc Kai Kivväpujfiov ^€Tä Trdtvrwv iüXujv
ToO Aißdvou, Hosea 14, 6 xai f| öcqppacta aÖToO die Atßdvou, Kahom
1, 4 Td dEavOoOvra toö Aißdvou na., letztere Ansonins iedhnop. de
vereprmo 5 ftarum spirat oder, lAbani ceu montis honor ha. so ist
die hsl. lesart in der bedeutong ^blamengarten der Venns' — < wie
denn Jordan selbst ao. II 425 einen hoHus Veneris am abhänge des
Qnirinal anfuhrt — durchaas gerechtfertigt
s. 129, 8 ist die ansprechende vermntang Yon ürUchs hiniuzu-
fügen, der (jahrb. d. altert, d. Bheinl. 1877 heft 60 s. 65) Viäri-
censrnm Novianorum lesen will, da Novia (Niederbiber) seit 186
Navia Vidricensis hiesz.
Am Schlüsse der ea^pasitio totius mwndi s. 126 unten finden sieb
in der zweiten recension die werte tMiposMdfle tti homßivi mm
nasse, wie verhalten sich dieselben zu der 56n unter den sentefiiua
Varronis: Omnia nasse impossiUle, nanpauca (überliefert ist jNnica
non) kuidabüe?
In derselben schrift findet sich eine verherlichung der Libjcr
8. 124, 3, welche den früher von mir gesammelten ähnlichen stellen
über die Aethiopen (vgl. idealisierung der naturvölker s. 7) hinzuzu-
fügen ist. auszer anderen stellen wie Paus. I 33, 4. Dionys. perieg
559. Diodor III 18 ua. gehört hierher auch Steph. Bjz. : Muvbujvec
£9voc Aißuiic. "'Eqpopoc eiKOcrip ÖTÖöip «Muvbujvec oiTrcp eurviu
fiÖTOTOi boKoCciv cTvai, irXouciuiTaTOi töv ßiov» (fr. 149* Müller
der vergleich mit jenen anderen stellen sowie der zusatz töv ßio
machen klar, dasz hier statt irXoucu&TaTOi zu lesen ist dirXoücTOTOi
es ist von interesse hier zu sehen, wie gerade Ephoros die Liby«^
verherlicht, da auf denselben auch die idealisierung der Skythen zi]
einem guten teile zurückgeht.
Fbankfubt am Main. Alexander Biese.
26.
EINE DATIERBABE ALTSPAETANISCHE INSCHRIFT.
Der in der Tainarischen weihinschrift äv^OiiKC AlcxptiUV ^Anc«
piIiTac Tqj TToo\bävi 'HpaxXiiibav aöröv Kai laördi • £q>opoc 'Avii
CTpaTOC diroKUj TTpuaioc 'EiriKubnc (Kirchhoff im Hermes IH s. 44|
und Studien^ s. 145, Le fias voy. arch. n. 255^) vorkommende epq
nyme ephoros Hagehistratos ist aus Xenophon Hell. II 3, 10 bekanni
sein amt^ahr dauerte vom herbst 427 bis dahin 426. insehiifteii
welche ältere entwicklungsstufen des alphabetes aufweisen, falle]
also notwendig vor diesen zeitpunct, die Tainarische weihinscbrii
mit dem ephoros Aristeus vor 431.
Berlin. Hermann Röhl.
HMaDer-Strabing : zu Thukydides [VIII 19] n. Xenophoo [Hell. 11,9]. 157
27.
ZU THÜKYDIDES UND XENOPHON.
L Nadi dem ab&ll von Athen im j. 412 zeigten sich die Chier
l«gruflidier weise sehr thätig aach andere städte zum ab&U zn ver-
Uten, mit Teoe war ihnen dies schon gelungen (Thuk. VIII 16);
dim gehen zehn ihrer schiffe nach Anaia, an der küste yon Earien,
Sfisos gegenüber, um kundschaft ttber die läge der dinge in Milet
GBZQ&^n und zugleich die städte ao&uwiegeln. hier erhalten sie
«M botsefaaft yon Chalkideus und die mahnung wieder abzufahren,
dl ihiett von Seiten des persischen rebellen Amorges, der mit den
AduBem in yerbindung stand, gefahr drohe*; sie segeln nun nach
Aiic kpdv, einer Ortschaft am kajstrischen meerbusen an der sfld-
kOitB der erythrftischen halbinsel ; als sie aber dort einer heransegeln-
da ithsaiicilien flotte yon 17 schiffen ansichtig werden, flüchten sie,
Bit einem scbiffe nach Ephesos, die flbrigen schiffe in der
hdtnig auf Tees; yier yon diesen fielen den Athenern in die bände,
tbo ieff, da die mannschaft sich ans land gerettet hatte, die übrigen
entbBMi in die Stadt der Teier (ical ibc elbov , £<p€UTOV ^i^ ^^v
vnNc '€<p€COV, a\ ht Xoiiral IvX Tf)c T^ui. xal x^ccapac ^^v
woc oi "ABnvaiöt Xofißdvouct, vSjv ävbpdh^ ic Ti\v t^v cpOacdv-
Tili' al b' dXÄoi ic ifjv Triluiv iröXiv Koraq^cütouci).
Also nach Ephesos entkommt das eine schiff. Poppe sagt
dun, obwol der ab£Edl der stadt Ephesos nirgends erzählt sei, so
gfeiM dodi ans dieser stelle hervor, dasz sie damals den Athenern
feädHch gewesen sei, und ähnlieh GöUer. der meinung ist auch
Krtger (zu Dionjsioe bist. s. 339), der sich freilich wundert dasz
Tbok^dides yom abfidl dieser 'opiüentissima ciyitas' kein wort ge-
^ hebe, und dann meint, man kOnne auf die yermutung kommen
laK vbem iam {»ridem Atheniensibus a Tissapheme ereptam esse*,
u pridsm% aber wann ? auf jeden fiill doch nach dem j. 420 : denn
d« Ephesos damab noch zum athenischen bunde gehörte, geht doch
vol mit Sicherheit daraus heryor, dasz bei Plutarch Alk. 12 Ephesos
iBter den Städten genannt wird, die dem, wie wir heute sagen wür-
4ea, athenisehen untersiaatssecretär für die finanzen Alkibiades ihre
^soitbefliaBenheit durch reiche geschenke bewiesen (ygl. mein buch
^ Aristophanes usw. s. 385 u. 398). soll ich auch noch anführen
^ bei Piaton im Ion, einem gespräche das doch sicher als während
dci pdoponnesiseben krieges gehalten gedacht ist, der Ephesier Ion
H^i i\ pk¥ top f|M€T^ TTÖXic fipxerai örrö öjiuüV xa\ cTpaTtiTC^Tat?
^^tngcat beweist ja auch das entsetzen, das die Athener bei der
Wt Tom abbll von Chios ergriff, hinlänglich, dasz dies seit ge-
isit das erste ereignis der art war. wäre aber Ephesos gleich
Classen das schon ron Poppe und Arnold verdächtigte Kai
^ ^ Hfticht, ist gewls richtig.
158 HMüUer-Strübing: 2iiThukydide8[VIII19]u.Xenophon[Hell.Il,9.j
nach Chios, etwa gleichzeitig mit Milet, abgefallen, wie hfttte Tbuky-
dides das verschweigen können, zumal da Ephesos ja im weitern
verlauf des krieges eine so wichtige rolle spielt?
Mich dünkt, dies alles reicht hin die nachricht von der flacht
des 6inen chiischen schiffes nach Ephesos im höchsten grade on*
wahrscheinlich zu machen, dazu kommt aber noch eine andere er-
wttgung. denn wie soll ich es mir erklären, dasz von zehn chüscbeD
schiffen neun vernünftiger weise den curs nach westen nehmen^
ihrer heimischen insel zu , auf der sie schlimmsten falles in der vor
kurzem abgefallenen stadt Teos eine Zuflucht fanden; dasz aber 6in
schiff sich von ihnen trennt und in gerade entgegengesetzter rieb-
tung, Ostsüdost y die fahrt antritt? abgesehen davon dasz die wind-
und wetterznstttnde höchst eigentümlich gewesen sein müsten, am
das auch nur zu gestatten (die trieren fahren ja nicht mit dampf)^ so
muste ja ein schiff auf diesem curse den zweifellos von süden her,
wahrscheinlich von Samos , heransegelnden athenischen schiffen sieb
in gefährlichster weise n&hem, ja ihnen in die arme laufen, alles dies
ist undenkbar, und so glaube ich jetzt mit Sicherheit behaupten zu
können, dasz in der schon aus dem archetypus aller unserer hss. her-
stammenden lesart de "'Eqpecov eine corruptel steckt, wie dieselbe
nun zu heilen ist, das wird, hoffe ich , ein blick auf die karte leicht
ergeben: es ist zu schreiben de A^ßeöov. die stadt Lebedos liegt
zwischen Aide i€p6v und dem cap Makria, das die schiffe zu donblie-
ren hatten ^ um nach Teos und weiter nach Chios zu kommen, etwa
auf halbem wege, zu lande nur etwa 100 Stadien (auf Kieperts karte)
von Teos entfernt, es wird also ein lebhafter verkehr zwischen bei-
den orten geherscht haben, so dasz die Chier, die kürzlich in Teos
gewesen waren, von der in Lebedos gerade herschenden politiBcfaen
Strömung sehr wol unterrichtet sein musten. die sache steht nas
so : die zehn chiischen schiffe segeln, von den Athenern verfolgt, alle
nach Westen; eins derselben iSuft, um nicht von den Athenern ein-
geholt zu werden, im hafen von Lebedos ein (^q>€UTOV fii^ \iiy vnl
ic A^ßeöov), die übrigen setzen ihre fahrt in der richtung nach Teos
zu fort (a\ bk Xomal iixX Tf)c T^ui). vier von diesen lassen sich, um
nicht den Athenern in die bände zu fallen, auf den Strand laufen, so
dasz wenigstens die mannschaft entkommt, die übrigen langen glück-
lieh in Teos an: ai M fiXXai Ic Tf|v TtiCuiv iröXiv KaracpcOrouci. und
nun lese man was darauf folgt: xal ol ^^v 'AOiivatot iiA Tf)c Cdfiou
äir^irXcucav, o\ bk Xioi toTc Xomaic vaudv ävoTOTÖiievoi xai ö
treZöc ^ct' aörtüv A^ßeöov dir^cTticov kqI aG6tc *€pdc. wird
nicht dieser abfall von Lebedos durch die nachricht von dem ein-
laufen des chiischen schiffs daselbst aufs schönste motiviert?
n. Wann ist nun aber Ephesos abgefallen? wir wissen es nichti
denn der bericht darüber ist leider verloren gegangen. hStten wir
das werk des Thukjdides vollständig, so würden wir, denke ich, da
wo das werk jetzt abbricht gelesen haben etwa: xal dq)iKÖ^€VOC
(6 Ticcaqp^pviic) irpOÜTOV ic ''Ccpccov fibr\ äq>€cniKutav wie c. 107,
HMdllar-Strfibiog: ra Thnkydides [VIII 19] n. Xenophon [Hell. 1 1, 9]. 159
oder Kttl dqNKÖpevoc npujTov ic "'Gqpecov — dqpccT/JKei jap f{br\ in'
OUTOÖ — wie c. 35, yielleicht auch noch ansfObrlicher, wegen der
Wichtigkeit der Stadt, dasz dann das was darauf folgt Guciav inoi-
^OTO t^ *A[niinbi nicht von Thnkydides herrührt, sondern von dem
gnnen Terehrer gerade dieser gOttin, von Xenophon, das haben
fchon andere yermntet^ und ich stimme ihnen unbedenklich bei.
Ich mnsz aber bei diesem leider letzten capitel des Thukydidei-
ichen Werkes noch einen augenblick yerweilen. die Sachlage ist fol-
gcsde. die peloponnesische flotte unter Mindaros war bei Kynossema
im HeUespont iJlerdings geschlagen, hatte aber keine entsdieidende
liederiage erlitten; die pelop. flotte, die der athenischen auch jetzt
Bodi an zahl flberlegen war, wo sie yon dem Satrapen dieser proyinz
Pbnabasos gewis aufs beste verpflegt ward, nun erzi&hlt Thuky-
üdei, TiBsaphemes sei auf die nachricht, dasz die Peloponnesier in
(idff gerechtem) unwülen ttber ihn seine satrapie verlassen und sich
feinem alten rivalen Phamabazos au& engste angeschlossen hätten,
TQB IqwBdos in Pamphjlien nach lonien zurttckgekehrt; und da er
aua tlMei beechwerden gegen die Peloponnesier hatte und zugleich
fftxtkleie, sie mSchten ihn, natürlich unterstützt von seinem rivalen,
beim groaikOnig verklagen, so hatte er die absieht, um sich
ibaen xo nfthern, in der richtung nach dem Hellespont
n gehen: iropcuecdot bievociTO irpdc aturroöc iiA toO 'QXticirövrou
. . ttd AqnKÖ|i€VO€ irpi&TOV tc ""Gcpecov usw. in der griechischen
gctcfaiehieXeBophons, die sich, wenn auch nicht ganz genau, an das
wk daa Thnkydides anschlieszt, heiszt es nun weiter, der Bhodier
D^rieus habe den Peloponnesiem eine Verstärkung von 14 schiffen
ngvfUirt TAuiptcuc • . ic 'QX^cirovrov k^irXei . • T^rrapci Kai
öän youov). die athenische flotte, die an der europäischen seite
te HeUe^wnt vor anker lag, griff das geschwader des Dorieus an,
^ danoa entwickelte sich ein allgemeiner kämpf zwischen den
obden fanidlichen flotten, der durch die rechtzeitige anknnft des
41kibiadei an gonsten der Athener entschieden ward, und an dem
fa^ persisehe satrap Phamabazos mit groszer tapferkeit sich persön-
^^ beteiligte, die Athener konnten aber ihren sieg nicht wol be-
BtHB, da sie doreh mangel gezwungen waren den grüsten teil ihrer
vkiffs ansierhalb des Pel^ponnes zur eintreibung von geld zu ver-
«cidflB. nnd nun heiszt es bei Xenophon : fietä hl ToOra Ticca-
ftp^njii jjXOcv Ic 'CXXifjcwoVTOV. was soll das heiszen — er kam
a dM HeOflspont? etwa wie Dorieus mit schiffm? gewis nicht:
denn ans dem ganzen achten buche des Thuk* sehen wir deutlich, dasz
er in dn dortigen gegenden kein einziges schiff zu seiner Verfügung
^fttte. andi würde er sich schwerlich der geftdir ausgesetzt haben,
«f dv fiüurt von Epheeos nach dem Hellespont den auf geld jagd
atlieniaelMBn kreuzem in die bände zu fidlen, doch das ist
aber wie soll man es sich erklären, dasz Tissaphemes
■^ «iKhkMs seine eigne satrapie, in der er herr und meister war,
A nrissisn, und sich in die seines feindes Phamabazos zu begeben»
160 HMüller-Strübing: zaThukydide6[yiII19]u.Xenoplion[HelLIl,9j.
in der er gar nichts zn sagen hatte? man bedenke doch, wie er-
bittert Mindaros, überhaupt die Peloponnesier (anch der Sjrakosier
Hermokrates, dessen wort sicherlich damals gewicht hatte: Ygl. Vm
29. 45. 82) gegen ihn sein mnsten. und wenn man sich das allen-
falls noch plausibel machen wollte: Tollkommen unyerstindlick
bleibt es , dasz nun Alkibiades mit nur 6inem schiffe seinem alten
freunde, der besten falles als ein geduldeter aber yöllig machtloser
gast bei Phamabasos war, einen besuch machte, so steht es aber bei
Xenophon : Ticcoip^pvtic fiXG€V ic '£XXr)ciTOVTOV * äq>iK6^evov b(
irop ' aÖTÖv )üii$ Tpi^pei 'AXKißi(Stöiiv S^viä t€ xal buipa ätovra EuX-
Xaßibv elpSev tv Cäpbect, q>dcKuiv KcXeuctv ßaciX^a itoXcfieiv 'Aer^
vaioic. wie? Alkibiades soll sich in die hole des löwen gewagt
haben? in die httnde seiner beiden todfeinde Mindaros undPhuma*
bazos, er der von den Lakedaimoniem zum tode verurteilt war, eigen!-
lieh zum meuchelmord? hfttte er es gethan, so wftre diesmal d&s
fUchslein sicher nicht dayongekommen, ganz mchor würde Phania-
bazos seinem rivalen nicht gestattet haben den berühmten oder be-
rüchtigten mann ihm aus seiner satrapie, in der er gefangen ge*
nommen war, in seine eigne hauptstadt Sardeis zu entführen (bei
l&ufig gesagt, eine hübsche winterreise von etwa 30 deatschen meilei
über denida, die mysisehen gebirge usw.). ja, Tissaphemes, d
ohnehin schon fürchtete beim groszkünig angeschwärzt zu werden
hätte es gar nicht wi^en können, unter den äugen des Phamabazo
auch nur ein gutes wort für ihn einzulegen, hatte er ihn dagegei
in seiner eignen satrapie, um den schein zu retten, gefiangeu neh
men müssen, dann konnte er leicht dafür sorgen, dasz er davon
wie er es ja auch nach Alkibiades eigner, diesmal durchaus glauU
würdiger aussage vmrklich gethan hat (Plut. Alk« 28). übrigen
hätte Plutarch, der diese dinge ausführlicher bespricht, gar nicht unj
hin gekonnt der gefahr, der sich Alkibiades durch seinen besuch i|
der satrapie des Phamabazos aussetzte, ausdrücklich zu erw&hnei
Daraus geht, dünkt mich, mit völliger Sicherheit hervor, d
die Worte f^XOev dc'EXXrjcTTOVTOV falsch sind, ist niln vieÜeic
ein anderer Ortsname an die stelle zu setzen, der name eines haf<
der von Ephesos nördlich in der richtung nach dem Helleapont
lag? darauf scheint bei Thukydidee das äq>iK6|i€V0C npuiTOV j
"'Eqpecov hinzudeuten, dennoch glaube ich das nicht« ich nebnj
vielmehr an dasz bei Xenophon gestanden hat füiCTä bk TnOra Ticcj
<p^pviic fjXOev ic "'Eqpccov, gerade weil wegen der ankunft d|
Alkibiades der aufenthalt des Tissaphernes daselbst hier zu erwäj
nen war. ein diorthot, dem es daran lag den anschlusz der Hellenif
an das werk des Thukydides möglichst glatt herzustellen , hat da^
an dieser doppelten erwähnung anstosz genommen, und dLa er wiüj
dasz Tissaphernes beabsichtigte irti toC '6XXiicitövtou zu gehen,
hat er hier das ic idv '£XXi^cnovTOV ziemlich ungesdiifckt hei^gesetj
und wird dann auch wol das irpu»TOV bei Thuk. eingesetzt hab^
London. Hermann Müixbb-Stböbino.
EBaohof : Timaioe als quelle f&r Diodor XIV 64^78. 161
28.
TIMAJOS ALS QUELLE PUB DIODOK XIV 54—78.
QBtenachmigenyolqaardseiis ttber die quellen dergrie-
imd BicOieclien gesebichten Diodors b. XI — XVI, welcbe zu
das rMoHate kamen, dasz die letztem abeobnitte mit wenigen ans*
vJuKA emsig ans Timaioe geecböpft seien, batten die hoffinong
cnpttkt ein nkbt unbedeutendes stQck dieser quelle wiederberstellen
JB Utaaen md so der gescbicbte wie der litteraturgescbicbte einen
gWdi grossen dienst zn erweisen, freilieb waren die ergebnisse die*
«r mtersnehung niebt dnrcbans unanfecbtbar, namentlicb nicbt in *
kirsff der bQolier XV und XVI ; allein inunerbin scbien es mOglicb
ia dem ansznge, den Diodor in den bflcbem XI — XIV gibt, die
ägcBtflmlielikeiten dee originale studieren zu können.
Dieser boflhung bat uns zunftebst AHolm beraubt, der Vol-
^mdses» bypothese m einem dem zweiten bände seiner gescbicbte
8iQlieM (s. 373 ffL) beigegebenen aabange bek&mpft und der an-
aebi ■■ meisten zuneigt, dasz in den siciliscben abscbnitten der
bflek«r XIII und XIV Epboros als bauptquelle zu bezeicbnen sei,
Tifluttos aber nur als nebenquelle, indem er überbanpt eine gröszere
Mibstfaidigkeit Ittr Diodor in ansprucb nimt, als neuere forscher die-
MB flseerptor hatten zngesteben wollen, sucbt er unter andenn s. 372
te peeitiTen beweis zu ftthren, dasz ein stück von nicbt unbedeuten-
llage, welcbes Volquardsen aus Timaios herleitet und das im
den übrigen siciliscben abscbnitten Diodors entspricbt, aus
qoeile nicht herstammen kOnne.
Mflaten wir seine beweisführung als gelungen betrachten, so
würde allerdings unser urteil über Diodors arbeitsmethode ganz an-
dcnnslsllen; aoeh müsten wir darauf verzichten bestimmte stücke
den sidliflcben abscbnitten als ursprünglich l^&iscbes gut zu
sllein bei einer genauem prüfung wird man linden, dasz
^ fen Holm vorgebracbten gründe nicht stichhaltig genug sind,
iB vs sa bekennem seiner Idire zu machen, den nacbweis bierfür
■ fiflim ist die aufgäbe der nachfolgenden anseinandersetzungen;
nih» er gelingen, so dürfte manches, was sowol für Timaios als für
te beuteilung der thfttigkeit Diodors wichtig ist, sich nebenbei mit
^es wlbet ergeben.
Bei Diodor XIV 54, wo von den rüstungen der Karthager zu
grosna kriege vom j. 396 die rede ist, lesen wir dasz Epboros
fe aU der in Sieilien auftretenden punischen Soldaten auf 300000
hat, Timaios dagegen die anzabl der aus Africa herüber-
nur auf 100000, zu denen in Sieilien noch 30000 söldner
sden. nun findet sieb c. 76 die bemerkung, die Ear-
htttn bei der belagerung von Syrakus 150000 menschen
& peet verlöten, indem Holm diese beiden stellen vergleicht,
das bei der beschreibung der kftmpfe vor Syrakus Dio-
mr diM. phfloU 1879 hH. S. 11
163 SBachof : Tiinaio» als quelle fdr Diodor XIV 64—78.
dor nicht dem Timaios folge, der die niedrigen, Bondem dem Epbo-
ro8; der die höheren zahlen Überlieferfc habe, dies argument scheint
allerdings schlagend zu sein: denn wer möchte nicht zugeben, dasi
ein Schriftsteller, der überhaupt nur 130000 mann auf einem kriegs-
theater auftreten Iflszt, nicht 150000 davon sterben lassen kann?
allein trotz des augenscheinlichen Widerspruchs in den beiden an-
gaben ist meiner ansieht nach der beweis zu führen, dasz der in rede
stehende abschnitt XIV 54—78 nicht von Ephoros herstammen kann,
sondern aus Timaios hergeleitet werden musz.
Diodors bericht lautet nemlich von c. 63 an folgeadermassen.
der karthagische feldherr Himilkon, der mit beer und flotte bis Syra-
• kus vorgedrungen, schlfigt im tempel des olympischen Zeus sein
hauptquartier auf, setzt sich dann in den besitz einer vorstadt der
Achradina und plündert die dort gelegenen heiligtümer der Demeter
und Köre; ein weiterer frevel ist, dasz er zur anläge von vencban-
Zungen grSber aufwühlen läszt, ua. auch das prächtige grab Oeloos.
dafür trifft ihn sofort die strafe der götter: uirip iLv Tax^ ttjc elc
TÖ Oeiov dceßeiac ä£iav tjn^cxc Ti^uip{av. die strafe aber ist drei-
fach: ein Umschwung der kriegslage zu gunsten der Syrakosier,
nächtlicher spuk im lager der E[arthager, dann eine entsetzliche pest,
welche den Untergang der belagerungsarmee herbeiführt.
Es ist hieraus ersichtlich, dasz das grosze unglück, welches den
Himilkon betroffen, in die engste beziehung zu den gegen die götter
verübten freveln gesetzt wird, diese anknüpfung findet sich auch
c. 70 wieder, wo auf die einzelnen erscheinnngen, unter denen die
Seuche auftritt, mit offenbarer anlehnung an die berühmte Thnky-
dideische Schilderung näher eingegangen wird: Kapxilbovioic M£Td
T^v KQTäXiitiiiv ToC irpoocTCiou Kai Tf|v cuXr)civ ToO T€ Ti\c ^rj^n-
Tpoc Kai Köpr)c UpoO ^v^Trecev elc tö CTpärcufia vöcoc. ansdrflck-
lieh wird der übernatürliche Ursprung der krankheit als Schickung
der gottheit hervorgehoben, und die für ihre Verbreitung wirkenden
physikalischen momente werden nur insoweit angeführt, als sie den
absiebten der götter günstig sind: cuveircXdßCTO KOl t^ toO
baijüioviou cuM<popäTÖ fiupidbaccicTauTÖ cuvaQpolcOfivm xai
TÖ Tflc i&pac clvai irpoc rdc vöcouc dveptÖTaTov usw. und dock
lag es nahe die Ursache der krankheit auf ganz natürliche weiee la
erklären. Diodor selbst erzählt dasz in einem frühem feldsuge —
allerdings aus gleichen gründen, wie oben angegeben — eine pest-
artige krankheit im beere der Karthager entstanden sei (XIII 86),
dasz die heimkehrenden truppen sie nach Africa verschleppten (XIU
114) und dasz sie dort fortgewütet habe, ja dieser umstand bildet
sogar einen haaptfaotor in der rechnung des Dionysios, als er sieb
zum kriege gegen den erbfeind entschlieszt (XIV 41, 1. 45, 3. 47,3
ö XoiMÖc auTiXfV iTafiiiXr)6€tc äTrcKrdtKei). was war offenbarer aL
dasz die seuche jetzt wieder mit aus Afiica nach Sicilien herüber-
gebracht wurde? aber davon ist nirgends die rede, und so musz e:
uns um so mehr auffallen t dasz sie nur als eine folge der gottlosig
RBaaMf: Timtam alt quelle föx Diodor XIV 64—78. 168
hü der bsrhaieii iii^efaezt wird, aaf diese ist auch noch c. 73 an*
fsipiait: ToTc b\' dc^ßeiav KCpouvuiOctci qMxivectoi 7rapaiTXr)c(av
ii|v dmiiXciay tuiv ßapßdparv und c. 74 fqpacav elXtiqp^vai Toi)C
Pm)ßdpouc tfjv irapdt toC bai^oviou Ti^uip{av * dipaivcTO t^ bt&
fMxiwO SeoMCKXiV napon Xt^ioc f| ded.
Am denilidisten tritt die bezeiehnete yerknflpfiuig von frevel
nid dÜBM in den patlietischen gegenfiberstellongen der sdilnszworte
& 76 hervor: so habe des gesehiokes jfther Wechsel die Karthager
imd die Schwachheit der sich llberhebenden menschen
dargetfaan. nachdem die barbaren ganz Sicilien erobert,
sie nm ihr eignes Vaterland kftmpfen mttssen ; nachdem sie
im gifbtr aafgerisaen, bitten sie fünfzehn myriaden der ihrigen on-
baardigt geeehen; nachdem sie im lande mit fener gewtttet, sei ihre
iotts Dl Isner aofgegangen; nachdem sie so stolz in den hafen ge-
konam, bitten sie so klfiglich abziehen müssen.
Aadi der feldherr, der den tempel des Zens geschändet and
den derscbntzgOttinnen der insel geplündert^ wird ob solcher grenel-
thstea Ton den gOttem noch besonders gestraft. geschmSht nnd ver-
acUst TOB den seinen geht er yon tempel zu tempel , sich seiner
gettksfgkeit anzuklagen, und sühnt zuletzt durch einen freiwilligen
hsagartod eeine sdmld (76, 4). aber die gottheit ist noch nicht be-
akigt die Ponier gerathen durch den abfall ihrer eignen bundes*
gmomm ia die Snszerste not. schwer von den gOttem bedrängt
'fsvcpäc ind tuiv 6€iSfV iroX€fioii)ji€VOt) beschlieszen sie endlich
& so fiPBTeUiaft verletzten auf jede weise wieder zu versöhnen; sie
nebten d^ier mit hilfe der unter ihnen weilenden Hellenen einen
«Hdor Demeter und Köre ein, zu deren priestem die vornehmsten
im itaates gewühlt werden (77, 5). und nun fügt sich alles für die
Ksthager so herlioh, dasz sie in kurzer zeit der aufstSndischen herr
««dsn nad die not des vsterlandee enden können (77, 6).
H^ heben also hier einen bericht vor uns, der die Schändung
ier Wligtttnier und den firevel gegen die ruhestätten der toten zum
«iten gäede einer ganzen kette schwerer leiden und unfftUe macht,
te 9a^ denn aufhören, nachdem die gottheit, die am empfindlichsten
fnr, die vollständigste genngthuung erhalten hat ähnlichee
aoch in andern abschnitten Diodors, welche eine daratellung
icr in jener epoche gegen die barbaren geführten kriege der sicüi*
«ha bBenen enthalten, wie nahe hier die auffassung der verhält*
>«st sieb mit der oben geschilderten berührt, bezeuge folgende stelle
KU der beaehreibung der belagerung von Agrigent XIII 86: Hanni-
^ Hart flineB dämm gegen die mauern der stadt errichten, zu wel-
^am zwecke eine aaai^ von gräbem au%ewtthlt werden musz.
a islge denni entsteht im lager der barbaren eine pest, deren nr-
■cht aber aach hier keineswegs etwa in der bloszlegung der leichen
ftssdit wild, wnnderseiohen kommen dazu, wie zb. ein blitzschlag
a dss pifdiftige grab des Theron, und die geister der abgeschiedenen
des nachts die posten. viele sterben unter den schreck«
164 EBadiof : Timaiofi als quelle für Diodor XIV 64—78.
lidisten quälen, auch Hannibal, der Urheber jener maaxregeL opfa
an die götter sollen auch hier abhilfe schaffen; der zweck wird aber
nicht Yolletttndig erreicht, vielleieht weil es nur XOTÄ TO ndrptov
£6oc geschehen ist
Einen sehr breiten räum nehmen femer in diesen abschnitten
Diodors die tempelplflnderungen ein, die gewissenhaft aufgeftüirt
werden, um die ruchlosigkeit der barbaren im hellsten lichts zu lei-
gen. mehrfach wird dabei direct auf die dc^ßeia und Tropavo^ia
eic Touc Geoüc hingewiesen, zb. XHI 57 tocoöto T^p d)fiÖTr|n bi-
^q>€pov ol ßdpßapoi tujv äXXuiv, i&crc t«£iv Xotiriuv £v€Ka tou piibcv
äc€ß€iv elc TÖ bot^övtov biacuiZövTuiv rode €ic rd iepd Karanecpeih
TÖTac Kapxnbövioi TOuvavTiov dTr^cxovro vSjv nokqäiüVj öituk
TOÖc TUJV BctüV vaouc cuXr)ceiov. ygL noch XTTT 59. 62. 90. 96.
108. im gegensatz zu den barbaren erscheinen die Syrakosier ils
fürbitter für die tempel (Xin 59, 1), und selbst Bionjsioa O&et
nach der eroberung von Motye die heiligtttmer der Hellenen als
asyle (XIV 53, 2).
So weit finden wir die von Diodor gegebene darstellong durch-
aus im einklang mit dem Volksglauben jener zeit: die götter greifen
direct in das rad der menschlichen geschicke ein^ sie lenken nicht
nur die Schicksale der einzelnen personen, sondern auch die der Völ-
ker und Staaten; auf der einen seite Spender des sieges, sind siesuf
der andern die urheber bösen misgeschickes (vgl. Nttgetebach nach-
hom. theoL I 49 f.). vor allem ist es ihr amt den gottlosen zu stra-
fen (ao. 1 18) I und schnell rftchen sie die ihnen angethane unbill
(ao. I 20). ihr eigentum ist unantastbar; nicht ärger kann sich der
sterbliche versündigen als durch misacbtung und plt&nderong ihrer
heiligtümer (ao. V 11). hat aber der mensch gegen sie gefrevelt, so
musz er sie versöhnen, und die sühne besteht wesentlich darin, dasz
der empörer wider ihre Satzungen die demütigste Unterwerfung be-
urkundet (VI 18) ; ihre Versöhnung beweisen sie durch beendigang
des über den sünder verhängten Unglücks (VI 20). durch zeichen
und wunder aller art treten sie mit dem sterblichen gesehlecht in
Verbindung; donner und blitz sind ihre boten (lY 6). die leichname
der gestorbenen müssen bestattet werden, und ihre gräber sind vor
jeder Verwüstung und pltinderung zu bewahren (V 38); die störer
der grabesruhe werden durch gespenstischen spuk (U 2) oder durch
Verwünschung auf den denkmftlem geschreckt (WABecker Char. 11
B. 194. KFHermann privatali § 62, 10 und cUe dort angeftlhrten
stellen des CIO).
8o ist der glaube des Volkes, und die cnftcTo, T^pora, oiuivoi,
<pfi^ai, irrapfioi, £vööioi ciifißouXoi, Upoacoirioi, öveipora ua. spie-
len nammtlich in den feldzflgen eine grosze roUe, in denen priester
und Zeichendeuter die beere zu begleiten pflegten, es fragt sich nun,
wie haben sich die geschichtschreiber zu diesem ihnen in der Über-
lieferung entgegentretenden volks- und Wunderglauben verhalten?
die antwort ist einfach, entweder steht ihre eigne Weltanschauung
EBaehof: Tünaios ab quelle fQr Diodor XIV 54—78. 165
Booh mit dem glauben der menge in einklang, dann berichten sie
glftabig nnd kritiklos alle wunderbaren begebenheiten ; oder sie haben
dnxcfa philosophische bildnng jene naive gläubigkeit verloren , dann
setMn sie ihr urteil in einem mehr oder minder bemerkbaren gegen-
■itB der Yolksüberlieferung entgegen, beispiele der erstem art von
historikem sind Herodot und Xenophon , zu der zweiten art gehört
ThnkydideB, der zwar auch nicht verschmäht übernatürlicher dinge
«rwSlmimg zu thun, dabei aber doch immer durchblicken Iftszt, dasz
er selbat nicht daran glaubt.
Und Diodor? die form der darstellung in den oben angezogenen
beispielen weist in keiner weise darauf, dasz zwischen der anschau-
mg des beriditerstatters und der Überlieferung eine Verschiedenheit
bestaiiden habe; vielmehr erscheint namentlich die eigentümlich deisi-
daimoniiehe Verknüpfung von schuld und sühne als die eigenste
ansieht des Schriftstellers: denn selbst da wo er, wie c. 73 f.,
die dem seekampfe zuschauenden Sjrakosier zu trSgem dieser mei-
nnng macht, wird es offenbar dasz er ihre aufbssung vollkom-
men teilt.
Nun aber finden wir im gegensatz dazu in allen abschnitten der
MtdberXI — ^XV, welche griechische geschichten behandeln, einen
ganx ausgesprochenen rationalismus. gewaltige und erschütternde
"begebenheiten , in denen der Volksglaube die directe regierung der
gOtter SU erkennen meinte, werden lediglich aus natürlichen gründen
hergeleitet, oder es wird, wenn auf die Überlieferung rücksicht ge-
nommen werden muste, ersichtlich, dasz der Schriftsteller anderer
meinung ist als diese, vielfach wird dem urteil der menge das der
gebildeten entgegengehalten, und es bleibt nicht zweifelhaft, auf
wessen seite die Sympathien des erzählers zu suchen sind.
Vergleichen wir zunächst die oben skizzierte darstellung der
pest im karthagischen lager mit der Schilderung der pest in Athen :
weldier untersdiied 1 an der erstem stelle XIV 63 — ähnlich XIII
86 — erscheint die krankheit als eine unmittelbare strafe verletzter
gOtter, die natürlichen Ursachen aber werden nur insofern berührt,
als sie den göttem bei ausübung ihres rachewerkes förderlich sind
(cuvciriXajLtßavccGai). ganz entgegengesetzt XII 58 : hier findet sich
eine eingehende erörterang aller Verhältnisse, die für die ausbreitung
und heftigkeit der seuche bedingungen waren , und erst nach dieser
aoseinandersetzung steht die bemerkung, die Athener hätten in
der so heftig auftretenden epidemie eine Schickung der götter er-
blickt, man darf nicht übersehen dasz es heiszt: ol 'AOrivaToi . .
Tdc airiac if^c cu>iq)0p6ic dirl tö OcTov dv^TrcMTtov, dagegen von den
natürlichen Ursachen: i'ti\lr]To()cr\c Tfic IcTOpiac Tfiv t^c irepl
•rijv vöcov b€ivÖTiiTOC oliiav, dvoTKaiöv dcriv dK6&0ai laöra usw.
aerstörungen von tempeln werden einfach als thatsachen registriert,
zb. XI 14 Tdc 'A6ifivac xaT&KOipav koi touc tüjv Ocaiv vaoüc ivi-
irpncav, XI 15 TÖ t^^icvoc tt^c 'AOnväc dKOuovT€c KOT€CKd<peai, XI
28 tÄ icpd td KOToAcXeiMM^va iravTeXwc dXujüiyjvaTO. den eintritt
166 EBaohof : Tinudos als qneUe f&r Diodor XIY 64-78.;
der mondfinstemis XTII 12 sieht nicht der gesohiohtechretber als eiiu
wamung der gOtter an, sondern Nikiasi q>ucet b€lClbai^ulV1yT^dpXttnf,
nnd die von diesem berufenen priester. ttber den nntergang der per-
sischen schiffe nach dem ersten seetreffen bei Artemision weiss d«r
echte Volksglaube zu erzfthlen: diroUcTO T€ irfiv öttö To06€o0fixi»c
6v gicuiBclTi Ti:^ *6XXiiviKi^ t6 TTepcucöv )Lir)b^ noXXCp nXifov ch)
(Herod. VULl 13). wie eigentümlich gestaltet sich diese ttberlieferong
bei Diodor, der XI 13 berichtet: xct^div imTCVÖMCVOC jti^TOCitoXXoc
£kt6c toO Xijüi^voc öpfioucac tüüv veuuv büqiOctpcv, Acre bOKiiv
TÖ 6€tov dvTiXaMßdvccOai til)v ^EXXVjvuiv, Iva toö ttX/jOouc tu)v
ßapßapiK(£iv vcf&v TaireivttiO^vToc dvTiimXoc f) tdiv *£XXVjvuiv buva-
MIC T^vtrrat koI irpdc t&c vaujüiaxioc d£t6xp€uic. die rettong du
delphischen heiligtums, welches im Perserkriege von den barbam
bedroht wurde, ist von den priestem des gottes selbst und vom Toäe
mit den wunderbarsten zttgen ausgemalt worden, wie man Her. Vm
36*— 39 ausflLhrlich lesen kann, dagegen lautet Diodors berioht II
14 einfach: napoböSuic 6fißpuiv T€ ji€T(ieXuiv xal KCpauvÜJV iroKXdnr
iK TOO lt€pl<XOVTOC TT€c6vTUiV, TipÖC bfc TOUTOIC TWY X€IMUWIIV
ir^Tpac MeT<iXac dnoppr)EdvTUiv de tö CTparöirebov twv ßappipiuv,
cuvifßTi btaq>6apf)vai cuxvouc tiI^v TTcpci&v, irävTOC bi xaTOirXa-
T^VTQC Tf|v TiiJv 6€d)v dv^pY€io(V q)trr€tv hc xO^v TÖnuiv. tö ^tv oh
iy AeXqpoic ^avTciov bai^oviqi Tivl irpovoiq Tf|v cäXifctvbi-
^q>UT€V, ol bi AcXqpol usw. in der ersShlung von einem erdbebea,
weldies Sparta vor dem grossen Helotenaufatande heimsucht (U 63),
ist es als ansieht der.Lakedaimonier, nicht ak die des Diodor his-
gestellt, dasz es sich um eine strafe der götter handle: xatTOuro
M^v TÖ KQKÖv iücirep baijyioviou tivöc vcjyicci^cavToc aÖTOk£iro8ov.
ebenso sind es XII 59 die Lakedaimonier die cctCjüiuiv ^CT^wv T^-
TVOjyi^vuiv b€icibotMOVt^cavT€c dv^Kafii|iav €tc t&c iraTpibac un-
gestraft thun die Athener, was den barbaren in Bidlien eiaepest
zuzog: sie bauen die mauern ihrer stadt oÖT€ oiidcBC OÖTC tb^ov
(pcibÖMCVOt (XI 40, 1).
Oanz besonders charakteristisch für diese anfGsssong ist XV
48 — 55. schweres geschick ist ttber die peloponnesisohen laad-
Schäften verhingt: c€ic>iol fiCY^Xci xal KQTOKXuqiol X^P^K t/A irö-
Xcuiv dmCTOi. der allgemeine glaube ist, dasz namenttioh die ttfdte
Helike und Bura dem zome des von ihnen beleidigten Poseidon mn
Opfer fallen, allein ein wiederholtes <padv (49, d f.) und X^TO^'^
(49, 6) bezeichnet den standpunct des er^Uers, der 48, 4 ausdr&ck-
lieh erkUfrt: ol pkv (puciKol iretpdpvTOi Tdc aiTiac tiuv roioÜTunf
ira6(&v oÖK €tc tö Oeiov dvoqp^pciv, dXX' €ic ^ucuedc Tivac ta\
KOTTIVCmcaCfA^VaC ir€piCTdC€lC, 0\ bk €ÖC€ß<XlC btaK€(fl€V0«
npöc TÖ e€iov mdavdc Tivac aMac dnobiboOa toO cujyißdvroci
d) c bid Ocufv fif^viv TCvoM^VTic Tf)c cuM(popäc TOic cic TÖ dciov ic€^
Pificoav. ein im jähre vor der schlacht bei Leuktra erscheinender
komet hat natOrlieh nach dem glauben der Bellenen keinen ander»
zwetk gehabt als den Lakedaimoniem den Untergang ihrer hencbafl
EBaehof: TtmUM als quelle fOr Diodor XIY 54—78. 167
makfliidigeii« Diodor erwähnt das XY 50, setzt aber sofort hinza :
tnon bi 1UIV qiuoKi&v t^v t^vcciv Tf)c Xotfünrdboc elc qnictKotc alTioc
4v^pov, dnoqxzivÖMCvoi tA TOiaOra q>avTdc^aTa KaTr]vaTKac)ui^«
roc Tfrvcctet xpövotc diptqidvotc, xal ircpl tuiv toioi}tuiv touc tc
^ Bo^uXiBv! XaXba(ouc Kai toCIc dXXouc dcrpoXÖTOuc iroiou-
p^vouc npoppiltceic £vaf>T€ic £inTUTXdv€tv * touc bi pi\ dau^dZeiv«
ftwr T^firrai ti toioOtov, dXX* idv ^ifi T^viirai usw.
Der aufgeklärte Epameinondas Ittszt sich durch keine ctmcfd
ud oiuwoi vom auszöge znm kriege gegen Sparta abhalten, indem
«r ftunal den wamerstimmen den Homerischen vers entgegenhält:
0C oiufvöc dpiCTOC dfiuv€c6ai ircpl Trdrpiic, das andere mal irpoflTe
ti apoTÖncbov oöbiv aÖTOic drroKptOcic, ffro^cvoc t6v t^rr^p
TUIV aüUiiv XoTic^öv waX Tf|v imkp Tdiv biKaiutfv MWjfiiiv alpctui-
T<p0v €?vai T«uv iTOpövTuiv CTiMCiiuv. dasz dies die ToUstttndige
büligoBg des beriehterstatters findet, bezeugen die schluszworte
dM«.53.
Daaz der yolksglanbe bei der ansschmttckung eines so welt-
UümdieB ereignisses, wie es die schladit bei Lenktra war, sehr
gMehlflig gewesen, ist natürlich; die schriftsteiler haben uns man-
cbes diTon erhalten: vgl. Paus. IX 18, 2. Xen. Hell. VI 4, 7. Diod.
XV 53, 4 n. 54« aber während Xenophon seinem treuherzig er-
tfUlen berichte noch (vielleicht nur in folge seiner spartafreund-
BebsB genmmng) hinznillgt: ol ^^v bVj TiV€C X^TOuciv ibc toOra
«dvm Tcxvdcimra f)v t«&v irpoccnpcdTUiv, ist es fär Diodors stand-
pnet beteiehnend, dasz er geradezu den Epameinondas für den rer-
«Mtriter aller wunder erklärt, welche den mut und die kriegsbegier
ftiBss heeres entflammen sollten: biöffcp TivufV npoc(pdTuic irapa-
nrovdnuv tx 6tißi&v Inciccv dif€7v 0Tt rd Korrd töv vediv toO
*HpittX6>uc SirXa irapobdSuic dqHXvf) 'nh'ovc, xal Xöroc £v rate Oil)-
^ biabAorai dtc tdiv fipiduiv tujv dpxaiuiv dv€tXTtq>ÖTuiv aötd
Kol Poi|6civ tote Boiurrotc dtreXfiXuOdruiv. dXXov biKar^cTticev
VC im6 TpoqKuviou iTpocq>dTU)c dvaßeßtiKÖTa xal X^tovra btört
wpoa<mx€V ö 8cöc ctörok , Atov iy AeikTpoic viki^idciv, ditl^va
TMm Ad pactXct CT€<pav(TT)V.
Mögen diese bespiele genttgen. sie setzen uns in den stand die
tlütiailiij sn eonstatieren, dasz innerhalb b. XI— XY zwei grund-
vusdiiedeue ansehauungen sieh finden, eine die in ttbereinstimmung
Sit dem Volksglauben die gOtter direet und wirksam in den lauf der
•euehliebeii gesdncke eingreifen läszt, und eine die solchen vor-
rtiiliingm gegenüber sich mehr oder minder skeptisch verhält und
ftr alle ervignisse eine natürliche erklärung zu suchen sich bemflht«
Was aber ist ans dieser thatsache zu folgern? sicher doch zu-
üehsl das eine, dasz es sieh weder in dem einen noch in dem andern
<iUe nm die durch nachdenken und Studium gewonnene weltan-
Kksnnag des Diodor salbst handeln kann, altvaterische gläubigkeit
^ Isflgeeclirittene anfklänmg vertragen sich in solchem nnmittel-
M^enebaiider nidit in demselben köpfe, wäre auch nur das
168 EBaohof : Timaios als quelle für Diodor XIY 64—78.
«ine von beiden der wirklidie religiöse standponct Diodorsimdhltte
er von ihm aus das in den quellen yorgefundene matehal beleuchtet,
flo hätte es ihm geradezu unmöglich sein müssen an anderen stellen
den so ganz entgegengesetzten einzunehmen, also es kann nicbt
Diodor sein, der den Zusammenhang der ereignisse bald so bald so
betrachtet, und wir werden daran um so weniger denken, da wir die
eine betrachtungsweise in sicilischen, die andere in griechisohen ab-
schnitten der genannten bttcher gefunden haben. ' vielmehr sehen
wir auch hier eine auffällige best&tigung des bereits von Nissen
(krit. unters, über Livius s. 111) gefällten urteile, dasz Diodor nicht
nur die darstellung und form, sondern auch die eigensten gedanken
seines gewährsmannes in einer für moderne ansdiauung gass on-
faszbaren weise entlehnt.
Wer aber sind die gewährsm&nner, um die es sich hier handeln
kann? niemand anders als Ephoros und Timaios.
Alle oben angeführten beispiele der zweiten art sind den be-
richten über die Perserkriege, den anfang des peloponnesischen krie-
ges, die sicilische expedition, die Unternehmungen des Epameinondas
entlehnt, die Untersuchungen über die quellen Diodors sind nun
meiner ansieht nach so weit vorgeschritten , dasz ich nicht erst den
beweis anzutreten nötig haben werde, wenn ichEphorosals quelle
aller dieser bezeichneten abschnitte nenne (vgl. auch Holm ao. II
8. 365 z. 11). und der in jenen aus der griechischen geschichte ent-
nommenen beispielen zu tage tretende rationalismus entspricht toU-
ständig dem was wir^über diesen aufgeklärten Schriftsteller wissen.
schon KOMüller führt in seinen proleg. z. einer wissensch. mjthol.
8. 97 ihn als einen bauptvertreter jenes Pragmatismus auf ^ der mit
abstreifung alles wunderbaren, unmöglichen, phantastischen ans der
mythenüberlieferung den kern geschichtlicher thatsachen heraus-
schälen will, belege für seine freilich nicht durchaus glückliche me-l
thode geben einige der uns erhaltenen fragmente : vgl. FH6. fr. 2.i
63. 64. 70. die hier aulgestellten grundstttze lauten : imri^äv toicj
q>iXofAu0oCciv ty tQ ttic IcTOpiac ypa<pi\ , iiratveiv -nPiv dXi)66iov.i
iravTaxoC äpiCTOV vo)yit2l€iv TdXr)8^c. damit läszt sich sehr wol dit^
in den mitgeteilten beispielen bemerkbare nüchterne auffassung and
der gegensatz zum volks- und {)riesterglauben vereinigen, soll ich
noch etwas zu gunsten der meinung, dasz wir hier den Ephoros als
quelle zu vermuten haben, anführt, so ist es, nächst der übereini
Stimmung von fr. 53 mit dem ezcerpte bei Diod. XV 66, das fr. 142,
aus diesem erfahren wir bestimmt, dasz Ephoros über den untezigaD^
der Städte Helike und Bura in Verbindung mit der erscheinung eine:]
kometen gehandelt hat
Hieraue folgt nun, dasz der gläubige Verfasser jenes berichtet
' aaf den chamKleonartig^n Wechsel des religiösen sUndponctes it\
Diodor scheint nenerdings besonders GFUng er in den titsangsbericbtei
dar bayr. akad. d. wiss. 1878 1 390 aufmerksam gemacht an haben, nil
ist bis jetat leider diese abhandlong sieht augängUch gewesen«
EBachof: TSnaciot ak quelle för Diodor XIV 64--78. 169
Kl der pest im karihagiselieii l^ger und ihren folgen bei Diodor
ST 63 — 78 nicht Ephoros gewesen sein kann, wenigstens wird
vol Ton berufener seite nicht der einwand erhoben werden, was
doB Diodor mOglich sei, das hfttte aach Ephoros begegnen kOnnen,
aoüieh swei so grondverschiedene auf&ssangen in seinem werke
eiaander com ansdrack za bringen, ohne des gewaltigen wider-
ih bewnst sn werden oder sich um diesen su kümmern,
digegen würden alle Zeugnisse alter und neuer zeit sprechen, welche
sÄi nur ein wirkliches Studium der quellen und die gewissenhafte
tfbot, sondern auch den bestimmten philosophischen standpunct die-
SN aefariftatelleirs bestfttigen. auch Holm, der nicht überall den
■atsracliied swischen einem Ephoros und einem Diodor einzusehen
T«mg, hfttte sich eingestehen müssen, dasz seine polemik gegen
CoUwmi (TgL gesch. Sic n s. 341) doch nur in dem verhftngnis-
ToQia Worte 'omninm' ihre stütze findet, welches letzterm gelehrten
nflbolegisr weise und wider besseres wissen in die feder gekom-
maist*
Mfleean wir aber aus triftigen gründen den Ephoros als gewfthrs-
ma&B Diedon in dem abschnitte XIV 63 ff. zurückweisen , so kann
vater alleo qnellenschriftstellem hier nur noch Timaios in frage
bmiBin, Ar diesen — auf den übrigens Diodor sidi direct b. XTIT
zenmiial und b. XIV einmal beruft — ist neben der sucht alles zu
Mrittebi kaum etwas so charakteristisoh wie das haschen nach dem
vvadeibaren und übernatürlichen, das ihn zum treusten herold des
tiAb- und priesteraberglaubens gemacht hajt. mag Polybios auch
Ut nad da sn hart über ihn geurteilt haben, den Torwurf eines
ammtk aberglanbens hat er XII 24 mit vollem rechte gegen ihn aus-
SopracheB : £v Tak ibiatc diroqxkcciv dvuiiviuiv ical TCpdrun^ kqi
iwOoiv dmOdvttiv Kod cuXXtfjßbiiv beictbaiMOviac dT^vvoöc
na Tcpareiac T^vaiKidbouc icrX irXripiic. anszer den directen
bmiielallen FHO. fr. 64. 65. 66. 103* 104 beatftt^en dies Plut.
Xikias 13, Alk. 18 (Tgl. im gegensatze dazu Ephoros bei Diodor
Qu 3), Dion 24. 29 u. Timoleon 8. 12. 26. 31 , wo die spuren des
Tmhm bereite entweder aufgefunden sind oder ohne sonderliche
nihe sich nachweisen lassm. wie er schwere geschicke der men-
•ehcn ak amaittelbare strafe verletzter gottheiten hinstellt, darüber
Wehrt nna sb. fr. 104 xai tQ irepucoirf tujv '€p|iuiv npooiMaivctv
•noic To boifiöviov, die ibrd '6pjioicpdTouc toO ^'Epjtiuivoc nXeicra
«ikovnn iropd t6v itöXcmov, und 103 ck töv '€pM^v dc€ßf(COVT€C
tti «ffNicö«|NivT€c oOtoO xd drdXfiaTO, bid tout' fbuixav bdcnv.
te voQstlädige Seitenstück zur pest unter den Karthagern we-
P^ te gegen Demeter und Eore verübten frevele bietet fr. 66
t CoUnaBB de Diodori Sicali fontibue s. 7: 'nam Diodomm ita
Efktri iSbrif osniB esse, at ea qnae a Thacjdide praetennissa invenieset,
Q iffis deproBeret, niniine statai potest, qtiia haec scribendl ratio cum
•^ oBBia» aaliqaoriim reium teriptoraio tun a DiodoH eonsnetadiae
abbenrtt, qui, quanton fieri poeeet, unom seqoebator ducem«*
170 EBachof: Timaios ab quelle för Diodor XIV 54—7«.
q>8opÄ bk Ka\ Xoi^öc juera rphov ^toc £q(€ xi\v AoKpibabiitfivk
Kaccdvbpotv dO^MiTOv MtEtv AlavToc.
^8 dürften also die in rede stehenden capitel Dioden scbon
wegen der ihnen anhaftenden deisidaimonie dem Ephoroe alnospre-
chen und dem Timaios znzuweisen sein, indes will ich nicht ontar-
lassen noch einiges anzufahren, auf dessen beweiskraft an neb icb
zwar nicht su viel geben möchte, das aber immerhin in TerbisdoBf
mit dem bereits gesicherten einige beachtong verdienen mag.
Für richtige und unrichtige angaben geographischer natar,
welche die insel Sicilien betreffen, können wir den Sicnler Biodor
keineswegs verantwortlich machen, auch Holm gesteht ao. 11 8.366
zu, dasz an (pswissen stellen eine sicilische quelle um deswilkB üb*
geschlossen sei, weil die in ihnen vorkommenden unrichtigkäteiiein
mit den localitSten bekannterer schriftsteUer sicilischer herkasft im-
möglich habe begehen können, nun finden sidi solche ungeoaaig'
keiten zb. in dem aus Ephoroe entlehnten berichte des b. äU Aber
die sicilische expedition der Athener, so bezeichnet na. Diodor IUI
13 mit dem namen Daskon eine meeresbncht, wfthrend esnftck
Thuk. VI 66 und nach Philistos (FHG. fr. 36 AdcKüJV' CuccXioc
Xwpiov) eine landspitze gewesen ist. ttbereinstimmend mit Thukr*
dides und Philistos, und also abweichend von Ephoros, wirdDOn
auch Diod. XIV 68 u. 72 eine landspitze darunter verstanden.
Femer erzfthlt Polyainos strat. V 2, 8, Dionysios habe, uia die
macht der Karthager zu schwächen, eine anzahl forte und eutelle
herrichten lassen, welche diese zwar ohne mtthe und ohne bedeoteDde
Verluste eingenommen , durch deren besatztmg aber — and d» «tf
des Dionysios kriegslist — sie ihre krftfte sehr zersplittert bfttten
da in den beschreibungen der andern kriege diese q>pouptO nicht erj
wtthnt werden, so mnsz sich die angäbe bei Polyainos auf den feldj
zug des j. 395 beziehen, in dem sie eine rolle spielen, unddadN
stärke der Karthager auf 300000 mann angegeben wird, so schlieez^
Wöl£flin praef. s. XTTT anm. 16 aus der vergleichung mit Diod. S^
54 mit recht, dasz die noiiz auf Ephoros zurOckzuftthren sei- nnq
erwähnt auch Diodor diese q>poupia, ohne ii^endwie der knegsü^i
des Dionysios zu gedenken, im gegenteil : wir lesen XlV 56, 4'-'6|
dasz eine grosze anzahl der Messenier sich nach eroberaog ihre^
Stadt in die oastelle im land zurQckgezogen und diese gegen all^l
ettlrme Himilk<ms so tapfer verteidigt habe, dasz der karthagi&cbj
feldherr unverrichteter saehe wieder abziehen muste. in c 58 abe
heiszt es von Dionysios: t& Kard Tf|v x^pav q)poOpia ir€ptirop€vö|
Mcvoc Uixtipoti Kod c!tov irapcKdiüiiZcv * im^cX^CTOTO ht rdc ^1
AcovTivoic dKpotröXeic drdxice Kai tdv ^k tiöv ncbiujv otov €i|
TaÜTQC cuv/i6poic€v. £tT€ic€ bi Kttl Toöc . . KofiirovoJic de Tflv AItI
vnv fi€TacTf)vat bid tö Xtav etvai to q>pot}piov dxupdv. dies alld
geschah doch wahrlich nicht, um es den feinden zu ermöglichen, di^
oastelle ndvu dcM^vuic xal dvcu udxtic in besitz zu nehmen, aiso
ist auch für c. 56 n. 58 Ephoros als quelle aaszuschliessea.
EBi^of: liauttot ak quelle far Diodo? XIY 64—78. 171
T6i)g|Bblicli fragieii wir uns aach, was wol den Ephoros veran-
bmi hAtai dflrfle mit soldier aogflihrliohkeit und solcher w&rme,
wie lie dach uiTerkennbar in dem bezeiöhneton abaohnitt ersoheint,
die aeüMwn Terliiltiiisee jener epoche ta sohildem* anders liegt
d» iMfa« hm. Timaioe, einem geborenen Sienler, der den glauben
na« folkes an die maeht der gOtter, vor allem also doch an die der
MtioaalgOtter, ToUkommen teil^ einem manne femer, dem die ehre
od der glant seines heimatlandes über alles geht, so dass er Sicilien
ftWdas eigenUiehe Griechenland stellt und den ereignissen anf der
imI sine eben eo grosze, wenn nicht grOscere bedeutang beimiezt
ib lUim WBB Boaat in der weit denkwürdiges nnd rahmvolles ge-
■Ufls tsl (TgL Poljbios XQ 26^ »-i FfiO. fr. S7). ihn hören wir
banst, wenn ee bei Diodor V 9, 3 heiset: o\ TOikiifV odv icerrotKoOv-
Tcc CvAiATon irapeiX<\(paa irapä x&v irpotövuiv, dcl t^c «pi^ijinc
ä oiAvec iropoibebofi^vnc t(rtc ^ktövoic, icpdv ötrdtpxeiv Tf|v vf)cov
A^DfTpoc xa) Köpi)c. er betrachtet den kämpf gegen ein land auch
il« «aoi kämpf gegen dessen gOtter, und Persephone ist ihm die
uttiüdie bnndesgenosein der von den Athenern angegriffenen Syr»-
Mtr, wie die Worte des fr. 104 bezengen: in b* dicöc cTvai rdv
'Hfiukk Toic CupOKodoic ^riOctv btd ri\y Köpf|V, irap' fjc £Xo߀
vtir K^pfcpov. kamn konnte es fttr einen siciliaehen historiker eine
dtsUNrare anfgmbe geben als die ttberüeferang des volkes von dem
^ifitehen natergaage des Karthagerheeres sa erhalten imd aasza-
, nnd mehts konnte die macht der heimatlichen gOtter
vmhei liehen als der nachweis, dasz sie anf die hftupter der
•ie frevelnden Panier nnglllck anf anglflek hSafton , bis diese
äck voUsÜndig vor ihnen demtttigten nnd ihre obmacht anoh ftoszer«
U daroh tempel and ealt anerkannten, knrz, ee spricht alles eben
M ^gm Bphoros wie ftlr Timaios, den wir hier wie in den flbrigen
bwiditen Ober die siciliseh-punischen kriege b. XI — XIV als qnelle
Dwdoni aBsnerkennen haben.
Venoohe ich aanwehr, gesULtat anf die bisherigen erOrtemngen,
^ ia den ahleaasigaben c. 54 n. 76 bestehenden widersprach an*-
^ n beseftUgcn als mit jener anscheinend so natttriicben erkUUung
B^at, so wird man, hoffe ich, darin keine willkflrliohe nnd anflgzige
^>>tM erbUeken, sondern eine mir notwendig gestellte aufgäbe.
^ sinfaehste mittel die echwierigkeit wegsarflamen wäre die an-
*>^, dssz ein Schreibfehler, das versehen eines abschreibers vor-
k««. dass eine solche annähme nicht zn gewagt wfti«, dafttr ktante
idmich aof Timaaos fr. 195 nad snf Nissen ao. s. 112 bemfen.
*^ Bsa konnte das sdüieezlieh nor f&r eine verzweifelte aasflaoht
Utm, nnd so m0ehte ich anf einen andern weg hinweisen, anf dem
1*^ die sehwierigkeilen wol ohne itgend welche gewaltthitige
*>w|mlaliemilBiite zn einer annehmbaren Idsang werden bringen
An vier etsUen, Xm 64. 60. 80 nnd XIV 54, finden sich neben
^ risdrigsa zaidea dee Timaios die hdheren des Ephoroa. letzterer
172 EBaehof : Tinudos ak quelle fSr Diodor XIY 64-^79.
wird in diesen abechnitten nur in Yerbindoag mit dem erstern,
TimaioB auch ausserdem mehr£uh allein citiert« dieser umstand
und die erwttgung, dasz ein schriftsteiler, den wir im greeien so un-
treu gefunden, nicht gerade in nebensaehen bemflht gewesen sein
wird den spuren der Wahrheit nachsugehen, lassen die annähme voa
Volquardsen als h^hst beifallswert erscheinen, dasz Diodor jene
Ephorischen zahlen einfach aus Timsios mit abgeschrieben habe, die
mSglichkeity dasz sie Diodor dort finden konnte, wird jeder ohne
weiteres zugeben, polemisiert doch Timaios so vielfiich gegen
Ephoros, auch gegen seine zahlen (vgl. fr, 126), und jene hohen an-
gaben wird er sicherlich ans dem gründe mit angeführt haben, um
gegen die Übertreibungen seines gegnurs zu felde ziehen zu k^nnoL
Diodor wird diese hohen zahlen aufgenommen haben, weil sie ihm
gefallen, wobei er natürlich die polemik seiner quelle übeigebt
Nun aber sind statistisch genaue angaben über die aof einon
kriegstheater auftretenden truppenmassen und die bei den einsebien
Unternehmungen beteiligten streitkrftfte ftnszerst selten zu finden,
und selbst den nach chiliaden und myriaden gemachten berechnnn-
gen begegnet man nicht eben oft viel hftufig^r sind jene allgemeinen
angaben bei den slten geschichtsehreibem ansntreffen, wie fiirocov
firotre Tf|v bOva^iv, npor^TC iieti ttic buvdjüicttK, KaToXiirdiv ^^k>€
Tf)C buvd^€UK, CTpaTCUCOC ITOXXQ buvd^€l, TOUC äptCTOUC TUlV CTpa-
TiuiTÜJV dvoXoßibv uft. solche allgemeine angaben hat wol au^
Diodor in seinen quellen gefunden und meist beibehalten, hie undl
da aber auch versucht eine ihm aus früherer erwShnung noeh im
gedftchtnis befindliehe bestimmte zahl einzusetzwi. er verfahrt dabei
aber mit der ihm eignen nachlftssigkeit, indem er die veriaderung
ganz übersieht, welche die kriegsereignisse in der numerischMi starke
der Streitkräfte hervorrufen musten. so ist zb« Xm 34 die sahl der
nach der Vernichtung der Athener den Lakedaimoniem zu hilfe ge-
schickten schiffe auf 35 angegeben ; obwol die kriegmachen ereig-
nisse diese zahl verringern musten, ist dennoch XTIT 61 von den 35
zurückkehrenden schiffen die rede, die inzwischen voiga&Uenen er-
eignisse nieht berücksichtigt zu haben iUlt wol nur dem Diodor zur
last; sa verschiedene quellen hat man nicht zu denken: denn dasz
Diodor, nachdem er in der gesehichte der athenischen expeditioB
dem Ephoros — ausgenommen c. 20 — 32, worüber spüler — gefolgt
ist, c 34, 4 wieder Timaios herangezogen hat, geht für mich daraus
hervor, dasz nach der einen quelle c. 33, 2 der tod des Diokles, aber
0. 35 erst dessen gesetzgebung besproi^en wird.
Noch ein anderes beispiel will ich anführen, welches wahrschein-
lich macht das« an stelle der allgemeinen angaben der quelle be-
stimmte des Diodor getreten sind. XYI 62 gibt Diodor, ohne seine
gewfthrsminner mit namen zu nennen , sondern noit der bemerkung
d)C }xiy Tiv€C dv^TPCiM^<xv sich begnügend , die stftrke des vor Sjra-
kns erscheinenden belagerungsheeres auf SCXXXX) mann zu fosz und
3000 mter an. ich vermute dasz er an stelle eines nnbeetimmten
EBflehof: TunaioB aU quelle für Diodor XIY 64—78. 173
etwa trdca f| biivoMiC, die ihm noch erinnerlichen zahlen
4m l|ihoro» ans e. 54 eingesetet hat, ohne sich klar zu machen wie
M^iidi oaterdeeaen die stftrkeYerhftltnisse geftndert hahen mnsten.
die Karthager hatten viele yerlaste erlitten: auf der überfahrt
5000 nmgekommen (55, 3), die erobenmg von Motye (55, 4),
«Buhflie Twn Meeeene (57, 4) nnd die vergeblichen stanne
gigm die tapfer verteidigten caetelle (57, 6) kosteten blnt. dazu
«feidgie die beobachtnng der vielen kleinen forts im «lande — auch
(MÜaänm hatten sich nadi 61, 5 in solche befestigte werke zurttck-
gnogen -* viel maanschallen; endlich giengen doch auch marode
od knake ab, nnd aagedchts des groazen marsches, den Himilkon
ibff Mo^e, fiiyz. Thermal, Kephaloidion, Peloris, Messene, Naxos,
im den Aetna nach Katane machte, darf der procentsatz dieses ab-
pagM sieht gering angeschlagen werden, auf der andern seite aber
wu die poDiMhe macht durch die CiKOVoi und *AXtKuaiot, welche
tiB Mndnii mit Himilkon schlössen (55, 7), und nicht am wenigsten
dnroh die QxcXot verstSrkt worden , die mit einziger ausnähme der
sKmtfieh tu den ELarthagem ttborgiengen (58, 1). es wttre
widdich ganz wunderbar, wenn der abgang und Zugang sich bis
tBf dieUsine düEnnenz von tausend reitem ausgeglidien hätte.
Wib nna aber hier Diodor statt der unbestimmten bezeichnung
d» i€0| crpoTtÄ die beetnnmte zahl eingesetzt hat, nnd zwar die
Ab anndkmbarer seheinende des Ephoros, so mag er auch c. 76 ver-
iibaiBein, indem er statt des allgemeinen ausdrucks seines Originals
Tok TA90UC Tuiv Cupcncoduiv dvaTp^i|iavT€c touc fifiicctc tu>v
cipononiiv inctbov dTdq>ouc die aus dem ausätze des Ephoros be-
ndaete zahl ircvTCKCdbCKa jüiuptdbac gewShlt hat.
Findet man diese erklämng zusagend, so dfirfte kein grund
■sbr forhaaden sein die oben bmichneten capitel dem Timaios ab-
s&ipreeben: denn daez ans ihm dann auch die eingeschaltete rede
€-66-69 entnommen ist, kann als an sich durchaus wahrscheinlich
UagwteOt werden, da ich indessen nicht nur in dieser rede, sondern
Mck in den beiden in den bericht des Ephoros XUI 20-* 32 einge-
•'Wtetcn reden proben Timftischer beredsamkeit erkenne, so behalte
kfc mir vor meine ansieht bei gegebener gelegenheit noch nfther zu
Ermbt Baobof.
29.
ZU HER0D0T08.
m 128 dmicÖMevoc bk kxA 'Opoircui k d^itv £X6div vd^ ßußXiuJv
H &0KIOV iC€pttnp€Ö|i€voc ibibou tut TP<XMM<mct^ '^^ ßaciXiiiifi
teUrcctai* Tpowiemcrdc bk ßaciXiitouc ol nävrcc diropxot £xouci.
^*ov€ipiii|i€voc hl Tu&v bopiKpöpuiv ihibov Td ßußXia 6 Baraioc,
^ Mctekrro diröciociv dirö 'Opofrcui. den einzigen anstosz bietet
stelle 1l€plalp€Ö^evoc. Schweighftuser bemerkt in seinem
174 KJLiebhold : za Herodotos [III 128}.
lex. HerocL: ^litteras singulas solyenfl; admpe detrabens sigfllom ei
solyens vinculam cuiusque epistolae', vielleicbt bestimmt durch die
Worte n€piaip€Ö|i€VO€ Tf|V cq>pnT%a in der geschiobte Tom ring des
Poljkrates (c. 41). mit recbt bemerkt dagegen HStein, dass ircpi-
aip€Öfi€VOC bier keinen bezug anf cq>pT)t^ba baben k6nne, somal da
die siegellÖBang dem "^pa^iuicaic des Oroitee znkftme. wenn er
dann aber femer sagt dasz das wort, welcbes apnet von der weg-
nähme amschlieezender, umhüllender gegenstände gebraucht werde^
sich hier mit einer auch sonst ttblichen yerwecbselnng nicht auf die
kapseln, sondern auf die sohriftrollen selbst beziehe, so kann ick ihm
darin nicht beipflichten, sondern glaube annehmen zu müssen, dasz
eine Verwechselung seitens des abschreibers vorliegt, dem das wcpi-
atpeöjii€VOC der frühem stelle vorschwebte, und dasz «isprflnglieh
Tr€piq>op€Ö>ievoc im texte stand, denn dem Bagaios, dem gesandten
des Dareios , muste es für seinen zweck darauf ankommen, die süm*
mung ehrerbietiger scheu und das bawustsein pflichtschuldigen ge-
borsams gegen den k(^nig bei den trabanten des verrftthers waeh zn
rufen, dies geschah dadurch, dasz er die mit dem königlichen Siegel
versehenen sohriftrollen, damit jeder das Siegel des königa als sol-
ches erkennen könne, herumreichen liesz (irepupopeöiicvoc), bevor
er dieselben dem fpa^^aTiQTi\c zum vorlesen des Inhalts tibergab.
nur dann, wenn man diese beiden acte in der Vorstellung scharf
sondert, ohne etwa ihren causalen Zusammenhang abzuschwftchen,
wird man die in den folgenden werten 6p^uiv b^ cq>€ac Td te ßußXia
ccßo^^vouc ixef&kwc koI rd XeTÖ^eva £k tuiv ßußXiuiv in fAcZöviuc
biboi dXXo ^v Tq) iyr\y Itita rdbc usw. liegende Steigerung ganz
gerechtfertigt finden.
BUOOLSTADT. KabL JuLIUS LlBEHOliO.
30.
ZU XENOPHONS ETBOPAEDIE.
I 4, 18 bbk KCpoc öpufv ^KßonOoövTac koI toOc dXXouc itoc*
cubl £Kßor)6€T kqI auTÖc irpuiTOV t6t€ önXa tvhic, oCirore otöficvoc *
oÖTUJC dir€9uM€t auToTc iSoirXicacdai. die werte oCitotc olö^cvoc
geben keinen rechten sinn und tragen auch wenig dazu bei, dJe un-
geduldige erwartung des Eyros auf den ersten waffengang zu be-
tonen, dagegen wird dies durch die Änderung in oö irpÖTcpov
dinXic^i^voc erreicht, dasz das einfache verbum sehr hftufig anstatt
des comp. ££oirXi£€c6ai gebraucht wird , ergibt sich , abgesehen von
unzähligen dichterstellen, aus Piatons Tim. 24^ ok f||i€fc irpuirov
d)1rXtc^eea. staat VIII 551 ^ xP^^M^vouc Tip irXifiOci durXici&^vqi.
ges. VIII 833*" 8v dq>y)C0^ev irpunrov diirXiCfiJ^vov. Eritias 110^
diirXic^^vnv Tf|V dcöv.
I 6, 9 ÖTi b^ TToXXüjv jiiiv b€f)C€t, iToXXd bi Kttl äXXa vCv
ävaipcri banavdv ixcivov, oö TtTVu>CK€tc; der verschlag von Madvig
KJIaabhold) sa Xenopbons Kyropftdie. 175
adr. erit I f. 362, col b€i^6i zu schraben, ist flberfltUaig, wenn man
teqco als fot. med. yenieht.
n 4, 31 Kupoc» 4& 'ApM^vic, kcXcvci oötui nouiv cc, Snuic ibc
Tvxicia (xwv olcctc Kai t6v boc^v xai tö crpdTeu^ou der gröste
tcQ der hgg. bat mit recbt an dem part* £x^v anetosz genommen,
ii aber don Kjroe nicht allein daran gelegen sein mnste dass, son-
dffB aodi mit weldier geeinnung der könig von Armenien seinen
ferpiiekkiagen nachkam, so ist ee gewis empfehlenswert iKWV zu
•chraben: TgL VII 2, 12 unecxö|ii]V ^ coi dvrl toutujv f\ Mf|v irop'
isiinwv Aubi&v &€c6at n fiv 6 ti koXöv xäraGöv icxxv iy Cdpbeciv.
ni 2» 4 ci M Taöra (t& dpi)) KoraXdßoi^icv xal dn' dKpou
UvotTO JiM^Tcpov ippouptov, cuHppov€iv ävdTKii dv €li) irpdc fjMäc
S|i9oi^iC Toic te 'Apficviotc koI toTc XoXbaioic. an dieser stelle
^ ouqppovciv seitens der lezikographen nar eine kflnstlidie aus*
Wpof erfahren, der b^riff der naisfagibigkeit, der anstreitig in den
üan fsast» d» der Toraosgesetate rerlnst ihrer festesten position die
fodt bewegen mnste jeden gedenken an fernem widerstand auf-
ngtbcm, kOnnta bestimmt und ansebaulich nur durch das verbum
cvtmpciv wiedergegeben werden, welches nach meiner Vermutung
onprli^glich im texte gestanden hat : vgl. V 4, 26 ol b^ 'Accupioi
liic lißtoSca^ ToOra , ndvra inoiow neiGovrec xdv ßaciX^a curx^*
piicm laura xat öri qitKpdroTOV toO woX^^ou Xttreiv. YI 3, 36 f)
«■1 iiiiac, IqfHf), ToOra curx^pctTe (so. Kard touc AlTuirTiouc) ;
V 2, 16 t6 m^v bi\ irpurrov cuvbeiTrvwv aOroic 6 fuißpuac xal
ipirv T^ qwuXoTTiTa tuiv irapcmOcfi^viuv ßpu)^dTUlv iroXu cqpdc
M|ii£cv äcuBcpiuiT^povc clvm crimliv. H. van Herwerden, der
nkr andern diese stelle in der revue de philol. II (1878) s. 198—
303 aeiBer kritik unterzieht, hat zwar recht, wenn er aÖTOic auf die
Perser, aber unrecht, wenn er c<päc auf die Perser und aOruiv auf
üe Assyrier bezieht, denn nach dem Zusammenhang und nach dem
eoaeekoD gebrauch der pronomina kann Gk>br7as mit c<päc nur seine
eigne naiion, die Assyrier, verstehen, welche, da er zuerst seinen
BSKstab flu die beurteilung von dem comfort und relativen luxus
<rttehnt, sunflchst in seinen äugen edler und civilisierter erscheinen
•h die Perser (aäniiv). daher mnsz die von H. vorgeschlagene
fsadation woXu cqNuv (Assyriis) £v6^i£ev dXeuOcpiuiripouc etvat
euTOuc (Persas) nicht nur als überflüssig, sondern auch als sinn-
4fiffCBd betraditet werden, besonders da der aufimg der nachfolgen-
im Periode (4nel bi KaT€VÖT)€€), zu welcher ein nachsäte wie dXXuic
(vÖMtccv eiglnst werden kann, und die in § 20 folgenden werte des
Mvyaa lelbat: f||A€ic m^v Top £niMeXouM€6a, diruic fi^iv TaOra
WC mXciCTO CcTCu, ÖMcic bi ^oi bOKCiic ^nijUXecGai, öituic aurol d>c
^tmoi Ic€c6€ rar genüge beweisen, dasz sein urteil mittlerweile
«m sid«ee dh. richtigeres geworden ist
Vn 1, 40 lUyoy b* oöbo^oO oöb^v In ^buvoTO naTtbciv TrXJ|v
tö Tiiiv AHvirriuiv- oOroi b^ ine\bi\ i^iropoOvro, irdvrodev kukXov
«oi^cdMCVoi« 4&CTC öpficOai rd finXa, imö raic dcirkiv ixdOiivTG'
176 CGneisse: zu Cicero de prorincüs oonBularibus [9, 21].
Ka\ dnoiouv \iky oibiv £ti , firacxov bk iroXXd kou beivcL dasz an
dieser stelle i^iropoOvTO ganz abgesehen von der nngewOhnlichen
medialen form nicht angemessen ist, hat Madvig adv. I s. 356 mit
sicherm blick erkannt, indessen stOszt sein Torsc^g i^pc^oövTO zn
schreiben auf mancherlei bedenken, denn die isolienmg der A^gypter
ist durch die yorangehenden worte ausreichend gekennzeichnet und
würde als vollendete thatsache wol nicht durdi das imperf. ausge-
drückt sein, auszerdem Yermiszt man einen zur yeranschaiilichung
der Situation, zur Schilderung des wuchtigen herandrängens der
feindlichen Übermacht, durch welches der in den folgenden werten
beschriebene rein passive widerstand erklärt wird, geeigneten be-
griff, wie er durch die nicht gewaltsame Änderung in i^vuixXouvto
gegeben sein würde: vgl. Vm 3, 9 und über den passive gebrauch
V 4, 34.
Vni 2, 21 dXX' €ijLil äirXrtcroc . . kqI ö^uic jvbov fxovrcc to-
caCra oCt€ k6(ouci nXeiu) i^ bvivavTQi q>^p€iv, biappaY€T€v Tc0 ^v,
ofrr' d>iq>UwuvTai irXciui i^ buvavrai (p^pciv, änOTtviTCt^v T&p äv,
äXXa Tä iT€ptTT& XP^^^^'T^ irp^TMOTa ^xouciv. Herwerden findet die
Wiederholung von q>^p€iv unpassend und schlftgt vor xtupeiv aa stelle
des ersten q>^p€iv zu schreiben, wenn man jedoch bedenkt dasz die-
ses verbum bei den classischen schriftsteilem mit ausnähme des
witzigen vergleiche in Aristoph. Wolken 1238 £( x^^ Xu^PH^^^n^
meist nur von gefUszen gebraucht wird, zb. Plat. Symp. 214* irX^ov
i^ ÖKTU) KOTuXac xuipoOvra (sa \|iuicTf)pa) , Hipp. mai. 288 ^ tuiv ££
XÖoc xu'poucdiv (sc. xuTpÜJv), so dürfte die Vermutung, dasz an stelle
des ersten «p^pciv der inf. 9aT€Tv gestanden habe, weder aus for-
mellen noch aus sachlichen gründen ungerechtfertigt erseheinen,
von der relativen gerttumigkeit einer stadt gebraucht xu»p€!v Thuk.
n 17 oö Täp £x^Pnc€ EuveXdövrac aÖTOuc f| iröXtc, in übertragener
bedeutung besonders die spätere zeit, zb. ev. Matth. 19, 11 oö ndv-
T€c xuipoöci TÖv XÖTOV TOÖTOV, dXX' o(c b^borat und kurz darauf
6 buvd^cvoc xüip€Tv xu'pcfTui.
BüDOLSTADT. KaRL JVhlüB LiEBHOLD.
31.
ZU CICERO DE PBOVmcnS CONSVLAETOVS.
9, 21 tuuspater^ PhiUppe, nonne uno tempore emnsuisimm^
dssmis in grabiam rediit? quibus cum omnibus eadem respMka
reconciUavU, quae älienarai, in dieser von Kajrser sowie von Klotz
aufgenommenen lesart ist das uno Umpore unverständlich, dasselbe
tritt erst ins rechte licht, wenn wir mit Umstellung von ommbus^
das an dem von den hss. ihm angewiesenen orte überflüssig ist,
lesen: iwua pater^ Phüippey nonne uno tempore cum omnibus
suis intmidssimis in graiiam rediü? quibus eum eadem res publica
recondUavit^ quae alienarat.
Mbtz. Carl OnBiasB.
HWin; der perdaellioiiBprocess dei 0. Rabirios. 177
82.
DER PEBDÜELLIONSPBOCESS DES C. BABIRIÜS.
In der kette der denkwürdigen Ciceros oonsnlatsjahr auszeich-
nenden begebenheiten nimt der perduellionsprocesB des C. Babirius,
ivenn andi durch das interesse an demCatilinarischen Umsturzversuch
in den hintergmnd gedrängt, unsere volle beachtung in anspruch,
in verBchiedener hingeht: er erö&et einen blick in das römische
reeUeleben im allgemeinen, indem sich an ihm als einem recht greif-
baren beiepiel die rechtsbestftndigkeit selbst solcher formen darstellt,
welche y wenn auch Ittngst abgekommen, dennoch fortleben und ge-
legentlieh hervorgesucht ihre Wirkung thun, und in die rechtspraxis
insbesondere mit bezug auf das bei demselben angewendete criminal-
yerfihren; den darsteUer der geschichte beschftftdgt das politische
momeni, indem er in dem processe Caesars streich erkennt, den er,
HIB gegenüber der senatsherschafb die unverletzlichkeit der volks-
rechte m betonen, gegen die nobilität ftthrt; dem geschichtsforscher,
welcher die quellen prüft und sichtet, tritt die frage entgegen, in
welchem Verhältnis die erhaltene rede Ciceros pro C, Bdbirio per-
imMioniü reo zu den berichten der alten geschieh tschreiber, beson-
ders CassinsDion, stehe; an der lösung derselben ist auch der philo-
log im engem sinne beteiligt, welcher zur auslegung des Ciceroni-
edien Schriftstückes sich jene frage vorlegen und beantworten musz.
Eine controverse hierüber hat sich indes erst erhoben, seit Nie-
bahr in einem Yaticanischen palimpsest den bisher fehlenden schlusz
§ 32 — 38 aufgefunden und veröffentlicht hat (Cic. orationum pro
M. Fonteio et pro C. Babirio fragmenta usw., Bom 1820). vorher*
gmlt es fCb: ausgemacht, dasz Ciceros rede in dem perduellionsprocess
nach erfolgter Verurteilung durch die duumvim und nach eingelegter
berafang an die centuriengemeinde gehalten worden sei, welche vom
praetor Metellus aufgelöst wurde, worüber Cassius Dion 37, 26 — 28
ausführlich erzählt (vgl. Ferratius epist. 1 14 und Fabricius zu Dion
ao.). diese combination verwarf nun Niebuhr (ao. s. 69 f.) , ja Dions
darstellung selbst mit berufung auf stellen der Cic. rede : dasz es sich
nm einen multprocess gehandelt, zeige § 8, und dasz das perduel-
liottsverfahren und zwar vom senat aufgehoben, § 10 mit § 32 , wie
der Verteidiger auch nicht gegen carcer und crux^ sondern gegen
exSiium peroriere; zwar habe Babirius ans volk provociert, aber es sei
von Labienus der perduellionsprocess in eine multklage verwandelt
worden, nach analogie des vergebens der gegen P. Clodius wegen ver-
lostes einer Seeschlacht klagenden volkstribunen (schol. Ambr. zu
(Sc. er. in Clod. et Cur, s. 337 Or.; s. Bein criminalrecbt s. 482 f.);
auf freisprechuhg durch das volk deute Sueton Caes. 12, und auf
^ im folg^onden wird die kenntnis des rechtshandels (b. Mommsen
r3m. gesch. IIP s. 169 f. Peter gesell. Roms II s. 185) und der quellen-
•tollen vorausgesaUt.
Jahrbfteh«r f&r clMt. phiIoL 1879 hfl. 3. 12
178 HWira: der perduellionsprocetB dee C. Rabirh».
Ciceros mitwirkang hierbei Cic. in Pis. 4; es sei daher die wenn
auch sehr alte Überschrift peräueUianis reo zu streichen und dafür tu
setzen pro C. Bahirio ad Quirües. die echtheit dieser zwar hielt auf*
rechty teilte aber im übrigen Niebuhrs ansieht , wenn ich ihn recht
verstehe*, Oöttling: die Tolksversamlnngen der r6m. repfublik (Her-
mes 1826 XXVI s. 126 mit anm. **, vgl. gesoh. d. röm. verf. s. 475),
indem er vermutet, das ohnehin obsolet gewordene fudidum per-
dudUoniSj welches Labienns deshalb gewählt, weil diese anklage mit
einer art infamie verbimden gewesen, habe CSoero wol durch emene*
mng der lex Porcia beseitigt, daher Labienus nur bedanre hier ntcbt
die strafe des kreuzes dem Babirius zuziehen zu können, und indem
er die erwähnung der mtdtae irroffotio (§ 8) mit derjenigen de»
exils in dör weise zu vereinigen sucht, dasz er annimt, die muH sei
entweder unerschwinglich gewesen oder würde den reus so arm ge
macht haben , dasz er vorzog ins elend zu gehen.
Die frühere auffassung der dinge verfochten wieder Beiff gescb
der r5m. bürgerkriege II s. 278 f., Orelli Cic. oratt. sei. s. 155 n. im
Onom. Tüll. u. C. Babirius, Drumann gesch. Roms m s. 163 anm. 3
sie machen übereinstimmend geltend , dasz nach dem ganzen inhalt
der rede es sich um ein vergehen wegen mordes , um einen capital
process, um einen Strafantrag auf leib und leben handle. wShrend
aber Beiff betont, dasz einem auf tod und leben angeklagten bflrgor
exil freigestanden, indes die Verurteilung zu einer geldstrafe das-
selbe nicht notwendig nach sich gezogen habe, denken die andern
an eine hftufung von capital- und multprocess, und zwar Orelli bo,
dasz Labienus diesen wegen derselben klagepnncte angestellt habe,
weil er nach den anstrengungen des Senats jenen von vom herein
verloren gegeben ; Drumann , dasz der mnltantrag blosz die § 7 ff.
erwähnten geringem vergehen, die perduellion den mord des Sutnr-
ninus betroffen habe; Dmmann und Beiff behaupten zudem die Über-
einstimmung zwischen Dion und Sueton. während Klotz Cic. reden
II s. 520 ff. und Bein ao. s. 496 f. die streitigen puncte bei seite
lassen, versucht Bubino Untersuchungen I s. 312 ff. mit anm. eine
Vermittlung der entgegengesetzten meinungen: an Niebuhr lehnt er
sich an mit bezug auf dessen bemerkung, dasz das von Labienus zu-
erst beabsichtigte tudidum perdueUionis mit duumvim auf Cioeros
antrag durch senatsbeschlusz aufgehoben worden (§ 17); so sei der
tribun, dessen rolle bei der provocationshandlung in jenem verfahren
als anklftger undenkbar sein müste, auf ein anderes milderes ver-
fahren , das tribunidsche , verwiesen worden ; dieses sei auf capital-
strafe, nicht auf muUae irrogatio ausgegangen; dahin gehöre Ciceros
rede und Metellus auftreten — also die hypothese einer zwiefachen
klage, eine einheitliche klage, jedoch mit dem verspiel von Verhand-
lungen vor Volk und senat betr. die einsetzung des gerichts, nahm
Zumpt criminalrecht d. röm. rep. 12 6. 387 f. an : auf grund eines von
* anders verstehen ihn Orelli und nach ihm andere.
HWin: der perdnellioiuproeefls des C. Babirius. 179
LibieBQs eingebraehten gesetzes, das die wiedereinfühmng des alten
kAqgUeheii perdoeUionsproeesses gegen Babirias bezweckte, aber mit
bcng auf die strafe (ftchtang und vermOgensverlust) durch Ciceros
bemflben modificiert wurde, sei die anklage durch den tribon vor
den donrnTim, sodann vor den centariatcomitien unter Metellus vor-
nti gefllhrt worden, wobei Cieero die rede hielt; den anstosz, der
kiar in der erwfthnung der mtiUae irrogatio liegt, elndiert er (ao.
8. 471 t) dadurch, dass er sie nicht auf deigenigen multprooess be-
ziehen w^, um welchen es sich bei Gic. rede angeblich handle, son-
dtn inf einen gerade vorher berührten (peculat-)faU eines dritten.
Dagegen fand Niebuhrs ansieht mit berichtigenden ausftlhrun-
g«B die biUignng von Brückner leben Ciceros s. 210 ff. und Lange
rtm. alt. n 484. 508. III 236: nachdem nach dem alten perduel-
bouprooesa Babirius durch die duum vim verurteilt, die provocations-
rerbaadlung vor centuriatcomitien durdi auflösung der versamlung
iidi^oben worden, habe Labienus einen multprocess vor tribut-
MButifln angestrengt und in diesem Cicero jenen in der erhaltenen
nde verteidigt, diee ist auch die ansieht Mommsens rOm. Staatsrecht
I B. 137 aam« 1, welcher hinzuftigt, dasz die werte in der flberschrift
pffMliomis reo von den herausgebem aus der rede in Fisonem irrig
oDgesetst seien.
Der reyiaion der ganien controverse und der sichtung der ein-
tthen momente widmet nun Huschkein seinem buche *die multa
«ad das sacramentum' (Leipzig 1874), welches in so viele partien
des rtoiachen Staats- und rechtslebens licht bringt, einen excurs
(i. 512 — 633), worin et zuerst den rechtsfall erzfthlt, dann die
idiwierigkeiten desselben hervorhebt und die zu ihrer beseitigung
u^esteUten verschiedenen meinungen berichtet* und endlich seine
eigiM ansieht von der sache darlegt. Huschke urteilt wie Niebuhr,
deasen wenn auch noch mit manchen Irrtümern behaftete ansieht
Ml im ganzen das richtige unleugbar andeute: wfthrend Dions und
Saetona berichte des Babirius wegen perduellion durch duumvim
erfolgte Verurteilung und nachherige rettung von der Verurteilung
teth das volk melden, und übereinstimmend die Überschrift der
Cic. rede wie die erwfthnung in der rede in Piaonem auf die vertei-
iigQBg in diesem process durch Cicero führen , entstehen durch die
Tsde adbst erbebliche Schwierigkeiten, vier puncto sind es zunSchst,
v«lehe Huschke hervorbebt:
1) indem Cie. im anfang der eigentlichen Verteidigung des ange-
Uagten gegen das, was ihm in diesem processe schuld gegeben werde
ttd was er stillschweigend in weniger wichtige verbrechen und in
^ kaaptbesehnldigung, die ermordung des Satuminus, einteile, zu-
vftchst jene erwfthne, schliesze er die diesflillige abfertigung mit den
vortsn § 8 nam quid ego ad id longam orcUionem eomparem^ qisod
' & oben gegebene berichterstattung erhebt in versohiedener bin-
iMfct aaipraeli aof gröeiere vollstlindigkeit.
12*
180 HWin : der perdoellioiiaprooesB des C.
e^ in eadem muUae irrogatiane perscr^umf huncneesuaeneeaUemie
pudicUiae peperdsse? daraus gehe her?or 'da$e alle jene anklagen
mit einschlusz dieser die keuschheit betreffenden und so denn not-
wendig auch die letzte von ihm nur zu besonderer erOrtenmg
in einer aUera pars (§ 9) aufgesparte, dasa Babiriua den Satuminas
erschlagen habe, ein und derselben {eadem) muttoe irrogaUo rar
grundlage dienten und folglich der prooess, in welchem Cic. den
angeklt^gten verteidigte, nicht ein perduellionsprocess war,
sondern auf eine hohe geldstrafe gieng.'
2) entsprechend befasse sich die peroratio nicht mit der gm-
samen strafe der alten perduellio, sondern nur mit inf amie und
ezil, der gewöhnlichen Wirkung bedeutender, die stelle
Yon capitalanklagen vertretender multprooesse.
3) die ftuszerungen § 10 und 17 nebst der dazwischen liegen-
den ansfUhrung zeige, dasz der perduellionsprocess auf Cic, betrieb
damals schon beseitigt war.
4) diese ausfUhrung selbst sei als eine abschweifung au&ufassen,
die den zweiten teil der Verteidigung — üiam aUeram partem de
nece Saiumini § 9, vgl. 18 — einleite.
Hiervon sind die drei ersten puncto schon von Niebuhr, freilich
nicht eindringend genug, verwertet; mit dem vierten wird dem ein-
wand Orellis (s. o.) begegnet zu diesen werden noch drei puncte
geltend gemacht:
5) nach § 25 spreche Cicero auf dem forum, hier aber finden
gerade regelmftszig die tribusversamlungen statt, vor welche
die multanklagen gehörten, wogegen die perduellionsprocesse murin
centuriatcomitien auszerhalb der stadt — gewöhnlich auf dem Mars-
feld — abgeurteilt werden konnten.
6) die ganze rede setze die anklage durch Labienns ?or-
aus, im provocationsgericht des perduellionsverfahrena würden sie
die duumvim geftthrt haben.
7) die ganze rede mttste von dem abnormen und ungeheuer-
lichen des Verfahrens ausgehen und dahin zurückkehren, wenn die
Voraussetzung, sie sei im perduellionsprocess gehalten, zutreffend
wäre.
Von diesen puncten unterstützt der 7e den 4n, den 6n hat schon
Bubino hervorgezogen, der 5e wird von Huschke zuerst als bedeut-
sames argument ins feld geführt, vgl.. Brückner ao. s. 213 anm. 2.
So gewinnt Huschke zu dem von Dion und Soeton bezeugten
perduellionsprocess mit duumvim in zwei Stadien einen zwei-
ten neuen process, einen tribunicisohen multprocess, der als der
letzte ausULufer des ganzen processuntemehmens nach dessen übri-
gem mislingen von Labienus auch formell noch angestellt ward, und
der vf. denkt sich mit besiehiuig auf die geschichte diesw eriminal*
procedur überhaupt den hergang folgendermaszen , worauf hin die
sämtlichen quellenzeugnisse in einklang gebracht werden, ein von
Labienus trotz des Widerstandes des senata durchgebrachtes plebiscit
HWin: der perduellioiiBprocess des C. Rabirius. 181
gebot die abhaltong eines perdtiellionsgerichtes über Rabirius (Dion
e. S7, 1. Snet. ao. Cio. pro Bah. 38 und überhaupt 14 ff«, bes. 17) —
abgesehen von duumviralem oder tribunicischem yerfahren ; Cicero
gelang et wahrscheinlich durch ein senatusconsnlt wenigstens die
strafe dee dnumviralen Verfahrens, welches Labienus und seine
partoi Tonogen, überhaupt was auf die todesstrafe gieng, zu besei-
tigen und dafür das recht der spfttem perdueUio zu substituieren
(Cic. tu Pis. 4. pro Bah. 10. 17); die centuriatcomitien , an welche
der dnreh den spruch der duumyim yerurteilte proTOcierte, wurden
durch Metellus vor der abstimmung aufgelöst (Dion c. 27, 2. 28, 4) ;
Labienus yerzichtete, wol zudem durch eine neue niederlage im senat
{GcSah. 32) wie durch die umstimmung des Tolks (Suet.) bewogen,
anf die weitere Verfolgung dieser processart, obwol formell eine ver-
tagong der abstimmung denkbar oder die emeuerung des processes
in fonn der tribunioischen perdueUio zulässig war (Dion c. 28, 4), und
▼erlegte sich auf die tribunioisehe multanklage; dabei war der üibun
foradl nnabhttngig vom senat; er leitete die hier eintretenden tri-
bateomitien, durch deren spruch er, da er ohne zweifei eine uner-
sdiwingliche multsumme irrogierte, materiell dasselbe erreichte, was
er mit der perduellionsklage gewollt, infamie, exil und vermögens-
▼•rloat des angeklagten (Oic. Bäh. 6 ; Dions worte 28, 4 schlieszen
die anstellung eines ganz neuen processes nicht aus), die schwierig*
kmt betr. die Überschrift der Oic. rede hebt der yf . also , dasz er die
mUgtichkeit einer einschwftrzung derselben durch die absohreiber
WBOB der Pisoniana, wo Cic. seine ganze politische thfttigkeit in dieser
saehe umfasse, nicht ausschlieszt, aber auch die andere zugibt, dasz
aie Cic. mit rücksicht auf das materielle des ganzen falles und abge-
sehen von der neuen phase selbst gewählt habe , zumal da die rede
hOchet wahrscheinlich nicht am comitialtage im entscheidenden ter-
mine, sondern gegen eine vorläufige anklage in einer contio gebalten
worden sei (vgl. 25 mit 11. 6. 9. 17 f. 38), wo es dem tribun nach
ptieedenzföllen immer noch freigestanden, die muUae irrogatio auf-
zugeben und zur perdudlio zurückzukehren.
So weit Huschke, dessen ansiebt wir eingebender referiert haben,
weil die folgende erOrterang beständig auf dieselbe rücksicht nehmen
soll als auf diejenige, welche alles was denkbarer weise für Niebnhrs
mainung vorgebracht werden mag in betracht zieht, im folgenden
werden wir den versuch machen die unhaltbarkeit dieser ansieht und
die Unzulänglichkeit der dafür vorgebrachten beweismittel darzu-
tfann; das ergebnis deuten wir zum voraus an: es ist die bestätignng
der Bnbinoschen auffassung, wie sie sich uns in zwingender weise
aus der auslegung der quellen herausstellt, wenn aber gelegentlich
gewisse einzelzüge, wie sie Niebuhr, Zumpt, ja Huschke selbst auf-
gefunden, in der ausfühmng wiederkehren, so möge man darin nicht
eine verquickung oder contamination der entgegengesetzten ansich-
ten, sondern lediglich das folgerichtige ergebnis des eingeschlagenen
virfefanns sehen, der gang der Untersuchung wird der sein , zuerst
182 HWirz: der perduellioneprocesa des C. Babinns.
die hauptquelle, das authentische actenstück eine» mit-
handelnden, Ciceros rede, nach allen seiten yorarteüafrei —
nicht aus den berichten der sptttem, sondern zunfichst aus sich
selbst und aus dem autor — zu erkl&ren, sodann aus den prioe-
denzfftllen der criminaljustiz das nötige zur erklärung der proce-
dur beizubringen, dann erst das so gewonnene resultat mit dem ein-
gehenden berichte Dions und den gelegentlichen notizen an-
derer in Verbindung zu bringen, um schlieszlioh den verlauf des
ganzen handeis durch zusammenfassen der gewonnenen einselzQgQ
zusammenhSngend darzustellen«
Die Worte perdudU/cmis reo in der landläufigen ttberschiift dar
rede dürfen wir von vom herein als yoUgttltiges Zeugnis für die be-
schaffenheit des procesefiiUes nidit verwerten, abgesehen von dem
durch Niebuhr und die anhänger seiner ansieht ausgesprochenen zwei-
fei an der echtheit: darum weil nachweislieh und bekanntermasien
auch sonst die Uberliefiorten Überschriften nicht immer authentisch
sind, wie zb. die der Catilinarisohen reden (s. Halms ausgäbe s« 20).
Gic. selbst erwfthnt seine Verteidigung des Babirias an drei stellen,
in der au&ählung seiner samlung der consularreden ad AU. 11 1, 3 be-
gnügt er sich mit der bezeichnung guarta pro Bäbirio; es ist indes
wenn auch nicht zweifellos, doch höchst wahrscheinlich, dasz damit
unsere rede gemeint ist, wie dies Huschke selbst s. 528 anm. 30 bes.
mit rücksicht auf die schluszworte {a vohispäa qu/oesoque^ mi hamc
meam defensionem pro amici pericido fiddem^ pro re» pubUcae aaUe
conaularem puietis, vgl. § 2) ausftlhrt. ebenso unverfibiglich ist die
erwfthnung im Orator § 102 ins omne rdinendae maietUäis Babthi
causa continebaiur^ ergo in omni genere ampiificatümia exarsmus^
vgl. die rede § 2. 20 ff. bezeichnender ist die stelle in Pis. 4, wo
er dem gegner gegenüber seine consularische Wirksamkeit rechtfer-
tigt, aber rhetorisch gehalten: ego in (7. Babirio perdudlionia reo XL
annis ante me constdem interposiUim senaius aucU>riiatem sustium
contra invidiam atque defendi\ die sache wftre entschieden, wenn
Cic. sich ausdrückte in 0. Babmo perdueUionia reo defendendo
usw.; aber wenn auch dieses wort fehlt, scheint mir doch mit rück-
sicht sowol auf den übrigen zusanunenhang als auch mit combination
der zwei andern Zeugnisse dies die natürlichste auslegung zu sein*
denn worin war die autorität des Senats bedroht? darin dasz Ba-
birius w^en der auf seinen beschlusz hin erfolgten töinng des
Saturninus in anklagestand versetzt wurde; durch den zasatsj'er-
dueBionis reue wird die prooessform selbst näher bezeiohnei» es ist
daher die von Huschke s. 523 anm. 22 statuierte Wahrscheinlichkeit,
es beziehe sich die erwähnnng in der Pisoniana auf eine rede im
Senat, in folge deren die prooessform abgeändert worden sei, also auf
die § 10. 17 der rede angedeutete beseitigung der königlichen per-
dueUio (s. o. 8. 181), eine höchst geringe, also scheint man prftsn-
mieren zu dürfen, dasz die Überschrift unserer rede, mag sie von
Ciceros oder von anderer hand sein, das richtige trifft, dasz dieredO)
HWin: der perdaellioiuproceBa des C. BAbiriua« 183
■it waldber im pardnellioiisprooess Cieero den Babirios Terteidigfe
M, die in frsge stehende iat
C. Babirios war angeklagt den Satnminas erschlagen zu haben
(18 mpris oedeum esse a C. Rahirio Saiummum nsw.)* der ansüfter
te ptpeeasee war der volkstribnn T. Labienns (33 qui auctor huhns
M^ ^ ▼gl- 11* 13); dtts Terfifthren das er snnächst einsohlug war
die aatiqnierte perdnellio aas der königszeit (10 de perduMams
tMÜcio, 15 omnes ei swppUdcrum ei verhorum acerbüaUs . • ex anna"
Khs wmmmmiBBMtk atfue ex rtgum eommmtarns conquisiierü^ ygL 13).
daich sprachen nadi summarischer Terhandlong dnomTim ohne mit-
wirkoag des Tolkes das nrteil (12 Ate poptitorts a ämmioms^ ifiimssu
vako^ mm mdkari de dve Bcmamo^ sed indicta causa ckfem Bonuh
mm eapäis ctmdemnari eoegU)] dasselbe vollsog der henker; die
iMe bsstand in krensigang nach yorangegangener peitsohong (11
qmeisSbusBotmaimsm cofUkme %psa earmficem [vgl. 15], qui vimada
sMeri puias apartere^ qui in eampo MariiOj oarnUHs oentmiatis^
mufioBks m loeo enteem ad dfrimn sußpUdum defigi ei oonsMm iaibes.
li kie ßageBa rsiMä. 13 erudakts carmina: i Uäar^ conUga numus
• . csfiä chmubUöi arbori infeUd suspendOoi vgl. 16, wo nen der
Mcw srwtknt wird), da in sttmiliohen stellen der henker in ▼er'
biadoig mit forum und cofUiOj der campus Martms als stelle des
btises genannt wird, so haben wir nns die ezecntion wol so zu den-
ko, dsss die aweimfinner anf dem marktplats pro tribunali In gegen-
wt der eofilio den sprach ftllten, den von ihnen verorteilten ge«»
bsadsB der lictor dem anwesenden henker überantwortete, dass
dieMr hernach ans dem gefibignis den delinqoenten am haken zam
Masfeld sdileiftc, hier geiszelte and, nachdem er ihm das haapt
TCfkUllt, am kreas befestigte, diese prooedor wurde durch Cioeros
bewitigt (10 de perduManis fudteto, qmd a me sMaium
sdes m .mein canemUgiu meo carnificemdeforo, crucem
dr ssnpo jMsMasse. 11 c|^ ^ funesiari osw. 15 ^ « . resOierim
nyMüfäu 17 proßeor ..ieexiüa entddi^ inparkma^ non iribunieia
sdism ssd regia meo consiUo virtute audorUaie esse depidsum)* darin
•hs smd wir mit Kiebuhr und den andern einig, dasz in diesem
pwdisllionsprooess mit der in frage stehenden rodle Cicero den Ba«
Hon sog Labtenus die saehe vor ein Yolksgeridht, vor welchem
er Silber die klsge flihric; als pers5nliehes motiv madite er anch
^smms seiner lamilie geltsnd, dasz mit Satnminas sein oheim Q. La-
^ms OBgekomnien sei (14 paiirui tui mors • • Labiemts isiepairum
*9ter* fuisquis fmt [vgL 18]. 20 addam . . eodem Q. Labiemm^ pa-
^mm hmm. 23 de pairuo tuo. ebd. fkiä vester patruus^ 22 pro-
fiofd fesM, equOes Bomam). in eine von ihm Teranstaltete contio
des vetter, das Ernesti bemängelte und nach ihm Kayser
*^ vvtdt streieht, nü Hnschke s. 626 anm. 24 an die mitwirknng eines
^•o odsr gteehwisierkindes als College oder sabsoriptor sa denken
ittgaat sonSttg.
184 üWin: der perdaellioiitprocesB des C. Babiiiut.
auf dem forum brachte er das bild des Sa^uminuB mit (26
istam imagmem [L. 8atumim\ in rastra aique in eonüonem aäw-
Usses)] als yoraitsender verstattete er dem einen Terteidiger, Cicero,
nur eine halbe stunde zum werte (6 me . • in semihorae dreukm
ooegisii^ vgL 9. 17. 38); vor diesem hatte Hortensius gesproeha
(18 Q. Hortensio capiosiesime defendetiie)^ und zwar über das einge-
klagte vergehen selber; Cic. verbreitet sieh über den politisehea ge-
sichtspunct des ganzen fialles (s* o. s. 182).
Bine reihe anderer punote, welche der kläger ausser dem eigtat-
liehen gegenstände des prooesses zur spräche gebracht hatte, fertigte
dieser desultorisch ab ; diese betrafen entweihung heiliger stfttieD,
Unterschlagung und brandstiftung, ermordung eines sohwoatersohoeSt
Sklavenraub, Vergewaltigung rOmischer bfirgeri vergehen gegen die
Sittlichkeit (§ 6. 7. 8). im Zusammenhang mit diesen eingeklagten
vergehen erwähnt nun der redner die muUae irrogaüo, und — stellen
wir gegenüber Huschke (s. o. s. 180 f.) fest — lediglieh mit bemg
auf diese, hierin hat schon Drumann ao. das richtige gesehen, in-
dem er sagt: *sehr bestimmt unterscheidet Cic» § 3 die geringeren
veigehen, welche der antrag auf eine geldstrafe betrifft, von dem ver-
brechen des hochverraths: nam quid ego usw. Hüam aUeram VBir*
(s* 0. B. 180). wie sollte hier eadem auf etwas gehen können, was
erst nachher genannt wird? eine solche annähme wideiBtreitet aller
gesunden Interpretation; einzig auf das vorhergehende kann damit
rücksicht genommen sein ; hat doch der redner das haaptveigehen
tlberbaupt noch nicht namhaft gemacht, ich eig&nze also zu eodem:
qua perseriptum est^ looa rdigiosa ah hoc violata ease^ jMetifafM»
fadum d tabidariium inoensum^ sarims ßkun necatumj aervoa nHkM
reUntoSf cives Somimos vetberqtoB et neoaios.
Dagegen iKszt die peroratio (§ 36. 37) darauf s<ddiesien,
dasz der strafantrag des klfigers auf exil und Infamie gieng; dass
er das oaput des angeklagten bedrohte, zeigen andere stellen (86 eodm
erimine in mmmum periculum capitis arcessoB? nam 9% C. Sahims
fraudem eapikdem admieit^ quod arma contra Saturmnum hdd asw.
[vgl. Bein cnminalrecht s. 1 1 5]. 31 capitis C. Babürii nomiine eUantur).
von vom herein ist jeder gedenke daran auszusohlieszen, daez capital*
anklage mit muUae irrogatio verbunden gewesen, als unvereinbar mit
dem reohtsgrundsatz, den Cic. de domo sua 45 geltend macht: ut ne
poena capitis omn pecunia cotmngatur (Huechka s. 214. 520) : hätte
Labienus versucht densdben für diesen £aU umzustoezen, so würde
der Verteidiger nieht ermangeln dies tadelnd hervonnheben. aber
ebenso unstatthaft ist der avalegungsversuch Husehkes (s. o. s. IdO
und 181)^: da der multprocess das exil zur folge habe, so könne
derselbe auch causa capitis heiszen. denn wenn zugegeben werden
musz, dasz die muUae irrogatio nicht notwendig das exil nach
* ähnlloh Lange röm. alt III 1 s. 236: der anadrack rems empOU sei
mllaaig, da bei eiaem maltproceas indireet aaeh daa capiä Mif dem
spiel« gestanden habo.
HWin: der perdaelliaiitprooew de« C. BabirioB. 185
neb wog «ad, wenn die midi, eie mochte noch so hoch sein, erlegt
wvde, die eiTitit sieht vertoren gieng, dass aber, wer ihr durch
Mviügee eiil aot dem wege gieng, also ent mittelbar selbst
äeb d« bOi^gerreehts und des mrttekgebliebenen Vermögens begab,
10 bOiIri wir an Cieeros fthigkeit sieh dentlich und wirksam ans-
nMeksBiirs werden, sollte er schlechtweg von |pertoi42tim copi-
tif rete, lediglich gegen exSmm perorieren, ohne über die exor-
büaate aalt sich aossnlassen, die den moltprocess zu einem capital-
•tsmple, wodnrdi auf die geldstrafe die capitalstrafe gehftnft
die hin Weisung auf die thatsache, dasz eine verarteilung, die
isfsaie tnr folge hat, poena eapUia heisze (Hosehke s« 616 anm. 14),
bn lioht gegen unsere anl&ssung, dase Labiemw auf vom relks-
gwiehi aosaspreehende lehtnng (vgl. Znmpt crinu proc. s« 466 ff.)
aagstiagea, beweisen; die fiage aber, ob irrogierte mult an sich in-*
fwRend sei, bei seüe lassend, die Husehke s. t44 f. bejaht, wdr*
te wir, disa sogar vorausgesetst, immerhin eine bedehung von die«
MT ansehe aof die betrefßmde Wirkung erwarten; aber es ittsst sich
tekaipt an der schlnssstdle nicht die geringste andeutung auf
wfogatio entdecken.
Aas den im eiordium hinwiederum gebrauchten anadrficken
don knraen disorwnen copjto § 3 — vgl. Paulus in §2 Dig.de
pshL iad. [48, 1] eaytfoMa wmU [whKm], ex qmtuspoena mors amt
odissi 4H — ▼ollstiDctiger § 6 dmieaUo capitis famaa fariumantm-
m eoMMM», desgl. § 1 mit defemio — vüa BabkU . . in hamhris
fvtimy TgL das swar allgemein gesagte misera ed ignomma fudi*
otni jwiMicwrMW, intsera midMio homontm^ miserum e9D0itim § 16)
ckBt, dsei an ezil und inlamie noch ▼ejpnOgensverlust (vgl. Husehke
>*S4S) treten sollte, ee wire wiederum unerklärlich, warum Gic
^f wo er friach den fall sn besprechen anhebt, nur die mittelbare
WfB dsr mult andeuten sollte, anstatt die sadie gleich beim namen
a aonen, wnrum er nickt von der 'unerschwinglichen* mult ein
*nt ipciAt, die den angeklagten um bfli^rrecht, guten namen,
'■isggM briagm mflsse, um ein Tcrmögen, welches sogar unter
^ beirag der irrogierten mult stehe.
Wir Tenttrben unsem beweis, welcher der natur der sache
ndi Bor indirsct gefllhrt werden kann, durch bemfung auf Cieeros
fixtgelnamh und gewohnheit mit den in rede stehenden aus-
kkSktm, ummapringen. wir wählen zunflchst die rede für Quinctins,
*^ äs auf den ersten fluchtigen blick eine handhabe gegen uns zu
^■tm seheint, obwol in einer causa private sprechend behauptet
^ taehwalter seines dienten oopii^ fanuim foriunasque zu vertreten
^ § 8 mit § 1 u. r.); in allen möglichen tonarten bespricht er
^^i« uB^Odi: es han^e sich um dessen copui 31. 32. 40. 44. 46.
71- 72. 95; mp¥t fortmnaegue 94; fama 30; fama et eaMimatio 50;
'"•e farhmacque 38; lona fama fortunaegue omnes 59; fortunae
^n.95'^ vitaB, vüaei sanguis 39. 46, vgl. 43. 60. 94; in
flberMhwinglichkeit geht er sogar so weit, denselben als exi-
186 BWira: der perdaellionsprooess des C. Babirios.
liert hinzQBtellen: 43 quid igüur puffnas? an ne in ckniate sU qbw.;
^^ 8% est hamini honesta locus in anniate'^ doch der sdhlius (§ 98;
▼gl. sowol hierüber ak ttber den ganzen handel JFrei: dw rechts-
etreit zwischen P. Qoinctius und 8. Naevias, Zürich 1853, zanftchat
8. 15. 37) zeigt, dasz dem Qainctius zwar verluat der bfligerehre
und dee ganzen yermögens droht, aber weder leiblicher noch bfirgor-
lieber tod im ganzen umfang, dasz nun durch jene einbnsze du
Caput im eigentlichen sinne nicht betroffen wird, sagt Cic. selbst
deutlich in der rede pro Q. Bosäo 16 st qua sunt privata niäkia
summae existimationis et paene dicam capiüs^ tria haee sunt fidu^
ciae tutdae sooietatis (vgl. Liy. II 52, 5. Lange BA. I s« 160). mit
dieser hinweisung soU nur so viel bewiesen werden, dasz trott ond
neben aller rhetorischen Übertreibung aus der im)oes8rede, lamai
aus der peroratio das thatsKchliche TerhiUtnis der processualischea
momente sich unzweideutig erkennen läszt, wie auch dasz Cio.| wenn
er auch mit dem ausdmck cc^^ zu spielen pflegt, doch nicht mit
dem begriff Versteckens spielt, anderseits spricht Cic in der Ver-
teidigung des Cluentius wegen giftmord von des dienten perionhm
capUis (186 vgl. 195), seinem bedrohten leben (195 vgL 200 f.) und
existenz (196 de umus munidpis fortums*)^ von dem ausschlasx
aus der vftterlichen grabstfttte (201 fitors sqndaro patris pnoaia\,
ganz wie in den frttherhin angeführten stellen unserer rede, noch
sprechender ist die fthnlichkeit der schluszworte der reden pro SuBä
(89) und pro Müone (101 und 104) mit der peroratio der Babiiiana,
besonders was den passus über die grabstelle betrifiL in den e^
wähnten drei criminalfäUen nun traf den oondemnierten aquae ä
iffnis kUerdictio: sollte nun der redner vor einem muUa irrogata
bestätigenden volksgericht, welche eventuell ins ezil führte, wenn
nemlich die mult nicht erlegt werden konnte, genau ebenso was die
strafe betrifft sich äuszem, wie vor dem die gesetzlich geforderte fich-
tung mit dem schuldig aussprechenden gesohworenengerichi? sollte
«r nur die mögliche folge jener berücksichtigen, mit keinem werte,
keiner andeutung die sache selbst, von deren folge er spricht, be-
rühren?
Indem wir vcm dem einwand, der allen£zlla noch erhoben wer-
den könnte, wegen der lückenhaftig^eit des Schlusses unserer rede
sei der streitpunct nicht zu entscheiden, als irrelevant absehen,
£ftssen wir das ergebnis unserer beweisfüfarung dahin zusammen,
dasz Cicero den Babirius als perdudUonis reus in einem volksgericht
wegen tötung des Satnminus gegen den Strafantrag des klagenden
* für diese bedeatnng des plur. fortunae geben dio wörterbQcber
das nötige nicht, aneh Seyffert-Mflller zu Cia itoel, s. 489 reicht nicht
aaa ; belege für dicaelbe ib. pro QidmeHo 46 pouumm» aliqumndo depomtu
ondM sln0 perieulo forimnanm de re peeunimia diäoeptäre und andere der
oben angeführten atellen; pro SRotcio 5 pro eapite ei fortunii^ TgU S 7
peto ut peeufUa forturä$que nottrii eonienhia tii, »angtdnem et viiam ne petat:
pro Flaceo 2 perieuk/m flfrtunU^ nnd gleich nachher pemteies; eo auch in
§ 6 wuerer rede in hominis fortunk . . in rei pttbHeae ealuU,
HWixs: der perdoellionsprocets des C. RaVirina. 187
toBoftrihnuB riabienMS auf exil, infamie and einziehiing des yer-
wOgam vertaidigfe habe, wie nan damit die in anderem zusammen-
hmg «rtrtarte wmUae inogaiia xu vereinbaren, davon später; znm
fonos aar die aadeutong daes, da thatsftehlich ein conears von ver-
gebsB seitfliis Mnee angeklagten vorliegt, vielleicht die analogie des
KkwmgeriohtUohen verfahrene beiznsiehen ist, wonach die einielnen
TOfefasn an Terachiedene gerichtahOfe gewiesen waren (vgL Bein
cnniiialreeht s. 246 ff», der swar unsere stelle citiert, aber die sdiwie-
rigbit übergeht, OsenbrOggen-Wirz zu Cic. Mil. einl. s. 35), so dass
& eoaeaiTenz des moltiMrooeaees vor tributcomitien wegen jener
MbcBsIdiliehan vergehen, und des perdoellionsprooesses vor oen-
taiiiteeBitieB wegen des capitalverbrechens nicht von vom herein zu
te proeesiBaliaehen nnmdgliohkeiten gehören dflrfte, wie Hnachke
s. 6)0 mit bemg anf die freilich unvollkommen entwickelte ansieht
DraeiBBS meinL hiermit gehen wir dazu Aber, an band der aber«
iMisrtcB perdndlionsprocesse zur belenchtong unseres fedlee das ge*
hthfliehe verfahren seibat nfther zu besprechen.
Der ilteaie perduellionsprocess, von dem wir künde haben, zu-
gsäck der eiBsigo von welchem daa duumviralver&hren greifbar
botogt ist, indem derjenige process, an den die tradition die ent*
■tebag der provocation knttpfto, ist der bekannte des Schwester*
nMsn P. HöratiuSi welcher durch sein eigenmächtiges eingreifen
a du nur der obrigkeit zustehende recht sich einer feindseligen band«
^ MW den ataat schuldig gemacht hatte.' für die Staats- und
finfredrtliche aeite des falles verwendbare einzelbeiten gibt nur die
änkSioig des Livius 1 26, der wol aus denselben quellen schöpfte,
m welchen Labienus seine kenntnisse des antiquierten verfahrene
^|>n«8oehte, aoa den sog. anfzeichnungen der könige und den pon-
^ifrilsmulen (Oic. p. Bob. 15, vgl. derep.U 54). dee Horatins ver-
Is^efea war notorisch ; das todesurteil von seite des kOnig-richters
aibwcndbar (vgL Mommsen STB. 11 s. 9 f.) ; um seine rettung zu
«nfi^üehen, ernannte dieser flbr den vorliegenden fall die zwei»
■*Mu zu richiern, die nicht umhin konnten zu condemnieren, von
^f>ai tber dem verurteilten provocation an das volk verstattet war;
ikm^ aarlidem es anklage und Verteidigung gehOrt, begnadigte den
^ I. «e Utieratar bei Bein ao. s. 464 ff. bes. 470 und Sohwegler BQ. I
IJHi wsttndlieh Zompl CBB. I 1 t. 88 ff.; vgl. aasserdom Monunsen
tt I •. 46ä. 8TB. I s. m ff. II B. 876 ff., Becker handbnch II %
•> M. S a. 148, Laaff« BA. I s. 276 ff., Haschke s. 186. 187 £. 288 f.
pl <<swa erkläroBg von perdnelUo hier pUti finden möge : 'das wort
^^•j^ael eigeallieh aicbi eine verbreeherisehe thal, sondern einen
'■Mtthtn stealknalaad, die behandlang als ttaatsfelnd, in weleben
^ ^k|«r wegen Verbrechens riohfterUoh Teisetsi wird (s. 179), nad
**w 4m verbfleebeas, dasa derselbe dem slaat als solchem, also wie
fa otpaieeher einheit nrsprfinglieh in dem könig repräsentiert, sieh
{^••ilBade gegenlber behauptet, und daher ebenso wie rechUioh ein
»mim fslfc amter seinem annhrer im kriegsstaade, sich th&tlieh ent-
"^ t* (•• IM).
188 HWirz: der perduellionsprocess des C. Babirins.
a^nldigen. yergleiohen wir nun Cicero und Livins, so finden wir
bei beiden die daamvim als richter (Liv. dnaavki eym amdemiktt*
sewt — Gic« a dmunvwis . . ckfem Bomainum capi^c(mäemnan\ ^e
in snmmaxisehem verfahren aburteilen (Cic. indUia causa — Lir.
qtU 96 ahs6k>ere nan rebaniur ea lege ne imMBkum guiäem posst^y
dagegen schweigt Cicero, wfthrend Livins eingehend die pro-
Yocaücnsverhandlung erzfthlt, in rabuUstisoher absieht, indem er
einseitig die yerurteilung durch dnumvim als ohne begtfissmig des
▼olkes vollzogen hinsteÜt, von der zulässigkeit der provoestioo,
zn welcher es ohne die aufhebnng des processes (s. o. s. 183) selbst*
yeretSndlieh gekommen wSre (Liy. de pravooaiiome certahm adftfpw-
Iwm est -^ Cic. iniussu vestro . . cattdemnari eoegU)^ ebenso ignoriert
er den volksbeschlusz, welcher unzweifrihaft die emeoerung diese«
perdaellionsTerfahrens für diesen fall anordnete.' dadurch wird aocb,
wie in dem process des Horaüus der kOnig die dunm\rini selber er-
nannt hatte, ihre wähl nicht dem volke (Liv. duaviros . . /aoo,
nachher duaviri creaUj s. Huschke s. 188 anm. 117, Mommsen ao.
anm. 2 ; anders Zumpt ao. I 1 s. 92 f.), die provcoationsverhaadlong
statt den curiatcomitien der centuriengemeinde zugewiesen worden
sein (Becker handbuch II B s. 148 ff. Lange BA. II s. 467, Tgl.
Huschke s. 164 f. 191 anm. 122); das ceremoniell der prooedor, be-
sonders auch der execution, war nach dem angeblichen schena des
« beide stelleo verleiten sa dem irrtom, dass dnreh dea attftrt|
der perduelUomM iudicotio schon die condewmmtio bedingt gaweies %A
wenn nan auch Huschke einerseits (s. 624 anm.) mit recht Cicero de^
Sophisterei und der specnlation auf ein misTerst&ndnis der menge be
nehtigt, anderseits (s. 188 anm. 118) scharfsinnig des LlTlns irrige auf
faseung, ab liege in dem iudicare mehr als ein die strafart bestimmcB
des arteil, blosalef^, wie aach Mommsen STR. II s. 577 anm. S leugne
dass die instraction der duümvirn die condemnation gefordert habe
so d&rfte doch die competens der daumvirn erst durch <Ue naheliegend
Termutung aufgekISrt werden, dass diese die thatfrage sn entscheide!
gehabt haben, während die erörtemng und entaoheidung der rechts]
frage in der provocationsverhandlung vor dem volk and dareh das vol^
erfolgte, wie nemlich des Horatias that notorisch, so war es die nuti
Wirkung des Rabirius an dem angriff auf Satarninus : Cicero p. R^- 1
eonfiteor interficiendi Satumhd cau»a C. RMrium arma cepie»e, Tgl- ^*\
Yon [Aar. Victor] vtW UL 73 aufbewahrte detail: eafnti eiug (Satiirna\
RabirUu guidam Senator per eonvioia in bidtbrium cireumtuHt. * der aiU
druck eoeffii Ittsst an eingetretenen widersprach denken, natürlich to|
Seite des senats, also antagonismos swischen Tolk und senat und f><i
der tribnnen durch ein plebiscit; Tgl. 83 is ^ eueior kume imHeä ed
17 noH trUnmieia aetione $ed regia . . quü tu in aetkmt . . oauiM txemf^
matorum^ ömne» leget y omnem auttoritatem »enatvs, amne» reägionet ai^
aueptdorum [publ£d\ iura neglexitti^ wo Huschke s. SSS anm. SO m
reeht die txemola maiarum und leges darauf besieht, dass man fi^^
stets Terschm&ht hatte, statt der gewöhnlichen anklagen nach den gt
setien die königliche perdueiHo cur anwendung tu briagen, die ve^
achtete aueftfrtfe» eenatu» usw. aber auf die durohsetsang des plebiicil
Segen den willen des Senats wahrsoheialieh tugleleh mit nlehtachtsol
er lex Aelia und Fofla und des de eaeto eervart» Tgl. überdies Znmt
ao. I 2 s, 892, Mommsen ao. s. 676 anm. 1.
HWin: der pardueUionflprocess des G. Babmus. 180
TbQh Eoatilias oopiert; man beachte die dbereinstimmaiig der for-
Bib bei CSeero und liviofl.
Der dmimYizale perdaellioiisprooess wird noch eixunal eirwähnt
ia dem laD des M. If anliiie Capitolinos 370/384, aber nur in einigen
qoeün, indes andore an eteUe der dunniTim yolksiribonen nannten
(lif. VI 19 £ Mommeen ao. Hntdike s. 191 anm. 122); diese er^
i^efaMn mm» während allein in dem proeess des Sp. Cassias Yecel-
ÜBV 269/485 die qnaestcHnen auftreten, seit 278/476 ständig ak die
i^ilgfr in perdndlionsprooessen (Hnschke s. 170 anm. 78. 186.
191); imd zwar entwickelt sich diese tribnnicische perduellio
adaem swiefaehen« parallel verlaufenden yer&hren, der eigentlichen
opitüen pexdodlio mit centnriatcomitien einerseits, und dem mnlt-
pcoeess mit tribntoomitien anderseits, hierftber hat erschöpfend im
Ss espitel des mefarerwähnten bnches Husohke gehandelt, dem es
Tawßgp seiner omtesenden gelehrsamkeit, sdiarfen Urteilskraft und
giliiandett oombinationsgabe in mancher beziehung gelungen ist, die
is dieser mafterie TieUach herschende Verwirrung zu zerstreuen, wenn
«eh nicht alle seine aufstellungen gegen jedes bedenken gesichert
«MhniMn mOgen. ich fasse die ergebnisse seiner Untersuchung zu*
Ton der ansdiauung ausgehend, dasz die plebs als neubfirger-
mUI mit dem geschlossenen staat der politisch bevorrechteten
fänkt vorerst nur in einem losen, mehr militärisch- Völkerrecht-
fi^ca sIs inaeriich-staatsrechtlichen verbände stand, entwickelt er
SU der notwendigkeit, frevel eines angehOrigen des patricierstaates
« der plebejischen gemeinde zu ahnden, die entstehung einer ge-
nditliehstt form, in der die beleidigte plebs genugthuung verlangte
od eihieU; dieselbe leitet er ab aus der geschichte des processes
^ C. (so) Marcius Coriolanus 263/491 hauptsächlich nach der er-
dUoBg des Dienjsios, in welchem er die grundzttge des tribuni«
oteboi perduellions- und multver^hrens vorgezeichnet findet; diese
9B3chtsberkeit der plebs wurde kurz vor dem j. 278/476, in welches
te sDeia processualisch genau dargestellte proeess des consularen
T.XflMnius Agrippa ttUt, gesetzlich festgestellt und geregelt seit*
^ tksnd den tribnnen das recht zu, dei^enigen bflrger, ob patrieier
^ pUb^er, der sich eines Verbrechens gegen die Staatsverfassung
NhiÜig gemacht, fiir einen perduMa zu erklären (perdueäUHnem
t); in jedem einzelnen falle werden sie hierzu durch ein sena*
das den praetor beauftragte sie zu duumvim zu er-
ermäehtSgt; die entscheidung über die perdudUonis tudi"
siMid bei dna eilein Aber eopti^ cMß JBomam urteilenden cen-
^■iitcsnitisB. alternativ wurde, wenn die bestätigung der per*
^*diie deich die oentoriatcomitien nicht zu erwarten war, ein ver*
^^n^ ngelassen, welches auf composition in geld gerichtet war,
üt siBitielber von der plebs selbst beschlossen wurde {muUae nro-
P^); \atna waren audi die aedilen befugt ob mit perdudUo die
opitalstrsfe und zwar Jöni saerum esse durch stürz vom tarpejiscfaen
190 HWin: der perdaellionsproceas den 0. RabiriaB.
felfien und TermOgenseiiiziehuiig, oder mit muUa irrogaUn die geld-
strafe, die auch infamie nach sich zog, TeThttngt werden sollte, sowie
die gprösze der mnlt hieng nach dem ermessen des klagenden beamten
von der schwere des YeH)rech«tt8 ab; zu den klagbimn handlnngen
gehörten Staatsverbrechen jeder art von dem offenbaren nmstiin der
yerfiftssnng bis za jedem unrecht herab, welches dem Yolk unmittel-
bar oder mittelbar in irgend einem Öffentlichen verhftltnisse geschah;
die ansetzung einer unerschwinglichen malt nötigte den angeklagten,
wenn er nicht lebenslängliches gefängnis Yonog, zum exil, wodurch
das nemliche erreicht wurde wie durch perdueüio, und ersetzte diese
in der spStem periode. an dem zum voraus angekündigten Tolb-
yersamlungstage {dies dida) accusierte der tribun oder aedil mit vor*
Iftufiger begründung, jener ohne vorerst definitiv ftLt perdmdHo oder
muUa sich zu entscheiden (daher eigentlich anquirere)^ und wieder-
holte dies an zwei weitem tagen , wogegen jeweilen der angeklagte
(oder seine freunde) mit erlaubnis des berufenden beamten sich ver-
teidigen konnte; am dritten termin fand die festsetzung des straf-
antrags, sei es mit perdudUanis tudicatio oder mit muUae irrogaüo,
in der ftltesten zeit mit beiden, so dasz was eigentlich ein todes-
urteil war auf geld reduciert wurde, statt, sowie die ansagungdei
tages der volksversamlung für die hauptverhandlung und die urteils-
fällung {diem prodicere\ in diesem falle mit tributcomitien auf frUhe-
stens den dritten markttag {trmtMn nundinum die)y in jenem in oen-
turiatcomitien nach verlauf von dreiszig tagen (den sog. dies iustij^
zu deren abhaltung der praetor die bewilligung gab. nachdem m
canHone das volk den anklagenden tribun und die Verteidigung ge-
hört und die zeugen vernommen, sprach es, früher in offener, dann
in geheimer abstimmung, in comitien das endgültige urteil, welches
indes unter umständen vertagt werden konnte; so lange die Ver-
urteilung noch nicht ausgesprochen war, konnte der klKger den staraf-
antrag fsllen lassen oder ihn modifioieren, so dasz WYonperdudUo zur
muUa übergieng oder umgekehrt, entwich der beklagte ins ezil, so
wurde dieses, als selbstverurteilung zur capitalstrafe, durch plebiscil
ftir rechtskräftig erklärt und zum ersatz verkauf der guter dnrchg^
führt, die multgelder konnte der rächer, zu dem sie in einem ge-
wissen persönlichen Verhältnis standen , wenn er sie auch als geld-
körper ins aerar einzog, nach seinem gutdünken auf irgend eine
weise zu ehren der götter verwenden.
Dies in wenigen zeilen der dürftige auszug der beiläufig 100
Seiten haltenden und mit 350 anmerkungen versehenen darstellmig
Huschkes, welche vor allen kein erklärer des Livius und Cicero im-
beachtet lassen wird, eine sowol das ganze umfassende als auch auf
das einzelne eingehende prüfung berufeneren überlassend*^ greifen
wir diejenigen puncto heraus, welche mit rücksicht auf den gegen-
'® 80 wird gerude der aasgangBpnnct des als geschichtlich voraua-
geaetzten Coriolanproceaaea begründete anfechtnng finden.
HWint der perdnellionsprooesB des C. Rabirius. 191
8tud nuera' unterstichiiiig zn beeoiiderer anfmerksamkeit heraus«
Mn. der erste betrifft die auf perdueimo stehende strafe; diese
mO dis todesstnfe dnreh stan Tom tarpejischen felsen gewesen sein,
dm Ist nne nur llberliefert ftir die Wie des 8p. Cassins und des
M. Mailiiis (Dion. VHI 78 und Livins VI 20); meist gediehen zwar
disK procease gar nidit zum schlnsz des Terfahrens und zur execn«
ÜOB, sei ee dnreh zorflcktreten des klKgers oder freiwilliges ezil
oder Mlbatentleibmig oder anch frebprechnng des angeklagten; aber
m ttheint Hosehke entgangen zn sein , dasz für zwei sichere per-
dwnioBsproeesse das ezil als die den yercirteilten treffende strafe
usdrfleklich bezeagt ist. (Aber die milderung des strafyerfiahrens
fiberhaapt s. Lange ao. II s. 479. Zompt ao. I 2 s. 181.)
Im jähre 585/169 geriethen die censoren C. Clandins Polcher
oad Tl. Sempronins Gracchus wegen yerpachtang der staatsein-
blsfie mit den pnblicanen in oonflict; zndem hatten sich dieselben
Bit dem yolkstribnnen P. Bntiliiis Bnlns verfeindet, weil sie, bzw.
Gnedmi, trotz dessen dazwischentreten gegen einen renitenten be-
ntriehtiger eines staatsgebftodes mit Strafmitteln eingeschritten.
n gonslea der pnblicanen griff nun der tribnn mit einer rogation
a «fit ▼erfttgung der censoren betr. die Verpachtung ein; in der ver-
Midhoig vor der plebs liesz Claudius der seinem widerrathenden
votaa eotgegenlftrmenden menge durch den herold stillschweigen
ivbieteB, was der tribun als ein wegberufen der von ihm berufenen
Tcmmhnig, also eine Verletzung der irihwnda paiestas auslegte,
pgn beide eeneoren erhob er die perduellionsklage; der stadtprae-
Vir bewilligte ihm die comitien; auf den 23n sept. wurde ftlr Clau-
dniB, saf den S4n für Oracchus der geriohtstag angesetzt, die stim-
mig war jenem ungünstig: 8 von 12 reitercenturien sowie viele
ttdfre eentorien hatten schon gegen ihn entschieden , als die nobi-
itit mit den flblichen demonstrationen um gnade bat ; Claudius wurde
bH eiaer mebrlieit von nur 8 centurienstimmen freigesprochen, wo-
^afham das verfahren gegen Oracchus fallen gelassen wurde; jener
htfte aber seine rettung hauptsBchlich der fQrsprache dieses seines
^ttegen selbst zu verdanken, welcher die fttr ihn gOnstigere stim-
Rag benntsend eidlich erkiSrte, er werde im falle der Verurteilung
^Mtlbca, ohne sein gericht abzuwarten, ihm ins exil folgen (Liv.
lUn 16 mä nach ihm Tal. Mai. VI 5, 3; [Aur. Victor] v. m. 57
i^iUBt in der hauptsache mit Livius, vgl. Lange ao. II s. 483 mit
M lad 686). hier haben wir, da von freiwilligem ezil vor dem
^^tcd aidit diie rede ist, das bündige zeugnis dafür, dasz im folle der
Y«nrteilong durch die comitien als strtie der perdnellio aquae et
fw mUrdidio eingetreten wäre.
Bis zweite leugnis steht im Zusammenhang mit der erwähnung
^ lex iabeUaria des tribunen C. Caelius Caldcis 647/107, welcher
^ TOB der lex Cassia 617/137 für die richtenden comitien fest-
f*^eUte gdMime abstimmung auch auf die von derselben ausgenom-
perdnellion^pfroceese ausdehnte, und zwar lediglich zum zweck
192 HWizs: der perduellionaprooess de« C. BAlMiia«.
den von ihm angeklagten C PopiUius LaenaB znr vemrteilnng zu
bringen, was ihm gelang: dieser hatte als legat des eonsula L. Caseiiu
647/107, welcher gegen die Tigariner achlacht and leben Terloren
hatte, am seine trappen zu retten, mit dem feinde einen sobimpf-
liehen vertrag gesohlossen (Cio. de leg. III 36 um im geifere r^^
qui videbatur vods auffragwm^ quod ipse Caasim excepenU^ perdud-
lianis: dedU kuic guogue intdicio C, Oadms tabeUam doktüque gttäoad
.vixUj se ut opprimeret C, P(t)piZ{M«m nocmase reipuMicae). gegenüber
dieser bestimmten erwfihnang des perduellionsprocessee und
der Yon selbst sich ergebenden folgerung, dasz dann PopüUoa durch
die geheime abstimmung auch verurt^t worde — er begab sich
nach Nuceria nach C\c. pBiMo 28 — kann nicht aufkommen die
materiell zwar nicht unrichtige angäbe ad Her. 1 35 C. FapiUhis . .
arcesaitur maiesiatia noch die notiz bei Orosias Y 15 in exüium pro-
fvgü'^ s. Zumpt ao. I 2 s. 348. Huschke s. 283 anm. 103."
unsere kritik richtet sich femer gegen die annähme Hoaohkeä
von einer vorgftngigen bevoUmttchtigang der tribonen sor klage
durdi den senat, und gegen die damit in Wechselbeziehung stehende,
dasz die emennung derselben zu ÖMWfiariperdMtXliiom iudioandae durch
den praetor erforderlich gewesen, beide annahmen flieezen eigentlich
zunächst aus Voraussetzungen die auf die vielfach bestrittene Coriolan-
geschichte zurückgehen, und die hinwiederum durch ungenllgende,
zurecht gelegte quellenzeugnisse gestützt werden, da nemlich erst
aus dem zusammenfassen sämtlicher bei den einzelnen fUlen über- !
lieferter einzelheiten ein mehr oder weniger deutlichee gesamtbild des
Verfahrens sich gewinnen Iftszt, so glaubt Huschke, es rechtfertige
sich die sachgemftsze ergftnzung innerlich begründeter formalien von
selbst, er dttrfte aber gerade hierin über das ziel hinausgeaehossen
haben, thatsache ist, dasz jene ermKchtigung des Senats nirgends,
nicht nur nicht ausdrücklich, sondern auch nicht mittelbar, be-
zeugt ist: die angezogenen stellen (Dion. X 9 — 13. 34. exo. XIU
12. Diod. exe. leg. 34 [s. anm. 11]. Liv. XXV 4. XLm 16 [s. o,])
beweisen gerade nur so viel, dasz, wie natürlich und notwendig, die
das staatsieben in seinem innersten berührenden vorftUe, welche die
gegenstände gerichtlichen einschreitens bildeten, auch im senat zur
Sprache kamen, dasz unter umständen, vrie später, zur zeit der ordent-
lichen und auszerordentlichen quaestionen, derselbe der inteUectnelle
*^ dieser will ao. und b. 216 aueb einen von Diod. exo. leg. M (II t
8. 176 Ddf.) erwähnten process des bekannten Sataminos wogen be-
BchimpfuDg der gesandten des Mithradates (Mommsen RG. II 802) als eim-r
perdnellionsprocess auffassen; diese deutung ist willkürlich (s. Momm&ex
8TB. II s. 62); aber auch wenn sie statthaft wäre, so würde OavdTox
KaTi)topoü|i€VOC ao. niohta anderes heitten als eapUU atauahi*^ wie Plat
C. Gracch. 3 cl Tic (tx^uv b\xi\y 6avoTtirf|v |iV| öirOKoOci richtig übersetz
wird si quU iudido capiUUi circumoeniut non adesi, anf welche stelle end
lieh Znmpt s. 347 die angäbe gründet, P. Popillins (der yater des ▼or
erwähnten) nnd P. BotiHns, 681/123 Ton 0. Graoohus angeklagt, h«be]
gefäagnis nnd körperliehe strafe gefflrohtet, ist mir nnerfiadlioh.
HWin: der perdnellionsprooeBB des C. Rabirius. 193
vrMer der klage war (vgl. Mommsen im Hermes I s. 178). femer
iit «techeidend die erwfigung, dasz nnerklirlich wire, wie gerade
6mt fonnalitftt nie, oder wenigstens nicht deutlich erwfihnt wird,
wllimd sb. diejenige des diempetere apraäare [urhano] (Liy. XXVI 3.
mn 16. Oea vi [yn] 9, 9) öfter; und noch mehr, nnwahrschein-
bdi ist die stillsehwmgend gemachte Voraussetzung, es habe der senat
die I^timation immer ausgesprochen und aussprechen mttssen, da
er dodi in so vielen fUlen, so gerade in dem oben erwtthnten per-
doellioDsprocees der censoren Claudius und Gracchus, wenn nicht soll-
dsriaeh mit dem angeklagten odef anzuklagenden verbunden, doch
ftr um interessiert war. '* damit ftllt audi die grondlage fllr die
aBBabne der jeweiligen emennung von tribunen zu duumvim durch
des praetor: nicht nur ist uns von dieser formalitttt so wenig etwas
fiberiiefert als von der andern, wol aber das diempetere (s. o.), son-
doB Huschke kann nicht umhin, einige fUIe zu erwtthnen , wo aus-
drBcUidi nar 6in tribun als perduellionsklSger aufiaritt (aus der
MMsten zeit A. Yerginius gegen Kaeso QuinctiusLiv. m 11 , aus
ipttomr C. Sempronius gegen Cn. Fulvius ebd. XXVI 2 f. und Bu-
tüius gßgen Qracchns und Puleher, s. o.); aber auch wo zwei klftger
geaumt werden, findet sich nie die bezeichnung duoviri] die
bemiuig (s. 200 anm. 148) auf Cic. orat. 156, wo blosz der form
vtgoi der geniUv dmimvirum erwähnt wird, kann nicht genügen.
Naeh dieser Iftngem abschweifnng kehren wir zum ausgangs-
pmet unserer Untersuchung zurflck, zur processrede des Cicero, wir
bbsD oben gefunden, dasz sein dient von dem tribun Labienus
dir perdoellion angeklagt und capitaler strafe durch eiil, infamie
od vennAgensverlust gew&rtig war, und dasz neben der perduel-
boBtkli^ noch eine multklage wegen einiger geringerer vergehen
bef ; famer dasz der redner in einer vom tribun berufenen contio in
diB von diesem vorgeschriebenen leitmasz einer halben stunde gespro-
^o. nmicfast entsteht die frage: wie fügt sich diese Verhandlung
a den lähmen des ganzen processverfahrens? verschiedene puncto
Hmefaen dafttr, dasz Ciceros Verteidigung in eine contio an einem
der vorliafigen anquisitionstermine zu verlegen ist: es ist nicht
doikfaar dass, selbst wenn der tribun in den entscheidenden comitien
d«B vornti geführt bitte, am eigentlichen gerichtstag jene beschrfin-
bog der Verteidigung hätte eintreten dürfen, oder dum würde dies
Ciecro in ganz anderm tone beklagt und gerügt haben — dagegen
Klbstverstlndlich, dasz der praetor, an welchen der tribun sich
««gen des tages der comitien zu wenden hatte, dieselben auch be-
rief imd präsidierte (Huschke s. 231 anm. 278); entscheidend, dasz
Cic Mlbet an einer stelle die Zuversicht ausspricht bei anderer ge-
icgeaheit voU und unbeschränkt zu worte zu kommen (§ 17 a ^
** UM andere frage, ob in jener seit, als dieses verfahren ein sehais
^ pkbs fef en patrieiache vergewaltig^ong war, der senat die Vorsteher
^ pltba aar Verfolgung eines patriciers ermächtigte (Dion. Yll 68.
Htsckke s. 191. 216), bleibe fOr jetet dahingestellt.
rar ebn. philol. 1S79 hft S. 18
194 HWin: der perdaeUionspiooen des C. RabirioB.
haee in hce tarn exiguo meo iemportnanaudiea: JXbenmUmpasmib^
äabUiuir ad istam diseeptoHonem. **) es wird aber, wenn auch die for-
melle perduMoms tudicatio durcb den tribon noch nicht aosgespro-
dien worden war, die klagef tthmng Yon ihm so an die band genom-
men worden sein, dasz der Verteidiger sowol im ezordiom von eapital-
process sprechen, als in der peroratio gegen capitalstrafe sich wen-
den konnte und mnste. '^
Es erübrigt die mögliche ooncurrenz der mnlt- und perdnellions-
klage, wie wir sie mit rttcksicht auf die stelle § 8 angenommen, tu
besprechen, erstlich ist zu erinnern an die anf der antiken rechU-
anschannng und -praiis beruhende gewohnheit der processredner,
auch das vorleben ihrer dienten in die beweisführung hereinsuziehen
und aus dem probahüe ex vUa einen teil des schuldbeweises sa ge-
stalten, sodann ergibt sich aus genauerer betrachtnng der in ler-
bindung mit der mMae irrogaiio ao. genannten vergehen, dsss sie
zum grOszem teil damals durch speciaJ^esetze verpönt und ihre be-
strafimg oommissarischen gerichten übertragen war, nach früherer
Übung aber den gegenständ von multklagen der tribo-
nen oder aedilen bildeten, wegen schSndung religiöser stat-
ten'' war Babirius früher von C. Licinius Macer, dem bekannten
Volksredner und berufenen annalisten, trib. pl. 681/73 ** vor gericht
gezogen, aber freigesprochen worden, während nun die obhnt jedes
göttereigentums dem pontifex obliegt, die pecuniftren vorteile aus
profanem gebrauch gewidmetem götteigut der censor wahmimt, so
finden wir anderseits, dasz die aedilen sowol die j^rocuro^to aieäim
sacrarum haben als auch besonders die aufsieht über das begrib-
niswesen führen (Mommsen STB. 11 s. 480), femer dasz aucb die
'* Hnaehke, mit welchem ich hierin losammentreffe , macht s. 527
noch ein argament freltend, welches nicht lotiifft: es passe in der
contio eher die § 18 f. erwähnte and berücksichtigte anterbreehang al>
sn einer richtenden comitienTersamlnng; dagegen vgl. Cic pMÜ. § H
nnd dasa die anm. bei Oaenbrüggen-Wirs, ebenso in § 1. mit recht
dag^egen bemerkt derselbe, die erwtthnong von iudiemm und nffragia
§ 36 sei kein beweis, dasa Cic. damit ein gericht nnd eine abstimmon^
an demselben tage, an welchem er sprach, gemeint habe, und wendet
sich K^g^n Zumpts annähme, das plebiscit habe diese beschriLakan;
vorareachrieben. '^ es sind awei fälle bekannt, wo die anfängliche per-
dnellionsklage in mnltklage übergieng, awei, wo daa umgekehrte eintrat:
LiT. U 62 vom j. S79/476. achol. Bob. a. 887 vom j. 606/249 ; Liv. XIV
3 vom j. 648/812. XXVI 8 vom j. 643/211: a. Hoschke a. 146 f. dieser
aoheint mir freilich durch daa angeatändnia , ea sei die überachrift der
rede pro perduellionis reo materiell aaläsaig, und Cic. habe in einer vor*
l&nfigen Tcrhandlangr gesprochen, da ea dem ankläger noch freistand
aar perdutlUo an greifen, au einem guten teil die eigene bewei^hraog,
^aa dea Labienna klage anf eine malt gieng, aufgehoben aa habeo.
<^ ist wol anter loea refigiasa violaia § 7 ein sepulermm violaiMm aa Ter*
atehen, oder, weil Uui folgt, an ach&digang von aa heiligtümem der
anterirdiachen gottheiten gehörigen hainen aa denken? ^* ob gerade
ala aolchem, wie Bnxmann IV a. 194 nnd nach ihm die Stattgarter
realencjTol. adw. behaupten, tat nicht geaagt.
HWixs: der perdueUionspTOceBa dea C. Babirins. 195
tninaMB Aber tnndocation von leichnamen Terfdgeii (ebd. b. 300).
a italit also notwendig die ahndnng eines solchen vergebens, wie es
JkUrias aar last gelegt wurde, abgesehen von seiner die stsatsfnn-
dioMiiB bertUuenden bedentnng, der strafrechtlichen thfttigkeit der
tribsBtt nnd aedilen zn, wie sie oben geschildert worden (vgl.
Bndkkd s. 331 1). im znsammenhang hatte Labienus femer in sei-
ur aiUage die ontersohlagong, die brandstiftung im archiv nnd die
OBordiiBg des sdiwestersobnes besprochen: § 7 de peciiUäu facto
md de toMond ütemao . . sororis fOhtm . . necahym\ das thatsftch-
&k beiittid wol darin, dasz das archiv, in welchem die actenstttcke,
nUe den schwager des Babirios, G. Cortius, der nntersehlagnng
fthsfthren sollten, verbrannte, imd der gerichtstag wegen pl5tz-
ficte todes des neffen vertagt wnrde. der angelpunct dieses crimen
«vjedaa&Us der peeiilaii», zn dessen begünstiger Babirins doroh
bnaditiftiiag nnd verwandtenmord sich gemacht haben sollte (s.
Bdaeriminalrecht s. 201 nnd 676 f.); das aber, was damals als pecu-
2^ Hi%e&cst wnrde, vemntrennng öffentlichen gutes, war früher
^nreh «insehreiten der tribnnen nnd dorch das volksgericht abgewan-
nt vorden (vgL die processe gegen M\ Olabrio 565/189 und L. Scipio
567/187 nnd hierilber Mommsen im Hermes I s. 161 ff. bes. 183 f.
bxU» 8. 209). auch die zwei folgenden incriminierten handlangen,
Twistnng der lex Fabia wegen znrflckbehaltens fremder Sklaven nnd
^l«z Poroia wegen vergreifens an leib und leben römischer bfirger
'i 8 <fe $ems oliaMts etmtra legem Fabiam retenüs atd de cif?ibus A>-
■MOMrfr« legem Fardam verheraHs aiut necaltis) scheinen znsammen-
ngdiSm; während jene anter plagiMm WM (Bein ao. s. 386 ff.
HucUb s. 258 anm. 30), ist die letztere ein eigentliches perduellions-
^vgsbsDy beide hier aber wol der aosflasz des misbraachs militftrischer
KtBgewalt (vgl. den process gegen L. Manlius Imperiossos 392/362
WiLir. Yn 4): denn aas der peroratio erhellt, dasz Babirins mit
HBBKhmmg gedient hatte, wol im bttrgerkrieg nnter SoUa. end-
Ixfc wnrde Babirins siuprum imd zwar in zweierlei form vorgehalten
\ S hme nee ma/t nee älienae pudicUiae peperdsse), welches vor der
.ex Seatiiia (Bein s. 865. Haschke s. 257) durch die aedilen vor
^ Tolk^eriefat gezogen wurde (Haschke s. 198 anm. 141. 210
¥ousan STB. n s. 462).
In weleher weise kann nun wol Labienus in Verbindung mit
^>>Ma vergehen von muUae irrogaUo gesprochen haben, wäirend
' HÜ bezog aof die ermordung des Satominus die perdueUions-
<^« betrieb? ich glaube erstens, dasz der accusierende tribun in
^ aaai teQe seiner oontio des Babirins vorleben in der art behan-
^*^ dasz er nachwies, es habe derselbe abgesehen von seinem mord
« Satanunna nach altem ver&hren wegen der genannten vergehen
^■alt verwirkt, zweitens dasz derselbe für den fall, dasz wider
^'vvtaa die eentnriatcomitien ihn der strafe fUr jenes principal-
'"'^v^B^tn fi«i nnd ledig lieszen, wie schon früher Cicero und der
ihn der perdnellio durch dnumvim entrissen hatten, gleioh-
18*
196 UWin: der perduellionsprocesB des C. Babirios.
zeitig das mnltverfabren einschlug, um durch tribatcomitien, die er
selbst abhielt, wegen dieser vergehen ihn jedenfalls zur Verurteilung
zu bringen.
Erst jetzt, nachdem das zeitgenössische actenstflck einerseits
aus sich selbst, anderseits durch beiziehung aufklArender praecedenz-
fälle erklftrt ist, wobei sich eigeben hat dasz Labienus gegen Babi-
rius als den mtfrder des Satuminus einen perduellionsproeesa er-
hoben, zuerst nach dem ftltesten summarischen verfahren seine Ver-
urteilung durch duumvim erwirkt, dann, nach Sistierung desselben
durch den senat, das tribunicische verfahren eingeschlagen und nach
dreimaliger voranklage den Strafantrag auf Verbannung, infamie und
confiscation vor die centuriatcomitien gebracht hat, sowie dasz die er-
haltene Verteidigungsrede Ciceros in einem der frühem termine ge-
halten — erst jetzt nachdem alles dies festgestellt ist, wenden wir
uns zu der von dem sp&ten Cassius Dion gegebenen darstellnng
37, 26 — 28, einerseits um sie mit den aus der rede gewonnenen
resultaten zu vergleichen, anderseits um weitere einzelheiten zur auf-
heUung des ganzen handeis zu gewinnen, etwelches vertrauen sollte
von vom herein der umstand erwecken, dasz unmittelbar vorher
c. 25 T. Livius als quelle benutzt war, wie die vergleichung mit
Julius Obsequens 122 lehrt; man halte zumal Dion 37, 9 mit Cic.
in Cai, m 18 f. zusammen, die hauptsache nun ist, dasz Dion aus-
drücklich centuriatcomitien erwähnt, welche durch herabnehmen der
fahne vom Janiculum durch den praetor Metellus Celer, der zugleich
augur war, aufgelöst worden seien, ehe die abstimmung vollzogen,
und dasz er beiftigt, Labienus habe auf die emeuerung der anklage
verzichtet (c. 27 6 M^tcXXoc ö K£\€p oiuivicnfic t€ u)v xal ctpcmi-
YUJV . . äv^bpaiiev ic tö 1av(KOuXov irplv kqI ötioOv cq>äc i|n]q>ica-
c6ai, Kai TÖ oificiov tö ctpotiuitiköv xaT^CTracev. 28 toOto hk bi
fiövaic TQic KttToi ToOc Xöxouc ä6poi2:o|üi(^vaic ^locXiiciaic ^TiTvcro). I
zu einer provocationsverhandlung über den Spruch der duumvim ist i
es, wie wir früher gesehen, nicht gekommen : denn Cicero rühmt e^
als sein verdienst, das grausame veraltete verfahren beseitigt zu i
haben (s. o. s. 183. 188); also können die von Metellus au^^Osten i
centuriatcomitien, von denen Dion erzfihlt, nur diejenigen gewesen
sein, welche über den Strafantrag des Labienus wegen perdaellio!
entschieden; Dions erzählung selbst also ist darin lückenhaft,
dasz er diese comitien über das urteil der duumvim entscheiden l&szt.
Ich prüfe daher, was Dion über den duumviralprocess erzfthlt^
schritt für schritt: a) Labienus erhob gegen Babirius klage wegen
mordes auf perduellio (26 TItoc Aaßitfvoc fdiov Taßiptov diri rui
ToO CaTOupv(vou qpövqi TpaU'<iM€VOC . . 27 oö T^tp dTrXiiK:, dXXd x6
bf| XcTÖfiCVOV iTCpboueXXiuivoc ö 'Papiptoc ^KpiOri); h) über die eix&>
Setzung des gerichtshofes sowol als über das urteil fanden heftige
parteikämpfe statt; Caesar und sein anhang setzten jene durch (27
OTOubai t€ ofiv Tapax(I>b€ic Kai qpiXoveiKiai dqp * ixaT^puiv ircpi re:
toO biKacnipicu , täv fitv ßrrujc fif| cuvcxO^li twv bi Iva xaOiZi^oii
in: der perdaellionBpFOcess des C. HabirinB. 197
hoDOuvTUfv, xai inehi\ toGto btd t€ töv Kakapa xal bi ' dXXouc
Tiydc ^inicc , ircpi t^ rnc xpkeuK adOic cuv^ßiicav) ; c) G. Caesar
sdbcr aad L. Caesar worden Yom praetor selbst, nicht vom volke
n riehtmi gewählt, nnd verurteilten den angeklagten (mX fjv T^p
outAc ixcTvoc Kai mctö toö Kaf capoc toO Aouk{ou biKdZuiv . . xare-
^^fffpUavro aÖToO, Kai-rot fif| irpöc töC örj^ou xaTd rd irdrpia, dXXd
vpAc aÖToG ToO crponiToO oök Höv alpcO^vrec) ; d) Babirius pro-
Toderie ans volk (xal £q)f)Ke ^Iv 6 Taßipioc, irdvTUic b' dv Kai
«Opa Tif^ b%iH» ^dXui, €l ^i\ usw.)-
Zu a: anklftger, welche den schwestermtfrder Horatius dem
lichter überlieferten, setzt auch des Livins erzfthlnng dieses znm
typuchan ptraecedens gewordenen processfalles voraus: 1 26, 5 raptus
mmäd regem, die frage, bei wem Labienus klage erhoben, hingt
irinimfn mit (6) der andern, worin der streit wegen einsetzung des
gsnefathofea bestanden, in der hauptsadie ist diese oben (s. 188)
dihiB entachieden worden, dasz ein spedalgesetz des tribunen die
dmnifirale perduellionsprocedur trotz des Widerstandes des Senats
aageoidnet habe; möglich aber, dasz Labienus, wie er nach damals
fiblkhem verfahren einen mordfall bei dem vorsitzer der quaestio
Mfer tioarias hfttte anhängig machen müssen, zuerst versuchte bei
dem praetor nrbanus als dem verfassungsrechUichen nachfolger des
kfiaigi die anhandnahme des perduellionsprocesses durch emennung
TOB äitovwi zu erwirken, aber erst auf dessen Weigerung zur ein-
hriignug eines gesetzes schritt, danach wäre auch hierin Dions be-
Qcfatnidht ganz vollständig deutlich; dafGLr aber nennt er ausdrück-
Beb C. Julina Caesar als den verbündeten des Labienus, und entrollt
fai politischen hintergrund , auf welchem der ganze handel sich ab-
^itit bei Cicero dagegen ist jede erwähnung, jede anspielung auf
CwHr onterdrückt.*' im übrigen entspricht seine auffassung von der
politischen bedentnng des processes ganz den anslassungen Giceros
(i. die stellen oben s. 182).
Zu e: Dian nennt den praetor, welcher die duumvim bezeichnet
hi^ ttiehi. wenn unsere Vermutung richtig ist, dasz es der praetor
Bbsnns geweeen sein müsse, so ist es kein anderer als der gleich nach-
kr genannte Q. Metellus Celer, welcher, da ihm die Versandung
■idit anders anfindOeen gelingt, zu jenem äuszersten mittel greift."
" aaeh Zanipts (eriminalrecht I 2 s. 896 f.) beachtenswerter ver-
isi die erhaltene rede, vom redner 094/80 mit andern eonmla»
liiekea heraaagegeben, eine teilweise nmarbeitnng der gehaltenen.
* ibw den praetor nrbaans als versitzenden dieser richtenden eomitien
T|l eWn •• 198. irrelevant ist der von Drumann gesch. Bomi ni
1 in sam. 97 erhobene einwand gegen diese schon von Fabrieins zdst.
HMteeUaMae eombination, es mOsse ein anderer praetor gewesen aein,
W Melclivs Celer ein freund des Rabirin s war. einen Q. Metellns
*te befnameo als stadtpraetor, jedenfalls nach dem j. 677/77, erwähnt
▼iUfiss Kas. VII 7, 7, eine stelle welche Wehrmann Fasti praetorii
■» M catfangen ist. die notii dasz Celer angnr war wird bestätigt
V« Cie. In FA t 19. vgl. Dromann II s. 98 anm. 62.
198 &Win: der perduellioxiBprocess des G. Rabirim,
nahe Iftge nun die vermatang, es sei, um dem anstifter des gnn-
samen Verfahrens das gehftssige des Urteils aufzabttrdeni ans bcralieit
und ironie gerade C. Julius Caesar vom praetor zum perduellions-
commissttr ernannt worden, aber er hatte vielmehr die wähl dem so*
fall des looses zu danken, wie zur willkommenen ergänzung Saeto-
nius überliefert: c. 12 suhamavU (sc. Caesar) etiam qiU C. SaMrio
perduManis diem dicerä, quo praedpuo aäkiäore äUquot amU omcs
L. Satumini seäUiosum trUmfwium senahu ooercuerai^ ac softe mäex
in reum duäus tarn cupide condemnavit^ ui ad popiämn provoctmä
mkä aeque ac iudicis aoerbitas profuerü. es darf nicht be&emden,
dasz Suetonius nur von iudex ^ nicht von duumvir, und nur toq
C. Caesar allein spricht: er vermied den seinem publicum ohne erilo-
terung nicht verständlichen technisch genauen ausdruck, und durfte
den ooUegen L. Caesar um so mehr bei seite lassen, da doch nur
der eine der duumvim die oondemnation vollzog, dh. also C. Caesar,
die Worte sarte dudus lassen eine zwiefache auslegung zu, entweder
dasz er überhaupt als richter aus der zahl der hiexfELr zur loosong
kommenden personen, wol gewesener curulischer beamter, aedilider,
praetorier oder consularen, ausgeloost worden, ein verfahren durch
welches der creierende praetor die directe namennennung vermied,
oder dasz von den zwei vom praetor direct ernannten duumvim das
loos Caesar als dei^jenigen bezeichnete, der condemnierte; s. Momm-
sen 8TB. II s. 578 anm. L. Caesar, consul 690/64, war ein weit-
läufiger verwandter des nachmaligen dictator, aber nicht dessen
oheim, wie Huschke s. 614 behauptet: s. das stemma bei Dnunann
m s. 113 vgl. 120 f.
Zu d: Dion überspringt, wie oben bemerkt, ein zwisdhengbed
der erzählung: die aufhebung des urteile der duumvim und dasnan-
mehrige eintreten des tribunicischen verfahrene, und sehlieszt den
bericht über die bei diesem richtenden centuriatcomitien gleich an
jenes urteil an — ein leicht erklärlicher verstosz des venurbeitenden
epitomators : denn es ist nicht anzunehmen, dasz seine quelle, Livios,
hierin gefehlt, noch weniger dürfen wir bei Sueton Vollständigkeit
erwarten: ihm durfte die angäbe genügen, dasz Caesar der anstifter
jenes perduellionsprocesses war, und dasz er selber als richter die
oondemnation zu vollziehen hatte, der angeklagte aber gerettet wurde.
zwar bezichtigt hier Niebuhr Sueton des Widerspruchs mit Dion, als
wolle er sagen, Babirius sei vom volke freigesprochen worden; allein
die werte adpapulum gehören gnunmatisch nur zn provoeanii^ und
der sinn ist nur: die leidenschaftliche härte des condemnierenden
richters verhalf dem verurteilten bei der provocationsverhandlung nur
um so mehr zur rettung, nemlich gei-ade durch das eigentümlicbe
auskunftsmittel der auflösung (Drumann in s. 136 anm. 3). gav
unstatthaft ist es endlich, trotz Dions bündiger versidierung, Labie-
nus habe auf eine wiederaufnähme des processes verzichtet (28 oOtw
lily bf| TÖTC fi TC iiocXr^cia KaOaipcS^vroc toO ouiclou bteXi^On ^
6 Taßipioc icibOr) * £Sf)v \xkv t&P Tip AaßiViviti ko\ oOOtc biKäcocOai,
HWin: der perdaellionsprooess des C. Rabiriui. 198
ou \dn(H. Kai irroificev oöröf 8. Haschke s. 526), anzunehmen, der
ttigebliebe moltprocess sei auf jene anflösung der centuriatoomitien
gefolgt and von tribntcomitien entschieden worden, unsere beweis-
fthnmg hat, so hoffen wir, gezeigt dasz Dion, abgesehen von einer
locke in dem bericht, mit den aus der primären quelle geschöpften
timalioinmten des ereignisses im besten einklang steht, die an-
Bthme eines moltprocesses aber nur auf eine misverstandene stelle
ia CieeroB rede, nicht im mindesten auf irgend etwas thatsfiohliches
•khstatzt.
Diesen aosftlhrangen entsprechend erzählen wir den hergang
dai pcoeeeeee des C. Babirius also.
Eines der grundrechte der römischen republik, die unantast-
barkeit dee bürgere, welcher nur durch die instanz der gemeinde an
Idb und leben geeiaraft werden konnte, hörte übungsgemäsz auf zu
bestehen, so oft in zeiten innerer krisis der senat mit der stehenden
ibnnel dee SC. ultimum die consuln mit xmbeschränkter vollmacht
leiriUtete, ja die gewalt Aber leben und tod ihnen in die band gab.
liegen war aelbst die sacrosancte person des tribunns plebis nicht
gesekfltst. so hatte, als gegen ende des j. 654/100 das anarchische
treiben der volkspartei in dem an dem regierungsfreundlichen con-
•dsnandidnten verfibten totschlag gipfelte und die consuln im rer-
eia mit den übrigen beamten aufgefordert wurden die fdr die wol-
hhii des römischen volkes geeigneten schritte zu thun, der senat
aar eine durch das herkommen gerechtfertigte ausnahmemaszregel
gHroien, welche thatsächlich ebenso das provocationsrecht wie die
aareileldiehkeit des volkstribunats illusorisch machte.
Ein Tolles menschenalter war dahingegangen; indessen hatten
rarolotion and reaction ströme blutes gefordert; noch trennten die
altea gegensitae das neue geschlecht, und die sache der parte! der
popil«en gewann leben und gestalt in den bänden eines fllhrers,
tieieen sieg schlieszlich die monarchie brachte, eine ungemeine
fttbri^it entwickelte die Opposition unter Caesars leitung im
j. 691/63, and der consul Cicero hatte vollauf zu thun, die reihe
angriffe gegen die regierung abzuwehren oder zu
80 griff man auch zu dem beliebten mittel der tendenz-
I, nnd wählte zum gegenständ die tötung des Satuminus,
TOT 37 Jahren als volkstribun mit seinen gesinnungsgenossen
—lieht im oflBsnen kämpfe gefallen, sondern gefangen verrätherischer
vcies hingeschlachtet woiden war. zunächst war der darum ange-
bobcM rechtshandel eine antwort auf die nugestätsprocesse, welche
nlingst die optimaten gegen G. Cornelius wegen angeblicher yer-
^•tnnig der tribaniciscfaen gewalt angestrengt lütten; sodann bot er
^kgeaheit die durch jene anwendung der brutalen gewalt jeweilen
tts «evk gesetste verfassungsTerletzung zu brandmarken und even-
tMÜ dnrdi riditerspruch verurteilen zu lassen; endlich wurde eine
Foeador gewählt, welche an einem beispiel die blutgerichtsbarkeit
HWin: der pefduellionsproceBS des C. Rabirius. 201
der YorlSufigen termine das bild des märtyrers für die
Tolfafrrilieit , des Opfers der blutgier der optimaten zur schau aus;
od frtüier war es strafbar gewesen seinen tod öffentlich zu beklagen,
ja ndi nur das bild zu besitzen (§ 24 der rede: vgl. schol. Bob.
iSdO. yal.Max.Yini, 3)!
Gcgeiillber der durch deigleichen mittel gereizten Stimmung
der li5rer hatte di^ yerteidigung einen schweren stand, dieselbe
fllkitMi Hoitenaius und Cicero, jener hatte sich über das sachliche
vwhieitet und nachgewiesen, dasz Babirius nicht der mörder des
SttsniuBs (§ 18 d. r., ein fn^ent citiert Charisius s. 125 E.: vgl.
HMejfir or. rom. &agm. s. 371 f.); hatte man wenigstens seiner zeit
cMn lUaTen daftlr, dasz er die that vollbracht, die &eiheit geschenkt
§ 31). Cioero beschrftnkte sich in seinem vortrage , der uns in
jArifthclwr redaction erhaltenen rede, wofür ihm der tribun nur eine
hilbe stunde seit veigOnnte, auf die ertfrterung des politischen mo-
flUiti der frage; er betonte, unierbrochen von zeichen^es misfallens
dar aeage, daas, hfttte gar Babirius den Satuminus erschlagen, dies
eise verdienstlidie that wftre (§ 18 f.) , dasz es Babirius pflicht ge-
viMn, dem rufe des consuls, die republik zu retten, zu folgen und
ük Bit allem volke zu bewafinen (§ 20 f.), dasz, wenn wirklich
Ibnis sieh dem Satuminus mit seinem werte verbürgt, jener die
WBitirortDSg auf sich geladen, aber ohne einen senatsbeschlusz
aieki das recht gehabt habe es zu geben (§ 28). der consul vertrat un-
nwaaden den standpunet der regierung, er wahrte dem senat das
ndA bei revelutioniren krisen die behörden mit unbedingter voll-
nacÜaiMsarttaten, den behörden die pflicht diese zu üben, und ge-
itad, er würde eintretenden falls ebenso handeln.
Dw schlnartermin kam; die centurien waren auf dem Marsfelde
^«Mimelt, auf dem Janiculus drüben wehte die fahne, aus alter
lot, da Rom noch von feindlichen nachbam umgeben war, das her-
fckndrta zeichen, dasz man sicher tagen könne, die sache des Babi-
öai äaä scUeeht, die regierungspartei fürchtete mit dem Werkzeug
■flvl dwch das verdict des souveräne verurteilt zu werden, und
pH am die Niederlage abzuwenden, zu einem mittel, das wirksamer
w denn gewalt: als es dem leitenden praetor nicht anders gelang
& MsitieB aufimlOeen, eilte er, ehe die abstimmung vollzogen war,
^iilber auf den Janiculus und risz die fahne herunter, damit war
& fwmlnng in aller form aufgelöst, Babirius gerettet. Labienus
f taichtele auf die weiteriührung des handeis , obwol er den tribut-
Msitiai den Strafantrag auf eine mult für tötung des Satuminus
^ittB veriegen kfonen, und obwol die multklage wegen der andern
vQ|«hcu des angeklagten noch zum austrag zu bringen war.
ZfoiQB. Hah8 Wxrz.
202 FVoUbrecht: zn Xenopbons anabaaU [V e. 2].
(17.)
ZU XENOPHONS ANABASIS.
Das zweite capitel des fünften buchs der anabasis ist in dea
letzten ftlnf jähren nach verschiedenen rflcksichten besprooben wor-
den, nnd zwar von JHHeller in der zts. f. d. gw. 1874 s. 331 ff. ; von
EABichter 'kritische Untersuchungen über die interpolaüonen in
den Schriften Xenophons' (Leipzig 1873) s. 690 ff. und in diesen
Jahrbüchern 1878 s. 601 ff. nnd von WVoUbrecht (in Batzeburg)
im Philologus XXXV s. 446 ff. wenn ich dasselbe jetzt auch einer
kurzen erOrterung unterziehe, so werde ich, da ich auf meinem in
diesen jahrb. 1874 s. 627 bezeichneten standpuncte noch heute atehe
und das capitel für. nicht interpoliert halte, die kritische aeite gar
nicht berühren : ich werde nur wie Heller über die örtlichkeit oder
richtiger gesagt über die Interpretation zweier stellen, in denen ich
mit Heller nicht übereinstimme, meine ansieht darlegen, ohne mich
auf eine Widerlegung anderer ansichten einzulassen.
Die gegenüberstehende terrainskizze mag meine ansidit veiaa-
schaulichen; ich bemerke dazu als selbstverständlich, dasz die ftuazere
form , welche durch die schlucht und den graben um die atadt dem
abhänge der höhe und der höhe, richtiger dem plateau auf der höhe
gegeben wird, eine von mir gewählte ist, und dasz die linien nur
dazu dienen sollen, die von Xenophon gebrauchten ausdrücke ein-
zuschreiben, welche, wenn wir die natürliche form kennten nnd
durch linien bezeichneten, auf gleiche weise eingeschrieben worden,
eine genaue örtliche beschreibung halte ich nemlich für möglieh,
wenn deutsche gelehrte oder höhere Offiziere, die mit Xenophons
anabasis bekannt sind und längere zeit in Trapezunt venveüen,
nachholten, was alle reisende, welche über die örtlichkeiten der
anabasis bisher geschrieben, versäumt haben, eine durchforsdran^
des Drilengebirges kann die in unserm capitel erwähnte höhe nacl^
meiner meinung leicht feststellen, weil dieselbe in der entfemon^
einer nicht vollen tagereise von Trapezunt liegt und weU sie dre
sehr charakteristische merkmale hat: denn erstens fährt der we^
von Trapezunt aus zu ihr nach § 28 durch einen hohlweg; zweitens
befindet sich am abhang eine tiefe schlucht, und drittens ist dn^
plateau der höhe so grosz, dasz nicht nur räum zu der DrilenstadI
auf derselben ist, sondern auch nach § 16 mehrere einzeln liegende
dxpo sich auf derselben befiinden. es ist sogar nicht unmöglich
dasz sich auch noch spuren des von den Drilen angelegten grabenj
und Walles finden, eine solche Untersuchung würde auch die Irm^i
beantworten, die sich jedem erklärer aufdrängt, die aber Xenophon
weil er die höhe nur von 6iner seite kennt, nicht erörtern konnte:
ich meine die frage, ob denn die Drilen bei ihrem marsohe nach da
hauptstadt auch nur die irpöcoboi x^iX^irai und den schmalen ^pre^
benutaen konnten, oder ob nicht auf der hinter der bürg in d«
FVoUbmoliti sn Xesophont uabMÜ [V o. t]. 203
Hidt gdegtiMB Mite nn beqnamerer weg sidi findet, der auf einem
gituua nmwag» in «in uiderea saiteathal fuhrt, welcher weg «ber
iUkk im Orttielikeit im an o^. dae 4n bncbs von einem firämden
■r mtar aUuimg eines kimdig«ii Wegweisers an^efniiden werden
ima, wUt« äch «in loloher w^ finden , so wtre damit bewiesen
'■B fc DrQeo lidi den % 6 erwKbnten sofanulen ftiauteig nur nun
Hmbmh friedlidten Tsrkehr mü Trapannt «ngelc^ und also troti
•tm ^Bitcägi wegen der andern hindemiue ihre stadt für nneio-
''^kar gehalten bitten, in dieser meinong waren sie berechtigt,
*^ iks itadt TOB der nator durch hindemiHe and Ton ihnen dunh
204 FVoUbreclit: zu Xenophone anabaais [V c 2].
befestdgiings werke geschtttzt war. der natürlichen sind zwei: dexa
Xenophon sagt §3:1) iT€p\ bk toCto fjv xopabpo kxupwc ßaBeio,
2) Kai irpöcoöoi xotXeiral irpöc tö xujpiov. das erste hindemis sehen
die Griechen nicht eher als bis sie davor stehen, weil, wie jeder der
hohe hflgel oder berge mit fthnlichem hindemis bestiegen hat aas
erfahrung wissen wird, solche einschnitte von unten nnd aus der
ferne gesehen nicht da zu sein scheinen; weil es höchstens schemt»
als sei in der abdachung ein absatz. ebenso wird aus der ferne und
Ton unten die Steilheit eines berges falsch beurteilt, und andere hin*
demisse , die sich an ungebahnten abhängen befinden, werden kaom
bemerkt oder erscheinen unbedeutender als sie in Wirklichkeit sind.
es ist daher ganz natürlich , dasz die Griechen , als sie aus dem bei
ihrem rückzug in § 28 erwüinten , auf beiden selten mit buschwerk
bewachsenen hohlwege* herausgekommen sind und auf der Yon di^
sem austritt an unbewaldeten höhe die Stadt sehen, dieselbe trotz
der aus der ferne und von unten gesehenen, aber unbedeutend er-
scheinenden befestigungswerke ftlr einnehmbar halten nnd deshalb
die peltasten voraufsenden, welche dann in der hoffiiung auf beute
rasch voraneilen, während Xenophon mit den hopliten entweder an
dieser stelle halt macht oder sehr langsam weiterrückt, worüber aber
Xenophon ebenso wenig eine mitteilxmg macht als darüber, ob die
peltasten in der gewöhnlichen marschcolonne oder in breiterer linie
▼oraneilen. ich halte wegen des gebrauchten ausdrucks irpobpa-
^ÖVT€C das letztere für wahrscheinlich, die peltasten kommen an
das erste hindemis, an die XGtp<i^P<X- diese hält sie nicht auf, sie
beginnen in dieselbe hinabzusteigen und damit den yersuch, das
zweite hindemis, die irpöcoboi xc^^irai, zu überwinden, bei diesem
durchgang durch die XGipoibp<i haben sie aber die in § 6 erwähnte
Kord^ctc ^K ToO xuJpiou eic Tf|v xapdbpav nicht benutzt, weil diese
Kordßacic nach Xenophons deutlichem ausdrack von oben ck Tf|V
XOpdbpav führt, also nicht durch dieselbe, und weil ich nicht
glaube dasz dieselbe schon an dieser stelle von den Griechen be-l
merkt ist, weil Xenophon in diesem falle gewis in § 3 bei den wor^
ten npöcobot x^t^^nai schon gesagt hätte: J^v T^ £<P* ^öc f| dvä^
ßacic £k Tf)c xopdbpac irpöc tö x^P^ov.
Wenn nun irpöcoboc nach Suhle in seinem Schulwörterbuch in
eigentlicher bedeutung der weg ist, auf dem man npoc^pxcrat, so isl
nach meiner ansieht der ausdrack npöcoboi xotXeiraf, der dem in § 'J
gebrauchten ausdrack xu'piot T€ öp€iv& Kai bOcßara gleichbedeu^
tend ist, so zu verstehen, dasz jeder einzelne peltast 1) sowol beizzj
hinabsteigen in die x<3ipdbpa als auch beim hinaufsteigen aus dersel*
ben mit ganz natürlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, und 2) dasz,
wenn Xenophon sagt irpöcoboi x^iXeiral irpöc tö xuipiov, auch aal
* obwoi Xenophon in § 8 diesen hohlweg nicht erwähnt und nni
keine beachreibang des weges bia zur dvui Xibpa gibt, ao wird doch
wie ich meine, jeder leaer überaeugt aein, daas aie bei der rÜekkebl
nach Trapemat denselben weg nehmen, anf dem sie herangezogen aind
FVollbrecfat: zo Xenopbons apahaais [Y c. 8]. 205
te gimen nnme zwiBchen der xaf^^P^ und dem xuipCov der im-
yMDta weg jedem einzelneii peltasten das aarOcken (npocßdXXeiv)
gtgm das xu^piov erschwert welcher art diese Schwierigkeiten imd
kndoBisse «ind, sagt Xenophon nicht; es sind aber dieselben schwie-
ligknteB nnd hindemiBse, welche wir noch heute in allen gebirgen
iafai, wenn wir auf ungebahnten wegen bttgel oder bergspitsen
cnrtngeB. soldie hQgal oder bergspitzen sind in der Wirklichkeit oft
stakr als sie von unten erseheinen, können also nur mühsam er-
ftngea werden; der abhang selbst hat kleinere oder gröszere ab-
ättii; bdd liegen steine im wege, bald hindern baumwnrzeln oder
Mg. itoken, bald nicht sehr hohes domgestrttpp das rasche gehen.
diAr dass der räum zwischen der x^^bpct ^i^d dem xuipiov steil
pwemi, haben wir in Xenopbons ausdruck xoräßaac einen anhalts-
paaet, und daflir dasz baumwurzeln und niedrige stuken im wege
tlAm^ spricht die Wahrscheinlichkeit, dasz die Drilen, um ihre )iir]-
ipÖRokic auf dem walle mit palissaden und tllrmen zu schlitzen, in
^cndben hölzerne hftuser zu bauen und dabei noch nach § 23 EOXo
fKTdki in bereitschaft zu haben, das holz nicht aus weiter ferne
Wrbdgeschafft, sondern den ganzen abhang bis über die x^tpäbpo
UasB abgeholzt, die stuken aber zur yermehrung der hindemisse
ftr maai anrttekenden feind stehen gelassen haben, auszerdem
kitlai die Drilen durch dieses abholzMi auch den zweck erreicht,
voa Dmr bnxg aus einen aus dem oben erwfthnten hohlwege her-
uatrsfendfln feind (der nach § 4 noch ftlnf bis sechs Stadien yon der
l<9ibpQ entfernt ist) so frfih zu sehen, dasz sie sich zur yertei-
^iSQBg der croupdipaTa imd Ttjpceic sammeln und in bereitschaft
rteUoi konnten.
BaUb dass unter itpöcoboi x<>^c^o( die Schwierigkeiten des
vfckeas Aber den ganzen räum zwischen der xap&hpa und dem
Xnpiov ventaiiden werden müssen, spricht nach meiner überzeu-
giag das was Xenophon in § 6. 7 und 27 über den beabsichtigten
^ wirklichen rttckzug sagt dem gOk ibtivovTO diroTp^x^^v ist
Mivcadig beim anrücken als gegensatz ein oÖK ibOvavTO irpoCTp^-
|cnr; dem oök direXOcTv ^biov ein ou irpoc^pxecOai oder irpoceX-
^; der Supolboc x^Xcir/j die irpöcoboi xctXeirai und dem pöXtc
ivdiaciv in § 27 ein pöXic irpoc^pX€c9ai oder irpoceXOeiv zu den-
^ denn die Griechen sind auf demselben ungebahnten wege zu-
Ttdgegaagen und haben auch dabei die Kardßacic entweder gar
^^ oder nur sehr einzeln benutzt, weil sie, da die ganze hftlfte des
3>ier XsBophon gegen die Drilen geführten heeres mindestens 4000
■>u tfhlt, bei einem marsche einer hinter dem andern über zwei
■■^odcB bis zur xofAbpa nOtig gehabt hfttten. so viel zeit haben sie
^1 da es § 23 heiszt: kqI f| yi)i (poßepd fjy £iTioCca, nicht übrig
gtbbt.
Obwol also die Griechen weder beim anrücken noch beim ab-
ng die Ksrd^ac benutzt haben, so ist ihre erwfthnung für mich
tebsdeotungSToU. diese gelegentliche bemerkung Xenophons, die
206 FVoUbrecht: xu Xenophona anabasis [Y c S].
er natürlich Tom boten hat, beweist nemlich nach meiner ansidii»
dasz die Korößaci^ nicht vom thore der Drilen geradans nach der
XOpdbpa führt, sondern in einem bogen, damit sie yon einem am
dem hohlwege anrückenden feinde nicht sogleich bemerkt werden
kann, als nun die peltasten nach ihrer ankanft vor der Drilenstadt
einsehen, dasz sie dieselbe nicht erobern können, dasz sie bei einem
rfiokznge auf den wegen auf denen sie gekommen in grosse bedring*
nis gerathen, sehen sie sich nm, ob nicht links oder rechts ein be-
quemerer weg zu finden sei. da finden sie allerdings die xaraßacic,
allein diese ist nur iqp' £vöc, also auch unnütz, und deshalb senden
sie jetzt erst einen boten an Xenophon, der an der spitze der hopliten
nocli nicht bis an die x^P^^^ vorgerückt ist.
Die von den Drilen angelegten befestigangswerke bedürlm
keiner erlftuterung, sie sind wegen ihrer fthnlichkeit mit der römi-
schen lagerverschanzong zu bekannt und schon oft genug durch ab-
bildungen Teranschaulicht. nur das mOchte ich bemerken, dasz nadi
dem ganzen zusammenhange der erztthlung die palissaden und tflnne
so hoch sind, dasz die Griechen nicht in die Stadt hineinsehen kön-
nen und deshalb die fixpa in der stadt erst dann bemerken, als sie
durch die dahin führende strasze in der Stadt yor derselben ange-
kommen sind (§ 17). daraus folgt aber dasz die in § 16 erwfthnten
fixpa icxupd, auf welchen der vor dem thore stehende Xenophon
feinde ankommen sieht, ausserhalb der feste gelegen haben, ft^
diese ansieht spricht auch der umstand, dasz Xenophon beim er-
scheinen der feinde möglichst viele hopliten ausserhalb der stadt xn-
rückbehftlt, um gegen einen angriff der auszeihalb der feste an-
rückenden feinde eine hinreichende schntzmacht zu haben.
Woher diese feinde kommen, wo i^ie sich bis zu ihrem erschei-
nen auf den höhen aufgehalten haben , sagt Xenophon nicht, weil er
keinen überblick über das ganze plateau hat. da aber nach § 3 alle
Drilen in diese metropolis gezogen sind, so liegt die Vermutung nahe,
dasz die Drilenstadt hinter der uneinnehmbaren feste einen ausgang
gehabt hat (vgl. oben), und dasz abteilungen ihrer Streitmacht dmtfa
diesen ausgang ausrücken und auf den auszerhalb gelegenen dxpa
icxupd erscheinen, um entweder einen Seitenangriff oder, wenn alle
Griechen durch das vordere thor eindringen sollten, einen angriff
im rücken zu wagen, was sie bei der vorsieht des Xenophon unter-
lassen.
Ottcbndobf. Fbrduvahd Vollbrboht.
EBaelireiis: nur latdiÜBchen anthologie. 207
33.
ZÜB LATEINISCHEN ANTHOLOGIE.
Dm tob Lacwn MUUer in diesen jahrbflchem aasftlhrlich behan-
daüa, in Rieses samlnng unter nr. 727 befindliebe gedieht, welches
dam linkenden altertom angehlbrt, hat im mittelalter gar manche
wiatioBen benroigemfen, von denen eine Biese selbst (später auch
HH^got 'earmina medii aevi* s. 145 f. nach einer Bemer hs.) unter
den leite mitgeteilt hat; eine Ähnliche findet man im *catalogae des
Mit. des d^partements' IV s. 699. beachtenswert ist dasz der Pari-
sam 8091 saec. XII nnter jener von Biese und Hagen edierten varia-
um die werte hat TkamoB Seottus hos uer$u8 composuU. dieser codex
Hot nnn hieranf folgen ein bisher unbekanntes , wie ged. 727 in
distkhen abgefasites stück, welches wol nicht als mittelalterliches
prodnet, sondern als zn derselben zeit wie ged. 727 (wenn auch von
cöem andern verfiisser) verfertigt betrachtet werden musz. dies
itflck befindet sich auch im codex Bodleianus F. 1. 17 saec. XTV
(lack 727 ond dem zusatz). die mitteilung des kleinen ineditum
bitte idi fllr die 'poetae latini minores' verspart, als mir die so
Biocfae dankenswerte beitrage auch zur anthologie enthaltende ab-
Iwadlimg von GGOts und GLöwe (Leipziger Studien I s. 363 ff.)
ogcetadt wurde, in welcher nach einer Madrider hs. (aus saec. IX
—I) das betreffende gedieht nun zum ersten male veröffentlicht ist.
di jedoch der Matritenais nicht nur sehr verdorben ist, sondern auch
QDge verse aoslSszt, so will ich die wenig räum beanspruchenden
Twie nach meinem apparat und mit benutzung des Matritensis hier
ii gtelriMrter gestalt folgen lassen, in den noten bezeichnet B den
Bodleiaaus, K den Matritensis , P den Parisinus.
Idem forte uigens dux quadam mane rubente
Eznerat sterili membra sopore sua,
Purpnreo uestis quae comptae tegmide texit;
Adque suos tali famine fatus eratT
6 'Snrgite uos iuuenes; sterilem depellite somnum;
Iiierepat aruigenas lux: uigilate uiri.'
Hine bnmeros rutilis heros onerauerat armis,
Protenus ostriferum liquerat atque torum,
Undeciesque uirum secum deduxerat unum :
10 Alter sl) imdecimo Candidus ipse fuit.
Qni simul egressi bis seni terue quatemi,
Üslins (es Item mlitis) K» Item alii ueraas P inseribunt: ooi. B 1 1 forte
^i^tat das teri]^'' sorte qnidem dax P forte dnx B X | qnondam P |
fVai« Bis ■tereli X | menbra P | 8 Porporeo X Corporeo B | neetis
f*M 1 oestieqae X neetee qa^ P | compte X P compote B 1 4 Adque
^•cftM cf Loernrns: Atque eodtL \ erar X | 6 iubenes X | sterilem, i ex
* K I < eraif enae B P arbienae X | 7 honerauerat B honeraberat (b m.
^ ^) X I armae X I 8 ProUnna B P | linquerat X | tborum eodd, 1 11
9^ CS qae corr. X | bieceue B |
208 EBaehrens: zur lateinischen anihologie.
Tres quater aetate robore gente pares,
Comipedum sulcant fulti gestamine fiabra,
Passibns aligeris lustra ferina legont.
16 Siluicolas facili constemunt strage cateruas:
Sanguinis innocui funditar nnda rabens.
His iugiter gestis aeüier densatns in imbres
Conglomerat nubes; falgura crebra mioant
Altiionans sommo resonat de nertioe recior ,
20 Dans proeeris Signum tecta propinqua peti.
Candidns binc unam, fuerat quae forte propinqua,
Orandine conpnisos ducit ad usque domum.
Quam prius arripiens tenuit dux inclitus Ater,
Tandide' qui dixit, 'altera tecta pete.
26 Nam domus baec plures socios quam parunla nostros
Non teget, ut nitilo lumine cuncta patent.
Set quia mente uiges artisque cacnmina scandis,
Duo mea sub tecta arte regente uiros.'
Haec ait iUe uolens certis praediscere signis,
80 Qua ualet artifice Candidus ingenio.
Talibus excepit dictis quae Candidus heros,
Multiplices uoluens mentis in arce dolos :
'In tua tecta meos possum subduoere cunctos,
Viribus ingenio marte potente uiros.
86 Viribus ingenium melius, set praestat et armis:
Ingenio cuncta quaeque gerenda bona.'
12 Tres B M Ter P | (a)eUte B P: om. M | po9t pares raamra 8 fett
9cnpn'. -^ ■ -- r r '
utrba secundum ultimae latiräiaHs usum sie inieüegei sigoum, nt aicisi ali'
cniiis nobilis tecta petantar | 21 nnam: en artiadum Hnguamm Roman-
canm | faeratqae M y22.conpul8as (comp.) eodd., correxi | daeit GaetttM»
et Loewku: dnctus eodd. | 28 tenuit dox scripti: ^dem dux P idem dox
B ednzit M ^it dux Lipsienses \ Ater seripsi: alter eodd. | 26 qnam
B X qai P | nros P nsos M nros (i* aestros) B | 26 patent earruphm
puio ; ut pro licet potitum tädetwr \ 27 Set B Sed M P | qnia VB qne V
uiges artisque P uiges arcisque B uige sacrisque M | 28 arte P arce
B M I regente eodd, recente Lipsienses | 29 hec aut ille X | certts B P
herns M tinde heros Lipsienses | 80 artifice B artifico M P | 81 dictü
B P dicens M | qu^ P quam B M quem Lipsienses | 82 uolens ■
arte P | 88 tecto B 1*84 om. M | marte scripsi: arte B P sed qua noHone
opus Sit docet u, 86 armis | uiros corruptum\ fortasse bonos | 86 Ingeniom.
\k ex o eorr, M | 86 s; B sed M P | praestat scripsi: oonstat eodd. | et
HP in B y finem earmnis deesse uidenaU Goetzius et Loembu,
Gbonimqen. Emil Babhrenb.
ThPlfln: des Horatias elfte ode des zweiten buchs. 209
84.
DES HORATTOS ELFTE ODE DES ZWEITEN BUCHS.*
Jka lied, welches Horatias an Qninctios Hirpinos gerichtet hat,
vird Ton Einern teile seiner erklSrer, Hofman Peerlkamp an der
fpitie, mit besonderem ingrimm behandelt und aus dem kreise Ho-
madier gediehte geradem yerstoszen; auch wolwollendere finden
biU da bald dort etwas auszusetzen; nur Meineke hat den mut ge-
kibt das arme ding geradezu als seinen kleinen liebling in schütz zu
Bebseii. ich bitte nicht, wie es jetzt seltsamer weise oft geschieht,
m entschaldigung dafttr, wenn ich das vielbesprochene noch einmal
bopredie; ein endgültiges urteil ist noch nicht gefunden, und bis
das gefunden wird, ist es pflicht, um die erklärung sich immer wie-
der n mühen.
Quid beüieosus Caniäber et Scythes — . man sagt, es sei unsinn
jemand über die gefahren eines Skjthenkrieges damit beruhigen zu
wolkn, dass man ihm entgegenhalte^ das hadriatische meer trenne
js die Skythen von Italien, dasz man also die wirkliche entfemung
det femdes Termindere und die stärker als das meer trennenden be-
Tflkflrten landatrecken ignoriere, gewis ist das unsinn. ich nehme
iber an, der dichter wolle seinen freund mit dieser geographischen
Uiireisimg gar nicht beruhigen, er motiviere vielmehr aus des freun-
^^ vielleicht aus seinem eignen sinne sogar, die besorgnisse des
fremdes: *frage nicht, was der Skythe, nur noch durch das boUwerk
^ Hadriameers von uns geschieden, im sohilde führe.' wOrtlich
bu <fie stelle dies genau ebenso gut besagen wie das, was man sie
gwöhalieh besagen Iftszt; im gedankenzusammenhang aber ist jenes
Qsnni, dieses sinn, freilich in beiden flülen liegt eine ignorierung
fo Wirklichkeit vor; aber eine Unwahrheit, welche trCsten soll und
iM dessen beunruhigt, ist Iftcherlich; eine hyperbel welche einen
^»gitKchen in seiner erregung schwärzer sehen läszt als in wirklich-
Mit aStig ist, kann ernsthaft genug sein, und ernsthafte hyperbeln
^^ stärkerer und doch verwandter art kommen öfter vor: im
g'^iwusti zu Sorem und Indem, welche unter dem östlichen him-
B^httmne wohnen, sieht Hör. nach westen die Parther über Latium
^oviadrohen ; er ermutigt den Maecenas, nicht länger für die haupt-
*^ besorgt zu sein, da Cantabrer, Daker und Sl^then geschlagen
vordcn; sieht doch Vergilius den Octavianus sogar die Inder von
^ asaeni Borns abwehren, und in den gedankenzusammenhang
^ gmen Hedee pssst die hyperbel in diesem sinne. *deine sorgen'
^ er dem freonde *gehen auf ferne, zukünftige dinge : denke statt
sn den augenblick und geniesze ihn.' also die gefahr wird
* ▼«rriteheo sind anszer den commentaren bis anf Lehrs aad Sehfits
^vomde von Meineke, Oruppes Minos, das ZülUchaner nrogramm
W von RHaiiow and das Oüatrower prommm 1877 Ton ThFritztche»
***ic fie abh. von JBartseh in diesen jafarb. 1878 s. 250—266.
flrdMkpUlol. IST» b(tS. U
210 ThPlfiBt: des HoiatiiiB elfte ode des xweiten buche.
weiterhin nicht geleugnet; der wein ist es, der die nagenden sorgen
vertreiben soll, nicht eine geographisch-politische erwftgnng. den
Cantabrer sodann nennt er den kriegslastigen , den rasüos kriege-
rischen, und zwar mit affectroller stellang des attribnts: das ist
selbstyerstftndlich keine berohigang, sondern entweder im sinne des
Qninctius eine Steigerung oder im sinne des Horatius wenigstens eine
anerkennung der gefahr; da Hör. selbst öfter die geffthrlichkeit des
Cantabrers mit noch viel stärkeren ausdrücken bezeichnet, als es
hier geschieht, so kann er hier nicht etwa blosz einen übertriebenen
ausdruck des freundes citieren wollen, er erkennt die gefahr eben
an: da muss doch nach allen regeln und, was mehr ist, nach allem
natürlichen gefühl das attribut des Skythen für diesen eine bedeu-
tung haben, wodurch es dem attribut des Cantabrers entspricht; also
auch für die Skythen steigert der dichter oder anerkennt er wenig-
stens die gefahr, er sieht sie nur noch durchs Hadriameer von Ita-
lien geschieden.
Nee trepides in usum poscentis aevi pamca. man fragt: ist es
lateinisch oder Augusteisch trepidare in äUquam rem su sagen? ich
würde nicht fragen: sagt man lateinisch esse in äUquam remf oder
aber ich würde mir die frage mit nein beantworten müssen; und
doch ist die redensart est in rem gut lateinisch, hfttte ich den aus-
druck zu erklären candere urbem in apem cMumitatis oder Capwm
captam osteniare in fidem rerum secundarum^ so würde ich meine Zu-
flucht nicht nehmen zu der grammatischen zulässigkeit eines amdere
in äUquam rem u. dgl. nein, jenes tu rem im sinne von *in der rieh-
tung des gegenständes, im sinn der sache, zum vorteil, vorteilhaft'
ist eine feste, geschlossene redensart fast ac^ecti vischen sinnes ge-
worden, und ich verbinde sie als prädicatsbestimmung auch mit esse,
ebenso sind in spem^ in fidem ^ in gratiam oMcmAS oder cMcum rei
geschlossene adverbiale Verbindungen, welche sehr wol mit verben
verbunden werdet können, die sonst überhaupt nicht oder in gani
anderm sinne mit in und acc. verbunden werden, die frage ist nicht
eine grammatische, sondern eine logische: kann logischer weise zb.
zu dem in sich geschlossenen, absoluten aasdruck urbem candere
unter umständen eine adverbiale bestimmung hinzutreten, welche
sagt, in welcher absieht, auf welche hoffnung hin man die Stadt
gründe? an unserer stelle also sage ich: in usurn alicmus oder aU-
cuius rei ist eine Verbindung im sinne von *zum zweck und ziele der
benutzung durch jemand oder ftlr etwas* ; so findet sich bei Livius,
nur ohne genitiv dabei, der ausdruck piures^ quam quot saiis sunt
in usum^ ignes accendere *mehr feuer anzünden, als zum zwecke
der benutzung durch die Soldaten nötig sind' ; der dichter der viel-
leicht unechten strophe Hör. carm. III 3, 49 fif. hat die werte hu-
manos in usus omne sacrum rapiente dexira^ und es ist nicht etwa
zu construieren rapere in äliquam rem^ was einen ganz andern sinn
hat, sondern rapere hat für sich den geschlossenen, absoluten sinn
von ^rauben , wegrafifen*, und dazu wird hier auf die frage 'zu wel-
TliFlfiis: dflB Hontiiu elfte ode des sveüen bacbs. 211
Am nraeke? za weaaen bennisong, zu wessen nutz und frommen ? '
die Mimmnng fainzngeftlgt *ziim zweck der mancherlei benntzangen
dock die menschen*; die trinkbecher nennt Hör. noH in usum
luiitiüe scupM: ancfa der grandbedentung von nasd 'entstehen,
giboran werden' liegt die bedentnng 'bestimmt werden wozu' noch
fen, es ist sbeolnt; aber es ist logisch und natflrlich , dasz eine
tAb Ton bestünmnngen der zwecke und ziele dieses werdenden
(ineiis «ttiiasd und fiaäts sich anschlieszen: Cicero wagt sogar das
klkw MSMMir m umseriam sempUemamy Hör. gebraucht das weit
raifv kOhne mdw im itmum laetiHae 'geschaffen und existierend
asots und frommen, zum dienst der frOhlichkeit'. also an unserer
ilaBt wiederum heiszt m uaum aevi poscenHs pauca wörtlich: 'zum
iweek dar benuftiung durch eine Zeitdauer, zu nutz und frommen
eiser Mit weiche weniges fordert', kann denn nun logisch diese
bettnoBg mit dem b^giriff trepidare verbunden werden?
MfiitiH bedeutet, wie die alte und die neue etymologie sagt,
'neh iz Verlegenheit hin und her wenden'; es bezeichnet, wie der
spodigshrBach namentUoh der historiker zeigt, ein hastiges hinund-
hffhafcn im znatande und gefUhle der innem aufregung oder angst;
^ b^giiff der eile und der begriff des hinundher erscheinen Überall
wkmdn, daher überall der sinn der Unsicherheit und innem er-
npag: das scbene bSchlein bei Hör. strengt sich gewaltig an, sich
cveiBBhssten im zickzacklanf seines gerinnes, und man sieht ihm
»tetlich die innere aufregung an, mit der es um alle ecken und
hsfta hemmlftiift; das leben des Hör. hat sich hasten müssen das
idu Instnim nbsuschlieszen, und weil das schon einige angst und
ä^tg^osiet hat, ist das urteil des dichters über die reize der blon-
^jaagsBPhjll^ um so unparieiischer. aus diesem hinundhereilen
a wwicherer hast und enegung folgt, wie schon die lexika zeigen,
im bfdwrtnng einer angeregten geschftf ügkeit und hastigen viel*
peMfligkeit, die wol ein ziel hat, aber vor sich selber nicht recht
na ode kommen kann — etwa wie die fliehenden mftuse bei Phae-
^ Tor den engen mauselOchem umherhasten und sich abmühen
'SB! n kommen: cum eicM imfres • . artos dreumtrepidar^U com»,
^ vie bei den historikern bei plötzlichem alarm die Soldaten
3Kk Mh SU waffiien und zu ordnen suchen und vor hastigem rennen
^ iadsB nicht rasch genug zur Ordnung kommen, sehe ich von
^ «Wien tu «iwii aein vorlftufig noch ab, so passt auch das nee
^ffiim m dem zuletzt erwihnten sinne sehr gut zu den vorangehen-
^ «orten, man hat in die werte nee trepides freilich durchaus
^ an bringen wollen: 'suche doch nicht Ängstlich dir besitz und
^^^f^^m zu erwechen'; aber was haben denn etwaige neue Can-
^>^- ond Skythenkriege mit dem erwerb zu thun? ist Hirpinus
P^äadmaok und börsenmann? sollen seine gedenken und plftne
^ te swigkcit, von denen der dichter nachher redet, nahrungs*
4e gftodangssorgen sein? und die Unsicherheit finanzieller unter*
sollte der dichter mit den blumen des frfihlings und dem
14*
212 ThPlOas: des HoraiiuB elfte ode des sweiten buchB.
wechselnden monde illostrieren? dann hfttte freilich das sefafine Ued
II 6, das man in neuester zeit zu einem gedichte über Wohnungs-
not gemacht hat, an unterm gedichte hier ein würdiges pendant.
die Verbindung der beiden gedanken 'frage nicht nach den drohen-
den kriegsgefahren' und *sei doch nicht ängstlich wegen erwerbs too
besitz' wftre um so wunderlicher, als sie durch die partikel nee ver-
mittelt ist; nee statt neve oder neu bezeichnet doch dasz der zweit«
gedanke kein neues, selbstfindiges verbot bringt, sondern nur die
nfthere bestimmung der ausführungsform für das vorangehende ge-
bot oder verbot gibt: au^ne Utero nee speme 'schlag zum gawinn,
indem du nicht verschmähst'; ne quaesieris nee tempUmB 'fnge
nicht nach der Zukunft und versuche also nicht', so hier: 'lass ab
vom fragen und sinnen über die kriegspläne der Cantabrer und Sky-
then, indem du also nicht in hast und vielgeechäftigkeit dich
plagst.' also nicht den neuen und mindestens überraschenden ge-
danken von der sorge um erwerb und besitz bringt nee tr^^ides^ son-
dern den blosz genauer ausführenden, und non tr^pidare steht zu r^
mütere quaerere im gleichen Verhältnis, wie an den vorhin angefllhr-
ten stellen non temptare zu non quaerere und non apemere zu einem
zu denkenden non apponere lucro^ also in dem verhälinis eines syno-
nymen, blosz generelleren oder specielleren begrifElar. insofern pass;
der oben erörterte sinn von trepidare 'sich geschäftig mühen, qufilen'.
wie gesagt, recht gut zu den vorangehenden Worten; es fragt sich
nun blosz, ob es auch zu dem passe was folgt: tu usum aevipauca
po8oeint%8y was also mit den werten 'sich ängstlich, hastig bemtthen
zum zwecke der benutzung durch eine zeit die weniges verlangt'
gemeint sei. ich erinnere an das lied m 29 : Maecenas sorgt orni
fürchtet, was wol die Serer, die Baktrer oder die Skythen für ge-
danken und plane haben mögen, und da meint Hör., gott habe die
Zukunft weislich verhüllt und lächle, wenn ein sterblidier mehr
als recht sei sich mühe und quäle, die stelle ist für uns wichtig:
trepidare wird hier ebenfiEdls im sinne von 'sich mühen, sich abquälen*
gebraucht, Nauck übersetzt es auch so, und es wird gebraucht ganz
von denselben politischen sorgen um die Sicherheit des reiches, tos
denen wir es an unserer stelle verstanden wissen woUenff es bezeich-
net das vielgeschäftige bemühen, durch befragung der freunde fern
und nah, durch haschen nach politischen nachrichten, durch poli-
tische co^jecturen und combinationen , durch befragung des Schick-
sals auf allerlei art sich über die läge und den bestand des reiches
zu versichern; endlich — und das ist ebenfalls wichtig — sagt Bor.
in den worten an Maecenas deutlich, dasz dessen bemühen und sor-
gen darum nutzlos sei, weil der mensch die zuknnft doch nicht
wissen und für sie nicht versorgen könne, zweierlei ist mir nach
dieser stelle unzweifelhaft: erstens dasz trepidare in solchem sinn^
von politischen sorgen und mühen gebraucht, durchaus eine bestim-
mung des Zweckes bei sich haben kann, und zweitens dasz die Zeit-
dauer, welche nutzen haben soll von den politisdien sorgen und
ThPlfisa: des Horatias elfte ode des zweiten bndiB. 213
aflha, eme ziikfinllige ist, ftlr die eben ein solches bemühen doch
utikH bleibt, es finsgt sich aberi ob wir die daner der dinge über-
linpt oder die daner des reiches oder die des Hirpinns und seines
IthioB Tentehen sollen; aevurn^ mit dem gmndbegriff der zeitlichen
daner, kian nnter umständen die dauer im weitesten, höchsten sinne,
dieewigkeitY besdcfanen, es kann die relative dauer menschlicher
diflgs odtr eines menschliehen lebens, also die zeitlichkeit, bedeuten,
Tad dss ist die gewöhnlichste bedeutung; in letzterer anwendung
km wiedemm die dauer des ganzen daseins oder lebens oder die
lUDM der bisherigen dauer oder aber die zukünftige dauer damit
fuomi sein« hier steht aevum ganz ohne besondere unterscheidende
Mmmnng — denn posceniis pauca ist offenbar nicht unterschei-
deodcs sttribnt, sondern es ist prttdicativ gebraucht und gibt den
grasdin, warum Hirpinns nicht Ängstlich bemüht sein soll, unter-
scbeited anch deshalb nicht, weil man von jeder der oben genannten
viel wenigstena der relatiyen dauer sagen konnte, sie fordere weni-
ges — , fenier steht aevum in einer Stellung zwischen poscenUs und
potMt öasz es ganz tonlos gesprochen werden musz als ein begriff,
der m zosemmenhang rOllig selbstyerstttndlich ist: aus beiden grün-
de! Bekme ieh aevum hier in der allgemeinsten, selbstverstttndlichsten
Msntimg Ton der relativen dauer der dinge überhaupt, von der
uitKehkeit, so dan die dauer dee reiches und die dauer des Hirpinns
SV in dem allgemeinem begriff mit enthalten sind, der zusammen-
lag ergibt auazerdem, wie gesagt, dasz an eine noch nicht vergan-
gne, sondem erst kommende zeitlichkeit gedacht ist. zu nutz und
^raiBBeD dieser seitlichkeit also quält sich Quinotius, er sucht sie
nit Minen gedaaken und planen, seiner politischen thätigkeit sicher
tsd gHteklich zo machen, natürlich, damit das reich und Italien,
«M miibtti^er und er selbst in dieser zeitlichkeit ebenfalls sicher
=ad gHlddieh bestehen und leben mögen«
Dieses b^nühen aber, sagt ihm der freund, soll er lassen: denn
üe ttitHdikmt, Air die er so vielgeschäftig ist, fordert nur weniges,
nebt em weniges Ton reichtum, macht, genusz, sondern eben ein
voigss Ton sorgen, mühen und geschäftigkeit; man kOnnte trepi-
dw, wie es aneh einzelne lezika richtig thun , durch sat agere und
*itti sfere wiedergeben. Hör. gibt denselben sinn ein andermal
^vcb vimmm cavere wieder, und zu diesem satj müUa, nimium im
begriff von irepidare ist unser pauca der ganz entsprechende gegen-
*^ in dem liede, worin Hör. die Sehnsucht der menschen nach
1^ snd Seelenfrieden schildert, ruft er aus: quid hrevi farUs iacu-
•^■r oese wtuUa? man hat auch da, wie an unserer stelle, an das
Jtpi nach besitz gedadit, aber gewis mit gleichem unrecht: denn
^Blaige, welcher nach der folgenden Schilderung nach südlichen
VI« zieht, welcher das kriegsschiff besteigt oder im reitergeschwa-
^ dskin sprengt, will ja in der fremde, in see- und landkrieg nicht
P^ sad ehr» gewinnen, sondem der innem unrnhe, sich selber ent-
^^>ka, saf reisen, in abenteueryoUem leben den Seelenfrieden fin-
214 ThPlüBs: des HoratiaB elfte ode des zweiten bnchs.
den; und da fragt ihn der dichter: warum ao vielei nmstXndliohe an*
stalten, so viel plane und gedanken um hin ziel? warum so mutig in
diesen vielen Unternehmungen, da du doch über solchen vorbereitan-
gen und anstalten hinsterben kannst, ehe du das 6ine siel emicht
hast? da du mit diesen anstalten das siel doch nicht erreichst? ea
entspricht also der ausdruck muUa taentort dem ausdruck tnpidare
an unserer stelle, und das wort muUa dort hat an unserm jNWoa hier
seinen genauen gegensatz.
Welches ist nun aber der Zusammenhang der eben erlluterten
Worte mit den asjndetisch angereihten folgenden fuffU rdro houm-
vefUas? man faszt das letztere als eine begrttndung zum erstem, und
ich kann nach der art solcher asyndeta auch nichts anderes darin
sehen; aber was wird begrtlndet? dasz die zeitliohkeit ftberfaaopt
wenig mühe und sorge verlange? oder dasz Quinctius sieh nicbt
quälen solle um dieser wenig fordernden zeiÜichkeit willen? icb
glaube, das zweite, man hat die worte fugü retro levis HMWHfoi usw.
freilich auch allgemein als eine Charakteristik alles menschlichen
lebens verstanden; aber ist denn das menschliche leben von Jugend
auf und ins hohe alter hinein fortwährend ein zustand des Übergang)
der vollen, weichen, blühenden jugendfülle in daa gnaoe, trockene
alter? nein, dieser Übergangszustand, wie ihn die beiden gleich-
zeitigen thätigkeiten fugü iuvenias und paMente caimtie bezeiehnen, ist
ein ganz specieller, welcher im reifem mannesalter eintritt, und wir
können also diese altersbeschreibung nicht als Charakteristik des
menschlichen lebens übeiiiaupt, sondern nur als Charakteristik de6|
kritischen alters betrachten, in welchem augenblicklich Hirpinoä
und mit ihm wol auch Horatius steht, ich stelle mir also den Hirj
pinus als einen mann vor, bei dem das haar grau wird, bei dem die
Schönheit und die Weichheit und glätte von gesiebt und leib ein«
Jüngern mannes im Übergang begriffen ist in die trockene härte d
alters, bei dem die liebe das ungestüm und den Übermut ablegt on
der schlaf nicht mehr der freundliche, stets zuvorkommende und be|
liebig lang bleibende freund ist, sondern der praktisch uaentbehrj
liehe, aber nur auf bestimmte zeit und dauer sich eineteilende dienel
wird; und alles dies trat bei einem sinnlichen, nervösen, rasch leben
den und rasch sich verlebenden geschlechte, wie das der letzten bOr
gerkriege war, gewis früh genug ein; mit weiss sieh fftrbeDdei]|
haare und gedämpftem liebesfeuer schildert sich Hör. selbst in einez^
gedichte, welches man aus andern gründen ungefähr in derselbeij
zeit entstanden denkt wie das unsrige. statt aber so die aituatio]
und die figuren in aller lebendigkeit zu nehmen, wie sie uns de]
dichter gibt, hat man mit wunderbarer kunst der erklärung aus on
serer zweiten Strophe herausgelesen, dasz die beiden gestalten nocl
jugendliche männer seien, und hat darauf mit unerbitÜich folgericfa
tiger logik in einer spätem Strophe die grauen haare der beiden si
unpassend für zwei solche Jünglinge erklärt und sie irgendwie andei]
zu färben oder als unechtes haar zu beseitigen gesucht, wenn denl
V
TliPltlBs: des Horatias elfte ode des zweiten bachs. 215
tber mit den worten fugit räro nsw. Hirpinns geschildert wird,
diBB k^hmen die merkmale des kritischen alters eines Hirpinus keine
beweise sein dafllr, dasz die daner menschlicher dinge nnr wenig
ncge and mühe verlange — wol aber eine begrftnduag daftir, dasz
Hirpinns bei seinem alter erst recht sich diese gar nicht erforder-
bebin sorgen um die zeitlichkeit nicht machen darf. *mfihe dich nicht
MTiel nm dinge die mit aller mfihe doch nicht zn ändern sind — du
wirst alt, lieber freund, und es ist zeit dasz du 7om leben noch ge-
akoest was du kannst! * man mnsz blosz nicht, wie man es gethan
ist, den Hirpinns ftUr eine alte Jungfer ansehen , mit der man klttg-
Ikker weise über ihr alter besser nicht spricht, wenn man sie nicht
Torletien wüi; auch darf man nicht, wie man angenommen hat^ an-
oehmen, Hör. wolle seinen freund ttber die dauer und den bestand
des reiches and seines eignen lebensglttokes beruhigen und ihm ein
lug«, sicheres leben und besitzen prophezeien: dann freilich wftre
«ae 10 deutliche erinnemng an das kommende alter und seine ent-
behmngen sehr unzweckmttszig. nein. Hör. sagt ja imgegenteil:
'& Sl^then stehen schon drüben ttber dem Hadriameer: morgen
kteeB wir es nicht mehr, darum laszt uns heute leben!' ebenso
offen und männlich wie diese anerkennung der drohenden gefahr ist
<ier kiaweis auf das nahende alter.
'Nicht immer behalten die frtthlingsblumen ihre zier, und der
beute Toll leuchtende mond zeigt nicht immer dies 6ine angesicht:
was qallst du dein herz mit gedanken fttr zeit und ewigkeit, da es
4odi dazu nicht stark genug ist?' so fährt <M dritte Strophe fort.
«Mh hier iat die mahnung ausgesprochen: ^kttmmere dich nicht nm
<üe mknnft', aber sie ist Ton einer andern seite her begründet als
TQffkin in der zweiten strophe. dort hiesz es: *mache dir nicht nutz-
ki so Tieleriei sorgen: denn die zeit zum gemessen ist bald yorbei';
bier heiszt es mit chiastisch gegen vorhin yerftnderter Stellung von
iKgrUndung und begründetem : ^nichts in der weit dauert; also mache
& keine sorgen um dauer und bestehen.' dort eine begrttndung
pcnOnlicher art ans dem kritischen alter des freundes selber, hier
Ä allgemeine aus dem wesen der weit, in welcher nichts besteht
A der unbestand; dort eine abmahnung von der hastigen vielge-
•eUtigkeit um die zukunft, hier von zukunfts- und dauergedanken
ttnhsnpt. diese art einen gedanken zweimal, aber jedesmal von
^9ef Badem aeite, mit asyndetischer anreihung der beiden perio-
d« «aeinander, mit anaphorischer oder chiastischer Ordnung der
periodcnglieder dannstellen, ist gut Horazisch. mit anaphorischer
^OQg zeigt diese form zb. gleich das nnseip gediohte voran-
rbcnde anLicinius; chiastisch sind folgende perioden: * wenn du
V« Telephns sprichst, verzehrt mich unauslöschliche glnt; feuer
^«nekrt nudi, wenn ich an dir die spur des wilden sehe'; *ich singe
doas Ualfln, Agrippa, so wenig wie ich eine Dias singe: ich bin zu
J^waeh tu beidem; niemand ist stark genug beiden der Hiaa zu
: ich also singe leichtere Ijedohen.' den ausdruck oonsüla
216 ThPlfl88: deB HoraÜns elfte ode des zweiten bucht.
aetema fasse ich folgerichtiger weise in demselben sinne wie Torher
trepidare in usum aevi, also aäemus im sinne der relativen daner
menschlicher dinge, consüia im sinne der politischen gedanken and
entwUrfOy mit denen sich Hirpinns qnftlt und die anf den bestand und
die dauer des römischen reiche und damit des daseins seinerein*
wohner, Hirpinns inbegriffen, gerichtet sind.
Dieser erste teil unseres liedes , die drei ersten Strophen um-
fassend , ist negativ , abmahnend von zaknnfts- und daueigedanken;
die übrigen atrophen bilden dazu den positiven zweiten teil, eine
mahnung zum genusz des allernächsten augenblicks. der negatiTe
erste teil war seiner natur gemftsz , eben weil er negativ und weil
er einleitend war, ruhig, sententiös, argumentierend gehalten; der
zweite teil ist von einer lebendigkeit der anschauung, von einer
dramatischen unmittelbarkeit der darstellung und einer dramatisch
sich steigernden Stimmung, dasz von einem solchen dichter, wenn es
denn nicht Hör, sein sollte, nicht blosz Hör., sondern auch recht viele
moderne lyriker lernen könnten, und diese dramatische lebhaftigkeit
ist für den zweiten teil ebenfalls naturgemftsz: es gilt den sinnenden,
planenden politiker aus dem grauen nebel der zukunftsspecnlation
mit 6inem schlage unter die grünen bäume des lebens zu versetzen;
es soll ja der allemächste augenblick schon sein, der genossen wird,
da für den nächsten schon keine Sicherheit mehr ist. 'idso keine mfib-
seligen umstände, um gottes willen nicht: unter eine hohe platane,
wenn du willst, oder hier gleich unter diese pinie, so ohne weiteres
hingelagert; duften^ rosen und assyrische narde in die grauen haare»
und dann getrunken! — - ja, er zerstreut sie, ich spür* es, der gott
der freude zerstreut die nagenden sorgen, da, wer läuft von euch
pagen hin und kühlt den hitzigen Falemer, gleich aus dem quell, der
hier vorbei flieszt? du, hol uns die Lyde mit der laute zur gesell-
Schaft her!'
Der anstosz, den man in diesem teile des gedichts an den werten
sub aUa vd platano vd hac pitiu iacenies genommen hat, braucht nicht
genommen zu werden, wenn man nur die dramatische lebhaftigkeit
der anschauung nicht verkennt: Hör. sieht sich in einem park oder
garten, und um die nächsten augenblicke zu genieszeui will er eine
hohe platane oder sonst einen bäum aufsuchen, in dessen schatten
es sich behaglich zechen lasse; da sieht er zu allemächst eine pinie,
und auf diese weist er hin: *oder hier gleich unter der pinie — das
ist noch einfacher.' auch an den grauen haaren, um welche die beiden
zecher rosen duften lassen vrollen , hat man unnötiger weise anstosz
genommen: die färbe passt, wie schon bemerkt, durchaus zur zweiten
Strophe und zum britischen alter der beiden freunde, freilich ge-
wissenhafte erklärer sagen, wenn die jugendfrische noch im fliehen
sei, sei doch nicht gleich das dürre, graue alter da, und wenn das grau
des alters noch dabei sei die Jugendblüte zu vertreiben, so sei dju
alter noch nicht grau, sondern werde es erst, wie weit derproces:>
dee ergrauens vorgerückt war, wissen wir nicht und brauchen wir
ThPlfiiB: des Hontiiu. elfte ode des zweiten bnclis. 217
IUI poetiaeben ▼entfindnis glfieklicfaerweise nicht zu wissen; aber
das ii der vonieUnng Ton swei rosenumkrttnzten gnukOpfen ein
bebr, flbermtttiger und für verebrer Anakreons und Zeitgenossen
da HonÜus nicht etwa anstOsziger Widerspruch sich ausspricht, der
nr bikdiaatischen stinunung des zweiten teiles der ode sehr gut
idauDt, das glaube ich zu fthlen, und zu diesem kecken, ttbenntttigen
t«, dordi welchen der dichter seinen freund in andere Stimmung
bringoi will, wflrde selbst eine Übertreibung der thatsttchlichan er-
kaslMrkeit dee alters, wenn eine solche ttbertreibung hier yorll^e,
ndt wd stimmen, also dasz die beiden freunde auf einmal gans
Tertroeknete, eisgraue greise geworden seien, davon ist hier) in der
Ticrtea itrophe, gewis nicht die rede, und ebenso versteht man die
nr«te ttroj^ grundfalsch, wenn man meint, mit der zeit, wo das
trockoie, graue alter die Jugendblüte und jugendfreude vertreibe,
m ea wüke% greisentnm bezeichnet; man denke sich doch bloss
jogesd ond alter so, wie es der dichter will, als zwei persönliche
oldile and gestalten , die sich in das menschliche leben und die
iwnditft darflber teilen, doch so dasz zwischen den unbestrittenen
b«rgckiftsgebieien der einen und der andern die streitigen durch-
ud fikeigangsgebiete liegen: ganz von selber stellt man sich dann
die jogsnd als eine gestalt von frischer, blflhender kraft, von glatter,
nudlcser Weichheit vor, das alter als eine verschrumpfte, graue,
gifmliche erscheinung, und man ei^ennt im reifem männlichen alter
ua tignneaden oder ergrauten haar und an der hartem, durchftirchten
bot das siegreiche vordringen des grauen, trockenen alters und das
kUinlUiebe lurfickweichen der blflhenden, glatten Jugend, ohne dasz
<icfv«g^ wie über nacht der mann zum greise geworden wttre.
dtirkem anstosz gibt die bezeichnung der lautenspielerin Ljde
^ dinie. und gewis, ein ehrenname ist soarium nicht, aber es be*
täcbet auch nicht unmittelbar wie merärix das gewerbe , sondern
^ iseh ableitung und neutralform ein bildlicher volksausdruck, und
>U ideher ist ^es immerhin geeignet auch scherzhaft gebraudit zu
*<tdai. und mich dünkt, in der Stimmung in welcher Hör. hier am
•^■»e des zweiten, des dramatischen teiles unserer ode spricht,
v«e ichoa mitten in das improvisierte Zechgelage und dessen wein-
^VM hinein versetzt ist, wo er schon keck den grauen haaren trotz
i!*bolcn hat, in dieser etwas tumultuarisch bakchischen Stimmung
:vder Junggesellen ist der ausdruck zwar drastisch derb, aber auch
^fuoa&eh lebendig ^- dasz er auch streng thatsächlich für wesen
*ie Ljrde der bezeichnende sei, ist ja nicht zu bezweifeln, übrigens
'»B das seltsamst klingende snbstantivum seinen richtigen ton und
KUag bekommen durch sein attribut: Hör. nennt Ljde devium
'^'twm. wenn freilich Peerlkamp in der küstlich ingrimmigen laune,
•B «dcfaer er gerade unser lied behandelt hat, den grimmig kurzen
^<viit fUurt, weil devms heisze Won der strasze fem% so bedeute es
bct 'inirgittd einem engen seitengftsschenBoms wohnend', und abo
**> dfsiM« soprdMH eine ganz niedrige und gemeine dime — wenn.
218 ThPlüBB: des HoratiaB elfte ode des sweiten bacha.
sage ich, dieser beweis ebenso logisoh zwingend wftre, wie er km
und willkflrlieh ist, dann wäre es um Lyde völlig geecheben, und
dann ^ilicb htttte Hör. diese worte nicht geschrieben. Bhet ich
möchte wirklich wissen , was das auch nur fOr ein inteipolator ge-
wesen sein sollte, der den Hör. seinen pagen ausdrücklich nach des
Terrufensten quartieren schicken liesz ; schon wegen der weiten e&t-
femung wflrde hier, wo alles auf rasche Improvisation des geliges
ankommt, die bezeichnung einer abgelegenen wohnung selbst f&r
einen interpolator thOricht sein, gewöhnlich nimt man an, dmm
bedeute, dasz Lyde als dime ihrem gewerbe nicht auf der öfliNitliehen
Strasse nachgehe, also eine nicht ganz gemeine, sondern Terbfiltniä-
mttszig anständige dime sei ; damit freilich, dünkt mich, madit um
den ton Iftcherlidi pedantisdi , zumal durch Stellung und betoonog
Ton devium diese eigenschaftsbezeichnung 'nicht ganz unanstftndig'
neben dem substantivum seortum nachdrücklich hervorgehoben wird.
ich versuche eine andere deutung. demuB heiszt an sich 'entfernt,
weg von der strasze' ; je nach umständen kann ich näher bestimmen:
'fem von der offenen, der geraden, der richtigen, der bestimmten,
der sichern strasze' usw. unser dichter nennt sich selbst dems,
da wo er in bakchischer Verzückung, fem von stadt und menschen,
in wildfremde gegenden und pfadlose wildnis sich Mitrttckt sieht; er
nennt in der idylle vom Lucretilis seine ziegen deviaCy wenn sie feinAb
von hof und bürde in einsamer wildnis streifen, ungefährdet freilich,
weil Faunus sie behütet, an beiden stellen ist die sinnlioh räumliche
bedeutung 'fernab von der allgemeinen strasze' noch recht erkennbar,
aber es verbindet sich auch deutlich schon damit die vonteUung von
gefährlicher einsamkeit und gefährlichem irregehen, und weil der
Bakchant mit lust die einsame wildnis schaut und di6 gefahr ihm
süsz ist, wie der dichter sagt, und weil die ziegen gern und ohne
furcht vor schlangen und Wolfen in die wildnis eindringen , entsteht
zugleich die Vorstellung von einem schwärmerischen oder launischen
trotze der einsamkeit und ge&hr gegenüber, bei weiterer flbertragong
des Wortes kann der begriff des furchtlosen eigen willens mehr snrflck-
treten vor dem sinne einer bewusten sittlichen directionsloaigkeit and
grundsatzlosigkeit, oder er kann stärker hervortreten in dem sinne
eigenwilliger tollheit. Cicero spricht im Laelius c. 26 von der ver-
derbliehkeit der Schmeichelei für die freundschafb; das wesen der
freundschaft beruhe darauf, dasz durch sie zwei herzen eins würden ;
der Schmeichler, der nur nach dem munde, nie nach der Wahrheit
rede, sei aber nicht einmal selbst eine einzige seele, sondern sei
eine wechselnde, veränderliche, vielförmige und vielgestaltige seele.
diesen letzten gedanken von der vielförmigkeit der schmeichlerseele
begründet nun Cicero mit den werten: ^uid enm patest esse tarn
flexihile^ tarn devium quam ammus eius qui ad eMerius non modo
sensum ae vchmiaUm, sed diam vuUium atque mUum canvertüury
das heiszt: es gibt ja nichts, was sich so drehen und wenden und
biegen könnte, was so ohne jede feste, bestimmte riohtang
TliPlflBt: des HoratiuB elfte ode des zweiten buche. 2 19
wlre wie einer der sich sogar nach mienen und augenwinken eines
andern richtet. SeyfPert bringt hier schon in das wort demus den
begriff der Unwahrheit, falschheit hinein; dann ist aber der satz keine
legiach richtige begrOndung mehr zu dem was er doch begrttnden
floU; in dem allgemeinen gedanken 'es gibt in der weit nichts der
art' heiszt tarn devium ganz allgemein *so ohne feste richtung' , im
aitÜiehen sinne auf den Schmeichler angewendet heiszt devius der-
jenige , der keinem bestimmten sittlichen willen und urteil , keinen
allgemein und stets gültigen sittlichen grundsätzen folgt, hier ist in
deüms die öffentliche, allgemeine heerstrasze Sinnbild fUr die allge-
meine sittliehe norm; an einer andern Cicerostelle, die Seyffert
ebenfidls misrerstanden hat, ist die heerstrasze, ähnlich wie in den
oben angeführten Horazstellen, Sinnbild des allgemeinen, gesunden,
bedSchtigen menschen Verstandes , und die abweichung von dieser
heerstrasze, auf welcher alle andern menschen gehen, steht auf öiner
linie mit tollheit. in der fünften Philippischen rede nemlich wird
Antonios bezeichnet als homo amefUissimus atguein amnibus cansüiis
praeceps et devius; Seyffert übersetzt *in seinen Überlegungen und
entsehlieszungen vorschnell und fehlgehend' und meint, Antonius
entferne sich vom wege der Wahrheit oder der tugend; aber von
Wahrheit und tugend ist schon nach dem vorausgehenden ausdruck
mMtUissimuSj nach dem gleich folgenden ausdruck für das gleiche
wesen des Antonius, furor^ und nach dem Zusammenhang der ganzen
stelle nicht die rede; Cicero sagt vielmehr, ein mensch wie Antonius,
der 80 ganz von sinnen sei und bei allen entsehlieszungen kopfüber,
rein wie toll und nicht auf der gebahnten , sichern strasze wie die
andern menschen, sondern mitten durchs wüste, wilde in die ge-
fahren hinein sich stürze — ein solcher mensch , sagt Cicero, würde
eich natürlich nicht einen augenblick besonnen haben die barbaren
gegen Bom zu führen. — Das eigenwillige abschweifen des schwär-
merisch verzückten von der allgemeinen , sichern strasze, das eigen-
willige abirren der launischen ziegen von allgemein betretenen wegen,
das eigenwillige abgehen des eigennützigen Schmeichlers von der all-
gemeinen richtschnur sittlicher grundsätze, das eigenwillige abgehen
des tollen abenteurers von der lälgemeinen richtschnur der vemunft
— alles das bezeichnet devius y und überall bezeichnet es ein eigen-
williges abgehen vom allgemeinen und natürlichen, wende ich nun
diesen allgemeinsten grundbegriff von devius — denn von einem
wörtlich räumlichen sinne ist nach dem, was oben über Peerlkamps
deutung bemerkt worden, hier abzusehen — auf unsere stelle an, so
ist devium soartum eine dirne die eigenwillig abweicht vom allge-
meinen und natürlichen ; welcher art dieses allgemejne und natür-
liche sei, das musz, wie an den vier parallelstellen, so auch hier aus
dem Zusammenhang der stelle selbst sich ergeben, so ist zb. devius
tfi consüHs oder — man gestatte den ausdruck — devius constdtor
ein menseh , der eben in seiner thätigkeit als beschlieszender eigen-
willig abweicht von allen gangbaren, natürlichen wegen des ent-
220 ThPlfi88: des Horatins elfte ode des zweiten bnclu.
scfaliesseiui nnd besohlieazens; demgemftsz ist dcvium soortmn eis
m&dohen das in seinem stand und wesen als dirne von allen naiOr-
liehen wegen solcher dimen eigenwillig abweicht, in der that, die
schon oben besprochene Stellung von devkum vor dem subsi scortum
und die vom vers bedingte betonung des attributes legen es nahe,
dieses attribut als eine art gegensatz zum substantivom so fassen,
als g^ensatz der die böse bedeutuiig des Substantivs teilweiM auf-
hebt und dem ausdruck klar nnd deutlich den ton scherzhaften vor-
würfe gibt; ebenso macht es der eigentOmliche ausdruck *wer lockt
uns Lyde aus dem hause?* ein ausdruck der offenbar individuell be-
zeichnend ist fOr Lyde, aber für sich allein nicht recht motiviert nnd
verständlich ist, dringend wünschenswert, dasz in dem werte devm
ebenMls ein individuell bezeichnendes, nicht auf viele dimen gleich-
falls passendes merkmal Lydes enthalten sei und dadurch jener zog
vom herauslocken erklärt werde : nun ist ja der individuelle zug, dasi
man Lyde aus dem hause erst künstlich locken musz, gerade dadurch
individuell, dasz er entschieden abweicht von aller art und weise sol-
cher mädchen, aber er wird eben erklärt durch den gesamtchankter
Lydes , der überhaupt abweicht von der art und weise ihrer genos-
sinnen, ganz dieselbe Lyde ist ja die im lln und im 28n liede des
dritten buches von Hör. besungene: auch dort ist sie nach ihrem
Verhältnis zum dichter und nacä dem was er von ihr wünscht, ein
mädchen das er im derben Übermut und scherzhaften Vorwurf mit
thatsächlichem recht eine dirne nennen kann; aber auch dort ist sie
eigenwillig und seltsam, hartherzig, hartnäckig, verschanzt hinter
eine strenge nüchtemheit und Verständigkeit, so dasz der dichter
das eine mal verzweifelnd nur noch durch das schreckbild von der
ewigen Verdammnis der hartherzigen Danaiden und das rührende
gegenbild von der aufopf^rung der 6inen HypermnestraLyde zu er-
weichen hofft, das andere med, am Neptunusfeste, durch list zum
ziele zu gelangen sucht, indem er die gestrenge Lyde erst zum wein
und dann zum gesang, und im gesang vom schuldigen lobe des fest-
gottes Neptunus in klug berechneter abaftufung bis zum preise der
güttinnen der liebe und der nacht verleitet; und wenn an dieser
letzten stelle Lyde im hause des dichtere wohnt und als herrin seines
haushalte waltet , so passt das ebenfalls wiederum auf unser lied an
Hirpinus: da hier alles auf rasche improvisation desmahles und seiner
freuden ankonmit, das wasser zum mischen des weins aus dem zu-
nächst vorüberflieezenden bache geschöpft wird und lieber die nächste
pinie als etwa eine femerstehende platane gewählt wird, so ist es am
natürlichsten, wenn Lyde nicht erst aus i hrem, vielleicht fernliegen-
den hause geholt wird, sondern aus dem hause, dh. dem hause des
gartens, dies landgut^ herausgelockt wird; zumal wenn man bei
platane und pinien am einfachsten an ein landgut, einen ländlichen
park denkt, kann eine eigene wohnung Lydes nicht gut in unmittel-
barer nähe gedacht werden, und kein wort des gehens oder laufens
in den wortoi des herm an den pagen weckt die Vorstellung von ent-
ThPlfiBs: des HoratiuB elfte ode des zweiten bnchi. 221
iBmimg: bloBZ| dasz sie rasch machen soll, läszt der dichter den pagen
tagen, und dabei denkt man nach den werten vorher nnd nachher
mehr an die beschleonigong ihres entschlnsses nnd ihrer toilette. also
alle drei gediohte, in denen Ljde auftritt, geben uns dasselbe bild
ihres wesens, eines wesens das hier derb, aber treffend mit dem aus-
dmck devium scortum bezeichnet wird, freilich, wie ich den ausdruck
ftbersetKen soll, nm ebenso kurz und treffend den ton der ganzen
stelle wiederzugeben, weisz ich nicht : die absonderliche dime, die
eigensinnige, die tolle, Yerdrehte, der Sonderling oder der trotzkopf
Ton dime — alles das befriedigt als Übersetzung nur halb, und trotz-
4im wftre ich zufrieden, wenn ich auch nur den sinn der werte erklärt
nnd den anstosz einer stelle, welche freunden des dichters immerhin
peinlich ist, wenigstens gemildert hätte.
Ueber die letzten werte des gedichtes, die haartracht der Lyde
betreffend, bemerke ich nur, dasz die haartracht einer Laconerin zu
dem wesen Lydes ganz besonders gut passt; mit ihrer Sparsamkeit
im haushält und ihrer verständigen, nttchtemen enthaltsamkeit in der
Hebe ist sie in Hör. äugen eine Laconerin alten Schlages, und wie sie
dort am Keptunusfeste als Verehrerin der jagenden Artemis, dieser
göttin herber jungMulidikeit und abgehärteter einfachheit, ersdieint,
80 trägt sie hier das haar schlicht nach art der Laconerinnen, deren
Vorbild eben jene göttin ist.
Zum schlusz noch ein wort über ton Und Stimmung des ganzen.
*im Westen kämpfen unbezwinglich die Cantabrer, von osten her
dringen die Skythen, deren reiterscharen schon drüben am strande
des hadriatischen meeres schwärmen ; wie die frühlingsblume heute
im ganzen schmelz ihrer färben prangt und morgen welk und fahl
wird , so ist vielleicht morgen das römische reich dahin , und Bom
sinkt in den staub, und wir sind tot: darum heute noch, in dieser
stunde noch, noch in diesem augenblicke genieszen was ist, und ver-
gessen was kommt.' furcht vor den borbaren, kein glaube an die
daner des reiches — das gibt die grundstimmung. es ist dieselbe
Stimmung wie die in welche die sechs Bömeroden ausklingen : nach-
dem dort der dichter mit allem ernste dem lebenden geschlechte seine
schuld vorgehalten und dem heranwachsenden geschlechte den weg
der sühne gezeigt, schlieszt er mit der eindringlichen, schmerzlichen
klage, wie die volkskraft des Bömervolkes von geschlecht zu geschlecht
immer mehr gesunken sei und wie sie noch mehr sinken werde, und
wenn für die sittliche und physische Schwächung, entartung des
römischen volkes die triumpbe der barbaren zeugnis ablegen , wie
wird das nächste geschlecht, das noch schwächere, dem andrang der
reichsfeinde widerstehen ? — Hör. steht ja auch mit dieser Stimmung
nicht allein unter seinen Zeitgenossen, auch Livius glaubt nicht an
die daner der römischen weit , und er flüchtet in die Vergangenheit,
um gegenwart und zukunfb zu vergessen; ist ja doch all die em-
sige, vielgeschäftige altertumsforschung und geschichtschreibung der
Augustischen zeit, wo sie nicht politisch tendenziös die gegenwart zu
222 ThPlfiBs : des HoratinB elfte ode des zweiten bnchs.
rechtferügen und die znkimft yorzabereiten beflies«! ist« iiichtB sIb m
TergessenwoUen der praktischen gegenwart; yergessen aber wollen
die gegenwart edlere geister nur dann, wenn eie nicht für die lobmft
schaffen können, und das wiedenzm können sie nicht, wenn sie nicht
an die sokonft nnd die dauer der dinge glauben, des Vergilins dich-
tung femer schaut rttckwKrts in die vergangenen beiden weiten der
hirtenidylle nnd des religiösen rittertcuns, nnd der ton in weldiem
sie spricht hat etwas ergpretfend resigniertes, als versichtete sie dar-
auf die gegenwärtige weit mitbilden und gestalten zu helfen fi&rema
schönere zukunfL was sind denn auch die zahllosen Weissagungen and
trftumereioi Ton einem neuen goldenen Zeitalter und einer yöUigen
Umwandlung der weit durch die götter — und Vergiliua undHoratina
haben beide je nach ihrer art mitgetränmt und mitgeweiasagt — was
ist das anders als ein ausdruok des glaubens, dasz die weit und das
reich, wie sie sind, nicht dauern können und dasz menschen sie nicht
mehr zu gestalten yermögen? also auch Horatius glaubt, mag er in
gedichten yon mehr öffentlicher art auch anders sprechen, doch in so
persönlicher geftthlsftuszerung, wie unsw lied ist, nicht an die dsoer
yon Born und reich, während aber Vergilins dureh diesen Unglauben
und diese bangigkeit zum idealistböhen romantiker wird, wird dorch
dieselben dinge der verstandesmäszige nnd sinnliche Horatius nun
philosophisch praktischen dichter des lebensgenusses. in zeiten der
angst und des grauens yor allgemeinem, unentrinnbarem y erderben,
in Zeiten der pest oder des bttrgtfkriegs und der reyolution, haben
die menschen immer zum teil in bakchantischem taumel ihre herzens-
angst yergessen: nadi uns die sinflut! ruft ein solches geschlecht.
kein wunder, dasz auch in unserm liede die bakchisehe Stimmung, mit
welcher der dichter herr werden will über seinen und seines freundes
trUbsinn, rasch aufgeregt, trotzig und derb flbermtttig wird, aber die
leichtsinnig leidenschaftliehe lebenslust des zweiten teües der ode
klingt für den, der überhaupt eine lyrische grundstimmnng festzn-
halten yermag, mit dem zu gründe liegenden ernst in maazyoUe bar-
monie zusammen, wie die traurige Weisheit des ersten teils durch die
sttsze Sinnlichkeit der lebens- und naturschilderung in der zweiten
und dritten strophe poetisch schön wird, hervorgegangen sind beide
teile aus 6iner Stimmung, wie auch in der tragödie die soenen der dra-
matischen handlung, in denen leben und weit vernichtet wird , und
die lieder des chors, in denen durch die empfindung leben nnd weit
wieder hergestellt wird, aus 6iner Stimmung des dichters hervorgehen,
da aber die Stimmung des Horatius ihm mit einem groszen teile seiner
Zeitgenossen gemeinsam ist, indem diese, wie er, den unbestand und
die Vergänglichkeit in den bürgerkriegen tagtäglich schaudernd em-
pfunden haben, da femer der ausdruck dieser allgemeinen Stimmung
ein fonnschöner, empfindungsvoUer und dramatisch lebendiger ist,
80 möchte ich das geweht mit Meineke als ein echt lyrisches and echt
Horazisches lied in schütz nehmen.
SOHDLFFOBTE. ThEODOE PlÖSS.
Pkilologifche gelegenheitsschrifleiL 228
35.
PHILOLOGISCHE GELEGEKHEIT8SCHBIFTEN.
iATAB (kaatoowehiile) Frans Fröbliob: der triamphsag des 0er-
■ftnieas. ein koltorbild ans der römiechen kaiserseit. öffentlicher
tortraf fehaltan am 4n deeember 1878 in der anla dee stlldtischen
Khelhaosee. draek nnd Terlag Ton H. B. SauerlKnder. 1879. 24 s.
r. &
Birlia (aair., lectionikatalog tommer 1879) Job. Vablen: de locis
qaibtttdam Platonit Pbilebi. akademiecbe bocbdruckerei (0. Vogt).
1< a fr. 4.
Btri (kaatanaaohale) Karl Frey: Aescbjias-stadien [inbalt: Idiefigar
M KOivoO oder Ik irapoXAVikou. II die Terf leiebnngen des Aescby-
luf. in Kassandra, Eteokles, Antigene. IV index], dmek Ton Jeni
a Seisert. 1879. 66 s. fr. 4.
fiUsktabnrf am Hars (fTmn.) Steinboff t proleg omena sa Plantns
AapUtrao. II. draek Ton J. Hörlinf s wilwe in HalbertUdt. 1879.
19 I. fr. 4. [I erschien ebd. 1872.]
BrtilsQ (oniT.. lectionskatalof sommer 1879) Martini Herta aoa«
Iccta ad earaunom Horatianornm blstoriam. III. draek Ton W. Fried-
rieb. 26 s. gr. 4. ri and 11 erscbienen aaf dieselbe Teranlassung
lt3i and 1878.] -* (doctordiss.) Max Sobmerl (ans Posen): qoibas
Atkca&ensiam diebns festis fabalae in scaenam commissae sint.
dmk Ton 8. Sobottländer. 1879. 47 s. g r. 8.
Cheasits (fjmn.) Kurt Bernbardi: de toaes in medüs sjncopatis
IM Aesehjleo. druck Ton J. C. F. Pickenbabn u. sobn. 1879.
tt a fr. 4.
FfMkfart am Main (fymn.) Tyobo Mommsen: I febrauob der
fripoeittoneii cOv und ^CTd bei den nacbbomeriscben epikern.
H l>ioa7aioa der periefet. draek von Mablau u. Waldscbmidt.
1819. 88 s. fr. 4. — (Wöblersebule) Eduard Wolff: die spräche
4« Taeitiu. draek Ton C. Adelmann. 1879. 84 s. gr. 4.
fiitists (UAIT., doctordiss.) Peter Dettweiler (ans Wintersheim):
^od Aeschylns de repnblica Atheniensium iudioaTerit quaeritur.
4rwk fon W. Keller (Tcrlaf der Bickerschen bnohh.). 1879. 41 s. gr. 8.
^Gladbach (gymn.) Ernst Schweikert: Craquiana* draek yon
£. Öcbellmann. 1879. 16 s. gr. 4.
'«vUiagea (ooIt., leetionskatalog sommer 1879) Friderici Wiese*
Itri eomm. de Cyaneis sIts Symplegadibns. Dieterichsche buob-
^rackerei, SOs. gr«4. — (doctordiss.) Ludwig Qurlitt (aus Hol-
*eia): de M. Tulli Cieeronis epistnlis earumqne pristina colleotione.
tek TOB H. Qerlaeh in Freiberg in 8. (Terlag Ton B. PeppmfUler
^ ii GdHiagen). 1879. 47 s. gr. 8.
'ütrow (dosBSohnle) Claudii Galeni libram de panrae pilae exercitio
W codicnm Lanrentiaai Parisini Marciani anetoritatem edidit
Itsaaes Harquardt. aocedit de sphaeromacbüs Teteram dispn-
Mia. draek Ton C. Waltenberg. 1879. 21 s. gr. 4.
S«n«(niT., leetionskaUlog sommer 1879) Henrioi Keilii quaestio-
»a grammaticaram p. VI de Arasiani Messii exemplis elocntionum.
, *ntk TOtt HendeL 12 s. gr. 4.
«•u^niv., leetionskatalog sommer 1879) Manrioii Sebmidt misoel-
^miernm philologiooram partienla tertia [Inhalt: VII emendationum
^mdaricaram heptas. VIII emendantur Soph. OC. 1696. £nr. Hippel.
lU Affistot. polit. I 10 p. 1268^ 8]. Terlag Ton Ed. Frommann.
^*^rsif (Hieolaigymn.) Emil Prensst qnaestiones Boeotlcae. druck
^ A. Edelmann. 1879. 40 s. gr. 4.
224 PhilologiBche gelegenheitsschnfteEu
London (anly.) F. A. Paley: 'Homeiiis^ Periclis aeUte qainam habi-
tns Sit qaaeritnr. Terlag yon O. Bell and aons. 1877. 16 s. gr. 8,
— F. A. Paley: Homeri quae nunc exstant an reliqaii cyeli cm-
minibuB antiqniora iure habita sini. yerlag Ton F. Norgate. 1878.
39 8. gr. 8. — F. A. Paley: Qaintus Sroymaens and the 'Homer'
of the tragie poeta. second edition. verlag von F. Norgate. 1879.
84 8. gr. 8.
Luckenwalde (höhere bttrgersohule) Arthnr Niemir: fiberdiedidu-
kalien de8 Terens. druck von G. Outdentaeh. 1879. 13 s. gr. L
Meseritz (gymn.) Walther Oebhardi: kritisch - exegetische lindieo
snm zweiten teil von Vergils Aeneis, druck von P. Matthias. 1879.
24 8. gr. 4.
Mühlhausen in Thüringen (gymn.) Edmund Weissenborn: noter-
suchungen über den satz* und periodenbau in Vergils Aeneide.
druck von Th. Yorhauer. 1879. 60 s. gr. 4.
Münster (gymn., zum 50j&hrigen doctoijubilftum des GO RR. Friedrich
Stieve in Berlin 31 dec. 1878) loannis Oberdick quaestiones
Aeschyleae. druck von Coppenrath. 15 s. gr. 4. — (oaterpro-
gramm) Job. Oberdick: atudien zur lateiniachen Orthographie.
1879. 18 s. gr. 4.
Norden (Ulrichs-gymn.) Richard Schneider: commentarii critici et
exegetici in Apollonium Dyscolum speeimea. aecedont emendationefl.
druck Ton D. Soltau. 1878. 16 s. gr. 4.
Otterndorf (höhere bürgerschule) J. A. F. Vollbrecht: die gedenk-
feier des 25n october 1878 [des tages an dem vor 100 jahreo
JHVoss seine Wirksamkeit als reotor in O. begonnen hatte], fe<t-
rede des rectors. druck von H. Hergeröder. 1879. 14 s. gr, i.
St. Petersburg (akademie der wias.) A. Nauck: de epioorum gr&e-
corum fragmentis a G. Kinkelio editis. (ans den melanges greeo*
romains torae IV s. 398 — 406.) 1878. gr. 8.
Posen (Friedrich- Wilhelms-gymn.) F. L. W. Schwarts: erster nach-
trag zu den materialien zur pr&historischen kartographie der pro-
▼inz Posen, hofbuchdruckerei von W. Decker u. comp. 1879. U s.
gr. 4 mit einer steindrucktafel in folio.
Prag. Gottfried Ritter: das litterarische leben im alten Rom. ve^
lag Ton F. H&rpfer. 1878. 23 s. gr. 8.
<2uedlinburg (gymn.) Edmund Hedioke: varia [I Vergilins Bent-
leianus. II scholia in Caesarem et Sallustium]. druck von K. Vo^es.
1879. 18 s. gr. 4.
Rheinbach (progymn.) G. Ungermann: bemerkungen zu Ballast
druck von J. Heuser. 1878. 17 s. gr, 4.
Rudolfswerth in Krain (gymn.) M. Petscher: de satira Horatiao«.
druck von J, Krajec. 1878. 22 s. gr. 8.
Upsala (univ.) C. £. Sandström: studia critiea in Papiniom SUtioo.
(aus Upsala universitets arsskrift 1878. IIL) druck von E. Edijoiit
61 s.-lex. 8. — C. E. Sandström: emendationes in Propertinoii
Lucanum , Yalerium Flaccum. (ebendaher IV.) 44 s. lex. 8. —
Collatio codicnm Livianorum atque editionum antiqaissimaram.
contulit, collegit, commentationibus instruxit Andreas Frigeli.
pars I libros I—III continens. (ebendaher V.) 90 s« lex. 8.
Utrecht (univ., doctordiss.) A. E. J. Holwerda (aus Oorincbeo)'
disputatio de dispositione verborum in lingua graeca, in liogna
latina et apud Plutarchum. aocedunt commentarioli ad libros de
Iside et Osiride et de genio Sooratis. verlag von A. J. van HuffeL
1878. 166 8. gr. 8.
Waidenburg in Schlesien (gymn.) Heinrich Guhrauer: sur ge-
schichte der aulodik bei den Griechen, druck von Paul Schmidt.
1879. 16 s. gr. 4.
ERSTE ABTEILUNG
FÜB CLASSISCHE PHILOLOGIE
HKRAU8GEGBBBN VON ALFBED FlECKEISSN.
36.
BESTE UND ZWEITE LESUNG IN DER ATHENISCHEN
VOLKSVERSAMLyNG.
In dem zweiten teile yon WHartels Demosthenischen Studien
s. 46 iL ist von diesem die begrttndmig der ansieht versucht worden,
duz in Athoi bei gewissen gegenstftnden der rath erst der autori-
odon durch die Tolksversamlung bedurft habe, um über dieselben
es probnlenma bei der letztem einzubringen, und dasz diese autori-
ntion mit dem terminus tecbnicus irpox€ipoTOVta bezeichnet werde*
ia deaa^ben yf. nnlSngst ersehienenen ^Studien ttber attisches Staats-
ndit imd urkundenwesen' (Wien 1878) ist die notwendigkeit einer
iawxügen. antorisation für alle vom rath an die volksyersamlung zu
bangcBdea antrSge behauptet worden, diese Studien sind reich an
▼octeefflicheB bemerkungen über einzelne inschriften, stellen das in-
i^fifUicfae material in erschöpfender vollstftndigkeit unter bestimm-
st gezicfatepuncten zusammen und sind deshidb wegen der reich-
ktltigkeii der samlungen für das Studium der Urkunden yon hoher
Meotong. was dagegen die in denselben gewonnenen resultate be-
trüt, so kann ich diesen im groszen und ganzen nicht beitreten.
Harte! (s. 59) teilt die attischen decrete in drei classen ein, in raths-
pwphiamen, deren sanctionierungformel (boH tQ ßouX^ lautet und
^fm unmittelbar yor dem folgenden antrag ein SeböxOäi Tf) ßouX^
eatipridit, in yolksdecrete mit der sanctionierungsformel ÄoSe tCD
^MH' md der einleitungsformel bcböxOm ti^ brj^tji, und in probu-
^«aoiatisdte decrete mit IboH tQ ßouXQ xal tiXi bfj^iji und nachher
Kit b€böx6on tQ ßouX^ worauf noch die bekannte einführungsordre
^ die pro€droi folgt.
Ton diesen drei classen bieten natürlich die selbständigen raths-
(•cphiamen keine bedenken, und die yon Hartel (s. 60) zusammen-
mldltea beispiele ans dem CIA. beschftftigen sich inhaltlich, soweit
Ar elMS. phllol. 1879 hH. 4. 15
226 GGilbert: erste u. zweite leaung in d. athenischen Tolksyersamlang.
sich dieses aus dem nicht selten fragmentarischen Charakter derselben
erkennen läszt, mit gegenständen, fttr die man wol eine selbstftndige
entscheidang durch den rath anzunehmen berechtigt ist den unter-
schied der beiden andern classen, der volksdecrete und der probn-
leumatischen decrete, definiert Hartel (s. 201 f.) im anschlusz an
seine annähme von einer doppelten lesung der antrtlge in der ekklesie
so, dasz die erstem, aus den Protokollen der ekklesie entnommen,
das resultat der schlusz Verhandlung bringen, die letztem dagegen
nach den rathsprotokoUen die passierung der ersten lesung, dh. die
autorisation des rathes durch die ekklesie den betreffenden antrag
in der nächsten volksversamlung zur echlnszabstimmung einbringen
zu dürfen, bezeugen, da diese beiden formen der beurkundung ohne
unterschied bei gleichem und gleichartigem inhalt der beschlösse in
anwendung kommen, so kann die verschiedene beurkundung der-
selben mit rücksicht auf die parlamentarische - Verhandlung der an-
trage nicht begründet werden. Hartel (s. 236 ff.) meint deshalb
dasz antrage, auf deren materiellen inhalt der rath keinen einflnsz
gehabt hatte und die nur formell, weil die ekklesie nichts ditpoßou-
XeuTOV verhandeln durfte^ von dem rathe zur beschlugzfassung bei
der volksversamlung eingebracht waren , von dieser zum beschlosz
erhoben durch ihoie iCji bi^fiqi eingeleitet wurden, während die pro-
buleumatischen decrete auf ein vom rath eingebrachtes probnleuna
materiellen Inhalts zurückgehen, abgesehen yon der annähme Bar-
tels, die probuleumatischen decrete böten die beurkundung vom
standpunct der ersten, die volksdecrete vom standpunct der zweiten
lesung , halte ich die letzte Vermutung Harteis im groszen und gan-
zen für nicht unwahrscheinlich, nur kann ich ihm nicht folgen, wenn
er alle ausnahmen, welche sich von dieser cegel in nicht unbedeuten-
der anzahl finden, bald durch eine private au&tellung der betreffen-
den Urkunde, bald durch das versehen entweder des steinaohreibers
oder des ursprünglichen conceptes, bald durch ein beabsichtigtes ge-
präge der feierlicbkeit in der sanctioniemngsformel (s. 70 ff. 86 ff.)
erklärt, mein urteil über die formulierang der attischen Urkunden
ist von dem Harteis principiell verschieden: denn während er in der
form der decrete überall strenges gesetz und bestimmte regel er-
kennt, trat mir bis jetzt überall die individualität des die Urkunden
concipierenden jedesmaligen rathschreibers entgegen, und ich musz
bekennen, dasz auch jetzt die von Harte) aufgestellte regel für mich
noch zu viele ungenügend erklärte ausnahmen hat, um als solche
auf gültigkeit anspruch erheben zu können, ich glaube deshalb aoch
annehmen zu dürfen , dasz fttr die stilistischen abweichungen in den
oben angeführten formein vor allen dingen die nachlässigkeit der
Schreiber verantwortlich zu machen ist, die, wie mir scheint, bei der
formulierang der Urkunden eine grosze rolle gespielt hat. J€Mlenfalls
wird man nur zugeben müssen, dasz für die ausbildung und bewah-
mng eines festen kanzleistiles im laufe der jähre kein organ un-
geeigneter sein konnte als ein Schreiber, der ungefähr bis zur mitte
GOilbert: ente a. nreite leanng in cL athenischen yolk&verBamlang. 227
da Tiertai jh. in jeder prytanie wechselte und dessen bildung sich
Aber die durchBchnittsbildung des athenischen kleinbttrgers nicht
ahch, wie kann man die sichere Überlieferung eines fest gebildeten
hulentiles Ton einem Schreiber auf den andern erwarten, wenn
denelbe acfaieiber die praescripte der yon ihm concipierten urkanden
bdd so bald anders faszt (vgl. zb. CIA. 11 54 mit 55. 62 mit 63.
e6 2iut66\ 69 mit 70. 124 mit 125. 322 mit 323).
Hartel ist zu seiner annähme einer doppelten lesung der raths-
uirige in der ekklesie durch die in einzelnen Urkunden sich fin-
dende und abgesehen von kleinen Varianten folgendermaszen lau-
toie formel : 4i|niq>icOai tQ ßouX^ toöc irpo^bpouc o1 fiv Xdxuiciv
Tpocöpcuciv cic Tf|v TTpiirniv ^xicXiiciav (irpocaTaTciv töv bciva
m) xpriMoricai irepl toutuiv, fy\bixt\v hk SufißdXXccOai rffc ßouXf)c
QC riv M||iov, 8n boxci tQ ßouXQ (s. Hartel s. 166 ff.) verleitet
werden, indem er meinte, die werte clc Tf|v rtp\bvi\v ^KxXiiciav in
«aeoi beseblosz der volksversamlung mfisten sich auf die erste
ekkkiitt nach deijenigen beziehen, in der der beschlusz mit dieser
f<mfil gefasst sei, und volksbeschlttsse mit dieser formel seien des-
hilb aiekta anderes als die autorisation des rathes durch die volks-
vBCttmfanig, die in den beschlüssen angeführten gegenstftnde in der
Bichstan volksversamlung zur schluszabstimmung einbringen zu
dftrfea. da nach meiner meinung diese annähme auf einer verkehr-
tes ansieht ftber die formnlierung der attischen Urkunden beruht, so
gisabe kk zn einer widerlegnng von Harteis hypothese am besten
isdoreh beizatragen, dasz ich kurz andeute, wie man sich die ab-
hmnng der attischen Urkunden zu denken hat. wenn sich aus dieser
iSifUvung eine ansprechende mOglichkeit der von mir vorgetra-
ff«M aa^chi ergibt, so ist damit der inschriftliche beweis Harteis
^ Mine annähme einer ersten und zweiten lesung, die nur auf die
aSghefakait der oben angefUurten interpretation der gleichfalls
^rten inncbrifUichen formel sich sttttzt, paralysiert, und es bleibt
«n aar noch flbrig die schriftliche ttberlieferung im anschlusz an
le ia den Demosthenischen Studien gegebene erörterung zu prüfen.
Jeder antrag gieng durch Vermittlung des rathes an die volks-
TOBBiiiiiig. die formt^erung desselben stand unzweifelhaft ebenso
vic a der volksversamlung dem antragsteller zu, der sich dabei wol
»ekt selten der hilfe des rathschreibers bediente (s. für die volksvers.
AJidones vdges. 68. 83. Arist. Thesm. 432). war der antrag im
ütb Bit oder ohne debatte angenommen, so erhielt er durch den
"cfeiiber seine &ssung als probuleuma. die einfiushste form des-
«ibca war wol die, dasz man dem antrage die sanctionierungsformel
Aob T^ ßovXQ vorsetzte, denselben auch noch Ähnlich wie bei den
pwpbismen der ekklesie mit einem auf die rathssitzung bezüglichen
Fncsoript versah, spftter — vor Eukleides ist es mit bestimmtheit
^1^ aaefaweisbar (s. Hartel s. 249) — wurde es üblich in das pro-
^«Wasa die oben angeführte probuleumatische formel aufsunehmen.
^ probulenma selbst nun, welches auf diese formel folgte, konnte
16'
228 GGilbert: erste a. zweite lesuDg in d. athenischen TolksYenamlong.
entweder einen bestimmten Vorschlag enthalten, die angelegenbeit
in dem vom rathe angegebenen sinne zu entscheiden, oder es konnte
der ekklesie die selbstftndige entscheidong überlassen — eine solche
form bietet CIA. II 168 dKOÜcavTa töv bf))biov tüjv Kmeiuiv nepl
THC Ibpuceuic ToC UpoO koi äXXou 'AGrivaiuiv toO ßouXo^^ou ßou-
Xeucacdai öti fiv aisrCj) boKCi äpiCTOv clvai — oder es konnte für
die erledigung einzelner puncto bestimmte vorschlftge machen , für
die anderer die selbständige entscheidong der ekklesie anheimgeben,
wie es das probuleoma des ersten volksb^chlusses für Methone (CIA.
I 40) gethan hat.
War die vom rathe vorberathene angel^enheit in der ekklesie
durch beschluszfassung erledigt , so war es wiederum aufgäbe des
rathschreibers , den eigentlichen volksbeschlnsz zu formulieren, er
bediente sich dazu je nach der natur des vorangegangenen probu-
leuma entweder dieses und etwaiger zu demselben gestellten amen-
demente oder , wenn das probuleuma keinen bestimmten antrag ein-
gebiBcht hatte, des von irgend einem bürger in der ekklesie gestellten
antrags und etwaiger amendements zu demselben oder, wennd&>
probuleuma für einzelne puncto bestimmte vorschlfige gemacht, an-
dere der selbständigen entscheidung der ekklesie überlassen hatte,
des probuleuma und der aus der mitte der ekklesie gestellten antrftge.
ein richtig formulierter volksbeschlnsz muste natürlich von dem
Schreiber so abgefiaszt werden, dasz das ihm zu gründe liegende pro-
buleuma als solches in dem volksbeschlnsz nicht mehr erkannt wurde.
zum beweise dessen, dasz derselbe den verfassungsmäszigen weg
durch den rath gemacht hatte, genügte die vorgesetzte sanctionie-
rungsformel £bo£€ t^ ßouX^ Kai ti^ önfiifi. vor Eukleides, als die
sog. probuleumatische formel in dem probuleuma noch nicht üblich
war, bot die formulierung eines Volksbeschlusses wenig Schwierig-
keiten, der Schreiber konnte, wenn ein probuleuma materiellen in-
halts vorlag und von der ekklesie acceptiert war, dasselbe in den
volksbeschlnsz mit alleiniger Veränderung des föoSe T^ ßouX^ in
ihoie tQ ßouX^ Kai T({i brjibiip ganz herübemehmen. etwaige in der
volksversamlung gestellte amendements wurden dem probuleuma
angefügt, war das probuleuma nur formellen inhalts gewesen, ^o
war die formulierung des volksbeschlusses ebenso einfach, indem der
Schreiber den mit hilfe des antragstellers abge&szten hanptantra^'
voranstellte und demselben etwaige amendements folgen liesz. etwx^
schwieriger wurde die formulierung, wenn das probuleuma für ein-
zelne puncto bestimmte vorschlage machte, andere der selbst&ndigi^i^
entscheidung der ekklesie überliesz. der Schreiber muste alsdanc
diesen letzten teil des probuleuma nach der beschluszfassung dct
ekklesie fQr den volksbeschlnsz neu formulieren, und nach meiner
ansieht ist die formulierung des ersten volksbeschlusses für Methono
charakteristisch fCLr die gewohnheit der Schreiber, bei der foimulieruBk^
der Volksbeschlüsse auch in diesem falle möglichst genau das probu ^
leuma wiederzugeben, der erste teil des in dem rat^e gestellten an^
GGflbort: en^ o. zweite lesuDg in cL aÜLenischen volksyersamlung. 229
tnga des Diopeitfaes bi(a)x€ipoTOvf)cai töv bf\ixov aÖT(K(a npöc
M)cduvaiouc cTtc qnSpov öokcT tottciv töv 5f]Mo(v aäTiK)a fiäXa f|
e&pHiiv ouTOtc TcXcTv, öcov T^ 6€(Ä dird t)oö cpöpou iTiT(v)€TO,
8vTokirpoT^icTTcrv(a6iiva(oic) iTex&xaTax cp^peiv, toO bk äXXou
drcXcic €Tvo(i) paset wol in ein probnlenma, aber nicht in einen
Tolbbeschlnsz. es ist offenbar stilistische unbehilflichkeit des schrei-
ben, mam er bei der nmsetznng des probnlenma in den volksbe-
tcUan diesen passns so stehen liesz nnd alsdann am schlasz der nr-
kosde hinsoftgte: ^X€iP0TÖVT)C6V ö bf\ixoc (M€6uivaiou)c reXeiv,
j6co)v t9 0€i{) drrd toO (pöpou iTiTV€(To, 8v toT)c n(p)oT^po(ic)
fTavo6r|va{oic iTCTdxoTO <p(^p€iv, toO bk d)XXou dT€(X€ic €T)vai
CU. 1 40).
£n Ihnlicbes verfahren des Schreibers kann man auch an der
arkoKle im CIA. 11 403 beobachten, an der spitze derselben steht
dtt tiif die ekklesie beztlgliche praescript, die folgende urkonde
dmdi (Mj^ou Hni)q){c|üiaTa und (dKKXii)cia Kupia iy tüj 6€dT(p)(p
ab Toüabescblnsz bezeichnend, und dann folgt, mit iboH T€T ßou-
l((i) und 'EMirebiuiv €u>iifjXou €vujv(ufi€uc cTirev) eingeleitet, ein
ng^reehtes probnlenma mit probuleumatischer formel , in dem die
nhl einer commission beftlrwortet wird, an das probuleuma
lehSecnn sieb die worte inX Tf|v KoracKCufiv Tf)c civcxönc tu) f^ptp
ttt» kirptfi iE *AeT]va{uiv dirdvTUiv K€X€ipoTÖviiVTai, worauf die
B&nen der gewählten folgen. hStte der Schreiber nicht noch die
ittOB der erst in der ekklesie gewählten hinzuzufügen gehabt , so
«Me er unzweifelhaft das probuleuma unverändert nur mit vor-
MtzoBg des auf die ekklesie bezfiglichen praescriptes als volksbe-
sdihitx formuliert haben, und das ist denn auch wiederholt ge-
MJMheB. in allen sog. probuleumatischen decreten lehrt nur das vor-
gesetzte {bo£€ tQ ßouX^ Kai Till öfifiip, dasz wir es mit einem volks-
^«kUdsz, nicht mit einem einfachen probuleuma zu thun haben.
^ in der probuleumatischen formel genannte irpidTT) £KKXT]cia ist
<Mii]b auch ftlr mich unzweifelhaft die erste volksversamlung nach
^ TtUissitznng, in der das probuleuma abgefaszt war. jedenfalls
*ird man die mOglichkeit dieser beziehung zugeben müssen, und
mittut ediwindet ftr Hartel das inschriftliche zeugnis für seine an-
ub&e einer doppelten lesung der antrage in zwei verschiedene
^kleden. damit schwindet aber auch die von Hartel angenommene
^anbliehe gewohnheit der Athener, beschlüsse, für die ein pro-
tolnmia materiellen Inhalts vorlag, vom standpuncto der ersten
'^nagaos in beurkunden, beschlösse, die selbst zu finden das pro-
V^leuma die ekklesie aufgefordert hatte, vom standpuncte der schlusz-
ibitimniung oder der zweiten lesung zu redigieren.
Dev bei der redaction der attischen Urkunden stilistische un-
8*>ehiekliehkeit nicht selten die band des Schreibers führte, kann
*■> beMinden deutlich an den bflrgerrechtsurkunden sehen, wir
*^BeD, dasz zur Verleihung des bürgerrechtes erstens ein beschlusz
^ Tdknrenamlung, zweitens eine besttttigung desselben durch eine
230 GGilbert: erste n. zweite lesUng in d. athenischen ▼olksvenambng.
voUyersamlung von wenigstens 6000 teilnehmen! in geheimer ab-
Stimmung und in der spätem zeit — in der frühem ist es wenigstens
nicht über jeden zweifei erhaben — noch eine dokimasie Tor gericht
nötig war (s. Hartel s. 271 ff.), sehen wir nun, wie die decrete die-
ses beurkunden, die filteste formel lautet, abgesehen Ton geringen
Varianten: etvai töv beiva 'A6T]vaiov aüidv Kai dicrövouc auToO
Kai clvai auriu TP<iM^otc6ai (puXfic Kai brJMOu xal (ppaTpiac fjc &v
ßoüXTiTai Kaia töv vomov, toüc bk irpurdveic toüc Tf|v elcioöcov
irpuraveiav irpuiavcucvTac boCvoi ncpi auioö Tf|v vflipov Tuibfipa'
€lc Tf|V npüJTTiv ^KKXriciav (CIA. II 243). die zweite formel, wie-
derum abgesehen von unbedeutenden Varianten, lautet: clvai hk
aÖTÖv *A0Tivaiov Kai toüc etrövouc auioO koI dScTvai oötuj tp»*
(|iac6ai q)uXfic Kai bf\}xo\) Kai cpparpiac fjc &m ßouXriTai , touc bc
npuidveic o'i Sv npdiTOv Xäxuiciv irpuravcüeiv boCvai ncpi auroO
Tf|v ipf]q)ov €ic Tfm npütiTriv ^KKXnciav, touc BecjnoGcTac elcaTOTCiv
auTi^ Tf|V bOKi)Liac{av Tflc öu)peäc de tö biKacTrjpiov ÖTav irpunov
oiöv t' fj (CIA. n 312). in der jüngsten formel endlich heisztes:
beböcOai bk aÖToi Kai noXiTeiav boKipacG^VTi ^v ti|j biKacnipiu)
KaTd TÖV vöjiov, TOÜC be OecfioO^Tac , ÖTav irpoiTOV ttXt)P&civ bi-
KacTTipiov elc ?va Kai irevTaKociouc biKacTdc, elcaTaxciv auTa
TTjv boKijiaciav KaTd töv vöjiov Kai etvai auTifi boKi^acOevTi
TpdipacOat cpuXfic Kai brJMOu Kai cppaTpiac fjc dv ßouXtiTat (CIA.
n 396).
Die Ungeschicklichkeit der stilisiemng spricht sich in den bei-
den ersten formein darin aus, dasz zuerst die emennung zum Athener
und die daraus sich ergebende aufnähme in eine phyle, einen demo.^
und eine phratrie decretiert wird, dann die prjtanen beauftragt wer-
den in der nächsten volksversamlung die geheime abstimmung über
ihn vorzunehmen, und dann den thesmothet«n befohlen wird ditf
dokimasie des neuemannten vor gericht zu bringen, da es einmal
sitte war, die bürgerrechtsverleihung durch den beschlusz der eri»tei)
volksversamlung zu beurkunden, so hfitte man ordnungsmftszig du
Verleihung wenigstens so formulieren müssen, dasz man sagte, derj
betreffende solle athenischer bürger werden, nachdem die prjtanen
die geheime abstimmung über ihn vorgenommen und die thesmv-
theten seine dokimasie vor gericht beendet hätten, die dritte forme!
ist geschickter stilisiert, sie sagt vom standpuncte der vollendeten,
doppelten Volksabstimmung ^es sei dem betreffenden das bflrgerreclt
erteilt', fügt dem aber richtig beschränkend hinzu: *wenn er die ge-
setzliche dokimasie vor gericht bestanden habe', die dann folgende'
autorisation der thesmotheten, diese dokimasie vorzunehmen, pa^^'
eigentlich wieder nicht in eine Urkunde, welche die perfeet gewor^
dene bürgerrechtsverleihung beurkunden soll , aber richtiger aL in
den beiden ersten formeln wird in dieser die auÄiahme des neubürgerd
in eine phyle, einen demos und eine phratrie erst von der bestanden
nen dokimasie abhängig gemacht
Directe inschriftliche Zeugnisse für eine erste und zweite lesunt^
GGilberi: exite u. zweite lesoog in d. athexuBchen yolkaversamlaog. 231
<ier mtlisaiitrilge sind nicht vorhanden. Hartel weisz sie freilich in^
flUtÜicbcr xahl lar verteidigang seiner hypothese zu entbieten, aber
üätt man den wackem Streitern, die er ins feld führt, etwas genauer
iai gesteht, so zeigen sie sich ids harmlose gesellen, und es gehört
der schilfere blick Harteis dazu, um in ihnen kämpfer fttr seine
oMBiiag zu finden, in alle diese inschriften musz Hartel den beweis
fli Mine erste nnd zweite lesung erst durch eine künstliche erklärung
hinetainterpretieren. dasz es aber wirklich eine yorgefaszte meinung
iit, wsleher Hartel die inschriften unterordnet, ^ßitXr zwei beispiele,
«dehe bei seinem beweise eine nicht unbedeutende rolle spielen, in
eiaem rathsantrage soll die einbringung desselben ausdrücklich von
im tosümmung der'ekklesie abhängig gemacht werden (s. Hartel
^ 191). beweis daftLr die folgenden worte aus CIA. II 114: öuuic
^' &v Kai ö ^fi^oc eibuic t& di|it)9i€M^va t^ ßouX^ trcpl 0avobii)biov
tiw€t xal aÖTÖc (K)al creqMtviiicci , ^äv öokci t(£> öriMM' KaOdiT€p
tq ßouXQ Touc irpo^bpouc usw. mit der bekannten probuleumatischw
focineL wenn man unmittelbar vorher in der betreffenden Urkunde
gel«sea hat, dasz der rath anf eigne band den braven Phanodemos
mit einem goldenen kränze zu begaben beschlossen hat, so gehOrt
doch gewis ein nicht geringer mut der Überzeugung dazu, um mit
ktthner band das komma da zu setzen, wo es nach Hartel in den
Torber abgeschriebenen werten gesetzt ist.
Als zweites beispiel wfthle ich dasjenige document, welches die
aimahnie erster nnd zweiter lesung nach Harteis meinung gegen
jeden widersprach sichert, CIA. II 168. um aber auf s. 213 eine
K)ldie roUe übernehmen zn können, hat die Inschrift auf s. 79 ff. in
eiaem ihrer beetandteüe erst einen läuterungsprocess durchmachen
Dflflsen. in diesen läuterungsprocess gieng die erste der beiden diese
auckrift bildenden Urkunden mit der formel £bo£€ tQ ßouXQ an
der Stirn hinein, heraus kam sie mit der erweiterten formel £boEe
TQ ßouX^ Kai Tip bi^ui. die Urkunde musz sich bei diesem läuterungs-
pnMsss sagen lassen, dasz sie an nicht unbedeutenden gebrechen
ieide, die aie ihrer privaten aufstellung verdanke, denn erstens
«erde in ihr Aber ihre aufstellung weder von staatswegen noch ttber-
^■opt besehlossen, zweitens fehle ihr auch die legalisierungsclausel
0 Viva itPOMMdreucv, und drittens habe ihr praescript eine den ofiß-
ckOen aetenstfltken dieser zeit fremde kürze, wenn sich freilich je*
aaad zun anwalt der getadelten Urkunde aufwürfe und bemerktOi
*cn es auch zuzugeben sei , dasz dieselbe von den kaufleuten aus
^^i^ aufgestellt sei und dasz ihre praescripte wol nicht ganz in
^^daang sein möchten, so sei dieselbe doch nichts weiter als ein ein-
^Khis probolenma, wie das iboie r^ ßouXiJ bezeuge, und die zweite
^^ AoEc T^i brjiiui b^innende Urkunde sei der volksbeschlusz, der
:*U^ dieses probuleuma gefaszt sei (s. Köhler im Hermes Y s. 352),
IC BÖchle gegen eine solche arg^umentation wol nichts erhebliches
«vnwenden sein, und mit der beweiskraft der Urkunde die annähme
eesien und zweiten lesung gegen jeden widersprach zu sichern
232 GOilbert: erste u. zweite lesang in d. athenischen TolksTenamlaDg.
^ würde es übel bestellt sein, und das ist es in der that, und nicht
besser steht es mit den übrigen inschriften , die Hartel zum beweifie
anführt, hätte H. die notwendigkeit einer doppelten leaung f&r be-
stimmte gegenstände in den 'Demosthenischen Stadien' aus der
schriftlichen Überlieferung erwiesen, so wäre wenigstens die mög-
lichkeit seiner interpretation der inschriften nicht ausgeschlossen,
dasz ihm aber dieser nachweis nicht gelungen ist, werde ich in der
folgenden erörterung erweisen.
Der erste gegenständ, bei dem nach der ansieht Harteis zur ein-
bringung von rathsgutaditen der rath einer Yorhergehenden aatori-
sation durch die ekklesie benOtigt war, war das gebiet der ausw&r*
tigen angelegenheiten. der rath muste zur einführung fremder ge-
sandten bei dem volke von diesem In jedem einzelnen falle vorher
autorisiert werden, das bezeugt nach Hartel Aischines vdgea. § 58 f.,
wo das hauptgewicht auf die worte fällt: Taic bk Eevucaic Trpecßeiaic
f) ßouXfi rdc eic töv hf\ixoyf irpocöbouc irpoßouXcüei (Hartel
s. 53 ff.), die worte des Aischines besagen nichts anderes als dasi
der rath fremde gesandtschaften mit einem probuleuma in die volks-
versamlung einführte, und deshalb fordert auch der redner (§ 59)
zum beweise, dasz hellenische gesandte in Athen anwesend gewesen
seien, den Demosthenes auf: Kai TOt irpoßouXeüjLiaTa aördiv (nem-
lieh Tüjv dtrö tüjv *€XXr)vuüV Trpecßciuiv) ^k toO ßouXeuTnpiou Wc
dvaTVUJVai. mit dieser angäbe stimmt Pollux VIII 95 überein, der
in beziehung auf die ordenüichen volksversamlungen sagt: f) biTpiti)
(^KKXncia) KrjpuEi xal irp€c߀iaic d£ioi xpiim<xtUI€iv, gOc bei irpore-
pov ToTc npurävcciv dTroboCvai rd TpdMM<XTa. die bedeutung des
ausdruckes dEioi ist wegen der analogie des unmittelbar vorher-
gehenden für die zweite ekklesie gebrauchten dveTrai «s ^ist be-
stimmt' sicher gestellt, es können jene worte nur bedeuten: die
dritte ordentliche volksversamlung verlangt nach den über den ge-
Schäftsgang der vier Kupiai ^KKXiictai geltenden gesetzlichen he-
Stimmungen, dasz man, dh. die prytanen, für die gesandtschafleD,
die bereits vorher den prytanen ihre beglaubigungsschreiben über-
reicht haben musten, eine berathung veranstalten solle, nun ucd
nimmer aber kann man mit Hartel (s. 73 f.) das wort d£ioi als Zeug-
nis für eine vorverhandlung, eine autorisation des rathes, verwenden,
das gleiche gilt von der probuleumatischen formel, durch welche die
gesandten vom rathe in die volksversamlung eingeführt zu werden
pflegten, dieselbe lautete ungefähr folgendermaszen: Trepi «Lv o\
7rp^cß6ic Tuiv öeivuiv X^touciv, ^HincplcOai t^ ßouX^ touc ptvirpo-
^bpouc ol Äv TUTXdvuici npocbp€ÜovT€€ elc Tf|v iTpiüTT|v iKicXi^ciav
TTpocoTOTCiv auTOuc Trp6c töv öfiMOv kqi xpilMCiTlcai irepi &v dirar-
T^XXouci, TViüMnv bi £ü|LißdXX€ceai Tf\c ßouXfic elc töv bfi^ov, ön
boKei tQ ßouX^ (CIA. II 66. 49. 50; s. auch 54. 55), worauf die an-
gäbe, wie die angelegenheit zu erledigen sei, folgt wie diese formel
in den volksbeschlusz gekommen ist, habe ich oben ausgeführt, der
geschäftegang, der sich aus ihr für die einführung fremder gesandten
Grübelt: ente u. zweite lesoiig in d. athenischen yolksyenamlimg. 233
ergibt, ist folgender, die pro^droi bringen in der ekklesie ein pro-
boleoiui ein, in dem es heiezt, mit rflckeicht auf die mitteilung der
gwttdten habe der rath beechlossen , die pro6droi sollten dieselben
la die Bichste Tolksversamlang einführen und den bericht derselben
nr benthnng stellen , sie sollten als gutachten des rathes vor die
TolksTsnamlnng bringen, dasz derselbe für recht halte die angelegen-
hat in der dann näher angegebenen weise zn erledigen, die ab-
stimmniig der ekklesie über dieses probulenma erfolgte nui so zu
sagn panignq»henweise. die pro^droi lieszen zuerst abstimmen , ob
ä» gssudten einzuführen seien und ob der bericht derselben zur
benthoBg gestellt werden solle, die ekklesie hatte natürlich das
recht, die vom rathe beantragte einführung der gesandten kurzer
band auf antrag eines mitgliedes der volksversamlung abzuweisen.
dien m^ehkeit ergibt sich aus der frage des Demosthenes (18, 28)
oUd ri txpl\[v |i€ TTOUiv ; )bif| irpocäTCiv TP<JiM^oit touc inX toCG '
tpcovroc, fv' iiixy biaktxBtSjciv; wurde aber die einführung be-
xUosien, so erfolgte dieselbe sofort die gesandten wiederholten
ftiMbui ihre bereits im rathe gemachten mitteilungen, und die pro6-
<im schlössen daran die Verlesung des zweiten teiles des rathsgut-
^tois über die art, wie nach ansieht des rathes die angelegenheit
eriedigt werden solle.
Mir scheint, diese form des geschäfbsganges ist so einfach und
atftrlieh und wird allen Zeugnissen so vollständig gerecht, dasz eine
Toriiergehende autorisation des rathes durch die volksversamlung
vu den uns vorliegenden Zeugnissen wenigstens nicht erschlossen
vodn kann. Hartel (s. 74 f.) glaubt freilich eine willkommene be-
»tiUgimg seiner auffassung noch in einer stelle des Demosthenes
19t 185) sn finden, dessen hierher gehörige werte folgendermaszen
•«ten: iy ^Kcivaic fi^v TÄp oTjiai toTc iroXiTciaic TcävT* iE inn&f-
w«oc AHüK Tiirv€Tar umTv bi npuiTOV iiiv Tf|V ßovXf|v dKoCcat
"^ v&vTUfv Kai TTpoßouXcOcai bei, xai toöG' ötuv ^ KrjpuSi Kai
^pcc^cimc TrpoTCTPOMM^vov, oök ä€i' €?t' ^KKXnciav noincai, xai
™thv ätov bc Twv vÖMUiv KaOnKf). €?Ta Kparf^cai Kai irepitev^-
^ b€i TOUC TQ ß^Ticra X^TOVxac toiv f| bi * dtvoiav f\ biä fioxOrj-
W ivnXcTdvTuiv. Demosthenes hat hier, wie Hartel durchaus
"ichtig bemerkt, den regelmfiszigen gesdiSftsgang in Athen bei
itr behandlnng auswärtiger angelegenheiten im gegensatz zu der
FTPapten gescliäftsfflhrung monarchischer Staaten im äuge, die er-
'^'niBg dagegen, welche Hartel von der stelle gibt, halte ich für
•iuiich verfehlt, denn wenn nach seiner ansieht in den werten
^^^^ 4 K^ipu£i Kai irpccßciaic irpoTCTPCiMjLi^vov das 7rpoT€TpaMM^vov
•s dem ftinne von iTpOK€X€tpOTOVim^vov — ich nehme für diesen fall
*** dsii itpoxcipOTOvia als terminus technicus die autorisation des
niks besdchne, was sie in Wirklichkeit nicht thut — gebraucht
**» mU, io ist das ein interpretations versuch, den man ebenso wenig
^*«ft wie die ihm gegebene begrttndung: 'er nennt statt dieser
' ffgcad einer ekklesie vorgenommenen npoxeipoTOVia die un-
234 GGilbert: erste u. zweite lesung in d. athenischen volksTersamlung.
mittelbare folge und konnte dies, indem ja nur nach erfolgter ge-
nehmignng des demos die Verhandlung über diese botschafk auf das
npÖTpoiMMa der dazu bestimmten volksyersamlnng gesettt wurde.'
Die erM&rung der Demosthenischen stelle ist so einfach wie
möglich, weisz dann aber von jener neuen staatsrechtlichen Institu-
tion der 7rpox€ipoTOv{a nichts zu berichten, eine prompte erledigimg
der meidungen fremder gesandten könnte man aich ungefähr fol-
gendermaszen denken : heute ankunft der gesandten, moi^gen Vortrag
derselben vor dem rathe , übermorgen einiühmng der gesandten in
die volksversamlung und entscheidung derselben Aber ihre botachafL
wir sind zu einer solchen prompten geschäftsführung, meint der
redner, nach unserer geschftflsordnung nicht im stände, zuerst musz
der rath die gesandten hören und über den vertrag derselben ein
probuleuma abfassen, das kann er aber nicht zu jeder zeit, sondern
nur wenn als tagesordnung vorher die Verhandlung für die herolde
und gesandten angesetzt ist. dasz auch ftlr die rathssitzungen durch
die prytanen vorher die tagesordnung aufstellt wurde, bezeugt
Pollux YIII 95 Ka\ irpoypdipouci trpd Tf^c ßouXf)c xai npö Tfjc äocXn-
ciac ÖTT^p tBv bei XPT1M<XTi2[€iv, und ebenso auch die in beziehuug auf
eine rathssitzung CIA. II 61 gebrauchten worte ^Treibäv bi raOra
irapacK(eua)cd€T, to(u)c 7rpuTdv€(0c irpoTpötipai ircpl toutujv (ev
ßovX€v)Tiipitfi, örav olöv t€ j. ich vermute wegen analogie der
ekklesie, dasz dieses fünf tage vorher (s. Bekker anecd. s. 296, 8 ff.)
geschah, um so mehr da gegenüber der langsamen geschäftsbahand-
lung bei dem rath und der volksversamlung in Athen (s. Xen. v.
Staat d. Ath. 3, 1 ff.) die athenische bule 445 den wieder unterwor-
fenen Chalkidiem als Vergünstigung für dieselben zuschwört: xai
npccßeiav ^XOoOcav npocäEui irpöc ßouXf|V xal bfi^ov Mxa fi^cpdiv
örav TrpuTav€Uui xara rö öuvaTÖv (CIA. IV 27*), und da eine zehn-
tägige frist bis zur abhaltung einer ekklesie, dh. fünf tage für die
ausschreibung und abhaltung des rathes , fünf tage für das gleiche
verfahren bei der volksversamlung, sich auch sonst wol in den In-
schriften findet (s. CIA. 1 49. 55). früher als in zweimal fünf tagen
nach ihrer meidung bei den prytanen konnte also höchst wahrschein-
lich nach der geschäftsordnung für rath und volksversamlung die
botschaft fremder gesandten in Athen nicht erledigt werden, aal
diese notwendige Zwischenzeit zwischen der aufstellung der tages-
ordnung und der abhaltung der rathssitzung einerseits, der volks-
versamlung anderseits, beziehen sich in der oben citierten stelle de^
Demosthenes die worte xai toOO' öxav j K^ipuEi xal Trpccßcioic
Trpar€Tpa^p^vov und xal rav-niv ötov ^k tüjv vÖ)liuiv KoOi'pci), wo>
mit die in der probuleumatischen formel einiger Inschriften statt cic
Tf|v irptuTTiv ^KKXiiciav sich findende Zeitbestimmung ÖTOV al ^|i^pai
ai ^K ToO vö^iou ^EriKUiciv (s. CIA. U 331. 309. 318) zu vergleichen
ist. es bedeuten demnach die worte des Demosthenes; 'bei euch
musz zuerst der rath die gesandten anhören und über ihren bericht
ein probuleuma an die volksversamlung abfassen, aber erst nachdem
GQSbed: erste n. zweite lesang in d. atheniBchen YolksverBamlang. 235
d» geMtiliefae zeit zwischen veröffentlichnng der tagesordnung fOr
(Se lichsle rathssüzong und dieser selbst rerflossen ist. dann mosz
oaa eine Yolksyersamlung veranstalten, aber erst nachdem die
tagemdanng fttr dieselbe fttnf tage ausgestellt war, und dann mnsz
JB dieser der gate berather den schlechten durch seine reden über-
wiBdeii.'
Kich der vorhergehenden ansführong finden non auch die bei-
den intrSge des Demosthenes ttber die einführung der makedonischen
^«sandten in die ekkleeie bei den Verhandlungen ttber den Phüokra-
tiaeheB frieden ihre erklftrung. Demosthenes brachte zuerst in der
ekkiesie ab antragsteller das probnleuma des rathes (s. Hartel s. 38)
OB, es soQten die piytanen am 8n Elaphebolion, an dem letzten tage
TV den I>iony8ien, an dem ein opfer för Asklepios und ein irpoaTtiiv
ititt&nd, eine ekkiesie veranstalten, damit das volk sich so schnell
ih mSgUeh ncpl tuiv irpöc OiXiTnrov berathen könne (Aischines g.
Kies. § 67). dieser antrag ist nicht als das notwendige gesuch um
aotonaatioB des rathes zur einfOhrung der gesandten in die ekkiesie
ufntesen. weshalb in diesem falle ein volksbeschlusz für die an-
^edmig der ekkiesie am 8n Elaphebolion nötig war, lehren uns die
vorte des Aischines ttber die motive, welche Demosthenes zu diesem
astrsg bestimmten: TP<Jt<P€i Y|irjq>ic|üia, touc icaipouc Tf)c TrdXeuic
^)9<npouM€voCv ^KicXr|ciav irouiv usw. und nachher toic oCirui ira-
pouQ irp^cßcci TrpOKonaXaiüißävufy Tf)v iKKXticiov xal toOc xpövouc
wonr ihrot€fivö|üi€voc icat tö irpfiTM<x KoracTreubujv (gEtes. § 66 f.),
cad sa einer andern stelle, wo Aischines den Demosthenes sich
Hulippos gegenüber rtthmen läszt: ön irpüJTOC ^TncT0)bik€i€ touc
% eip<|vi|v incXi^ovrac, oö toTc Xötoic, dXXä toic xpövoic (vdges.
$ HO), die prytanen konnten aus eigner machtvollkommenheit die
^ssie nicht ansetzen zu einer zeit, als die gesandten ttberhaupt
soch gar iiieht in Athen eingetroffen waren; bei einer ordnungs-
■ingm eriedigung der sache musten , wie ich oben wahrscheinlich
^idit zu haben glaube, zwischen der ankunft der gesandten in
itiieii und der einfUrung derselben in die ekkiesie wenigstens zehn
Uge Terfliessen. sollte diese gesetzliche frist nicht eingehalten wer-
<ki, BO konnte das nur die ekkiesie beschlieszdn, und deshalb der
vtiig des Demosthenes, um dieses zu bewirken, als aber die ekkle-
M im 8n Elaphebolion zusammentrat, waren die gesandten noch
adit in Athen angekommen, ihre ankunft aber unmittelbar bevor-
stehend, da ihnen fttr die am folgenden tage beginnenden Dionysien
pn)«dne decietiert wird (Aisch. vdges. § 110, s. Hartel s. 39 f.).
DoBosthenes brachte nun in dieser ekkiesie am 8n Elaphebolion *
' tei die Toriier angesetite ekkiesie am 8ii Elaphebolion wirklieh
•tati|eftndea hat, wird wahricheinKch dorch eine betrachtnag der ur-
■»^ IM CIA* II 109 «nd des ehrendecretes für die söhne Leakona
« rWin. aas. XXXIII s. 480 ff., die beide an demselben tage be-
*<^kMftn worden, da in beiden derselbe 4incTdTT)C genannt wird.
' Aftchaefer ao. s. 422 f. da beide decrete in der achten prytanie be*
236 GGilbert: erste u. ssweite lesung in d. athenischen Toiksrenamlang.
den neuen antrag ein, die prytanen sollten zur verhandlnng mit den
makedonischen gesandten nach den Dionysien für den 18n und 19n
Elaphebolion zwei volksversamlongen ausschreiben (Aisch. gRtes.
68. Ydges. 61). auch hier war zur beschlennigung der angelegenbeit
ein volksbeschlusz nötig, denn ordnungsmftszig konnte die ange-
legenbeit bis zum 18n Elaphebolion nicht bis zum einbringen in die
ekklesie gefördert werden, da der rath wfthrend der feste (Xen. v.
Staat d. Atfa. 3, 1 f.) und also auch während der unmittelbar beror-
stehenden Dionysien keine sitzung zu halten pflegte.*
Diejenigen, welche den frieden mit Philippos ausschlössen and
denen Demosthenes nach der angäbe des Aisohines sich rflhmte nicht
durch Worte, sondern durch zeiten, dh. durch festsetzung derter-
mine für die abzuhaltenden volksversamlungen, den mund gestopft
zu haben, waren die athenischen bundesgenossen. ich lege kein so
groszes gewicht, wie es Hartel s. 39 ff. thut, auf den unterschied,
dasz Demosthenes in seinem letzten antrage am 18n und 19n Ela-
phebolion über frieden und bttndnis mit Philippos, die bundes-
genossen in ihrem bÖTMOi nur über frieden zu verhandeln beantragen
(s. Schaefer Dem. 11 s. 208). das was in dem dogma der bundes-
genossen für die Verhandlungen mit Philippos verhftngnisvoll wer-
den konnte, war der antrag: ineibotv dnibriMlicuiciv o\ irp^cßciCKai
Tdc iTp€c߀iac dTratrciXuiciv 'AOfivaiotc xal toTc cu)bi)i6xoic, irpo-
TP^Miai Touc TTpuTdv€ic dKxXnciac biio Korä töv vöfiov (Aisch.
vdges. 60; s. Hartel s. 41, 1), dh. also die entscheidnng auf-
zuschieben , bis die hellenischen gesandten , auf deren ankunft die
bundesgenossen noch immer rechneten, angekommen wftren und
ihre botschaft ausgerichtet hfttten (Schaefer ao. II s. 206 f.). erst
nachdem dieses geschehen, sollten die prytanen ordnungsmäszig zwei
volksversamlungen durch programm ausschreiben, zwei volksver-
samlungen deswegen, weil auch der Demosthenische antrag zwei be-
antragte, denn mit dem infinitiv TrpOTpd(|iai ist das xard töv vö^ov
schlössen sind, diese aber in dem Jahre des archon Themistokles, d&5
nach Böckhs berechnnng (mondcyclen s. 27) ein Schaltjahr von 3S4
tagen war, sich etwa vom 6n Elaphebolion bis zum ISn MunyebioD er-
streckte nnd da in dem ehrendecret für die söhne Lenkons auf eint
am 18n Elaphebolion bevorstehende versamlang rneksieht genommen
wird nnd da ferner am 9n Elaphebolion die Dionysien begannen, so
mnsz die ekklesie, in der die beiden oben erwähnten beschl&sse gefaszt
wurden, zwischen dem 6n nnd 9n Elaphebolion stattgefunden haben, es
liegt gewis am nftchsten dabei an den 8n Elaphebolion, auf den eine
ekklesie angesetzt war, zu denken.
* anch der wol an demselben taj^e wie der Demosthenische antrig
^efaszte volksbeschlnsz für die söhne Leakons setzt den 18n Elaphebo-
lion als termin für die volksversamlung statt de Tf|V irpiÜTT)V ^KicAnciav
an, in der der rath ein probnlenma über die rücksahlnng der gelder an
die söhne Lenkons einbringen soll, wol nicht bloss deshalb, wie Schaefer
ao. s. 432 will, weil die erste versamlnng am 17n ElaphehoUon im theater
des Dionysos sich nur mit dem eben gefeierten feste der Dionysien fa
befassen hatte, sondern anoh deshalb, weil eine Verkürzung der regel-
mSszigen frist beabsiohtigt war.
(lOiibeii: ente n. zweite lesang in d. athenischen volksTersamlung. 237
xA Ttfbinden und bezeichnet nur das ordnungsmftszige ausschreiben
darTolksrenamlnng im gegensatz zu dem antrag des Demosthenes.
dagtgoi kann ich es Hartel s. 83 £ wieder nicht zugeben, dasz die
xvotlgige berathong in solchen fttllen der gesetzmäszige modus
w. dir umstand dasz Demosthenes in seinem letzten antrage ge-
ua bestimmt, wie in den beiden bevorstehenden ekklesien verhan-
dtti werden solle (s. Aisch. vdges. 65), scheint mir gerade dafttr zu
bjpreeheB, dasz diese art der yerhandlung nicht die gewöhnliche war.
vcBB Hsrtel als weitem beweis flbr seine annähme Thnk. I 44 an-
fUrt, wo für die yerhandlungen mit den Korinthem und Eerkyraiem
xwd ekklesien abgehalten werden, so kann man dem gegenüber auf
TbL y 45 Terweisen, wo bei yerhandlungen mit den Lakedai-
moBJeni die angelegenheit in der ersten ekklesie erledigt wäre, wenn
liebt ein erdbeben die fortsetzung der versamlung gehindert hfttte.
Hartel hat auszer bei auswärtigen angelegenheiten eine solche
sotoriaation des raüies durch die volksversamlnng noch ftbr cultus-
lagtlegenheiten, f&r Upa Kai öcid, annehmen zn mflssen geglaubt.
am das aber zu können, galt es zuerst das wort irpoxcipoTOvia als
t^nnians technicus ftlr diese autorisation nachzuweisen (s. 58 ff.),
icb piikfe zuerst diesen nachweis. Harpokration (und ebenso Photios
oad Snidas) leitet seine definition der 7rpox€ipOTOvia, nach welcher
dieielbe die Tor beginn der debatte in der ekklesie stattfindende
Tcrabstimmung bedeutet, ob die volksyersamlung den vom rathe be-
guUcbteten gegenständ noch erwägen wolle oder dem probuleuma
oitiaune, dai«h foiKCV 'A6iiVT)Ci toioötö ti ifiTV€c6ai ein und
xblieBt dieselbe mit raura b ' önoamaiveTai iy Tip Auciou Trpdc
Tnv Mi£ibTJ^ou TP<upt^v. Hartel hält eine solche anordnung, wenn
sie die bedeutong haben sollte, dasz die Zulassung der debatte über-
hupt in daa belieben der miyorität gestellt gewesen wäre, für un-
^eueriidi, da sie auf eine rttcksichtslose Unterdrückung der mino-
ntit hinaoslaufen würde, eine Widerlegung seiner ausführung über
^ vpoxcipoTOvia in seinem zweiten werke (s. 202 ff.) , wo er aus
^ mibestimmtheit des Harpokration sich das recht ableiten zu
*Mm giaiaht 'nach maszgabe unserer einsieht das zeugnis desselben
n ergänzen und von seinen Widersprüchen zu befreien, selbst aaf die
gefibr hin, vielleicht nicht den sinn des ersten erklärers zu treffen,
^fnieoL wol nur das , was er aus der ihm vorliegenden stelle hätte
*^%an soUen oder deutlich in ihr ausgesprochen war, zu divinieren'
uite idi nach diesen werten für unnötig, was die in seiner ersten
<^nft geänsserten bedenken betrifft, so kann man darauf antworten,
^ m der praxis sich solche bestimmungen immer milder erweisen,
tb sie es der theorie nach sind , und dasz man wol nur bei unwich-
^^^ gegenständen sich mit dem probuleuma des rathes begnügte«
cb bebe oben gesagt, dasz über das rathsgutachten paragraphen-
^^ abgestimmt wurde, über den passus desselben , der die ein-
^^fervig fremder gesandten in die ekklesie empfahl, wurde von die-
«r gtwia ia den meisten ftllen durch die irpoxcipoTOVia entschieden.
238 GGilbert: erste vu zweite lesung in d. athenisohen yolksTenainliug.
Wenn Hartel es weiter als eine unomgftngliche fordenmg ge-
sunder methode bei der beetinunung der procheirotonie hinstellt,
nicht von einer coigector, sondern von der thatsSchlioben anwen-
dnng derselben auszugehen, so Iftszt sich dagegen allerdings wenig
einwenden, wenn aber die fülle der thatsftchlichen anwendnng nichts
beweisen, so musz man sich meines erachtens freuen fttr die prochei-
rotonie eine definition zu besitzen, welche sich der quelle des Har-
pokration aus einer rede des Lysias zu ergeben schien, zumal wesa
die flQle der thatsftchlichen anwendung dieser definition nicht wider-
sprechen, dasz sie aber das nicht thun, werden wir jetzt nachweisen.
Der erste fall, wo von einer procheirotonie die rede ist, bezieht
sich auf die firjvucic des Euktemon gegen die trierarchen Archebios
und Lysitheides, welche Öffentliche gelder im besitz hatten (s. Hartel
s. 60 ff.)* npocfiXOe (nemlich £uicTiifiuiv) — heiszt es bei Dem. 24,
11 — T^ ßouX^, TrpoßouX€u^* dTpäqni* MCtoi TaCra t€vo^^vt)c
iiocXiiciac iTpouxeipoTÖVT)cev ö bf\ixoc. dvacrdc £OicTi)jiuiv flicrev
usw. ich stimme Hartel bei, dasz das vom rath eingebrachte proba-
leuma unge&hr folgende fassnng hatte: ÖTi bOK€i Ti} ßouX^ dxou-
cavra töv bn^ov £uktiimovoc xal äXXou 'AOtivaiuiv toO ßouXo-
M^vou ßouX€ucac6ai, 6rx &v aint^ boicQ dpiCTOV elvai. dann aber
sehe ich keinen grund ein, weshalb die Demosthenische stelle gegen
die von Harpokration bezeugte bedeutung der TrpoxcipoTOvia spn-
eben soll, die er wägung Harteis, dasz, wenn nicht mit dieser irpo-
XCipoTOvia ein wichtiger und selbstftndiger act des proceases hfttte
bezeichnet werden sollen, der redner über diese bei der knappheit
der darstellung, welche nur die wichtigsten Stadien des processganges
markiere, kein wort verloren haben würde, ist rein subjeetiver natnr.
ich kann sie beantworten, indem ich sage: die Schilderung der ekkle-
sie bei Dem. 24, 11 — 13 scheint mir weitlftufig genug, um auch für
die stattgehabte procheirotonie in der gewöhnlichen bedeutung einen
platz zu haben, sie scheint mir bei der von Hartel angenommenen
bedeutung von irpoxcipOTOVia zu knapp, um noch veratftndlicfa
zu sein.
Weiter will Hartel (s. 62 f.) die irpox^ipOTOvia in seinem sinne
in dem ausgebildeten eisangelieprocesse wiedererkennen, wo der
rath nach seiner ansieht den antrag auf erhebnng der anklage bei
der ekklesie einzubringen und ihre entscheidung abzuwarten hat,
ob sie auf dieselbe eingehen wiU^ und erst wenn die ekklesie sich
als gerichtshof zu constituieren beschlossen, weitere antrttge vorzu-
bereiten und zu stellen hat. ich will kein besonderes gewicht darauf
legen, dasz die bezeichnung irpoxcipoTOvia für dieses verfahren uns
nicht überliefert ist: es genügt durch recapitulation des bei dieser
gelegenheit üblichen Verfahrens nachzuweisen, dasz in diesem &lle
von einer autorisation des rathes durch die ekklesie, einen vorher
angegebenen antrag bei derselben einzubringen, wie früher die npo-
XCipoTOvia von Hartel definiert ist, nicht die rede sein kann, aus
der Verhandlung des Arginusenprocesses ergibt sich, dasz bei dem
GGdbext: ertte n. zweite lesong in d. athenischen volksTersamlnng. 239
eimgiiieTeifahren die frage des rathes, wenn die eisangelie nicht
sofort durch ihn erledigt oder an ein gericht verwiesen wurde (Dem.
47, 41 fL)j an die volksversamlung lautete, ci öiKOioi eiciv o\ beWec
Utov öirocxciv bidri, worauf dann die angäbe ihres Vergehens
rblgte (s. Xen. Hell. I 7, 4). die ekklesie konnte diese frage ver-
ooaeB, dann war die angelegenheit erledigt bejahte sie dieselbe»
10 geediah dies wol regelmttssig in der form, dasz sie den rath be-
Mfingte ein piobolenma an das volk zn bringen , Snuic &v biicnv
Ukx xora touc vöpouc (s. CIA. II 65). der rath konnte dann ent-
wedsr das probolenma einbringen, die ekklesie sollte den fall unter
bwtiHiintfrB, in dem rathsgntachten angegebenen normen selbst ent-
Ktkmdmk oder an ein gericht verweisen, wo der fall gleichfalls nach
ciaen bestimmten, in dem probuleuma angegebenen gesetze abzu-
vteilea war. es ergibt sich dieser geschäftsgang meines erachtens
giai bestimmt ans dem antrage des Euryptolemos bei dem Argi-
loseoprooeM (Xen. HelL I 7, 20 ff.), damit aber erweist sich diese
eoto abetimmnng der ekklesie als gftnzlich verschieden von der von
Hstil fttr die irpox€ipoTOvia gegebenen definition.
Die wpoxcipOTOvIa bei dem ostrakismos (Hartel s. 63 ff.) kann
ich i^leidilalla nicht in der festen bedeutung eines technischen ter-
uns iMsen. bei jedem vöfioc In' dvbpi war bekanntlich eine
dsppelie abjitimmnng der volksversamlung nOtig, so bei der bdrger-
rwklivefkihnng, so auch bei dem ostrakismos. man konnte dabei
von MMT irpOT^ und b€UT^pa x^ipoTOvIa reden, man konnte aber
aoch, die zweite abstimmung als die eigentliche x^^P^^^ovla auf-
fiad, von der ersten als von einer npoxcipOTOVia sprechen, und
j diesem sinne ist die TrpoxcipOTOvia an den bekannten stellen über
i« ostnldsmos zu verstehen, gerade die bei dem vö^oc in ' dvbpi
^ gebriodilich betonte doppelte abstimmung der ekklesie scheint
^iftr za sprechen, dasz dieselbe ftlr gewöhnlich nicht üblich war.
Llazt sich demnach der terminus npox€ipoTOvia und Trpox€i-
POTOvciv in der von Hartel angenommenen bedeutung in den an-
gtlUrlen stellen nicht erweisen, so werden wir schon von vom
dmm anstand nehmen, in den werten jenes alten gesetzes bei
Aisdnaes gTim. 23 den beweis zu finden, dasz auch für die be-
ntknng von cultusangelegenheiten, für icpd xal öcia, eine irpoxei-
POTovia in der von Hartel (s. 67 ff.) angenommenen bedeutung
lUeh gewesen seL die werte des gesetzes lauten : ical Trübe KeX€U€t
toiic «po^bpouc xPnMccxUleiv ; dircibav tö Ka6dpaov irepicvex^
(A 6 id)puE Toc TTorptouc cöxctc cfiEn'^ai, irpoxciporovciv KcXeüet
^^ npo^bpouc ncpl iepuiv icai öciuiv (so ist zu lesen: s. Hartel
y n C) Kttl xVipuii Kai np€c߀taic xal jierä TaCra ^itepuir^ö Kf)puE
^ ^Topeuciv ßouXcTat iwv öirip TrevnfiKOVTa iix] tctovötujv. durch
i^sei leugnis soll nach Hartel fest stehen, dasz der eigentlichen
'«A^dordauag anfingen iT€pl Upütiv xal öciuiv und über auswftrtige
ugelogenheiten vorausgiengen, indem der rath sich autorisieren
!, sie auf die tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen, in
240 GGilbert: erste u. zweite lesung in d. athenischen volksTenamlnng.
seinem zweiten werke (s. 173 ff.) hat Hartel für diese annähme noch
einen beweis in der bestimmung einiger arkonden gefanden, in der
die einführung einzelner personen in die ekklesie diesen angesetzt
wird iv \€poTc oder rrpUbTOic perä t& kpd. ich kann in diesem l€pd
trotz Bartels widersprach nar die religiösen eröffnungsceremonien
der ekklesie erkennen, was das bei Aischines angeführte gesetz be-
trifft , so ist darüber folgendes zu bemerken, da die bedentang von
irpox€ipoTOvia in dem von Hartel angenonmienen sinne bis jetsi nicht
erwiesen ist, so kann auch dieses gesetz für seine auffassnng nicht
als beweis dienen , wenn die hier erwähnte rrpoxcipOTOvia sich un-
gezwungen in der von Harpokration bezeugten bedeutung erkl&rt.
das oben angeftthrte gesetz soll angeben, wie die Athener sioh in der
ekklesie berathen sollen (s. § 22). zuerst findet das reinigungsopfer
statt, dann der fluch des heroldes, dann nehmen die proßdroi die
procheirotonie vor, dh. nach der von Harpokration gegebenen defini-
tion: sie verlesen das probnleuma und lassen abstimmen, ob die
ekklesie demselben zustimmt oder eine debatte wünscht, und darauf,
dh. wenn das volk die debatte verlangt, fragt der herold, wer reden
wolle, dieser verlauf der geschäftsbehandlung wird uns teilweise
auch anderweitig bezeugt und ist durchaus sachgemftsz, während bei
beseitigung von TrpoxctpOTOveiv in der von Harpokration angegebe-
nen bedeutung sich offenbar zwischen dem fluche und der frage de^
heroldes , wer reden wolle , eine lücke in der Verhandlung ergeben
würde, auffallend in den werten des gesetzes ist nur die scheinbare j
beschrftnkung des TrpoxcipOTOveTv auf die gegenstände ircpl Icpuiv
Kai öciujv Kod KfjpuEi Kai irpccf^iaic, aber auch das erklärt sich sehr
einfach, das gesetz über den gesohäftsgang in den Verhandlungen
der ekklesie hatte naturgemäsz zunächst nur die vier ordentlichen
volksversamlungen jeder prjtanie im äuge, von diesen waren dit^
dritte und. vierte ekklesie den oben erwähnten gegenständen gewid-
met, die erste und zweite dagegen waren für gegenstände besümmt,
bei denen von einem probuleuma des rathes und deshalb auch von
einer procheirotonie nicht die rede sein konnte (s. PoUux YUI ^5 f. *.
so hat denn auch das von Aischines überlieferte gesetz seine gegen
die auffassung Harteis von der rrpoxcipOTOvia sprechende erklärung
gefunden.
Ich bin mit meiner Widerlegung von Harteis hypothese aber
die iTpox€ipOTOvia zu ende, die wissenschaftliche bedeutung de-
Verfassers und der grosze Scharfsinn, welcher in seinen ausffihrungen
zu tage tritt 9 erheischten eine eingehendere Widerlegung, als unter
andern Vorbedingungen nötig gewesen wäre, um nicht in die dar-
Stellung des athenischen Staatsrechtes einer lehre eingang zu ver-
statten, welche dasselbe nach meiner Überzeugung niemals ge>
kannt hat.
Gotha. Gustav Gilbkrt.
AEog: am. ▼. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico. 241
37.
M AKRAS OOaOCBBTA&IO POLIOBOBTIOO. 80BIP8IT ADOLFOSOARO-
LUa LÄNGS. PRASFATU8 EST LBOPOLDüS SCHMIDT. BoTO-
lim mmptibiu 8. Calyaiy eiasque booü MDCCOLXXVIIIL IV u.
204 t. gr. 8.
I.
Der schwerpunct dieser schrift, deren motte am besten mit den
ttsprnehsToIlen worten des interpolators in Aeneas 16, 1 bezeichnet
werden kSnnte Bhe odv äXXoc Tpöiroc ßori0€(ac ßcXTiiuv &v eTr],
Hegt in der behandlang der texteskritischen fragen bzw. in der be-
klfflpfnng der zuerst von H e r c h e r aufgestellten, von dem r e f e r e n -
ten in weiterm nmfange durchgeftlhrten annähme, dasz der text des
Aeneas durch zahlreiche und, wie ref. glaubt erwiesen zu haben, ge-
legentlich auch umfangreiche Interpolationen entstellt sei (vgl. s. 68).
eine reihe von stellen, die Hercher oder Sauppe oder ref. interpola-
toren zugeschrieben hatten, will der yf. durch 'bessere' erklKrung,
<brth zum teO sehr kfihne emendationen , wobei besonders trans-
poeitioneB eine bedeutende rolle spielen, dem echten Aeneas vindi-
deren. er ist in diesem geschSfte sehr eifrig, und man ist diesem ge-
waltigen eifer gegenüber einigermaszen erstaunt zu sehen, dasz auch
er m zahlreichen ausscheidungen seine Zuflucht nimt, wie die ttber-
ndd 8. 179 — 188 beweist, wo der vf. es leider unterlassen hat bei
jeder stelle den ersten urheber der athetese anzugeben, übersieht man
jenes stattliche register, so nimt man wahr dasz er die grössere an-
zahl dieser athetesen nach Hercher, eine kleinere zaU nach mir,
einige nach Banppe und Hertlein vorgenommen hat; was er in die-
ser lunsicht selbst leistete, beschränkt sich in der regel auf reduction
der von andern vollzogenen ausscheidungen. wir sind weit entfernt
dem vi die berechtigung zu solchen reductionsversuchen abzuspre-
d»en, ja wir wtlrden sie ihm, falls sie gelingen sollten, als verdienst
earedmen« nur hStte er nicht nOtig gehabt den gegensatz zu seinen
Torgiagem zu einem prindpiellen aufzubauschen, während er nur
ea quantttatirer ist. zudem liegt bei einer solchen menge von inter*
poktionen, wie sie auch hr. L. anzuerkennen sich genötigt gesehen
^, die frage nahe, ob es nicht in f&llen, die bei anderen sohrift-
ndlem zweifelhaft wSren, richtiger sei das Verderbnis in demjenigen
itUsr der Überlieferung, den auch er in unserm texte als weitgrei-
fend beliehnen musz, in den unberufenen Zusätzen leerer Schwätzer
m suchen als in gewaltsamen Veränderungen, Verrenkungen und
kfinstiichem hineininterpretieren von dingen die nicht dastehen.
Die atreitbarkeit des hm. L., den Leopold Schmidt der gelehr-
te velt als 'iuvenis strenuus' vorführt, zeigt sich zunächst in der
vt ^ er seine Vorgänger schulmeistert : er ist der erste der in der
^ jetzt aachlich und leidenschaftslos geführten polemik über die
Aeneasfrage einen oft unwürdigen ton anschlägt, hr. L. weisz uns
QBidist 8. 95 ganz genau zu berichten, .dasz Hercher über etwas
flr clM«. phnot 1S79 hf). i. 16
242 AHug: anz. y. ACLange de Aeneae commentario poliorcetioo.
mehr als 90 stellen richtig geurteilt, dagegen an 46 andern geirrt
habe, der ton, in welchem er diese letzteren gegen Herchers athe-
tese verteidigt, ist stellenweise recht tapfer, m. vgl. zb. s. 81 'om-
nino vero, quod ad universam hanc Hercheri raüonem apectat, non
debebat ille delere, quae intellegere non poterat, ea de cansa quod
intellegere non poterat' : ein satz der da wo man es notorisch mit
interpolatoren zu thun hat, die nar um zu sprechen auch sachlich
ganz thOrichtes vorzubringen sich nicht scheuen, wissenschaftlich
sehr anfechtbar ist: denn sachlich unmögliches ist nun einmal un-
verständig, wenn es auch formal logisch erscheinen sollte, und in &o
fern auch unverstKndlich. (in Khnlicher weise wird auch Sauppe s. 96
angeherscht) indessen kommt doch trotz der 46 irrtQmer Hercher
in der s. 66 von hm. L. den editoren erteilten gesamtcensur noch
sehr gut weg: es wird das ihm von allen Seiten mit vollem recht er-
teilte lob wiederholt, dasz er von allen editoren seit Casaubonus
sich am meisten um den text des Aeneas verdient gemacht habe;
die absolution fUr die 46 Irrtümer wird ihm herablassend gew&hrt
in den Worten: 'etsi nonnumquam erravit, id quod minimemirum
est in tam difficili scriptore.'
Desto schlimmer ergeht es nun bei der austeilung der gesamt-
censur dem unterz. über mich wird ein wahrhaft vernichtendes ur-
teil gesprochen , das ich um so mehr hier in extenso mitteile, als es
mir gelegenheit gibt über verschiedene dinge mich auszusprechen,
es lautet: 'Hercheri vestigiis Amoldus Hugius institit, qui malto
longius illo procedendum ratus permultis, quae genuina Aeneae
sunt, deletis dilaniavit commentarium poliorceticum , ad qaem
tractandum omnino praeoccupata opinione et indagandis interpola-
tionibus magis quam explicando scriptori addictus accessit: paucs
tamen recte delevit. ipse quoque coniectüris nonnullis emen-
dare textum conatusest. praeterea vero tam accurate Hercberia-
num textum expressit, ut nonnumquam etiam receperit, quae falsa
ille exhibet. sie e. gr. 18; 8 post TTÖXei vocem Hugius qaoque
'Hpai^wv inseruit, quamquam iam Koechlyus edocuerat hanc Casau-
boni coniecturam stare non posse. — 31, 31 cum Herchero Hugius
litteris exaratum praebet 'HpaKXeCbac , sed statim pro a postrcmae
syllabae tria puncta ponit, cum unum ponendum sit, quoniam
a prima vocalium est.'
Ich beginne mit der zuletzt behaupteten 'abhängigkeit' vom
Hercherschen texte, von welchem doch, wie jeder weisz, der meinige
sehr stark abweicht, hr. L. entblödet sich nicht mir zum Vorwurf
zu machen, dasz mir 31, 31 allerdings passierte einen ganz unbe-
deutenden druckfehler aus der Hercherschen edition, die dem satz
meiner ausgäbe zu gründe gelegt war, unbeachtet in die letztere
übergehen zu lassen, wie würde er selbst und mit recht über elen-
den klatsch sich beklagen, wenn ich ihm sklavische abhftngigkeit von
mir deswegen vorwerfen wollte, weil er den ärgerlichen druckfehler
meiner proleg. s. 7 'interpolator alicuius referebat' ruhig abgescbrie-
iflog: anz. T. ACLange de Aeneae comxnentario poliorcetico. 243
ba imd abgedruckt hat (s. 103). betreffend die andere stelle 18, 8
TffvoM ieh ihn anf meine ihm wolbekannte abhandluig 'Aeneas
T<A Stymphalos' s. 36 anm. 1, wo er das nötige finden wird, in-
desMD aneh anderwärts, zb. s. 114, wird der Torwnrf gegen mich er-
boben, daaz ich gelegentlich anch einen von mir dem interpolator
migieidiriebenen abschnitt doch mit den Herchersehen emendationen
TfneheB habe, es geschah dies mit vollkommenem bewnstsein da, wo
ich ghnbte wahrnehmen za kOnnen dass der interpolator, so nichtig
seiat vorte sind, doch nicht barbarisches griechisch schreibt, auch
biffflber habe ich meine ansieht hinlänglldb angedeatet in den wor-
tcD i^toltg. s. 6) *etsi concedo moltis locis interpolationes ipsas item
lifarviofQm sordibns • • esse obmtas et deformatas.' auf andere
kkialiehe schnlmeistereien , denen ich von seite meines unfehlbaren
ceason ao^gesetst bin, verzichte ich einzutreten, da sie zur entschei-
ing dar saehe nichts beitragen.
Dig^en moaz ich auf die *praeoccapata opinio', mit welcher
icb ^ia^andia interpolationibns magis quam ezplicando scriptori
addktas' meine beschftftigung mit Aeneas brennen habe, um so
nebr etwas eintreten, da die Sicherheit, mit welcher hr. Lange diese
nb SOS falscher achlaszfolgerang hervorgegangene behauptung vor-
trigt, eine art aanction durch die urbaner redigierten worte der prae-
fitio Tcm Leop. Schmidt erhalten hat: *ille audadus agens onmia
)ue primo obtutu displicere poterant vel ut spuria vel ut cor-
nipU BOtavit.' ich bestreite beiden henren das recht zu einer sol-
^ bebaoptnng: in Wirklichkeit ist die sache umgekehrt zugegan-
gen. SS gieng mir zunftefest, wie es allen andern philologen gehen
antte, dasz ich den köpf schüttelte ttber die kühnheit Herchers und
äsen mitgliede des hiesigen philologischen seminars das thema an-
rieih, nmichst an den ersten 10 capiteln genau bei jeder einzelnen
itdfe zu pfllfen, ob wir wirklich zu solchen athetesen sprachlich oder
lacUidi berechtigt oder genOtigt seien, spftter nahm ich die unter-
Mcknag seihet vor und kam erst allmählich zur billignng der Hercher-
ichca methode: was ich ttbrigens ftür jeden der lesen kun proleg. s. 6
•dbvt andeutete: *in eandem sententiam ego quoque quamvisini-
•io kaesitarem abii.' zu der bestimmten annähme auch umfang*
nkber Interpolationen, in der ich ttber Horcher hinausgieng, kam ich
«boiUls ganz langsam, c. 16, das ttberhaupt die feste bürg dieser
tjpothese ist, die, wie wir sehen werden, auch hr. L. nicht anzutasten
^cmochte, gab mir hierin erst Sicherheit, wenn also von einer ^prae-
'««capata opinio* bei mir die rede sein kann, mit der ich an Aeneas
C^y so lag sie nach der seite, nach der sie bei Leop. Schmidt jetzt
^^ liegt: nur dasz ich mich davon befreite, sobald mir die wucht
^ thstsachen entgegentrat, in der that hat hr. prof. Schmidt, den
.sb hrieffieh befragte, wie er sich zu der von ihm protegierten arbeit
I-ttges stelle, geantwortet daaz, wenn er auch im gegenwärtigen
^«gcaUicke nidit mehr im stände sei den grad seiner Übereinstimmung
^' dm detail der ausfllhrungen L.s näher zu fixieren, doch der ten-
16»
244 AHag: anz. t. ACLange de Aeneae commentario polioroetico.
denz des ganzen von anfang an besondere teilnähme gewidmet habe:
denn die methode des auswerfens ohne unmittelbare eyidenz erscheine
um des ansteckenden willen, das sie habe, gefährlich und
forder« aus diesem gründe zur bekämpfung heraus, wo
also gegenwärtig noch eine 'praeoccupata opinio' vorhanden ist>
brauche ich nicht- weiter auseinanderzusetzen, ich kann dieses ge-
fühl des Philologen, der sich zum natürlichen beschtttzer gefthrdeter
antiker texte berufen erachtet, um so eher begreifen, als ich es wirk-
lich 'primo obtuto' gegen Hercher selbst teilte: auf dieses natttrlicfae
Vorurteil muste die Herchersche sowol wie meine ausgäbe, und die
letztere natürlich in stärkerm masze, bei jedem stoszen, und dieses
Vorurteil bleibt bei jedem, so lange er nicht genau die ein-
zelheiten studiert und dadurch zur einsieht kommt, dass du
Schicksal der Überlieferung nicht bei allen autoren das gleiche ist,
bei einigen auch einmal ein ezceptionelles gewesen sein kann, bei
hm. L. nehme ich wahr, dasz durch das Studium der einselheiten
seine ursprüngliche ^praeoccupata opinio' nach dieser richtung zum
teil erschüttert worden ist, und er nun um so heftiger poltert om
den rest zu retten.
£r poltert aber gegen mich, den er als den hauptsächlich zu be-
kämpfenden gegner ansieht, an verschiedenen stellen seiner sdurift
in einem wahrhaft anmaszenden tone, zb. s. 90, wo er unmittelbar
bevor er mir in einer kleinigkeit gegen Hercher recht gibt, bei an-
lasz der athetese 4, 7, worin ich auch jetzt noch Hercher bestimme,
sich zu dem satze versteigt: *quod Hugius Hercheri suspicionem secu-
tus verba delet, oerte nullius momenti äkt ad illius sententiam sta-
biliendam' ; m. vgl. femer die lächerliche Insinuation s. 144, die mit
den Worten beginnt: *nam praeter eum nemo non perspexit.' es ist
in der that neu, dasz ein junger autor sich einem manne gegenflber
einen solchen ton gestattet, dem er trotz alledem in manchem nicht
unwichtigen puncte folgt.
Freilich nach der von ihm mir erteilten gesamtcensur sollte
man das in der that nicht schlieszen. sein urteil über meine leistun-
gen im Aeneas kann mir an sich gleichgültig sein: dasjenige meiner
sämtlichen recensenten (Hertlein, Eberhard, Orauz), das im ganzen
über meine athetesen übereinstimmend lautet, insbesondere aber
dasjenige Kirchh off s undHerchers selbst, der in freundlichem
briefe seine freude darüber aussprach , dasz seine arbeit an Aeneas
eine so würdige fortsetzung gefunden habe, gilt mir, das wird auch
hr. L. begreifen, mehr als das seinige. aber dem letztem kann ich
es nicht ersparen, an seinen eignen entscheidungen dieses urteil
etwas zu beleuchten und auf sein verfahren aufmerksam zu machen.
es wird mir jedermann zugeben, dasz die werte *ipse quoque con-
iecturis nonnullis emendare teztum conatus est' in diesem la*
sammenhange besagen sollen, dasz meine coi^jecturalkritik durchweg
als verunglückt zu betrachten sei. auf eine reihe meiner emenda-
tionen ist der vf., da die gelegenheit dasu fehlte, nicht eingegangen;
AHag: ans. v. ACLange de AeiieAe_commentario poliorcetico. 245
iber kAmn wird es mit der Wahrheit Tertrftglich sein sich so auszu-
drucken, wie hr. L. gethan hat, in der gleichen schrift, in welcher
«rgriegenÜich folgende meiner coiijectoren adoptiert; s. 62 die ver-
Mtxong von toic auTi&v nach irpoci^x^iv 22, 15, s. 70 die Versetzung
TOB irp6c Touc uiTOM^vovrac 4, 5 *, s. 79 toütoic dTriTr^^rreiv ftlr
ovTuic ^Kir^^TTCiv 15, 4, 8. 102* Kai töv äXXov fttr xal ol fiXXov
40, 7, s. 113 Sb" CUV dXXoc TpÖTTOC 16, 1, s. 148 Kpuipac 24, 48,
s. 203 kxupaic CK€uaciaic und im folgenden die Streichung von tö
m)p.' flÖOT meine athetesen spricht sodann hr. L. das schon erwähnte
Terdammangsnrteil in betreff meiner ^praeoccupata opinio' aus, ist
iber inunerhin noch so gUtig hinzuzufügen : 'pauca tarnen recte eiecit.'
vir mflssen diese 'pauca' an der hand seiner schrift uns etwas näher
betehen. dabei stoszen wir auf ein merkwürdiges verfahren, in dem
ibtebiitt ttber Herchers athetesen s. 67 — 95 werden am Schlüsse
denslben s. 93 diejenigen zusammengestellt, die die billigung von
Bcito des hm. L. fahren, und in dieser Übersicht auch diejenigen
stBÜeii eingeschlossen, in denen hr. L. über den umfang des hinzu-
koBiiiendea Ton Hercher differiert, auch bei der behandlung meiner
athetesen gibt der vf. am Schlüsse jedes abschnitts jeweilen die von
ibm gebilligten an. zu 1 1 s. 145: 22, 8, zu I 2 s. 162: 21, 1. 12, 4.
22, 26. 24, 17. 22, 1. 35; zu I 3 s. 170: kein beispiel, zu II (athe-
tesen der aoagabe) s. 176: 23, 6. 31, 15. 31, 27. 39, 6. 40, 5. diese
12 beispiele würden demnach die *pauca' darstellen, dieses resultat
bfti aber hr. L. nur dadurch zu stände gebracht, dasz er in der re-
t^tolation, anders als er es bei Hercher gethan hatte, aUe diejeni-
gen meiner athetesen unterdrückte, in denen er nicht über den um-
ÜMg derselben vOllig mit mir einig war. zu den 'pauca' müssen
»ir mit hinzurechnen die von ihm hier verschwiegenen athetesen,
die er von mir annahm in 16, 2. 3. 7—10. 19—22 (s. s. 110 ff.
ud 180), sodann 9, 3 (s. 117), 18, 21 fn 5i . . £v^bu)K€ (s. 123),
^ 19 Kai iirrre Xaeciv m/jtc mOdcai (s. 138), 24, 7 xai TOUTUiV
WC dxftaXUmuv , 24, 8 xal . . &pMif|cavT€c (s. 148), 28, 4 toOc ^iy
Tiiv «oXiTUfv Xadövrec toOc bk, 96dcavT€c, Tiväc bi tuiv icw cuvep-
Touc fxovrec (s. 151 vgl. 185), 3, 6 ou irpöcui axniSty biaT€Xouv-
nc (s. 152), 1, 1 Toö dcTCOC (s. 157), 22, 10 iroXXoi t€ . . ir€pio-
öcuoua (s. 159 und 182), 37, 5 koI ävTioOcOai (s. 162), 18, 16. 17
jL 165 und 166). denn wenn auch einige derselben durch hm. L. be-
trtAtlich redudert wurden, so wird er doch nicht leugnen dasz in
•Uta diesen stellen meine athetese der seinigen zur basis diente, da-
Wi tiad diejenigen stellen noch gar nicht berücksichtigt, in denen
br. L von zwei von mir als unvertrftglich erkannten sfttzen oder satz-
' freiliek b* 71 ohne die von mir vorgenommene ergänsong von
cvpuiiUvuiv in gans sinnloser weise. * bier atillschweigend.
' «o Ith nabefangen genog bin ancnerkennen , dass die von hm. L.
^^ffee^ngene form ^r die ersten worte (dv b^ n ol iroX^fiiot ir€i-
iinnvpdvttt eine verbessemng der von mir vorgeschlagenen
bildet
246 AHug: anz. y. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico.
teilen den einen derselben athetierte , während ich den andern be-
seitigt hatte.
Diesem verschweigen der obigen stellen bei der recapitnlation
zum zwecke der Yorringerung der leistungen seines nnmittelbaren
Yorgftngers stellt sich würdig zur seite die einftthrang der wichtig-
tigsten derselben am gegebenen orte, an c. 16 hatte vor mir nie-
mand anstosz genommen; ich wies nach dasz es zom grOsten teil
einem rhetorisierenden interpolator angehöre, wer meine hypothese
von umfangreichen interpolationen umstoszen will^ masz vor allem
sich auf die rettong dieses cap. werfen, wie ist man erstaunt s. 110
die behandlung dieses cap. ohne irgendwelche erwfthnung dessen,
der die entdeckung gemacht hat, mit dem quasi selbstverstSndlichen
satze eingeleitet zu sehen ^transeamus iam ad id caput, quod foedis-
sime interpolatomm licentia corruptum est', sieht man nun nfther
zu, so werden s. 111 — 115 unter eindringlicher polemik g^nmich
von 67 Teubnerschen zeilen, die ich aus diesem cap. gestrichen habe,
ebenfalls 40 gestrichen ; es war in der that nötig, nachdem hr. L in
der hauptsache mir gefolgt war, mit den groszartigen worten über
meine behandlung dieses cap. s. 115 hinwegzuschreiten: *nec melios
(sc. als in c. 16) Aeneae Hugius consuluidse videtur c. 9.' tthnlieh ver-
steckt der vf. s. 138 oben die Zustimmung zu einer meiner athetesen
in eine halbe Verteidigung des von mir ungerecht angegriffenen, aber
als selbstverständlich vorausgesetzten interpolators , ebenso s. 151
die Zustimmung zu einer meiner athetesen in c. 28 in eine ganz an*
bedeutende reduction derselben, imd erst s. 185, wo er keine namen
nennt, erkennt man dasz er mir im wesentlichen beitritt.
n.
Doch wenden wir uns von diesem bilde weg zur sache selbst,
und prüfen wir die von hm. L. ins werk gesetzten rettungen od^
reductionen der athetesen an einigen der wichtigeren beispiele.
Ich beginne mit c. 16, wo der vf. mit mir § 2 u. 3, 7 — 10, 19
— 22 und auszerdem in § 4 noch die werte 1rpocb€XÖ^€Vo( nvac
. . ßo^jOeiav streicht, dagegen § 1, den übrigen teil von § 4, sodann
5 und 6, 11 — 13 zu retten versucht, während ich auch diese par-
tien für unecht ansehe, indem ich nur 14—18 dem Aeneas zuweise,
zunächst wendet hr. L. gegen meine ansieht ein , dasz diese letztere
partie 16, 14 — 18 sich nicht an c. 15 anschliesze. dieses cap. enU
wickelt, wie man den einfallen der feinde in das land (beim beginn
des krieges und bevor man sich in die stadt hat einschlieszen lassen)
durch eine richtig organisierte ßo^jOeia begegnen müsse, dabei wird
ein hauptgewicht auf die vorsieht gelegt, die sowol beim auszng
(§ 4 f.) als beim rückzug in die stadt (§ 7) bethätigt werden müsse,
•aach seiner weise belegt Aeneas diese regel mit beispielen: 1) 15, 8 f.
führt er uns aus der geschichte Abderas die folgen einer dq^üXoiCTOC
ßoilOeia vor; 2) 16, 14 als gegensatz dazu die ganz besonders vor-
AHng: am. y. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico. 247
oebtige art eine pcocpci ßoi^Oeia zu bewerkstelligen, darch welche
dieKjxenSer nnd BarkSer sich heirorthaten* (vgl. auch die enge be-
Mmg Ton 16, 14 iv TdSei T^vö^cvoi and 15, 3 iövTQC Iv räEet
ik fuiXicra). ich wüste nicht was man an diesem Übergang aas-
«etien kSnnte. allerdings war aach derjenige der 16, 11 — 13 schrieb
uf einen Übergang zq 16, 14 bedacht. 16, 13 nemlich lautet äptCTOV
<b') Tva vcoigifict toic CTpanuiTaic XP^^Q« uirapxövTUiv T€ irXoiuiv,
xord OdXoTTav Tf|v bCiuEiv iroieicOm * tö tc Tctp 96dcai xai tq &XXa
€k TÖ biov coi cuMßi^ccrai, ddv ixi\ KOToqpO^c irX^iuv ött" aunjüv.
oflaW soll hier das vcoK^f^ci toTc CTponidraic den worten § 14
€tj6uc V€OKyif)TCC iTpoccqp^povTO TOIC TToXe^ioic genau entsprechen.
ilkm bei nSherer betraohtung wird sich gerade dieser Übergang als
«1 kflnatUeh gemachter herausstellen, es ist im ganzen c. 15
tad selbst in den vom interpolator als fortsetzung in 16 dazu ge-
fügten teilen nur von einem einfall zu lande und einer dagegen vor-
gocmmenen landexpedition (ßorj8€ia) die rede, nun wftre an sich
die mOglichkeit nicht ausgeschlossen, dasz eine Seestadt von der
ludwite angegriffen, diesem angriff aber von seite derselben durch
eiaen einfall in feindesland auf dem seewege begegnet würde , wäh-
nai man mehr zum schein die feinde auch auf der landseite ver-
Ugte. ein verstftndiger autor hätte aber dann nicht den ausdruck
gebracht KOtrd OdXarrav Tf|v btufiv iroteicOar. denn da der begriff
da Terfolgena auch die mOglichkeit des erreichens in sich schlieszti
so ist niehi abzusehen, wie man eine landexpedition auf dem see-
veg« verfolgen kOnne: das wftre doch durch den einfachen be-
gnff des zuTorkommens zu bezeichnen gewesen: was unser autor
ftlbst in fühlen scheint, indem er nachher den ausdruck q>9dcai
wweadet. sonderbar und ganz in der weise des interpolators (nu
vgl S, 8, wo ich die von hm. L. vorgenommene rettung auch als
Tcnm^flckt ansehen musz) die verclausulienmg durch zwei bedin-
gOAgeu: 1) öiropxdvTUiV yc irXoiuiv, etwas das man doch bei einer
Meitadt von vom herein erwarten sollte, und besonders 2) iäv ^f|
ttto^OQc irX^uiv ihr' aÖTi&v. durch den umstand , dasz die see-
<ipefition vom lande aus gesehen wird, wird das q)0<icai an sich
Bxht veriundert, da dasselbe auf dem hiervon unabhängigen um-
itade beroht, dasz die schiffe sich schneller bew^en als die mann-
Kkaft Bttidiiert. femer ist es von vom herein unmöglich das ge-
Mkawerden zu verhindem, es sei denn dasz man für die Seefahrt
& nsdit auswähle: was ein verstftndiger autor kurz und bündig
Hg« würde.
hk hatte bemerkt, dasz der interpolator zum teil die gedanken
^AoMis wiedeifaolt, zum andern teil einiges (unbedeutende) neue
^srgebradit habe, für hm. L. steht nun aber als dogma fest, dasz
* ieh tUmoie jetat dem vf. bei, wenn er s. 4] das irpoc€<p^VTO
im Medieeos beiinbehalten anrSth gegenüber der Hercherschen con*
J*<ter «poopdpoivr' Av. sor ergSnrang fflge ich hlnsn dasz wir ia
^fm MlMv den inf. imperf. vor uns haben.
248 AHag: anz. y. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico.
der interpolator darcbaus nur die gedanken des Aeneas reproduciere:
also dürfe man auch nnr d4s athetieren , was absolut niclits anderes
sei als Wiederholung des im echten texte gegebenen, ftlr uns existiert
dieses ganz unbewiesene axiom nicht: ist ja doch a priori ein solcher
Pruritus auch einige eigne Weisheit vorzubringen einem interpolator
angemessen; nur wird sich dieselbe, abgesehen vom stile, der nicht
immer ein gleich sicheres kriterium ist, daran in der regel erkennen
lassen, dasz sie den sachlich unkundigen, den bloszen schwfttzer ver-
rSth, oder dasz sie unter dem scheine der ergKnzungen doch nur
Variationen des alten bietet.* auf den genannten falschen satz wird
^ 1, 8 wird doch auch von hro. L. dem interpolator xngeschrleben,
was Hercher unter den tezt gesetzt hatte; tö bt ircptöv irXf|0oc M^P^'
cavra irp6c t6 fif^xoc ti&v vuKTiItv xal ti&v «puXdxwv t6 irXfjidoc kotq-
vct^ai : hier will doch derselbe, was namentlich aus yJ^KOC rtSt^t vuktüv
hervorgeht, etwas neues hinzufügen, wobei es ganz irrelevant ist, o\>
er das aoch in c. 22 finden konnte, auch 3, 6 TÜbv dpx6vTUJV M irpo-
K€KXT)pO[»cOat de Ov IxacTot röirov usw., so nnklares gefasel dies aneb
ist, enthält etwas anderes als S, 1 cl ^Kdcng qniXQ |idpoc Ti toO Tdxovc
KXfipif) diroöciEcicv. ebenso sehr ist a priori der von hrn. h, aufffestellte
satz unwahrscheinlich, dasz nie ein interpolator darauf verfallen sei,
ein neues historisches beispiel anzufügen, diesem angeblichen axiom
haben wir es zu verdanken dasz hr. L. s. 86 e. 81, 9 nach IWppo-
V€V die von Hercher gestrichene längere erzählnng, die mit den werten
beginnt ^t^vcto bi trcpl 4iTiCToXf)v Totövöc, glücklich wieder in den teit
setzt, mit der doppelten änderung, dasi er das letzte drittel von t€x-
viKilfc bi an doch streicht und die ganze erzählung nach § 5 versetzen
will nach den werten übe dbriXordrac iroidv. demgemäsz wird nun die
lücke, die vor § 4 ist, von hrn. L. s. 86 so aosgeffillt, dasi dadurch
eine art Zusammenhang, ein gemeinsames zwischen der erzählnng § 4 f.
nnd dem fraglichen stuck hergestellt werden soll; es sei in beiden
fällen von einem boten die rede, dem man nicht trauen könne, da-
gegen ist 1) zu bemerken, dasz es unrichtig ist, diese voranssetsnng,
dasz ein brief auch einem boten verborgen bleibe, passe nnranf§if';
sie passt auch für die beisplele § 1 — 8 und für eine ganze reihe voo
den andern; 2) im ganzen cap. ist nur von solchen briefen die rede,
die entweder geheimschrift enthalten oder auf eine besondere
geheime art transportiert werden, in der von Hercher gestriche-
nen ersähinng ist aber von ganz gewöhnlichen briefen , die von jedem
gelesen und verstanden werden können, nnd von einem ganz gewöhn-
lichen transport derselben durch einen boten die rede, dar freilich den
verräther macht, die erzählung ist also dem Inhalt des cap. vollstän-
dig fremd, und das ganze gebände von hypothesen, bei denen ich in
der that bedaure, daaz hr. L. für seine combinationsgabe keinen w6r-
digern gegenständ gefunden hat, fällt in sich zusammen, ebenso InftifT
ist die Vermutung, dasz die erzählung, einmal ausgelassen und an den
rand geschrieben, mit der bemerkung begleitet woraen sei ^ea inserenda
esse post illud ezemplum, übt de insuenda epistula agatur'; der spStere
habe das misverstanden und habe daher nach Mppa^v die erzäblnn^;
eingefügt; werden solche Verweisungen gemacht, so lanten sie nach
dem schluszwort und nicht nach einer allgemeinen Inhaltsangabe, nnd
wozu gibt sich hr. L. alle diese mühe jene erzählung dem Aeneas zu
Tindicieren? doch wol nur nm das aziom, dasz der interpolator oder
die interpolatoren unter keinen umständen je eine eigne erzählung in
den text eingefügt hätten, mir entgegenhalten zu können, der ich in c. 19
and 23 spuren von solchen eingeschobenen erzählungen zu entdecken
AHog: ans, t. ACLaoge de Aeneae coxnmentario poliorcetico. 249
wm die Verteidigung von § 4 — 6 a. 11 — 13 gebaut und durch eine die
spitiea abbrechende Übersetzung gestützt, der gedanke, der in die-
ses §§ enthalten ist, Iftszt sich in folgende zwei sfttze zusammen-
diiiigen: 1) lasx die ins land eingefallenen feinde zuerst etwas ge-
wthreD, bis sie, sicher geworden, sich zu Unvorsichtigkeiten verleiten
lusen (4—6); 2) ist dir das nicht gelangen, sondern sind sie mit der
beute bereits über die grenzen zurückgegangen , so verfolge sie auf
anderen wegen und überfalle sie in der gegend der grenze wfthrend
der abendmahlzeit (11— 13). diese rathschlKge würden von Aeneas
§ 1 mit den Worten eingeleitet: 'folgendes wäre eine andere bessere
irt der ßorjOeicu' es ist aber rein nicht abzusehen, wie Aeneas diese
aStie ab einen äXXoc TpÖTroc ßonOeiac hätte bezeichnen können, der
den vorher von ihm geschilderten vorzuziehen wäre: denn durch
dieselben werden die in c. 15 gegebenen regeln in keiner weise tan-
^ert, sondern bleiben in voller kraft bestehen, sodann hat L. durch
tromuDg der §§ 7 — 10 von 11 — 13, die er verschiedenen autoren
xQsdnreibt, den offenbar beabsichtigten Zusammenhang zerstört; auf
^ X€i)XorröOvT€C xai TreirXiipu)fJi^voi Xa9upujv in § 8, in welchem
zustande man die feinde angreifen soll, bezieht sich § 11 als gegen-
oti: 'sollten aber diese angriffe auf die feinde in deinem eignen lande
sieht gelungen sein, sondern dieselben unversehrt mit der beute sich
ia ihr land zurückgezogen haben (£dv bk XdOg f{ qpOdcq lä Ik Tf\c
XuipQC XcTiXaTY^O^vra), nun so verfolge sie bis in ihr eignes gebiet
biaein'; wobei aber in merkwürdiger weise, nachdem sie bereits bis
aber die grenze zurückgekehrt gedacht sind , doch noch empfohlen
wird ihnen in der g^;end der grenze (ir€pl Td 6pia) aufzulauern,
«usordem haben die von L. beibehaltenen stücke nicht minder als
die von uns beiden gestrichenen abschnitte einen rhetorisierenden
chinkteri der sich im breittreten derselben unwichtigen gedanken
iQfiert, worunter besonders hervorzuheben ist, dasz die feinde ein-
mal im besitze von beute sich der habsucht und Völlerei im essen
aod trinken überlassen und jede vorsieht und mannszucht vergessen
werden: § 5 (nach L. echt) £^a h* dv ciriujv Kod iröc€U)c TrXr)pou-
ucwH dpeXeic xal direiOctc toTc dpxouci tWvoivto — § 8 (nach L.
uMcht) Iva X€T|XoToOvT€C Kai iT€irXiipu)fi^voi Xa9!}pu)v ßqibiwc coi
T^ hiajy bujciv. § 12 (nach L. echt) o\ ydp XeiiXaryicavTec . . irpöc
Mu|iiav Tpeirö^evoi d9uXaicT0T^puic dv biaK^oiVTO und vorher ebd.
Tnv y iiriOeciv auroic iroieicOai bemvoTioiouM^voic uam. vgl. fer-
str in § 4 die wichtigthuende, den rhetor verrathende einleitung die-
N* angeblichen dXXoc Tpörroc ßoriOeiac ßeXTiuJV mit den werten bei
Tip c€ clb^vat, ÖTt Twv noXe^iujv o\>i€Tdcuv^c€uic Kai
^KiCTrJMn^ T^TVÖ^evoi dv iroX€^iqiusw. wo in aller weit hat
Aeaeaa eine solche classe von wissenschaftlich verfahrenden feinden
^atcncfaieden? und was thun diese mit einsieht und Wissenschaft
t\mihU (ond noch jetst glaube), sehr komisch ist es sa sehen, wie br.
• «- M a. 162 sich dreht lud windet, um dieses sein dogma mit der
sich iha notwendig scheinenden athetese 81, 24 in einklang su bringen.
250 AHug! ans. ▼. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico.
verfahrenden feinde? im an fang (kqt' dpx<ic)-ftlhren8ieibr]iaapU
Corps in Ordnung dorch das von ihnen Überfallene land; her nach
aber lassen sich diese einsichtigen und wissenschaftlichen feinde Ton
der lust an beute und am essen und trinken zur Sorglosigkeit und
unbotmftszigkeit gegen ihre befehlshaber verleiten, welchen omstasd
der Verteidiger des Tandes zu benutzen aufgefordert wird, was wür-
den wol iroX^^ioi £v6U cuv^ceujc kqI diriCT^^ric thun? wahrschein-
lich ganz das nemliche. zu den merkmalen der interpolation rechne
ich die stilistisch wie sachlich ebenso unerträgliche Wiederholung des
begriffs (pOdvciv: vgl. § 9 q>Odc€iav, § 11 (pOdcij und <pedcav, § 12
90dcai, § 13 wieder qpOdcai. dasz der interpolator mit dem begriff
q)8<iv€iv gern operiert, besonders in der auch hier vorkonmienden
Verbindung § 13 XaOeTv f\ q>8dcai, habe ich in den proleg. mehr-
fach hervorgehoben; wobei ich natürlich nicht bestreite, dasz auch
der echte Aeneas diese Verbindung habe anwenden kOnnen; doch
sehe ich sie blosz noch in 37, 6 (während 22, 6, wie ich bei dieser
gelegenheit bemerken will , mir als blosze Variation zu 22, 5 schon
längst verdächtig ist), auch in den von L. selbst anerkannten athe*
tesen 28, 5 und 22, 19 kommt diese Verbindung vor. doch wenn
diese beobachtung nicht als zwingend angesehen werden, sondern
blosz als Unterstützung da dienen kann, wo sonstige verdachtsgrOnde
vorliegen, so musz ich gegenüber hm. L. doch darauf beharren, dasz
der ausgibige gebrauch von cO in seinen verschiedenen casus nnd
der zweiten singularperson (ind. praes. oder fut. oder imper.) in c. 16
etwas dem sonstigen individuellen usus des Aeneas fremdartigeg
hat (vgl. proleg. s. 13); mit der allgemeinen behauptung, dasz ein
solcher gebrauch gut griechisch sei , ist eine individuelle beobach-
tung bei einem einzelnen Schriftsteller nicht widerlegt, auch wenn
wirklich 31, 18 für den gebrauch des imperative (um den es sich
nicht allein handelt) ein sicherer beleg wäre.* und mit dieser eigen-
tümlichkeit der von mir ausgeschiedenen bestandteile von c. 16
stimmt auch c. 9 , und nur dieses , merkwürdig zusammen : vgl. § 1
imövra rrpöc c€, toöc ceauroO, § 2 buvacot^ § 3 £fiiroiif|C€ic, iii^a-
pacKCudceic.
Auch in diesem c. 9 hat sich L. dem gewicht der von mir aus-
gesprochenen gründe für die athetese nicht ganz entziehen können,
er reduciert dieselbe auf § 3. will er sich der schluszfolgemng
entziehen, die ich aus den auch von ihm athetierten Worten 16, 3
fi^a T(&v liiv TÖ beTpa dq>aipoOvTa, rote bk Odpcoc ^iroioOvta,
ToCic bi öirXiZovra gezogen habe, dasz wir dort den gleichen inter-
polator vor uns haben, der 9, 3 schrieb Totc jiky qpiXtoic Gdpcoc
* da«! 6€l C€ el6^vai 16, 4 nicht mit dem sprachsebrAnche des
Aeneas stimmt, sollte doch L. sngeben, er der s. 88 bei einer andern
gelegenheit selbst sagt: 'nee sabiectam desiderari in hoo praeeepto
sezcenti similes loci apnd Aeneam edocent.' * hier will L. allerdtnga
jetst nicht mit Hercher bOvacai d1roTp<g^lat (Med. bi>vavTat dwoTp^trat)
sondern bOvavrai diroTp^wccOai lesen.
AHog: anz. v. ACLaage de Aeneae comme&tario pölioreetico. 251
ilitot^cctc . . tote bk iroXc^iotc qpößov d^irapaaceuäceic? und die-
ser iBiMpolator, der auch nach L. dort ein sehr umfangreiches stück
aalg^f soll sieh hier auf diesen § beschrftnkt haben? jedenfalls
haboi wir alle Teranlassnng nns die nftchsten Umgebungen darauf hin
umseben, und sollte sich auch da rhetorisches geflunker zeigen statt
nfiehten saehrerstftndiger behandlung, so ist der yerdacht wissen-
ichaftHeh berechtigt, aber, ruft L. aus, 'obitertantum loco inspecto'
hitta ieb c. 9 gar nicht yerstanden; er belehrt mich, OpacüvecOai Tl
änxcipctv bedeute *einen kecken handstreich wagen wollen' (wo-
bodis 'wollen' willktlrlicher zusatz ist), dh. L. sagt dasselbe, was ich
sagte proleg. s. 14: 'quod verbum siye censeas adsubitosinmu-
rot facto 8 impetus spectare sire intellegi malis de incursionibus
iloitnuD in ciritaüs agros.' ein hauptbedenken war, dasz die erwKh-
wag eines solchen kecken handstreichs auf die stadt selbst bei der
guuen sQoeesslT und chronologisch Torschreitenden disposition die-
ses tnetates (vgl. meine praefatio s. X) noch nicht hierher passe,
Madern erst in die spätem cap. gehören wttrde {vgl, zb. 39, 6 1\br\
^ tivcc Toic Gpamvo^^voic t€ X(av Kai irpocireXdlouct tiISj tcCxci),
^ tber auch das frühere Stadium plötzlicher einfalle in das land
Qsd Oorer abwehr durch ßorjOcton erst in c. 15 behandelt werde, hr.
L veisz ebenso wenig wie ich , ob das erstere oder das letztere ge-
BciBt ist, Wel in agros vel in urbem' sagt er ebenso unbestimmt
^ idi. «ramm sagt uns der Schriftsteller hierüber nichts? Aeneas
P^t sicD sonst deutlich auszudrücken: 15, 1 dirl t& KQKoOfieva
T^ic xtupac. L. scheint der ansieht zu sein, dasz die feinde in die-
3«Q moment, wo sie den handstreich unternehmen, die grenzen des
^ote noch gar nicht überschritten hätten, in der that scheint es
^<^iigsteiis nach § 2 dasz sie bis dahin noch ruhig zu hause sitzen :
n TJjv ir6Xtv, womit o\ dtnövrec irpöc C€ wieder nicht recht stim-
&a wül, während diese worte sich mit der andern möglichkeit €lc
^ crpoTÖirebov Tdiv ttoXc^Cuiv allenfalls noch vertragen.
Zugegeben aber, es sei mit L. an einen plötzlichen hand-
streich la denken, der sonderbarer weise noch Ton dem feindlichen
g«bict tos selbst betrieben würde (wobei dessen grenzen jedenfalls
Outthe zu denken wären), so ist doch die gemütlichkeit, mit
^diesem handstreich, der bereits im thun ist', begegnet wird,
*>Uift staunenswert, in einem solchen falle würden doch die 'bür-
^ oder Soldaten' sofort auf den bedrohten punct berufen, um
^<*Mlbe& zu verteidigen, statt dessen sollen 1) gewisse puncto (tö-
^oiTiv^c) und zwar wunderbarer weise Tf)c olKcCac X^P^^^ (^^^ ^^
'^ttdit sdbetverständlich wäre) besetzt, 2) nachdem das geschehen,
^ facKXi)cfax zusammenberufen werden, um die bürger auf die ihnen
* iv epac6vcc6a( ti (wtX€ipd>ctv. man sage nicht dass das be-
^'^^ kSaaa 'wenn die nachrieht (etwa duroh tiberUnfer oder 8<nut
*|* «a 4i«li gelangt, dass ein solcher streich geplant werde', der
^^ Ataeaa spricht sich in solchen fällen dentlich aas: 8. 15, 1 dv Tt
252 AHag: anz. y. ACLange de Aeneae commentario polioroeiico.
bevorstehende irpolEic vorzubereiten und sie aufzufordern, sofern dea
nachts ein trompetensignal ertönen sollte , mit den waffen an einem
bestimmten platze zu erscheinen und dann dem feldherm zu folgen,
man begreift in der that nicht, warum die Soldaten bei dem drohen-
den plötzlichen handstreich nicht jetzt schon vom feldherm zurück*
behalten, sondern noch gemütlich in ihre quartiere entlassen werden«
auf die merkwürdigkeit, dasz das signal gerade auf dienachtzeit
in aussieht genommen wird, während man doch meinen sollte, die
zeit würde durch das herannahen der feinde bestimmti antwortet L
mit der bemerkung, es verstehe sich von selbst, dass der feind des
nachts den angriff machen werde: wer weisz, ob diese es nicht
vorziehen würden, wissend dasz man sie erst des nachts erwarte,
gerade zu einer unerwarteten zeit am tage die Überrumpelung zu
versuchen, etwa zu den stunden wo diese bürgerschafb, von ihrem
feldherrn ruhig wieder entlassen, ihr mitiagsschläfchen hielte? sollte
aber yon vom herein nur an die möglichkeit eines nächtlichen hand-
streichs gedacht werden, so hätte ein verständiger autor dieses vuktöc
schon zu seinem Opacüvecdai als nähere bestimmung hinzngefü^ ea
ist sehr zu fürchten dasz, wenn die feinde diese gemütliche geschäfli-
behandlnng yon seite der stadtstrategen erfahren, sie nicht, wie un-
ser rhetor meint, abgeschreckt, sondern vielmehr ermuntert wer-
den, das ganze cap. aber hat keinen andern zweck als zu beweLten,
welche wunder eine wol angebrachte contio auf freund and feind
zu wirken im stände sei: es ist also ein neues praeceptum^ das der|
rhetor hier aus eigner küche uns gibt, mit einziger entlehnung
der TÖiroi Tiv^c aus 16, 17, nar dasz hier noch oUeloc tbörichter
weise zu Tf^c X^P<^C hinzugefügt wird, dort dagegen wird ans an-
gegeben welche TÖirot gemeint seien: es sind solche die die itdpoboc
zur Stadt beherschen.
Hr. L. sucht sodann auch das von mir einem interpolator zu-
geschriebene stück 32, 8 — 10, welches die einzige erwähnong der
wandeltürme und katapulten enthält, in weitläufiger Verteidigung
s. 105 — 110 zu retten, auf die frage des Zusammenhangs (vgl. m.
proleg. s. 8 f.) trete ich hier nicht mehr ein und überlasse ee dem
mhig prüfenden leser, ob er die von L. hier statuierte künstlich«,
einteilung nach unbeweglichen und beweglichen ^r)xovii^aTa
für so einleuchtend erachtet, dasz er die einschiebang der wandel-
türme zwischen der behandlung des Kpuk § 7 Q &v Kpiöc iipocd-
TH^ai T(|i T€iX€i und der mit ganz parallelen werten eingeleite t«-c
behandlung der x^Xtlivr) § 11 Q b' fiv ToO reixouc x^^^vii Ttpoc-
axOeica büyiiTai tö tcixoc biopü£ai f{ KQTaßaXetv als wahr-
scheinlich ansieht, ich modificiere meine früher vorgetragene an«
sieht bloez in d6m puncto, dasz ich in dem Schreiber der fraglich oe
Worte einen rhetor und nicht einen praktischen militär yor mir seh«:
und mir daraus das sehr bescheidene wissen, das er vorträgt, er
kläre, betrachten wir dasselbe etwas näher, das erste von den
Schreiber vorgeschlagene mittel gegen die wandeltürme iät das Otto
ABagt ans. ▼. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico. 23S
(MCCSiv, das ans der praxis allgemein bekannt war. das zweite gegen-
oitlslistdie mit wenig variaücn vorgebrachte copie von §2dvTa(-
p€c6ai ht icäpTouc EuXivouc i^ fiXXa fii|in ^k q>op^aiv nXiipou-
M^viuv ^ß&\iixov fi Ik XOuiv fi £k ttXIvOuiv, wofür hier ge-
ttgt ist {ircrra fcuiOcv dvToipciv dx (pop^il^v irXtipouM^vuiv
fdfifiou i^ Ik XiOuiv tuiv öirapxövTuiv fpufüia, was doch
wol das gleiche ist^ nur dasz hier ein beim interpolator sehr beliebtes
oi ihnipxovTCC sn den Xtdoi hinznkonmit' das dritte gegenmittel
ist dem wesen nach identisch mit den § 2 vorgeschlagenen rapcoC
aad den § 8 gegen die Kptol proponierten cdKKOi, nnr hSlt sich hier
der Schreiber an den allgemeinen begriff irpoKaXi}irr€iv irapatreTdc-
MorallkTta, ^pii^OTO t^ €icaq)i€|yi^vuiv ßeXuiv, während Aeneas
&se ipüiuna genauer specialisiert. man wird erwidern , dasz es in
instar der sache liege, die gleichen* gegenmittel gegen diejenigen
gwchoise cn gebrauchen, die von den unbeweglichen belagerungs-
tflnscB herkommen, wie gegen diejenigen die von den wandeltürmen
abgMchoesen werden, gewis; aber dann würde sich ein sachverstän-
diger sntor nicht den sdiein geben, als ob er hier etwas neues, der
mteidigang gegen die wandeltttrme eigentümliches vorbrächte;
eis Aeneas hätte einfach mit einem die TrpOT^Ypairrai auf die frühere
«dUhrang verwiesen, unser autor ist aber auch mit der wieder-
MiBg der Bwei schon früher angegebenen abwehren gegen geschosse
sod nicht zufrieden, er ftlhlt sich berufen seine Weisheit noch ein-
ml za verkünden in § 10 TÖ bi oörö iroieiv kqI $ fiv dXXi] toO
Tiixouc (wo denn anders als woher eben geschosse kommen kün-
Ma?) ihr€pirrrf) jiTvÖMCva rd ß^Xt] touc dirnpcTouvrdc n kqI toOc
imopcuoiiiivouc ßXdirrn xai TiTpidocQ. ich glaubte früher mich
■H den sachlichen gründen und denen des zusammenhange begnü-
gen und den rhetorischen Charakter einfach andeuten zu können.
L aOtigt mich den stil noch etwas genauer zu zergliedern, der echte
AensM als der nüchterne, kni^pe und sachverständige Schriftsteller
Oft § 2 mit elaseischer einfachheit Icxoi€V &v xd P^X^. unser autor
iber gibt ans über die ß^Xr) vielfache belehrung: 1) dasz sie von den
fciidfln herkommen (§ 8 rd iK tuiv dvovriuiv ß^Xn) , 2) dasz sie in
die itadt hineingeschossen werden (§ 9 tuiv clcaqpiefüi^vuiv ßeXuiv),
3t er erwähnt zweimal dasz sie über die höhe der mauer hinaus-
^MBnen (rd ÖYrcpirdrrovTa Tdiv ߀Xu»v § 9 und öncpircTf) t^tvö-
Mou Td ßAii § 10), 4) dasz diese bösen ß^Xr) schaden anrichten und
(ßXdirn) KoA TtTpuiCKi)) : erst jetzt natürlich wird uns
* Ttl« den Ton Hereher S3, 4 nael^ &uiO€v beseitigten lusati xal
^ Ti ocq Ik Tdrv coi 6icapxövTUiv (cuvuirapxövruiv ist cormptel aas
<K) tApcra ci bi |Af| Ik TObv tn<nara oUiubv KaOatpoOvra (das leti tere
^b t, f Ik Tihf IrnixdTui o(kiiIpv): dieser susati ist an sieb völlig
^f «aa nicht hindert dass er läppisch ist. merkwUrdirer weise aber
M U aash diesan wieder gerettet s. 89, ans dem gründe weil er ihn
^ cermpt balte: 'sed delere illa, qnae quid signiticent ignoro, non
*^<ia'« TgL 40, 1 ol 6irdpxovT€C dvOpuitroi in den von mir beseitigten
254 AHug: anz. v. ACLange de Aeneae commentario polioroetico.
klar, warum man sich gegen sie schützen mnsz; 5) diejenigen aber,
die geschädigt und verwundet werden , zerfallen in zwei dassen : in
die öirnp€TOUVTec und die biairopeuö|ievoi. L. wird natOrlich wie-
der antworten, wie in diesen fallen gewöhnlich: das sei ja alles wahr,
wir wollen ihm diesen trost nicht rauben, nur soll er nicht graben
mit dem palliaÜTmittelchen hier durchzukommen, blosz dpufiaxa
Tiltv elcaq)i€^^vu)V ßeXoiv zu streichen: damit wird der Charakter
leeres geschwätzes, den die ganze stelle von £ii€iTa bis Tirptuoci)
hat, nicht aufgehoben, das vorhergehende stttck irpdc bt . • i^o-
pUTMGtTa streichen wir wesentlich aus gründen des Zusammenhang
und weil uns die belehrung über das verfahren gegen die wandel-
türme und die darauf befindlichen schweren gesohütze für einen mili-
tär zu mager ist.
In 2, 7 und 8, welche stelle L. s. 117 — 120 gegen mich ebenso
eifrig veiteidigt, hat er vielleicht mit recht eine störende gramma-
tische incongruenz dadurch beseitigt, dasz er die als dittographie der
endung von toijtoic streicht, auch hierin geben wir ihm red^ wenn
er als Voraussetzung für den ganzen passus die ergftnzung hinaiinimt
'non obstructis areis', obsehon wir von seite eines klar schreibenden
Schriftstellers eine andeutung hiervon erwarten würden, aber wenn
ich dieses beides zugestehe, was wird für die hauptfrage gewonnen?
ich erkl&rte rd utrevavria toütoic als einen der vorangegangenen
regel (die freien plfttze zu verbarricadieren) entgegengesetzten vor*
schlag. L. hält sich an die Übersetzung Küchljs ^einwände gegen das
vorhergehende', was meines erachtens praktisch auf dasselbe hinaus-
kommt : denn wer einwendungen gegen die vorteile der verbarrica*
dierung erhebt , will den rath erteilen es zu unterlassen, nur musz.
ich gegen Eöchlj und L. bemerken, dasz in ^oiCT^ov nicht der be-
griff des 'erörtems' liegt, sondern dasz dieses verbum bloea * vor-
tragen' bedeutet in der that werden die 'einwendungen' bloss vor>
getragen ohne jegliche äuszerung darüber, ob sie ganz oder teilweise
berechtigt seien, und gerade das ist unter der voraussetsong, dasz
Aeneas autor sei, rein unbegreiflich : in irgend einer weise mllste er
sich doch mit diesen einwendungen abfinden, bzw. sie widerlegen.
betrachten wir die einwendungen selbst, wie sie L. durch interpreta«
tion herausgebracht hat: *die verbarricadierung soll nicht stati&nden,
wenn zwei oder drei freie platze sind (oder, fügen wir hinzu, vier
oder fünf usw., überhaupt 1 -f~ ^)i clagegen soll sie stattfinden
1) wenn nur 6in freier platz da ist, oder 2) ^si adversarionun manus i
maxima est metuenda' (dh. fügen wir hinzu: *wenn mehrere freir
platze da sind), welch ein9 ungeheuerliche ausdrucksweise , um i
schlieszlich blosz zu sagen : es empfiehlt sich die verbarricadierung i
dann, wenn nur ein platz ist. das hinzufügen einer zweiten be-|
dingung'® (ci ^KdcTip jiip^i öncp^xo^^v, welche werte sich übrigens
mit der Langeschen Übersetzung keineswegs decken) bringt yOUigt-
'® vgl. 16, 13 die yerclaasulierang darch ^&v ^?l KaToq;>6Qc irX^uiv.
AHag: aiiz. y. ACLaoge de Aeneae commentario poliorcetico. 255
Terwimmg. als ob man schon zu der zeit, wo man beschlusz über
die Terbarricadiemng zn fassen hat, zum voraus wissen könnte, ob
die feinde sp&ter dKdcTip ^^p€i überlegen sein werden oder nicht ;
iisd sie 68 aber schon von anfang an (dKäcTifi fi^pei, was doch wol
kiszeB soll 'an jedem der freien platze'), so wird überhaupt die be-
Klilosz&sanng unnOtig sein, es kommt noch daza die weitere an-
kkrheit, auf die ich schon früher hinwies, dasz die ivavrioi und
mvavTloi merkwürdiger weise nicht die zuerst genannten iTTißou-
UiiovTCC sind, sondern die bürger selbst : oWv tQ iröXet. im gründe
tpiegelt sich die Verlegenheit des Verteidigers unserer stelle sehr
deatUeh in seinen worten ^praeterea, etsi fortasse paulo darius
Kutentia ezprimi potuisset, tarnen iniuria obscuritatis iusto
B&ioris auctor accosatur'. mOge uns hr. L. mitteilen, welches
uch seiner ansieht das billige masz der 'obscuritas' ist, die dem
Aeneas noch verziehen werden kann; für den Aeneas, wie wir ihn
knmen, ist dergleichen zu schlecht; für uns ist, wer so schreibt, ein
Tortmacfaer, der sich übrigens auch dadurch charakterisiert, dasz er
19 &v vpoKOTaXapßdvuJCtv ol ^TrtßouXeuovrec noch eine begründung
fSr nOtig hftlt: KOivoC T^P xai dvöc ÖVTOC toitou toioutou tiBv
fdacdvTuiv &v eil) tö IpTOV. ist denn nicht ebenso gut tuiv
fdocdvTuiv TÖ fpTOV in dem nachher vorausgesetzten falle, dasz die
gieidiea lente unter drei plfttzen zwei einnehmen? diese rettung
kennen wir ebensowenig anerkennen wie die frühem.
31 am schlusz von § 14 hat Horcher (und ich bin ihm gefolgt)
fvlgende erzfthlung gestrichen: X^T^xai b^ Kai elc iruSiov "XQd^^aYva
^{kayn die ߀XT{cTiti däv £i]pov8f)vai £iretTa Xeuxdicavra dcpaviZeiv
id "ifiä^iiiaja. ötqv oSv d9iKi|Tai irapd töv irefiiröpevov, Xaßövra
uc ubciip Ocivat TÖ miiiov. 9aveiTai oCv iy tijj {iboTi dxpißuic
TovTa Td TCTP<W^^va. L. verwandelt diese erzfthlung s. 88 <)urch
ocendalionen in ein praeceptum (er schreibt zb. draOöv statt X^T^"
toi), und wir glauben er hat hierin recht, da das folgende in der that
iureh ÖTOV nnd qNZveiTQi diesen Charakter verrftth. ob er berechtigt
•at den barbarischen ausdruck irapd TÖv irefinöfievov in irap' 8v
bei zB verwandeln, wird freilich eine andere frage sein; aber da er
di beispiel dem Aeneas vindiciert, ist er natürlich dazu genötigt,
^d wir wollen auch hierin nicht mit ihm rechten, aber die sach-
Uhen gründe, aus denen Hercher dieses beispiel beseitigte, sind
ulaetwegs 'futiles', sondern bleiben vollkommen bestehen. 1) ist
^ beispiel in technischer beziehung mit dem folgenden fast iden«
*.Hh, denn das TiivdKiov von § 15 könnte auch ein ttuÜov sein; das
lacht ttr die sache nichts aus ; das schreiben und überweiszen des
|t»ckriebenen und die nachherige ablösung der kreide durch eine
i&ttigkeit bilden wieder vollkommene Übereinstimmung; dabei ist
*3 TÖlÜg irrelevant, ob öl oder wasser dazu verwendet werde (ich
übe darüber sachverst&ndige gefragt), hfttte daher Aeneas selbst
Kxk an die möglichkeit des wassere gedacht, so hfttte er sicherlich in
>^ folgenden erzfthlung § 16 am ende blosz gesagt 6eivai elc ^atov
256 AHug: anz. t. ACLange de Aeneae commentario poliorcetieo.
i^Kaiöbuip, und damit wftre die ganze Bcbreiberei ttberein beson-
deres beispiel Überflüssig geworden, nnn sagt freilich L.: *certe
mnlto simpliciorest haec ratio (nemlich in anserm beispiel): qua
in simplicitate ipsa cum offendit Hercherus, iusto longius procedit.'
gerade dieser punct bildet das entscheidende, bei dem beispiel § 15 f.
bat das überweiszen einen guten sinn : es wird auf kreidegnmd ein
*beiligenbild' gemalt und dasselbe in einer capelle als votivgemftlde
aufgebftngt. und darin eben liegt der witz der sache. niemand
ahnt dann, dasz unier der kreide und unter dem gemttlde ein brief
verborgen sei ; der durch das yerfahren hergestellte gegenständ ist
ein im gewöhnlichen leben vorkommender und daher dem verdacht
nicht ausgesetzt, man erzählt sich, dasz bei der verschwömng der
Carbonari aus dem Schweizercanton Tessin eine menge von gebet-
büchem nach Italien geschmuggelt wurde mit dem gewöhnlichen
einband derselben und mit den gewöhnlichen gebeten, nur dasz auf
gewissen den eingeweihten bekannten selten statt dieser gebete
revolutionäre proclamationen enthalten waren, also auch hier wie
in dem echten beispiel des Aeneas die einschmuggelung unter der
firma eines der andacht geweihten gegenständes, aber in dem an-
dern beispiel hat das nu£iov XcuxuiO^v ohne darauf folgende über-
malung keinen sinn, dieser gegenständ ist im praktischen leben
nichts , mttste also gerade umgekehrt als etwas auszergewOhnlichea
verdacht erwecken, das procedere ist an sich mOglich, hfttte aber
nicht mehr bedeutung als ein irgendwie verschlossener brief, ja
würde umgekehrt wegen seiner &uszem gestalt zur confiscation auf-
fordern, dagegen ist das beispiel ftir unsere interpolatoren charak-
teristisch, die sich damit begnügten ein ntvdKiov zu einem miEiov
zu individualisieren und statt Ol wasser zu setzen.
Gehen wir zu weniger selbständigen stücken über, die mehr als
ausschmückende zusätze zu betrachten sind. s. 71 empfiehlt uns
hr. L. zu 5, 1 £Tr€tTa TruXuipoOc KaOtcrdvat \ii\ TOirc tuxövtqc ÄkXä
q>pov(MOuc xal ärx^vouc den von Hercher beseitigten lusatz icat yr\
uTTOVociv }xi\ buvap^vouc d€( n toiv eicKO^tZofi^vuiv in der von ihm
'emendierten' form ibiq, Tt T(£rv eicK0^t2[0fi^vu;v wieder aofouneh-
men mit der erklftrung: *und nicht solche (neve eos) die nicht Im
Stande sind auf eigene faust' (oder ^für sich') 'suspectare quae im-
portentur'. was heiszt wol *auf eigene faust' etwas beargwöhnen V
die emendation ist ebenso abscheulich wie die restitution dieser
schleppenden, in ganz ungehöriger weise einen speciellen fall heraus-
hebenden erklftrung des prftdicates drxivouc — s. 73 f. und 171
behandelt L. die werte 10, 19 et ttc ßouXerai dni^vat )yif| dpcocö-
M€voc Toic TrapoOciv, ^ctvat dTroXXdrrecOai, dXX' Ccrcpov rrcirui-
Xif|C€Tm. Td b' iXdccw toutujv dbiicfi^aTa xard rdv vö)iOv töv
TrpoKctficvov bcc^öc f) lr\\xia * £dv bi Tic (pa(viiTai ßXdnrwv Tt rö
CTpdT€U|yia i^ biaXüuiv tö crpaTÖTrebov, Odvaroc ^cnu f| Hiiiiia.
durch Herchers und meine athetesen hatte diese stelle folgende ein-
fache gestalt angenommen: €l Tic ßoOXcTai ditt^vai ^f) d^CKÖ^€voc
Aflug: uuL V. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico. 25T
Tok irapoOciv, äeivat dTraXXdrTecOai * d&v hi Tic qpaiviiTat ßXdTiTuiv
Ti TÖ apcttcu^a t\ biaXüuiv tö cTpaTÖrrebov, Gdvaroc £ctui f) lr\iiia.
Herder hatte rd b* iXdccui . . lr\^ia gestrichen, ich dem noch hin-
lagefttgt die in der hs. vorhergehenden worte dXX* uCTCpov Treiiui-
X^€Tat, Ton der ansieht ausgehend, der interpolator habe hier eine
Kb5o8 scala von strafen herstellen wollen : TrerruiXrjceTai , becfiöc,
OdvoTOC. L. restituiert, was Hercher und ich gestrichen hatte, mit
onutellang nnd &ndemng: et Tic ßouXeTai dtriivai \xi\ dpeCKÖfievoc
TokiropouciVt ilexyai dTraXXdrrecOoi, dXX* öcTepov TreTruiXnceTai'
^av hl Tic qMiiviiTai ßXdTTTuiv ti tö cTpdTCu^a f\ biaXuuiv tö CTpa-
Töinbov, 9dvaToc Jctuj f| 2Ii]fi{a' twv 5' iXaccövuiv toutujv
dbtxrmdTuiv Korrd töv vö^ov töv TrpoKeifievov (oder TT€p\ bk Td
^Xdccui TOtJTUiv dbuc/j^aTa) becpöc f| lr\^\a. was zunächst die erste
fehr gewaltsame Snderung betrifft, so dürfte sie wegen der Zwei-
deutigkeit des TOUTuiv, das jedermann auf dbiicnM<^UJV beziehen
vtlrde, sich kaum empfehlen; mit der zweiten irepl bk Td mag er
eber das richtige getroffen haben , nur wird die Schreibweise kaum
clissisch sein, die Umstellung hat L. nach Herchers bemerkung ge-
macht, dasz der interpolator diesen satz Td b^ dXdccu) hinter Odva-
Toc fcTUi f| Zt\\i\a setzen wollte, nur hatte Hercher diesen zusatz
ftis thOridit angesehen, was er auch ist, 1) weil man bei der unbe-
itimniUieit des ausdrucks ßXdTTTwv Ti tö CTpdTCOfia fi biaXuuiv tö
crpctrdircbov, womit jede meuterische oder yerrtttherische handlunga-
veise bezeichnet wird, gar nicht weisz, in welchem gebiet die £Xdc-
cu dbticifi^aTa in diesem zusammenhange gesucht werden sollen:
^esB es handelt sich hier gar nicht um die kriegszucht im allgemei-
aco, •ondem nur um die treue des ieviKÖV CTpaTÖTiebov. 2) aus
«bcB dem gründe offenbar nahm auch Hercher anstosz an xaTd töv
^^v töv irpOKetpevov, unter welchem hier ja nur das eben jetzt erst
n Terkfladende gesetz zu verstehen wäre, jedenfalls ist es wider-
en, wenn man im ersten moment, wo man einem neuen Söldner-
ictf durch den herold die kriegsgesetze verkündet, in dieser ver-
tfiadmig sieh auf das bestehende gesetz beruft, dagegen hat der
Atcrpolator wol an bereits bestehende landesgesetze gedacht, s. 171
4t Boa Boeh L. 'diu iterum atque iterum deliberata re' dazu gelangt
^ Toa mir gestrichene dXX' CcT€pov ircTruiXriceTai zu schützen.
HSiiend aus dem vorhergehenden sich keine andere ergftnzung als
aotivienmg dieser strafe ergeben kann als }ii\ dpeCKÖfi€VOC TOic
copoCav, was doch zunächst nur eine innere Stimmung bezeichnet,
^ lolaiige sie nicht in worte nnd handlungen umschlägt, der äuszem
i^nfe aicbt verfallen kann, interpretiert L. folgendes hinein: ^si
^vvaaesiit^ ae audeant in posterum profiteri, sese non esse contentos
roTiB ttata, sermonibusque et lamentationibus suis alios quoque in
«3181 seatentiam perducere.' sollte aber dieses \if[ dp€CKÖ|i€VOC TO ic
^^ipoOciv sich auf diese weise äuszem, was doch ausgedrückt sein
Bttite, 10 unterscheidet sich diese offenbare meuterei in keiner weise
TOB den folgenden biaXuu>v tö cTpaTÖTiebov «» ^milites ad seditio*
fir cbM. pbiloL 1S79 hH.I. 17
258 AHug: anz. v. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico.
nem excitare', und in der that ist kein grnnd zu einer solchen gra-
dation von strafen bei vergehen die einander so ähnlich sehen wie
ein ei dem andern, zu der Unklarheit des ausdrucks kommt noch
der schroffe Übergang von d^eivai zum ind. fut innerhalb desselben
Satzes ; viel milder ist der Übergang von dem auch ein sollen aus-
drückenden inf. ('es soll gestattet sein' «= directes iiicTWi) in den
imp. fcTUi f) 2[Ti^ia, der erst nach einem neuen Vordersatz läy bi Tic
q)aiVT)Tai eintritt, ganz ebenso 11, 9 nach vorangegangenem Infini-
tiv £dv bk (pav^, Tiacx^TUi ti. dagegen steht unser beispiel, wenn
wir die fraglichen worte beibehalten, auch in der von L. s. 40 £. ge-
brachten samlung allein da. — 10, 24 und 25 liest L. (man musz es
mühsam aus s. 75 ff. und s. 124 ff. zusammenlesen) so : idv bk dpa
bucx€pk fi \xv:ä buvaTÜJV (Med. Tuivbe tOuv) Tipocpaceuiv ^ncfi-
Treiv, cuvbidT€iv aurouc ujc dXaxicTuiv ^eT^xoviac ^pTUJV kqi irpd-
Eewv KQi liiere öttou fcovrai ^rJT€ öti TipdEouci 7rpo€ib^vai ^f\y kqi
UJC f^KiCTQ im cq)(£)V auTÜüv biaTcXeiv (Med. bianipouvrac) kqI
vuKTa Kai fiM^pav Kai dXXac £tt* dXXaic TrpdEeic Kai XeiTOupT^oc
aÖTOic TÖ TTXf]6oc ^TTippeiv dvuTTÖTTTwc , pe6' iliv ävTec Iv q)uXaK^
pSXXov fcovTai t\ q)uXd£o\jciTi. fcTwcav hi bieiXii^^^voi eic irapa-
TTipTiciv ' oikw ifdp dv biaKCifxevoi i^KiCTa dv buvaivTO veurrcpicat
da mag als brauchbare conjectur buvaTUiv für TÜüvbe tujv anerkannt
werden ; im übrigen ist der ganze vorherchersche wüst beibehalten ;
selbst cuvbidxeiv, was aber L. zu erklären unterlassen hat; ebenso
XeiTOUpTiocc aÖTOic tö TrXnOoc dnippeiv dvuTrÖTTTwc 'es sollen ihnen
leiturgien in menge unverfänglich zuflieszen', to nX^Ooc sei
'quasi adverbii vice' >■» 'in menge', und was dgl. mehr ist. auch
das sei verkehrt, wenn ich gemeint hätte, dasz das firJT6 Snox) fcov*
Tai p/JT€ ÖTi irpdiouci TTpoeib^vai nur zu dem zweitvorgeschlagenen
mittel passe, ihnen beschäftigung über beschäftigung zu geben, nach
L. passt es nicht zu dem mit dXXac in * dXXaic TipdEcic bezeichneten
zustand, sondern zu demjenigen wo man nichts zu thun bekommt:
'ad eos referuntur (haec verba) , qui dum muneribus publicis arcen*
tur, ignorant, quid sibi magistratus sint mandaturi.' ich enthalte
mich jeder weitern kritik. — 40, 7 will L. (s. 100) lesen: ddv bt
Tpeic (cod. Tpia) irepiiwciv, töv ^^v irptliTOV dvbpa im Td» bcEiüJ
i&fiLU Ixuv TÖ böpu, TÖV bi ^T€pov iixX Tifj dpicTcpqj KalTÖvdXXov
Kard TauTÖ (cod. Kai oi dXXoi KaTd TauTd) <Tip npuiTqi>- kqi
oCtui q)avoOvTat eic bOo. die erste conjectur ist von ihm, während
Hercher und ich mit HerÜein in\ TpiüüV schreiben; die zweite &n-
derung töv dXXov von mir (L. hat, ich weisz nicht warum, ganz un-
nötiger weise Kard Taurd in den sing, verwandelt), Tip npUinp i>t
Zusatz von L. das soll heiszen : 'wenn drei mann (hintereinander;
gehen , so soll der vorderste die lanze auf der rechten Schulter tra>
gen, der zweite auf der linken und der dritte ebenso wie der erste ;
und so werden äie (dh. jeder von ihnen) zu zweien zu gehen scheinen
S8 man wird sie von weitem für sechs mann ansehen.' ich will mit:
L. darüber nicht streiten, ob der Schreiber dieser worte es so gemeint
AHag: ans. y. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico. 259
bat, oder so wie ich proleg. s. 6 ff. seinen gedanken auffassen zu
fflfltta glaubte, aber nur soll er eine solche absurdit&t nicht dem
AflBMS imputieren wollen, zunächst heiszt täv Tpeic TiepUuiciv doch
niditi anderes als *wenn im ganzen auf der mauer drei mann
patroullieren'. Aeneas soll demnach nach L. ernsthaft darüber
eoMii rath geben wollen, wie man einer Streitmacht von drei mann
daich eine li«t den schein einer armee von sechs mann geben könne.
dm kommt weiter dasz doch irgendwie ausgedrückt sein sollte,
da« sie hintereinander marschieren; es müste also £9' £vöc
hiniogefllgt sein, soll man aber an eine grOszere reihe als drei, also
u eine gans unbestimmte, zu denken haben, so ist absolut kein
graad, warum gerade drei genaivit werden, dann htttte er zb. ebenso
gut sagen kOnnen: däv bi äifJKOVTa £q>* iyöc Ticpiiuiciv: überhaupt
wire dann eine zahl als subject ganz unnötig und ein Aeneas htttte
»ich einfach so ausgedrückt: iäv ti, £q>* ^vöc TiepuuJCiv usw.
dareh emendation werden wir das aber aus rpia nie herausbringen,
nad halten wir, wie wir wol müssen, in irgend einer form an der
laU drei feet, so können wir nicht anders als in dem elc büo den
dorch den achein hervorgebrachten gegensatz dazu finden, also die
regel, wie man umgekehrt, wenn man zu drei numn hoch sei, sich
^ fdiein grösserer schwäche geben könne, eine regel die dem zu-
»mmenhang widerspricht, folglich auch dem schriftsteiler selbst
akbt zuffeechrieben werden darf. — 39, 8 ol bk iroX^jüiot iav bia-
T^veiv Imx^WMJCi, npöc Taöra irdXiv ol &ui6€v KnXuiveioic XpdiV'
m jKdkiYtec <Tiväc>, !va iii\ biaT^fiviiTar al fäp dXüceic npdc
la Toiaura irporiAaTuubcc xal buc^eTaxcipicrov, fifia bk xal dXuci-
tfkU. hier mag wirklich L. s. 121 iL den sinn des Schreibers die-
ser Zeilen richtig ausdrücken, wenn er nach einer andeutung von
CaMubonoB ein Tivdc einschiebt, das nach KaGUvrec leicht ausfallen
kaoBta» ala object zu Kodt^VTCC w&ren demnach menschen zu denken,
iia BMa za dem zwecke, Iva }ii\ biaT^vriTai (ö ßpöxoc), von der
maer henmterlSszt die folgenden werte al fäp dXOcetc Trpöc rä
^oioura icpoT^aTuibcc xal buc^eroxcipicTov, ö^ia bi. xal dXuctTcX^c,
^ tr aach dem Aeneas 'rettet% Ic^ sich L. so zurecht: *wenn sie
«a den ketten hinabglitten' (npöc Td TOiaöra «* irpöc tö xaSi^vai),
>o vire es 'laboriosum et inutile, quoniam multo plus temporis
^«cmdentibus opus esset, dum in solum pervenirent, ita ut facile
2>Htes lam antea funem possent resecare'. dies zugegeben, obwol
ssn einen groazen Wortschwall nicht verkennen wird in al dX\JC€ic
• ^tpoTMOTuibec xal bucHeiaxeipiCTOV; ät^ia bi xal dXuctreX^c, so iät
*» an sieh schon eine schwer zu vollziehende Vorstellung, dasz man
tasAen an kranichen herunterlttszt (Casaubonus hat wenigstens
>s körbe an den kranichen gedacht, wovon aber leider nichts da-
-2tki); aodaan wäre zu fragen, ob man für diese ganz schnell zu voU-
Verhinderung des btav^^veiv eigene kraniche so rasch her-
kann: denn dasz es nicht die gleichen sind, mit denen
^ ßpöxoc aufgezogen wird, beweist das fehlen des artikels: es ei-
11*
260 AHag: anz. t. ACLange de Aeneae commentario polioreetieo.
innert das stark an die gemütiichkeit, mit der dem 'plötzlichen hand-
streich' in c. 9 begegnet wird, femer sollte man meinen, es sei schon
dafür gesorgt, dasz kein darchschneiden von seite der feinde statt-
finden könne, § 7 t6 bi ^Xkov ^Tri bOo nifix€tc fiXucic toG ^fi bia-
Tfin^^vat. wie kommen dem die feinde za einem solchen (ver-
' geblichen) versuche? oder wenn ein solcher doch gemacht würde,
müste dann nicht stehen: 'wenn trotz alledem die feinde es ver*
soeben sollten' ? alles aber wird fiberboten darch den aberwitz, dasz
blosz za dem zwecke, um zu verhindern dasz der ßpöxoc oder viel-
mehr das seil an demselben durchschnitten werde (wfthrend er ja im
notfall einfach aufgezogen werden kann : vgl. § 7 avaciräroi), man
menschen mitten unter die zu einem handstreich (dpacuvö^icvoi)
versammelten feinde hinunterlttszt (ja nicht um diese selbst anzn-
greifen, sondern um den ßpöxoc zu schützen) und sie damit den
feinden einfach ans messer liefert !
Wir hätten neben den angeführten beispielen noch eine reihe
anderer erwfthnen können, in denen in gleicher weise wie in die-
sen bald mangel an sachlichem Verständnis oder sachlichem vor-
Stellungsvermögen, bald auch ein nicht genfigend ausgebildetes Stil-
gefühl von Seite des vf. uns entgegentritt. lettungsversnehe, wie
sie in dieser schrifb gemacht werden, mttsten unbedingt auf jenen
eigenschaften basieren , und können nicht blosz gegründet sein aof
eine gewisse formale gewandtheit im disputieren sowie ein gewisseü
dem vf. nicht abzusjMrechendes geschick zu mehr formaler co^jectaral-
kritik. kommt zu den letztem an sich sdiStzensw«rtMi eigenschaftea,
wenn sie nicht durch die erstem gestützt sind, noch ein unveikean-
bar starker eifer hinzu , etwas absolut neues zu liefern ; der sich —
ich weisz nicht warum — gegenüber dem ref. su einer art feind*
Seligkeit gesteigert hat, so erhält das disputieren eine sdiolastisch-
rabulistische ftrbung, die den wissenschaftlichen Charakter verliert,
ganz ohne ertrag wird die schrift, abgesehen von einigen einzelnen
puncten, die aber von der frage der athetesen unabhängig nnd, in
denen man dem vf. recht geben kann , immeriiin schon dann nicht
sein, wenn die auch von LSchmidt, f^ilich ans anderen grtinden,
ausgesprodiene hofihung sich erfüllen wird 'plures inde scriptori
attentione dignissimo in posterum lectores conciliatnm iri'.
m.
Dieser gedanke war auch nicht blosz in den prolegomena und
der ausgäbe, sondern ganz besonders in der schrift ^Aeneas von
Stjmphalos' (1877) mein leitender gesichtspunct gewesen, ich
suchte, wol wissend dasz Aeneas bis jetzt nur von sehr wenigen
gelesen^ geschweige denn studiert und gewürdigt werde, ihm eine
bestimmtere stelle in der griechischen litteratur, als es vorher mög-
lich gewesen war, zuzuweisen, ich wollte bewirken dasz man ihn
aus seiner zeit begreife , und bemühte mich seine Studien , sein Ver-
hältnis zu den historikem, zu der mündlichen Überlieferang, zn den
AHag: ans. t, ACLange de Aeneae commentario poliorceüco. 261
Sokratiseb-Xenophontifichen beatrebungen und zu der militftrischen
pnxis etww genauer zu defioieren: UBgesticht ergab sich dabei das
resolut, dasz wir ea mit einem in seinen Studien gewissenhaft ver-
üikraiden nflchtemen autor zu thun haben, es führte das weiter zu
der ontenuchnng ttber seine beimat, die zur bestätigung der seiner
lai Ton Casanbonufl unzulänglich begründeten Vermutung hinleitete,
dan wir es mit dem Xen. Hell. VU 3 erwähnten Strategen des ar-
kadischen bnndes Aineias von Stjmphalos zu thun hätten, der Ittn-
gtre zeit in Sikyon verweilte, nachdem er den tyrannen Euphron ge-
itflni hatte.
flr. Lange, dem diese litterarhistorische Untersuchung erst spät,
isdukm schon sein abschnitt über die pers(Snlichkeit des Araeas
gedruckt war, bekannt geworden ist, sah mch nachträglich veranlaszt,
was er darüber geschrieben hatte, wieder umzustoszen und einen
Moea absdmitt s. 7 — 22 auszuarbeiten, der gar keinen andern in-
bslt hat als die polemik gegen mich, der eifer, mit dem er diese
AUrrt, scheint auch hm. prof. Schmidt (in der praefktio) etwas allzu
grou zu sein; indessen billigt dieser es doch, dasz versucht würde
dieses litterarbistorische bild wieder zu verdrängen, sehen wir uns
dieesB versuch in aller ruhe an«
Ich hatte die ansieht aufgestellt, in 1 1, 7 sei die erwähnung der
\ bcvdpa iJixQ€C\c der argivischen oUgarchen, ebenso die § 7 f.
Ttfkoanwnde erwähnung des singulären argivischen beamten ö
^pOCTonic ToO bifJHOu ein beweis, dasz der autor selbst (als Felo-
fcaaesitf ) ein genau mit der argivischen zeil^eschichte vertrauter
moa sei , und ebenso dasz er zunächst leser aus der Umgebung von
Arges voraussetze, die sofort wüsten, welche ereignisse er im ange
übt. L. erklärt diese Vermutung für unbegründet und will durch
:wci andere mOglichkeiten helfen, entweder habe Aeneas diese
bGtii ans einer seiner firühem Schriften (zb. aus der § 2 angedeuteten
>c)irift, ans der er jetzt beispiele zu citieren gedenke) einfach herüber-
<;eBomawa, in welcher auch der erste aufstand der oligarchen in
Atben schon behandelt worden sei; oder, was ihm noch plausibler
vorkommt, Aeneas habe 'quamvis ipse imperitissimus retum Argi-
Tinun' (s. 9) jene erzählung verbo tenus von irgend einem sdirift-
•wlier abgesehrieben, über die erstere Vermutung L.8 ist zu sagen,
^ damit die Schwierigkeit nicht gehoben wäre: im gegenteil
vtrde eine solche ausführliche behandlung auch des ersten auf-
itisdea der oligarchen ja nur beweisen, was ich sagen wollte, dasz
der sntor mit der geschichte der letzten decennien von Argos sehr
icrtfiot war; in dem ausdruck f| beur^pa £7rid€cic liegt sodann keine
Verweisung auf eine andere schrift , sondern eine appellation an das
Vitien des publicums; blosz gedankenloses abschreiben aber ist nicht
•sehe onserea Aeneas; und das iat zugleich ein hauptgrund, der auch
^ zweite aimahme L.s von nachlässig herübergenommenen ab-
schnitten ans einem andern historiker (oder autor überhaupt) un-
2.S|ß]idi macht, wie sorgfUtig Aeneas in der benutzung von histo-
262 AHug: anz. v. ACLange de Aeneae commentario poliorcetioo.
rikern yerfabren ist, glanbe icb in meiner abh. 8. 9 ff. binlinglich
erwiesen zu haben, insbesondere sei ancb noch yerwiesen auf 8. 15
anm. 1 , wo ich zeige wie Aeneas im interesse seiner leser Her. IT
200, welche stelle er benutzt, ans dem entlegenen c. 167 desselben
baches ergänzt, diese zweite vermntnng L.s ttber die benntzung
eines historikers, der seinerseits mit der geschichte Ton Argos ver-
trant war, erweist sich vollends durch die betrachtnng als haltlo«,
dasz das fragliche ereignis erst 870 vor Ch. stattfand, und im j. 358,
wo der tractat des Aeneas spätestens geschrieben sein mnsz, weder
Xenophons Hellenika noch Theopompos noch Ephoros ihm vorliegen
konnten, es gehört jener bericht vielmehr unter die erzShlungen
zeitgenössischer ereignisse, in denen er aus autopsie oder persön-
licher erkundigung schöpfte, dasz gerade diese berichte individuell
sind, habe ich s. 14 ff. auseinandergesetzt.
Wenn ich sodann auf die eigentümliche kürze in 29, 1 2 bei der
ei'wfthnung eines Sikyon betreffenden ereignisses hinwies", in der
meinung dasz Aeneas bei seinen ersten lesem, den Bikjoniem, auf
sofortiges verst&ndnis rechnen konnte, nicht aber, wenn er am
schwarzen meere für dortige leser zunächst geschrieben hätte , sich
80 dunkel ausgedrückt haben würde, will L. durch berufung auf 31,
34 " widerlegen , wo mit ähnlicher kürze der befreiong Thebens ge-
dacht sei. ich glaubte bis jetzt, dieses letztere ereignis habe einen >«>
starken wendepunct in die Zeitgeschichte gebracht, dasz überall wo
griechische zunge herschte, davon als von einem allgemein bekannten '
gesprochen werden konnte, will aber L. dasselbe zu einem blosz
localen ereignis stempeln; so könnte ich ihm auch hierin folgen : für
die Arkader, die speciellen bundesgenossen der Thebaner, war das-
selbe von eminenter Wichtigkeit, so dasz man wenigstens bei ihnen
es als bekannt voraussetzen durfte, betreffend das ebendaselbst er-
wähnte ereignis in Mjtilene ist darauf hinzuweisen , dasz gerade an
jener stelle Horcher aus andern gründen eine lücke annimt.
Nirgends habe ich gesagt (wie L. s. 11 mir zuschreibt) , Vor-
schriften über Wasserbauten hätten 'viz ab alio' aufgestellt werden
können als von einem Stymphalier; ich sage blosz s. 36: 'aufgaben
der art zu lösen muste (wegen der berühmten Wasserbauten daselbst
einem geborenen Stymphalier besonders nahe liegen', und ebd.: 'doch
von diesen einzelheiten , die für sich wenig beweiskraft haben , wol
aber im zusammenbang mit andern von bedeutung sind, wenden
wir uns zu dem historisch-politischen hintergrunde.* L. aber sprich r
nach diesem muster gewisser interpretation , die er an mir übt, jor.
'simplicissimis rebus prava interpretatione (durch mich) deiortis'.
** auch die s. 6 anm. 3 von mir ausgesprochene meinung, et st .
dumit die von Polyainos V IS, 8 erwähnte einnähme dea hfäias roTi
iSikyon durch Pammenet den Theb«ner (869 vor Ch.) verstanden, b«>
kämpft L. 8. 10 mit den nichtssagenden Worten 'etsi fieri potest, Immen
pro certo nequit demonstrari'. '* an der andern stelle S4, 18 sin«)
übrigens einige details gegeben.
AHog: ans. ▼. ACLange de Aeneae commentario poliorc6tico. 263
id fasUe aoB Terscbiedenen SuBzerungen des Aeneas nachzuweisen
geiocbt dasz, so wenig er den parteistandponct in dieser rein tech-
Bischen schrift henrorhebt, er doch eine gewisse gem&szigt demo-
kratische gesinnung Terrathe, wie sie damals unter Ljkomedes in
Arkadien die herschende war. mit beziehung auf eines der dort ge-
bnuchten argomente sagt L. s. 14: *nec quod optimates irXoucioi,
popolos bfyAOC usitatissimis ad hanc rem vocibus ab Aenea appellan-
tor, qoidqnam yalet ad hanc quaesUonem diiudicandam.' aber auch
läer referiert er nicht getreu über meine ansieht: nicht dasz die bei-
den Parteien Überhaupt so genannt werden , war nach mir entschei-
dead, wol aber dasz sie ausschlieszlich so bezeichnet sind, und
vir nirgends wie beiXenophon, Piaton, Aristoteles für die oligarchen
dieehrenTollen bezeichnungen äpiCTOi, ß^XriCTOt, dTa8o( finden, nir-
gends ftkr die demokratie oder deren fdhrer eine weniger ehrenvolle
ib hf^oc und o\ toO brjpou irpocTdrai.
Bei jedem einzelnen meiner argumente, sei es über den politisch-
coltuhiatorischen hintergrund im allgemeinen, derauf den Pelopon-
nes passe, sei es ftlr die bestimmte Persönlichkeit des aus Xenophons
Helk&ika bekannten Aineias von 8tjmphalos macht L. zunächst den
verBOfifa es umzustoszen; da ihm das aber aber nicht gelingen will
(in. TgL seine Zugeständnisse s. 14 ^ut vero nihilo minus concedamus
(vyioxpcmKÖv esse Aeneam'; s. 15 *atque equidem concedo satis
bäe banc rem ezplicari posse, si Stjmphalium nobis fingamus
Aeneam' sagt er bei einem meiner hauptbeweise) , so recurriert er
jeweQen darauf, dasz dergleichen auch anderwSrts hätte vorkommen
kuaaen; s. 16: keines meiner argumente sei v5llig zwingend, hm.
L SU meiner Überzeugung zu zwingen, darauf verzichte i<£ natürlich ;
sber so viel hätte doch auch ein so verbissener gegner merken sollen,
diaz die hauptkrafb meines be weises darin liegt, dasz die von mir
ugefthrten indicien zusammentreffen auf dem boden des Pelö-
ponoes, dasz einige derselben zudem zusammentreffen in der person
<iei von Xenophon genannten Aineias. erst dann wenn uns L. eine
isdere landschaft nennt, in der die genannten umstände in eben so
ctaAer weise sich vereinigt finden und eine sonst bekannte per-
•Qnliehkeit aus dieser landschaft, in welcher in ähnlicher weise diese
bedingnngen allgemeiner und specieller art ebenso zusammentreffen,
den namen selbst eingeschlossen, erst dann wird er mit eini-
gln Mbein von wahriieit meine annähme bekämpfen, einstweilen bin
ifh doch wol berechtigt zu sagen, es gibt keine landschaft und keine
penoB dieser art, auf welche alles zusammen so gut passen würde.
Idi habe zu diesem meinem beweise eine reihe von zustimmun-
gm von vielen philologen und historikem erhalten*'; die einen
■uuiten denselben vOllig überzeugend, die andern erklärten das
moltat wenigstens für sehr wahrscheinlich, mehr kann ich nicht
" abfcteben von den anzeigen meiner sohrift durch Bauchensteia
« ^kSkA. Mueiger IX (1878) s. 97 ff^ Hertlein in der Jenaer LZ. 1877
•- 7QS ff., Oranx in der revue critiqae 1878 nr. 61.
264 AHug: anz. t. ACLange de Aeneae commentorio poliorcetico.
verlangen, da in solchen dingen urkundlicbe gewiaheit nicht erreicht
werden kann. L. aber ist anderer ansiebt, er erklärt schlieaslicb
8. 16 meine annähme für unmöglich: vgl. s. 20 ^ut confidenter
negemua Peloponnesium Arcademve esae Aeneam'. diese confidentia
idt sehr charakteristisch.
1) soll die stelle, die Casaubonus für die arkadische abkuoft
des Aeneas als beweis verwendete, 27, 1 firrep utt6 tivuiv KoAciTai
irdvcia (Jen bk tö övopa TTcXoTrovvriciov xai ^dXicra *ApKabiKÖv)
vielmehr dagegen sprechen, ich habe ao. s. 29 absichtlich diese stelle
nicht betont, weil ich der ansieht war und noch bin; dasz sie weder
pro noch contra etwas beweise; und — es ist das ein punet worin
ich mit meinem gegner zusammentreffe — weil ich wie er geneigt
war die werte fcTi . . *ApKabiKÖv als gelehrte randbeinerkung anzu-
sehen, ich bin froh diesen zweifei verschwiegen zu haben, sonst
wäre er sicherlich unter mein Sündenregister aufgenommen worden,
die übrig bleibenden werte fiirep uttö tivuüv KaXeirai ndvcm kann
ich aber ganz ruhig beibehalten , und brauche von dem gütigen an-
erbieten L.s , auch noch uttö tivujv fallen zu lassen , gar keinen ge-
brauch zu machen, wenn einmal Aeneas wüste dasz der name TTOVCia
keineswegs allgemein sei, so ist es nur ein zeichen seiner gewissen-
haftigkeit, wenn er das durch öttö tivwv andeutete: 'welche von
manchen , oder in einzelnen gegenden so genannt werden* ; dasz er,
der überhaupt auch in seinem buche seine specielle heimat keines-
wegs in den Vordergrund stellt und sie in der that auch sonst nicht
genannt hat, nun hier aus Patriotismus gezwungen gewesen wäre
die erfinder dieses namens zu nennen, ist bei einer so harmlosen
Sache nicht abzusehen, aus dieser stelle Iftszt sich also nichts ent-
nehmen als dasz er mit diesem arkadischen namen bekannt war.
2) *num autem veri videtur similius esse Arcadem bominem
mediterraneum, maritimae urbis defendendae rationes exposuissean
mediterraneae ? ' dieses dilemma ist nach andern ftuszerungen unsere
vf. selbst falsch gestellt Aeneas hat beides berücksichtigt, die Ver-
hältnisse der landst&dte in erster linie, gelegentlich aber auch die
der Seestädte, sodann hielt sich der historische Aeneas längere zeit
dauernd in Sikjon auf, und Sikjon wird anderwärts von L. selbj>t
8. 10 als eine 'urbs magna et maritima' bezeichnet, endlich nehme
ich an dasz Aeneas selbst condottiere gewesen war und daher eine
reihe von küstenstädten kannte.
3) während ich s. 30 meinte dasz aus der Zählung der beispiele
sich kein sicheres argument über die heimat ergebe, da die lösung
mehr in der qualität derselben zu suchen sei, will L. aus der zahl der
wenigen beispiele wenigstens negativ entscheiden, weil hier (in die-
sem kleinen tractat) keine stadt und keine person aus Arkadien ge-
nannt sei , so sei der arkadische Ursprung der schrift nicht denkbar,
er vermiszt zb. den namen Lykomedes. als ob dieser apeciell eine
rolle in der geschichte von belagerungen gespielt hätte ! ich soll m
diesem schlusz, mit dem es L. selbst doch kaum ernst ist, dadurch
AHog: «nz. t. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico. 265
gcnmogen werden, weil ich die einmalige erwäbnung von Athen
Bidt mit der aatorschaft eines Atheners vereinbar erkl&rt hätte.
aber ein Athener betrachtet doch seine Vaterstadt ganz anders als
Qu Arkader sein armes heimatland; Athen ist das centram der
Weltgeschichte und spielt auszerdem in kriegen eine hervorragende
roOe. gegen einen Athener schien mir besonders za sprechen , dasz
iwei ereignisse, die Athen berühren, aus historikem abgeschrieben
sisd und kein detail ans der tradition enthalten, wie wir das in den
peloponnesischen erzählungen sehen: 1) 2, 3 aus Thukjrdides die
epiiode ans der belagerung von Plataiai, 2) aus Athens früherer ge-
Kbichte 4, 8, welcher bericht ebenfalls einem historiker entnommen
iit, s. m. abh. s. 13 und rh. mus. XXXII s. 629 ff. zu alledem koznmt
noch hinzu, dasz mir Aeneas über ihm naheliegende ereignisse, oder
in denen er selbst eine rolle spielte, eine gewisse Zurückhaltung zu
Uobicbten scheint. L. freilich glaubt mir das nicht.
Die gmppieruog der beispiele bei L. s. 19 ist sehr bezeichnend.
L will sidi 8. 21 an Sauppe anscklieszen, der die heimat des Aeneas
iffl schwanen meere suchte, mit der sehr liberalen er Weiterung je-
dodi, dasz er auch die ganze küste Eleinasiens nebst den inseln, und
wenigstens in der dazu gehörigen gruppell seiner beispiele auch noch
Afriea mit hineinzieht, und wir denmach das Vaterland des Aeneas
\Qm kimmerischen Bosporos bis nach Barke ad libitum uns aus-
TlUen können, in folge dessen wird die gruppe von beispielen, die
diesem ungeheuren Vaterland des Aeneas angeboren, eine erdrückend
grooe, und da die zahl entscheidet und nicht die qualität, so w&re
ftUo mit Stimmenmehrheit das grosze Vaterland über den kleinen
PelqKmnes als sieger erklArt.
Dasz übrigens wegen zahl und qualität der beispiele man nur
die wähl habe zwischen dem Peloponnes und den kleinasiatischen
kittten, habe ich in bündigster weise s. 29 selbst ausgesprochen.
L 31 Ähre ich aus dasz die qualität der peloponnesischen beispiele
xit heziehnng auf ihre individualität mehr für meine annähme
fprecbe, dasz aber auch einige kleinasiatische individuell gefärbt
•eien, so namentlich der über Chios 11, 3 — 6. wollte man auch hier
tickt an eine oopie aus einem historiker denken (wie dies mOglich
wire, da wir vielleicht kein zeitgenossisches ereignis vor uns haben),
io lei die annähme vOllig wahrscheinlich , dasz Aeneas wie viele an-
^ Arkader seiner zeit als anführer von sOldnertruppen
»ich in Asien aufgehalten habe, dasz er also manches entweder
»Ol antopsie oder aus berichten von landsleuten und
«tffengenossen gerade über Asien wüste: eben die that-
tiche, dasz dem autor ereignisse und Verkommenheiten im Felo-
Fennes nnd zugleich solche in Kleinasien am besten unter allem was
^ Griechenland vorgieng bekannt sind, schien und scheint mir am
utflrliehsten erklärlich , wenn wir es mit einem peloponnesischen
(«'Zdottiere zn thun haben , der in -seinen jungem jähren wie sein
zimcBsfctter in der Anabasis, der lochage Aineias von Stymphalos
266 AHug: anz. v. ACLange de Aeneae commentario poliorcetico.
(der freilich ein unglflckliches ende fand) , in yerscbiedener herren
iSndem in Eleinasien diente, und später, als seine heimat eine poli-
tische Organisation gewann, als Stratege derselben dienste leistete
und sich berufen fühlte nun auch litterarisch (tlr die kriegswissen-
schaft zu wirken, durch Sokratische kreise oder Strömungen dazu
angeregt, über einige Vorgänge in Asien konnte er durch landslente,
die dort im dienst standen, auch jetzt noch unterrichtet werden, bei
einem geborenen Eleinasiaten dagegen, der in Kleinasien
bleibt und in Eleinasien sein buch schreibt, fehlt uns jede er-
klärung für die individuellen berichte aus dem westen
(vgl. auch über Eorkyra 11, 13), so weit sie zeitgenössische ereig-
nisse betreffen, es ist mehr als auffallend, dasz hr. L., der mir sonst
wie ein schatten auf jedem meiner schritte folgt, gerade diesen punct,
den ich s. 30 f. hervorgehoben, verschweigt.
Es bleibt mir übrig noch etwas in dieser richtung zu beleach*
ten, woran ich früher nicht gedacht hatte, sehr individaell ist die
notiz 5,2, dasz Leukon im Bosporos TuüV (ppoupuiv touc XP^uKpci-
XeTQC bid Kußeiav fi bx' fiXXac dKoXaciac dTTOfiicOouc £7ro(€t. wer
aber waren die (ppoupot der fürsten im Bosporos? nach Diodor XX
24 hatten sie griechische Söldner, aber aus CIO. 2103* wissen wir
noch genauer, dasz es Arkader gewesen sein müssen, denn jene in
Pantikapaion gefundene inschrift enthält ein ehrendecret der Arka-
der zu gunsten des Leukon , das sie ihm errichteten für erwiesene
wolthaten. diese Verbindung der Arkader mit Leukon kann, da Ar-
kadien kein seestaat ist, wie Böckh richtig bemerkt, keine blosse
handelsverbindung sein , sondern musz darauf beruhen , dasz die Ar-
kader dem Leukon Werbungen in ihrem lande gestatteten, wofür demi
er wieder ihnen wolthaten erwies und sie ihm den dank in jeneai
cprjcptcpa abstatteten, vgl. das 1877 gefundene iprjcpiCMa der Athener
vom j. 346; wonach die söhne des Leukon mit Athen unterhandelten,
um dort seeleute anwerben zu dürfen (ASchaefer im rh. mus. XXXUI
s. 418 ff.), woher hat nun Aeneas diese notiz über die behandlang
der (ppoupoi von seite des Leukon? wenn er nicht selbst in dessen
diensten stand, was ich nicht behaupten will, doch wol von arka-
dischen landsleuten, die bei Leukon als söldner gewesen waren.
Endlich gereicht es mir zur freude und interessiert vielleicht
andere freunde des Aeneas zu vernehmen, dasz Her eher, dessen
allzufrühzeitigen tod wir alle schmerzlich beklagen, nicht blosz mei>
ner annähme gröszerer athetesen, sondern auch dieser hypotbese über
die heimat und person des Aeneas seine Zustimmung gegeben hat.
in einem briefe Vahlens an mich, datiert Berlin 22 oct. 1877, heiszt
es : *auch Hercher, der mich ein paar tage nachher besuchte, während
deine abhandlung (Aeneas von Stjmphalos) noch auf meinem tische
lag, hatte sie bereits gelesen, und war mit mir der ansieht, dasz da
recht behalten werdest.'
Zürich. Arnold Huo.
WGemoll: zu Caesar und Beinen fortsetzen!. 267
38.
ZU CAESAB UND SEINEN FOBTSETZEBN.
ie hdlo ctv. I 44, 2 getius erat pugnae müUum ührutn tU . . rari
di$pmiquep%$gnarent; si premeretUur ^ pedem referre et loco excedere
AM turpe esistimarent cum Lusüanis reUquisque harharis genere quo-
dampitgnae adsuefaeti. so Nipperdey nach den hss., von denen eine
rtkjms harbaris hat aber der ansdrnck genere quodam ist geradezu
mcbtaaagend. Hofmann setzt in der neuesten (7n) ausgäbe (1878)
harharo genere quodam, gewis richtig: denn so nennt Caesar die von
üun bezeichnete art zu kämpfen auch 11 38, 4 g^uadam Ifarhara con-
näwäine, doch was machen wir nun mit dem sprachlich und sach-
lich lostAszigen rdiquisque? sprachlich schwebt es nach der Hof-
fflumtehen eonjectnr ToUständig in der luft, sachlich erhebt sich
(iigegen dasselbe bedenken wie gegen Nipperdeys rdiquisque bar-
Uirig. Caesar macht hier nemlich die bemerkung, dasz der römische
M>ldat leicht die kampfesart d6r gegend annimt, in der er längere
zdt Terweilt: Ygl. § 3 quihus quisque in locis mües inveteraverit, tU
mHum earum regionum consuäudine moveatur. also die kampfes-
tft der spanischen vOlker, nicht die aller übrigen haben sich Caesars
Tegoer angeeignet, dasz aber rdiquü heiszen könnte *der flbrigen
-panischen vOlker*, kann nicht zugestanden werden, obwol es Hof-
ntim zu glauben scheint, da nun auch cum Lusitanis ohne schwere
^«leiiken weder zu existimarent noch zu adsuefaäi gezogen werden
bu, so mnsz cum Lusitanis rdiquisque als glossem gestrichen wer-
'Wb. dasselbe konnte leicht entstehen, nachdem einmal harharis für
^"ifhsro geschrieben war.
ebd. I 76, 1 Pdreius man^fndos circumU müitesque appdlat, neu
V neu P&mpeium in^peratorem suum adversarns ad supplicium tra-
^«f. tradani kann nicht von dem spanischen beere gesagt werden,
obgldeh Hofmann es zu halten Tersucht. man musz mit Eraner
P'mpeium streichen und se auf die Soldaten beziehen.
ebd. n 16, 2 cum paene inaedificata in muris ah exercUu nostro
^omia viderentur, in muris inaedificata scheint mir für den allmäh-
*-cfa ta die Stadtmauern herangeführten belagenmgsdamm nicht der
riditige aosdruck zu sein, sondern miuris inaedificata, es wird aedi-
<o»t gebraucht ^ 'verbauen* 6. c 1 27, 3, ■= 'anbauen' 5. ff. VIII
'. 2 und hier, dort absolut, nur hier mit casus, den dativ hat zb.
8«]ieea ad Märciam 2, 3 , er hat auch die analogie zahhreicher ahn-
••eher verba ftr sich.
ebd. n 31^ 4 nam neque pudentes suspieari oportd sibiparum
ve^ neque itnprobos scire sese timerij quod iüis licentiam timor augeat
^fister, Ms sMliia deminuat, lioehtiam kann nicht heiszen *die etwa
vofbnidene drnstigkeit', sondern wegen augeat 'die schon verhan-
gne dreifiigkeit', so dasz es nur Bxifimprohos bezogen werden kann;
aber dum mosz his und üHs umgestellt werden.
268 WGemoll: zu Caesar und seinen fortseUern.
ebd. m 40. der Yon Caesar mit der vorteidigung von Oricom
beauftragte legat M'. Acilius hat alle schiffe mit ausnähme von zwei
in den innem hafen zurückgezogen, von diesen zwei das eine am
eingang des hafens versenkt; das zweite mit einem türm Tersehen
und mit Soldaten bemannt: vgl. 39, 2 ad ipsum ifUraüum portus
opposuü et müUihus complev^iL der junge Cn. Pompejus nun greift
Oricum an von zwei seilen, er forciert den eingang des hafens und
bringt auf walzen vier zweiruderer über den dämm, der Oricum mit
dem festlande verbindet, in den innem hafen, dann greift er von
vom und hinten die dort liegenden Caesarianischen kriegsscbiffe an.
das forcieren des hafeneingangs bewirkt er so, dasz er das verrenkte
schiff wegzieht, das zweite, welches den eingang verteidigt (40, 2 quae
erat ad ctistodiatn ah Acüio posita) mit überlegenen kräften angreift
und erobert Caesar sagt hierüber § 2 : aUeram navem . . plurib\jLS
adgressus navibuSy in quibtM ad lihram fecerat turre$, ut ex super hre
pugnans loco integrosque semper defatigatis summütcns et reliquis
partibus simul ex terra sealis et classe tnoenia oppidi
temptans^ uti adversariorum manus diduceret^ labare tt
müÜUudine tehrum nostros vidi deieäisque defensaribus . . eam navem
expugnavit es handelt sich offenbar nur um die erobemng des achiffs,
das den hafeneingang verteidigte, wie der anfang und schluaz der
ausgehobenen stelle zeigt, es genügte dazu , dasselbe mit mehreren
schiffen anzugreifen, und man wird sich billig wundem, wenn Pom-
pejus noch dazu die mauern der stadt mit leitem und mit der flotte
angreifen Iftszt. tantae moUs erat, denkt man, das 6ine schiff zu
erobern, es war aber nicht blosz unnötig, sondern auch unmög-
lich ciasse moenia temptare: noch kann die flotte nicht heran an
die mauern Oricums^ so lange das wachtschiff noch den hafenein-
gang verteidigt, es ist also klar, dasz die durch den druck hervor-
gehobenen werte nicht an ihrer stelle stehen, sie machen aber durch*
aus nicht den eindruck einer Interpolation, und ich glaube, sie stan-
den ursprünglich in § 4 hinter atque inanes. gegen die im innem
hafen liegenden kriegsscbiffe richtet Pompejus sich hauptsächlich:
jetzt, nachdem er den eingang in den hafen erzwungen und die vier
zweiruderer über den dämm gebracht hat, greift er die kriegsscbiffe
von zwei Seiten an , jetzt ittt auch die berennung der stadt, aim die
kräfte der gegner zu teilen, ganz in der Ordnung, jetzt machen die
ausdrücke reJiguis partibus imd dasse moenia temptare keine Schwie-
rigkeit mehr.
ebd. III 97, 1 Caesar castris potitus a miUtibus contendit^ ne ifi
praeda occupati reliqui negotii gerendi facuUatem dimUtereni» qua rr
impetrata montem opere drcummunire instUuit. welchen berg? fra^t
man sich unwillkürlich, o. 95 schildert die erstürmung des Pompe-
janischen lagere und schlie9it protinusque omnes in äliissimos mont€>.
qui ad castra pertinebant, confugerunt. c. 96 beschäftigt sich mit
der beute im lager und mit der flucht des Pompejus. c 97 beginnt
mit den oben angeiUhrten werten, die einzige beziehung also, welche*
WGemoll: zu Caesar und seineii fortsetKern. 269
dk Worte monkm opere dreummunire instüuU auf Torbergebendes
hiba, 18t enthalten in 95 ae. aber 1) ist ein ganzes capitel dazwi-
sekea, 2) ist der ansdmck in aUissimos fnanies qui ad castra pertine-
baHi emfugermU docb von allgemeiner natnr: der berg, den Caesar
«ittdib'eszt und zugleich auf ihm die Pompejaner, wird dadureb nicht
liher bezeichnet, und was ist das für eine Schreibweise *die Pom-
pejuer flohen auf die höchsten berge •» Caesar begann den berg
n omsdianzen'? zwischen beiden lAtzen liegt so viel, was Caesar
nr orientiening seiner leser nicht yerschweigen konnte, dasz man
lor annähme einer Ittcke gedrftngt ist. am passendsten wird man
sie iwiadien qua re impdraia . . . und moniem circummunire instihiU
nseizen.
Mb' Alex, 1, 4 f. Caesar fnaxme studebai iä, qi»am anffttstieei''
^ampofiem cppidi peius . . effickhaty hanc . . ab reUqua parte urfns
^xdudeniy ük»d epedanSj prmum ut^ cum in duas partes esset wrhs
Mo, aries uno consüio atque tmpmo aäminisirarelury deinde ut
^o^onntft^i» 8%ieeurri aique ex äliera appidi parte auxüium ferri passet.
9 cMtra appidi parte bezeichnet doch wol den von Caesar besetzten
t<ä der Stadt, der oben quam angustissknam usw. geschildert wird.
vtfBm derselbe aber äUera genannt wird» sieht man nicht ein, und
nu wird diese vier werte als einen mttszigen zusatz zu streichen haben.
ebd. 26, 2 idque appidum {Pdusium) repenie maffnis circumda-
»'«« afpUs wiuUipUd praesUio pertinacUer prapugnantibus . . in suam
f^^tgü (MUhridates) polestatem. die worte nnuUipUei praesidio schei-
CAi mir zo m/uliis chrcumdatum capOs glossem zu sein: so wie sie da-
<triwB, sind sie zn pertinaeiter prapugnantibus zu ziehen, ohne dasz
ue einen rechten sinn gftben.
ebd. 27, 2 nam pars quaedam fluminis NUi derivata inter se
Mm itimeribus pauUdim medium inter se spatium rdinquens mari
^^mtigüur. was beiszt derivaia inter se duohus Uineribus? ich
Tcnnste, das zweite richtige inter se war hier an die falsche stelle
fsbndit, dann zu der richtigen an den rand geschrieben, worauf
^sbidireiber ein doppeltes inter se in den tezt brachte.
ebd. 34, 4 adkmgü DomUius duas ah Deiotaro (legiones) , quas
^ diie^iKfMi atque armaiura ncstra campiures annos constittUas
^hthat. man hat ohne zweifei instUutas zu schreiben: con und in
•*t bier wie oft Terwechselt.
Ml Afrieae 9, 2 Haque magno numero firunnenti invenio Buspi-
*>" ftäU. kue eum idciroo existimo reoepisse. reeepisse se ist ebenso
leidit batastellen wie notwendig: redpere •» *sich zurflckziehen'
ot aar bei Plaotns zu finden, und die einzige Caesarstelle 5. 0. 1 48
ji doch Ton ganz anderer natur.
ebd. 28, 1 expedHoque exereitu numero 8erf?arum, Uberarum II
..ad oppidum accedere coepU. numero ist zwar an dieser stelle
^^ gut bezeugt; dennoch ist die Verbindung selbst für den Terfasser
^ (. Afr. zn hurt, und ich yermute dasz es vor II müium seine rieh-
st iteUe hat
270 KHartfelder: za Cicero de divinatione [I 3, 6].
ebd. 68, 4 quem Caesar in miUbus passuum IUI consecHius
recijperata quinqueremi cum suis omnilfus epibatis atqueetiam
hostium custodibus CXXX in ea nave captis triremem hostium prozi-
mam . . c^. die durch den druck hervorgehobenen worte sind ent-
schieden unecht, der hanptteil von Caesars flotte steht bei Leptis
leer: vgl. 62, 4 reUqua dassis in salo ad Leptim egressis remigxhus
vacua a defensaribus stabat. diese schiffe greift Yants an, steckt
mehrere in brand und fährt zwei leere fdnfruderer fort: 62, 5 Varus
cum primo mane Leptim unwersa dasse vectus naves onerarias . . in-
cendit et penieres duas vacuas a defensaribus nuUo repugnante cepit.
Caesar verfolgt den Varus und nimt ihm den einen ftLnfruderer wie-
der ab. nachdem aber 62, 4 die ganze flotte und 62, 5 die betr. zwei
fdnfruderer als leer bezeichnet sind, heiszt es plötzlich redperota
quinqueremi cum suis amnibus epibatis, wir haben hier, da der wie-
dergewonnene fOnfruderer ohne zweifei einer von den zwei durch
Varus weggeführten ist, den zusatz eines mannes vor uns, dem es
noch nicht genug war dasz Caesar auf diesem schiffe 130 feinde ge-
fangen nahm.
Ohlau. Wilhelm Gsmoll.
39.
ZU CICERO DE DIVINATIONE.
Die lesart der groszen Cicero-ausgabe von Baiter-Habn de dir.
I 3, 5 e quibus (philosaphis)^ ut de antiquissumis loquar^ Colaphonius
Xenophanes^ unus qui deos esse dkeret kann unmöglich richtig
sein: denn sie enthält einen groben verstosz gegen die geschieh le
der Philosophie. Xenophanes war keineswegs der einzige unter den
ältesten griechischen philosophen, der die existenz der götter be-
hauptete, der etwaige einwand, dasz Cicero sich hierin, wie oft in
seinen philosophischen Schriften, geirrt habe, kann vor der thatsache
nicht bestehen, dasz Cicero selbst von einer reihe der anttguissumi
phHasophi berichtet, dasz und wie sie die existenz gottes sich gedacht
haben (vgl. de nat, d. 1 10, 25 ff.), es liegt also kein irrtum Ciceros,
sondern eine verdorbene lesart vor. bei der heilung der stelle ist
von zwei thatsachen auszugehen, der cod. Leidensis Heinsianu»
n. 118 (bei Baiter-Halm mit H bezeichnet) liest nicht deoSy sondern
deum. dann ist zu beachten acad. H 37, 118 Xenapkanes . .unum
esse omnia cUxit neque id esse mutabik et id esse deum. Xeno-
phanes bezeichnete den deus als unus\ es ist dies eine wörtliche Über-
setzung des bekannten elc 9€Öc von Xenophanes. daher ist die stellt*
zu verbessern unum gui deum esse diceret, unum ist aber mit gruiad
vor das relativum gesetzt, da es die hauptsache enthält.
Freibubg im Brbibqau. Karl Hartfbldbr.
QWMgentr: die peifectischen formen von -eo und «einen compositsw 27 1
40.
DIE PEKFECTI8GHEN FORMEN VON EO UND SEINEN
COMPOSITA.
la betreff der peifectischen formen von eo herscht in nnsei^n
ktenutchen Bchulgrammatiken eine ganz merkwürdige übereinstim-
moag. £ut flber&U — ich kann dies wol sagen, da ich in mehr als
dreißig lat lehrbüchern nachgesehen habe — wird die form ivi den
KhUleni xom aoswendiglemen vorgeschrieben, manche grammatiker
Cbcigehen die form n gans mit stillschweigen, einige halten sie fUr
sagebflnchlich. und trotsdem erklftre ich ivi und die davon mit v
gebildeten formen mit rücksicht auf den schulgebraach für falsch,
^ die Schriftsteller der besten zeit, also doch die weiche anf schulen
^esen werden , nur die verkürzten formen angewandt haben«
Dsss die perfectischen formen von den composita nur ohne i;
gcbrlochlich sind, wird wol in den lehrbdchern gewöhnlich gesagt,
ftber meistenteils nicht hinzugefügt, dasz in der zweiten person sing.
cod plor« des ind. perf. , im conj. des plusqperf* und im inf, perf.
Affler contraction eintritt.
Zorn beweise will ich die Schriftsteller der reihe nach durch-
Ahea, welche auf den heutigen gjmnasien gelesen zu werden pflegen.
Cornelius Nepos (Halm): iU XXV 6, 3; adiU II 7, 4; XXIII
:^3; ezM« XX 4, 2; iniU VI 3, 1; XXIII 10, 3; inUriU XIV 2, 3;
XU 2, 2; introiU TU 7, 4; obiU I 7, 6; VIIIO, 6; X 2, 5; X 10, 3;
in 1, 2; perOi XU 4, 1; XXI 3, 3; praeternt XVQ 3, 1; rediU U
10, 2; IV 3, 1 ; IV 3, 5; X 2, 3; X 4, ö; XU 3, 1; XXÜI 7, 4;
IHV 1, 2; XXV 10, 1; tramiU VU 9, 3; VII 10, ö; VIU 2, 4;
XIV 4,4; XrV7, 1; XXH 4, 1 ; XXffl 3, 3; XXIII 4, 2; caierufU
Xn 2, 3; exienmt XVI 2, 5; ifUerierupU II 3, 1; interierü X 4, 5;
XXm 13, 1; iniroimi X 5, 3; transierü XVH 4, 4; coierai IX 2, 2 ;
'iMTot XVII 2, 1; imerat XXV 22, 3; redierat X 10, 3; transierai
um 3, 4; transierafU XIV 6, 6; iisset XVQ 8, 2; ifUeriissä 1 3, 4;
'--UKt Vn 4, 2; XIV 6, 3; inir<ris8a X 10, 1; obisset XX 5, A;pr<h
^<M«TU3, 5; redissälA, 1; IV 4, 1; VI 4, 3; XII 3, l.exissent
IVI 3, 5; adisse XX 5, 2; exiase VII 8, 6; XXIU 9, 2;i>emse IX
^* 4; rtdttse XXV 17, 1; tranaisse II 9, 1; XVQI 3, 3; XVIU 9, 2.
Caesar (Kraner bei BTauchnitz*): ahiü civ. II 22, 17; depe-
r^ äf. m 87, 6; itUeriU galL VII 38, 4; civ. UI 71, 7; civ. III
*^ 14; pcriU gall. VI 40, 24; civ. UI 22, 7; ierufU gaU. I 26, 14;
^ la, 10; VI 62, 20; adüruni civ. 1 87, 7 ; UI 59, 16; drcumierufU
-t. in 93, 26; exiarufU civ. I 18, 8; interierufU gall. VU 38, 20;
?thmmi galL I 53, 11; IV 15, 7; redieruni gall. I 29, 10; civ. IU
^3, 11 ; tramiierufU gall. IV 1, 4; IV 4, 20; civ. UI 60, 20; deperierai
• da in dieser ansgabe keine parsgraphen verseiehnet sind, sq
^1% iaii nach capiteln and seilen.
272 CWagener: die perfectisclien formen von eo und seinen compoiita.
gall. VII 31, 11; inierat gall. VI 31, 11; redierat gall. V 11, 15; Y
48, 2; VI 12, 16; civ. I 4, 6; transierat gall. I 12,9; cit. III61»8;
ierant gall. I 21, 9; I 28, 2; IV 12, 4; deperierant galt. V 23,4;
redierant gall. IV 12, 5; civ. III 111, 11 ; iransierant gall. I 5. 13;
II 10, 7; IV 14, 14; V 12, 3; VI 42, 8; exissei gall. I 12, 14;
I 29, 4 ; VII 35, 1 ; redissä galL VII 20, 1 ; exissent civ. I 64, 2§;
interisseni gall. VII 17, 23; redissent gall. VII 54, 14; suhisml
gall. I 36, 19; transissent gall. I 13, 14; in 2, 2; Vn 5, 13; civ. I
40, 10; adisse gall. VI 25, 8; exisse gall. VII 20, 31; inierisse galL
V 38, 8; civ. m 49, 7; transisse gall. I 31, 14; I 44, 3; 11 24, 6;
IV 16, 9; V 27, 27; V 41, 5; civ. HI 33, 5.
HirtiuB (Kr.): interiU 44, 10; rediU 52, 3; trafisUi 55, 8;
adisset 46, 4; inissetU 44, 5; transi6sent 13, 5; tnterisse 21, 8.
Bellum Hispaniense (Kr.): adierunt 19, 15; perieruntU,
13; exierant 19, 15; adi$sent 3, 7; exissent 4, 7; perisse 18, 8; 18,
9; 22, 17.
Bellum Alexandrinum (Kr.): interiü 21, 10; iniroiU 32,4;
penU 25, 27; 43, 19; 64, 21; transierwU 29, 15; prodierant 20, 10;
suhierafU 76, 6; transierafU 27, 21 ; redissd 51, 11 ; subissent 70, 16;
perisse 31, 23.
SalluetiuB (Jordan): internt Gat. 10, 1; lug. 18, 3; or. Phil.
19; introiU lug. 71, 4; rediU lug. 104, 1 ; iere lug. 79, 5; 105, 2;
ifUeriere lug. 17, 6; 52, 4; transiere Gat. 2, 8; lug. 38, 6; ierit or.
Macri 11 ; perierint lug. 31, 2; ierat lug. 42, 1 ; 101, 8 ; abierat Cat.
25, 4 ; lug. 35, 1 ; äbierant lug. 62, 7 ; isse lug. 22, 4.
Bei Li vi US (vgl. Hildebrand beitrage zum sprachgebrancbe
des Livius, Dortmund 1865, s. 19 f.), bei Gicero (vgl. Frohwein
perfectbildungen auf vi bei Cicero, Oera 1874, s. 8 f.) und bei Ta-
citus (vgl. Sirker Taciteische formenlehre, Berlin 1871, s. 52 V
finden sich die perfectischen formen von eo und seinen composiu
nie mit t;, ausgenommen ist nur eine einzige stelle bei Tac ann.
XI 24, wo in einer rede des kaisers Glaudius transivisse gelesen wird.
BKtthner (ausf. lat. gramm., Hannover 1877, I s. 505) ftthrt drei
stellen aus Gicero an, wo t; beibehalten sein soll; aber dies ist jeden-
falls ein versehen: denn an den angegebenen stellen kommt keine
dieser formen vor. auch tritt nicht allein bei Gicero, Livius xm^
Tacitus , sondern auch bei den besprochenen Schriftstellern llberalll
in den oben angegebenen formen contraction ein auszer an zwej
stellen bei Nepos : iisset (XVII 8, 2) und ifUerüssei (I 3, 4). aber
gegenüber einer so groszen zahl von stellen kommen diese drei ans t
nahmen nicht weiter in betracht, und ich stelle deshalb ftlr dei^
schulgebrauch folgende regel auf: *in den perfectischen formen vonj
eo und seinen composita wird immer das v ausgestoszen, und wenn
auf ii ein s folgt, tritt immer contraction ein', also : ti, isH, iäy iimus,
istis^ ierunt; ierim; teram, issem; iero; isse; ebenso geben auch die
<^ompo8ita.
Bremen. Gael Waobhbb.
HSchütz: zu Tacitas Germania. 273
41.
Zu TACITÜS GERMANIA.
e. 2: daaz die ▼on Kritz gegebene onterscheidimg von advenUis
aad ko^püiaz *atheniU8 sont peregrinorom ex remotis terris immi-
gruitiiim, katpUia proximorum et confiniam' unhaltbar ist, lehrt
Mhon die ▼ergleichung mit c. 40 quaeaumque (foca) (idvefUu hospi-
tiofM dignaiur {Nert^): denn die gGttin konnte doch nicht zu-
gleich aog nahen und fernen Iftndem kommen, und worin sollte
lach der innere grund zu einer solchen Unterscheidung liegen? aus
der loletit angeführton stelle könnte man allenfalls auf ein. tv biä
öuoiv seUieesen, doch ist es nicht nötig. ho9piHiim ist die aufiiahme
all gast, dies auf ein volk abertragen gibt das verhftltnis der öffent-
itdioi i^voi oder m^toikoi. sie sind idso auch advenaej haben aber
m der fremde zugleich ihre Wohnsitze aufgeschlagen oder verweilen
«BBigstens Ifingere zeit daselbst, dem entspricht im wesentlichen
die flbersetznng Baumstarks ^eindringen und einkehren'.
ebd. immensus üUra usw. üUra wird von Kritz rein adverbial
gdifist *der weithin unermessene Ocean'. aber tdhra ist nicht
'vtit]iin\ and der zusats, es bezeichne die weite entfemung, die
ftber die bekannten grenzen hinausgehe, weist von selbst darauf
^1 dasz man bei jenem üUra an eine bestimmte grenze zu denken
^. als diese grenze erkennt Baumstark (ebenso Prammer) den
rtoisehen erdkreis, ergSnzt also (uUra) orbem nasirtim^ welches aus
dn folgenden hier herbeigezogen werden mttsse. aber lag nicht
■ehoB das ganze eigentliche Germanien tdira orbem nastrum im römi-
ichea sinne? nnd soll man die begriffsergSnzung nicht lieber aus
des vorhergehenden als dem nachfolgenden entnehmen? ich meine,
<• iit «ttra Crermamam zu verstehen, von welcher seite man ja allein
^^«■snien sor see erreichen konnte, dazu passen auch viel besser
die von Banmstark angeftLhrten belegstellen 19 eogüatio tdira und
^. 25 mtmversarum %dira gefUium. — Zweifelhaft ist, wie adversus
sn Acidaliua' lesart overstM liegt kein grund vor) Oceamts zu
seL Bitter versteht 'feindselig', aber die offenbare entgegen-
ReUng von ah erbe nosiro verlangt die bedeutung 'antipodisch',
od am die flbertreibnng dieses ausd^ucks zu mildem, ist ut sie dixe-
fMi luttzagefElgt«
ebd« § 3 für eandUores würde ich condUarem vorziehen ; dann Iftszt
*Kh origo anf den gott Tuisco allein beziehen, candUar auf den mensch-
^^<^ heros Mannns. das abstractum würde sich zur bezeichnung
^ gölüiflhen abetammung vortrefflich eignen, so wftre beispiels-
vQse Bebe angoy Assnr candUar der Assyrier; Mars crigo^ Bomulus
"^^däor der Bömer. s. Liv. praef. § 7. zu der weiter gehenden ftnde*
'^ ürliohs' (rh. mus. XXXI s. 509) edUum, originem genüs candUth
'^ftK. ei fimtm JKammm, Mäimo usw. kann ich mich nicht ent-
*A!ifHBa, jedenfalls wftre aber dadurch zwischen origo und eandiior
rftr dM>. plulol. 1S79 hfl. 4. 18
274 HSchütz: zu Tacitus Germama.
derselbe unterschied gemacht. — eague vera ti afi^iqua wmma.
man streitet, ob die worte bemerkung des Tac. oder seiner gew&hn-
männer seien, also ob swü oder esse za ergänzen sei. da ^e oratio
obliqua nachher fortgesetzt wird , so hat das erstere offenbar seine
Schwierigkeit, während die bemerknng seibat doch ganz wie eine
des Tacitus erscheint, der die namen Marser, Oambrivier, Soeben,
Vandilier sehr gut kannte und oft anführt, ich glaube, es gibtbier
einen mittelweg, der beide auffassungen vereinigt: nemlich wenn
man ohne alle ergänzung que epexegetisch nimt fdr et — qwdm»
die gebräuchlichkeit dieser kurzen energischen wendung bei Tadtos
braucht nicht erst nachgewiesen zu werden.
Das ende dieses cs^itels bietet manigfaohe Schwierigkeiten, zu-
nächst ist das vom cod. Leid, überlieferte (auch von Halm beibehal-
tene) ui (nunc Tungri) dem ac der ttbrigen bss. entschieden Tona*
ziehen, der Schriftsteller will, wie das folgende ergibt, erweisen, wie
aus dem namen eines Stammes ein allgemeiner volksname geworden
sei. die zuerät über den Bhein gegangenen Deutschen, die er als
einen besondem volksstamm ansieht, erhielten den namen Oermanen;
als dann dieser name allgemein für die Otoamtdeutschen üblich ge-
worden war, passte er nicht mehr zur bezeichnung jenes linksrheini-
schen Zweiges derselben, welcher deshalb einen jungem namen Tufi^
angenommen hat. in id ist mithin die ähnliche entstehung eines
sondernamens viel besser bezeichnet als in dem blosz verknüpfen-
den acy welches obenein das Satzglied in eine lose und fast unlogische
Verbindung mit qui . . exputerint setzt, während fä ganz richtig seine
correlative Stellung zu quoniam . . tunc vocaii sM einnimt. hat Tac.
wirklich ac geschrieben, was immerhin möglich ist, so musz man die
änderung im Leid, als eine sprachliche Verbesserung anerkennen. -
In dem folgenden satze ist die von Eritz als ^certissima' bezeichnete
emendation in (genHs) statt tum aufs entschiedenste zurückzuweisen;
ja ich glaube, ein solcher Sprachgebrauch naiioms now^tningedis
(sc. nomen) ist so ungewöhnlich , dasz man ihn nicht ohne not hin-
eincorrigieren darf, wenn auch Agr. 39 ähnlich gesagt ist: jprivati
hominis nomen supra prindpis atioUu auch hat Acidalius selbst
nicht so schreiben wollen, sondern in nomen gentis; erst Breuer
und nach ihm andere haben jene kühnheit des ausdrucks zulttsäig
gefunden, wollte man aber, um die lästige Wiederholung zu ver-
meiden , nach der sog. locutio compendiaria blosz in gefUem lesen,
so würde wieder eine Zweideutigkeit entstehen, mag man inded
ändern wie man will , in jedem falle erfordert die erklftrung eint]
synonyme Unterscheidung von gens und natio^ die sich sonst schwer^
lieh erweisen lassen wird, natio soll den volksstamm, gens das ge^
samtvolk bezeichnen, für das letztere liesze sich das kurz vorheri
gehende gentis appeUationes und anginem genJtis anführen, allein
man vergleiche 10, 5 eins genJtis cum qua beHum est^ wo von kriege«
germanischer stamme unter einander die rede ist. 27, 3 nunc sine/ui
larum gentium instUtäa usw. und sofort wieder quae nationes. 30, j
HSchäts: eu Tacitiu Germania. 275
Hdi ruma Ckemseontm d Fosi^ eonUrmma gens. 38, 1 de Btuhis^
ftanm mm una gena; dann wieder sofort proprüs nationüms^ in*
tifiiegmtia and 3 in dm genübus. 39, 4 inüia genüs (nemlich Sue-
h$nm). 43 ae. eäerae Oermanorum getUes, 45 ae* Sü<mum gentea
A§r. 26 umvenantm uUra gtntiwm, ans allen diesen beispielen er-
gibt iidi daas eine derartige anterscheidung von Tac. nirgends be-
abocfatigt ist. daher kann auch die von £[ritz herbeigezogene stelle
VeU. n 98, 1 €MNmdii5 eius gentis naiiombus schwerlich beweiskraft
babsD, ramal wenn wieder nmgekehrt Caesar &• 0. YI 16 naiio amnis
Gdhnm und dagegen gens Äüobrogum ua. sagt, der allgemeine
apncbgebraoch wflride auch widersprechen: denn wenn^€f» selbst
& eiDselne sippschaft innerhalb eines Stammes bedeutet, wie sollte
flf kommm daaz es aUgemeiner witre als das in solchem sinne nie
gebrauchte futHof der unterschied liegt offenbar nicht in einer sub-
nmptioB: gens bezeichnet einfach die abstammung oder herkunft,
«Mtia das Tolk oder den stamm hinsichtlich der physischen oder
oonlischen raasenunterschiade , ist also mehr qualitativ zu fassen :
w xb. 4 aa. kurz ich halte non genHs für den mflszigen zusatz eines
nicbt nakundigen erklltrers, dem das obige gentis appeUaHanes vor-
•ebveben mochte. — Was nun den namen Tungri betrifft, so ist
ftttznhalten, dasz er bei Caesar noch nicht vorkommt, weder 11 4
loeb VI 32 , an welchen beiden stellen er von den linksrheinischen
T^ttBchaften spricht, die den gemeinsamen namen Oermani fort-
nUirea, während die Beiger zwar auch von jenseit des fiheins ein-
fwaadert seien, aber von jen^n bestimmt unterschieden werden.
TOB »olchen (}ermanen nennt Caesar als die mächtigsten die Ebnronen,
Bcbea ihB«n die Condrusen, Caeroesen (wenn der name so richtig ist)
lad Psemanen, auszerdem VI 32 die Segner. bei der groszen ttber-
cüitimmmig beider schriftsteiler Über diese Völkerschaften selbst
iB omehien (Caesar: plerasque Beigas esse artos ab Ghrmanis Bhe-
««ifiie anüquUus traducU>s . . ibi oonsedisse CfaOosque . . expuUsse\
Taeitas: qm prmi Shenum transgressi OaUos expul^nt) wird man
fiicbt ku^ien können, dasz Tac jene stelle des Caesar vor äugen
9>btbt, also dieselben vier oder fllnf Völkerschaften gemeint habe,
ik dann in der zeit zwischen Caesar und Tacitus, dh. eben in der
«i, da die rechtsrheinischen Deutschen in ihrer gesamtheit als öer-
^•Bai den fiömem durch des Caesar, Drusus, Tiberius, Oermanicus
'eUzQge ent näher bekannt geworden waren, den jttngem collectiv-
uaen Twngri angenommen haben, genannt werden sie noch Ägr.
H, «o zwei cohorten derselben neben den cohorten der Bataver an
kx icUacbt am mons Graupins in Caledonien die entscheidung her-
cttfUarcn. ebenso werden hist. H 14 zwei tungrische cohorten neben
f^Bcm reitergeachwader der Treverer unter den truppen des Fabiua
y«lAs erwähnt; desgleichen hist, IV 55 zusammen mit den üblem,
iV 66 wieder mit den Baetasiem und Nerviem. Plinius zählt sie n. A.
I^ 1 « (31) einfach mit vielen anderen belgischen Völkern auf; XXXI
^ ^ spricht er von einer eisenhaltigen heilquelle in deren gebiet.
18»
276 HSchütz: zu Tacitus Germania.
der name war nach aufgebung der alten, nach Caesarnicht mehr
vorkommenden allgemein gebräuchlich geworden, natttrlich weil der
gesamtname Germani für sie nicht mehr passte. dasz sie aber bei
ihrem einfall in Gallien einen gemeinsamen namen {ob mät$m^ dh. um
durch andeutung ihrer einheit schrecken &u verbreiten) fahrten, ut
leicht erklärlich; nicht minder, dasz sie mit demselben namen die
sämtlichen zurttckgcbliebenen verwandten stamme umfaszten. daber
ist es nicht nötig, mit JOrimm (gesch. der deutschen spräche s.786,
Victore in victo umzuwandeln, dasz in dem namen etwas besonders
erschreckendes gelegen habe, halte ich nicht fttr nötig; ebenso wenig
dasz er, um auf die Gallier Wirkung zu thun, keltischen nrsprangi
gewesen sein müsse, es genfigte, den besiegten Völkern zum bewnst-
sein zu bringen, dasz sie, die sieger, einer groszen Volksgemeinschaft
angehörten, offenbar hat Tac, indem er den namen fttr einen special-
namen ansah, ihm nicht eine allgemeinere appellative bedeutung geben
wollen; wie wenn Strabon VII s. 290 ihn aus der lateinischen spräche
erklärend durch TvriciGi (nemlich faXdiTai) wiedergibt, als hätten sie
damit zwar ihre Stammesverwandtschaft mit den Galliem zogegeben,
sich selbst aber fttr die echten (unverfälschten) ausgegeben, wenn
sie diesen namen, so erklärt, selbstverständlich nur von Lateinern
erhalten konnten , so ist anderseits mit den deutungen als 'wehr-
mannei' oder ^ungestüme krieger' usw. auch nicht viel gethan. da-
gegen ist es bedeutsam, dasz die ersten von Deutschland in den nor
den Galliens eingedrungenen deutschen eroberer ebenso hieszen, wie
die am ende des dritten jh. vor Ch. den Galliem Oberitaliens zu hilf«
geschickten Völker, welche nach Polybios 11 22 b\ä tö fitcOoG apa-
T€U€iv den beinamen 'Gaesaten', dh. reisläufer oder Landsknechte,
ftthrten (1TpocaTopeuö^€VOl). wenn sie nun erst in Italien so genannt
wurden, wo sie um sold dienten, so wttrde ihr eigentlicher naoit^
Germanen gewesen sein, wie soll man sich aber den zufall erklftren,
dasz Kelten zwischen Alpen und Rhone ebenso hieszen wie ein in
verschiedene einzelne stamme geteiltes deutsches volk? das wunder-
liche ist beseitigt, wenn man sich Mommsens ansieht (röm. gesoh-
lt s. 561) ansdüieszt, dasz diese Germanen oder Gaeaaten schon
Söldner der rhonischen Kelten gewesen seien, sie waren aldO —
und zwar ohne zweifei aus Deutschland — ebenso als hilfsvölker
und bundesgenossen herbeigezogen, wie nach Caesars bericht andert-
halb Jahrhundert später von den Sequanem, dh. ziemlich in den-
selben gegenden , die snebischen oder marcomanischen heerscharen
unter Ariovist; und man mag sie dann bereitwilligst nach Italien
geschickt haben, um sich ihrer wieder zu entledigen, denn die rcr-
suche der Deutschen in Gallien sich anzusiedeln reichen ja in viei
f rtthere zeiten hinauf als die Caesars und selbst der Cimbem. ist dcui
aber so, so könnte der name Germanen doch wol deutschen urspruui.n
und mit dem keltischen der Gaesaten gleichbedeutend sein, jedeiv
falls irrt Tacitus , wenn er ihn ffir den specialnamen eines stamme:
ansieht ; das ist er noch weniger als die namen der Sueben und Mar
HScfaütc: zu Tacitns Germania. 277
comuieo, obgleich dieselben Ton Caesar &• (r. I 51 in einer linie
mitHarDden, Tribokem, Vangionen, Nemetem und Sedosiem anf-
geftkrt werden, knrz, auf die ganze dedaction des Tac. ist nicht
riel za geben, nnr das steht fest, dasz die hier erwilhnten völker-
sdttften längere zeit den — doch wol heimischen — gesamtnamen
Gtnnanen geiUirt haben, bevor sie den localen der Tangern an-
uhmen. und dieser ?erlaaf ist ja der allein natorgemftsze.
t,3neetamvoeisülequamfMiäi8C(mcentusvidetur. nachdem
äcM schöne yerbesserang von Rhenanns, die sich auch im cod. S
äsdet, in die meisten and bedeutendsten aasgaben übergegangen ist,
befremdet es dasz nicht nur Eritz , sondern aach Baumstark za der
Ttfdorbenen leaart der meisten hss. . . voees iüae . . . videntur za-
rfickgekehrt sind, wenn Tac wirklich sagen wollte , jene lieder be-
fttladen nicht sowol ans gesungenen Worten als aus einem harmoni-
seben (oder disharmonischen?) geschrei ohne worte, so würde das
sebwer zom obigen passen , wo ausdrücklich camUna erwähnt sind.
&ber Mch der aasdruck videntur wäre sonderbar. Tac. muste ent-
weder, wenn er bestimmt wüste dasz es lieder ohne worte waren,
f*nt statt videntur sagen, oder wenn er davon nur darch hörensagen
o^hren hatte, dicuntur. in videri ist gesagt, welchen eindruck der
gumg {conoentus) hervorbringe ; der gegensatz liegt nur in vox und
rirfitf, nicht in vox und conoentus: in dem rauhen, wilden schrei
aaebt sich die stürmische kriegslust luft, und das ist im folgenden
Biber beschrieben. — Oleich darauf hat zu meiner Verwunderung
ucaand an tu hunc Oceanum anstosz genommen, hie Oceanus
(Suite nicht den Ocean bezeichnen, von dem nicht hier — wie Kritz
neiat — , sondern zu anfang des vorigen cap. die rede gewesen ist.
liefet man dennoch so, so würde ohne zweifei, wie oben ah orbe
Mtfro, das rOmische, idso Mittelmeer zu verstehen sein, von dem aus
niB doch nicht nach Germanien gelangen konnte, ich glaube, man
bu m illum Ooeanum zu lesen, dasz hie auch sonst auf römische
fcrblltnisae zu beziehen ist, wenn der sinn nicht von selbst etwas
vderes verlangt, dafür s. auch c. 10 et ülud quidem etiam hie notum^
vo sinnwidrig Kritz (and Baumstark, wenn er meint, es wäre da-
^ saeh «Die möglich) versteht in Oermaniay während Tac. sagt, die
propbezeiongen aus den stimmen und dem flug der vögel hätten die
'yomanen mit den Römern gemein.
c 5 : statt non in älia vilitate Ui von Bhenanus fälschlich nobi-
**ftei€ conjiciert, während die lesart der schlechteren hss. utiUtate von
Kritz in sehr wunderlicher weise verteidigt wird, er widerspricht
^>bä sieh selbst: denn wenn silberne gefksze non in oZta, also in
*9irm utmtaie sind wie thöneme, so mttssen sie doch wenigstens in
V« lein; vorher aber erklärt Kritz die worte poseessione et usu haud
l^rirndt affiemntur^ allerdings falsch 'possessionem quidem non
rtipaimt, asn tamen non gaudent'. mit recht haben Haupt, Halm ua.,
ueh Hirsehfelder in der neuen bearbeitung von £[ritz* ausgäbe, die
tttt unbedingt eine 'emendatior' nennen darf, an vüitate nicht ge-
278 HSchütz: zu Tacitas Germania.
rüttelt. Tac. sagt: die silbernen gefftsze haben für sie denselben ge-
ringen wert wie thöneme. sie besitzen zwar welche und gebraachen
sie dann auch, nicht wie in Rom znr schanstellnng, sondern ohne
unterschied wie das übrige hausgeräth. daher konnte er oben mit
recht sagen : 'auf besitz und gebrauch geben sie nicht eben (nicht
sonderlich) viel.' von einer vergleichung aber zwischen postessio
und fisus^ die Eritz annimt (wfthrend Baumstark zwischen drei auf-
fassungen schwankt) , ist schlechterdings nicht die rede, dasz haud
perinäe diesen absoluten sinn haben kann, beweist namenüicfa Sneton,
zb. Tib. 52 ne mortw> quidem perinde affeäus est ^selbst sein tod be-
rührte ihn nicht sonderlich'. Qalha 13 nan perinde grains. ÄugM
non perinde välehat. so auch Tac. Agr, 10 perhtbeiu ne veniis qui-
dem perinde (so Grotius st. proinde^ von Wex und Halm aufgenom-
men , wiewol prainde ohne zweifei ebenso gebraucht werden kano,
da beide worte sich nur unterscheiden wie absolutes und relatives,
der bedeutung von per und pro entsprechend) attotti. ann. 11 B8
haud perinde cdehris (sc. acpar est), natürlich liegt diesem gebraocb
überall eine versteckte vergleichnng zu gründe; so hier mit anderen
Völkern, besonders den habsüchtigen Römern, gleichsam zur probe
für die richtige auffassung von ustts und vüitas steht am ende det
cap. . . lisui est promiscua ae vtUa mercantibus. and umgekehrt
scheint das obige afficiuniur ein beweis dafür zu sein, dasz auch am
schlusz affectione zu lesen ist, nicht mit den besten hss., denen nach
Kritz auch Hirschfelder gefolgt ist, affectaiione, die vergleichnng mit
28, 5 lehrt gerade im gegenteil, dasz dies wort dort eine ganz andere
bedeutung hat als die hier erforderliche, dasselbe ergibt sieb aus
c. 37 GäHias affeäavere, desgl. aus c 3 affedatur . . . asperiias s(mu
An dieser stelle steckt aber ein gröberer fehler in argentwn
quoque, auf den meines Wissens noch kein hg. aufmerksam ge-
macht hat. was soll hier quoqt^e? als wenn sie auch etwas andere>
auszer dem silber dem golde vorzögen, davon ist nichts gesagt,
oben heiszt es nur, dasz die dem Rhein zunftchst wohnenden Völker*
Schäften gold und silber zu schfttzen gelernt haben und römisches
geld im verkehr annehmen, wenn Gerlach übersetzt 'auch trachten
bie nach silber mehr als nach gold', so müste das heiszen eidem oder
etiäm magis st. quoque, es läszt sich auch nicht annehmen, dasz vor-
her unter pecunia nur goldenes geld verstanden sei, dem nun mit ar-
gentum quoque das silberne noch hinzugefügt sei. erstens müste es
dann heiszen * u nd z w ar mehr als', also et magis quidem oder magis-
que; sodann lehrt Plinius XXXIII 3 (13) bestimmt, dasz die hier er-
wfthnten münzsorten silberne gewesen seien: notae orgenH fuertbigat
atque quadrigae ei inde higaii quadrigatique dieti. endlich dasz man
hier unter argentum nicht etwa vasa^ sondern wirklich geld zu ver
stehen habe, lehrt unten der ausdruck numerus argeniearum, kurz
quoque ist verderbt: es musz einfach argenhimque heiszen, was sieb
eben vortrefflich als erklftrung an die genannten serraü bigatiqitt
anschlieszt.
HSchfits: zn Tacitos Germania. 279
e. 6, 3 phnraque haben, so viel ich sehe, alle hgg., und doch
biet« andere hss« das viel bessere pfura. jenes que läszt sich nur
«pa^getisch fiiasen für et quiäem^ wie es auch Baumstark thut. nun
ib%t aber wieder atque {in imimensium whrani) , das ebenfalls sich
nr epexegeiisch nehmen Iftszt; und dies dem Tac. zuzutrauen ist
dock n Viel , wenn die hilfe so nahe liegt, will man plwra nicht
(wmm aber nicht?), so musz entweder pleraque gelesen oder mit
beibehaltong Tcm phurcuiue nachher eaque statt cUgue gesetzt werden,
flfarigeiis ist in vor immensuim im Leid, von anderer band ttberge-
icbxieben: Bitter schlieszt daraus mit recht, dasz es zu streichen sei.
dsflir finden sich gerade bei diesem werte viele beispiele, von denen
freQicb ann* m 30 iimmensum viguU nicht ganz analog ist. den auch
TOB anderen angeführten fflge ich hinzu ctäemum st. in aetemum
OB. m 26. Xn 28 ua. es sind hauptsächlich locale und tempo-
rale adjeetiva, die so gebraucht werden, um eine dauer oder eine
Krade zu bezeichnen.
c 7 ae. unde feminarum ültUattis audiri. wenn Baumstark zur
reditfertigung dieses inf. bist, zwei andere stellen des Tac. herbei-
üeht, 80 hat er damit nichts erreicht. Agr. 34 zunächst kann sowol
fWre als ruire verstanden werden, und für jenes entscheiden sich
wol die meisten hgg., die nicht etwa, wie Wex, eine andere form
luBttocorrigieren. aber selbst der inf. liesze sich hier als bist, er-
tzagen, wie ja sofort das demselben analoge impf. pdUbaniur folgt
öam dasB an sich ein in£ bist, mit quo modo verbunden werden
kOase, so gnt wie mit posiguam^ zb. ann. III 26, wo völlig ent-
iprechend erat esmi und dann incedehat^ oder mit w&i, zb. ann. 11 4,
«0 wieder erat minüaH und nachher sumendum eraty das leugnet
«ol niemand, allein es musz doch die historische bedeutung auch
aOgtieh sein, wie denn an allen jenen stellen, auch Äffr. 34 (ob-
gioch dort Wex pdU 9olent st. peUebaniur vorschlägt) nach Spengels
riditiger erklämng kein allgemeiner gedanke vorliegt; hier wflrde
ÖM Tertanscbnng von audiri mit audiehatu/r unmöglich sein, was
«bcr Banmstark fdt eine zweite stelle äM. 30 meint, ist mir nicht
kkr: denn tiMiMiiere findet sich im ganzen cap. nicht, nur zu anfang
wtüwtfur ohne Variante, vielleicht \kt er in der mitte des cap. refenre
^nmai, welches st. refert vom Leid. pr. m. und Farn, geboten wird,
«ad wofftr Bitter refenre euscepü vermutet, indes selbst dort würde
^ent sidi noch eher verteidigen lassen, weil wenigstens von einer
Togagenen handlnng die rede ist; aber der fehler liegt ja auf der
kasd, und auch der grund des entstehens, indem die unmittelbar
Mgeaden Infinitive der or. obl. dii^ciesey hausisee usw. den Irrtum
MaigefUirt haben.* die rechtfertigung des inf., die B. versucht,
>ailiA ans einer 'rohen ftrt des Vortrags', die bei den vielen un-
ngdmäaiigkeiten des Tac. nicht befremden dürfe, ist völlig von der
' ich fttrehte nicht dasi jemand Oerm, 80 die iafiniiive praiponerej
«<fcv« aMw aaw. als historische anführen werde; sie sind, wie Kriti
^ukt. Unter appoaita sn wuiHum raiiofdt.
280 HSchütz: zu TacituB Germania.
hand zu weisen, um von anderen erkl&rangen abzusehen , ftihre ich
nur an dasz Madvig audiunt, Nipperdey und Eritz audUwr com-
gieren ; doch kann ich auch ihnen nicht beistimmen, schon weil hier
nicht eine thatsache erzählt, sondern eine Sachlage geschildert wird,
die sich nur wiedergeben läszt durch 'ist zu hören*, eher wftre der
conj., entweder audiaa nach Wöl£flin oder audiatU nach Hirschfelder,
zu ertragen; und auch Bitter kommt dem richtigen sinne nfther,
wenn er audiri ganz verwirft, indes wie dies von einem halbgeiehr-
ten leser als glosse habe beigeschrieben werden können, verstehe ich
nicht: ein solcher wftre wol auf atidiri Ucet verfallen, aber nicht auf
audiri allein, kurz ich vermute, es ist est au dir e zu schreiben ',
gerade so wie c. 5 e^ videre ; und dasz diese dem griechischen ent-
sprechende Wendung nicht nur dichtem, wie Horatins und Vergilius,
sondern schon dem Livins und dann den sp&teren prosaikem eigen
ist, bedarf keines nachweises. vgl. indes bei Tac. noch ann. XVI 34
ut coniedare erat intentione voUus, den ausfall von est nach uhdatus
wird jeder begreiflich finden.
c. 8 nohües ist auf grund der änderung des Leid, von Hanpt,
Halm , MüUenhoff meiner meinung nach mit vollem recht in nuibües
verwandelt worden, was Kritz dagegen sagt, es habe bei der Stellung
von Jungfrauen als geisein nicht darauf ankommen können, ob sie
mannbar waren oder nicht, verräth eine schiefe auffassung der sache:
als ob nicht für die keuschheit (und gerade darum handelt es sich
hier augenscheinlich) der mannbaren mehr zu besorgen gewesen
wftre als der unerwachsenen, nobües dagegen ist mttszig : denn wer
wird andere geisein fordern als aus den edlen? wenn Hirschfelder
nohües noch durch hinweisung auf hist, lY 28 zu schützen sucht, so
begründet dort der Superlativ einen wesentlichen unterschied, an
sich soll ja nicht geleugnet werden, dasz ohsides nobües vorkommen ;
es handelt sich nur darum, was hier passender ist.
c. 10 publice aJuntur isdem nemorihus. ThKock verwirft in dem
progr, des gymn. von Memel 1864 isdem ^ übergeht aber die einzig
richtige und mögliche erkl&rung. es sind nemlich die c. 9 ae. schon
erwfthnten lud ac nemora gemeint, man wende nicht ein , dasz es
nicht möglich sei nach einem so groszen Zwischenraum auf die obigen
Worte durch idem hinzuweisen, alle heiligen handlungen, die im an-
fang dieses cap. beschrieben werden, also die au^^ida et sortes, wer-
den ja in den heiligen hainen, die statt der tempel dienen (c. 9),
vprgenommen. die coigectur Eocks üs deum oder in deum sieht ver-
lockend aus, ist aber überflüssig.
c. 12 sed et levioribus ddidis , . muUantur. zunftchst bildet das
ganze 6inensatz, wfthrend die meisten hgg., Acidalins' coigecturj^ena
annehmend, zwei sfttze daraus gemacht haben, die unverbunden neben
* nachtrilglich »ehe icb, dasz schon MShIy so vermatet bat. (|a
ich seine begriindang dieser conjector nicht kenne, so habe ich die
meinige nicht 'nnterdrüeken wollen, die verbesaemng seibat ist mir
nur um so glaabwürdiger.
HScIliiiE: zu Tadtos Germania. 281
aaiader stehen. 6uieii satz erkennt auch Banmstark an , hat aber,
M vid idi sehe, die conainiction nicht richtig aufgefiaszi, wenn er
TV Imorüms ddidis die prftp« in ergänzt. Oerlach leugnet dasz dies
TOfi comviäi abhingen kOnne. daaz die Wortstellung kühn sei ist zu-
ageboi; aber ich sehe nichts was mit der richtigkeit derselben im
videnproch stände, warum amvidi von levioribus ddiäis getrennt
isti liegt ziemlich klar vor äugen, die ddida leviara mu s ten voran-
geitoQt werden, weil sie durch et mit den vorher besprochenen
Mhvtreii sedera und flagüia verglichen werden sollten; convidi
koute wieder von miätamiur nicht wol getrennt, muste also ans
ende verlegt werden, demnach blieb für die übrigen, die strafe be-
xaeksenden worte eine andere als die mittelstellung nicht übrig,
dft ne nach muUaniur doch nicht gebracht werden durften, über-
dies fthrt der sinn von selber auf die lesart sämtlicher hss. denn
ücht darin liegt die neuheit dessen was hier hinzugefügt wird, dasz
uch die geringeren Vergebungen nach masz bestraft werden ; das
^«nteht sieh teils von selbst, teils ist es mit den werten distinäio
/wweriiw ex ddkio eben zur genüge gesagt vielmehr handelt es
iidi nfort um das straf masz, welches^ während die schweren ver-
bncher den tod erleiden , in einer busze an pferden oder kleinvieh
bcfteht; was zu berichten sich verlohnte, weil es gegen das recht
ud die gewohnheit der BOmer verstiesz. so ist denn gegen die ver-
MsdoBg pro modo poenarum nichts einzuwenden, natürlich für alle
ieichteien vergehen besteht ein viehgeld als strafe; wie aber die
vergehen selber verschieden sind, so auch das masz der dafür be-
stimmten strafen; und deshalb wird nachher auch equorum . . nu-
Meroi nicht einfach equis gesagt.
e; 13 haee digmUu . . praesidkim. die auffassung ist verschie-
<^, je nachdem man mit Kritz die ersten worte bis vires durch ein
-cmikolon von den übrigen trennt oder mit Haupt ua. den satz bis
vamdari ausdehnt das richtigere ist freilich , gar kein Semikolon
n Mtien, wie Halm ua. thun. denn inpace decus^ in heHo praesidium
•it nicht ein satz für sich, auch nicht prädicatsbestimmung zu etr-
cMidori, wie Eriti will, sondern eine dem Tac. eigentümliche satz-
Wwition, die meist eine finale bedeutung gewinnt so c. 16 8%Mfn
<l^ii»g^dommmspaiiocircmndaiySiveadver8U8C€^
Moe osw* so riel wie td sU remedium. gleich darauf solfti^ . . specus
^9fnn . . Muffugium hkmi ei recepiaculum frugibua.
c. 14 non nisi vi beUoque tueniur, die lesart schwankt zwischen
• tMflhir [<iieaii<tir] und tueare. dasz dies letzte nicht genügt , gebe
^ gen zu; aber die beiden ersten lassen sich vielleicht noch weni-
^ halten. Kritz sagt, es besiehe sich das gesagte nur auf die häupt-
^<*gt der Ckrmanen, die eine gefolgschaft haben, in derselben weise
^4 Yorker dareeewU gesagt sei. aber dies dareecunt gilt ja den
*«^ik$ ^ditkteenies^ nicht den fürsten; und sofort heiszt es wieder
^ 'U den Jünglingen, ohne Setzung eines neuen subjects, dasz sie von
^ freigebigkeit des fürsten ein kriegsros usw. fordern, auch kann
282 HSchiits: zu Tacitu« Germania.
man nicht tuerUur allgemein dorch ^man' übersetzen , fllr welches
nach Baomstark tueare in gleichem sinne eingesetzt sei« ich gUabe
dasz hier eine weiter gehende oorraptel vorliegt: entweder ist 915
heüumque tuetur oder vi bdhque tueri licet zn schreiben.
c. 15 nan muUum venatUms ist von allen hss. überliefert, tod
Lipsins aber nan gestrichen, weil es mit der bekannten stelle Csessn
h, G, IV 1 (SWeM) muUum sunt in venatümünts nnd VI 21 vita tmm
in venatianihus . . coMislii streitet die neueren bgg. folgen ihm
grOstenteils , wtthrend, nm von anderen abzusehen, Baumstark und
Hirschfelder non mit richtigen gründen verteidigen, diesen bei-
stimmend füge ich folgendes hinzu : Tac. leugnet gar nicht dasx die
Germanen sich überhaupt mitder jagd beschäftigt haben; es handelt
sich nur darum , ob sie im frieden mehr jagten oder auf der biren-
haut lagen, darüber aber konnte zwischen ihm und Caesar leicht
eine differenz der ansieht obwalten; ja es scheint, als ob Tac. aaf
jene stellen Caesars absichtlich rücksicht genommen und ihnen mit
bewustsein widersprochen, wenigstens eine engere begrensnng ge-
geben habe, wie viele verschiedenhexten finden sich auch sonst in
der auffassung beider Schriftsteller! femer, wenn Tac. sagen wollte,
sie hätten sich viel mit jagd beschäftigt, so sollte man sowol hier
als c. 17, wo von den pelzen wilder thiere die rede ist, ein etwas
näheres eingehen darauf erwarten, statt dessen tadelt er nur ihre
trägheit: fartissimus quisque ac hdlioosisHmus nihü agens^ ddegcia
domus et penatium ä agrarum cura feminis eembusque et if^inrnssmo
cuique ex famüia^ ipsi hebent usw.; und c. 17 totes dies iugia foctm
aigue ignem agunt. ein so herber tadel liesze sich mit einem eifrigen
jägerleben nicht zusammenreimen , wie Baumstark richtig ausf&hrt.
endlich ist nicht zu fibersehen, dasz der ausdruck selbst auf non
muttttfn, nicht auf nnUtum führt.' denn jenes i>Itf5 lässt als gegen-
satz offenbar Venig' erwarten, nicht *viel'. sollte aber in miil^uiii
— plus eine blosze Steigerung ausgediückt werden, so würde ein
etiam kaum zu entbehren sein; man müste denn eben alles mit der
Taciteischen härte und kürze rechtfertigen wollen.
c. 16 quaeäam loca düigentius iUinunt . . imitetur. das hier so
vielfach angefeindete wort oolorum^ für welches Haupt und Nipper-
dey locorumy Eöchlj, dem auch Halm folgt, corpan$m vermuteten,
ist mir gar nicht aufftllig. denn Tac. will offenbar sagen , die Ger-
manen hätten durch jenen erdanstrich etwas einer Wandmalerei —
pictura — ähnliches erreicht, wenn es auch eine wirkliche maler^i
nicht wäre, dasz imitari diese bedeutung hat für imitando expnmert,
effingere^ ist bekannt, und dies wird durch den zusatz zupidwa^
nemÜch Uneamenta ooUmum^ näher bestimmt: denn damit soll die
pii der pictura genauer erklärt werden, dasz sie nemlich aus blossen
farbenumrissen, also dem contrast der verschiedenen grellen färben
bestanden habs, ohne wirkliche figuren darzustellen, bei dieser ein-
' gans analog 22, 2 raro eamnciii, saepiui eaede nsw.
HSchdtz : in TaoitnB Germania. 283
UAmt aUSiung befremdet nur der sing. imUetur, wenn Baumstark
menit, das snbject sei ttrra und imUtni beisze *nahe kommen, fibn-
M sein', so modificieri er seine erklftmng docb nnwillkürlicb so,
dtti er naebber sagt, die loca terra UlUa bekttmen ein aasseben wie
g«Dllde, also nicbt die erde, die nur mittel dazu ist. aucb sind es
nidit einnial die rftume selbst , vielmebr der austrieb allein , der ein
soldies anseben bekommt daraus würde sieb ober ergeben , dasz
mti dis allgemeine subject, das aus dem ganzen vorangebenden satze
eitnommen werden kann, zu ergSnzen babe, also ^es abmt nacb',
Donlidi der anstricb. aber icb ftlrebte dasz eine solcbe ausdrucks-
wfiie nidit nur unverstSudlicb , sondern geradezu unlateiniscb sein
fflSebte; es müste in diesem falle wol res eingesetzt werden, icb
neiBe daber dasz wie zu üUnunt und ebenso zu dem vorangebenden
läwäur und folgenden soUnt usw. , so aucb bier nur Germani sub-
ject sein kann, also imUentur gescbrieben werden musz, was ja aus
mißhtr so leicbt in imUäur verdorben werden konnte, übrigens
geftUt mir aucb Ua vor pura nicbt recbt. war denn die reinbeit und
<kr glans der erde der einzige und eigentlicbe grnnd , dasz der an-
strich einem gemftlde nabe kam? die folgerung gescbiebt vielmebr
SOS dem ganzen satze quaedam loca . . f0munl, nicbt aus den bloszen
«pHfaeta pura ac apleHdefrie* ist dem aber so, dann musz üa fallen
öd mit richtigerer interpunction der satz lauten : quaedam loca düi-
^mtmiOmmd terra pura ac sptendente: ut . . imUentur.
e. 17 partemque vettUus superioris '(sie verlängern nicbt) einen
teil des obergewandes in ermel.' welcben denn? partem konnte m
^mn Verbindung nicbt ebne bestimmung bleiben, es ist wol mit
Petras Voesins superiorem zu lesen.
c 21 die werte victus . . . comis bat nocb neuerdings Baumstark
retten wollen, ja sie vortrefflicb gefunden, icb meine Bitter bei-
stimmen zu müssen, dasz es vergeblicbe mübe ist einen mobren weisz
n waschen, keine eonjectur, auch nicbt die sonst so anmutende
Ton Tiadimann vindum inter hospUes comUae oder die von Tross
riäiti Mer owmes panier commums*^ nocb aucb Versetzung, wie
>3e Tkiersdi na. vorgeschlagen , haben ansprucb auf wabrscheinlicb-
^tit Bneeti hat zuerst die werte als unecht notiert, Bitter weist
i^ entrtehnng aus einer beigescbriebenen inbaltsangabe so klar
■eh, da» aa mir am vorsichtigsten scheint, sie als solcbe unver-
ladert cinzaklammem.
c. S3: dasz die werte» erffo deteda . . retraotatur einen einzigen
nti hilden, also die interpunction nach mens (Halm setzt sogar ein
l^setam) zu streichen ist, erkennen mit Haupt und Müllenboff von
^ aeneren erklirem aucb Baumstark und Hirscbfelder an^. die«
Hireehfelder will vteiu» inier koipite» communis und ver-
x^ dicM lesart geschickt dareh bemfang auf Caesar b. Q, VI 22
^^ld«a) wirtm» nrnmunieatur, allein dann können die worte wenigstens
«Kkt kier stehen. * Prammer hat nach Meisers Vorschlag re« vor
'«^wMer etageechoben , schwerlich cnm vorteil der saohe.
284 HSchütz: zu Tacitus Gennania.
selben baben aber kurz vorher gleich Kritz ua« adhue so gefasst, als
bedeute es die noch anhaltende dauer eines bildungsstandes, welcher
von der überfeinerung und ihren fehlem frei , aber möglicher weib«
denselben ausgesetzt sei. das ist überaus gesucht, warum nicht adhuc
secreta zusammen, dh. quae adhuc {peäore) indusa sunt? das fol-
gende däeda ac nuda weist ja darauf hin. so schon Ritter.
c. 24 ae. guoque würde hier voraussetzen , dasz durch den Ter-
kauf die sklaven von der schände der besiegung (im wttrfelspid) be-
freit würden. Baumstark ist geneigt es für den abl. von qmisqtne vx
halten Won jedem Schamgefühl', müste das nicht omni heiszen?
quisque ist distributiv, die schände bei allen dieselbe, er htttte einen
schritt weiter gehen und quisque schreiben sollen, damit ist Tor-
trefiflich bezeichnet, wie in jedem einzelnen falle jeder nur sich von
der schände befreien will; die schmähliche gewohnheit selbst abzu-
schaffen , daran denke niemand.
c. 26 : wenn ich auch nicht den ersten satz als unecht verwerfe, so
scheint mir doch die rechtfertigung von servatur dadurch, dasz mao
wegen ignotum als subject faenus non agUare denken soll, deshalb un-
möglich, weil zu vetüum esset wieder agUare^ nicht fion agUare subject
ist. servatur wird auch durch das c. 27 aa. richtig gebrauchte obser-
vatur verdächtig, ich möchte esin arcetur ändern. — Im folgenden
satze verteidigt Eritz wenig überzeugend die nur von einer schlechten
hs. überlieferte lesart ab umversis vicis; Hirschfelder besser die conj.
von Waitz in vicis ^ das für vicatim stehe, die hsl. allein gesicherte
lesart in vices ist von Baumstark meiner Überzeugung nach völlig
richtig erklärt, insbesondere stimme ich ihm auch darin bei, dasz unter
universiy welches Kritz ohne vicis nicht glaubt verstehen zu könoen,
die cuUores gemeint sind, übrigens ist die ganze stelle, auch mit ver-
gleichung von Caesar b. Q, IV 1, schon vielfach so gründlich ei-örtert,
dasz eine dunkelheit kaum noch übrig bleibt, namentlich wenn man
mit JGrimm DBA. s. 495 diese ganze jährliche teilung auf das
gemeinland beschränkt, auch im folgenden ist das von Eritz ao:-
mehreren hss. entnommene laborare statt labare entschieden zu mU-
billigen; auch diese wortesind von Baumstark vollständig klar gelegt.
c. 30 aa. folge ich am liebsten der interpunction Orellis und
Haupts bis paiescU^ wo ich ein Semikolon setzen würde, ob man mit
Halm und Hirschfelder nach der besten hs. incohatur st. incokaf»'
schreiben und daher entweder nach Chatti eine starke interpunction
setzen oder, was ürlichs mit Zustimmung Hirschfelders vorzieht,
mixtum . . incohatur in parenthese einschlieszen will, ist ziemlid
gleichgültig, jedenfalls ist mit non Ha effusis usw. im allgemeinen
die beschi^enheit des bodens der Chatten angegeben, die von den
vorigen nicht durch stärkere interpunction getrennt werden darf.
von patescU ab ist die lesart sehr bedenklich, was Halm nach Leid.
pr. m. bietet, durans, auf inüium bezogen, verstehe ich kaum; eben.^o
wenig, dasz er bei dieser lesart, in der durans von oo27e9 getrennt i:^t.
auch nach cöües ein komma gesetzt hat. überhaupt ist durare, mag
HSchfitz: zu Tacitos Germania. 285
man es auf die Chatten, was bei der lesart durant entsprechend dem
fkngOL ineokani am natürlichsten sein würde, oder aaf die hügel,
oder tnf das land selbst beziehen , in keiner weise erträglich : denn
(fan eB den sinn 'fortsetzen' haben sollte, Iftszt sich schwerlich durch
irgend welche beispiele belegen, wenn nun sofort duriara corpora
gnaimt werden, ist es da nicht sehr wahrscheinlich, dasz dies die
qaeUe lu jenem dwrare sei? freilich mit dem bloszen streichen von
iimmi (so Bitter und nach ihm Prammer) ist nichts erreicht, man
Teringt einen begriff, der zu^rore^etifi/ im gegensatz steht: die berge
Terameln sich allmfthlich, dh. nehmen ab; es musz also vorher ge-
sagt sem , dasz sie mit dem beginn des Chattenlandes sich erheben,
wai aoefa der gegensatz zu effusa et pcdustria hca erheischt ein
solches wort, das zugleich dem durant am nftchsten kommt, wire
ivr^ttnl, im geographischen sinne so gewöhnlich, dasz es der be-
lege, die jedes lezikon bietet, kaum bedarf. Tac. sagt ann. I 64
aram awrgeniOms iugis, fthnlich Qtrm. 46 quicquid . . numtium
ffifümr, so entsteht die unyerf&ngliche lesart swrgunt siqmdem coUes
paMim^ue (denn dies que möchte ich nach Bhenanus hinzufügen)
rwocaifi^. nun aber bleibt noch am ende des satzes eine kleine
Kkwierigkeit. warum nemlich et Chattos suos? der Schriftsteller
vfll sagen, der hercjnische wald begleite die Chatten wie seine
sBgehörigen, dergestalt dasz er zugleich mit ihnen beginne und auf-
bore; daher deponiij dh. setzt sie ab wie kinder, die er aus seiner
pflege eatlftaxt. sollte hier nicht et aus tU gefälscht sein? nachdem
&) geschehen y war die Umstellung von Chattos und stws leicht ge-
boten, ich glaube, man musz schreiben ut suos Chattos usw.
Im weitem verlauf desselben cap. möchte ich nicht mit Baum-
stark raliane für Bomanae einsetzen, da es durch den hinblick auf
^ obige ratioms in den schlechteren hss. hier eingeschwftrzt zu sein
KbeinL dagegen ist mir concessum anstöszig : man könnte es freilich
&tten als '(allgemein) zugestanden', also 'anerkannt', nicht etwa
*geitattet', was unsinnig wSre; aber die Vermutung liegt nahe, dasz
ci US eonsueium verdorben sei. Äffr, 4 heiszt es allerdings auch
1^ qitam concessum Romano^ aber da hat es den eigentlichen sinn.
e. 36 redU wird zwar allgemein richtig gefaszt; ich vermisse
*bcr einen passenden beleg, den unsVergilius gihtge. III 351 qtmque
ftdit wiediim Bhodope porreda stih axem.
c 38 Hl eHm gentibus . . rdigant. in dieser stelle stöszt man sich
QBidist an ramm, die meisten erklärer nehmen es prftdicativ und
bilten daher irgend eine subjective ergftnzung aus den folgenden
vortea ffkr notwendig; nach spattum setzen sie dann, den bis dahin
»ToUstindigen satz vom folgenden trennend, eine stärkere inter-
pvnction. Baumstark teilt nicht so ab; aber wie er nun die werte
^oMtroiert, ist mir nicht klar geworden. Kritz verwandelt rarum
A raro und erreicht damit gar nichts, denn es können doch nicht
AMsdbea, die bei anderen Völkern nur selten und innerhalb der
r^gvadzcit (es thun?), bei den Sueben das haar räro sequi (um diesen
286 HSchütz: zu Tacitus Germania,
wunderlichen ausdruck zunftchst ungeschoren zu lassen). KriU er-
klärt rarum für unsinnig, weil er die construction nicht verstanden
hat. man hat nach spcUium alle interpunction zu streichen und rarum
zu lassen, dies nimt die stelle eines objects ein, abh&ngig von dem
folgenden verbum transitivum sequufUur (oder ¥rie sonst tu lesen),
aus dem man aber hierzu den allgemeinen begriff der th&tigkeit her-
ausziehen musz. rarum steht nun ebenso wie c 31 raro umrpatum
für quod rarum €8t\ es heiszt: 'was bei anderen stftmmen selten ist
und nur innerhalb der Jugendzeit vorkommt, das thut man bei den
Sueben bis zum grauen alter, nemlich dasz man' usw. also retro
sequtmtur für faciunt^ ut r. s. den weitem gebrauch dieser Wen-
dung bei Tac. darzulegen ist hier nicht der ort; in der gewöhnlichen
spräche beruht darauf ja schon die so gebräuchliche Wendung ügv^
*und zwar*.
Was ist aber mit retro sequufUur zu machen? alle erkläningen
scheinen mir unzulänglich und so weit hergeholt za sein, dasz man
sie als ungeeignet verwerfen musz. was Tac. will, ist nicht dunkel:
er beschreibt ausführlicher, was er oben kurz ohUguare armem g^
nannt hat. wenn man nun bedenkt, dasz an dieser ganzen stelle der-
jenige begriff, den jeder zur erklärung unwillkürlich hineinbringt,
nemlich der des kämmens, nirgends vorkommt, so scheint es kaum
zweifelhaft zu sein, dasz pectunt gelesen werden musz; und seist
man nun, um eine entstehungsart der corruptel sequufUur zu veran-
schaulichen, retrosus statt retro* ^ so ist man damit auch dem Wort-
laut so nahe wie möglich gekommen.
Nun bleibt noch das ende übrig, welches offenbar ebenso eine
ausführung von nodo suhstringere sein soll wie retrosus pectunt von
ohliquare, zunächst ist es gleichgültig, ob man reUffant oder rdi-
gatur schreibt, nur dasz jenes die concinnität der rede verlangt, es
ist wol ursprünglich ; als aber pecttmt in sequuntur verdorben war,
hat dies eine neue änderung nach sich gezogen, was heiszt aber in
ipso solo vertice? lächerlich meint Kritz, sdus Vertex sei ein kahler
Scheitel ; die vergleichung mit sda loca (Sali. lug. 103) bedarf keiner
Widerlegung, nicht minder verkehrt ist es, sokim als *fandamentum
capilli' aufzustellen und in vertice eine corruptel zu suchen, wer
aber wie Bitter, Halm, Hirschfelder ua. solo ganz wegläezt, der kann
sich freilich darauf berufen, dasz es im Leid, dem tp<o nur überge-
schrieben ist ; aber der sinn wird dann unvollständig: denn man weisx
nicht was man nun mit dem ^scheitel selbst' ohne weitem zusatz
anfangen soll, auch wenn Lachmann conjiciert in ipso scHo vertici,
so fragt man wieder, wie sich scHum von vertex unterscheide, ich
habe früher vermutet, dasz mit einer leichten Wortumstellung in
ipso vertice nodo rdigant zu schreiben sei, gerade wie oben nado
* retrotvm agunt vermutete Hanpt, Madvig retorquent, Lachmtoo
recurvant, Halm und nach ihm Prammer reiorquere suetum usw. [in dem-
selben sinne wie oben ist in diesen iahrb. 1867 s. 283 von FDrotibn
vorgeechUgen worden retrotum comunt]
HSchfits: zu TacÜDB Gennanio. 287
tMrin^en gesagt ist. aber gerade daez nodo Bchon dagewesen ist,
Bidi es wieder yerdfichtig und jedenfalls überflüssig, sodann w&re
<8 lichl streng richtig, dasz hier gesagt würde, sie thftten es oft
(woAr übrigens Halm semper vermutet), w&hrend es oben hiess, sie
tbiftett es alle; es soll also ein kennzeicben (insigne) der Sueben
MB, doreh das sie sich yon den übrigen Germanen, und bei ihnen
wilder die freien yon den sklayen unterschieden, genug, man braucht
hier das wort 'allein, blosz', um zu bezeichnen dasz dies das allge-
none ist und oft, nemlich von der groszen masse der freien, ohne
weitere luthat geschieht, wfthrend die hftuptlinge noch weitem
•duanck hinzuftigen {pHndpes et amatiorem Aa&en^)* das führt zu
dff allereiniaohsten conjectur m ipso solum vertiee reUgatU^ dh. oft
tba sie weiter nichts, als dasz sie das haar auf dem Scheitel selbst
kühadm.
e. 39 adieU cmdoriMem erklürt der rec. von Prammers ausgäbe
in litt eentralblatt 1878 nr. 33 sp. 1088 gleich ndnUMem^ was wol
u wA undenkbar ist. es heiszt offenbar 'das glück der Semnonen
bcglaabigt' (sc. smperstüiom) den aberglauben, dasz bei ihnen die
sApfflage des volks usw. seien.
e. 43 ipeo m Oceano halte ich für die allein richtige, ja mögliche
leart Ooeömo hat der Leid, wenigstens in der correctur; und wenn
Hilffl 9%tat m Oceanum liest, so ist mir das weniger verstftndlich,
weil dies nur heiszen könnte 'nach dem Ocean hin' oder 'in den
Oceaa hinein', das wäre eine unklare bezeichnung, nachdem un-
fiittelbar worher schon Völkerschaften genannt sind, die ebenfalls
«& der kflste der Ostsee wohnten, wie die Qotones und jedenfalls die
%H and Lemavü (proimus ab Oceano), denn dasz Tac. die Ostsee
Bit xvm Ocesn rechnet, unterliegt schon nach dieser stelle keinem
iwedeL man kann also auch nicht erklftren, die Suionen wohnten Jen-
"«it der Ostsee nach dem Ocean hin, zumal da sofort c. 45 gesagt ist,
/aseit der Suionen sei ein anderes meer, das von dem Ocean mit-
kia bestimmt gesondert wird. Tac. hat durch in Oceano die läge
da jetzigen Sdiweden ganz richtig angegeben; und sie wird noch
9Qsocr bezeichnet durch t|>50, wogegen die von Halm aufgenom-
2<Be eoiy. des Bhenanus sitae eine reine abschwftchung sein würde,
ifio tu 0. steht im gegensatz zu den Staaten die nur an demselben
*^ie^ nun hat der Leid, allerdings ipsae^ und dies hat Baumstark
ta^eaonunen, indem er es erklärt 'im weiten meere für sich',
^'Älesteas sehr gekünstelt und an einfachheit und klarheit mit ipso
i^t tu ?ergleichen.
c 45, 2 idpro armis amniumque tutda usw. die lesart scheint
nir durch ürliehs' haminumque nicht wesentlich gebessert, erträg-
•teWr ist omnique^ wie Halm und Bitter nach dem Tur. schreiben,
^cher wire mir aUaque. vielleicht aber ist die corruptel zu anfang.
•diiebe man sie. omnium ttUda usw., so wäre gegen amnium nichts
^JiZQwenden. — ebd. 7 : die schluszworte von den Sitonen als nach-
*-«ni der Suionen stehen, wie von vielen bemerkt ist, an falscher
288 HScbfltz: zu Tacitus Germania.
stelle, ich finde nicht dasz diese ansieht widerlegt wftre; am wenig-
sten von Baumstark durch die Verweisung auf JOrimm. Tac. war,
wie Baumstark selbst zu c. 44 klar nachweist, bisher streng von
Süden nach norden gegangen, die Aestier aber wohnen nach c. 45
auf der rechten (dh. östlichen) kttste der Ostsee ; wie war es also mög-
lich, dasz er, nur aus dem gründe weil der bemstein ihn mehr an-
zog, oder weil die reprftsentanten der extremsten Sklaverei nicht
vor den Aestiem (warum denn nicht?), sondern nur dort, wo Ger-
manien selbst aufhOrt, besprochen werden konnten, plötzlich vom
auszersten norden zum osten absprang, dann wieder zum norden mit
zwei kurzen Sätzen zurückkehrte , um zuletzt die fibersicht mit den
hinter den Aestiem wohnenden Völkerschaften , die kaum noch Ger-
manen seien, abzuschlieszen ? das ist alles um so weniger glaubhaft,
als Tac. vor dem Übergang zu den Aestiem o£fenbar mit der betrach-
tung des nordens völlig abschlieszen will, indem er nach der Schil-
derung der polargegenden mit ihren wundem hinzufügt iSnc usgw,
et fama vera (nicht eher si fama vera'^)^ tantum natura, die Sitonen
gehören ohne zweifei nach c. 44; auch der gegenständ dessen, was
von ihnen noch berichtet wird, stimmt zu dieser stelle, wo ebenfalb
von der königlichen gewalt die rede ist, die eine beschränkung der
freiheit zur folge habe, die Sitonen bilden überhaupt nur einen
nebenzweig der Suionen ; weshalb denn auch wenige worte über sie
ausreichen, insbesondere dasz die knechtschaft bei ihnen eine noch
schimpflichere form angenommen habe, insofem als sie sich von
einer frau beherschen lieszen. daher darfauch nicht auffallen, dasz
c. 45 aa. mit transßuionas auf die Suionen als das hauptvolk xn-
, rückgegangen wird, sicher ist dies der grund gewesen, weshalb die
zwei sfttzchen über die Sitonen von dieser stelle entfernt und nun-
mehr an eine ungeeignete gebracht wurden, natürlich triffb das die
Worte hie Suehiae finis nicht mit. denn da Tac. bestimmt die Aestier
noch zu den Sueben rechnet, bei den folgenden Peuoinem usw. aber
sogar die germanische nationalitSt in fkttge stellt, so gehören jene
Worte an das ende von c. 45 oder den anfang von 46.
Potsdam. Hermann SohOtz.
ERSTE ABTEILUNG
FÜB CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON ALFRED FlECKEISEN.
42.
NOCHMALS FÜR HOMER UND ARISTARCH.
la dem ^offenen schreiben', das an meine adresse diese jahr-
VOdur (1878 8. 433—444) brachten, nimt hr. Karl Brugman
die Terteidigong seines «£f)oc «» heri «» herr» noch einmal auf, das
er in seinem buche 'ein problem der Homerischen textkritik' usw. f(lr
i505 und o 450 vorgeschlagen hatte, hier hatte hr. Br. gerade
tttr die erstere stelle (E 505) seine hjrpothese •if\oc «» herr» beson-
^ g^t gefunden: *die stelle gewinnt bei substituiemng dieser be-
^tahg einen viel befriedigendem sinn als sie vordem hatte . .
jetzt erst kommt die doppelsinnige rede des Schalkes zur vollen gel-
«ag.' hr. Br. sieht sich jetzt genötigt für diese stelle die bedeutung
•djoc «3 herr» zurückzuziehen und *die herkönunliche Interpretation
TOB 9urröc ifioc als «des wackem mannes» als die richtige anzuer-
kemoi' : dafür wird von ihm Ähnlich wie früher für £ 505, so jetzt
^ 0 450 «df)oc e» herr» empfohlen Vorzugsweise dai'um, weil die
frteOe so einen befriedigendem sinn bekäme als sie bisherhatte'
.6. 441). wir wollen die richtigkeit dieser behauptung prüfen.
Die phoinikische sklavin in dem väterlichen hause des Eumaios
hatte dem Phoiniker, mit dem sie bekannt geworden, den palast von
EoBuios vater gezeigt und weiter mitgeteilt, dasz sie aus Sidon
ttamme, aber von Taphischen mftnnem geraubt und verkauft wor-
^ aei ToOb' dvbpöc npöc boiMaO' (o 429), womit sie also offenbar
*^ als Sklavin und den besiüer jenes hauses als ihren herm be-
>>Bidmet hatte, auf die frage des Phoinikers , ob sie wieder zu ihren
^^^ zorüekkebren möchte, erklftrt sie sich bereit dazu und ver-
spricht als entgelt ftlr diesen dienst gold mitzubringen und föhrt
«fort:
Kcd hi K€V &\y inißaepov ifibyf dSAcucd tc boiiiv. 449
natba tap dvbpdc Ifjoc * ^v\ ixef&poxc &m&\\u) ,
' 'problea* s. 67 f. gibt Br. den Inhalt dieses vertes so an: Mie
»Utib woüe soeh etwas besonderes Ihnen siim fährlohn mitbringeo,
'"^'««1^ Itr «laM. philol. 1S79 hft. 6 o. & 19
290 EKammer: nochmals für Homer und AriBtarck.
KCpbaXco V bf) ToTov, djuiaTpoxöuiVTa 9upa2l€ *
TÖv K€V ÄToi^' tni VTiöc, 6 b* u^tv Mv^piov tlivov
jiXqpoi, öirq iT6pdcr)T6 Kar" dXXoDpöouc dvBpidirouc.
auf Faesis bemerkung «dvbpöc if\oc^ des edlen, fürstlichen mannes^
weshalb der knabe auch einen hohem preis gelten wird» erwiderte
Br. ^problem' s. 58: *aber £uc, von dem unser £t]OC oder lf\oc der
genetiv sein soll, hat sonst nirgends diese bedeutung', und dasselbe
wiederholt er jidirb. 1878 6. 441. Br. übersetzt duc mit ^wacker',
dessen Sphäre er jedoch viel za eng faszt, wenn er es •= strenui,
honi setzt, die alten haben es durch dTOiBöc erklärt, das nicht nur
und in erster reihe die gute und tüchtigkeit in moralischer beziehong
bedeutet , sondern auf die edle , vornehme geburt (aT^aTÖc ek i^a-
9oTo b 611) geht im gegensatze zu den X^P^l^c (oldre TOicdTaGoici
Trapabpiduici xipr\^c o 324) , und im zusammenhange damit die auf
körperkraftund körperübung sich stützende tapferkeit, die edle ritter-
lichkeit, die in vornehmen kreisen besonders gepflegt wird, dies
ist auch bei Homer die bedeutung von £uc 'edel, vornehm, tapfer,
tüchtig*, so von Aineias iuc iraTc *ATXicao B 819. M 98. P 491, so
i^Oc 6€pdiTUiv (Thrasymelos TT 464 , Patroklos TT 653 , Meriones N
246. ¥ 528. 860. 888) ; so in der häufig vorkommenden Verbindung
von fi^c T€ M^TCtc t€ , die zwei für den beiden besonders charakteh*
stische eigenschaften zusammenfaszt; so ist auch iv^Trv€UC€v oder
ivf\K€ oder dv^CTQKTai ^^voc f\i zu verstehen von dem edlen mut,
der mit edlem blute sich so gern verbindet, und ganz gewis auch
die stelle 2 191 t^TVWckc 6€0ö tövovi^uv Wvxa (Bellerophonl
und ebenso das compositum cöiraT^peia, das edelentsprossene kind
(Helene und Tyro). die bedeutung 'edel, vornehm' also, die Br. dem
ivc abstreitet, ist die ihm gerade eigentümliche, durchaus richtige,
und die stelle o 450 ist in bester Ordnung und bedarf keiner Sn-
derung : 'denn ich ziehe auf das kind des edlen, vornehmen mannes,
ein recht gescheites; das dürfte euch einen hohen kaufpreis ein-
bringen' sagte die Sklavin, die den preis für das kind eben darum
so hoch angab, weil es von vornehmen eitern abstammte.
Ich hatte in meiner recension auch darauf aufinerksam gemacht,
dasz der begriff 'herr' für o 450 ganz überflüssig sei, ^da die Wärterin
schon vorher gesagt hat-, dasz sie und bei wem sie in diensten stehe;
nemlich den jungen »ohn des wackern mann es (nemlich des k<)m^s\
welchen sie erziehe', and fährt dann fort: 'dssE dies nicht angeht, liefrt
auf der hand.' in dem 'offenen schreiben' erklärt Br. wanim dies 'nicht
angeht': 'weil die untreue sklavin in demselben moment, in dem lie
sagt, sie wolle ihren herrn ausplündern und ihm sein kind rauben, io
der vorliegenden Situation diesen nicht als einen €wackem mann> he*
seichnen wird' (s. 441). hat Br. den d|Li0^uiv ATticOoc vergessen nnd die
MWICTfipcc dravoi, dvriOcoi nnd dass Telemachos dem Theokljmenos den
Enrymachos empfiehlt dtXaöv uiöv* Kai yäo iroXXöv dpicroc dW|p, dem
er dann sogleich darauf wünscht kuköv ^|Liap o 619 ff.? solche bei-
wörter sind gar nicht in der sittlichen bedeatnng anfassen, sondern
in der verallgemeinerten, mit besiehnng auf die vornehme gebnrt.
EKammer: nochmals für Homer and Aristarch. 291
duz das kind also diesem ihrem herm zugeböre, war natürlich'.
B^. erwidert mir hierauf: 'erstlich ist der possessive genetiv «des
kern» nicht so überflüssig ftlr das Verständnis, wie Sie gern glauben
Bidwn mochten' (s. 442), fügt aber nicht mit 6inem werte hinzu,
wiram er 'nicht so überflüssig ist' ; diesen grund h&tte er doch mir
nd illen andern, die bisher an der stelle, was das Verständnis' der-
selben anbetrifft, gar nichts auszusetzen gehabt hatten, nicht ver-
Khweigen sollen« Br. fährt dann fort: *and zweitens, wenn er ent-
behrlieh wäre, so wäre er darum noch lange nicht unhomerisch und
meine annähme stürzend' (ao.). aber zu einer coigectur hat man
doch erst dann ein recht, wenn die stelle, wie sie uns überliefert ist,
keinen oder einen falschen sinn gibt; man conjidert doch nicht, wenn
die stelle plan und für den ersten blick schon verständlich wird!
sodinn bringt man nicht durch coigectur in einen schriftsteiler wie
Hcxmer ein wort hinein, das er für diesen begriff nicht kennt. Homer
bietet ft^ *herr' das wort fiva£, das *könig, herscher, beschinner,
gebieter und herr' bedeutet, das kühne gebilde «£c€U€ —> ieüc «■
Aemi^ harr»*, das Br. in o 450 hineininterpretiert, werden wir
sdun dämm als unhomerisch zurückweisen, sollen wir denn wirk-
iieh Homer, der so oft sein bezeichnendes und charakteristisches
dyoE gebraucht (zb. sagt Eumaios oö T^p h* fiXXov fimov dib€
ävoKTa laxTico^al 1 139, ti|i k^ ^€ nöXX" tliviiccv fivoE l 67, von
der Euykleia vtZe . . fivaxO* i6v t 392 usw. vgl. i 60. 170. p 318.
.':^. o 397. b 87. i 440. k 216. ¥ 517. Q 734), einmal sich des
*ortei tok, nur weil Br. es so will und für seine zwecke es ihm
Bftuhch erscheint, si^ bedienen lassen, eines wertes das überhaupt
Ji der ganzen litteratnr nicht nur nicht vorkommt, sondern für das
HKh die gesamte griechische litteratnr gar keinen anhält darbietet? '
bisher mnsz auch Br. behaupten, es sei von den Griechen selbst nicht
aehr ventanden worden, in seinem 'problem' (s. 62) äusserte er
tich also: 'dieeee wort verstanden die alten Homeriker nicht,
ue sahen es, weil es in Verbindung mit dvbpöc und 9WTÖC auftrat,
:flr ein adjectiv an und hielten es für einen genetiv von £uc.' die
'ftltca Homeriker' kOnnen — das geht aus dem zusammenhange her-
Tor — doeh nur die alezandrinischen grammatiker gewesen sein,
die TOB der bedeutnng df)oc ^ heri nichts mehr gewust haben, jetzt
' M ist die frage, oh 'herr' in der ephäre und dem umfang^e des lat.
*trt«e kenM [riehtiger eruä] überhaupt schon Homerisch ist. die Odyssee
i«atv VM für sie beseichneDd ist, schon das wort ö^ciroiva, b€CirÖTT)C je-
doch weder Uias noch Odyssee. avoE ist von viel weiterm umfange, da
Ho«er aas als 'herm' meistens weithin gebietende, fürsten nnd köoige
HkUdcrt. für das einfache Verhältnis des haus herm zu seinem bans-
Cid« scheint ein ansdruek nicht vorhanden sn sein: wir finden dafür
«lea dvf|p, so 0 429 toOb* dv6p6c irpöc {MO^aO* and o 489 f., wo
'>^?«seas sn Eamaios sagt, er sei dvbpoc bxhiuxta . . Viirlou gelangt
* ta den 'sehn geboten für damische philologen' nennt Lehrs lüs
^- 'da soUst aieht sanskritwarseln klauben nnd mein manne ver-
19*
292 EKammer: nochmals für Homer und AristarcL
musz Br., gedrängt durch sein Zugeständnis, i 504 bedeute q>urröc
if\OQ *des wackem mannes', noch weiter zurückgehen und erklftren,
dasz ^diese stelle zugedichtet wurde zu einer zeit, da man den wahren
sinn des Wortes if\oc in o 450 schon nicht mehr verstand und es mit
i\)C in Verbindung gebracht hatte' (s. 442). nun wenn ein Homeri-
scher Sänger schon df^oc so auffassen konnte, so gestehe ich dasz
ich lieber dem Sänger, der doch sicherlich eine feinere fCQilung mit
der griechischen spräche und den wortwurzeln gehabt hat, als sie
Br. besitzt, folge als an die hjpothese Br.8 glaube, auch wenn die
bildung des if\oc eine singulare sein mag. wie viele wOrter bei Ho-
mer sind, was ihre bildung und herkunft anbetrifft, uns noch Pro-
bleme und werden es wol bleiben : mögen wir doch ja nicht glauben
durch zu- und aufdringliche hypothesen und Phantastereien laerüber
uns klarheit zu verschafften 1
Also ein Homerischer Sänger oder interpolator — doch aber
vermutlich vor der Peisistratischen zeit, wenn nicht Br. hierüber
genauer unterrichtet ist — hat E 504 if]OC schon als genetiv von ^uc
aufgefaszt in der Verbindung qpuiTÖc £f|oc, und diese lesartistuns
als sicher überliefert, wie nun Br. nach solchem Zugeständnis doch
fortfahren kann: Mm gründe genommen steht also ä)0C nur
an 6iner Homerstelle o 450 fest' (s. 442), das ist völlig unverständ-
lich, jedenfalls — und das ist mir besonders wichtig gegen Br. zu
betonen — ist an ^iner stelle ^f^oc ^^ dTCtSoö als auf eine dritte per-
son bezogen sicher bezeugt: denn, wie gesagt, ein dichter hat es
doch so gebraucht, ist dem aber so, dann ist damit für dies ganze
gebiet der kritik Br.s der boden entzogen, für den ja das ein haupt-
moment war, dasz ii]OC in bezug auf eine dritte person von guten
hss. uns nicht überliefert sei, und der daraus die Vermutung gezogen.
^f)oc sei für ioio mit bezug auf eine erste oder zweite person ^einer
marotte zu liebe' an fünf stellen der Ilias von Aristarch 'einge-
schmuggelt' worden ('problem' s. 57 und VI), aber auch jetzt nocb
hält Br. an den fUnf Iliasstellen (A 393. 0 138. T 342. Q 422 un 1
550) Zenodots lesart ^oio für die richtige: denn 'es begreift sich
leichter, dasz ein alter Homerkritiker an den fünf stellen, wo ioio
die bedeutung «deines» hatte , einer irrigen doctrin zu liebe dieses
tdio aus dem tezt entfernte, als dasz von alters her an den ftnf
stellen if\oc im sinne von «wacker» gestanden hatte und nun anstatt
der dem sinne nach nicht im mindesten anstöszigen Verbindungen
iratböc ^fjoc usw. die Verbindungen iraiböc ^oio «deines sohnes*
usw. sollten eingesetzt worden sein mit einer gebrauchsweise de^
reflexivpronomens, die sonst in den Homerischen gedichten durchaus
nicht geläufig war' (s. 443). aber für wen begreift sich dies leichter?
für einen der da weisz dasz dieser 'alte Homerkritiker' kein anderer
war als Aristarch ? der da weisz dasz dieser eben nichts höher hielt
als *codicum auctoritatem' (Lehrs Arist.' s. 360), von dem es hei^zt
dasz er selbst da wo er an eineid ausdruck anstosz nahm, 5fi(UC uttö
TT€piTTf\c €uXa߀iac oubfev ^€T^enK€v (Didjmos zu I 222. f 262.
EKAmmer: nochmals fBr Homer und AriBtarcb. 293
B 665; TgL Aristonikos za H 114. fT 636. X 468. ¥ 857), der also
der eonjectoralkritik entsagte? freilich das hält Br. für einen aber-
grlaaben: denn, sagt er, *es steht Iftngst fest, dasz der wegen seiner
ooBserrativen tendenz so vielfach gepriesene kritiker sich in freier
ooi^jeetanUcritik ergangen hat und auf diesem wege zum textTer-
fllicher geworden ist. so hat er zb. — und ich wähle gerade die-
ses beispiel, weil hier selbst Lehrs seinen Schützling nicht zu ver-
teidigen weiaz — sich eingebildet' (problem s. 2) , und nun folgt
ds8 Ton den Aristarohomastiges beständig vorgeführte paradestück
TTHACI'AH'GEA- , das Aristarch so schrieb , indem er einem von ihm
Sber JO^Xui beobachteten gesetze glaubte folge leisten zu müssen
(TgL Lehrs Arist.* s. 362) I warum wählte nicht Br. ein schlagen-
deres beispiel und aus eignem verrat? das wäre ihm wahrlich schwer
g«&nen! und gesetzt, Aristarch habe wirklich ^oc conjidert für
ioto, das in dieser gebrauchsweise ^^ sonst in den Homerischen ge-
diditcn dorchaos nidit geläufig war*, wird man mit solcher leiden-
scbftihn darum einen 'textverfälscher' nennen?
Nun aber erweist sich die ganze argumentation Br.s, die er in
dem latze *e8 begreift sieh leichter' usw. darlegt, als eitles gerede:
doB er mnaz sich nach seinem *problem' jetzt zu der weitem sehr
folgenschweren ooncession verstehen, dasz Aristarch es gar nicht ein-
ml gewesen, der ^f)oc für idio einsetzte, was wir im 'problem' s. 62
ili aeoste Wahrheit zu lesen bekamen: * Aristarch benutzte dieses
Temeintlidie adjectivum, um an fünf Iliasstellen, wo die ausdrücke
ircDbdc ioto, uloc loio und dvbpöc ioxo auf eine zweite person
fieagen, diesen ihm anstOszigen gebrauch aus dem text zu entfernen.'
VIS war das für ein geschrei, das darauf hin gegen Aristarch den
'textrerderber' , den *textverfälscher' erhoben wurde! und nun?
vekben traorigen rflckzug tritt Br. an , wenn er jetzt also schreibt :
*dafiz statt dieses icio das als gen. von üc angesehene ix\oc der
Odfnee schon vor Aristarch eingedrungen sein konnte, ja wahr-
Mheinlich schon von ihm vorgefunden wiorde' — wie verclausuliert,
weil gezwungen V kommt hier die spräche von Br.s lippen, wo ein-
^des Zugeständnis das einzig richtige gewesen wäre, nachdem er
»elbit vorher 9UITÖC iiioc «» *wacker' als von einem Homerischen
diditsr schon gebraucht angenommen hatt>e ! — 'gebe ich zu. wurde
CS Mhon vor Aristarch gelesen, so hat er dann doch immerhin d6n
Wgriff gethan, dasz er unter den beiden ihm vorliegenden lesarten
^ilsefa wählte' (s. 443). also Aristarch hat nach Br. jetzt nur noch
oita 'iehlgriff gethan', er hat falsch gewählt ! wie ? Br. hat ja selbst
konTorher erUhrt, die Verbindungen iraibdc ioio ■=> 'deines sohnes'
^^. teigteD eine gebrauchsweise des ioio, 'die sonst in den Home-
riichen gediehten durchaus nicht geläufig war*, und in diesem falle
«oQte Aristarch, wenn er if\oc in seinen hss. fand — und Br. ge-
steht ja das zu, sowie auch dasz sein 'handschriftlicher apparat ein
^^v^Wgreicherer war als der seiner Vorgänger' und dasz 'er diesen
•ppsrat im grossen und ganzen auch verständiger und gewissen-
294 EKammer: nochmals fOr Homer und Aristarch.
hafter benutzte als die Vorgänger den ihrigen' ('problem' s. 3) ~
ich sage , wenn Aristarch unter solchen umständen tf[oc dem ^oio
vorzog, sollte er darum einen Vorwurf verdienen? würde nicht jeder
wissenschaftliche und seiner sache ernsthaft dienende kritiker ganz
ebenso verfahren ? und Aristarch hat — von allem abgesehen -
£f)oc handschriftlich vorgefunden, nicht selbst erst in diese stellen
der nias hineinconjiciert: das ist auszer aller frage, die Wendung
i^TVÖTiKC (sc ZiivöboTOc) bk Tf|V \ii\v (Ariston. zu 0 138, vgl. zu
Q 528) sagt das offenbar, wenn man nicht Aristarch hier der Ifige
zeihen will.
Ob Aristophanes auch if]OC gelesen und ob er zu dem freiem
gebrauch des pronomens dieselbe Stellung gehabt hat wie AiistarckV
Br. meint dasz sich dies nicht ermitteln lasse ('problem' s. 116'.
da man weder aus den scholien zu K 397 noch zu ß 206 einen an-
hält finden kOnne. ich meine äoch , dasz diese beiden stellen einen
einblick gewähren, wenn man sie eben nicht absichtlich misverstehen
wül. denn aus welchem andern gründe hätte Aristophanes K 397
— 399 athetieren sollen als wegen des anstöszigen gebraachs von
cq){ct B= ö^Tv aäroic? Aristarch verfuhr ja zuletzt ganz ebenso!
und sicher las Aristophanes ß 206 Tt)c dp6Tf)c, nicht fjc ^perfic »
fmfcT^pric: denn die werte 'ApiCToq>dviic bt Ö7rdiTrr€U€ töv ctixov,
V€urr€ptKÖv X^T^v Svo^a tö Tf)c dp€Tt)c besagen , dasz er den ihm
auffälligen gebrauch des artikels nicht durch coxgectnr, sondern
durch annähme der unechtheit beseitigte, wir sind eher berechtigt
in dieser frage zwischen Aristophanes und Aristarch Übereinstim-
mung anzunehmen, da in den scholien kein anhält zu einer ent-
gegengesetzten ansieht vorhanden ist.
Zenodotos war es der doTo schrieb statt Ifloc, das er nicht
kannte (i^tvöiik€ Tf|V \&\V' Ariston. zu 0 138); es ist wol anzu-
nehmen, dasz er ^olo schlechtweg ^ lb{ou nahm und so sich auch
hier nicht unterrichtet zeigte über den eigentlichen und Homeri-
schen gebrauch des pronomens. gerade die Homerische wort-
erklärung befand sich vor Aristarch in dem allertraurigsten zu-
stande, erst ihm war es vorbehalten dieses gebiet mit wissenschaft-
licher kritik zu behandeln, über die kindlichen versuche zu einer
Worterklärung vor diesem gelehrten sind wir durch seine bemer-
kungen gegen die glossographen unterrichtet (vgl. Lehrs Arist '
s. 36 ff.), ein beispiel mag hier erwähnt sein, die erklärung von
ToToc. wir lesen bei Ariston. zu ¥ 16: f| bm\f\ ÖTi aöSriTiKOJC tö
TOiov, oäx Oüc o\ TXuiccoTp<iq>oi diStoOciv dtaOöv, und bei Eust. zu
b 206 über to(ou tdp Kai irarpöc : icT^ov ön tö Toiou jap norpoc
o\ TXuiCCOTpdq)Oi dvrl toO dtaOoO q>adv. danach kOnnte man auch
annehmen, dasz schon sehr früh ^oto zum teil in folge der Wen-
dungen iraiböc ioiOj uloc ^oio, dvbpöc doio, wo neben toio dieles-
art if\oc sich befand , als in der bedeutung identisch mit ^fioc »
dtctOoC gefaszt wurde, die Vorstellung , dasz iöv nicht nur prono-
men sei , sondern auch dasselbe wie dtaDöv bedeute , war jedenfiall»
EKunmer: nochmals fSr Homer und Aristarch. 295
iptterTerbreitei: vgl. Apoll. Dysk. ircpi CUVT. s. 155, 28 vCv y&Q
4paav oÖK dvTUJVu^iKuic xeicOai tö Iöv, dXX' ^irtTaTiKoic
ojMnvov TÖ äxoBöy, und ircpl dvruiv. p. 60^, wo zu der stelle aTrei
i'oiuivöv ^öv firrcXov (Q 292) ApoUonios bemerkt, dasz einige hier
das iiCTOpcmKÖv des pronomens nicht erkannt und entweder Tax^ v
irr^ov geschrieben oder das iöv «» dTOiOöv verstanden hätten.
Also ^öv wurde nach diesem zeugnis allgemein durch dxaOöv
pmphrasiert. Br. will dies nicht gelten lassen ; er ist der ansieht,
daa nur an Abn stellen, wo iöc auf die zweite person sich bezieht,
e8 durch &xaB6c erklärt sei, 'bei bezug auf die dritte person sich
iOBst nirgends ein iöc durch dyaOöc erklärf finde (^problem' s. 63).
ftr ihn war diese behauptung darum von solcher bedeutung, weil
ach so leicht die folgerung ergab, dasz Aristarch, der ja nach Br.
zoost für Idio sein ^oc «» dtctOoD als correctnr schrieb, somit
mittelbar die Veranlassung ward, dasz an diesen stellen ioio «=>
droteO erklärt werden konnte, jetzt, nachdem Br. seine behauptung
zarfickgenommen und if\oc an den fünf Iliasstellen ^schon von An-
storeh vorgefunden' sein läszt, und zwar — fügen wir hinzu — nicht
alt oocreetnrf sondern als lesart (i^öiik€ bk Tf|v X^Siv), fällt jede
beochung von Br.s argumentation auf Aristarchs verfahren fort, es
mig richtig sein , dasz wir in den scholien die paraphrase des döc
duth droOöc nicht finden: kann das nicht bloszer zufall sein bei
der so Iflokenbaften Überlieferung derselben? und läszt sich dieser
negative beweis Br.s festhalten gegenüber dem positiven oben an-
gefahrten Zeugnisse des ApoUonios? wie verhält sich nun Br. zu
daa letztem? er sucht es für ungültig zu erklären, war es denn
wX nch selbst im widersprach und im gedankengange verworren,
da« ein kritiker berechtigt war es als zeugnis zu bemängeln? mit
aidten: an klarheit läszt es nichts zu wünschen übrig.
Des ApoUonios bemerkung nepl dvruiv. s. 60** bezog sich, wie
tdon gesagt, auf Q 292 atrci b' oiuivöv ^öv dTTcXov, worte der
Hekabe, mit denen sie Priamos auffordert Zeus um einen wahrsage-
Tog^, seinen boten (^öv äTT^Xov) zu bitten; v. 310 wendet sich
Piunios im gebet an Zeus: ir^^ifiov b* oiujvöv, raxuv fiTT^Xov.
ApoQonios las also v. 292 iöv dVrcXöv: er erklärt die auffassung
Tim üv ■" aÖToC, weist die lesart tqxuv zurück und verwahrt sich
gegen die bedeutung dtaOöv: es ist demnach doch offenbar, dasz
n Toa iöv für v. 292 spricht, dasz er v. 310 nicht auch i6v vor sich
gehabt haben kann, da dies dann mit bezug auf eine zweite person
giaagt und von ApoUonios mit der entsprechenden bemerkung be-
S^eitet worden wäre. Br. aber kommt es gerade darauf an, für
T. 310 iöv mit bezug auf die zweite person als die ursprüngliche
l«iart xa bekommen, und indem er sich beraft auf die fragliche be-
obichtoBg, dasz 'bei bezug auf eine dritte person sich sonst nirgends
«ia Üc durch äcfoBöc erklärt' findet, schlieszt er frischweg : *es kann
vol kein zweifei obwalten , dasz ApoUonios oder schon seine quelle
auf 292 bezogen, was eigentlich auf 310 gieng* (*problem'
296 EEammer: nochmals für Homer und Aristarch.
s. 63). aber Apollonios spricht sich über diese stelle nicht nur ncpi
dvT., sondern noch einmal iT€pl CUVT. s. 155, 28 aus; er erklftrtanch
hier i6v in iöv äTT^^ov als nicht reflezivisch , sondern ^€Tiöv de
d7rXf]v^€TdG€Civ und paraphrasiert aiT€i ^öv drT^Xov mitolTEi
TÖv auTOÖ äTT^Xov. wie soll sich dies nur auf v. 310 beziehen
können, womit Zeus angeredet wird? wie sollte Apollonios die dirXii
jüi€Td6€Cic, die erklfirung des iöv durch aäroö für y. 310 haben an-
nehmen können ? man müste nur glauben, dasz dann Apollonios bei
dieser partie so wol in der schrift irepi dvT. als auch und noch Iftnger
in der Tr€p\ cuvT. geschlafen habe , was anzunehmen allerdings gu
keine Schwierigkeit für Br. zu haben scheint, es sei aber auch nur
auf die bei Lehrs quaest. ep. s. 67 — auch Br. citiert die stelle —
gesammelten Zeugnisse, in denen i6v ganz allgemein und schlecht-
weg durch dtoiGöv glossiert wird: i6v TÖ Ibtov Kai TÖ dyadöv —
dd Td dTaOd, und dies ist gewis der hauptgrund für t6c «» dtoBoc,
weil TÖ iöv *das einem zugehörende, der besitz' leicht in die bedeu-
tung 'das gut' übergehen konnte.
Das ist eben das tadelnswerte, ich musz es sagen, das dilettan-
tische in dem verfahren Br.s, dasz er unter den lockenden yor-
Spiegelungen seiner hypothesen die quellen völlig willkürlich be-
nutzt und sich oft nicht einmal die musze gönnt, zum verstftndnis
derselben durch einfaches übersetzen zu gelangen, ich habe in mei-
nen recensionen beispiele hierfür zur genüge angeführt; hier beige-
legenheit des if\oc sei noch auf eins aufmerksam gemacht, das gleich-
falls von seiner willkürlichen art zu schlieszen und behauptongen
auszusprechen zeugnis ablegt.
H 9. 10. 11 lauten die versausgänge also: uloc ^oio — linro-
bd^oio — narpöc ^oio. für uloc ^oio bietet Eustathios s. 964, IS
moc ^f)Oc, was Br. zu sein scheint 'ohne zweifei die emendation
eines grammatikers, dem der reimende ausgang der drei verae 9—11
nicht behagte' (s. 58). Br. f&hrt darauf also fort: 'überdies gibt
Eustathios zu seiner lesart eine längere auseinandersetzung, die ganz
so audsieht , als habe ihm eine auslassung eines grammatikers vor-
gelegen, die sich auf den gleichen ausgang idlo in v. 9 und 11 be-
zog, und als habe er nun, der in seinem exemplar v. 9 £t]0C vor
äugen hatte, diese auslassung falsch bezogen und danach seine an-
merkung zu £f)oc zurechtgemacht.' die 'längere auseinandersetzung'
bei Eustathios lautet also s. 964, 18 £f.: öpa b' ^vraOBa Trapiciu*
civ &ixa Kai noXuu)vu^(av cuvi'iGn xal uiroiraprixnc^v U
Tiva 7ToiiiTiicf|V iv Tip, cdKOC cUcTO uloc dfjoc, 6 b* H*
dcTfiba TTttTpöc doTo* tö ^tv T^p uloc Kai tö if\oc irapicoöci.
TÖ bi 4fioc KCl TÖ doTo, cl Kol ^f| cöxpTicToOvTai XÖTip weZiJ», dXXä
iTOiiiTiKU)T€pov Kai TToXuuivu^oOvTai Kai irapiixoöci. ob diese note
geistvoll ist, darauf kommt es hier nicht an; an deutlichkeit Iftszt sie
jedenfalls wieder nicht das mindeste zu wünschen übrig. Eustathios
betrachtete — das sagt er mit klaren Worten — uloc ^oc und
irarpöc ^oTo und fand nap(cuictcinulocdf]oc (ÖM0idnTU)T0v\
EEammer: nochmalB fQr Homer and AriBtarch. 297
poljonymiein dem abwechsehiden gebraache von if\oc und ^oTo
Qiid«Bsiadem in dem gleichen anlaat von ^fioc und ioio noch irap-
nxncic. wer aus diesen werten herauslesen kann, dasz eigentlich
her dem Enstathios eine auslassang eines grammatikers vorgelegen
habe, da» den gleichen ausgang löxo in v. 9 und 11 betraf, die
Ewtathios aber fUschlioh bezogen habe, der ist ein rflckwftrts
Khniaider prophet, der mehr sieht als sonst eines sterblichen äuge«
«K Enstathios sagt, passt nur auf ^f)OC und ioTo, nicht für ioio —
ioto, denn dann wftre nicht iropicuicic, nicht iToXuwvu|iia, nicht
;ra(N|xr|cic. Br. ftUt es aber wieder nicht schwer zu erklKren, Eusta-
Udos habe geschlafen und in solchem zustande eine anmerkung sich
znrecfat gemacht, die sich auf ganz anderes hfttte beziehen sollen.
Constatieren wir nun, zu welchen modificationen und con-
(xmimmt Br. sich bereits seit erscheinen seines 'problems' herbei-
gebssen hat, welche von seinen dort vorgetragenen hypothesen er
lorfickgenonunen , welche er noch festhält.
1) {f|OC war nach seinem ^problem' nur an zwei stellen der
Odyssee ursprünglich und hier in der bedeutung 'herr* gebraucht;
jetxt hSlt er diese bedeutung nur fOr o 450 fest, während £ 505
if\fK «B *waeker' schon ein nachdichter gebraucht hat.
2) nach dem *problem' war das später misverstandene if\oc «»
^herr' von Aristarch benutzt, um es fdr ioxo mit bezug auf die zweite
penoB einsusetzen: dort las man s. 54: Von der lesart ix\oc be-
tttpten wir, dasz sie eine erfind ung Aristarchs ist.' jetzt gibt
Br. zo dasz 'wahrscheinlich if\oc schon von Aristarch vorgefunden
wurde', damit fiült aber die eine hälfte der so laut und so zuver-
deküidi hiiiaasgesproohenen behauptungen von Aristarchs ganz will-
kflriidie& ändemng^n in sich zusammen, im 'problem' s. 53 las
ssA: 'dar verdacht, dasz die systematische austreibung des allge-
neiaen reflexivpronomens Aristarchs werk ist, wird zur gewisheit
traben durch genauere betrachtung einiger Iliasstellen, in denen
Zeaodot toto, Aristarch aber if\oc las.' was ist jetzt aus der 'ge-
uoeni betrachtung' herausgekommen? wie kann sie jetzt noch
jenen ^verdacht zur gewisheit' erheben?
3) jener 'verdacht' bezog sich darauf, dasz Aristarch nach Br.
u mehreren stellen für oiS, fjc den artikel toO, Tf^c eingesetzt habe.
Br. hatte dafür zwei durchschlagende gründe: ^erstens kommen die
«eadiingen wie toö noTpdc immer nur da vor, wo bezug auf die
<rM odier zweite person stattfindet, nie da wo der ausdruck auf die
'intte person geht, hier steht allemal oü norrpöc usw. das zweite
^rgoacBt ist, dasz einzig auf grund der fraglichen stellen dem ar-
funetion substituiert worden ist, die er sonst bei Homer
hat. allein auf ihnen nemlich basiert die annähme eines
pc f lesaiven gebrauche des Homerischen artikels' (problems.45 f.).
't hsMe Jahrb. 1877 s. 654 ff. darauf hingewiesen, einmal dasz toO,
*t)c aadi mit bezug auf die dritte person vorkommen, sodann warum
7CÜ tfkc gerade besonders in bezug auf die erste oder zweite person
298 EKammer: nochmals für Homer und Ariatarch.
80 passend sei , und drittens dasz man durchaus nicht in diesen bei-
spielen possessiven gebrauch des Homerischen artikels anzuneh-
men habe, sondern dasz hier noch die Überreste des alten, erhöhten
artikels vorliegen, der wie ein abgeschwächtes demonstrativprono-
men so prägnant und so schön hinweise und absondere. Br. hat in
seinem 'offenen schreiben' gegen diese meine ausführungen nichu
positives beizubringen vermocht, er gesteht mir sogar zu, dasz er
aus diesem abschnitte meiner recension ^einiges nützliche' lernen
konnte, damit fällt denn aber auch die andere hälfte von Br.s be*
hauptungen über Aristarchs 'willkürliche änderungen'. was bleibt
also von seinem 'problem' in bezug auf Aristarchs kritik noch als
zu recht bestehend übrig? bekommt der vorurteilslos prüfende da-
durch nicht den eindi^ck, dasz auf der ganzen schlachtlinie g^en
Aristarch der rückzug angetreten und die lärmtrompete abgesetzt
worden ist? allerdings das offen einzugestehen geht schon nicht: der
kämpf musz noch im kleinen und einzelnen durch eine schlecht ge<
übte polemik fortgeführt werden.
1. Br. hatte Q 310 ^öv ärTcXov mit 'lieblingsbote' übersetzt,
ich wies darauf hin, dasz auf Br.s ^öv fixTcXov folge 6ct€ col auru!
q>iXTaTOC oiuivuiv, auf die tautologie 'lieblingsbote der dir der liebste
ist'. Br. erwidert jetzt mit der Übersetzung: *den lieblingsboteir der
dir der trauteste isf und fügt hinzu: ^dadurch wird die sache zu-
nächst schon ein bischen anders', diese Übersetzung, durch die die
Sache zunächst schon 'ein bischen anders' wird, ist doch gar
zu spaszhaftl ich soll mir aber auch stellen wie iraTp(Hpovf)a . .
6 o\ iraT^pa kXütöv ^icra (a 2^9), irepncriovac dvOpuiTrouc ot irepi-
vaierdtouci ß 65, Aiveiav imövia . . öc'^ot foetci usw. ansehen und
nicht so thun, als existierten die allbekannten epexegetischen relativ-
Sätze überhaupt gar nicht I nach diesem zusammenhange zu urteilen,
scheint Br. über diese epexegetischen relativsätze der ansieht zu
sein, dasz sie eigentlich nichts weiter als tautologien sind; ich be-
daure dasz ich hierüber eine ganz andere ansieht habe, das wird
freilich Br. ganz gleichgültig sein; so «itiere ich ihm eine autoritäi.
nemlich Nitzsch, der zu a 199 also bemerkt: 'den Vatermörder, der
ihm den vater tötete', wie N 483 Alv€(av ^mövra • . 2c ^oi
^TTCiciv. dies ist die zweite art der epezegese. teils nemlich ent-
wickelt diese den gehalt eines inhaltsschweren beiworts, wie wir bei
iToXtJTpOTroc gesehen haben, teils 2) gibt sie demselben die genauere
beziehung, wie hier, teils endlich 3) hat sie nur die Homerische aru
welche einerseits dem hörer die geflügelten werte nicht zu karg zu-
miszt, anderseits den neuen gedanken gern mit neuem verse anhebt'
oder, würde ich hinzufügen, der epexegetische relativsatz führt in
ausführlicherer beschreibung ein gleichsam voraus angegebenes thema
weiter aus, zb. M 294 dciT(ba . . KaXf)v xctXKciriv ärjXcrrov, i^v dlpa
XaXxeuc fiXac€V, fvTocGev hk ßoeiac ßdip€ 9a^€tdc usw. vgl. A47.') i.
hält Br. sein ^6v etwa auf der stufe wie ircpiicriovcc , irarpoqpovtja,
d6Xoq>öpouc usw. fQr so inhaltsschwer, dasz es noch durch 9(XTaT0C
EKamnier: nochmalB tut Homer und Aristarch. 299
wdtcr entwickelt werden xnusz ? das döv '=^ 'lieb' und 9iXTaT0C kann
doch Ar Br. nnr durch die abwechslang von 'lieb' und ^traut' 'ein
blicken anders' sein.
2. Wenn Br. es noch einmal untemimt Zenodots lesart olciv
in ßeX^cca xaX iyx^cw C 231 zu verteidigen und es wirklich ftlr
mfi^üdi hllt, dasz 'noch wtthrend des verwirrten rttckzngs von den
Troern geschosse geworfen und dabei Troer von Troern verwundet
wurden'-- 'problem' s. 31 stand sogar 'im hagel der geschosse'—,
so wehre ich es ihm durchaus nicht an das unnatürliche dieser sach-
lagt m glauben, wenn er mich fragt, woher ich das so genau wisse
'dKS onmitielbar beim eintritt der Verwirrung der heeresmassen das
werfen von geschossen von seiten der Troer eingestellt wurde'
IL 439), so erwidere ich: weil das in der natur des Schreckens liegt,
der ZOT wilden flucht treibt und hier ganz besonders eines Schreckens,
den das gewaltige geschrei des Peliden verbreitet über die Troer,
^ sie entsetzt von der leiche ablassen und zu wildem knftuel zu-
sumnengedräiigt den rttckzug antreten: iräciv öpivOr) Ou^öc* drap
raXUrpiXec firrroi | &i|i 6x^0^ Tpöir€0 v * Sccovto t^p äXT€a Ou^iiji. |
ijvioxoi ö' ^KnXnTCV . . rpic }iiv . . \ief6X* faxe öToc ^AxiXXcüc,
Tpic Ik KUKrjOii ca V Tpu)€C xXciToi t' £it(koupoi C 223 ff. : ich finde
licht, dasz hier vom schleudern der geschosse seitens der Troer die
rede ist, und halte auch die Situation in der sich die Troer befinden
!xuxf|6r|ca v) als nicht geeignet dazu, wenn mir aber Br. das gleich
mof folgende 'Axaiol acnaciuic TTcitpokXov öit^k ßeX^uiv ipv-
comc entgegenhält, so verstehe ich das so, dasz die Achaier die
9nt. die ihnen die verwirrte flucht der Troer gegeben, benutzten,
UB den leiebnam xmkK ßcX^UiV dh. aus schuszweite zu retten; so
i'^ imbc ßcX^uiv auch TT 668 und 78 (vgl. E 130) von geschossen,
d:if etwa geworfen werden konnten, ganz allgemein für 'aus
«koazweite'. — 4^ Grashofs einwurf , dem ich gleichfiills zuge-
«ümmt, dasx ßeX^ecci und ^TX^c^ nicht zusammengestellt werden
koBBten, da die ^TX^^ unter den ß^Xea schon begriffen seien, hatte
Br. 'problem' s. 31 erwidert: 'dies ist unrichtig (so — im 'offenen
Khräien' wird dieser passus weggelassen — ) : die lanze diente vor-
^Q^iwiise xom stosz im nahkampf und gehört also nicht schlechthin
n dai wnrf gesehoesen.' ich gab ein langes Verzeichnis von stellen,
Ji dencB das tfXOC geworfen wurde, natürlich aus keinem andern
poAde als um zu zeigen, wie oft man die lanze auch warf, und dasz
^ a gleicher weise zum stosz wie zum wurf diente, je nach der
fciegenheit, dasz sie jedenfalls also auch ein wurfgeschosz genannt
wfrdcn kOmie: daa trftgt mir von Br. die beurteilung ein 'bei dieser
.foaierliohkeit Ihrer argumentation'. und versteht nicht Br. selbst
^lUs pAca die geworfenen lanzen, wie das ja aus seiner aufTassung
fca uffix ßcXäuv hervorgeht? und da kann er behaupten, dasz 'es
txkt riditig ist', dasz unter den ß^Xea die IfXea schon begriffen
«m? ich verweise noch auf 6 513 f. uic Tic ß^Xoc . . ir^cci],
SMmcvoc «iUji fj IfX^i dEudcvn.
300 EKammer: nochmals für Homer and Aristarcix.
Und nun noch ein paar worte über Br.s verfahren gegen An-
starch als kritiker. in seinem 'offenen schreiben' behauptet er, ich
hätte ihm das 'gröbste unrecht' angethan , wenn ich ausgesprocheii,
Aristarch sei von ihm ^textverderber' genannt worden; er will dieses
prädicat jetzt nur auf die verse beschrftnkt wissen, 'in denen 68 sich
um den freiem gebrauch der reflezi vpronomina der dritten person ban-
delt' (s. 444). wie ? wenn Aristarch wirklich in diesen yersen die finde-
rung getroffen hat in der art wie sie Br. ihm schuld gibt, dann wftre er
nicht der 'eigentliche textv erderber'? aber Br. scheint jetzt seine
vorrede völlig vergessen zu haben, wo s. VI also zu lesen ist: 'dasx
Aristarch mit der Überlieferung gelegentlich ganz willkürlich oxnge*
sprangen ist und einer marotte zu lieb weitgreifende und stellenweise
recht ungeschickte ttnderungen sich erlaubt hat, dafür glaube ich in der
vorliegenden Untersuchung nicht wol anzufechtende beweise geliefert
zu haben', sowie s. 2 : 'es steht l&ngst fest , dasz der wegen eeiser
conservativen tendenz so vielfach gepriesene kritiker sich in früer
conjecturalkritik ergangen hat und auf diesem wege zum textver-
falscher geworden ist.' kann man deutlicher und ungeschminkter
seine ansieht aussprechen? Br. beschuldigt mich aber femer, dasz
es 'eine ganz ungerechtfertigte verdSchtigung' meinerseits sei
dasz ich behauptet hätte, er hätte 'Verdächtigungen gegen Aristarch
ausgestreut', und das soll keine 'Verdächtigung' sein, wenn man
den mut hat von Aristarch zu sagen, er habe sich das &\(K an ftlnf
Iliasstellen aus den fingern gesogen, trotzdem es bei Aristonikoä
deutlich lautet: i)tv6iik€ (Zenodotos) Tf|v X^gtv, was doch heistt,
Aristarch habe df)oc an dieser stelle vorgefunden? Br. erklärt jetzt
er habe diese worte bei Aristonikos 'nicht gehörig berücksichtigt'
(s. 434). kann dies geständnis sein verfahren entschuldigen, wenn
er solche behauptungen ausspricht, ohne einmal das wenige in dieser
frage vorliegende material 'gehörig berücksichtigt' zu haben? und
gesetzt, Aristarch habe im sinne Br.s im gebrauch des reflexivprono-
mens sich änderungen erlaubt, jeden&lls hat er doch in dieser frage
ein wissenschaftliches princip verfolgt: ist es da 'pietätsvoU', wenn
Br. dies 'eine marotte' zu nennen wagt? wie soll man solche un-
reife des Urteils nur benennen? und wie steht es jetzt überhaupt
mit Br.s behauptungen von Aristarchs 'weitgreifenden und stellen-
weise recht ungeschickten änderungen' ? ich habe ja oben constatiert,
was von diesen noch bestehen bleibt.
Br. glaubt nach seinem 'offenen schreiben' berechtigt zu sein.
auch einem manne wie Aristarch gegenüber 'da, wo es das interesse
der Sache erheischt, Irrtümer, die man für soldie halten musz, un-
umwunden au&udecken' (s. 444). gewis, das bestreite ich nicht nur
musz man, besonders wenn man auf einem gebiet anftnger ist,
gegenüber einem meister auf diesem gebiet auszerordentlidi tot*
sichtig sein, seinem eignen urteile mehrmals mistrauen, bevor man
über irrtümer in so lauter weise spricht imd — man musz überhaupt
der mann dazu sein, dasz Br. wenigstens mit seinem 'problem' al^
EEunmer: nocfamalB für Homer und Aristarch. 301
noch sieht dazu berufen 8icb erwiesen, das habe ich an einer reihe
edatiBter beispiele zu zeigen gesucht, in denen er in der allergröb-
Uduten weise die scholien misverstanden bat : Br. drückt sich selbst
Üertber — ich glaube recht milde — also aus: *meine Untersuchung
eotklU im einzelnen wirklich ein paar recht unschöne irrtllmer.' ich
hah9 ferner nachgewiesen, dasz Br. über den griechischen artikel
tnrts der hoehfahrendsten redewendungen nicht im mindesten orien-
tiert war. offen dies anszusprechen und nach kräften zu verhindern,
diu fthaliehe ohne die genügende Vorbereitung erfolgende angriffe
nf ein gebiet fem bleiben, das nicht durch sdbnellfertiges anlesen
a erobani ist, das erschien mir pflicht, und wenn jetzt Br. behauptet,
'lodere leute' als ich hätten ihr urteil ja schon über seine unter-
adimg abgegeben, hat er wirklich denn schon das völlig zer-
malmende urteil von Lehrs, das die 'monatshefte' brachten, ver-
genen? es wäre gehässig von mir, wollte ich hier jetzt einige
passos aus dieser recension hersetzen, ein mann aber, dem die
lOendüinunsten Sachen nachgewiesen sind, sollte nicht den mund
to Tott nehmen und worte gebrauchen , wie 'er wolle mir öffentlich
tmm qiiegel vorhalten' — um was darin zu zeigen? die eigne leer-
beit, die jetzt mit groben ausfUlen sich zu umhüllen sucht, ich kann
midi in seinem 'spiegel' ruhig betrachten, ich wünsche Br. dieselbe
gtmfllBnilie meinen recensionen gegenüber.
Und niin noch eins. Br. sagt s. 437: *meine sanskritformen
uid meine sla vischen und litauischen formen sind Urnen ja doch wol
BBT blendwerk der hölle.' wie sollten sie mir das sein, da ich nichts
dsTCB veratehe und mich wol hüte über Sachen zu sprechen , die ich
oicbt verstdie? ich meine nur — und das betrifft auch den mir von
Br. gemachten Vorwurf, ich hätte die sprachwissenschaftliche grund-
4ge seiner gansen Untersuchung bestritten — , man wird auszer-
tTdentlieh mistranisch, wenn ein gelehrter von sprachwissenschaft-
Umu Stadien aus auf ein speciell griechisches gebiet, um hier zu
'fencnoy sich begibt und da als völlig ungenügend vorbereitet und
'•hat die nötigsten Vorkenntnisse sich ausweist: ein derartiges ver-
t^hm, glaube ich, kann auch der Sprachwissenschaft, vor deren
ieh mich in ehrfurcht beuge, nicht erwünscht sein.*
EdnoeBBBO. Eduabd Eammsb.
* [kiemit möge diese polemik in dieeen biftttem getehlossen sein.
die redaetion.]
43.
ZU APOLLINABIS SmONIUS.
Paol Mohr bespricht in seiner programmhandlung 'in Apolli-
^ SidonH epistulas et carmina observationes criticae ezegeticae
^«^ncae* (Bondershausen 1877) ua. auch die stelle carm. II 271 ff.
-« Überlieferung lautet hier:
302 EBoBsberg: zu Apollinaris Sidonios [carm. II 273].
gens ista repenie
erumpens soUdumgue ratis transvecta per Isintm
venerat et sectas inddercU orbita lymphas.
mit recht hält Mohr seäas^ welches mit inciderat zusammen einen
unerträglichen pleonasmus hervorbringt^ für verderbt wenn er je-
doch statt jenes wertes siccas su lesen empfiehlt, so kann ich diesem
vorschlage nicht beistimmen, zwar will ich nicht leugnen dasz unter
siccas lymphas zur not eis verstanden werden könnte; indessen wSre
der ausdruck doch in einem masze geschraubt, wie es der vorliegen-
den stelle nicht wol anstünde, wenn Martiijis IV 3, 7 sagt: guis
skcis lascivü aguis et ab aethere ludit? so ist diese bezeichnung der
Schneeflocken dem tone des ganzen gedichts völlig angemessen; hier
aber, wo einfach von dem Übergänge der Hunnen über die gefrorene
Donau die rede ist, werden wir einen einfachem und natürlichem
ausdruck erwarten, mir ist nicht zweifelhaft dasz Sidonius schrieb:
et strictas inciderat orbita lymphas.
Es sei mir bei dieser gelegenheit gestattet eine anzahl von
stellen lateinischer Schriftsteller vorzuführen, in welchen stringert
sowie seine composita adstringere und constringere vom gefrieren ge*
braucht sind.
1) stringere: Val. Flaccus Argon, I 513 strictosque insedi-
mtis afnnes. Gellius Vn 8 {Herodotas) scribit mare JBosporioum . .
gdu stringi et oonsistere. Euphorbius (anth. lat. 537 Biese): orbita
signat iter^ modo qua cavfM alveus ibatj Strinxit aquas tenues ui
glaciaiis hiems.
2) adstringere: Ov. ex Ponto III 3, 26 e^ coU adstrictis
barbarus Ister agtUs. Lucanus Phars. 1 18 bruma rigens . . Ad-
stringit Soythico glaciaiem frigore pontum. ebd. V 436 sie stau
iners Scythicas adstringens Bosporus widas. Curtius VIU 4 im\
brem vis frigoris concreto gdu adstrinxerat. Butilius Namat I
485 glade riget horridus Ister Orandiaque adstricto ftumme plau-
stra vehit. Claudianus de raptu Pros. II praef. 18 pigrior adstrict ks
torpuit Hebrus aquis. Anth. lat. 709, 1 B. Thrax puer adstrict ii
glacie cum luderet Hebro.
3) constringere: Curtius VII 3 oeterum adeo aUae mves prc
munt terram gdu etperpetuo rigore constrictae^ ut ne avhim qui
dem feraeve uüius vestigium exstet. Claudianus de bdto Ottico 6(
Gadülas AquHo glacie constringat arenas.
Diese beispiele werden genügen meine oben ausgesprochene
Vermutung zu stützen, wie leicht übrigens sectas aus strictas ent
stehen konnte, sieht jeder, dem bekannt ist dasz letzteres wort mil
abkürzung sldas geschrieben wird. vgl. auch Bentlej zu Hör. carm
I 6, 18 gegen ende.
Norden. Eonrad Bossbbro.
ALndwich: zQm Homerischen Deneter-hymnos. 303
44.
ZUM HOMEBISCHEN DEMETER- HYMNOS.
10 c^ßac hi T€ Trficiv ibecOat
dOovdTOtc T€ Oeoic f\bi Oviitoic dvOpumotc.
ii der ha. ist t(bi aus \bk corrigiert, wodurch Bücheier zu der bemer-
koag bewogen wurde: 'non melius Ocoictv \hk.* wenn auch nicht
besser, so doch Tielleicht ebenso gut? nein: denn in dieser formel-
bift gewordenen Wortverbindung ist zwar i^b^ üblich (wie oöb^,
OVTC, 1^, keineswegs aber ib^. die einzige stelle an der dies vor-
kozrimt wnrde durch metrisches bedürfnis veranlaszt: irXeTcTa 6€U)V
«bubcv U>€ Ovt)t£iv ivOpiIrrruiv Hesiod Th. 887. vgl. de hezametris
poetarum gr. spond« s. 51 f.
12 ToO xai diTÖ i^ar\c dxaTÖv xdpa ä€iT€(puK€t ,
KTlUlbCl b' Öbfl^ TläC t' OUpaVÖC €UpÜC U1T€pd€
rata T€ Tide* £T^Xacc€ xal dXfiupöv oib^a OoXdcciic.
so Bnhnken und nach ihm die meisten hgg. für xwbiCT*. öbfif) irfic
h* oupavöc usw., dh. 'von duftendem wolgeruch lachte der
ganze weite himmel droben und die ganze erde und die salzige woge
des meeres', ähnlich wie bei Catullus 64, 284 guo permidsa damus
mamdo risU odore. die metapher ist unzweifelhaft sehr ungewöhn-
lich ond will mir der einfachen ausdrucksweise unsere hymnendich-
Un am allerwenigsten angemessen erscheinen, da sie nur auf con-
.«ctur beruht, so mag es erlaubt sein etwas anderes vorzuschlagen,
vai der Überlieferung ebenso nahe kommt, ohne doch in dem grade
«vRohnkens coigectur gegen den ton des dichtere zu verstoszen:
ToO Kod dirö ^(Ztic ^kotöv xdpa £E€Tre(puK€i
Ttttd TC itfic' ^^acc€ xal dXfiupdv oTb^a 6aXdccTic.
womit lieh dann schon eher vergleichen Iftszt Theognis 8 ff.
iffica |iiv iitX^cOii Af)Xoc ditetpeciti
öbfAfic dfißpocirfc, ir^Xaccc bk yaia mXiiipn,
tA^ccv bt ßoOuc itövTOC dXöc TroXif)c
«a wenig ertrtglicher als die Buhnkensche conjectur f&nde idx übri-
gus lehon folgendes, was der hsl. lesart noch näher steht:
Toö xal dird pilr\c dxaTÖv xdpo ££€ir€(pux€t,
Knuibfic ^' ^1>m4 ^^c 'f' oöpavöc edpOc Stt€p6€ usw.
Will dnn dbfiQ sieh natnrgemäsz an Kr)dibn^ anschlieszt und so dem
Tcrbuii irä^cc entrückt wird.
<o Tf|v b' dexaZofi^VTiv f)T€v Aide £w€cir|Ci
icorpoxadtviiToc iroXuamdvTuip iroXub^TMUJV
Iinrotc ddotvdrroict Kpövou iroXuiiivufioc ulöc.
^ ktile vers seheint mir hier viel unpassender sich anzuschUeszen
^ aa das vorausgegangene
Xdv€ bi xMiv cdpudtuia
Nuaov hß ir€btov , tQ 6poucev dvc£ TioXub^TMu^v
304 ALndwich: znm Homerischen Demeter-hymnos.
y. 16 f., während Bücheier umgekehrt ihn v. 18 getilgt, dagegen
y. 32 beibehalten wissen will: v. 32 sei 'adscriptus olim ad 19\
ich glaube yielmehr, dasz durch die epitheta iroXucimdvTUip ttoXu-
b^T^uiV y. 31 sich ein Schreiber bewogen sah dazu den y. 18 an den
rand zu schreiben: fTnrotc ädavdTOtci Kpövou ttoXuuivu^oc iHöc.
überflüssig ist dieser yers an der spätem stelle (y. 32) jedenfalls :
denn dasz Hades bei dem raube sich seines trefflichen gespanna be-
diente, wissen wir bereits, dagegen an der frühem stelle (y. 18) ihn
zu streichen halte ich deswegen für bedenklich, weil hier, wo dts
plötzlich» heryorstürmen des unterweltsgottes geschildert wird , die
erwähnung seines berühmten gespanns mehr als irgendwo geboten
erscheint, das 6pouC€V allein, ohne den fraglichen yers, ist doch
gar zu kahl, mit Ilgen (Matthiae und Preller) anszer y. 32 noch
y. 30 f. zu yerwerfen sehe ich keinen grund.
61 dXX' ÖT€ bf| b€KdTTi ol (sc. Af\\xr\Tp\) ini\\vB£ q)atvoXk ^uic
flVTCTÖ ol *6KdTTi cikac dv X€ip€cctv ^xouca
Kai ^d Ol dTT^J^^owca ^ttoc 9dT0 9ÜJVTicdv tc
«TTÖTVta Arj)iT]T€p, (bpTi(pöp€ dTXaöbujp€,
65 Tic 9€lI»V OUpaVlUJV ^k ÖVriTUIV dvGplilTTUJV
f^p7rac€ n€pC€<pövTiv Kai cdv 9{Xov flKaxe Gu^öv ;
9u)vf)c )iäv Tdp dKOUc', drdp oäx Tbov öq)8aX^otctv
öc TIC ir\v' coi b* lixa \ifijj VTijiepTte irdvTa.»
in diesen yersen ist mir zunächst anstöszig dTT^X^ouca, da die wort«
der Hekate, wie sie dastehen, unmöglich als eine dTT^Xta anfgefaszt
werden können, wenn uns jemand gelegentlich ganz aus freien
stücken, ohne auftrag und ohne befragen, nichts weiter als die y er*
Sicherung abgibt, er habe zwar die geraubte schreien gehön,
wisse aber nicht, wer den raub verübte, so wäre es lächerlich, die?
als b 0 ts ch af t zu bezeichnen ; und ebenso unpassend ist drr^X^ouca
an unserer stelle. Matthiae war einer der wenigen, die dies fühlten :
'puto äfx^ Qiovca' sagt er; 'neque enim nuntiat, drT^XXet, quic-
quam Hecate.' die conjectur ist nicht annehmbar; ich schlage vor
^TKOv^ouca (ygl. Hesychios: ^tkovcovtcc' circubovrcc, ivcp-
ToOvT€c, dTieiTÖ^evoi. ^tkövujc- t^X^wc, ^cireucfi^vuic. Hom.
r\ 340 CTÖpecav itukivöv X^xo^ dTKOV^oucat uö.). — Da nun ferner
Hekate , wie sie selber eingesteht, der suchenden mntter nichts über
das yerbleiben ihrer entführten tochter sagen kann, sich yielmehr
auf eine teilnehmende frage und eine kurze andeutnng dessen be-
schränkt, was Demeter ohnehin schon weisz (ygl. y. 39): so sind die
Worte, mit denen sie ihre anrede schlieszt, col ö' dixa X^füi vtiM^p-
T^a irdvTa doch mehr als naiy. und wie erklärt sich nun gar, da&z
beide Göttinnen, ohne yorher darüber ein wort zu yerlieren, sofort
zu Helios eilen? 'prorsus mirum est' sagt Hermaim mit recht, 'ne
dicam absurdum, quod Ceres Hecaten, negantem se quioqnam scire,
sequitur, ita ut temere et casu ad Solem peryenianl sie
demum sequipoteratHecaten, sihaecyiam monstrasset/
ALudwich: zum HomeriBchen Demeter-hymnos. 305
Hennaan vermutete dasz orsprttnglich etwa folgende werte den
«cUna der rede Hekates bildeten:
coi b' dixa X^TOt viuicpTca irdvTa
*HäLtoc, Sc irdvT* £q)Op$ xal irdvT" £iTaKOU€t.
mir scheint diese Vermutung vor allen anderen, die sonst noch vor-
g«fancht sindy den vorrog zu verdienen; höchstens kOnnte man sich
Tenocht fühlen anzuneWen, dass in dem verlorenen verse auch
Bocfa die snfforderung enthalten war, die rathlose mutter möge sich
SB Helioe wenden, so dasz die lücke etwa so auszufüllen wftre:
cd b' lÜKa X^TCiv vTificpT^a ndvra
'H^Xioc bOvarar töv b* clpeo cf)c ncpl Kouptic.
(t^ unten ▼. 63 xal elpCTO bm Oeduiv und 1 89 ou tdp Tic buvarat
tapa ciir^cv.)
et 'HAiov b' Tkovto Oeuiv acoiröv iH>i xal dvbpuhf ,
CTOV b' '{inruiv irpoirdpotOe, xal eipcTO bta Oeduiv*
«*H^Xt' alb€cca( mc O^ac Cirep, cl irore hi\ ceu
i^ fiTCi f{ IpT^P xpabitiv xal 6]U^öv Ir|va . . .
aber das viel besprochene aTbecccrf |i€ G^ac Sit€p urteilte Hermann:
'mihi Sanum videtur 6^ac fiiT€p^ nisi quod lonice scribendum puto
8ä|c Heejohins: 6^av* di|iiv, 6€uiptav, fififiaTa. obtestamur
eftim aliquem per ea quae is potissima habet/ an sich ist
g«gen den letzten satz gewis nichts einzuwenden, so fleht Hektor
nAeh]llea8(X3S8f.):
Xiccofi * öirtp viixflc xai toövujv cfflv T€ Toxriun^ ,
^Tj ^e la TTOpd VTiucl xuvac xorabdiiion *Axatdiv.
KbHch bittet in der Odyssee (o 260 ff.) Theoklymenos den Tele-
midios:
tZi q>(X*, diT€i C€ Ouovra xtxdvui Tif»b' dvl x^PM^t
Xicco^i* xmkQ Ou^uiv xal ba{|iovoc, aurdp luena
öfc T* auToO Kcq>aXf)c xal Iralpwv, o7 toi Snovrai,
dni fiot cipofi^vqi vivicpT^a usw.
rt wol bezeugt aber auch dieser gebrauch ist, so wenig beweist er
^Mh filr unsere stelle, kann denn atbcccai ^€ 6^ac 6iT€p jemals
^oebbedeutend sein mit Xicco^iai C€ O^ac uTicp? kann in der
oitn Wendung etwas liegen, was dem von Hermann darin ver-
dateten 'obtestor te per visum tuum, per oculos tuos' thatsftch-
ü^ «ntspriehe? gewis nicht, und dennoch sind seit Buhnken die
bitiker immer wieder auf jenee Homerische Xiccofi* urrfep — zu-
rtekgekommen. nach Aristonikos zu X 126 und Q 208 erklärte
AziiUrth alb^C€Tai durch icpocbd£€Tat djc Ix^ttiv: man mag diese
<rUlrang drehen und wenden wie man wolle, sie wird dennoch
^BBrnennehr sich mit deijenigen Interpretation unserer stelle ver-
einbaren lassen, nach welcher ^Demeter den allschauenden Helios
^iac üircp, bei seinem geeicht, anflehen' (JHVoss) soll. — Dazu
k^wmt daez nach dem vorausgegangenen fi€ das nachfolgende Qiac
0«ip immQglieh ohne weiteres bedeuten kann 'bei deinem ge-
Ar dsM. pUlol. 18T9 hit. 5 o. 0. 20
306 ALndwich: zum Homeriscben Demeter-hymnot«
sieht'.* das fühlte spftter auch Hermann : 'scribendnm Ocöc Girep,
ob filiam' sagt er in Frankes ausgäbe, daran hatten vor ihm schon
andere gedacht: 'ehre mein flehen für eine gOttin, fOr die rettong der
Persephone' Voss, 'malim tamen dcdc finep de ipsa Cerere dictum ac-
cipere, ut fere Santenias : me oole^ si dea sum* Mitscherlich. ab ob das
griechisch wäre! die übrigen coigecturen (Bflcheler hat die meisten
aufgeführt) übergehe ich mit stillschweigen; es ist keine unter ihnen,
die einen Schimmer von Wahrscheinlichkeit für sich hfttte. alle Schwie-
rigkeiten werden durch hinzufügung eines einsigen buchstaben ge-
hoben: *Hi\\* o!b€Cca{ ^€ Gc&v cO Trcp, cl TtOT€ bi\ C€u usw. De-
meter bittet, Helios wenigstens möge ihr ehrende achtung beweisen,
nachdem sie weder bei gOttem noch bei menschen hilfe gefunden:
T^ b' oiinc dufj-rufiia fiiudificacOat fiOeXcv oCre Ocuiv oCre 6vrrnl»v
ävOpuiTTWV 44 f. die nachdrückliche hervorhebung durch irep (rgl.
y. 116) ist in ähnlichen fällen bei Homer gew^mlich: dXXd cu
TT^p fitv Ttcov A 508. cu b* äXXouc Trep TTavax^^o^ xeipo^dvouc
iX^mpc Karä CTporöv I 301. dXXd c^ ir€p Trpo^Tui A 796. dXXd
TTCp oToc Ttui M 349. — Für Ocdv werden andere vielleicht Oeuiv
verlangen; mir schien das erstere näher zu liegen.
202 irp{v T* 8t€ bf\ xXcuijc ^iv Md^ßt) K^bv' cibuTa
TToXXd itapacKunTTOuca Tp^tiiaro [irÖTVtav drvfiv]
MCibflcai TcXdcai t€ [xal TXaov qceiv 6u^öv] ,
fi bf\ o\ xal in&xa [fiicOucTepov eCabcv öptoic].
Matthiae und Hermann erklärten diese ganzen vier verse, Franke
nur die eingeklammerten werte für Interpolation, die erwähnnng
der lambe und ihrer erheiternden späsze ist wol ursprünglich; da-
gegen halte auch ich es für sehr wahrscheinlich , dasz im tfchetypn<s
die letzten werte von v. 203 — 205 unleserlich gewesen und von
einem abschreiber ungeschickt ergänzt sind, die grenze zwischen
echtem und unechtem hier genau zu ziehen ist allerdings schwierig:.
Tp^iliOTO, welches Bücheier für ^nihilo sanius' als TTÖTVtczv dTvf)v
erklärt, möchte ich wenigstens nicht ganz aufgeben: der dichter
könnte ganz gut TrpOTp^t|iaTO geschrieben haben, ob den letzten
vers zu retten die leichte änderung öpT^ statt 6pja\c genügt , ist
mir sehr fraglich; man erwartet etwa €0ab€ Xyjpotc.
285 fi ixiv flT€ITa
rcaüb ' dvd x^pdv ^XoOca ^i^ ivc&rOeto KÖXnip *
fi b' dpa TTup dv^xar- fl b' ?ccvto ttöcc* dTToXotci
l^iTlT^p ' dvacTi^couca Outlibcoc ix 0aXd^oto.
drpÖMevat bi ixiv d|i(p\c iXoüeov dcnaipovro
290 d^(paTaiTa2[ö^€var toO b' oö fieiXicccTO 6u^6c.
XCtpÖTcpat Totp bii MW Ixoy Tpo(pol f{bk nOflvat.
* nur «Jinen kritiker kenne ich, der das O^ac {fircp wirklich am 4
Demeter, nicht aaf Helios besehen hat: es ist PhWegener, der im Philo
logiu XXXY (1876) 8. 283 sagt: *in Übereinstimmnng mit der . . . lanfr^a
wanderang weist sie anf ihr entstelltes aussehen hin (▼. 64 ■<•'
der anfsatE Wegeners enthält übrigens unglanblicbe dinge; hoffentlid
richtet er kein weiteres anhell an.
ALudwich: zum Homerischen Demeter-hymnos. 307
der nuttmmenhiBig iat dieser. Demeter, die im hause des Eeleos als
wiiteria des kleinen Demophoon dient, salbt das kind tftglich mit
aabrona «nd birgt es nadits in der glut des feuers. so gedeiht
DtBophoon ohne speise und trank herlich zur frende and znm er-
ftiooa semer dtem and ist anzusehen wie ein gOtterkind. aber in
öaer sieht sehaat die matter Metaneira aus ihrem schlafgemach das
beginen der wtrterin, schreit, da sie ihren söhn im feuer sieht, vor
sdveek aogstToll auf und bricht in lautes wehklagen aus. ertflmt
nimt Demeter das kind aus dem feuer, legt es auf den boden und
Terllotr nachdem sie sich dem unverstftnd^en weihe zu erkennen
gegeben, filr immer das haus. Metaneira ist so ergriffen von der er-
lebeiaiiog und den werten der hehren gOttin, dasz sie des kindes
tm boden nicht achtet, auf dessen klSglidies geschrei springen die
•diwestera aus den betten : unkundig dessen , was vorgefallen ist,
sifflt die eine das kind auf den arm, die andere facht das feuer wie-
<i<r in, die dritte eilt die mutter zu wecken; dann sammeln sie sidi
im da kleinen zappelnden schreihals und — was thun sie nun, um
M zu beruhigen? sie baden ihn, iXoueov äciratpovra dfiqpa-
Tnrtfö^cvat. so weit meine häuslichen erfahrungen reichen, ist
<ies beschwichtigungsmittel ein ziemlich umständliches und schon
dmzm ganz ungewöhnliches, überdies von sehr problematischer Wir-
kung, idi meinorseits wundere mich gar nicht, dasz die sinnige und
»itgemlsie badecur (es war mitten in der nacht!) bei dem kleinen
I^ophoon nicht yerfieng: toC b* ou u€tXicc€TO OuMÖc* X€tp6T€pat
IBp Mj ^tv ^xov tpcMpoi 1^ TiOf)vm. wenn nötig, werden hoffent-
i^ wenigstens diese beiden verse mich dagegen schtttzen, dasz
jeoiad etwa alles ernstes mir einwende: aber das kind hatte ja
Backt and bloss in der asche und auf dem fuszboden gelegen, war
UK> des reinigenden bades dringend benötigt, nicht reinigung,
•3idcni beruhigung war der zweck der handlung, die in dem
^berüefarten £Xou€OV steckt; und gerade dafCLr, meine ich, ist dieser
uidraek so ani>assend gewollt wie nur möglich. — Während dieses
tichliehe bedenken gegen die flberlieferung bisher, so viel ich
Mbe, aieniandem anfgestoszen ist, hat wenigstens das sprach-
hebe sieh bei einigen kritikem geregt — freilich auch nicht bei
^ea: dem Matthiae, Hermann, Franke ua. lieszen die stelle unan-
fvtsitet, obwol schon Buhnken die form iXoueov verdächtig gefun-
4« hatte. Tees versichert uns: 'man sagte Xöui, Xo^ui, Xouu),
^^m6ii. die letzte form hat sich nur hier erhalten' — und wahr-
•chnaBeh fast diese Versicherung sehr dazu beigetragen, aufisteigende
bedc&ken bald wieder zu beschwichtigen ('^Xoijcov forma singoJaris,
led qoM immerito suspecta erat Buhnkenio' Baumeister), unter
^ versudien, welche bidier gemacht worden sind, um die aller ana-
sgie höhn sprechende verbalform dXoucov zu beseitigen (dXouovT'
^rtmpovra HitBcherlich, ^ouov irc* äcirafpovra oder dnacirai-
f ovra oder CXow }xi\t ' dcirdpovra Ilgen , £Xouöv T€ cireipurv T€
•^ cir&pTOV te Bücheier, fiqpop Xöov dcnaipovra Nauck) ist keiner,
20*
308 RKöhler: zur Odyssee [t 163].
der zugleich auch das von mir erhobene sachliche bedenken be<
seitigt. wir brauchen, glaube ich, hier einen ausdmck, der beruhi-
gen, besänftigen bedeutet; mir ist dXu;9€0V einge&llen, das
zwar in der regel intransitiv steht (wie XrJTUJ) , aber auch transitiv,
zb. Aisch. Prom. 378 £ct* &v Aide q>pövf))ia Xuxp^cg xöXou. Empe-
dokles 456 (Mullach) oÖTroTe betXatuiv dx^ujv Xunp^jcerc Oi^öv.
diese und andere stellen beweisen dasz Xujq)^u) (Xuxpduj) ganz ana-
log den verben iraüu; und X^fw gebraucht wurde, das imperfectum
de conatu ist hier ganz am platze, die form dXuiq>€OV bezeugt Apol
lonios Arg. H 648 (650). IV 1627 (1625).
EöNiQSBBRo. Arthur Ludwich.
45.
ZÜE ODYSSEE.
Bekanntlich sagt in der Odyssee t 162 f. Penelope zu dem von
ihr noch nicht wiedererkannten Odysseus:
iXXä Kai iLc \iOi eink t€Öv t^voc, öiriröOev icci*
oi) Tap diTÖ bpuöc £cci iTaXaiq)äTOu oäb' dirö nixpric.
ganz dieselbe Voraussetzung ^ie hier Penelope spricht in einem der
von ODonner im original und in deutscher Übersetzung herausge-
gebenen 'lieder der Lappen' (Helsingfors 1876) s. 95 ein sehn aus^
indem er seiner mutter, die ihm auf seine frage nach seinem vat^r
geantwortet hat, er habe keinen vater, erwidert:
die birkhenne hat den birkhahn, die anerhenne ihren bahn,
die Schneehenne hat ihren hahn, die rennthierknh den ochsen,
die bärin hat den b&r, das elenthier den elenochsen:
auch ich habe nicht den Ursprung aus stein oder bäum.
da wol nur wenigen lesem der Jahrbücher die 'lieder der Lappen*
ZU gesiebt gekommen sein werden, schien mir eine hinweiBiiiig au
obige bemerkenswerte Übereinstimmung an dieser stelle nicht unan i
gemessen, man vergleiche übrigens über die weit verbreitete voi
stellungsweise von dem Ursprung der menschen aus bäumen uxl-
steinen Jacob Grimms deutsche mythologie 2e und 3e ausg. s. 537 :{
und die nachtrfige dazu in der neuerdings von EHMejer beeoigt«.* 4
4n ausg. bd. m s. 162. |
Weimar. Bbinholo Köhubx.
HSchveker-Sidler: anz. ▼. WHRoechera HenneB der windgott. 309
4S.
;»
BER1IE5 DES WIKDGOTT. EINE VORARBEIT ZV EINEM HANDBUCH DER
GRIECHISCHEN IffTTHOLOOIB VOM VERGLEICHENDEN STANDFUNKT.
TOR DB. WILHELM HEINRICH RÖSCHER, PROFESSOR AN DER
FORSTEN- UND LANDBS8CHULE ZU ST. AFRA BEI MEISSEN. Leipzig,
druck and verlag von B. G. Teubner. 1878. X n. 133 s. gr. 8.
Diese neae sindie BoacherB reiht sich dessen frühem nicht un-
vQrdig an; sie zeigt uns ein entschiedenes fortschreiten des rftstigen
juigin gelehrten anf dem gebiete mythologischer forschung, grOszere
äieherfaeit in der handhabong der methode, reichere quellenkennt-
Bis. wir haben allen gmnd uns za freuen, dasz der vf. seine schrift
aia eine Vorarbeit zn einem handbnche der gesamten griechisdien
oythologie bezeichnet, dasz er uns damit also eine griechische mjtho-
logM Tom ver^gleichenden Standpunkte verheiszt, welche jedesfalls
ihre tafgabe ungleich glücklicher lOsen wird, als die arische mjtho-
leg» des Englftnders Cox die ihrige gelöst hat. sofort, als einmal
dvch die vergleichimg der sprachen der sog. indogermanischen
Völker deren ursprüngliche einheit, ein indogermanischer sprach-
itimm und menschenstamm , der sich scharf von andern stSmmen
&bl)ob, erkannt war, muste die einfachste logik erschlieszen , dasz
ueh glaube y recht und sitte dieses Stammes ursprünglich auf den-
ttibeii anschauungen beruht haben; es muste die möglichkeit vor-
vugesetzt werden, auch die mythologie der einzelnen indogermani-
Kbai TÜlker vergleichend zu behandeln; es muste schlieszlich die
vergleichende methode auch auf diesem gebiet als die einzige wissen-
KlMlUiehe erscheinen, als die einzige die uns auf das entstehen, also
udi anf dms wesen des mythos führen dürfte, wie die erkenntnis
oner indogennanischen spräche dann besonders durch die verüffent*
lichoBg der einem groszen teile nach ftltesten indogermanischen lit-
terarisdien quelle, des Veda, müchtig gefördert wurde, so gewann
duch sie in ungeahntem grade auch die erkenntnis des indogerma-
täsAok mythoB. jetzt erst trat es recht klar hervor, wie der mythos
sonichst die sprachliche darstellung von der Vorstellung des men-
kImb über die gewaltigen naturerscheinungen sei. wie ausserdem
:c mer reichem entfaltnng der umfassenden historischen sprach-
fmdtuiig der umstand auszerordentlich viel beitmg, dasz der un-
•tohüciia Jacob Qrimm mit schöpferischem geiste und liebendem
i;aae den wunderbar schönen bau der deutschen grammatik auf-
^Bbte, 80 war dessen deutsche mythologie in nicht geringerm masze
^ die vergleichende mythologie förderlich, es ist nicht dieses
ortes im einzelnen auseinanderzusetzen, wie Adalbert Kuhn vom
Veda und heimischer überliefemng und heimischem brauche aus-
g^wnd, Max Müller den Yeda zu grande legend, Schwartz und
Murahardt zunächst auf germanischem boden stehend, den grund
IGT ver^eicbenden oder historischen indogermanischen mythologie
^jtkgt haben, auf welchem sie selbst und auszer ihnen andere in
310 HSchweizer-Sidler: anz. t. WHRoechers HermeB der windgott
gröszeren und kleineren arbeiten, wenn auch auf verschiedenen
wegen, doch von denselben gesichtspunkten ausgehend gearbeitet
haben, wir nennen hier nur Br6al, de Gubematis, vHabi, Vergil
Grohmann, Usener, Förster, Boscher. es kann auch hier nicht unsere
aufgäbe sein die Stellung EOMüllers, Grerhards, Prellers zur verglei-
chenden mythologie und die Stellung aller dieser einerseits zur frü-
hem mythenerklärung, anderseits zu Lehrs nSher zu zeichnen, um
so weniger als Boscher selbst, mit dem wir vollständig überein-
stimmen, in dem Vorworte zu der von uns eben anzuzeigenden schrift
sich darüber klar ausspricht.
Die vergleichende mythologie hat nun aber auch ihre gefahren,
namentlich die gefahr, dasz sie leicht die sondeigestaltung der ein-
zelnen indogermanischen vOlker übersieht und verwischt diese ge-
fahr ist auf dem gebiete der Sprachforschung dank den arbeiten von
GCurtius ua. glücklich überwunden, und auf dem felde der mjriho-
logie gehOrt Curtius' schüler, prof. Boscher, zu demjenigen, welche
vor allem den ganzen kreis der Sondergestaltungen des allgemeinen
indogermanischen vorstellungsschatzes sich zurecht legen, so geht
denn B. zb. in seinem Hermes, in welchem er den gott des winde»
erkennt, zunächst von dem gesamten kreise der hellenischen Vor-
stellungen über wind und winde aus und gewinnt von da aus de&
gottes wesen und mythologie. vorerst werden nur einzelne ver-
gleiche von indischen und deutschen anschauungen eingestreut, und
erst am Schlüsse wird der überbb'ck über die wesentlich gleichen
götter der nächstverwandten Völker hinzugefügt, der vf. erleichtert
dem leser die arbeit durch eine vorausgeschickte sehr eingriiende
Übersicht des inhalts. in den Vorbemerkungen spricht er über die
von ihm befolgte methode, über die quellen aus denen er geschöpft,
die gewonnenen resultate, classificiert und widerlegt in kürze die
entgegenstehenden oder doch nicht ganz gleichen dentnngen de^
Hermes, nicht berücksichtigt ist hier die deutung von Coz, der in
Hermes ebenfaUs den windgott sieht, nicht LM6nard und ChPloix
(m6moires de la soci6t6 de ling. II s. 144 ff.), welche beide in
Hermes zunächst die morgendämmemng, dann auch die abenddäm- 1
merung repräsentiert sehen, nicht de Gubematis i der in seinen
^letture sopra mitologia vedica' freilich nur beiläufig des Henmeia^
gedenkt. Ploix sucht seinerseits diejenigen abzuweisen, welche in
Hermes den windgott sehen; aber Boscher hat die von ihm aui^v-
worfenen fragen: ^pourquoi le vent serait-il le fils de Zeus, le me=>-
sager des Dieux, Tauteur de tant d*inventions? pourquoi aurait-. •
plurieurs t^tes? comment expliquer sa reprösentation par le phaUiu» .'
comment se trouverait-il mdl6 au r^veil ou au sommeil de la natnre r "*
uä. gelöst.
In cap. I A wird zunächst der wind als diener und böte des Zeu>
und der übrigen gOtter aus den wölken oder dem ätherherabftJir&xici
und in gebirgshölen wohnend, dann B Hermes als diener und böte
des Zeus und anderer götter, in der hole eines beiges geboren s^~
flSchweüer-Sidler: anz. v» WHBoscbers Hermes der windgott. 311
daebt, mIia des Uhergottes Zeus und der regenwolkengöttin Maia
Toigtfliliri. am echloez einer lebendigen Zeichnung des götterherolds
ia ffioen renchiedenen functionen beantwortet der vf. die frage, ob
ia ODMlnen derselben sich noch spuren der ursprünglichen natur-
bcdentuig auffinden lassen, gewis mit vollem rechte bejahend, wir
aMiua darin sogar noch weiter gehen zu dürfen, und dasz auch
Boidier ans sehen vor übergroszer kühnheit dem von ihm zurück-
gmmmeuL lationalismus zuweilen nahe gdsommen sei. ob uns nicht
die dantellong der vedischen Marutas, des germanischen Woden
bei dem goldenen stabe an die glänzende blitzruthe , der petasos an
die welkenhfllle, die Stentorstimme an die vom winde dfüiingejagte
donerwolke denken lasse? der vf. kommt teilweise s. 113 selbst
uf eine fthnllcbe auffassung zurück, s. 29 vermutet B. dasz zu der
Toniellnng des Hermes als eines idealen tjpus des redners usw.
der anedmck £p)yii)veueiv , den man allgemein von *€p^f)c ableitete,
beigetragen habe; er selbst stellt diesen ansprechend unmittelbar
BÜ lat sermanari zusammen. Böckh wollte bekanntlich in seinen
vorlesongen über encjclopädie ^)yii)V€U€iv nicht von '€pfi{)c ableiten,
aber beide würter auf dieselbe wurzel zurückführen, und sprach von
den innem zusammenhange derselben sehr tie&innig. es ist aber
dai jedenfalls nicht anzuzweifeln, dasz '6pfif)c von wz. sar *in be-
wegaag sein' ausgeht, und sollte in der that ip^iivcuetv mit sermo-
um tnsammenhttngen, dann diesem vielmehr die wz. svar zu gründe
liege, man wird, vergleicht man die reflexe von sva in den classischen
«pnchen, nicht einwenden, das hindere an der- herleitung des Wor-
tes sema Ton svar^ weil dieses im lateinischen als sur^ im oskischen
TieQeiekt noch wlasver erscheine. Ploix ao. s. 150 zweifelt noch nicht
ia tiner muniüelbaren herleitung des wertes dpMHVCueiv aus 'Cp^i^c,
'wleuehten' vom erleuchter, dem gotte des anbrechenden lichtes.
So werden nun weiter, wie wir oben andeuteten, immer zu-
ifichsi die hellenischen anschauungen von den winden voigenom-
MB onter A, unter B wird damit das wesen des gottes in der bez.
nchtoag verglichen, so in cap. II A: die winde beflügelt, schnell und
biftvoU gedacht, B: Hermes beflügelt, schnell, gewandt und kraft-
▼oU gedacht. Hermes als gott der gymnastik und agonistik usw.
is diesem cap. kommt B. notwendig darauf, über den namen des
Hermes zu sprechen, den er vorlftufig schon im Vorworte behandelt
batte, als er Kuhns ansieht, dasz 'Cp^ciac, '€pfiflc nicht nur in den
Isattt, soadem ursprünglich auch im wesen mit dem indischen Sära-
«qfof übereinstimme, zu widerlegen unternahm, er kommt s. 99 f. auf
den namen zurück, er leitet ihn mit Kuhn ua. von der wz. sar 'gehen,
«den*, er scheint ihn sogar formell — denn darauf tritt er nicht ge-
ein — mit dem indischen Sdram^iu zu identificieren. zuletzt
Wissens hat ThBenfej diese frage in seinem *Hermes, llinos,
Tanteloe' (aUi. der k. ges. der wies, in Göttingen von 1877) sehr ein-
Uszüch untersucht und ist zu dem resultate gekommen, dasz Kuhn
tnHz des nicht ganz unberechtigten anstoszes, welchen er bei
312 HSchweizer-Sidler: anz. v. WHRoBchers Hermes der wiDdgott.
HDMüIler erregte, in jeder beziehnng das richtige gefunden habe,
sind Säramiyas und *€p)ui€iac formell durchaus identisch, dann
wird es schwierig sein sie ideell ganz auseinander zu reiszen; diese
ideelle gleichheit ist aber hinter den beiderseitigen mjthengestal-
tungen zu suchen.
In cap. m s. 42 tritt Hermes als rinderdieb auf. wir sind
mit dem yf. einig, wenn er sagt: Venn nun die wölken tob der
mjthenbildenden phantasie des Volkes zu einer zeit, wo Tiehherden
das hauptsächlichste besitztum bildeten und folglich yiehdiebBtfthle
auszerordentlich häufig waren' usw. , dh. auch wir mOchten nicht an-
nehmen , dasz der mjthos von den indischen gävas (von ^«Sttf , knh
usw.) ursprünglich ein etymologischer gewesen sei, die wölken ab
die ^dahingehenden' von einer nebenwurzel zu gam benannt worden
seien, das thier wird seinen namen vom brüllen (ßu) haben, wie
väcrä^ kuh, vacca von vag 'brüllen', wir können uns nicht zn der
ansieht eines hervorragenden forschers bekennen, dasz die sog. wur-
zeln erst von einfachen nomina, bezeichnungen conoreter wesen aus-
gegangen seien, das brüllen erst von dem namen des brüllenden
thieres abgezogen sei. beiläufig, in der nachweisung dasz die wölken
in der indogermanischen mythologie oft genug als ktthe vorgestellt
werden, berührt B. s. 44 den mythos von Geryonens. bei der
deutung hat der vf. unsers bedünkens dem namen dieses riesen[allzQ
wenig beachtung geschenkt, ansprechend ist (s. 46) die erkläning
davon, dasz Hermes am vierten monatstage den rinderraub begieng«
am tage seiner gebuft.
In cap. IV A erscheint der wind als göttlicher sänger und mnsi*
ker, 6 Hermes als erfinder der syrinx usw. wenn der vf. in Herm^
zunächst den gewaltigen pfeifer, erst in späterer entwiokelung in
ihm den erfinder der leier sieht, so dürfte er darin wol recht haben,
immerhin ist kunstreicher gesang und kunstreiches spiel nachweis-
bar recht früh den windd&nonen beigelegt, wol einer der inter-
essantesten und in mehrfacher beziehnng interessanten abschnitte
unserer schrift — so kommen darin die wechselnden voretellmigen
der alten von dem aufenthalt der seelen nach dem tode zur spräche
— ist der des fünften cap. A: winde als seelenträger und traum-
bringer; B: Hermes als seelenführer, schlaf- und traumgott. der Tf.
versucht auch unsers Wissens neue etymologien — denn es sind
deren zwei angeführt — von 6yap und dvcipoc, welche uns die
griechische anschauung vom träum einbringen sollen; diese versucfae
sind aber rein hypothetisch, so mag auch die indogermanische wz.
siMp 'schlafen' schlieszlich mit ahd. 9u€p Hüft' zusammenhangen,
es hätte der vf. nur mit einem worte andeuten sollen , wie das p
dieses letztem die Zusammenstellung nicht hindere.
Wie die winde und Hermes fruditbarkeit der pflanzen und thiere
und gesnndheit fördern, ist im folgenden cap. (VI) dargestellt nnd
durch eine fülle von stcdlen nachgewiesen, wir möchten fragen, ob
nicht auch hier wieder oft noch ältere anschauungen durchschim-
flSchweizer-Sidler: ans. t. WHRoschers Hermes der windgott. 313
m«ni, ob, wenn Hermes auf einem bocke sitzend oder ihn tragend
oder mit widdem fahrend dargestellt wird, das nicht zuletzt auf den
birtoi in der Ittft nnd am himmel hinweist, auf den treiber des ge-
*^ito» — Nachdem in cap. VII wind nnd gott als glflckbringer, in
cap. Ym als bef^rderer des Verkehrs nachgewiesen sind, behandelt
cap. IX sonstige beziehnngen des Hermes zum winde, und zonftchst
koBmen hier des Hermee uralte beinamen *ApT€i9ÖVTT]C und biäx-
Topoc, dann der name '€p^elac selbst ausführlich zur erOrterung.
nichdem der yf. die über 'ApT€Up6vTnc aufgestellten ansichten ge-
prilft hat^ begründet er nfther die von ihm angenommene und spe-
vialiöerte, dasz 'ApTeiq>6vTT)C für 'ApT€tq>ävTiic stehe und den hdl-
Bseher (des wefeters) im gleichen sinne wie äptecrfic bezeichne, als
eriwQer im tiefem und weniger tiefen sinne hatten den 'ApTCupöv-
TT)€ lehcn unter den alten einige gefaszt, so faszte ihn unter den
nraeran femer auch Ploix in der oben erwähnten abhandlung. die-
ser erkürt denn aber nach seiner auffassung den Hermes «*ApT€t-
9oyn)C pour äpTCt<pdvTr)C, äpT€tq)ävr)C, de optoc ou äpTcToc et de
Ttttvui, eelui qni 6claire d'une lumiöre blanche, cette explication a
<ia reste ^ donn^e par les anciens: äpT€tq)6vTr]C pour äpT€t(pdvTT]C
mrö Tou ipTuic trdvTa q>aiv€iv xal caq)iivi2l€iv (Phomutus) et eile
> ^ Mcept^ par quelques mjthographes modernes, cette 6pithdte
ce pect convenir 4 la nuit, mais bien & un Dien de la lumiöre, et eile
est pszfoia donn6e & Apollon.» in aUemeuester zeit aber hat HJor-
itt (nur geedi. der lat spr. s. 48) wieder seine allerdings nur auf
uali^giebiidiuigen beruhenden zweifei geäuszert: 'wir müssen also
MüXcpoipäVTiic ab die originalform (fllr altlat. MderpcuUa) betrach-
*cn, dem das von den alten bezeugte 'ApT€i<p<ivTiic zur seite steht.
&QeiB damit ist nicht gesagt, dasz dieses altgriechisohe -qNivTT)c, wie
Tca fielen angenommen wird, von qpaivui abgeleitet sei; vielmehr
Kam ich mich nicht davon überzeugen, dasz beides von dvbp€iq>öv-
T^ ciBeneitBy von TTepc€q>övT| anderseits getrennt werden müsse.'
deo beinamen bidicTOpoc erklSrt Boscher als *jttger' und leitet das
vQtt laii Bnttmann von biilbKU) her. lautlich ist das hier allerdings
akkt begründet; bei OCurtius ist eine diesfUlige erUftrung ange-
<icQtit ist die firühere wurzelgeataltung ein&ches d^ä^ so wäre aus
bitter mit ursprünglicher stammbildung dyä-k entstanden, auf die
ticr lieh findende behandlung und deutung des namens '6pfi€tac
^a^ ich oben zom voraus hingewiesen, nicht unwahrscheinlich ist
im was dann der vf. über die beziehung des vierten monatstages,
^ hahnet, de« opfere von Ubnmem oder bOckchen, endlieh der
Anri^i iMluude zum Hermes vorbringt
fan achluazcap. (X) wird über die dem Hermes vergleichbaren
^tl9 verwandter vOlker gesprochen, zu diesen gehurt vor allen
^ destedie Woden^ WitaUm^ welcher durch die prttchtigen sam*
^^gen und die lebensvolle forscfaung der deutschen mythologen in
i^aer gesamten wesenhaftigkeit ins klarste licht getreten ist. wir
für Wöden und zugleich für den gallischen Teuiates auch
314 WSchwartz: Zeiia und Kronos als wolkenvenchlinger.
hier auf die andeutongen Mttllenbofis in zs. ftb: dentsches altertum
n. f. XI 8. 8 aufmerksam, dass die vorstellang Yon Wodm als dem
gotte der erfindong und der geistigen gewandtheit und flberl^en-
heit überhaupt — man vergleiche wie Caesar &. G. VI 17 den galli-
schen Mercnrius schildert — unter dem einflusz und der ersten ein-
Wirkung der von Süden und westen herandringenden cultnr, not-
wendig also bei den rheinischen oder istvftischen, nicht suebiachen
Völkern zuerst ausgebildet ward, es folgen dann der vedische Vdyu
und die MaruiaSy bei deren etwas kurzer darstellung wir die heism-
gäbe und fast zu ausftlhrliche erklftrung der vedischen Maruthjmoen
von Max Müller nicht berücksichtigt finden, viel fraglicher und,
wie der vf. selbst es ausspricht, viel weniger klar sind die beiiehan-
gen und verwandtschaftsverhftltnisse des italischen Jamu zu HenDes.
inunerhin sind die von B« beigebrachten analogien recht beachtens*
wert.
Zürich. Hsikrioh SoHWEizBs*Su>Lsa.
47.
ZEUS UND KBONOS ALS WOLKENVEBSCHLINGEB.
Kai (Mfjnv) Ycvofi^v Itkuov xoTatrivct
96dcac (Zcik). Apollod. I S, 6. icai (Kpövoc)
Kar^iTivc T& TCvvUifACva, Kai irpiimw fi^
Tevvfieckav 'Ccriav Kar^iricv. ebd. 11, 5.
Es ist höchst interessant, wenn man mühevoll durch zusammen-
Stellung von reihen analoger mythischer bilder bei den claasischen
Völkern bis zur ursprünglichen, productiven naturansehaunng der
urzeit vorgedrungen ist und dann plötzlich in den sagen anderer
Völker eine entsprechende, ein&ch noch an die natur sich unmittel-
bar anschlieszende rohe Vorstellung fthnlicher art fortlebend findet
ich habe schon öfter auf solche erscheinnngen hinzuweisen gelegenheit
gehabt, bin aber kürzlich auf ein nenee, für die griechische mjtho-
logie in dieser hinsieht höchst bedeutsames moment der art ge-
stossen. bekanntlich wüsten die neueren mjthologen, wie das alter-
tum selbst, nichts rechtes damit anzufangen, wenn es heiast, Zeus
habe die Metis verschlungen (Karamvei), ähnlich wie er die
Semele in sich aufnimt, oder Kronos in entsprechender weise
seine kinder wieder verschlingt, indem man nach der gewöhn*
liehen, vom altertum überkommenen und noch immer zum grosztfn
teil geltenden methode (oder methodelosigkeit vom wissenschaft-
lichen standpunct aus gesprochen) für jeden einzelnen fiall eine
besondere, individuelle deutung suchte, übersah man dass 6ine
gemeinsame anschauung zu gründe liege, die nur eben in der
Weiterentwicklung der betreffenden mjthen verschieden angewand:
WSchwartz: Zeus und Kronos als wolkenverschlinger. 315
woideOf nemlich *ein zeitweises verschlingen himmlischer gebar-
tet, die dann später wieder in anderer weise ans tageslicht kamen',
fflu flbersah ferner, dasz eine gewisse neigong znm schlingen
ottttr der rohen form directer gefräszigkeit auch sonst gexBde-
n diankteriatisch an verschiedenen mythischen wesen hafte,
lUB hier also einen fingerzeig habe, der zum Verständnis des nr-
tpraigi jener anaehannng fdfaaren könne, wenn die vergleichende
mythologie nun zeigte, dasz bei den Dentschen der wind als ge-
frlizig galt, so erinnerte das an die Charakteristik der winde bei
Homer, die immer schlingen, schlemmen und zechen; wenn
Thor ÜA in dieser kunst hervorthat, so gemahnte dies an den ahn*
lieken Charakter des Herakles wie der Kentauren und Lapi-
tkoa', ja sdiliesslich tauchte die sache in einem uralten beinamen
ulbst noch besonders bei Zeus auf, wenn er Laphystios genannt
wurde.* so mehrten sich die analogen perspectiven in höchst be-
dotttsamer weiee.
In den * poetischen naturanschauungen' I s. 137 £ gieng ich
noi etwas näher auf das betreffende naturelement ein, indem ich
m die nodi jetzt bei uns wie bei den claseischen Völkern geltenden
•Bidrocksweisen anknttpfte, dasz man bei gewissen erscheinnngen
Toa der sonne wie vom regenbogen sage, sie ziehe resp. trinke
wuMT, dh. mythisch ausgedrückt, sie erscheine als ^durstig' und
'wisier scUflrfend'i ebenso wie der stürm als 'gefräszig*. indem
idi darauf animerksam machte, dasz die hier nur angedeuteten vor-
iteDuBgen sich reichhaltig in den gewitterscenerien entwickelt und
tief verschiedene mythisdie niederschlage gefunden haben dürften,
es aber oft schwer sei sonne und stürm bei klarlegung derselben
Mueinanderznhalten, fuhr ich fort: *im ganzen aber knüpfte sich,
gUabe ich« ursprünglich mehr das trinken an die sonne, das ge-
friszige an den stürm, schien doch die glühende sonne immer
durstig, der den wölken nachjagende wind immer mehr ge-
frlszig, wenn man einmal von dieser anschauung ausgieng, nicht
ibm etwa liebesverlangen nach den wölken, als weibliche wesen ge-
fMst, zuschrieb, so möchten auf den in das gewitter einrückenden
ftoanengott auch mehr die sagen von dem könig oder beiden mit
Mmem durstenden beer zu beziehen sein, wo dann der huf-
Kchlag aeinee pferdes im blitz die regenquelle weckt, wäh-
' bei Herakles tritt übrigens nicht bloss der sag der gefr&ssigkeit
a der sage mit Lepreas hervor, eondern er stellt sich auch in ge-
vteMB sinne sn Kronos, wenn er seine k in der tötet. ' neuere
■ytheleyen haben eine andere 'tiefsinnige* deutang, wie man es ge-
»ohaficC nennt, für Zeos Laphjstios gefanden; Battmann (Hythol. II
^taO) hat aber gewis reeht, wenn er sagt: Mas wort kwpiöcc&y, wovon
itaer beiname des gottes kommt, heiszt fressen, was an den kinder-
fressenden Kronos und den mit diesem stets ffir einerlei gehaltenen
Kele^ audinet.* wenn freilich Bottmann dann weiter an mensehen-
Opfer dabei denkt, so ist das wieder bloss ein reflex der mythologischen
*a«cbten seiner seit.
316 WSchwariz: Zeus und EronoB als wölken veTschlinger.
rend das fressen von selten des Herakles wie des Thor das ge-
wittersturmwesen bezeichnen würde, neben Thor tritt dann
Loki in dem bekannten mythus beim XJtgardloki, wo sein wett-
fressen mit Logi sich ganz zu dem des Herakles mit Lepreas stellt,
und speciell dann noch an die Vorstellung eines wettkampfes Ober-
haupt im gewitter, wie es so oft gefaszt erscheint, sich anlehnend in
diesem sinne sich weiter entwickelt hat' (Ursprung d. myth. s. 186)'
Indem ich femer daran erinnerte, daaz die geburt der AÜiene
aus dem haupte des Zeus auf die einzelne gewitterwolke gebe,
die Lucretius als das haupt eines giganten, der deutsche volksaos-
druck noch als gewitterkopf in nachklingender ähnlicher an-
schauung bezeichne^, gewann ich weiter fttr den erwfthnten mjtbos
mit Metis auch den hinweis auf die scenerie des gewltterhim-
mels mit dem aufbauchen und verschwinden von wölken dort
oben bis zu der zuletzt einmal unter blitz und donner stattfinden-
den explosion. *so hatte' fuhr ich fort *Zeus die von Brontes
schwangere Metis, dh. die dicke (ßramda) gewitterwolke
(weil sie wieder verschwunden) verschlungen (iccrr^mev) und
dann aus seinem haupt (in einer andern) die Athene geboren ((Ur-
sprung s. 86) oder nahm das kind der donnerbraut (Pindar)
Semele in sich auf (s. 123), wie Kronos seine kinder verschlang*
usw. für diese damals suppeditierte Vorstellung des verschlin-
gens der wölken bieten nun die walachischen sagen einen kleinen,
aber hOchst charakteristischen mythenkreis, in welchem nur der
oder die christlichen teufel, wie vielfach, an die stelle der alten
gewitterwesen getreten sind, ich gebe die sagen nach FMfillers
siebenbürgischen sagen (Kronstadt 1857) s. 166, wo er von den
sog. wolkenhaschern berichtet, die erste sage lautet:
Eb hatte einmal sieben jähr lang nicht geregnet, alle waeter im ge-
birge trockneten ans, und teafel, die damals in diesen gegenden hantteo,
kamen fast um vor dnret. da kamen sie ans der hole, in weleher
sie wohnten, heraus und sprangen in die höhe, um sich wölken
zu haschen, die sie verschlackten, darüber wurde gott somig,
so dasz er sie mit blitzen erschlag bis anf ^inen, der mit serschU-
genem fusce davon kam and nan hinkt, doch kann er noch fo
schnell gehen, dasa er einmal, als das fleisch im topfe schon gekocht
war, nach Klansenbarg gieng and pfeffer in die snppe brachte, ehe
noch die nadeln anch gar waren.
Die zweite sage lautet:
Einst soll sieben jähre lang kein regen vom himmel gefallen sein,
die Ismeas, nach wasser lechcend, schnappten nach den wol-
* einen nachklang dieses mythos noch in der heatigen sage fände a
Kahn and ich beim sagensammeln in der nckermärkischen tradition von
dem mythisch gewordenen markgraf Hans, wenn er mit den baaernam
die wette 'fische' isat. nar ist dabei statt des sohl Inge ns das zauber-
hafte wiederbeleben des verzehrten — auch ein alter mythischer
zog — mehr in den Vordergrund getreten. * s. meinen aufsata über
'naturanschanongen des Qaintas Smymaeas und Laoretias' im jahrg. 1874
dieser Zeitschrift s. 863—874.
WSchwartz: Zeat und Kronos als wolkenverschliBger. 317
kea and sehlGrften sie statt wasser. darob erzürnte eott und
bcscUott sie xa Ternichten. auf einer höhe anweit von der Belenyn*
ttktn hole und dem Ränberttein (piatra tatatmlui) war der tanzplatz
der SmtoSj wo noch jetzt kein gras wichst. Yon hier fahren sie in
fliasenden kutschen, deren geleise noch sichtbar sind, den steilen
b«rf gegen ihre hSle hinnnter. einmal nach jenem wölken haschen
taasten sie wieder auf dem berge, sie hatten nicht bemerkt, wie die
wölken ftber ihrem hanpte sich immer mehr zusammendrängten, schon
waren sie so dicht, dass die Smeus sie nicht mehr hinunterschlucken
kosaten, da erkannten sie ihr yerderben. in 'namenloser Verwirrung
•tSnten sie jetzt alle den berg hlnanter ihrer hole zn. aber der donner-
keil ereilte sie und erschlag sie samt und sonders, teils am eingang der
köle teils in dieser drinnen, nur ein einziger kam mit hinkendem
fasse davon, der wohnt jetzt in der kleinen hole Kuptor am abhang
der Wladiasse; die in der Belenynschen hole liegenden knochen sind
Iberreste der 8meus.
Die Sache, denke ich, spricht für sich selbst, die tanzenden,
US den holen hervorkommenden» die wölken in ihrem durst
rerschlingenden Ismens sind die windgeister, wie der 6ine
hinkende spedell der dem blitz nachhinkende donner oder in
christlicher gestaltong der hauptge witterten fei ist im ge-
vitter selbst findet ihre Verfolgung statt, wie in demselben nach
weit verbreiteter Vorstellung bei den europäischen vOlkem des
aittelalterB gott in demselben den oder die teufel verfolgt,
weon also in dieser hinsieht die erwähnten sagen eine menge ana-
iogien haben, so tritt doch nirgends, so viel ich weisz, das ver-
ichlingen der wölken so charakteristisch mythisch hervor, es
ohirtet aber schlagend die anschauung, auf die mich in anderer
VOSS die Untersuchung hindrängte, als ich den ersten teil der 'poeti-
tcben natnranschauungen' usw. 1864 schrieb.
und dasz solche anschauungen nie ganz verschwinden, sondern
gelegentlich sogar einmal auf wissenschaftlichem gebiet im ausdruck
wieder auftauchen, davon legt eine stelle aus dem 'Ausland' (1878
1. 750) Zeugnis ab, welche mich neben den walachischen sagen noch
besonders znr Zusammenstellung dieser miscelle veranlaszt hat.
^rt beiszt es: *die wSrmestralen , welche durch den voUmond der
erde sogefUhrt werden und durch welche Hersche> dessen renonmi6e
akwolkenfresser erklären will , sind sehr schwach.' hier haben
wir also denselben ausdruck, nur auf den mond übertragen, den wir
ia den alten mythen dem sturmesgott resp. den sturmesriesen vin-
äidert haben, das allgemein menschliche wiederholt sich eben ge-
kgenthch in anderen formen auf den hohen der bildung und wissen-
iehafti wie es sich in den anfangen menschlichen denkens in der ur-
kH aar eben unendlich unvollkommener und roher geltend machte.
^ witeenschaft aufgäbe ist es den rothen finden zu finden, der die
jiiirtiiisende verbindet.
PosBv. Wilhelm Sohwartz.
318 WBrandeB: zu AaBOnias.
48.
ZU AÜ80NIUS.
praef. n 9 — 12 hinc lote fusa est cognatio^ nomina fnuUis
ex nostra^ut piacUum^ duda domo veniaiU
derivata äUis. nohis ab stemmate pnmo
et non cognati , sed genetiva joiaceni.
die häufong der beiden fast gleichbedeutenden participia duäa imd
derivata bei dem neben ftisa est mindestens auffftlligen conjunctiT
vemant^ sowie die Unmöglichkeit v. 11 und 12 auch nur notdürftig
zu construieren lassen auf eine Verderbnis schlieszen. ohne frage
gehört zun&chst derivata oJtis, wie der unmittelbar folgende gegen-
satz nohis . . genetiva beweist, nicht zum ersten, sondern zum zwei-
ten satze. danach ist unbedenklich die erste sentenz mit veniunt
zu schlieszen; zur herstellung der zweiten genttgt die unbedeutende
ftnderung cognatis haeCy wodurch et non cognatis parallel mit ab
stemmate primo als attribut zu nohis tritt. fUr die attributive Ver-
bindung solcher prSpositionalausdrttcke mit einem nomen vgl. y. 6
genetrix ah Aquis und ed. 1 18 vivaque ah origine vivum.
epigr. 11^ 1 f. deformem quidam te dicunty Ori^pa: at ego istud
nescio. mi pülchra es. ittdice me satis est.
statt der abgerissenen schluszs&tze, worin überdies iudice me beim
zweiten übei^üssig, beim ersten durch mi nur ungenügend vertreten
ist , schlage ich vor si putchra es iudice me^ satis est.
par. 20, 1 f. nee tatä matris spes tinica ephoehe talis (»e Tälist)
consohrine meis inmemoratus eris.
so die Überlieferung des Yossianus. die richtige erkenntnis, dasi
die ergänzung eines Substantivs zu meis ohne jede weitere andentong
ihr bedenkli^es hat, bewog Toll matris v. 1 in metris zu ftndern.
diese correctur, von den spftteren hgg. aufgenommen, ist jedoch ent-
schieden falsch , weil damit spes unica allen halt verliert. Ausonius
schrieb vielmehr consohrine m e us. nominativformen neben vocatiTen
sind bei ihm nicht selten (vgl.i>ar. 10, 2primus nate. ed. 8, 1 norus
anfie), und speciell meus ist bekanntermaszen seit der besten zeit
neben mi namentlich dann gebraucht, wenn wie hier die anrede
begründende kraft hat: Ma du mein vetter bist' (vgl. Reisig lat
sprachw. § 130). wegen der dehnung der endsilbe us an dieser stelle
des verses vgL ^ngr. 24, 6. par. 9, 14. prof. 20, 6. — Die haupt-
Schwierigkeit der stelle liegt aber v. 1 in der auflösung von tatä.
Toll verwirft mit recht die vulgata seiner zeit tantum^ weil dann
noch eine negation im satze fehlen würde, sein eigner Vorschlag
iam tu ist aber meiner ansieht nach auch nur ein notbehelf , an
dessen stelle ich ^an^ae als das ursprüngliche setzen möchte, man
hat bisher den Lucanus Talisius in Ausonius Stammbaum nicht recht
unterzubringen gewust, da die Überschrift, die uns sichere auakunft
geben würde, verzweifelt corrumpiert ist. so erscheint er denn zb.
WBrandes: zu Auftonias. 319
in BOekings Stammtafel (Moselgedieht des Ausonius s. 60) an zwei
Btdlai, einmal als söhn der Julia Veneria (par. 27) , einer tante des
dielitaB, dann als Schwager desselben, was schon Scaiiger (Auson.
\kL 1 15) Termntet hat. eine dritte endgültige steUe wttrde ihm
^ tafitthme von iantae anweisen, nemlich die als söhn der par, 19
gcfnoien Namia Pudentilla, einer schwBgerin des Ausonius, und
deijNT. 18 besungenen Flavins Sanctus. entspricht diese anord-
Buig schon im allgemeinen dem princip des dichtere die engeren
fiuBÜienkreise möglichst msammenzusteUen (vgl. 15 — 17. 28. 24),
so tritt noch ttberzeugender dafnr die auffallende Übereinstimmung
der drei in frage kommenden gedieh te ein: die mutter wird c. 19
als eise bedeotende, ihren gatten weit übersehende frau geschildert;
Mf dies begeisterte lob durfte Ausonius in c. 20 mit tcmtae zurück-
vBiien; sie starb früh laäa superstite nato (woran die werte matris
tpa mtka wieder erinnern) atqite viro^ und wir finden c. 20 beim
iode des Taliaina den vater allein yon den eitern noch am leben, so
fcbeint durch iantae durchaus der rechte Zusammenhang der familie
bergesteOt.
Was in der Überschrift ourä pilii verborgen liegt, bleibt frei-
lieh Bodi ein rSthael; vielleicht eorum filius?
par, 28, 1—3 parva diam fuU IdaUa.
nomine praeäUa quae PapMae^
et speeiem meruü Veneria.
T. 3 ist durch dittographie des m verdorben, nicht die Schönheit der
^eoos verdiente Idalia, sondern den namen der göttin wegen ihrer
Ktoaheit. alao sdireibe man specie.
pnff. 19, 1 f. rdUgio est^ foct^ifm si fe, Sedate^ rdinquam^
quamvis doeendi mun/us ind^rie es faris.
ntt Beafiger hat v. 2 es des verses halber eingeschoben; doch lAszt
lieh die unmittelbare Verbindung eines vocativs mit dem verbum
wk bn Ausonius nicht nachweisen. Vinets indeptus würde man
uf den dichter beziehen müssen, so bleibt wol kaum etwas anderes
^brig als indeptum mit anlehnung an (e v. 1 zu schreiben.
ed. I VEHSUS PA80ALB8 PROOODICTI.
weder die Termutnng des Eabricius aproconsute didi^ noch die vor-
»hüge von Scaliger Prodo (»■ ProeM) und Souchaj Prdbo können
ftU endgültige heorstellungen der offenbar verderbten Überschrift an-
mehen werden, die conjectur des erstem an ed, Vlll tu. geknüpft
•st Khon darom unmöglich, weil der dichter nie proconsul gewesen
at; ebenso wenig aber ist an eine dedication zu denken, da das ge-
liebt als gebet sich durchaus nicht dazu eignet, auch die form der
vidiBBBg eine geradezu unerhörte wftre. auszerdem müste man dann
;edcBCüla nc9 und noeter im gedieht auf den dichter und den adres-
*ita berieben, und da ist es unglaublich dasz Ausonius, der zur
seit (vor Valentinians I tode: vgl. v. 25 f.) entweder noch erzieher
^/latuaa oder wieder professor in Burdegala war, sich einem belie-
bigen kaiaerliehen beamten, zumal dem mftchtigen praef. praet. Pro-
320 WBrandea: zu Ausonios.
bu8 (vgl. ^nst. 16), so eng verbanden und gleichberechtigt zur seile
stellen konnte, wie er dies v. 3 — 5 thun würde, dasz nas und nostn
wirklich plural ist, glaube auch ich annehmen zu müssen, da Anso-
nius in seinen übrigen gebeten {epheim. or, und ed, VIII) durchweg
ego und mem gebraucht; aber dieser plural scheint mir vielmehr au!
ein paar dem kaiser gegenüber in ganz gleicher Stellung befindliche,
ihm persönlich verpflichtete personen hinzuweisen, demgemftsz sehe
ich in PROOO eine Verderbnis von pro coss, und verstehe i>ro amsuh-
bus dicti als *im namen, im sinne der consuln gesprochen', so das:
das gebet von Ausonius sei es officiell, sei es privatim für die beiden
consuln irgend eines Jahres während seines aufenthalts am kaiser-
lichen hofe verfaszt w&re.
ed. YIL praef. U 5—8
BisstUa in hoc schedio cantabUttr, a%U Er(»inus.
admoneOf ante bihcLS.
ieiunis nü scribo. meum post pocula si guis
legerit^ hie sapiet.
wie Scaliger die Überlieferung Bissula caniäbüur aui Erasinus durch
die erläuterung aufrecht erhalten wiU, Erasinus sei vermutlich ein
YcXwTOTroiöc gewesen und 'Ausonius nihil nisi ridera hie poUicetur,
nihil quod alienum sit ab arte Erasini', ist mir unfaszbar. weder
steht Bissula mit einem 'parasitus ridiculus' auf 6iner stufe ftir dec
dichter, noch ist demselben eine so verschrobene ankündignng eine^
einfachen thema zuzutrauen, nicht viel besser ist Pulmaains haud
Erasinus y wodurch diese r&thselhafte persönlichkeit zur abwech:»-
lung gerade den entgegengesetzten Charakter erhält wie bei Sca-
liger, die spätem hgg., auch Toll, haben die verzweifelte stelle ein-
fiach auf sich beruhen lassen und Scaligers note ausgeschrieben, icl
glaube ohne bedenken den namen des Cratinusan den platz dc:
Erasinus setzen zu dürfen : denn die folgenden verse sind nichts an-
deres als eine Weiterbildung von Hör. epist. 1 19, 1 £F. : prisco si crf-
diSy Maecenas dode^ Cratino^ \ nvMa placere diu nee tnvere carmifui
possunt^ I quae scribuntur aquae potoribus^ einer sentenz die ihrer-
seits wieder auf das in einem epigramm bei Athenaios erhaltene
fragment desEratinos zurückgeht: öbuip tk ttCvuiv oub^v &v t6coic
cöq>ov (Meineke com. gr. 11 s. 119). danach glaube ich v. 5 und »>
80 lesen zu müssen :
Bissula in hoc schedio canta^ur^ utque Cratinus
admoneo^ ante bibas.
auffallend ist es nur, dasz Ausonius das Horazische quae scribuntur
aquae potoribus Won wassertrinkem' absichtlich oder unabsichtlich
in ieiunis nü scribo *f ür nüchterne' verwandelt hat. man käme der
ursprünglichen fassung des gedankens näher, wenn man itiunus
schriebe ; doch scheint dies durch die vorangehenden wie durch dit:
nachfolgenden werte verboten.
Bbaumschweig. Wilhelm Bsanobs.
OSchneider: emendationes Ariatophaneae. 321
49.
flffiNDATIONÜM ARI8T0PHANEABÜM DECAS NONA
ET DECIMA.
(iL analM 1876 p. 83-4«. 1877 p. 280—813. 1878 p. 97—119. 667—686.)
LXXXI, Vesparom 317 sqq.
q>iXot, T^o^at p^v
väkax btd Tf)c öirf)c
ÖMi&v önuKOiiuiv.
dXX'oörapoIöcT'eT'eV
$5€iv, Ti iTOi/jcui;
PUIodeQDia hoc Carmen est qni a filio domi yi retentaa non potest,
Qt eqnt, ire index in indicinm qno inTitatus est chori cannine. in
ku Düidorfiiu com reliqnia editoribns manifaetiasimum vitinm reli-
qmiae müd Tidetor. qno modo enim Philodeon chori canta ad
mdida inTittttna dixerit: fion poeamm eanere^ cnm qnivis exspectet
potins dictomm enm fniaae: mm hed mihi vdkunMi vestroe obtem^
perare — ? «t qnod magis eiiam mimm eet (nisi forte hoc alicni in-
prunia lepidnm et plane comicom yideator), dum canere ae poaae
Mgat, cBiiii tamen Carmen elegana. nam qaod Hermannua olim in
EleoL doetr. metr. p. 746 aibi peranadt« aenem cum inciperet canere
ine acgritadine nnmeria modiaque exddiaae, qnod ipae verbia illis
cgBifieaTit (ptan q>iXot TiiKG^at et äpuiv äira- eaae pedeatria oratio-
ni), boo poetea tadte reiecit in diapntatione de choro Veapamm
p. 10, Tnlgvtsm 4ö€iv tenona tamen, qnod iam olim Daveaiua in
beiv mntandnm patabat asaentatoreB nactua Poraonnm, Borgeainm,
BotUnm, HotÜbina autem in db?|V Tt yoifjcai tranaformabat, poa-
tem ■opcrrime OUbbeckiaa muaei Bhen. XXXII (1877) p. 625 in
^nciv, qnod oerte debebat eaae iEc^rrctv, ut eat Plnti 733. Ban. 567.
9Bi qai genninom habebant i^iy neceaee eat eadem interpretandi
atioae naos eaee qua nütor Sicfatema expUcaoa: ^tv ^eB* ö^uiv,
ia qaa interpretatione omiaaom a aene eaae apparet hoc, qaod nt ab
ipao Fkilocleone adderetur ai quid aliud maxime neceaaarinm fuit.
*ui aotooi negamua genuinum eaae ^€iv, non placent tamen con*
Jtdnm »DaTeeio, Bottibio, Bibbedüo prolatae, aed probabiliore
ntioK aneeom looo poaae patamua. quidni enim praeatet corrigere
abciv« qno id ipanm aignificatur qnod orationia perpetuitate
«Oagitati anpra diximna: oWevtperofuio placere (ac äyiiv, qnod ex
pivxime aateeedenti ö|Aurv auditorum cuique fädle auccnrrebat),
ivea ad modnm eat in Theognideia 26 oub4 tdp 6 Zcuc | oSO' ikuv
timcc* Avbdvct oöt' dv^x*^ (allen macht er'a nicht recht) et apnd
Herodctsm Y 39 noi^uv taOra CirofmArqct db^ceic. aimul poat
tt^dv gratior interponctio pon«nda erat : cf. Theam. 635. Pluti 1197.
fr T^c^ Y (p. 1160). Menandri fr. Bnn. I (toL IY p. 123).
Hiae tdä»imnr ad earminia initium, in qno praemiaana Phere-
llrdMi.pUloi. lai» Iift5a.6. St
322 OScbneider: ^mendationea AriitopfaaAeae.
crateis hie versus q)(Xoi, TfJKO^ot |i^v, cuioscainqTie metri est, ali-
quid ofiensioiiia habet nee ee defenditor, quod item eidem jnetro
praemissum est aliud metrum, sed illud paulo longius, in Ban. 44B
sq. et Ecel. 285 sq. defendunt tarnen Dindorfius in ediiione a. 1830
et Christius de re metr. p. 890. at HemMomus de Aifisi. Tespis
p. 10 metrum illud hie non i^tum esse iudicat corrigens q>(Xoiy
KaTaTrJKOMQi et ^^v delens. utrumque verum puto nee religioni mihi
est illud \xiy plane neglegere. nam a librarxo afiquo additum esse Tide-
tur carmini, quo ^ovi)ib(av esst eignifloaret, jrov* ^— , ab aliis deinde,
qui ipsius carminis particulam esse patabant, in jiiy mutatom. pos-
tremo ab Herwerdeno (stud. erit* in paetas soeii. p. 6) recte est pro
t&rraKOuuiv restitutum dn^ iicoOtuv. totom igitur loeum sie scri-
bendum censeo:
«piXoi, KaraTTTKOfiai
ndXai 5i& if\c Ö7d)c
O^^v 6n* äiGOduiy'
qoae ita pronunüaverit Gennaiioi-Qm idiqmfl histrio :
o freunde, ich «chmelz dahin,
schon längst durch das loch hier eu-
re sümore if^ernefam^ad ;
ich kton sn gtiM'n ja nioht
each ferner noch selnt wa« than?
LXXXIL Kubium 7
dmSXoio bf)T', iD nöXcMc, itoXXiirv oSvck«,
5t' oöb^ KoXäc' £E€CTi fxot roilc oiici<tac.
mirum profeoto ac vis aanae aeHitis est qued Stv^Maades, q«i modo
dixerat bellum esse detestabile p<ropler mnltas cansaSi nwo tarnen
hoo ita probat, utunamtantnm causam afierat hane, qood belli tttn*
pore eervos sooe cartigare sibi non lioeat utromqua hoc vereor ne
non aliter intra oniiis envitiationis ambitom iongi pesait nisi at
dieatur: deteslor beüitm cum ob alias cauios umlte, tum quod aa
äuramU non Uoä mOd htvm woob poena afficen^ vel sie: deieMor
heüium ob muUas eausoBy pratseriim ^iumI eqs. atque sentife hane
difificultatem Brunekios, qni dn t' oubi serlbendam esse eeniecit.
qnod Teiciens OHennannns adeo ettitorum omninm assensvm tnlisse
videtor (etiam CFHermanni in ges. abh. p. 968) , ut neminetn iam
de loei integritate videam dabitusew «it tantum abest nt aoaie Her*
mannnm vnlgatam seriptoram defendisae eenseam, nt eolitom vir!
surnnd aeumen hie desidersm. nihil enim protnlit nisi hoc: *Tidetar
iToXXiAiv oövcKa osnrpatnm eese ea vi uteeaetonifiiM^' Terom enim
vero nokXulv oövciuz et onmino diversissinia erant, den^ longiasimo
intervallo inter ee distabimt woXXoi et omnis. nee eonsMiMlat Ber-
manni interpretationem nsns formulae ivoXXdiV oOvfKa, eniva ipie
ipla qnot in Azistophanis fabulis lego&tor ^^eidt cmnia« qua
Ofidme&der: taneadiitioaw AnstaphaaneM. 323
ionnili liMqiie ajgnificafxir umHaaesse alicnios i«i csosas, shre ra
TOS wdlM JOftvneineJc esnBiäraiitQr tit £ccL 569, dve moltas cam-
w kfei antea allstaB esse iadieainr xd Tliesm. 454 «olL 89D sqq.,
819 varaUqnm oaim pneespo« nomiinitiir nt Ihib. 1509, .ohi ear
o nitt» tann» anam taätUB affem yelit ifwe mdioiir imlc noXXAv
fAma^ |i6Xicia 6* eifcdk -aqs. paolo alitar »s habet in find. 669
nkUrv AfCKCv vj| toy 'AvöUkiir' nptirTOV t' £vAc odvem MJTTOtr
•^ aan ibr eam Blapjroa pburaa ae prdatraroiii eansaa rnngniaa in*
JicMsei voea npnirrov»' nun mos Aohmia PramgoxBfl v^bis-ad aliad
nyiaaiiliit avertitar et oUrriaoitiir roMquaa oanaaa addere. Intet
kii aafeaBft loeoa, qnod qoidam Ad-sententiaa oonfiomiBtioneni attinet,
NaUnm ^ looo mamnm hiß noatar qnem cum* maxinie tractaaug
simOu aat, eeaetque etiam nmäior externa quoqm' forma, si aliqno
aode eflbn xmaet, nt ilfaid fidXtcia b* (St') AriatopkaniB Terbis fB-
MRntor, qood noa yrideo quo moda 'fieri poaait. at cogitare^ com
mm MMO eoepx, n«m plane neoeaaarins sit iete ifm» j;idXiCTa ac*'
eoMi. nam la Terepfaedpaom aHqnod esse ühid qnod aflfart (non
beere tibi aenroa snoe oaatigare)^ vel per se inde ^atet, qnotiiam eo
qw Strapaiadaa loqnitar temporia saemento nüdl ei etat optatnxg
fOHD ntpoena eerfoa enoe affioere poaaet et ne illnd qoidem qüis'*
<)iHi laffaratar, ai Btrepsiadea, qoo erat oommotoanilao, nnUa «808*
caeC partienla qna ntraaaqne aeotentiani oonhnjgieret, eed poat geae*
tthm aententlam (AirölUno • ; irbJ^Kuiv ofiv«Ko) ianbtrwc bocr
^iiinet singalare: odbi KoXik* tHcxl jiot to&c obdirac. ita eerte-
■tt opaa aaaet partienla Ate, qoee-^ nt nnnö rea eKt, oiationem de-'
iittat, vi dlTTäm». qnae ai racte dispvtari, laciHinie aanari locmn*
peae ndao an» nmtata Uttenu-
ändkoia bf\fi\ ib nöXcfie, irolÜUuv ofivcKO*
JT* oöbi NoXdc' iHcxi fioi Toäc otxitiH:, -
it SftnpaMdea diaat:
nun bealrer mit ^, da bSser krieg^, atu manchem ffrond!
aiihi auU fttebiiila daff Uah meto feifade fetnc# nedi.
In qaoniam vim habet eximiam , in initio totius sententiae positum
ui at Theam. 1221 et alibi. KoXdCetv autem de leviore quod&m
r<«Bae genere inteDegendom esse appsret ex apposito o'uhL cogitat
«ateoi de Terberibns, nt mfira y. 1405 et 1484.
• m \
LXXXUI. NabuuB 523 ^
npibioiic i^fadc'^orreftc' 6|iäc, fi nmpiqKß MOt
^t^v nkcicrov — .
^I^RMc firvaira daCnannL'intOilidocfinaf qui ioa editioite Oxonienai'
>^Mtaiüy pnmoa Ariatdphanam dioere Athenienaea, qnia fabnlaBt
aiifai 'dooara potaaiitt vdni an apbndidiaaimo theafcro Aagi«-
', fnaana innla nudim oommereii intaroaaaiBaa Aoalopbimi^
ai qjao aaepina iam poeta in ipaa turbe yieerat, eo minua
aam, dnm Nnfaea aoribebat, Tel tanÜIlnm oogitaeae dr
324 OSchneider: emendafiones Aristophaneae.
alio praeter nrbanam theataro in quo fabnlam oommiiteret simüu
tarnen exoosat Tenffelins, qni poetam his verbis innnere T^le patabat
se fabnlam banc non antoa in Piraeo aliis^e ruralibna Dionysüs dooere
▼olnisse. inqne eandem sententiam etiam Botbins dixit npurrouc
explicans Athenienses, non Megarenses vel Sicnlos. aed longe alitm
viam eamqne sine dubio falsiun CFHermannns iniit (l. 1. p. 269),
qni alteram banc Nnbimn ediüonem ab Ariatopbaae destinatun
faiflse non Dionysiis, qnibns aotae erant priores, eed Lenaeis qnibus
soli inter se Athenienses fderint, i4yoi antem non adfoeiint nt in
Dionysiis. at ita dicendnm fuisse ^övouc apparet, quod non infestnm
metro erat (of. t. 629 6 ci&qipurv tc). nee coneedi viro doetissimo
potest, ävciT€Ocat referendum esse ad secondam qnam poeta animo
intenderat ediüonem. nam de priore bic nbiqae loqnitur sola, ita-
qoe olenm et operam perdidlsse mibi videntur qui TTpidrouc defen-
dere stndebant, nee magis rem cessisse üs ezistimo qni oerte notio-
nem vods n putrTOC taeri volebant legentes Tel irptliTifV nt Welckerus
et Meinekius, vel irpidnruic com Ofiennanno, velirpiS^TOV cum Bueehe-
lero (in bis annal. 1861 p. 681). nam qni tandem quo inre bic sint
primi aut quid tandem dici possit primo factum? in eorom igitur
partes transenndom esse oenseo qni totam Tocem cormptam esse
pntabant nt Beerins (Aber die zabl der scbanspieler bei Aristoph.
p. 123) qui temptabat tuiv irpö toO, OOoram in PhüoL XVIII
p. 267 irpdTOUC (auro corrupiasl), Bergkins qni alio tempore alia
protulit, mus. Bhea. I (1842) p. 90, fcagm. Arist. p. 920, praef. edi-
tionis suae p. XJX, quid autem Yerum sit non videtur inveniri poese
nisi considerate oonsilio quod in scaenam produoena Nubes poeta
babebat. cum autem diceret coq>uiTdTiiv baue sibi esse Goaoediam
multumque negotii sibi faoessivisse, nibil buic rei magis conveniebat
quam dicere poetam, iudioes buius comoediae se petere sibi sobrios
incorruptique iudicii. atque boc re vera dixit poeta, etai n<m apertis
verbis , sed imagine usus, nam verbo dvorreüetv utitur. eo antem
verbo tametei ab initio significari solebat quodcumque fuit genns
gustandi, tamen non yidetur dubitari posse, quin in vulgi sermone
paullulum extenuata fuerit verbi vis. certe Eustatbius ad Od.p. 1432
tradit fiptCTOV esse tö koivwc Xctö^cvov t^ö^g. quae vocis
significatio nescimus quidem quando ort$ sit — nam ex aliis iisqae
antiquioribus scripteribus non video afferri — , sed per se tamen ni
est cur dubitemus, quin iam antiquitus TC^MO idem fuerit quod
icntacuhim, Y€V€tv ientactdum darCj T^iiecOat ientacuhum edere si^e
prandere primo mofie. in qua vocis signifieatione etiam praepositio
dvd recte addi potuit. nam qui prandium edunt, post longam noctis
inediam rursus edunt. iam si Aristophanes Tolebat speetatores ad
Nubes diiudicandas aocedere tamquam ad prandium eumendaxD«
nihil aliud optabat nisi ut cuMppövuic (nftohtem) indiearent. interim
antem non est diffitondum in voois ävaT€Ocot ambignitate esse all-
qnid difificuitatis, quod temen poetem amorisse pote scribentem
irp^'ouc l^iuic* dvoT€Öc' 6fiäc eqs. ita iam babemns apertissime
OSdineider: emendationo Aiistophaneae. 325
iiMlifatnin t6 dpicrov i. e. TÖ irpunvov j^ßpui^ (Athen. I p. 1 V) sive
Tipr npunvjjv ibuiöifiv (Plnt mor. p. 726*) sire tö irpujt dpicräv
(Xn. Cyrop. Ym 8, 9 ol irpuiioiTaTa dptCTuiVTCc). sed Ariato-
phttMs qüöd oon «dverbio irptiiriv usus est sed adiectivo, id eiiam
aüi Baepianme faeere solebant in äliis Todbas nbi tempns signifioan-
dam fidt, et in hae ipea voce idem feeit Herodotus Vlll 130 (ö
vauraoöc . . irpdnoc cxivcX^rcro ic Cd^ov). itaqne nt brevissime
iadieem qiiam loci acntentimn esse putem, Aristophanem faciam ger-
aiaiea loqneniam:
frOlikcwt wollt' ich reichen mit ihr each, da sie mir hat (gemacht
fmr ^el Arbeit.
cetenun cum hanc coniectnram feci, non memor eram Bergkium quo-
qae idem proposoisse in firagm. Aristopb. p. 920. at necesse est
etm reprobaase postea yinim egreginm, cum in praef. edit. p. XTX
ae dignam qnidem haberet quam memoraret. itaque tamquam meam
mihi Tindico coniecturam, quam meis rationibns ductus in^enerim
et vpid nt pnto defenderim. et qnod ad defendendmn snum irpdiouc
fiergkins attolit, conqneri poetam quod nimis matttre^ qnod iusto
ätm Atheniensibnay qui eins modi comoedias tunc non satis intelle-
ger« Talnerint^ Nübes exbibaerit, nihil probat nam irp(pOC non
lignifieat mmis matorom rel iusto cUiorem^ sed valet firiOustitig^
Bon tarzeitig.
LXXXIV. Nabiom 1275
CT. otk M* ÖTTuic ctj t* aÖTÖc ötiöivcic. am. tI bat;
ixbtic reete habere iure, pnto, negat OHermannns. nam ita Strep-
eiades rede dicere non potoit, nisi ipse, non Amynias, antea Xvipäiv
tppeDatna fnisaet. non probo antem quod ab Hermanne editmn est
imuc cu T* aOBic ihriaivetc, qnod interpretatnr non esiuttu eon-
vdesms. ita t6 XTipetv (aliad enim Amjniae antea non ezprobra-
tcrai) Strepeiades tantnm pntaret malom esse, coi mederi nemo
posMt at hoc niminm est videtnrqne lam hie tectiüs indicasse
Strepaiadas quod atatim sequenÜ versn apertiasime dieit, non videri
nU Affljniam sanae mentis esse (rdv iTK^qMxXov dbcncp C€C€ic6ai
MOt toiccic). itaqne digitom ad frontem soam admoventem Strep-
indicaaae oenaeo ibi C€C€ic6ai töv ^iipoXo)ß Amyniae et
oÖK £c6' 6nwc cu t* ciOtöO* öticKvcic. AM. ri bd;
^vodsieTerto:
Str. fewis, da bist daUer sieht recht Am. wie meinst du das?
^ ofrräei cf. Eq. 119. Ban. 274, in quo ultima syllaba elisa est
etiam ^rod Homenun o 327 et alibi.
LXXXIV. NaUnm 1062
int\ cv bt& Td cuiqipovcfv Tip niinroT* clbcc fibr)
iroMv Ti T€VÖ^€VOv, vpäcov, Kai m* äE^XcrCov clindv.
326 .OSohneädttr: emttidatioxiM Ariafco^uuieae.
IniastuB qui ofigaYit xö cuiqipoyctv imiqaBm quicqiuualiani labiusse,
jifm potent dioere &ikefB>y civtit v. nsm in hac te afiem exemph
-oonttBrü generis» id vero aoa. differebftt 8 refatBdaoiM, vA potitu
.££ä^T&>v X^iAiv dioi oportoet nee locus esaet poxticqiio pnetenti
temporifi« et plaiie inutile iest dieandi ireirbiim, pnaaevlini cma modo
.diolnm ait q>pdcov. atqne etiain Meinekiiis Vind. p. 78 atirirtnm
ciitttiv aegarit fenndnm ease .oocrao^iqBe i£Ac|foy eäpttiv- cui
eqoidem propter nmtationia lenhatenL pisaateKe sxedidAriiii xoi m'
dE^XrfSov €1 iruic i. e. iEAetSov, cl ttuic ^EcX^Ebc« qofta wm in-
jfreqttena ellipsis est» nam aaepa ita legontor absdute elircp (cf.
Nab. 227. Ach. 405. E^. 594 al. coU. Boeckhio in Plat. Min. p. 149),
€l TIC, cl TToSi, et ITT), et TTOTC, 5t quando^ alia: vide Lobeckinm ad
Soph. Al. 885.
LXXXVI. Pacisl32
fiTTiCTOv elTTüc ^Oeov , (b TTorep irdrep ,
SiTuuc xdKoc^ov ZIoiov fjXDcv £c deouc.
non ignoro verbis dicendi vel si qua sunt alia verba aimilis aignifica-
tionis saepe addi öttujc cum verbo aliquo, ubi quid 8ttu)C aiguifioet
neminem fugere potest: cf. Nub. 760 $Tru)C fiv ouTJ^v dqKXVtcemc
€iTT^ ^01 (coli.. 739. 776). Eq. 1066 cö b* dvariTvwcKe . . Sttuk ö
>ic6öc Trpurrov dTroboOrjceTai. Pads 616 oöb'STTuic aun^ KpoaJKoi
0€ib(ac i)Kt)KÖTi. Pherecratis Dulodidasc. fr. I önuic (sie Meinekias
in ed. min.) TrapaCKeurälEiat tö bcTitvoy ebraO* f^tv (nbi iam se-
quuntnr yari» eibonim genera qnae i^pgüta fneriat). Sopb. Ant. 685
ituib' önuic cujjrfi X^t^ic öpGük rdbe, out' &v buvaipqv lyurr' tm-
CTaiMJiv X^Y^^v. Thuc. 1 122, 4 duk tqjiev öiruic idbe TpM&v twy
/iCTicTuiv Eufupopurv dTrnXXaKTOL Hom. B 252 oub^ ti itui cd<pa
ib^Ev ötium: icTOLi Tobe £pTCt» in bis sinuliboaqne.locia nihil ^mpedit
quo minua Öttwc referatur nt par est ad rationem rei vel facieBdae
yel factae. at fuerunt tarnen qui uno altarpve ex hia looä decepti
atatuerent öttujc non numquam nihil dififerre ab öyi vel die et aimpli-
dter rem factum indicare, ut atatuerunt Mattbiae gramm. gr. p. 1267,
Dindqrftua in Thea. Par. Y p. 2233^ (coU. p. 2234») et qui ad hone
.quoqne Ariatophania locum proYOcavit Zenniua ad Vig. p. 436 \
cniua aententiam Hennaapua reiepijt monena öttuic in Zenaiania
exemplia eaae quo modo, at in Ariatophania quidem looo vulgahs
illa sif[iü$Gatio admitti neqnaqnam^ poteet* |ii^ Trygaeoa ibi hoc
aolum narraverat v. 130 ex Aeaopi fabidia ae didiciaee aolnm inter
▼olucrea cantharnm ad deos veniaae, ncm addidit antem quo modo
cantharua eo venisaeL non habebat igitur filia cur 6inuc diceret
hinc dübitari non posse videtur quin coTruptum aSt iSiroic. pro quo
cum multa conici poasint, ego prOxim^ ad traditam acriptnram ac-
cedere crediderim hoc:
fimcTOv etitoc mOOov, d» tFdT€p ftdrep*
d iruoc Käxoqiov JUpov J^XAcv tc eeouC;
inteneottonem. & habemuB etiamPinti 127 i, pf^ Air'« ^ irovnp^i
OSckneiider: emeodatioinea Aristopkaneae. 827
Tobni (fBQttuiL «onCaro PlaL Hipp. mtL p. 2d6^ d idfti^ fh Unrüa,
Xcfj^ l^mn. 68». Sm. 758, 0I doplicatam Ve^. 1379. PltttL 1052
rigiiiwt» in dJTerBM iwiteatitB abennt schoUafitaa Aristoplwiis (of.
Sämk Ja iMiariMt epiphontmatoiaquia nau.ap. Ariatoph. p. 2 aq<)
•t adMxl« ftd Phloo» loonai eüatnm, nee nümm aai diTersaiii pro
mgiiknuii looaia«.ration« signifioatiMifiBi faisoo. sti fifiöaqv»
Ifl« TOMnne hoc «at^ qaod qni ntiiwf abominari et avortircr ^pit
fm tthi taecBoB» sialL et hnio quideoi loco tale qnid aocommoda^
tiiimiin ^dafciir:
tia «Bifaaldith xaHrohea nanfttett An da, llah Tfttajohen!
#k Jkakl wie ki^n ^ ttin|crieli tbier «u. «"öttera lo^^f?
I«XXXYIL PaQis 960 aq.
TP. qi^ M| Tö takiov TÖ&* £|i0&Mitti JUxßuiv.
Na cefaiu cü TOQC^«^ ' cü M npdrcive Tujy öXwv.
Noönk TC jfip'dmou, luipcibouc tcuiitnv ^Moi,
Ktti Tok Bconric glitte tdiv KpiOiBv. Oi iiou.
aiou pro actiTO cete looiim luibeze naqnit» qiood iottUejcerunt Cobe-
tu et Bngttn« jnaa..Bhei^.X |u 121, q«i qood cci* odv scribendam
fwuhaat, equidem jne Aqii iaMbgc«:^ fttoor quid Ue aibi velit ista
fmtimim, ai F^^iiaa dadaFBiit nihil intidlegaBtoB osiiiMa.qiucitfBqaa
■l^auraifc qme aoholiaatae Bavomaa et YoBMtaa üadam verbia an*
■otiBt: apAc Ti l^i^y Iü^Tjcu icirouboZov top dmcn^v&ovTec Iva
woi i%ir ttupak^ HBi tetycueiv toic Ifipoic boK^ nfai imac^vbov*
Tcc est: aqnam infundontea in Yiotimae eapnt Tel potina oOc, ut
aqua es anre ezcatiendae causa victima ad aram dacta caput de-
nittat ei ita quasi aunuat avae tamquam ipsa cnpiens ibi mactari.
^ ({00 jBHro.i&dit GEHMDomnna in lehrb. der gotteed. alt § 28
an. 6 praeter alia aSmna acbaL Apolkmii Arg. X 416 ubuip . . ei-
«Moav i|ißdXXfiiy de ri oöc Upefou irA 16 inweüuy tö lepctov.
slpa haae nm egregie.huio looa conTenirt neno quiaqoam negar
«Vit qnanMpni« Unna mihi raatai senipubia, qui noü videam quo
■ade Tietbna iubfld hie poeait ceiou pro teifi Tf|UK6^|Mi)UW- namqoi
inMiecektai totnnqne eorponconenüt, non videiur aannoi»^ qiu>d
^ äücMidMP erat, aad potina rannere» itaqua focere non poseom
qu panluhnn eoonqitnni locnm hoc qnidem yexen pnten , ,^ quem
laaaaiiaa gj.hmiBeiiaa m^cina ohlata fiaeriti nemo £Mnle reluetabi«*
te. et voibom qnidem cctciy propriom et eoUemae in hac re rooa-
balaa lidetar fniaae, ai qvid Talat eonsenana eeholionua et Pbitarohi
^dsL ooe. 46 (bioCiiccdai) verbonuni qni in varbo qnidem cu» Ari-
i^Aano Can oonanntiont» aod non oonaentinnt in obieeto, qnod Tf|v
«fidk^ ttmpear fniaae eo mious evedibile est, quod aqua ra vera
M. sdmL ApoUL) fietunae in aniem, non in oapnt infondi.solebat.
qiidm igünr Tiygaena tietimae aqnam ia anremfondens dieere po-
^mü ceV oOc Ol roiniwc — ? Sed nondum expedita aunt omaia.
qwn iUoo probet Beigkii et Engeri (L U) indidumi qni
328 OSchneider: emendationes Anstophaneae.
cam Intellexissent versu 961 sententdanun ordinem tnrbari atque
divelli qnae arte cohaererent, y. 961 ante 960 collooandnro eoise*
banl quod fieri tarnen sine uUa verbomm maiatione neqnit nam
KaÖTÖc T€ alium impeirativum indicat deeiderari coi ofipoBatur
auTÖc x^PviiTTOu. haue autem oppositionem habebimoe, modo le-
nisBima mntatione versnm sie soripserimns: icaÖTÖc T€ x^viirrou
trapdboc t' auTf|v d^oi, nbi götViv est Tflv x^pvtßa, qaodex
XCpviirrctv quivis nitro intelleget, malto autem lenior baee eaien*
datio est qnam quas Engems (in bis annal. 1865 p. 177) et Bergkim
proposneront. et ille qnidem corraptom locom lacona pntsbst,
quam sie explendam censebat: cu 54 vuv Kard x^ipuiv }io\
KOTäx^^ '^^^ X^pvtßct I KOtunrdc bi xcpviirrou iropoboöc touttiv
lliou Bergkio autem ita scribendum esse videbatur: £|ißa(|fOV
XoßiOv, aÖTÖc TC xcpviiTTOu, napdboc Tadniv d^oi, quorum prae-
ter Tiapäboc, in quod et ipse incidi, nihil puto necessarium esse,
neqae iure mutari interpunctionem arbitror. itaque fntaro Ansto-
phanis editori ut ita totum hnne locum scribat auctor sim :
q>^p€ b?!, TÖ baXtov löb' dpßdMiui Xoßdiv,
KaÖTÖc T€ x^pviirrou irapdboc t' aÖTf|V dfioL
cer oOc DJ Tox^uic, cu bi Trpöreivc tiüv öXdiv,
Kai TOic eecrraic ^firre vm Kpidoiv.
ubi omnia nunc rectissime procednnt. omn enim TrjgaeoB taediim-
mersa aquam pnrgasset et saeraTissetf hae aqua senri minus lanri
iussit sibique ipsi hanc aquam poirigi volnit jit et ipse maaus lin*
ret et inde infunderet in vicümae anrem, quo deorsum qoatieBs hsec
Caput libenter ad aram procedere videretur.
LXXXVIIL Nubium 178
Kord Tf)c Tpcnr^Ziic Korairdcnc Xcirrflv T^q>pay,
Kd^ipoc ößeXiCKOV, €Ito btaßi^niv XoßJiv,
Ik Tf)c ncÄaicrpac doi^driov öq>€iX€TO.
Dindorfius ne dignam quidem quam memoraretegregiam OHennsnoi
coniecturam habuit pro Ool^driov substituentis Oufjonov, quod no-
vissimis cditoribus plaoebat omnibus praeter Bergkium, qui eto
Ooiiidnov retinebat, tamen hoc iam antiquo satis ten^Kn» natom
Vitium putabat esse, ita fortasse remoyendum ut Ik Tf)c icdXr|C 6ot*
VTifidnov (kpciXcTO scriberetur. quod OOoram in PhiloL XV p« 91
paululum immutayit oommendans tx Tf)c irdXiic doivctnicttiv. sc
profecto nemo demonstrayerit articulum in doi|idnov reote habere,
certe defendendi pericnlum qui fecit Dindorfius in ed. Ozon. ID
p. 129 nihil profecit. nam quod intellegi putabat pallium eins bo-
minie cui problema geometricum Socrates explicabat animi ayertendi
causa, id tum demum yim baberet, si antea memoratns foisset tslis
homo. nee feUcior in defendendo artioulo Ooettlingius yidetnr ftusse
in ^berichte der k. sftchs. ges. der wiss.' 1866 p. 29 aan., qui s^
ticulnm additum esse credebat, quoniam diseipulus indioare yellet
TÖ ToO IfACrricu (die sache mit den m&nteln) saepe usu yenisse. com
OSchneider: emendationes AriBtophaaeae. 329
igitor articiiliis non Tideatar defendi posse , imice probo Henoanni
coiieotiiiiBi quae rei coBToniontisgiiBa est. nam postqaam disoipoliis
Sooitis dizit T. 175 bciirvov icnifMC non ftdsse Socraticis et
Strapiiades quaesivit qoae tandem äXipiTa Socrates ezoogitavisset,
dJM^pohu aKod quid memonre boh potait nisi qaod edi poeset, non
Ulm nm qna yendita demom tibi oopia fieret. etsi aatem Aristo-
pbu loeo atentes Demetrins 7T€pl iQHvy» p* 153 et Arrianos diss*
Epict lY 2, SO, qaos Dindorfioe attnlit, et ipsi Ool^driov legisse
TidatoTi tarnen eomm loooe idem qaod Aristophaaem yitiam in*
Mane piilo, praesertiin com inter OolfAdnov et Ou^drtov etiam in
Sjaani qnodun loeo, quem CFHennannus ges. abh. p. 265 appo-
nit, lifanrioB flaetoaeee appareat. atqne hoc qoidem loco Ou^äTtov
ia 6oifi&nov male traasieae eo minoa mirabUe est, qaod librarii
doi|i6Tiov iftm legerantNab.54etpo8teaineademhac&balaiteram
hian ennt ▼. 497. 856« 1498, et in reliqais qnoqae fabolia ea
▼oz nepiaa invenitar.
Tenim Hormaani emendatione nondom persanatam esse locom
miU si qnid nmqnam certiaainmm yidetar. et illad qaidem param
ne oÜBafit, qood vom ipan&^c additoa est artioolas, etsi nee ipaa
ip&Häa aatea memorata erat neqae alia alla res qoaeam ipdireCa
iu est coninneta, nt illa memorata etiam TpdiT€£a ait certa et de*
fiaiti. offniBioni tarnen artiealna voci additoa Teoffelio fait, nt com
FlUanebio vooea xpceirftiic et iraXaicrpoc (▼. 179) locum inter ae
iBim oanmntare deb«re diceret, non cogitana aterqae qoam miram
koe diemdi geiraa eaaet Korft t^c iroXaTcTpac, id nt aignificaret £v
^ noXaktpqi, qaod et ipanm aalyo metro locom habere potoit«
eoate mirom non est narrantem Socratia discipolam rem qoaai
pneaeatam etiam nunc animo oontemplari, ot Tpdif€£av tamqoam
ttea noBC ocnlia aabiaoentem articalo inatmxerit. at longe gravioa
iltid eat m diatipoli narratione qood me male habeat. nam com
ipvta aagiatri aatotiam et Tafritiam certo exemplo comprobare
vriU» mmo non ealliditatem eioa, aed, ai qoicqoam, impodentiaaimam
fnaeitatem commonatraTit* qoid enim aliod prodit qoi
inaperaa, tom ineniyato veru et tamqoam cirdno
maplo az paiaaatra hoatiae camem anfert? niai forte ea erat eximia
Soerafia aatntia, qood a fraode qoam intendebat aatantiom hominom
oealos mentaaqoe avertere atodebat in cinere figoras geometricas
fawiBi atqoe aatotiae docomentom etiam Kocldos desiderayiaae
vidatBr, qoi inter tt. 178 et 179 quaedam intercidiase aaspicatos
ert, a CDioa ioditio ita diacedo, ot illioa aatotiae indidom non lacona
abqna mtareaptom, aed a Hbrariia ona littera male aoripta oblitiera»
tarn polem. Ariatophanem enim peranaaom babeo dixiaae :
cTra biaßfJTi] Xaßuiv
ix tf)c iiaXaicTpac 6ufidnov äq)€(X€TO ,
ot Xafän obiaetimi aiU habeat eandem vocem qoam habet etiam
Mpana yarbom (kpciXcro, i. e. Oufidnov. ita aotem plana et per^
sineoa eat bominia aatotia, qoi dam idterioa circini pede menaae in-
890 OScbneider: emend^tionea Aristoi^MAeae«
fixo allenua ctrcunouigit qoidem ad dacendM figurM, aed aimiil to iu
Btitnr^ ut bostiae oarnem in aadem positam meiiaa, ooi aatabot figu-
ras d^ceaarprdieDdait et mier xoadios dAtmdat discipolos^ qoos per
ße credibila est axceptam oanotem in Yeatilms sm condidiaea, doiec
tandem Soccati placebat cum. diaeipnlia at cum arrapla earae ex
palaeatra domiim redira. in hac antem intarpralaliQna conoadaa nihil
ineasa quin lai conveniat ant qnod ipaia varbis non ait daolantom
aperta Tal inda iara colUgi paaaii. qnad did naqnit da nna altanve
prioram mtarpvetiun azplanatione. nun ut bia utar« qnja probet
TeufMü Bontantiain, Soaratam bumun ^p^imaaa «ara in aoqae
figaras snaa daacribantem ex propinqua manaa mann ainiabn boatiaffl
aarxäpuiafta at in paUio aondidiasa? nam in palaaatea pvaatcv anm
atiam manaam propa iUam fuiaae» in qna ponaranisar et.pKaafMiaren-
tur boetiae mos aaorificandaa, id val aina tastinkonöa Yalarawi qaivis
aanaadati et yida CFHarmamiuni 1. l..p. 966.. . cor. igiter «ineran
non ex propinqua ara transtulerit in menaae aatantia aopecficiam,
qnanttun qoitett vaaua tum ^rat aliqua eina aopaifioiai para? tum
nnda tandem cogimnr de ainiatra manu Soaratia qua hastiam lapat ht
aogitara, rel de ipaiua palUo in qno aamam oondidarii? — Atque
piton atiam SoettUngius 1. 1* aibi aumpaü qni ito. nam mmaut (pbeet
anim ipaa viri agregii verba affsrre): 'Sokralaa« den aaÜ ann
jungem ein abendeaaen feblt, ale aia gerade im Kynoeaigaa . . rer-
sammeilt waren, macbt biar anatalfe zu eiser .matbamatiaohan de-
monstratton. ein bratspiesa • « wird ak zirkei baantat, mid nna
«dilaiobt aiah Soktatea» gleiobsam um Mab etwaa »ur deaioMBtration
gebfirigea barbeiuiacba&n« in die ganz nahe galagena paUUlra det
Kjmosacges » apiaaat einen mantal • den ein. ringer. ^rt abgri^ bat,
an und eiaobaint damit wieder unter aatnen siiah9iam.| w^ddba das
empfangene zu gelde zn macben beben t nm apftlar a«a deaa daran«
gelösten . . ein abendeaaen au bereiten.* c^ alia na oontradicam, quii
aeneedat Soomtam Jatara tum studantam paUium (nam OaMtiov
QaetUingium probaaea, non dvM^ov« snpra dixinma) yanakro aS«
gare makiisae ad diacipuloe reditmnun quam cdara rem aunapipaa
et in sinn ponore? ut autem noatra emendattone adnuaea iooam
niliil iam diffionliatia babere damanäcemv plaieat aoaurata aonTarai»
in patrium aermoaem apponere:
als mit feiner asche den tisch er bestreut, *nen bratspiesi aocb
gekrümmt and wie mit 'nem eirkel damit dann opferneisch
gepackt, entführte er't nnbeiaerkt aus der rmgersehal.
bioß^ eeae pro uic bwßtlTQ nemo nagabit qui quam um^e Greaci
comparandi partioulam ibc aia omieerint i«obe oognkum bebet : d
Dobraeum ad Ar^ Plutl 314 {lol, VII p. 93 sq. Ddf.) et Welckenm
ad Theognidea p« 90« — Verbo moneo nupertimeOBaabmannom in
eoniactararum obaervationumque AriatO|)baBeanim apeeimina I düi-
gentiaBime acripto p. 139 sqq. banc diacipoli oarratiQoem ut ah-
ruptam et omni carentem perepieuitate ab boo loeo alianam i-
.Ofigkmideri amendationet AriBiophaneae. 331
dieHse ima cum reliquit '<&oipaIi nairationibiu quae sunt inde
i T. 169 sqq.
LXXXIX. Niibram995
AA. dj^or coq)iac. AI. (S^ot^av&lc,
AA, fjc iM<idrK;. A^. T^c d^ nöM^Ac^'
co^ia BOB est aapiemtia, fed aat^tia lalepU Euri^ea^, qi^m Pr(>bu9
r. 931 aq. prodit» ßoa^ auiem oauseaio sibi.fao^fa paose naqno a4
«aciadwn dieit, ut minun non ait qued di^ioi e^udan^U hob <99t
igüor qaod pms boc ujmoi aliud qqid sAgK^ß/^v^ stataas.^tqn^ alte«
na, quae Kookii fnit «entefatia, qnipropterea dtOMOi cöq>(ix(; olim
iodienbat odeadiuii esse (mus» Bben» YIH p»:366), in ipsa Autem
flditms nerisaiina iiihil Uc jautayit. tom in üa.qnae aMun eeqiwil-
tv Diadorfina cum raeentioribus editoribba^eoninnctae BayenoAiis
Vtaelkiae aoctcHdiati taatam thbpit, ot neglegeiret qno^. oliiajsie
«kbatv; AA. i&|ioi cptpißc i^ ^yiicOnc AI. u>|I(H Moviffc tQc die
Jioücuic 8*. aad si. Bavennate Vepetoqae teatiboe Anstopba^es ita
siiÜTa sennonia foma re^sesait minoüin enmconddensj vix .faqere
^ folUai niai ioeim ci^iatnnie, coioa tanken y«fitic^nin n^nc non
^ lad nisi me omnia ftdloni, latet is in 7erbiB:^C IfiVricQiic, qn^
naa esse etiam alii neganmt velnt Bothios qui temptabat ^ cIJav *
Rc6i)C {gua supefie gaudes ütqae exsuUqs)^ et Meinekins i^i^jOnc
"^"finfftne ut mintid languiduAi ; Eockius atitem in editione no-
viniffla voeea nt expellermtar suasit, qaae nihil essent nisi vocum
nie c4c üst^rpretamfUitiUB a leotore. aliqno appositiun« vervssune
HiMiIÄMlorfiiis pNoai C9<piaCt nhi eetori aijitnollain poBuecimt inier-
psartioaw «ot iniemipti eermonia ^gwun, interpnnotionem posoit
Mnam, ^p^ot efficiUir ut v^rba f^c i^yi\cl^f^ non possint nisi ad
MbfraDme aiila€pdeii|ia yeiia xekxfi. ita av^m, ffoilw c^gfUMoi
fsias vdotwv quQmodQ i$, &biioo^ ludat. nain cum fd^er j^ityk^v^aih-
ttai ^mnonmet» ^HeiiHS ifterenM^ ne qins pcutspctt ßmoK «89a ati^
vmn iwim, et ea» yitup^gft^oaem asei^uidem aTertBree^d>at
^sd qna nsodp üa^üiuf fierl p<^0rat q.uain. itä. ni fifinnaret ipaius
vitifapteria efmiiofioy esse?.. yidenjqQo tondkani? penmasiL^rhabeo
Ariitipliiifij^ aip forppysse;
AA. d^ot cacpiac AI. d^pt fuxvioc, :
(AA. c^C ^ly^Oqc) AI. Tf)c cfic mX^ 8'
<t oe vsvteBdna loena Bit : ...
ITBf. A» felabitlieit, 0 wähl Oev. dieae^ aarrhaitY o wall,
:Vsf. «affiS ^ier algaeft g^deak.) Oer..#ie Ton.diir mi4 4e« «taat.
«ftemu eam & Mitcttoc oertam aUquam' jüKXvkiv ex magno qm esse
?olsat ^(IVtClV numere non nosset, apparet eur non potuerit addito
«tinto dieare Tf)c die ftavfoc. etsi tnox ö Mkoioc inve dixit Tf^c
cnc Omvktc), <}tt edre ee qtiaRs Bit et qnormn fittvta pmximia
^vbii iadieat.
332 OSchneider: emendatdönes Aristophaneae.
XC. Pacis 1266
T& irmbC f\hr\ '£^px€Tai
oup1lcö^€va TCi Tuiv imKX/JTUiv bcOp ', tva
firr' $ceTai irpoavaßdXiiTai ^oi boxeiv.
verbo oup1lc6^€va infestlssiinvis erat Bergkius, qai pro eo non solum
^lVuplZ6^€va et 6pOpiZö^€va proposuit (c£ lEUohteri adnOi sed etiun
dlpoZö^eva (i. e. biabpuirröpeva) commendavit in hist. liii gnec
I p. 440 ann. 48, et videtor eff»oifi8e at etiam Meinekias de
scriptnrae integritate dnbitaiet. nam 6pXT|CÖfi€va soribendnm puU-
vit Vind. p. 49. ^si enim' inqnit 'oantandi perieolnm factori con-
vivarom pneri prodennt , ineptissiine iidem mingendi causa Bcaenam
intrasse dicantur.' reetissime ille quidem hoc monmt. sed qao
modo ineptuin Bit dioere pneros mingendi cansa exisse simalqne es
occasione nti, nt oarminibus praelndant quae mox reveni cantatori
eint? duplex igitur puerorum consilium erat, qnomm älterem par*
ticipio futuri, idterum integra enimtiatione (Tva eqe.) indieatur, qua
in re unum hoc offendit, qnod nunc non est ne levisaime quidem
significatum, pueros alterum post altemm facturos esse, quo addito
nihil iam deerit ad sententiae integritatem. itaque AristopbaDam
scripaisse susptcor:
xd iraibl* iihx] *E^px€Tai
oupT1c6^eva, xo xuiv iiriKXrixuiv, &€up\ tv* ovi
fixx* qicexai irpoavaßdXrixai ^oi boKCiv.
nam ad non solum significat mrsus aliquid fieri postquam iam semel
factum est, sed saepissime etiam denotat &eta aliqua re fieri etitm
aliam rem, ubi nostrates dicere solent dann ferner^ omcA, interduD
etiam, ut Graeci, wieder^ dann wieder, sie Ach. 443 toöc p^Ocorac
clb^vai . . ToOc b* aS xop^vT&c i^XiOiouc irapecrdvai, eetqoe boc
b* aO omnium frequentissimum: Ach. 553. 903. 975. 1084. Nub. 51.
Vesp. 81. 573. 'Pacis 215. At. 2. 186. 504. 576. 587. 616. 713.
993. 1399. 1482. Ljrs. 91. 98. 426. 1254. 1266. Theam. 788. Bao.
290. &. Georg. 14. fr. ine. H (bi — oS £q. 967. At. 843. 1459.
Lys. 722. Eod. 1118. Pluti 296). adde oöb' CtO At. 1091. Ecd.
667. ^1lb' ad Vesp. 57. item saepius reperitnr Itepoc aÖ: Aeh. 9.
£q. 949. 1351. Nub. 1445. Vesp. 903. Pads 295. At. 279. 992.
Thesm. 459 (dXXoc aO Thesm. 664), rarius cTt* aO Nub. 966. 975.
Ban. 1069. praeter hos autem locos multi hie illio ocourmnt in qoi'
bns Toci ad Tulgaris significatio Tindicari nullo modo potost, velut
£q. 207 6 bpäictuv iiip ^cxi MOKpAv 6 t' dXXäc crS iicn^öv. Nnb.
651 ittatovd* btroiöc itjx vSPi ^u6|uav | kot* £v6icXiov, x^xtm^
od KOiä bdiCTvXov. ibd. 1060 xai cuNppovetv au q)nclxpfivai. Vesp.
28 di&p cu t6 €6v ad Xäov. At. 1283 vuvl b' diroop^iiiavTCC oy
6pvt6o^ovo0cl• Thesm. 232 i|itX6c aO CTpareikoMOi. Eccl. 193 tö
cu^^axlKÖv ad to06' 8t* iacoTroupcea. Pluti 354 xd x' au bcöoi*
K^vai. iam si ad addi placuerit, recte Txygaeus dicet:
OSchneider: emendationes Aristophaneae. 833
'raus schpn kommen die jüngelchen
Ton meinen ^^ten sum pissen her, damit sie anoh,
so scheint mir*s, erst probieren, was sa singen ist.
tM tertü veraas fine Dindorfios pro boKCi com Bergkio restitait bo-
oiv, q«od magis Aifciciim est : yide Blomfieldium ad Aesch. Pers.
251, nbi item deteriores Codices boiceiv in bOK€i deprayanmt. sed
com tßol boKCi dici soleat et fortior pronominis forma praeferatar
etiam si qnaiido verbain praeponitur, nescio an scribendam sit irpo-
llvaßdX1)T^ d|iol boKeiVi ut etiam Bothium edidisse video.
XCI. Nabiam337
s» kiiit' dp' inoiouv t^päv N€q)€Xäv crpairraiTXav b&iov öp^dv,
idUMcdiiouc 0* äcttTOTKCqMiXa Tixpiiii TTpftfiaivoucoc t€ du^XXac,
cIt' dcfrfoc, bicpdc, TCVAMM>uc oluivouc dcpovriX^^c.
Unat Strepaiades qao modo ditbyrambici poetae, quos fiouconotctv
TBC NapAoc didt v. 833, nubee cantent. qoa in re imaginibus
itadiosiaauDe nsi, nt ülorom mos erat, saepe ad ineptas comparationes
dikbebaatnr. qnem ad modnm igitor nnbes appellabaat irXoicd^uc
lif^y ita etiam tOMiiioiic oluivouc dcpovnx^^c Tocabant id qno
rare qnave lainria lecerint nnnc non coro, sed hoc credo neminem
maccMTMiim esse, poetam aliqaem dithjrambieom in alio oarmine
(dia) ea qoidem ratione dizisse dcpiac, bicpdc, in qoo magna est
(üflicnltBe conetmetionis, qnoniam ita aegerrime caremus nomine
H^Aoc eoi ineommodo medebatnr sane Bmnckias ex nno oodice
PuisiBO C reatitaens dcpiouc bicpouc (ad quam seriptoram prozime
ioeadit Pkria. A qni habet dcpiouc btcpdcX <l^^iQ secoti sant Wolfius,
Henaaiuiaa, Meinekios. contra Beisigins edidit cIt' dcpfaxc bicp&c
TQ|iV0uc eqB,^ nna accentns mntatione contentos, qua non yideo
fbd Ineremar. nam vel sie carebimos voce V€q)^Xi|C. non est aatem
oedibile, ai revera Aristophanes depiouc btepoöc dixit, qnod ad ex-
1****^*** foit £Killimnm| id in plnrimis optimisqne codicibns ita
oomBniä potoiese. iftaqae qnaeramus aliqnid qnod ad traditam
loiptaiam externa sna forma proxime acoedat. quäle invenisse mihi
nkar hoc: cfr' dcpCac bi' {bpac tcimmiouc okuvouc depovnx^tc,
abi ae cominngenda verba sunt: taMMM>uc oluivouc dcpovrixcic bi'
d^ioc 8>pac nam aar et nnbinm et aqnilarom sedes est. sed qnod
Hiiaekhia Yind. p. 72 non ferendmn pntabat aves istas in nno
eodemqoe oommate dici depiovc et depovi^x^c, ut vel alOepiouc
yü oiBepoviixciC scribi iubeiret, illnd mihi poüus apprime convenire
tthjrambieae poeai videtnr. oeterum inscius in Eockii vestigia in-
cidi, qm olim mus. Bhen. VIII p. 363 coniecit: elra bi' aöpac,
^0 nieeio poetea in Nubium editione commendavit cIt* clpcciqi
bicpd, qaorum nentrum meae illi coniecturae praefero, qnae nt ali-
^Qsato lenior est, ita ad sententiam est aptissima. banc enim quis
uBprobaverH sententiam :
4«rch tnftige ^ta* luftschwimmende aare mit randlich gebogenen
schaSbeln.
834 OSchnftider: emeodationes Ariatopkaneäe.
XCil. Paeis 1201
TTpd TOÖ
1200 oubeic ^TTpiaT* &v bp^Trovov oubixoXXOßou,
vuvi b* iv^ |iiv irevTÄpoxMct raör* ^|iiToXii>,
6M bi Tpibpdxiiouc Touc Kobovc ic toöc dtpoöc
sie secündo retBu Dhidorfias tarn Elmsleio ad Adi. 17B mutavit co-
dicnm scriptoram qttae talis «st: vuvl Ik, fr€Vif|KOVTa bpax^idv t\i-
noXtli, in quo irevrrpcovTa ineptam esse com aliis contendit Meioe-
kiuB Vind. p. 68. hoc quidem nou dixerim. cur enim faomo, qm
certe tarn immane pretiam non postulat a Trygaeo (cui irpouca falcem
ö bpeirovOTTOiöc dat v. 1204), mercis snaepretium noa augeat nunc,
ubi pax. redfr« -^{ktEnr, iimfläne quint«^ prae «inddcoA red Tüiute
quae paula autea ftierat baili temp«»?^ quam romoftm Trygaeo
daturus sit dobo; siUl BUi denn pcaMoaliaia it^ effiaere Yolnü ita-
quo etar etiam Boeokfaiuß de oecQn. pabL Atii« I' p« idd ann. f ni-
mium eiaggeraase hominen Mois «loe prethim. eredidit, sohot tarnen
de loci iategritffte dabitars, ui, aliud in isto venu vitiam latat mm
quod in 8pa)QiAv pn^r ayllaba loiiga est, iam olim doctis nris o&d-
sioni fuit producitar quidem ^tnoia Y^p» ^t et Plxtti 1019 et ia
aliis quibugdani aliorumoomiGoniiii locis (of. DindorfluB ad Vesp.
1. L p. 495 Oxon.), ubi bapxiudc, tapxM<^v, bapxM^ aeribendmn esse
BergkiuB in seitschrift f . d, atteitamaw. 1835 p. 332 sq. «mtoidit
Hesycbättin antestatu« I p. 461 tepXMac bpoxfxäc. at Bergkio
nuper oblooutas est GSoeperas in doctissinia disaertatioiie *ttber
einige sefaxiftsteller mit namen Hecataeüd^ II(Gedani 1878) p. S6 sqq.t
ubi in insoriptionibus Aroadieia quidem de öapxHäc, bapxMmc dabi*
tari nön pona, sed in aiionim po«taram lociSv qaiÄua nDMuariaa
fbnnae reetitutae sunt, aliam emendandi viam inenndam esse docet
atqae in Ariatopliänia Pluti t. 1019 verissime me mdice soripsit
öirötc irpOTeiveiav bpoXM^ '^ clicoav reposito articnio qaiae-
cessarius est, nee minus plaoet in Vesp. 691 Boepexi ccmieekaxa
oäröc bl qi^pet xö cuvrfroptKdv bibpoxMOv, k&v öcfcpov £X6t|.
sed quod idem in hoc Paois Tersn seribendam putabat vuvi M irtvr'
ijth bpoxi^uXiv dTTCKitoXiI^, non aeque m& habet assentientam, prse-
setthn euAi non reete affirmet £)ytnoX&v ita usurpatoai, utmt veidare.
nusquam nisi hoc Aristoidkanis loco legi, quid emm fiet Pads t. 448
KCl TIC bopuE6c fj xdmiXoc dciribujv, tv' ^noXä ß^Xnov, ^mOupci
paxd>v aut Theam. 4fyf oiitiv* ifxmKS»ti€9 oi^' de f^cu —'^
matim igitur eos sequi, qui praeter unam male onnsaain ss^Babam
nihil in hoc versu ootruptom putabant, quorum cönaaiinlbiiB (▼• apo^
Biohtaruni) hoc praefero meum:
vuvl bt ncvTfJKOvra bpoxM^v tv {pnoXid
doch nun verkaur ich für fanfsii; drachmen stuck fiir st&ck
(cf. y. 1263 Xdßoi^* &v aCr' ic x^paKac, Ikotov thc bpoxfin^i*
nam iv ante i^iroXai positum quo modo excidere potuerit nein:
nem fugit.
Ofidmeider: «xaeadationes Ari«topluui6ae. 3S&
ZCill. Kübiam 1382
cl pdy ft ppöv chtoic, tph yvouc Sv iti6iv itiicxoy.
admodnm memorabÖe est quod Antdatticista m Bekkeri atxecd. I
p. 85, 28 refcrt: ßpO* liti to& itieiv. *Apicrotp(ivTic Ncqp^Xaic beu^
rfpmc bitte Bnim patet Toteres gl*ainmaticoB ofim bie legisse non
ffßify aed ßpO, eamque formam Aristopbane quidem non nomiiiatö
agitoscit etiam Pbr]rnicbn8 ibd. p. 31, 9 ßpO* TÖ öiTOKÖptqiQ, S tcn
XffÄM^vov Tofc ironbiotc cäpßoXov toO iricTv ' Jhtcp ?vioi cöy t^
0 Tpi<pouci ßpoC, item agnoecit Cboeroboscus comm. in Psklm.
p. 95, 10 Mppr\iia ^ovo€liUa9oy ixov ^(xpovov (tö u) iicrcivei
aiiTÖ, otov vuv (corr. ^0), Tpür ^pOi unde Lobeckios Path. elem. II
p. 286 etiam in Terbia Arcadü p. 182^ 9 i, vOv (fiu correxit Lebr-
sins quaesi. ep. p. 45) , YpO Kftt — pro ultima Toce xestitoit ßpG,
itttitnendiuiiqiie Tideinr etiaai) Tbeognosto Canonum ji. .155, 28 tä
eic V iiovocuXXaßa bia toO u miiXoO ipd^oviai kcu Trepicnfixctt vO
{kg. ppu)« TpO t ^u. contra ßpöy, <)uod Aziatopbania codioes onmos
babent, in ordinem rettnlit Heajcbius I p« 403 ßpuv* truiv (qui
tamaii affeit etiam p* 401 ßpoO' nieiv. nam aic pro ßpoOc
ItSebmidtius iure eorrexit ex Pbxynicbi 1. 1.), eamque formam apud
Aziatopbanem BoBtathins qooqne legit ad II. p, 1142, ll.Td ßpOv xö
xopdxuifUXiu, quem ad modnm. etiam scboliaata ad versum Kubiiun
adnotant: ßpCv' ficivioc 9Uivfi naibduv» (mörav Trietv £tit^; sed
baec recentjoris scboliastae sunt magiaquaacire ayemus t^uid Sym-
aachaa Icgerit. sed si quid, ex eius verbis ad £q<, 1126 (ppuXXuiv:
OjMpaxoc bi änomvuiv, bc jAifi^iceaic Tf)c Tijuv naibwv 9uivt)c,
tUL Suida I 1 p. 1Ö50) coUigendum potius ßpC eum noTisse. nam
ppuXXui vix potuit a ßpuv derivari, sed a ßpO (cf. ySj ^OXXui). atqne
Qt libcve dieam quod sentio^ infantea qui prima faciunt loquendi
pehcida, in Tocales exire conamina sna quam in litterae eonsonas
jDalimU potior igitur formae ßpO auctoritas, coi propngnant gram-
autici nobilisaimi Pbi^ynicboa ei Herodiaaus (nam ab boc pendet
Cboeroboscoa), quibua si qoia Hesjebii et Eustaibü außtoritatem
-ippooat, ego intellegare ndbi videor quo modo et ilU et Aristopbanis
Hfcnhi in ßpOv abeRaverint. cum enim antiquitus scriptum esset
BPYMdTIOlC, boc ilU male instituto meriamo putabant esae ßpöv
dsmct Md diiidere debebantsic: ßpG'veinoic i. e«ßpO dveiTioic
n praeeoms modo äUa voce damobas ßpu). etsi autem *v Aristo-
pbttes qoantum memini ex (v tantum decurtare solebat» tamen in
Aesebyli Septem extr. oerte legimos )ii\ 'vaipairfkvai et in £ur.
Bicebis 1072 {if| SfaxouTtCCi&, etsi alii in bis non apbaeresin, sed
•jaizenn statuunt. ceterum ANauckius quoque Aristopb. Byz. fr.
p. 154 (eoll. Pbilol. I p. 359) indicat ßpO eam formam esse ex qua
■aU Tox ait, led ßpOv tamen boc loeo probat, quippe quod accusa-
üvas ex ßpO praeter normam factum tamquam substantivum sit,
»fliparaBS ipimav ab interiectione ^pArra derivatum in Ludani
|;«xipk. 3 et Epiat Saturn. 35. sed cum ibi bodie ex libns me-
^»ciboi legatur ^inhra Korrardvac (KatOTEtvacai) convenienter
336 OSohneider: emendationes AriBtophaneae.
aliorum qui ea elooatione nsi'simt oonsaetudini (cf. Thes. Par. VIII
p. 1939^) f nihil relinqnitur qnod cam.ßpOv conferri possit praeter
cri^^iv» Ktwdßapiv aL (cf. Nanckius 1. L), qoae sabstantiva sunt
nee Täc rdxac (Naack. p. 352 ann. 3) comparare lioebit. sed
Nanokius eüam |Jia^^äv et Kfinacäv qnae Nab. 1382 sq. legontor
scribenda patabat pdmiav et KdKKCtv, ut adverbia essent nominnm
modo decllnata. sed nihil vetat ne puteoms Strepsiadem in&ntb
desideria partim ^iphonemate partim verbis ab epipfaonemate den-
vatis indicayisse.
XCIY. Nubium 248
CS2. irotouc Oeouc öjict c6; irpujTOv jdp Ocol
fmiv vöfLiic)i* ouK fori. CT. Tiji jdp ö^vuT*; f\
cibap^otciv, ujcTrep iv BvlavTia^;
de verbi ^^VUT€ integritate primae dnbitavit Ooettlingius in pro-
grammate lenensi quo novi prorectoratns auspioia anni 1852 in-
dizit. et profecto 6^uvat nvi nihil aliud significare potest nisi
inrare in gratiam alicnias, non, qnod hie opus est, innire per aliquem
denm, praesertim cum ipse Socrates modo dixerit no(ouc6€ouc
öficT ci; accedit qnod, si yerum esset S^v^lTC, idem verbnm etUm
ad ctbap^Oiav snpplendam esset, at nemo tradidit Byzantios inrare
solitos esse per cibap^ouc snos. et ne apta qnidem est inris iunrndi
mentio. nam aperte Strepsiades ea tantnm qnae in hoc legontur
versa (f^tv v6^lC^* oök fcTt) omisso 0€o( memoria retinens tö vö-
picfia interpretatnr numtnum. cni sententiae convenit qnod Ooett-
lingins restitaere volebat: v^ V0fi(£€T*; fi — , qnam coniectnram
Bergkias ita mntare volebat at praeferendom pataret f^ vofiKerc
cibap^oiciv, qaamqaam hoc in yerboram ordinem recipere nolnit.
eqnidem aatem emendandi facilitatem desidero et in S^vuT* latere
allqnid pato qaod in illad aliqaanto facilias depravari potnerit. nee
din hoc frastra qaaeretar. nam cam Strepsiades sibi visas esset au-
dire dicentem Socratem apad Socraticos non esse nammnm, peconia
aatem intellegeret careri omnino non posse in commercio, iore quae-
siverit, cninam tandem rei istad nomen (vö^ic^a) apad Socraticos sit.
atqae haec sententia verbis inerit modo sie corrigatar: ni» ipp Tou-
V0^'; f) eqs. apparet aatem orationem esse ex Socratis verbis explen-
dam sie : T(L fdp ToCvopa nap ' ö^iv icn ; nam hoc sibi poeta voluit :
So, bei was für göttern schwörst du? erstlich: gÖtter sind
nicht conraDt bei uns. Str. welch ding denn heiszt bei ench coaranf'
wol eisenstuckchen, grade wie in Byaantion?
in primo versa cor OBachmannas 1. L p. 126 pro 6^el cu scribere
volaerit c5 fiuipc caasam non ezpato.
XCV. Nubiam 1233
TTA. Kai TaOr ' iOeX^jccic diro^öcai ^ol touc Ocouc ;
CT. iTotouc Oeoüc;
TTA. TÖv A(a, t6v '€pM<iv, töv TToceibui. CT. v#| Alou
OSchneider: emendationes Aristophaneae. 337
soa endo hac qnidem raüone Aristophanem Yoluisse umqaam tri-
metranim iambiconun seriem intemunpere singulis interpositis iam-
bis. oerte paolo aliter faabent qui afferri posaunt loci, velat si ita
interpoBimtor interiectioiies, quod eaepissime factum, minus hoc
minim est. quamquam quaesiverit quispiam, num potius in eius
modi lociB interieetiones a acribis bis tantum quaterve positae sint,
sb ipgis aotem faistiionibna totiens sint enuntiatae ut versum ex-
pWrermt, quod re Tera nunc factum Av. 1170 loO ioi}, lou loO, ioi)
iou, ut ^u ^0 pO ^C £q. 10, 0 {i 0 ü Pluti 895 totiens repetita sunt
quotieBB ad integrum versum efficiendum opus erat, interiectionibus
iQtem aequiperandum est illud ri q)t)c, quod tamquam aliqua ad-
fflinadi interiectio semel positum £q. 1346. Nub. 235, bis Ljs. 710,
led Tenum non ezplet. tum interiectionis instar etiam elev yidetur
esse, quod ita legitnr £q. 1078. 1238, ut saepius integri trimetri
pin est: Nnb. 176 (1075). Pacis 663. 878. 1284. Thesm. 407.
1188. Ban. 607. deinde interiectionum naturam sequuntur quodam
modo Tocativi: Ach. 276 0aXf)C OaXf^c. Ach. 404 £öpiiT(bii €öpt-
iribiov (aliter 4>etbitnr{5ii, <t>€ibiinnbiov Nub. 80). (b CuiKparcc, |
ttt CuiKporribiov Nub. 222. sed 'Apra^ouEia, quod Scythae est
Tbeem. 1217. 1223, metrum non sapit. postremo interiectionum
üutar haberi possunt etiam imperativi, si quando orationi inter-
poDontor utTersumnon ezpleant: dta, KdOiZe Ach. 123, quae prae-
eonif Terba sunt, quamquam alibi praeconis Tel eius, qui praeconis
penonam agit, pedestris oratio antecedit ut ciroubf| ciroiÄ/j. | cö-
9ryiciT€, cuqffifieiTC Pads 433 coli. 1104. <^ch. 237. 240, et longior
urmo praeeonis soluta oratione pronuntiatur totus Thesm. 295 sqq.
led abi pneterea solutam orationem legi aliquis putet, pro iambo
tüod metnim habemus, velut bacchios Ach. 711 treirpäcOai ireirpfi-
c6qi, Lya. 711 dikrfif\ ikrfi% vel creticos Lys. 879 ^laßiAa, MdMa,
IttMfiia, Tel dochmium Nub. 1169 lui idi t^kvov, qui fortasse resti-
taeadus etiam Lys. 716 est scribendo idi (lui) ZeO (ZeO) et Nub.
1259 iui (iui) ^oi }xou verum ab bis omnibus praeter Ach. 407 dXX'
ov cxoXi), de quo moz disputabimus, immane quantum diflEert de
quo disputare instituimus locus Nub. 1233. nam ibi Touc Oeouc et
com utecedenti oratione px qua haec verba repetuntur, et cum iis
qua« sequuntur verbis artissime cohaerent. itaque vel hoc permirum
»cdderet, nisi longo aliter de hoc loco statui Codices inberent. qui
cuD praeter BaTennatem omnes in prindpio addant: Tv' fiv KeXeucui
IUI C€, integrum trimetrum pro uno diiambo ezhibent. per autem
ninnn est plane neglegere hoc yoluisse recentiores criticos plerosque
eBB GHermanno, etsi is in dissertatione de parüculo fiv scripta p. 13
iUud reliqnit. et sane difficile est dictu quid illis verbis Pasias sibi
vehwrit. nam obscurissima sunt verba nee lucem accipiunt eorum
uteqffetatione qui Iva putabant esse coniunctionem finidem aut esse
pro 5irou aut pro oTqi Tp&n^^ (cf. Teuffelii ann.) , auctaque est ob-
levritas, quoniam non additur quid sibi velit kcXcucu) nude dictum.
<ed taBWB in hac obscnritate aliquid cemere mihi videor. nisi enim
fir cIiM. phUol. 1B79 hrt. & u. 6. 22
338 OSchneider: emendationcB Aristopliaaeae.
egregie fallor, obscuritas illa inde nascitur, quod orationemsiiam
Pasias non ad finem perducit, quippe qaam Strepsiades intemimpat
et postea quoque (y. 1234) non sinat ad finem perdnci denao inter-
nimpens. itaque interruptae orationis Signum post KcXcücui *vii C€
ponendum erit , ut omissum esse qnid Pasias KeXeueiv voluerit in-
tellegatur, cum autem olim Strepsiades peeuniam a Pasia aeeipiens
per deos iurasset se soluturum (y. 1227), aptissime Pasias quaerere
potuit, num Strepsiades iterum peieraturus esset (nam perinriuin
fnisse quod olim peouniam petens iurayerat, nunc patet), si ipse naoc
iussisset iurare soluturusne esset peeuniam necne. hoc si recte conieci,
statim apparet quo modo molestum illud tv' fiv remoyendom sit
quod ubi in i^v aO mutari iussero, quiyis concedet nihil ezcogitari
posse quod et sententiae magis conyeniat et facilius in illud quod
nunc obtinet deprayari potuerit. sed si non concedet tarnen, hoc
certe assentietur, non neglegendam ita fuisse plurimonun codicnm
scripturam laudandamque fuisse Beisigii et Bergkii fidem, qnomm
alter edidit idy KcXeucu) *T^ c' 6fLiöcat; CT. iroiouc OeoOc; — aiter
scripsit : CT. iroiouc Oeouc ; TT. 8v fiv kcXcucu) *ywr(i C€ , ubi 6v
iam Lentingius Obsery. crit. in Aristoph. p. 73 oommendayerat sed
hi quoque cum reliquis editoribus omiserunt quem ante iroiouc 6€0uc
Codices quidam (etiam Venetus) neglegunt articulum, quem firmant
y. 1270 Td iToTa ToCra irpäTM^^^; ^<^1- 6^6 tö itoiov; alia. qni-
bus consideratis omnibus iam in posterum hoc modo puto locnm
edendum esse :
xal tqOt ' £6eXiic€tc diroiiöcat |üioi , touc OeoOc
f^v aö KcXcucu) *TW ce — CT. touc iroiouc 6€0uc;
nam prius ToOc Oeoüc, quod antea ad priorem enuntiationem re-
ferebatur, ad alteram reducendum duco. iam locum ita conyerterim:
Pas. auch das wol willst abschwören dn mir, wenn meiner aeits
auch ich yerlang, bei den göttem — Sir. bei welchen gottern
denn?
Alter locus quem yalde memorabilem esse dizi propter diiambnin
in trimetrorum ordinem praeter expectationem immissum, legitar
XCVI. Achamensiufti 407
AI. AtKaiöiroXic koXci ce XoXXeibric, Ifd).
€Y. dXX* ou cxoXrj.
AI. dXX' ^KKUKXrjenT*. €Y. dXX' dbuvaTOV. AI. dXX' öfAUK.
nam hie quoque qui nunc extra ordinem inter iambicos trunetros
yagatur diiambus ita cum reliqua narratione cohaeret, ut intellegi
nequeat, cur Aristophanes integrum trimetrum proferre noluerit.
quamquam autem hoc quidem loco non aeque ac Nub. 1033 co-
dicum pars trimetri integritati opitulatur, yel sie tarnen trimetrum
olim hie quoque fuisse censeo, qui talis esse potuit:
dXX' oö cxoXf) <vuv f CT* OiraKOueiv, ou cxoXifi>.
non affirmo ego quidem hoc ipsum dixisse Aristophanem, sed certe
OSchneider: emendationes AriBtophaueae. 339
aUqnid umile, in quo aeqae &oile trimetH duae partes iniercidere
pctoerunt. aliter CFHermaniins in ges. abh. p. 276 integrum tri-
metram restitui posse patabat, repetito y. 404: €upiiribTi, €öpi-
mbtov. €Y. dXX ' oö cxo\f\.
Non minus mirabilis est trimeter iambicns mediis tetrametris
iateipositiis in
XCVn. Nubium 1415
kXoouci Traibcc , irar^pa h * oö KXdeiv boKcTc ;
BBm M lioc qoidem alibi in Aristophanis fabulis factum est. atta-
mtn arüfidose faoo Dindorfius et Eockius putabant fieri , quo magis
tfptirtni parodiam esse versum. et parodiam (cf. WRibbeckius ad
Ack p. 286 et Sante-Bakhuyzen de parodia in com. Aristoph.
^51) iam soholiasta agnovit ex Eur. Ale. 694 a£ferens X^ip^^c öpiliv
<pwc, iroT^pa h* ou x^ipciv boK€ic; quem versum plane integrum
in Thesm. 194 legimus, ubi cum Euripide coUoquens Agathon ver-
nm ot ab ipso Euripide factum affert. at hie si Aristophanes nihil
iliad praeter sola Euripidis verba ir€irap({)bim^va dedisset, hoc ad
ipaun ZBm qoae agitur indicandam non suffecisset. nihil enim ista
Terba significare possunt nisi hoc : ^infantes yapulant, patrem autem
■oa pataa vi^ulare?' (nam KXdciv patet fere idem hie esse atque va-
pMlor«, cum ▼• 1412 praecesserit in eadem re TUirreiv). certe nisi
iMclripas et tormenta adhibneris, non efficies ut haec futura sit sen-
teatia quae tina oonvenit loco : infantes vapuUtnt^ pairem autem non
piäas tapidare iure? in quibus istud iure plane necessarium esse
ipu totius loci ratio manifestum facit. nam in initio colloquii Phi-
iippides V. 1405 demonstraturum se dicit die biKaiov TÖv TTOT^pa
KOÄdZciv (coli. V. 1411), tum Strepsiades, postquam in suas a Phi-
<^ppide partes tractus est, affirmat v. 1438 : xXdetv fäp f^fic € i k 6 c
^CT*i iW M^ biKCUUic bpui^€V, hinc paene ultro offertur vox quae
Tionun locam apte expleat:
icXdouci iratbcc , iror^pa b * ou xXdei v bOKcTc b i k a i ui c ;
in qoibus quo modo construenda verba sint docebo tali versione :
« bfoUn kinder; ein Tater, meiiut da, heulet nicht kraft rechtens?
^ intem voce aliquante probabilius mihi videor lacunam explevisse
'iosm fedt Beisigius edens boKcTc Ti ffbri , aut quam fecerunt Her-
werdenus et Cobetus (cf. Sante-Bakhuyzen 1. 1.), quorum ille bo-
KCic irpocfiKCtv, hie boKcTc cö XP^lvai coniecit. at GHermannus et
Vfioekins certe lacunam notarunt, quod non fecerunt Bothius,
B«ekins, Teuffelius, sed Thierschius 1. 1. p. 679 ex codicibus recen-
taiifflis explevit addens Ttf| bf\ quod Strepsiadi tribuebat.
XCVni. Nubium 1235
K&y irpoa(aTa8e(i]Y t\ üjct' 6^öcal, rpiuißoXov.
'.btcomm est in npocKoraOeiiiv quid npdc significet, i. e. praeter
»:j Strepaiadee deponere triobolum cupiat. et scholiasta qui*
22*
340 OSchneider: emendationes Ariatophaneae.
dem praepositionem videtor habuisse iTapaTrXTipui^aTiKrjv, cerieeun
non curat explicans: 2[Tmi(jj6e(Tiv fiv rpetc 6ßöXoucY Tva diriTp£ipr)C
^01 Touc OeoOc* ouTuj KaTaq)povui tou öpxou. Oeoi t^P ouk eld
at Eockius post Emestium, coi GHermannus ne yerbo quidem contra-
dixit, Teuffelius autem assentitor^ invenisse sibi yisus est cor npöc
sit additum. explicat enim: deos adeo contemno, at capiam, modo
peierare possim, libenter tres obolos praeter .irpuraveia solrere.
verum toi irpuraveia neque Pasias neque Strepsiades in hoc collo-
quio antea memoraverant, et tametsi irpuravcta solvebat et qai
accusabat et qui accusabatur (cf. schol. ad Nub. 1136), ut irpuravcta
TiO^vai idem fere esset atque dTKaXeiv et ^tKCtXeTcOai , tarnen certe
tacite indicasset Pasias Strepsiadem se in ins vocatorom dioens
(t. 1221), et Strepsiades quidem ea ratione respicere ad ea non
potuit, praesertim cum re yera in ius ire noliet. praeterea si adeo
cupidus erat iurandi (vel potius peierandi), non TpiuißoXov, puto, se
daturum dixisset modo peierare sibi lioeret, sed nominasset peconiae
summam aliquanto maiorem. qnod autem maxi m um est , ipsius loci
sententia isti interpretationi parum favet. proxime enim antecedenti
versu Pasias deos nominat per quos inrare Strepsiadem velit. quid
igitur convenientius loco sit quam Strepsiadem dicere, praeterea
aliud quid se addere velle, per quod item iuret. veram cor praeterea
per triobolum se iuraturum dicat , mecum neminem quemquam per-
specturum crediderim. at intellegere tamen mihi videor, quid ludere
homo voluerit. nominato enim Neptuno addit eins dei tridentem,
ut etiam efficacius sit per Neptunum dictum ius iurandum. sed tri-
dentem non appellat solito nomine rpiaivav , sed quo ludere possit
appellat t p { ß o X o V. ludit autem dum sinit dubium esse , num rpi-
aivav intellexerit (cf. Hesychius IV p. 173 TplßoXov* äKOvra, rpi-
aivav) an yilem eins nominis herbam. nam in ea versus parte toi
posita est, qua parte discemi nequit utrum intellegendum sit nam
xpißoXoc ubi tridentem significat, primam syllabam brevem habet,
ut par est, sed ubi herbam, a longa syllaba incipit (cf. Lobeckü
Path. proleg. p. 131). et Pasias quidem alteram hanc significationem
agnoscit, quo fit ut iratus mox iubeat Strepsiadem abire in malam
rem £v€Ka dvaibciac nam si Neptupi tridentem agnovisset, rix
poterat irasci. quodsi Aristophanes , ut mihi persuasum est, rpi-
ßoXov scripsit, mancns nunc versus est, cuius vitii etsi inoertissima
est medela, tamen vix lenior reperietur hac:
kSv irpocKaraOeiiiv t' J&ct* 6^öcai xpißoXov <£ti>.
£ti cum etiam in sequentis versus fine logatur , causa non deest cur
in priore versu omissum esse putetur.
Haec vix scripseram, cum opportune a£fertur horum annalium
1878 fasc. XI, ubi Muellerus-Struebingius p, 763 sqq. docte dispu-
tavit de Neptuno OaXaccitp, qui ab initio patronus fnerit nautarum,
de maritimis suis itineribus erroribusque saepe portentoaa et in*
credibilia narrantium et impudentissime mentientium (ut hodie facere
putantur venatores), mox autem patronus evaserit omniom cniui-
OScbneider: emendationes Aristophaneae. 341
conque foexint generis hominum , qoi quidem mendacionun faerint
amaiites. et ob hoc patrocinium etiam hoc loco Neptanum xnemorari
Tir ingeniosas iure statuit, cni id quoque lubentissime concedo,
Xeptmiiun cnm tridente sno intellegi. sed non credo usitatissima
iOi certisaimaeqne significaUoiÜB voce spectatores admoneri de tri-
dente potniese et spero Mnellemm-Straebingiam concessurum mihi
pnestare leni mutatione ipsum tridentem hie reetitaere.
XCIX. Pacis 1126
oö KcrraßaXetc ra xdibt*, (b Om^iTÖXe;
fixoucac; 6 KÖpoE otoc f|XO* Ü 'QpeoO.
eine diroTrenf)C€i Oänov eic *€Xu^vtov;
bis verbis servus Hieroclem vatem et chresmolognm Oreo Euboeae
oppido orinndnm alloquitur, qni ut solebat sacrificantibus se in-
miteuerat ut particeps esset epnlamm sacrificalium , et Kijibta quae-
dam aliconde sorrepta secnm attulerat» quae proieere eum iubet
serms minis usus, ubi GuiiTröXoc non sacerdotem significat, ut
Theognostna p. 20, 18 (GmiiröXoc* Upcuc), Suidas I 2 p. 1220
(OuipröXoc* 6 9ÖUIV Upcuc, cf. Photium et Zonaram s. v.), Hesycbins
il p. 328 (OuntröXoc * 6 iT€p\ rdc 8uc(ac dva€Tp€q)6^€Voc Upcüc)
Tohmt — nam sacerdos non fait Hierodes — sed aliqnanto latius
pitet in Universum significans qnicnmqne circa aras versatar: cf.
Etjm. M. p. 626, 20 (coli. Oud. p. 430, 14) Oun^öXoc' 6 ncpl rdc
Oucioc dvacTp€q)ÖM€VOC, quod firmat etiam Suidas 1. 1. (coli. Photio
et Zonara) addens etiam : 6ur)TroXoOci * irepl Tf|v Ouciav dvacTp^q)OU-
civ. hoc igitur cum Hlerocles fecerit camis partem sibi expetens,
apparet eum recte vocari OurinöXov, etsi hoc nomen PoUux I 14
irotTfniobTCpov appellat, qua tamen nota non iudicabat opus esse
1 29 in Toee OuiiiroXfa. — Sed non aeque expedita causa est, cur in
oHimo versu urbis Elymnii nomen adiectnm sit, in quo nomine non
videtur dnbitari posse quin Aristophanea iocari yoluerit« sed is
iocoa qualia fuerit, nee veteribus nee recentioribus interpretibus
oontigit ut indagarent neque enim ad iocum demonstrandum facinnt
Kboliastae verba utcumque sunt docta: KaXXtcrparöc 911a töttov
Etj^oiac TÖ 'Qü^viov. 'AnoXXidvioc hk vaöv q)iiciv eTvai irXr)Ciov
Ct^iac * vuMq)iKÖv bi tivcc aörö 9aciv, ort 6 Zeuc tQ "Hpqt £k€i
cuv€T6f€T0. M^^VT)Tal kqI Co90kXt)c (fr. 802 Nauck.) «irpdc ir^Vpaic
EXu)ivfanc>, xal l\ NauirXfip (p. 401 N.) «vum9iicöv '£Xu^vtov>.
MC plus conferunt ad explicandum Aristophanis locum quae Bur-
onus in ^geographie Ton Ghriechenland' II p. 434 de illo loco ad-
Botant, nee snfficiet si quis stataat, quod sane non ineptum est, ubi
qoii Aihenia yoluerit in interiores Euboeae regiones proficisci, per
Jlim uibem eo proficisci solitum fuisse. at videor tamen mihi per-
spicere, cur hie eins loci mentionem servus fecerit. detestatur enim
semis Hieroclem, ut eum possit inbere abire in malam rem. id
^vod Aristopbani alibi est dnat* Ic ^aKap(av iKirobibv (cf. Stall-
'banaias ad Plat. Hipp. mai. 293^), Epicharmo autem fr. 107 Ahr. :
342 OSchneider: emendationes Amtophaneae.
änax' de töv q)Oöpov. quorom alten Macarins pavoeoL II p. 72
comparat ßdXX* de übtup, ßdXX' eic SXeOpov et freqaentusimum
illud ßäXX' ic KÖpaKac (cf. Ar. Nub. 133. Vesp. 835. Thesm. 1079.
Plati 782. fiiroT* ic xöpaKQC Macarius II 24). similiter igitarsenrud
detestans Hierodem videtur amandavisse in locmn ubi nihil nLsi
fietas sit sive TÖ I L nam I I ilentiam est nt in Aeschyli Prom.
578. 579. 603. 743, ita in Ar. Vesp. 316. hoic igitur interiecüoiii
Aristophanem suspicor loci nomen accommodavisse, qnod, com nos-
quam nisi geminata interiectio iUa in usu foisse yideatar, non poterat
aliter fieri nisi ut solitom loci nomen panlulum immntaretur dupli*
cata priore syllaba, ut versus evaderet talis:
OtJK älT01T6Tl'iC€l eOTTOV €ic 'CcXu^VlOV;
quasi germanice dicas:
wirst s^lelch davon da fliegen fort nach WehestIdt?
non alienus autem ab Aristophanis consuetudine eins modi lusos est.
ita enim Cleonis animum, nt hominis furacis, esse dicit £v KXujTTibuuv
(bri^^)) pro £v KpwiTibuiv Eq. 79, et populäres suos ut sempcr
hiantes appeUat Kexnvaiouc, non *AOT)vaiouc, Eq. 1262.
C. Nubium 686.
CT. 0iX6£6Voc , MeXriciac , 'A^uviac.
CQ. dXX* di TTOvrip^, laOrd t* ouk fcT* fippeva.
expromit illa nomina Strepsiades a Socrate iussus etiam vironim
nomina proferre , quae cum ille dicat se habere ^upia ( v. 685) , non
videtur in bis tribus subsistere, sed etiam plura addere voloisse,
quod tarnen non facit, quoniam eins orationem Socrates intemunpit.
itaque post 'Afiuviac interruptae orationis signum ponendum videtur.
sed hoc levius est , gravius autem aliud quod Socrates illis nomini*
bus allatis subicit: TaCrd t' ouk fcT* dppcva. in quibus raCranon
potest non referri ad tria illa nomina quae prolata sunt omnia. nam
femininum nomen esse OiXöEevoc certe non potest ea ratione pro-
bari, qua Socrates probaturus est 'A^uviac femininum esse, scilicei
quia vocativus sit 'A^uvia, quae forma sane sapit femininum gena^.
potest quidem haec demonstrandi ratio etiam ad nomen McXrictoc
transferri, sed non potest ad 0iXö£€VOC, ut vitiosum sit vel TaCra
vel quod primum exemplum esse voluit, nomen <t>iX6E€V0C. quorum
ego quidem potius alterum hoc crediderim, cum ex nomine 0iXö£€VOC
facillime recuperari posse videam quod reliquis duobus exemplia
congruat, hoc Inquam:
0iX^ac, Ecviac, MeXridac, ^A^uvtac —
hinc efficitur ut non solum una eademque terminatio sit virilium
nominum , quemadmodum antea fuit etiam feminarum (v. 684), etoi
multae sunt earum terminationes, sed etiam totidem afferantur viro-
rum quot antea feminarum. in usu autem Athenis Aristophani>
teuiporibus illa nomina fuisse Thesaurus Parisinus docet.
GoTHAE. Otto Scbvewer.
AOUdisch: berichtigung eines fragmenteB des Parmenides. 343
50.
BEBICHTI6UNG EINES FRAGMENTES DES PARMENIDES.
Em nicht onbedeatendes brnohstttck aus dem philosophischen
des Eleaten Parmenides lautet bei Mallach v. 97 ff. mit
dessen lateinisdier ttbersetznng wie folgt:
iirei TÖT€ ^otp ' £ndbii€€V
ofov didvTiTÖv T* £p€vai, Tip irdvT* 6vo^' icriv,
icca ßpoTo\ KOT^OevTO netroiOÖTCc cTvat 6krfi(\ ,
TiTV€C0a( T€ Kai ÖXXucOai, eTvai t€ kqI oöid,
xa\ TÖTTov dtXXäcceiv bid t€ xpda <pav6v d^€(߀iv.
^qQOBiam hoc fatam ita vincalis illigavit, nt solnm et immobile sit,
coi renun nniTersitati nomen est, (de üs loquor) qaae mortales sta-
tuffiiat eredantes esee Teni) nasci atqne interire, esse et non esse, et
loemn matare et nitidum colorem convertere.'
Dasz in dieser lesong das bmchstflck verderbt ist, erhellt teils aus
dem giniliehan mangel einer sjmtaktischen verbindang zwischen den
beiden ersten und den drei folgenden versen, welchen Mullach durch
<)ie TOS ihm eingeschobenen werte 'de üs loquor* nicht beseitigt,
sondern nur bemerkbarer macht, teils erhellt es aus dem augenfftlli-
gen onsinn, welchen die werte Tip irdvT* ^vo^' dcrlv aussprechen.
rm dies letalere klarzustellen, mttssen wir das tötc, von welchem
Pinnenidea redet, uns nilher ansehen, das t6t€ ist nichts anderes
ab das abstiacte reine sein, von dem er überhaupt in dem ersten
teil seines philosophischen gedichtes handelt , von ihm einfach das
seiende (t6 6v) genannt, dem er allein Wirklichkeit zuschreibt, wah-
rend er die sichtbare Tielheit und Veränderung des seienden , kurz
die ganze sichtbare weit, als das nichtseiende (t6 ^f| 6v) bezeichnet
ud Air eine leere teuschung unserer sinne erklftrt, wie Seneca e^pist.
^, 44 ganz richtig sagt: Pcarmenides at<, ex Ai9, quae videniury nihü
ft9e m umvenum. der Parmenideische gegensatz des seienden und
niditseienden ist ganz analog dem Fichteschen ich und nicht-ich;
«^ während bei Fichte das nicht-ich dem ich gegenttber ruhig fOLr
«i^ besteht, geräth das nichtseiende des Parmenides in die verderb-
liche dialektik , dasz es sich selbst vernichtet, man kann die lehre
des Pnnnenides nicht kürzer und schärfer ausdrücken, als es Aristo-
teles metaph. I 5 in folgenden werten thut: iropd tdp t6 öv t6 ^f|
öv oue^v d£t d»v cTvai , ti dvdTKnc Iv oTcTm cTvat t6 öv kqI fiXXo
ovOJv. in der identificierung des ^f| 6v mit oöG^v besteht die ver-
nichtende dialektik , wie auch Plutarch bei Eusebios praep. evang.
1 8 richtig bemerkt: fpr\ci hk, ÖTi, el Ti irapd tö öv t&irdpxci, toOto
oÜK krlv 6v, t6 bi ^f| öv £v toic öXoic oök Ictiv. dieses seiende
nun ist das t6t€, von welchem Parmenides in dem vorliegenden
hrnekstäck redet, von ihm sagt er, es sei oTov, so dasz er hier mit
tinem worte ausdrückt, was er v. 96 f. so ausspricht: oöb^v Tdp f{
^CTiv i^ (am dXXo nap^K tou ^övtoc. von ihm sagt er, es sei dxi-
344 AGladifich : berichtigang eines fragmentes des Pannenidei.
VTiTOV , dh. um mich der worte des Aristoteles de caelo m 1 zu be-
dienen, oöO^v oiSt€ TiTvecdai oöt€ «pOeipecOai nXiv övnuv, dXXd
^övov boKCiv fmtv. so weit ist das bruchstflck ganz onanfecht-
bar und ganz verständlich; auch sind die ausdrücke olov und did-
VTITOV zu dem in ^ir^bricev angedeuteten bilde eines gefesselten oder
gefangenen sehr passend, dasz aber Pannenides demnftdist sage,
dieses t6t€ habe den namen des Weltalls « ^ist unbegreiflidL hat
denn jemals ein vernünftiger mensch ein solches abstraetnm, das
reine sein, wenn er wirklich es dachte, das Weltall genannt? und
diese unsinnige behauptung soll Parmenides aussprechen, dasz sein
abstractum das Weltall heisze? dazu kommt dasz in der griechiscfaeii
spräche, so viel mir bekannt, ttSv ohne artikel, selbst wo es als snb-
stantivum steht, immer nur ^alles', aber niemals das Weltall bedeutet
Parmenides gebraucht im ersten teile seines gediohtes irov beettndig
als adjectivum in beziehung auf t6 6v, zb. v. 78 ovbk biCttp€TÖv
Icnv (sc. TÖ öv), iiT€i Tiäv icTiv ö^oiov : V. 80 Ttäv bk nXiov icriv
i6y toc: v. 108 inA näv dcTlv ficuXov. auch unsere stelle lautet in
richtiger Übersetzung ihrer gegenwärtigen lesung T(!p irdvr' Svoh'
icm (Tip iravTl dvo^d icnv) nicht: 'cui rerum Universität! nomen
est', sondern (wie ja Mullach das nfiv auch in den anderen so eben
angefahrten versen übersetzt): 'cui omni nomen est', natürlich sinn-
los, weil der text verderbt ist.
Die berichtigung des textes liegt liuf der band, schon das un-
mittelbar auf die wunderliche stelle folgende öcca, von dem man
nicht weisz, worauf es sich bezieht, weist daraufhin, dasx TTOvr*
nicht fttr TiavTi, sondern für Trdvra steht, also irdvra öcca zu ver-
binden ist. damit ergibt sich von selbst, dasz auch tujp hier nicht
das auf töt€ sich beziehende pronomen relativum, sondern das ab-
solut stehende Homerische demonstrativum ist, gleichbedeutend mit
bia toGto. also bleiben ti^ und ndvT* bei der berichtigang des
textes unberührt, und ist allein das anstöszige dvcfi* durch Verände-
rung blosz zweier buchstaben in dvap zu verwandeln; durch diese
kleine Veränderung erhalten die verse nicht nur den besten sjntakti-
sehen Zusammenhang, sondern drücken zugleich die wirkliche lehre
des Parmenides in einem ganz treffenden bilde ans. indem Parme-
nides dem seienden sowol die Vielheit als jede Veränderung abspricht,
fährt er fort:
deswegen ist alles
nur ein träum, was den sterblichen gilt als unleugbare Wahrheit,
werden und wieder vergehn, da sein and wiederum nicht fein,
oder verändern den ort, sichtbare beschaff enheit weehseln.
Berlin. August Gladibcb.
WHBoicher: über die dtte de« c0v6ima. 345
51.
ÜBER DIE SITTE DBS CYNOHMA.
I.
Bm cuvOnpa (anch ctJMßoXov Enr. Bhesos 574, cf)M<x ebd. 12.
688. civiciov loeephos arch. XUL 1, 5, lat. tessera^ Signum^) war
nach Suidas, Photios (ndw.) nnd dem Etymologicnm M. 735, 24 der
ÜOTOc iv itoX^t(i inX Tvuiptc^({i tuiv olxchuv bibö^evoc. es ent-
ipneh demnach ziemlich genau dem mittelalterlichen begriffe des
'üeUgeedirei', woronter man in den zeiten, als die krieger noch
kose gleiehmäszige bekleidnng trogen, das als erkennnngszeichen
dioende wort verstandv wie nun in modernen kriegen als parole
Mut ein begriff Ton kriegsgeschichtlicher bedentang ftlr den be-
tnffenden tag gewftblt wird, so pflegten anch schon die alten, soviel
wir witsen, nnr bedeatnngsToUe und glttckTcrheiszende losnngen
umgeben* nnd zwar sachten die Oriechen der filtern zeit immer
md die BOmer meistenteils ihren parolen dadurch eine aosschliesz-
lieh rriigiflee bedentnng zn Terleihen, dasz sie namen von gOtter n
viUten, an deren besonderm schütz ihnen gelegen war oder denen
ein hervorragendes interesse an der Verleihung des Sieges zugeschrie-
ba wurde, gewöhnlich büdeten die losung einfache göttemamen,
Iwireilen finden sich aber auch deren zwei entweder asjmdetisch
Beben einander gestellt oder durch xai verbunden, auf solche weise
«^tten die cuvOriMora beinahe die bedeutung von gebetsanmfen,
«dflhe an die au den beeren oder ihren feldherren in beziehung
itdienden gottheiten gerichtet wurden, gftnzlich bedeutungslose
parolen, wie deren wol heutzutage hftnfig ausgegeben werden, lassen
üeh ftlr das dassische altertum bis jetzt nicht nachweisen, wie aus
fc%nider samlung, die flbrigens auf absolute Vollständigkeit keinen
■aspredi erhebt, zur genüge hervorgehen dürfte.
a) OOtternamen als parolen bei den Griechen.
Die Üteeten wirklich historischen parolen fiberliefert uns Pau-
UDuasX 1, 10. danach hatten in den kurz vor dem ausbruch der
Pgnwkriege (Herod. VIII 27) geführten kämpfen die Thessaler ihre
'A6ifv& 'huivta, die hauptgottheit der altthessalischen Stadt Iton*
^ad vahncheinlich auch Vorsteherin einer uralten thessalischen am-
* der antdraek iessera bangt mit der eigent&mlieh römischen sitte
iBMcn, die parole schriftlich dh. auf eine tessera geschrieben mit-
nteUea: rgL Panlys realencycl. VI 2 8. 1716. * ygi. die von Pape-
Bfsieler n. Iruiv angeffihrten stellen (namentlich Steph. Bji. n. *Ituiv)
adftdiSaaaa griech. alt. IP i. 464. KOMfiller Orohomenos s. 891 anm. 4
«cUitart eebarfsinnig ans dem umstände dass Itonos ein söhn Amphi-
ktTMi ^nannt wird anf eine altthessalische amphiktyonie , welche in
Itön tkrea mittelpnnct hatte, ebenso wie die ron dort ans gegründete
"^■dt Itoa in Boiotien gleichfalls der sitz eines enltns der Itonischen
A^Waa nad des festes der Pamboiotien war.
346 WHBoscher: über die sitte des OJv6^^a.
pbiktyonie (Müller Orch. s. 391), die Phoker dagegen ihren als i^piuc
ßOTiOöoc verehrten eponymos und stammTatw Phokos (AMommseii
Delphika s. 230) zum feldgeschrei.
In der bei Kalpe in Bithjnien den mit den Bithjnem yerbfln-
deten truppen des Phamabazos gelieferten schlacht war nach Xeno-
phon anab. VI 5, 25 die losung der Griechen Zeiic Gunfip, *HpaicXftc
flT€|iwv. die klarheit der beziehungen dieser beiden gOtter zur 8ito&-
tion, in der sich damals die Griechen befiEmden, l&szt nichts za wün-
schen übrig: Zeiic cujTrip war der vornehmste erretter ans ge&hieD.
unter dessen göttlichen schütz sich auch sonst die Griechen zu steUeo
pflegten (vgl. anab. 18, 16), Herakles aber galt fUr ihren idealen
ftthrer in fernen Iftndem, die er selbst einst siegreich durdizogen
haben sollte (vgl. anab. VI 5, 24 dXX' Sirccte fjTCMÖvt Ti|i ^HfxncXel
und VI 2, 2 Kai ibpjiicavTO irapä rfi *Ax€poucidbi Xcppovrjctp, ^vdo
X^T€Tai ö 'HpaxXfic . . KaTaßf)vai).
Als die Hellenen in den dienst des Senthee getreten waren, d€r
nach anab. YH 2, 31 sich einer mythischen Verwandtschaft mit den
Athenern rühmte, vereinbarten sie mit den Thrakern die parole
'AOnvaia, wie Xenophon ausdrücklich hinznfttgt, um ihrer venrindt-
schaftlichen gesinnung ausdruck zu verleihen (anab. Vn 3, 39 cuv*
Qr\}ia b ' eliTOV 'AOiivaiav Kaiä Tr|v curr^vciav).
Als parolen des filtern Ejros, der nach Kyrop. 1 6, 1. VIU 7, 3
den Zcuc als irarptpoc verehrte, denkt sich Xenophon ao. Vll 1, 10
Zeuc currfip kqi ^t^Mwv, HE 3, 58 ZeiJC cuji^axoc xal fircMuiv.
Der Verfasser des Bhesos nimt dem brauche seiner zeit entspre-
chend mit rücksicht auf die hilfo, welche ApoUon nach derllias den
Troern leistete, als losung wfihrend der nacht, in welcher DdoB und
Bhesos fielen, den namen Ooißoc an (vgl. Eur. Bheeos 521. 573).
Nach Plutareh Dem. 29 war die parole des Demetrios Polior-
ketes bei einer gelegenheit Zeöc Kai Niicr). entweder hat man hier-
bei an die durch den olympischen Zeus des Pheidias so berühmt ge-
wordene combination von Zeus und Nike oder an Zeus und Athena
Nike zu denken, für letztere annähme scheint der umstand zu spre-
chen, dasz Demetrios sich nach Plut. ao. 24 rühmte ein jüngerer
bruder der Athena zu sein.
Aus Plutarchs Eumenes (c. 6) entnehme ich die beiden parolec
des Eumenes und des mit Neoptolemos verbündeten Erateroa, welche
vor der für die beiden zuletzt genannten so verhfingnisvoUen schlacht
in Eappadokien ausgegeben wurden, das feldgeschrei des Kratero^
und Neoptolemos war 'AOnvö xal 'AX^avbpoc, das des Enmene>
Ar)|ifiTT]p KOI 'AX^Savbpoc. auch in diesem falle lassen sich dit
beziehungen, welche die beiden gegner gerade zu den durch die
losung geehrten göttinnen zu haben glaubten, unschwer erkennes.
Erateros wfthlte wol deshalb die Athena zur parole, weil, wieau:
Livius XLII 51 und aus makedonischen münzen ersichtlich ist, die^t
göttin in Makedonien besonders verehrt wurde (vgl. EOMflller hdl
d. arch. § 370, 5) und als eine hauptschutzgottheit der Makedonei
k.
WHfioscher: fiber die aitte des c0v6ri>ia. 347
gilt (LiTias ao. Bennt die in Pella verehrte Athens *AXKibiiMOC). zu-
glekk mochte diese losnng auf die gemttter der im heere des Eume-
&es befindlichen Makedoner, welche schwerlich in den kämpf gezogen
«im, wenn sie gewust hfltten dasz Erateros persönlich das ihnen
gegenftbentehende beer befehlige, berechnet sein: Erateros wollte
wihiseheinlich seine landsleute nnd alten Soldaten durch den hin-
was auf ihre gemeinsame schutzgöttin zum übertritt auffordern.
ober die motiTe, welche Enmenes zur wähl seiner parole Ar\\iT\jr\p
m 'AX^avöpoc ▼eranlaszten , sind wir auf das genaueste durch
Piutvth nntcörichtet, welcher ersfthlt, Eumenes habe vor der schbicht
folgsaden tnuim gehabt: £bÖK€t öpäv 'AXeSdvbpouc buo irapaoceua-
ZoM^vouc dXXifiXoic |idx€c6at, ^löc ^Kdrcpov f|TOUM€VOV (pdXaiTTOc *
€110 Ti^ piv Tfjv *A8nväv , Ti^ bk xfjv Ar|)ui?|Tpav ßoii0oOcav iX6€iv,
Tcvop^ou hi dpfuivoc icx^poO KpaTii6f)vai töv |i€Tä Ti)c 'A^väc,
Ttf» hi vtxuiVTi craxuujv bp€iro)yi^vf)v Tf|v A^tn^pccv cujüluX^kciv
CTt^ovov. anszerdem teilt Plntarch mit, Eumenes habe Demeter
uf sieh bezogen, weil er fttr ein Auszerst fruchtbares, gerade im vollen
lümsehmudke prangendes land gekämpft habe: aus diesem gründe
ybe er aoeh seinen Soldaten befohlen sich und ihre waffen der De-
neter zu ehren mit ihren zu bekrftnzen.
Nach Lukianos TTXoiov 36 mag auch der name des kriegsgottes
twdXioc hinfig als losung vorgekommen sein.
5) OCtternamen als parolen bei den Römern.
Dieaelbe sitte namen von göttem, zu denen man besondere be-
xiehongen entweder hatte oder zu haben glaubte, zum feldgeschrei zu
wiUen finden wir, wenn auch nicht mit gleicher ausschlieszlichkeit
v;« bei den Griechen der filtern zeit (bis auf Alezander d. gr.) auch
tti den BOmem, wenigstens seit der zeit der ersten bttrgerkriege.
So war nadi Servius (zu Verg. Aen, YII 637) die stetige losung
tw« Marias Lar deus^ die des Sulla Äpoüo IkljfJdimSf die des Caesar
y^mti Otmäfix. dasselbe bezeugen in betreff des Caesar Cassius Dion
tLXni 33) und Appiano6(b. civ. II 76 n. 104), während Pompcjus
Mch Appsan (ao. U 76) den 'HpaxXfic dviia)TOC (HercuUs vietor
(^ mvidms) wfthlte. in allen diesen fftllen lassen sich die grOnde,
vekhe die genannten feldherren veninlaazten gerade jene götter-
siiMB cor loeung zu machen, leicht errathen. Marina wollte mit
tnaem Lar deus offenbar andeuten, dasz seine Soldaten fCLr das
tbeoersie was es iür sie gab, fOr haus und hof, weih und kind, f&r
<Us wohl der heimat (pro aria foei$que) , deren ideales Symbol die
Urea waren, kämpften. Sulla wählte den Apollo Delphicns, weil er
•a diesen goit geradezu den schutaherm seiner familie verehrte, da
*cat«r seinen vor&hren der erste, welcher den namen Sulla führte,
der sibjllinischen decemvim die Stiftung der ApoUinari-
qnele vorzflglich betrieben und darttber eben jenen namen be-
halte, so war auch der dictator Sulla ein abergläubischer
Verehrer des Apollo äXeSiKOucoc, von dem er ein kleines goldenes
348 WHRoBcher: über die Bitte des cOv6iiMa.
bild, welches aus Delphi stammte, in den stunden der scblachtbel
sich zu tragen pflegte: was ihn übrigens nicht abhielt das orakel zu
Delphi, dessen ansehen freilich damals sehr gesunken war, Schonung^
los zu plündern' (Preller röm. myth. s. 271). dasz Caesar in der
Venus Genetrix die urahnin seines geschlechts verehrte, ist bekannt ;
genug, der Hercules invictns des Pompejus endlich sollte wol eine |
anspielung auf seine gewaltigen, stets siegreichen zttge von einem
ende der damals bekannten weit bis zum andern und auszerdem ein
glttckverheiszendes omen für das fernere gelingen aller seiner Unter-
nehmungen enthalten, nach Preller ao. s. 655, 2 stand sogar ein
Hercules Pampeianus beim Circus Maximus, und Plinius n. h. YU 95
vergleicht, wahrscheinlich auf grund ftlterer traditionen, geradezu
die Züge des Pompejus mit denen des Hercules: i?erum ad deeus im-
perii Bomani, tum scHum ad viri uniuaperHnet vidariam^ Pompri
Magni tüülos cmnes irvumphosque hoc in loco nuncupari^ aequaio
non modo Akxandri Magni rerum fvHgore^ sed etiam Her cutis pro}^
ac Liberi Patris, bisweilen gebrauchte man auch die namen obscener
gütter als parolen und suchte damit die tribunen, welche sie in
empfang zu nehmen hatten, zu verhöhnen, wie es zb. Caligtda nach
Cassius Dien LIX 29, Suet. Cal. 56, losephos areh. XIX 1, 5 mit
Chaerea that, indem er ihm die namen von göttem wie VenuSj Pria-
pus, Öupido usw. als losung übergab, günstige Vorbedeutungen all-
gemeinster art ohne besondere persönliche beziehung des feldherrn
zu den betreffenden gottheiten scheinen losungen wie FdieUas (Caes.
h, Afr, 58) zu enthalten, dasz dieser name grosz zu schreiben und
keineswegs ein abstracter begriff ist, dürfte aus der thatsache er-
hellen, dasz Felicitas eine allbekannte in Rom verehrte gottheit war
(vgl. Preller röm. myth. s. 619 anm. 5 f.).
c) Sonstige parolen der spätem zeit.
Neben dieser ftltem bis in die spfttesten zelten des classischen
altertums bestehenden sitte, bedeutsame gOttemamen zum feldge-
schrei zu wShlen, kommt etwa seit Alexanders des groszen zeit ein
anderer verhSltnism&szig seltnerer gebrauch vor, auch andere be*
deutungsvolle worte in gleicher weise zu verwenden, so soll nach
Lukianos (ÖTt^p irraicMorroc 9) Antiochos Soter vor einem gefecbt
gegen die Oalater in folge eines traumes, in welchem ihm Alexander
d. gr. erschien, seinen Soldaten das wort ÖTtatV€tv, das bereits Alexao
der vor der Schlacht bei Issos als gutes Wahrzeichen grient hatte, zur
losung gegeben haben, von Claudius wissen wir ans Sneton C7. 42
und Cassius Dion LX 16, dasz er, sobald er einen seiner feinde he-
straft hatte, dem wachehabenden Offizier nicht leicht eine anden«
losung sagte als die gnome: fivbp* dTra^i)vac6ai, Are nc irpörcpoc
XOtXcTnfjvi]. Sueton {Nero 9) berichtet von Nero, dasz dieser am tage
seines regierungsan^ttes, um seine mutter zu ehren, dem die parole
fordernden tribunen die worte optima mater übergab, die parole de^
Pertinax, durch welche er seine truppen aus ihrer schlaffbeit aui*
.WÜRoscher: über die ütte des cdvOrifUL 349
letteln wdlte, war mOUemus (scr. bist. Aug. 1 108, 32 u. 142, 22 P.),
die des Se?eni8, welcher an die tradition des von ibm bo bocbver-
dtrten Pertinax anknflpfen wollte: läbaremus (ebd. 142, 22 iusaU
iMe sigmtm tränmo dort 'läbaremus^ quia PerHnax, quando in
■ymiMi adaeUus es^, dederai ^müUemus*), Lukianos (Aiövucoc 4)
denkt sich als das feldgeschrei des Dionysos in Indien den bekannten
Bikduschen ruf cöoT. nach Vegetius endlich (q^, rei mä, HL 5)
wirai qpiter glack?erheiszende parolen wie victaria^ paHma, vkitu^
^ floNseum, iriumphus imperataris fiblich.
n.
IHe so eb«n angeführten beispiele — im gansen 30 — mögen
gcBflgetti nm zu zeigen dasz wirklich, wie ich oben behauptet habe,
die alten nie ein bedentungsloaes wort zur losung machten und in
der ilkm snt bei den (kriechen ansschlieszlioh namen Ton göttem,
weidie irgend eine deatliche beziehnng zu den kämpfenden hatten,
gewiUt worden, es gilt jetzt einige stellen antiker historiker, deren
gegnwirtige schreibong grOszere oder geringere bedenken hervor-
raft, weil sie mit den gemachten beiden beobachtungen im wider-
sfnch stdit, zn emendieren. es sind folgende yien
a) Von Herodotos IX 98 wird enäUilt, wie Leotychides, als
fr dioth samiache gesandte, wahrscheinlich im auftrgg der übrigen
loaier angefordert, in den gewSasem von Samos erschienen war und
die Perser an der gegenüberliegenden küste von Mykale gelagert
^, den an deren seite befindlichen loniem von seinem admiral-
Kkif ans dnrch einen herold folgende auffordemng zurufen liesz:
^tybpcc luivcc, öcoi u^ujv tutx^^vouci inaKOucvrcc, \i6BeT€ t&
^^' irdvTuic T^ o^v cuvi^couci TT^pcat ti&v ^t^ öjuiiv £vt^-
Wl ineav cumiicrui^cv , ^CjüivficOat Tiva XP^ iXeuÖepfaic ^iv
vohrTuiv wpurTOv, }UTä bi toO cuvSifVictTOC "Hß^c usw. in diesem
nsamnenhaiige musz der name der Hebe groszen anstosz erregen,
*eü «ine speeielle beziehung dieser göttin weder zu den loniem
3L haare der Perser noch auch zu Leotychides noch endlich zu der
pum Situation irgend denkbar oder nachweisbar ist. von einem
•rgcadfie hervorragenden cultns der Hebe unter den loniem ist
uju Bieht daa geringste bekannt, ebenso wenig aber auch von einem
dofte derselben in Lakedaimon, dem vaterlande des Leotychides.
^^oiaapt aefaeint es, abgesehen von Sikyon und Phlius, wo die
2tSttia bekanntlich unter den namen Dia und Qanymeda verehrt
wd«, BOT Eosierst wenige tempel der Hebe gegeben zu haben,
ttckwcisbaie cnlte derselbcm befanden sich nur noch im Eynosarges
a Athen, anf Kos und auf Aigina (vgL Preller gr. myth. I* s. 391).
*^c&so wenig liszt sich endlidi auch in dem mythos der göttin eine
:estl3die b^ehnng zu den Griechen vor Mykale erkennen, denn
2« begreift nicht, was den Leotychides veranlassen konnte gerade
u mundsdiwikin nnd dienerin der olympischen gOtter und die ge-
^>Uin des Herakles, welche keineswegs als die mutter der dorischen
350 WHRoBcher: über die Bitte des cOvBimo.
Herakliden galt', zur losong zu machen, haben wir demnach allen
grnnd den überlieferten namen Hebe für verderbt zn halten, so fragt
es sich weiter, ob sich ohne wesentliche yeränderong der schriftzflge
eine gottheit auffinden läszt, die besser in den Zusammenhang hinein-
passt. ich glaube eine solche in der Hera entdeckt zu haben nnd lese
also mit einer geringfügigen ftnderung HPHC statt HBHC die gründe
ftU* diese meine annähme sind kurz folgende: 1) der cult der sami-
sehen Hera war zweifellos der berühmteste und wichtigste der gan-
zen gegend, in welcher die Schlacht von Mjkale geliefert wurde; ihr
in der nfthe der Stadt Samos gelegener tempel war nach Herodots (III
60) Zeugnis das grüste von allen heiligtümem die er kannte, und mit
den schönsten und reichsten weihgeschenken aller art geschmück:
(vgl. Paulys realenc. u. Samus). — 2) das Heraion von 8amos lag
auf der südostküste der insel hart am meere, dem ufer von Mjkale
gerade gegenüber, und war von diesem nur durch einen snnd von
geringer breite (Strabon s. 637 redet von einem ^irracräbtoc iropOpöc
zwischen Trogilios und Samos) getrennt auf diese weise fand die
Schlacht von Mykale angesichts des grasten tempels von ganz lonien
(denn die Samier waren auch lonier) statt, und zwar so dasz die flotte
der Griechen das Heraion im rücken hatte, es also gewiseermaszen
vor den Persem, die es wfthrend der ersten regierungigahre des
Dareios schon einmal verbrannt und ausgeplündert hatten (vgL Paus.
Vn 5, 4 und ECurtius griech. gesch. P s. 505 u. ölO), schützte,
welche aufforderung lag schon in diesem umstand allein für Leotj-
chides mit der parole ^Hera' sich gewissermaszen des schntzes die-
ser gewaltigen göttin loniens und mit dem hinweis auf ihren her-
liehen, möglicherweise einer zweiten Verheerung preisgegebenen
tempel zugleich des beistandes der den bereits abgefallenen Samiem
verbrüderten lonier im persischen beere zn versicbeml — 3) nach
Her. IX 96 hatten die verbündeten Griechen, ehe sie nach MykaJe
hinüberfuhren, mit ihrer flotte unmittelbar vor dem Heratempel
(Kard TÖ *HpaTov) anker geworfen und sich daselbst zur Seeschlacht
gerüstet, bis sich plötzlich die persischen schifife nach der naheliegen-
den küste von Mykale zurückzogen, sie gedachten also ursprüng-
lich eine Seeschlacht in der bucht der Hera, dem 'HpatTT|C öpMOC.
wie sie Athenaios s. 672 ** nennt, zu liefern: grund genug fix sie
schon bei dem ersten anblick der feinde vorzugsweise auf den gött-
lichen schütz der Hera zu rechnen. — 4) wiö aus Her. I 3 erhell r,
betrachteten die Hellenen den troischen krieg als ein verspiel der
späteren Perserkriege, vor Troja hatte aber Hera den Hellenen den
thatkrftf tigsten beistand geleistet nnd ihnen zum endlichen siege ver-
helfen, was lag nun nfther als in dem umstände, dasz die schlacbr
angesichts der hochberühmten Hera von Samos stattfand« ein gflnst -
ges Vorzeichen für den sieg auch der nachkommen jener kftmj^er vot-
' als solche galt vielmehr Deianeira, die matter des Hyllos: MüIN-r
Dorier I s. 49 f. n. 441. Jaoobi handwörterb. d. gr. u. röro. myth. •. 4:2 r*.
JSitzler: EaUinos oder TjrtaioB? 351
Troja bei Mjkale zu erblicken, zumal da schon die samiscben ge-
tudten bei ihrer anknnft in Dolos den Leotychides nachdrücklichst
uf die gemeinsamen gOtter, zu denen in allererster linie die fast in
lib griediischen landschaften, auch in Sparta, verehrte Hera ge-
öMe, hingewiesen hatten (Her. IX 90)?
h) In Xenophons anabasis I 8, 16 wird das feldgeschrei der
Gmchen Tor der schlaeht von Eunaza gewöhnlich so geschrieben :
liic curiJip Kai v(kt]. es bedarf nur eines hinweises auf die oben
genaehta Beobachtung, dasz die Griechen der ftltem zeit nur götter-
uoen zu parolen hatten, um die richtige Schreibung Z€uc cuiTf|p
vtti NiKTi herzustellen, auf diese weise gewinnen wir eine ältere
uiiogie za der schon Ifingst richtig geschriebenen parole des De-
MtQos PoUorketes ZtiK Kai Niki), zu deren Verständnis schon oben
L 346) das nötige bemerkt worden ist
e) Nach Appianos b. dv. II 104 soll der jüngere Pompejus
w der sofalacht bei Gorduba die losung cOc^ßeta gegeben haben.
gewis ist auch hier Eöc^ßeia zu schreiben, weil es in Rom schon
lisgsl in folge eines von M\ Acilius Olabrio in der schlaeht bei den
Ibnmopjlen (191 vor Ch.) gethanen gelübdes einen angesehenen
impel der Fidaa gab (Preller röm. mytii. s. 626). mit dieser losung
tolüe der jüngere Pompejus offenbar seiner kindlichen pietät gegen
üft manen seines schändlich ermordeten vaters ausdruck geben.
d) Ebenso verhält es sich mit der von Gassius Dion XLYIE 43
ftitgcteütan parole des Brutus in der schlaeht von Philippi. auch
Kxr ist wol unzweifelhaft 'EXeudcpla zu schreiben, hinsichtlich
der Terdbrong der Xtderto im republicanischen Rom und ihrer dar«
stiloBg saf rOmisdien familienmünzen (seit Brutus und Gassius mit
ta attribnten des dolohes und des pilleus libertatis) verweise ich auf
Prdler rüm. mjth. s. 616.
Mwaisiat. Wilhelm Heinrich Roschbr.
52.
K ALLINGS ODER TTRTAIOS?
Die Wahrheit der Überlieferung, welche die verse 5 f. des ersten
^igants inBergks PLG. bd. II dem Kallinos zuschreibt, ist viel-
^ in Zweifel gezogen worden* Bemhardj tadelt die spräche, und
fi«mg seUieazt aus der ganzen ftrbong des bruchstücks, dasz es
ica frigmenten des Tjrtaios so ähnlich sehe wie ein ei dem an-
^*nL B«Bhardjr wurde von Bergk in seiner note zu der stelle
*^Megt, nicht so Härtung; und ich sehe dasz auch jetzt noch viel-
^ & meinung verbreitet ist, als gehörten diese verse dem Tyr-
*-MiL GGeiger in seiner diasertation 'de Gallini elegiarum seriptoria
sc^' (Erlangen 1877) leugnet geradezu die möglichkeit bei der
^Migkeit der fragmente des Kallinos diese frage je zur entschei-
(=«9 za bringen, trotzdem, wie mir scheint, gewichtige momente
f ^g«n die aotorschaft des Tyrtaios sprechen.
352 JSitzler: Eallinos oder Tyrtaios?
Die betreffenden 17 verse belehren uns ttber die art und weue,
wie sich jeder soldat in der schlaoht verhalten solle, und geben so-
mit zugleich eine beschreibung der schlacht nach ihren hauptiOgeii,
in ähnlicher weise wie fr. 11 des Tjrtaios. hier, bei Tyrtaios, fin*
den wir eine geschlossene phalanz, die mit vorgehaltoüem Schilde
und eingelegter lanze dem feinde möglichst nahe zu leibe geht, am
im nahkampfe durch stosz mit der lanze und hieb mit dem
Schwerte den sieg zu erringen; unter die schilde der hoplitem ducken
sich die gynmeten, um so geschützt die schwerbewi^heten durch
Speer- und steinwurf zu untersttttzen. wie ist es dagegen bei Kalli-
nos? bei diesem ist keine rede von einer festgeschlossenen phalanT,
sondern es ist eher ein einzelkampf, keine rede von einem nahkampfe,
sondern £tXOC ävaqc<^M€VOC eilt jeder gegen seinen feind, um im
boOiTOC dKÖVTUiv durch äKOvriZctv die feinde in die flucht zu schla-
gen, leichtbewaffiiete sind bei dieser kampfesweise natOrlich ent-
behrlich, es ist also doch ein bedeutender unterschied zwischen
beiden: bei Tyrtaios finden wir die dorische phalanz, bei Kallinos
die ionische, die mehr an Home|r erinnert und auch bei Mimner-
mos fr. 14 wiederkehrt.
Ein weiterer grund dafür, dasz diese verse nicht von Tyrtaic>
sein können, scheint mir in v. 14 f. zu liegen, hier wird nemlich
von der flucht gesprochen und gesagt, wie schon mancher, der au^
scheu vor dem tode aus der schlacht geflohen, ihn zu hause habe er-
leiden müssen, ohne dieselben ehrenbezeugungen erhalten zu haben.j
die dem beiden gezollt würden, statt ipfeTOi ist nemlich hieri
0 Ix €Tai zu lesen, das mit q)irribv zu verbinden ist: v^. Od. 0 356^
n. B 71. wir sehen also dasz nach dieser darstellung der feige, der
vor dem feinde geflohen, ruhig zu hause in der gemeinde leben kann,
nur mit dem unterschiede, dasz er von seinen mitbürgem weniger
geehrt und geachtet ist als der tapfere, ich frage hier: ist diese be
handlung der feigen sitte der Spartaner? genügt es diesen, die feiger
nur weniger zu ehren? ganz anders spricht sich Tyrtaios übei
dieselben fr. 12 aus; und auch sonst ist es ja bekannt, wie die Spar
taner gegen solche deserteure verfuhren.
Wenn ich nun durch darlegung dieser Verschiedenheiten d&r
gethan zu haben glaube, dasz wir Tyrtaios wenigstens nicht für d^i
Verfasser dieser verse halten können, sondern am besten bei do
Überlieferung stehen bleiben, an der zu zweifeln wir keinen gruxx
haben, so läszt sich allerdings anderseits auch nicht in abrede steiler
dasz sich ähnlichkeiten zwischen Kallinos und Tyrtaios finden, y«^i
hauptsächlich v. 6 f. die aufzfthlung der motive für mutigen kai&.|
gegen die feinde, aber diese sind so allgemeiner und so rein mensol
lieber natur, dasz sich daraus kein schlusz auf identitftt des v^c- :
fiissers ziehen Iftszt. gerade so sagt Horatius sein €Mee H decorm* ^
est pro patria mori^ und nicht anders sprechen sich unsere dieht-
in diesem puncte aus.
Baden-Baden. Jacob Sitzler.«
EAJaDghahn: Stadien zu ThakydidoB. 353
63.
STUDIEN ZU THÜKYDIDES.
In dieaer leitBcbrift 1875 s. 657—682 Teröffentlichte ioh eine
•bhandluBg Über die reden bei Thukydidee, in der ich eine reihe
f(m lietten besprach, die nicht nur mangelhaften sinn haben, son-
dere sogar sinnstGrend und zweckwidrig sind , bisher aber nicht
«ngcfoohten worden« wäre nun das urteU, welches der rec« meiner
gaaaaten abh. (JSOrgel, in dieser Zeitschrift 1878 s. 332) über das
irok des Thokydides ausspricht, unnmstöszlich, dann freilich wäre
oeiDe frohere und auch diese vorliegende abhandlung gerichtet, ehe
der leser einen blick auf meine argumente geworfen hat. 8. meint
aemlkh, dasi trotz der spuren von einem gewissen ringen mit dem
juadmck , denen man bei jedem Schriftsteller begegne , der auf den
tM&ten gnmd der dinge einzugehen sich bemüht habe, dennoch
Tknkjdidee, wenn wir seine spräche etwa mit der dunkeln und
whwerfiüligen so vieler tiefer denker unseres Volkes vergleichen,
ucb so wie er vorliegt noch immer ein muster von klarheit und
dcodiefakeit bleibe.
Dieaes urteil wird viele der Zeitgenossen mit gerechter genug-
tbttiuig erfüllen; sie ersehen ja aus demselben, wie wir es so herlich
weit gebracht haben. Thokydides ein muster von klarheit (wenn
sodi freilich nur im vergleich zu vielen dunkel redenden tiefen den-
keni imaers Volkes) ! wie weit überragen wir also die beurteiler
iBs dem altertom, einen Cicero und einen Dionysios von Halikar-
aaas, deren äoszerungen über die donkelheit der spräche des Thuky-
didea ja bekannt sindl und in wie kurzer zeit haben wir dies^i um-
i^wong des Urteils erreicht! denn noch Beiske äuszert sich über
den Stil des Thuk. mit Unwillen und trOstet sich damit, dasz ein sol-
ciier maagel ja durch grosze Vorzüge aufgewogen werde, bei Poppo
jvokg. s. 248) klingt das urteil schon ganz anders, den Dionysios
«rkiiri er für incompeient hier mitzusprechen, da er ja ein bret vor
dem köpfe gehabt habe ('cuius menti tanta caligo offusa erat'), und
da« urteil Beiskes führt er nur zur erheiterung des lesers an. zwar
bestreitet er die dunkelheit im Thukydides nicht ganz, erklärt sie
»btr für berechtigt und entschuldbar, da ja der autor zur zeit der
Idigerlichen Zwietracht seine gedanken habe verhüllen müssen und
dodk auch nur für denkende leser geschrieben habe, die ihn schon
rersteben werden, diese letztere erinnerung und die damit verbun-
doe Stärkung der moralischen kraft des lesers scheint denn auch
dahin gewirkt zu haben, dasz die weichliche klage über Schwierigkeit
aad dnnkelbeit der Thok. diction selten geworden ist. sollte daa
letztere aber nicht auch dem umstände zuzuschreiben sein, dasz gerade
.a den letzten menschenaltem so viele mit so beharrlichem eifer an
^er beseitigang der Schwierigkeiten im Verständnis des Thuk. ge-
srbeiiflt haben? besonders bei deigenigen männem, welche aner-
flii ctatf. phUol. 1879 hn. 6 tL S. 23
854 EAJnnghahn: Stadien zu Thnkydides.
kannt bedeatende erfolge der arbeit auf diesem gebiete aufsaweisen
haben und durch dieselbe eretarktsind, finde ich begreiflicher, dasisie
die Schwierigkeiten nicht betonen, aber auch bei ihnen überraschen mich
die urteile, welche denen aus dem altertum diametral entgegenstehen.
so sagt Classen F s. LXXXI; 'daher ist grOste einfaehheit und uatfir-
lichkeit der grundcharakter der spräche desThuk.' dasz neben einem
solchen urteile dennoch die dunkelheit des Thuk. der sache nach,
wenn auch nicht mit diesem auadrucke, zugegeben wird, könnte über-
raschen, weiter unten (s. LXXXVII) heiszt es nemlich, die spräche
des Thuk. habe an der befriedigenden gestaltung des oftmals wide^
strebenden Stoffes mühsam zu arbeiten und zu ringen gehabt and
zeige die beweise dieser oft sauren mühe in mancher Unebenheit
auf. dann wird gezeigt, wie auch den schwierigsten stellen
mit treuem und beharrlichem bemühen beizukommen sei. so ist also
das einstige alviT^dTUubec und suhohscwrwn nicht ganz geschwunden,
aber bis zur Unebenheit und Schwierigkeit herabgemindert wor-
den. das folgt eben aus der relativität jener begriffe, und ich habe
an mir selbst die erfahrung gemacht dasz, als ich vor mehreren
Jahren anfieng mich genauer mit dem werke des Thuk. bekannt lu
machen, mir manches vGUig dunkel erschien, was mir jetzt kaum
schwierig vorkommt, aber dennoch, wenn ich nach einem mehr ob-
jectiven urteil suche, musz ich aufrecht halten daaz, abgesehen von
den Terschiedenen graden der Schwierigkeit für die Terschiedenen
leser, bei Thuk. Schwierigkeiten der spräche (nicht immer yerbonden
mit tiefe der gedanken) vorliegen, wie sonst bei keinem griecfaischen
Prosaiker, hierüber weitläufig streiten hiesze verdunkelnden qnaim
statt des erbellenden lichtes bereiten; ich begnüge mich mit dem
hinweis auf thats&chliches. wenn zb. V 69, 2 in einer ganz einfachen,
gedankentiefe nirgend erfordernden beschreibung der letzten zu-
rüstungen zum feindlichen znsammenstosz der beere gesagt wird:
AaK€bai^6vioi hk kqO* ^Kdcrouc t€ kuI ^eTd tiBv iroXe^ncuiv v6-
^uiv dv cq)ictv aäroTc div i^nicravTC t^iv trapoK^Xcuav tI^c ^vn^nc
draOok oOciv dTroioOvTOy so mOchte ich wol wissen, ^ viel leser,
die nicht eben diesen autor gründlich behandelt haben, jene worte
trotz des ganz schlichten gedankens verstehen werden, und ein hin-
blick auf sehr viele ähnliche stellen zeigt, dasz eine Verderbnis des
textee hier nicht vorliegt, so ist auch an folgender auf den ersten
blick unverständlichen stelle nicht gedankentiefe grund der Schwie-
rigkeit, da der gegenständ ein durchaus klarer ist. es wird nemlich
YII 71, 3 über einen teil des vom ufer aus mit den blicken die See-
schlacht im hafen verfolgenden landheeres gesagt: äXXot öi Kai Trpöc
ävTiiraXöv ti Tf)c vauMaxiac äiribövTCc bid t6 dKplTUK Suv^x^c
Tf)c d|iiXXr)C Kai toic ci&iMactv adTOtc l'ca tQ bdii] ncptbcwc h)^
airov€uovT€C iy toTc xaXemiliTaTa biftyov. und solcher stellen gibt
es in dem werke recht viele, ja um es kurz zu sagen, nach meiner mei-
nung kann man die oben angeführten urteile über den gedankenaus-
druck bei Thuk. geradezu umkehren | anstatt zu sagen, er sei eua
EAJnnghahn: Studien sa Thukydidee. 355
rnnster ton klarheit und dentlicbkeit trotz einiger ausnahmeftlle,
oder der grundcharakter seiner spräche sei die gröste einfacbheit und
wttrliebkeit irots mancher Unebenheiten und Schwierigkeiten, k6n-
BtB wir ebenso richtig sagen , er sei ein muster von unklarer und
nhwieriger darstellung, trotzdem dasz sich bei ihm auch eine spräche
bde, deren grundcharakter die schlichteste einfacbheit und natllr-
fidikeit sei und die an klarheit nichts zu wünschen übrig lasse, das
»t eben das offenbar noch der Idsung bedürftige rttthsel , dasz sich
bei Haem und demselben autor diese ganz yerschiedene spräche und
ciantdiulgsweise schroff gegenübersteht und dasz die so yerschie-
da behandelten teile des Werkes dem umfange nach einander ziem-
üdi gleichkommen, man künnte mir hier wieder entgegenhalten:
'was kümmert es uns, wenn jemand so viel schwieriges in der spräche
ies Tfank. findet? uns ist alles fast gleich leicht erschienen.' was
kiBB hier der streit nützen? doch worde ich versuchen den vorur-
tcüiMen laser durch einige, wie ich glaube, schlagende thatsachen
Ar mich zu gewinnen, wäre wirklich Thuk. ein muster von klarheit
ood dentüebkeit, wie wftre es möglich, dasz bis in die letzten tage
iunem über so sehr viele stellen so viel verschiedene deutungen abge-
gebea worden sind? und wenn versichert wurde, dasz den Unebenhei-
ten nd Schwierigkeiten mit beharrlichem fleisze beizukommen wäre,
sofflost idi dagegen versichern, dasz trotz der bedeutenden erfolge
jcMs beharrlichen fleiszes so vieler vereinter krttfte dennoch eine
recht stattliche anzahl von erklftrungen schwieriger stellen existiert,
die trotz der aosgesprochenen oder stillschweigenden Übereinkunft
der eikllrer über die nunmehrige richtigkeit dennoch sofort als falsch
«nchcinen. ich werde hier nur solche stellen anführen, bei denen
•ch lofbrt eine richtige deutnng zu bieten vermag, dies zur be«
rahigug deijenigen, welche beim aufdecken von übersehenen feh-
^ bei alten antoren sogleich die stim runzeln, hier wird etwas
poBtiT« zur benrteilung vorgelegt, nicht blosz negative kritik
Mht
n 9S wird der versuch der Peloponnesier erzählt, einen hand-
'tnich gegen den Peiraieus auszuführen, zu welchem Wagnis sie die
gnoe torgloeigkeit einlud, mit der die Athener im be wustsein ihrer
'Megeafaett znr see verfuhren , da sie ihn weder bewachten noch
*penta. die für die ausführung dieses handstreichs bestimmte
amnichaft sollte erst in Nisaia, und zwar, wie weiter unten gezeigt
vifd, bei nacht auf 40 in eile in das wasser gelassenen schiffen in
<ee gehen und sofort auf den Peiraieus lossegeln, zu diesem be-
^rm% wird folgender grund hinzagefügt (§ 3) : o(hr€ jap vaun-
^ ^ wpoq^uXdccov Iv aOnp oöblv oSre irpocboKia oöbcjila ^^
^ iroTf o\ TToX^iaot iSairivouuic ofiruic iTiiTrXeucciav, iird oub*
'^ ToO irpoqwcvoOc ToXMf)cai &v koO' f|cux(av, oi)b* €l bievooCvro,
^ oiJK tv irpoa(c6€c0ai (so Classen ; andere trpoaicO^cdai). sehr
•enhafte erUirer des Thuk. (s. Classen) haben sich über folgende
^^■Unig der stelle als die richtige geeinigt: * man erwartete keinen
23*
356 EAJungliahn: stadien su Thukydidw.
angriff von den feinden, da (wie sie sich sagen mnsien) das offene
unternehmen eines solchen nicht ungestört und schon die absieht
desselben nicht unbemerkt bleiben würde.' so die erklftrong, die
nach umfangreichen controversen zu stände kam. dennoch ist sie
ganz falsch, denn dabei ist auszer acht gelassen, dasz äamvaiu)c
diriirXeiv nur von einem ttberfall, einem handstreich gedeutet
werden kann, wie sich von selbst versteht und aus vielen stelleB
desselben autors zu erseben ist (s. B6tant lex. Thuo. u. d£airivaiuK).
es ist aber ganz undenkbar, dasz Thuk. gesagt habe: ^sie erwarteten
keinen plötzlichen angriff, also keinen Überfall, da das offene nnter-
nehmen eines solchen nicht ungestört bleiben würde.' denn ein
Überfall kann natürlich nicht offen ausgeführt werden, sonst ist eb
eben kein Überfall; hier wurde ja auch der angriff dadurch verdeckt,
dasz man alle zurüstungen zu einer seeezpedition den blicken der
feinde verbarg, nemlich die seeleute bei nacht über den Isthmos
marschieren liesz und mit ihnen eine geringe anzahl bis zum letzten
augenblick am lande befindlicber schiffe bemannte, es sind also alle
kriterien des heimlichen Überfalles vorhanden, aber wesm es aach
wirklich jemand versuchen sollte das äanivaluic hinwegzudeuten,
kann es denn richtig sein zu sagen, dasz ein angriff der feinde auf
den Peiraieus nicht erwartet wurde, weil dieselben ihn offen nicht
ausführen konnten? darauf muss doch jeder entgegnen: ^darum
eben machten sie keinen offenen, sondern einen versteckten an-
griff.' es ist also diese von den namhaftesten erklftrem des Thuk.
nach umfangreichen erOrterungen und nach widerruf früherer an*
sichten endlich zu stände gebrachte deutung der stelle offenbar falsch,
wie musz sie nun richtig gedeutet werden? man mnste nur das über-
lieferte oOb* an beiden stellen unangetastet lassen, statt ee in out€ ..
oCt€ zu ändern, und dann genau übersetzen: ^man erwartete nicht
dasz die feinde jemals einen so plötzlichen angriff (dh. also einen
Überfall) zur see machen würden, da sie (nach der ansieht der Athe-
ner) nicht einmal einen offenen angriffin aller ruhe wagen durften
noch auch, wenn sie an einen solchen dächten, erwarten durften
dasz man es nicht vorher merke.' Thuk. setzt bei dieser begründnng
bekanntschaft mit der thatsache voraus, dasz ein Überfall^ der ein bo
bedeutendes ziel hat wie die einnähme des Peiraieus, nur von einem sol*
eben feinde ausgeführt werden kann, der mit dem elemente, auf dem
er operiert, ganz vertraut ist. dasz aber die Peloponnesier mit ihrer
Seemacht sehr unsicher operierten, ist in dem vorangehenden teile
des geschichtswerkes oft genug zur spräche gekommen. Thuk. meint
also, ein feind, der mit seiner flotte nicht einmal einen offenen, mit
a Her ruhe ausgeführten angriff zu machen wage, werde auch nicht
fü r befUiigt gehalten einen Überfall zur see auszuführen, bei wel-
chem, da er ja zur Vermeidung des aufsehens der zurüstungen mit
wenig schiffen ausgeführt wird, die geringere Streitmacht durch de^to
grössere Schnelligkeit , Sicherheit, kurz seemännische tüchtigkeit des
angreifers ersetzt werden musz. und gerade hieran gebrach es den
EAJnngfaahn: itndien zu Thukydides. 357
Fdopoimesiem sehr^ wie es ja auch in ihren bisherigen miserfolgen zur
aee Uar eq tage trat, sehen wir uns nach analogem um auf einem
gehiete, das den meisten von uns bekannter ist. eine kriegsmacht,
deren reiterei nicht in dem rufe der gewandtheit und gründlichen
dnrcbhildnng steht, wird wol mit den massen derselben einen offenen
(drrö TOÖ irpoqKivoOc), mit aller ruhe und samlung (kqO' f|cuxi<xv)
nsgefthrten angriff machen kGnnen (wie zb. die französische reiterei
unier Napoleon I); aber wenn sie auch nicht einmal so weit durch-
gebildet ist 9 dann darf man von ihr einen kühnen Überfall, einen
wirtiicben reiterstreich, der, um den feinden zunächst und so lange
abnSglich verborgen zu bleiben, nicht mit groszen massen unter-
Bomnen werden darf, sondern bei dem die auf die reitergeschicklich-
keit und Schnelligkeit gestützte kühnheit den erfolg erringt, ein
«oldies unternehmen darf man von ihr nicht erwarten, ganz ähnlich
ntflUte man in Athen von der flotte der Peloponnesier, und der er-
folg »igte dasz man recht hatte; denn nichts hinderte die pelopon-
Meisehe flottenabteilnng an der erringung des erfolgs , als das ge-
nde im angenblicke der entscheidnng den führem vor die seele
tretende bewustsein der geringen seemännischen tüchtigkeit. es
idden ihnen, als sei der wind nicht günstig (welches hindernisThuk.
bettreitet) ; hinterhermachte man gar die entdeckung, dasz die schiffe
oieiit wasserdicht seien, athenische seeleute hätten sich bei solchem
«Bgnis den erfolg nioht nehmen lassen.
Ich habe diese stelle ausführlicher behandelt, weil ich mir die
idiwierigkeit vorstellte durchzudringen, wenn man etwas als unbe-
stritten geltendes antastet und es durch etwas besseres ersetzen will,
in dem folgenden falle werde ich den leser von der richtigkeit meiner
aiidit vi^ kürzer überzeugen, um III 30 richtig zu verstehen, ver-
gegeBWliüge man sich folgendes, das abtrünnige Mytilene hat sich
der athenischen flottenabteilnng unter Faches bereits übergeben
(e, 28). zn spät lang^ die peloponnesische hilfsflotte an und ist un-
«eUttssig über die nächsten schritte (c. 29). da fordert der Eleier
Tentiaplos die pelop. führer auf, mit der flotte sogleich auf Mytilene
losrasegeln (c. 30), und nun folgen die werte xard jap tö cIköc
Mipähr vcwcri iröXiv €xövtuiv noM tö dq)uXaicT0V €Öp/jco|i€v,
botA iiifev e&Xaccav xal irdvu, i^ £K€tvo( t€ dv^XTricroi ^inT€V^c6at
iv nva cq»ia iroX^^tov kqI fmuiv f| dXxfi TUTX<iv€i ^äXtCTa
ouca wollte ich die bisherigen erklärungen des letzten satzes, die
tcOs mit teils ohne texte'sändemng gemacht worden sind, zusammen-
itdlen, so ergäbe das ein sehriftchen von einigem um&nge. es ist
tiae deotnng gerade immer so unhaltbar wie die andere; daher die
■mge derselben« auch die in Classens ausgäbe empfohlene erklä-
nag von LHerbst, wonach zu f| dXKf) o{)ca aus dem vorangehenden
MtM AvAmcroc, aber hier in passivem sinne, ergänzt werden soll,
idieiBt mir vor den andern niclits voraus zu haben, es müste ja auch
virUieh Thnk. seiner von Poppe ihm vindicierten kunst (s. oben
L 345) die gedenken zu verhüllen hier sehr bedurft haben, zu wel-
358 EAJunghahn: Studien zu Thakydidee.
ehern bedürfhis man aber gerade hier nicht den geringsten gnrnd
erkennt, genug, keine der bisherigen vielen dentongen ist onbe-
stritten geblieben (s. Classen im anhang) , und das mit recht, die
richtige deutung ist leicht erweislich, ich übersetze wörtlich: 'wahr-
scheinlich werden wir, da die leute (die Athener) erst seit kanem
die Stadt innehaben, viel mangel an Wachsamkeit finden, zur see so-
gar sehr viel, wo jene gar nicht erwarten dasz ihnen irgend ein
feind ttber den hals kommen dürfte und wo uns ganz besonders
die abwehr (Verteidigung) zufällt', dh. also in einem ele-
mente, wo man gewohnt ist uns nur defensiv, nicht offensiv zu
sehen, zum Verständnis dieser meiner deutung sage ich kein wort
weiter, weise aber darauf hin, dasz diese bedeutnng von dXiaf) aacb
sonst bei Thuk. vorkommt, zb. IE 84, 3 u. lU 108, 1.
Zu den stellen, deren erklftrung beinahe aufgegeben ist, gehört
auch YI 89, 6, aus der rede des Alkibiades in Sparta; Classen (im
anhang) schlieszt die Übersicht über die bisherigen erklärungs- resp.
emendationsversuche mit der bemerkung, dasz eine völlig genügende
Verbesserung der stelle noch zu erwarten seL ich glaube aher
dasz sie ohne alle Verbesserung einen ganz genügenden sinn gibt
sie lautet : drrcl bnMOKpaTtav je Kai iT^TVaiCKOiiev ol (ppovoüvuc
Ti Kai auTÖc oubevöc fiv X€ipov öci|i koI Xoiboprjcaijüi, und der sinn
ist nach meiner deutung : ^ denn die demokratie kennen ja die ein-
sichtsvollen von uns und besonders ich selbst, da ich auch mehr als
irgend jemand auf sie losziehen möchte.' in allen früheren erklfi-
rungen ist übersehen worden, dasz ovibcvöc &v x^^POV schon zum
relativsatze gehört, ein hjperbaton das bei Thuk. gar nicht auffallen
kann, dasz öciji durch ^besonders da' gedeckt wird, zeigen viele
stellen (s. Classen zu YI 92, 5). der gedanke» dasz die neigung aai
die volksherschafl zu schmähen ein sidieres kriterium daftlr sei, da^
man sie kenne, entspricht ganz der bittem Stimmung des Alkibiadet
und den neigungen seiner zuhörer.
So habe ich gezeigt, was für misverständnisse in der interpre-
tation des Thuk. selbst bei den bedeutendsten erklärem unserer zeit
noch möglich sind, und zwar auch an stellen, an denen der behaa-
delte gegenständ kaum über die fassungskrafb eines reifem knaben
hinausgehen dürfte, wo also weder ein widerstrebender stoff die
Schwierigkeit bereitet noch das streben des autors ^die dinge in ihrem
tiefsten gründe zu erfassen', die frage, woher dennoch die Schwie-
rigkeit rühre, musz wol auf eine andere weise gelöst werden, es
wird sich aber aus dem bisher gesagt^i wenigstens das schon erge-
ben haben, dasz man die mühe derjenigen, welche sich mit solchen
fragen beschäftigen, nicht für überflüssig erklären soll mit dem hin-
weis darauf, dasz ja Thuk. 'ein muster von klarheit' sei.
Der vorliegende anfsatz soll nicht ausschlieszlich, ja nicht ein-
mal vorzugsweise die reden behandeln; ich werde dieselben nur so
weit berühren , als es nötig ist die in dem frühem au&ats gewon-
nenen resultate gegen die geschehenen angriffe zu schützen, ich
i
EAJoDghahn: stadien zu Thukydides. 3Ö9
ffloa dabei auf Sörgels abweichende meinangeii nl&er eingehen;
doch will ich nicht eine erschöpfende anseinandersetzung gleich an
dM tpikn steilen, weil durch die Tollständige mitteilong der in meiner
Beoen srbeit gewonnenen ergebnisse sich dann manche controversen
kfiner werden erledigen lassen, zonfichst genüge folgendes.
Sörgel hat von seinem Standpunkt aus ganz recht, wenn er auch
mdae eiste these ans der rede des Hermokrates in Eamarina (VI 79)
«ilbdit denn wenn diese, die nach meiner ansieht ganz unangreif-
btr ist, fiel, so war für alle folgenden ein besseres Schicksal nicht za
kein, dadurch ist es mir aber gerade leicht gemacht worden den
qwB nnuEukefaren. wenn ich nun dennoch mit 6inem schlage die
süDgraifbarkeit der ersten these wiederherstelle , so ist schon durch
diesen öinen £all die richtigkeit der von mir gemachten beobachtung
giuUlafI gemadit, und der leser wird es dann der mühe für wert
bslten, die haltbarkeit anch meiner übrigen behauptongen noch ein-
Bil ins ange zu ÜEMsen.
Gegen meine behanptong , dasz in jener rede die ttuszerongen,
wdehe nor anf nentralität passen, mit denen, welche nur von par-
*™^h«"^ verstanden werden können, unvereinbar seien, bringt 8.
two beweise, den zweiten dieser beweise haben wir schon durch
aeiae erwidening (1878 s, 692) zusammenbrechen sehen, der erstere
wird dieeen angenblick in tirümmer sinken. S.s beweis stützt sich
dvinf *dasz eich nentralitttt und anschlasz an den fei^d gar nicht so
tdisrf aneeinanderhalten lassen y sondern dasz unter umständen
das 6ine veriifiltnis ganz von selbst und unaufhaltsam in das andere
tUmgefat' ee gehört ein gewisser mut dazu, mit einem solchen be-
veifle vorsngehen, durch den die streitigen objecto plötzlich in einem
«lies mit grau verhüllenden nebel verschwinden sollen, während doch
die beseiännngen für jene beiden Verhältnisse überall in der rede
sdiirf geeobieden sind, man könnte ebenso gut sagen, dasz schwarz
QBd weiss, in der spräche unterschieden, sich in Wirklichkeit gar
skkt so sebarf auseinanderhalten lassen, weil unter umständen (zb.
doich ftnlniqxrocess bei nuszkemen) weisz in schwarz übergehe, den
uwiderl^e^dien beweis, dasz hier in unvereinbarer weise von neu-
^nüüi nnd Parteinahme für Athen die rede sei, formuliere ich jetzt
•0: der anfaag von c. 79 (das feige vorschützen der rechtsverbind-
bcbkalen gegen beide kriegführende) musz doch auf nentralitttt
bcsog«! werden, eine Verurteilung diiesee verhaltene enthält der
i^hkh folgende abschnitt von § 1. in demselben heiszt es: Hhr habt
ja doi hmid mit den Athenern geschlossen, um ihnen zu helfen
«0oi|Betv), fiiUs sie von andern gewalt erleiden, nicht aber, wenn sie
•alhst, wie jetst geschieht, anderen gewalt anthun/ kann denn hier
fonBflv etwas anderes sein als der beistand mit Waffen? kann
^mn mmb sjmmachie, deren zweck das ßonOcTv ist, anders ge-
deckt wardan? also enthält doch der zweite teil von § 1 abmahnung
TOB kriegerischer Unterstützung Athens, und § 1 (bis dbi*
nuciv) ergibt in der kürze folgenden sinn: * wählet nicht die neu*
360 EAJunghabn: Stadien za Thnkydidefl.
tralitftt; ihr habt ja doch die symmachie mit den Athenern nicht
geschlossen , um ihnen andere mitwaffengewalt unterdrücken
EU helfen.' und das ist eben unsinn. meine behauptong ist hiermit
80 klar erwiesen, dasz ich dem rec. in seinen weitlftufigen aasein-
andersetzungen nicht weiter folge und noch einen beweis hinznso-
fügen verschmfthe.
Das wesentliche ergebnis meiner ersten arbeit ist aLso scboi
durch diesen 6inen fall gesichert; ich füge einen zweiten (frOber
nicht behandelten) hinzu, weil ich ihn ganz besondere für einen sol-
chen halte, in dem meine behauptung nicht bestritten werden kann,
die stelle steht IV 92, 6, in der rede welche Pagondas Yor dem
kämpfe bei Delion an die boiotischen Streiter hftlt. er bat eben von
der herschsucht der Athener und ihrer gefährlichen nachbarscbaft
für Boiotien gesprochen und Wart so fort (§ 5) : 'es pflegen aber die im
Übermütigen kraftgefühl ihre nachbam angreifenden, wie die Athe-
ner jetzt, gegen denjenigen, der sieh ruhig verh< und auf Ver-
teidigung innerhalb seines gebietes beschrSnkt, ohne sonderlichen
respect zu felde zu ziehen; dem aber, der über die grenzen hinaus
Torher ihnen entgegentritt und , wenn der rechte augenbliek da ist,
einen angriffskrieg erhebt — diesem stand zu halten sind sie weniger
bereit, den beweis hiervon haben wir diesen (den Athenern) gegen-
über geliefert.' zur erläuterung hiervon sollen folgende worte die-
nen: viKi'icavTec T^p iv Kopuiveia auTOuc, ät€ Tf|v f^v f^Äv
CTttctaZövTUiv KttT^cxov, iToXXf|v abctav tQ Boiuiriqi ^^piToübc
KaT€CTr)ca^€V. das heiszt doch also: *wir Boioter haben in Boio-
t i e n die Athener besiegt, als sie in B o i o t i e n eingedrungen waren*
nimmermehr kann man aus dieser stelle der rede herauslesen, dasz
die Boioter sich nicht blosz auf Verteidigung des eignen bodens be-
schränkten und aus dem eignen gebiete hinaus den Athenern in
einem angriffskriege entgegentraten, nimmermehr aus dieser stelle;
und damit ist schon über sie entschieden, denn könnte wirklich
Thuk. gemeint haben, der leser müsse , um nicht mit notwendigkeit
diese stelle verkehrt zu finden, eine andere (1 113) noch im gediicht-
nis haben, in welcher über die niederlage bei Koroneia berichtet
wird? übrigens würde auch hiermit keine abhilfe gebracht werden,
zwar waren nach I 113 die sieger von Koroneia, soweit sie nicht
Lokrer und Euboier, sondern Boioter waren, aus Orchomenos ge-
kommen,, und 80 bekäme das npoairavTdv sinn; aber Thuk. sagt
nicht dasz sie Orchomenier waren, sondern er bezeichnete sie oben als
politische flücfatlinge aller gegen Athen feindlichen Boioter; ferner
sagt er ausdrücklich, dasz die Athener diefeindseligkeiten er-
öffneten durch den feldzug, dessen ziel alle von den boietischen
verbannten besetzten pltttze waren, auch Orchomenos. hiemach
bliebe sowol ^v tQ dauToO ^övov d^uvö)Li€VOV als auch 1toX^^ou äp*
XOvra völlig unerklärt, nehmen wir aber auch wirklich an , nach
I 113 könne der sieg von Koroneia als eine that der Orchomenier
yerstanden werden, und der autor habe bei der abfassung von IV 9«
EAJunghahii: ttadien zu Thnkydides. 361
jene stelle ans 1 113 vor angen gehabt: wer ist dann mit dem sab-
jeet fiMCtc in vixt^cavrcc und KarccT^tca^ev gemeint? entweder
F^ondas ignoriert absichtlicb , dasz nicht alle Boioter an dem siege
•atol hatten, nnd macht ihn jetzt, wo er zu einer gesamtboiotischen
tlnt aüfTordert, auch zn einem gesamtboiotischen — dann hat das
ti T^ iouToO MÖvov äfiuvö^€VOV keinen sinn, da ja dann die
ntga Ton Koroneia in ihrem lande waren; oder er hat mit fmeic
" imbegreiflicher weise , besonders da er kein Orchomenier ist
-* wiridieh den 6inen staat Boiotiens im sinne nnd meint, es
dftrfi nieht jeder boiotische staat blosz anf Verteidigung seines
gebietes sich beschrSnken — welchen sinn hat eine solche mah-
lOBgliier, wo ja die streitkrftfte des gesamten Boiotien sich schon
to gemeinsamer abwehr vereinigt haben? endlich hat auch ttgX^-
|iou dpxovTO dämm keinen sinn, weil es aussieht wie eine an die
Boioter gerichtete anffordernng den krieg zu beginnen, wfth-
r«d dodi denelbe redner schon die thatsache stark betont hat,
<liit ja eben die Athener mit offener feindseligkeit in das land ein-
^edniiigen seien«
Durch die beiden stellen VI 79 und IV 92 ist also nnwiderleg-
iid erwiesen, daaa es Sinnentstellungen in den reden bei Thuk. gibt,
and damit ist der wesentliche inhalt meiner ersten arbeit gesichert.
Aber ich habe andi den versuch gemacht die Ursachen der entstehung
onei solchen mangels aufzufinden, freilich mit der hinzufllgung,
^ ich dieses ergebnis fttr minder sicher und minder wichtig halte,
deasoch wfirde iäi die entdeckung des ungeschickten redacteurs so-
gv als ein verdienst in anspruch nehmen, wenn ich dürfte, aber die
priorittt gebflhrt namhaften herausgebem des Thuk., ein umstand
<ien ich damals fibersehen habe, weil er nicht gerade in den reden zu
t^e trat idi werde einige beispiele dafür anfahren, dasz schon vor
air stellen 'ala. in dem ttberlieferten zusammenhange sinnlos erkannt
od durch Tersetzung verstttndlich gemacht worden sind. I 17
iSanea. die werte o\ yäQ iy CtxcXiqi in\ irXeicrov ^x^P^lcav b\nrä-
MOac nicht Terstanden werden, passen aber ganz gut hinter irXflv
Twv iv CoceXiqt o. 18, 1. femer gibt die begrtlndung in III 32 ^ 3
▼oa ipdivTCC joq bis nopaßaXcTv (am ende des cap.) keinen sinn,
vol aber hinter § 1 dir€cq)oE€ toöc ttoXXoüc (nb* ein recht klares
bcapiel, daei mnenachtrftglicherandbemerkung an eineun-
richtige stelle gerathen ist), eine dritte stelle ist IV 68, 5, an
te von Classwi venehiebnng der sfttze vermutet und durch umstel-
tsag dem maagel an correotheit der gedanken abgeholfen wird (alles
alba« über die drei stellen s. bei Glassen, besonders im krit. anhang).
40 ist denn im gründe genommen das, was ich in meiner ersten ar-
beit behauptet habe, schon ftüher, und zwar von namhaften erkltt-
nn, ao^jeeidlt worden, wenn auch an anderen stellen des textes,
•eaüidi aiDnentatelhuigen, darunter auch solche durch eine mit yap
■geAgie begrOndnng, und die erklftrang derselben wird auch von
uf ixrtiun beim mechanischen verfahren zurflckgeftthrt. hfttte
362 EAJnxigfaahii: Stadien zn Thtücydide«.
ich diese thatsache damals nicbt übersehen, so hfttte ich mich mit
der antorität jener angesehenen mftnner decken und meine beobach-
langen als conseqoenzen der ihrigen bezeichnen kOnnen ; Tielleicht
dasz dann der rec. meine untersachongen besser gewürdigt hfttte.
denn waram sollen nicht in den reden die sinnentstellnngen ans
denselben gründen entstanden sein wie in dem übrigen texte ? aber
abgesehen von der entstehung, an die sinnentstellnngen selbst wird
jeder leser nun wol einigen glauben gewonnen haben, nachdem ich
zu den zwei von mir vorläufig behandelten stellen nodi einige ande-
rer beobachter hinzugefügt habe, doch freilich selbst diese resuhate
werden noch gegen consequenzen , die sich aus urteilen des rec er-
geben , geschützt werden müssen, in den YOn mir oben genannten
stellen nemlich finden sich auch einige mit f&p angefügte begrün-
düngen, dasz sich ein satz mit fdip nicht immer streng logisch an
den vorangehenden anschliesze, ist niemandem fremd; aber eine
solche ab weichung darf doch nur dann stattfinden, wenn der voran-
gehende satz mit solcher prfignanz* ausgesprochen ist, dass das zo
begründende leicht mitaufgefaszt wird , ohne dasz man nötig hfttte
es mit werten zu construieren. ist aber eine spräche denkbar, ist
das überhaupt noch eine spräche, wenn man sogar lange sfttM ein-
stopfen musz, um die folgende begrttndung zu verstehen? darf man
an solchen stellen nicht auf Verderbnis des ursprünglich überlieferten
schlieszen, dann ist natürlich eine mangelhafte bogründnng bei alten
autoren niemals nachweisbar; die phantasie des lesers wird immer so
viel construieren können, um einen Zusammenhang herzustellen, ein
instructives beispiel haben wir bei Sörgel (1878 s. 349). ich behaup-
tete dasz in I 82 (rede des Archidamos) § 6 (dTKXfj^ara fiiv jap
usw.) als begründung zum vorangehenden nicht passe ; Sürgel schiebt
folgenden gedanken zur ergftnzung ein : *dazu dürfen wir es nimmer-
mehr konunen lassen, und wir können es auch leicht vermeiden.'
durch ein solches interpretationsverfahren Iftsst sich freilich viel
krummes leicht gerade machen, hiemach dürfte ein alter autor reoen>
senten, die vor der arbeit ihre guten vorsfttze aussprechen wollen,
folgende werte in den mund legen: *man wird wieder intttmer in
unseren recensionen nachweisen wollen: denn gerade in den vor-
liegenden fällen ist irrtum so gut wie unmöglich.' man würde nicht
behaupten dürfen, dass solche begründung ungereimt sei: denn man
kann ja vor derselben die obigen werte 'Sörgels einschieben: *dahin
werden wir es aber nicht kommen lassen, und wir können es auch
leicht vermeiden.' gewaltsamer wird ein solches interpreiationsver^
fahren in c.82 noch dadurch, dasz von den drei §§ 4. 5. 6 joder mit
y&p angehfingt ist, aber in keinem derselben die begründung us*
mittelbaren anschlusz hat, sondern eines davor zu ergftnzenden ^e*
dankens bedarf, dem § 4 gieng folgender gedanke voran: * treten
wir den Athenern nach zwei, drei jähren wolgerflstet entgegen, dana
dürften sie wol nachgibiger sein, solange sie ihr laad noch nicht
verwüstet sehen.' darauf folgt § 4: 'denn ihr land dürfen wir nur
KAJangfaalin: atadien su Tbukydides. 36S
als p&nd bekachien' usw. das denn hat doch nur yerstftndnis,
wem wir 68 an den in § 3 liegenden gedanken anlehnen: * selbst
«olger flst et dürfen wir den krieg nicht mit yerwAstang Attikas
begiuMB.' dieses springt als das va ergänzende sofort ins äuge ; also
iit es nicht möglioh etwas anderes zu ergl&nzen. ist non aber § 4
Boek sQslUinuig des falles, dasz die Peloponnesier nach zwei bis
drei jähren w olger ttstet den Athenern gegenftbertreten, so hat
§ 5 (ei T^ dna^CK€U0i) als begrfindung keinen sinn, nnd es mosz
iwiidMB § 4 nnd § 6 wieder etwas hineingestopft werden, das min-
deilB, was erforderlich wftre um die Verbindung herzustellen, wftre
dod Mgender gedanke: * wenn wir aber selbst später, wolgerUstet,
lidit mit yerwüstong Attikas beginnen dürfen, um wie viel weniger
jftit!' wer aber, wie Sörgel« § 4 auf den zustand der nochmMigel-
kaftsD rllstangen bezieht, musz zwar nicht yor § 5, aber vor § 4 auf
diese weise eine kluft ausfüllen (wobei noch der offenbar ganz enge
nssBBMBhaiig zwischen § 3 und 4 willkürlich zerrissen wird). iJs
eine solche esgänznng musz man Sörgels werte (s. 348) ansehen:
'ob keinen preis also wollen wir gleich jetzt angreifen und zum
iBstenten schreiten, was wir unter den gegenwärtigen Verhältnissen
tkn kganen, nemlich zur Verwüstung Attikas, weU dies noch keine
estaehsidung bringt.' zwischen Sörgel nnd mir ist hiemach in
nama fdgende differenz über I 82 (und auch sonst noch öfter):
die gedanken, welche ich im texte des Thuk. vermisse, leiht er dem-
leibaL wenn das von ihm zur ergänzung eingefügte im texte zu
fizdea wäie , dann wäre es mir tddt eingefallen an demselben aus-
^eUoBgen zu machen. •— Wer Söigels ergänzungsverfahren billigt,
te weideii auch seine sonstigen ausführungen über I 82 (s. 347 —
353) zsMJgen; ich aber, der id von der Voraussetzung auegehe, dasz
Midies verfahr^i in keiner spräche denkbar sei, brauche midi nun
io weitere Widerlegungen nicht einzulassen.
Gewis also hatten die herausgeber recht in den oben genannten
fMm aüze ab an fidsehem platze befindlich nachzuweisen, und die
■ite mit T^ durften hiervon keine ausnähme machen, offenbar
«W ^bt ee noch eine anzahl stellen, an denen jene beobachtung
*^ nittdeetens ebenso stark, wenn nicht noch stärker aufdrängt
ifih wiUe zunächst einige aus dem prooemiuio. so ist 1 8, 3 gezeigt,
dasi die kfletenbewohner bei wachsendem wolstande auch für ge-
•etoten wohnplätse sorgten, ja dasz die wolhabenderen sogar
Basen tun schütze bauten« jetzt folgt eine begründung: 'denn ge-
rate! von dean verUmgen nach gewinn ertrugen die schwächeren die
•UsTini der stärkeren, nnd die mächtigeren, gestützt auf ihren
ibaftnsi^ machten sich die schwächeren städte unterwürfig.' das
«t do^ sicherlich eine seltsame begründung fär die Sicherung der
•oliBstätten und den mauerbau. prüfen wir aber einmal den zu-
wmsnhang folgender sätse: 'die städte, welche zuletzt gegründet
«vdcn und sn der seit da es schon mehr seeCahrt gab, die hatten
<*^cr mehr geldmittel zu verfügen und wurden unmittelbar an der
364 EAJangbahn: stadien zu Thokydides.
küste als befestigte stftdte gegründet, und sie nahmen besitz von
den landengen sowol za handelszwecken als aach wegen der macht,
die jeder gegen seine nachbam entfalten wollte, denn geleitet tob
dem verlangen nach gewinn ertrugen sowol die schwftcheren die
Sklaverei der stärkeren, als anch machten die mBchÜgeren, gestützt
auf ihre mittel, sich die schwächeren stttdte unterwürfig/ so hat
doch die begründung mit f&p eine sichere stütze in dem vorauf-
gehenden begriffe * macht', dieser gedanke ergibt sich, wenn man
annimt dasz die werte d<pt^^€VOi y&p an den anfang von c 7 (hin-
ter icxöoc) gehören.
Noch eine stelle ans dem prooemium. c. 23 ist mit e. 21 is
dem allerengsten zusammenhange; beide führen den gedanken ans,
dasz der peloponnesische krieg durch grüsze und bedeutong alle
früheren überrage, dieser enge Zusammenhang bedarf keines nach-
weises und dürfte schwerlich bestritten werden (s. Olassen zu e. 23, 1).
ja, wie kommt denn aber mitten hinein in diesen gegenständ das
c. 22, welches die Versicherung des antors enthält, dasz er sowol in
den eingelegten reden als auch in mitteilnng der begebenheiten mög-
lichst nach historischer treue gestrebt habe? so fragte ich mich ver-
gebens und suchte erwartungsvoll aufschlusz bei den erkllrem. der
einzige Krüger hat von der Schwierigkeit notiz genommen und er*
klftrt kurz und einfach, das c. 22 sei nicht recht an seiner stelle.
keine behauptung kann richtiger sein; dennoch ist der versuch ge-
macht worden ihn zu widerlegen. Classen (zu I 21) erklärt Krüger^
bemerkung darum für unbegründet, weil 'die worte 6 itöXcmoc
oiJtoc . . bn^^cci ^^^ ^^® ^°^ folgende erzählung des ganzen krie
ges hinweisen, und nachdem zuerst ihr eindruck im ganzen aus
gesprochen sei, folge c. 22 . • . die Charakterisierung ihrer beider^!
hauptteile, der XÖTOi und der fyya^ von welcher dann c. 33 zur!
nähern betrachtung des allgemeinen Urteils ()li€(Zuiv T€T€vnM^vocj
auTiBv) zurückkehre/ die achtung vor einem so hochverdienten her-j
ausgeber wie Classen erfordert auf seine Widerlegung einzugehen ;
wenn auch viele sagen werden, dasz gegenüber einer so klaren sache,!
wie sie hier Krüger vertritt, jede Widerlegung von vom herein al>i
gescheitert anzusehen sei. sehen wir zu, worauf Classens Widerlegung
einzig und allein sich stützt, er stellt die von Krüger bestritten ti
Zusammengehörigkeit des o. 22 mit dem anstoszenden texte dadun*h
her, dasz er dem einen der auf einander zu beziehenden objecto dur«. : \
deutung den , wie er meint , richtigen Inhalt gibt, er sagt nemlicfa i
«6 iTÖXe^oc oiÜTOC • • ön^^cei weise auf die nun folgende enählun ,{
des ganzen krieges hin.» er kann also nur meinen, da Thuk. hut
von seinem werke über den pelop. krieg spreche, c.22 aber von dv^i
teilen eben dieses Werkes handle, so sei c. 22 eine in diesem zusatnl
menhang verständliche einfügung und hiemach e. 23 eine passen« rH
wiederaufnähme des Schlusses von c. 21 . dagegen musz aber doc }
sofort eingewendet werden, dasz in c. 21 weder von des Thuk. noc j
sonst irgend jemandes werke weder die rede ist noch eine andeutun j
EAJnnglialm: Stadien zu Thakydidee. 365
sidi findet die worte ö Tr6X€|ioc oStoc . . öt]Xu)C€1 usw. kOnnen ja nichts
anderes bedeuten als : * wer sich durch die bei vergleichung jüngst-
Tei]giognier kriege mit denen der vorzeit gewöhnlichen Yorarteile
aidit leiten Uszt, sondern die thatsachen selbst ins äuge faszt,
der wild finden dasn dieser krieg bedeutender ist als die früheren.'
wirani sollen wir denn verstehen 'die thatsachen in meiner nun fol-
gendoi darBtellong* ? es fehlt ja jede andeutung, dasz Thuk. sich in
sdnem urteil über grosse und bedeutnng der Tatsachen des pelop.
kii^g« mit iigend einem andern, der sie etwa als minder bedeutend
kisrtelle,.iffi Widerspruch seL nicht durch eine solche meinungsver-
•duedsaheit war bei vergleichung der grösze des pelop. krieges und
der frfilieren kriege ein falsches ergebnis entstanden, sondern durch
die onhchtige aufiassung der grösze der früheren kriege, es ist hier-
sieh loch eine gaas unhaltbare meinnng, dasz an den stellen, wo
TOB der Torwiegenden grösze und bedeutung des pelop. krieges ge-
bsdslt wild (ende o. 21 u. anL e. 23), ^der eindruck der er Zäh-
lung im ganzen ausgesprochen sei', nnd die thatsache dasz an die-
len beiden stellen nnr Yon der grösze des pelop. krieges, in dem
dttwischenliegenden c. 22 aber nur ¥on der angestrebten historischen
trene im gesohichtswerke des Thuk. gesprochen wird, also yon einem
Tdilig verschiedflnen gegenstände, bleibt unerschflttert.
Wollte nun aber jemand noch zu der viel angewandten ultima
ntio der Interpretation schwieriger stellen bei Thük. schreiten, zur
erginsDng einee gedankens, natürlich zwischen c. 21 und 22, so
ktente dieser etwa so lauten: *nnd die thatsachen des pelop. krieges
vird msD nirgends besser als bei mir dargestellt finden.' nun an-
«cUbsz von c 22 : *ich habe mich dabei so viel als möglich der histo-
naeben treoe befleiszigt' aber auch eine solche erklftrung wttre doch
nv mfi^ich, wenn der zweite teil von c. 22, von t& b* igrfa an,
ficb sn das ende von c. 21 anschlösse, nun aber folgt auf c. 21,
TfiUig nbmpi, sogleich der aufschlusz über die in das geschichtswerk
o^g^igten reden, kurz, Krüger ist hier nicht widerlegt worden und
^ nicht widerlegt werden.
Hiermit meine ich gezeigt zu haben, dasz die offenbaren irr-
ste«, welche nach unserer ausdrucksweise redactionsirrtümer oder
>eU«rfflUer genannt werden könnten, zahlreicher sind, als man bis-
^ aagoionunen hat; und es lassen sich sogar noch mehr derartige
Mlea akamen.
Mancher leeer, der die richtigkeit der obigen beobachtungen
■odi agibt, wird vielleicht dennoch sagen: 'nun gut; das sind einige
>Kkt vcm antor ausgegangene Irrtümer; dafür verdient sein Schrei-
ber oder wer immer seinen willen schlecht ausgeführt hat, ernsten
^>deL aber was der antor gewollt hat, sieht doch jeder, und seine
"spribigliche meinung läszt sich aus dem dastehenden leicht con«
sMmcb« man lasse es also dabei bewenden.' dasselbe würde ich
«cb sngen, wenn ich nicht noch eine ansahl von Ungereimtheiten
P^ttmim hfttte, die sich durch blosse Umstellung eines satzos
366 EAJanghahn: Stadien zu Tkokydidet.
nicht beseitigen lassen, davon will ich eine und die anders probe
geben.
In der episode über die Peisistratiden VI 64 ff. kommt der
antor auf den schon früher von ihm gerügten historischen irrtam
der Athener zurück , wonach gemeinhin Hipparohoe, der ermordete
söhn des Peisistratos , für den ftltesten von dessen söhnen nnd fllr
seinen nftchsten nachfolger in der tyrannis gehalten werde, dan
dieser aber Hippias, nicht Hipparchos gewesen sei, versichert Thok.,
da er es aus mitteilungen wisse, überläszt aber auch dem leaer aus
folgendem sich die Überzeugung selbst zu verschaffen: auf derseole,
die zum gedftchtnis an den tyrannendruck auf der Akropolis orrichtet
sei, fiinden sich fünf kinder des Hippias erw&hnt, kinder seiner bei-
den brüder, des Hipparchos und des Thessalos, aber keine, ein be-
weis dasz Hippias wol zuerst von seinen brüdem geheiratet habe,
also der älteste gewesen sei. ich will hier die schwftohe eines sol-
chen beweises nicht beleuchten, die ja augenfällig ist, besonders
nach der Versicherung des autors, dasz er die thatsache aus mittei-
lungen genau wisse, jedenfalls aber ist der nun folgende beweis er-
staunlich. 'auf derselben seule' so ffthrt er fort *fo^ der name des
Hippias sofort auf den des vaters, auch dieses nicht ohne gmnd
(auch dieses sehr begreiflicher weise, oöbi toOto direotKÖTUic), weil
er der Slteste war und deswegen auch zur regierung kam.' wo gibt
es etwas ähnliches von beweis in einem geschichtswerke? ich glaubt»
nirgends, ich werde versuchen diesen beweis durch einen erdich-
teten fall aus dem tftglichen leben zu illustrieren, ich denke mir
dasz jemand an einem wintermorgen das zimmer noch nicht verlassen
habe und an das fenster tretend zu den in gleicher lage'b^ndlichen
seinigen folgendes sage: 'es hat heute nacht stark gefroren ; das habe
ich heute schon von mehreren (vom brieftrüger ua.) glaubhaft er*
fahren, auszerdem aber könnt ihr es auch aus folgendem schlieszen :
die knaben, die ihr dranszen über das eis gleiten seht, tragen hand-
schuhe, und sie bewegen sich auf dem eise, welches gestern noch
gar nicht vorhanden war. begreiflicher weise ist auch dieses letztere
eine einwirkung des frostes.' habe ich hiermit etwa übertrieben?
Obwol das Iftcherliche jenes beweises auf der band liegt, so ent-
halte ich mich jetzt noch jedes Schlusses über die autorsd^afL nur
darauf will ich aufmerksam machen, dasz auch hier wieder ein filr
den sprachlichen ausdruck keineswegs schwieriger gegenständ vor*
liegt, ich kenne die einwände, die sogar von wolwollender seite ge-
bracht werden, man wird vielleicht einwenden, dasz gerade hitr
flüchtigkeit des denkens eher begangen werden konnte, weil es sicL
um keinen schwierigen gegenständ handle, während im entgegen-
gesetzten falle dieselbe durch gröszere anspannung verhütet worden
wäre, einer solchen meinung müste ich entgegenhalten, dasz docii
diese wenn auch sprachlich leichte stelle dem autor sehr widitic
scheinen muste: denn er will hier seinem publicum einen beweis
seiner kritischen fllhigkeit geben, nachdem er durch den vorwarf de ^
EAJuoghahn: Stadien lu Thokydides. 367
aiageb derselben seine Vorgänger angegriffen nnd seine zeitgenos«
m fatraosgefordert hat (c 54, 1). an solchen stellen pflegt man
doch idir vorsiehtig zu sein, um dem heransgeforderten nidbt eine
Utes in geben, aber JÜinliche gedankenlosigkeit kommt anch vor
is einsm teile des werkes, der seinem wesen nach ganz besonders
Hehtigkeit des denkens ansschlieszen mnaa. ich meine die partie
m 82 — 84, die in noch höherem grade, als die eingelegten reden,
qoistsssens der die geschiohtschreibnng begleitenden reflezionen
kt, und die den deuUichsten keim eines Versuches der philosophie
der gssehiehte zeigt, es sind betraohtungen, durch die Thuk. mehr
üt dareh den beriefat über die thatsachen bewunderer gefunden und
iea saspraefa lAr sein werk, dasz es ein icriijLia ic äei sein solle,
QBteretlltzt hat. jene capitel, angeknttpt an den grauenvollen partei-
kimpf in Kerkyra, enthalten betraohtungen über die natnr des men-
adwa und der Staaten, über die notwendigen Wandlungen derselben
BBter gewissen gegebenen bedingungen udgL seine theorie erläutert
TküL hier mit hilfe einiger mit Vorliebe von ihm angewandter be-
gnis: smkehmng der Verhältnisse, rollentausch, an einer langen
reihe von erecheinungen zeigt er die verschiedenen formen dieser
ankfibroBg unter dem einflusse des krioges. zb. statt der gerech-
tigkeit und des Staatsinteresses wurde persönliche neigung und ab-
adgug motiv zum handeln, an stelle der ehrlichkeit galt ver-
«luiitztheit als vonug* in einem solchen Zusammenhang also lesen
vir e. 83, 3: 'lente von geringerer einsieht trugen meistens aber die
pitüg ttlchtigeren den sieg davon.' dürften wir uns ans der hinzu-
gvAgttn begrOndiuig dasjenige auswählen, was zur erklärung einer so
■erkwflrdigen beoDachtung nötig ist, so würden wir uns für folgende
itoe entecheiden; *denn jene (die weniger intelligenten), im bewust-
Kio ihres mangels und im hinblick auf die geistige Überlegenheit
der gegner, warteten eine entscheidung, in der gründe den sieg ver-
leihe, gar nicht erst ab, sondern schritten sofort zur that, diu also
iai gewalt; jene dagegen (die einsichtsvollen) verschmähten im be-
vsstseia ihrer Überlegenheit dasjenige durch gewalt zu erlangen,
«IS ihrer meinung nach durch darlegung der »ohtsgründe erreich-
bar war, und so wurden sie von jenen überrascht und vernichtet.'
dae vire ein gesunder gedanke, wenn man auch im stillen sich wun-
dtm kann, dasz die intelligenten den geist ihrer zeit nicht besser
DegnÜBn als die leute geringerer einsieht, wir wollen nicht sagen,
^ jne früher losschlagen sollten — denn dazu mögen sie als ver-
i'Her des bessern in der mensdiennatur zu edel gewesen sein — ,
^ als geistig überlegene hätten sie es doch verstehen sollen, sich
"«»gilsBs gegen einen tückischen Überfall zu schützen, es scheint
^» das i^ edelmut sie auch arglos gemacht hat. so weit läszt
^ die lache begreifen; man neht ein, dasz auf diese weise wol
^^Mmai die klugen den dummen erliegen können, aber ist es denk-
et das eine und die andere schmerzliche lehre der art bei ihnen
^'^chlloa blieb und dasz bei den noch folgenden conflicten meistens
368 EAJimghalm: Btudien sa Thakydides.
wieder die klügeren sich überraschen lieszen und Temichiet wur-
den? ein tückischer Überfall auf die intelligenten kann doch nicht
öfter gelingen; eine solche arglosigkeit wftre doch mit der ihnen za-
geschriebenen irvui^Hi ^^^ £uv6töv und dem ncXürpoTTOV unverein-
bar. — Was soll man aber nun gar sagen, wenn man aus dem grie-
chischen texte ersieht, dasz man sich die klugen durchaus nicht ab
arglos denken darf? sie denken ja an die mOglichkeit eines gewalt*
Streiches von jener seite, meinen aber in stolzer Verachtung, sie
würden es noch zeitig genug merken , um sich schützen su künnen
(KOTCuppovouvTCC K&v TTpotticOccOai). der grund, warum sie md-
stens unterlagen, war also falsche speculation, und das ist doch un-
begreiflich, es kann wol dem klugen einmal passieren, dasz er aus
selbstübersdifttzung die klugheit des gegners zu gering taxiert und
von ihm überlistet wird, aber warum sollen denn gerade die krie-
gerischen Verhältnisse, und speciell die des peloponnesischen kriege&,
es zu wege bringen, dasz der dumme richtig speculiert, indem er,
vom klugen natürlich Überrumpelung erwartend {\xi\ . . ^k toC iroXu-
irpönou a^rrcDv rfic Tvuijinc q>6dcujci TrpocTrißouXeuÖMCVOi) , darum
ihm zuvorkommt und ihn überrumpelt und niederwirft, wfthrend
der kluge sich in dem glauben, dasz es ihm bei seiner klugheit nicht
begegnen könne überrumpelt zu werden, verrechnet und so die vor-
sieht versäumt und dem Überfall erliegt? ich frage: wie soll denn
gerade der pelop. krieg dazu beigetragen haben, dasz der dumme
richtig und der kluge falsch speoulierte, und nun gar, daas die-
ses meistenteils der fall war? nach dieser reflexion, wie sie in
m 83, 3 u. 4 vorliegt, müsten auch zu jeder andern zeit bei oonflic-
ten die dummen über die klugen meistens siegen (nb. die ausdrücke
klug und dumm habe ich der kürze wegen gebraucht; sie sind be>
rechtigt durch qKXuXÖTcpoi TVuijinVf tö Suveröv ua.).
So zeigen also die reflexionen in lU 83, 3 f. einen verkehrten
gedanken. sollen wir nun da^enige, wodurch der Widersinn ent*
steht^ für interpolation ansehfn?
Mancher wird vielleicht beim lesen der bisherigen darlegongen
die Vermutung gehabt haben, dasz ich gerades weges auf den nach-
weis von interpolationen als mein ziel lossteuere, ich glaube nicht
dasz durch annähme der interpolation die räthsel , welche sich dem
leser des Thuk. entgegenstellen, gelöst werden können, bis jetzt
sind zwei stellen von gröszerem umfang als interpolationen bezeich-
net worden: die eine, III 84, schon im altertum, die andere, III 17,
in neuerer zeit, liesze man die gründe, mit denen die behauptong
der interpolation gestützt wird, gelten, dann müsteaus denselben
gründen ein sehr groszer teil des überlieferten Werkes gestrichen
werden, die gründe sind zum gröszem teil vom sprachgebrauche
hergenommen, wie kann man aber bei Thuk. eine stelle dämm an-
fechten, weil sie ein oder das andere wort in einer damals noch nicht
nachweisbaren bedeutung enthält, da doch bekanntlich eine menge
von Wörtern belThuk. sich findet, die erst mehrere Jahrhunderte später
EAJanghahn: Stadien zu Thukydides. 369
T«B gxiacbidefaen aatoren gebraucht, von ihnen nachgeahmt werden,
wie die hgg. sehr oft erwähnen ; ja es gibt sogar eine menge unica
beiThnk. darum hat auch Arnold recht, wenn er das erst nach
Thik. nachweisbare Yorkommen von iräOoc in der bedeutung Uei-
deuBchafi' als beweis der unechtheit von III 84 nicht gelten läszt.
erfragt mit recht , warum nicht spätere, wie in so vielem, so auch
kiena dem Thuk. nachgeahmt haben sollten, was femer die sach-
lüchca gründe anbetrifft, welche man gegen die echtheit der beiden
ofRiel aoffthrt, so bemerke ich zu DI 17, dasz nichtübereinstimmung
der aUenaogaben bei alten geschichtschreibem , zb. Herodot, doch
oft aaders erklärt worden ist als durch interpolation , also durch
jijgmA welchen irrtum des autors selbst oder der Schreiber beim
fl]>ertragen der Zahlzeichen; und der hinweis auf die dürftigkeit der
rdezion in c. 84 (s. Classen im anhang) ist nicht wirksam genug
cjr die interpolation glaublich zu machen, nachdem ich in dieser
cad in der vorigen arbeit gezeigt habe, dasz bei Thuk. eine menge
nidit nur rweckloser, sondern ganz zweckwidriger und verkehrter
reSexioiien zu finden ist. können diese alle Interpolationen sein?
tutk wird sagen: 'nur diejenigen wo spräche und gedanken befrem-
doL' hiernach mflste sofort auch m 83 interpolation sein: denn
Maaer der oben nachgewiesenen Verkehrtheit in den gedanken ist
t&znftliren, dasz KOXOTpOTria und äq)paKTOC erst in später prosa
CAcbweisbar sind (letzteres auch bei dichtem), diesem capitel müsten
«mn aber noch sehr viele folgen, doch diese sache wird unten gründ-
Ldicr behandelt werden können, wenn wir uns eingehend mit der
ipraebe beschäftigen werden, dann wird sich erweisen, dasz die bei-
den iiicriminierten capitel (III 17 u. 84) die auffallenden eigentttm-
iichkeiten eines sehr groezen teiles des gesamtwerkes tragen. ^
Indem ich nun zu den beweisen übergehe, welche sich auf die
Uobaditongen der spräche des Thuk. stützen, bin ich mir bewust
mich aof ein gebiet von räthseln begeben zu haben, das ist freilich
citht allen so ergangen, welche uns über die spräche bei Thuk. auf-
sdüaaz geben, die firage, wie man sich die so zahlreichen und auf-
falWdcn Abweichungen der attischen prosa dieses autors von der
Miaer Zeitgenossen erklären solle, scheint aus der weit geschafPt,
rätdem der sata aufgestellt ist, eine solche frage sei unberechtigt,
Cftja attisch schreibende zeitgenössische historiker nicht auf uns ge-
»Mimen seien und somit uns der maszstab der vergleichung fehle.
&a kann mich nicht überzeugen, dasz es richtig sei eine solche schei-
Uf^nnd zwischen den gattungen der prosaischen litteratur zu ziehen,
risabe vielmehr dasz, wenn ein autor einmal den entschlusz faszte
US attischen statt des früher gebräuchlichen ionischen dialektes in
geschichtswerke anzuwenden , er es in der meinung gethan
er seinem attischen leser nicht minder verständlich sei als
, welcher die von ihm gehaltenen reden im heimischen
•lolekt niedergeschrieben dem publicum übergab, ebendarum meine
fitf elMS. philol. 1879 hn. 5 0. 6. 24
370 EAJuoghahn : Stadien zn Thukjdides.
ich dasz man die spräche des Thuk., wenn auch des historikers, duc::
in den reden des Zeitgenossen Antiphon (soweit ihre echtbeit nich'
bezweifelt ist) wiedererkennen müste, dessen schttler Thuk. ja ge-
wesen ist, und besonders die reden bei Thuk. müsten doch mit den
reden jenes in vergleich kommen dürfen, da sie ja einen nicht un-
bedeutenden teil des gesamtwerkes ausmachen, aber auch die echtpc
werke des Lysias und Xenophon, der wenn auch jüngeren zeitg«
nossen des Thuk., werden wir bei der vergleichung mit heranziehen
dürfen, man könnte doch erwarten, dasz natürlicher weise di^
spräche des Thuk. von der jener wirklichen und ungeftfaren Zeitge-
nossen wenig verschieden sei. und fKnde eine solche meinung nicL-
ihre bestätigung darin, dasz ja jeder von uns mit seiner kenntn^
der attischen prosa, die er aus den reden des Lysias erwarb, getr*
sich an die der zeit nach benachbarten prosaiker, zb. an Flaton.
machen darf, ohne vielen abweichnngen in der spräche za beg^:
nen? nun zeigt aber die spräche des Thuk. von der der geDanü
ten prosaiker sehr viele und sehr erhebliche abweichnngen. fll^i
diese ist sehr verschieden geurteilt worden ; zum teil wurden sie sos-a
von denen, die im ganzen dem urteil des Dionysios von Halikarna i
folgten^ für soloikismen (Beiske: ^abscheuliche Sprachschnitzer' r
kl&rt. in neuerer zeit ist dieses urteil wieder in das gegenteil mn
geschlagen , und man sieht in den besonderheiten der spräche d^
Thuk. die das hergebrachte verschmähende, kraftbegabte geaiali^ I
des selbstftndigen sprachbildners , nicht ohne scharfe seitenfaieb
gegen Dionysios und bittere bemerkungen über Beiske. doch b»
gegnete ich hie und da auch einer vermittelnden richtung. eim::
unserer jetzt lebenden gelehrten mögen sich beim anbliok idler wur
derlichkeiten der Thuk. diction nicht zu der oben erwähnten bew^:i
derung hinreiszen lassen, ohne jedoch dem Dionysios und de^^'l
gesinnungsgenossen beizustimmen , und meinen den scblüssel in d^
langen Verbannung des Thuk. von Athen gefunden zu haben, welcj
ihn hinderte die entwicklung der attischen prQsa mitzumachen.
Es ist nicht meine aufgäbe, mich hier sofort für oder widere!^
jener meinungen zu ttuszem, besonders da sie hervorgiengen ans dt i
streben festzustellen, ob Thuk. ein gutes oder ein schlechtes atti^'
geschrieben habe; meine aufgäbe ist zunächst eine ganz andere, i'
dieselbe genau bezeichnen zu können , musz ich in aller küne ^\
hervorstechendsten eigentümlichkeiten der spräche des Thuk. n^t
haft machen, den leser, der eines weitem hierüber bedürfen s<V.*
auf Poppos Zusammenstellungen (proleg. s. 238) und die in den a i
gaben von Böhme, Classen und Stahl verweisend, ftlr meinen zw^ i
genügt folgendes.
Werfen wir einen blick auf diese Wörter, die ich nach me:u
notizen von überallher aus dem texte des Thuk. nehme: i\ drrobo^
f\ dxpilMGiTfa, f) KUiXufiiii ^ TrapäXoToc, 6 Mcrd^cXoc, ö KaOaip^r
f\ i'XKaT&kr\\^\c^ f| irpoTiMiicic, f| TrcpiT^xvn^ic' trpöocuiTroc, ixt|
V6UJC, dTT€picK€TrToc , d7Tpoq)uXaKTOc , dv€X^TYwoc, dßpobiaiTC
t^
EAJanghahn: stadien zu Thukydides. 371
mucÖTUK, oÖToßoei, q^op^n^^^v' i^ireipoOctai, noXcMiiceieiVy napa-
^ckiv, inolf\yj dKVixäv, biabiKaioOv, diroEioOv, bucavacx€T€Tv.
dies sind beispiele ftlr eine sehr grosze menge von Wortbildungen,
die sich entweder nnr bei Thnk. oder nur noch bei dichtem, zum
teO ftber nur noch bei sehr späten prosaikem finden, mit der späten
pma hat Thuk. namentlich folgendes gemein : die häufige anwen-
diiBg der yon yerben mittels der endung -cic abgeleiteten substantiya
nd die mit d priyativum und einer präp. zusammengesetzten adjeo-
ÜTi (hzw. adverbia). — Femer finden sich bei ihm sehr ungewohn-
te Verbindungen : zb. wird VI 58 die geschickte rerstellung des
Hippas ansgedrOckt durch dbrjXuic tQ öi|i€i TiXacd^evoc. III 33
Im wir oÖK^Ti iv xaraXi^iiiei iq)aiv€TO, von jemandem gesagt, der
kImb IQ weit entfernt ist, um noch eingeholt werden zu können;
118 iroieiv ^c nva 'fOr jemanden Sympathien haben'. ^ Ganz be-
Maden ist es dem Thuk. eigen die neutra von adjectiven statt der
n^bitaiitiva abstracta zu gebrauchen (beispiele: tö ttcXu^ tö dcq)a-
Uc, TÖ l{fyrfi€c)y und ebenso wird es erklärt, wenn das neutram der
pvtidpia für ein substantivum abstractum oder gar für einen infini-
tir iteht (beispiele : i6 iniGuMcOv , tö öpmZö^cvov «» f| dmdujiia,
h M oder «s TÖ diriOu^eiv , tö öpfilecBax * am deutlichsten und
K^iilendstan Y 9 toO uirant^vai TrX^ov f{ toO ^^vovtoc, wo toO
MOOVTOC offenbar dem toC i^nairt^vai parallel steht), an diesen
^Wuch des participium füge ich gleich die besonderheiten der par-
^pialconstmction bei Thuk. es findet sich nemlich oft part. con-
uoctom bei verschiedenem subject (beispiele bei Böhme zu I 49, 4}
^wiederholt genetivi absoluti bei gleichem subjecte, ohne dasz
QUBer dn grund fUr diese abweichnng von dem bei den Zeitgenossen
gvbrkehlichen einleuchtet ein deutliches beispiel ist III 13, 7
^n^dVTUJV bt öjitüv . . iTpocXrji|i€cQ€, wo ja auf ä^uiv kein nach-
^ck liegt; andere beispiele bei Claasen und Böhme zu II 83, 3.
^ dieser gelegenheit bemerke ich noch die grosze verliebe für den
fcbraoeh des nominativs mit participium auch bei dem activ von
^ntvu)it und bf^Xöui (zb. I 21 oCrroc 6 TTÖXcfioc . . briXidcci MCtZwv
TCTCvryi^voc a^uiv. andere beispiele bei B6tant lex. Thuc. u. beiK-
^^BidbriXöui).
Von solchen vereinzelten eigentümlichkeiten des Thuk. finde
^ ftoeh erwähnenswert das mit dem nominativ des Superlativs eng
'^dene iv toic (beispiel : I 6 £v TOic TrptuTÖi hk 'AOrivatoi töv
^ ci^pov KOT^devTo), das, wenn auch sehr selten, bei Zeitgenossen
«iüi fiadet, so aber wie bei Thuk., ohne rttcksicht auf das geschlecht
^ mit dem Superlativ verbundenen nomens, nirgends (beispiel:
^ *2, 1 btÖTi iv TOic jrptiiTTi dt^vcTO, sc f] crdcic).
Za den bisher genannten eigentümlichkeiten, die sich alle inner-
^b der grenzen ^ines grammatischen satzes aufsuchen lassen und
TMi dfliian jeder einzelne vorkommende fall sich gegen verwandtes
'unlieb genau abgrenzen läszt, rechne ich noch die gesucht abwei-
•«»^ wortstellang (beispiel: I 20, 2 unoTonVicavTCC bi Ti £K€ivT|
24*
372 EAJuDghahn: etudien zu Thakydides.
tQ fjM^pa Kai napaxpnMa 'Ap^öbioc Kai 'ApiCTOTeiruiv ^k twv Euvei*
bÖTUJV cq)iciv lirnicji ^e^iivöcOai* sehr viele andere beispiele in
Böhmes index u. fajperbaton). was ich zum schlusz noch toh dem
der Thuk. Schreibart eigentümlichen zu erwähnen habe, ist mehr
innerhalb eines gröszem sprachcomplexes als dem eines einfachen
Satzes zu suchen, mindestens doch auf dem eines zusammengesetzten
Satzes oder einer periode. jedermann sieht , dasz ich die schon oben
erwähnte früher sogenannte dunkelheit des Thuk. meine, die nicht
nur in der Schwierigkeit und entlegenheit des gedankens selbst ihren
grund hat, sondern oft auch in dem ausdrucke desselben, in der er-
schwerung des Verständnisses durch anakoluthien und durch vech-
sei des subjectes, wenn dieser weder aus einem subjectsnomen noch
aus der Verschiedenheit der verbalform ersichtlich ist. dazu kommen
dann oft noch häufungen von eigentümlichkeiten der schon oben
bezeichneten art. nennen wir also diese besonderheit der Tbnk.
Schreibweise meinetwegen Schwierigkeit oder Unebenheit Tbeispiele
für anakoluthe und subjectswechsel s. bei Böhme im index).
Die oben gezeigten sprachlichen erscheinungen finden sich, hier
mehr dort weniger, auch bei anderen Attikern des auf Thuk. folgen
den Jahrhunderts ; aber die gehäufte anwendung bei Thuk. verleih:
der spräche desselben die hervorstechende eigentflmlichkeit. den
noch — und hiermit deute ich auf das hin , wAs mir von meinen
eigenen beobachtungen das wichtigste scheint — gibt es bald gröszen
bald kleinere abschnitte des Werkes, in denen von allen den gt
nannten eigentümlichkeiten sehr wenig, ja solche in denen gar nicht:
davon zum Vorschein kommt, in denen sich die spräche von <^<\
anderer griechischer prosaisten ungefähr derselben zeit , zb. des Xii
nophon, in nichts unterscheidet anderseits aber finden sich m-
stellen, in denen, wie gesagt, eine grosze häufung jener sprachliche
eigentümlichkeiten sichtbar ist; ja man kann sagen dasz bei Thuk
an stellen , wo etwas bei anderen autoren der altem attischen pr«
sprachlich höchst seltenes angetroffen wird , auch andere der obe^
bezeichneten eigentümlichkeiten^ oft gehäuft, sich beisammen fintieni
sollte man mich darauf verweisen wollen, dasz dieses zusammenfi^'i'^
mit der längst gemachten beobachtung, dasz die verschiedenen U^ |
des Werkes je nach dem inhalt auch stilistisch sehr verschieden seien I
ich werde also zu zeigen haben , dasz die berufung auf die Torschitii
denheit des inhalts zur erklärung der von mir behaupteten thatsacli
keineswegs hinreicht.
Da es in diesem teile meiner abhandlung ganz besonders mt I
bestreben sein musz, den leser völlig zu überzeugen, so will i \
meine oben ausgesprochene beobachtung an einer anzahl von i^i
len möglichst anschaulich erweisen, ich wähle dazu natürlich al
schnitte des Werkes (zunächst mit ausschlusz der reden), innerh ^{
deren die verschiedene beschaffenheit der spräche recht anfiälHjc :i
die abschnitte werden von sehr verschiedenem umfange sein, je«!* I
auch die kleinsten derselben können ihrem inhalt nach fttr sich v|
EAJnnghahn: stadien zu Thukydides. 373
&taiiden werden nnd sind grosz genug um stil erkennen zu lassen,
tonogestellt habe ich solche abschnitte, in denen von den beiden
teüen, welche sprachlich verschieden sind, der eine dem andern im
texte unmittelbar sich anschlieszt. dann folgen verglichene stücke,
weldie jenen engen Zusammenhang zwar nicht haben ; aber sie ge-
bORxi doch immer demselben buche an , und ihr inhalt ist nicht ge-
nde verschiedenartig.
leb wftble sunftchst IV 72. 73. in diesen capiteln werden ereig-
10586 des j. 424 erzfthlt, deren Schauplatz die umgegend von Megara
ist, 9od zwar wird in c. 72 ein unentschiedenes reitergefecht zwi-
sehea Athenern nnd ihren vereinigten gegnem geschildert; in c. 73
wird in unmittelbarem anschlusse gezeigt, dasz darauf beide gesamt-
beere sich wiederum kampfbereit aufstellten, und dasz, nachdem eines
Toadem andern den ersten angriff erwartet hatte, endlich die Athener
da plati verlieszen und dadurch die Megarer ermutigten den Bra-
nds« in die stadt aufzunehmen, in den zwei capiteln sind also zu-
sunmengehOrige gegenstände behandelt, aber in wie verschiedener
iprscfae! bis za dem ende des reitergefechtes ist alles leicht und
Uar (73, 4 bis zu den Worten tö rpönaiov f cnicav. der anstosz in
des letzten werten des cap. ist sehr unerheblich, da ein wort ausge-
Ulen zu sein scheint), ebenso einfach ist 73, 1; aber von § 2 — 4
bis djpptj/jOrtcav) ist eine falle von sprachlichen eigen tümlichkeiten:
ixoviTi "B dfiax€i findet sich erst bei spftteren Schriftstellern
■Clissen), TiCiecOai »» irpocTiOecBat ist überhaupt nirgends nach-
«Qsbtr. zahlreicher sind die abweichungen auf dem grammatischen
gtbiete. in den wenigen zeilen sind allein drei participia unge-
wOnlieh behandelt: in den werten djCTiep f)ccii6^VTurv CT6pT)0f)vat,
wo man ficcTiO^vrac erwartet; dann XoTtZö|Li€VOi o\ crpaniTOi statt
^lZofl^vulv Tuiv CTpcmiTtliv, und endlich (beiSav iTOifioi övrec.
{•ner ist in dem groszen satze o\ jap M€TOipf)c usw. ein sehr star-
ke nakolnth ; das verstftndnis wird auch erschwert durch auslassung
^ labjecte zu ^mövTuiv und zu ficcr]0^VTUJV , die errathen werden
■<teeB, ferner durch die seltsame Verwendung von napövTUiv fCbr
'teitaiidete% und zwar nicht blosz insofern sie anwesend sind,
oichtgelftafige rede Wendungen endlich liegen vor in den werten
f^ T^ Toöc Mctap^ac öpOt&c Su^ßaiveiv und oik fiv iv xuxg
Trrv€c8m cq>ictv.
Nicht weniger scheint mir VII 52 — 55 geeignet, um den con-
^nit der spräche bei Einern und demselben antor anschaulich zu
^^AoL es wird dort die Seeschlacht zwischen den Athenern und
^ SyiakuBem behandelt, in der Eurymedon den tod fand, das sich
^Mbhessende landtreffen und der erfolg dieser kttmpfe. die erzfth-
:iig der kftmpfe selbst (c. 52 u. 53 bis § 3 incl.) ist klar und ein-
^t ohne irgendwelche ab weichung in der spräche und ganz knapp;
■dbct der tod des Strategen Eurymedon ist nur mit drei werten er-
liUt. m ganz anderer spräche ist das berichtet, was auf die kftmpfe
^^ (dani muaz man natürlich auch c 53, 4 rechnen, den versuch
374 EAJuDghahn: studien zu Thukydides.
der Syrakuser, mittels eines mit brennstoffen gefüllten und ange-
zündeten alten schififes die flotte der Athener in bi*and eu stecken:
denn selbstverständlich wäre während des kampfes die sjrakusiscbe
flotte durch ein brennendes schiff nicht minder bedroht gewesen ab
die feindliche), von nun an bis zum Schlüsse von c. 55 ändert sich
die spräche sehr erheblich, da haben wir Wortbildungen die 8icb
erst in später prosa wieder vorfinden, zum teil sogar überhaupt nicht,
hier fallen besonders auf 6 irapöiXoTOC und ö MeTdjLicXoc; aber auch
cßecTiipioc und ö)LioiÖTpoTroc finden sich erst in später prosa. hienu
kommt das Substantiv f) Xfii|iic und die Substantivierungen t6 ha-
<popov und dv navTl (dOufiiac). als härte der spräche muss es er-
scheinen, wenn wir als machtmittel der Syrakuser nebeneinanderge-
stellt finden xal vaOc Kai tiTTTOuc xai juiCT^On, femer wenn xd irpö
aOTUiV i^TTÖpouv bedeuten soll: ^ schon vorher waren sie in Ter-
legenheit.' die bedeutung von tö btdq)opov dnevefKCiv auToic
musz errathen werden, daher mehrfache auffassung des schlnszsatzeä
von c. 55.
Aehnliche erscheinungen bietet der abschnitt VII 33 — 35, wel-
cher gleichzeitige begebenheiten des j. 413 behandelt in c. 33 wird
das verhalten der griechischen Staaten Siciliens gegenüber ßjrakua
dargelegt; dann folgt die fahrt des Demosthenes und Eurymedon
nach Sicilien und ihr aufenthalt in Thurioi. die fortsetznng dieser
fahrt wird in c. 35 behandelt, c. 34 enthält das in diese zeit fallende
unentschiedene treffen zwischen einer athenischen und einer pelo-
ponnesischen flotte an der küste von Achaja. c. 33 nnd 34 bis § 4
incl. sind einfach und klar, ebenso das ganze c. 35; der zweite teil
von c. 34 enthält sprachliche eigentümlichkeiten und eine unklare
stelle, die eigentümlichkeiten sind: Wortbildung mit der endang
-cic: dirwcic; nomina die entweder überhaupt oder in der hier ihnen
beigelegten bedeutung der späten prosa oder der poesie angehören,
und solche die sonst gar nicht nachweisbar sind : iropeEcipccto, irm)'
TIC, dTrXuüC (»^durchaus', endlich dirXouc und ^navaTuiTil »^^
schiffe bezogen, härten der spräche erscheinen auch in den werten
bid Tf)v KopivGiujv ouk^ti inavaTWTnv (=- öid xd xoöc Kopiv-
Oiouc jLiT]K€xi diravdrecOai) und in dem satze vojLiicavxec auxoi usw.,
wo man zu viKdv ein imperfect dvd|ii2;ov aus dem pari vo|ikavT€C
ergänzen musz. seltsam ist es auch, dasz in zwei coordinierten aus-
sagen, die sich beide auf ganz denselben fall beziehen, Einmal der
aorist (f)Tilcavxo), Einmal das imperfect (dvÖMiZov) steht
Ich habe diese abschnitte geringem umfangs absichtlich aus-
führlicher behandelt, um recht anschaulich zu machen, wie ich den
nachweis der groszen Verschiedenheit der spräche bei Thuk. zu füh-
ren gedenke, daher kann ich mich bei der behandlung der folgen-
den zu meinem beweise noch nötigen stellen kürzer fassen and sehe
es, besonders bei den partien gröszem umfangs, hauptsächlich aat*
eine übersichtliche Zusammenstellung ab. zu diesem zwecke werde
ich mich der abkürzung bedienen und bezeichne jede eigentfimlichkeit
EAJangfaahn: Btudien zu Tbukydides. 375
der spräche auf grammatischem gebiete mit • • • ^i
den ^NichgebrMich der spttten prosa mit . . . . sp,
<le9 poeiisdieii Sprachgebrauch mit po,
eifl bei anderen aatoren gar nicht nachweisbares wort
bezeichne ich mit Th (Thuk.),
iiad täk es nur an einer stelle vorkommt, mit . . u (tmicam) ;
die iHr Thuk. so charakteristischen nomina mit der
endnig -oc bezeichne ich mit cic^
dia substantivisch gebrauchte neutrum eines adjec-
ürs oder particips mit n,
eiM makoluthie bezeichne ich mit ...... a^
eiS Aoffallendes hjperbaton mit h,
dgentflmliche redewendungen mit { (lex.)*
Es handelt sich fttr mich jetzt darum, ein resultat durch stati-
stischen nach weis zu gewinnen; darum betrachte ich die oben be-
leldmeten eigentümlichkeiten als einheiten, und zwar als gleichwer-
tig«, um das verfahren zu vereinfachen, von den in betracht zu
stbenden abscbnitten des werkes nenne ich die seite, welche von
dfl) gpiachlichen eigenttlmlichkeiten frei ist, ... ^,
difjaiige, bei denen sie gehäuft sind, ..... J?.
:cb bemerke nur noch, dasz ich auf der seite A nicht mehr solche
Stellen vermeiden will , in denen vielleicht 6in sp oder po oder cic
Torkofflmt vereinzelt findet sich ja dergleichen bei allen autoren;
hb will sie, wo sie vorkommen, mitzählen; das gesamtresultat wird
dadurch nicht merklich geändert, nur solche nomina auf -cic, deren
aubfttiQtiTOche bedeutung durch häufige anwendung auch bei ande-
ren utoren vollkommen feststeht, wie rdSic, cräcic, UTTÖqc^cic^
vpöqttcic, btwSiCy bucic udgl. sollen gar nicht erwähnt werden, den
aa&Dg einer jeden stelle will ich nach Seiten einer ausgäbe ohne
oacrkongen angeben, damit die anzahl der Zeilen auf je einer seite
^Bucer dieselbe sei ich wähle die ausgäbe von MStahl (40 Zeilen
f^f jeder seite). der Übersichtlichkeit wegen will ich auch die schon
tdiudelten stellen in diese kürzere form bringen.
IV 72. 73
i.30»dlen OE.
B. 25 zolen. 1 sp. 1 u.3 g. 21 1 a = 8 E.
yn ö2— 65
i-MteiUm 0 E.
B. 23 zeüen. 4 sp (bzw. u). 1 cic. 2 n. 1 { -» 8 £•
VII 33—35
^SiseOen 0 £•
B. 23 Zeilen. 3 sp (bzw. po). 2 u. 1 cic. lg. 1 2 — 8 £.
rm — : jte: —
B. 71 24 E.
^ addition der unter einander stehenden durch den druck hervor*
Ebenen zahlen zeigt also, dasz in 121 zeilen der abteilung A ga^
^JM ipracheigentümliehkeiten vorkommen, während Bin 71 Zeilen
376 EAJunghahn: Btadien zu Thukydides.
deren 24 aufweist« bei dem gleichen umfange wie Ä also gegen 40
haben wttrde. solch eine zahl ist doch gewis sprechend ; and dsbei
ist diese zahl nicht einmal der ausdmck aller Verschiedenheiten iwi-
sehen A und B^ da mancher noch aufweisbaren eigentdmUohknt in
B durch die zahl kein ausdmck gegeben werden kann.
Doch aus der Zusammenstellung so weniger stellen Uteztsicb
ein wenn auch nur annähernd sicheres resultat nicht gewinnen, ich
lasse noch eine anzahl stellen folgen, in deren zusammenstellang ich
mich zwar auch der obigen übersichtlichen form bedienen, aber den
nachweis der ftlr jede art der eigentümlichkeit aufgestellten zahl
jedesmal in parenthese hinzufügen werde.
IV 107. 108
angriff des Brasidas auf Eion; die erfolge seines Unternehmens den
A^enem bundesgenossen zu entziehen.
A. 31 Zeilen (bis 108 § 3 incl.). 1 ctc (äXuicic). ..IE.
B. 21 Zeilen (rest von c. 108). 3 sp n.po (äircpicKCirroc.
dcpoXKÖc j iq>iiiityoc -» 'auftragend') , 2 g (Kp(vovT£C bezogen auf
aÖToTC; und cIujOötcc o\ ävOpoüiroi statt gen. abs.). 1 cic (ßouXncic .
die Wendung bid tö f)bovf|v £xov und das verbum öpTÖv «» 'bef^i::
wünschen' sind der prosa nicht gelttufig 6 £.
II 96. 97
Völkerschaften aus dem beere des Sitalkes; geographische bemer-
kungen; genaueres über das Odrjsenreich.
A. 22 Zeilen (o. 96) OE.
B. 38 Zeilen (c. 97). 4 sp bzw.jpo (irapabuvacreuuj, buva-
jLiic «s 'geldwert', öcpavTd, beur^pa «» inferior). 2 g (irpocf)£crv»
irpoofiTCtTOv. liA iiifa Icxöoc). 1 h (aöiri ircpiirXouc icxiy i\ ttj •
auszerdem enthält dies capitel noch sehr auffallende härten in dtr
spräche, die zuletzt angeftlhrten werte, in denen das hyperbatoa
ist , heiszen : ^dieses land, dh. dieser küstenstrich, beträgt eine fahr^
von' — (Classen) ; (pöpoc . . TCTpOKoduiv ToXdvruiv dpTupiou bv-
vofAtc^ die abgäbe ist ein geldwert von usw., dh. hat einen geldwer
von usw. § 5 enthält auszer dem schon genannten ixifa Icxuoc noch
den ähnlichen ausdruck icxOc ^6xy\c -» 'streitmach t' . . 6 E.
II 99-102
blicke auf das reich des MakedonerkOnigs Perdikkas; der angriti
auf dasselbe, ausgeführt von der maobt des Sitalkes; nnterban^i-
langen; die rückkehr des letztem; die gleichzeitigen ereignisse in
Akamanien ; blick auf das terrain ; der mjthus von der anaiedlnn^*
des Amphlaraos.
A. 89 Zeilen (c. 99— 102, 2 bis CTpareueiv) ... . . 0 E.
B. 28 Zeilen (rest von c. 102). 2 sp (TrcpiXifivdZciv, i^trci-
poöcOai). 2 cic (Xucic, npöcxtücic). 1 g (Sre m. inf., was dodi nitL;
gerade häufig ist), auszerdem die härte in der Wendung Kttl iböta
aviCj) \Kavi\ dv xexu^cOai biaira if^ ab^aiij womit gemeint ist: 'i^
jchien ihm zum aufenthalt für seine person hinreichend viel lac <
angeschwemmt zu sein' 5 E.
EAJunghahn: Btadien zu Thukydides. 377
V 54—72
fdodseligkeiteii zwischen Argos und Epidauros; einmischong an-
derer Btaaten mit wort nnd that. zug der Lakedaimonier und bun-
de^nossen gegen Argos. Unterhandlungen; Agis schlieszt einen
Waffenstillstand; verhalten der Athener, der Eleier; urteil der Spar-
tuer über Agis; zug der Lakedaimonier nach Mantineia; annftherung
des argeuschen bundesheeres und rttckzug des lakedaimonischen ;
nenegegenttberstellung; berechnung der Streitkräfte; aufmunterung
dorefa die führer (nb.Viicht in directer rede); anmarsch, manöver des
Agü während desselben; seine niederlage auf dem linken flügel, sieg
Vif der übrigen linie.
1. 177 Zeilen (c. 54— 62) 0 E.
B.192 Zeilen (c.63— 72). 11 cic (65 6,vaxd)pr\c\c, dvdXnU'ic.
66 |idlXT)€tc, irapäTT^Xcic. 67 äcKTicic. 69 irapaivecic, irapaKdXeu-
ac 71 HütkXqcic, tu^viücic. 72 TTpöcjuiEic, dTKardXiiijiic). 8 sp
hiw. po (65 bucnpöcoboc, £mßÖT)Ma, ^KTpoirr) <» ^aUenkung'.
69 Ico^otpioL 70 öptn = *eifer'. 71 eöcK^iracTOC. 72 alTiajua).
3 M (63 ^uecOai «> expiare* 64 SuipcX^eiv «» 'einen verschlusz bil-
den, absperren'. 65 dTTCKpuTTTCiv ohne object »> 'dem blicke ent-
Kbwinden'). 3 n (66 TÖ imiiikic. 68 tö Kpuirröv, tö KO^irOübec).
4 g (65 cqpcTc f|cuxa2[ov in directer rede. 70 'Aptcioi x^^poCvrec
«nstatt gen. abs. 72 fi>eiEav irepiTevöiievoi. 96dcai Tr| irpoc^lEei
» irpogitEavrac) 29 E.
Auszerdem sind in diesem abschnitt noch sehr zahlreich die
gnouDatischen härten, wodurch einige stellen wunderlich erscheinen.
dATOB ist 69, 2 schon oben (s. 354) erwähnt; andere sind zb. irepl
OpxoMCVoö i^TT^XXcTO teXuiK^vai. 68 niiv b* aö bid tö dvOpu)-
Treiov KOftiTuibec £c rd olKCia irXrjQri i^nicTeiTo).
I 6 und I 60. 61
fitte des Waffentragens im alten Hellas; schritte der Athener und
Korinther in betreff Potidaias.
A. S9 Zeilen (c. 60 und 61) 0 E.
B. 24 Zeilen (c. 6). 8 po bzw. sp (cibiip090p€Tv, d9paiCT0C,
ifgMmTOC , koMcnTOc , Xiira , btdZIuj^a , &^Ol6Tpo1^oc , 'Aciotvöc) ;
1 cic (Ivepcic). 2 n (tö dßpobiaiTov , xd EirfTcv^c). 1 g (4v toic
irpÄToi) 12 E.
n 13 und II 65
Periklcs ermutigt die Athener durch hinweis auf die machtmit-
tel; ebcndeaselben letzte handlungen und Würdigung seiner ver-
i.eOzeflen(c.l3) OE.
B. 60 Zeilen (c. 65). 1 sp (irapaXuu) 6grrt\c : s. Glassen).
1 CK (iEiuKtc). 4 g (irpoCcrn — ^er stand an der spitze' — J»v
%€t — xpnfidrwv bioqKivuic dbuipÖTaroc — xaG* f|bovdc t4» brjfiv
iTp<OVTO) 6 E.
378 EAJanghahn: Stadien zu Thukydides.
Der letzte satz des cap. gehört wegen der grammatischen h&ne
in £iT€picC€UC€, dessen subject erst gesucht werden musz, zu den
schwierigen.
Vn 71 u. Vn 79. 80
kampfesscenen aus der letzten Seeschlacht im hafen von Syrakus;
kämpfe zu lande, auf dem rückzuge der Athener.
A. 55 Zeilen (VII 79 u. 80). u (dirdvTiic) .....IE.
B. 40 Zeilen (c. 71). 3 cic (d\(iic,iiTOi|Jic, ävdKXiicic). 2 n
(xd dvuiMaXov, tö Euvex^c). 3 sp (drxiwjioXoc, biaKcXeucfidc, buc-
avacxcreiv). 2 g (9iXov€ikujv und bebiörec statt gen. abs., ^v toIc
XaXeiruiTaTa). 1 h (irapaTrXrjcia bfe kqi o\ iiA xtliv V€aiv auToic
Ittqcxov, wo aÜTOic zu irapanXiicia gehört), die spräche ist fast
überall gesucht, in § 3 fast beispiellos (s. oben s. 354) , . 11 £.
Rechnen wir nun in den obigen zehn zur vergleichung der
spreche herangezogenen stellen die unter einander stehenden durch
den druck hervorgehobenen zahlen zusammen, so ergibt sich d&n
auf der seite Ä auf 495 zeilen nur 2 Spracheigentümlichkeiten kom-
men, während auf seite B auf 441 zeilen 94 fallen, nehmen wir der
bequemem Übersicht wegen statt 495 die runde zahl 500, femer 450
statt 441 und 90 statt 94, so ist das Verhältnis der spracheigentOm-
lichkeiten von il zu ^ in zahlen ausgedrückt wie %oo zu ^^450 > ^^'
wie 1 zu 50.
Das ist doch ein ganz erstaunliches resultat ! und wer wollte
die richtigkeit desselben anfechten? höchstens könnten doch hie und
da zweifei erhoben werden, ob manches nomen mit der endung -cic
mit recht auf der seite A weggelassen oder auf der seite B mitge-
zählt sei. nehmen wir aber auch wirklich an, dasz bücic (II 96) bei
der Zählung nicht so weggelassen werden durfte wie biwEic, {kttXi]-
Sic ua. , so ergäbe das immer noch eine Verschiedenheit der einen
seite von der andern wie 3 zu 100, und wenn auch noch etwas abge*
handelt würde, so bliebe die Verschiedenheit noch immer ungeheuer
grosz.
Mit dem ausführlichen nach weis durch zahlen sei es nun genug;
doch will ich noch auf einige stellen aufinerksam machen, an denen
die abweichungen der spräche ganz besonders augenföUig sind, zu-
nächst auf lY 77—81. während nemlich c. 77—79 (gegen ende)
kaum eine bemerkenswerte abweichung von der attischen prosa auf-
weisen (nennenswert etwa nur ai9vibioc und ^iraxuüYÖc), beginnt
mit dem ende von c. 79 eine partie , die gerade durch die besonder-
heiten sehr auffällt.
Von den abschnitten gröszem umfangs, in denen die eigentflm-
lichkeiten der spräche besonders stark hervortreten , ist vor allem
in 82 — 84 zu nennen, die an die gräuel in KMrkjra angeknüpften
betrachtung^ über den Sittenverfall, hier ist in 100 zeilen (2^} sei*
ten) der zalüenausdruck für das eigentümliche dement {sp und po,
cic, g usw.) etwa 50, ganz abgesehen von den dunkelheiten und här-
ten, das neutmm von adjectiven statt der abstracten substantiva in
I
^
EAJanghahn: Studien zu Thukjdides. 379
dkin 17 mal gebraucht; unter den grammatischen fiülen sind beson-
6m folgende sehr bemerkenswert: 82, 1 biön ^v TOic npOüTT) i'xi-
vno (sc. f| crdoc) und 82, 7 (pOdcac Oapci^cai. kurz, die auffallendsten
dgeDtflmlichkeiten sind fast alle yertreten.
Ganz anderes Inhalts ist VI 54 — 59, die erzählende epidode über
diePeisistratiden, aber das eigentümliche dement der spräche ist in
dcMlben sehr bemerkbar, unter den härten sind besonders zu nen-
Affi xuipciv in\ tö t^vö^cvov (nach dem orte der geschehenen that
sich begeben) und äbrjXiuc t^ d!\(i€i nXdcacOai (sich so verstellen,
dia niemand die innere bewegung bemerkt , oder dasz man nicht
dordudiattt werden kann), besonders bemerkenswert ist auch die
geblufte anwendong der a^ectivischen neutra für substantiva abs-
tncta in c 55; von Hippias wird da gesagt: bid TÖ irpörcpov
£uvY)0€C Toic ^^v noXiTaic (poßepövy Ic bk touc diriKOupouc dKpiß^c,
voXXip Till irepidvn toC dcqMzXoCc KaT€KpdTT]C€, wo findet sich
etwu ähnliches?
Von den abschnitten ohne alle eigentümlichkeit der spräche
wOl ich hier einige bezeichnen, die ihrem Inhalt nach sehr verschie-
da sind, so ist VI 50 — 52 reine erzählung von kriegsbegebenhei-
t«&, dagegen Y 37 — 39 diplomatischen inhalts (Unterhandlungen
wegen eines bondes zwischen Argeiem und Boiotem). Überhaupt
uigt der ganze teil dieses buches, welcher fast ausschlieszlich diplo-
ffittiMhen Inhalts ist, etwa von c.29 — 51, sehr wenig eigentümliches
in der spräche.
Wie ist eine so weitgehende Verschiedenheit der spräche bei
«inen und demselben autor und in 6inem und demselben werke so
geringen um&ngs erklärlich? diese frage ist in dem obigen sicher-
licli liinlänglich vorbereitet werden, man wird mir vielleicht ent-
g«g«ahalten : 'wozu bedarf es dessen? es ist ja von den erklärem
d« Hrnk. oft ausgesprochen worden, dasz der sprachliche ausdruck
bfi ihm mit dem jedesmal darzustellenden gegenstände übereinstim-
aoag sucht (Classenl s.LXXXVII, Stabil s. XXUI); hiemach musz
^ die sprachliche eigentümlichkeit der abteilung B durch das dar-
zQiteUende object bedingt sein.' das läszt sich hören; auch erinnere
ich fluch gelesen zu haben, dasz hiemach die eigentümlichkeit der
^nche in den reden und in allen einer rede ähnlichen partien, wie
betnditQngen udgl. zu finden sein werde, ja wenn sie sich sonst
'^'gttds finde, dann bliebe für mich nichts zu thun übrig, aber
A^M wir einmal die abteilung B genauer an.
Ich habe die reden von derselben aus dem oben angegebenen
gnade ganz fem gehalten, und dennoch haben wir auf dem räume
Toaetwa 11 selten (440 Zeilen) die eigentümlichkeiten der spräche
^ Thnk. in gedrängter fttUe beisammen, sind denn aber die in be-
^nehi gezogenen abschnitte der abteilung B alle den reden ver*
«ladt? das läszt sich allerdings von den eingestreuten reflezionen
ici »Qtors sagen, wie III 82 — 84, und mit einigem rechte auch von
lUUcn, in welchen erwägungen, absiebten der streitenden, eindrücke
380 EA Junghahn: studien zu Thukydides.
einer niederlage auf den besiegten teil udgl. mitgeteilt werden (TV 80
u. 81. 108. YIl 55); aber es kann doch von der bloszen enählong
der ereignisse nicht gelten (s. oben den abschnitt V 63 — 72, der mit
der Schlacht bei Mantineia schlieszt; auch Vnd4 na., besonders aber
VI 54 — 59 , die erzählende episode über die letzte zeit der Peisistra*
tiden), nnd am allerwenigsten von der ganz nüchternen schilderong
der brauche eines volkes oder von dürren geographischen notizen
(s. oben I 6. II 97. 102). anderseits aber ist auch dAs in betracht
zu ziehen , dasz manche abschnitte , die einen dem der reden fthn-
liehen Inhalt haben, dennoch in der spräche ganz einfach und ohne
alle eigentümlichkeiten sind (so besonders Y 37 — 39. 55 — 58 ua.).
wenn nun hiemach offenbar die yOllige Verschiedenheit der spräche
aus der Verschiedenheit des behandelten gegenständes nicht zu er*
kli&ren ist, was mag dann 6inen und denselben autor bewogen haben
in Einern und demselben werke sich einer völlig verschiedenen spräche
zu bedienen? man wird vielleicht noch einmal auf bereits vorhan-
dene meinungen von bearbeitem des Thuk. verweisen, hat ja schon
Poppo I s. 238 gezeigt, dasz Thuk. nicht für das gemeine volk, son-
dern für die gebildeten, und zwar nicht blosz seiner zeit, sondern die
späterer geschlechter geschrieben habe, kein wunder also dasz er,
der seinem werke wegen seines Inhalts ja mit vollem bewustsein den
ansprach des Kif\}xa ic dei mitgegeben habe, dasz er auch das be-
streben gehabt habe , auf dem gebiete der spräche schöpferisch auf-
zutreten und nicht blosz schon vorhandene bildungen, die noch wenig
zur Verwendung gekommen waren , zu benutzen , sondern auch neue
bildungen nach der analogie nicht zu scheuen, wenn freilieh daneben
die dunkelheiten keine meisterschaft, sondern mühsames ringen zu
verrathen scheinen, so fehlt es auch hierfür an eben jener stelle nicht
an einer erklärang : Thuk. muste ja in einer zeit der politischen par-
teiungen seine ansichten verhüllen ; der denkende leser, so lesen wir
weiter y wird ihn schon verstehen, ich weisz nicht, ob man auf
dieses letztere, dasz Thuk. absichtlich sich dunkel ausgedrückt habe,
um nicht von allen verstanden zu werden , im ernst eingehen soU.
doch ich habe die behauptung aufgestellt, es sei in dem werke etwas
unerklärliches oder bis jetzt doch unerklärtes, was dennoch nieman-
dem scrapel bereitet hat , nemlich die stellenweise völlige Verschie-
denheit der spräche, ich habe also nachzuweisen, dasz in keinem der
frühem urteile über die spräche des Thuk. auch nur implidte die
lösung meiner aporie liege, dennoch brauche ich gegenüber jener
ansieht nur kurz darauf zu verweisen , dasz ja Thuk. , wenn er sich
wirklich absichtlich neben einer schlichten und klaren au8drack8wei>e
auch einer dunkeln bedient haben sollte, in keineln fall veranlassung
gehabt hätte, die dunkle selbst in geographischen notizen und in
der bloszen erzählung von kämpfen und taktischen bewegnngen an-
zuwenden (II 97. V 72. VII 71 ua.).
Was nun aber jene bekanntere ansieht anbetrifft, dasz das ab-
weichende in der prosa des Thuk. von der in der zeit ihm am nach-
EAJangbahn: studien su Thukydides. 381
sten stehenden prosa zurttckzufUhren sei auf sein bestreben der
spndibildang, so ist doch klar dasz sich hiermit die so grosze Ver-
schiedenheit der spräche bei Einern und demselben autor in dem-
selben werke nicht erklären läszt. wer sich bewust ist , dasz er in
der spräche von den Zeitgenossen abweichen will, der wird doch vor
iDen dingen in diesem verfahren consequenz zeigen, es ist komisch
sieh vorzustellen, dasz jemand, der nach eignem willen als sprach-
bSdser auftritt, seiner aufgäbe sehr oft ganz und gar vergesse, lange
abedmitte in der altgewohnten spräche schreibe und dann plötzlich,
lieh seines entschliisses erinnernd und sich gleichsam selbst beschä-
mend, wenigstens am Schlüsse des abschnittes die neue ausdrucks-
weise anwende und in einem andern abschnitte sich derselben aus-
Bchlieszlich bediene, dasz ich nicht übertreibe , zeigen einige oben
behandelte abschnitte, zb. IV 77--81. YII 52—55, aoszerdem lY
54.55 na.
Man wird vielleicht einwenden: sei es so, oder habe er noch
sonderbarerer weise eine abweichende spräche nur hie und da, ohne
prindp in der wähl der stellen, versuchsweise angewendet, man wird
die Sonderbarkeit als eine thatsache nehmen müssen, es gibt ja eben
sonderbare laute, aber da würden wir eine Sonderbarkeit zugeben,
vie sie sich wol in keinem Schriftwerke eines volkes findet, das eine
iosgebildete spräche besitzt, ehe ich mich dazu bequeme , will ich
Biiefa doch noch einmal nach einer andern, vielleicht gar nicht so
&n liegenden erklärung umsehen.
Wenn es nun für mich feststeht, dasz derselbe mann in dem-
telben werke nicht principlos eine auffallend verschiedene spräche
angewendet haben kann, so möchte man mich vielleicht darauf hin-
weisen, dasz 'in demselben werke* hier doch nicht so viel bedeute wie
'n derselben zeit' ; es sei ja bekannt, dasz die teile des werkes mög-
licherweise zu sehr verschiedenen zeiten abgefaszt worden seien ; die
ibschnitte mit den sprachlichen eigentümlichkeiten rührten vielleicht
von der letzten durchsieht und nachbesserung resp. Überarbeitung
ber und trügen daher das gepräge späterer zeit
Das ist in der that etwas, worauf sich eingehen läszt. es ist
gua offenbar, dasz wir es hier mit einer Überarbeitung zu thun ha-
ben; das lehrt schon der augenschein. oben handelte es sich für
mich darum, den leser zu überzeugen, dasz wirklich eine grundver-
Mhiedenheit der spräche bei Thuk. nachweisbar sei ; ich richtete da-
her mein aogenmerk auf abschnitte von extremer beschaffenheit und
M solche von einigem, sogar solche von bedeutendem umfang,
ja ich kann behaupten dasz, wenn wir das werk des Thuk. nicht be-
dsiea und die stücke Y 55—62 und III 82—84 irgendwo aufge-
fimden würden, ohne dasz sich eine erwähnung des autors dabei
ilade, man die beiden stücke verschiedenen autoren zuweisen würde,
da jeder derselben eine von dem andern deutlich verschiedene indi-
TuiaalitSt erkennen läszt. doch ist das Verhältnis des eigentümlichen
dancnts der spräche zur gewöhnlichen spräche nicht überall so, wie
382 £A Junghahn: Stadien zu Thukydides.
ich es in den bisher behandelten abschnitten mit zahlen danustellen
sachte, ich muste zum zahlenausdrnck meine zuflacht nehmen , weil
auf den umfang und die begrenzung der abschnitte viel ankam, ist
aber einmal erwiesen , dasz wirklich abschnitte von einem bestimm-
ten umfang eine ganz verschiedene spräche zeigen, so kann die Ver-
teilung des eigentümlichen dementes der spräche auf gröszere ab-
schnitte und auf das gesamtwerk viel besser durch ein graphisches
verfahren anschaulich gemacht werden, wollte jemand alle eigen-
tümlichkeiten der spräche in ddm werke des Thuk. mit einem far-
bigen stifte unterstreichen , also alle wOrter poetischen oder in der
prosa erst viel spätem gebrauchs, alle neuen Wortbildungen, beson-
ders mit der endung -ctc, alle auffallenden hjperbata und ab-
weichungen auf dem gebiete der grammatik usw. (s. oben 8. 370 f.),
so würde er nicht farbige und farblose abschnitte erhalten , sondern
auszer diesen auch solche von schwacher f&rbung, und die eigentüm-
lichkeiten würden bald nesterweise bald vereinzelt, einander näher
oder in grOszeren Zwischenräumen erscheinen, zuweilen nimt sich in
abschnitten, die sonst gar keine eigentümlichkeit haben, ein verein-
zeiter derartiger fall so seltsam aus, wie eine maske bei hellem tage
unter lauter menschen in alltagstracht (zb. lY 83, 5 Ka9aip^TT)v.
V 50, 4 xfjv OUK dSouciav Tf\c dTiwvicciuc. VII 83, 4 Tfjc vuktöc t6
ficuxtov).
Könnte ich nun auch glauben dasz Thuk. durch eine Überarbei-
tung des ursprünglichen Werkes das ungleich verteilte eigentümliche
Clement der spräche hineinbrachte , so müste ich dennoch jeden ge-
danken daran abwehren , als ob die anwendung dieser spracheigen*
tümlichkeit eine bewuste, aus dem später bei ihm erwachten sprach*
bildungstriebe hervorgegangene sei. es konnte ihm ja der sonderbare,
zum teil komische contrast, der durch ein solches gemenge hervorge-
rufen wird, nicht entgehen, die. Überarbeitung in der uns vorliegenden
form ist nur denkbar, wenn der überarbeitende nicht merkte, wie
sehr die spräche seiner zuthaten von der des ursprünglich vorliegen-
den verschieden ist. am leichtesten kann dieses an einem gegenstände
der bildenden kunst gezeigt werden, wer eine verstümmelte bild-
seule so ungeschickt restauriert, dasz der kunstkenner sofort die
ungeschickte fremde band aus dem gegensatze gegen das ursprüng-
liche erkennt, hatte dennoch gemeint mit der absieht des künstlers
in Übereinstimmung zu sein, wenn aber der ursprüngliche künsüer
selbst in die läge kommt; lange zeit nach der ersten schOpfung eine^
kunstwerkes dasselbe zu restaurieren, wird er da so ganz mit sich in
einen gegensatz treten können? nur in 6inem falle wäre es mög-
lich, dasz die durch den autor selbst bewirkte Überarbeitung eine^
schxiftwerkes einen sehr auffallenden unterschied in der spräche er-
kennen liesze : wenn das leben des autors in eine zeit fiele, in der die
spräche seines volkes eine grosze entwicklung durchmachte: dann
könnte wol in einer nach langer Zwischenzeit vorgenommenen über>
arbeitung der fortschritt in der spräche recht sichtbar sein, während
EAJuoghahn: stadien zu Thukjdides. 383
der uior sieb dieses Unterschiedes weniger bewtist war, da er ja
uck die entwicklnng der spräche mehr nnbewnst mitmachte, mit
OBOB solchen falle haben wir es hier offenbar nicht zu thun. zwar
kt die attische prosa gerade während des lebens des Thuk. eine
groaze entwicklang durchgemacht, aber diejenigen abschnitte seines
voiss, welche als Überarbeitung kenntlich sind , sind offenbar die
ii bang auf die spräche schlechteren, wir haben gelesen, dasz es in
don werke des Thuk. zahlreiche abschnitte gibt, deren spräche sich,
Nwdt das bei der Verschiedenheit der objecte gesagt werden kann,
TOB der seiner jüngeren Zeitgenossen wenig unterscheidet, ja in be-
X8^ luf den wottyorrat , auf die wort- und formbildung und auf die
>jntax gar nicht allerdings ist in derselben die satzbildung sehr
oB&eh, aber, wie es scheint, nicht aus unvermOgen des Verfassers,
sondern weil ihm diese einfachheit zweckentsprechend schien, ich
Mg«: nicht aus Unvermögen, denn es finden sich in den von allen
eigeniOmlicbkeiten freien abschnitten, welche die bloszen thatsachen
dei peloponnesischen krieges enthalten, also gerade das unentbehr-
iidbite aus dem ganzen werke , die schon hieran als der grundstock
cnd der älteste bestandteil des Werkes kenntlich sind, es finden sich
hier schon perioden , die als mustergültig angesehen werden dürfen
{ib. V67, 1. I 58, 1; letztere stelle natürlich unter der voraus-
letzong dasz f irpaccov als Schreibfehler getilgt werden musz , wie
tQe h^. meinen), ist es denkbar, dasz ein autor, der bewiesen hat
dass er sich über allerlei gegenstände klar, den gesetzen der gebil-
deten spräche gemäsz und sogar schön auszudrücken vermag , dasz
dendbe in einer Überarbeitung eine holprige und vom gebräuch-
fidiei abweichende spräche anwende, zu deren Verständnis oft inter-
pietea zu hilfe genommen werden müssen? und letzteres nicht etwa
bkwz da, wo der gedanke schwierig ist. wenn wir zb. über die
idüaefat bei Mantineia Y 69 lesen, bei den Lakedaimoniem habe man
«ine ermutigende anspräche an das beer nicht ftir nötig gehalten, es
genfigten die kriegslieder, durch' die sie aufgefordert wurden als
vscksra lente dessen zu gedenken , was sie verständen (oder worin
oe vidi sicher fühlten) : ist das ein so gar schwieriger gedanke? man
Khe «ur den griechischen text an (s. oben s. 364). welch eine quäl
der spraehe! und welch eine quäl für die leser und interpreten!
Bsdidem schon viele erklärer sich mit der stelle abgemüht haben,
bllt noch der neueste hg. für nötig zu zeigen, dasz der Verfasser habe
ttgen wollen: TtapcKcXeüovTO dXXVjXoic fi€)ivffc6ai div i^TticTavTC
'vobei er die worte drrttOotc oOciv ganz ausscheidet), dh. nach mei-
ner Biilfaflsang, er überträgt die wunderliche spräche des überarbei-
ten in die verständliche spräche des ursprünglichen Werkes, solche
«tdleB sind sehr zahlreich vorhanden, es wäre gewis eine lohnende
vbeit fiberall die spräche des Überarbeiters als die verschlechterte
n erweisen; doch es wird für meinen zweck genügen, wenn ich
ciiuge von den oft gebrauchten redeformen hervorhebe, in denen das
^BTennOgen des schreibenden sich gefiülig auszudrücken besonders
384 EAJaoghahn: Btadien zu Thukydidea.
deutlich wird, ich verweise auf den letzten satz von IV 12, welches
cap. viel eigentümliches in der spräche hat. der erzfthler hat wieder
einmal seine leser darauf aufmerksam gemacht, dasz in dem kämpfe
bei P7I0S Athener und Spartaner gleichsam ihre rollen getauscht
haben, und fügt hinzu: in\ iroXO T^P ^^oici Tf)c b6lr\c dv ti|i töt€
ToTc ji^v i^TTCipuiTaic jüiäXiCTQ elvai xal rd ireZd KparicTOic, Tok b^
OaXaccioic re Kai raic vauci nXeiCTov npo^x^^v. in dieses sprach*
räthsel kommt erst licht, wenn man erkannt hat dasz die infinitive
Bubject sind zu dem verbum diroiei, und dasz TOic fi^v und TOic bi
von i^TieipiuTaic und OaXaccioic grammatisch zu trennen ist, ein fall
von hftrte der in den von mir für überarbeitet gehaltenen teilen sehr
häufig vorkommt die ungeschickte anwendung des activum (wie
hier in dTioiei), zu dem man ein persönliches snbject erwartet, wäh-
rend das subject in einer Umschreibung durch einen satz oder erwei-
terten infinitiv gefunden werden musz , ist sehr oft da anzutreffen,
wo die spräche auch sonst eigentümlichkeiten hat. doch in der obigen
stelle ist die deutung zweifelhaft.
Deutlicher ist diese erscheinung in YIII 96, 3, wo von der mat-
losigkeit der Athener nach einem empfindlichen Unfall die rede ist:
lidXicra b' aurouc Kai bi* ^TT^Tdrou dOopüßci el o\ ttoX^^ioi toX-
liricouct veviKtiKÖTCC eüOu cq>a»v ^ttI töv TTeipaiä dpf^pov 6vTa
V€wv irXeiv * hier ist der satz el o\ iroX^fiioi usw. subject zu i6opu-
߀t. habe ich darin recht, dasz diese ungeschickte anwendung des
gleichsam unpersönlichen activum der guten griechischen prosa fremd
ist? sie findet sich auch bei Thuk.](ur in den offenbar überarbeiteten
abschnitten.
Das sprachliche Unvermögen zeigt sich auch noch darin , da»
das Subject, wenn es nicht durch ein besonderes nomcn ausgedrückt
ist, oft nur aus dem Zusammenhang errathen werden kann, beson-
ders beim subjects Wechsel, zb. IV 47, 1 die bk £ir€icav (sc die
freunde) Kai |üiiix<3iviica)i^vuiv (sc. die freunde, vielleicht auch die
npocTdrai) tö tcXoiov dKuX^ovrec iX7)96ncav (sc. die gefangenen),
ebenso II 3, 4 (in irpoccpdpujVTai und ttTViuvTai) und 11 93, 3 (in
ToX^ficai und irpoaicBecBai) und noch an sehr vielen anderen stellen.
Ich erinnere mich dasz beurteiler des Thuk. die Unebenheiten
in seiner spräche mit seiner langen Verbannung entschuldigen, in
welcher er die inzwischen erfolgte entwicklung der attischen pro^a
versäumt habe, sollte also nicht hierdurch die Verschlechterung der
spräche in der sptttern Überarbeitung recht wol erklärlich sein? ja
wenn er nur von der weitem entwicklung ausgeschlossen gewesen
wäre, das wäre noch begreiflich, aber er müste ja seine mutter-
spräche, in der er sich anfangs so trefflich auszudrücken wüste, spä-
ter gewandt zu gebrauchen verlernt haben, wie mancher sein bischen
latein vergiszt, wenn er einige jähre das gymnasium hinter siohbat.
noch sonderbarer wäre dasz er den rückschritt gemacht haben
müste, nachdem er sich schon eine lange reibe von jähren erfolgreich
gegen denselben gewehrt hatte: denn noch die letzten Seiten des vor-
£AJonghahn: atudien zu Thukydidefl. 385
hiiidaieii Werkes, welche doch das j. 411 behandeln, weisen ab-
8Ghiitte Ton klarer und xmtadellicher spräche auf (zb. VIII 106. 107).
Wenn es nun auch schon hiemach nicht wahrscheinlich ist, dasz
TboL selbst die Überarbeitung ausgeführt habe, so halte ich doch
dn auf die letctgenannten gründe aufgebautes urteil nicht für
doichaos fibersengend, denn hier wird mancher vielleicht auch an-
dffs schlieaien. während einige die mftngel der spräche bei Thuk.
ans seitter langen abwesenheit von Athen erklftren, werden andere
finden da« jener grund gerade auf die reinheit der spräche wirke, so
utflilt sb. Bauchenstein über Lysias (einl. s. 9). überseugender für
die Botwendigkeit der annähme einer fremden hand ist für mich fol-
gende beobachtnng: die schlicht attisch geschriebenen teile des wer*
kM sind auch in den gedanken klar, dagegen in deigenigen abschnit-
ten, in denen die spräche ab weichungen aufweist, erscheinen auch
diejenigen mftngel in den gedanken, von denen ich oben (s. 364 £f.)
^nch, und besonders da wo die eigentümlichkeiten der spräche ge-
blolt encbeinen. sn solchen stellen gehört IV'c. 73. betrachten wir
dieses einmal in besug auf den inhalt. Brasidas will Megara entsetzen ;
er beeetat einen geeigneten platz und bleibt auf demselben kampf-
gcrflstei stehen in der erwartnng, dasz die Athener den angri£f ma-
ct«B werden ; er weiss ja, dasz die Megarer nur den erfolg des kampfes
ibwarteo, um dann sofort dem Sieger zuzufallen (nb. hiemach hftlt
er den kämpf für unvermeidlich), jetzt folgt eine begrttndung dieses
mhaJtens der Peloponnesier: ^hiermit meinten sie in beiden stücken
dsi richtige getroffen zu haben: Einmal vermieden sie durch ihre be*
reiiwüligkeit den angriff aufzunehmen die ungünstigen Chancen des
aagraifers, md es durJEte ihnen wol gleichsam ohne die kampfesarbeit
iiicnep docovrri) mit recht der sieg zugeschrieben werden, dann aber
etelHen aie sich mit demselben verfiüiren auch zu den Megarem rich-
tig.' diese steile liefert so recht den beweis, wie lange selbst ein
grober irrtnm unbemerkt bleiben kann : denn erst die neuesten hgg.
bben ihn bemerkt und haben, vorzüglich aus sprachlichen gründen,
shnhsUen geeueht (das nfthere bei Claasen im krit. anhang). dasz
saek der gedenke falsch sei, hat zuerst Classen nachgewiesen ('aber
vie konnten die Peloponnesier diese forderung[nemlich eines mühe-
losei, onblntigen sieges] vor der entscheidung aufstellen?'), ihm ist
es wahrscheinlich, dasz die werte Kai aÖTOic . . Av Ti6€c8at 'in ihrer
iauMrhin sehr ungewöhnlichen ansdrucksweise* ein glossem zu den
Agenden (ibcrc äfiax€l..fiXOov) seien, oder dasz sie doch erst nach
dcMilbeB ihre stelle finden müsten. so viel ist also jedenfalls unzwei-
Uksft, dasz wir es in diesem cap. mit mangelhaften gedanken zu
*«kiia haben, der mangel ist durch Classens auseinandersetzung für je-
dw sichtbar gemacht ; aber beseitigt? ich glaube nicht, eskann jagar
lödkt abgenommen werden, dasz Brasidas in seinen erwftgnngen auch
die mflgliehknit des absngs der Athener ins äuge faszte, nachdem
doch otai (§ 1 oiö|ievot . . viicn £cTat) deutlich ausgesprochen war,
^ er gladbte, die Athener würden angreifen (was nach ihrem ent-
l»ferMa«flrdMt.pliUoU m9hll.6B.6. 26
386 £A Junghahn: stadien zu Thukydides.
schlossenen und erfolgreichen auftreten der letzten zeit auch ganz
begreiflich war) , und es sei der entscheidungskampf mit rüclcsicbt
auf die abwartende haltung der Megarer unyermeidlich. so sind also
auch die werte vOv bk k&v tuxciv . . fjXOov (§ 3) sinnstörend, aber
auch die vorangehenden worte (ei ^^v tap Mf| . . Tf)c iröXcuic) ent-
sprechen nicht der Sachlage, allerdings stand es ja mit Megaranach
dem Verlust der langen mauern und Nisaias mislidi; beim ausbleiben
des entsatzes würde die stadt mit der zeit den Athenern erlegen sein;
dasz sie aber, falls der entsatz nicht erschien, sofort verloren war,
wird besonders durch c. 68 ae. und 69, 1 widerlegt, endlich istanch
das nicht richtig, dasz durch den verzieht der Peloponnesier auf den
angriff ihre mission für Megara gar nicht litt, der erfolg zwar zeigte
dasz die Athener, die, in der hofinung durch verrath Megara zu be-
kommen, mit einer geringem Streitmacht gekommen waren, sich bei
der veränderten Sachlage zum angriff zu schwach fühlten nnd abzogen,
muste denn aber Brasidas nicht auch an die möglichkeit denken, dasi
sie den Peloponnesiem gegenüber in guter Stellung stehen blieben,
um Verstärkungen abzuwarten? dadurch wären aber doch die Chancen
für den entsatz von Megara geringer geworden, kurz nnd gut, hier
liegen reflexionen vor, wie man sie erst nach dem unerwarteten er-
folg machen kann, die aber nicht dem handelnden zngeschrieber.
werden dürfen , der solchen erfolg gar nicht voraussah, der einzige
grund der Zurückhaltung der Peloponnesier war offenbar die scheu
vor einem in der letzten zeit in allen Unternehmungen entschlossenen
und glücklichen gegner, dessen numerische stärke sie, bei der Schnel-
ligkeit der ereignisse, nicht einmal genau kennen mochten.
In lY 108, einem capitel welches ebenfalls innerhalb weniger
Zeilen (§ 4. 6) eine ftllle sprachlicher eigentttmlichkeiten hat (s. oben
s. 376) ist nicht ein so handgreiflicher denkfehler wie in c. 73, doch
dasz die gedanken inmierhin sehr mangelhaft sind , kann nicht un-
bemerkt bleiben, es ist von den folgen des ab&lls von Amphipolis
die rede, die athenischen bundesgenossen in jener gegend sind um
so eher geneigt diesem beispiel zn folgen , als sie in der tüchtigkeit
und ehrenhaftigkeit des Brasidas eine garantie für den guten ausgang
eines solchen Unternehmens sehen (§ 3). in § 4. 6. 6 folgt nun eine
weitere grnppe von begründungen ihres entschlusses zum ablall, sie
hofften es straflos thun zu können, da sie die macht Athens, die ihnen
in ihrer ganzen grösze erst später deutlich wurde, damals noch unter-
schätzten nnd mehr ihrer neigung als den gründen der vorsidit und
klugheit gehör gaben ; welches letztere wieder von der menschen-
natur überhaupt hergeleitet wird, wie wenn wir sagen: 'so ist nun
einmal der mensch' (§ 4). mit fipa bk (§ 5) kflndligt sich ein fer-
nerer grund an: die Athener hatten kürzlich in Boiotieneine nieder-
läge erlitten und, nach der unrichtigen darstellung des Brasidas, bei
Nisaia im verzieht auf den entscheidungskampf schwäche gezeigt;
daher schwoll den zum abfall geneigten bundesgenossen der kämm,
und sie meinten , die Athener würden es wol bleiben lassen sie mit
EAJuDghahn: Stadien zu Thnk^dides. 387
gewalt zum gehorsam za bringen, wie kann dies aber ein neaer
grand oder aasfühmng des ersten sein , zn welcher aaffassnng das
i^ui hk nötigt, wfthrend es doch factisch mit dem ersten gründe zu-
suomenftUt? denn wenn sie die macht Athens unterschätzten, so
konnte doch nichts anderes als die miserfolge der letzten zeit diesen
fiüschenglaaben hervorgerufen haben ; vorher können sie, besonders
mit hinbUck auf das für den abfall gezttchtigte Mytilene und auf die
erfolge in Pylos und Sphakteria, einen solchen glauben nicht gehabt
b&ben. — Mit t6 bi |üi^ctov (§ 6) ktlndigt sich der wichtigste
grand an : 'wegen des augenblicklichen reizes der hierin für sie lag,
nnd weil zu erwarten stand dasz sie den versuch zu einer zeit machen
loüten, wo die Lakedaimonier sich das erste mal endlich eifrig zeig-
ten, waren sie zu jedem Wagnisse bereit.' wer kann bestreiken, dasz
bier das f|bavf|V £xov ^v T(f» aörixo, das durch tö bk iiificiov zum
^nptgronde gezogen ist, ganz dasselbe ist wie die oben (§ 4) schon
behandelte ßouXrictc dcacpric und die dXmc dircptCKCTrroc? und ist
nicht auch dieses nachlfissigkeit des denkens , dasz jetzt eine augen-
blickliehe Vorstellung sie zu jedem Wagnisse antreibt; wfthrend
oe oben grfinde genug sich klar gemacht hatten, warum bei dem
ib^e ffir sie nichts zu riskieren sei?
Mfingel des denkens erschienen an den beiden zuletzt behan-
delten stellen da, wo der autor die handelnden personen reflectieren
hm. solche mftngel zeigen sich aber auch, mit den sprachlichen
egenttlmlichkeiten zusammen, in weit schlichterem zusammenhange,
tb. VII34. die Unklarheit, welche in den Worten von vo^(cavT€C
bis dvücttiv (§ 7) liegt, ist recht arg. vergegenwftiügen wir uns die
Sachlage, der kunpf war unentschieden; dennoch fand man nach dem-
Selben von beiden teilen ein rpÖTraiov errichtet, das hfttte gar nichts
asSUHgee, da ja oben das angegeben war, worauf etwa jeder der bei*
da gegner den anspruch auf einen sieg allenfalls sttttzen konnte: die
Athener, da sie wegen des ihnen günstigen windes die Verfügung über
aue Bchiffstrtlmmer behielten, die Korinther, weil sie ihrem gegner
mehr schiffe segeluntüchtig gemacht hatten als dieser ihnen, nun
^ wird fftr die Eorinther noch ein grund angeführt, nemlich der
^octnd dasz sie sich nicht für besiegt hielten (vo)i(cavT€C
^^i oäx f|ccfic6at). aber danach kann ja hier gar nicht gefragt
Verden, sondern warum sie sich für die sieger hielten, man wird
Qir doch nicht einwenden, das nichtbesiegtsein sei den Ko-
nntbetn nach der ansieht des autors gleichbedeutend mit siegen,
*tt der folgende satz ja ergebe (oY T€ T^p KopivOioi f)Tr|cavTO usw.)?
aaeh lo und sogar wenn wir hie und da etwas einfügen, ist und
-ieibt es nnsinn, in 6inem athem durch folgende gründe den an-
ipnch anf den sieg zu motivieren : 'erstens hatten sie den feinden
'jses grossem schaden zugefügt als diese ihnen, zweitens hielten sie
uk für nicht besiegt, weil sie keine grosse niederlage erlitten hat-
'^^^ in welehem faJUe sie nach ihrer eigentümlichen auffiassung sich
««cgcr dünkien.* es könnte doch nur sinn haben, die beiden grfinde
«6*
388 EAJunghabn: atudien zu Thukydidea.
B 0 oder ähnlich zu verwenden : ^sie hielten sich ftlr die tieger und
errichteten ein tropaion, weil sie den feinden den gröszem scha-
den zugefügt hatten, aber es hätte dieses grundes nicht einmal be-
durft: denn schon der umstand, dasz sie sich nicht für besiegt hielten.
genügte den Eorinthem sich als die sieger anzusehen/ Unklarheit
erscheint auch in dem was er über die aoffiaseung der Athener sagt
ja hier ist die sache noch ärger, denn nachdem wir eben gelesen
haben, dasz die Athener sich f^ überwunden hielten, weil sie keinen
entschiedenen sieg erfochten hatten, folgt sogleidi (§ 8) die mittel-
lung dasz sie ein Siegeszeichen errichteten« dasz sie dies erst nach
dem absegeln der Peloponnesier thaten, kann doch an dem Wider-
spruch gegen § 7 nichts ändern: denn auch diese hatten ja erst nach
der abfahrt der Athener, die sie für einen verzieht hielten, den sieg
sich zugeschrieben, somit stand die sache immer noch gleich, ond
man sieht nicht ein, wodurch die in § 7 mitgeteilte Überzeugung der
Athener plötzlich umgestoszen worden sei.
Zu den auffallendsten erscheinungen bei Thuk. gehört die er*
wähnung oder ausführliche darlegung von unwichtigen, bisweilen
gar nicht zur sache gehörigen dingen, während an anderen orten
wichtiges sehr vermiszt wird, wer hat es zb. schon begriffen, warum in
einer geschichte des peloponnesichen krieges zwar die letzten Schick-
sale des Themistokles und Pausanias bis auf die winzigste kleinig-
keit erzählt werden, von den letzten Schicksalen des Periklesaber
nichts ? dieser wird bei Thuk. schon dritthalb jähre vor seinem tode
aus der geschichte mit der kurzen notiz entfernt: iireßiui hi biolir,
Kttl fifivac ii (II 66). zu den abschnitten wieder, die an den stellen
wo sie stehen sich wie räthsel ausnehmen , gehört auch die episod«
über die Peisistratiden (VI 54—69), trotz allem was bisher zu ihrer
rechtfertigung gesagt worden ist ich habe dieselbe sowol wegen der
eigentümlichkeit der spräche als auch wegen eines mangelhaften ge*
dankens schon erwähnt (oben s. 366). zu meiner völligen Ober-
Zeugung, dasz dieser abschnitt in der überlieferten gestalt nidit Ton
dem ursprünglichen autor herrührt, trägt auch noch die gewaltsaib<r
einfügung desselben bei. in c. 53 ist eben erzählt worden, dasz Al-
kibiades sein commando in Sicilien wegen der Vorladung in betreff
der mysterien und Hermen verlassen musz. dann wird kurz gefeigt
wie seit seiner abwesenheit von Athen dort das mistranen vad di«
denunciationswut sich gesteigert hatte und in vielen veihafUmgen
der jenes religionsfrevels verdächtigten sich äuszerte. es wird wört-
lich so fortgefahren (§ 3): 'denn das volk hatte gehört und wo£t<
es, dasz die tjrannis des Peisistratos und seiner söhne zuJeut
drückend war und dazu noch nicht einmal von ihnen (so) selbst unu
Harmodios gestürzt wurde, sondern von den Lakedaimoniem,- und
darum war es immer in furcht und nahm alles mit mistrauen anf '
das ist doch eine erstaunliche begründung der furcht welche die
Athener wegen der religionsfrevel im j. 416 hegten, nun folgt die
erzählung der that des Harmodios und Aiistogeiton mit aUen cinxel
Nv
EAJunghahn: stadien zu Thukydides. 389
Witen und folgen und schlieszt mit der erwtthnung, dasz Hippias
im heeroBiage der Perser teilgenommen habe (ende c. 59). in c. 60
wird dum der gmnd für die episode wieder aufgenommen: 'in er-
imenmg hieran war das Tolk jetzt so hart und mistrauisch gegen
die des religionsfreTels angeklagten; es schien ihm alles veranstal-
tang lur yerschwOning, zum behufe der Oligarchie und tyrannis.'
jetit ent wird der gang der gerichtlichen Untersuchungen weiter er-
ilUt sieht man auch jetzt etwa ein, was die letzten religionsfroTel
Bit dtt Feisistratiden zu schaffen haben sollen, so ist die fernere
fnge, wie denn die weitläufige erzfthlung von der that des Harmo-
dk» in diesen Zusammenhang gehöre, sie ist doch im wesentlichen
benchtignng einer falschen meinung, welcher nun der wahre sach-
TeriuJt gegenflbergestellt wird, es scheint also am natflrlichsten das
t6 Top 'ApicroTciTOVOC an das ende yon c. 53 anzuknüpfen , an die
fibche meinnng, nach der Hipparchos tyrann, und zwar letzter tj-
nia Ton Athen war, und nach der daher durdi seinen tod auch die
tynimis fiel (daez aber dieses wirklich die falsche meinung war, er-
gibt ncfa aus den Worten oöb\.Ö9* *Ap^ob(ou KaxoXudc icav : denn
diu Hsnnodios etwa den Hippias, nicht den Hipparchos getötet
bibe, eine solche meinung hat auch nach Thuk. nicht bestanden),
jowr aatarlichen erwartung wird nun aber im folgenden (c. 54 ff.)
udit entsprochen, denn hier werden auch die Athener wegen fal-
Rher meinung getadelt, die doch, nach des autors eigner angäbe
(c. 63), Aber jenen gegenständ das richtige wüsten ; femer wird nicht
die oÜge fakdie meinung berichtigt, nemlich dasz in Hipparchos
dv letrte tymnn gestürzt sei, sondern die dasz er yor Hippias re-
giert habe, das anknüpfende ydp hat also eine sichtbare beziehung
im Toraagehenden nicht, und es bleibt nun wieder nichts übrig aU
nr Tentopf^g dieser gedankenkluft durch einschiebung eines Satzes
n selirriten. das hat Classen mit folgendem setze gethan : 'der wahre
nnmmenbang der sache war dem demos unbekannt.' aber hierbei
bkibt doch immer noch in hohem grade seltsam, dasz derselbe autor,
dar sieh la e. 63 (ende) ausdrücklich auf das wissen der Athener
bcraft, soweit es die hier in betracht kommende geechichte der Pei-
sistnliden betrifft, und der in c. 60 (anfang) wiederholt, dasz sie
dsf , woraof es zur begründung ihres von ihm erztthlten verfahrene
ttkonmit, wüsten, dasz derselbe gerade hier gelegenheit findet
ten den maagel an wissen auf demselben gebiete vorzurücken, und
iwv in besug auf umstftnde auf die hier gar nichts ankommt, und
»t 80 sddurfem tadel, dasz ee klingt als ob eben dieselben, deren
viwB er eben anerkannt hat, gerade auf diesem gebiete gar nichts
^Mtt (oCtc atJToOc 'AOiivaiouc ircpl tiSjv cqKx^pujv Tupdvvuiv . •
«pißic oöbiv X^ovrac). es wird doch nicht etwa jemand aus dem
^incrdpicvoc dxoQ (c. 53) herauslesen wollen, dasz hiermit schon
-)bea ihr wissen als ein unsicheres bezeichnet worden sei? der autor
drüekt ja doch c. 55 auch sein eigenes auf sichere tradition gegrün-
^Het wiaeen durch dxoQ clb^vai aus.
390 EAJanghahn: studien zu Thakydides.
Werfen wir auch noch einen blick auf die mängel des gedanken-
inhalts dieser episode. ein üeJI, ans c. 55, ist scion oben (s. 366)
besprochen worden, ein anderer Hegt in c. 54 vor. der antor ist hier
eben im begriff einen act gemeiner, hinterlistiger räche des Hippar-
chod zu erzfihlen (und dasz der erz&hler ttber jenes verfahren nicht
etwa milder denkt, darüber l&szt das verbum TrpoTniXondleiv keinen
zweifei) , unterbricht aber die erztthlung (die erst c. 56 wieder auf-
genommen wird) durch ein lob des Hipparchos und der Peisistrati*
den überhaupt, das in den werten gipfelt: xai £n€Tfjbeucav b(\
irXeicTOV öf) Tupavvoi oötoi dp€Tf)V xal Euveciv. wer aber auch
das noch , natürlich durch ergftnzungen von gedanken^ in Überein-
stimmung bringen kann, wie will der es erklären, dasz hier (c. 54,
5 u. 6) das milde und schonende wesen der Peisistratiden gegenllber
den Athenern gepriesen wird , während unten (c 55 , 3) unter den
beweisen für die erstgeburt und tyrannis des Hippias sich auch der
findet, dasz Hippias am tage des attentats sich als ein erfahrener her-
scher bewährt, und dasz er diese Sicherheit gehabt habe durch seine
gewohnheit sich den bürgern gefürchtet zu machen (öid t6
rrpÖTcpov EOvriOec toic iroXiTaic qpoßepöv)? kurz und gut: diese
episode zeigt eine fülle von gedankenlosigkeit, sie ist in der spräche
zum teil recht auffallend , und der nachweis, was sie an der überlie-
ferten stelle solle , ist auch noch niemandem gelungen ; ich glaube
dasz sie dem ursprünglichen werke nicht, jedenfalls nicht in der
Überlieferten gestalt angehört hat.
Zu den abschnitten des Werkes, in denen ich handgreifliche mSn-
gel des Inhaltes schon oben nachgewiesen habe (s. 363 f. u. s. 367 f.\
gehört auch das prooemium und die betrachtungen über den Sitten-
verfall m 82 — 84 , und in beiden sind die eigentttmlichkeiten der
spräche so gehäuft, dasz man sie aus diesen wenigen blättern allein fast
alle kennen lernen kann, der umstand dasz m 84 schon von dem
scholiasten für interpolation erklärt worden ist, welche ansieht zam
teil bestritten wurde (zb. von Arnold) , von den neueren hgg. aber
gebilligt wird , führt mich zu der bemerkung, dasz auch die andere
als interpolation bezeichnete stelle von gröszerm umfiange (m 17;
und auch solche von kleinerm umfange sich in abschnitten befinden,
welche die oben angegebenen eigentümlichkeiten der spräche haben
(von kleineren zb. IV 73. YII 36). ich habe oben schon gesagt, dasz
ich an die interpolationen nicht glaube, hierin wird mir jetzt jeder
beipflichten, betrachten wir erst einmal die gröszeren stücke. III 1*
und in 84 enthalten einen so groszen teil der sprachlichen eigen-
tümlichkeiten, dasz hier die interpolation ein wahres meisterstflck
der teuschung wäre, nicht nur findet man in diesen zwei capitek,
die zusammen nur 34 zeüen (der Stahlschen ausgäbe) umfassen, ein«
erhebliche anzahl Wörter späteren, ja sehr späten gebranches, nicht
nur einige neutra von adjectiven bzw. participien in substantivischer
bedeutung (in c. 84), sondern noch andere für Thuk. so recht cha-
rakteristische eigentümlichkeiten, zum teil auch solche die als eigen-
EAJanghabn : stadien zu Thukydides. 391
tfifflüchkeiteii früher nicht beobachtet worden sind: c. 17 £v TOic
irkckrai Vf)6C (s. s. 371); die nngenaaigkeit in der auslassnng des
raigeetes bei einem verbum erscheint in auTifi T^p ^Xdpßave, das
tobject mosz errathen werden (ygl. s. 384); und nun gar rä XP^l*
Mora toOto pdXtCTa änavdXuice perä TToTiSaiac , wo das activum
gebraoeht wird, wie wenn eine person snbject wäre (vgl. s. 384). in
e. 84 gehört zu den beachtenswertesten eigenttimlichkeiten biiXöuj
mit don nom. c. inf., döifjXuiccv äxparfic cOca (vgl. s. 371); dann
du desiderativ äiraXXo^eiu), fUr welche verbalbildung bei Thuk,
dne grosse Yorliebe ist; iv ibes^in welchem falle'; ein auffiällendes
lijperbaton (ä£toGci bk toOc koivouc Trepi tuiv toioutujv ol ävGpui-
TOi vd^ouc); endlich die Wortbildung dirapaiTtiTOC (vgl. s. 371).
Um wie viel mehr musz eine solche thatsache ins gewicht fal-
len, wenn wir bemerken dasz in zusammenhängenden abschnitten
dieses selben buches, die einen mehrfach so groszen umfang haben
wift jene beiden capitel zusammengenommen, auch nicht eine ein-
zige abweichnng von dem gewöhnlichen sprachgebrauche der atti-
schen proea jener zeit ist! so c. 25 — 29, wo die ereignisse vor Lesbos
weiter behandelt werden; so c. 90 u. 91, welche von Unternehmungen
des sommers 426 handeln.
Die gründe , auf welche hin jene beiden capitel (lU 1 7 u. 84)
für Interpolationen erklärt werden, sind den ab weichungen der
spnehe und den mangeln des inhtjtes entnommen, ich bestreite
beides nicht (obwol anch sehr eifrig ftlr das gegenteil gestritten
w<»din ist) ; ja es ist meiner anffassung förderlich, nur kann ich
skiit zogeben dasz damit die interpolation erwiesen sei , weil ich ja
Tide stallen nachgewiesen habe , in denen der mangel des inhalts
Dodi viel anfftlliger und zugleich die abweichungen der spräche ge-
kioft sind, solche abschnitte müs&n ja dann auch als Interpolationen
ugvehen werden, vor allem III 83 und VI 54 — 59, die episode
fiberdie Peisdatratiden. mancher wird sagen: 'nun gut, warum soll
diese eonsequenz nicht gezogen werden?' ich will nicht den oft ge-
böiioi einwand machen, dasz dann der inhalt des werkes sehr zu-
suuaenschmmpfen würde: denn warum soll man sich nicht denken
kQBMB, dasz das ursprdngliche werk von geringem umfange war
oad anr erzählnng der thatsachen in gedrängter kürze enthielt? aber
lack aoBseheidung' jener stellen würde nicht überall das Übrigblei-
(«uie genügendes Verständnis bieten; und das ist eben der grund,
wanun ixhy wenn ich doch einmal behaupten musz dasz die in dop-
Nter bintiebt anfüedlenden abschnitte nicht von der ersten band
^ortkren können, Überarbeitung und nicht interpolation annehme.
Sehen wir uns zb. lY 73 an. die für das Verständnis der Sach-
lage ganz überflüssigen, mit einem gedankenfehler behafteten (s. o.
«. 385) und an Spracheigentümlichkeiten reichen motivierungen der
^hmg nmÜMsen nur ein halbes capitel, von § 2 an bis § 4 anfang
'•nXiiic hk ivö^iZov . . TcXpäv), sie können aber nicht ohne no<^
^•itere änderungen des ursprünglichen textes eingeschoben sein«
392 EAJanghahn: stadien zu Thukydides.
weil die folgenden worte (xpövov bi . . £7ncxövT€C usw.) keinen un-
mittelbaren anscfalusz haben , nnd wenn auch nur die 6ine zeile ver-
miszt wird des inhaltes, dasz die Athener herauskamen und sieh sof-
stellten.
Alle spuren einer Überarbeitung bis ins einzelne hinein nachzu-
weisen darf nicht versucht werden; ich habe mich, um desto sieherer
zu überzeugen, auf solche abschnitte beschränkt, in denen die merk-
male gehäuft erscheinen, aber schon allein die häufung der sprach-
lichen merkmale wird zu dem Schlüsse, dasz eine überarbeitete stelle
vorliege, berechtigen; die gedankenfehler, wo sie sich zeigen, scheinen
mehr der flttchtigkeit als der Unfähigkeit entsprungen zu sein, und
wenn nun schon ein beschränkter mensch bisweilen einen guten ge-
danken, besonders wenn dieser entlehnt ist, aussprechen kann, um
wie viel mehr ein flüchtiger, wenn er nicht ohne begabung ist und
einmal gegen seine gewohnheit sorgfältig verfilhrt oft wird eise
überarbeitete stelle nur sehr geringen umfang haben, so dass von
einer häufung der sprachlichen eigentümlichkeiten nicht die rede sein
kann, aber in solchem falle wird auch eine vereinzelte eigentümlich-
keit der spräche dann nicht unbeachtet bleiben, wenn auch der ge-
dankeninhalt anstosz erregt, ein beispiel hierzu. II 70 ist von dem
mangel der belagerten Potidaiaten die rede, der auch zur capitola-
tion führte, dieses sowie das vorangehende und folgende capitel
sind in der spräche ganz einfach und ohne abweichung, nur in c. 70»
1 fällt nach den werten 6 re ctTOC dTreXcXolvrci das mehr poetische
(wenn auch der attischen prosa nicht ganz fremde) ßpiXfCtc auf in
den Sätzen: Kai äXXa re froXXd ^ttctct^viito aäröOi i\br\ ßpuKCuK
TT^pi dvaTKaloic xai Tivec Kai äXXrjXujv dt^TCuvTC. sieht man ge-
nauer zUy so erscheint auch das plusquamperfect ^T^T^uvro süti
dTCUOVTO oder dTC^cavro abweichend; femer ist doch der ausdrock
dXXyiXujv iyiftWTO (*sie hatten einander angekostet, angefressen')
komisch ungeschickt, wenn gemeint sein soll dasz sie zu menschen-
fleisch ihre Zuflucht nahmen; oder sollen wir wirklich glauben dasz
ein lebender den andern anbisz? kann aber das letztere nicht ge-
meint sein, sondern wird auf das schlachten von menschen oder ver-
zehren von leichnamen gestorbener hingedeutet, so ist die ganie
thatsache, von Hellenen jener zeit ausgesagt, nicht gerade sehr glaub-
lich, sondern pikante zuthat des Überarbeiters, so fand ich auch
sonst nicht selten eigentümlichkeiten der spräche da, wo anekdoten-
haftes, pikante und grauenhafte persönliche beschuldigungen udgl.
mitgeteilt werden, und schliesze dasz sie dem geschmaoke des Über-
arbeiters und seinen queUen, nicht dem gründlichen, ernsten Thok.
zuzuschreiben sind, ein beispiel wurde schon oben (s. 378) behan-
delt, in dem an eigentümlichkeiten der spräche reichen cap. FV 80.
dort wird in § 2 eine that empörender treulosigkeit der Spartiaten
gegen die Heloten erzählt, es hatten sich viele Heloten zur zeit der
groszen bedrängnis Spartas kriegerische Verdienste erworben* die
Spartiaten fUrchteten aber später gerade von den tüchtigsten der-
E AJnnghahp ; »tadien zu Thnkjctides. 393
kUmd am meisten gefahr ftlr sich, und um diese tttchtigsieii zu er-
Bitteb, liiesztii sie die Heloten selbst, unter dem vorgeben, es handle
lieh nm die fireüassung jener, die aoswahl treffen; die 2000 also aus-
gfwllüten wurden dann von den Spartiaten in aller stille umge-
gebneht hier (§ 4) kommt ausser der unlogischen beziehung des
pvt äi6uO€pdpcovT6C noch eine auffllllig abweichende participial-
«Mtttniotion Tor in den worten Ka\ frpoKpivavrec ^c btcxiXicuc ol
fitv krcqMXvtucovTÖ t€ . . ol bi oö 7roXX«ip ucrepov i^cpävicdv t6
auTOUc usw., wo irpoKpivccvTCC zu dem zweiten, nicht aber zu dem
enta ol gehört, genau dieselbe unregelmftszige oonstmction ist
in 34, 3 in den worten 6 bi TrpoKoXcci^evoc . . 6 \iiy iSS{\Qe . . ö
Käcctvov usw., wie auch die erklftrer bemerken, ich für meinen
teil bemerke noch dasz es sich genau um denselben gegenständ han-
delt, aemlich um einen grftszlidien, tdokiscben treubruch, den hier
der Athener Faches begangen haben soll. Böhme (zu III 34) macht
10/ die eigentOmliche frische der satzform aufmerksam, die durch
jenes saakolnthisch verwendete particip entstehe, es mag sein dasz
die niehtbeachtung der pedantischen sprachregeln sofort eine vor-
iteQong der msticalen kraft und frische des redenden erwecke, aber
mr lind solche abweichungen im gebrauche der partidpia beson-
nen dmwegen so interessant, weil sie fast nie in abschnitten vor-
bomen, die von sonstigen spracheigentOmlichkeiten oder von
RJteamkeiten des inhaltes frei sind, sehr oft aber da wo die eigen-
tflmlifhkeiten der spräche gehSuft sind, zb. IV 80, wo auszer den
nrei aehon genannten abweichungen noch eine dritte vorliegt (§ 1)
m hoifiuiv 6vTuiv, bezogen auf Eu^^dxouc ; und lY 73 (s. oben
s. 373 u. 8. 385). sie sind also eine eigentttmlichkeit des ttber-
tfbeiters.
Des bringt mich auf den gedanken zum schlusz noch eine
probe von der Stichhaltigkeit meiner beobachtungen über die spräche
bei Thuk. hinzuzufügen, schon der umstand dasz es abschnitte des
wokes gibt, in denen die eigentflmlichkeiten der spräche in menge
&bt bei einander angetroffen werden, wfthrend andere ganz frei da^
Toa sind, femer dasz nur in den ersteren mftngel des sinnes beob-
iehtet wenden sind, in letzteren nicht, nötigt zu dem Schlüsse, dasz
te werk, wie es vorliegt, nicht aus dem geiste ^ines autors hervor-
gigiagen sein kann, zu den obigen gründen kam auch noch die
•nrigung hinzu, dasz die so au^llende Verschiedenheit jener ab-
•dmitte keineswegs durch die verschiedenartigkeit des inhaltes er-
Utriidi wurde, wenn wir aber nun gar diejenigen eigentümlichkei-
tco IBS snge fassen, die unter den gesamten bei Thuk. noch die
MltBerin sind, von denen einige nur je Einmal, andere höchstens
»whimal in dem ganzen werke vorkommen, oder die auch bei ande-
nn agafiüir gleichzeitigen autoren (noch vor Aristoteles) sehr sel-
ten sind, wenn auch diese nur mit anderen spracheigenttlmlichkeiten
nasniniim, oft sogar in mehreren exemplaren vertreten, nicht selten
a shefimitten Ton mangelhaftem sinn, yorkommen, könnten wir
394 EAJunghahn: Studien zu Thukydidee.
auch das dem zufall zuschreiben? könnte auch da noch jemand sagen,
man dürfe einem autor, der mit bewustsein in der spradie eigentüm*
lieh sein wolle, nicht vorschreiben, wie er diese eigentttmlichkeitea
verteilen solle? zu diesem seltensten gehören nun zb. die substAnÜTa
&|i€Td]LieXocund 6 irapdXoToc; die a^jectivadirepicKeTrrocund&TtfK)-
cpuXaKTOC; das adverbium dncoiKÖTWc bzw. ÄTreiKÖTUiC; das vor den
Superlativ, und zwar nicht blosz in der form des dat. plur. gesetzte ^v
ToTc ; das subst. gebrauchte neutrum eines part. fttr ein subst abstr.
oder für einen Infinitiv, sehen wir nun zu , an welchen stellen jene
sprachlichen besonderheiten sich finden, ö )ieTd]Li€Xoc kommt nur
Einmal vor, YII 55, welche stelle oben (s. 373 f.) unter den sprachlich
auffallenden schon genannt ist; hier finden wir auch das seltsame 6
rrapdXoTOC. ebenso nur Einmal erscheint bei Thak. dTrpocpuXoxTOC,
IV 55. sofort wird man bemerken, dasz dies cap. mancherlei sprach-
lich seltenes aufweist, besonders das unicum dvex^TT^^^- flüchtige
behandlung des Inhalts zeigt sich hier in auffallenden Wiederho-
lungen ; die gegnerschaffc mit den Athenern wird als eine besondere
Schwierigkeit hingestellt durch den zusatz olc (sc. 'A6r|vaioic) tö fir;
£mx€ipoup€Vov del dXXm^c fjv 'ri\c boKf\ce\i}C ti TipdEeiv, eines von
den musterstücken der schwer verständlichen spräche; der gedanke
wird nur durch nachhilfe des lesers klar. ~ dTrepicKCirroc konunt
an vier stellen vor: eine davon, VI 57, steht in der episode über
die Peisistratiden. in dieser aber fanden wir die eigentümlichkeiten
der Sprache in gedrängter fülle, da haben wir denn auch in c 5{;
eines von den allerseltensten Wörtern, diT€0iKÖTUJC (bzw. dirciKÖ-
TU)c). ähnlich ist es mit lY 108, dessen besonderheiten und mängel
ich oben (s. 386) gezeigt habe, hier* ist bemerkenswert das zusam-
mentreffen von diT6picK€7rTOC und öpTdv, welches letztere in der
früheren attischen prosa sehr selten und bei Thuk. nur noch VIII 2
(denn 11 21 ist die Überlieferung unsicher) vorkommt, einem ab-
schnitt mit eigentümlichkeiten der spräche und des infaaltes. flir
das letztere bringe ich als beleg die curiose begründung des gedan*
kens, dasz nach dem miserfolge der Athener in Sicilien auch die bis-
her neutralen sich am knege zu beteiligen wünschten, der gnmd
lautet: V0)i(cavT6C k&v ircX ccpdc ^KacToi ^XOcTv aurouc, ci Ta
dv tQ CiK6X{()i KartiipOuicav. sie wollten also die Athener stnüVn
für das was diese im falle des gelingens den neutralen zugefügt hal-
ten; mit anderen werten: sie wollten für ihre ausgestandene anga-
eine genugthuung haben , wie sie die unkriegerischen thiere in der
fabel am sterbenden löwen nahmen, ich konnte mich gar nicht be-
sinnen, wen Thuk. hier mit diesen jetzt so kriegslustigen neutralen
meine, und habe es auch bis jetzt nicht ermittelt: denn er nennt
keine, und doch musz es eine ziemliche anzahl gewesen sein » ^^
das ^KacTOi (nb. hyperbatonl) beweist. — Ein drittes mal kommt
d7r€piCK6irroc VI 65, 1 vor. ich brauche den satz nur anfkoschrei-
ben, und die Seltsamkeit der spräche wird sofort bemerkt werden*.
o\ CTpoTTTTol Tüjv CupttKOciuJV iierd toO kqI ic xd dXXa Oopceiv xai
EAJimghalin: studien zu Thukydides. 395
clvoi ^v biovoiqi xai dv€u toutwv i^vm irapccKCudcGai tn\ Kardvnv,
^iriocucdv TC Tip dvOpumtp iroXAtfi dTTcpiCKCTtTÖTepov Kai €u6uc
ijM^pav £uv6^^€V0t usw. jedenfalls ist hier wieder ein beleg, dasz
Khwierigkeit des gedankens bei Thuk. nicht immer der grnnd ist für
die lehwierigkeit der spräche: denn es liegt hier ganz einfache erzfth-
long vor, die anekdotenhafte mitteilong einer kriegslist bzw. eines
Tenitbentreiches (vgl. oben s. 392 f.). hier ist der (Iberarbeiter auch
la der nachlftssigkeit kenntlich : während er nemlich zweimal gesagt
bitte (e. 64 ae. n. 65 aa,), es sei zu dem handstreich 6in bestimmter
tag Tenbredet worden , wie es ja auch die natur der sache fordert,
lern wir doch gleich weiter unten: irctX bk . . a\ f^^pai £v alc
fuv^VTO fjgciv ^TTV^c f)cav. auszerdem erscheint dTT€picK67rTOC
BOT noch in einer rede (lY 10),
Ich habe noch nachzuholen, wo sich dneiKÖTUiC findet, vor
tUem n 8, in einem durch Sprachbesonderheiten sehr bemerkbaren
Abschnitte, ua. auch durch ein abweichendes particip (Trpoemöv-
Tuiv, bezogen auf ActKeöai^oviouc). der satz heiszt: f| bk cfivoia
iropa iToXv) inoUi tuiv dvOpiATruiv ^dXXov tc touc AaKcbai^o-
vieuc dXXuic T6 xal irpoeiTTÖvruiv usw. hier ist doch die spräche
sehr aafiallend, besonders durch das Troietv ic ^ * geneigt sein',
in diesem capitel befindet sich auch die mit Herodotos im wider-
fprach stehende mitteilung über das erdbeben in Dolos. — dTreiKÖ-
vtK findet sich auszerdem noch an zwei stellen, in einer rede (I 73)
md Vlli 68 f in letzterem capitel zusammen mit einer andern der
bpncfaseltenheiten, mit tv toic TrpuJTOC ^ *einer unter den ersten'.
6^101 wir uns nach den übrigen stellen dieser seltsamen sprachform
am. LHerbst (Philol. XVI s. 345) macht auszer VIII 68 noch neun
fteUen namhaft, ich lasse diejenigen als nicht eigentümlich uner-
vlbnt, in denen TTpi(rroic steht oder die Überlieferung zweifelhaft ist
diBD ftllt zuerst VII 71 ins äuge, wo das £v toic x^XeniliTaTa bifitov
niit einer groszen menge anderer eigentfimlichkeiten zusammentrifft
'Tgl. s. 354 n. s. 378). das ist nun in einer andern stelle, VII 24,
nicht in dem grade der fall , doch tritt in dem satze lUjxcvdv re xal
iy TOIC nporrov iKdKUJC€ tö CTpdTcu^a f| toC rTXrmpupiou Xfiqiic,
and ia dem gleich folgenden &7rXoi Tiic £iTaTUJTi)c twv ^TTiTtibeiuiv
OM&chee spncblich eigentttmliche entgegen (ttber f) Xfiqiic dKdxuice
rgl 8. 384). in drei andern stellen wieder steht i\ Tok irpüJTa, iv
TOIC irpdiTat und iy toTc rrpumi in abschnitten von der ausgeprftg*
testen sprachlichen eigentttmlichkeit, in I 6. III 17 u. in 82 (s. oben
(. 377. 390 t). nicht nur ist in diesen abschnitten die menge der
spTachüchcn besonderheiten sehr grosz, sondern es ist die art der-
^Am aehr bemerkenswert, hier fasse ich nicht nur die einzelnen
^*pttd ina äuge, sondern, besonders bei m 17 und m 82, die
Poppen denen sie angehören, ich habe schon gesagt (s. 390), dasz
'Ch denen nieht zustimme, welche HI 17 und in 84 ftlr eingeschoben
fstltren; besonders wirkte bei meinem urteil der grund mit, dasz
<^ Tcrdlchtigten capitel mit den angrenzenden die eigentflmlich-
396 EAJanghahn: studien zu Thakydidefl.
keiten der spräche teilen, so dasz IQ 16 n. 17 dasselbe geprSge ba-
ben, ebenso wieder m 82 — 84* auch habe ich schon gezeigt, welche
seltneren sprachlichen abweichangen in den beiden angefochtenen
capiteln vorkommen (vgl. s. 391) ; in III 82 ist doch neben der ftlle
des ttbrigen sehr merkwürdig, dasz auszer dem seltenen ivTOic
TrpidTti (sc. crdcic) noch das ungewöhnliche dTrorrurpfj vorkommt
(gerade wie YII 24), und in LEI 17 neben iv TOtc 7rXeicTai(sc.
vfi€c) das activum i&TTavdX(jJC€; als sei das sabject persönlich (toüto
i&iTOvdXujce rä XP^^^^"^* ^^ ^^ E'^^ ahnlich), besonders aber ist
beachtenswert, dasz in dem offenbar aus derselben feder geflossenen
m 16 das seltene ö TrapdXoTOC sich findet, so dasz wir wieder iwei
grosze Seltenheiten dicht bei einander haben, wir fanden ö iropd-
XoTOC schon einmal mit ö juterdineXoc zusammen (Vn 65). es findet
sich noch an folgenden stellen ganz zweifellos (ich lasse also die-
jenigen bei Seite, an denen man auch von tö TrotpdXoTOV ableiten
könnte) : YII 28 , einem capitel das sehr bemerkenswerte Schwierig-
keiten und besonderheiten der spräche aufweist, über itcpupcpciv »
'aushalten' s. Classen. ich mache noch auf die von mir beobachtete
eigenttlmUche Verwendung des activums aufmerksam, wie wenn ein
personliches subject da wäre: sie kommt in diesem capi zweimal vor
(jidXiCTa imeC€v aÖToOc öti bxjo TroXe^ouc fifia eixov und AexcXciac
ßXaTTTOUciic). in II 85, wo auch ö TrapdXoTOC vorkommt, finden wir
jene menge des sprachlich abweichenden nicht, aber gerade die wenn
auch kurze betrachtung, in der das wort vorkommt, enthilt etwas
davon; besonders erscheint das öpT^ oi3v dTr^CTcXXov recht bsrtf
da man die weit oben, im anfang des cap. genannten drei personen
als object denken musz. auch der gedanke dbÖK€i ydp aÖTOic äXXuic
T€ Kai TrpuiTOV vau^axiac rreipacaii^voic ttoXOc 6 TrapdXoTOC elvm
scheint etwas ungehörig, man kann ja das dastehende etwa ver-
stehen, ist es aber nicht viel natürlicher dasz leute, welche es das
erste mal mit einer Seeschlacht versucht haben, gerade darum sieb
um so weniger über den miserfolg wundem sollten? — sonst kommt
6 TTopdXoTOC noch in reden vor.
Eine der seltneren Spracheigentümlichkeiten bei Tfauk. gehört
überwiegend den reden an (Böhme zu I 36), nemlich der gebnnch
des neutrum eines part. für ein subst. abstr. , zb. t6 bebiöc, t6 Im-
Ou^oöv. auszerhalb der reden scheint dieser gebrauch (wenn ich
vn 83, wo vuKTÖc TÖ f|cuxdZov vorkommt, nicht mitredine, vgl.
s. 382) immer mit anderen Spracheigentümlichkeiten verbunden,
am auffallendsten VI 24 tö iniOu^oOv toO ttXoO. auch die behsnd-
long der gedanken ist hier nicht sorgHÜtig. wenn es zb. heiszt» Ni-
kias habe durch seine ungeheuer hohe forderung an leistongen ftlr
die sicilische expedition von zwei vorteilen einen sicher stellen wol-
len, entweder aufgeben der Unternehmung oder^ im falle der he-
willigung, gröste Sicherheit der ausführung: wie kann da darcb
bewilligung das ge genteil seiner erwartnng eintreten (touvov-
Tiov Trcpt^crri aöriji) ? das ist nur zu verstehen , wenn man auf das
EAJunghahn: stadien za Thukydides. 397
ende tob c. 19 zurückblickt, wo nur yon der 6inen erwartung die
rede war, nemlidh daBz er die Athener durch die hohe fordemng von
dem natemehmen abschrecken werde.
Jene bemerkuog, dasz die zuletzt genannte Spracheigentümlich-
keit fiberWi^end den reden bei Thuk, angehört, leitet mich zu dem
Enück, woYon meine Untersuchungen über Thuk. ausgiengen : zu den
reden, in den reden zeigen sich auch die übrigen eigentümlichkeiten,
zb. die Terbalflubstantiva auf -cic und die substantivierten neutra von
adjectiven sehr stark vertreten, folgerecht ist es daher zu glauben,
dan auch manche reden uns nicht in ganz ursprünglicher gestalt,
soodan mit ttndemngen vorliegen, die der Überarbeiter (bzw, her-
u^geber) hier und da meinte vornehmen zu müssen, wenn ich also
am «chlnsse meiner ersten abhandlung es nur als eine möglichkeit
biutallte, dass die von mir aufgewiesenen mibigel nicht blosz durch
flflchti^eit beim zusammenstellen des unfertig hinterlassenen wer-
ket, eondem auch wol durch zusätze des herausgebers entstanden
Nia mOdkten, so meine ich dasz durch sprachliche gründe diese mög-
lichkeit jetzt als Wirklichkeit erwiesen ist. besondere beweiskraft
hat hier wieder das zusammentreffen von mangeln des sinnes mit
einer menge von Spracheigentümlichkeiten, was aber freilich nur da
nr erscheinong kommen wird, wo die überarbeitete stelle einigen
un&Dg hat, 80 dasz es an gelegenheit zu unwillkürlicher entfaltung
der inddvidualitSt des Überarbeiters nicht fehlt, werfen wir zb. einen
blick auf IV 92. in dieser rede flQlt bis peTorvurrui (§ 2) durchaus
Bicfate auf. in dem folgenden teile des cap. bemerken wir die sub-
itantiTierten a^jecüva TÖ T[po\irfiic und tö ävriTraXov , von denen
dai erstere der ftltem prosa überhaupt fremd ist; das verbalsubst
iropoiioiac; ferner die ac^ectiva ävriXeicTOC und dvavTaT<I»vtCTO€,
TOB dc|ien jenes unicum, dieses nur bei späten schriftsteUem nach-
«eiabar ist (bei Thuk. auch 11 45, an einer stelle deren widersprach
aut einer firühem ich behauptet habe: vgL s. 401; über die wort-
hikfamg in dvavrocti&vtcroc vgl. auch s. 871); ungewöhnlich ist ^f|
Youc trvic für ^f| 5ti toOc tcfvc und Kar^x^iv — ^stand halten'
(Qsaaen); endlich ist noch in grammatischer Beziehung tö fcxarov
VTiuvQC und £mcTpaT€Üeiv Ttvd zu nennen, nun erinnern wir uns,
datt gerade in diesem teile des c. 92 ein mangel des sinnes steckt,
^ die Worte neipav bi ^XO^^v . . KaTCCTTJca^ev, welche von dem
n<ge der Boioter über die Athener bei Koroneia handeln, als be-
grfiadung der aufiforderung, dasz die Boioter auszerhalb des eignen
gtbieUs doiselben feind angreifen möchten, nicht verstanden wer-
den können (s. 360).
So haben wir, wie ich das oben wiederholt gezeigt habe, man-
gdttften sinn innerhalb des umfanges einer stelle, die auch die
■picUiehen eigentümlichkeiten aufweist, wenn ich verma(ete dasz
■iBgsl des Sinnes durch flüchtigkeit beim zusammenstellen aus dem
coaeepte entstanden seien, so ist diese annähme für manche stelle
dsiebas haltbar; wo aber, wie lY 92, mangelhafter sinn mit vielen
398 EAJungfaahn: Studien zu Thukydides.
eigentümlichkeiten der spräche zusammentrifft, da haben wir offen*
bar zathaten des Überarbeiters vor uns. beide ansichten sind übri-
gens recht wol vereinbar, femer gilt auch hier für die reden, was
ich oben schon gesagt habe, dasz nicht blosz, wo die menge der
Spracheigentümlichkeiten mit mSngeln des sinnes zusammentrifft,
auf die fremde band zu schlieszen sei. denn der ttberarbeiter keimte
ja auch durch eine ttnderung von sehr geringem umfange, so d&sz
seine Spracheigentümlichkeit dabei gar nicht hervorzutreten brauchte,
dem sinn einen mangel zufügen ; anderseits aber konnte es geschehen
dasz, wenn die überarbeitete stelle auch einen gröszem umfang hatte
und zur entfaltung der sprachlichen individualitttt viel gelegenheit
bot, dennoch der sinn nicht litt, daher wird man, wenn erst einmal
das zusammenfallen des sprachlich individuellen mit mftngeln des
Sinnes erwiesen ist, auf die fremde band auch innerhalb solcher re-
den schlieszen dürfen , in denen eine in bezug auf den Ainn mangel-
hafte stelle überhaupt etwas, wenn auch nur wenig, sprachlich
eigentümliches hat (beispiele: 1145 dvavTaTuiviCTOC und III 40 dv-
öpaT0i6{2l€c8ai : in beiden stellen habe ich den mangelhaften sinn
nachgewiesen), man wird femer auf die fremde band auch innerhalb
solcher reden schlieszen dürfen, innerhalb deren sprachliche eigen-
tümlichkeiten und mangelhafter sinn nachweisbar sind , wenn auch
nicht an ganz derselben stelle der rede, und letzteres ist in allen
von mir in der ersten arbeit besprochenen reden der fall (beispiel:
rede des Hermokrates VI 76 ff. Wortbildungen wie KaTabouXiuctc,
KonroiKiciC; ßouXiicic, KaKo£uv€Toc usw.; ein hyperbaton wie irpo
auToO TÖv irdcxovTtx c. 77 ae.; eine härte wie Srav an* öXXuv, Kui
pj\ auTol ibcnep vOv touc tt^Xqc äbiKd»ci, wo man hinter utt* fiXXuJV
aus dem folgenden döiKUJCi ein döiKibvTai ergSnzen musz. dieser
satz ist aus c. 79 , 1 , also aus der ersten der von mir als unsinnig
bezeichneten stellen).
Man wird jetzt vielleicht noch eine behandlung der fragen er-
warten, «wer denn wol' der Überarbeiter gewesen sei, zu welchem
zwecke, zu welcher zeit er die Überarbeitung vorgenommen habe
udgl. welchen anhält zur beantwortung solcher fragen das geschichts-
werk biete, gedenke ich in einer folgenden arbeit mitzuteilen.
Es bleibt mir noch übrig mich mit einigen werten an SSrgel
zu wenden, seine recension veranlaszte mich zu einer entgegnung
in den jahrb. 1878 s. 691 ff., welche ganz bestimmte vorwürfe ent-
hielt; S. wies meine besch werde in einer erklflrung ebd. s. 849 ff. ab
ungegründet zurück, die unwiderleglichkeit meiner behauptungen
wird sich aber aus folgendem ergeben.
Sörgel betont es stark, dasz der aufmerksame leser sich
durch den rec. nicht werde irreführen lassen, und dasz schon darom
meine besch werde grundlos sei. als ob nicht jeder wüste, dft^
auszer den wenigen aufmerksamen lesem noch sehr viele andere
leser recensionen zur band nehmen« und darunter sind, wie ich genau
EAJuoghahn: Stadien zu Thakydides. 399
weiss, böchst bedeutende und achtbare mftnner, die durch vielseitige
thSügkeit übermftszig in anspruch genommen dennoch gern von allen
neaen erscheinongen notiz nehmen, gerade diese lesen recensionen.
ui ihrem urteile liegt mir freilich viel weniger als an dem der grllnd-
liehen leser. ich sehe aber gar nicht ein, warum auch nur diese
doich die schuld des reo. irregeführt werden sollen , und dazu noch
an Tiden sieUen« wollten wir diese leser gar nicht mitrechnen , so
bedurfte es wol der recensionen überhaupt nicht.
Femer erklärt S. , meine ^sttmtlichen ausstellungen an seiner
Roension, soweit ihnen ein substantieller inhalt zu gründe liege,
sdea lof die willkttrliohe und irrige meinung zurückzuführen', als
ob jedes wort, das er zur berichtigung des Verständnisses der Thuk.
nd€n gesagt habe, mit beziehimg auf mich und im gegensatz zu
meiner auffasaung gesprochen zu denken sei. meine antwort: diese
erklSnmg S(5rgels wird ein teil der unaufmerksamen leser ohne
xweifel glauben und mich wegen meiner voreiligen empfindlichkeit
Tcnurteilen : denn warum sollten sie an der richtigkeit jener aussage
zweifeln? der aufmerksame leser aber, der alle betreffenden texte
bei der band hat, musz folgendes bemerken, ich habe nur zu zweien
meiner ausstellungen einen inhalt hinzugefügt (die Übrigen blosz
beieidinet), und dasz diese zwei ausstellungen sich gegen stellen
der recension wenden, die sich nur auf mich beziehen, ist sonnen-
klar, denn 1) Sörgel erklärt selbst in seiner rec. (s. 332 unten) aus-
driicklieh: *ich beschränke mich einzig und allein auf die
£nge, ob die von J. 1875 in den jahrb. s. 667 — 682 beanstandeten
&teUeii' Q8W.; 2) er schreitet sogleich zur lösung dieser frage, indem
& neine ansieht, die auszer mir niemand ausgesprochen hat
• ttba VI 79), widerlegt, diese Widerlegung schlieszt (s. 335 oben)
But dem werte 'trennen', und es folgen unmittelbar darauf die
Worte 'aber wenn wir auch davon absehen und sogar zugestehen,
der redner sprecheinc. 79 von nichts anderem als der neutra-
^' usw. wem denn zugestehen, wenn nicht mir? hat denn hier
jeBmd ausser mir etwas behauptet? es ist also ganz unmöglich zu
bettieiften, dasz 8. in seinen obigen werten den faU setzt meine
bebnptong zuzugestehen, und vergeblich ist seine berufung auf eine
Mien stelle seiner rec, aus der hervorgehe dasz nicht ich jene be-
Inoptong gethan haben könne, man musz anders schlieszen, und
der für 8. am wenigsten ungünstige schlusz ist der, dasz sein wider-
^^Srmgseifer und mangel an Unbefangenheit ihn hier in Verwirrung
nntfaen liesz. statt nun den argen irrtum zuzugestehen, fordert er
Qieli lor richtigen deutung seiner worte auf. er gibt einen
^k, wie das geschehen solle; er sagt nemlioh (s. 850 oben): 'ich
^Atte der behauptung Junghahns gegenüber, hier hätten wir es mit
caem unlQabaren Widerspruch zu thun, nachgewiesen, dasz von
^aem solchen selbst dann keine rede sei, wenn im vorhergehen -
den wirididi blosz von der neutralität der Kamarinäer die rede
*tre.' jetzt ist das unbequeme ^zugestehen' verschwunden, und
400 EAJunghahn: stadien sa Thokydidea.
statt ^in c. 79' sagt er jetzt *im vorhergehenden', nun ist das streit-
object beseitigt , aber wol nur dem unaufmerksamen leser dürfte es
entgehen, dasz Sörgel ohne diese änderung seiner ar*
sprtlnglichen, unzweideutigen worte überhaupt keine
entgegnung auf meine beschwerde über diesen punot
hfitte versuchen können, es ist gewis noch ganz sachlich, wenn
ich auf diese art richtiger deutung aufinerksam mache.
Auch was er zu Thuk. I 70 5 6 sagt, kann nur mit betiebnng
auf mich verstanden werden, seine eigenen worte sind (rec. s. 345):
'aber von einem lobe der demokratie ist hier nirgends die rede, und
ist denn die gepriesene eigenschaft, wonadi die Athener leib und
leben unbedenklich dem Staate opfern, blosz bei einer demokratischen
Verfassung denkbar?' der erste der beiden sfttze kann sich nur
auf mich beziehen, da niemand auszer mir behauptet hat, jene
stelle aus Thuk. enthalte ein lob der demokratie; also müssen auch
die unmittelbar sich anschlieszenden worte so verstanden werden,
dasz meine ansieht widerlegt wird, und es ist ja auch von sonnt
jemandes ansieht in diesem abschnitte (bis s. 346 mitte) keine rede,
daher halte ich auch hier den ganzen Vorwurf aufrecht und richte an
Sörgel die frage: wie soll man es verstehen, dasz er angesichts &u
klarer thatsachen behauptet, es sei eine irrtümliche nnd willkürliche
meinung von mir, dasz die besprochenen ausstellungen sich auf mich
beziehen?
Endlich bemerke ich noch folgendes. Sörgels behauptung, di82
ich erkl&rt habe, Classens auffassung von I 70 ^ 6 sei nicht richtig,
ist ganz unbegreiflich, ich habe mich der auffassung Classens als
der einzig richtigen ganz eng angeschlossen, weil in ihr oIkcToc in
der hier einzig möglichen bedeutung 'eigen' gefaszt ist (deutongen
wie die Sörgels, nach der oiKeToc =» 'wertvoll' ist, sind gar keiner
beachtung wert), dasz ich aber Classens deutung der stelle zu
gründe legte, ersieht man aus s. 666 meiner ersten arbeit (von den
werten an: 'ich gebe die Übersetzung'), meine ganze argumentation
beruht ja gerade darauf, dasz man die stelle nicht anders deuten
könne, und dasz sie darum nicht in diesen Zusammenhang gebfire.
erst durch die letztere behauptung entferne ich mich von Clsssen.
so ist also die obige behauptung Sörgels gefallen, und mit ibr tu*
sammen flQlt auch alles was er aus derselben zu seinen gunaten folgert
Die anderen von S. vermiszten beweise für meine behanptong.
dasz er mir falsche meinungen aufgebürdet habe und gegen diesel-
ben polemisiere, kann ich wegen mangels an räum jetzt nicht bin*
zufügen ; sie sind aber nach dem obigen auch entbehrlich, aus eben
jenem gründe musz ich die beleuchtung seiner von mir noch nicht
besprodienen urteile über meine arbeit für jetzt aussetzen, nur seine
disputation über Thuk. 11 35 u. 45 (reo. s. 359) will ich sogleich
behandeln, weil hier seine charakterisüsohe beweisfühnmgam deut-
lichsten erscheint, und zugleich auch eine von mir in meiner entgeg-
nung über seine recension ausgesprochene behauptung erwiesen winL
EAJunghahn: Stadien zu Thukydide». 401
P«rikle8 sagt in der leicbenrede 11 35, es gebe zahörer, die aus
seid ia das den toten gespendete' lob des redners niebt einstammen ;
wdter onten, 11 45, sagt er in ebenderselben rede, der neid treffe
kbade, die toten aber sei jedermann gewohnt zu loben, und man
ehre sie mit eifersuchtslosem wolwollen. diese beiden Snszemngen
in einer und derselben rede erklSre ich fdr nicht wol vereinbar,
wenn auch der widersprach unerheblich ist und entschuldigt werden
kum. S^rgel aber bestreitet das Vorhandensein eines widerspnichs
flberiisapt. zn II 45 bemerkt er, Mer ausdruck töv oOk dvra fitrac
ciu^ inaiv€iv lasse erkennen, dasz der redner von einer regel
«piedie, die aasnahmen zulasse ; das wort jeder dttrfe nicht so sehr
betont werden.' hiermit hätte ja 8. seinen zweck erreicht: denn
diese einzelnen neider mögen ja gerade diejenigen sein, die Perikles
n 35 meint, dagegen habe ich nur dies einzuwenden, dasz Perikles
sieh, nach dem Wortlaute des teztes, diesen neid nicht so gar ver-
einxelt denkt, und dasz in 11 45 in den Worten 'lebende trifft der
Mid, aber die toten werden mit eifersuchtslosem wolwollen geehrt'
der zweite satz offenbar ganz gleichbedeutend ist mit dem gedanken
'tote trifft kein neid.' aber abgesehen davon, wodurch hat denn 8.
den Ton mir behaupteten widersprach beseitigt? offenbar dadurch
dm er &Trac zu betonen verbietet, wie ist es möglich ärrac, die
Terstirkung von vröc, zu schwächen? wenn aber fiTtac unter
tUen umständen seine starke bedeutung behalten musz, so durfte
S. tidi auch nicht auf cTuiOc als auf das die ausnähme zulassende
'pAcgen' berufen, sondern dies heiszt, wie oft (zb. 1 140, 1), *es ge-
^itmr gewobnheit, zum wesen.'
% kommt aber noch viel schlimmer' (reo. s. 354, wo Sörgel
sehr nr unaeit diesen klagemf über mich erhebt), der reo. nemlieh
wollte mich sehr grOndlich widerlegen und untersuchte auch die
ttdere seite des nach seiner meinung doch schon beseitigten wider-
tpnidies, und dabei stellt er den durch seine auslegung der- ersten
iteDe Ar beseitigt gehaltenen Widerspruch wieder her, ohne es zu
iMflen. dieser verstosz gegen die elementa logices wird aus folgen-
dem «sichtlich werden, während ich ans den Worten des redners
n 35, nemlieh dasz einige zuhörer aus neid das den toten gespendete
lob on^äobig aufnehmen, dieses heraushöre, dasz sogar die toten vom
>side getroffen werden, erklärt Sörgel sehr entschieden: *das hat
'^^ok, gar nicht gesagt; kein mensch, und am wenigsten ein neidi-
*^f beneidet die toten.' nicht? aber 8. hatte doch kurz vorher
Jttsgt dasz, wenn auch in der regel jeder die toten lobe, * einzelne
Btider nicht ausgeschlossen seien.' das war 6in widersprach.
'^ et konunt noch viel schlimmer.' wie gelangt nemlieh 8. zu der
*>ticfaiedenen behauptung, dasz von einem neide gegen die toten
^t die rede sei, wtiirend der redner es doch unzweideutig und wie-
^«Mt ansspricht (vo^keiev &v irXeovdCecOat, biä (pOövov, femer
^^ovcuvTCC dniCTOÖctv)? hatte der redner ttberhaupt eine veran-
^^■nag vom neide zn sprechen, wenn er nicht den gegen die toten
li> dMS. philol. 1879 hfl. 6 o. S. 26
402 EAJnnghahn: studien zu Thukydides.
wegen des gespendeten lobes gerichteten neid meinte? oder kann
man sich gar einen neid ganz ohne object denken? solchen fragen
will S. in der erklärung vorbeugen , welche er seiner behauptung,
dasz niemand die toten beneide, beigibt, diese merkwürdige erklä-
rung lautet: *oben ist nur gesagt, wie es komme dasz man die lol)-
sprüche eines redners — und zwar ganz im allgemeinen und nickt
blosz mit beziehung auf die vorliegenden toten — so gern der
Übertreibung beschuldige, weil nemlich der neidische zuhörer die
lobsprüche, von denen er gestehen musz dasz sie ihm nicht zukämen,
als blosze Übertreibungen , also auch den toten eigentlich nicht zu-
kommend, betrachte.' also 'lobsprüche nicht blosz mit beziehung
auf die vorliegenden toten'! mithin erkennt S. diese bezieh ang
dock als vorhanden an, und auch den neidischen^ und zwar
gegenüber dem den toten gespendeten lobe neidischen zuhörer
erkennt er an, unmittelbar nachdem er behauptet hat dasz niemand
tote beneide, das ist also der zweite grobe Widerspruch, in di?n
sich S. verwickelt bei dem versuche einen unerheblichen widersprucl
aus dem werke des Thuk. hinwegzuschaffen, übrigens ist der reiche
gedankeninhalt der oben citierten Sätze Sörgels noch nicht erschöptt
es ist sicherlich ein geistreiches wort von ihm, dasz niemand ilic
toten beneide, während ich doch gemeint habe, dasz sie um den rühm
beneidet werden, nicht um das totsein (aber auch das letztere hr/
unter umständen sinn), viel geistreicher ist noch die erklfirunj.
dasz 'man die lobsprüche eines redners so gern der Übertrei-
bung beschuldige, weil nemlich der neidische zuhörer die lob-
sprüche.. als blosze Übertreibungen ..betrachte.' der logisch'.
Zirkel ist ein vollständiger, da ja auch die beiden subjecte ^man' an.i
'neidische zuhörer' sich genau decken, der zusatz 'also auch dt>i
toten eigentlich nicht zukommend' ändert natürlich an der sach-
nichts, da er nur eine tautologie von 'Übertreibungen' ist.
So haben wir denn in Sörgels disputation über II 35 und 4.'
eine merkwürdige leistung vor uns, indem er uns hier auf knappen^
räume recht viel von seiner logik zusammengedrängt hat das i?^
bei einem recensenten besonders dankenswert; man hat nun s^H
fort eine meinnng üb^r den wert seiner urteile, sollte aber jenv.i
inhaltreicbste seiner sätze auch noch einen psychologischen Ui'}\
haben und in diesem etwa der aufschlusz liegen über seine behaup j
tung, dasz von einem neide gegen die toten keine rede sei? in ur-J
sem falle brauchte ich mich auf die Psychologie des neides gar nicb
einzulassen, sollte S. wirklich gemeint hab^, ein nkht gebühren
des lob errege keinen neid, so würde ich dieses nur durch einfacher
hinweis auf die alltäglichen thatsachen bestreiten.
Diese ausführungen dürften wol hinreichend sein, um me;r
über die recension ausgesprochenes urteil aufrecht zu erhalten.
Berlin. Emil August Jumohahn.
ChCron: zu Platons apologie [c. 18 s. 30*']. 403
(19.)
ZU PLATONS APOLOGIE.
seodschreiben an hm. dr. Heinrich Uhle in Dresden.
Ihr anfsatz oben 9. 105 — 109 kam mir gerade zu rechter zeit
IQ, am Ihnen gelegenheit zu geben » mir denselben dienst zu er«
weisen, den Sokratea nach seiner behauptung den Athenern erwies,
dem wenn das bild, das Sokrates auf diese anwendet, insofern nicht
uf mich passt, als nicht die grösze schuld an meiner zunehmenden
M^eit ist, 80 dürfte ich ja nur an stelle jener das alter setzen und
^ Tergleich wftre auch für mich zutreffend, in der that hat es seine
roDe riditigkeit : je älter ich werde, um so weniger habe ich lust jeden
aalasz zu benutzen, um über fragen, die mich unmittelbar angehen
ud der besprechung würdig sind, meine ansieht auszusprechen, es
Ittt nch dadurch ein reicher stoff zu erOrterungen gesammelt, ich
fflosz es dahingestellt sein lassen, ob zeit und gelegenheit kommt,
um zu einer schriftlichen darlegung auszuarbeiten. Ihr aufsatz aber
vennlaszt mich von dieser tadelnswerten neigung zum hinausschie-
ben eine ausnähme zu machen , um nicht das sprüchwort 'qui tacet
coBsentire yidetur* auf mich angewendet zu sehen, das könnte mir
^ 80 eher begegnen, als Ihre erörterung so vortrefflich ist, dasz
g«vi8 Tiele leser, vielleicht auch solche die früher anderer meinung
wtren, Ihnen beistimmen werden, hat ja doch nicht viel gefehlt, so
iAttea Sie mich selbst überzeugt, da dies aber doch schlieszlich
nicht gesehefaen ist, so fühle ich mich getrieben den versuch zu
v^en, Sie, hochgeehrter herr coUega, zu meiner ansieht zu be-
itelffea. ich fühle wol die Schwierigkeit dieser aufgäbe und gebe
auch keiner übertriebenen hoffhung hin, möchte es aber doch nicht
3iierlaMen sowol Ihnen als auch einem lieben und um seiner ge-
idmamkeit willen besonders hochgeschätzten freunde, der mir kürz-
lich dieselbe ansieht, welche Sie in Ihrem aufsatze vertreten, brief-
lich aoigeaproehen hat, die gründe darzulegen, die mich bestimmen
u aeiner anfiGi^ung der stelle auch jetzt noch, nachdem die ent-
gcgoigeeetKte von zwei seiten so wirksam empfohlen worden ist,
&vtnlialten. dasz ich sie nicht ohne reifliche Überlegung angenom-
iMn habe, m9gen Sie daraus schlieszen, dasz ich in dem ersten ent-
wf der anmerkungen ebenfalls der deutung des ^liujqi als ^bremse'
den Tonug gegeben hatte, dann aber bei wiederholter erwägung der
'•^iderseita geltend gemachten gründe mich schlieszlich doch fUr die
ttdere bedeutnng des wertes entschied, ich weisz nicht ob Ihnen
keine ^kritischen und exegetischen bemerkungen zu Piatons apo-
^gie, Eriton und Ladies*, welche aus dem fünften supplementbande
^•^«er Jahrbücher 1864 besonders ausgegeben wurden, zu geeichte
Ttkommen sind, da es mir nun aber offenbar nicht gelungen ist, so
^«atichtige kenner, wie die beiden neuesten bekämpfer dieser an-
26*
404 ChCron: zu Piatons apologie [c. 18 8. 30'].
sieht sind, zu überzeugen, so will ich versuchen sie auf einem andern
wege besser zu begründen.
Am richtigsten geht man wol Ton einer analjse des Wort-
lautes aus. lassen wir einmal die fraglichen worte von Acirep bis
uirö fiuuJTtöc Ttvoc ganz aus dem spiele — und wir können es, ohne
an der rede etwas bedeutendes zu ändern oder den sinn der stalle
zu gefährden — deutet dann irgend ein wort oder eine wendong
darauf hin, dasz sich Sokrates unter dem bilde einer bremse oder
eines andern den^gen thieres denke? zuerst begegnet uns irpocicä-
fi€VOV. kann man das nur von einem thier, insbesondere von einen
solchen thiere , das hergeflogen kommt und sich einem auf den leib
setzt, sagen? gewis nicht: denn es wird wol ungleich öfter tob
menschen gebraucht, die einem zusetzen, auf dem nacken sitzen,
einen bedrängen mit angriffen aller art; und wenn man es noch be-
sonders als perfect des passivs von 7rpocTi6^vai faszt, so heiszt es
^zugeteilt, beigegeben sein', wie das activ gleich darauf gebnucht
wird , ohne dasz Sokrates oder die stadt im geringsten bildlich aaf-
gefaszt wird, die folgenden worte öc ö^fic tfüfmjv Kai iT€i6u)V Kai
öveib(2Iuiv Iva iKacrov oöb^v naOo^ai schlieszen nun gar alle bild-
liche bezeichnung aus. dadurch fällt auch der anlasz weg, bei den
nächsten werten ti\v f|]Li^pav ÖXr^v irovraxoO iTpocKa6iZu)v, die sich
eher noch der gewählten bildlichen Vorstellung fügten und von den
gOnnem der bremse besonders betont werden, aber doch bei ge-
nauerer erwägung wegen des beigefügten Tf|V f)^^pav dXriv weniger
dafür sprechen, an ein solches geflügeltes insect zu denken, dsder
ausdruck doch jedenfalls auch von menschen, und zwar wol ungleich
häufiger in sehr verschiedenen Wendungen und Verbindungen ge*
braudit wird, der folgende mit toioOtoc beginnende satz ist aucb
rein persönlich auf Sokrates bezogen, in dem folgenden satze tritt
zwar der bildliche ausdruck wieder deutlich hervor, aber, wie Si«
selbst anerkennen und trefflich nachgewiesen haben, ein andere:
bild als das ursprüngliche vom pferde ; es sind mensdien, die im be*
griffe sind einzuschlafen und, wenn man sie darin stört, ärgerlich
werden, ob KpoiicavTCC noch zu diesem bilde gehört oder nicht
mag vorläufig unentschieden bleiben; das wort selbst, welches be-
kanntlich Hermann, ohne viel beistimmung gefunden zu haben, in
öpoOcavTCC verwandelte, nötigt nicht dazu: denn seine anwendung
ist keineswegs auf schlaftrunkene zu beschränken, sondern kommt in
seinen verschiedenen beziehungen wol am meisten mit dem lateini-
schen pukare überein, das in der anwendung auf menschen in acti-
vem und passivem sinne nicht selten mit verberare verbanden wird
und leicht die bedeutung einer schmählichen behandlang annimt.
wie in dem Yergilischen ptdsatusve parens. auf die bremse aber
deutet kein einziges wort mit notwendigkeit. man könnte auch hier
die vergleichung herausnehmen, ohne den sinn und ausdrack im ge-
ringsten zu gefäirden.
Ueberblicken wir also diese fünfzehn zeüen, um die es sich
ChCron: sa Platons apologie [c 18 8. 30*]. 40Ö
kasdelt, so haben wir nach meiner auffassung eine rede, die nach
SokxBtbcher weise dnrch zwei vergleichangen belebt und anschau-
lich gemaoht wird, nach Ihrer auffassong haben wir ein halb darch-
gdUortes, ein halb verlassenes und in anderer weise wieder aufge-
BOBoneMS bild. durchgeftthrt ist nach Ihrer ansieht die verglei-
ehuig des Bokrates mit einer bremse, die Sie von drexvcAc an big
o)6ofi€VOC ö^iliv in der darstellung fiberall hervortreten sehen; dar
gegen ist die vergleichnng mit dem edlen rosse, das einer erweokung
bidirf, allmfthlidi in das andere bUd der einschlafenden menschen
tislbeigeleitet. ich gestehe dasz ich schon an dieser halbheit eines
diRkgefOhrtan nnd nicht dorchgeftihrten gleichnisses, das uns jeden-
iUls kein aasgemaltes bild gewinnen Ifiszt, anstosz nehme« doch
viU ich davon vorerst absehen, um zunächst Ihre positiven und
BQgstiven grflnde genauer zu besehen und ihre beweiskraft zu prfi-
fen. einig sind wir beide in der annähme, dasz ^uu)i|i sowol ^bremse'
ü$ 'epom' bedeutet, was die grundbedeutong ist und ob das wort
ovprönglidi mit ^uTo zusammenhängt, weisz ich nicht, da OCurtius
<b etjmon nicht angibt, es thut dies auch nichts zur sache, da es
tt^ ja doch nur um den gebrauch handelt, der feststeht, um nun
die dem Zusammenhang angemessenste bedeutung zu ermitteln, mache
idsofdas bco^^vtp ^TcipccOai aufmerksam, da ich glaube dasz
dieeer ausdruck besser zu dem sporn als zu der bremse passt, die
wol nach menachlidher und, wenn es erlaubt ist dies zu sagen, pferd-
ii^er aufEwanng nicht zu den erforderlichen und zweckdienlichen
erveeknagsmitteln gehOrt Sie sagen, gerade der sporn ist hier
ucfct m platze, da kaum ein abgetriebener miethgaul, geschweige
den ein edles ros unter dem reiter einschläft; und ^T^ipciv darf
iBtt meht im sinne von 'ermuntern' oder 'antreiben' verstehen, son-
^ et heisxt stets nur 'ans dem schlafe wecken', doch auch Ihre
^noM weckt das edle ros nicht eigentlich aus dem schlafe, sen-
den kindot es nur einzuschlafen, doch mag das immerhin kein
K grosser unterschied sein, ich will es vorläufig zugeben, möchte
>W dodi auf den vers 20 in den Werken und Tagen des Hesiodos
lofacrksam machen, wo von der droOfi ''Epic gesagt wird: f\fT€. Kai
M^liv ncp 6}iwc difl £pTOV it^ipci, dh. nicht aus dem schlafe
veckt, londern zur thätigkeit antreibt, ich glaube dasz die wähl des
*«tBs durch die sache selbst, welche durch das bild anschaulich
feaa^t werden soll, bestimmt worden ist. das folgende 5c ö^fic
tnipurv oöö^ 11 aüoMai hat schon auf das beoM^vip It^ipccdai ein-
gewirkt; und da Bokrates auch von sich dieses wort und von den
AUeneni das KoSeubeiv nicht im ganz eigentlichen sinne gebraucht,
^ bnuefat er es auch nicht bei dem rosse gerade im allerstrengsten
*^ae, dem auch Ihre auffassung nicht genfigt, anzuwenden, um
2A jeder ungehörigen ausdeutung des bildes, an die Stallbaum bei
«aer bekämpfung dieser auffassung sich hält, vorzubeugen, habe
'^ bemerkt dasz man den gedanken an den reiter fem halten mfisse.
'^A sind Bun zwar damit einverstanden, dasz ich nicht mit Koenig-
406 ChCron: zu Platons apologie [c. 18 s. 80*].
hoff den Sokrates als den reiter betrachte, glauben aber dasz, wenn
von pferd und sporn die rede ist, man auch an den reiter denken
müsse, ich sage : wenn man daran denken will, wenn man auch den
reiter ins äuge fassen will, oder sollte es nicht erlaubt sein, Ton
einem unartigen kinde zu sagen, es brauche die ruthe , ohne gerade
notwendig an den zu denken , der sie in anwendung bringt? es ist
dies ja wol selbstverständlich der vater oder die mutter, aber meine
betrachtung lenkt sich eben jetzt nur auf das ungezogene kind, das
von zeit zu zeit einer Züchtigung bedürfte, übrigens kommt hier
noch etwas anderes in betracht, auf das Ihre bemerkung von selbst
hinleitct, nemlich das Tivöc nach ^OujTroc. ich habe in der oben
angeführten erörterung auf dasselbe hingewiesen mit der beifügung.
dasz die Verteidiger der andern ansieht von diesem tivÖc für ihren
zweck bstten gebrauch machen kOnnen. Sie thun dies nun und W-
haupten dasz, wenn man an die bedeutung 'sporn' denke, es niclii
ijiTÖ ^uujTTÖc Tivoc heiszcu kGnne, sondern und toG ^uujitoc
heiszen müsse, da nicht eine art sporn, sondern nur der sporn gtr
dacht werden könne, dagegen erkläre sich bei der andern bedeu-
tung das unbestimmte pronomen ganz ungezwungen: fiiiwip Tic
heisze eine art bremse, so etwas wie eine bremse, dh. es braucht
nicht eben dieses thier zu sein, welches ^uujip genannt wird, siu-
dern ebenso gut könne es auch eine fliege oder mücke , irgend ein
fliegendes oder stechendes insect sein, ich nehme diese erklftrung
wortwörtlich an und übertrage sie nur auf die andere bedeutun^^
warum sollte es, wenn man von dem reiter absieht, nicht erlaubt
sein auch an etwas anderes als den sporn im engem sinne zu den-
ken? dient denn ein ros nur zum reiten, nicht auch zum fahren r
und braucht der wagenlenker nicht auch so etwas « wie der spcm
ist, etwa einen stachelstab oder eine peitsche? in letzterra sinne
wird ohnedies fiuuiip auch von einigen gefaszt, wie aus dem Thesau-
rus von HStephanus zu ersehen ist.
Doch, sagen Sie, wo bleibt das lächerliche, das spaszhafteV hier
kommen wir nun freilich auf das gebiet des geschmackes , über wel
chen sich bekanntlich nicht streiten läszt. ich mute Ihnen nicht zu
mit mir in diesem puncte übereinzustinunen, sondern lade Sie nui
ein mit mir zu beachten, was der Athener nach maszgabe dinier
stelle alles lächerlich finden mochte, sehen wir zuvörderst auf die
Stellung dieses sätzchens, so musz man wol annehmen dasi der
Athener schon das iTpocK€i^€VOV T^ iTÖX€i lächerlich finden konntv.
Sokrates, der sich den Athenern eben als ein geschenk der gottL»'
dargestellt hat, sagt nun selbst, dasz er der stadt anli^, auf de::.
nacken sitzt, wobei sich der gedanke einer belästigung unabweL«-
lieh aufdrängt; der contrast wirkt aber immer lächerlich; und zwi.
der Stadt auf dem nacken sitzt, die noch überdies mit einem euAS
aber wegen seiner grösze etwas trägen rosse verglichen wird, «i^^
noch überdies eines zuchtmittels — darüber sind wir einverstandvc,
heisze es sporn oder bremse — bedarf zur erweckung. dieseb bat
ChCron: za Platona apologie [c. 18 s. 30^]. 407
Don wol alles auch seine ernsthafte seite, und ich leugne nicht dasz
TOB ernsthafteren Deutschen, denen zumal in gegenwärtigen zeit-
ISnften das lachen wol vergehen könnte, der ernst mehr einleuchten
mag. indessen ist das €l xal T^XoiÖTcpov €iiT€iv zunächst ein aus-
dnick der entschuldigung, wie das etwas weiter unten (32 ') ange-
wandte ci ^f) äTpoiKÖT€pov fjv €iiT€iv, wodurch der starke ausdruck
ön i^o\ 6iovdTOU fi^v ^ik^i ovb* önoOv entschuldigt wird, hier
nad im Gorgias 509 * raOra . . xar^x^Tai Kai b^berat, Kai ei dtpoi-
Kirepdv ti cIttcTv £cti, cibripoic Kai äbaMavTivotc Xötoic würden
kuffl die wegen ihrer hOflichkeit mit recht gerahmten Sachsen , ge-
sdnreige denn wir groben Bayern irgend etwas bäurisches , das der
«fltfichaldigung bedarf, finden, da mttste wenigstens in der ersten
ftelle ein ungleich derberer ausdruck stehen, etwa ^dasz ich mich
UD den tod keinen pfifferling kümmere.' wie nahe das lächerliche
und bäurische an einander grenzen, das mag man aus vielen witzen
alter ond neuer zeit abnehmen, die Athener hatten aber in ihrer
komOdie eine rechte schule des lächerlichen und mochten daher leicht
fthig und geneigt sein allem eine lächerliche seite abzugewinnen.
ob Sokrates bei seiner entschuldigung auch noch das folgende mit
«imchlusz der zweiten vergleichung mit den einschlafenden bereits
im ahme hatte, wage ich nicht zu entscheiden, jedenfalls hatten Sie
recht die abschwächung des ^lächerlich' in ^sonderbar' mir nicht
doiebgehen zu lassen, ein gnmd zu derselben war nicht vorhanden.
Sie wollen übrigens vwOecT^pqi nicht nach der erklärung des
Soidis gleich ßpabuT^pui verstanden wissen, sondern fassen das
wort im sinne von ^träge, der regsamkeit und schneidigkeit erman-
i^\ also schneidiger sollten die Athener sein? diese ermahnung
möcbte eher in dem munde des Demosthenes als des Sokrates ange-
messen sein und würde überhaupt nicht wol durch die vergleichung
Bit einem rosse , möchte man sich dieses auch als schlachtros den-
ken, ausdrücken lassen. Sie malen nun das bild, wie Sie sich es
denken, folgendermaszen aus: 'unser edles ros liegt da in behag-
ü^r ruhe, die man auch etwa trägheit nennen kann' — also wol,
venu man das an sich unschuldige vergnügen mit misgünstigen
vigen ansieht — ^vielleicht auf einer grasreichen wiese, wo es sich
gfitlich gethan hat, und würde jedenfalls gemächlich einschlafen,
*^enB es nicht immer wieder geweckt würde von einer fatalen
bremse, die sich bald hier bald da ihm ansetzt.' Sie fragen nun,
naefadem Sie noch den Sokrates für diese bremse erklärt und auf
die angemessenheit der einzelnen ausdrücke aufmerksam gemacht
taben: ^ist das nicht ein treffendes und zugleich spaszhaftes bild?'
^ m9chte ich antworten: weder das eine noch das andere, denn
ditae pferdebremse erinnert mich an die ochsenbremse, den oTcrpoc,
vefeher die unglückliche lo durch land und meer verfolgt so
«ehlimm geht es nun unserm edlen rosse nicht, aber eine wol-
thltige gottheit war es auch nicht, welche ihm die bremse zuschickt,
^ fis 80 grausamlich in seiner ruhe stCrt und zwar ohne allen zweck.
408 ChCron: zn Platons apologie [c. 18 b. 30*].
denn warum soll das ros, das sich sattgefressen hat, niohtmhig ver-
dauen? es hat offenbar nichts zu thun, es ist nicht säumig in seinem
herufe. ^es ist nun jedenfalls ein übelstand in Ihrer auffassung.
denn gerade dies, dasz es seine Schuldigkeit nicht thut, sollte der
angelpunct der ganzen vergleichung sein. Sie fühlen das selbst und
deuten in der artig erdichteten fabel darauf hin. was Sie uns aber
hier erzählen, lautet zwar recht schön, leuchtet mir aber nicht gsnz
ein. Sie sagen : 'träge lag es da (das edle ros) und ergab sich dem
Schlummer, da schickte ihm die gottheit, die es dauerte, eine bremse
auf den hals, welche es umschwärmte und erweckte, um es seiner
hohem bestimmung zurückzugeben.' sonderbares miüeid, welches
das edle thier keinen augenblick schlummern lassen will — denn
so müssen wir es wol denken in Übereinstimmung mit dem {rtthem
'es w]ürde jedenfalls gemächlich einschlafen' — und zu diesem zweck
ihm eine bremse auf den hals schickt! was bewirkt diese? 'sie gibt
es seiner hohem bestimmung wieder.' und worin besteht diese?
doch wol auÜEuspringen und weiter zu grasen oder umherzulaufen?
das würde es wol aus freien stücken auch gethan haben und ohne
bremse besser thun als mit der bremse, mir ist überhaupt dieses
behagliche daliegen etwas bedenklich, ich verstehe zwar nichts von
pferden und pferdeangelegenheiten; aber auf früheren faszreisen und
bei gelegentlichem limdaufenthalte habe ich zwar schon oft pferde
frei grasen, aber, so viel ich mich erinnere — beschwören will ich
es nicht — noch keines ruhig daliegen sehen, und so viel ich weisi,
stehen diese thiere, selbst die abgetriebenen miethgäule, tag ond
nacht in ihren stallen und ruhen stehend aus. sie untersoheiden sich
dadurch in bemerkenswerter weise von dem rindrieh, den ochsen
und kühen, die es bekanntlich lieben liejgfend ihr geschäft des Wieder-
kauens zu yerrichten. doch will ich um so weniger die zoologische
schraube hier anlegen, da ich, wie leicht zu merken, selbst blutwenig
von Zoologie verstehe und Sie die angelegenheit auf das gebiet der
fabeldichtung hinübergespielt haben, auf welchem bekanntlich ein
komfressendes füchslein geschützt und ein jagdliebender esel geduldet
ist so könnten wir uns etwa dahin vergleichen , dasz um des lebr-
zweckes, will sagen um der anwendung auf die Athener willen ich
mir Ihr in behaglicher ruhe daliegendes ros gefallen lasse, Sie da-
gegen mit dem durch sporn oder peitsche zu erweckenden rosse nicht
gar zu streng ins gericht gehen, doch was nun weiter? denn am
ende sind wir offenbar noch nicht, was thut nun die bremse, nach-
dem das ros aufgesprungen? beunruhigt sie das edle thier weiter
oder verläszt sie es wieder, nachdem sie es aus dem sohlummer er-
weckt oder vor dem einschlafen behütet hat? wenn sie letsteres
thut, so gleicht sie doch wieder wenig dem Sokrates, welcher von
sich sagt: ovbky irauofiai Tf|v i\\xipay öXtiv irovraxoO npocKodi-
Ziuv. thut sie ersteres, so gleicht sie eben dodh wieder jenem olcrpoc,
welchen die boshafte Hera der unglücklichen lo zum begleitet ge-
geben hat. sie wird zu einem bloszen quälgeist, in dem man nicht
ChCron: sa Piatons apologie [c. 18 b. dO^j. 409
o^ d«8 gesohenk einer woltfafttigen gotiheit erkennen kann, und
fkasen wir auch das irovTOXoO ins ange, das für die unermüdliche
ttitigkeit des fiberall, auf markt und strasMU, in werkstfttten und
liagicbalen und gymnasien mit bürgern und fremden gesprftche an-
kafipfenden Sokrates so charakteristisch ist^ so wird Ihre bremse das
plBrd xwar nicht, wie jener oTcrpoc die kuh, über land und meer
varfdgen, wol aber in den stall und an dem wagen und unter dem
mter. und da mCchte gerade jetzt, wo das edle thier von der fata-
kl bromse überall umschwärmt wird, selbst sporn und peitsche,
Mfieh ohne sein y erschulden, nur in folge des gesohenkes der
mitUdigen gottheit, ihm nicht erspart werden künnen. da wäre es
imt kein wunder, wenn der andere ausgang Ihrer fabel, den Sie
ittbt antreten lassen wollen, doch einträte, dieser nicht beliebte
kUosx lautet: 'das ros aber wollte es nicht leiden' — wir werden
es also wol noch auf der wiese zu denken haben — 'und schlug die
branse tot, und so brachte es sein weiteres leben in schläfrigem
BflsDggange hin und entartete.' dieses pferd scheint also keinen
qgcntümer zu haben, der es, wenn es nicht von selbst zum stalle
kMunt, schon abholen und also auch wol an den wagen spannen
oder als reiter besteigen würde, es lebt also wol noch in der frei-
hat der Wildnis, 'auf den kiessteppen und weideflächen Central-
asiais, dem tummelplatz der stürme', wohin uns Victor Hehn in
dem abschnitt über das pferd auf s. 21 seines schGnen Werkes über
'ealtupflanzen und hausthiere in ihrem Übergang aus Asien nach
Oneehenland und Italien sowie in das übrige Europa' führt, diese
wfideilchen mögen nun freilich wenig ähnlichkeit haben mit Ihrer
'gnmehen wiese', an jenen Urzustand dürften wir übrigens schon
om der entartung willen nicht denken, also nicht ein 'tarpan', son-
doa eine art 'musin' würde Ihr entartetes ros werden, glücklicher-
weise wird 08 vor dieeem Schicksal durch die bremse bewahrt und
dei&it 'seiner hohem bestimmung' zurückgegeben, da wir es also
wol nieht im wilden oder verwilderten zustand denken dürfen und
teiae hAere bestimmung wol auch nicht darin bestehen kann, impier
auf der wiese zu bleiben und zu grasen, was mit dem quälthier zur
scits sock nichts gerade sehr angenehmes wäre und ohne dasselbe
leieU wieder zu dem verwerflichen einschlafen führen kannte, so
Verden wir es eben doch wieder zu den Wohnungen der menschen,
n seinem eigentümer zurückkehren lassen müssen und jetzt erst
uA seiner hühem bestimmung fragen können, diese kann nun wol
ii aidbta aaderm bestehen als darin, dem menschen zu dienen, sei
« tum reiten sei es zum fahren, und wenn man seine höchste leistung
Oi enge &sst, so war es wol die, seine schlachten mit ihm zu kämpfen
od, bei den Hellenen insbesondere, in den mancherlei local- und
MiioMlspielen als renner in verschiedenen arten des wettkampfes
sck und aebem besitzer und der stadt, der letzterer als bürger an-
gakflrte, mhm und preis zu erwerben, und so sind wir denn doch
mit derselben zwingenden notwendigkeit, die Sie mir gleich
410 ChCron: zu Piatons apolog^ie [c. 18 8. 30'].
auf dei* ersten seile Ihres aufsatzes als Oorgoschild entgegesbalteii,
9U dem reiter und wagenlenker und damit auch zu dem sporn und
der peitsche zurückgekommen, denen das edle res, wenn es seine
höhere bestimmung erfflllen soll , und wir mit ihm in keiner weise
entrinnen können, wir können es auch darum nicht, weil sonst, wie
schon oben angedeutet worden , die ganze vergleichung ihres angel-
punctes entbehrte, dieser kann nur darin liegen dasz, wie das pferd
im dienste des menschen steht und in -diesem seine Schuldigkeit zu
thun hat und, wenn es in seiner thKtigkeit erlahmt, durch zucht-
mittel angetrieben oder erweckt wird, so auch der mensch im dienst
eines höhern herm steht und , wenn er oder vielmehr das athenische
Yolk in diesem dienst aus trSgheit oder weltlust — Sie erlauben wol
dasz ich mit diesem wort alles zusammenfasse, was von 29^ bis 30'
angedeutet wird — erlahmt, durch die wolthätige ftlrsorge einer
der Stadt freundlich gesinnten gottheit einen wecker und mahner
in der person des Sokrates hat, der alle anderen lebensinteressen,
welche sonst die menschen in anspruch nehmen, bei seite setzt, um
seinem seelsorgerlichen berufe, der ihm durch die gottheit aufge-
tragen worden ist, nachzugehen.
Leicht werden wir uns über das uttö toC Oeou nach irpocxei-
fi€VOV TT) iTÖXei verständigen, ich habe die worte erst in den spä-
teren auflagen eingeklammert, weil ich das T^XoTov besser in dem
7Tp0CK€i|Li€V0V Tf| TTÖXci mit der folgenden vergleichung ausgedrückt
fand und die erwähnung des gottes hier um so weniger am platze
schien, als die Vorstellung der göttlichen Veranstaltung ohnedies
schon durch das vorhergehende Tf)V ToO 0€oO böciv ö^tv in dem
leser angeregt war und gleich darauf in besonders nachdrücklicher
weise ausgesprochen wird, auch läszt sich eben aus dieser doppelten
erwähnung die beifügung einer solchen randbemerkung leicht den-
ken, da nun aber die Verbindung an sich ganz spracbgemSsz ist.
wie sie denn auch ausdrücklich von mir als solche anerkannt wird,
und die hauptsache davon ganz unberührt bleibt, so gebe ich Ihnen
den.beisatz gern zu und betrachte die frage als eine solche, die durch
überzeugende gründe kaum zu entscheiden sein wird, denn das recht
der Überlieferung ist ja auch kein unbedingtes , und mancher, der in
öinem falle am entschiedensten darauf besteht, springt in einem an-
dern am willkürlichsten mit demselben um.
Der punct, der mir in Ihrer auffassung am meisten ansto»:
gibt, ist der, dasz Sie das bild von der bremse auch da festhalten,
wo das andere bild von dem pferde offenbar zurückgetreten ist, ich
meine von den werten an 6c Ujitac ^T^ipuiv bis <p€{c€cO^ ^ou, ja »' *
gar in das andere bild von den einschlafenden menschen hinü<^ er-
spielen, wo es nach meiner meinung weder hingehört noch duriL
irgend ein wort, das unverkennbar darauf hindeutet, begünstig'
wird. Sie haben offenbar durch das anmutige gemälde, das Si.
entwerfen, das aber freilich in auffallender weise an das humafi"
capüi cervicem pictor e quin am iungere $i vdü des dichtere erinnert.
ChCron: zu Platons apologie [c. 18 a. 30«]. 411
sich so bezanbem lassen, dasz Sie um keinen preis den armen Sokra-
tes zu frth ans seiner Verkleidung in ein unTemünftiges tbier , das
ohne nnterschied das träge wie das muntere ros angreift, entlassen
wollen, ich sagte dasz in diesem zweiten bilde auch kein wort un-
Tcrkennbar auf die Vorstellung einer bremse hindeute. Sie finden
ein solches in dem KpovcavTec. dasz Sie nichts wissen wollen von
den ausschlagenden rossen Stallbaums, also ol vuCTdZovTCC, das un-
begreiflicher weise immer noch einige, wahrscheinlich durch die ver-
meiotliche einheit eines weiter ausgeführten gemäldes verleitet, trotz
der verluderten zahl auf das edle ros übertragen, von menschen ver-
stehen^ darm thaten Sie sehr recht, und ich freue mich Ihrer unbe-
mzsten Übereinstimmung mit meiner darlegung in den ^kritischen
und exegetischen bemerkungen'. demgemäsz, sagen Sie, *mu8z
Kpouciv von den einnickenden selbst ganz eigentlich gemeint sein ;
es beiszt hier «mit der band zuschlagen», und zwar nach dem durdi
eine bertthrung im einschlafen störenden dinge.' bis hieher stimme
ich mit einer geringen einschrftnkung, von welcher gleich nachher,
mit Ihnen überein. Sie fragen aber weiter: *was kann aber das
sein?' dasz Sie so fragen, zeigt offenbar an dasz Sie Ihre bremse
Kbon im sinne tragen, denn eigentlich brauchen wir gar nicht da-
nach zu fragen, da es sich wieder nur um die Athener handelt, deren
Ton Schrates schon ganz richtig vorausgesehenes verfahren mit dem
gebahren solcher verglichen wird, die zu ihrem ärger im einschlafen
gesteht werden. Sie antworten auf Ihre frage : ^jedenfalls ein wesen,
du durch den schlag getötet wird, wenn anders dnoKTcivaiTe im
bilde bleiben soll, also jedenfalls so etwas wie eine fliege oder mücke,
die sieh dem einschlafenden auf die stim gesetzt hat.' aber sollte
denn diroicT€{vaiT€ in dem bilde bleiben und konnte Sokrates oder
Piaton Sie auch nicht durch das vorausgeschickte 7T€t0ö)Li€VOi 'Avihip,
das mit ^ktbiuic fiv änoKTeivaiTe doch recht nachdrücklich an die
raahe Wirklichkeit gemahnt, von dem bilde ab und auf äjüieic, also
<iie wirklichen hier durch die richter vertretenen Athener zurück-
bnken? also nicht leitet er *mit dem für bild und Wirklichkeit
gleeh richtigen werte dTTOKreiveiv langsam wieder aus dem be-
reicbe des bildliehen in die Wirklichkeit hinüber', sondern wir stehen
mit demselben schon ganz wieder auf dem boden , auf welchem der
tpredtende selbst steht, den er für seine person eigentlich nie ver-
lassen hat ein hinüberleiten könnte also nur in den durch ihre form
coentsehiedenen participien dx06jüi€VOt und KpoucavT€C liegen, und
«Undings, ein bild von packender Wirkung ist es, das Sie in diesem
letzten acte uns vorfnhren. dem einschlafenden — ich mache hier
auf die zahl aufmerksam — setzt sich eine fliege oder mücke auf die
itim« der wird ärgerlich, schlägt zu, und — die mücke ist tot. gut !
wird am ende jeder leser — von den hörem zu geschweigen — sagen,
*itt geschah was ihr gebührt, warum setzt sie sich dem einschlafen-
ien auf die stim? denn in solchen fUllen zeigt jeder mensch weni-
Scr seine gottähnliche als seine thierisch-avitische natur, in dem
412 OErdmann: zu Piatons apologie [s. 29^].
kämpf um das dasein, zu welchem der schlaf bekamiÜich anch ge-
hört, aber xpoucaVTCC fiv ^€?* also mich, die mücke? das sollte
Sokrates hier im sinne haben? das glaube wer will oder kann, mir
geht es gegen den mann, ein gegner und yerlftsterer des Sokrates,
ein Meletus redivivus mag sieh dieses bildes bedienen und es dann
mit aller naturhistorisehen Wahrheit ausmalen; mir aber wSre es eine
befriedigung, wenn diese bremse oder fliege oder mttcke, die Sie nun
doch einmal haben totschlagen lassen, auch für immer tot bliebe nnd
nicht einmal als gespenst mehr umherflatterte.
Doch könnte dieser wünsch yielleicht unbescheiden erscheinen,
darum will ich lieber zu der ftusz^ung zurflckkehren, mit welcher
ich jene frühere schon mehrfach angeführte erörtemng geschlossen
habe : ^bringt man somit alles in anschlag, was für die eine und an-
dere erkl&rung des wertes ^uu)i|i gesagt werden kann, so scheint das
grössere gewicht sich entschieden auf seite von «Stachel , sporn» zu
neigen.' können Sie sich mutatis mutandis zu einer ähnlichen ftasze-
rung verstehen, so hätten wir uns zur Verständigung die band gereicht
* ich Tergeeee nicht, daez }ii eigentlich von diroKTcWaiTC abhingt,
aber das ändert nichts an der sache.
Augsburg. Christian Cbon.
29^ bezeichnet Sokrates es als schimpfliche Unwissenheit, wenn
man sich einbilde zu wissen, was man doch wirklich nicht weisz,
und stellt sich als von den anderen dadurch unterschieden dar, dasz
er sich nicht einbilde zu wissen, was er wirklich nicht wisse; das
aber wisse er wirklich, dasz es schlecht und schimpflich sei, döiKCiv
kqI dTr€i6€iv Tqj ßeXriovi. hier ist, soviel mir bekannt geworden,
dbiK€iv unbeanstandet geblieben, dies ist natürlich nicht aufrofasaen
in dem speciellen sinne von KaKOupTcTv, ößpt2€iv Tivd, sondern nur
absolut und allgemein, etwa wie d^apTdveiv, vgl. Aristoph. Wo. 25
<i>iXuiv, dbiKcTc, ^auv€ töv coutoO bpö^ov, und noch entsprechen-
der die bei den Attikem häufige phrase €l \xf\ dbiKU) T€» mfoHof
(Heindorf zu Charm. 156 *), aber auch so ist der ausdruck Einmal
zu unbestimmt, dann aber nicht einmal richtig, denn den irrtum
hat ja Sokrates niemals für schimpflich gehalten, wol aber die be
wüste neigung dazu resp. das festhalten daran, auch dem verst&n
digem (ti|i ßeXTiovi) gegenüber, letzteres aber wird deutlich aus
gedrückt, wenn man statt dbtKCiv schreibt diriCTCiv, welches hm
mal eine bessere Stufenfolge ergibt vom mistrauen zum ungehorsam
und femer sich an das gemeinsame object ßeXTtovi besser anschlieszt
über die häufige Verbindung und Sinnverwandtschaft von dmaciv
und dirciBjEiv vgl. Stallbaum zur apoL 29^; wenn es aber dortheiäzt,
dasz die Athener dem Anytos mistrauen würden, so passt das kun
vorher gesagte dniCTeiv Tijj ßeXriovi ganz und gar zu der feint^i
ironie dieser stelle.
Stendal. Otto Erdxank.
APhüippi: Aber einige reden des IsaioB und DemoBthenes. 413
64.
ÜBER EINI6E BEDEN DES ISAIOB UND DEMOSTHENES.
Im nannten supplementbande dieser jfthrbfioher hat HBuer-
mann meine vor zehn jähren in den 'beitrttgen zn einer geechichte
des •ttiacben bfirgerrechts' gegebenen nntersuchnngen fiber die stel-
tong der nnebenbttrtigen zn den demen und phratrien fortgeftlhrt
('drei stndien anf dem gebiete des attischen rechts' s. 569 ff.), ergftnzt
«ad mehrfaofa za meiner frende in streng saohlicher weise berichtigt,
ei irt nidit meine absieht schritt flElr sciffitt Zustimmung und wider-
ipraeh zu yerzeichnen und an letztem meine bemerknngen za knüpfen.
idk glanbe der sache besser zu dienen und im sinne B.s zu handeln,
warn idi zwei punete, auf welche B. selbst besondem wert legt, her-
Toriiebe, der zweite wird sich kurz erledigen, in dem ersten handelt
M lieh um die erklimng von vier zum teil recht schweren reden, zwei
des Isaioa und zwei Domosthenischen. dieser hinweis mag es ent-
ichiildigen, wenn ich fOr eine in den äugen manches yielleicht un*
wichtige speeialcontroverse bei dem streben nach ttuszerster kflrze
noch zu viel räum beansprucht haben sollte.
L Den aatz dasz, ausnahmen Torbehalten, die vöOoi sowol ex
pengrinn als ex ciye Attica von der phratrie unjd demnach yon dem
dsBos anageschlossen waren, beschränkt B. durch den vcm ihm
qudlaunlazig begründeten legitimen concubinat, welcher zu seiner
tonaisetaung die bfligerliche frau und die ^TTvilcic (nicht den T<S(MOC,
die bedingnng der ehe), sowie einige weiterhin zu betrachtende kri-
teriea hat. dessen sprSszlinge wären auch in den zeiten strengster
ohtwiBs, dh. nach Eukleides, in die väterliche phratrie, wenn auch
ia itifsnn alter, und demnächst in den demos eingeftUirt worden ; sie
ilvai nicht v66oi, sondern fvificioi gewesen, so dasz der oben ange-
fthite aata sein recht behält, ich erkenne einen gegentlber andern
gdegcnheitwerhttltttiflsen durch gesetz und sitte bevorzugten concu-
hisal ebenfiüls an, glaube aber nicht dasz mit dessen voraussetzun-
gm die Verhältnisse der betreffenden reden vollständig genug sich
decbn, um die kriterien in der von B. geforderten schärfe hervor-
Mn zn lassen.
In besng auf Isaios rede Aber Philoktemons erbschaft (6)
gibc ieh zu daez der sehn der Alke von Euktemon als TvVjcioc ein-
gcAhrt aei, was ich bflrgerr. s. 91 schon ittr mdgHch hieJt. es musz
ibo an einen oenonbinat gedacht sein mit einer bttigerin (wenn auch
& lede die Alke nicht dafür will gelten lassen): denn Euktemons
fraa lebt nodi, sogar noch nach seinem tode (§ 40). aber nun ver-
Ml siek Euktemon mit der Schwester des Demokntes (§ 22). das
at eoMnlnnat (B. s. 580). trotzdem heiszt es it&iie\, und ob man
ticr Vollzug oder nnr wollen (Sohömann zu Isaios) annimt, jeden-
Us ist Uenach der ausdmck tct^etv nicht auf ehegattinnen be-
414 APfailippi: über eiDige reden des IsaioB und DemoBthenes.
schränkt, femer hätte Enktemon bei seinem alter mit einfUhrang
der zu erwartenden concubinenkinder unmöglich bis zu deren mün-
digkeit (B. s. 581) warten kOnnen. also die spätere einffibrung
in die phratrie ist kein kriterium.
Bei Isaios rede über Pjrrhos erbschaft (3) (B. s. 678. 638)
hatte ich bQrgeiT. s. 93 angenommen dasz Phile, welche Endios ihr
adoptivbruder lange nach Pjrrhos tode an Xenokies verheiratet^
eine vöOt] ex cive Attica sei, da Pyrrhos sie nicht in seine phntrie
eingeftlhrt hatte, jene Verheiratung an einen attischen bflrger ist
dann befremdlich, wenn auch nicht nachweislich nach atibcbem
gesetze strafbar. B. gewinnt nun durch scharfsinnige Interpretation
die möglichkeit dasz Phile von Pyrrhos in einem legitimen concu-
binat mit einer attischen bürgerin erzeugt und demnach Yvncia sei.
die rede behauptet dasz Pyrrhos selbst mit der testamentari-
schen (§42. 56. 60) adoption seines neffen Endios für die Illegi-
timität seiner tochter Phile sich ausgesprochen habe: denn einer
vorhandenen legitimen tochter hätte er nach attischem erbrecht
natürlich den zu adoptierenden zum gatten bestimmeii müssen, für
die letztwillige, also nicht bei lebzeiten des Pyrrhos erfolgte adoption
spricht aber der durch zeugen festgestellte umstand dasz Endios
durch epidikasie (§ 43), nicht, wie ein bei lebzeiten adoptierter
oder leiblicher söhn des erblassers, durch ^^ßdreucic das erbe an-
trat, und weil dieser umstand durch zeugen festgesteUt ist, so acbeint
er mir das sicherste in der ganzen schwierigen Streitfrage zu sein.
die gegenpartei hat nun zu gunsten derPhüe, welche an die erb-
schaft des Pyrrhos anspmch macht, jene entscheidung des Pynbo^
in frage gestellt (§ 56. 60. 66), und zwar nach B. dnrch die be-
hauptung, dasz die adoption des Endios bei lebzeiten des PyrrboN
aber noch vor der gehurt der Phile erfolgt sei, Phile also, wenn sie
Tvr]cia sei, neben ihrem altem adoptivbruder auf die erbschaft ibr«^
vaters Pyrrhos anspruch habe, da nun Endios im vorigen jähre kin-
derlos gestorben ist (§ 57), so wäre sie natürlich alleinige erbin. es
fragt sich, ob wir mit so sicherm blicke gleichsam zwischen den be-
hauptungen der rede und der gegenpartei hindurch in den wirklichen
thatbestand einzudringen vermögen , ob wir die argomentation der
rede so schritt ftir schritt mit hilfe der doch nur aus ihr selbst ent-
nommenen gegenargumente entkräften kOnnen. testamentsrisdit:
adoption, welche die rede behauptet, musz nach den zeitverhältnissen
(§ 1. 57) sich haben wahrscheinlich machen lassen; dies ist dai
geringste Zugeständnis an den redner Isaios. also wenn man du
Wahrheit der behauptung, welche er vertritt, bezweifeln will^ :
könnte im äuszersten falle die adoption kurz vor Pyrrhos tode at-
folgt und, um auch dies zuzugeben, gleich hernach Phile geboren
sein, so dasz Pyrrhos noch gerade ihre bcKomi (§ 30) feiern konnte,
merkwürdig wäre dieses für die gegenpartei günstige zosammen-
treffen der umstände, aber nicht gerade undenkbar, weniger an-
nehmbar schon ist es, dasz Endios, wenn er wirklich bei lebzeiten
AFhilippi : über einige reden dea laaios und Demostbenes. 415
des Pyrrbos adoptiert war, seiner zeit nicht embateusie, sondern epi-
dika£ie (§ 60) unter beseitigong der Phile anwendete, und die epi«
(übsie §43 ist doch, wie bemerkt, das sicherste an der ganzen
lacfaeb konnte also wirklich der instruierende arohon in bezug auf
difi beweismaterial so yon Endios seiner zeit mit erfolg geteuscht
werden? oder liesz das letztere nachtrttglich fOr die jetzige ver-
budlimg so sich fälschen , dasz epidikasie wahrscheinlich gemacht
werden konnte unter umständen, unter denen sie nicht stattgefunden
bitte? zu beachten bleibt noch, dasz die aufüossung der rede durch
deiia ihren gunsten und gegen Phile entschiedenen ersten process
($ 3—6) erheblich gestutzt wird.
Dies ist die 6ine bedenkliche seite bei B.s auffassung des that-
bestandes. auf der andern nimt B. entsprechend seiner auffassung
der Phile als TVricfa an, es sei deren mutter in Wirklichkeit und zu-
gleich nach der auffassung der gegenpartei dem Pjrrhos als TraXXaicrj
von Seiten des Nilcbdemos verlobt worden, und diesen legitimen
conenbinat bestreite die rede, bisher dagegen meinte man, was die
gegenpartei behaupte und die rede zu widerlegen suche, sei ehe-
liehe Verbindung der mutter der Phile mit Pyrrhos. ich finde
fion die ganze rede in allen ihren einzelheiten unter der Yoraus-
seuong yerständlich, dasz es sich um ehe oder nichtehe handelte (zb.
£e stete Wiederkehr der begriffe TV^ctoc und ^tT^n^ic) , und meine
<ii8z such die stellen, welche durch einfUhrung der begriffe TraXXaKf)
ond Td^oc zwischen concubinat und ehe eine distinction eintreten
iMien (§ 14. 39. 76. 79. 80), nicht nötigen diese auffassung aufzu-
sehen« zwingend erscheint mir keines der von B. dafür angeführten
u^gBHMnte, dasz die gegenpartei mit legitimem ooncubinat der mutter
der Phile zufrieden seL es ist richtig (B. s. 578), dasz § 79 erst ein
idüosc die TOKiilXCa in die argumentation hereinzieht, dasz demnach
& föer derselben yon Nikodemos nicht ausdrücklich wird be-
biptet worden sein: denn sonst hätte die rede gesagt: ^Nikodemos
Ukuiptef oder dgl. aber wenn (nach B.) die T^Mil^i^x (^^^ f&jioc
ttherhtapt) das ftr die ehe dem legitimen concubinat gegenüber
chmkteristische ist, und wenn zweitens die gegenpartei nur den
^tten, nicht die erstere behauptet hatte, so scheint es mir ganz
anntglich dasz ein mann wie Isaios das charakteristikon desT^^oc
^ntzt hätte, um dadurch den legitimen concnbinat wegzudemon-
f^ren; dieser knnstgriff hätte nicht auf erfolg rechnen kOnnen, mag
>ttn sieh die geschworenen auch noch so beschränkt vorstellen, da-
Bseh kann ich mir das eingehen auf die übrigen einzelheiten erlassen
Qd bemerke nur noch, dasz ich um so weniger grund für die gegen-
pvtd finde sich mit der behauptung des legitimen concnbinats zu
l^figen, als überhaupt von keiner ehefrau des Pjrrhos die rede
^t, neben der dann die mutter der Phile als naXXaxr) den zwei-
^ nmg hätte einnehmen müssen, ich musz demnach annehmen
^ die gegenpartei den 'X&liOC behauptet, die rede nicht nur die-
sen, iondem auch einen irgendwie legitimen concubinat in ab-
416 APhilippi: über einige reden des Isaios and Demosthenes.
rede stellt und die matter der Phile als einfache ^rafpa anfgefaszt
wissen will.
Fragen wir nach dem wirklichen verbttltnisse, so kOnnte das-
selbe freilich in der mitte gleichsam zwischen beiden behaaptosgen
liegen und mit dem von B. geforderten legitimen concobinat sich
decken, es könnte femer auf grund dieses Terhftltnisses von Seiten
der gegenpartei f&r Phile ansprach auf die erbschaft in der weise
gemacht worden sein, dasz adoption des Endiosbei lebzeiten und tot
Philes gebart behauptet wurde, gegen die Wahrheit dieser behaup-
tung bestehen die oben erwähnten gewichtigen bedenken fort; und
ob sich mit der bloszen thatsache die fassung des § 60 vertrigt, ist
mindestens zweifelhaft;, wer sie aber annimt, der musz auf den boden
jenes wirklichen yerhttltnisses aus den angaben der rede die § 30 na.
erwähnte ?>€Kdmi mit herttbemehmen; auch dann glaube ich nicht,
sie sei eine art kriterium für die legitimität solcher concubinenkin-
der. da sie gut bezeugt ist, so hat sie starttgefnnden; davon unt«n
bei den reden gegen Boiotos (s. 418)« die veranlassung zur Unter-
suchung des wirklichen thatbestandes gab der in der rede berichtete
und in unsere sonstige Vorstellung nicht recht passende umstand,
dasz Phüe, die vödr) ex cive, an den attischen bttrger Xenokles ver-
heiratet wird, ob nun Phile wirklich vöOf] ex cive oder legitime
tochter ex concubina cive Attica war^ das ändert an der fllr uns be-
fremdlichen darstellung der rede nichts, es musz nach atüsdiem
gesetze möglich gewesen sein Phile an Xenokles zu verheiraten, aocb
wenn sie vöSr) ex cive war. sonst -hätte Isaios nicht in so unver-
fänglicher weise die auf diesen fall vielleicht nicht passende Voraus-
setzung machen können, und damit betone ich wieder die auffas*
sung der vorliegenden rede als quelle fOr unsere Vorstellungen
von recht und sitte in Athen, es ist leichter und sicherer diese
quelle zu erschUeszen als die wirklich zu gründe liegenden that-
sachen zu ermitteln, letzteres bleibt immer unsicher; wäre es das
aber auch in viel geringerm masze als ich annehme, so wtbrde doch,
wie das beispiel zeigt, die erstere immer noch berücksichtigt werden
müssen, ich gebe sJso auf grund dieser rede die möglichkeit eines
thatsächlichen legitimen concubinats zu , meine aber dasz die in der
rede hervortretenden einzelnen zUge sich kaum (mit B.) zu kriterien
für denselben verwenden lassen.
üeber die beiden reden gegen Boiotos, von denen die erste
Demosthenes gehört, handelt B. s. 670 f. 575 f. 581. vgl. bOrgerr.
s. 82 ff. da Piango gleichzeitig mit der efaegattin des Mantias
mit letzterm Umgang hatte (2, 27), so ist sie nicht etwa firtther oder
später seine ehefrau gewesen, sondern iraXXaid). Boiotos ist älter
als der Sprecher (1, 27), trotzdem später in die phratrie eingeführt als
letzterer in den demos, war also vor des vaters tode mindestens l>y
jähr alt anstatt des 'betrüge', den ich mit andern annahm, sucht
B. zu erweisen, dasz der vater seine in legitimem ooncnbinat mit
einer btirgerin erzeugten söhne in die phratrie einführen moste.
APhilippi: über einige reden des Isaios und Demosthenefl. 417
diese aniialime erklärt die Situation der Boiotosreden vortrefflich, und
TOD einem gesetzlich begünstigten ooncubinat weisz auch das attische
Rcht: 8. was B. s. 573 und in der abh. I aus den rednem gesammelt
int aber die besonderen kriterlen dieses concubinats scheinen
ttsT doch in den quellen keine so sichere bestfttigung zu finden,
aenüjch:
1) (B. 8. 574) dieser coneubinat soll durch dtT^ilcic zu seinem
Torrecht T^jctot heryorzubringen gelangen, die ehe auszerdem noch
TQ)U>c (sieh tOMilXia, T<x^€^) erfordern, diese Unterscheidung geht
pnktiach nicht durch, von Piaton ges. Ylll 841^ will ich absehen,
lelbit von VI 774 % und nur an die redner mich halten, über iT<i^€i
habaioB 6, 24 s. oben s. 413. ähnlich Andokides 1, 124. 128 von
nehien, wo doch ^ine concubine sein musz (auch wenn die sache
aiefat wahr ist), die auf ^TT^ctc bezttglichen ausdrucke bei Isaios-
PTrrhos kann ich auf ehe beziehen, da ich annehme dasz die gegen-
pvtei solche behauptet, die rede sie widerlegt, man könnte an-
uhmen, £TTV*s^^<^<^lEe giengen auf die geschäftliche seite,
W Mf die heirat selbst, und so mag es vielfach sein ([Dem.] g.
Leoch. § 49. g. Steph. 2, 18. g. Neaira 52). aber anderwärts er-
Kiemen sie völlig synonym, zb. g. Onetor 1, 21 t<iMOUC iroioOfi€V,
vo lyj}h stehen könnte; umgekehrt Isaios 9, 29; g. Eubul. § 41.
^ inv- neben fOMTlXi^x« was femer den einführungseid vor
den pbrateren (B. s. 574) betrifft, so kommt allerdings äcTf)c
(Tuvancdc) kqI ^tTvilTf)cvorbeiIsaios8,19. Dem.g.£ubul. §54.
g.Keura § 60 (Brytiden). 92. 106 (civitätsgesetz). Isaios 7, 16 (phra-
tcKft jod genneten) t£ äcTf)c xal tCTOVÖra 6p6iDc, und dies könnte
f^ B. 1. 574. 621 sprechen, dasz nur die schon mit dem coneubinat
g^bcne dtt ^iV)€ic , nicht fä^ioc (ehe) beschworen sei. aber Isaios
1*1 9 & &CTf)c xal t^iMCTftc TwatKÖc (allerdings nicht vor phra-
t«reii). 80 ktante denn der eid vorkommenden falls zb. bei den kin-
dtn der Piango auch nur ti äcTf)c gelautet haben, ee scheint mir
danun immer noch möglich, dasz iTpiT)Cic und fi^xoc stets mit ehe
▼vbuiden und letzterer mehr accessorisdi war. der legitime concubi-
B^ (aber ofane resultat fOr dTT^ncic I) folgt aus dem gesetze Dem. g.
^^nitokrates § 55 — Lysias 1, 31 (bd|iap «« YCiM^Tfi); T<XMil^(a
kofflal Tor Dem. g. Eubul. § 43. 69 (€lc(p^p€tv), Isaios 3, 76. 79
tleaao, 8, 18. 20 neben f&ßO\K icTtäv; vgl. die lexikographen bei
Veier de gentiL s. 18.
2) getrennte wohnnng (B. s. 580) mag sich meist bestätigen,
noahme Andokides 1, 124 ff.
3) das tanzen in der mtttterlichen phyle (6. s. 581) halte ich
ArreiA sufiülig.
4) mitgift (keine: B. s. 580, aber s. s. 579). demnach wird
BoioCoa behauptet haben, Piango sei uxor (2, 14). hiemach ist
5) die bcKdni zu beurteilen (1, 22. 2, 28. 59. für den Sprecher:
ly 20). sie soll stattgefunden haben , ist schlecht bezeugt und hat
wol nicht stattgefunden, behauptet wird sie von Boiotos, der aber
rir cItM. philol. 1879 kft. S n.6. 37
418 APhilippi : über einige reden des Isaios und DemoctheneB.
sobn einer ehefrsu sein will, also bleibt fttr das concabinenkind
nur allenfalls (s. oben s. 416) Isaios 3, 30 stehen.
6) wenn concubinat und ehe dtTurictc, die ehe auszerdemTOMOC
zur bedingnng gehabt hfttte, so würde, da Boiotos (in der zweiten
rede) die mitg^ft seiner angeblich verehelichten mutter einklagt,
der mutter des Sprechers aber mitgift abspricht (§ 20), der spreche?
§ 26 nicht sagen clirep f| \xky iiii\ MifJTTiP \ii\ fjy ^TTUHT^ pn^*
^^TKaro TrpoiKo, f| bi. toOtou i)v^tk<xto . • , sondern TaM€Tii. man
sieht dasz er mit der mitgift, dem kriterimn der ehe, die ^TT^Ctc
verbunden sich denkt.
Es ist also bis jetzt die form des coneubinats bei den loseren
rechtsformen der Athener durch unsere quellen nicht hinlftnglich
angezeigt, auch ausdrücke ehelicdier formen (dinv- T^fi-) aind auf
concubinat übertragen, anderseits ist ja selbst ohne mitgift eine ehe
denkbar (Schümann zu Isaios s. 233). und wenn schlieszlich der
vater im legitimen concubinat erzeugte hätte einführen müssen,
so ist nicht ersichtlich, warum Mantias der Piango kinder nicht
früher einführte, ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dasz um-
fängliche ^ und genaue beobachtong noch einzelnes feststellen wird,
aus diesen reden aber ist, glaube ich, ohne neue Zeugnisse nichts
mehr zu gewinnen.
n. Ein zweites ergebnis der B.schen Untersuchungen ist di?
erkenntnis, dasz die neubtirger (brtfiOTroiT|T0i) wie in demos und
phyle, so auch sofort und nicht erst allmfthlich und auf umwogen in
die phratrie eingeführt wurden, dieser satz ist gegenüber der groszen
menge der jetzt im CIA. 11 vereinigten dvitfttsdecrete unabweisbar,
von hier aus greift B. in scharfsinniger weise die herkOmmlicbe an-
sieht an, nach welcher die zwölf phratrien der alten geschlechier-
Verfassung auch nach Eleistiienes fortbestanden, und prüft aufs
neue Aristoteles pol. VI 2 (Vn 4 Bk.). ich gestehe dasz ich selbst,
namentlich als vor einigen jähren das Djaleerdeoret (jetzt CIA. II
n. 600) bekannt wurde, an der richtigkeit der alten auffiuamig zu
zweifeln begann, und wüste jetzt nicht, was sich gegen B.s setz, dasz
die zahl der phratrien zur zeit der redner mindestens erheblich grGszer
als zwölf war, einwenden liesze. daraus ergibt sich die folgeroag ftlr
Eleisthenes von selbst die zahl der spftteren phratrien mOdkte B.
der der alten t^VT) (360) gleichsetzen, die letztere ist allerdings fest-
zuhalten, wie denn überhaupt an dem ganzen von Aristoteles* deut*
* den nsmen des Aristoteles nbt ein nenes fragment in den Patmos-
scholien des Demosthenes im Bwl. de oorr. hell. I 168. es stellt sieb
am n&chsten m den schollen snm Axtoehos s. 406 Bk., Harpokratioa
n. Tcvvfkrai, PoUnz VIII 111 (Rose s. 408) mit der lücke der ersten bei-
den (COvoc); der jahresteilvergleieh vollstXndiger noch als bei dem sehol
zn Plat. Philebos 30' and Siudas o. T€wf)T<u; am sehloss die Philo«
eborosstelle. übrigens lehrt es nichts neaes nnd gibt dem gedanken
ranm, dass die nronelle aller dieser versprengten ezcerpte gewis weseat-
licberes Über die denkwürdige eioriehtaag berichtet haben
^
APhilippi: über einige reden des Isaios und Demotthenes. 419
lieh genug überlieferten Yorsolonischen gentilsystem von den phylen
bernnter bis zu den triakaden nichte abzuhandeln istr^isM^ man es
im einzelnen erklären können and wollen oder nicht, aber die
sehlnszfolgening B.8 (s. 616) scheint mir nicht bindend, für den
Ul andi diBs zu der phratne des Aischines (2, 147) nnr das 6ine
aite gaseUeoht der Eteobataden gehörte, kann es bei anderen anders
gwem sein» viele geschleohter sind ohnehin früh ausgestorben.
koR die zahl bleibt einstweilen besser ungesuoht.
Bekanntlich heisran die mitglieder dar alten gesohlechter (gen-
aetfla) einmal bei Philoehoros homogalakten. B. bringt hierüber in
iikr kflne das richtige, ich schliesze eine bemerkung an. eine
^ekoiunr nShere zahluigabe, welche viele erklftnmgsversnche her-
Toqenifen bat (ol bc ToO atrroO ical npidrou t^vouc . .) beruht
lediglich auf einer oonfusion bei epit. Harp. (Suidas) u. t€wf]Tat.
dttt kik dies früher nicht erkannt hatte (bfirgerr. s. 202), hat Stojen-
im de Inlii PoUads • • auctoritate s. 48 mit recht getadelt, während
Bidi der vorwarf, das I^hilochoroszengnis in seiner einheit verkannt
a baben, nicht trifft, ich will jenes versehen nicht damit entsohul-
^igta, dass es nach mir besonnenen forschem und mehren noch
ÜB 3tqjentin nennt, ebenso gegangen ist, sondern es gut zu machen
ndea. bei bespreohung der bekannten bücher von Foucart und
Lftdsn äoacerte Lipsios in Bursians Jahresbericht in bezug auf die
jctet im CIA. n verdnigten orgeoneninsohriften , es müsse an den*
Mlbea äß aaf Isaioe 2, 14 ( . . p€ iTTP<SMp€t Kcd eic Toi)C 6pT€ujvac)
gotttrte aofEMSong der orgeonen ais bürgerlicher, neben den t^vr|
In die phratrien eingeordneter abteilungen (SchOmann) aufs neue
geprttft werden, diese prüfang kann, meine ich, nur ein einfaches,
Mgttives eigebnis haben, die Inschriften beziehen sich auf orgeo-
la^ weine in der allgemeinen bedeutung des ausdrucks ebenso
tie die meisten lezikographenstellen. im hinblick auf Isaios 9, 30
'dkobi die mögHohkeit nidit ansgeschloesen , dasz selbst jene erste
hii(Mitalle däUn gehöre: denn die thiasoien des Herakles sind ja
flkahOM keine chrile oorporation. abgesehen ;7on dieser möglich-
^ Ueibt Ar die engere bedeutimg und die bisherige ansieht nur
^ «iae am reinaten bei Photios and Suidas u. öpTCiiivec erhaltene
I'^üoehoroneagnis: toOc hk (ppdrepftc iirdvoTKCC b^€c6at kqI
^^ ApTCUfvac ica\ Todc biiorfiikwcxac usw., dessen nähern zu-
wir aber nidit kennen, wenn auch dieses etwa infolge
iaadiriften eine erUärung in jenem andern sinne finden sollte,
^ «tede der name ftr die den genneten entgegengesetzten neu-
"*Kpr, freilieh damit noch nicht die sache, aufieugeben sein, das
*Btere ist absowartea.
Otaam. Adolf Philipvi.
27*
420 HPeter: über einige Schriftsteller des namens Pollio.
5b.
ÜBER EINIGE SCHRIFTSTELLER DES NAMENS POLLIO.
Die im j. 1820 erschienene inauguraldissertation JRThorbeckes
^de Asinio Pollione' genieszt bis auf den heutigen tag ein fiutkino'
nisches ansehen, so dasz seitdem niemand rechte last geh&btbat
sich eingehend mit der schrif tsteUerei des durch seine politische und
litterarische thätigkeit ausgezeichneten freundes des Caesar xu b«
schäftigen, von neuem selbständig die auf uns gekommenen, haM
spärlichen spuren seiner werke zu verfolgen und namentUch m
eigentum von dem anderer gleichnamiger autoren zu scheiden, zwi:
gibt es neuere abhandlungen über ihn, von d'Hendecourt (Löwen l^'^
und von FA Aulard (Paris 1876); aber diese bewegen sich nach dem,
was ich aus referaten anderer über sie erfahren habe , in den von
Thorbecke bereits ausgetretenen wegen, und auch die dissertaton
von OThouret (in den Leipziger Studien I s. $24 — 346) hat die uotK-
suchung nicht wesentlich gefordert , indem sie in einer der wichti;*
sten der hier zu lösenden fngen (der behandlung der stelle Plntarcb
Caes. 46) einen sehr kühnen sprung wagt, der mislingen moste.
Eine recension der fragmente bleibt dem zweiten bände meiner
Relliquiae historicorum Romanorum vorbehalten; jetzt soll nnrde;
versuch gemacht werden, den Wirrwarr von Schriften, als deren ve:*
fiosser ein Pollio genannt wird, in Ordnung zu bringen.
Auszugehen haben wir dabei von Suidas, der yier artikd db«
Schriftsteller des namens Pollio liefert:
L 'Acivtoc TTujXiujv, Tujfiaioc (I 1 s. 786 Beruh.)'
1) icTopiac Tui^a'iKac cuv^Ta£€v ty ßißXfotc iC.
2) oÖTOC iTpdrTOC '€XXY|viKf|v icToplav Tuj|iaiKUK cuvcrp^^*
MfCCTO.
n. TTuiXiuiv, ö 'Acivioc xpnM^^Ticac, TpaXXiavöc, coipicTrx
xal q)iXöcoq)oc* coq)icT€ucac ly 'Pub^n ItA TTofbnnjtou toO m^*
YdXou Ko\ btabe£äjüL€voc Tfiv cxoXf|v Ti^aT^vouc (II 2s.3S7
3) lxpa\\^€y imTO\ii\y Tf)c <t>iXoxöpou 'AtOiboc
4) dTro^V1lflOV€u^aTa Moucuiviou toö qpiXoc6<pou.
5) iimoyii\v tiov Ato^xivouc FcuipTtKUiv ty ßtßXioic ß'-
6) TTpÖC 'AptCTOT^XTlV ITCpl ZiflUIV ßtßXkt u
7) TTcpl ToO £^q)uX(ou Tf)c 'P\b}xr\c 1roX^^ou , &v iiroX^cm
Katcdp T€ KQi TTo^1nfi'toc.
III. TTujXtuiv 'AXeSavbptveuc, ö OöaX^pioc xpmixtticQC
q)iX6coq)OC, TCTOvdic iiA 'Abptavoö ' od ttoic Aiöbojpoc 9iU>
coq)OC, ö TP^Miac i^fjfnc^v tuiv 2InT0U)üi^vujv iropd toic i p^
Topciv (11 2 s. 388) •
8) £tp<xm^€ cuvaTuirfiv 'Attikujv Xäeuiv xard crotxciov
9) ica\ dXXa tiv& q)tXöco<pa.
IV. TTuiXiu) V, f^ TToXiujv, TpafiMartKÖc (n 2 s. 388)'
10) iT€pi Tiliv Trapd TP^MMa d/üiapTOvcfi^vuiv.
HPeter: über einige schrifUteller deB namens Pollio. 421
doch erbeut beim ersten blick, wie er aucb hier wieder verschiedene
personen und werke bnnt dnrch einander geworfen bat. sieber ist
nBichst, dasz der bfirgerkrieg zwischen Caesar und Pompejus (7)
ftbehlidi in den zweiten artikel geratben ist, da er bekanntlich ein
werk des C. Asinins war; dagegen befindet sich der dritte artikel in
ordnimg, wie dies ja auch nicht zu verwondem ist, da des (Valerius)
Pollio 'Attuciaiv X^euiv ci^vcrTurpfj , über die auch Photios cod. 149
i. 99 Bk. spricht y in dem index des Soidas mit aufgezählt wird; ein
aaderes werk desselben Pollio, eines Zeitgenossen von kaiser Hadrian,
iccpi Tdiv TTOpa TP<iMfia äjütapTOvo^^vuiv , erwähnt Soidas in dem
Ticrtn artikel, der, wie Bemhardy erkannt hat, mit dem dritten zu-
juimeiigenommen werden mnsz: denn der (piXöcoq)OC (III) ist un-
xirai&Duit mit dem tpc^^^^^TiKÖc (IV) identisch, aber auch dem
firogelasaenen des C. Asinius aus Tralles (II) müssen wir mehrere
ichrifien entsiehen und sie demselben Valerius zuweisen, es ist
semlich sehen wiederholt henrorgeboben worden, dasz die äTl0^v^-
HOVcuMcrra Moucujvtou toO q)tXocöq)OU (4) in eine viel spätere zeit
fülen müssen, weil Musonins bis in die zeit des Titus hinein gelebt
kit; ohne allen grund nehmen jedoch Jonsius (m c. 7), Thorbecke
it. 120), Nicolai (griech. LO. s. 485) ua. als ihren Verfasser den
NBSt vollständig unbekannten Claudius Pollio an, welchen der jün-
gere Plinins dem Comutus als com/m^l^ empfiehlt (VII 31); viel
gisabüdier ist es, dasz diese memoiren zu den fiXXa Ttvä qptXöcoqia
^9) des Valerius Pollio zu rechnen sind, wie auch nichts hindert die
TonSoidae damit zusammengestellten naturhistorischen Schriften als
•eine werke anzusehen.
Sonaeh bliebe ftlr den freigelassenen aus Tralles nur noch übrig
die ^mtOMfl vf^c 0iXoxöpou 'AtGiboc (3); von dem Römer Asinius
Pollio (seinem patron) sagt zwar Suidas auch odroc irpurroc 'EXXr)-
vod^ icropiov 'Puj^awÜJC cuv€TP<iw^o (2), doch kann sich dies
ciabar weder auf die vorhergenannten icTopiai *Pui^atKai h^-
ttte, noch ILberhaupt auf den berühmten C. Asinius , da wir sonst
gir nichts von seiner beschäftigung mit griechischer geschichte
l^^ca; die beziehung aber auf den Verfasser der epitome der Atthis
liegt snf der band, ohne dasz wir jedoch zu entscheiden wagten, ob
^ werk lateinisch geschrieben war oder ob ein anderes über grie-
cUs^ geschichte in lateinischer spräche gemeint ist; so viel indes
^ffd zagegeben werden, dasz die citierte bemerkung (2) dem Tral-
:.aiiQS zakommt, und so werden wir auch über die autorschaft des im
aftBcUus daran genannten Werkes IcToplat TuijuiatKal iy ßißXioiC
^ (!) gewis zu zweifeln berechtigt sein: die folgenden werte oÖTOC
^pärroc usw. spredien für den freigelassenen, der anfang des artikels
Adnoc TTuiXiuiv 'Pui^aioc zunächst noch für den patron. wir wer-
den daher entweder annehmen müssen dasz, da sich die geschicht-
«treibong des letztem nach den auf uns gekommenen nachrichten
tar auf den bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompejus erstreckte,
•«'Vol hier als in dem zweiten artikel n. 7 das gleiche werk zu ver-
422 HPeter: aber einige sdirifUteller des namens PoUio.
stehen ist und also die geschicbte des bürgerkriegs 17 bficher um-
ÜEiszt haty oder dasz, was mir das wahrscheinliobere ist, sach der
freigelassene sich mit römischer geschichte beschäftigt und ein werk
über dieselbe in 17 btlohem geschrieben hat, vielleicht in der Ab-
sicht damit seinem herm material fUr seine arbeit zu liefern, wie
ja auch der freigelassene Atejns Philologus, derselbe der dem Asi-
nius für seine geschichtschreibnng praec^pta de roHone scnbenäi
widmete, den Sallnstias ftlr den gleichen zweck hrevkurio rmm
amnium Bamanarum^ ex qtHbus guas vdlä digeretj instrmit (Suet.
de fframm, c. 10).
Eine wertvolle ergllnzung der aufzfthlung des Soidas gibt Euse-
bios (praep. evang. X 3, 23 s, 467 Vig.): noXXkuvoc Vk iina(Af)
irpöc CuiTYipibav ircpl rtic Kniciou KXoiTf)c, toO 5' aÖToO icai itcpi
Tf)c 'HpobÖTOu kXoitiic ictx ßißXiov ica\ iy t^ £irtTpa<pop€va
^XVCurai (dies auch der titel eines satyrspiels des Sophokles, fr. 2^h
—297 Ddf. , 293—296 s. 167 f. Nauck) iroXXd ircpl ecoitopuoi
X^t^Tai. die zeit dieses Pollio wird dnrch die nennung des Soteridni
bestimmt, dieses namens nennt Snidas 11 2 s. 856 zwei scbiiftBteller.
der eine sei der gemahl, der andere der vater der Pamphils, jentfr
gelehrten frau aus der zeit des Nero, gewesen; indes hat bereit'
Bemhardy bemerkt, dasz Suidas hier den 6inen Soteridas in zwe.
zerlegt habe : denn ihr mann habe Sokratidas geheiszen (Snidas u.
TTa^qnXTi II 2 s. 36). unter ihren werken nennt Suidas imTO^TjM
Tüjv Ktticiou Iv ßißXioic t\ imioiiäc \cTopiuiv t€ Kai iiip^
ßißXiwv 1Ta^1TX€{cTac , auch Trcpl ä^q^tcßirnfjccuiv, andere aber, zl
Dionjsios £v tiij X' Tf)c )üiouctKf)c tcTOpiac sahen (wie wir, um ditj
verstammelten worte des Suidas hier bei seite zu lassen, mit ^^|
stimm tbeit aus der Eudokia erfahren) den vater als den verfasse:!
jener werke an; die Übereinstimmung der studien dieses Pollio mi
des Soteridas ist also gewis nicht zufällig und verweist den erstenj
ebenfalls in die zeit des Angustus. auch C. Asinius schrieb all^-"^
dings einen brief an Plancus, in welchem er Sallustii Script rr^
prdkendit (Suet. degramm. c. 10. Oellius X 26, 1), von demselbeil
ist eine schrift in Välerium dh. Catullum bezeugt (Gharisius s. 97 K.j
vgl. Haupt opusc. n 8. 67 f.), und ebenso wird die dem LiviuJ
schuld gegebene FatavinUeu den gegenständ einer besondera tcimfi
gebildet haben (Haupt ao. s. 70), wBhrend zu angriffen auf die viUi
orationis Ciceronis schon sein geschichtswerk hinreichende gelegen
heit bot {gui — Asinius et GeShiS filme — viUa cral^ome ews etii
imfnkeplur%bm lods insequmtur Quintil. XII 1, 22; vgl. Seneos sm
YI 24) ' : von einer gleichen kritik griechischer historikw berichu
' man hat meist angenommen (Thorbecke s. 18. Dnunann g«><*v
Roms II s. 9. Egger les histor. d^Augnste s. IS) daai, als gegen ihn :1
seit des sweiten triiunvirats Octavian spottverse gedichtet, er dar»!
geschwiegen habe (Macrobias Sai. II 4, 81 temporibue trtkmrira' l
PolKo, cum Fescenmnos in cum AuguiUu icriptüiet, mt: ai ego ta''\
non €$t tfium faeüe in eum seriberet qui pote$t praäihere), doch wird c:l
HPeter: Aber einige Schriftsteller des namens PoUio. 423
iber niemand etwas, so ftUt also anefa sie mit gröster Wahrschein-
lichkeit seinam durch die gleiche richtung des geistes und der stu-
duB mit ihm eng yerbondenen ^igekssenen, dem Verfasser der
ipitome der AttUs des Philochoros, zu. hat dieser Pollio die histo-
rikerKtesias und Herodotos der fÜschimg nnd Ittge bezichtigt ^ so
vird in der ersten vita des Aratos (biogr. minor, ed. Westermann
t. 55) von ApoUonides, einem philologen aus der zeit des Tiberins,
ein 8hibirins Pollio besdinldigt briefe des Aratos und des Enripides
erdichtet zn haben: T&c b* 'Apdrou imcroXäc, div ivurr^pui ^^vVj«
c6i||i€v [in den Worten |yi^fiVT]Tai b* atkoO tujv dbcXqiijbv £v toTc
ik ouTÖv ävoqMpojüi^vatc imcToXak], irdvnuv cx€b6v cu^9U)*
vouvnuv Tdc de adröv dvoupcpcjüi^vac adroö elvai Ka\ ö^oXotouv-
Turv Tv^cioc aördc, iiövoc 'AifoXXuivibi)C 6 KT|q>€Üc iy vSb r\' irepl
Kar€!|i€UQi^c IcTopioc oÖK clvai qöt&c 'Apdrou (pT\c\y akkä Ca-
ßipiou TfoXiiuvoc. ToC b* aöroO toutou cpriclv clvai ivorfCTpafA-
Wvoc €6ptiribou ^iriCToXdc die stelle ist kritisch nicht zuyerlftssig
ftberliefert: anstatt 6 KTiq>€UC ist mitBentlej NtKateüc zu schreiben,
<it Ammonios u. KaToiicr|Cic ein drittes budi irepl icaT€i|i€UC)üi^vuiv
Ton jenem philologen ans Nikaia citiert; ftir das jedenfiedls Ter-
M>teCaßipiou hat man Gißwicu, raßtviou, *Paßtp{ou, CaßtMou
(io Bentley), 'Acivfou (Bergk) vorgeschlagen; wenn wir ihn indes,
VIS nahe liegt, nach Westennann mit dem Pollio bei Easebios iden-
tifideren ond nns fUr die conjeetnr Berg^ entscheiden: ist da die
khtisehe strenge des letztem mit dem rufe eigner ftlschong zu ver-
einen? dber würde ich mich zu der annähme entschlieszen, dasz sich
nnpriknglieh ApoUonides bei seiner behauptung, jene briefe seien
vntcfgsidioben , auf das gleiche urteil des Pollio bezogen habe, und
di6z in der biographie des Aratos eine Verwechselung vorliege, welche
hei den vielfschen Umarbeitungen, die diese biographien erfahren
hibai, wol möglich ist.
Femer werden von Servius zwei erkUbrungen von stellen des
Tefgilins (Atn. H 7, vgl. auch Cynthius zdst. in Mais dass. auct.
^n i. 3S7, und XI 183) unter dem namen des Asinius Pollio, eine
äntte unter dem des Pollio {Am. Yl 554, vgl. auszerdem Buringar
hitt lehoL n s. 244) mitgeteilt; indes sind dieselben jenes berühm-
ten Aiinius Pollio so wenig würdig, wie Bibbeck proleg. Yerg. s. 1 15 f.
trefead ansfllhrt, dass an ihn hier keinesfalls gedacht werden darf.
«M aber gibt es einen lateinischen grammatiker Pollio, der von
Jolios Ci^toUnus {Marc 2, 8) unter den lehrem des Marcus Aurelius
raunt wird und sich nachweislich mit Horatius besohttftigt hat {ad
ff^. n 10 s. 84 Naber : roffo ne HoraiU memmeris, gui nUhi ctim
iMiMie ett emorimu^, weshalb Bergk (zs. f. d. aw. 1845 s. 119 f.)
■n den zwei erstgenannten Serviusstellen das Asinius streicht und
•«Iv recht an den bekannten schlemmer Vedins PoUio in denken sein
i Panlys retlcnc. VI 2 s. 2419).
' die MerfUr noch eitierte stelle ep. V 6 s. 17 ist jetit in wegfall
n bottfen: s. Herti vor dem ind. lect. Vratisl. aest. 1879 s. 5 anm. 8.
424 HPeter: über einige Schriftsteller des namens Pollio.
gewis mit recht jenen commentar des Verg. dem lehrer des Marcus
Aorelins zuschreibt, der aber als grammaticus Laiinus, wie ihn Cs-
pitolinuB bezeichnet, von dem etwa gleichaltrigen Valerius Pollio
zu trennen ist, dessen thtttigkeit sich anf dem gebiete der griechi-
schen litteratnr bewegte.
Endlich erwähne ich noch der Vollständigkeit wegen einen kri-
tiker ans der zeit des Hieronymus, der an diesem kirchenvater kritik
geübt hatte, dafür aber yon ihm mit dem titel canihdius beehrt wird:
in hoc loco quidam canihdius de antiquissimo gmere Cbmeitofttm
sivty ut tpse iactaty de stirpe Asinii PcUioniSf dudum Bomae c^iitr
me aocmasse sacrüegii, quodpro Cucurbita hederam transtülmm {comm,
in lonam 4) und: msi forte^ ut ante ann&8 pUtrimos cucuirbita veni^
in medium^ asserente iäius temporis Comdio et {et tilgt Victorias
Asvnio FölUone, me hederam pro Cucurbita transtuUsse (eptst. 112, '2'1
s. 754 VaU.).
Die notizen des Snidas sind also in folgender weise zu ordnen^
wobei wir das nicht vollständig sichere mit einem stem kennzeichnen
nnd die znsätze aus anderen Schriftstellern in klammem hinzufügen:
I. 'Actvioc TTuiXtuiv TuifiaToc
(7) iTcpl ToO £^q)uX(ou Tf\c 'P\b\ir)c 1roX^^ou, 6v £iToX^^r)C<^
Kaicdp T€ Kai TTo^irViToc. [reden, tragödien, kriüken üWr
Sallustins, Catullns, Livins.]
II. TTuiXiujv, ö 'Aclvioc xpnMCtricoc, TpaXXiavöc, cofpicrnc
Kai qiiXöcoqpoc ' coq)tCT€V)cac £v 'Ptd^i) im TTo^1nllO^) toG imä-
Xou Kai biab€£d^€voc Tf|v cxoXf|v Tt^ar^vouc '
(3) £Tpai|i€V iiriTO^iiv Tflc <t>tXox6pou *AT8iboc • (2) oirroc
TrpwTOC *€XXTiviKfjv IcTOpiov 'PuiMOtKÜJC cuvcTpä^f^"^
(1) * kTop(ac 'Pui^a'tKdc cuv^raScv iv ßißXiotc it. [l^-
CToXfi trpöc CuiTYiplbov TTCpi Tf)c KTiidou KXoirf)c, nipi
Tf)c 'Hpobdtou KXoiTf)C ßißXiov, iv ti|) dnitpoKpoMivui
1xv6UTa( TToXXd TTcpl Gcoirö^TTOU, t erdichtete briefe tits
Euripides und Aratos.]
m. TTujXiujv 'AXeSavbpiveOc, 6 OöaX^pioc xP^^^^^f
q)tXöco<poc , T€Tovujc iiA 'AbpiavoG -
(8) ^TPOtM^c cuvaTuitilv 'Attikäv X^euiv xard ctoix€»ov
(10) iT€pl Tti^v irapd tP<S^MG( d^apTavoM^vuiv* (9) xal dUa
Tivd q)iXöco(pa' (dh.:) * (4) d1ro^VT]MOV€t}^OTa Moucuiviou
ToO q)iXocö(pou ' * (5) imT0^f|V vSjv Aioqpdvouc FeuipTi-
Kuiv iv ßißXiotc ß' • * (6) irpöc 'ApicroTÄnv itepi üvbu^v
ßtßXia i'.
[lY. Pollio grammaticus Latinus, Marci Aureli magi^t^^-
commentarius in Vergili Aeneidem.}
[V. Asinius Pollio Hieronjmi aequsJis.]
Meiszen. Herhann Peter.
JNOtt: zur abwehr [gegen hrn. Leo Ziegler]. 425
66.
ZUR ABWEHR.
Kram sind es zwei jähre, dasz idi mich in dieser zeitschriffc
eiaes mntwiltigen angriffe seitens des hm. Leo Ziegler zu erweh-
ren hatte, 80 sehe ich mich durch das neueste wefk desselben: 'die
ktainiaehen bibelttbersetzongen vor Hieronymns and die Itala des
Angnstinns' (München 1879) wiederum in die gleiche läge versetzt,
war es meinem mir persönlich völlig anbekannten gegner damals
danim zu ihon, meinen in den jahrb. [1874 s. 757 fL 833 ff.] er-
idüenenen aufsatz über bibellatein heronterzosetzen and als seichtes
und oberflächliches machwerk za verschreien, so verfolgt er diesmal
gegenüber meiner recension seiner 'Italafragmente der Paulinischen
briefe' (j^rb. 1877 s. 185 ff.] die gleiche tendenz, nur mit drasti-
scheren mittein. nicht zoirieden mich der fittchtigkeit und ongenauig*
keit (s. 82)« der Oberflächlichkeit (s. 80), der onfl&higkeit logisch zu
denken and fremde ansichten zu verstehen (s. 89 vgl. 27), des bösen
wäleiis (s. 82), des erschlichenen beweises (s. 82) , des plampen be-
tngs (s*78) za bezichtigen, stellt er mich seinen lesem geradezu als
•chtader der ehre dentscher Wissenschaft hin , dem man sein band-
werk legen sollte (s. 78), als einen litterarischen baschklepper, der
61 auf yerdiehtigung redlich gemeinter arbeiten abgesehen habe
(s. 78 a. 1). ja er geht so weit die redaction dieser Zeitschrift als
der heibilfe an diesem attentat auf deutsche Wissenschaft schuldig in
die «Uage mitcuverflechten und ihr gegenüber die rolle des moral-
piedigvrs in spielen, obwol eine derartige von blindester leiden-
lekaft eingegebene und beherschte polemik sich selber richtet und
dne arbeit, die auf wissenschafklichkeit anspruch macht, schändet,
BO knm ich mich doch nicht stumm dazu verhalten, weil stillschwei-
goi möglicherweise da und dort als schuldbewustsein gedeutet wer-
den könnte, ich kann es aber nicht über mich gewinnen, den ganzen
ichflnu directer und indirecter persönlicher Verunglimpfung, womit
L die ehre meines namens zu besudeln sucht, um die schwäche der
tigicn sadie zu verdecken, von vom bis hinten zu durchwaten;
kh begnüge mich darum dem gegner das f undament seiner anklage
n entdeben und seine kampfesweise in einzelnen charakteristischen
i^en zu beleuchten, ich werde mich dabei der ruhigsten objectivität
HWsTJgen, um das urteil in der Streitsache zwischen hm. Ziegler
Bad mir dem auszerhalb der parteien stehenden leser zu überlassen.
Der hauptangriff in dem neuen buch von Ziegler ist enthalten
in dem abschnitt 9 *die Freisinger fragmente' und kehrt sich in
leinem aachlichen teil gegen meine in den jahrb. 1877 s. 201 ff. ver-
tretene ansieht, dasz diese fragmente mit dem schrifttext des Augu-
itinns nicht identisch seien, dagegen läszt sich nun Z. s. 77 f. folgen-
dennaszen aus:
^ur JNOtt blieb die entdeckung vorbehalten, dasz sich in den
426 JNOtt: zur abwehr [gegen hrn. Leo Ziegler].
Freisinger blättern (B) von der ersten zeile an ein anderes über-
setzungsprincip geltend mache als in der bibel des Augnstinus und
Capreolus. ich könnte wol statt aller antwort einfach anf den ab-
schnitt meiner publication der Freisinger fragmente Tcrweisen, in
welchem beide texte nur vergleichung neben einander gestellt sind;
allein die beweisführang Otts ist so einzig in ihrer ari, dast ich den
leser mit derselbe bekannt machen musz. nach Ott charakterisiert
sich nemlich die Verschiedenheit des übersetznngsprincips zwischen
B and C durch das streben nach engerm anschlnsz an das original-,
es wird darauf hingewiesen, dasz man in B nicht wenig grftcismen,
grammatischen und lezicalischen, zum teil der gröbsten art begegne,
die in C fehlen, zum beweise dieser behauptung werden nun aas
der ganzen Freisinger bibel (so I) neunzehn stellen ausgehoben ;
unter diesen aber befinden sich zehn, also mehr aU
die httlftOy für welche weder bei Augustinus noch bei
Capreolus eine parallelstelle vorliegt.* seit wann darf
sich denn in unsere gelehrten Zeitschriften ein solches verfahren ein-
nisten? ich musz gestehen, mir trieb bei meinem stolzen glauben
an die ehrlichkeit der deutschen Wissenschaft diese plumpe teuscbung
die schamröthe ins gesiebt.'
So weit zunächst Ziegler. die Verteidigung gegen dieses meinen
litterarischen wie persönlichen Charakter vernichtende verdict ttber-
lasse ich hm. Ziegler selber und bringe hier aus seinen 'Italafrag-
menten' § 16 s. 18 zum abdruck, wo buchstäblich folgendes zu lesen
ist: 'manche Verbindungen sind aus dem streben nach wQrt-
licher Übersetzung hervorgegangen, gräeiamen finden sieb
folgende: accusativ der näheren bestimmung nur bei rtgpUeU fruehm
Phil. 1, 11. griechische rection indiffm auni tudidarum mtütmond»
I Cor. 6, 2 ; adhaerentia sahUis {ix&fieya curnip^oc) Heb. 6, 9; bm-
dico mit accusativ Heb. 6, 14 und 7, 1 ist aus der vnlgata sattsam
bekannt, attraction des relativum findet statt bei per eonsoUäumm
quam exortanmr (bid vfjc irapoxXrjcewc fjc irapODcaXod^eOa) U Cor.
1,4; griechische Verneinung mit doppelter negation bei: utm^
desii vobis . . exspeäantes -■ djcre ö^dc |yif| dirocT€p€tc6oa . . . dno-
bexojüi^vouc I Cor. 1, 7 (Bönsch s. 451). aus dem griechischen stam-
men auch die Verbindungen fui ad vos ^^ ^evö^ffv irpdc v^c
I Cor. 2 , 3 und ut . . permaneat advos ^m Iva biOfieivQ rrpic i)>M&c
Oal. 2, 6. -* Eine ganz rohe nachbildnng des griechiacfaen ist: tm-
pos$ibüe est emrn sa/nguis . . auferrepeecata ■* dbuvorov T^ ^^^^
. . dqMXipciv dfiapriac Heb. 10, 4. — Oebranch und laünisiemng
* für den leser, dem das Zieglerache baoh nicht in geböte steht.
bemerke ich ausdrücklich, dass meinerseits keine aaslassimg begao(;«o
worden ist, was man vermaten kann oder vielmehr mnsi. ein riebtif«9
folemisehes verfahren sollte nemlich meine ansieht wenn aoeh in aller
Urse als materiell nnsutreifend and formell anstatthaft Korfickweissa,
um das nachfolgende schwere Terdammungsarteil and den daran ge-
knüpften aufachrei sittlicher entrüstong mit einigem schein von b«-
rechtignng vertreten sa können.
JNOtt: rar abwefar [gegen hm. Leo Ziegler]. 427
gneehischer Wörter findet aich: Heb. 10, 32 agonem; U Cor. 4, 8
aponanmr und eniporjafmir (letzteres war bis jetzt mcht bekannt) ;
Heb. 10, 6 u. 8 holoeausUi; I Cor. 2, 1 cu 7 mysteriuim'^ I Tim. 5, 19
proesbiftetram nnd Heb. 11, 2 praeshfteiri] Heb. 10, 27 edus,'
Idi habe den bnchstäblichen abdmck dieses paragraphen aus
dem buche meines gegners für nOtig gehalten, um actenmäszig con-
itatieren su könnesi, dasz über das abhttngigkeitsverhältnis des Fri-
iisgensis vom griechischen urtext eine wesentliche meinungsdifferenz
nriidien uns beiden nicht vorhanden ist. Z. findet, wie man sieht,
im Frisingenais ein streben nach wörtlicher Übersetzung,
ich ein streben nach engerem anschlusz an das original,
W16 wol so liemlioh dasselbe sein wird. Z. hebt sodann im einzelnen
eben&lls lexicalische und grammatische gräcismen, zum teil von
gua roher art aus. ztthlt man die stellen bei Z., so sind es gleioh-
fills 19, von denen 12 partien des Freisinger textes angehören, wo
Attgastinufl-Capreolus keine parallele bietet, trotz dieser ttberein-
itimmung im beweisverfahren und im ergebnis desselben entdeckt
Z. bei mir plumpen betrug, scbttndung der ehre deutscher wissen-
aduft und beschuldigt die ftlteste philologische Zeitschrift in Deutsch-
land der beihilfe an diesem attentat. freilich ist er innerlich selbstnicht
reefat befriedigt von seinem summarischen Verdammungsurteil und
sucht deshalb in einer anmerkung demselben etwas aufzuhelfen, er
sehreibt nemlich : 'angesichts eines solchen verfi^hrens, das mit dem
betten willen nicht als irrtum aufgefaszt werden kann, ist sehr be-
greiflieh, warum gerade Ott so gern die ehrlichkeit seiner gegner zu
Tsdichtigen sucht, wer es mit seinen beweisen so leicht nimt, von
dem ist eben keine achtung vor dem wissenschaftlichen ehrgefühle
iiderer zu erwarten, dasz aber grundlose verdflchtigungen redlich
gweinter arbeiten, wie sie Ott auszusprechen. beliebt, in wissen-
ichafllidben Zeitschriften aufnähme finden, ist ein bedenkliches zei-
chen dar zeit.' den beweis für seine inzicht ist Z. so^ol den beiden
aag^gnUanen, mir und der redaetion dieser Zeitschrift, als sich selbst
■ad Beinen iMam schiildig geblieben.*
* [waa den nach der obigen mitteilnng von hm. Ziegler gegen mich
•rUhenen vonrorf wegen aufnähme der Otttchen arbeiten bew. kritiken
a ^ jahrbiieher betrifft, so erwidere ich anf denselben, als einen aos-
iitt gekränkter eigenliebe natürlich kein wort; aber ich benatze diese
rclegenheit um den lesem mitzuteilen, dasz mein verewigter freund
Kltiehl fiber den anfsatz von Ott im Jahrgang 1874 dieser seitschrift
air KiDe volle Zufriedenheit abgesprochen hat; da sich, fügte er hin-
n, eiae ao methodisch gesehulte kraft an die dorehforschnng des bibel-
kteia gemacht habe, so sei aussieht vorhanden, daes die philologen
iker dieee bisher angebührlich vemachlftssigte periode der lateinischen
tpraehentwscklnng doch endlieh einmal gesicherte anfsohlÜMe bekom-
•ca würden, möge dieses arteil sowie andere gelegentlieh veröffent-
Ücbte, ib. das yon H Jordan in seinen kritischen beitragen snr ge-
•dacht« der lat. spräche s. 265 Mie trefflichen bemerknngen von Ott'
»€iaeB verehrten mitarbeiter berahigen solchen angriffen gegenüber,
*U & eind gegen die er im obigen aafsatse sich seiner haut weh-
rta mnml A. F.]
428 JNOtt: zur abwehr [gegen hrn. Leo Ziegler].
Ein unterschied zwisohen Z. und mir besteht nun freilich trotz
der besprochenen formellen und materiellen Übereinstimmung, wfih-
rend Z. die thatsache der wiederholten abweichung des Frisingensis
von Augustinus, die er auf das streben nach wörtlicher Übersetzimg
zurückfuhrt, ignoriert, ziehe ich den schlusz, dasz beide texte nicht
identisch sein können, allerdings habe ich rersftnmt das gsnze be-
Weismaterial aufzufahren, weü es mir genügend schien einige cha-
rakteristisch scheinende belege auszuheben.
Wie der fondamentalsatz der antikritik, die Z. an meiner bespre-
chung seiner ^Italafragmente' übt, so ist die ganze durchführung for-
mell schwach und haltlos, innerlich hohl und unwahr, die reidilich
eingestreuten rerletzenden persönlichkeiten, womit der mangelan
beweiskraft der argumente ersetzt werden soll, geben dem ganzen
allerdings etwas saft und beize; der denkende leser und anbesto-
chene beurteiler aber weisz was von einer solchen taktik zu halten ist.
zur beleuchtung des antikritischen verfiahrens meines gegners führe
ich nur zwei beispiele auf. in meiner rec. des Zieglersohen bnches
8. 201 stellte ich den satz auf, dasz im Fris., rergliohen mit dem
texte des Augustinus, sich ein abweichendes übersetzungsprincip
von der ersten zeile an geltend mache, ich beziehe mich hiebei
auf den von Z. 'Italafragmente' s. 68 vorgelegten paralleltext des
Fris. und des Augustinus, wo die erste zeile dieses textes also lautet:
B (»s Frisingensis) C («» Augustinus)
Bom. 14, 10 omnes enim adsUM- omnes entm stabimus ante tribu-
mu8 ante trtbunal Chrisii näl dammi
dazu note : *C* contra Adimant. 14, 2 — omnes enim adsUMmus ante
tribunäl Christi. Enchir. 29 , de symbol. 9.' in adstabimus erblicke
ich einen engem anschlusz an das griechische, die Übersetzung im
Fris. wollte im lateinischen das napa des griechischen nicht verloren
gehen lassen, was in dem von Z. als Augustinisch vorgelegten text
geschieht; daiyun adstäbimus^ wie aus dem umgekehrten gründe auf
der gleichen seite in v. 15 desselben cap. das griechische XuircTrm
im Fris. nicht mit dem sonst im bibellatein ib häufigen oontrisiaiur
übersetzt wird , sondern mit dem seltenen iristatur. dieses bestre-
ben dem grundtext möglichst gerecht zu werden macht sich eben in
der wiedergäbe der griechischen prttpositionen in den composits gel-
tend, ^aher habe ich suhscaMlo (i&TroTröbtov) , percenfrkatio (bia-
irapaTfiißyi), a>n«octi«5(cuTKOivu)vöc), a>m;e$c» (cuvccdieiv), amsedere
(cuTKaOiZctv) als charakteristische eigentümlidikeiten s.201 meiner
rec. zusanunengenommen. diesen meinen satz bestreitet nun Z. in
einer weise , die den eindruck zu machen geeignet ist , als habe ich
mich des schwindeis und der Unwahrheit schuldig gemacht, er
schreibt nemlich s. 84 : 'um dabei die behauptung eines recensenten,
dasz sich die Verschiedenheit des übersetzungsprinoips von der
ersten zeile an geltend mache, ins rechte licht zu setzen, stelle
ich den ersten abschnitt der Freisinger blfttter voran', und bietet den
genannten vers Rom. 14, 10 in folgender gestalt:
JNOtt: sar abwebr [gegen hrn. Leo Ziegler]. 429
B. Frisingensis G. Augustinus
omnes emm adstahimus omnes mim adslahimus
amte Mbunal Christi. anU MbuncH Christi.
dm aamerkuiig: ^ebenso de sjrmbol. 9; c. Adimant 14, 2; adstare
mUe tribwfiäl findet sieb auch 11 Cor. 5, 10 einigemale bei Augu-
ttlBQS.'
Z. setit, wie man sieht, im neuen buch bei Augustinus ((7) eine
flberlieferung des verses in den tezt, die in den Italafragmenten als
nriante unter demselben gestanden hat, verschweigt den lesem aber
vollständig diese ftnderung, entzieht ihnen damit das Substrat zur
bearteilung meiner behauptung und führt sie in die irre, trotz die-
ler eigentttmlichen manipulation, wofür ich andern die richtige be-
Midmung tlberlaase, ruft Z. nach abdruck von ein paar abschnitten
beider texte (nebst Amiatinus) , der in der zu beweisenden sache
TÖllig zwecklos ist, mit erkllnsteltem pathos also aus: * wahrlich, es
WUT nicht ein tvomehmes machtwort» von mir, wenn ich die identi-
tlt des tsztes der Freisinger blfttter mit der bibel des Augustinus
ab unumstösslidie thatsache bezeichnete; ich war nur der schwache
dofanetsch der greifbar vorliegenden Wirklichkeit, welche ftlr mich
so laut und deutlich zeugnis gibt, dasz es jedermann vernehmen
■rosB, der nicht taub an herz und obren ist meinem recensenten
aber mOchte ich das Augustinische wort ans herz legen: qperi ocuios
il lege et noli tamquam eaecis aliud pro alio velle sup-
ponere»*
Wdche bewandtnis es mit dieser * greifbar vorliegenden wirk-
Udksit' habe , darüber äuszert sich Z. an einer andern stelle mit
eiacr dentlichkeit die nichts zu wünschen übrig Iftszt. s. 82 schreibt
erasmlich: 'Augustinus citiert aus den in den Freisinger blAttem
ghahenen stellen teils Einmal teils öfter über 3500 Wörter; dabei
«geben sich etwas über 70 abweichnngen; unter diesen stimmen
wieder etwa 40 lesarten mit der vulgata, so dasz wir ziemlich sicher
aandmien dürfen, dieselben seien wenigstens zum grösten teil inter-
poliert' weicht der Fris. über 70mal von dem text des Augustinus
tbf igt ein gut teil dieser abweichnngen auf die vulgata, al^o auf
BittQnjrmus zurückzuführen, dann ist es ans mit der behaupteten
idntitftt der beiden texte, dann nimmt der Fris. eine mittelstellung
nriidMn Augustinus und Hieronymus ein. ich sdiweige davon,
diss die zahlreichen und groben Vulgarismen des Fris. sich mit der
ipaehe des Augustinus und seiner bibel nicht in einklang bringen
luasB, und madbe nur daranf aufmerksam, dasz Z. mit der verfoch-
taen einbeit der genannten zwei texte mit dem prinäp, das er
iOBSt in seinem budie vertritt, in widersprach gerith. bei der an-
istaie einer unsahl lateinisdier bibdversionen genügen ihm nemlich
•ekon ein paar besondere lesarten, um daraus auf das Vorhandensein
tmer weitem bibelübersetzung zu schlieszen. consequente durch*
itümmg djeees principe verbietet bei 70 Varianten von zwei texten,
«nd wire darunter nur ein halbes dutzend bedeutsamerer, noch von
430 JNOtt: zur abwehr [gegen hrn. Leo Ziegler].
identitSt derselben zu reden. Z. ninunt es hierbei freilieb nicht so
streng und hebt sich über entgegenstehende Schwierigkeiten leichten
Sprunges hinweg, wie I Cor. 6, 2 wo jB (Fris.) indigni suml wdido-
tum minmarum, C (Angustinas) indiffni esHs qiU de mimmia mdi-
oetis bietet, diese auffallende dissonanz, die für sich allein Bchon die
ganze hypothese Z.s in frage stellt, macht ihm wenig scrupelimd
wird mit, einer note also beseitigt: *ich bemerke dasz hier überhaupt
eine starke abweichong zwischen jB und C (nur durch de doetr. Christ
4, 18, 36 belegt) yorliegt. C stimmt mit der vnlgata. doch
ich wiU auf dieses inmierhin zur vorsieht mahnende verbSltnis kein
gewicht legen.' wenn starke , zur rorsicht mahnende abweicfaungen
nicht mehr ins gewicht fallen, dann verdienen unbedeutendere Va-
rianten, doppelte und dreifiiohe Übersetzung 6ines und desselben
Wortes keine besondere beachtung. dann hört überhaupt jede be*
rechtigung auf von einer mehrzahl von bibelübersetzungen vor Hie-
ronjmus zu reden.
Nach dieser sachlichen abschweifung hebe ich noch einen punct
aus der antikritik meines gegners aus, die auslassung s. 88 f., wo er
in einer anmerkung sich gegen einzelne stttze meiner rec wendet
charakteristisch für die hierbei beobachtete kampfesweise ist, daex Z.
auch nicht für einen einzigen der bestrittenen sätze den fundort an-
gibt, er hat hienu auch guten grund : denn schon ein flüchtiger
vergleich meines textes mit den anführungen desselben genügt, um
die Sophisterei seines verfahrene zu durchschauen, zunftchst wirft
mir dort Z. unerlaubte Verwendung einer seiner äuszerungen zu eig-
nem zwecke, Unterstellung einer ftJschen folgerung, misdeutung sei-
ner ansieht vor. er hat hierbei s. 192 meiner reo. im äuge, wo ich
auf den Widerspruch Z.s mit sich selbst aufmerksam madhe, weim
*er für den Fris. ofßciellen Charakter in anspruch nimt, den er
sonst der Itala kategorisch abspricht' ich bcäog mich dabei inf
^Italafragmente' s. 28, wo Z. die behanptung anfi^Ut: *in den vor-
angehenden erOrterungen ist der officielle gebraueh des Freisinger
textes an den bischoflnitzen zu Hippo und Karthago nachgewiesen,
während keine der früher bekannt gewordenen sog. vorhieronymia-
nischen Übersetzungen in den citaten der vftter sich wiedererknuien
Uiszi' es ist, meine ich, hier der ofiBcielle Charakter eines biblisdieii
textes mit einer deutlichkeit und bestimmtheit ausgesprochen, die
auch durch den gemachten adversativen zusatz nicht abgeschwScht
wird, statt nun den Widerspruch mit sich selbet einzorKnmen oder
die Unrichtigkeit des ausdrucke zu verbessern, macht Z. mich zum
Sündenbock, er schreibt nemlich: *ich musz gestehen dasz meine
werte an und für sich betrachtet einer misdeutung fUiig sind, da
ich aber kurz vorher die existenz eines officiellen, dh. eines von
der kirche autorisierten textes für jene zeit in abrede gestellt hatte,
war der sinn des Satzes bei einigem guten willen verstindlich. iok
wollte natürlich nichts weiteres sagen, als dasz der Freisinger text
vor andern sich dadurch auszeichnet, weil dessen gebranch bei offi-
JNOtt: lar abwehr [gegen hm. Leo Ziegler]. 431
dellen penOnlichkeiteii, hier also bei Angastinas und Capreolus sich
coBstaüeren lasse, wftbrend bei den früher yerOffentlichten texten
dies nieht der fall ist. ioh bemerke ausdrücklich dasz ich diesen
gegensais beigefilgt habe, aber Ott benutzt trotzdem meine Busze-
mag flir seine ansieht, obwol er die prSmisse, dh. die identitftt der
texte BC in abrede stellt, erklftrt er meine folgerung ffir richtig und
btnscht sie ansserdem noch zu einer mir ganz fremden deutung au£
tiiknflpfend an meine erOrtenmg schreibt er: Itala ist also die
officielle lateinische bibel oder, wie ich mich bestimm-
ter ausgedruckt habe, die bibel der kirchlichen ge-
meinde und liturgischen praxis in Africa. wahrlich, die
Icgik mnas eine derbe Constitution haben, die solche sprttnge aus-
biflt* schUgt man die genannte seite meiner rec. nach , so findet
flum daas der yon Z. daraus ausgehobene satz in keinem zusammen-
hing weder mit einer prftmisee noch mit einer folgerung Z.s steht,
sondem dasz damit, wie schon änszerlich das alinea zeigt, die erör-
terong Aber den namen 'Itala' abgeschlossen wird, was sodann die
destuag seiner folgerung betrifft, die im handumdrehen aus bischofs-
fltcen ofifidalle Persönlichkeiten macht, so ist dieselbe, abgesehen
TOB dieser exegetischen Ungeheuerlichkeit, materiell ausgeschlossen
dnieh die §§ 35 und 26 seiner 'Italafragmente', die den unzweideu-
tigen naohweia des kirchlichen oder amtlichen gebrauchs des Fris.
iD den bischoftsitzen Hippo und E[arthago bezwecken.
Kicht besser begrOndet ist der Vorwurf, den ich auf der glei-
chen Seite (89) zu hOren bekomme, 'noch sonderbarer' heiszt es
Ist «ne folgerung, welche Ott aus der negierung der identit&t von
^ sieht; dieselbe zeigt so recht deutlich, wie wenig er die ansich-
tCB anderer zu verstidien und zu würdigen weisz. er schreibt nem-
liefa, ea sei zweifelhaft, ob überhaupt an unmittelbar
zfricanische heimat der Freisinger blfttter zu denken
lei, da dieselben ebensogut fttr Italien als für Africa
in anspruch genommen werden könnten, im weitem ver*
Itd bsMidmet er die annähme einer africanischen heimat geradezu
•Is meiiie aasicfat, der er habe entgegentreten müssen, sollte man
«ia ioldiea miaverstSndnis, das eine völlige umkehrung unseres ge-
(so!) standpunotes in sich sohlieszt, für möglich halten?
ioh bin ja dafür eingetreten, dasz die Itala, worunter ich
oater anatinimqng Otts die bibel des Augustinus verstehe, in Italien
cBWftaiidett sei; Ott dagegen hat sich mit allw entschiedenheit für
ifricBBisdMn Ursprung ausgesprochen,' zur sachlichen richtigstel-
hag aei so viel bemerkt: nach Z.s 'Italafragmenten' ist der Frei-
lager text identisch mit der an den beiden bischöflichen sitzen
Hif^ und Karthago gebräuchlichen bibel, dort wird er von Augu-
Uns benatit, hier von dessen Zeitgenossen Aurelius und zwar vom
j. 416 ab bei officiellen anlissen, 'bei den meist unter des Aurelius
TOfiits zu Karthago und Mileum abgehaltenen synoden' (Italafrgm.
L M), aodam unter dessen nachfolger Capreolus, 'welcher seit 430
432 JNOtt: zar abwehr [gegen hm. Leo Ziegler].
den bischofssitz einnahm' (ao. s. 26 f.) , oder er liegt yielmehr dem
an diesen beiden bischöflichen sitzen längere zeit hindurch üblichen
bibeltezt zu gründe, also ist doch wol Afnca seine heimat nun
überflnsz weist Z. ao. s. 25 nach , dasz Augustinus in den beiden
Schriften, die er auf italischem boden yerfaszte {de maribus ecdeme
cathoUcae und de nu>ribu8 Mamchaearum), sich fehlerhafter bibel-hfö.
bediente, und dasz sich erst nach der zeit seiner rückkehr nach Africa
in seinem etwa im j. 389 veröffentlichten werke de genesi contra
Manichaeos, soweit es die Paulinischen briefe betreflb, sichere spuren
der Itala nachweisen lassen, hieraus ergibt sich zunächst, dasz
Augustinus erst auf africanisohem boden die mit dem Frisingensis
identische Itala kennen lernte, während er sich in Italien mit
schlechteren texten behelfen muste, und als weitere folge, dasz
eben Africa die heimat dieser fehlerfreiem und reinem latinisiemng
der bibel gewesen ist. gegen diese natürliche und notwendige fol-
gerung , die von Z. freilich nicht gezogen worden ist und aus nahe-
liegenden gründen von ihm auch nicht gezogen werden durfte,
mache ich geltend, dasz es zweifelhaft sei, ob überhaupt an africft-
nische heimat des Fris. zu denken sei. sieht man s. 202 meiner rec.
nach , so findet man dasz diese mahnung zur vorsieht mit dem hin-
weis auf das von Z. nachdrücklich betonte enge verwandt6dlaft8ve^
hältnis von B und D (des Fris. mit Hieron jmus) begründet, und
nicht aus der negierang von BC gefolgert wird.
Wenn sodann Z. behauptet , dasz ich im weitem verlaufe die
annähme einer africanischen heimat als seine ansieht bezeichne, und
durch eine eigentümliche praktik die sache so dreht, als handle es
sich hier um die africanische heimat der Itala und gehe der begrif
Itala für mich in der bibel des Augustinus auf, so muss loh erkli-
ren, dasz von all dem auch nicht ein iota in meiner recensioii zu
finden ist.
Doch genug der proben eines polemischen gebahrens , dem es
nicht um berichtigung von irrtümem oder förderung der waihrheit,
sondern um den schein des gewonnenen Spieles zu thun ist, und das
deshalb bald zu groben trumpfen bald zu listigen kniflto aeiiie zu-
flucht nimt, durchweg aber es auf persönliche verletxung md Ver-
unglimpfung des gegners abgesehen hat eines weitem oitttls ent-
halte ich mich, da ich nicht in eigner sache richter seinwilL andere
mOgen prüfen, wo recht, wo unredit liegt, und untemiolMn ob Z.
einen «^sprach hat gegenüber *der überklugen und oft übemiütigeQ
gelehrsamkeit unserer zeit' (die lateinischen bibelübersetrongen vor
Hieronjmus s. 18) den buszprediger zu spielen und als hoohwichter
der ehre deutscher Wissenschaft aufzutreten, mir will seheinen,
hr. Ziegler hätte grund bescheidener von sich zu denken und ifick-
sichtsvoller von andern zu reden : denn sein neues werk ist bei wei*
tem nicht die hervorragende leistung, für die es angesehen sein will.
doch davon bei anderer gelegenheit
BOTTWEIL. JOSAMN NePOKUK OtT.
ERSTE ABTEEiUNa
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HKRAU8GBGBBEK VON ALFRED FlECKEISEK.
67.
ZUR SCHLACHT VON MABATHON.
Die anne Schlacht von Marathon ! einst das schönste kleinod
im Fohmesschatz des athenischen Volkes, die das thema geliefert hat
für nsiShlige gedichte, ftlr begeisterte aufrufe, wenn es galt das
tolk durch die erinnerung an die heldenthaten der vBter zu grossen
entscUflssen anzxuregen, und gewis auch fttr manches eitle prunk-
gesdiwStK und zahlreiche 'mots sonores' — die hat man nun neuer-
dings wieder (denn auch im altertum war es ja schon versucht) zu
dnem unbedeutenden gefecht degradiert, zu einem irpöCKpouc^a
Ppoxö TOic ßopßäpotc äiTOßaciv (s. NWecklein über die tradition der
Penerkriege, Ifünchen 1876) ! mit welchem recht, das kann ich hier
sieht untersuchen, es würde auch sicherlich über meine krftfte gehen,
denn es ist ja eine alte oft wiederholte klage, dasz die dttrftigkeit
der Überlieferung nicht gestattet über den hergang des kampfes, über
du was ihm yorangieng und unmittelbar folgte, uns eine volle aus-
reidrande yorstellung zu bilden. Herodots bericht ist auffallend
kon, sprunghaft, und dabei so dunkel, dasz fast jede der von ihm
beriditeten thatsachen verschiedene auslegungen erfahren und zu
lebhaften controyersen unter den gelehrten, den philologen wie den
historikem, anlass gegeben hat. kein wunder daher, dasz man alle
uchriebten über die schlacht, die sich bei andern alten Schriftstellern
kie und da zerstreut finden, eifrig aufgesucht und verwertet hat.
iber auch so noch konnte ein neuerer gelehrter, YCampe (de pugna
Uifitbonia, Greiiswald 1867) 'die verschiedenen ungenügenden ver-
Mcbe, die unverstSndlichen und unglaubwürdigen ^puncto der über-
üeferang über die schlacht begreiflich zu machen, einer eingehenden
erQrtenmg und beurteilung unterwerfen' (Wecklein ao. s. 273). ob
Cuape selbst zu einem abschlieszenden , auch andere befriedigenden
nsultot gelangt ist, weisz ich nicht, da mir die schrift leider nicht
nglaglidi ist; aber ich bezweifle es , da ja später, im j. 1872, noch
m lo lebhafter kämpf über einige der hauptpuncte der Überlieferung
r ftr clMS. philol. IST» hfU 7. 28
434 HMüUer-Strübing : zur scbiaclit yon Marathon.
zwischen Lngebil und Schömann in diesen Jahrbüchern geitlhrt wor*
den ist. nur in Einern und, wie sich zeigen wirdy allerdings sehr
wichtigen puncte sind nicht blosz diese beiden gegner, sondern fast
alle forscher einig, nemlich Ober die von der Aiantischen phyle
in der athenischen schlachtlinie eingenommene Stel-
lung, 'wir wissen aus ganz sichern zengnissen' sagt Schdmami
(Jahrb. 1872 s. 156) 'dasz die phyle Aianiäs auf dem rechten flügel
stand' (dh. dasz sie am tage der schlacht den ehrenplatz inne hatte\
und Lugebil ist dieser thatsache so sicher, dasz er aus ihr den
schlnsz zieht (suppl. V s. 630): *wenn Miltiades am tage der
Schlacht mit seiner phyle auf dem rechten flügel stand . . so folgt
daraus dasz er der Aiantis angehörte.' und den einwurf , den er er-
wartet: 'aber Miltiades war ja aus dem demos Lakiadai, und dieser
demos gehörte zur phyle Oineis (Photios u. Steph. Byz.)' beantwortet
er mit dem weitem schlusz: 'zur zeit der zehn phylen gehörte also
der demos Lakiadai zur Aiantis.' man sieht, das ist kühn, beweist
aber doch , für wie unanfechtbar Lugebil die thatsache der stellang
der Aiantis auf dem rechten fiügel hat. — Drollig ist es dann, dasz
ein anderer gelehrter, GGilbert (beitrftge zur innem geschichte
Athens y Leipzig 1877) von derselben thatsache ausgehend in hezug
auf Miltiades zu einem ganz andern schlusz gelangt, den ich seiner
— nun ja, ich will sagen, auch seiner kühnheit wogen anfllhre : denn
sonst wäre es kaum der mühe wert — , zu folgendem (s. 23 f.) : Ma
nach dem zeugnis des Aischylos in der marathonischen schlacht die
Aiantis den rechten flügel inne gehabt hat, so musz Miltiades die
Aiantis commandiert haben, nun war aber Miltiades aus dem demos
Lakiadai, der zur Oineis gehört hat.' (und hier begegnet ihm da»
versehen, dasz er sich in einer anmerkung auf Lngebil s. 626 ff. beruft
wo gerade behauptet wird, der demos Lakiadai habe damals n i cht
zur Oineis gehört.) ^folglich hat derselbe in der schlacht bei Mara-
thon nicht seine eigne phyle geführt, und folglich sind die Strategen
nicht notwendigerweise aus den, sondeiii nur für die phylen gewählt
worden.' (!!) für jetzt will ich mich mit diesen ansrufnngszeichen
begnügen , und will nur bemerken dasz Gilbert nicht vom Zeugnisse
des Aischylos hätte reden, dasz er vielmehr hätte sagen sollen : nach
dem Zeugnis Plutarchs oder noch genauer nach dem leagnia des
rhetor Glaukias, der sich in Plutarchs ^tischgesprächen' (I probL 10 •
für seine behauptung in bezug auf die Stellung der Aiantis anf da»
Zeugnis des Aischylos beruft ohne die stelle zu citieren. das iat denn
doch ein groszer unterschied.
Wenn ich nun hier diesem angeblichen zeugnis des Aiachylc?
zu leibe gehen will, so ist es mir ein wahrer trost, dasz ich dtxh
nicht der erste bin, der sich dessen unterfängt schon Western: ann
hat in diesen Jahrbüchern (1842 bd. 36 s. 149) gesagt: *dageg<n
wird der angäbe des Plutarch, dasz die Aiantis auf dem rechten
flügel gestanden, abgesehen auch davon dasz die stelle nicht darchaQ^
heil ist, schwerlich ein bedeutendes gewicht beizulegen sein; sie ist
r^
HMfiller-Strfibing: zur Schlacht von Marathon. 435
nicht dinmal als ein rein historisches factum hingestellt und beruht
anf einem dem Verfasser vielleicht nur dunkel vorschwebenden oder
aadsventandenen ausspruch des Aischjlos.'
Inwiefem nun dies mistrauen in Plutarchs angäbe, das ich voll*
ftiindig teile, berechtigt ist, das will ich hier untersuchen, musz aber
daiQ die ganze stelle in ihrem Zusammenhang in betracht ziehen.
Plutarch erzfthltao., mehrere freunde, der grammatiker Markos,
Philopappoe der könig, wie er ihn nennt, Milon, Glaukias ua. hätten
mit ihm bei tafel den sieg gefeiert, den Serapion mit dem chor der
Aiantisehen phyle gewonnen ; nach allerlei reden zur ergetzung und
ioi Wissbegierde habe der grammatiker Markos als thema ihrer
anteriMJiong eine Untersuchung Ober folgende frage vorgeschlagen:
Keanthes der Kyzikener behaupte in seinem buch (iy toTc Kcrrd iröXiv
Mu6ixotc, nach Preller, zu Polemon, von Athen zu verstehen), die
Aiaotisehe phyle habe das ehrenrecht gehabt, dasz der von ihr ge-
stellte chor niemals den letzten platz einnehme; sie sollten nun unter-
iuchen, woher dies ehrenrecht stamme, da wirft Milon die kritische
frage anf, ob denn diese angäbe des Neanthes ihre richtigkeit habe,
ob sie nicht vielleicht erlogen sei? (fiv oOv i|ieOboc fj tö Xctö-
Mcvov;) aber was macht es denn aus, erwidert darauf prinz Philo-
pappoe , wenn es uns bei nnserm forschungseifer auch eben so geht
wie dem weisen Demokritos (oub^v, I9TI, bcivöv el tqutö ireicö^eOa
AryioicpiTi;! Tiji coq)qj biä qpiXoXoTiav). dieser habe nemlich einmal
«ne feige gegessen, die ihm nach honig zu schmecken schien; da
fügt er seine baushälterin, wo sie die feige gekauft habe; sie nennt
ihm dem garten; er befiehlt ihr ihn dorthin zu führen, er müsse den
ort sehen, die alte fragt verwundert weshalb? ich musz ausfindig
msdien, was diese sOszigkeit der feige für eine Ursache hat, und das
buin ich nur an ort und stelle, da habe die alte lachend gesagt:
^n bleib nur ruhig sitzen : ich selbst habe die feige aus versehen
ia einen topf gethan, in dem honig gewesen war. da sagt der philo-
ioph ganz zornig: du bringst mich um, aber ich will trotzdem mich
10 die Untersuchung machen nnd die Ursache erforschen, ganz als
v«nn der feige diese sflszigkeit von natur eigentümlich wäre, und
fo, meint Philopappos, wollen wir es auch machen, und wollen gar
knae aotis davon nehmen, dasz Neanthes in seinen angaben manch-
mal leiehtfertig ist; wir können doch unsem esprit zeigen, wenn
nch sonst nichts gescheidtes dabei heraus kommt — dTT^^vdZccOai
T^, et |0|biv dXXo xp^ciimov 6 Xötoc Tropäci. jetzt sind diese
ktrren in der rechten Stimmung für eine gelehrte Untersuchung, und
.ch dichte, wir wissen nun woran wir sind, dies ist kein redekampf
alt scbarfen waffen, dies ist ein scherzhaftes tumier, ein bloszes
vorigeCeeht, bei dem ein jeder wagen darf jedes noch so nichtige
tr^jument Torzubringen , weil er wol weisz, dasz niemand ein so un«
iiSlIidier pedant sein wird, die Stichhaltigkeit desselben kritisch zu
prüfen, wie sollten sie auch , da es ihnen ja gleichgültig ist, ob die
fnmdlage ihrer Unterhaltung, das thema selbst, wahr ist oder er-
28*
436 HMüller-ßtrübing: zur schlacbt von Maratbon.
logen? und so f&hrt denn anch Platarch fort, offenbar echalkhaft, in
unverkennbar persiflierendem tone : und nun gieng es los, die phyle
herauszustreichen und vorzubringen was sich zu ihrem rühm etwa
sagen liesz ; und so ward denn auch Marathon ins gefecht gezogen,
als ein zu dieser phyle gehöriger demos: xal Toip ö MapaOtijv de
jLi^coV €YXk€TO, bfjjLioc S)V dKEiviic TT^c qpuXf^c — und auch den Har-
modios und seine genossen wiesen sie nach als zur Aiantis gehörig,
da sie aus dem demos Aphidnai waren: Ka\ toOc Trepl 'Ap^öbiov
AlavTiboc d:7r^q)aivov, *Aq)ibvalouc fe bi\ Tt&v bifimüv TtTOVorac
(dies ist übrigens nicht Übel: nicht blosz den Harmodios, sondern
offenbar auch den Aristogeiton und die ganze bände! denn o\ Trepi
'ApjLiöbiov kann doch hier sicher nicht so verstanden werden, wie
etwa in dem ausdruck ol nepl CwKpdTiiv vorzugsweise Sokrates
selbst gemeint ist! man kann doch nicht sagen, oi Trepl CujKpcmiv
waren aus dem demos Alopeke ! und werden wir uns nun durch dies
Zeugnis aufbinden lassen, auch Aristogeiton und die übrigen ver-
schworenen hätten sämtlich der Aiantis angehört oder vielmehr —
denn die phyle Aiantis existierte ja damals noch gar nicht — seien
Aphidnaier gewesen? ich musz mich dagegen verwahren), dann
kommt die hauptstelle: fXauKiac bi ö ^iiTUUp Kai tö öeEiöv K^pac
AiavTtbaic Tfic iv MapaOiXivi iraparaEeuic d7robo0f]vai tqic Alcxv-
\ov eic rfiv ^eSoptav (tscribenduip videtur cic Tf)V MapaOuiviav»
Bergk) dXefeiaic niCTOU)Li€VOc, ^t^vicm^vou t^iv \x&%r\y ixcivriv
^niqpavijjc* Itx bi xal KaXXifiaxov äirebeiKVue töv 1roX^^apxov Ü
dK€iVT]C ÖVTQ TT^C q)uXfJc, ÖC ttÖTÖV T€ TTOp^CXeV fiplCTOV ävbpO, KOI
Tfjc fidxric ^€Td T€ MiXTidbT]V alTiidTaioc kot^ctt], cu^^|n)9oc
£K€ivU) T€VÖ|Ll€VOC. if^ bC TIJJ fXaUKtq 7rpOC€Tl8T]V, 6X1 Kttl TÖ
ip/jq)ic^a, KttO* 5 toiic 'AGrivaiouc ärJTOTC, Tf|c Alaviiboc q)üXfic
npuTaveuoudic Tpaq)€iTi , xai öti trepi Tf]v iv TlXaraiatc ^äxnv cO-
bOKi^y)C€i€V f) q)uXf) ^dXtcra, daher denn auch die Aiantiden den
Sphragitischen nymphen auf dem Kithairon das von Delphoi aus an-
geordnete opfer gebracht hätten, aber du siehst, fährt Platarch dann
zu Glaukias fort, dasz es auch den andern phylen, namentlich auch mei-
ner eignen, der Leontis, an vielen auszeichnungen nicht fehlt sollt«
es daher nicht das wahrscheinlichste sein, dasz die Athener jene an*
Ordnung in bezug auf den chor getroffen haben , um dem eponymo»
der phyle schön zu thun und um den hart zu gehen ? denn der söhn
des Telamon war sehr empfindlich gegen jede Zurücksetzung und
schreckte in seinem zom und ehrgeiz auch vor dem äuszersten nicht
zurück : Xva ouv mt) xaXenöc iji \xr^ * dTrapapüÖiiTOC, £bo£€ xfjc iirn^c
dqpeXeiv tö bucx€p^cTaTOV, elc Tf|v tcx&Tvy X^pov ^T]b^noTC rnv
q>uXf|v aÖToO KaTaßaXövrac.
Ich habe auch diesen schlusz noch herangezogen, weil dor
schalkhaft persiflierende ton, in dem diese ganze Untersuchung flbi :
die Verdienste der Aiantischen phyle behandelt ist, hier so ganz un*
verkennbar sich vernehmlich macht, denn niemand vnrd doch be-
haupten wollen, dasz es Plutarch mit diesem vom Jähzorn des Aias
HMüllex-Strflbing: zur schlacht von Marathon. 437
hergenommenen argument ernst iat und so, denke ich, steht es
nieht gerade besser mit der berafnng des rhetor Olankias auf das
xeognis des Aiscbylos. denn was beweist sie? im besten falle nichts
weiter, als dasz zu Plntarchs zeit eine elegie auf die Schlacht von
Minlhon, die unter dem namen des Aischylos gieng, in Umlauf war;
weiter schlechterdings nichts, nicht einmal dasz das, was Glaukias
angibt, wirklich und unzweideutig darin enthalten war. von der
eiistenx einer solchen elegie hOren wir allerdings auch sonst, denn
in dem ßioc AlcxuXou (Westermann s. 119) heiszt es, nach einigen
sei Aischylos zu Hieron gegangen aus verdrusz über den drama-
tiMhen sieg des jungen Sophokles, KttTÖi b* iviovc iv Tip eic touc
^v MapaOuivi TcOvriKÖTac ^X€T€{((i ficciiBck CiMU)v(bi]. aber ist das
Zeugnis dieser vita (GHermann sagt, sie sei *a diyersis hominibus di-
Tenis temporibus e variis scriptoribus concinnata') irgendwie geh
wichtig? sie soll manche wertvolle angaben enthalten, aber ^neben
Khaostellungen wolfeiler gelehrsamkeit und ganz albernen behaup-
tnngen' (s. Teufiel in der realenc. P s. 448 , wo die litteratur zu-
sammengestellt ist), und als eine solche alberne behauptung ist wol
der Zusatz zu bezeichnen, der auf die eben citierten worte unmittel-
bar folgt, und der den sieg des Simonides erklären soll: tö T^p
UcTciov noXu Tf)c ncpl TÖ cuMiraOic XeTTTÖTTiTOC mct^x^^v O^Xei
tklinfft das nicht durchaus byzantinisch?), 5 ToO AtcxOXou, die Itpa-
jiCV, Ccrtv dXXÖTpiov. also mit diesem zeugnis ist nichts gewonnen,
ftbrigena bestreite ich gar nicht , dasz eine angeblich von Aischylos
gediditete elegie auf die bei Marathon gefallenen in der leute mund
Wir. es wftre seltsam, wenn es nicht gewesen wäre, pian wüste
das Aischylos bei Marathon gekämpft hatte, schon aus seiner selbst-
verfMzten grabschrift (von der freilich Bergk sagt: 'ceterum non
dcerunt, qni ab ipso poeta hoc epigramma profectum esse negent').
wie nahe lag es da in der innerlich unproductiven , aller poetischen
initiative ermangelnden und doch schreibsttchtigen zeit einem der
alexandxinischen nachahmer, unter dem namen und im stil des
Aisefaylos eine elegie auf dessen getötete mitkämpfer in der Mara-
thonschlacht abzufassen ! wie oft dergleichen vorgekommen , das ist
ja b^annt genug: ich will nur auf Kirchhoff in den monatsber. der
Berl. akad 1869 und 1871 , im Hermes V s. 48 ff., auf Kaibels an-
teige von Junghahns abh. *de Simonidis Gei epigrammatis' in diesen
>hrb. 1872 s. 793 ff. (die abh. selbst ist mir leider nicht zugäng-
lich) verweisen und auf die zahlreichen anerkannt falschen Uber-
Khriften in der anthologie. übrigens mOchte ich vermuten, dasz
Phttareh selbst an die echtheit dieser elegie nicht geglaubt hat, da
er eben die stelle, auf die es hier ankäme, nicht anführt, während er
doch sonst überall , und namentlich auch in diesen tischgesprächen,
w gern mit dichterstellen staat macht. — Wie denn aber der Ver-
fasser der angeblichen Aischylischen elegie dazu gekommen ist , der
Aisntia ihren platz auf dem rechten flügel anzuweisen, darüber
ngt schon Westermann ao., es sei 'sehr mOglich, dasz der umstand.
438 HMüller-Strübing: zur schlaobt von Marathon.
dasz der polemarch Eallimachos, welcher der Aiantia aagehOrte (was
wir glflcklicherweise aus Her. VI 109 wissen), den rechten flügel
commandierte, den falschen schlusz, die Aiantis habe auf dem rechten
flügel gestanden , veranlaszt habe.'
Für diejenigen leser nun, die mir darin zustimmen, dasz dies
angebliche zeugnis des Aischjlos ein sehr yerdSchtiges ist, das uns
nicht abhalten darf, die Aiantische phyle aus ihrer Stellung auf dem
rechten flügel zu entfernen ', will ich jetzt in der kürze angeben, wie
ich mir die sache yorstelle.
Die zehn Strategen waren geteilter meinung, ob die schlacht im
offenen felde zu wagen sei oder nicht: fünf waren dafür, fünf da-
gegen, nun sasz aber noch ein elfter stimmberechtigter im kriegs-
rath , der polemarch Eallimachos (^vb^Karoc i|iTiq)ibo(p6poc . . t6
iraXaiöv Top 'AOiivaioi 6]Liöi|ir)q)0V töv iroX^^apxov iiroicövTO Toia
CTpaniTOici Her. VI 109). an diesen wendete sich also Miltiades
und bewog ihn durch seine stimme zu gunsten der schlacht den aus-
schlag zu geben, der Oberbefehl über das gesamte beer, die piytanie,
wie Herodot es nennt, wechselte unter den zehn Strategen mit jedem
tage, aber jeder der fünf Strategen, die von anfang an für das
schlagen gewesen waren, trat, als sein tag kam, seine piTtanie an
Miltiades ab ; so wichtig erschien es ihnen, an diesem tage einen be-
währten und gerade mit der kampf weise der Perser yertrauten mann
an der spitze des heeres zu haben, trotzdem machte Miltiades den
angriff nicht eher, als bis sein eigner tag herankam, hatte nun
Miltiades am tage der schlacht die prytanie unter den Strategen , so
hatte auch seine phyle, die Oineis, die prytanie unter den phylen,
und stand folglich an dem ehrenplatz auf dem rechten flügel« nicht
soMiltiades. denn Miltiades war an diesem tage nicht Stratege
der Oineischen phyle, sondern er war Stratege des athenischen heeres,
und der oberfeldherr konnte nicht zugleich als oberst eines regimenti
dienst thun, konnte nicht an einen bestimmten platz in der schlacht-
linie gebunden sein, das scheint mir unbestreitbar, und am wenig-
sten konnte er das in dieser schlacht, in der, wie Miltiades wol
* Lngebil ist freilich anderer meinung. er safrt s. 638, wir h&tteo
kein recht die angäbe Platarohs sa verwerfen, 'wann soll man ihm
denn sonst glauben, wenn nicht in dem falle, wenn uns die quelle, aas
der er mittelbar oder unmittelbar geschöpft hat, bekannt ist (ist sie da«
wirklich?), wenn diese qnelle volles vertrauen von unserer aeite ver-
dient, wie es hier der fall ist (ist das wirklich der fall? das lea^^
ich eoen), und wenn die vom historiker (ist Qlaukiaa ein hiatorikcr
oder ist es Plntarch in den 'tischgeaprächen'?) gegebene nachricit,
wie wir sehen werden, an keinem innem Widerspruch leidet?' j« «ol
wir werden sehen, dass Lugebil den Innern Widerspruch dorcb die r«lo
willkürliche annähme, der demos Lakiadai habe damals aar ph^Ic
Aiantis gehört, zu beseitigen versucht, um Plutarcfas genaoifkeit tc
solchen nebenaachen zu charakterisieren, will ich noch anführui, dasi
er anderswo Kallimachos als Strategen in der schlacht von Marathoc
bezeichnet (parall. Gr. et Hom. 1) neben Kynaiaeiros nnd Polyseloa, dt*r
mit blindheit geschlagen sei, demselben den Herodot Episelos Boant.
HMfiller-Strfibing: zur schlacht von Marathon. 439
WQste, der Terwandborste punet der schlacfatHnie, die gef&hrlichste
stalle, nickt da war, wo die Oineisefae phyle stand, sondern im cen*
tnun, nach Her. YI 111 TÖre hk raccofi^vujv t(£iv 'ABiivaiuiv £v Tilp
MopoOiShri ^T^veTo Totövbc n* tö crpaTÖirebov ^icoü^evov Tip
Mf)btic^ CTpOTon^bui, TÖ \ikv aÖToO ^^cov driveTO irtx TdEiac öXiTac,
«ÜTOirnj fjy dc6€V€cTaT0V tö CTpaTÖirebov, tö bk K^pac dKdTCpov *
fpfMirro irXfiGeT. dort im centnim also wird Miltiades gleich von
aafiuig an seine Stellung genommen haben, und nicht auf dem rechten
flflgd, wo TerhftltnismSszig keine dringende gefahr zu befürchten
wir. so wftre also an diesem tage der Schlacht die Oineis ohne spe-
delien anführer gewesen, und da dieser fall, so lange die alte ein-
liditong, dasz die phjle des Oberbefehlshabers als die prytanierende
den ehrenplatz auf dem rechten flügel einnahm , noch bestand , in
jeder scUaeht eintreten muste, so hatte das gesetz ihr ein für alle-
Bsi den ohnehin mit ins feld ziehenden polemarchen zum führer ge-
geben : b fäp vö|uioc t6t€ €lx€ oÖTU) TOtci 'A6r]vaioici , töv rtokl-
Mopxov ^x^iv K^pac tö öeSiöv.'
Hiermit glaube ich, nach entfemung der Aiantis vom rechten
fliigel, den grund dieses auf den ersten blick seltsamen gesetzes, über
den man sidi nie rechenschaft zu geben gesucht hat, als einen sehr
Ternflnftigen und aus einem praktischen bedürfhis hervorgegangenen
uchgewiesen zu haben.
Damit wird freilich ein argument hinflülig, das ich frtlher gegen
HerodoU angäbe , der polemarch sei damals durch das loos ernannt
wonien, selbst geltend gemacht hatte (Aristophanes u. die histor.
kritt 8. 228). idi hatte dort gesagt, nach dieser angäbe mttste also
am KUachttage der durch di^ wähl des yolkes ernannte Stratege der
pbjle, die den rechten flflgel inne hatte, unter dem befehl eines durch
das loo« ernannten beamten gestanden haben , und das sei undenk-
W. riditig scheint mir dies argument auch noch jetzt, und ich halte
es denen gegenüber , die etwa meine ganze erOrterung unbeachtet
ud nach wie vor die Aiantis mitsamt ihrem Strategen auf dem
nefaten flOgel unter dem befehl des polemarchen stehen lassen wer-
den, noch jetzt entschieden aufrecht, aber ich will kein wort weiter
daitber verlieren: denn diese ansieht, die emennung der archonten
diuth das loos sei schon yonKleisthenes eingeführt, hat ja jetzt seit
* freilich sagt BehSmann ao. 8. 152 f.: Mer Oberbefehl über das
fiase beer war dem colleglam der strategnii übertragen, unter denen
€r tag nm tag wechselte, wogegen die auf die fühmng der einzelnen
f^jlta beechrinkten befehlshaber nicht Strategen, sondern taxiarchen
kcocB«' danach hAtte also der taziarch der Oineis den befehl über
dieselbe führen können, aber Bchömann hätte erst nachweisen aollen,
^an «g damals im athenischen beer schon taxiarchen gab. ich be-
ivesfl« das ans dem einfachen grnnde, weil das bedürfnis dieser mili-
ttriaehaa Charge damalt noch nicht vorhanden war. dies trat erst
•paicr ein, als die Athener answärtige kriege and xwar an mehreren
«rica mgleieh führten, bei Herodot kommen die taxiarchen, so Tiel ich
«ein, nur viermal vor, einmal bei den Spartiaten (II 68) and sonst
Wi dea Persern (VlI 99. VUI 67 nnd IX 48).
440 HMüller-StrÜbing: zur schlacht von Marathon.
Schömanns tode, so viel ich weiBz, ihren letzten wiseenschafüich be-
achtenswerten Vertreter verloren, wenn Lugebil übrigens ao. s. 651
auch die stelle aus Pausanias 1 15, 3, wo es heiszt KaXXi^axoc, 5c
'AOrivdoic TToX^jLiapxoc fjpiiTO, als beweis itlr die emennung des
polemarchen durch die walil des volks anführt, so kann ich zwar
Schömanns erwiderung (jahrb. 1872 s. 158), das wort atpeicOai
könne Won jeder wähl überhaupt gebraucht werden, fiio<dite sie
durch abstimmung oder durch erloosung geschehen', durchaus nicht
zustimmen, doch würde ich einer solchen nebensttchlichen bemerkang
eines Pausanias noch viel weniger gewicht beilegen als dem eben-
falls nebensächlichen ausdruck Herodots 6 T(fi Kud^qi Xaxüiv 'AOn*
vaiuJV TToXe^apx^eiv, wenn mich nicht die ausdrucksweise bei Pau-
sanias auf die Vermutung brächte, es sei dies mehr als eine blosL
nebensächliche notiz. Pausanias sagt in der beschreibung der bild-
lichen darstellung der schlacht von Marathon in der poikile: tuiv
)Liaxo)i^vu)v bk bf\koi jLidXiCTd elciv iv tQ Tpaq>iJ KaXX(|uiaxöc tc,
öc 'A6r]vaioic iroXeiLiapxcTv fJpilTO, kqi MiXndbiic täv cxpornTouv-
TUiV iipuJC T€ ''Gx^tXoc KaXou)Li€VOC usw. dasz er hier sagt, abgebildet
sei *von den Strategen Milüades', das ist sehr begreiflich: denn es
gab eben zehn Strategen, aber es gab nur 6inen polemarchen, und
da hätte es ihm doch am nächsten gelegen zu sagen: £v tQ Tptt<P4
KoXXi^axöc t€ ö TroX^jLiapxoc koi MiXridbnc usw. sollte er viel-
leicht von seinen führem bei betrachtung des bildes belehrt worden
sein, Herodot habe sich in bezug auf Kallimachos in den worten 6
T(fi Kud^ip Xaxuiv 'A6riva(u)V iroX€]Liapx^€iv eines irrtums schuldig
gemacht, und nun zur berichtigung dieses irrtums die warte öc
'A6r]vaioic TToX€)Liapx€Tv fjpriTO in engem anschlusz an Herodot»
ausdruck absichtlich gebraucht haben? doch gebe ich gern zu, dasz
ich Pausanias nicht genau genug studiert habe, um beurteilen za
können , ob man ihm eine solche polemische finesse zutrauen darf
oder nicht.
Doch ich verlasse hier den polemarchen und Miltiades und die
ganze schlacht': denn es kommt mir nicht in den sinn, hier auch
* aber ich kann mich daza doch nicht entfichliessen, ich mou noch
ein paar worte über den polemarchen hinzufügten. Lngebil, der den
Solemarchen znm Oberbefehlshaber in der schlacnt machen nnd ihm dm
[iltiades nur als rathgeber beiordnen möchte, will dafür anch geltend
machen, dasz Kallimachos nach Herodots erzählnng offenbar den Tor-
sitz im kriegsrath geführt habe, was schon früher Grote bebaapteU
Schömann aber bestritten hat. mir ist es nun wahrscheinlich, dass
der polemarch entweder zn oberst oder cn nnterst gesessen hat, nicht
mitten unter den Strategen, die doch wol unter dem vorsits des an dem
tage gerade prjtanierenden Strategen saszeo, und zwar die ^i9|itovT0,
dh. entweder nach der officiellen festen ordnang, oder nach der für da»
laufende jähr dnrch das loos festgestellten reihenfolge. Lngebil nimt
das erstere an, nnd wahrscheinlich mit recht, es müste denn sein dau
neben der rangordnnng der phylen, wie sie für die bürgerlichen ge-
Schäfte jährlich durch das loos festgestellt wnrda, es noch eine andere
reihenfolge der pbylen für militärische zwecke gab, die unabhängig ron
HHfiller-Strübi&g: zur ftchlacbt von Marathon. 441
nur den versach zu machen znr lOsnng der yielfachen rftihsel , die
Baoifiis bericht Ober die scblacht uns aufgibt, aber — wie ich
j«iier ebenfalls darcht loos, aber zu einer andern zeit des jähret fest-
(eitellt ward, denn in Athen fiel das bürgerliche jähr nicht zusammen
Bit dem kriegsjahr. Ich verweise dafür unter anderm auf die totenliste
der Ereehtheis im CIA. n. 488 otbc Iv Ti}! iroX^fii^ dir^Oavov . . toO qötoO
(iMUToO, woiu noch B5ckh zagt, es sei ohne sweifel ein 'annus civilis'
,0L 80^ 8), w&hrend Kirohhoff richtig gesehen hat, dass dies jähr die
swette b&lfte von Ol. 79, 4 und die erste hftlfte von 01. 80, 1 umfaszt.
im war das athenische kriegsjahr, das mit den städtischen Dionysien
b«ftBa und endete, wie ich anderswo nachweisen werde, und nach die-
mm offidellen kriecsjahr rechnet auch Thukydides: nach den städti-
•ehea Dioajraien redinet er seine kriegsjahre und seine sommer, nicht
Back den regelmässig wiederkehrenden naturerscheinnngen , oder gar
Btcb dem Jahrestage des von ihm selbst nicht einmal durch das monats-
<itvm festgestellten Bberfalls von Plataia, wie Unger annimt (tiber die
lettrsehnnag des Tbnk.« sitsnngsber. der Mänchner akademie 1876 n. 1).
^ wire sehon für den Archidamischen krieg eine seltsame schruUe»
far den aicilischen und den dekeleischen krieg aber, die ja ohnehin erst
aschtriglich auf sehr gekünstelte weise mit jenem zusammengeschweisst
find, eine vollkommene absurd! tkt. beiläufig will ich schon hier noch
kasasetsen dass, wie der sommer bei Thukydides mit einem reli-
p<isen fast anfängt, so auch der winter, und zwar mit den Apaturien,
wie ich anderswo sogar urkundlich nachweisen werde, für jetzt noch
eisflisl zurück zum polemarchen im kriegsrath. nach Herodots er*
dLUuBg seheint es nun, dasz der polemarch diesmal seine stimme zu-
letzt abgegeben hat, und obgleien ioh diesen bericht für eine freie
^■atisehe einkleidung halte, so dünkt mich doch die sache selbst
■ehr wahrscheinlich: denn ich meine, es ist sehr möglich, dasz der
po1«aisrch, vielleicht als versitzender, seine stimme nur dann abgab,
«eaa dordi die abstimmung der zehn Strategen kein entscheidendes
rMuJtal enielt war, dh. wenn fünf ja und fünf nein gesagt hatten,
wie aa jenem tage, dann gab seine stimme allerdings den ausschlag.
bsttca dagegen sechs Strategen ja gesagt und vier nein, dann hatte
sein ja oder nein keine bedeutung mehr, aus dem angeblichen, immer-
Ua mogliehen versitz des polemarchen kann also Lngebil für seine
b^aaptnng, der polemareh habe den Oberbefehl gehabt, keinen gewinn
tickea. und ebensowenig aus den beiden andern argumenten , die er
sock dafür anführt, die ich hier zusammenfasse, das erste ist die notiz
itt schol. zu Aristophanes Rittern v. 660, der polemarch Kallimachos
bab« der Artemis im fall des siegs das gelübde des grossen siegen -
opfen getban — 'konnte er das thun' sagt L. s. 646, ^wenn er nicht
•berbefahlahaber war?' — und das zweite sind die worte Plutarchs in
den tiscbgesprächen t6 ^fViiptCMa kqO* 8 ToOc 'AOT)va{ouc ^SViTaTC« ich
will eiuBal diese worte Plutarchs als ein historisches factum binneh*
•ea, and dann stimme ich Lugebil gern bei, dasz hier nach dem gan-
>ea aaaammeahang Kallimaobos snbject zu ^IViTttTC iat und nicht Mil-
fisdas, wie Weeklein s.276 die stelle versteht; ich will ihm auch nicht
ait Behdmann antworten: allerdings führte Kallimachos die Athener
WS der Stadt, aber nicht allein, vielmehr mit den zehn Strategen, nein.
Üb glaabe vielmehr dass Kallimachos wirklich daa beer hinausgeführt
bai« daaz er wirklieh an der spitse des heeres aussog, ohne sweifel eine
ttvecke begleitet vom gansen volk (man erinnere sieh, wie bei der ab-
fahrt der aicilisehen ezpedition gans Athen nach dem Peiraieus strömte),
etwa so weit das weichbild der eigentlichen stadt reichte, wo t6 dcru
•afbdrte, and daaa er da 'als Vertreter der alten könige* ein letztes
Opfer brachte; und dann sollte er in seiner priesterlichen fnnction eben
442 HMflUer-Strübing: zur schlaobt von Marathon.
denn dnrch Weckleins abh. *flber die tradition der Pereerkri^* za
diesem aufsatz angeregt bin, so will ich wenigstens noch einen von
Wecklein Übersehenen zag aus dem schlachtbilde hervorheben, den
wir sicherlich der ausschmttckenden nnd übertreibenden tradition
verdanken, und den alle gelehrten dennoch ungeprüft hinnehmen.
Herodot erztthlt c. 115, die barbaren seien nach ihrer ein-
schiffung zuerst nach der insel Aigila gesegelt nnd hätten die
eretrischen gefangenen, die sie dort abgesetzt hatten (s. c 107), sn
bord genommen, und dann seien sie um das Yorgebirge Sonion
herumgeschifft, um früher vor der stadt anzukommen ak das beer
der Athener, dann folgt die erwähn ung des als signal für die Perser
aufgehobenen Schildes, auf die hier einzugehen mich der himmel be-
wahren soll, und dann heiszt es: oCtoi (die Perser) fi^v bf) nepi-
^irX€Ov Couviov * 'AOrivaioi bi, die irobuüv eixov, TdxiCTo dßorjOeov
de TÖ äeru kqI {q>8r)edv t6 diriKÖMevoi nplv t\ rode ßapßdpoue i^€iv
Kai dcTpaTOTTCbeucavTO dnitM^voi Ü 'HpaxXefou toO dv Mopa-
Ouivi iv dXXip 'HpaKX€i()i T(!p iv KuvocdpTcT. und ziemlich überein-
stimmend sagt Plutarch im leben des Aristeides c. 5 : als die Athener
die barbaren in die flucht und auf die schiffe getrieben hatten and
einsahen, dasz diese nicht in der richtung nach den inseln zu (den
Kykladen natürlich) schifften, sondern dasz sie vom winde und vom
meeresstrom einwärts nach der attischen küste zu gedrängt wurden,
da fürchteten sie, der feind möge die stadt von Verteidigern entbltet
überraschen, und marschierten mit neun phylen eilig nach der stadt,
wo sie auch selbiges tages ankamen (raie jli^v iwid q>uXaic i^nei-
TOVTO iTpöe TÖ deru xal KQTi^vueav auOrmepöv).
Ich -behaupte nun, hier folgt Herodot und mit ilun Plniarch
der ausschmückenden tradition: denn dieser bericht, das athenisdie
beer sei auf die Wahrnehmung hin , dasz die persische flotte nicht
nach den inseln zu, wie Plutarch sagt, dh. östlich, sondern nach
Sunion zu oder gar um Sunion herum steuere, sofort aufgebrochen
und sei noch an demselben tage in Athen angekommen , dieser be-
richt kann nicht historisch richtig sein« freilich, die neueren ge-
sohichtschreiber geben ihn mit geringen modificationen arglos wie-
der. ich will nur Duncker anführen^ der bd. IV' s. 680 nach der Schil-
derung des kampfes so fortführt: *auf dem schlachtfelde lagen 6400
tote des feindes; die Meder hatten am mebten gelitten, es war
mittag, wer hatte noch wenige stunden zuvor auf einen sieg zu
hoffen gewagt, wer hatte sich einen erfolg träumen lassen, der die
furchtbare Armfida mit 6inem schlage auf ihre schiffiB zurückwarf!
. . aber wie grosz war das erstaunen, als man von den gipfeln der
als Vertreter der alten konige nicht auch der g5ttin jenes geläbde
haben darbringen können? vor der schlaobt vertritt der polemareh den
könig in dessen priesterlichen Innctionen, in der sohlaeht nimt er den
platz ein , wo Tor alters gewis anch der kÖnig gestanden hatte, bis der
rerlanf des kampfes seine anwesenbeit an einem andern pnncte erfor-
derte. das wollte ich über den polemaroben noch hinsnsetiea.
HMCLller^Strfibing: zur schlacbt Ton Marathon. 443
berge gewahrte, dasz die flotte auf der höhe yon Sanion ihren curs
Inderte und nach westen steuerte! offenbar wollten die Perser die
▼on verteidigem entblöszte hauptstadt ttberfiallen • • Miltiades ent-
Bchlntz war schnell gefaszt . . es galt dem feinde aaf dem landwege
zoTonnkommen. so schnell die fClsze tragen wollten, eilte das heer
Ober die berge nach Athen, noch an demselben abend kam Miltiades
▼or der stadt an und liesz seine ermüdeten Streiter . . der wolver-
dienten rohe pflegen.' ja, wol verdient war diese ruhe, das muez
wahr sein, man bedenke doch: die entfernong von Athen bis zur
bodit von Marathon 'über die berge hin' , also wie der vogel fliegt,
betrigt etwas über vier deutsche meilen; aber so, in gerader rieh-
timg, über den Pentelikos und den Brilessos kann selbst kein leicht-
geschttrster mensch gehen, geschweige denn mit waffen beladene
hopUten« es gibt nur zwei wirklich gangbare wege von Athen nach
Manthcm, entweder an den südöstlichen auslftufem. des Brilessos
entlang über Pallene, Phegeia usw., oder am nordwestlichen fusz
desselben gebirgszuges über Eephisia und Hekale, beide etwa gleich
lang, über fünf deutsche meilen/ nun sagt Duncker : *es war mittag' ;
ich bezweifle das. der kämpf wird nach darbringung der opfer mit
tagssanbmch angefangen haben, etwa um 6 ubr, denn die schlacbt
wtfd im zweiten drittel des September geschlagen, kurz vor der tag*
UKÜiaehtgleiche; die endliche entscheidung zog sich aber lange hin:
IKExoyi^vuiv bk iv Ti|p MapaOujvi xP^voc itiveTO noXXöc,
ngt Herodot — der sieg schwankte Iftngere zeit, das athenische
cntrom war anfangs durchbrochen worden und ward in die ebene
hinn verfolgt, faszte erst wieder fusz, als die ihrerseits siegreichen
i^gel zur hUfe herankamen — und dann die einschiffnng der Per*
ser. es ist mir schwer glaublich, dasz das alles bis zu mittag ge-
tebeben sein soli. aber es sei: ich will es annehmen, wenn nun die
Athener immittelbar nach dem abstoszen der persischen schiffe, ohne
neh einen augenblick ruhe zu gönnen, ohne einen bissen zu ge*
aieezBBi den rückmarsch angetreten hätten, so ist es doch nicht
■soadienmöglich, dasz die von sechsstündigem kämpf in der
itedmden septembersonne erschöpften hopliten, die an ihren waffen
a^wer zn tragen hatten ^ den langen weg von fast sechs deutschen
BMikn nodi an diesem tage (die sonne gieng kurz nach 6 uhr unter)
orüdlcgelegt hfttten. sechs deutsche meilen ! man bedenke, was das
beiBt das hfttten selbst unsere achtunddreisziger im letzten kriege
sieht ni stände gebracht! es wftre der mehrzahl der Soldaten ohne
nrcifd eben so ergangen wie der sage nach dem herold Eukles, der
* aaefa englischen reiseDden, die die Strasse über Pallene usw. einge-
K&UgcB, 26 englische meilen, das ist genan b*/t deutsche meilen. *die an-
dere Strasse über Kepbisia ist etwas länger. * man werfe mir nicht ein,
4cr hoplit habe sich seine waffen, namentlich seinen schild von dem ihn
Wgleiteoden Sklaven tragen lassen, war denn der skUve nicht auch
^m boager nod der erschöpf ong und dem brennenden durste unter-
«erfen? ich diehte mehr als sein herr, denn er hatte weder vater-
UadsUebe noch ebrgeftthl, um sich aufrecht sn erbalten.
444 HMüller-Strübing: zur aehlacht von Marafhon«
an jenem tage die siegesnachricht nach Athen brachte und dann tot
niederstürzte.' aber so ist es ja auch nicht gemeint: sie sollen ja
erst aufgebrochen sein, als sie sahen, wie Plutarch sagt, oder,
wie Duncker sagt, als man von den gipfeln der berge ge-
wahrte (und dann doch wol dem beer unten am meereastrande
durch Signale mitteilte), dasz die persische flotte nach den inseln zu
ihren curs nahm (Plutarch) oder *dasz sie auf der hQhe von Snnion
ihren curs ftnderte'. sehen wir uns die sache ntther an. nach Hero*
dot schiffte die persische flotte zuerst nach der insel Aigila und
nahm die früher dort ausgesetzten eretrischen gefangenen an bord:
Tfici bk Xoiir^ci (viiud) ol ßdpßapoi ^SavaKpoucd/Lievoi ical dva-
Xaß<5vT€C Ik Tflc vi^cou iv tQ f Xittov rd Ü '€p€Tpiiic dvbpdirobo,
TrepidnXeov Couviov usw. die insel Aigila ist von der küste von
Marathon in gerader richtung 150 Stadien entfernt, für die flotte
aber, die um das vorspringende felsige cap Ejnosura hernmsteuem
muste, mindestens 160, dh. vier deutsche meilen, 16 knoten, dazu
braucht eine flotte , die groszenteils aus lastschiffen (zum transport
der Soldaten, der pferde usw.) bestand, bei den günstigsten witterungs-
Verhältnissen mindestens zwei stunden, nun das einschiffen der ge-
fangenen und der zu ihrer bewachung zurückgelassenen mannschaft.
was doch auch nicht im band umdrehen abzumachen ist — kan,
selbst wenn die schlacht schon um mittag zu ende war, was ich, wie
gesagt, bezweifle, so muste es mindestens 3 uhr nachmittags ge-
worden sein, ehe die flotte von Aigila wieder abfuhr, so lange nan
die schiffe in dem canal zwischen Euboia und der attischen kfl^te
fuhren, liesz sich über die richtung, die ihr führer einznschlagen
beabsichtigte, schlechterdings nichts vermuten, erst wenn die flotte
an der südspitze von Euboia vorüber war und vorlftufig den curs
nach Süden fortsetzte, dann konnte man vermuten, dasz sie nicht
im Tuav vr|CU)V, wie Plutarch sagt, dh. nicht östlich steuern wollte;
wenn sie dann auf der höhe von Sunion ihren curs änderte und west-
lich steuerte, dann wüste man freilich, woran man war. aber von
den gipfeln welcher berge konnte man das sehen und dann das ge-
sehene den Soldaten unten an der küste durch Signale mitteilen?
etwa vom Brilessos aus? aber die entfemung von dort bis zur see
auf der höhe von Sunion beträgt 7 deutsche meilen, so weit trigt
kein menschliches äuge, auch kein femrohr. und wenn sie femrohre
gehabt hätten, was hätten sie genützt? die nacht muste ja schon
eingebrochen sein, als die flotte auf der höhe der südspitze von
Euboia war (über 24 knoten von Aigila) , geschweige denn auf der
höhe von Sunion (32 knoten von derselben insel).
Doch ich will mich dabei nicht weiter auflialten. ich glaube
nachgewiesen zu haben, dasz die angäbe Herodots und Plutarch?,
* Plutarch de gloria Athen, c. 3 läazt alberDer weise diesen Enklei.
dem Herakleides Pontikoa den offenbar 'redenden' namen Tkeriippos
gibt, in voller riistang nach der Stadt laufen (€ÜKXto hpOfAÖvra cOv
TOtc öirXoic).
HMflUer-Strfiliing : zur echlacht von Marathon. 446
dieAtliener seien, weil sie wahrnahmen oder weil ihnen gemeldet
ward, dasz die persische flotte den curs um cap Sunion genommen
oder za nehmen auch nur beahsichtigt habe, von Marathon aufge-
brechen und noch am abend des schlachttages in Athen angekommen,
nicht richtig sein kann, weil die sache physisch absolut unmöglich
ist der andern zuerst besprochenen annähme aber, die Soldaten
seien unmittelbar nach der schlacht aufgebrochen, steht nach meiner
meinong zunftchst die ebenfalls physische Unmöglichkeit entgegen,
da« die Ton der schlacht erschöpften hopliten den anstrengenden
msTBch in der behaupteten kurzen zeit zurückgelegt haben sollen ;
sie ist aber femer auch deshalb unzulässig, weil es moralisch un-
möglich ist , dasz der athenische feldherr diesen marsch angeordnet
haben soll , ohne sich um den verbleib der persischen flotte, die zu-*
siehst die richtung nach Aigila eingeschlagen hatte, irgend zu be-
kfimmem. ehe er nachrioht erhielt, was diese flotte nun weiter vor-
nahm, konnte er unmöglich die ostküste von Attika verlassen, diese
Bachricht aber konnte er erst am nSchsten tage erhalten, mir ist es
daher sehr wahrscheinlich, dasz die persische flotte den rest des
schlachttages über ruhig bei Aigila ankerte, und das war auch
praktisch: der bauer ist auch ein mensch, so zu sagen, und der
Inxbar ebenfallsi ist dem hunger und der ermüdung unterworfen so
gut wie der Grieche, und darauf wird der persische admiral wol
rflckaicht genommen haben, wenn dann die persische flotte am fol-
genden morgen in aller frühe die weiterfahrt antrat, dann konnte
da«, was Herodot und Plutarch berichten, allenfalls geschehen, dann
konnte Miltiades von der richtung, die die feindliche flotte einschlug,
rvchtzeitig genug unterrichtet werden, um den rückmarsch zur
deckong der stadt anzuordnen, mit der gewisheit, dasz die durch
die nachtruhe erquickten Soldaten auch physisch im stände waren
Om auszuführen, wenn das heer dann am abend nach der schlacht
im Kynosarges anlangte , so bleibt das immer noch eine respectable
aarschleistung, die freilich der sage, der ausschmückenden tradition
nicht genfigt hat/
^ diese ▼ermutung, dasz der rückmarsch nach der stadt am tage
Bach der achlacht atattfandi hat, wie ich nachträglich sehe, GRawlinaon
a feiaer Qbersetznng dea Herodot schon im j. 1869 aosgeaprochen, mit
bcnlimg auf die sogleich su beeprechende stelle bei Plutarch de gloria
Athen, nna noch eine bemerkung. Wecklein sagt ao. s. 277 : 'nach der
(«wohnlichen darstellung kann es faat ala wander eracheinen, daas die
Atheaer aich nieht mit der beute anfhielten, sondern unverzüglich nach
Asbea eilten.' das wfiate ich doch nicht, nach der gewohnlichen dar-
fUU^ig wird ja dieser nnverzügltche eilmarach dadurch motiviert, daaz
^a Athener in Irgend einer weise gewahr worden, die feindliche flotte
aihme eine die banptatadt bedrohende richtung, zu deren schätz sie
laan natfirlich aofort aofbrechen musten. Wecklein will dieaen ent-
Rhlnas dadurch erklären, -dasz er mit Curtina annimt, die Perser hätten
üt absieht gehabt die marathonische ebene zu verlassen; die persiache
lotte aei daher am morgen der achlacht schon bemannt nnd namentlich
^ reitersi achon an bord gewesen, nnd Miltiades habe nur den rest
446 HMüUer-Strübing: zur schlacht von Marathon.
Uebrigens findet sich eine stelle bei Plutarcb, die vielleicbt
noch eine reminiscenz des richtigen hergangs enthält. Grote, der
auch den schleunigen rückmarsch und die ankunft des beeres in
Athen noch am abend der Schlacht arglos berichtet, sagt in der «nm.:
Tlutarch (de gloria Athen, c. 8 p. 429 Par. Did.) stellt die sacbe
dar, als sei Miltiades am tage nach der Schlacht nach Athen zorück-
gekehrt; es musz aber an demselben nachmittag gewesen sein,
according to the account of Herodotus.' ja wol, aber es handelt sich
eben darum zu prüfen, ob dieser bericht glaubwürdig ist. mir wSre
nun eine solche angäbe Plutarchs, die er dann aus einer andern
quelle geschöpft haben müste , sehr willkommen , aber leider kann
ich sie aus Plutarchs worten nicht herausdeuten, diese lauten: MtX*
. TidbTic ^fev TOtp ctÜTÖc €ic MapttGÄva t^ ucrepaiq Tf|V iiäxvy cuvd-
\|iac, fJKev €lc äcTu )Li€Td Tf\c CTpaiiäc veviKT]Kwc, was ich bei Reibke
und Dübner (Par.) so übersetzt finde: ^Miltiades ad MarathoDezn
profectus, postridie conunisso proelio in urbem venit yictorcnm
exercitu.' ist aber eine solche auffassung und wiedergäbe der wort«
der truppen, der auf dem lande zarUckgeblieben, nm die einsebiffno?
zu decken, angegriffen (s. 274), oder wie er an einer andern iteile
8. 276 sagt: 'die Athener zogen geradeswegs in eile nnd mit derselbeo
Schnelligkeit, mit welcher sie nach der Schlacht nach Athen inrllck*
kehrten, nach Marathon (hilf himmell also marsch von Athen Dtcb
Marathon, die Schlacht, der rückmarsch nach Athen, alles an demselben
tage?), überraschten die Perser, wie sie mit der einscbiffang der mattn-
Schaft beschäftigt waren, und griffen sie im Sturmschritt an.' ich Um«
das für jetzt auf sich bemhen, aber es stimmt doch gar nicht mit dem
bericht Herodots, nnd steht auch im Widerspruch mit der beute, bei der
sich die Athener nicht aufhielten , und die nach Plutarch Arist 6 ja
überschwänglich reich war: x^^H^ M^^ dpyupfou Kai xpucoO irapövroc,
^c8f)Toc hi iravTobairf^c Kai xPHMdTuiv dXXwv d^uGnTUjv ^v tqIc ckiivoIc
Kai ToTc i^Xu)KÖci CKdqpeciv. so reiche schätze wurden die Perser denn
doch wol in Sicherheit gebracht haben, wenn nur noch ein rest dir
trappen, nm die einschiffung zu decken, am lande zurückgeblieben war.
indes bin ich gern bereit die geschickte preiszugeben mie erfundeo,
wenigstens übertrieben, um die uneigennützigkeit des Aristeides in ein
recht glänzendes licht zu stellen, auch ergibt sich das historcben von
Kallias dem daduchen, die Plutarch daran knüpft, sofort aJs eine er-
findung. denn nach Plutarch war Aristeides nur mit der Leontis, seiner
eienen phyle, auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben; die Kallllis-Hippo-
nikos-familie war aber aus Melite und gehörte also zur Kekropii. —
Auf die frage über den yerbleib der reiterei kann ich mich hier Hiebt
einlassen: entweder war sie schon eingeschifft oder noch nicht aosire«
schifft oder, wie Blakeslej meint (excurs zu Her. VI 102 seiner ausgal« .
in Eretria (warum nicht in Aigila?) zurückgelassen, in der schlaehtkann
sie nicht zugegen gewesen sein, und wenn Duncker (s. 680) sagt: 'das gaufc
lager, alles gepäck und alle ausgeschifften yorräthe , sämtliche pferde
waren in den händen der Athener', so ist das auch ans einem andern
grande zurückzuweisen, denn wären die Perserrosse gefangen, »o
würden wir von ihren nachkommen bei Aristophanes nnd den übrigen
komikern, also bei Athenaios usw. vielfach hören, selbst bei Xenopbon
aus demselben gründe kann die reiterei auch nicht auf einem streit-
zuge abwesend gewesen und später gefangen sein, wie Finlajr meioL,
worauf sonst das xufptc inirctc wol hinweisen würde.
HMüller-Strdbmg: cur Bchlacht von Marathon. 447
möglich? ich glaube es nicht, und Beiske scheint es ebenso ge-
gangen zu sein; denn er sagt in einer note: ^fortasse MiXTidbi^c
TäpirapaT€TOVUJC€k MapaOuuva, t^ ucrcpaiqi kt^.', und ttber*
M^t: ^Miltiades enim altero, postquam in castra Marathonia venisset»
die feliciier commissa pugna rediit in urbem cum exercitu victor.*
damit wftre freilich Plutarchs zeugnis fttr die rttckkehr am tage nach
der eehlacht glflcUich beseitigt, aber der durch Beiskes Änderung
gewonnene sinn stimmt doch gar nicht Uberein mit der erzShlung
Plntarchs im leben des Aristeides, nach welcher Miltiades drauszen
im li^fer schon mehrere tage vor der schlacht den Oberbefehl führt,
sollte der stelle vielleicht durch Umstellung zu helfen zu sein : MiX-
Tidftric filv Totp aÖTÖc eic MapaOuiva (oder iv MapaOuivi?) Tf|v
M<ix>iv cw6i|iac, Tfgl öcrepaiqi fJK€v eic äcTU usw.? dann hätten wir
>ko ein wirkliches zengnis für den hergang, wie er meiner meinung
nach allein möglich war. freilich wäre Plutarch auch dann im wider»
sprach mit sich selbst^ da er ja im leben des Aristeides von der rück-
kehr im schlaehttage spricht; aber solche kleine nachlässigkeiten be-
gegnen ja selbst dem 'historiker' Plutarch in den biographien, wie
viel mehr in seinen leicht hingeworfenen kleineren arbeiten, derglei-
dieo diese schrift vom rühme der Athener eine ist.
Hier noch 6ine flüchtige bemerkung. Wecklein sagt ao. s. 297
ia bang auf die ausschmttckung durch die tradition : 'andere anekdo-
ten rflhren von beteiligten personen her, welche sich in irgend einer
vdae wichtig machten, oder welche mit besondem abenteuern unter-
halten wollten*, und zu diesen wichtigmachem rechnet er auch den
Epiielos mit der geschichte von seiner wunderbaren blendung in der
scUadt von Marathon. Wecklein glaubt also selbstverständlich
nicht an diese geschichte, und es wird schon damals unter den ge-
bildeten, aufgeklärten Athenern viele gegeben haben, die in demseU
ben fall waren, ist es ihm nun gar nicht aufgefallen, dasz der held
dieKf wnadersamen historie bei Herodot heiszt Epizelos der söhn
deirenommisten, dasz er also, wie Wecklein s. 301 das nennt,
nsea ^redenden* namen ftthrt: '€ntZiiXoc ö KouqNrröpeuj (man
denke an die KOU<poXoT{a Eleons bei Thuk. lY 28)? hätte es da-
mali schon eine politische komOdie in Athen gegeben, so wäre ich
Unen aogenblick in zweifei darüber, woher dieser Vatersname
«tuDort so aber beweist er nur, dasz derselbe geist, der später in
derkomOdie sich die künstlerisch vollendete form gestaltet hat, schon
nur zeit der schlacht von Marathon in Athen wirksam und lebendiff
*ir. ich erinnere nur an den Proxenides aus Prahlenheim (6
Koimoccuc in Aristophanes Vögeln 1126), den Lamachos 6 Top*
Tttcou Ach« 1131, an Aiövucoc ulöc Cra^vicu und so viele andere,
freüieh mnss ich mir da sogleich selbst den ein wurf machen : aber
Herodot hat doch offenbar dies 'CiriZflXoc 6 KoiMpoTÖpcuj ganz ernst
genommen, ohne allen verdacht einer Spötterei 1 das ist gewis wahr,
cnd na eine verhaltene schalkheit ist in seiner erzählung von dieser
Blindheit des Epizelos gewis nicht zu denken, aber das läszt sich,.
448 HMailer-Strfibing: zur schlacht von Marathon.
sollte ich meinen, gar wol aas seiner individualitftt erklären.* wenn
es ihm auch sonst keineswegs an humor, an der f&higkeit spasz zu
verstehen fehlt , wenn er auch sonst *im allgemeinen die Überliefe-
rung mit vorsieht , mit Unbefangenheit und nttditemem urteil be-
handelt' (Weeklein s. 245), so spielt diese geschiehte doch auf einem
gebiet, das er nie ohne eine gewisse scheue befangenheit betritt, und
auf dem er nach seiner ganzen individualität am wenigsten geeignet
war den spott anderer, der ihm als frivol erschienen wftre, zu wit-
tern; wie er denn in der vertrauensfrohen gemOtseinfalt, in der
grundehrlichen treuherzigkeit seiner natur öfters in den fall kommt
gewisse dinge ganz arglos hinzunehmen , die anders geartete Zeitge-
nossen , sein bttrbeisziger rival Thukjdides zb. , dessen bildnis man
es ansiebt, wie A Michaelis sagt, 'dasz kaum je ein iScheln das strenge
antlitz erheitern konnte' (der arme schelm), mit sarkastischer Über-
legenheit zurückgewiesen haben würden.
Und da ich dies wort rival einmal ausgesprochen habe, so will
ich noch hinzufügen, dasz ich meine Ittngst gehegte Vermutung, Thu-
kjdides habe bei seiner Charakteristik des Themistokles 1 138 oUciq
fäp Euv^cei Kai oöt€ Trpojüiaeüiv de auTf|V oöbiv ofrrc diri^aOÜJV
TOI V T6 TrapaxpnjLia bi * dXaxicxric ßouXnc Kpäricroc yviÖMuiv xai Turv
^eXXövTUiV inX nXeicTOV toO T^viicopdvou dpiCTOC eiicacnic die er-
ztthlung Herodots von dem folgenschweren rath des Mnesiphilos in
der nacht vor der schlacht von Salamis (Her. Yin 57) im äuge ge-
habt und bekämpft, mit groszer genugthuung auch von Wecklein
s. 301 geteilt und dadurch fttr mich gewissermaszen bestätigt finde.
die stelle hat bekanntlich und selbstverständlich den auslegem grosi^
mühe gemacht, und Wecklein weist bei den werten oCt€ irpOModiLv
. . oöre dirtpaOuiv auf 'die Vorstellung von Prometheus und Epime-
theus' hin. ob damit viel gewonnen ist, weisz ich nicht; aber d&^
weisz ich , glaube es wenigstens bemerkt zu haben, dasz Thukjdidei
noch an andern stellen^ wo er Herodot im äuge hat (and sie sine
häufiger als man gewöhnlich annimt) ein ganz ähnliches stilregister
anzieht, das ich nicht gleich kurz und treffend zu charakterisieren
weisz — aber die vox humana ist es nicht.
^ sollte nicht auch der name des Strategen Ctt^cUcuic 6 dpacvAcu;
ein solcher redender name sein? sehr passend gewählt: denn gewis ;:»-■
es einen moment in der schlacht, als die Athener ^c tiP|v lACCÖxaiav ver-
folgt wurden, wo es mühe genag gekostet haben mag das volk sani
stehen zu bringen, gewis gab es in Attika neben der kanstpoesxc
wie sie von einem Simonides na. gepflegt wnrde, aach eine echte volks*
und bauernpoesie, und ans der könnten diese sonst meines witsess m
Athen nicht weiter vorkommenden namen herstammen; nnd auch soD«t
noch andere züge der Überlieferung, zb. die ganze geschiehte von d«:n
AaKKÖirXouToc, von dem mitschwimmenden hnnde des Xanthippos, selb«:
von der flucht der Korinther bei Salamis and der erseheinoDg: de:
Athene na.
London. Hebmann Müx<ler-Strübino.
ChHerwig: %at responsionsfrage bei Aischylos. 449
68.
ZÜB RESPONSIONSPRAGE BEI AI8CHYL0S.
Die kurze anapftstenreihe; mit welcher der ohor im Agamem-
non V. 1331 — 1343 (Ddf.) unmittelbar nach Eassandras eintreten
in den palast und in dem augenblick der katastrophe dem nieder-
drfickenden geftlhl woite gibt, welches Eassandras enthüllungen in
üim henrorgerofen haben, ist von den Verfechtern der unbedingten
raponsion der anapästischen Systeme nicht ohne die freieste behand-
loag des überlieferten in antistrophische formen gebracht worden.
to wenig es sich leugnen l&szt, dasz das princip der Symmetrie der
Aisehylischen kritik die fruchtbarsten anregungen gegeben hat, wird
nsD doch ebenso wenig das bedürfnis einer strengen begrenzung
des in seiner allgemeinheit willkürlichen princips ablehnen wollen.
t«n8chen wir uns nicht, so liegt in den bezeichneten anapttsten eine
«UDihme von der regel vor — und zwar eine solche die, um einen
gewöhnlichen ausdruck zu gebrauchen, wiederum zur bestfitigung der
regel dient
Kecks kritik dieser stelle ergibt ein doppelpaar von antistrophi-
Mhen Systemen nach dem Schema a b a b. danach erhalten die verse
folgende gestalt:
TÖ }xiy €d irpdccciv dicöpecTOV £q)u
iraci ßpoTOiciv *
boKTuXobeiKTUJV b* oCtic dTremujv
e(pT€i McXdOpujv,
*pir\KlT* dc^Oijc» Tdb€ qpujvuuv.
Kai Ti^be iröXiv im^v ^Xciv fbocav
^dxapcc TTptdjiOu *
OcÖTiiioc b* olKob' iKdvci.
vOv b* el TTpoT^puiv al|Li' diroTlcai
<c(paTiuiV CTUT€piuv>
xai iraid OavoOci Oavujv dXXuiv
noivdc ftavdTwv
<TpiTdT?iv> äTT]V ^iriKpdvai •
Tic dv ileilaxTO ßpoTd»v dcivet
<tAoc de eavdTou>
boi^ovi (pGvai, Tdb' dKoöuiv;
<^ bedeutende einschiebungen geht es also nicht zu. ihre berech-
^ong gemftsz dem responsionsgesetz vorläufig zugegeben fordert
^ resultat doch zu entschiedenem widersprudi auf. offenbar liegt
^ aekwerpunct von Eecks argumentation in der auffassung des
^tten Systems, er gibt den gedanken desselben in folgenden wor*
^: ^wenn Agamemnon, den geopferten kindem zum Opfer fallend,
^oreh selber wieder anderes blutvergieszen hervorriefe' (s. 424 f.).
^ za dieser erklSrung die überlieferten werte
Ar eUsft. phUol. 1S79 hft. 7. 29
450 Ch Herwig: zvlt responsioiiBfrage bei AiscbyloB.
vOv b* €1 irpoT^piüv al^' diroTicei
xai ToTci OavoGci Oaviuv äXXuiv
TTOivdc OavoTixiv (äxav) diriKpävei
kein recht geben, zeigt der scbluszsatz. schon Weil in diesen jsfarb.
1863 8. 389 ff. bemerkte fein, dasz der chor hier ebenso wenig an
Ipbigeneias Opferung denken könne wie an die verdiente strafe
welche die mörder Agamemnons als Tpirdtii ärt] treffen soll, letx-
tere beziehnng ist ästhetisch unmöglich, weil hier, im augenblick der
katastrophe, nur das furchtbare Schicksal Agamemnons in belracbt
gezogen werden kann, das beweist der schlnszsatz: 'wer rühmte
sich dann von den sterblichen wol zu leidlosem geschick geboren zn
sein ?* wie passte eine solche folgerung zu der Voraussetzung : ^wenn
Agamemnon für fremde blutschuld fallen und selbst wieder neue
blutthat wachrufen soll' ? im angesicht der katastrophe steht Aga-
memnon nur noch als das bedauernswerte opfer fremder schuld
da, selbst die erinnerung an sein eignes vergehen, die Opferung
der tochter 'dem rachezug zur fördrung, schiffen zur hafterlösung^
(v. 226), die doch im ersten act so scharfen ausdruck erhielt, wird
nun gänzlich bei seite gelassen , um den fall des beiden als furcht-
bare Schicksalsfügung dem herzen des Zuschauers menschlich nSher
zu bringen, der prospect auf Elytaimnestras und Aigisthos wolver-
diente strafe würde hier, wo der chor nur die niederdrückende cön>
Sequenz für jedes vermeintliche erdenglück zieht, geradezu verwirren
und der absieht der ganzen betrachtung entgegenwirken.
Ist diese anschauung die richtige, so ergibt sich eine der Eeck-
schen entgegengesetzte kritik. die Überlieferung des dritten sjstem^
leidet nicht an lücken, sondern an glossemen. es wiederholen siü
die ausdrücke OavoOci Oavüjv OavdTUiv so auffallend, und derge
danke zergeht in eine solche Weitschweifigkeit des ausdrucks , d^<
die annähme erklärender einschiebsei von vom herein die wahrscbein*
lichkeit ftLr sich hat. halten wir fest dasz der fall Agamemnons hier
nur als sühne fremder blutschuld aufgefaszt werden soll und d&>/
die Worte vOv h' €i TrpOT^puiv alji' dTTOTicet diese auffassung noch
nicht klar genug ausdrücken , so folgt dasz der angefügte satz kqi
TOict OavoOci usw. lediglich eine coordinierte alsftlhrung jener wortt
ist. er soll die bedeutung von TrpoT^puiV als gen. subj. klarlegen,
weiter werden wir dann aber in den werten xai ToTci Gavoüa osw.
einen bezug auf das unbestimmte irpOT^puiV suchen müssen, dieser
scheint sich in ToTci zu finden und auszerdem durch dXXuiv herv- r-
gehoben zu sein, consequenterweise wird dann OavoOci als glossen.
zu TOici getilgt werden müssen und ebenso Oavdrujv als erklämn^^
zu dXXuiV zu entfernen sein, es fragt sich nun noch, wie wir uc-
dem räthselhaffcen djav, welches nur der Farn, überliefert, g* --n-
über zu verhalten haben, bedenklich ist Eecks daraus hergestei/-^
dniv, da die dorische form drav in diesen anapästen doch sehr au:
fallend sein würde, nehmen wir aber mit Keck der freilich anrüci::
gen autorität des Farn, folgend iroivac als glossem zn dem in dt^
ChHerwig : snr responsionsfrage bei Aischylos. 451
TOtkrbeaen substantiyum an» so nötigt die plaralform iroivac, nicht
dniv sondern ftrac zn schreiben, eine änderung die der erstem ttaszer-
Hdi doch wol vorzosiehen sein mOchte. allerdings scheint mir fiT<xv
tuf keine andere weise erklSri werden zu kOnnen — man müste es
denn als flickwort znr herstellnng der YoUen dipodie aufTassen — als
so dasz es das corrumpierte, durch iroivdtc verdrängte object zu diri-
Kpovci ist. indes würde es an anserm resnltat nichts &ndem, wenn
ntn dem Flor, und Yen. folgen nnd Trotv&c beibehalten wollte.
Das ergebnis dieser erwägung ist, dasz wir in den Worten
vCv 5' ei irpoT^uiV aTjii* diTOT{c€i
xal Toict Oavuiv
fiXXuJV drac ^TrixpoveT
ein dem vorhergehenden genau entsprechendes System vor uns haben.
es erübrigt nur noch, Eecks treffliche emendationen dTTOticai und
imKpdvai an stelle der zum teil metrisch fehlerhaften (dTTiKp&vei)
und der bedeutung nach anstöszigen (vgl. Keck s. 424) futura und
im xweiten System statt 0€OTijLiiiTOc das von Weil vorgeschlagene
OeÖTifioc einzusetzen, den artikel mit demonstrativer kraft finden
wir bei Aischylos noch sehr hftufig: vgl. Prom. 234 xal ToTciv oöbek
ävT^ßaiv€ irXfiv ijiioO (Ddf. TOiclb*), Sieben 197 dvf|p yvvi\ T€ x^ *"
Tunr ^craixM^ov, Hik. 358 rdiv tdp ou bevcax iröXic, Eum. 174 Kajiioi
T€ Xuirpoc Kai töv ouk ^KXuccTai. wir gelangten also zu einer re-
ipottsion nach dem Schema a b b a und würden allerdings , um sie
durchzuführen , das vierte System noch weit gewaltsamer durch ein-
schiebsel umgestalten müssen als es Keck mit dem dritten gethan hat.
Allein hier hOrt die responsion auf, weil sie, streng durchge-
ftlut, dem dichter einen der gewaltigsten effecte rauben würde.
Tergegenwftrtigen wir uns die Situation, eben ist Eassandra in den
paust getreten und hat chor und Zuschauer in der erregtesten span-
umg zurückgelassen, jetzt musz es eintreten, das furchtbare, wenn
ttdos der mund der Seherin wahres verkündete, wenn die bange
afanong die greise nicht trog, diese, von den schlimmsten befdrch-
vagat gequftlt, verlassen, wie die anapftste zeigen, ihren bisherigen
pUU und sind im begriff entweder zum schütz des geliebten herm
den palaste sich zu nähern oder, was noch wahrscheinlicher ist, in
dem bewustsein hier machtlos und überflüssig zu sein, den platz vor
der bürg zu verlassen und sich nach hause zu begeben, doch mitten
31 Strom der rede stocken zunge und schritt : denn plötzlich ertönt
tzi dem innem der bürg der wehruf des tOtlich getroffenen: i&^ot,
cMTn>iat xaiptov TrXnT^v fcui. es ist offenbar, dieser ruf unter-
cheht die letzten betrachtungen des chors, das lassen schon seine
▼orte crfO' Tic TrXrn^v dürcT Kmpiuic ouracM^voc; vermuten, der
mte schrei des verwundeten stürt die greise in der begonnenen ge-
iiakeoreihe; er trifft sie so plötzlich, dasz die stimme nicht sogleich
crkaint wird und noch ein zweiter ausruf notwendig ist, den greisen
die gsBie Wahrheit zu enthüllen : ToCptov €tpTdc6ai bOKCi ^oi ßact-
Uuic oiiituTMon. erst jetzt beginnen sie eiliges Schrittes sich zu*
452 ChHerwig: zur reepoiiBionsfirage bei Aischjlot.
rttck zu wenden und sich dicht vor dem palast in der stellimg, in
welcher sie Klytaimnestra trifft, zu ordnen, alles das ist das werk
eines angenblicks.
Kehren wir nun zu anserm vierten System znrflck:
Tic fiv eSEoiTO ßpoTtuv dctvct
öaiMOVi (pOvai Tdb' dxouuiv;
zunächst ist der erste vers metrisch unvollständig. Aber die Yorni-
nehmende emendation kann man zweifelhaft sein, da der spiehsom
sehr frei ist am gefälligsten ist das von Ahrens vorgeschlagene
Tic ttgt' fiv eCEaiTO ßpordiv dcivci, oder es liesze sich vermuten:
TTUüc TIC fiv eüiaxTO ßpoiuiv dcivei. aber auch der zweite vers scheint
noch einer änderung bedürftig, es ist offenbar, dasz die werte ric
1T0T* &v eCEaiTO ßpoTuDv dcivcT | batjucvi q>Ovat den geforderten
gedanken vollständig ausdrücken, ebenso ist es wol einleuchtend,
dasz die worte Tdb* dxouuiv am ende schwächlich nachhinken, ganz
anders wird ihre bedeutung und Wirkung, wenn wir sie als anfangs-
Worte eines zweiten satzes nehmen, der den ersten ausführen sollte.
schreiben wir mit einem leicht einzufügenden xa\:
t(c ttot' Sv cöEaiTO ßpoTiöv dcivei
baijiovi q)uvai xai rdb* dxouuiv —
so erhält dxouuiV eine in ihrer einfachheit groszartig wirkende be«
Ziehung zu dem unmittelbar einfallenden djjiGi, it^ttXt)TM<^i KOipiav
irXriffiv £cui. indem rdb' dxouuiv urplötzlich ein grell auflenchten-
des licht durch Agamemnons todesschrei erhält, gelingt es dem dicb-
ter, eine ebenso urplötzlich erschütternde und packende Wirkung auf
den Zuschauer zu erzielen, eine Wirkung die sich auch in dem einen
augenblick vor schreck festgewurzelten , dann gespannt horchenden
und endlich in aufgelösten reihen dem palast zueilenden eher ab-
spiegelt.
So hätten wir denn zwar responsion, aber eine durch höberc
gewalt unterbrochene, und würden die anapäste in folgender form
aus der Überlieferung lösen :
cucT. a TÖ jLi^v eO irpdccciv dxöpccrov £q>u
TTÖCl ßpOTOlClV baXTUXob€(xTUIV 5*
oiiTic dTremdiv cTpyci jiicXdGpuiv,
♦jLHix^T* dc^XOgc», Tdb€ qiuivuiv.
CUCT. ß xal T(|ib€ TTÖXiv jiiv ^XeTv fbocav
^dxapcc TTpid^ou *
^ OeÖTi^oc b * olxdb ' \xdv€i.
euer, ß' vuv b * d TTpOT^puiv aI^ ' dTroricm
xai Toici Gavibv
dXXuiv dTQC ^Trixpdvat,
euer, a TIC ttot * öv cöEaiTO ßpoTuiv dciv€i
baiMOVi qiuvai xal Tdb' dxouuiv —
Ar. dj^ot, TT^TrXriTjiai xaiptov TrXiiTf|v £cui.
Elbbbteld. Cbbistian Hbbwig.
FKern: za Sophokles Antigone. 453
59.
ZU SOPHOKLES ANTIGONE.
23 '£T€OKX^a jüi^v, tbc X^rovci, cvv biicq
XPiicOeic bwalq, xai vö|yu)i, xarä x^vöc
weil das die X^ouct mit £Kpintf€ nicht rerbanden werden kann, auch
zu fpqicßelc es zn beliehen anpassend ist, da Antigone in ihrer billi-
gsag der beatattung dea Eteokles sich gewis nicht auf die rede der
laute m bemfen braucht, weil femer die Verbindung von cuv bbcq
mit xpncdcic einen bis jetzt weder durch plausible conjectnr noch
durch erklftrung beseitigten anstosz gibt, so scheint es mir nicht un-
Bdgheh, daaz hinter v. 23 ein vers ausgefallen ist, der. das enthalten
kit» was Antigone nicht durch eigne tlberzeugung, sondern durch die
meamng der menschen begründen will, nemlich das recht des Eteo-
kles gßgen Polyneikes, also was Kreon t. 194 als seine eigne über-
zeagong nnd — wir mtlssen es annehmen, da in dem drama Ton
keiner seite widersprochen wird — als Voraussetzung des dichtere
«uquicht. in ▼• 24 würde nach dieser annähme dann ursprünglich
gestanden haben btxij T€ und dies erst nach der Verstümmelung, um
den tezt einigermaszen lesbar zu machen, in bixaiqi verwandelt sein,
den aosge&llenen vers mit einiger probabilität wiederherzustellen
wire natürlich ein müsziges spiel des witzes; nur so viel kOnnte man
Tenraten, dasz er mit irgend einem dem xpil^Oek ähnlichen worte,
etwa xp^ovra (oder XPHCTöv) angefangen und zum inhalt gehabt
kabe: 'dir seine herschi^t gegen die vaterlandsfeinde schützen wollte.'
uf einen vers dieses inhalta scheint aber in der that das die X^tovci
in Verbindung mit cvv bbaji hinzuweisen, auf einen vers der den
gogensats bildet zu dem folgenden dOXiuic OavövTCU die entsohei-
doBg über recht oder unrecht der beiden brüder lehnt Antigone hier
ebeuo ab wie nachher in v. 521 rlc olbcv, ei K(Srru)0€V eöcni) rdbe;
m ist dieselbe gesinnung, welche der halbchor in Aischylos Sieben
1052 IL ansapricht
Aber auch wenn hier kein vers ausgefallen ist und so die ver-
Vkdiing von Mkq mit bticaiqi als eine des besondem nachdrucks
wegen absichtlich gewühlte erscheint, würde ich wegen des d)c
Ufcuo die beiden worte lieber auf Eteokles als auf Kreon beziehen
3ad annehmen, dasz damit die nach der meinung der menge ent-
seUaden gerechte sache des Eteokles bezeichnet werden solle, doch
ich sehr wol dasz die dann nötige ftnderung des XPn^Ock in
passenden a^jectivischen, im accusativ stehenden ausdruck ihre
groasan aehwierigkeiten hat. gelänge dies aber, so würde die ver-
UndoBg von biiqj und biKalq. gar nichts aufUlendes mehr haben,
wenn man daran denkt, dasz in Aischylos Sieben 627 H. Poljneikea
du bOd der Dike auf aeinem achild als Wahrzeichen trägt und Eteo-
Uet, ala ihm daa von dem boten gemeldet wird, dieser i|f€ubi(ivufioc
454 FEem: zu Sophokles Antigene.
A(kti gegenüber von sich und seiner sache sagt (654): Tic äXXoc
^aXXov IvbiKWTcpoc;
98 dXX* €l 60K€l COl, CT€IX€- TOÖTO ö* \cB\ ÖTl
ävouc jLi^v fpX€i, TOtc q>iXotc b' öpOuic q>iXii.
Wecklein erklärt den zweiten vers der von Bonitz gegebenen inter-
pretation folgend mit diesen werten : 'dein Unverstand kann meiner
schwesterlichen liebe keinen eintrag thun.' früher liesz man allge-
mein die erklttrung der scholien gelten: dvorJTUiC )li^v koI qptXoKiv-
buvujc Trpdrreic, euvoiKuic bk idji tavövri. mid ich sehe auch kei-
nen ausreichenden grund davon abzugehen, findet man nemlich
^nach der die aufmerksamkeit für die schluszworte spannenden an-
kündigung die äuszerung, dasz Antigene zwar einHlltig, aber gegen
Polyneikes liebevoll ist, etwas matt' : so liegt der anstosz wol mehr
in der Übersetzung als im griechischen text ävouc kann hier doch
nicht den Vorwurf der einfalt, der verstandesschwSche enthalten:
denn die bedenklichen folgen ihrer that sieht Antigone ebenso gut
ein wie ihre Schwester; aber sie handelt thOricht, von leidenscbafc
verblendet, weil sie unbekümmert um die gefahr (<piXoKivbuvu)c)
Kreons willen entgegentritt; und die Übersetzung 'liebevoll' gibt
das energischere öp9u)C q>iXri nicht wieder, übersetzt man aber die
Worte genau : 'als th6rin gehst du , aber deine lieben wahrhaft lie-
bend', so schwindet nach meinem gefühl wenigstens alles matte aus
den Worten, aber auch mit Ismenes gesinnung sollen die wort«
nicht 'im einklang sein, da Ismene überzeugt sei dasz sie selbst üiren
bruder nicht minder liebe als Antigone ; wenn sie nicht gleiches thue,
so werde der bruder in dieser unthfttigkeit die folgen der gewalt die
sie leidet, nicht den mangel der liebevollen gesinnung erkennen
(v. 67 ff.).' dem gegenüber will mir^doch scheinen dasz eine hebe,
welche der gewalt und der gefahr trotzt und den tod nicht scheut,
mächtiger ist und wol von dem bewundert werden kann, in welchem
dieselbe gesinnung nicht zum rücksichtslosen entschlosz wird, denn
wie edel und weiblich Ismenes Charakter auch immer ist, die scbea
vor unweiblichem hervortreten und die achtung vor dem gesetz
allein ist es doch nicht was sie zurückhält, es wirkt doch aadi mit
der gedanke, dasz eine heimliche bestattung, an die sie ja nmftchst
nur denkt , sehr geringe oder keine aussieht auf erfolg habe (t. ^^
u. 99), sondern ein d^ifjxavov sei: denn an die rücksiohtelose energie,
mit der Antigone nachher wirklich die den schatten des bmders er-
lösende that vollführt, denkt Ismene zunächst gar nicht, wenn aucb
Antigone schon v. 72 auf die mOglichkeit ihres todes hingewiesen
hat. erst als die Schwester das gespräch über gef&hrlichkeitund Un-
möglichkeit der that damit abbricht, dasz sie unverhüllt erklärt gaf
keine gefahr zu fürchten, und sich bereit zeigt die pietätsvoUe that
auf kosten ihres eignen lebens möglich zu machen , sagt Ismene die
Worte, durch welche sie ihre Schwester thOrichter Verblendung zeibt
und zugleich deren hochherzigen todesmutigen sinn bewundert, den
sie in sich selber nicht findet. Antigone hat doch nicht unrecht,
FKern: zu Sophokles Antigone. 455
vonn sie nachher v. 543 ihre Schwester mit rttcksieht auf Poljneikes
ab eine XÖTOic q>iXoOcav bezeichnet, alle edle gesinnung, alles
beten um yerzeihung sind doch eben nur Vorgänge in ihrer seele,
die dem Polyneikes nichts helfen, mOgen sie auch in ihrer qualität
desen der Antigone yoUkommen gleichartig sein, so dasz sie auf
diese dppffroi X6toi hin sich v. 558 mit sittlichem feingeftQil als
gleich schuldig bezeichnen kann, intensiver (ob auch dem weihe ge-
aemender, bleibt hier auszer betracht) ist jedenfalls die liebe die
rar sofopfenmgsvollen that wird, und nur dieser durch thaten sich
nigenden liebe gilt ja Ismenes wort: denn öpOiI^c q>(Xii ist eben so
wenig wie dvouc allgemeine Charakteristik, sondern eine in dem
thon der Antigone (dem £px€c6ai) sich zeigende eigenschaft. dieser
lollt die edle, wol zum leiden ftlr ihre Überzeugung, aber nicht zum
gefiüirlichen thun entschlossene Schwester in dem letzten werte, das
sie der forteilenden nachruft, deren hochherzigen sinn sie eben erst
Toll imd ganz kennen gelernt hat, dieselbe bewunder ung, die sich
durch ihr verhalten im zweiten epeisodion noch deutlicher kundgibt.
Also mit Ismenes gesinnung scheinen mir die werte, auch wenn
mtn sie in der früher üblichen weise erklärt, durchaus in einklang
n sein, auch das etwaige gramnuktische bedenken, dasz q>iXoc mit
dem dativ häufiger in passivem sinne gebraucht wird, kann die er-
Uinmg nicht hindern, denn der dativ ist doch auch bei dieser be-
devtung oft genug nachweisbar; und Härtung durfte zu Find. Pj.
3, 7 sieht die regel aufstellen, dvbpdci q)iXoc heisze den menschen
M), dvbpuiv q>(Xoc die menschen liebend oder menschenfreundlich.
Bomti verweist mit recht auf den Platonischen Lysis, ans dem her-
Toigehe, wie sehr in qpiXoc die beiden bedentungen ^geliebt' und
'Uebead* Terschmolzen sind; aus demselben dialog entnehme ich zu-
gUch den beweis dafür , dasz es gar nichts ansUfeziges hat q>iXoc
Bit dem dativ in aotivem sinne zu verstehen, so 215'' töv fäp
^tffjfta Ti|» nXoucitfi ävcrricdZecOai q>(Xov elvat xal töv äcO€vf| ti}»
kxvpi^ Tf|c ^irtKOupiac Ivckc, kqI töv KdMVOVTa ti|> laTpiJ)* xai
v&vra bi\ TÖV jii\ db&ia dtairfiv töv eibÖTC kqI q>iX€iv. noch entr
•leidender für die mOglichkeit der alten intexpretation (allerdings
>ber sieht entscheidend für die notwendigkeit, dieBonitz mit guten
grfiaden zurückgewiesen hat) ist die Enripidesstelle (Iph. T. 597)
i U)^* dpicTov, &K dir' €dT€voOc Tivöc p\lr\c n^qpuKac, toic q>(-
^t' öpMk qrfXoc. ebenso meine ich mit Bonitz, dasz der plural
TOB fiXoc durchaus nicht hindern kann das wort auf Ismene ebenso
fot wie aof Polyneikes zu beziehen; doch dasz man die anwendung
^ TeraDgemeinemden pluralis in jenem falle ^in diesem zusammen-
haige nnr als einen zng von Zartheit betrachten könne', will mir
aidit einleoehten.
Dnrdi das bisher entwickelte ist nnr die Unbedenklichkeit der
^Hen erklämng bewiesen, die notwendigkeit derselben scheint mir
^viiis ZQ erheUen, dasz Ismene, welche für die Unterlassung der
^^•iittimg Verzeihung von den unterirdischen erbitten will| die that
456 FEem: zu Sophokles Antigene.
selbst also durchaus billigt (vgl. 556. 558), nur den versuch der-
selben als ungehörig für ein mttdchen, weil unausführbar (v. 90) er-
klärt, nicht durch die thorheit, die in diesem nach ihrer meinuBg
Tergeblichen versuch liegt, in ihrer liebe zur Schwester irgendwie
wankend gemacht werden kann, dieser Unverstand kann ihrer liebe
gar keinen eintrag thun, und es ist unnötig, ja störend das erst noch
zu versichern, etwas anderes wäre es , wenn man in dvouc einen
tadel der kränkenden worte der Antigene denken will, das kann
aber wegen der Verbindung mit £pX€i nicht ohne zwang geschehen,
und femer stimmt auch der darauf gegründete vorwarf der thor-
heit nicht mit der art, wie sie schon vorher (v. 82) und nachher
(v. 550) beleidigende worte der Schwester aufhimt. auch wfirde
man dann statt des öpGoic oder doch daneben eine bestimmung wie
'nach wie vor* erwarten, demnach bleibe ich bei der aoffassong,
die sich schon seit alter zeit den lesem der Antigone unwillkflrlicb
aufgedrängt hat: 'du handelst thöricht und unbesonnen, da da som
begräbnis des bruders forteilst und damit in dein eignes verderben ;
aber die moüve zu deinem thun sind die alleredelsten, nemlich
selbstlose, aufopferungsvolle liebe zu dem toten bruder.' und ich
finde es zweckmäszig und schön, dasz der dichter am ende des pro-
logs schon andeutet, wie er selbst die handlung der Antigone sof-
gefaszt wissen will, nemlich genau in derselben weise, wie er es
durch den eher bald verhüllt bald offener aussprechen läszt denn
auch die scheinbar so leeren worte des ohors im dritten epeisodioDj
fiva£, d t' cIköc, cT ti xaipiov lifei \ Ma9eTv, cd t* aö toöb** cO
t&p €{pYiTai bmXä haben doch wol den sinn, dasz der dior Kreon»
ansichten über die notwendigkeit des gehersams gegen die gesetze
billigt, aber zugleich die zurücknähme seines todesurteils wünscht,
weil Antigenes that doch im gründe ein fpTOV euicXc^CTOTOV sei.
175 djLirjxavov bk iravTÖc dvbpöc iKjiiadeiv
tpiiX^v T€ Kai q>pövima xal tvuimiiV; irptv fiv
dpxaic T€ Ka\ vöiioiciv ^vrpiß^c qpavq.
mir scheint das TravTÖc im ersten verse recht bedenklich, jeder
mann hat doch nicht gelegenheit sich als wol bewandert in der
regierung zu zeigen, sondern unter vielen tauaenden immer nnr
6iner. und sollte Kreon wirklich sagen können, jedes andern mannes
Charakter bleibe unerkennbar? über keines mannes gesinnung könne
ein klares urteil gefällt werden, bevor er in regierungogasch&fien
und in der gesetzgebung sich erprobt hat, dh. über venschwisdend
wenige? fehlte das navTÖc, so würde das ganz unbestimmte dvöpoc
die möglichkeit lassen den begriff in dem om&ng zu nehmen, der
gerade hier passend ist, während durch hinzufügung von irovTOC
der unbestimmte umfang in störender weise als dermö^chstgrosie,
kein Individuum ausschUeszende bezeichnet wird, und damit seinem
inhalt auch das genommen , was hier das wichtigste ist, der som
herschen berufene mann, mit andern werten: die hinsafOgattgTon
TravTÖc hindert den begriff als einen prägnanten aufzufassen, wie
FKern: za Sophokles Antigone. 457
in dem alten zu dieser stelle oft oitierten sprach dpx^ ävbpa b€(-
Kvuci, dh. die herschaft offenbart die volle mannestttchtigkeit.
Ffir den gedanken sehr nahe liegend wftre die änderung b*
dpxovTOC dvbpöc* doch ist diese rttcksicht natürlich nicht ans-
reidiend, die ftndening für eine probable com'ectnr zu erklttren. viel
nllwr sdion käme dem überlieferten irdpiTav statt TravTÖc* doch
mtehte ich es fUr das wahrscheinlichste halten , dasz orsprttnglich
geschrieben war iravrl Tdvbpöc. die Änderung ist eine verhält*
niüiilstig wenig gewaltsame, und es ist auch begreiflich, dasz die
uüeserlich gewordenen bnchstaben durch übereilte co^jectnr des
sehreibers des dabei stehenden dvbpöc wegen gerade so verändert
and, wie wir sie heute lesen, der sinn -wäre dann: 'jeder lernt
die männliche tttohtigkeit am besten aus der regierungsthätigkeit
kemeiL' die Überlieferung dagegen gibt den unrichtigen gedanken :
'mui leint jede männliche tttohtigkeit (eigentlich nur jeden mann-
UdwB Charakter) am besten aus der regierungsthätigkeit kennen/
743 oö T&p biicatd c* iEajiiapTdvovd ' öpui.
ich mochte nicht zweifeln, dasz Sophokles geschrieben hat oö -xäp
bimi', ä c' ^iiaprdvovO' öpiD. eine änderung des überlieferten
ist mein verschlag kaum, ebenso wenig wie wenn in dem vorauf-
gebeaden verse statt des in La stehenden btabiicnc jetzt überall
gelesen wird bid biiqQC. ja ich glaube dasz, wenn die ersten hgg.
den Ters sO; wie ich es für das natürlichste halte, gleich ala zwei
litze iofgefaszt hätten, kein mensch später auf den gedanken ge-
kämmen wäre, daraus den öinen satz, wie wir ihn jetzt lesen, zu
bilden, nun meine ich keineswegs, daez die vulgata etwas sprach-
widx:^ oder ungereimtes enthalte; sonst wäre die stelle schon
Uogst emendiert worden; aber wenn, wie hier, die Überlieferung
zviechcn zwei teztesconstitationen beinahe geradezu wählen läszt,
M sehe ich doch die vor, in welcher die angemessenere ausdrucks-
wciie erscheint, in der vulgata nemlich mit dem nachdrücklichen
oad nachdrücklich vorangestellten oi bUata (statt d6iKa) sieht es aus,
«k wenn Haimon die m<(glichkeit eines vergebens auf einem andern
gebiet ak gerade des biicaiov offen lassen wollte, mag das nun auch
inaier m<Sglich sein, jedenfalls gehört die betonung dieser möglich-
keit nicht in den zusammenbang des dialogs.
Dasz ein gewiaser anstosz in der ausdrucksweise der gewöhn*
iicben Schreibung vorhanden ist und empfunden wird , schliesze ich
leb ans der beibringung von citaten, die ihn wegschaffen sollen
aid doch dazu unzulänglich sind, wie Phil. 1248 f. (Wunder) und
^ 1096 (Musgrave) und daraus dasz Wecklein in dem ausdruck
bitterkait findet, während Wunder meint: 'id verecnndiae causa
poenit Haemon pro eo, quod in mente habebat, dvöciov d^opriav
Wt^kvovto.'
776 ömuc fiiaqia ttfic' öncKcpuing iröXic.
«cb moss annehmen dasz das bedenken einen Alexandriner mehr in
& Antigone hineinzubringen davon zurückgehalten hat statt ir&c'
458 FKern: zu Sophokles Antigone.
hier iräv zu schreiben, ich weisz aber doch nicht, ob nicht ein klarer
sinn, wenn er durch so geringe ändemng sich gewinnen Itsti, eher
Yom dichter zu fordern nnd zu erwarten ist, als die befolgnng einer
metrischen Vorschrift, die der dichter in derselben tragödie nach-
weislich mehr als Einmal nnberticksichtigt gelassen hat.
Wenn Kreon sagt 'ich will der Antigone in die felsengnft
speise mitgeben, damit die ganze stadt vor befleckong sicher sei', so
wird dadurch der gedanke erweckt, dasz ohne diese vorsichtsmasz-
regel ein teil der stadt der befleckung nicht entgangen wtre. wer
aber als dieser teil zu denken sei, ist schwer zu sagen; ob Kreon
selber, ob die ganze bürgerschaft, ob ein teil derselben — keine Ton
diesen möglichkeiten hat irgend welche wahrscheinlicheit für sieb,
keine gibt irgend eine passende Vorstellung, das bedenkliebe des
ausdrucks ist auch von den hgg. nicht verkannt worden, bei Schneide-
win-Nauck (7e aufl.) heiszt es: «Träca hat sich an iröXic angeschlos-
sen, während der sinn eigentlich irdfiirav forderte.» dazu werden
dann parallelstellen citiert (Aias 275 Xuiri] iräc £X/|XaTai icaic^. 519
dv coi Träc' £tuit€ ctdEojüiai. 728 ir^Tpoici Träc KaTa£av0€tc. PbiL
1341 Tpoiav dXwvai iräcav. OT. 706 iräv dXeueepoT cnSMa), von
denen ich nicht einsehe wie sie die von mir bezeichnete Schwierigkeit
wegräumen könnten, und wenn es bei Wolff- Bellermann heiszt:
«irfica, die bttrgerscha^t in ihrer gesamtheit» damit kein teil de^
Staates leide», so wird das problem fOr die erklärung mit klarheit
aufgestellt, die erklärung selbst aber nicht gegeben, in der r^n
Wecklein besorgten fOnften aufläge von Wunders commentar lesen
wir: 'et hie et alibi pronomen irfic idem fere signifieat atque iräv-
Tujc' die dazu beigebrachten parallelstellen (zum teil dieselben «ie
die oben mitgeteilten) beweisen aber keineswegs, dasz das zu erwar-
tende irävTUic sich in eine adjectivische bestimmung gerade zu iräXic
verwandeln kOnne. vielleicht deshalb wird hinzugefilgt: 'nisi ex
negativa sentent|ae forma 6iru)c jüi^ iräcav iröXiv Xäßq fiiaqia repe-
tendum videtur.* diese letzte auffassung vertritt denn auch Weck-
lein in seiner eignen ausgäbe mit den werten : «iräco, wie bei einem
negativen ausdrucke, 'damit sich nicht die befleckang Aber den
ganzen staat verbreite'.» mir ist die herleitung des ansdrocks aus
etwas ursprünglich negativ gedachtem wenig einleuchtend, und
auszerdem beseitigt sie das hauptbedenken gar nicht wenn es aber
richtig ist — und ich zweifle nicht daran — dasz der dichter, w:e
mit irdjLiirav oder irdvTUic, hat sagen wollen 'damit die Stadt durch-
aus frei bleibe von befleckung*, so ist das eben ausgedrückt, wenn
man schreibt: 6irujc iniacjüia iräv öir€Kq)i!iTn iröXic, entsprechend
dem verse des OT. (313) ßOcai bi iräv jitiacf^a toO TcSvriicdTOC.
863 irpoßäc' ^iT* ^cxarcv Bpdcouc
uipnXöv ic AiKCC ßdBpov
irpoc^ireccc , ili t^kvov , iroXi).
irarpi^ov b' ^icriveic Ttv' ä6Xov.
dasz irpoc^ir€C€C von Ic ßdOpov getrennt wird, wie es in dar Wolff-
FKem: zu Sopfaoklea Antigone. 459
Bellennannschen ausgäbe geschieht (wo auch auf Evicalas eingehende
begrOndmig dieser auffassung verwiesen wird) , halte auch ich fOr
dnrekaos notwendig, der chor sieht auf Kreons seite gewis nicht die
Dike; sagt er doch ausdrücklich y. 1270 zu demselben otjii* ibc £otKac
6ipi Tfh^ Mici|V lb€iv. und nun gar den standpunct, welchen Kreon
Tertritt mit öipiiXöv ic Aixac ßddpov zu bezeichnen, einen aus-
dnick der an dcuiv £vopKOV bixav (v. 370) und an die vöjioi uipi-
noöec OT. 865 erinnert, das kann man doch demselben chor nicht
ntaoen, der am schlusz der tragödie dem Kreon so nachdrücklich
eiaidilrft xph b^ td t' cic Oecuc ii}]hly dc€iTT€iv. die Übersetzung
sbcr, die ich bei Wolff-Bellermann lese, zeigt doch, wie schwer sich
mit der Überlieferung der hier zu fordernde sinn vereinigen Iftszt.
es heiszt dort: 'vorgeschritten auf den gipfel der kühnheit, auf die
bohe schwelle der Dike, stürztest du tief hinab, dh. indem du Dikes
kohes gebot mit äuszerster kühnheit erfülltest, stürztest du ins ver-
derben.* in der wortgetreuen Übersetzung erscheint für das Trpo-
ßdvetv ein doppeltes ziel, das Gpdccc und das ßdGpov, was o£Penbar
aa sich anstSszig ist und anstöszig auch durch den Wechsel der prä-
poiitioBen {ini und cic), für den sich schwerlich ein grund wird fin-
den lassen; in der hinzugefügten erklttrung wird ein durchaus treffen-
der ann geboten, aber auf kosten einer starken ab weichung vom
onginaL das ziel wird nemlich in das mittel verwandelt ('mit
iQsierater kühnheit'). sollte es in solchem falle bedenklich sein,
durch Snderung eines einzigen buchstaben im original selber den
gtfordaien sinn herzustellen, ich meine, indem man schreibt in*
icimnt Bpdcouc? ThHertel (gymn. programm von Torgau 1876 s. 8)
wüJ, auf das }iexä Opdcouc des scholiasten mit recht sich berufendl,
am denselben sinn hineinzubringen, dir' iqcdrou Gpdcouc Schrei-
bern; ich ziehe aber meinen verschlag deshalb vor, weil er weniger
UD Überlieferten ftndert und weil dt^ itil mit gen. dem fieid viel
meb entspricht, nach Hertels Schreibung wäre Antigone vom Opd-
cx ausgegangen und bei dem thron der Dike angelangt, was min-
destens eine recht unklare darstellung ihres verhaltene wäre.
Die viel besprochene und viel bezweifelte Verbindung npoc^-
vccic iroXu mag doch immerhin richtig sein; da aber in dem letzten
vofte die hsL Überlieferung schwankt (La hat ttgXüv), sei es mir
gestattet, weil die ungewöhnliche Verbindung durch beweisende
psnOelktelkn bis jetzt noch nicht verteidigt ist, zu den vielen
«■eadationsversuchen (zb. fi<^p(4>, ttöXei, irddei, irÖT^ifj) noch einen
ocaen hinzuzufügen: ßu6i|i, den ich nur dadurch empfehlen kann,
dsB der dichter dann in einem anschaulichen bilde bleibt, 'mit
lutnnter kühnheit bis zu dem hohen thron der Dike fortgeschritten
itütxtett du in den abgrund*, wie der seholiast sagt £iT€C€C ic TÖ
ifVOT&ipi0V (eben wegen dieser erklärung schon scheint es mir aber
Biriditig etwa Tdqxf» zu schreiben), also nach himmelanstrebender
ktfattheit der tielste fall, (eine gewisse ähnlichkeit hat die stelle
Aiss 1090 Sinuc fif| TÖvbc Gdirru^ aöröc ic raqpac n^cijc) darin
460 HFlacb: zu PindaroB [Ol. 1, 28]. — ChZiegler: zn TheokritoB.
läge denn auoh die in dem letzten versa angedeutete ähnlichkeitmit
Oidipus. auch des hoohsinnigen , für recht und Wahrheit streitenden
vaters leben zeigt den stürz von höchster höhe ins tiefste elend, der
KXubuiV cujLiqpopäc in den schlusztroch&en des OT. würde dann mit
anderm bilde dem ßu9oc entsprechen, mit welchem Antigenes sdick-
sal bezeichnet wSre. leider kann keine buchstabenähnlichkeit die
conjectur empfehlen, aber blosz um ein gleichanlautendes wort zu ge-
winnen , würde ich doch das sonst nahe liegende und in demselben
bilde bleibende ir^bifj kaum vorziehen.
Mit dem ö^iiiXdv AiKac ßdGpov läszt sich übrigens vergleichen
Find, fr. ine. 52 (Härtung) iTÖT€pov biKac tcTxoc (!i|iiov usw. and
mit dem in unserer stelle ausgedrückten gegensatz Find. Py. 8,88 ff.
ö l>k KaXöv Ti v^ov Xaxüjv dßpÖTorroc ^ttI ineräXac Ü iXtriboc ne*
TQTai urroTTT^poic dvoptoic . . dv b* öXttqi ßpoTwv rd repnvöv
aüHrai ' oörui bk xal ttitvci Xdliai, auch der gebrauch des M mit
gen. wftre entsprechend , wenn meine Schreibung gebilligt würde.
Stettin. Franz Kbbh.
60.
ZU FINDAEOS.
Für sämtliche herausgeber des Pindar bot Ol. 1, 28 [44] (p(inc
eine unüberwindliche Schwierigkeit, dennoch zeigen die schollen kkr
was zu lesen ist. fvioi hk qpdnv (Trat A D qKxdv) , sagt der alw
scholiast, dvrl rou xdc cpp^vac t&v dvOpuiTruiv dTiaTitrav o^eu-
beic XÖTOt, was schon Böckh misverstanden hat, während gar Bergl
und Christ rdc (ppivac als glosse zu qpdrtc ansehen, seit wann
haben die alten grammatiker so glossiert? vielmehr liegt dieerkifir
rung in dem ^JCubcTc, womit zu vergleichen ist Hesychios (»slex.
Fhavorini) qpdriiC' i|ieT3cTr|C. es musz also im Findarischen teit
q)dTai gelesen werden, bezogen auf |yiC9o(, und das scholionTer
bessert: Ivtoi b^ (pdrai, dvri toC o\ ipeubetc XÖTOi rdc usw.
Tübingen. Hans Flach.
61.
NACHTRÄGE Zu MEINES DRITTEN AUSGABE DES
THEOKRITOS.
In dem zwölften gedichte, das ich auf meiner ersten italiiniscben
reise nach der ausgäbe von August Jacobs verglich, hat der Mediceas
37 (p) V. 4 cq>€T^piic XaciuiT^pr), v. 8 (ptitdv. — ht demselben vene
ist vor CKiapdv ausgefallen: CKicpdv] p. k. Anti. — In der Sjrnx
sollte es V. 1 statt o heiszen 18.
8tütt0abt. Christoph Zuolek.
Adolf Lange: entgegnang [betr. den taktiker Aineias]. 461
(37.)
ENTGEGNUNG.
Als *anseige' ist der artikel AHugs *obeD s. 241 — 266 über
meine scbrifi *de Aeneae commentario poliorcetico* bezeichnet: das
gaue Terfahren des rec. aber ist znr genüge schon durch die aus-
wiU des Stoffes charakterisiert, hr. prof. Hug geht nemlich nnr auf
einielheiten der gegen ihn gerichteten abschnitte cap.
I B ('de patria Aeneae') und II B (*qua atheteseon ratione Hngins
Qsas Bit'} ein — abgesehen Ton wenigen bemerkungen über stellen
ns cap. n A ('Hercherus et Sauppius quam atheteseon rationem
amplexi sinf). der artikel ist überhaupt nichts als eine in gereiztem
ton gehaltene entgegnung auf einzelne puncto der kritik, der ich
Hags bjpothesen über das Vaterland des Aeneas und seine aus-
gibe nebst prolegomena unterzogen, ich bestreite darum hm. prof.
Eng das recht diese polemik gegen einzelheiten zweier
ibschnitte meiner schrift unter der unverfönglichen firma einer
ODpartelischen anzeige der ganzen schrift den lesem vor-
lofthren. nnr 6in orakelhaft dunkler satz H.s scheint sich auf die
mdem teile meines buches beziehen zu sollen s. 260: *ganz ohne er-
tng wird die schrift, abgesehen von einzelnen puncten, die aber von
<ier frage der athetesen unabhängig sind, in denen man dem vf. recht
geben kann, immerhin schon dann nicht sein . . .' unter diesen 'ein*
tehiCB pnncien' glaube ich die abschnitte A 'de Aeneae operibus
et tetite', C 'de sermone Aeneae', I 'quomodo Thucydidem Aeneas
isutatos sit', 11 'de reliqua sermonis Aeneae natura', D 'de fontibus
Aeneae*, E 'Aeneae opera quibus cognita fuerint', F 'de memoria
commentarii poliorc.' des cap. I, femer cap. m 'ooniectanea eritica'
vergtehen zu sollen; freilich wftre mir dabei doch wieder unklar, wie
ttiB eingehende besprechungen über die spräche des Aeneas und
utenadnmgen über den cod. Med. LV 4 als 'unabhängig von der
fnge der athetesen' bezeichnen kann, doch zur sache.
Zunächst erhebt H. gegen mich die anschuldigung, ich habe zu-
cm in der Aeneasfrage einen 'oft unwürdigen ton angeschlagen',
ich moas hiergegen mit aller entschiedenheit protestieren: rein sach-
lick habe ich entgegenstehende ansichten mit gründen zu wider-
leg« gesucht, dasz ich das, was sich mir nach eingehender prüfnng
tis Irrtum herausstellte, 'error' genannt, dasz ich besonders leere
pbntanegebilde nicht erst als geistreiche ideen gepriesen habe, um
iie dann zu widerlegen, wird mir niemand Übel nehmen, wie hr. H. gar
iis belege ftlr diesen behaupteten 'unwürdigen ton' meine werte s. 96
'quo modo cum recte de plus nonaginta, minus bene de quadraginta
aex loeiB Hercherus statuisset' ; s. 81 'onmino vero quod ad univer-
«m haue Hercheri rationem spectat, non debebat ille delere, quae
«aieDegere non poterat, ea de causa, quod intellegere non poterat';
8. 96 (über eine der wenigen Sauppeschen athetesen) 'non
462 Adolf Lange: entgegnung [betr. den taktiker Aineias].
debebat in eum errorem incurrere , ut qnae intellegere non posset,
ea expangeret' geltend machen will, ist mir anklar, man Tgl. mein
lobendes urteil über Horchers und Sauppes kritik s. 66. 67 f. 95.
auch die s. 244 von H. citierten stellen enthalten rein sachliche be-
merkungen. zu 4, 7 erklärte ich s. 90 'quod Hogias Hercheri suspi-
cionen^ secutus verba delet, certe nullius momenti est ad illiiu sen-
tentiam stabiliendam' : Hercher hatte keinen stichhaltigen gnmdf&r
die verlangte athetese vorgebracht, Hug streicht ohne weiteres die
worte: wird etwa factisch dadurch jenes ansieht gesttttst? s. U4
hatte ich Hug einen groben fltlchtigkeitsfehler nachgewiesen: gegen
38, 3 hatte er nemlich ua. (prol. s. 22) angeführt: ^neque desique
intellego quomodo possint canes qui in urbe sunt pugnantes in muro
tiiX Ti[j T€ix€i jLiaxOfi^vOUC turbare': hieran hatte ich die bemerkutc
geknüpft : ^praeter eum nemo non perspexit verba TOic iiii xw nix^i
^axo^dvoic ex irapaiveiv illo pendere.' man vgl. den text des Aenea^
und man wird mir recht geben müssen, als hauptsttchlichen beweis
aber führt H. s. 242 mein urteil über seine ausgäbe (s. 66) an; e^
wäre mir im int^resse der Wahrheit unmöglich , auch nur ein iot^
am Wortlaute desselben zu ändern (vgl. auch s. 100). auch jetzt noa
behaupte ich auf grund der s. 66. 114 f. von mir angeführten, gan:
schlagenden stellen, dasz H. den Hercherschen text Öfters nnvor
sichtig nachgedruckt hat. ' gegen s. 144 f. wendet Hug freilich ein,
Hercher 'mit vollkommenem bewustsein' gefolgt zu sein , Ms wo er
glaubte wahrnehmen zu können, dasz der interpolator, so nichtig
seine worte sind, doch nicht barbarisches griechisch geschrieben
habe.' als ob etwa, um nur einiges herauszuheben, 16, 4 £uv^ceujc
9 <pGdcai€V, 10 t^TPOi^^cii ^barbarische' formen wären, die in cwe-
C6UIC, q)6dc€tav, irpoT^Tpairrai umgesetzt werden müsten! haben
frühere kritiker diese abhängigkeit H.s noch nicht herausgefonden.
so lag dies nur daran , dasz keiner veranlassung hatte dessen t«xt
einer so eingehenden Untersuchung zu unterziehen , wie ich es g^-
than. ob die 'praeoccupata opinio', mit der H. an das ^reinigen' de<
Aeneas gegangen , sich einige wochen früher oder später festsetzte.
kann uns gleichgültig sein: dasz sie vorwaltete, habe ich s. lOU—
176 nachgewiesen und halte auch jetzt daran fest, ebenso dar&n
dasz H. trotzdem inconsequent verfllhrt (vgl. s. 177). eine sehr
wolfeile art der Verteidigung ist es übrigens, wenn H. sich abmCLli
den ihm gemachten Vorwurf der *praeoccupata opinio' hrn. prüf.
Leop. Schmidt und mir zuzuschieben, die worte (aus einem privat
briefe) LSchmidts, auf welche H. jene behauptung stützen w.<!
(s. 244), sind selbst der stärkste beweis gegen ihn: 'diemetho.1.
des auswerfens ohne unmittelbare evidenz erscheine uil
des ansteckenden willen, das sie habe, gefährlich.' ist das nicht u^^
leitende prindp aller vorsichtigen kritiker? wenn H. behaaptt'.
' in betreff von 18, 8 gesteht Hag dies selbst ein ^Aeneas von StMc-
phalos' 8. 36 anm. 1.
Adolf Lange: entgegnang [betr. den taktiker Aineias]. 463
meine 'praeoccnpata opinio' sei durch das sindium der einzelbeiten
enchflttert worden, so entgegne ich dasz ich anbefangen an Aeneas
henmgetreten und unbefangen geblieben bin, wie mir jeder unpar-
teiische leser zugeben wird, so dasz ich ein abergläubisches fest-
hilten aller überlieferten werte ebenso verwerfen muste wie eine
QiiToraichtige hyperkritik. darin eben besteht mein principieller
gegensatz zu H., den dieser freilich s. 241 abzuleugnen sucht.
Bedauerlich ist es, dasz hr. H. auch zu haltlosen yerdäch-
tigangen seine Zuflucht nimt. s. 66 hatte ich nach dem urteil
ftberH.8 kritische methode gesagt: 'ipse quoque coniecturis non-
nnüifl emendare textum conatus est.' dagegen erklärt H. s. 244 f.:
'es wird mir jedermann zugeben, dasz diese werte in diesem zu-
sunmenhange besagen sollen, dasz meine conjecturalkritik durchweg
als reranglflckt zu betrachten sei . . aber kaum wird es mit der Wahr-
heit yerträglich sein sich so auszudrücken, wie hr. L. gethan hat,
in der gleichen schrift, in welcher er gelegentlich folgende' meiner
eoajeeturen adoptiert.' ich bemerke zunächst, dasz ich an jeder die-
Mr paar stellen H. ausdrücklich als autor der betr. Verbesserung be-
leieimet habe: auch 40, 7 zu TÖv &XXov vgl. s. 102 anm. 102. dasz
H. meine genannten werte falsch interpretiert, zeigt schon ^quoque'.
fie besagen nichts anderes als dasz H.s conjecturalkritik nicht als
dozchweg geglückt zu betrachten sei; ich habe mich somit, da ich
eise anzahl seiner coiyecturen bekämpft, völlig wahrheitgemäsz
ausgedrückt, wenn ich auch wenige, auszer 22, 16 ganz unbedeu«
tende, änderungen von ihm annahm.
Gänzlich aus der luft gegriffen ist der folgende Vorwurf,
den H. s. 246 gegen mich erhebt, er behauptet nemlich 'ein merk-
wflnüges verfahren zum zwecke der Verringerung seiner leistungen'
bei mir entdeckt zu haben : denn s. 93 hätte ich bei zusammenstel-
loag der von mir gebilligten athetesen Herchers 'auch die stellen
mit eingeschlossen, an denen ich über den umfang des hinzukom-
moiden (oder klarer: des zu streichenden) von Horcher differierte';
dagegen hätte ich bei der besprechung von Hugs athetesen am ende
«Bei jeden abschnittes nur die stellen angeführt, in denen ich völlig
Bit ihm übereinstimmte, während ich 'in der recapitulation, anders
als ich es bei Hercher gethan, alle die seiner athetesen unterdrückt
^itte, in denen ich nicht über den umfang derselben völlig mit ihm
«Big gewesen.' aber 1) enthält die Zusammenstellung s. 93 f. k e i n e
einige der von mir im vorhergehenden besprochenen stellen, an
teen ich über den umfang des zu streichenden von Hercher diffe-
nere: diese stellen sind: 11,9 dXX' iv rate q)uXaic övrec . . t6
)tOilo)f (8. 78). 24, 5 miXiba (s. 83). 25, 4 f\ dvcX^cOai (s. 84).
31, 9 TexviKUfC 5i 5oK€T . . fiXetEcv (s. 85—87); 14 napa töv 7T€^-
troMCVOv (s. 88 f.). 23, 2 äq)Uiva TTOicOvra (s. 91). 2) ich gebe
zirgends vor s. 179 eine *recapitulation" der von mir gebilligten
' die atketese von t6 itOp S4, 1 gehört nicht hierher. 4, 6 habe
vk R.S eonjectnr gar nicht angenommen : vgl. s. 70 f. ' anm. 92 s. 93
464 Adolf Lange: entgegnung [betr. den taktiker Aineia«].
athetesen. 3) ich verfahre bei Horcher genau in derselben
weisewiebei Hug: ich zähle von mir schon besprochene stellen,
an denen ich die gröszere athetese eines jener beiden gelehrten Ter-
werfen, einen teil aber der yon dem betr. ausgeschiedenen werte
gleichfalls gestrichen , nicht noch einmal am Schlüsse aof, son-
dern gebe überall nur eine Übersicht der noch nicht bespro-
chenen athetesen, die ich in völliger Übereinstimmung mit
dem betr. annehme, diesen Sachverhalt muste Hug nach durch-
sieht der bei mir s. 93 f. angeführten stellen, aufdieersicbja
beruft, kennen; ich sehe mich somit vor die alternative gestellt,
hm. prof. H. entweder wissentlich unwahrer angaben oder einer im-
gewissenhaften Oberflächlichkeit und leichtfertigkeit anzuklagen.
Gleich haltlos wie der vorige Vorwurf H.s ist der s. 246 gegen
mich erhobene in betreff der einführung einiger athetesen. H. i^t
erstaunt die behandlung von cap. 16 ^ohne irgend welche erwfih-
nung' seines namens mit dem ^quasi selbstverständlichen satze ein
geleitet zu sehen «transeamus iam ad id caput, quod foedisäime
interpolatorum licentia corruptum est».' ich führe zur niederscblo-
gung dieser behauptung nur die unmittelbar bei mir folgen«
den werte an: ^cuius cap. genuinas Aeneae solas §§ 14 — 18, reliqua^
1—13, 19 — 22 omnes ab interpolatore adiectas esse Hugiusp. 9
— 13 ostendere studet.' ähnlich verhält es sich, wie jeder, der die
betr. stellen vergleicht, sehen wird, mit s. 138 (22, 19) und 151
(28, 5 wo in 7 zeilen H. zweimal genannt wird), s. 179—188 war
es überflüssig, die namen der Urheber jeder einzelnen athetese zi:
nennen, da letztere ja in den vorhergehenden abschnitten A und B
von cap. II sämtlich mit angäbe ihrer Urheber schon be
sprechen waren, und es hier auch gar nicht auf diese, sondern
auf die sache selbst ankam.
Ursprünglich hatte ich noch eine ausftüirliche entgegnung ai*
das sub n und III von Hug vorgebrachte beabsichtigt; da mir jedocii
die geehrte redaction dieser Zeitschrift erklärte , mir für meine Ant-
wort höchstens vier selten einräumen zu können, so mnsz ich daron
abstehen, ich begnüge mich mit der bemerkung, dasz meine an-
sichten sowol über die athetesenfrage als auch über das Vaterland
des Aeneas durch jene einzelnen einwürfe H.s um so weniger er-
schüttert sind, als er öfters gerade meine hauptgegenax^mente ein-
fach unberührt läszt. vielleicht bietet sich mir spätec einntal g^
legenheit zu eingehender Widerlegung.
bezieht sich auf folgende stellen, wo in demselben § Hercker ver-
schiedene von einander völlig unabhängige athetesen tur
nimt, deren eine, früher nicht erwähnte, ich nur billige nnd hier Adi
zähle, während die betr. andere im vorhergehenden besprochen und ver
werfen war: 1, 8. 10, 11; 20. 16, 4. 24, 2. 31, 1 (irepl and ^^^<^^'
iniCToXfi «diöe). nnr dass ich die athetese des wörtchene öf&Ac 16, \^
schon früher beiläufig erwähnt, hatte ich übersehen.
Marburg. Adolf Lange.
CSchaper: anz. v. JEvifalas Yergilstudien. 465
62.
ZUR LITTERATUR DES VERGILIUS.
1) TEROIL- STUDIEN NEBST EIMER COLLATION DER PRÄGER HAND-
SCHRIFT VON JOHANN KViOALA, ORD. PROF. DER OLA8SI8CHEN
PHILOLOOIB AN DER PRÄGER UNIVERSITÄT. Prag 1878. Verlag
TOD F. Tempsky. VIU nnd 276 b. gr. 8.
In den 'VergOstndien', welche einen teil einer gröszem sam-
lang bilden, bespricht der vf. stellen der Aeneis, deren erQrterung
ihm behafs genauerer Würdigung der Prager Yergilhandschrift wün-
schenswert erschien, er ist auf diese hs. durch den bericht aufmerk-
sam geworden, den prof» JEelle in den publicationen der böhmi-
schen geselkchaft der Wissenschaften ser.YI bd.y (1872) veröffent-
licht hat. in den bemerkungen, zu denen die vergleichung der Pra-
ger hs. mit den bis jetzt bekannten texten veranlassung gab, werden
79 steilen des ersten, sieben des zweiten, zwei des dritten, zwei des
vierten, eine des fünften^ sechs stellen des sechsten baches bespro-
chen, in der kritik des textes werden die wesentlichen momente mit
besonnenheit abgewogen ; die erörterung ist sachgemftsz ; die erklft-
nmg an vielen stellen sinnig und geistvoll, fast auf jeder Seite findet
der erklftrer des Yerg. anregung und belehrung. nicht selten werden
iltere erklftrungen durch treffende bemerkungen glücklich gestützt:
10 werden zur Verteidigung der Übersetzung von veteris heUi (I 23)
Mes früheren krieges' die worte una cum gente tot annos hella gero
(147 f.) herangezogen, I 34 Siculae teUuris als gen.obj. durch die pa-
rallelstellen Aen. III 73. 192 f . Y 8 f . gerechtfertigt, I 223 die ein-
leitangä tarn finis erat als rein Suszerliche Zeitbestimmung in schütz
genommen, I 518 die lesart cunctis durch den nach weis gesichert,
dasz die worte des Achates I 583 ff. omnia tuta leides, dasscvn socios-
pf receptcs. unus ahest, media in fluctu quem vidimus ipsi sübmer»
wn; didis respondent cetera matris nur dann erklftrlich sind, wenn
vor der kOnigin reprftsentanten aller schiffe erscheinen. I 738 wird
die erkiftmng von increpUans als Maut auffordernd^ durch hinweis
luf das Homerische öjhokX^uj, öfxOKXri (vgl. TT 71 3 f.) empfohlen. II
263 wird die auffassung, nach welcher primus als reines zahlwort
tMT die zeit bezeichnen soll, durch die vergleichung von vier andern
Ä^llen (Xn 448. V 406. XI 806. IV 59) empfohlen, an welchen die
reibenfolge *in der erzShlung der thatsftchlichen Zeitfolge ebenfalls
nicht entspricht, zuweilen erhalten die worte des dichters durch die
giflekliche wähl von parallelstellen eine neue beleuchtung : so wird
<Ü« anrede des Aeneas I 327 ff. mit der anrede des lason bei Apol-
bnios Arg. lY 1597 ff. zusammengestellt und zur erklSrung von
li^iamque dii (>» diei) I 636 auf 1732 hunc l actum Tyriisque
dUm Trciaqtie profectis esse velis verwiesen, namentlich verdient
hiffr die besprechung der parallele erwShnt zu werden, welche Weid-
aer zwischen ^en. 1664 ff. und ApolloniosArg.III 10—166 gezogen
btte. bei voller anerkennung der von ihm hervorgehobenen ge-
JikrMclMr fir dut. phUol. 1879 hfl. 7. 30
466 CSchaper: ani. v. JEvi^alas Yerg^tadien.
sicbtspoocte wird doch die vergleichung auf die pancte beschrlnkt^
in denen die Übereinstimmung nachweisbar ist, und das eingreifen
des Amor in die bandlung aus gründen der dicbteriscben notwendig-
keit gerechtfertigt, die sorgfiltige abw&gung der entscheidenden
momente führt denn auch in vielen fällen zu einer wol begründeten
ab Weisung früherer erklärungen. so wird zu I 63 gezeigt, dssz m-
stM nur auf laxas dare hahefMS, nicht auch auf premere bezogen we^
den könne; zu I 243 , dasz tutus nicht im gegensatz zu tot auihs
actos, sondern zu navihus amissis stehe; zu I 447, dasz das imper-
fectum condebat die möglichkeit ausschliesze, den tempel als vollen-
det zu denken; zu 1455, dasz inierse nicht mit fnanusoperumquela-
horem zu verbinden sei, weil inter se nur mit einem solchen Substan-
tiv verbunden wird, welches den begriff der wechselseitigkeit schon
in sich trttgt (s. 127); zu I 519, dasz datnore nicht als begleitender
nebenumstand aufzufassen sei, weil damare päebatU nichts anderes
sein könne als damofUes petebant; zu I 684, dasz voUus notos nicht
iB puero proprios, sondern »= tibi noto$ sei ; zu II 378, dasz cum vccc
nicht 'mit einem schrei', sondern *mit der stimme' heisze; zn VI
548 ff«, dasz trotz mancher Unebenheiten die stelle nicht zu denen n
rechnen sei, deren erklärung als unmöglich aufgegeben werden mflsse.
unter den vorschlagen einzelne stellen abweichend von der jettt ge-
wöhnlichen auffassung zu erklären verdienen nicht wenige berfick-
sichtigung, zb. die Übersetzung von tälia voce refert I 208: 'so gab
Aeneas seine Stimmung mit werten wieder', die beziehnng von venia
I 519 auf die gewährung der gastfreundsohaft, die erklärung der
frage quaeve hunc tarn barbara marem permiUü patria? (I 539 f.)
durch den satz : 'quae est haec tam barbara terra, quae hunc morem
permittit?' überzeugend ist namentlich der beweis dafür, dasz IV
288 Cloanthum und nicht Serestum zu schreiben sei. auch die aus*
lassung von et IV 390 mtdta metu cunctantem, muUa parantem, mit
welcher die Prager hs. isoliert dasteht, ist sehr geschickt empfohlen.
besondere anerkennung verdient noch das streben den vollen gehalt
des Yergilischen ausdrucks zu bestimmen und ästhetisch zu würdi-
gen : so wird I 4 unter vi superum nicht nur das active eingreifen
der Juno und der ihr dienenden niederen gottheiten verstanden, Bon*
dem auch das verhalten höherer gottheiten, welche den feindselig-
keiten der Juno nicht entgegentraten oder nicht gleich im beginn
entgegentraten. I 76 f. werden die worte tuus, o regina, qmd opies^
€X]^orare läbor nicht mit Heyne erklärt: 'ezplorare, reete secusne id
fiat, quod velis fieri. tu ipsa videris, an recte haec a me postule^';
sondern übersetzt: 'du brauchst nur dein inneres zu erforschen und
dir darüber klar zu werden, was du wünschest.' 1 127 wird J9laci-
dum {capttt) als constantes epitheton mit graviter cammoius glnck-
lich vereinigt. I 202 verwirft Evicala die erUänmg des Servins:
maestus Omar, qui fnae$tos reddUy und übersetzt, indem er one per-
sonification annimt, maestumgue Hmorem *die traurige furcht \
durch die tiefere Würdigung der Schönheit des Yergilischen aosdnck.'»
CSchaper: ans. t. JKv£6alat YergilstudieD. 467
nuk iahali und form werden manche momente in das rechte licht
gestellt, welche bisher nicht genug berücksichtigt waren, in betreff
das Inhalte Yerdient namentlich die her?orhebang der in der Aeneis
80 seltenen humoristischen stellen s. 167 erw&hnung; in hinsieht der
fona ist die «nmerkong su I 209 spem wiUu simuUU, premit aUum
corde dolorem nicht unwichtig, die chiastische Stellung der worte
ahce'Va liefert einen neuen beweis dafür, dasz der dichter jedes
wort gewogen nnd an die rechte stelle gesetzt hat
Dem yf. stand, wie aus dieser aufisählung herrorgehti ein reiches
fflsterial ru geböte, und es befremdet daher, dasz neben diesen wert-
ToUen betraehtnngen abschnitte stehen, welche nichts wesentlich
nenes bieten, dies gilt zb. von den anmerkungen zu 1231.238.267.
3U. 381. 551. 563. 573. 576. 607. 742 und namentlich zu 1 736 ff.
in dieser kehrt die Untersuchung nach einer ausführlichen darlegung
der bedenken, die der annähme eines abLabs. VSbato i^Zl) entgegen-
stehen, zu dem leider, wie es scheint, unumstOszlichen resultate zu*
rück, dan trotzdem keine andere erUftrung möglieh ist. an andern
^teiloi hat der vf. mehrere ansichten zusammengestellt, ohne sich
für die eine od«r die andere zu entscheiden, so wird zu 121 f. die er-
Ufaung Ton Weidner und Ladewig als vorzugsweise annehmbar be-
uiehaet, aber doch auch der Vermutung räum gegeben, dasz beide
Terse nur eine unliebsame Wiederholung des in den beiden vorher-
gehenden ansgedrflckten gedankens enthalten können, diese vermu-
toag ist durch die annähme jener erklftrung ausgeschlossen, in I
339 wird rtpendms erst als 'erwSgend', dann als 'dagegen erw&gend'
erUirt; in I 561 sollen die worte voUum demissa erst (s.l44) *doch
wol gewis eine befisngenheit bezeichnen', dann aber (s. 146) viel-
leicht eine reminiscenz ans den Argonautika I 790 sein, zu I 746
soU Serrins der sache nach recht haben, wenn er sagt: tardiß, non
kmgis, $ed aettms i. e. tarde vmiefUibusi aber Henry, Conington,
Ladewig sollen doch auch nicht unrecht haben, wenn sie unter den
feniee Moete wintemftchte verstehen, zu VI 34 wird zunächst die
lesart der Pmger hs. ocUU als möglich nachgewiesen, darauf aber
die aufnähme dieser lesart in den text von dem beweise abhängig
goneht, dasi Aeneas nur von Achates begleitet zur Sibylla gieng
i. 191). auf den folgenden seiten wird dann gezeigt, dasz dieser
beweis nicht zu Alhren ist. trotzdem wird die änderung des textes
licht ganz zurückgewiesen, sondern dem dichter in dem einen wie
m dem andern falle der Torwurf einer 'gedrftngten, kargen und
iflftftnhaften* darstellung gemacht, es ist zuzugeben, dasz phUolo-
giiche nntersnchnngen dieser art oft nur bis zu einem gewissen
grade TOB Wahrscheinlichkeit geführt werden können; aber der nach-
veis dar wissenschaftlichen notwendigkeit musz wenigstens erstrebt
Verden* das schwanken zwischen verschiedenen, zuweilen entgegen-
gwftsfan ansichten führt unvermerkt zu Widersprüchen, so ist es
aadi dem vt gegangen: er weist s. 120 f. nach, dasz die verse 431
-436 wol nidit aus den Georgien entldmt, sondern von unberufe-
80*
468 CSchaper: anz. y. JKviialu VergilatadieiL
ner hand eingeschoben seien; nach s. 148 aber gehören dieselben
yerse zu den abschnitten der Aeneis, bei deren dichtung dem Verg.
eine partie der Argonautika als vorbild vorschwebte, manchen er>
Orterangen fehlt es gerade wegen dieser schwftche an der übeneu-
genden kraft: so wird zu 11 172 ff. die rechtfertigong der immerhin
anf&llenden lesart salsusque {audar) ohne angäbe eines grondes Ter-
worfen; dann werden zwei rorechlftge gemacht: den einen, gdidm-
gue, empfiehlt der vf. nicht; der zweite, cäldusque, welcher jeden-
falls den überlieferten ausdruck durch einen minder charakteristi-
sehen ersetzt, wird auch nur als *ftuszerlich wol wahrscheinlicher*
bezeichnet, auch die annähme einer lücke in den versen I 605 und
506 und die athetese der verse I 867. 368 ist nicht so begrttndet.
dasz die Untersuchung auf der gegebenen basis weiter geführt wer-
den kann, einige erklirangen — auch dies will ich nicht yerschwei-
gen — erscheinen mir als unmöglich. I 73 können prcpriam und
dicäbo 'nicht den dauernden besitz bezeichnen, diese bedeutong
liegt in comMo stdbüi (73) und amnis cmnos (74). der dichter
würde also denselben begriff in demselben satze viermal ausgedrückt
haben* zu I 82 ist vdut unentbehrlich : denn — mag man sich die
windhöle denken wie man will — die winde können nicht geradezu
'in form eines zuges auf einander folgender menschen' aus dem ge-
wahrsam hervorbrechen, die anrede des Aeneas I 459 ff. kann sich
nicht in v.463 in einen monolog verwandeln, die s. 135 empfohlene
Ordnung der bilder an den thorflügeln dee tempels ist darum nn-
wahrscheinlich, weil die beiden oorrespondierenden bilder 3 und 6,
die Troerinnen vor Pallas 479 — 482 und Priamus vor Achilles 4b3
— 487, für das äuge des beschauers zu weit auseinander gerfickt
sind. I 641 kann man wertes longiasma rerum wol nicht Won den
silbernen und goldenen geföszen; die in langer reihe auf den tischen
standen', verstehen, denn ducta (642) * fortgeführt' kann nur von
der zeit verstanden werden, von den beiden, eng verbxoidenen, aus-
drücken, welche die continuität bezeichnen, würde also der eine
rKumlich, der andere zeitlich zu fassen sein. III 170 kann wol nicht
rtgui/re geschrieben werden: denn nicht Aeneas, sondern Anchi^es
ist der eigentliche leiter der fahrt, er befiehlt die £fthrt nach Creta
(115 — 117) ; an ihn wendet sich der sohn(179)nach der erscheinnng
der Penaten (147 — 171); er spricht et cuncti diäoparemus ctanic^
ri89) ; er fleht die götter um hilfe gegen den fluch der harpjie an
(264—266); er befiehlt die abfahrt von den Strophaden (267); auf
seine aufforderung verlassen die Troer zu rechter zeit Bnthrotam
(472 f.); er begrüszt Italien (525—643) ; er gibt an der Oiaiybdii
die nötigen befehle (558—560); er nimt den hilfeflehenden Grie-
chen in das schiff auf (610). so bleibt er fUhrer bis zn seinem
ende, in diesem und in einigen andern puncten, deren aafsfthlung
ermüden würde, kann ich dem vf. nicht folgen, von unbestreitba-
rem werte aber sind für die Interpretation der Aeneis die samlongen,
welche ich kurz erwähnen will, zu I 48 sind die stellen aa^ezihlt.
CSchaper: ans. y. JKyf^alas Vergilstadien. 469
in denen das persönliche pronomen durch einen eigennamen oder
dareh ein appellativnrn vertreten wird, welches meist das verwandt-
sdttftlicbe Verhältnis der sprechenden person zu der angeredeten
oder m einer erwähnten person bezeichnet; zu I 65 ff. sind verse
lastmmeBgestellt, in welchen zwei Wörter, die zu einander in irgend
einem Verhältnis der Symmetrie stehen, durch Sperrung hervorge-
hoben werden, dh» dadurch dasz sie entweder am anfang tmd ende
ünes oder mehrerer verse, oder in auf einander folgenden versan-
fingen oder versschlttssen stehen; zu 1132 wird durch vergleichung
der steilen, welche eine anrede enthalten, bewiesen, dasz der den
angeredeten bezeichnende vocativ im ersten satze, nicht im zweiten
• n stehen pflegt; zu I 195 ff. sind die stellen gesammelt , in denen
einsabject, welches zwei mit einander verbundenen und einander
penllelen Sätzen gemeinsam ist. durch verschiedene ausdrücke be-
leiehttet wird, die note zu 1 204 gibt ein Verzeichnis der andeutun-
gen, welche dem Aeneas in buch 11 und in über seine künftige hei-
mat gegeben werden, die anmerkung zu s. 110 (I 378 f.) enthält
iteDen, welche zeigen, wie Yerg. versucht hat den ausdruck des Ho-
mer durch Steigerung zu überbieten, zu X 329 (s. 256) wird durch
eine zum theil nach Forbigers noten gemachte beispielsamlung ge-
zeigt, wie sehr Yerg. bei der Wiederholung desselben oder eines ähn-
lichen Wortes zugleich die unmittelbare nebeneinanderstellung, die
lor hebong des effectes wesentlich geeignet ist, liebte.
Diese samlunig gehört bereits dem zweiten teil der * Vergil-
stodien' an, der ausschlieszlich der besprechung der Prager hs. TT
gewidmet ist. der vf. bezeichnet sie so zum unterschiede von einer
andern, wertlosen Prager hs. (tt). sie enthält nach s. 204 — 207 den
teit der Yeigilischen gedichto in alter schrift des neunten jh. von
td, 2, 16 bis Aen. XII 526 nicht ohne bedeutende Ittcken*. von
späterer band sind ed. 1, 1 — 2, 15. 6, 53—86. 7, 1—70. Am. XL
461— Xn 50. Xn 527 bis zum ende hinzugefügt. Kvicala legt dar
hl einen bedeutenden wert bei, weil 1) dem Schreiber des Prager
Godex jedes Verständnis des Sinnes fehlte ; 2) weil eine ziemlich er-
kehhcbe anzahl von eigentümlichkeiten der Prager hs., die sich in
keiner von den bekannten hss. finden, zeigt dasz a) TT von keinem
Mnanten codex abgeschrieben ist, h) TT mit keinem uns bisher
bekuttten codex eine gemeinsame vorläge hat. dies mag zugegeben
*vden; doch wird es gut sein den wert der hs. nicht zu hoch anzu-
schlagen. Kvicala hat nur die varia lectio der eclogen und des ersten
^ndi«i derOeorgica genauer angegeben; aus den übrigen büchem
der Qeorgica und der Aeneis gibt er nur eine aus wähl, bei welcher
&nch solehe fWe berücksichtigt werden, die für das Verhältnis dieser
M. xn andern irgendwie von belang zu sein scheinen, schon aus
dieser saaslung ergibt sich dasz der text des Yerg. in dem Prager
'^x aa manchen stellen nicht aus versehen, sondern nach vermu-
<Qig geändert ist. Aen. 11 112 mag allerdings der ausfall von Ate,
d» er sidi achon bei Macrobius Bat. YI 9, 13 findet, auf einem früh
470 CSchaper: anz. y. JKvfcalaa Vergilatadien.
eingetretenen versehen eines abschreibers beruhen, aber peorp. III
76 kann refleäU nicht durch versehen ftlr reponU, in 261 resyMani
für redamafU nur durch conjectur in den text gekommen sein, unter
diesen umständen bleibt auch die lesart subrigit X 74 (für sulmt .
die allerdings eine der dunkelsten stellen plötzlich von jeder scbwie-
rigkeit befreit^ nicht von dem verdacht frei, dasz sie einer conjectur
ihre entstehung verdanke, dasz aber der ausfall einzelner rase in
TT keinen maszstab für die beurteilung der echtheit oder unechthei:
gibt, beweist namentlich die viel besprochene stelle Äen. IV 548 f.
denn mag man die verse 548. 549 an ihrer stelle lassen oder um-
stellen oder ganz tilgen wollen, jedenfalls sind beide untrennbar
verbunden, in TT fehlt aber nur v. 548; es liegt also hier ein ein*
faches versehen des abschreibers vor. daher dürfte denn auch acf
den ausfall von VI 329 ein geringeres gewicht zu legen sein, als to&
Seiten des vf. geschieht, dasz die seelen der unbeerdigt«n nur hun-
dert jähre am Styx umherirren, weicht zwar von dem uns ttbeTlie-
ferten Volksglauben ab; die ausschlieszung dieser seelen von der
reinigung, der alle seelen (VI 743 qui$qu€ suos piifimur mafies) in
der unterweit unterworfen werden, ist aber mit der in dem secbsten
buche gegebenen darstellung von dem leben nach dem tode unver-
einbar, dagegen widerspricht inhumaius v. 374 der in v. 329 aus-
gesprochenen beschrSnkung nicht: dennPalinurus ist nicht vor hun-
dert jähren, sondern vor kurzem («>M|>0r v. 338) gestorben. daszVerg.
aber mjthen absichtlich ttnderte, hat Evicala selbst zu ilen. I^*'
8. 31 f. schlagend nachgewiesen, und dasz seine leser einer milderung
des alten glaubens nicht abgeneigt waren, darf man wol daraus ent-
nehmen, dasz Ovidius kein bedenken trug ihnen met. XV 60 ff. ic
der rede des Pjthagoras eine anschauung von dem wesen der mensch-
lichen seele vorzutragen , welche den tdten glauben mit seinen hei-
ligsten gebrftuchen geradezu aufhob, daher dürfte, obgleich VI 3'2'?
in einem der altem teile der Prager hs. fehlt, doch an der ecbthei:
dieses verses nicht zu zweifeln sein, dasselbe gilt von III 595 un:
I 132. gleichwol ist nach den gegebenen proben der wert dieser
teile weit gröszer als der der später hinzugefügten, in diesen finden
sich sinnentstellende verschreibungen und überflUssige oder unwahr
scheinliche coigecturen in menge, dem vf. ist es aber gelungen su(^^
diese ab weichungen von dem jetzt gewöhnlichen texte zum ausgangs
puncto interessanter Untersuchungen zu machen, nicht immer kön-
nen wir ihm folgen, aber seine bedenken regen zu weiterem forschen
an. ein beispiel bieten seine bemerkungen zu XI 818 f. er verwiri:
die unglfickliche conjectur infdix fttr exsanguis, knttpft aber dar^
eine betrachtung über den Widerspruch, in welchem v. 818 lahit**'
exsanffuis mitv.827 simül his diäis linquehat hahenas ad terrae
non sponU fluens steht, um diesen widersprach zu heben , will e.
die verse 818 und 819 streichen, er meint, labüur ezsanffuis k^nc
auf den ersten blick nur von dem herabgleiten vom pferde versun
den werden, wer sich daran erinnert, dasz III 309 die opfernde Ae*
CSchaper: ani. y. WKloa^ek kriüieheB u. ezegetUches zu Yergilias. 471
tlromaehe lalnlur et longo vix tandem tempore fatur, wird das nicht
zogeben; noch weniger, wer daran denld;, dasz Camilla XI 709 — 11
üurpferd einer begleiterin übergeben hat : atülafurensacnqueacoensa
iolireiraäii equum comiti patilmsgueresistü inarmis ense pedes
mdo pwraque interrita parma. zn fasz {pemhOms plantia 718)
koH sie den feigen reiter ein ; auf der erde stehend t0tet sie ihn.
folgen wir den worten des dichters {ygi. 764 qua viärix redü iUa
ptdemqne ex hoste r^portat\ so besteigt sie ihr pferd nicht wieder.
di8z die ansdrtteke ruentem 805 , ad terram fluens 828, deieäa 833
in demselben sinne gedeutet werden können, zeigt Äen. X 751 ff.
pedes et Lycms processerai Agia» quem tarnen haud expere Valerus
rtrMAr avUae deieit; at Thronium SäUus, Saliumque Neakee inei-
dm^ iaeulo et longe fcMenie sagiäa, iam gravis aequäbaJt luctus et
mutuaMavorsfunera; caedebant parüer pariterque ruehant victores
tiäique. wenn dies die meinnng des Verg. war, so hat nicht er in
T.827 hahenas geschrieben, sondern das wort ist durch eine unrich-
tige coi^ectnr in den text gekommen, aliein Camilla ^Ut in einem
wflden reitertreffen (597^-895), an dem sie mit leidenschaft (furens
762) teil nimt. das herabgleiten Yom pferde, welches v. 827 uns
Torfthrt, entspricht dem gesamtbilde des kampfes mehr als das
nuaqunenbrechen der fuszkämpferin , auf welches y. 710 zu führen
sdieint. man ist daher wol berechtigt anzunehmen, dasz der dichter
den widersprach, welcher zwischen diesen yersen besteht, bei der
bizten bearbeitimg der Aeneis entfernt haben würde, durch die
tflgoag der yerse 818. 819 werden die Schwierigkeiten der interpre-
tstion nidit yermindert
Doch genug, die angefElhrten stellen werden dem kundigen
Icser gezeigt haben, wie yiel anregung und belehrung dem freunde
der Yergilischen dichtung die Studien Eyicalas gewShren.
2) KEITI80HB8 UNO EXBOBTXSOHBS ZU YEBaiLtUS YON WBNZBL
XLOUOBX. separatabdrack aus dem programm des k. k. deut-
schen gymnaiinma der Kleinseite in Prag 1879. im selbstyerlage
des yer&asers. 29 s. 8.
Der scharfsinnige und unermüdliche Vergilforscher bespricht
ia der kleinen abhandlnng eine stelle aus den eclogen, zwei stellen
der (}eorgica, fünf und dreiszig stellen der Aeneis, deren bücher
tasier dem fOnften, neunten und zwölften sämtlich berücksichtigt
werden, jedem fachgenossen ist die feinsinnige und ansprechende
«t bekannt, in der der yf. probleme aufzustellen und entweder zu
Utoen oder der Iteung nahe zu führen yerstehl yon den hier gebo-
teaen yorschlBgen kOnnen mehrere auf berücksichtigung ansprueh
asdien: sb. die coigectur vino ttür Baccko ge, IT 228, die yerbin-
doBg yon Oaesaris mit nomen, nicht mit pugnas ebd. in 46. i7, die
amsldlnng yon stgnaniemqu^vias und cemimus Idaea Äen. U 696.
697, die Übersetzung yon desertas terras * fremde länder' ebd. III 4,
die coigectur deposta ebd. X 526 fOr defossa. weniger beifall dürf-
472 CSchaper: anz. t. WKloucek kriÜBchea u, ezegeÜschet zu Vergiliiu.
ten andere bemerkangen finden, die worte meiiaegue wwnems inla-
Wur urhi Aen. 11 240 schildern nicht * in kleinlicher detailmalerei,
wie das hölzerne pferd sich allmählich der Stadt näherte', sie werfen
uns nicht * wieder yor die thore der stadt zurück', sondern führen
uns bereits mitten (fnediaeque) in die stadt ein. der gedanke, da^z
das böse geschenk in dem innem des heiligen Ilion steht, bewegt
den erzähler so, dasz er mitten in der Schilderung ausruft : o patria,
0 divom domus lUum et inchäa beUo moenia Dardanidum! zu 111
128 bemerkt Elouöek: 'nicht vor der abfahrt, sondern nachdem
man in die hohe see gestochen war, erheben die nautae (das sind die
genossen des Aeneas nur während der fahrt) in dem beglückenden
gefnhle , dasz die erfüllung ihres Wunsches begonnen hat, em frea-
dengeschrei unter manigfaltigem die fahrt förderndem Wetteifer.'
wer dies zugibt wird sich für eine änderung der überlieferten reihen-
folge der yerse schwerlich entscheiden können, um aber doch den
bedenken der modernen kritik gerecht zu werden, will Kloucek
Y. 129 vor 124 stellen und ▼. 128 zwischen 124 und 125 als paren-
these einschieben, man sehe nun, was dann aus der stelle wird :
121 fama volat pulsum regnis cessisse paternis
Idamenea ducem, desertcique litara Cretae,
hoste vacare domos, sedesque adstare relictas.
129 hortantur 80cU Cretam proavosqu^ petamus.
124 Unquimi4S Ortygiae portus pelagoque volamus —
128 noMticus exorUur vario certamine damor; —
125 bacchatamque iugis Naxum viridemgue Ikmustmn
Olearum niveamque Parutn sparsasqut per (keqyuof
Cydadas et crebris legimus freta concUa ierris^ «
130 prosequüur surgens a puppt venius euntis,
eine so gekünstelte Verschiebung der innerlich verbundenen Sätze
kann wol nicht als eine Verbesserung des textes angesehen werden.
Äen. III 278 — 289 wird durch die vorgeschlagene ftndeniBg der
versordnung, nach welcher 286. 287. 288 hinter 283 stehen soUen,
eine Schwierigkeit nicht beseitigt, sondern hervorgemfen. denn
dasz die Widmung eines Siegeszeichens nicht immer mit den Sieges-
festen verbunden ist, sondern nicht selten erst nach geraumer zeit
folgt, das haben wir alle in den jähren erfahren, in denen bei ims
feste gefeiert und Siegeszeichen gewidmet sind, die härte aber,
welche in der erzählung dadurch hervortritt, dasz auf die Schilde-
rung des rauhen winters (284. 285) unmittelbar die anzeige der ab-
fahrt (289) folgt, wird für den leser darch^die einschiebong der
verse 286. 287. 268 , welche die befestigung des Schildes und das
anbringen der Inschrift berichten, in hohem grade gemildert auch
VI 360 dürfte die vorgeschlagene änderung von oapUa in Oipde
nicht zu halten sein, wenn in dem text des Verg. nur aspera «^*
tia stand, so lag für den erklärer keine veranlassung vor zur inter-
pretation dieser an sich gar nicht auffallenden worte irgend eine
vergleichung {veltUi capita) heranzuziehen; vielmehr liegt in dieser
EBaehrens: Aber die handschriften des Tibullas. 473
form der ijiterpretaiion ein beweis dafür, dasz er capUa in dem zu
erilixenden texte fand, weniger kommt es dabei in betracht, dasz
darch die coigectar an die stelle einer sehr häufigen elision eine
aaazerordentlieb seltene gesetzt wird, denn die endsilbe eines anar
])l8ti8chen wertes bat Veig. yor der arsis des fünften dactylns in
den Oeorgica nie, in der Aeneis sehr selten (zb. II 658. IV 420. VI
622. Vin 96) elidiert; dagegen hat er sehr häufig und in allen bU-
cbeni der Aeneis, ebenso wie hier in capita, die auslautende kürze
eines tribrachjs mit dem folgenden anlaut an dieser stelle des verses
TersebHffen: zb. I 32. 142. 189. 429. 524. II 96. 353. 448. 528.
in 156. 665. IV 93. 246. 607. 679. V 468. 594. 655. 790. VI
93.102.112. 131. 179. 351. 485. 518. 787. 800. Vn69. 379. 403.
562. 580. 785. Vül 120. 567. IX 50. 81. 129. 272. 442. 678. 737.
I 26. 103. 197. 791. 836. 862. XI 96. 132. 161. 162. 229. 300.
439. 512. 797. 902. Xn 44. 339. 680. 699. 929. doch welchem
phüologmi wäre es wol gelungen für eine ganze reihe von yorschlä-
gen die znsüij^ung seiner fachgenossen zu erlangen? dank yerdient
ver, wie der yf., durch seine zweifei zu eingehenderer erwttgung
schwieriger stellen anregt.
Berlin. Carl Schafes.
CBEB DIE HAKDSCHBIFTBN DES TIBÜLLÜS.
In seiner recension meiner Tibullausgabe oben s. 71—79 hat
KBossberg, dessen streben nach Unparteilichkeit ich tlbrigens
gen aiif^kenne, über den wert der yon mir benutzten Codices eine
fajpotheee aufgestellt, welche sofort energisch zurückzuweisen ich
im mteresse der sache erachte.
Ich glaubte und gl&ube noch jetzt, dasz für die kritik des TibuU
kein grOszerer gewinn erwachsen konnte als durch den nachweis
des bisher unbeachteten Ouelferbjtanus (G) als der besten aller
existierenden (resp. bekannten) hss. dieses elegikers. G weist in
den pertien, wo uns die Pariser excerpte zu geböte stehen, eine
»olche anzahl Übereinstimmungen mit diesen in guten lesarten auf,
dasz ohne mühe sich die proYenienz beider aus einer gemeinsamen
iaelle ergab, warf schon dies ein günstiges licht auf G für die teile,
Jk wdchen wir Par. nicht vergleichen können, so sprach hier auch
die innere gute vieler singulären Schreibungen für die trefflichkeit
TOB G. daneben muste die andere hss.*classe (AV) mit ihren oft
platten und vulgftren lesarten als von untergeordneter bedeutung
tncheiucn. zn diesem resultate bin ich nach eingehendster unter-
t^chnag gelangt. Bossberg dreht nun das Verhältnis total um. er
fieht in AY die echte Überlieferung, dagegen habe der Stammvater der
lunüie 6 JPar. eine Überarbeitung erfahren, aber die ganze art und
«eise, wie er das zu beweisen sucht, beweist nur seine mangelhafte
TflrtraaÜieit mit solchen fragen, er meint, wo G gegenüber AY das
474 EBaehrens: über die handBcbriften des Tiballas.
richtige biete, hätten wir es mit den von einem mittelalterlichen ge-
lehrten gemachten yerbesserungen zu thnn. nun, das mflste ein kri-
tisches ingenium ersten ranges gewesen sein, denn es handelt sich
hier nicht blosz um die berichtigung von schreibfehlem; fast jede
Seite bietet stellen, an welchen 0 so vorzügliches gibt, wie es ein
klosterbruder zumal nimmer aus conjectnr eif unden hfttte, zu dessen
Auffindung ihn auch die Überlieferung in AV zumeist gar nicht an-
reizen konnte, die Verschlechterung des teztes, wie sie in AV vor-
liegt, ist verständlich; aber jene Veredlung ist für das mittehdti^r
einfach undenkbar, dasz man in einigen flülen zweifelhaft sein
kann, welche classe den vorzug verdient; dasz in manchen flülen
AV sicher vorzuziehen sind (und , wie alle hss. , hat auch G nitOr-
lieh seine fehler und mSngel): dies beweist doch noch nichts fttr die
weitaus überwiegende anzahl guter und ausgezeichneter lesarten in G.
man wird mismutig, wenn man sieht, in welcher weise Bossberg mit
80 manchen derselben umspringt, viele mögen früher 1 1, 29 den
Singular bidentem aus Par. gebilligt und sich dann gefreut haben
denselben durch G bestätigt zu finden, dasz sich derplnnd, den AV
geben , zur not (aber auch nur zur not) erklären läszt, ist ja richtig;
aber weshalb jetzt wieder dazu zurückgreifen? U 2, 6 cUmdUurfi
dura iantM fuUa sera ist das durch einen Ovidvers gestützte fulta
von G doch unmöglich von einem copisten statt des firma von AV
(das gewählte statt des platten!) eingesetzt worden; der umgekehrte
fall ist nach allen analogien der einzig denkbare. Bossbarg siebt
freilich in dem mit daudüur verbundenen fuUa einen pleonasmui :
eine art von einwürfen, wie sie heute stark grassiert und ruhig bei
Seite geschoben werden kann, weder ist hier ein pleonaamus vor-
handen (weil erst durch das fideire das daadere stattfindet), noch
würde, wäre er vorhanden, dies bei einem dichter in solcher Ver-
bindung anstöszig sein, auch 11 2, 21 soll das schöne und poetische
vuUus wiederum dem matten ntdus von AV platz machen, hat B.
sich wol die frage vorgelegt, wem es ein&Uen konnte , das so ver-
ständliche ntäus mit dem subtilen vuUtus zu vertauschen? dem hier
wenigstens gab die Ovidstelle, wie sie lautet, keine Veranlassung zu
einer Interpolation, überhaupt aber zeigt die Unterstellung, das2 iz:
neunten oder zehnten jh. jemand den Tibull nach Ovid ooirigiert
habe , eine völlige verkennung der thatsächlichen Verhältnisse, und
80 läszt sich gegen alle von B. ftlr seine hjpothese angeführten
stellen die nichtigkeit der einwände darlegen; an keiner einzigen
bin ich in meiner ansieht schwankend geworden, seien wir 6o<h
froh in 0 eine hs. gefunden zu haben , welche uns in der erkennte::
der echten Überlieferung bei Tibull so manchen schritt weiter ge-
führt hat, imd berauben wir uns dieser freude nicht selbst dnab
unbegründete zweifei !
Ich könnte noch über dieses und jenes in der B.8chen reeensi.n
einige bemerkungen hinzufügen; doch genug.
OaoNiHOBN. Emil Babhsssts.
KRoiiberg: krit. nachleBe zu Draconüus u. der sog. Orestis tragoedia. 475
64.
KBITISCHE NACHLESE ZU DRACONTIUS UND DER
SOGENANNTEN ORESTIS TRAGOEDIA.
In meiner schrift 'in Dracontii oarmina minora et Orestis quae
Toatar tngoediam obseirationee oriticae* (Stade 1878) habe icb
eine anzahi von stellen des Dracontins sowie des nach meiner ttber-
xeugmig nnfraglich demselben dichter znzmschreibenden Orestes zu
heäen und zu erklftren versucht, da sich mir nun bei gelegenheit
weiterer Stadien über diese gedichte behufs des evidenten nach-
weises der Zugehörigkeit des Orestes an Dracontius noch für mehrere
iteUen Vermutungen über deren ursprüngliche fassung aufgedrängt
baben, so lege ich dieselben hier in form einer nachlese zu meiner
genannten schrift vor.
1 1 dfirfien ursprünglich gelautet haben : Orj^^eum vates renar-
raitf ttlprwrum Utterae^ ood. vaiem enarrant ut^ letzteres verlesen
aas «t. renarrant ist schon von Baehrens vermutet vd hat hier
natllrlich, wie so oft bei den späteren Africanera, die bedeutung von
et. — V. 11 schreibe ich unter mitbenutzung der coi^ecturen von
Bflcheler und Baehrens: haacMf^MuseacantusOrpheosquemisciHt,
cod. Mos. que am zweiten worte mehrfach beiDracontius. — 11 34
TritoneSt OikUea^ Thetis, Mphines amahufiij cod. Tkäin unsinnig.
~ f. 41—44 lese und interpungiere ich so :
aUer erU Perdka furens aique altera Myrrha^
luppUer aller erit Oereris de fratre marüus.
parva loquor. tatiro si iusseris dUera regia
flammäur caniux. — reddeUur et altera Phaedra.
Air Oererie v. 43 hat der cod. ttrris, zum mythus vgl. Heaiodos
tiieog. 912 aördp 6 A^firiTpoc iroXuq><Spßr|C tc X^xoc JiXOev und
Claadianus de raptu Pros. 1 107. bei der composition der ganzen
itelle hatte Drac. vor äugen Yerg. ed. 4, 34 f. — v. 65 Alcidis comes
fti carust cod. abermals comes. vgl. Val. Flaccus III 585 ff. qtiem
M comugio tat dedignata dicavi nympha procos^ en Haemonia puer
o^ivtt aino cartis Hylas. — v. 84 (y,8qu e^ pedes fluiiane vestis laxa-
tvr ad tmos. die Ificke ausgefüllt nach Or. 786 tunicam mantbus ten-
^hat ad imos usque pedes mäuena. — v. 92 litora curva petit nach
^aL PL ni 668; cod. terras cauta ohne sinn, gerade im Tlas finden
iicb noch einigemal anklSnge an Val. Flaccus , wie auch Baehrens
ifl seiner prad^tio zu diesem dichter andeutet, so erinnern v. 159
-161 an Val. PI. m 734, femer v. 152 und 158 an Val. Fl. IV 53.
— T. 150 ignibus IdaHii vex at as Herculeas spes, ood. rexutas. spem
ftxmt dürfte einfacher sein als vDuhns spem exuere. — m 20 nam
^ sunt quaeeungue^ cod. sint, vgl. den vOUig gleich gebildeten
v«B Drac. satisf. 113. — IV 18 tua nosmet pessima caniux her-
^tsckt cod. U in. — v. 80 fi€c neruus ad tStint, cod. maurus. —
^ 137 hMia tälis eat, taiis tihi victima pergat? cod. parcat ohne
476 KRoBsberg : krit. nachlese zu Dracontias u. der 00g. Orestis tngoedia.
sinn. — y. 170 st^ regis amarij cod. auari: vgl. Or.409 rex Aga-
memnon erat, patriae dominator amanis. — v. 325 L possesaure polos
scandens, qua laäeus axis vertUur, aetherii qua candet circuUu orhis,
cod. sedat^ vDohn se dat nnd in der ann. crii 'malis tendü Tel simile
quid', die bttrgschaft für die richtigkeit des von mir eingesetzten
candet kommt von einer eeite, woher sie so leicht nicht zvl erwarten
war. Drac ahmt nemlich in ▼• 326 eine stelle aus Hanilius astron.
I 800 nach, welche lautet: aUius^ aetherii qua candet circulus
orhis, durch den vers des Drac. wird hinwiederum das qua bei
Manilius gegen Bentleys coigectur qttam geschützt. — VI 16 f. Fhot-
biAsque Cupidoque et Bromius. das zweite q^ fehlt im cod. —
Y. 49 f. et udentur suspensis dentibtis ora^ sponsa marüales eognoscat
ut uira vapores. ut fehlt im cod. an utra scheint nichts zu SnderSi
es ist "s uiraque, vDuhn übersah, als erpura oder virgo yermntete,
dasz von zwei brauten die rede ist — v. 57 subito i?enit ig n ig er
ales^ cod. aliger ignis, eine sehr starke metapher: vgL 8, 495 /2am-
miger dies. — y. 77 — 79 sind folgendermaszen zu interpungieren:
lüia surni inserta rosis iuga puUihra vokurum;
verhere purpureo Ogpris iubet tre iugalls^
remigat ammotis pinnarum pHausibus ales.
^rosen mit lilien untermischt sind dasprSchtige joch der tauben; mit
purpurner peitsche treibt Venus das zwiegeepann an' usw. TDaho
verbindet völlig verkehrt iugalis äks^ wie aus seiner interpunction
vor iugalis und aus seinem index ersichtlich, dasz meine erklfirung
die richtige ist, erhellt schon aus der von Drac. nachgeahmten stelle
des Statins A(^. I 58 triptici tdo iubet ire iugaks. durch die falsche
beziehung des iugalis wird vDuhn dann verleitet auch v. 77 unrich-
tig aufzufassen und abzuteilen. — YII 4 non inhonorus eram $rd
laude redemptus adirem, cod. abirem. eram ist acc. und bezieht
sich auf Vitula. Baehrens wollte abirem halten und era oder erai
lesen mit schwerfHUiger constmotion. — y, iO et nervo eomitanU
sonet nova murmura Ungua^ cod. candente. — v. 60 celebres^ coJ.
celeres. — VIII 31 iam sederat arbüer Idam^ cod. idem, ^ die
construction von sedere mit acc vgl. den gleichzeitigen Africsner
Luxorius in anth. lat. B. 312, 4. 330, 2. 350, 4. — v. 49 ff.'siiid
folgendermaszen zu schreiben :
pro matris thatamo poenas dependit Ächiües ,
unde haec causa fuit^ forsan Tdamonius Äiax
sternitur inviäuSy quod mater reddita non est
Hesione Priamo^ sie est data causa rapinae,
cur genies cecidere simul? usw.
im vorhergehenden ist geschildert, wie wegen der entscheidung des
Paris im apfelstreit 6r, seine ganze familie, ganz Troja, Oriechenlsnd,
das morgtnland, namentlich aber auch Achillea und Ajax, die beiden
wetterstralen des krieges, untergehen, nun fährt der dichter re-
flectierend fort: * Achilles nun wurde gestraft für die vemifthlnng
KBoMberg: krit. nachlese zu Dracontias a. der BOg. Oresiis tragoedia. 477
seiner matter, woher die yeranlassung zu dem apfektreit stammte,
und Ajax muete yielleicht dafür sterben , dasz Hesione dem Priamus
nicht snrfickgegeben wurde, infolge woTon sich gelegenheit zum
nabe der Helena bot (ygl. den weitem verlauf der erzShlung des
gediefats). aber warum musten die YOlker zugleich mit umkommen ?
— T. 100 sie rediij germana tnanus^ cod. si credis. — y. 118 se
fWtf ottendi Teucri de sHrpe ereatum^ cod. ostendU regni. der
Ten ist gebildet nach Verg. Aen. 1 626 seque ortum (MtUiqua Teuere-
nm a Mkpt voUbat. — y. 203 qtiem tnndicat Atropos urgens^ cod.
w§tm. Tgl. Claudian de raptu Pros. I 218 sie Atropos urget. —
T.229 fadH te virgo marUum^ cod. utid. yDuhns luno passt nicht,
diPriimus so gut wie Paris weisz, dasz dieser auf Junos beistand
lieh nicht zu Terlassen hat übrigens vgl. Claudian Fescefm. I (XI)
40 leaia quae te mox faeiet virum. — t. 281 f. livor fnaHus inde
I tditur^ cod. OreäiU/wr. die buchstaben Or sind aus dem anfang von
T. 281 GrfUugenis eingedrungen. — y. 353 artibus (»> artubus)
maäkfMy cod. naribus. — v. 466 ist zu interpungieren Düis entm
A^natMT avis Ncd, hora peraeta. für die Stellung Yon licet vgl. 9, 81
ä mäia deiur Ucet ossibus uma; Über den indic. s. yDuhns index u.
Ika. — y. 506 f. quil>us appetat ardens dictorum nervis^ cod. uer-
bis. — y. 578 ff. cum pignora materperdidit; dusa feritas piäcUe
nocentis raptoris sedaiur üer^ cod. perdU et und nocenti, — IX 99
<i iotum codi nox infidt orhem^ cod. mox. nox ist hier «• tenebrae^
was besser passt als ncx oder das von Duhn yermutete mors. —
T. 169 morihus kis, cod. marHbus. unter mores ist die handlungs-
weiM der angehOrigen Hectors zu yerstehen. — y. 223 ff. sind zu
i«se&: haec poena manehü Laomedontiadas^ si carior iUe sodälis soUers
Biäcfto condetur dignius auro^ dum tamen usw. die strafe der Pria-
oiiden beetebt darin, dasz Patreclus durch das für Hector gezahlte
gold ein wflrdigeree begräbnis findet, dasz sie also zur ehre des
feiades beitragen mfilssen. carior ist nur emphatischer positiv. —
1 102 ff. diese stelle ist bei Duhn gar nicht zu yerstehen; sie wird
^ sofort klar, sobald man interpungiert:
siCf uHpunieeos rutHans Aurora capHlos
pectimat ante diem quae moxperfundet Eoum,
Phoemx scHa gemts usw.
vir erhalten dann einen yergleich mit doppeltem sie, wie sie bei
I^noontioa (und in gleicher weise im Orestes) so hSufig sind: sie
^^oemix . . sie puer Idäüus (y. 110). vgl. fELr diese art der yer-
gleiche 7, 48—52. 8, 350-362. 577—585. 632—637. satisf. 137
-147. Gr. 264—268. 630—637. das ubi in y. 102 ist rein local
cad beMidmet als Ortlichkeit des YOi^gangs den fernen osten: ygl.
dn anfinig von Glaudians Phoenix und Lactantins de ave phoeniee
:ttth. lai. B. 731). — y. 150 'ho<f aii ignipotens Uelo Medea creme-
'«Tf «MO SegQiMjm sueoendiU amor*. Duhn : hoc aU igmpotens: Hdo
iUka aremetur* usw. ygl. y. 552. 6, 81. Or. 320. — y. 200 ff.
idi:
478 KRoBsberg : krit. nachlese zu Dracontdas u. der sog. OreeÜB tragoedk
$ic nauta precatur
murmure soUicUo: ^numen^ quad mundus adorai^
si cadum^ si terra tui sunt^ alme^ trium]^
vel quidquid natura creat^ si sanguinis expers
mortis et infaustae^ si sunt tarnen hastia flares
matris et insertae pendent per templa caranae
sanguine virginei tantum contenta pudoris:
eripe me his ifwiete malis*
T. 204 hat der cod. sed statt si, wie hier die templa canUnia san-
guine virginei pudoris genannt werden, so Or. 91 f. der mucro sacer-
dotum — contentus sanguine vüi. — v. 298 lugeai et sterüem ducat
per saecla senectam^ cod. saeada nodem, so den vers herzu-
stellen bewegt mich der umstand , dasz bei Drac. (und im Or.] mit
ausnähme einer einzigen sichern stelle satisf, 4 und einer fraglichen
10, 298 immer die syncopierten formen saeda^ vincla^ pericium ge-
braucht sind, es steht saeda 2, 122. 7, 23. 10, 106. 377. Or. 700.
vinda 5, 68. 10, 19. 256. satisf. 312. Or. 525. 724. pm€ium2, 153.
4, 10. 19. 39. 5, 52. 7, 125. 8, 591. 9, 11. 47. 10, 534. 601. satisf.
26. Or. 181. über die Sinnlosigkeit von sterilem noctem ist kein won
zu verlieren. — v. 586 d Polynices inops germani morte cruentus
cod. ferentus. so wol besser als mit Bücheler ^ermam morte peremptus.
cruentus als versschlusz 25mal bei Drac. und im Gr., darunter zwei-
mal mit vorangehendem morte 9, 103. satisf» 131.
Orestes 10 f. purgantia templa furorum Taurica ^ virginUas
qua dat usw., cod. B tertia. den hgg., welche aus cod. A Thracia
aufnahmen, scheint der widersprach zwischen diesem verse und v. 45
und überhaupt die abweichung von der gewöhnlichen form der sage
gänzlich entgangen zu sein, meiner ansieht nach musz übrigens das
epitheton zu templa gezogen werden. — v. 34 atque Mitiiervales donis
ad olehat Mhenas, codd. addebat, vgl. Lucr. IV 1237 adol^quc
aUaria donis. — v. 85 ist dea pkärigeri des cod. A zu verwerfen und
nach den spuren von B, welcher pdetrUuri bat, gleichlautend mit
Drac. 10, 285 herzustellen i^Zec^rt/'erf^ermafia dei. — t. 300|Mr
bene nisus erat pueris^ cod. B insus. — v. 370 f. comp»? nee fuga,
fit miseris optata per aequora vedis^ cod. B sit. nee »■ iie — quidem.
— V. 506 praedo decennaHiSy codd. credo, praedo steht hier in ab-
geschwächter bedeutung ('beutemaoher'), wie auch Drac 10, 368
quod freta qu4>d terras sie feUx praedo vagdur. — v. 509 subita cum
fraude profana^ cod. B tu^nc. die Verbindung zweier gleichstehender
substantiva durch cum ist im Or. und überhaupt bei Drac. sehr häufig,
vgl. Or. 104. 259. 311. 685. 793. Drac 3, 96. 8, 434. 470. 61^.
9, 16. 10, 51. 395. 426. 508. 519. ein Substantiv im abUtiv mit
einem andern durch cum verbunden 5, 129 vid/oris genio atmie cum
tobe litdur.
Da es beachtung verdient, wenn bei dem versuch eine verderbt«
stelle zu heilen zwei unabhängig von einander operierende am dem-
selben resultate gelangen , so will ich zum schlusz nicht unterlasstn
EKamicer: rar Ilias [Q 384 ff.]. 479
xa bemerken, daaz ich an yier stellen des Orestes genau dasselbe ge*
fosden hatte wie Schwabe, ehe mir dessen schrift *de locis aliquot
Gratis tngoediae' (Dorpat 1867) zu geeicht gekommen war. diese
stellen sind: t. 5 laurea • . serta^ codd. aurea. ein moment fUr
die richügkeit yon laurea, welches Schwabe damals noch nicht bei-
bringen konnte, liegt auch darin dasz Drac. zweimal, 6, 12 und 7, 6,
den bezameter mit laurea serta beginnt — y. 44 auster, cod. B ester.
— T. 96 armata lunatas^ cod. B hmatay die ausgaben nach cod. A
armaiaa hmata. die von Schwabe angezogene stelle des Statiua
Tkeb. VI 267 ist auch ftlr mich entscheidend gewesen. — ▼. 261
diffumdiiur extra cerebrum^ codd. diffundU exta cerebrum.
NoKDEN. Konrad Bossberg.
65.
ZÜB ILIAS.
Zu dem in der nacht zu Achilleus sich begebenden Priamos
Mgt Hermes Q 384 : fjbt] itdvTCC KaToXciirere ''IXtov Ipfiv | bct-
biÖTCc* TOiöc T^ ^P uipiCTOC dXuiXcv I cöc naic* oö \iky xäp
Ti |ioxT|C iir€b€U€T' 'Axauüv. darauf Priamos 887: t(c bk cü icci,
9^cr€, T^uiv b' ßccct TOKriuiv; | i&c fioi KaX& töv oItov äTrör-
Mou iraiMc fvtcircc. und Hermes 390: TT€ip^ ificio, TcpaU, xai
cipcca '6aopa biov. J töv m^v Ivh M^Xct TToXXd \x&xn fvt Kubia-
vcipq I 6q)6aX|AOiciv onuina usw. diese stelle behandelt ABömer
im Torigen Jahrgang dieser jahrb. s. 234. er findet Schwierigkeiten
in ncipql und cTpcat ''EicTopa biov t. 390. 'wenn man hier auch das
ircip^ dahin verstehen kann, dasz Priamos im vorausgehenden mit
sbdeht den namen Hektor verschwiegen hat, so erheben sich doch
Schwierigkeiten in betreff des clpeai. denn Hermes kann unmOg*
lieh entgegnen: «du versuchst mich und fragst nach dem göttlichen
Hektor», da ja Priamos im vorausgehenden gar nicht nach Hektor
gefragt bat' auf Varianten gestützt schl> Römer vor die stelle
iko zn loeen: ir€ipa ifieio, T€pai^, xal €lp€0 ''EiCTopa b!ov, und
Ührt so fort: 'anf des Priamos verwundernde frage, wer er sei, der
so Hhßu von dem tode seines unglücklichen sohnes gesprochen, ent-
gegast Hermes: «von deinem unglücklichen söhne weisz ich noch
Bahr sa ersihlen: wolan, versuche mich, frage nach dem göttlichen
Hektor, kdi habe seine thaten gesehen.» ' es ist gewis nicht im sinne
dieeer stelle den tod besonders zu betonen gegenüber dem was
Hcmea *noch mehr zu erztthlen' weisz; und was soll die aufforde-
lUBg mit elpco, wenn Hermes derselben sogleich mit seiner erztth-
Imig mvorkommt? ich kann auch dem nicht beistimmen, was Römer
zim Tfirttindnit der vorausgehenden verse beibringt: *mit absieht
lagt Hermes, wie um den Priamos zur nennung des namens *'£KTuip
n proToderen, ganz allgemein v. 384: TOtoc T^ M\p iliptaoc
iXttiXcv cdc iratc. ganz allgemein antwortet darauf Priamos: i&c
uoi KoXd t6v oItov dirÖTiAOu naiböc £vKirec* und so konnte füg-
480 EE[ammer : zur Ilias [Q 884 ff.].
lieh jeder Troer sprecben, dem in der schlacbt ein bedeutender söhn
gefallen war. die vorsichtige zorttckhaltung von Seiten des Priamo<
will nun dem Hermes nicht gefallen, und er entgegnet: neipqi ^eio,
T€pai^, Ktti eipeai *'€KTOpa biov/ mir scheint es nicht richtig, dasz
Hermes den Phamos zur nennung des namens "CiCTUJp — zu wel-
chem zwecke doch? — provocieren will, dasz Phamos mit vorsich-
tiger Zurückhaltung den namen Hektor verschwiegen hat, dasz beide
— Hermes und Phamos — *ganz allgemein' sprechen und ant-
worten, die Worte toToc Toip Ävf|p dipiCTOC ÖXuiXcv können
sich doch nur auf den einen, bestimmten beziehen, von dem in
dieser partie des gedichts so ganz besonders die rede ist, auf Hektor.
die ganze stelle in ihrer auszerordentlichen Schönheit scheint mir
einfach zu sein und keiner conjectur zu bedflrfen. Phamos ist mit
reichlichen geschenken unterwegs zu Achilleus , um seinen söhn zu
lösen; es ist nacht, und er befindet sich im bereich seiner feinde.
da gesellt sich zu ihm Hermes als fremder, der dptouvioc, und ver-
sichert ihn seines Schutzes auf dem wege. voll dank gegen die göttt?
nimt Phamos denselben von dem freundlichen öbomöpoc an. in
der rolle des fremden fragt dieser weiter, ob jeuer die reichen K€t-
^ifjXta in Sicherheit bringen wolle oder ob bereits alle Troer Ilio'
verlassen in furcht, seitdem ihnen der beste mann gefallen, fi'endig
bewegt, solches lob seines herlichen sohnes auf seinem schweren
wege zu vernehmen, und aus dem munde eines fremden, den er
für einen Ghechen halten musz, ruft Priämos in freudigster Über-
raschung aus: ^wer bist du? wer sind deine eitern? der du so
schön mir sprachst von dem tode meines unglücklichen klndesV'
und der freundliche , verständnisvolle gott versteht was in des allen
brnst vorgeht, und weisz wie wol ihm die anerkennung des Hektor
gethan; er hört aus der frage des Phamos heraus, dasz dieser nicht
80 wol von ihm und seinen eitern etwas erfahren will, als über sein
Verhältnis zu Hektor, dem er mit so warmen werten ausdnick
verliehen: *wer bist du, dasz du über meinen söhn so sprichst V*
und so antwortet er: Mu willst mich aushol^i, greis, und fraget
nach dem göttlichen Hektor, dh. indem du nach mir fragst, wiIL<
du wissen , wie ich dazu komme von dem göttlichen Hektor so zc
denken : den habe ich im kämpfe gesehen', und nun folgt, in welcbtr:
Situation er dies zu be wundem besonders gelegenheit gehabt, und
so nennt er sich einen Myrmidonen und bringt sich damit in nächstes
Zusammenhang mit Achilleus. das gibt dem Priamos beste gelegenh*-!'
im folgenden von dem zu sprechen, was ihm so sehr am herzen liegt
alles , glaube ich , ist hier in schönster Ordnung , vielleicht nicht dc-r
vers 385 , den ich für interpoliert halte, denn — von dem spncb
liehen abgesehen — scheint er für die ganze scene nicht zu passen,
in der Hermes Priamos gegenüber die roUe des fremden , der den
könig nicht erkennt, festhält, wie ich sehe, hat schon Bekkeraus
demselben gründe diesen vers für unecht angesehen.
KöNiosBEBO. Eduabd KjOOfCZ*
ADederich: zu Idyitts buch XXI. 481
66.
ZU LIVIUS BUCH XXL*
3 m Haadrubälis loeum haud dubia res fuU $tifn praer&j^iva
mläahs quam extemplo iavenis HaHmb<d . . opppeüdtus erai , fänar
ftMs sequebaiur. so lesen die Bltee^n und besieh hss. die fitt^ren
Mflgaben haben: in Hasdr. heum haiud dubia res fitU- quin preteroffa-
(ifMm ulnarem, qua ext. iuvenis Hannibail . . appdkUus erai^ favtyr
tikmfMHs segueretur] obgleich sowol qua als auch ^Haik und gequere-
tw taar sehwache hsl. unterstOtznng finden (mn TOtn acc. praeroga-
imm miUiarem zn schweigen , den das verbmn sequi nach sieh ge-
logen hat), an verbessenmgsversQChen mangelt es nicht um seque-
htOur n retten, Miszt Tittller (jahrb. 1872 s. 120) die stelle in zwei
teile auseinander: tti Hasdr, hcum haud dubia res fuU pfWroga^va
snüfoHs. qua quoniam ext. itwenis H. . . appdUdus erat^ favarplebis
ff^MeMvr. müder einschaUnng von quoniam kannte man sich wol
befreuaden , mit dem ersten Satzteile jedoch keineswegs; Weissen-
boni (4e anfl.) erklärt die stelle für verstflmmelt und setrt nach
qmn aoslaesnngszeichen. Alsehefski und Fabri denken an ein ana«
kolotii. nach meinem dafürhalten musz tbrerst seqt^baiur trotz der
^l lutorittt fallen gelaesen werden, und zwar aus zwei gründen:
«eil es nach der natnr der sache nicht rathsam erscheint die periode
in zwei teüe zu zerreiszen, und weil das inbrperfbct in der erzählung
uisbtihaft ist, da man statt dessen jedenfalls seeutus est verlangen
BQsx. es bleibt daher nichts übrig als aus den alten ausgaben die
▼tilg, sequeretur festzuhalten, zur vollständigen heilung der ganzen
fleUe kommt es aber darauf an, ob man sieh mit dem gedenken ver-
tnat maehen kann, dosz Livius die periode in folgender weise hat
constniieren wollen: in HasdrubalUs lacum haud dubia res fuit quin
' . Hanmbai . . sequeretur. halten wir an Harmibcd als subject fest,
(0 nrnss zunächst der nom. favor fallen; und da thut uns zu dessen
berichtigung das eüaim der vulg. einen guten dienst, insofern es
venigsiens andeutet dasz zwischen favor plebis etwas ausgefallen
«eia k0nne; so dasz inan kein bedenken zu tragen hat herzustellen
f^^ore plebis^ wenn nicht gar fävcre et plebis. und dieser ablativ
nebt unwillkürlich nach sieh die leichte durch ausmerzung eines
ehuigen buchstaben zu bewerkstelligende Verbesserung jTfaero^a^ttw
*iiten {appeüatus erat), aber was ist denn endlich mit quam zu
■sehen? dasz es past^utm heiszen müsse, habe ich schon emend.
Li?. I 8. 6 gesagt, und so hätten wir mit geringer änderung an der
lettrt der hss. dem Schriftsteller die würdigste und allen sjntakti-
«eliett ond sprachlichen anforderungen entsprechende periode her-
* aU Bweiter teil meiner 'emendationes LiviaoAe' im programm des
gjiBn. sa Emmerich von 1876, welchen in lateinischer spräche ebenda-
«rbtt folgen sn lassen die Vorsehung durch meine rersetzung in den
mhesUad mir nieht vergönnt hat.
mr clai«. philol. 1879 hft. 7. . 31
482 ADederich: zu Livius buch XXI.
gestellt: in HasdrttbaUs locum haud dubia res fuü quin, praerogaim
müUari pastquam extemplo iuvenis HannihcU . . appeüatus erat, favore
{et) pUhis sequeretur.
6 ut non petisse Soffuntinos, sed rerum serie, finttkms domitis
geniibus iungendoquey tractus ad id heUum videripassä. richtig ist
Fabris bemerkung: *die worte fimtimis domUis gentibus iungendoquc
filhren näher aus, was durch rerum Serie angedeutet war.' die reiben-
folge der thatsachen besteht in der bezwingung und einTerleibang
der benachbarten Völkerschaften, hiernach kann aber iungtndogue
unmöglich richtig sein, obwol die bewährtesten hss. zustimmen, die
aufgestellten erklärungen sind zu gezwungen und unnatQrlich. Livius
hätte entweder sagen müssen finüimis domüis geniibus iundisquty oder
finitimis dofnandis geniibus iungendisque (vgl. c. 2 in sotticUandisgen'
tibus imperioque suo iungendis). die alte hs. des Sigonius hat wirk-
lich iungendisque^ und wird noch Ton eioigen spätem unterstfitzt,
aber audi das befriedigt nicht in der nebeneinanderstellung der yoll-
endeten bezwingung und der notwendigen einverleibung der
nachbarrölker und in der Verbindung dieser beiden thatsachen durch
que, besser wäre es, wenn diese partikel fehlte, in dem sinne: *nem-
lich dadurch dasz die bezwungenen nachbarvölker einverleibt wer-
den musten.' findet hierin ohne zweifei der richtige gedanke des
Livius seinen ausdruck, so ist es jedoch mislich, die von allen bss.
und alten ausgaben beglaubigte partikel ohne weiteres hinauszu-
werfen, ich lese daher mit einer kleinen änderung iungendis quo-
que, es musten die nacheinander bezwungenen nachbarvölker lacb
einverleibt werden, schon die Stellung von domüis zwischen finüimii
geniibus scheint darauf hinzuweisen, dasz domUis nur aitributist.
der richtige tezt ist beim abschreiben zusammengezogen und ver-
stümmelt worden in iungendoque, gerade wie c. 7 qui quondam in
quidam^ c. 25 dumparumper in dum per ^ c. Zb pariibus dkoer^ '^
perversiSy c. 49 onMere iussis in amissis.
7 oriundi a Zacyntho insula dicuntur nUxtique etiam ab Ardca
ButuHarum quidam generis. die syntaz könnte doch nur sein: mixih
que etiam {dicuntur) quidam ex genere Buhilarum ab Ardea» Aar
klingt es nicht sonderbar, dasz bei der cotonie auch einige (ein
paar leute) aus dem geschlechte der Butuler von Ardea gewesen sein
sollen? ein paar Ardeaten bilden kein ge misch, bei ^wk&mi siebt
am rande des Mediceus quondam geschrieben, das halte ich nicLt
fttr zufällig, vielmehr für eine andeutung dasz Livius geschrieben
habe: mixtique etiam ab Ardea , Ruiulorum qui quondam generis (sc.
ercmi). über die Verstümmelung des qui quondam in quidam vgL
oben zu c. 5«
8 oppidani ad amnia tuenda atque obeunda muUifariam distineri
coepti sunt non sufficiebani. so die bessern hss. unter den beilungs-
arten erwähne ich nur die versuchte einschaltnng eines qui oder quod
nach oppidani, es handelt sich lediglich um die richtige Verbindung;
und nach meiner ansieht gehört offenbar zusammen: oppidani ad
/^
ADederich: zn LivioB buch XXI. 483
mm tuenda atque cibeunda non suffieiehant. dieses zugegeben,
mau Tor mtdHfariam die conj. pastguam aasge&Uen , die band des
UiioB also gewesen sein: oppidani ad omnia tuenda atque oheunda,
postquam mHUifariam distineri coepti auni, non suffkiebamt. über die
aoBhiBiing von postquam vgl. zu o. 3.
10 Hanno . . causam foederis . . egU^ per deos foederum arhUros
ae festes senatum otdestanSf ne . . suseUarent heBum: monuisse^ prae-
daiseesex^w. so edieren Alschefski, Weissenbom ua. merkwürdiger
weise teilen sich hier die besten hss. in zwei kategorien, von denen die
eine ni yiel einschaltet, die andere zu viel hinauswirft, die alte Col-
bertiiüsehe hat: egU per deos foed. arh.actestishannonis suaden-
(is senatum qptestans ne . . hdksm monuisse. die Mediceische: egU . .
toHs * ♦ senatum obtestans, ne . . hdlum monuisse. dazu bemerkt
Abebefski, die leeren stellen seien radiert, und dasz dort dieselben
worie wie in der Colbertinischen hs. gestanden hätten , lehrten der
codex Yossianus und andere, welche dieselben werte htttten. der Yos-
ntiiQs hat aber noch ein wort mehr und auszerdem eine wichtige
sndere Verschiedenheit, nemlich : ac testis oratio Hannonis sua-
dentis senatum, ohtestantis ne usw. überdies hat der Oxon. N,
welcher sonst die fraglichen werte nicht kennt, statt obtestans die les-
trt chtestantes^ welche auf die Vossianische oUe^antis hinführt und
eine den obigen einschaltnngen gleiche quelle vermuten iSszt. die
(weite kategorie der hss. wird repräsentiert durch die Florentinische
des JFGronov, welche nur hat: egit. per deos • . testes obtestans^ ne
. . Mhfm. monuisse^ praedixisse se, hierin ist senatum ausgelassen;
Q&d Qronov selbst geht noch weiter in den auslassungen , indem er
inir ediert: per deos . . testes monuisse^ praedixisse se: so dasz der
guize passas senatum obtestans y ne . . beBum hinausgeworfen ist;
md ihm sind Drakenboroh und Hertz gefolgt, ebenso der deutsche
flberseizer Heusinger, die^e männer hätten dann mit dem codex
Oxon. N auch noch monuisse tilgen sollen. •— Was nun die ein-
tebdtungen betrifft, so könnte man vermuten, die werte oratio
Bmmomis suadentis hätten ursprünglich auf dem rande gestanden
oid seien Ton da in den text hineingerathen. allein es wird hier die
6ige gestattet sein, ob denn der redner Hanno nicht kann gesagt
^tien: 'unter anmfiing der gdtter habe ich gerathen, den senat habe
ich besehworen, gewarnt habe ich einen neuen krieg heraufzube-
schwören; ans herz habe ich gelegt, den Hannibal nicht nach Spanien
gehen SU lassen.' das wird man doch der läge der sache nach leicht
ngeben; und beachtet man die Übereinstimmung so vieler ältesten
od beaten hss., so werden die werte des Livius füglich gelautet
haben kOnnen: Hanno . . egit: per deos^ foederum arbitros ac testis^
^sxäione suadentis^ senatum ohtestantis ^ ne . . suscitarent beUum^
nmdsse; praedixisse se usw. nur Hannonis ist von einem unge»
»eUcktett erUärer eingeschoben; und ne . . suscitarent bdlum ist
sieht von obtestantis abhängig, sondern von monuisse. deutsch:
'Hanno behandelte die frage des Vertrags: er habe, sagte er, bei den
Sl*
484 ADederich: zn LiviaB buch XXI.
göttern, den richtem and zengen der vertrSge, mit der spräche einet
rathenden, unter beschwOrangen des senata, davor gewarnt, sa dem
kriege mit den Sagnntinem auch noch (durch vertragsbradi) ränea
krieg mit den Bömem heraufzubeschwören; «r habe firtthieitig ans
herz gelegt, den söhn des Hamilcar nicht zum beere zu schicken.'
Weiter unten heiszt es nach Weissenbom: res ex föedererepe-
iunt; ut puUioa fraus äbsU^ awiorem eidpae et reum cnminis d<^
cufU. die besten bss. lesen: res ex foedere repetuniur de re n^im-
tur publica fraus äbsü. das doppelte rt^uniur ist hier keine der
gewöhnlichen Wiederholungen, wie sie nicht selten die besten bss.
des Livius bieten, die stelle ist Terdorben; aber der fehler steckt
tiefer als man bisher vermutet hat. Gronov scblXgt vor: res ex f.
r^petufU, iure querufdur, Perizonius hat dem publica ein ui vorge-
setzt, und ihm ist ua. Weissenbom gefolgt, diese einschaltong des
ut ist für den sinn eine untmigttngliche notwendigkeiti und das wOrt-
chen ergibt sich auch aus einer richtigen entziffierung des verdor-
benen zweiten repetufUur. man stelle sich die verdorbenen buch-
Stäben zusammen: wr de re repeiumiu/r\ hält man hierin das tob
Oronov vortre£Qich divinierte iiwre fest, so findet sich an» dem iwei-
ten repetwniur ohne grosze mühe heraus ein repeiufid\ W dh. re^-
tundarum ut. hiemach lautet die stelle: res ex f. rtpetunt; iure rQ/-
tundarum, utpuibUca flraus äbsUf auäorem . . deposcumt: 'sie fordern
vertragsmäszig genugthuung; nach dem betreffenden rechte (nach
dem die genugthuungaleistung betreffenden rechte) fordern sie, nm
vom Staate jeden nachteil (jede schuld) fem zu halten, nur die sos-
liefemng Hannibals, des eigentlichen urhdsers des freveis.'
17 duas Ugiones Bomanas ä decem milia soeiorum • . Gaüia
provinäa eodem versa in Punicum hdhim habuit, die stelle kann
nur ins rechte licht gesetzt werden durch vergleichung des bericbts
des Poljbios ini40, welcher also lautet: als die meidung nach Born
kam, Hannibal habe den Ebro überschritten, wurde bes^loasea den
P. Cornelius Scipio nach Spanien, den Tib. Sempronius nach Alna
zu schicken, während diese sich rüsteten, sollte unterdessen die an-
gelegenheit der colonien in Qallia cisalpina in die band genominen
werden, es wurden daselbst die städte befestigt, Plaoeniia und Cre-
mona gegründet, kaum war dies geschehen, als die Bojer, überdies
durch die nachricht von dem anrücken der Punier ermaiigt, von
den Bömem abfielen , auch die Insubrer für sich gewannen und die
römische colonie Mutina belagerten, als der praetor L. MaBlia>.
welcher in diesen gegenden mit einem beere stand (icpoxodivi^oc
im TUiv TÖituiv |i€Td buvoMeuic), dieses hörte, eilte er zum enUau
herbei, aber die Bojer überfielen ihn in einem gehOls ans einem
hinterbalte, machten die Römer teils nieder, teils schlagen sie die*
selben in die fiucht; auch die fliehenden verfolgifcn sie und seUossen
sie in einem flecken ein. auf diese nachricht wurde das für P. Cor-
nelius Scipio bestimmte beer unter der führung eines praelors nach
Gallia cisalpina den belagerten zu hilfe geschi<£t und für Scipio ein
ADederich: sa livitis buch XXI. 485
10068 hetr geworben, das geschah m Gallien am aafonge des krieges
bis znr ankniift Hannibals ; und am aafsng des sommers giengen die
ooBBok in ihre proTinzen ab. — So lautet des Polybios klare dar-
stdhmg. Livins Terwirrt nnd verwischt die verhftltnisse. seine vor-
keijgehflndea worto qma L. MtHüius praetor et ipse cum haud inva-
Udo praeeidio in OäSkam üiitteMiir beziehen sich auf das nach Poly-
bios dem Scipio abgenommene nnd Ton einem praetor nach
OsOien gesohidcte beer (t& fiiv Tif^ TTonX{i() irpoKCXCtpKM^a crp«*
liiicba Kccrd ciroub^v äair^CTcXXov itA Tf|v toOtuiv ßo/|6eiav,
irr^va cvccVjcctVTCC äcnrAeicuv), welchen nicht genannten prae-
tor IdTios irrtümlich mit dem praetor L. Manlins Terwechselt. die-
ser Mialios ist der praetor, weleher nach Polybios schon Mher in
Gtifien stand and gegen die Bojer sum entsetz von Matina herbei-
eilte, ebenderselbe ist es, der die eex legiones Bomanas et deoem
mKa 90€ierum befehligte, welche in der provinz GaDia standen, ob-
S^eidi Livins an der richtigen stelle dessen namen verschweigt, die
prorins Gallia hatte diese trappen schon vor dem beginn des
Hssaibalischen krieges: OMa provinda . . hdbmt] nicht bekam
lie dieselben erst jetzt, nach dem beginn des krieges. and was
non des Livias werte eodism versa in Pimki/un hdlum betriA, so
■US aas des Polybios darstellnng der sinn hineingebracht werden,
te die zwei römischen legionen and die 10000 bandesgenossen da-
nüs noch nicht zam kriege gegen die Panier gekehrt gewesen
«veB, sondern schon vor dem aasbrach des krieges in Oallia eis-
alpina standen sam schätz des landes gegen die Bojer. sehr richtig
bat ilao Gtobov das darchaus zweifelhafte wort eodem emendiert in
du sinnentsprechende non dum. ich setze hierbei voraas dasz versa
neb lieht anf OaUia provmcia bezieht, sondern anf die sex legiones
ä deeem MHia soeiormn: welche beziehong schon Heasinger and
aaeb ihm Fabri, Heerwagen na. als für die syntax des Livias darch-
ui zalissig erklärt haben« anter diesen umständen erhalten aach
& Worte Ml Puniemn hdlum eine zweekmfltezige bedeatang. die
«teils mass also laaten: sex legiones Bomanas . . GaMia provinda^
MONdMa versa in P%mioum heUnm^ halmU: 'sechs rOmische legionen • .-
Wtts schon die provinz GkUia, nemlich diejenigen legionen, welche
•od nicht sam kriege gegen die Panier (gegen Hannibal) gekehrt
'jswsndet) worden waren/ zar deatlichkeit kdnnte man nach pro-
naeis noch «in iam {iam . . häbuü)^ dnrch die endang des vorher-
febeaden wertes absorbiert, einschalten, oder aach lesen j^rmfM^Mi,
füiem (and zwar) nondiim versa ^ anter der annähme, von eadem
Ki du nondmm verschlangen worden, aber es liegt dazn keine not-
«cnfigkeit vor.
» ad tnendam wumtknam oram. die besten hss. haben ad
^KWtac mantmae orae* offenbar ist das ad nnr interpolation eines
iaterprelen, and die band des Livias ist: tnendae mariümae orae^ wie
neh mng9^ obsehon nicht gerade die besten hss. haben, aber den
gwtiv s. Zan4>t gr. § 662. Meiring § 876. wie wäre es jemandem
486 ADederich: su Livius buch XXI.
eingefallen, wenn LiYins ad tuendam warn geschrieben h&tte, den
acc. nach ad in den gen. zu Terwandeln?
26 necy dum per patenHa loca duoebatwc agmen^ apparuü ko^is,
die besten bss. haben .necdum per mpadeiUia {mpactenHa) loca duce-
iatur agmen cum apparuU ho$Hs. ich mache daraus: fiec, dum jm-
rtmiper in patentia loca ducebatur agmen^ appantU hasHs: 'and, so
lange (so lange als und so oft als) der zug eine kleine weüe in
offenes terrain kam, liesz sich kein feind sehen.' das cum in den
bss. ist durch falsche aof&ssung des zusammengeschrieboden nee-
dMf» entstanden, über das yerstümmelte dum jMr statt dum iNimiN-
per vgl. oben zu c. 5.
28 tä cum dephmdi usw. dasz die werte uJt cum verdorben sind,
sieht jeder ein. aber wie ist hier zu helfen? ich glaube dasz ganz
einfach zu verbessern ist id ium^ und dasz diesem das unten fol-
gende Ua . . deinde entspricht, wie dann, sobald die elephanten
von dem ersten flosz auf das zweite übergegangen waren, dieses
(zweite) nach plötzlicher lösung der seile von einigen ruderschiffsn
an das andere ufer hinübergezogen wurde, so wurden daranf,
nachdem die ersten ans land gebracht waren, wieder andere geholt
und übergesetzt.
31 quod ea senatus prindpumgiue seiüenHa fuerat. es ist doch
sehr auffallend, dasz der Mediceus von erster hand liest seiikntia
futurum , der Colberünus sogar sentenüam futurum ; and da ein An-
derer guter codex hat quod erat ea, so ist es erklärlich, wie Aischefski
darauf fallen konnte zu lesen: quod erat ea senaiua pr. $enUiMia
fuJtura. allein von einem derartigen sinne kann gar mdit die rede
sein, da Hannibal schon vorher ausdrücklich die hilfe zugesagt
hatte, wie wir aus Poljbios m 4& ersehen, und gerade deswegen
wird an der lesart quod ea . . semientia fuerat nichts za ftndem sein;
es sei denn dasz man mit einem kleinen zusats lesen wolle setiMM
\am fuerat.
33 perversis rupibus iuxta mvia ac devia adsueti deeurrunt. ^o
die hss.; nur 6ine hat dtversis^ welches jetzt fast allgemein für rich-
tig gehalten wird, verbesserungsvorschlttge md: per dwersa rypi-
hus (was Hertz aufgenommen hat), per dhersa e rupQmSy dtvmi
rupibus. ich glaube dasz der fehler tiefer liegt: denn wie httte es
einem abschreiber einfallen können, das diveraia zu indem in J9«r-
versis? nach meinem dafürhalten hat Livius geschrieben: jparft^M^
diversis e rupibus . . deeurrunt* schon das vorhergehende rati
konnte veranlassung geben zur Verdrängung des parHbus. Aber
solche zusanmienziehungen vgL oben zu c. 5. war einmal perversia
verdorben , so muste blosz rupibus folgen. Livius könnte anch ge-
schrieben haben: rupis («* rupes) deairrunt, der ungewöhnliche
acc. bei decurrere müste bei Livius ebenso hingenommen werden
wie derselbe casus bei adsuäi.
36 iumenia secäbant inierdui^ etiam iameninfimam ingredientia
mi^em et protapsa . . penüus perfringebant. Polybios III 55 enrlhnt
ADederich: zu Livins bach XXI. 487
tlien schoee Tom yorigen winter und neuen vom gegenwärtigen, da-
her weichen Schnee, und sagt dann im allgemeinen: der neue schnee
wurde zertreten , und die Punier giengen dann über den darunter
liegenden alten , der zu eis gefroren war, in welchem sie daher, weil
sie sieh (auf der glatten krnste) nicht halten konnten, gleichsam
sdiwanmien. den alten schnee konnten sie nicht durchtreten; aber
die zDgthiere, wenn sie fielen und sich wieder auf die beine helfen
wollten, brachen in dem kämpfe durch und blieben in der eiskruste
Bteeken. die Schilderung des Livius ist ganz die nemliche. auch er
unterscheidet den alten und neuen (frischen) schnee. der alte wurde
IQ brei (schlämm) zertreten , und es giengen die menschen auf dem
n eis gefirorenen schnee und durch den schneesohlamm, und auf der
glttten eiskruste konnten sie sich nicht halten, und so w&lzten sie
ach auf der eiskruste und in dem schneesohlamm. darauf folgen bei
Lifiiis die oben angeführten worte über das zugtieh. Polybios sagt
darüber nur: xd b' OttoZut«! bt^Komrev, 8ti tt^coi, Tf|v Kdtuj xxöya
Kord Tf|V ^toväcraciv. dazu passen bei Livius nur die worte et pro*
lapea . . penUus perfringehant ^ so dasz die worte secabant Merdum
efioM tarnen tnfimain imgredientia mvem einen dem Polybios fremden
gedanken enthalten, leider herscht in diesen letzten werten groszes
Terderbnis, und die heUungsversuche von Oronov, Walch, Heusinger,
Hertz ua. befriedigen nicht als richtig kann man anerkennen : seca-
IwU . . ii%fimam 4ngredieniia mvem etprolapsa . . peniius perfirmge-
Itffrf. die worte penUus perfringebant haben dasselbe object {infimam
nivem) wie secabani^ und das penUta petfri^^^ s^^ ^ geg«&*
Mtz ein einschneiden und ritzen der eiskruste voraus, das verhftlt*
Bis zwischen ingredtentia und prolapsa hat Weissenbom richtig er*
kliri aber was ist denn mit den offenbar verdorbenen, weil zur
ndw bedeutungslosen werten interdum etiam tarnen der hss. anzu-
bagen? der Mediceus und einige andere hss. haben interdwn^ etiam
tamy die alten ausgaben interäum etiam tum. überdies bieten mehrere
hss. seeabantur oder sectabantur. was erstens interäum anbelangt, sor
hsHe ich daftlr dasz das inter nichts ist als ein nachklang der beiden
letzten tüben des schon firüh verdorbenen seeabantur. femer glaube
ich dasz in dem etiam tarnen oder etiam tarn das wort tabem (das
in hss. oft verdorben erscheint) oder täbidam {nivem) verborgen ist
Khon Weissenbom schlug vor et in tobe oder per tabem. allein
BeinA ansieht ist dasz, mehr entsprechend den in den hss. verderb-
tes Worten dum etiam tarn {tum)^ Livius geschrieben habe: secabant
«im tabidam (oder tabem) tum infimam . . nivem.
88 Taurini ChdUae proxima gens erat in JRoIfam degresso. so
ediert Weissenbom. in diesem cap. beantwortet Livius die fragen:
vami, mit wie groszem beere, in welchem lande und von welchem
berge Hannibal nach Italien hinab gestiegen sei. durch Weissen«
botns tezt ist wenigstens die ftage 'in welchem lande* gehörig ent*
lehieden. die firage 'mit wie groszem beere' ist beantwortet bis
Mitstsse. die worte id<um inter omnes constet beziehen sich nur auf
488 ADederich: zu Idvias buch XXL
die frage *üi welchem lande', einige erklftrer haben amisisse mit
dem folgenden in verbijadung gebracht (wie Gronoy and Alachafski);
allein diagegen spricht der umstand, dasz nach Liviae die angäbe
über die zahl der trappen Terschieden ist, ebenso daax die fragt, wie
viele trappen Hannibal gehabt habe, als er aas dem lande der Tau-
riner auszog, eine durchaus mtjiszige ist. daa hinabsteigen in das
land der Tauriner und nach Itijien ist als identisch zu betrachten, und
es ist einfach die frage, wie yiele truppen Hannibal nach dem Aber-
gang über die Alpen noch hatte; die frage 'in welches land' setzt
der Schriftsteller als bekannt voraus, aber wie tifiben denn die hss.?
der Colbertinufl hat: amisisse taurinis galli prtmma gen» erä i»
lioHiam digresso (eine alte band hat an gMi gßlUidert^aSie, andern»
spätere an taurims das s radiert), der Mediceus: anMsse iamvm
ne galli prox, gern . . digresso. einige spätere: tasurinisne gcßis,
oder taurinisve oder taurinisque ne gafUs^ o^er taurims gaUis giMK;
der Berol. und Hafn. iaurini gqIU\ der Cantabr. ta^rinis quaegaüiM*
hieraus erhellt dasz die bewährteste lesart ist taMrim negcML jeden-
falls ist zwischen taurini und gaUi etwas ikUßgefallen, was die meta*
morphosen ne re que durchgemacht hat un4 mit welchem das goili
verschmolzen worden ist; und das ausgefallene nebst j^ä ist aller
Wahrscheinlichkeit nach nichts anderes als taiurini an m 5att dh.
taurini annibali. also ist die band des Livius: TaurimHaim'
hiüi praxima gens erat in Italiam degresso, man wird gestehen
müssen, dasz die Wiederholung des namens Hannibal hier als sebr
wünschenswert erscheint, durch diese aus den hss. ohne zwang sich
ergebende emendation faRen alle übrigen versuche der hgg. als Aber-
flüssig ^eg.
40 M nihü magis vereor quam fie, vos cum pugnaverüiSj Alpt$
vidsse Hannibaiem videantur. so haben seit Drakenborch anch Heru
und Wj^issenbom ediert, die hss, weichen sehr von einander ab.
durch sie sind als feststehend zu betrachten die werte vos CMmpu^aa*
verüis. sind die aber richtig, so musz die lesart, worin anUqMm
vorkommt, falsch sein, es haben nemlich einige hss. ne^ oMtequam
v(^ cum pugnaveritis. dieses ßnteguam ist offenbar entstanden aoi
umquam^ was die besten und meisten hss. bieten, wie lasen aber
die ältesten? der Colbertinus und Mediceus: nee umquam^ vos cum
pt/ign, , und ebenso der Florentinus. allein der Mediceus von dritter
und der Florentinus von zweiter band corrigieren ne cuiqiiam. da
in dor ältesten lesart nee umguam der buchstab c nur auf aU hin-
führen kann, so hat Aischefski unstreitig richtig hergestellt ne ctti
uffijiiam. will aber Aischefski überrede, dasz nikä magis ver«»'
gesagt werden künne ohne folgendes fluom, so ist dieses bemflben
vergeblich, auch quam ist festzuhalten, waa zuerst von Sigonius
hergestellt und was nicht ohne hsL autorität ist. es ist also zo lesen:
quam ne cui umquam^ vos cum pygnaverüis ußw,
41 neque regressus ad navis erat, alle hgg. stimmen fiberein,
dasz die werte verstümmelt sind; aber keiqpr weisz zu helfen« icb
ADedericb: sn LWiaB buch XZI. 489
eeUag^ vor: neque regressus ad navis satis tutus enri^ nenolich ai
longima hastem jpersecuius essem.
43 dextra laevague duo maria daudunt nuUam ne ad tffugium
ynidm navtm habenitbm. circa Padus amnis usw. man hat häbefh
tibuif worin alle hss. übereinstimmen, in yerschiedener weise ent-
weder als dativ oder als ablatiy zu erklftren versuchty aber kei^ie er*
klinug flu: ?oll$tändig gentlgend befunden, man ist zu ftndemngen
geschritten, hat nach dmdu/Wt ein Uer^ nach maria ein viam einge-
fldaltet, 60 dasz haberU%h\i8 dativ wurde, allein es gibt noch einen
andern w^, der vielleicht glücklicher ist» nemlich zu lesen: d^ra
Uiaaque duo tnaria dauduni et nuUam • . navem habetis. vobis
cina Padus amms usw. das ä^ welches nach dem vorherigen t leicht
&iufalkn konnte, ist nicht gerade nötig, vermittelt aber eine etwas
mildere Verbindung, ans dem zusammengeschriebenen habetiiuobis
ist firühintig haibcfUibuß verdorben worden (vgL zn c. 5): 'rechts
und links schliessen zwei meere ein, und ilur habt, wollt ihr über
dieselben entfliehen, nicht einmal zu solchem auswege ein einziges
&chi£ riagsher (vor euren äugen) habt ihr den Padus, welcher
grdszer und reiszender ist als der Bhodanus; hinter euch ragen di«
Alpen.'
43 tooe in hca aUiora coUesgue iinpedUiores equUh so hat LYaU»
Terbeiseri ans der lesart der besten hss. : foiii in hca aUiora cdkusqui
'.oder loonaque) impeditiores equües] und ihm sind die hgg. gefolgt»
sber dasz die hca äUiora cMesquCy so nebeneinandergestellt, einigen
ttstosz erregen, wird niemapd verkennen. Polybios m 67, 9 sagt
blosz: Touc T0VT4I cuvijiiiTOVTac TCuuXöqKHic (^Iimmm^o«). auffallend
Tcnchieden ist die lesart zweier hss. bei Alscbefiaki, von dene« die
tiac hat: ei hca aUiora guae imfeditiora suntpoinißt die andere : ^
i<m in hca aUiora guaejpomis impedUiora simi ad eqwtes. und mm
^ vcrsaebt hiemach zu ftnderq: iam inhcßoUiora eaque ti^mulis
impedäiora tguUi (oder egut^). auf dem hohem terrain waren noch
bflgelförmige erhebungen,.die der reiterei allzu hinderlich waren.
49 esdemph et drca praetorem (et circa pradore^ et ciroß aprac-
'ore) a dvitate (a dvUatee) missi legati ^rtduisifiiie, ems ad curam
cMttodiae inienderentf ante amnia Lüffbaeum teneri apparatum bdli
idiäo propogftOf ui , • deferrent d uh siifmtm daium eesdy ne qma
'«< — ne qirii) . . faperd^ perque omncm crom . . dßsiem rimäi
mud) itaque^ quamq^mm usw. das sind die lesarten der besseren
^ viele geister sind thtttig gewesen die band des Liviu^ herzu*
«teilen. Sigonius zuerst schlug vor: d circa apraetare ad dvitates
mtt; wofür besser Weissenbom ediert hat: apro/ctore d drca dvi-
*dt$ mitßL dem letztem kann man nur beistimmen, wenn er weiter
»tstt tribuniqi//e suos liest tribunique^ gut suos . . intend^entf sehr
glQckUch hat ferner ^Sauppe statt teneri vprgeschlagen tuerL der
Knetor war ja selbst in Lilybaeum und hatte die stadt zu verteidi-«
gta- mir war eingefallen Lüffbaourn intueri ('angenmerk richten
Mf ). wenn dann aber teneri oder (iieri oder int%ieri als inf. bist.
490 ADederich: zu liWas bucli XXI.
genommen wird, so passt ein solcher unmöglich in die consiruction;
es ist vielmehr anzunehmen , dasz nach tueri ein verbum lusgelassen
ist, wovon der infinitiv abhängt, und zwar aller wahrschei^hkeit
nach iu88U dann wäre fortzufahren : adparatum bdli edkioprüposik'
ut,, was Heusinger richtig versteht: * wobei sie den befehl bekannt
machen musten, die seeleute sollten auszer dem kriegsgerSth auf
zehn tage gekochte speisen an bord nehmen , und es sollte sich auf
das gegeb€nae zeichen ein jeder einschiffen.' auch für das folgende
perque omnem aram verdient Heusinger beistimmung, wenn er
distinguiert et circa eivUates missi und perque omnem crom: 'es wor-
den vom praetor teils legaten und tribunen in die städte, teih
andere an der ganzen küste umher geschickt/ endlieh wird man
Heerwagen gern beipflichten, wenn er das verdorbene «ttmU ver-
bessert in dimissi, die ganze periode wird danach heiszen: extemp^j
a praetare et circa civiiates missi legati irihuniquey qui suM . . inkn-
derenty ante omnia Lilpbaeum intueri iussi^ ad paratum JMtdicfi
propositOf ut . . deferrenty et » , ne quis . . faoeret; perque mnm
cram, qui ex spwulis prospicerent adveniantem hostium ctosm, dt-
missi. itaque quamquam usw.
Was meine einschaltung von iussi anbetrifft, so ist dieselbe auch
XXII 49 vorzunehmen, wo gewöhnlich gelesen wird: pr(iiegeni\b\i?
cum equütihus Bomanis^ omissis postremo equis, aber ohne zweifei ge*
lesen werden musz: omUtere iussis postremo equosi denn mit beiug
darauf heiszt es gleich unten : iussisse consulem ad pedes deseenidm
equiteSn die klarere erzählung des Plutarch Fab. Max. 16 erscheint
bei Li?ius zusammengezogen, das postremo des Livius aber f&Ut
offenbar zusammen mit dem allgemeinen absitzen auf commanl:
(ÜJC TrapoTT^XMaTOC KOtvoO beboji^vou) bei Plutarch. über die Ter-
stttmmelung des omittere iussis in omissis vgl. oben zu c 5.
52 maior tamen quam hostium Bomanorum fama vietoriae fw'.
man beschuldigt Aischefski der gewaltsamkeit, dasz er den Lirij*
so schreiben läszt. mit unrecht Bomanorum steht ansdracUich in
dem Golbertinus. die übrigen hss. haben Bomanos oder Bomanl<\
allein beide Varianten sind ebenfalls aus dem genitiv entstanden, nein-
lieh aus der abkürzung Bomanoi^ was weder Bomanos noch Bman-i
heiszt, sondern Bomanorum. Aischefski vergleicht XSH 21, wo dio
hss. haben socios statt social dh. sociorum» übrigens harmoniert der
genitiv vollkommen mit dem vorhergehenden h(^um. nur quam y
eingeschoben; das war aber notwendig wegen des vorhergehenden
comparativs maior, sinn: stärker war jedoch der ruf des sieg^^
seitens der BOmer, als der ruf des Sieges war seitens der feinde-
man hielt mehr die Bömer ftlr sieger als die feinde, keiner a>'f:
mehr als der consnl — wie es am anfang des folgenden cap. hei5:'
in den werten : ceterum nemini omnium maior iustiorque quam i} ^<
eonsuU videri, beiläufig bemerkt hat in letzteren werten eis trcff
lieber codex maior a iusHorque , wonach ich vorschlagen mOchte :-
lesen : maior ea {viäoria) iustiorque.
\
EZiegeler: za Lukianoa. 491
S9 pitgna raro magis uUa stteva aiä uiriusque partis pernicie
darior. es ist auffallend, dasz hgg. wie Fabri, Hertz und Weissen-
bom die co^jector des sonst glttcklichem L Valla aufgenommen haben,
dft doch offmbar einerseits ein ac^jectiv folgen musz, welches die um-
Kfarnbung des comparativs durch magis nötig macht (wie dUfna,
sejiia), anderseits es sich nicht handelt um die wut des kampfes,
Modern um die gleiohheit und die niederlage. die besten hss. haben
idla ae anä oder üBa ea aut oder uüa ea et, das kann doch offen-
bar mditB anderes sein als uUa eca («■ aeca) aut dh. aequa aut,
die form aeeus statt ae^us hat Weissenbom an vielen stellen auf-
genommen, ja ich möchte zwischen partis pemide gern noch ein-
godttltet wissen par». zu rergleichen sind zu beiden Verbesserun-
gen die folgenden worte: aicut aequata fermepugna erat, ita dade
parifycessum est.
Emmbrioh. Amobbas Dedebioh.
67.
ZU LDEIANOS.
1. Der Hermotimos zeigt an mehreren stellen eine auffallende
Ibliehkeit mit dem *AXi€UC. in c. 30 der erstgenannten schrift
setzt Lnkianos den £Edl, dasz ein gott den älteren philoscphen, einem
Rstoa, Pythagoras und Aristoteles, die rttckkehr ins leben gestatte,
eine fiotion auf der bekanntlich die ganze composition des 'AXiۆc he-
nkt in beiden dialogen wird die dJ^ifjOcta personifidert, im Hermot.
(c 51) nur im vorfib^gehen (f| bk |Litibiv KißötiXov faxuT^ cuveibuTa
Mcrd iTOpptidac 5iaX^€Tat toic äyOpuiirotc) ; im *AXt€uc ausfUir-
^r, vgl. bes. c. 16. 46« die im Hermot. c. 65 im bildlichen sinne
crwihnte thfttigkeit des fischers wird im gleichnamigen dialoge prak-
tiidi insgefibt (c. 47 £), ja bis zu den Worten geht die ttberein-
»tiffliinuig, vgl. Herrn. 51 t&ßpiCTf|C cT . . |Liic€tc «piXococptav • .
iitocKuiirTctc mit ^AXteuc c. 25 ößptKCv . . fiiccTcOai irpöc
twv iroXXd»v fjbn ircnobiK^v fijyiäc . . 6 ttoXuc Xciitc * x^^^PO^c^ 'foic
ivocKidir T 0 u c I. es wird daher die Vermutung gestattet sein, dasz
neh die abftssungszeit der beiden dialoge nidit weit auseinander
tigt
2. Als alter mann hatte Lukianos an einem körperlichen ttbel
n leiden, wdehes ihn zwang sein bisheriges Wanderleben aufzu-
geben: apoL 10. da er nun an mehreren stellen der schrift ircpl
Tttiv IjA fac6i|^ cwövTWV das podagra mit besonderm ironischen
ueMmek ab f| laxXrj und f| ßeXTtCTn irobdrpa bezeichnet (c. 31
^39), so darf man vermuten dasz er dieses leiden aus eigner er-
Uinug kannte, in diesem falle wttrde der Lukianische Ursprung
cer beiden gedickte TpaTt|JbonobdTpa und 'OkOitouc, der von
Bekkcr nnd Dindorf bezweifelt, von Sommerbrodt dagegen festge-
^ten wird, an Wahrscheinlichkeit gewinnen.
492 EZiegeler: zu LokiaiuM.
8« HBauxngart hat in Beinern bnch ^Aelins AiistidM als reprä-
gentant der sophistischen rhetorik des zweiten jh.' (Leipsig 1874)
treffend dargelegt, wie die rhetoreneitelkeit der damaligai zeit nach
fortgesetzter äuszerer anerkennong dürstete und keineswegs an der
eignen, innem Zufriedenheit sich genügen liesz (s. 119). dieselbe
Stimmung gewahren wir indes schon bei Lukianos. nepiToCivu-
irv(ou c. 11 verspricht die TTatb€ia ihrem jünger vor allem rahm
und ehre : er wird mit den angesehensten mftnnem wie mit seises
gleichen yerkehren, und jedermann wird ihn kennen. Hannonides
fragt in dem gleichnamigen dialog c. 1 seinen lehrer, wie er es an-
fange, um weit und breit in Hellas berühmt zu werden, desgleichen
der Jüngling den meister irpöc d7ra(b€UT0V c. 1. der vater der ge-
schichte kommt im *HpöbOTOC f\ 'AcTiuiV c. 1 mit einem buche ümIi
Hellas cKOT^otJ^evoc irpöc dauTÖv öttujc fiv räxicra icod dirpcrnio-
v^CTcrra dTriciiMOC kqi TTcpißÖTiTOc t^voito.
4. Sommerbrodt hat mit berufung auf den sprachgebtaach an
der stelle ßrjTÖpuiv bibdcKoXoc c. 10 Kai tc tö €tj6u rffc ^irropiidic
das ic TÖ Tor €Ö6u gestrichen (Lucianea s. 88). indes findet der ange-
fochtene ausdruck eine stütze im Zci^ic c. 10 rffc ic tö eöOü 6bov
dTTCTp^TrovTO. an beiden stellen die gleiche Interpolation aozooeb-
men erscheint mir doch mislicfa.
5» irepi 6pxilC€Uic c. 39 streicht Sommerbrodt mit recht die
Worte TOO ßiou (Lucianea s. 98). die art und weise, wie diese wort«
in den text gekommen sind, scheint mir nicht fem zu liegen: sie
wnrden ursprünglich als glossem zu dem in der folgenden zeile stehen-
den ToC ävOpumeiou t^vouc an den rand geschrieben und spSter in
den text aufgenommen, solcher interpolationen hat ja die schrift
IT. öpx- eine ganze reihe.
6* Im Nigrinos c. 30 bieten die meisten hss. und unter ihnen der
vorzügliche Yindobonensis (B) ol fiiv £c6f)Tac douroic KcXeuovrec
cuincaTaq>X^T€c8at tüuv rcapä töv ß(ov Ti^uiv. dagegen hat der
Yat* (A) Tor tiSuv die werte o\ b* dXXo ti, vgl. Sommerbrodt im an-
hang zur 2n aufl. des Nigr. s. 107. im erstem falle ist die rede eine
dreiteilige, im andern eine yierteilige, ygL FritsBche zdst. jener Zu-
satz ist bis in die neueste zeit stehen geblieben, und noeh Siemonssen
quaest. Luc. s. 22 hält ihn für richtig, dasz aber der von icOnioc
abhängige gen. tuüV . . Tl^tUJV grammatisch richtig ist, zeigen die
von Sommerbrodt (zu Nigr. c. 30 und jahrb. 1856 s. 718) ange-
fahrten stellen, aber auch sachlich ist es richtig, wenn nur die wert-
Tollsten kleider mit yerbrannt werden , und didär TgL man Philop;.
27 cuTKaTaicaücac . . Tf|V icW\ia ^ libca £xoip€v «» nicht alle ihre
kleider, sondern die ihr besonders wertvollen, und das ist «■ tcSf^
TttC Tuiv wapä TÖV ßiov TiMiuiv. durch die angeführte parallekuU«
schwinden hoffentlich die letzten zweifei an der richtigbit der aock
Ton Fritzsche aufgenommenen lesart.
Hahbui. Ebhbt Zisokleb«
Bünger: zur kritik der scriptores bbtoriae Angustae. 498
68.
ZUB KRITIK DER SGBIPTORES HISTORIAE AÜOÜSTAE.
I.
1. AELIUS 8PABTIANÜS.
HadrianuB 16, 2 eatachannas Ubros ohscimsamas Anti-
matkim imUando scr^peU. su dieser stelle bemerkt Peter: 'catacan-
nu B exe. ood. Mnrbac. catacannos P (aed altera linea prioris n et
0 in 118.). oataoHfmas Y. aUacrianas M. catachafUM Bemhardj . .
eiäadimas Bergk . . aäadiannas Oriolus' und schreibt selbst caUi-
ikummSf wShrend doch Orioli caiacannos oder caiacannas verlangt
nod Ton KGrr& und xdwa ableiten za können geglaubt hat. audi
die llbrigeiL angaben sind nidit genan und Yollständig, obschon ge-
nflgender als ^ Jordans, die Verbesserung oatachenaa gehört, wie
WDindorf Steph. Thes. IV s. 1303* weisz, Is. Vossius, der zo Hesy-
ddos: Koroxi^' KOTax&CjiTfCtc, Korar^XuiC s. 190 anm. 17 bemerkt
hai: *eomge hinc locam . . Spartiani.' Bemhardy hat nur das ver-
dient aof diese verbessemng in der zs. f. d. aw. 1834 s. 1136 auf-
merksam gemacht, Bergk ebd. 1835 s. 301 dieselbe fttr eine später zu
«rwChnende stelle des Etym. M. benutzt zu haben, und auf co^odbefk»
fUa«n allerdings schon die hss. selbst: denn eaUwainas P (aus dem
£odnn eaiacaymas entstanden ist und weiter catacrianos) ist offenbar
dtnus zu erklftren, dasz i (^b t^) als correctur des a sich ursprüng-
lich Aber der zeile geschrieben fand und also catacmas => catacenas
» nnaxAvac ergibt: nur dialektisch verschieden ist das von Bem-
hirdy vorgnogene caiachanasx Hesjcbios 11 s. 1541 xovd' x^S^Cfiiicic:
Tgl Gramer Anecd. Ox. 11 s. 113, 6 x^vt), ivOcv xal Karax^vr) tö
TÜocpa. dasz dafür B caitacafmas und Fronte ad M. Anton, de arat.
1 1. 1S3 eaiatiümnae rUu und M. Aurelius ad Front, 2, ad M. Caes.
^\Sb.SS eataehannam gesetzt ist, mag dadurch bewirkt sein dasz,
vis Lobeck Agl. s. 974 bemerkt, 'in glossis ganna scribitur, ut gan^
<>flter xXcuocrtic, unde ingannare itaUcum.' zur vollen klarheit über
die bedeotnag' der Worte c(»tachannae rüu ist Lobeck ('Fronte genus
qooddHBi ridicnle perversum videtur significare') deshalb nicht ge-
fallen, weil ihm die erste stelle (s. 68: vgl. Preller Polemon
i- 109 f. Jordan s. XXIX), wie Toss zu Yerg. georg. U 77 s. 386
oad andi Dindorf ao. entgangen ist: in agro Pampei Fäloonis me
füere (urbarem nmUofum ramorum, quam Me auum namen cataduin-'
mm mmumtAai^ aed Uta aurbor mWar et nova visa est mihi in uno
^nmcp mtmia omnium ferme germina . . , ebenso wie die schon von an-
dern TefgUehene stelle des Plinius «. h. TVH 16, 26 tot modisinsUam
•^ftanaw vmHmu§ . . omni genere pomorum onustam, äUo ramo nud^
^ aiio boeis, cüundevite^ P^ins^ ficis, puniäs mtUorumque generibus,
disM Stollen lassen nicht daran zweifeln, dasz Catachenae als titel
der bOeher des Hadriaa (welche Bemhardj röm. litt, gescb. s. 926
«m. 290 'sauren in dunkler form' nennt, wie es eine gleichnamige
bmödie deaLysippos gab: Bergk de rel. com. Att. ant. s. 143) dran
494 BUnger: zur kritik der scriptoree historiae Aognitae.
andern bekanntem TTaincapTTia (Lobeck Agl. 8. 1079) oderTTdxKap*
irov (OelliuB praef. 8. Tertullian adv, Väientn 12) an dk seite zu
stellen ist: der ^wunderbaum* ist eben in der pflanzenweit eine Kcrra-
X/jvr) und zwar eine solche , wie in der thierwelt jene tcXoio, tob
denen Lobeck Agl. s. 972 f. handelt: 'picturas ridicalas, T^Xoid
Ttva animalium fignras informes et monstrificas potestatem fascini
prohibendi» quales sunt scarabaei . . tragelaphi, bippalectiyonei.
habere oreditum est', so dasz man sich selbst yersncht ftthlen Ünnte
hierher die KaJtachanas der Neugriechen zu ziehen (so heiazen nein-
lieh in Kreta die auf den inseln des Archipelagus Wurwnlakas, somt
y ampTre genannten ungeheuer , die des nachts den gräbem entstei-
gen und den lebenden das blut aussaugen: s. Sanders nengriech.
Volks- und freiheitslieder s. 103), wenn nicht KOtTaxaväc Yon xävciv
(ae biaq>Geip€iv, Ducange gloss. gr. II s. 1729^ so gebildet erschiene
wie baKväc von bdicvu), qpairäc von qHxru) (Lobeck Pbryn. s. 434
vgl. Paralip. s. 135). mit jenem namen hatte nun Antimaohos sein
gedieht bezeichnet: diese annähme legt nicht bloss die redeweise
imitando Antimachum scripsü nahe — denn hätte Spartianus nur di«
manier (den color scribendi, Probus zu Verg. eoL 10, 50) bezeichnen
wollen, so hätte er wol, wie Clemens Alex. Strom. V s. 571 (Meineke
Anal. Alex. s. 32) besser den^namen des Euphorien oder des Ealli-
machos (der oft genug mit Antimachos verwechselt worden Ut:
Meineke Euph. s. 50. Stell Antim. s. 107. 108) gewählt — : e^
spricht weiter dafür die stelle des Etjm. M. s. 4, 6: 'AvTi|iaxoc
laxivq * Tol b ' äp ' ol dßoXriTopec fivbpec faciv , welche zuer»t
Bergk ao. mit der angäbe des Spartianus in Verbindung gesetzt und
so verbessert hat : "AvTijiaxoc KaTax/jvq. er hat nur, und nach ihm
Stell Antim. fr. 71 s. 84 vgl. 119 s. 108, ^ines hierbei Ubenehen.
wenn die werte des Spartianus Caiadtenas obscunssmas Ubr&s ^^
KaTQxflvat schlieszen lassen (und von Koraxävai des Antimscbc«
sprechen Dindorf ao. und Merkel prolusio zu Ov. Ibis s. 336), so ts\
es nötig in den buchstaben iotxt^VQ auch die angäbe des baehs di-r
Karaxfivai zu erkennen und entweder ta' (Ka)Taxr|Vi] dh. ivbcxdm;
KaTaxifjvi] oder xaraxiivi] t' zu schreiben, der vers selbst dflrile na
diese änderung verlangen: toi b' fiqpap ol äßoXrJTopcc fivbpcc
foctv. die vollständige Übereinstimmung der beiden Zeugnisse, ^'i^
auf diesem wege herbeigeführt ist, macht schon allein die an&ickt
derjenigen hinfällig, die in die dargelegften erwägungen nicht ein-
getreten sind : in Gaisfords poet. gr. min. III s. 252 Lipe. findet sich
der verschlag 'AvTiMaxoc* 'IdxovTi b' dp* — ; Dttbner de Stati
not. litt. 8. VI schreibt Ivaxtbcti* Tol b'äp' — und ihm stinomt
Lobeck Path. prol. s. 218 bei, indem er seine Vermutung, dasi <i*^
Überschrift einer elegie MaxivT) gewesen sei, zurttoknimt; nach Bern
hardy gr. litt. II 1 s. 347 'ist kein verlasz auf den titel *lox(vn» ^"^
Koraxrjvil unbegründete emendation'; MSchmidt endlich, welch«*:
Bemhardj beitritt, schreibt im rhein. mus. VI (1848) s. 412 mi*
heranziehung des fr. 57 : fv9a Kaßdpvouc df^KCV dßaicX^ac 6frfii^'
RUnger: zur kritik der soriptores historiae Augu8ta& 495
vac 'Axaiij, I Toi 6* äp' o\ (i£ aÖTf)c) äßoX/rropec ävbp€c
{aciv.
SeiernslS^l citmherharumradidbMmüüesviverefU. ohne
jedes bedenken haben Jordan und Peter das Yon Egnatioa darge-
botene herbamm angenommen, was offenbar in erinnening an stellen
wie Yerg. Aen. III 649 pasoimi rcuUdhua herbae. QnintiL ded. XII 7
habontm radiees veOmua. Liv. XXIII 19, 14. Sen. de prav. 3.
Safsron Sidon. VII 7 s. 437. Tac. hisi. IV 60 in den tezt gebracht
i&t: hsList nur cidparum verbürgt, dasz Salmasins, der Plin. exere»
i. 822^ D Ton 'caepae umos capitis' und ^caepae quae ab radioe alias
atqae alias propagines propagant' spricht, diese lesart nicht zu deuten
geinist hat, ist ebenso zu yerwnndem, wie dasz Kellerbauer jahrb.
1^77 B. 628 ooepaniffi verlangt, es ist eaepularum herzustellen,
wu sich nicht bloss bei Palladius und Caelius Aurelianus, sondern
uch bei Apicins VU 6 s« 196. IX 2 s. 248 findet.
ebd. 21, 10 ^ gutdem dMnam SäGusti aratUmem^ qua Midpsa
iUiüs adpacem hortaiur^ ingravaius morho misisse filio dicUur maiorL
idqite fnulra ei hominem tanitum väUtudme. vixU den/ique in odüo
popuU diu Anionimia. mit Casaubonus und Salmasius nimt Peter
«ine Ificke nach frustra an; Jordan verkürzt die hsl. lesart frusira
ft hominem tantum väktudme zu minitante vaUtudme. wer
nur die von Peter und Jordan ganz übergangene interpunction des
Beg. und beider Puteani voktudine vixU beachtet und sich weiter
dte omstandes erinnert, dasz komiinum mit nomimim und nomen mit
mumm (Ruhnken zu Butilius Lupus 1 15 s. 52 f.) verwechselt wor*
den ist, dem wird es wol alsbald klar, dasz Manutius zu SalL lug.
10 i. 188 sehr unrecht daran gethan hat den satz mit idgue frustra
n sehlieazen, und der sinn der stelle vielmehr folgender ist: 'frei-
üdi war es nur die krankheit, die seine absieht vereitelte; dennoch
Wi^te er sein ganzes noch langes leben in der grOsten Unbeliebtheit
k^n': idque frusiranie molimen tafUum vaietudine trixU in odio.
Pescennius Niger 3, 1 cum ludaa droenaes luUanus JRamae
^tt . . imgmtique imuria p&pukis affecius esset» Brockes Künigsb.
aMBstsh. 1877 nr. 8 s. 120 a popuh, was Blümner ebd. nr. 10 s. 157
nrtckweist. KeUerbaner jahrb. 1877 s. 629 löst popufus inpapuli
Miatms auf, ohne zu sehen dasz luUanus durchaus müszig ist und
^ comidüt guaepopulus in luXkinum geminavU, wie es in der vita
loliani 4, 7 heiszt, nicht mit ingens imu/ria bezeichnet sein können.
^ wert imuiria ist verderbung von incuria^ wie aus Herodian
n 7, 1 t4 t«uv bttfioduiv iitiMcXcfaji ^8v^ulc 1rpocq>€pö^€voc er-
A^, und der satz hat ursprünglich gelautet: ingentique incuria
n^hu efferatus essä. ejferatus ist dadurch verdunkelt worden,
den man die note für er übersah und dann in einem gewöhnlichen
•'^toBi statt o schrieb ec (s. Stat coig. Vn s. 183) und so affedus st.
^dm. übrigens haben die hgg. nicht angemerkt, dasz mit dieser stelle
Eeonania i. 766 zu Dio Cassius LXXUI s. 1296, 93 gegen Casaubonus
^ Worte od ctrcense spedaadium Did. lulianus 4, 7 geschützt hat.
496 RlTnger: zur kritik der BcriptoreB historiae Aag^ustae.
ebd. 6, 7 etiam saora quaedam in GäUia, qua se ccutissimis
decernunt, consensu publioo ceUhranda suscepU, besonnener als
Jordan, der quae casHssimis decernuntur (wie der Yon ihm nicht
genannte Caeaubonus mit M quae a . . decemunhtr) im texte gibt,
verffthrt Peter, indem er die hsl. lesart mit einem obelns Tersieht;
er irrt aber darin , daez er mit den alten ausgaben cansemsu pubUcj
zu cdebranda susc^ zieht, als ob der con^ensus publkus den kmser
nö^g gewesen w&re. consensu pitbUeo , was nicht mit dem nalielie-
genden cansessu zu vertauschen ist, weist deutlich auf die noch heu-
tiges tages in Frankreich bestehende sitte hin nicht blosz KCsXXtcrcia
abzuhalten, sendem audi tugendpreise in öffentlicher sitziag zuzu-
erkennen und die gekrönten (2b. die rosenkönigin von Suresnes, den
vollkommenen gegensatz zu der von einem einzigen mit der Ha-
gendrose' beschenkten) durch einen feierlichen aufzug zu ehren. w&-
bis dahin sache der gemeinden gewesen war , machte der kniser zur
Sache des Staates: es ist nemlich das wort herzustellen, dessen zwei-
ter teil durch die Shnlichkeit der anfangsbuehstaben des folgenden
Wortes castissmis verloren gegangen ist: qua serta casfissimi-
decernuntj decemunt consensu puUico: serta in dem von Pascha-
ius Coron. I 12 s. 36 erklärten sinne von insigne regiumj diadema
2. JULIUS CAPITOLINQS.
Clodius Albinus 2, 5 habehis utendi eoceini paHUi faemltaton
mepraesentem et ad me et cum meoum fueris^ hahiiturus etpurp^
ram, sed sme a/wro. Ejssenhardt mit M und den alten ausgaben fi-
cuUatem, me praesente et ad me] Jordan me praesident^.
eandem] Pal. £xc. ' (Gruter) ahsque me statt ad me und hieraus
vermutet Peter facuUatem perpetuam et äbsque me. so sehvrer
sich der irrtum der abschreiber, welche me praesidente und gmrper
petuum in me praesentem verändert haben sollen, und der Irwins
begreifen liest, welcher nach der anficht der hgg. durch die an^e-
ftlhrten Verbesserungen dem gedanken erwSchst, so leicht ist es au«
dem folgenden hahiturus etpufpuram zu ersehen, dasz der kaiser
ein insigne impericdis maiestatis dem Clodius bereits jetzt verleiht uui
ein zweites, noch bedeutsameres ihm fBr die zukunfi in missicb:
stellt, dasz somit gerade das gegenteil von dem, was der vorschiaj
Peters besagt, das ursprOngliche ist: hähebis utendi ooceini paU,
impraesentiarum . ., hahiturus etpurpwram.
Opilius Macrinus 8, 1 appdHatus igiiur imperator smscej -
tos contra Parthceprofectus est magno ctpparatu, studens s&rdes cr--
neris et prioris vitae infamiam viäoriae magnitudine aholere. M ^h.«-
cepto heUo. Peter geht so weit zu fragen: 'an infestas7^ BMhrec>
schreibt, wie Eellerbauer anführt, suspectos^ Ketterbttner selV.^*
ao. 8. 631 senatusoonsuUo: alles vorschlage die weder die v«rifrcr.-
der abschreiber erklftrlich machen noch etwas' dem gedanken fl(rdf>v
liches herzubringen, so wenig hat irgend einer daran gedaAt, da^
durch abftnderung des letzten s, welches im Pal. ausradiert ist , d^*
RUnger: zur kritik des acriptores historiae Aagustae. 497
wort mKitflUif gewonnen wird, eine entsprechende bezeicbnung («im-
c^tor ttiitoö^Knic toO Ta^€taKoO Valeaiua Amm. Marc. XVII 10, 4
8. 282f. XIX 11, 3 8. 844 f.) fllr den der ioMÜM (Vales. XXVIU
1, 5 8. 213) und üAw^caiu» fisci (Capitolinus 4, 4. 6) gewesen war,
mid auch Air den der aniea privaias ourarai (CapitoHnus 2,8; tiuv
li drfop^ oÖK dit€tpuK €lx€ Kai jLidXiCTa vö)Liiuv 6n\cvi\i»x\c Herodian
I? 12, 1), da 8U9ei3piores die pahroni (Arcad. et Hon. Ced. Theod. II
12, 6), su9C^ die cUentes genannt werden (Juretns ea Sjmm. ep,
V 39 s. 130f. Lect Ltndenbmg zu Amm. Marc. XVn 10, 4 s. 282).
somit iat der von der stelle auch durchaae verlangte sinn dieser: ein
niioqßar, ein mensch iii\ CTportumicdc jyii)b4 t^watoc (Herodian
so.) ist imperaiar appellatua und untemimt nun einen aug gegen die
Pirther, um die generis sordes und vitae mfamiam zn verwischen.
ebd. 11, 6 ho8ver9H8 nesdo gtUf delatis iuxiaeos guigraed
trmU pfopaäii m foro pamU. BP' ef c.^ ddatia, ddatas P {ddatos
oseh Jordans angäbe). deUUos exe* dekutus eos mit auslassung
TOB noBia Sahn.; dagegoi Mommsen grasds hdinos nucta und noch
wUlkarlicher Peter qui loHnas iuxta, als ob es nur denkbar wftre,
<istz <fie absehreiber fttr das wort laiifMS^ welches viermal hinter-
«msader (s» 190, 32. 191, 11. 14. 16) richtig gesetzt ist, plOtzUch
dsB verstSndnis so veiioren hätten, dasz sie statt verHis laiinosposuU
die rftthselhaften silben ddoHs darbieten musten. die ttberlieferten
torreeturen (delahs dh. deUäar: vgl. zu 8, 1 susceptor) lassen das
snprfingUche nodi sieher erkennen, es ist dies nicht, um ddator
▼gl. 12, 11 zu llbergehen, {ui)ddaitcry vütUgator (gloss. Labb. s. 176
ciKo^dvTm vüiUgaiares, cuKO<pdvTiic cahmimcAor — vacHüaitor^ was
wol eher vikSUgaltor als taviüaior gewesen sein mag: s. Stat. oonj.
XVIII e. 260 anm. 10) , sondern dMtor (ttber welche Schreibweise
ipSter zu Yerus 6, 2 gehandelt werden ivMy, degukUar Colvius zu
Apo^jus apU. 8. 555 vgl. Lobeck Phryn. s. 437. gloss* Isidori: degu-
liior torbnatoTj welches seine bestätigung in der alsbald zu gebenden
▼erbevenuig des 3n verses des Macrinus findet, ttber diese dasse der
€rnmi$ spridit ausführlicher Salmasius zu Yop. Aurel. 50 s. 591.
ebd. 11, 6 giuaUs Latinus goMus ide fuU. eine wie ungOn-
itige beurteilung die verse des Macrinus auch gefonden haben mö-
fca: in keinem falle ist anzunehmen, was doch alle hgg. angenom-
men haben, dasz sie einen prosodischen fehler, wie das als molossus
gebrsiiehte Latimts, enthalten haben. Latmus ist wol an die stelle
dei selhieni LoHus getreten und hat dann den ausfall von iam ver-
sabizt: quaUB tarn LoHus gäbahu iste fmt, auch der folgende vers
«thlU einen fehler: magno, wie die hgg. lesen, ist durch die von
Cifianbonus versuchte erklärung 'magno mihi hoc est imperatori.
dignns venns tortore Macrino' nicht gerechtfertigt. fOr dasselbe
kat Bnnnaa anth. Lat. Hills. 243, statt dessen sowol Peter als
Jordan Kiesriing nennen, man^o geschrieben; Mejeranth.dOl s. 204
^ es gebilligt und Peter wie Jordan haben es in den text gesetzt:
fir diM. philot. 1879 bft. 7. 82
498 BUnger; zur kriÜk der ecriptorea hiBioriae Augustae.
ein bedenkliebes nnternebmen , da sie so wenig wie Kiessling das
oben besprochene delatos berichtigt haben, die beiden worte diku^s
{degtdator) und magno stehen aber in genauester bezidKüng zn ein-
ander: diese ist hergestellt, wenn magno zu mando wird: globS.
Labb. 8. 111 mando, onis, ducus q>dTOC. Manduco, oms dbi)(pdTOc.
Lucilins fr. ine. 103 LM. omnes mandonum guUae. Varro im 6i-
marcus fr. 13 B. magna tUi tremiscat Borna ei tnagnae mandonum
gulae. Apul. met. VI 444 de isto asino semper pigro qmdem^ s^i
manducone summo. gloss. Isidori: mandonee^ ambrones, arddm*^
(Dncange gloss. 11 s. 381). ambro^ devorator (Scaliger su Festos s. 323 .
mit magno fttllt wol auch mjAi , was in P. fehlt; vielleicht ist nimi$
zu schreiben.
Maximini duo 2, 1 fuü pastor^ nonmimqwxm äiampro
eerte^ qui latronilms insidiaräur et stios ah incursionibus vindicard.
Gruter billigt die in dem einen Pal. enthaltene correctur iroeer^,
welche Eyssenhardt und Peter gar nicht erwfthnen. Salmasios hül:
procerto im sinne von prcpugnator für m((glich; Eyssenhardt nimt
nicht anstand seine Verbesserung etiam latro, certe qm latrünibu^
insidiarelur in den text zu setzen, es liegt wol die nicht Yerstandese
abbreviatur für jpro ceniurione vor; pro centurione aber ist wie
das von Qronov und andern erläuterte pro conaule und ex ghduiior
gebraucht und läszt selbst an den nUeniium rerum eenturio (Yale^i s
zu Amm. Marc. XVI 6, 2 s. 192) denken.
ebd. 13, 1 fuerunt et aUa sub eo heüapturima acprotUa^ a
quibus semper primus victor revertU et cum ingentibus spoliis ac
cop^tm. so gibt die stelle Peter und mit Peter Kellerbaner 8. 6:)^.
erkl&rt Bher primus (wie vor ihm Casaubonus, der es zu Hoxmimi
umgestaltet) für völlig unverständlich, die vergleichung der stelle
des Herodian VII 2 , 8 dbc auTOupTÖc T€ Kai aÖTÖX€ip ific yiäx^
dpiCTCuuJV T€ navTaxoö ^TrqveiTO in Verbindung mit der er
wftgung, dasz primus und praemium^ praemium xmdproelium, nti
Victor (viator), auctor und lictor (Valgius s. 409) hftufig vertaascr/
sind, macht es ersichtlich, dasz hinter prim* prad- aasgefallen und
primus victor die verderbung von prtm^i^roelia^ ist: exqmbussm
per primus proeliator revertit\ ungleich weniger empfiehlt sk:
die annähme, dasz aäor (irpdKTTic gloss. Labb. vgl. Hom. H I 4^.^.
Graevius zu Suet Caes. 5 s. 11) oder proeUator vor victor ausgefal-
len sei. im Pal., welcher t^idor gibt, fehlt natürlich primus, rü^"
die vorhergehenden worte aiia sub eo beüa plurima proelia \*
dürfen der berichtigung. Salmasius, dem Jordan folgt, hUt j}f (^> •'•
für die glosse zu beUa; Peter hilft sich, freilich nicht sugleicfa dtn:
schriftsteiler, ohne weiteres, wie an anderen stellen mit et oder ^^
so hier mit ac: beäa pHurima ac proelia. rftthlicher erscheint e^tvi^
Eoa abzuändern : fuerunt et alia sub Eoa beUapiurimaprodia (uttö
rate dvaroXaic Herodian VI 8, 3). ebenso steht Aurelianus 31 'a^
Pal. adeo Äurdianus . • e Ehodopa revertit statt Eoam (vgl. glo.^-
Labb. 8. 65 Eoa dvaroXif). 13 dvaToXrj JSoo, ortus^ oriens, Anfti.
fiÜDger: xor kritik der scriptores hiatoriae Augustae. 499
Prop. 8. 31 f.); ferner bei Amm. Marc. XXVII 4, 7 6o iübar statt
Etmm (Valesins) und eos tractus XXX, 4, 8 statt Eoos bei Plinius
II.A. VI 17, 20 im Mon. eo, in Rice. Tolet eum statt Eown^ bei
Hyginns fab, 183 Therme 60, wo Therme^ Eousva yerbessem ist,
wie asir. IV 15 Eoum statt eum ua.
ebd. 14, 1 hie per rusticanam pkhem, deinde et quosdam müUea
intertmptus est per eos gvii ratUmälem in honorem Maxim4m def ende-
hatU, Casaabonus, dem Jordan folgt, setzt tnter statt |>er ; Oruter
vorsichtiger propter im sinne von iugsta\ Peter (der dem leser ganz
Eeltssmes znmutet dorch die interpunction j9er rus^iotifiampZß&em,
imdt d quosdam müUes) achlägt jpu28i9 vor, was schon wegen. des
berichtes des Herodian za verwerfen ist. dieser sagt VII 4, 6:
TrpoaT€cdvT€c Te alqpvibiuic oö irpocboKuivTa nakavTCC cpoveu-
ouci, Tuiv b^ irepl aöröv CTpanuiroiv T^jyivujcdvTuiv rä giqpT] ti^ t€
^)hf IneUXBtiv OeXövrujv q\ ix tiDv drpuiv KaTcXT)XuOÖTec . .
6Tr€ppaXÖ|i€voi ti&v bcciroTuiv touc dvGccrüuTac ^qtbiuic ^Tp^ipavro.
die steÜe des Capitolinus ist bisher unrichtig verstanden, weil sich
eine ganze reihe von fehlem dem ange der hgg. entzogen hat. zn-
nlchst ergibt sich dasz, während BP Max. et Balb. 5, 5 mitari statt
mäUari ond Did. lol. 4, 2 mües statt müües geben, hier müües statt
mäes dh. (uUes^ also quosdam müUes statt quosdam divites eine
stelle gefunden hat: denn die mörder sind V€av(CKOi Ttv^c Tuuv Trap*
^{votc cG TCTOvdruJV Kai nXouciuJV gewesen (Herodian YII
i, 3). sodann ist aus den oben angeführten werten des Herodian
klsr, dasz von den Soldaten, die sich anschicken den tod des procu-
ntor m rächen, nicht gesagt werden kann: rationalem in hono-
ffm Hütximini defendehant^ dasz sie sich vielmehr auf diejenigen
beziehen, welche Xaßövrec ^TX^ipibta ÖTroKÖXnia npociaci T(p ^irt-
Tpönqi (bc bi\ iT€p\ Tf\c diroböceuic tujv XP^Mdruiv bioXcSd-
Mcvoi (Herodian YH 4, 6), und ursprünglich so gelautet haben: ra-
^kmali in honore Maximini dependebant, wie man dependere Sti-
pendium und guhernatori dependU obsequium gesagt findet (Onden-
<ferp zu Apul. mä, IX s. 667). endlich leuchtet ein, dasz per eos
to rest weniger von praetexto eorum (Oudendorp zu Suet. Caes.
30 t. 49) als von perosos oder vielmehr von pertaesos ist und
iJbo der letzte teil des satzes noch die Umwandlung des ^i in qtwd
rerhmgt: per rusticanam plebem deinde et quosdam divites inier-
f'fftusest pertaesos, quod rationali in honore Maximini depen-
debaiU.
Gordiani tres 3, 2 5mp9t^.. Vxoriumet Nilum, daCicero
kein gedieht unter dem namen uxorius geschrieben hat, wol aber
«Ben ioeulans Hbdius (Quinül. YDI 6, 73 vgl. lasdvum Jusum Plin.
T^ 4, 6, welche stelle Wemsdorf PLM. VI s. 413 übersehen
bst), ist Lusorium (gloss. Labb. s. 109 Jusorium TraiTVtov) zu
schreiben, wie Bubsiciv. cap. I s. 2, Friedländer progr. 1864, und
Lexid. VI 8. 21 ausgeführt ist. ebd. s. 3 und genauer Lezid. s. 22 f.
^t nachgewiesen , dasz Niktm {Limona Casaubonus) und lAmon bei
82»
500 RUnger: zur kritik der scriptores hiatoriae Augoatae.
Sueton V, Ter. § 5, ein von den Griechen, aber nicht von den Lateinern
▼erwendetee wort, welches von Bitachl opusc. III b. 263 anrichtig
beurteilt und auch von Bergk Philol. XVI s. 633 beibehalten ist, in
den namen Linus abzuändern sind, zu den dort angeführten stellen
ist noch hinzuzufügen Amm. Marc. XXVIII 1, 4 Ndenun, hss. Liwu]
NiUgena und Unigera Heiasius Oy. met. I 747 e. 88.
ebd. 3 , 3 scripsü praeterea quemadmodum YergiUus Amados tt
Statius ÄchiUeidos et fnuiUi aiii Uiados, üa etiam iUe AnUminiados.
die hsl. lesart ist eUdos (P* yUados, M diados); von allen hgg. hat
indessen allein Peter die Torsichtgehabt lieber ^«{05 mit dem obeloszu
versehen als HiadaS in den teit za setzen, nicht blosz der umstand
dasz durchaus der name eines mannes erforderlich ist, sondern auch
das vollkommen überflüssige und störende älii zeigt , dasz in den
erhaltenen werten alH elidos die anfangs* und endsüben deB m-
Btihnmelten Älexandriados stecken (wie bei Steph.Byz. n. CöXoi:
dv 'AXe- Meineke Anal. Alex. s. 38). damit wftre zugleich die an
sich glaubliche notiz gewonnen , dasz es mehr als 6in AJeianderepo^
in lateinischer spräche lange vor Gkialtherus gegeben bat. Gualtherus
hat den titel seines gedichtes nach Äeneis (einem worte dessen er-
klärung selbst alte grammatiker in Verlegenheit gesetzt hat: s. Mc
titulo Aeneidos' Friedl&nder progr. 1856 s. 4 ff.) Jlexandreis fehler-
haft statt Alexandris oder (P^) Alexandrias gebildet: denn den
titel des von Arrian verfaszten epos 'AX€£avbp€iäc (M«neke Anal
Alex. 8. 370 f.) hat Lobeck Path. prol. s. 468 und Bemhardy Suid&:
I s. 713, 8 in 'AXcEavbpiäc berichtigt und stillschweigend Ueineke
selbst Steph. Byz. s. 139, 10. 554, 15. 'AXcEavbpidc fehlt im Tbes.
Steph., wie Alvcidc, welches sich auch noch Anecd. Oxon. IV s. 326.
34 findet, und nach Lobecks bemerkung s. 477 ^HpaicXcidc (welcbv
form von Meineke Anal. s. 176 in 'HpäxXeia geftndert und von Bern*
hardy zu Suidas 11 s. 611, 9 getadelt) ist, wlihrend doch selbst 'Hpa-
Kkrfic bei Aristoteles steht).
Maximus et Balbinus 2, 7 quorum unus in re müüairi tan-
ttM est^ ut nohüitatem generis spUndore viriutis ei lexerit. S&i-
masius: ignobüUatem . . tHuxerit (dem Eyssenhardt zum teil io\f
nohüiUUem . . iUuxerit)'^ Peter (nach M aUexerü): splendor . • ^■
iimxerii; Haupt opusc. III s. 463 vüüatem . . evexerit-^ EeUerbauer
8. 642 (der offenbar auf die Verbesserung des Lipsios igt^bäittUa'^
. • texerü zurückgreift) mit beziehung auf Macrinus 1 9 (ignobüitati^^
tegendae) : ignobüitatem splendor virttäis eius texerü. solcher gewalt-
samen mittel bedarf es nicht, was die hss. geben: ei lexerit^ ist \rc!
aus dexerit entstanden, dh. bei der so häufigen vertaoacknng <iei :
und x: eliserit^ wie Celsus VII 6, 37 diffieHUme genus id nibia' •
taiis diditur. Hör. ep. I 15, 6« Sen. ep. 71 ddores wtus eUdü '^^
gegen Amm. Marc. XVI 12, 32 propeUens fortUudine congrua iUis ^
nostris paritbus probra)» statt didere steht Macrinaa 8, 1 dbdnt
studens prioris viiae sordes viäonae magnüudime aJboUrt.
BUsger: zur kritik der Bcriptores hibtoriae Augostae. 501
3. VDLCACIÜS GALUCANUS.
Avidius Cassius 13, 5 uiinam possem multos diam ah in-
feris exeUare. statt des hsl. mviUaSj was Jordan Hlr richtig hält, hat
Peter die Terbessemng Obrechts müUatos in den text gesetzt; er hat
nicht gesehen dasz der zu allgemeine begriff muUati (denn das sind
die Torher genannten proscripti und departati auch) fQr diese stelle
nicht ansreicht, und erwShnt, wie Jordan, nur den Vorschlag des
Jnretas sq^uUcs^ ohne zu beachten dasz Salmasius der Änderung des
Scipio Oentilia mortuos den vorzug vor sqpuUos gibt und Oruter
wieder vMos (im passiven sinne : vgl. Heinaius Ov. met, VII 3 s. 446)
ftr wahrscheinlicher als mortuos hält, es ist aber wol kaum zweifel-
haft, dasz possem muUos aus possem tumttlfos verlesen und das ur-
»ptHngliche possem tumulatos etiam ah inferis excUare gewesen
iit: TgL gloss. Labb. s. 189 tumulo Mm\u. Savaro zu Sidon.
ApoIlJjD. ep. Vn 1 s. 413. — Dasz in demselben cap. 10 ut in causa
tfrannidis gui in tumuUu cecidit prohetur ocdsus Reimarus s. 709
n Dio Cassius LXIX s. 1193, 3 folgende Umstellung: gui cecidit^ in
tumvUu prohetur occisus angerathen hat, haben die hgg. gleichfalls
merwfthnt gelassen.
ebd. 14, 6 vides muUis opus esse gladiis^ muUis dogiis, statt
^lodtts und dogiis zu schreiben Cassiis und CensoriiSy wie Keller-
baoer s. 626 thut, ist ein ebenso gewaltsames wie jeder probabilität
entbehrendes verfahren, weil beide namennmmittelbar vorhergehen
§ 4 tf&i Cassius . . uhi Cato Censorius? gladiis vor dogiis ist nicht
statthaft, selbst in dem falle nicht statthaft, wenn man es in gla-
^cribus (Oudendorp ApuU md. IV s. 291) ändern und daran den-
ken mOehte, dasz glaäiaJtor in der ^passio Oronzii* für camifex steht.
^ wort verdankt seine entstehnng wol der so häufigen verwechs-
^ der buchstaben l und r, d xindp: esse stgrapis dh. muUis opus,
^t^syngraphis. vgl. Amm. Marc. XVIII 5, 2.
4. AELIUS LAMPKIDIUS.
Commodtts kniojiiiiXi^b^itrecemiiaquecAiiapuheribusexole''
^ ^MOt OiSgue es plebe ac nohiUtate^ nuptusque forma diso^atrice
«fl^eroL Salmasius nuptus quoque^ Tumebus ua« vuUu$^[uey Jor-
^ itdeärnsquCj fiyssenhardt nuptiisque^ ohne einmal sn bemerken,
^ dies die letart des Pal. und Beg. ist. nupins im verein mit der
iMrt des Bamb. nieptus Iftazt kaum zweifeln, dasz mancipiis das
nichtige ist. paliographiscb unmöglich ist sertnSy was vorzuschlagen
Kdkxhaner s. 626 sich dorcfa Heliog. 6 per omnes servos ac libidinum
mmäim hat bestimmen lassen.
Antoninus Diadumenus 5, 1 exdamaverunt dipsumßium
■^perotoris esse d imperaiorem quasi mater dus aduUeraia essd^
imi fama rdinebai. quaM haben die hgg. eingesetzt ohne jede
tttoritlt und ohne jeden versnob die mISglidbkeit des ansfalls nach*
(wdssn* ist quasi das vom sinne verlangte wort, so steht es wenig-
502 BUnger: zur kritik der ecriptores historiae Augoatae.
stens nicht an der richtigen stelle, dasz es aber nicht allein aasge-
fallen ist, ergibt schon imperatarem^ zu dem futurum treten musi,
wie es weiter unten c. 4 heiszt: dixerunt mathematid et mperaim$
iUum ßium et imperatarem , sed nan dm. es wird anzunehmen sem,
dasz das äuge des abschreibers von einem impercUorem zu einem
zweiten abgeirrt ist und Lampridius geschrieben hat: exctamaverunt
et ipsum ßium imperataris esse et imperatarem futurum pr<nnäc guasi
ab Imperator e mater eius aduUerata esset*
ebd. 5, 5 dicUur . . Macrinus ürnuissSy quod nüUus exeiusgtnere
hoc nomine eenseräur^ ahstinuisse nomine imperatorio. Peter hat das
in den früheren ausgaben befindliche, von Jordan gar nicht erwähnte
ahstinuisse que in den text gesetzt und fragt: 'an timens • . ahsti-
nuisse V die regeln der kritik verlangen etwas anderes, verlangen
wol die auflösung des timuisse in zwei worte , in timidius und s(,
welches bei der häufigen Verwechselung des se und sed und des sed
und scüicet auf das bekannte scUicet quod (zb. Liv. 1 56) führt: timi-
dius^ scilicet quod nuUus . . censeräur^ ahstinuisse*
ebd. 5, 6 cum leo ruptis vincutis^ ut quidam^ ferus effugiss^t
atque ad incundbuta etus venisset^ puerum ddinxit et invidkdum rdi
quit^ cum nutrix se in leonem misisset atque eius morsu adfecta peris
sä. namque sola forte in areota inventa erat^ in qua infans iacdat
namque hat Peter ohne weiteres in den text gesetzt statt des h>l
atque (jperisset quae solaJ/L vulg. Jordan), in dem nichts anderem
enthalten ist als u< guae , was in palftographischer und syntaktischer
beziehung {tä quae inventa erat) keiner besondem begründong be-
darf, ebenso ist die von Peter und Jordan eingeführte interpunction
ut quidam^ ferus nioht zu billigen; zweckmäsziger verbindet M vulg.
vinculiSf et quidem ferus ^ effugisset; Lampridius selbst hat offen-
bar berichtet leoni ruptis vinculis ^feritatem priorem redisse* (Statiua
Theb. VII 580. Mart. II 75, 3), hat also geschrieben lutpridem /(Tu.<.
Antoninus Heliogabalus 7, 5 lapides qui divi dicuniur
ex proprio tempio, simulacrum Dianae Laodiciae ex adjfto suo^ in
quo id Orestes posuerat^ adferre voluU, die vulgata ist dtvi, die Pekr
beibebftlt; Salmasius (und mit ihm Jordan) schreibt rm ; B aber gibt
dividi und P divi so dasz di ausradiert ist. es ist nicht schwer daä
griechische biiiteTf) {lapides diipäe^ wie ludi P$fthia ua.) zu erkennen:
s. Theb. parad. s. 428. im folgenden ist das wort simuHacrum^ wel-
ches in allen hss. fehlt, von Obrecht und Peter vor Dianae einge*
setzt; nach Laodiciae (in folgender weise: ä simulacrum eius) von
Jordan, ohne jede Wahrscheinlichkeit nfther liegt es hinter iem}<'
{tiplo) den ausfall des wertes tipü anzunehmen, welches sichkun
vorher § 1 als tyfum in BP, als fffphum in M, 3, 4 riditig als typmm
findet.
ebd. 16; 5 miHtes etmaximepraetoriani vel scientes quaemala
m HeUoffäbcdum pararent vd quod sibi viderent inmdiam facta oyn-
spiratione ad liberandam remp. primum in conscios vario gtnirt
mortis^ cum älios vitalibus exemptis neoareni^ aUos ab ima parte per-
BUiiger: lur khtik der scriptores historiae Augostae. 503
fodatni^ ut wiors essd viUu consenUms; post hoc in eumimpeUis f^
f$i. dies die Tulg.; ihr gegenüber steht die hal. lesart: praetarianus
td 9eietUc$^ qm nuila in IMiogaMum pararani vd quod aiXn viäerent
fadaque congpiraHone ad liberandam ren^. primum eonscU genere
«orfw. BAB begreift es, wie Salmasius aasrofen konnte: Uorpiter
affeetns hie loeae et dvnK^CTUic deformatos' und nnr ^ingenü exer-
ctndi gratia' folgenden heretelliingeyerBuch macht: vd sdentes^ qui
mdmn HdiogahaHum pararani . . primum eonsdvere mortem his^
denoi iweiten teil Peter fBür richtig hält, indem er, wie Jordan, die
Tuaintuig des Caaanbonns imridiam iam conflatam^ facta conspira"
Hone öd Uberandam remp. prinmm in oongdos saevieruni vario genere
mortis mit stillachweigen übergeht. Jordan seibat nimt zu dem ge*
wShaliehen aasknnfksmittel 'cxcidisse nonnulia cenieo' seine zn-
lodit, freilich ein besonders unglücklicher gedanke, da die be*
treffinide stelle in ihrer überlieferten gestalt unannehmbar bleibt,
dio dies eben hier der fall ist» ergibt sich ans der rathlosigkeit aller
gelehrten, die nur darin einig sind, dasz die hsl. lesart ans entschie-
^eotn entstellnngen einzelner worte hervorgegangen ist. und doch
Wir es nicht su schwer ohne gewaltsames vorgeh^i wahrscheinliches
aufoifinden: denn der schlnszsatz ut mors esset vOae consenHens Ter-
langt dfenbar consortintm genuere mortis statt eonscUgenere mortis;
(xmoortiim mortis, wie Val. Max. lY 6, 3 Plautkis ä OrestiOa fati
cmsrtione gesHentes vuUus tenebris intvtenimit, Justin XXI 1, 7
^ nderfieiij ut qioibus eonsortium regni debebat, ne Spiritus quidem
omortiwm rdinquereti Tgl. generis oonsortia dissüiant Statins Theh.
1^1 gignere^ wie Auct. ad Her. lY 3 gignis nobis novaspraec^iones.
fiellhis Xni 8, 1 gignenda et oomparanda sapientia. hieran schlieszt
«eh fon selbet die beriditigung des vorhergehenden satzes, dem
eine ebenso ungenügende behandlung zu teil geworden ist: alle
haben nemlicb das hsl. que unbeachtet gelassen, Peter aber hat statt
desaelben ohne weiteres pro in den tezt gesetzt, indem er mit Jor-
^ noch folgende Änderung vomimt: ^wd stbi timerent inundiam.
voriiehtager wftre es gewesen auf grund der so häufigen verwechse-
hog des <l mid t (in pidere und vHare zb. bei Quintilian) und des si,
velehes die note für sibi ist (Bflnemann Lact. I 22, 23 s. 166) und
9ie (tda. Stat ecl. uU. 63 s. 86), als alte form des satzes hinzustellen vü
T^ Sic titarent invidiam facta quippe con^nratione ad Uberan-
^ remp, was endlich die worte vel säentes quiwudainHdiogaba^
^ pararani anlangt, welche Jordan nicht antastet, wfthrend Casau-
^otos quae mala in eos HeHogäbaUisparareti Salmasins qui mähom
Bdiogabalum pararani schreibt, so bietet sich sofort folgende yer-
^«aamng dar: ulciscentes eos, qui mala in HeUogaibälumpro^
fogarani\ mala propagare, wie das gegenteil propagatimus opia^
Wif 5ofM seriem bei Nazarius paneg. Const* 2, 3. propagare sakUem
Antsen Mamert grat. ad. 27, 5 s. 763. üldseenies hat auch Peter ge-
troin, behilt aber, wie Jordan, das unstatthafte maia in . . pararani
Ui nad gestattet sich Heliogabalum in Alexandrum umzugestalten.
504 RUnger: zur kritik der Bcriptoree histoxiae Augofttae.
ebd. 23, 6 feriwr et promisisse phoenieem convivis vdpro ta
Ubra» auri miZIe, tU in praetorio eaa dimüterä. dies bietet Eysstn-
bardt seinen lesen als das arsprttnglicbe; Peter yenieht wenig-
stens €08 demUierH mit dem obelos. es wftre ebenso weitlftiifig als
nutzlos alle yon den gelebrten vorgebrachten ansiehten aoüiufi^hnn
und Eurttckzttweisen; es genügt zuerst denen gegenüber ^ dieeosP
{eas B) vom phönix verstehen, an die bemerkung Qruters in erin-
nern: *non posse haec aceipi de Phoenice inde liquet, qaod eaa
velint fabttlae avem unicam% and sodann darauf aafberkdsxn zu
machen, dasz von einem versprechen {pramisisse) überhaupt nicht
die rede an der stelle sein kann, in welcher die thatsScUicken be-
weise einer wahnsinnigen Verschwendung a«fgeftlhrt werden, ichoa
deshalb ist der an die Vermutung des Casaubonus ii4 impenüm eo^
dmitteret (eis dmiüeret Jordan) erinnernde verschlag von Brockes
in den Königsberger monatsbeften 1877 nr. 8: ut impenUarie se re-
dimeret durduius verfehlt, in praetorio hat schon durch Salmasiu^
auch nach dem urteil von Bochart Hieros« II s. 828, 88, die ridiüge
erklKrung gefunden, wie sich aus einer reihe von stellen ergibt: vgl
Barth zu Statins ^t;. I 3, 25 s. 99 ; promisse (promiae B) aber bi
nicht jpromwJMe, sondern i?rom5is5e; beides zusammen enchlieszt
einen noch von keinem geahnten sinn der stelle, man kennt nur
6inen phönix^ aber der verschwenderische kaiser weisz viele za
schaffen : er nennt nemlich die summe von tausend goldiiiee —
denn ihm geziemt es nicht fünfhundert, sondern tausend jähr« aU
die lebenszeit des phOnix anzunehmen (Bochart ao.) — einen ph5nii
und bringt für jeden seiner tafelgftste einen phtoix zum voncheis,
wenn er sie entläszt: feriur et prompsisse phoemosm convUns^ vidt-
licet pro ea libras auri sniüey uhi in praetorio eos dinmtterä, i^
convitfis geben BP conviviiSy wie Verus 5, 1 statt oomrimmm P'
conviviarum ; die flüchtigkeit der abschreiber hat die abbreviaiur des
Wortes vide nach der sich wiedwholenden silbe i^ {convivOs) über-
sehen und die abbreviaturen der Wörter licet und vü Tertauscfavo
lassen.
Alexander Severus 29,2 in hrario suo . . animas sandi&rfs.
in quis Apoflomum et^ quantum scriptor suorwm iemporum dicU^ Chri-
stum Abraham et Orpheum et huiusoemodi ceteros habebat, an der er-
wfthnung Abrahams haben die hgg. so wenig anstoss genommen «le
Dale Oracc. vet s. 635. Alex, ab Alexandro 0. D. 11 596. Vossiu«
zu Catull s. 276. JHVoss zu Verg. ec{. 1 6 s. 12 und die Theb. pand.
s. 357 namhaft gemachten gelehrten, und doch ist es nur an wahr-
scheinlich, dasz hier ein fehler der art vorliegt, von welcher beispitie
sind Christotdes statt Jfistotdes Liv. XXXVI 21, 2 und Ckristio sutt
Istro Florus IV 12, 8, Christi statt tristi, IMia statt B^Uida LHftUir
rhein. mns. XXII s. 458 f. Messias statt Moesiae Tac hist. 1 76. 79.
Jdänasses stAtiMnaseas Columella 1 1, 9 und st. Masimissa Diod. eic.
Phot s. 523, 65. Petrus statt Paetus Cic. PhiL Xni 15. TerMia-
nus statt TurpOianus Tac. hist. 1 6 : vgl. Adn. Stat ed. ult. 66 s. 10:>.
BUnger: zur kritik der scriptoree historiae AugoBtae. 505
der kaiser l»t ohne zweifei die sandiares animae verehrt, die als
wnnderthiter gefeiert waren, und so neben Apollonias Christus,
Beben Orpheus den Abaris aufgestellt, denn statt Abraham wird
Äharim zu sehreiben sein (Theb. parad. ao.)* von keinem belang
ist die behauptung Hildebrands zu ApuL de magia 27 t. 504 : 'Abaris
i SeTero coli non potnit, quia non tanti erat apud veteres momenti
peqoe totam antiquitatem non ita celebratus praesertim inter Bo-
ffliaos:' es ist eben die behauptung eines, der von einem cultus des
Abraham bei den B<$mem besonderes in erfiEÜbrung gebracht zu
kben yorgibt, der dagegen zb. nicht weiss, dasz das paUadium,
wriches Bdbat nach der Zerstörung Trojas durch Fimbria wolbehal-
tes aufgefunden ward, von Abaris gefertigt und geweiht gewesen
Min loll (Mflller Tzetzes Lyk. 355 s. 557), dasz sich ein Yerzeichnis
der angeblichen Schriften des Abaris bei Suidas findet und dasz Yer«
giUos Aen, IX 344 es nicht verschmäht hat den namen Aharis zu
gebnachen, der in den hss. in Arahkni Hüarim ua«, bei Firmicus in
(tcarum yexiierbt ist.
ebd. 33, 4 damides kwias Severi et tunicas aeemaa vd macro-
ckraty t ei purpurea non magna ad itsum revocavü mum^ so
gibt die stalle Peter mit der frage : *ex purpura non magna M. an
fsoe ex Purpura non magna?^ {epurpyra Salmasios); Eyssenhardt
fubrt dagegen als lesart des B und P an: e< purpureaque in dberein*
itimmong mit Oruter: Pal. et purpureaque (der deshalb ex purpurea
oeque non magna vorschlägt), und auch Salmasius sagt: Vetus Über:
ft pmpura q^% was er in s^ pwrpwra quae non oder in das von
Ejnenhardt gebilligte, von Jordan bezweifelte e purpura^ quae ver-
l&dert wissen will; denn was Casaubonus als hsl. lesart gibt: et
fmpureaa non, gehört nach Ejssenhardt dmi ^recentiores libri' an.
keiaer hat also gesehen dasz schon die stelle des Spartianus im
Beveras 19 iam exiguis {exiUbus Peter: ygl. Oudendorp Apul. mä.
n 8. 808) «esfiftn« Msws es^, utvixtumcaemsaUquidpufpuraehdberet
daiiiif hinweist, dass magna fehlerhaft ist wer nun in erwägung
nebt, dass magnus und manua (denn dies gibt der Pal. auch anders-
wo liatt mumus) mit vanue, dies vanm selbst aber mit varius nur zu
bisfig verwedwelt ist, so dass sich selbst vanegrega neben varie-
fnea^ varioaia statt variegata findet, wird kein bedenken tragen statt
■M wmgna herzustellen non variata oder variegata und pur-
pftreofue in purpura acuve aufzulösen, beides in erinnerung an
Kiitialis IV 46, 17 et lato variata mappa elavo und an die von
Siknasins trig. tyr. 14 s. 279 und Aurel. 46 s. 557. Carin. 20 s. 856 f.
S?gibaien aufBchlOsse: vgl. Isidor XIX 22, 11 laeukUa guae laeua
fiuedam cum pietura habet intextos aut addUos aeu. es bedarf nur
toeh der unbedeutenden änderung des maerocheras et in, maerodteras
ted und variaia in variatas^ um licht in die stelle des Lampridius
ts brmgen: tumeas aoemas vel macrodieras sed purpura acuve
«oa variatae. vgL dagegen OaUieni duo 16, 4 purpuream iunieam
euratomgue vurüem eandmque manicatam
506 BUnger: zur kritik der scriptorefl hiatoriae Aogostae.
ebd. 53, 7 amant^ potofU^ lavant Qraecorum more. f ä quidm
se vi insistunt, hoc ego diutius feram et non ecs capitaH dedam sup-
plicio? so Jordan mit der bemerkcmg : ^equidem si insistw/U frostn
temptavit Salmasins', was Peter wieder ohne bedenken in den text
gesetzt hat, indem er so wenig wie Ejseenhardt der Ton Casaabooas
gebilligten vulg. erwähnang thot: Oratcarum mare etiam qui-
dam se instUuiifU] jetzt verlangt statt des hsl. et quidem se mstiiumt
Kellerbaaer s. 638 et qui ddiciis insenmtnt^ hos ego ditäius feram?
was nach keiner seite hin befriedigt: die verschreibnng des wortei
ddiciis ist ganz unglaublich, da kurz zuvor zu lesen ist: rnüäeslaia-
cris muUebribus et deliciis vacarent, wie Comm. Anton. 5, und die
Stellung der werte Qraecorum mare (an welcher Übrigens auch Jore-
tus zu Sjrmm. ep. VIII 41 s. 224 keinen anstosz genommen hat) weist
auf die Verbindung mit dem folgenden hin und ebenso das hoc^ was
in hos abzuändern schon das nachfolgende et fwn eos verbietet, es
kann kaum zweifelhaft sein dasz zu lesen ist: Graecorum in morem
(auf das Salmasius zuerst verfallen ist, wie bei Fulgentius I 8. 603
Troadum in morem ua.) et quietem se instUuunt (vgl. Ter. Fhom.
240. Buhnken zu od. II, 13 s. 181). otiwm und quies tat der gewöhn«
liehe gegensatz zu militia^ zb. bei Claudian IV com. Hon, 491 /hii-
murque quietis Müitiaeque bonis: vgl. Buhnken zu Yell. II 68 s. 134.
Livius XXII 9, 5. Drakenborch zu Silius XV 825 s. 792.
ebd. 65, 5 Domitianum pessimum fuisse, amicos autem bono.«
habuisse atque ideo intern nuxgis odio fuisse f quae rem p. temports
vilae üUj quia mdius est unum mälum pati quam muiki. nach ab*
Weisung der vulg. (M) adeo . . fuisse^ qui remp. peioris vUae hminx-
hus commendaverat schlägt Salmasius statt der hsl. lesart adeo . .
fuisse, quae remp, temporis suitae, Uta {ideo • . temporis uitae ük naib
der angäbe von Ejssenhardt und Peter) vor: ideo Claudimm magis
odio fuisse in repuUica temporis sui quam iUCj Peter nimt Cloudxvm
und fragt 'an iUo?* indem er doch die hauptschwierigkeiten zu be-
seitigen unterläszt. es unterliegt wol kaum einem zweifei, dasz L&m-
pridius von Claudius gesprochen hat; aber es ist ebenso unzweifel-
haft dasz, wenn er ähnlich wie Sueton Claud. 25 (i0e qui) tetvm
adeo ex parte magna principatum non tarn suo quam wBomm Über-
torumque arhitrio administravU gesprochen hat, Claudias kinreichend
deutlich bezeichnet ist und es der von Salmasius vorgenommenen
Veränderung des iUum in Claudium nicht bedarf, und das ist der
fall : denn <üe worte remp, temporis vitae sind nur mit nichtbeachtong
der noten für die silben ar und er verlesen aus temperi siuit a {tew^Mri .
und die ttbrigen buchstaben sind die Überbleibsel weniger von ass^'
cutis (Salmasius Alex. Sev. 61s. 1031) als von a Ub'is {Ubertis: denn
Uberorum gibt der Vat. statt Ubertorum Hadr. 21, 2) , so dasz der
satz mit einer unbedeutenden änderung lautet: iüum . . qui rempvhlt-
com temer ari siverii a lihertis. die Verwechselung von fcw/^*
roH und temerari findet sich auch in anderen stellen bei Heinsius zu
Vell. II 60 s. 377; den werten des Lampridius vergleicht sich t'e*
BÜBger: zur kritik der soriptores hUtoriae Anguatae. 507
Sonden YaL Max. V 6 enersa domo intemeratus reip. Status manere
foUsl (wie Lipsiua und Heinsins auch paliographisch richtiger schrei-
ben ab jetat Halm integer re^p. Status) und IX 5, 3 mantäUs lecti
bltmätüs staium rs^. temerandOy wie Penzoniiu (statt temperofido)
rerbessert hat. in betreff der anderen ändeningen ist es an der zeit
n bemerken, dasz kein fehler in BP häufiger ist als die aualassung
dir neten ftlr einzelne silben wie us (ygl. zu trig. iyr. 15, 8. Maxi-
mini dno 13, 1. Firm. 1, 4), ar^ re und er (vgl. zu Alex. Sey. 65, 5.
PeMom. Nig. 3, 1. ebd. 3, 7 videretur, BP ^ viddur. Antoninns Pins
l^mmvareimrj Bmiourvahtr. Pertinax 15, 8 insererCj BP inseri).
6. TREBELUÜS POLLIO.
Oallieni dno 4, 8 aeeesserai ..Ms nuüiSj quodScißthae BUhy-
mm imfoserami eMtaksque d^everani. denique Astacum^ quae
^wmedia postea dkta est^ incensam gravUer vastaverunt. statt der
biL lesart eonhtm steht in allen ausgaben Jbtacum. zeugt dieses
ptliogiaphisch nicht zu rechtfertigende Astaeum allein schon von
tfger Verderbnis der stelle, so tritt noch die erwfignng hinzu, dasz
ia den Worten dvüates ddeverani offenbar die yerbrennung der
itidt Nieomedia begriffen ist und dasz selbst in dem falle, dasz
Kieomedia alleiii hervorgehoben ist, während Nioaea das gleiche
Mbieksal gehabt hat, weder gravüer vastaverunt mit incensam
flammt nodi denique vastavemnt die nötige Steigerung nach dde-
ttnmi bringt die befriedigung, welche das statt des unerklärlichen
QM^MN eingesetzte Astaeum trotz des yon Salmasius gettuszerten
bedeakens gewährt, hat den blick der hgg. so getrttbt, dasz sie die
biL lesarten diehts (B) und inoensuram (BP) unbeachtet gelassen und
ia folge dayon den bericht des Trebellius Pollio durchaus misverstan-
den haben, der bericht ist aber, wie sich aus Zosimoa 1 35, 1 f. ergibt,
folgender, die Skythen brechen in Bithjnien ein: sie plündern und
t^fBtSren die städte, unter diesen namentlich Nicaea und Nicomedia,
^ lehiffiBn sieh zuletzt mit der gemachten beute in dem hafen ein,
^ firtUier, wie der bnsen seihet, mit dem namen der Stadt Astacus,
tpiter mit dem namen der Stadt Nicomedia, die an die stelle von
AtUeos getreten war, bezeichnet wurde, zerstören aber yor der ab-
bhrt grflndlidi die hafenwerke, es ist also statt eonhmiy fär welches
AccQiiina (nach der bemerkung des Salmasius) o&nbar Canium ge-
ksea und dann das so ofi ftlschlich substituierte CoruUhum (vgl.
^ 4 a. 70 anm. 14) eingesetzt hat, das wort zu schreiben, wel-
cb« von Seimasina Plin. exero« s. 794* Q irrtttmlich ftlr *yix latinum
pro portQ foaeitio' erklärt ist und sich ghMSS. Labb. s. 116 Xi|ii€v€€
^«tom und sonst (SeheffiBr mil. nav. ni 4 s. 211. Davisius zu Hir-
^ h. Afr. 62, 5.S. 909) findet: cothonem, qui Nicamediae pas-
<M die^iif est: daranf fthrt didus (B) vaiipostea e Nieomedia M.
Mdaan ist in imeensuram der fehler, den bei Hirtius b. Afr. 21 , 3
^»^mUbanlt Lipsins (inseenddHkfd) yermutete, und ansaerdem in der
(«dailbe am (die in M versprengt ist : diäam esi) ein bestandteil des
508 BUuger: zur kritik der ecripiores hütoriae Angostae.
Wortes navigia m erkennen, inscensuri navigia (wie wol «leb ArnoL
Marc. XVI 12 , 58 statt escensis navigüs zu lesen ist maetiM) her-
zustellen läszt auch die tthnliche YerkQrzong des weites naivdt Ma*
zimini dao 12, 4 quasi navaUe (B aüle) und ^e tthnlichkeit der vilben
gia und gra (ßravUer vastatwU) rttthlich ersoheiaen.
ebd. 11, 7 f{2e cum manus ^pansorum ieneräj ut quidam di-
cufU^ sceptus Ua ämsse fertur, so PB, septus M, M^imttLedhis
ua., excepius (^conyivio nnptiali ezeeptus') Salmasina. dagegen be-
merkt Peter: 'desiderari mihi videtur notio ex tempore 'vkmMii':
er hat nicht gesehen, dasz für diesen zweck ein wert genllgt, wel-
ches mit exceptus mehrfach verwechselt ist (Stat. conj. XXs.280f.):
exertus. Isidor X 81 s. 326 (und ebenso Salomonis gloss.) sagt:
exertus in JoguetUk> exped^kts. gloss. Placidi s. 459 : eooarH aidem dt-
oim^r, qui virtiäem suam exsenuU et in promptv^ Aaben^ eine erklfi-
nmg welche genauer Stat. coig. s. 276 f. begrflndet ist indessen
ist dem exertus viell^cht exerims vorzuziehen , wie es bei Apnlejos
exerta voeey exerte damitare heisst, bei schol. Cio. Plane s. 166 Mai:
quando Uberius et exertius adversus quosdam primoftß dmssetj bei
Amm. Marc. XVI 12, 46 exertius oonsurgebanL was die verse des
Gallienus selbst anlangt, so ist von Peter ganz uabertteksichtigt ge-
blieben, was Burman anth. lat. III 258 s. 684 nnd Wernsdorf PLM.
rV 8. 499 f. (es findet sich besonders iwvenes et desudate statt jwm
parOer sudate) beigebracht haben, statt iste aU (BPM) hat ausser an-
deren schon Barth zu Clandian nupt. Hon. s. 789 agüe ▼erlangt
Triginta tyranni 15, 8 quae muUorum sententia fortior ma-
riio fuisse perhihetur. mulier omnium nohüissima orkniaUum fem-
narum et, ut Comdms CapUo^mts adserii, speciosissimn, ei
durfte dies wol die stelle sein^ welche bisher mit der geringstes um-
sieht behandelt worden ist. was zunftchst das letzte wort anlangt,
so ist saepedissimam BT*, saepediiissimam B*. saepecUssimam P^
(nach Eyssenhardt saepedissimam). se expedisoimam Vai., also das
beglaubigte sexpedissi$namy wie Oruter sehreibt, ohne es erkliren za
können, zu expeditissima in den *veteres libri' des Caaaubonna, da-
nach und auch in mllen neueren ausgaben zn speoiosissitna geworden,
also zu einem worte welches weder ans paläographiaohen noch aas
sachlichen gründen irgendwie annehmbar erscheint, dazu kommt
aber dasz mulier von Casaubonus statt des hsl* nndierum eingeftbrt
ist, dasz femer, was Peter mit stillschweigen Obeigeht, Ejssea-
hardt dagegen durchaus billigt, Salmasiua, der dieses aml&emw bei-
behält, statt des hsl. et ut Capitolinus vielmehr ut et OapUokmu hei
folgender Änderung der einzelnen satzteile geaehneben h«t: mdit-
rum omnium nobüissima, orienialium feminarum^ ut et Oe^ritoUnus
asserii, spedosissima^ dasz endlich ohne ansnahme alle stalt saepf-
dissimam vielmehr speciosissima und statt nabäisoimam BP^ mit Sal-
masius nobiUssima in den tezt gesetzt haben, gerade ans diesen ira-
zianten erhellt auf das deutlichste , dasz dem fmdtormn oententia * .
BUnger: zur kritik der acriptores hiatoriae Augustae. 509
perkibehtr ein« von allen überlieferte thatBache binzagefQgt wird,
dfa. dem a muUis perhtbetur ein entschiedenes sciinus gegenüber ge-
stellt geweeen ist (wie bei Cic. Tuse. Y 22» 63 nBch perstudioawm
ebeaso seimus anagefiillen ist: ygL Emend. Hör. s. 112 f. anm. und
Ihalich Carinns 13, 4 quatnvis plmimos plus quam miUiarea • . cami-
comam uaurpare dick» umsichtiger in der ynlg. dem quamvis ein sciam
sngeschloesen als von Peter probe aciam statt |i{ii9 quam verlangt
wild), daraos folgt weiter, dasz die mit den werten orientaUum fe-
mmarum gemachte angäbe doroh die anftihrung des Capitolinus ge*
uuier bestimmt wird nnd das räthselhafte sexpediHssimam ni^ts
ttderes ist als seafi pudetissimam db« sexms pudefUMmam (wie bei
Cic m Verrem 1 37, 94 pudetiHssimas feminas und Tac. ann. XYI 10
9enm egnna) und somit die ganze stelle ursprünglich so gelautet
bt: muUarum senUniia farHor marito fuisse perhibduri muUerum
mmum nobüisrimam scimus orientaUum femmatrum et, utCome-
Im CapOoKmu asserit, sexus pudentissimam,
Claudius 7, 3jp. c. militantes audiiej quod verum est. dies
die bsl. lesart, welche Jordan beibehalten hat. Casanbonus laetan-
te$, Obrecht, dem Peter folgt, mirantes. Mommsen audüßf audUe.
KeQerbauer s* 646 sognr dignantes nach t. Tac. 8. wer nur an die
Terbindnng vigikUe et attenie bei Gellius HI 14, 12, an pigHax kctor
dk. eoffmlor kUentms (Savaron zu 8id. Apollin. ^.YL5b, 319), an
cpenm persevercmier advigüare (Juretus zu Sjmm. ep. Vn 91 s. 205
Tgl. I 30 8. 33* Buhnken zu Ter. Andr. lY 1 , 49 s. 69) und, um
ttderes zu ftbergehen, an Corippus lo. YI 203 evigüoMter agii popu"
lo$, BodaB]i*aB die aufforderung imimgUaieviri Columella X 159 denkt,
▼ird efrigüanUs^ Hwigüanies herzustellen um so weniger bedenken
tngcBy eis sich derselbe fehler im Comm. Bern. Lucani lY 814 s. 149,
^irterarmaUttirismilitavit^ndet: denn nicht «nAodttot^ (freilich
sieht ohne sweifel, da er noch vaoavU vorschlfigt) muste üsener schrei-
ben, sondern IKtmff tu vi^iZat^t^« wieinvigilare Pieriis iAarisOY. ex
hmio l 5, 66. artOms Ciaudian jpnie^. VI cons. Hon. 12 cod. Ambr.
TgL Prop* II 2, 9. praecomis caekstibus Sid. ApoUin. ep. YIII 4 s. 491.
ebd. 9, 2 ^ quidem nunc verha naufragU pubUd coHigit nostra
diKgenUa ad Bom. reip. decus. Baehrens rudera naufiragii^ was
ipnMshUdi sieht zu rechtfertigen ist. Eellerbauer s. 646 (ohne zu
erwilmeii dasz so schon Casanbonus gelesen hat) reUqua mit ver-
gMdrang Ton Firm. 6, wo sich das yon Madvig yorgeschlagene re-
Ufmas &idet: feminei propudii reUquiias eoUigentem (wie auch bei
BcMca qnaest. not. HL 26 naufragwrum reli^Uas), die von Casau-
boaus aageltihrte, von Jordan und Peter ganz übergangene lesart
des Reg. und Put oMgai hat nicht die nötige beachtung gefunden :
»• fUhrt, wie jahrb. 1877 s. 493 mit hinweisung auf die zu Stat ecl.
Sit 49 a. 77 besprochene Verwechselung der Wörter verha, ver-
iera, vuinera bemerkt ist, auf naufragii vulnera coüigat vestra düi-
fmtia: denn vesira bietet der Beg. und billigt Casanbonus mit der
«Utnmg 'in gratiam principis, cui hanc vitam misit, adiecit illa Pol-
510 Rünger: zur kritik der scriptores histoxiae Angostae.
lio'. dasz jedoch nostra in dem von Salmasins angegebenen sinne
den Vorzug verdient und ccHUgcU entweder so zu verstdien ist wie
bei Cic. orat. 34 , 126 amiorum s^mgenhrum memonam tmo Vhro
coüigavity oder so zu beurteilen ist wie bei Plinios n. h. XXXV 15,
51 vtdnera coHigU^ Par. ßx colUgat vgl. Ov. rem. am. 191 äüigat
herhaa (in einigen hss. coQigU\ läszt sich kaum verkenneni wenn nun
die folgenden werte in betracht zieht: ad Bamanae reip^p^gtuüfm
est enim apud Moesos, Salmasius, welcher die volg. ad Bomamt
reip. decus verwirft, hat ac statt ad geschrieben; Omter verlangt
entweder deous oder dedecus; Peter hilft sieh mit der annähme
einer lücke nach reip. und Ejssenhardt sogar damit dass er die
Worte als 'verba a librariis addita' beseitigt, der fehler liegt offen-
bar in dem hier ganz unnötigen Eomanae^ und es dürfte kaomxwei-
felhaft sein dasz es aus einem werte verlesen ist, welches den von
Oruter verlangten sinn hat: vtdnera naufragüpMici eolUgat nostra
diligentia ad ruhorem reip.^ wie Tae. hisL I 30 vubor ac dedecuSj
IV 62 ruhore et infamia. Martialis YII 12, 4.
6. FLAViüS VOPISCÜS.
Aurelianus 7, 8 aüer äUeri quasiin nemo q%ia8i servus c^
sequatur. das von Salmasius nicht entrftthselte in nemo hat Obrecht
geglaubt als M (^ mües) nemo verstehen zu können und so geschrie-
ben : gtiosi rnOes^ nemo (Withof non) quasi servus, und Peter hat die^
in den tezt gesetzt; Eyssenhardt gestattet sich das zweite quasi zu
streichen und für innemo zu schreiben inffemto (vor dem selbst ein
Farmenon immer noch den vorzng verdienen würde : Helladios bei
Photios s. 534, 40. Salmasius zu Heliog. 33 s. 877 vgL Alex. Sev. 61
8. 1031 , obschon es nicht eine solche Steigerung wäre wie bei Pe-
tronius 126 aut servos aut statores; vgl« Tumebos Adv. IV 9
8. 122 , 3). wie Comm. Antonin. 3 B ammis statt a mknis, Anton.
Philos. 8 minografus statt mmographus und 23pafU4mimos^ Maxi-
mini dno 9 BP minus statt mimus geben, so ist hier nemo an
die stelle von mtfiio getreten: der kaiser macht eine mimiea obor-
dienUa zur pflicht (wie es eine nnmica largiias gibt: Savaron Sid.
Apollin. ep. Vn 2 s. 421 vgl. Wouwer Minuc 34 s. 354. Sen. ^ lU
ut paiüio vdaretur caput . • non aUter^ quam in mimo dMUsfugiim
soleni, Cic. Phü. II 27 persona de mimo modo egens modo (ttrts;
und sogar eine servüis (Tac. ann. 1 17 in uu)dum servorum dboedkf .
ebd. 35, 3 sacerdotia eomposuU^ tempHium SMs fimdavU et pon-
tifices rohoravit. statt der hsl., von Jordan beibehaltenen lesart
pontifices rciboravü^ welche Salmasius durch redstibus opmisponl\'
fiees dUa/oü et mMmü, Scaliger dagegen in das von Peter an^geoom-
mene porticibus rohoravit verftndert hat, verlangt Eellerbaoer s. 64^1
jetzt honorifice {honorificentius'i) <, weil der tempel c. 39 magn^-
ficentissimmn genannt sei, und statt roboravii (was der von keinem
erwähnte Amtzen zu Aur. Victor Cbes. 35, 7 geglaubt hat in tocf-
tavit umgestalten zu dürfen) consecravit, weil man c 25 lese: «S^i
fiUnger: zur Initik der scriptores historiae Augusiae. 511
ttmpUim po6uU makre honorificeniia consecraium^ ut 8uo dioemus
loco and c. 1 iemplum SoUs .. ah Äureliano cansecrcUum. er hat, um
von der maszlosen willkfir des yerfahrens zu schweigen, ttbeirsehen
d«sz eben der beisatz ut suo dicemus loco auf eine genauere angäbe
cl«r hotior^ieentia hinweist und dasz hier nur von der grundstein-
legnng und erst c. 39 (auf welche stelle sich jener beisatz bezieht :
tmpkm magnificeniistimum »■ Aur. Victor ao. fanum magnificen-
iiBMnm donariia omans opidenüs. Zosimos 161 toTc dirö TTaXfiupac
ivo0i)|iaci) von der einweihung die rede ist. das Torhergehende
McerdoHa compoeuU und das nachfolgende deerevü etiam emdumenia
%mtiris spricht deutlich dafür, dasz allein Salmasius mit seiner er-
klinug den sinn der stelle getroffen hat und dasz im gegensatz zb.
n Tbeodosius, durch dessen edict sacerdalum arnntum üditus fisco
ytpUeati stmi^ der kaiser durch solche bestimmungen , wie die von
Sjminachus erwfthnten sind ep, X 54 fiscus bonorum principum
so» saeeriotum äamma^ sed hosiium ^polüs augeatur die pontifice$
nelleieht auch powtificatuB) fisco roboratnt. bei der ähnlichkeit
der Torbergebenden silben (pofUt)fi€e8 ist das wort fisco ausgefallen
wie tffpum nach templum Heliog. 7 und anderes oben besprochene.
Tacitns 6, 6 gut . . nuirüorem timeai^ respidat ad mdricem,
nagarum magisirahum idibus terrorigue subiaceat. so BP* {mag»
soruM P\ magnorum M). Salmasius mannarum* Scaliger flagro-
HM, wogegen die neueren hgg. nach ihrer gewohnheit einem fal-
Khen princip der kritik folgen, indem Jordan die vulg. manuum
and Peter sogar das allbekannte, daher von Salmasius in seiner aus-
eiaiadenetzong zu wiederholten malen verwendete virgarum (Peri-
zonins Aelian YH. 11 6 s. 58 f. Jacobs Animadv. anth. gr. III 1
1 159), welches allerdings Alex. Sev. 51 in uirsis (B) und urgis (P)
Terderbt ist, in den text setzt, den richtigen weg hat auch hier
^ein Salmasius betreten , indessen hat er nicht gesehen dasz der
cnte buchstab des Wortes magnarum aus dem letzten des vorher-
gehenden nutricem entstanden, agarum oder vielmehr ägamm aber
uckts anderes ab anguillarum ist. denn Verrius bei Plinius n. h.
S 23, 39 berichtet anguillis erassius {tergus) eoque verberari so-
kotpraetextatos^ zu welcher stelle die von Reinesius Var. Lectt.
ni 5 s. 427, aber nicht von Muncker zu Fulgentius I s. 608 über-
giBgene stelle des Isidorus kommt Y 27, 15 s. 164: anguüla esty
9M coereotUur in sehoUs pueri^ guae vulgo scutica dieHur^ und auszer-
dem die gloss. Aelfrici bei Ducange I s. 193 anguilla vd scuHca»
ebd. 10| 3 Comdium Tacitum . . in ommbus bibUotheds conlo-
ssri msmi et, ne leäorum ineuria diperirety librum per annos singulos
dtciet seribi putUcUus in cunctis archiis iussü et in bgbUotheci»
foni. so achreibt Peter nach Casaubonus, der doch die eigene ver«
bessenmg cunctis so wenig fUr richtig gehalten hat, wie die vor-
Kküge Saugers in aevids oder civicis orc^, wol nicht blosz wegen
^ groezen abweichung von der hsl. ttberlieferung, sondern Auch in
folge der erwigung, dasz decies und cunctis nicht zusammenstimmt»
512 Bünger: zur kriiik der scriptores historiae Angosiae.
auch das hat Peter nicht bedacht, dasz ein 8crihipuhUeiiu8 in cun-
ctis archiis an sich dem leser etwas unglaubliches sumutet und
schon deshalb folgende änderungen und Umstellungen neben der
auslassung des zweiten in nötig wttren: decies scribi puhUcitus ius-
Sit et in cunctis archiis et hffhliothecis poni. Toraichtiger rer-
flihrt Jordan, indem er^ wie ehedem Casanbonus und Sahnasius, der
in euicos etwas seltenes yermutet hat, das wort emoas als ein problem
bezeichnet, die lOsung des problems ist allerdings Obrecht mit dt-
mosiarchüs nicht gelungen, vielmehr gibt das hsL euioo oder enK\
(euicos ardns nach Gruter , dem constdum in cos enthalten zu sein
scheint; euicofarchis nach Salmasius; enioofarMs Put. eneofan^^
Beg. nach Casaubonus) durch die Umstellung der bnchstaben eciN<>
und in Verbindung mit fardiis (arehivis schreibt Havercamp zd Ter-
tulL apol. 19 s. 184) oder vielmehr farchis das wort eänofrachi^.
ecinochrafiiSi ecmocraphiis^ iconographiisi ein wort dessen bildon^
und gebrauch sich rechtfertigt durch Notae Tiron. s. 127: /oon,
iconium^ iconographia (ttbergangen in Steph. Thes. III s. 224) und
gloss. Labb. s. 58 €lKOVOTpotq>ia imaginatio (vgl. Valckenaer Ear.
Phoin. 131 s. 46. Schftfer Long. s. 327) und durch die vergleichnn;
mit T€urrpaq>ia, welches Geminus (Steph. Thes. II s. 696^) in dem
sinne verwendet, in dem wir jetzt von 'Photographien' (richtiger li;
von 'telegrammen') sprechen, schreibt man nun decies seribi publt-
<ntus cum iconographiis^ wie Seneca sagt: ista exquisita et cum ima-
ginibus suis descripta oder PoUio Claud. 14 fibula aiurea cum a«'-
Cgpria ua. — denn cum ist auch sonst mit in verwechselt : Arntze!:
Paneg. vett. s. 472 — so ergibt sich dasz Vopiscus zweierlei berich-
tet: dasz der kaiser die bttsten des Tacitus als seines iMir«fi$ in dtc
bibliotheken aufgestellt hat und dasz er alle jähre zehn mit den bii-
dem des berühmten historikers versehene prachtcodicesinTer-
schiedene bibliotheken gelangen liesz (vgl. Urlichs rbein. Mas. XIV
8. 611. Bemhardy rOm. litt s. 69 anm. 47). damit ist das urteil fib-^'^
den Vorschlag Hudemanns gefällt, der nach einem jetzt sehr belieb-
ten verfahren zur grttndlid^en beseitigung der Schwierigkeiten die
Worte et in hybliotheds pani einfach in wegfall gebracht wissen will.
Firmus 1 , 4 quare nohis etiam non minima fuit cura,
vi dictisÄurdiano, Tacito et Floriano^ Frobo etiam^ magno ae singu-
lari principe f cum dicendi essent Carus, Ckurinus et Numeriamu, ^^
Baturnino^ Bonoso äProcuhäFkmOtquistdfÄureUanofuenHit, h^m
taceremus, so die vulg. {nolns guoque U)\ ganz abweichend BP:
quare etiam quoque etiamsi non tamen minima fueritour^
nach Jordan quare etiamquoque aetiam si non (äiam ^itk*
P, wie auch Gruter angibt), weder Salmasius und Chrater noch eji
anderer hat diese lesart zu deuten gewust, und doch llsst die be*
trachtung der werte quoque etiam ^ welche sich sofort zu coente^^
gestalten, unschwer erkennen, dasz Vopiscus geschrieben hat: quan
etsi iam coerceamus stilum^ non tarnen minima fuerü curo --*
Halle. Bobbkt UiroKn.
ERSTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HBRAUSGEGEBEK VON AlFBED FlECKEISEK.
69.
ZUR CHRONOLOGIE DES BÖOTISCHEN VOCALISMUS.
I 1. Vorbemerkungen.
Dasz die von den grammatikern oft düerten eigentümlichkeiten
des bOotischen yocalismae in der yriedergabe von ursprünglichem u,
Ol, Ol, T|, €t ans yerhSltnismäszig junger zeit stammen und in die ge-
dichte derKorinna erst von Schreibern und grammatikern hineinge-
bracht sind , zeigte zuerst Ahrens , und traf vollkommen das rechte,
als er die Schreibungen ou fdr u und u ftlr oi später ansetzte als die
Wandlungen von ai in t], i] in €i) et in t und diese letzteren wiederum
nicht ttber das vierte jh. hinaus datierte, im folgenden soll der ver-
SQch gemacht werden durch eine genaue prüfung des inzwischen sehr
vermehrten inschriftlichen materials die wichtige frage nach der
ditierung der verschiedenen ausdrucksweisen des böotischen vocalis-
mos ihrer beantwortung einen schritt nSher zu bringen.
Ich gehe von dem grundsatz aus, dasz zu derselben zeit in der-
selben Sprachgemeinschaft nicht verschiedene einander widerspre-
chende lautgesetze herschen können, wenn sich daher zb. in den in-
schriften der stadt Tanagra sowol bd^ol als bd)i0€ als bdjiiu findet,
to können diese verschiedenen formen als lebendige sprachformen
anr nach einander, nicht neben einander bestanden haben, dasz sich
die Schreibung bdpoi trotzdem auf gleichzeitigen oder auch auf den-
^ben inschriften neben der Schreibung bdjiiu finden kann, wider*
spricht dem natflrlich nicht, die lautliche Veränderung des Ursprung*
liehen bofioi war in Tanagra schon vollkommen durchgedrungen,
ili man zum ersten male zum bessern ausdruck des neuen lautes
M^u schrieb, diese Schreibung behauptete sich und verdrängte nach
und nach die alte schreibimg Sdpot so sehr, dasz nur noch bdjiu ge-
fidirieben wurde; aber dieser vollständige sieg war das endresultat
eines kampfes zwischen der alten und der neumodischen Orthographie,
JAhrMclMr ntr clut. philoL 1879 hrt. 8. 33 «
514 BMeiBter: zur clironologie des bOotischen vocaliBmuB.
der nicht wenige jähre, sondern mindestens eine generation hindurch
dauerte, wenn nTin nicht nur von Tanagra, sondern auch Ton Theben,
Orchomenos, Thespiai, Pktaiai, Lebadeia, Akndphion rine reihe
böotisch abgefaszter inschriften vorliegen, in denen ot nnverfindert
erhalten ist, und eine andere reihe, in denen sich u für oi findet, so
sehen wir dasz wir es hier nicht mit einer localen eigentamlichkeit
dieser oder jener böotischen stadt zu thun haben, sondern dasz jene
zwei dassen vcm inschriften die reprfiseatanten von zwei verschie-
denen phasen des böotischen vocalismus sind, je nachdem nun die
inschriften der ersten daese u unverändert erhalten oder zu ou ver-
ftndert aufweisen, die der zweiten durchgängig u für oi bieten oder
daneben noch oi bewahren, habe ich die beiden dassen in mehrere
gruppen geteilt, in eine dritte classe habe ich di^enigen bOotischen
insduriften znsammengefaszt, wdche in einzelnen formen statt des
bOotischen bereits den attisch-hellenistischen dialekt zeigen.
Einen sichern ausgangspunot flb* unsere Untersuchung bildet
die durch Eirchhoff (studien zur geschichte des griechischen slpba-
bets' s. 130 ff.) gewonnene gewisheit, dasz auch in BOotien da»
ionische aiphabet nicht viel später als in Athen aufgenommen wnrde,
dasz auch die delphische insohrift OIG. 25 nicht später als oI. 98
(388) datiert zu werden braucht, die epichorisch gesdiriebenen in-
schriften bieten uns demnach die vor 400 und um 400 vor Ch. in
Böotien übliche Schreibung. — Von einer Veränderung des u^ zeigt
sich in ihnen keine spur, dag^en erscheint neben ai' und oi'« um
1 'AicOXX€[c Kamaoades Athen. lY s. 818 s. 86; BaxxuXitec ebd.
s. 80; BvX([6]ac ebd. z. 62; Mq^xk Rpberl »roh. stg. 1876 •. 160; Au>-
vOcio[c Enmanadet Athen. lY s. 297 nr. 4; AtovOcoc CIG. 1599; ^U)-
vOcoi Kumanadee Athen. tV s. 378; CüOöfiixoc Stephnnos bnll. de corr.
bell. 1878 s. 28; e<)p(nmoc Keil syll. nr. LVI« 8. 167; 'lir]icoio>6€C
Kaibel Hermes VIII s. 421 nr. 18; K(tuXoc Robert ardi. stg. 1876 1. 160;
Kub(XX€[c GIG. 1643; KuvOpiccoi Bang. 367; MofMix^ac Kamanades Atheo.
IV t. 213; 'OXu»iiri66opoc Kamanades Athen. IV 8.297 nr. 12; 'OXÜMiri-
[XOC? KHibel Hermes VIII s. 426 nr. 32, 1; TTuOdYTcXoc Kamanade«
Athen. IV s. 213 z. 21; TTOpaXXoc ebd. z. 86; TTOpo dpxovT[oc KeilsTll.
nr. LXVI« s. 176; TTupptvoc Kumanadas Athen. IV s. 297 nr. 13; Corv
6ivi6o[c ebd. s. 213 s. 60; Tircrrö6opoc CXG. 26. * *A6dvoi Tkube
CIG. 1592; Alcxivac Tanagra Kumanades Athen. IV a, 213 s. 34:
BaxcOFai Orchomenos CIG. 1639; TpatKa? Theben Keil syll. LXTI'
8. 176; H€p|ia[i Thespiai Kaibel Hermes VIII s. 418 nr. 10; HcpMoia
Koroneia Rang. 2181 ; Hictiatöac Tanagra Kamanades Athen. IV •. 213
z. 46; 6€pa(o CIG. 26; Gepaicv aaf den älteren münzen Mionnet UU^;
GpaiKia Tanagra Kamanades Athen. IV s. 297 nr. 6; ic]a( Thisbe Keil
8yll. LX' s. 171; C<pi . . . XaCttpa? Akraiphion Lebas 596. * dcTol[c
Thisbe Keil sjH. LX* s. 171; Botönoc CIG. 25; AiovOcoi Thisbe Koma-
nades Athen. IV s. 378; ۟irXo(ovi Kirobhoff Stadien* s. 181; KtrvXoi
Tanagra Robert ardi. stg. 1876 s. 150; KutiapCccoi Orchomenos Rs&iT-
357; M€v^0oivoc Thespiai Keil syll. LUI* s. 165; E^voia Thisbe Keii
syll. LX« 8. 171; *0vadM0i Tanagra Kaibel Hermes VIII s. 426 nr r^T:
irpoMdxot[ci Thisbe Keil sjll. LX« s. 171; rot Orchomenos Ran^. 357;
Thespiai Kaibel Hermes VIII s. 418 nr. 10; OoicUic Koroneia KetUvli.
XXXIX« 8. 154; Xoip[(Xoc? Tanagra Kamanades Athen. IV s. 297 nr. 15.
BMeiBter; zur Chronologie des bGotiechen vocaHsmiis. 515
der bei den BOotem bereits monophthoDgiflcb gewordenen Aaesprftche
dieser Irate im nnterecbied zu dem ai nnd ot der benachbarten Atti-
ker anadrock zn verleihen, Torztlglich anf taaagräischen inachriften a€ ^
und o€. * 3Q der aonahme, dasi das doriBchem und ionisch-attischem
r) ealspreckeaide € der epichorisch geschriebenen inschriften schon
den anif späteren insohriften durch et ausgedruckten (monophthon-
gischen) laut hatte, zwingt uns die von einfOhrung der ionischen
achreibsrt aa in BOotien herschende Orthographie €i fllr dorisches i],
und die Inschrift mit epichorischem aiphabet Kaibel Hermes VIII
8. 421 nr. 18, wo sich - Kpdrcic und IqicivoT^Xeic neben iTmoicubcc
Ukd A]po^okX€C findet, so hatte sich auch bereits tursprliaglidiea
ci n monophthongischem i zugespitzt, denn wir finden neben erhal-
tenem €1* schon mehrfach die Orthographie i^ fttr et.
I 2. Die böotiaoh abgeflaasten insohriften ionisohen
alphabets nach ihrem vooaliamiui geordnet.
L ot bleibt, wo ea Toritoamt, iiyerbidert
a) u bleibt unverändert
Tbeben 1) Keü zur sjll. XXXVU» s. 559 ff.*
2) Kaibel Hermes YUI s. 421 nr. 19'
3) CIQ. 1577 (Keil syll. s. 49)'«
4) Rang. 1318
6) Keil syll. LXI s. 171 f."
* 'Aßocöbopoc Tanagra Kamanudes Athen. HI s. 108; IV s. 813
>. 10; Akxpövooc AirtT.? TaDAgra CIG 1699; FcfTTa^vcTOC Tanagra
KoaaimdeB Athen IV s. 213 s. 37; Aucaviac Tanagra Kamanudes Athen,
ni I. tag ar. 8; 'Oidßac Tanagra ebd. nr. 3; TTXaöxoc Tanagra CIG.
1M7; 9^pec Tateninachrifi ann. dell' inat. aroh. 1886 t. 810 aam. 1.
* 'ApicröOoevoc Tanagra Knmanades Athen. IV s. 218 z. 7; Atovücoc
Ttaagra CIG. 1699; F^KOMfioc? Tanagra Robert aroh. stg. 1878 t. 168;
Ko^Nnroc Tanagra Komanndea Athen. IV s. 218 s. 48; KpoScoc Tanagra
Uiäe traTob in the northem Greeee 11 472; Mo^pixoc Tanagra Ka-
uatfes Athen. IV a. 218 s. 6: ir^6oc Lebadeia CIG. 1678^ (nach Keil
17U- 8. 194); XocpiXoc Tanagra Kumanndea Athen. IV v. 213 a. 68;
Xec[pÜU)c7 ebd. III a. 169 nr. 6. * KoXXitcCtov Orcbomenoa Rang.
Stt (diaaalbe inaehrift di^ nach "E^ilM- d|>X- 799; Lebaa 634 die form
KoUtrirov hat?); TT€t9dvftac Tbeepiai Kell syll. LIII« 1. 166. dagegen
«irie !b 'A|ncTOKpdTCt Theapiai Kaibel Uermea VIII s. 417 nr. 9; €uca-
^ Tanagra ebd. e. 426 nr. 28; 6iOT^u>[c Thebea ebd. s. 421 nr. 18;
HpoKUI Lebadeia Keil syll. LXVI* s. 176 das st auch in späteren in-
■ckHItea naTerkadert bleiben. ' 'AdavoTirfc Tanam Kamanodes
Atbea. IV a. 296 nr. 1; 'A^tvoicXIcc ebd. e. 218 s. 40; Apt]crottT6vioc
Taagra Kaibel Hermes VIII s. 421 nr. 18; €ÖKXl6ac Tanagra Knma-
M^s Athen. IV s. 123 s. 62; TTtdapxoc ebd. z. 13; TTiciöop{6ac Koroneia
K*U sjlL LVn^ •. 168; C<pi . . . XaiTipa? Akraiphion Lebas 696.
' ^ Keilsebe Opouvlococ s. 16 ist ganz nnsioher. ' das fraffmen-
tivte wMTt am anfang von s. 4 ist ▼ielleicht TToTapööuipoc zn lesen.
^ die warte HcvoaXcibnc Mcivt sind natürlich verderbt: Tgl. Keil ao.
'* statt *ATAciinrO€ z. 1 hat wol aaf dem marmor ('miaere habitnm'
^«3) 'ATcicmiioc gestanden.
33 •
516 RHeifiter: zur Chronologie des böotischen vocaliamut.
Orchomenos 6) Bang. 898 z. 1—33**
7) CIG. 1579 (Keü syU. 8. 56)
8) CIO. 1580 (EeU sjU. s. 56)
Lebadeia 9) Keil, zur syll. XXXV *> s. 551 f. z. 1—11"
10) Keil zur sjU. XXXY« 8. 653 f. (CIG. 1575; Lelpas
765»»)
Thespiai 11^ CIO. 1604; KeU syU. s. 106*^
12) Decharme recaeil d'inscr. in6d. de B6otie s. 37
(Keil zar syll. s. 516)
13) Bang. 892 ; KeU. syll. XXm s. 93
Tanagra 14) Kumanndes Athen. lY s. 294 f, nr. 7
15) ebd. 8. 294 nr. 6
Plataiai 16) Oirard bnU. de corr. hell. 1877 s. 211 nr. 3
&) erhaltenes u und durch ou ausgedrücktes finden sieb
neben einander
Theben 17) Kumanudes Athen. III s. 479 f.'*
18) CIO. 1565 (Keil syll. s. 29)
Orchomenos 19} Keü zur syll. XXXVIU s. 562 f.
Thespiai 20) Keil zur syll. XX s. 518 f. "
Chaironeia 21) CIO. 1697 (Keü syll. s. 104)
Akraiphion 22) Keil zur syll. XXXYm 2 s. 572
23) LoUing mitteilungen des deutschen arch. Inst in
Athen 1878 s. 87
c) fttr V wird nur ou geschrieben
Theben 24) Keil zur syll. XXXVI ^ s. 658
Orchomenos 26) Keil zur syll. XXXVlll 1 s. 570 (CIO. 1593)
** von der in leblechtem lastand befindlichen insehrift besmisKf'il
(zur syll. B. 679 f.) 'eine etwas ToliBtündigere abscbrift Welekers' ao4
wollte sie 'anderswo' behandeln, sie seheint in diese abteilong sn ^«*
hören, deatlich erkennbar ist TOtt s. 2, 'OXu^mxiui s. 3, Mup(xtoc i. K.
'OX0[Minxoc? z. 21, Audac s. 28. von z. 84 (Keil gibt z. 41 an) bc
ginnt nach Keils angäbe eine neue liste, die ich wegen TuT s. 34 (narh
Keil ao.) und TTou6(ui z. 87 in die zweite olasse nr. 86 Terwiesen ktbe.
'' *AtXi£iv s. 6 ist unmöglich ; vielleicht ist dafür 'ArXduiv sa sehrei-
ben, wie dieser name in den inschriften 10. 42. 44 vorkommt. '^ die
nnterschrift des attischen kiinstlers ist dem herkommen gemlss soch
hier attisch. *^ s. 1 ist Tott oder tot statt tö6c sq ergänzen, t. S tm
anfang röv statt 6v and am schlasse wahrscheinlich ircfM ti&v cvu-
^XU^vJ. statt ctviEav z. 24 (foG rd rpia TpdMfiara INI ctvoi noXO du^^i-
ßoXa, 0^ (Lxw bucTuxtZrc t(ttot€ vd ettriu dXXo, ci \ii\ ön xal cTnEov m.
ctmSav Kai €T^lEav xal f^oiSav bOvarai inuc dvaTvuic84> Knmanodes
ist vielleicht liroSav zu lesen, was dann auch am ende von c 17 eir-
gesetst werden könnte, wo €r angemerkt ist. — Die nichtböotiseben for-
men in 'AX€Edv5pou z. 19, dem namen eines gesandten ansAljiitr ijQ;^
TTupdfiOU s. 26, dem namen eines cOvcbpoc ans fiyzantion, erklären lic':
aus den heimischen dialekten dieser mttnner, dem akamaiiiscbcD nn i
megarischen. das r\ in AT)Xoirr(xui s. 18, dem Vatersnamen eines cihrcöpoc
ans Byzantion, treffen wir CIO. 2108' wieder in einer Insehrift s'i«
Kertsch: Tcjidac AT)Xoirr(xou BuCdvTtoc. '* in der münsbezeicbsoi.:
i^fiiöpaxMOv z. 4 ist die attische form aufgenommen worden.
BMeifter: zur Chronologie des böotUchen vocalismuB. 517
Orchomenos 26) Keil zur sjll. XXXV ^ s. 549 f.
27) Keü syU, XLV s, 169 f.
28) Eeü sjll. m z. 1—17 s. 13 f.; Bang. 1303
Pktaiai 29) Oirard baU. de corr. heU. 1877 s. 208 f. nr. 1
Tanagra 30) EamaQades AtheiL IV b. 293 nr. 4<^
HTettos 31) Oirard bull, de corr. hell. 1878 s. 606 nr. 12
(2) kein beispiel eines erhaltenen oder veränderten u
erhalten
Theben 32) Lebas 483; Keil sjll. Xu s. 73
Lebadeia 33) EeU sjll. XI s. 71
34) CIG. 1688; Keil sjU. s. 63 f.
Tanagra 36) Eumanndes Athen. IV s. 293 nr. 6
Plataiai 36) Oirard ball, de corr. hell. 1877 s. 210 nr. 2
Chaironeia 37) CIO. 1696 (Keil sjU. s. 104)
IL Für ot findet sich u.
a) neben u (für ot) findet sich erhaltenes oi
Hyettos 38—61) Komanudes Athen. I 490—496'^
62—61) Oirard ball, de corr. heU. 1878 s. 493—602
Tanagra 62—67) Bobert Hermes XI s. 98 f.
68—70) Eumanndes Athen. IV s. 291 ff. nr. 1 u. 3'*
Orchomenos 71) Lebas 631 (Eeil sjll. I s. 1)
Cbonia 72—76) Eumanndes Athen. IV s. 216
li) erhaltenes oi findet sich nicht mehr
Orchomenos 77) CIO. 1669» (Eeil sjU. s. 33 f.)"
78) CIO. 1668 (Eeü sjll. s. 31 f.)"
79) Eeil zur sjU. XXXVm^ s. 669
80) Eeil zur sjll. anm. 32 s. 630 f.
81) CIO. 1664
82 — 84) Decharme recueil d'inscr. in^d. de B^otie s. 4
—11 nr. 1. 2. 3
86) CIO. 1669' (Eeil sjll. s. 34)
86) CIO. 1683 (Eeil sjll. s. 67)»«
87; Bang. 898 z. 34—46 (Eeil zur sjll. s. 680)
Tinagra 88) CIO. 1662 (Lebas 466; Eumanndes Athen. III
B. 476)
" in s. 2 ist vjl schreib en tö]v o(növ. *^ unter nr. 4 und 8 hat
Koaanndes je zwei listen vereinigt. ** unter nr. 1 sind swei deerete
xaiammenffefasst. *° das oi im namen des Phokers Mcvoirao s. 26. 27
darf dem bootischen dialekte der inschrift nicht angerechnet werden.
^ för AoiiOToiboo schreibt Keil Aa|AoricX](6ao. ** in personen-
lad Tolksnamen von NichtbÖotem dürfen die niehtböotisohen formen
^uivou^, AloXcOc, M^CTiup M/|CTopoc, KouZwiivöc nicht auffallen.
518 BMeister: zur ohronologie des bdotischen vocaliinraA.
Tanagra 89. 90) Eumanudes Athen. IV s. 210 f. nr. 2. 3**
91-^93) CIG. 1663 a6c (Keil syll s. 29)**
94) Eumanudes Athen. IV b. 210 nr. 1*^
Eopai 95) Lebae 599 (CIG. 1574; EeU sjlL s. 42)*
96) Eeü zur syU. s. 656 f."
97—100) Eumanudes Athen. I s. 501
101) Eeil sjU. IX 8. 68
Akraiphion 102. 103) Girard buU. de corr. helL 1878 8. 507 nr. 14"
und nr. 15 z. 1 — 3
Thespiai 104) Eeü zur sjll. XXXUi s. 536 f.
105. 106) Eumanudes Athen. VII s. 286 nr. 6 und
s. 287 nr. 7
107) Eeü zur syll. s. 537 f.
Lebadeia 108) Eeü zur syll. XXXVI* s. 666
Chaironeia 109) Preller berichte der kOn. sftchs. ges. d. wiss. 1854
tf. IX 8. 199"
m. Böotisohe formen mit Tiilg&ren gemiseht
Theben 110) CIG. 1576 (Eeü syU. s. 49)" .
111) Eumanudes Athen, m 8. 482 f. z. 5—24'^
112) Eeü zur syU. XXXV b. 546 f."
113) Decharme reoueü d'inscr. in6d. de B6otie 8. 19
nr. 7"
OrchomenOB 114) Lebas 632'^
Thespiai 115) Eeü zur syU. XXIV s. 530*^
116) Eeü zur syU. XXV s. 531 "
117) Eeü zur sylL XXI s. 521"
** in den namen der drei Antioohier nr. 88 OiXoKpdrnv, Ottpa*
lA^viiv, 'AiroXXiKpdwiv darf das valgttre y\ nicht aaffallen. ** an der
richtigkeit des r| von ^p^0T^vT1C nr. 91 xweifelt Ahrens I 185 mit recht.
AiOT«Vf]v 89 könnte sich richtig verhalten, wenn, wie in 90, der mit der
proxenie beschenkte ein fremder ist ** die künstlerinsohiift dei
▲ttikers EnbuUdes ist attisch. ** statt McMT)v(ac s. 81 ist wahrscbeio-
lieh *lc^eiv(ac zu lesen. ** die schreibangen OiXiiidui (?) z. 6 and
*AvTtx^vilc z. 28 beruhen wahrscheinlich auf yersehen. *^ flir € | ^&QH
B. 9. 10 verlanget der böotische dialekt £qpc[(]ßiüv. ** auf ^i\yf6c s. 1 i«t
bei dem corrnpten zustand der inschrift kein yerlass; es wird wol mit
Keil dafür ^€lv6c su lesen sein. *^ €ü&d(AOU bei einem tareotinischan ;?^
namen and KaXAmpdrcoc seigen dem böotischen diaiekt fremde formen.
freUioh ist der tezt der aus Cyriakas* papieren stammenden iaschiifl
nicht sehr suTerlttssig. '^ für irpuil^v z. 10, wenn wirklieh so n
lesen ist, würde der böotische dialekt irpuitav Terlangen. ** böotiicb
nur fünfmal ou f ür u, sonst durchgängig hellenistische formen.
"* die böotische form für fidx€t[poc s. 2 ist ^dripoc, vgl. die grabinscbri/t
'Ardieuiv M^POC Eumanudes Athen. III s. 174 nr. 78. die gramaati
kerzengnisse für üolisches, dh. also hier böotisches fidripoc stehee bei
Ahrens I s. 60 anm. 40. ** b. 1 "Opxoficviuiv. ^ inreimal -kXiK
und K]aXXiKpdT€OC. •• 'ApicroM^coc. *' KoXXtKpdrlttc b. S, rierroi
B. 11, oGra s. 11, KaXXiKpdtiiv b. 14, McXkOai s. 16, ßcßda z. 16, KoX-
MKpdTT)C B. 21. 22, Mvaar^vcoc z. 26.
RMeisier: zur Chronologie des böoüselien rocalismas. 519
Tazugra 118) EamanüdeB Athen. IV s. 292 nr. 2*^
119) Knmanudes Athen, n 8. 402 nr. 1**
120)ebd. nr. 3*
Lebadeia 121) CIG. 1571 ; Keil dyll. 8. 37 ff. ^
Akrtiphion 122) LoUing mitt. des deutschen atch. Inst, in Athen
1878 8. 93*'
123) Oirard ball, de corr. hell. 1878 s. 608 nr. 15 z. 4
—10^
Aigosthenai 124) Lebas 11 1 ^
t 3. Datlemngen«
Für die datierung der ersten dasse ist zunächst die anter nr. 1
sageBlhrte inschrift yerwendbar. es ist nemlich höchst wahrschein-
lich, daas die in dieser inschrift genannten mftnner HTpatodoros und
Aristogeitoii die auch in der delphischen inschrift ^ichorisohen alpha-
bets CIÖ. 25 ▼•rkonunenden thebanischen kttnstler sind, da sich von
den aufgeführten namen auch noch Andren und Eaphisias als theba-
nisehe kllnsüer nachweisen lassen, Timon wenigstens als kflnstler be-
kannt ist (Brunn gesdi. der grieoh. künsüer I s. 293). es hat sich
dwnnacb während der sohaffenszeit dieser beiden kfinstler der um-
schwang im gebrauche des alphabets in BOotien vollzogen, und wir
werden die inschrift 1 nicht später als ol. 105 (360) ansetzen k9n-
nen. — In eine spätere zeit verweist uns die inschrift nr. 1 1. Thespiai
lag oL 102, 2--110, 3 (371—338) in trttmmem. nun gehörte aller
wthncheinlichkeit nach die genannte thespisohe inschiift unter ein
werk dos berOhmten Atheners Praxiteles, der fOr das nach ol. 106, 4
(363) begonnene Mausoleion und für den nach ol. 106, 1 (356) neu
■ofgebauten tempel der Art-emis zu Ephesos arbeitete, wenn nun
PUnina mit seiner datierung des bertthmten Praxiteles in ol. 104
(364—361) wie gewöhnlich den anfang des kfinstlerischen Schaffens
desselben angibt, so kann die porträtstatue in Thespiai nicht lange
asch dem Wiederaufbau der stadt aufjgestellt worden sein ; wir wer-
den also die inschrift zwischen ol. 110, 3 und 114 (338—324) da-
Ziemüch genau läszt sich auch nr. 17 datieren, da der krieg,
den die Böoter, von den mit ihnen verbündeten städtsn Bjrzantion^,
Alyzia und Anaktorion mit geld unterstützt, zum schütze des del-
** Tlpocv»n\pimj CtticucpdTTic, €OMf|Xui seigen valgärformen. im
um^n des Phokers ^okX^v ist r\ gereebtfertigt. .** oOtov.
* TnX^Maxoc s. IS, 6T)caup6v s. 13, crarf^pac z. 24. 26. 27. 82. 86,
ZiivoMTtti s. 31. — a6T(|i 8. 11, Tp€9Uiv{(4i s. 18. jedoch ist bei dem
troetioeen zuttand d«r SoBchrifl ein sicheres nrteil über ihren vocalis-
au fut unmöglich« <* lTKTnct[v z. 12, aörifi s. 18. ** in Kui-
T[a]1ov s. 6 and Micata z. 9 liegten die vulirSren formen Tor. ^* nicht-
böotisehe fonnea liegen sicher in inAf\ s. 2 und ^icT€0f|icfliv6i z. 8 vor.
M TgL Demosthenes Phil. III 84 and dazu EMiiUer In der 7n aaf-
lsf< von Westermanns aasgew. reden des Dem. I s. 366 f.
520 BMeister: zur Chronologie des b^otbchen Tocaliamot.
phischen heiligtamB (z. 22. 23) itottuic dccßiovTOC untemominen
hatten, kein anderer sein kann als der gegen die Phoker oL 106, 2—
108, 3 (355—346).
Dasz die inschrifben der zweiten classe in die zeit nach Alexin-
droB und den diadochen fallen, beweisen diejenigen der in ihr ver-
tretenen prozeniedecrete, in denen mflnnem ans Alezandreia (65. 71.
81), Antiocheia (90) and Demetrias (89) die betreffenden ehren-
rechte verliehen werden, nicht vor den anfang der zweiten hllfte
des dritten jh. können die inschrifben 82 — 84 und 109 datiert wer-
den, welche die einftihrung des Serapisdienstes in Griechenland
voraussetzen, dieser wurde gegen ende der regierang des kOnigs
Ptolemaios Philadelphos nach Athen gebracht, also c. 250.
Von den inschrifben der dritten classe wird nr. 124 von Foacart
(im commentar zu der inschrifb im Lebasschen werk) in glaublicher
weise in die zeit 223 — 192 datiert, wShrend der die megariscfaen
stftdte mit der böotischen confOderation verbündet waren, die in-
schrifben dieser classe bezeichnen den an&ng des eindringens des
attischen dialekts , der sich zur hellenischen Weltsprache gestaltete,
nach BOotien. dieser übexffangsprocess darf nicht über den anfang
der römischen herschafb in Griechenland hinaus datiert werden: denn
bis jetzt gibt es noch keine in böotischem dialekt abgefasite inschrin
mit dem namen eines Bömers. somit ergibt sich etwa die mitte des
zweiten jh. als schlusztermin für die böotischen dialekt aufweisenden
inschrifben, imd für die dritte classe würde ungefi&hr die erste hSlfte
des zweiten jh. anzusetzen sein, damit dürfen wir natürlich keines-
wegs auf ein um diese zeit erfolgtes aufhören des böotischen dialekts
selbst schlieszen ; das volk hat gewis auch unter römischer hersckaft
fortgefahren den in seiner Weiterentwicklung für uns nicht verfolg-
baren dialekt zu sprechen , während die gebildeten sieh der helle-
nistischen spräche bedienten, in der auch einzig jederlei officielle
aufzeichnungen abgefaszt wurden.
Wir können also wol hoffen das richtige zu treffen , wenn wir
sowol dierjenigen in rein böotischem dialekt abgefaszten inscfariften
in das vierte jh. verweisen, welche Ol unverftndert erhalten (8. 5. 6.
8. 9. 10. 12. 13. 15. 17—19. 22. 23. 25. 28—30. 32— 35), als auch
die welche u, wenn ot zuf&llig in ihnen nicht vorkonomt, beibdialten
(1. 3. 4. 7. 11. 14. 16), oder neben erhaltenem v schon splteres ov
zeigen (20. 21)^, dagegen diejenigen, welche v für oi bieten, Tc-r-
nehmlich in das dritte jh., und endlich die inschrifben, in denen
vulgftrformen den böotischen beigemischt sind, in die letzten 50 jähre
vor der römischen herschafb.^
*^ bei den Inschriften freilich, auf denen kein beispiel for ot vor-
kommt nnd ou überall für u steht (24. 26. 27. 31. S6. 37), Ut eine eot-
acheidnng der aeitfrage nach dem vocalismna nicht möglich. ^ Böckb
(an CIO. 1690 und 1684) nnd viele andere nach ihm haben das suj
boren des bootischen dialekts als scbriftaprache schon seatiger» i^
Thespisi vor ol. 136 (240), in Orchomenos um ol. 146 (200) angsaoB-
RMeiater: sor Chronologie des bOotdBchen vocaüsmiiB. 521
I 4. ünprfinglioheB AI, El, E (». dorieohem r\) und € Tor
vooiltn in den böotiBohen insohriflen ionlsohen alphabets.
Im vierten jh. wird regelmftezig i]» ^ ci geschrieben f&r früheres
Ol, €1, E (■■ dor. T]}. die ftltere Orthographie hält sich aber in einzel-
nen resten bis wenigstens in die mitte des jh. so ist in nr. 17 'AXu-
Zcdujv in der liste des zweiten jahres^ die ftltere schreibang, 'AXu2!f)oi
in der des ersten die jflngere; so hat in nr. 18 das neunmal wieder-
kehrende KOi nnd der eigenname Xaipibvbao, wie Keil z. 13 liest und
wie nach Bangab6 in 28 z. 1 zu schreiben ist, die ftltere Orthographie
ebenso bewakfft wie der in ionischem aiphabet geschriebene name
XAIPPONEA CIO. 1679 ; ja noch in einer inschrift der zweiten classe
(39) hat sich ai in dem yon demselben stamm abgeleiteten namen
Xmpiac erhalten.* so ist in A€ivtf)o[c nr. 4, in 'AjiietvoKXcToc
'Afictvtoo nr. 23 die ftltere Schreibung festgehalten, obgleich *AjLii-
vokX^CC in der epichorisch geschriebenen inschrift Enmanudes Athen.
IVg. 213 z. 40 schon t für €i hat. und so erklftre ich auch die worte
irptCT^cc , 'Avaicropi^cc , Tcptoc, ÖTt>o^KOVTO in der liste des ersten
Jahres Ton nr. 17 aus der Sltem Schreibung €■»€!, also lautlich
gleich irpicfcicc, 'AvaKTopieTcc, Tcipeioc, ÖT^oeiKOvra , wie ja auch
APirrOEENEX Keil syll. LH ^ 2 s. 164 in ionischem aiphabet diese
Schreibung bewahrt hat. — Die Inschriften der zweiten classe weisen
»Qsier dem oben erwfthnten Xatptac kein beispiel eines erhaltenen
(Q, €t oder E («■ dor. r\) mehr auf.
,__^^^^^^^^^^ •
Bca, dort weil in der hellenistisch (reecbriebenen Ae^erliste von Tbeepiai
CIO. IMO s. 16 aod 17 'Epdruiv €öxap(bou als Sieger im diaaloo und
itftdioa genannt wird, den Böokh mit dem bei Africauns unter ol. 135
All fieger im stadion aufgeführten Aitoler Erato identificiert, was bei
der biofigkeit des namens nichts swingendes hat; in Orchomenos xun
iOO, weil der tragische dichter Co<poKXf)c Co90kX^ouc 'A6r)vatoc in der
Mtoistisch abgefassten orchomenisehen Inschrift CIO. 1684 (nur in
in namen 'AMtviac s. 10. 26, 'EEok^ctou s. 28. 49, KaßCpixoc s. 31 haben
lieh dialektische reste erhalten) von Snidas (Co90xXf)c, *A9iivodoc, rpa-
rtöc Kai Xupixöc, dirdirovoc toO iroXaioO. ftfoy€ bk ^crd Tf|v TTXcidöa)
»piter als die tragische Pleias ffesetst wird, was uns ebenso wenig wie
iie eiwihnang &es tAf\y\c 'AXcSavftpcöc dir6 Maidvbpou nnd eines
'AneXoc 'AxrdXou 'A6f)valoc abhalten kann die Inschrift ungefähr 60
j>be später als Bdckh su datieren.
^ in nr. 17 werden die bundesgenÖSPischen beitrage ans den drei
jt^ren der arehonten Aristion, Nikoiaos nnd Ageisinikos angefChrt; in
^ traten jähre sahlen alle drei stftdte beitrage, im sweiten nur
^Mfiia, im dritten nur Bysantion. die eintragnngen für die einzelnen
jakrc weichen anffftlUg in der Orthographie Ton einander ab: in der
^ des ersten Jahres steht 'AXu2:f)oi, BuZdvrtot und Bu^ovriuiv, irpic-
T^fc, *AvaicTopUcc , in der des iweiten Jahres irpiCTCtcc, 'AXuZaiuiv, in
ler des dritten BucZdvrtoi« ** ich will nar kurs darauf hinweisen,
^Ms es mit dem at in Kopdixoc, Kapa'iUivtoc, TtMoXd'ioc in 18, NixoXatui
ü 23 nsw. BatQrlioh eine andere bewandtnis hat. stammhaftes ä Ter-
«chmilst mit dem t der snffize -lOC, iwv, -tKOC, -ixoc, -tftac niemals su
:. daher heisst es sn jeder seit nnd ausnahmslos '€p|idioc, *€p^oTacoc,
CpMdixoc, ^pMawdc, ^EpMatdrvtec , Kapd'ixoc, Kapa'idivtoc , TTonödtxoc,
TuieXdloc, GpocouXatboc, 'AtXawpalbac, TTaIXoc und TTdiXXoc usw.
522 BMeister : zur Chronologie des b(k>ti8cheii Tocaliimiu.
DU fttr u finden wir in der ersten dasse in folgenden Worten:
in 17 TTouOiiii z. 4 und xpoudui z. 9 , woneben u in xpvdov 1. 12
und in 14 andern Worten erhalten ist; in 18 dcouXiav neben TUXQV:
in 19 OtOKOubciui, TTouGiac, TTouOujv, TTouBobuipoCt TToXouEänx
EöBou^oc, TTouOöviKOc neben TToXupciTUi, GpacuXooc, 'OXufiinxioc
CöpuXoxoc, Mupruiv, l6uKpdT€tc; in 20 TTouGiuiv neben fn^oc
0uX[(bao; in 21 TToudtdc neben 'AfuupiXuTOC, in 22 TToiiOuivoc neben
fpuXXiuivoc , *Qvu^äcTui ; in 23 'EniKOubeiui neben CuwvmAotMupu;.
TTuOcviKUi, 0opucKiui. demnach ist hier die schreiboag ou ^orwiegeiic
für ü angewendet, nur in TToXou£^vtoc für den kunoi vocaL in de:
gruppe 0 finden wir Aiovouaoc, ITouOuivoc, Aovciac (24)i TTovOur
voc (25), Aoucidiu), COpouXoxoc (26), TTouppui (27), couvbuco[i
€öpoupau)v (28) , Aouci^väG[TU), COpoujuictbioc (29), ouiöv (30 uoc
31), also in eupot) und couv die schreibnng ou für 0. daneben zeign
die namen Aiuivioucioc (19 z. 18), Atui]viouc6buipoc (24 z. 1'
TToXiouicX[eic (26 z. 7) die schreibang lou fOr u.
In der zweiten classe hat sich u nur in folgenden namen erfa^
ten: TToXu^ . . . (41), Bu^dpioc (47), OpacuXXui (61), AiovuQOC,
Auctba^oc, TToXukXcic (77), lapuivu^oc (94), TTcXuicpiTiiu i^'
Cupioc, XapuXXtui, Cärupoc (96). anszerdem vermatet in nr. 7^
Ahrens I 181 fOr OYONIEZ z. 7 (BOckh Ootjovrcc) eOovrcc ui.:
ebenso (bei Keil sjll. s. 32) für OXAATl z. 8 (Keil ipidXi)) OuMcn:
in allen anderen fällen ist (sowol langes als knrzes) u durch ou re>p.
K)U ausgedrückt, ich gebe im folgenden die beispiele für lou sun
u aus der zweiten classe. 38: TToXiouicXcioc, TTcälioiixäptoc, Aiu.>*
vioucöbuipoc^ Aiu)vioucobibpui, 39: nouxQi TToXtouicXIbao, 4'
Aiuivioucobdipu) , 42: Atoi}cu)V, TTt6iOu[X]oc, 43: TToXiouxofHOC
TToXtouxXibac , TToXtouicXibao, 16toi)XXioc, 44: TToXiouKXiboc.
Aiujvtoucobuipuj , TToXiouEevoc, Aiurvtouctoc, 45: TToXiouEcvoc.
47: TToXtouicX€ioc, 16to{u]Xtoc, 50: Atujvioucöbuipoc, 51: ^lu;
vioucobidpu), TToXtou . . ., 52: 1ToXtoux6pioc, TToXioi>p€iT0C, Aia^
vioucioc, 58: Aiovtoucöbujpoc, 54: Atuivioucobibpui dreimil, ^^
Aiuivtoucobdbpuj, TToXtou£evoc, 57: 1ToXioiifA€[(]Xui , 68: Atumoi
cobiiipui dreixnal , TToXiouicXibao , 59 : Hcv ?]apnotjbao , TToX[toy]-
KXctoc, 60: Aiuivioii[co]buipui, TToXtouicXcibcu), 61: AiuMOucioJ.
80: Atouciac, 'OXtouviriujVOc, noXMoöbwpoc**, 81 : tioux<^. ^''•
'OXioOfiirixoc, 'OXioufiTTixuj, TToXiouEevoc, 98 : Ntoufiq>obuipu), ^'' :
FabtouXÖTui, 102: TToXtoüEevoc, Aiou[ae(?]ui.
Auszer den angeführten kenne ich noch folgende beispieU t:«
lOU für \i. aus Tanagra: Niou^qpfja Kumanudes Athen. UI &- l'l
nr. 50, TToXiouKiXiv ebd. nr. 54, AioucticXia ebd. s. 175 nr. 95, Tioü-
Xwv ebd. 8. 476 nr. 5, Aiuivtoucobt&pa ebd. IV s. 298 nr. 9, Äiu^
vioikioc ebd. s. 300 nr. 12. ans Koroneia: AiuivioucTiolc h^^
678 (und Bang. 2161?). aus Alalkomenai Aiu)Viouc[i]€ "E^"^!^
dpX« 2399. hierzu kommen noch einige beispiele, in denen das '^ -^^
^ SQ wird irol s. 18 statt TToXXoü^öttipoc sn lesen seia.
\
RMeiBter: zur cbrcnologie dee böotbohen vocalismaB. 523
tbdie lou Yolgtrem ou entspricht: NioufA€iv(ui 38, Ntoupcivioc,
Ntou^civiui 45, NlOu^€ivloc 53, NlOu^t(lV, Ntoufid^ 81, Xtouaäboc
(nach Keil) 83, and auf einem tanagrftischen grabstein aus der ttber-
gugneit anim hellenistischen dialekt NiouM/jvtxoc (Eomanudes
AthoL lY 8. 301 nr. 27) mit vulgärem r\ fOr bOottsdies €i.
Aas dieser zasammenstellang ergibt sich 1) dast die Schreibung
lOU nidit eine loeale eigentttmlidikeit dieser oder jener stadt ist,
Bondsm dem bSotisdien dialekt im allgemeinen zugesprochen wer-
den moflz, und 2) dasz sie sich nur nach v, X und den dentalen t,
b, 0 findet« naoh dieeen oonaoiianteai fldieint demnach der u-vocal
dem bOotischen ehr einen besondem, hellem klang gehabt zu haben,
nsd wenn wir u in der zweiten classe gerade nach X (TToXu^ . • . .,
Audbapoc, TToXukXcTc, TToXukpit(ui), v (AiovOcioc, laptJ&vuMOc)
ud den dentalen (CdTupoc, Ou^dpioc, Ouovrec) hftufiger erhalten
finden, so ist das vielleicht die folge davon, dasz der gehOrte laut
(lov) nicht weiter von dem klänge des gemeingriechischen u als von
ou zn liegen schien.
€ vor vocalen finden wir in den epichorischen inschriften er-
balten in *A^ivoKX^ec Tanagra Eumanudes Athen. IV s. 213 z. 40
QAd FicokX^cc Tanagra ebd. z. 57, zu i verftndert in TTpoKXiecc Leba-
deia Bang. 2088, 'AMt?]voicXt€C Orchomenos Bang. 364, Oiapiba
Tansgra Eaibel Hermes Vm s. 427 nr. 31 , KXidpxa Tanagra Eu-
minndes Athen. IV s. 297 nr. 9. ^ in den inschriften der ersten
daese habe ich es 47mal*' verwandelt gefanden und 12mal* erhal-
ten, dagegen findet es sich in der zweiten classe weit ttber lOOmal
verwittdelt und nur 8mal*' erhalten, also gesprochen wurde von
den Böolem, soweit unsere kenntnis reicht^ immer t statt € vor voca-
len, der schriftliche ausdruck aber dieser abweichung des bdotischen
von dem attischen dialekt kam erst im dritten jh. in allgemeinen
gebnrach. im genetiv der €C*stämme findet sich -eoc statt -lOC erat
lof den inschriften der dritten classe.
Zu der zeit, wo die böotische Schriftsprache in abnähme zu
tenuaen anfieng, wurde zuerst diejenige Schreibung ungebrftuchlich,
weUse den bOotischen dialekt im unterschied von allen andern im
dnttea jh. charakterisiert hatte: u für ct. diese Orthographie findet
>uh Bchon in der um 200 verfaszten Inschrift 124 nicht mehr, ebenso
woigitt 110. 112. 113. 116. 120. 121 (wo neben auTOi sogar schon
ovTi^ in den abschriften steht), auch die absonderlichkeit ou oder
lOu Ar u an schreiben gab man im laufe der ersten httlfte des zwei-
» das unerklärte 6I0TEAIA Tanagra Kaibel Hermea VIII a. 425
^ M laaa« leb ansaer betracbt. *< eigennamen mit ecöt, kX4oc, v^oc
(cMldel, genetiTe sing, und nominative plnr. von €C- und v-atämaien,
f«Ben Ten rerben aaf -cui und von €l^L die eigennameB auf -coc und
-MC bab« feh bei der suaammenatellmig aasgeaehloaaen. ^ 9€oC6-
^ 1, 6€0 . . . . 4, 6€66oTOC 10, 6€0 . . . 17, Olcöc 18, Ocoödtuf «0,
Avpoeiai, ecoT^ioc ecoöiOpui U, ^ertapxoc 26, AuipöOcoc 29, OcoickiO
tt, N^wv si. u Ncair[oX{Tav 70, KXcoiroX^Mtoc 95 s. 28, Oco^dvctoc
^ «^ 16, KXco^dvciv, KX€o<pdv€ioc, ^Oicac lOi, 105 und 106.
524 BMei&ter: zur Chronologie des böotischen yocaUsmiiB.
ten jh. auf, ftlr lou findet sich gar kein beispiel mehr in der dritten
classe; nur Tulgftree u ist gesehrieben in 110. 116. 119, wlhraul
sich in 111. 121. 124 noch hie und da ou für u neben ynlgfiremu
findet, auch die Schreibung t) für ai, I fttr € vor vocalen gab man
in dieser Übergangszeit nach und naeh auf, während sich die Schrei-
bungen 61 für T] und i für €t, ebenso wie die den BOotem mit den
Doriem gemeinsamen formen bis zur vOUigen aufiiahme der helle-
nistischen Schriftsprache in BOotien im allgemeinen erhielieiL
§ 6. Die bdotisohen patronymlka.
In älteren zeiten scheinen in BOotien die patronjmika mit dem
Suffix -IOC vom namen des vaters gebildet und nur dann durch dec
genetiv desselben ausgedrückt worden zu sein, wenn der Tatersname
die ursprünglich selbst patronjme endung -boc hatte, die wenigen
beispiele von patronymen bezeichnungen in unsem inschriften epi-
chorischen alphabets (Rang. 2275; Eaibel Hermes Vm s. 421 nr. b
stehen damit im einhdang.
In unserer ersten classe herschen die patronjmischen adjecti^a
noch vor; es finden sich nemlich in ihr, abgerechnet die genetive
von namen auf -bac und die patronjmika auf -kXcioc, bei deneü
sich nicht entscheiden läszt, ob es adjectiva oder genetive sind, l'^l
adjectiva neben 105 genetiven in patronjmischer geltung.
In der zweiten classe hat nr. 95 sicher 24 patronjmisehe aJ
jectiva^, und ist deshalb wol ans ende des vierten oder an den an-
fang des dritten jh. zu datieren , nicht viel später auch die inschri*
nr. 96", in der neben 10 patronymen genetiven (immer die Tcn
namen auf -bac abgerechnet) 5 patronyme a^ectiva stehen, abe^
sehen von diesen beiden inschriften finden wir in der ganzen zvti
ten classe nur zwei sichere beispiele für patronyme adjectiva : 'Ac(-
CTtu)vtoc 53 z. 19 und Mvacttevcfuj 71. TTpujTOT^veioc und KXec-
q)dveioc bei den namen AtoT^vetv und KXeot&veiv in nr. 104 k's-
nen nicht wol anders denn als genetive aufgefaszt werden, gebilit'
vielleicht nach der analogie der genetive auf-xXcToc; dieselbe e:
klärung beansprucht auch der patronyme genetiv McvccB^vcioc 'x
nr. 36.
In der dritten classe finden wir einzig 0tXoKpdT€iOC aU patro
nymisches adjectiv, und zwar in einer inschrift (121 z. 23. 24 ul-.
25), deren verderbter zustand ein urteil über ihre dialektische i^-
schaffenheit nur mit groszer reserve abzugeben erlaubt.**
^ Ecvoxpdrioc z. SO scheiat der einsige patrooynieehd genetiT r
sein, diese inschrift seigt auch im vocaliimas ihren nahen sumdox?^-
hang mit der ersten classe: nur Einmal findet sich u für ot in *Al\"
xixtoc z. 26, sonst ist durchweg ot erhalten, in TToXvKptTiui aocb o, '
KX€01roX^^lOC € vor vocal. '^ auch der vocalismos dieser ioKb'.
weist daraaf hin, dass sie nahe an die erste classe datiert w*r^<'-
mnsz. u ist dreimal erhalten (in COpioc , XapuXXiuj und Cdntpoc - ^^ -
nur «Einmal durch ou ausgedruckt (TTouOobUipw). ^ möglich, ds&x a •
RMeister: zur Chronologie des böotiachen Yocalismoa. 525
Za einer richtigen auffassong des vocals et in -€ioc, der patro-
aymen adjectivendnng von cc-etämmen, der im böoüschen nicht in
iflbeigeht^' and daher ursprünglichem r\ entsprechen musz, fahren
uu die formen 'AvTiT€V€{-iui und A£rro^€ib€t-iui in nr. 22, die mit
bOotischer Orthographie für 'AvTiY€Vii-tu), AuTO^iibifj-tu) stehen, genau
so wie das bOotische iiavTCt-tav nr. 24 dem delphischen ^av^-tav
(Wegcfaer-Foncart 466, 2; vgl. auch das dodonaische ^avrrjtov bei
Kmponos XXXViil 5) entspricht, gewöhnlich wurde aber das zum
spiruiten gewordene i, das die dehnung des € in 'AvTiT^vii-toc ver-
uliBte, in der schrift nicht ausgedruckt, sondern nur *Avtit^vi]-oc
(mit Motischer Orthographie *AvTtT^V€i-oc) geschrieben, genau ent-
sprechend dem lesbischen Kinrpor^vii-a, dem Alkmanischen TTaci-
XOfnHL und wie €t in 'AvnT^V€t-oc nur die bOotische Schreibung
für den gedehnten e-laut ist, so steht böotisch Aeßdbeta, Xatpuiveta
für frfiheres A^ßabT)€i, XatpdiVT)a, wie uns die in epichorischem
»Iphabet geschriebene inschrift AEBAAEA CIQ. 1678*" und die im
ionischen aJphabet die alte vocalbezeichnung festiialtende XAIPPONEA
CIG. 1679 bestätigt, und so bieten uns bdvetov nr. 77, dccpdXctov
nr. 91 nicht die vulgSren, sondern die in nachböotischer Orthographie
^ MvT)-ov , äcq)dXT)-av eintretenden formen, wenn wir aber nun
ftbenriogend dccpdXta in den böotJschen proxeniedecreten lesen, so
ittben wir hierin ein übergreifen der bGotischen Schreibung i zu
Mhen, die zunächst nur zum ausdruck des ursprünglichen €t ver-
wendet, spSier auch das für den gedehnten f-laut stehende böotische
€1 hie und da vertrat, wie in Xiipifcviav nr. 85, *ApTfü) nr. 15,
'Apiioc nr. 86, KXice^vioc nr. 39" (vgl. kretisch KXncO^vric CIG.
2558 und böotisch KXctvöfiaxoc nr. 58) , in dem von den gramma-
tiketn als böotisch bezeichneten genetiv auf -toc von den w5rtem
auf .€uc wie zb. ßaciXioc. und ein solches weitergehen des voca-
kanofl von der erreichten ersten auf eine zweite vocalstufe, das sich
Ol böoüschen auch sonst manigÜEU^h belegen Iftszt, ist auch ersicht-
lick in 'AvHT^via Eoroneia Lebas 723, GÖTcXta Tanagra Eumanudes
Athen. lY s. 169 nr. 8, und vielleicht auch in den zahlreichen frauen-
&«&en auf -icXia^, wie Aa^oxXia Orchomenos Lebas 649, FicoKXta
tifi Tol^lren formen, die diese inschrift in die dritte eUsse verweisen,
ttf eorroptelen bemhen.
^ Ton den bei Abrens I 190. 215 angeßihrten drei belepielen für
l^oc lUtt -ctoc ist ^XoKpdTioc (nr. 121) durch die Leakesche abschrift
''^ncktigft; ZcvoKpdnoc (nr. 95) nnd KaXXtxdptoc (nr. 8 s. 6) können
'^^«tif e sein. *^ dieser name findet sieh nr. 62 und* 55 in der form
'^^l^vioc, nnd swar wieder als patronymikon des polemarchen Kalo-
^<M Yon Hjettos. die dem steinmetsen sur last fallende Orthographie
^ivioc f&r -cd^Ytoc l&szt sich ▼ergleicben mit der Schreibung Aofio-
^^ tt s. 6 neben Aa^oS^ui in seile 4 derselben Inschrift. ^ die
*^tiieb«a patronymen adjective auf -kX^c haben denselben lantwan-
^1 biater sich wie die auf -y^vctoc, -KpdTCioc ua., nur dass noch die
?*tr»ction von -kX^i-ioc: -kX^-tioc *u -kX^Joc, böot. -icXctoc, hinznge-
'^amcn ist.
526 PEgenolff: zu den Bcholien des Dionysios Tkrax.
Tanagra Eamanndes Athen. III s. 171 nr. 37, GkoicXia Bang. 2028,
XcevoKXia Tanagra Eumanudes Athen. IQ s. 169 nr. 12, TTouBoicXia
ebd. 8. 171 nr. 55.
Lbipzig. Biohabd Meistge.
70.
ZU DEN SCHOLIEN DES DI0NYSI08 THBAX.
Dasz 8. 781, 20 f. (über die ganze stelle vgl. WHQrschebnaim
de Dionysii Thracis interpretibus veteribus I s. 14) verderbt ist,
unterliegt wol keinem zweifei. eine heilang der stelle ergibt sich
am sichersten, wenn wir die quelle des ganzen traetats 781, 5—25
ermitteln, als solche dürfen wir unbedenklich den oonmientar dei
Choiroboskos zur t^XVT) clos Dionjsios bezeichnen, wie aus einer ver-
gleichung mit dessen Dictata s. 368, 21 ff. erhellt, aus derselben oder
einer ähnlichen quelle dürften auch stellen wie Gramer AO. 11 413.
4 ff. und IV 319 und andere geflossen sein, deshalb wird tob z. 17
an so zu lesen sein: KaKOIJC oCv X^touciv. dXXä icpciTTÖv iow
eiireiv, Sri bid toCto tq övöfiara tuuv CToixeiuiv äxXiTd icixy (den
plural hat Choiroboskos 370, 8) fi dircibfi dpxai elctv, a\ bi dpxal
O^Xouctv dirXat t€ elvai Kai dirotKiXot Äcirep <f| X€uk6tt|C aurf)
Ka6 ' dauTfjv vooufi^vii dirXf) icnv * i^ iti^xbi\ (oder iiremcp) Oqic-
Xtoi €ict Tfic '€XX>T)vtKf)c biaX^KTOu- ol bk Qe^ikiox dperaO^TUK
O^ouciv (x^\y ' f\ bid TÖ dprifiuxB^c tuiv iraibuiv (oder f\ hxä toi<
dpTifiaGcic TUIV iralbujv , woran man auch bei Gramer AO. IV 319,
17 und bei Ghoiroboskos dict. 370, 16 denken könnte, vgl. Apolic-
nios Dyskolos de constr. I 7 s. 29, 3 f. ; denn aus ApoUonios Dyskolo^
der nach de constr. I 3 s. 13, 2 ff. ja auch iicpl Tf)C €Öp^C€Uic Tiliv
CTOiX€(uiv geschrieben hatte, mag wol Ghoiroboskos geschöpft h&bec^
usw. denken kOnnte man auch an die noch einfiachere ergänzong: ai
hi dpxal G^Xouctv dirXai tc elvai Kai dTroixiXor <(^> ^Treiircp <0€-
^ikioi €lct Tf\c '6XX>iiviKf)c biaX^xrou usw. doch acheint mir die
erstere ergftnzung wahrscheinlicher, übrigens ist auch bei Cremer
AO. rV 319, 16 der erste teil des beweises ausge&Uen und dem-
nach so zu schreiben: i) ön <^6€^^Xio( elct Tf)c *€XXiivtKiic bioX^v-
Tou •> ol <bi> Gcfi^Xioi d^cTaO^TUJC O^Xouciv f x^iv.
s. 855, 32 fülle ich die lücke aus dem tractatus ii€pl cuvrdEcufC
des Michael Sjnkellos (yulgo Syngelos), speciell aus dem capitcl
Tr€pl i^iroKOpiCTiKUiv övojLuh'uiv bei Gramer AO. FV 27S, 19 f. al-
aus : die nap * 'AXx^avt <K6pac f xovTi rdc önOKopicrucatc xfi^^^'
vac X^eci *> xdpai tdp al X^toucai.
Manmhbim. Petbr Bgbiiout.
HStadtmüIler: zur kritik des Euripides. 527
71.
ZÜB KRITIK DES EURIPIDES.
fr. 803 i\y oCirOT* auTÖc dfiirXoicdiv fiXXov ßpoTÖv
Tropatv^caiji' &v Traicl irpocdcivat KpdTt)
irplv fiV KOT ' ÖCCUJV TUTX^iVI] }l4X0LC CKÖTOC ,
ci %pf\ bieXBciv npöc t^kvuiv vudificvov.
mit redit behiiQptet Weeklein (jahrb. suppl. YH s. 424), dasz im
latrtea verae das gagenteil gesagt sein mttsae, wol mit unrecht, daez
Botwoidig folgendermaszen zu schreiben sei: el XP^ buXOeiv fif|
T&vuiv vtxid^evov. denn der erforderliche sinn kum auch auf an-
dere, vieOeicht weniger gewaltsame weise gewonnen werden, wenn
mui ftndert in cl xpJk bteXOciv irpöc t^kvuiv Ttjiai^evov: 'gib die
macht nicht aus der hand, wenn die kinder dich bis ans ende in
ehrai halten sollen.' Ti^äv ist, wie man weisz, der üblichste ans-
inck ZOT bezeichnung des pietätsyerhttltnisses zwischen hindern und
iltem (AmZe Tijii&v touc tovck irpfiSai xaXdic mon. 155, Yovetc
bi tImo mon. 105 usw.)i TtjüiäcOai trpöc findet sich auch sonst, ab.
Pmd. Isth. 3, 77 TCTi^orat T€ irpöc dOavdruiv. gleich wol scheint
mir Ti|ii(i)i€VOV nicht das richtige; ich meine dasz einfach i[ statt el
lu aetien ist: i^ XP^ bieX6€tv npdc t^kvuiv vikui^cvov: 'übertrage
aidit zu frühzeitig deinen hindern die macht, oder du kannst er-
leben, dasz sie zuletzt dich meistern.' dieses fj «» äUoquin ist dem
dichter namentlich ein willkommener ersatz für das umständliche
ü bt |i4, findet sich aber auch in der prosa: Xen. anab. I 4, 16
&iniic it Kai äfictc i^k ^Traiv^ceTC, i}io\ ^eXifjcei, i^ \vi\KiT\ ^6 Köpov
voiiSCeic oikon. 2, 5 E^vouc TrpocifiKet coi iroXXoäc b^x^cdai . •
{Kctra hk iroXirac • . eO iroieiv, fi £pimov cujifidxu'v clvat. hier
-st aieh fi aus irpociiK€i ein wort wie bei zu ergftnzen: f{ XPH findet
aek wie in dem behandelten fragment auch Eur. EL 583 ir^troiGa
^'« 4 XP^i MnK^O' f|T€ic6at eeoOc^ und i^ XP^^v Eur. Kykl. 606 f^
T^iv Tuxi|v ixkv 5ai|iOV ' f|Teic8ai xpeuiv.
Hipp. 638 MicTOV b' ÖTui tö mbi^y dXX' dvui(peXf|c
cmiOiqi kot' oikov fbpurat TWifj.
^ icUnszwort des ersten verses scheint mir verschrieben ; mit dem-
^flUa werte, nur in etwas verschiedener bedeutung, schlieszt um
OM xtile von unserer stelle getrennt v. 636 (irevOepoiic b* dvui*
9cX€ic), auszerdem findet sich dies adj. kaum mehr als dreimal bei
^pides. ThBarthold hftlt die verse 634—637 für interpoliert; ich
iUmme nicht bei , meine aber dasz v. 638 folgendermaszen gelautet
^' ^ov b' drifi TÖ iir\hiy, dXXd vuixcXifjc. Hesychios erklärt
>«X^Tic durch ^tXXöc, ßpabuc, dxPnCTOC, die Verbindung vu)X€X^€c
stü dvtbvu^ot findet sich bei Aratos 391, viuxeX^ac Te kqi dbpa-
v<ac beiManethon 11 167, das sahst. vuiX^Xbl neben ßpabur/jc
^ T411 oi)bk Tdp f)M€T^pi] ßpabuTf)T( tc vuixcXig te Tp&ec dir*
528 HStadtmüller: zur kritik des Euripides.
ÜJiiouv TTaTpöxXou tcuxc' SXovto. ein aosdruok der trftgheit, un-
bewegtheit, Unfähigkeit, wie er in vuixcXific geboten ist, scheint neben
TÖ fiiib^v und tbpuTQi treffender als dvuKpeXific; auch findet sich bei
letzterm nicht leicht ein dativ wie €Ör|Bu)i) wol aber bei vuixcXrjc Id
der einzigen stelle, in welcher es bei Euripides gelesen wird; Or. 799
dXX' firciT' die fi^ C€ irpöcOc i|if)(poc *ApT€(iuv IXq, ircpißoXujv
irXeupoTc ifiotci irXcupd vuixcXflvöcqi.
ras. Her. 1151. nachdem Herakles erkannt, dasz er im Wahn-
sinn weib und kind hingemordet, will er auf die eine oder andere
weise dem yerhaszten dasein ein ende machen :
1148 oÖK cTfii ir^Tpac Xtccdboc npöc fiX^iora
^ (pdcravov npöc fjnap iSaKOvricac
T^KVotc btKacrfic aiMOtToc tcvticoMat ;
f| cdpxa Tf|v ^fi^v dfiirpricac irupt
bOcxXeiav, f{ füi^vet füi*, dnuicofüiai ßiou;
den vorletzten vers hat neuerdings Siegfried Mekler behandelt i zor
revision der frage der caesura media im iambischen trimeter de?
Euripides, akad. gjmn. in Wien 1878, s. 39). derselbe hat ohne
zweifei recht, wenn er Stephanus Änderung KaTC^irpncoc als eine
metrisch incorrecte (mit Elmslej) zurückweist: die (elisionalost
mitteldiäresis ohne Tr€V0iifiifi€pifjc und ohne ifp^[i\^€pi\c schein:
allerdings von Eur. vermieden worden zu sein, auch die spSter Ter-
suchten correcturen befriedigen Mekler nicht; dasz die coigector von
WDindorf f\ cdpxa 6€p)üi(|) Tfjv t\ii\v irprjcac nupt keine erwEh-
nung findet, ist kaum zu tadeln. M. selbst vermutet f^ cäpxa Tf)vb€
fiaivöXtv nprjcac trupi. ob cdpE ^aivöXic eine möglidse Verbin-
dung ist, zweifle ich; nachweisen Iftszt sich eine solche jedenfalls
nicht, das adjectiv findet sich meines Wissens zweimal bei den trä
gikem , nur in lyrischen partien , in Verbindung mit abstracten l*--
griffen (dc^ßeta fiatvöXic Or. 823, bidvota MOtivöXic Aisch. Hik. 107
auch scheint es mir gewagt das überlieferte compositum d^irpf)ca:
preiszugeben: in derselben tragOdie v. 244 heisztes: i^1T^ttrpa7'
aÖTwv xal irupouTe cidfiara. darin* aber stimme ich M. bei, dx«
aus den verschriebenen werten ein epitheton zu cdpxa zu entnehmen
ist; Euripides hat meine ich geschrieben: f\ cdpxa T/)Vb€TXii^ov'
d^irpt^cac TTUpf. was das adj. hier bedeute, ersieht man ans den ti t:
Herakles selbst gesprochenen werten Soph. Trach. 1046 t& troXX.:
bf| . . xal x^pci xal viuroict fioxOrjcac iy\i} (vgL auch Alk. > -7
iü TToXXd TXäca xapbia xal x^^P ^M^)* ^^ fthnlicher ausdruck w •.
rXifj^UiV cdpS wird einer unglücklichen in den mund gelegt, die gle: .
Herakles denkeich der leiden getrunken, Eur. Hek. 170 üb TXd^a'V
äTHCOil fiot iroOc, und bei Aisch. Ch. 384 liest man ßpon&v TXd-
Movt xal iravoupTH) X^^pi*
fr. 340 iTOT^pa T€ iraiciv i\bi\jjc cuv€K(p^p€tv
bei Touc jpuirac dxßaXövr' auOabiav,
K
HStadtmüller: zur kriük des Euripides. 529
iraibdc T€ iroTpC' Kai fäp oök aö9a(p€T0t
ßpoTOtc fpurrec oöb' ^Koucta vöcoc.
«s ist gerathener zu anfang des zweiten yerses mit Meineke bei Todc
(flir das fiberlieferte (piXouc und (p(Xoc) zu lesen als öcpeXoc, wie
Wecklein will (jahrb. suppL VII s. 422): denn manliesz weder einen
Inf. noch einen aoe. c. inf. von fiipeXoc abfaSngig sein; auch hat W.
an bezeichneter stelle einen beleg dieser construction nicht gegeben.
«&f|b^ujc aiV€Kq>^p€tv hat man, glaube ich, bis jetzt keinen an-
itosz genommen: nun sind Wendungen wie /^tbiuic (p^p€iv, cöiröpwc,
€uir€TUK, cöxcpu'C, eö^evuüC, npcOO^uK, npijiuic usw. gelftufig aus
prosa und poesie; fjb^uic q>^p€tv findet sich bei den tragikem an
keiner andern stelle, ich zweifle, ob Überhaupt, aber wichtiger ist,
da«z fjb^uic begrifflich nicht passt. der vater, welcher yerirrun-
gen, Ton denen hier die rede ist, mit vergnügen, mit freuden sehen
soll, mfiste gegen seine kinder mehr als zftrtlich sein; milde und
ittchdcht aber darf man von einem nicht allzu strengen richter bei
beorteilung dieser oirjü äcoucia vöcoc wol erwarten, weiter geht
lelbet Phaidras amme nicht in der beruhigung ihrer herrin. Hipp.
462 iröcouc bcKcTcbfl xdpr' ^x^vrac eO q>pevu)V [ vocoOvB' öpuuv-
Tuc X^rrpa }ii\ boKciv 6pav; | iröcouc ik iraicl nar^pac fifi^p-
TiKÖct j cuvcKKO^iCciv fCuiTpiv; iy coq>oia T&p | Tab' IcA
dvnrulv, XovOdvciv lä }xi\ xaXd. ich meine darum, dasz der an-
fang des fragmentes so zu schreiben sei: ixaripa T€ iraiclv i^iriuic
cuvexq^pciv I b€l Todc £purrac. mir schwebt dabei das Homerische
vorfip b* Sic iiirioc fjev vor, noch mehr aber Eur. £r. 945 tjy ol
TocövTcc toOto TiTvuiCKiüc* ön I yiox ttot* Jicav, t^irluic tfjv
TüvT^KVuiv I oTcouci Köirpiv, övt€c oö CKttiol (puctv.
Alk. 1134 ix^ C d^XiTTuic, oötroT* öi|i€c6ai bOKuiv.
wie aus der kfirzlich erschienenen ausgäbe der Alkestis von BPrinz
IQ ersehen ist, steht im Vat 909 (bei Dindorf mit V, bei Prinz mit
B bezeichnet) nicht oCitot', sondern oöiroO*. diese lesart verdient
bei dem werte der hs. wol einige beachtung; mit rficksicht auf v. 1131
^itui, irpocciiru) Zuicav die bd^apr' i^i\y; machte ich also folgende
huong des versee vorschlagen: exu) c' äATrrujc, oOiroO' fiipe-
^|9ai boKoiv. ohne genetivobject findet sich dasselbe verbum in
einem ihnlichen Zusammenhang Ion 523 &i|io^ai, koö ßucidZui,
T&^d b* euptcKui (piXcL
Alk. 826 dXX* ^cOöfiiiv pky ö^fi* Ibuiv baKpuppooOv
Koupdv T€ Kai trpöcu)iTO V * dXX * inex&i fi€
Xifwy Oupaiov icf)boc ic rdcpov (p^peiv.
Herakles hat zwar an Admetos Kuszerem erkannt dasz derselbe um
«i&en teten trauert; dennoch Ittszt er sich beruhigen und in dem
btnse dee gastfreundlichen königs bewirten, nach erwShnung der
Terweinten äugen und der geschorenen haare als zeichen der trauer
ist das zQsatzlose npöcuiiiov nichtssagend ; jeden&lls sollte es nicht
iilvUdk«r Ar diu«, philol. 1879 hft. 8. 34
530 JEvl^ala: zur kritik des Euripides.
durch einscliiebazig eines fremdartigem begriffiB von ö^na getrennt
sein, ob Prinz aus diesen oder andern gründen an dem werte an-
stosz genommen, weisz ich nicht, er bemerkt aber zu t. 827 €irpöcu)-
TTOv suspectum». min ist es auffallend, dasz ein vor allem in die
äugen springendes kennzeichen des leidtragenden hier nicht genannt
ist, wfthrend dasselbe sonst bei Schilderung ftuszerer trauerbezeugung
nicht leicht unerwähnt bleibt: ich erinnere, um mich auf das6ine
drama zu beschränken, an Alk. 425 näciv bk OcccoXotciv div Itii
Kpordj I ir^vOouc t^vaiKÖc if^cbe KOivoGcOai X^t^ I KOupfSupi)-
KCl Ka\ fieXatxi^oic n^nXctc. v. 215 iHici Tic; fi t^^ui ipixa
Kai fiAava ctoX^öv tt^ttXuiv dixcpißaXiu^eO ' tibr\\ y. 922 vuvb'
ö>i€va(wv TÖoc dvTiiTaXoc | Xeuxdjv t€ n^irXuiv ^^Xavec ctoX^oi |
n^^TTOucf fx* £cu). ich meine also, dasz Herakles auch der traner-
kleide r erwähnung that und dasz v. 828 zu lesen ist: KOupdvTe
Kai TrenXuifiaT', dXX* fiieiO^ ^e. das wort ireTrXui^ara ist von
den tragikem nicht häufig angewandt worden, indea findet es sich
an gleicher stelle wie hier im vers sowol als auch in der aufzfthlnng
der den toten erwiesenen ehren und liebesbezeugungen Eur. Hik. 95
£k tc top T^pacMiuiv | d c c ui v ^auvouc * oiKTpöv £c TaTov & dxp u , ,
Koupal hk xal ireirXidfiaT' oö OeuipiKd.
Heidelbebq. Hugo Stadtmülleb.
Herakl. 132 f. sagt Demophon zu Eopreus:
cöv hi\ TÖ (ppdZeiv dcrl \i1\ ^dXX€tv t' ^o{,
no(ac ä9iEai beupo ni)c Öpouc Xiiri&v ;
Eirchhoffs mitteilung lautet: «^f| fi^XXciv i\xo\ B. ixi\ ^€XX€tv t*
l\iOl [C].» Wilamowitz (Anal. Eur. s. 18) berichtet zu y. 132: *}iü-
Xeiv PC. at t' addidit C non C. interpolayerit ergo q>.> Wecklein
(Jahrb. suppl. VII s. 376) bezeichnet nun in den werten }ii\ iiiXkixy
T* t\ioi sowol den ausdrxick als auch den gedanken ala ungeschicku
erstem mit recht, letztem aber sehr mit unrecht: denn es ist sebr
passend, dasz Demophon im stolzen gefdhl seiner königawtirde dem
frevelnden Eopreus gebietet ungesäumt und ohne zögern zn ant-
worten, es ist nun keine lobenswerte änderung, wenn Wecklein ao.
diesen gedanken zerstört und vermutet: cöv bf| TÖ (ppdZetv ^cri,
fiavedveiv b* dpöv. er vergleicht Hik. 98. Iph. T. 810 (die stelle
Soph. Phil. 24 ist wesentlich anderer art); aber wenn man noch so
viele parallelstellen für diese bekannte wendung anführen wollte, so
wird dadurch doch nicht erwiesen, dasz der von Wecklein vorge-
schlagene ausdruck auch hier passend wäre, ich halte (abgesehen
von der unwahrscbeinlichkeit der änderung) diese wendong fttr an-
angemessen, weil sie ein freundschaftliches geprige hat, da»
hier ganz verfehlt wäre, es ist vielmehr mit geringer findernng ^^
schreiben: cöv bf| TÖ 9pd2[eiv icxX ^fm^XXovi' ^oL
JSyi6ala: zur knük des Euripides. 533
TOTOC. danach würde £vd€Oi den gegensatz za den ärcXeTc (den un-
eiofleweihteny den an der yerehning des Dionysos nicht teilnehmen-
den) bilden. dT€Xf|C lepdiv findet sich im Homerischen hymnos auf
Demeter ?. 481 ; bei Euripides findet sich zwar nicht dreXifjc, aber
doch drAecTOC in der bedeutang ^uneingeweiht', freilich in ver-
bindnng mit dem genetiy , Bakchai 40 äTiXecTOV oOcov vSjv i^i&v
ßaxxcufidruiv. fr. 889 toTc b* drcX^CTOic | t&v ToCbc (nemlich
"Epurroc) irdvuiv ^/JTC cuveiriv nsw. dT^Xccroc findet sich aber auch
ohne genetiy Fiat Phaidon 69 "" ä|iunTOC Kai dT^ccroc. — Die cor-
roptel dvdpumoici erklttre ich mir daraus, daaz £v6€oici getrennt
gelesen wnrde iv Oeotci, nnd da dies keinen sinn zu gewfthren schien,
setite man dvOptCmoici ein, yielleicht nach 182 Aiövucov 8c iT^q>r|-
v€v dvSpübirotc Ocöc und 285 i&cre bid toOtov Tdtde ' dvBpUmouc
^XCiv. was den aosdmok dreX^civ betrifft, so ist noch zur empfeh-
long dieser conjectnr anzufahren, dasz in diesem diama mehrmals
die Bakchische feier mit dem aasdmok TcXcral bezeichnet wird, so
tb. 21 f. KoracTyicac ^c TeXcrdc 73 ff. iZi jbidKap, Scnc eubaffiuiv
TcXcToc Oeiiiv cibuic ßiordv dricreiiei. 260 reXerdc noviipdc €icd-
Tiuv (im munde des Penthene). 466 iröGev bi reXcTdc Tdcb ' S:f€\c
PboiiL 846 Odpcer n^Xac tdp, Tetpcc(a, 9(Xotci eck
££op|ACcai cdv iiöbo' XaßoO b' aÖToO , t^kvov*
die Tide ' dmfivTi ttoöc te npecßurou q>iX€i
X€ipöc Oupaktc dvotjüi^vciv K0U9(c^aTO.
Kirchhoff: «^opfil(mat in i\)cxi\ A. £E6p^icai B. ^opfiicai F.
itöpincai b (pato etiam c). iBbpiiXcai C.» wie sehr sich die alten er-
kllrar abmühten äopfilcai (oder ^dpfiicat) zn erklAren, ersieht man
ins den schollen, es ist aber wol dies wort, welches ja die bedeu-
tang bat 'ein schiff aus dem hafen auslaufen lassen', corrupt, weil
Teiresias am ziele sich befindet, und weil somit, wenn schon eine
van der fahrt des Schiffes entlehnte metapher hier yorkommen soll,
gerade das einlaufen in den hafen erwähnt werden soll. Nanck
Tennntete icop|i(€ai und in y. 846 q>(Xotctv €l. wahiBcheinlicher ist
vielleicht: Odpcer rtikac tdp, Teipcda, q>(Xoici€oic | fcO* öpfi&ai
^ nöba: *denn nahe deinen freunden kannst du deinen fusz yor
olcer legen, dh. kannst du deinen fusz zur ruhe bringen*' ygl. Hesj-
chiot: 6pfitcov ' bf)cov, dvdnaucov. yielleicht ist eine spur der ach«
tm lesart in dem scholion iSopfilcat« Xelnci t6 kriv, dkrc iSopMkm
Töv ndbo icriv.
Peaq. Johahn EyioALA.
5S4 HB5ntch: Lampenae bei Placidoa.
72.
LÄXPENAE BEI PLACIDUS.
unter 'den nadi Lnctatius Pladdos benannten glossen finden
wir in DeoerUngs aosgabe 8. 62, 21 folgende: Lampenae^ Miat
g%Meäam [quae C, quidmn vs, om. B] sk didtae. von einer weitern
emendaüon als der, dasz vom bg. quaedam anstatt der aUerdingv
gor nicbt befHedig^mden lesnngen der bss. eingeeetst worden, ist
nns nichts bekannt, and doch liegt die hanptGomiptel nicht in dieser
beifagang, sondern in dem erklftrenden substantiT selbst : denn wer
möchte glauben dasz das hier ersichtliche lemma dorch das kritisch
unangefochtene interpretament sUiüae richtig und zntreil«id eriiatert
sei? man mflste denn kurzweg an Xd)yiiT€iv, lampare denken nndtur
beschwichtigang etwaiger zweifei mit Quicherat (Add. lexids lat
8. 164) aasrufen: 'Italis lampana est lampas.' der spradigebrsQcb
aber 1^ hiergegen sein Tcto ein. nach demselben ist Xcqnr^ Tiel-
mehr, wie ua. Suidas und das lezicon Cyiilli ms. Brem. bezeugen
(Tgl. Schleusners Thes. Vet. Test, m, Leipzig 1820, s. 432), «=
fifioSa ßactXtKif), fi ß^btov [Ipbiov Suidas] irepiqxxv^c, 5 £cnv fip^a
CKCTracTÖv — ingleichen auch eine sSnfte, focftca, was man zb
aus YerecunduB deutlidi ersieht, welcher die stelle im buche der
richter c. 6 ▼. 10 (LXX cod. Alex.) £in߀ßt]KÖT6€ trd öiroCuriwv.
Ka9V)fi€VoUiH XotfAwnvAv ^9^Y£ocO€<|)Uivf|vdvaxpouofi^vttivasw.
so Übertragen hat: asoenientes super ^MifKieiria H suparsedenUs if-
lecticis^ emUtUe vocem teeanamlt^iiim (tf» or^ponfo); vgL Yerecusu:
luncensis episcopi [ann. 546—562 p. Gh.] commentarii snper Can*
tica ecclesiastica libri IX (Pitra Spicil. Sotesm. IV, Paris 1868, 8. 1
—131). von derselben stelle aber gibt es noch eine andere, mehr
dem Yaticantext der LXX sich anschlieszende yerrion , die ftr ns>
noch wertToller ist, weil darin das griechische wort beibehalten i^t.
sie st^t auf dem rande des bibelcodex von Laon (Legionensis) unii
lautet: asomämies aama$ et tedentea in lampenia ei oimMani^:^
super viam usw. in der merkwflrdigen *praefatio' des cod. Salma-
sianns der lat. aathologie (verbessert abgedruckt bei OL0we im
rhein. mus. XXXI s. 66 f.) kommt das wort ebeniiills vor: aduhtm
de ffobie lampenam conUulam spero adMandi, quae en^ppeüa pro^-
sumenH iam non eoDippUandum $ed cppüm^äum $M esse emiectaf.
hiemadi wird aus der glosse des Placidus sMtos ohne iweifel zu ent
fernen und, da bekanntlich für käioa in der spätem seit seüa ge>
bmolit wude, sellae an seiner statt zu setzen sein, so dasz j>st
den Wortlaut erhält: Lampenae, seüae quaedam sie didae.
LOBBNBTEIN. HURICAHH RdVtCH.
WHerbst: zu Thukydides. 535
ZU THÜKYDIDES.*
I.
1. A 26, 4. der griind der hochfahrenden haltung der Eerkjräer
gegenaber ihrer mutterstadt Eorinth (irepicppovoOvTec bt aÖTOÜc)
wird in einer dreifachen buvo^ic der insel gefunden und nach-
gewiesen, deren teile sich kliinaktisch, vom positiv zum Superlativ
aoÜBteigend, zu einander verhalten: in den xprJM'^'^^) deren besitz sie
dunala den reichsten HeDenen gleichstellte , in der iräpaCKCui} für
den krieg, wodurch sie noch mehr überlegen waren, und vollends in
dem vauTiKÖv, worin ihr hauptübergewicht lag. die beiden ersten
fflomente, der geldreichtum und die kriegsrttstnng, werden dem par-
ticipiun iTCpiq>povoOvTec durch subordinierte paiücipia (Kai XP^-
fidrwv buvdfACi övrec kot' £k€Tvov töv xpövov ö^oTa toTc '£XXti-
vujv irXouaiUTdTOic und tQ ic TröXefiov napacKiEuQ buvaT((iTepoi)
einfach als thatsachen angefügt, während das dritte moment, die
naatiscbe fiberlegenheit, nicht als objectives factum, sondern in sub-
jectiver form als stolzes selbstgeftlhl (^iratpöfievoi) hinzutritt, alle
Tcrsache einisr erkl&rung der stelle in der Überlieferten form sind
gescheitert in bezug auf den Erttgers und Poppo-BOhmes verweise
ich auf die kritik Classens. dieser selbst will aus dem nachdrück-
lich ans ende gestellten buvaTilrrepoi («» m^XXov buvaToi) zu bu-
vd^Ct usw. den positiv buvOTOi ergSnzen. dem gedanken nach ganz
^^1 sprachlich aber nnznlfissig. er fUhlt selbst die zn grosze
HSrte dieser ergftnznng und schlfigt eventuell xpi^cici buvaToi vor.
von jener hftrte noch abgesehen wftre buvd^iCi buvaTüuTCpoi an sich
anstSszig, ebenso aber das nirgends sonst bei Thuk. und schwerlich
anderwSrts vorkommende XP^IM^^^v buva^ic. die corruptel liegt
aber (auszer in buvd^ci) nicht in XPHM^'^^v, dessen Änderung in
* iek kann hier eIneB wimsch nicht unterdrücken, den gewii yiele
Bitforaeher und frennde dea hiatorikera, der wie kaum ein anderer
griechiacher jproaaiker gegenw&rUg die atndien und daa intereaae der
Philologie, der formalen wie der hiatoriach-kritiachen, in bewegnng
■ilt, mit mir teilen werden, nachdem wir in der nnn abgeachloaaeoen
arbalt Yon JClaaaen eine melaterhafte Interpretation erhalten haben,
^r an fetnheit dea veratHndniaaea für daa idiomatiaehe ihrea aatora
•ebwerlich eine aweite gleichkommt» wird ASchoenea aeparataaagabe
TOB A nnd B willkommen durch die bQndige saaammenateilang des fQr
d«ft teztkritiaehen foraeher notwendigaten materiala. dem BeltKerschen
taxte aind bekanntlieh die leaarten dea Vatioanna B nnd dea Lanren-
Kiaana C, die aoholien nad teetimoaia beige|^eben: eine niobt bloaa für
Akadamiache vorleaongen dankenawerte arbeit« dieaelbe erregt aonächat
den wnnach, daas weniffatena Z nnd H in Ihnltcher form folgen mSch-
tea, aber anoh den weitem, daas eine anawahl dea von neaeren tezt-
kritikem geleiateten beigefeben werde: eine groaae nnd nnentbehrliehe
eriaiekteroiBg lÜr eigne atiäiea, da ohne aoiohe beihilfe eine fiberaicht
der beachtenawerten emendationen nachgerade aa den anmögUchkeiten
(ekdrt
536 WHerbBt: zu Thukydidea.
Xpt^füiact zu gewaltsam wäre, sondern es ist mit leichter corrector
und unter annähme einer lücke nach analogie von A 9, 2 (nXTJGci
XpTiMoiTiuv) zu lesen Kai xPHM^wv irXi^GcibuvaTol Svrec nadi-
dem durch schuld des abschreibers irX/jOci ausgefallen war, suchte
man später — ungeschickt genug — durch änderung des buYCrroi
in buvdfiei die mOglichkeit eines sinnes zu erreichen«
2. A 51 Taurac (die den EerkjrSem zu hilfe eilenden zwanzig
athenischen schiffe) ouv irpoibövrec o\ Kop(v6iot Kai öiroToirncav-
T€C dir* 'AöiiviBv elvai, oöx öcac iiupuiv dXXd nXcCouc, öitov€xw-
pouv. wegen des gleichklangs mit der letzten silbe von cTvai ist Kai
ausgefallen, dasselbe ist nicht zu entbehren, da zwei parallele ge-
fahren von gleichem belang (1) athenische schiffe, 2} diebetrftcbt-
liche zahl derselben) von den Eorinthem vermutet ?nirden.
3. A 70, 1 Kai &>ia, eTirep Tiv^c xal dXXot, dSiot vo^tZofUv
clvat Totc irAac. es ist zu lesen fifia (oder &\i*) i\\i€iC: denn die
hervorhebung der person ist den Tiv^c Kai dXXoi gegenüber onent-
behrlich. das pronomen hat der abschreiber in folge der fthnlichkeit
der buchstaben ausfallen lassen, die elision von fijia findet sich bei
Thuk. gerade in den früheren büchem wiederholt: B 94, 2 {fy*
i\Mpq), r 17, 1 (fi^* aÖTOic), T 22, 1 fi|i* dcdXrjVOV, wie Poppo,
Classen ua. (nicht Bekker und BOhme) mit recht in den text &afg^
nommen haben nach dem Cassell., Palat., Paris, fl, Oraevianos oa.;
später findet sie sich nicht mehr.
4. B 13, 2 oö fi^VTOi ^ttI kokiI^ y^ ^nc TidXeuJC tcvoito lies
T^votTO TG Ctg, welches wegen der endsilbe von t^voito und des
gleich folgenden tguc ausge^Uen ist. der bestimmte hinweis aaf
das ön 'Apx(öafioc ^^v oT i4voc e\r\ ist nicht zu entbehren, und
wenige Zeilen zuvor steht in analogem falle auch T^vr|Tat toGto.
6. B 15, 4 Td top Icpd £v aÖTQ rfji dKponöXet koI fiXXuiv 8€i!^
icil. Classen nimt an, durch den gleichen anfang des folgenden (xm
Td IBi) usw.) sei Kai rd Tf)c *A6r|vdc ausgefallen. Herwenlen Stadit
Thuc. s. 25 acceptiert den Vorschlag und will nur koI *Mt\Ycioc
lesen (wie er auch A 116 eorrigieri), da Thuk. älter ala Eakleides
sei. die ergänzung ist unnötig. Thuk. stellt rd Upd-^v aÖT^T^
dKpGiröXci und rd {£ui (sc. Tf)c dKpoirdXeuic) einander gegen-
über: Sacra emm in ipsa arce aliarum quoque dearum mmi oaw. iür
den athenischen nicht blosz, sondern ftir jeden hellenisohen leser er-
gänzte sich der gegensatz (xal Tf)€ *Adiiväc) von selbst, wol aber
glaube ich dasz T(£iv dXXuJV OcSv als bestimmter tenninus zu lesen
ist bekanntlicb wurden die tempelschätze der Athena Polias on^
der Athena Nike von zehn Schatzmeistern (TOMiai tiIiv IcpuifV %p^
Mdruiv Tf)c 'AOtivafac oder Ta^(al ti&v Tf)c OcoO) verwaltet, nach
Vollendung des groszen schatztempels auf der bürg wurden auch die
V
WHerbit: zu Thnkydides. 537
EchXtie der andern götter (ti&v fiXXuJV Ocwv) im opisthodomos
niedergelegt (s. AEirchhoff in den abh. der k. preasz« akademie 1864
s. 1--56). anch entspricht tüuv äXXuiv 6€UüV noch besser dem un-
mittelbar § 2 Yorattfgegangenen t^ 6eip, das auch einzig vom stand-
ponete des Atheners gesagt ist, wie schon der scholiast (dirpocbio-
picnuc Top ouTui qnxclv ol 'AOnvatoi) bemerkt hat.
6. B 35, 1 Kai }xi\ i\ iv\ dvbpl iroXX&v dpcT&c KivbOveu€c6ai
eu T€ xal x^^pov ciirövTt ntCTeuSfivat. diese schwierige
BteUe hat HZeterling in Neunippin (im Phüol. ^YTH s. 357—61)
einer besonders eingehenden und scharfsinnigen prttfung unterzogen,
er kommt, abweichend von allen seinen yorgftngem, zu dem resultat,
^ itiCTeudfivai nicht als epezegese und als regiert von Kivbu-
V6Üec6m, sondern mit dem scholiasten (xal ^f| iy KivbOvtp Tiv€c6at
tA maeuOfivot) als subject zu fassen sei, so dasz der sinn heraus-
kirne: ^das geglaubtwerden der tugenden, die beglaabigung der
Terdienste seitens des redners kommt in gefahr, dh. die darstel-
lnng des redners, des guten sowol als des schlechten, unterliegt
(ier gefahr nicht geglaubt zu werden.' Perikles fUrchte die kritik
fiber die rede, die misstimmung die durch ein kleines zuviel oder
zuwenig im geiste der hOrer erregt werde, die anfSassung, auch die
kerlichsten ruhmeswerke abhftngig zu denken von einem pfuscher
oder meister der rede, ergebe einen unsinn, den man etwa einem
Primaner in seinen ersten stilistischen versuchen verzeihen, nicht
aber einem Thokydides zutrauen könne, die genaueste Untersuchung
<|«r stelle führt doch zu einem andern ergebnis und zur wahrschein-
Uchkeit einer corruptel.
Thok. Iflszt Perikles seinen epitaphios mit einer kritik des
^drpioc vöpoc bei öffentlichen beerdigungen der im kriege ge-
fallenen anheben, dh. der 6inen seite des bei diesem anlasz bräuch-
Hden Verfahrens y der gesetzlich geordneten XÖTOI. er zfthlt sich
m der minorität (ol )xiv iroXXo( • . £fiol bk) derer, die in diesem
bnoch eine schftdigung des angestrebten zwebkes, dh.der verher-
lichong der gefallenen sehen, die sich entgegenstehenden ansichten
werden nnn auch sprachlich in fortlaufenden gegensätzen einander
g^gcBflbergestellt. so hat ifrfw sein oppositum in eiirövrt, %t)XoO-
cta in icivbuv€uec6ai, dem toc Tijidc entspricht dpcrdc, dem br)-
Hocuf daa £v ivl dvbpi, dem dvbp«£iv dyaOuiv das iroXXt&v. der
^^z^he gegensatz wtlrde sein: 'mir würde es ausreichend erschei-
&a^ dorch bestimmte praktische veranstaltunigen (f PTH* ; vgl* nnten
c 46, 1) jene toten zu ehren, und nicht (xal )if|, ergtoze aus § 3
^fO^ÜK. ^X^iv) angemessen, noch reden hinzuzufügen.' diese einfache
^titheee wird aber compUciert durch die aufoalume eines neuen mo-
menti, nemlich durdi den gegensatz £v ivl dvbpl ttoXXu^v dpcrdc
jnvbuvcuccOot dieses moment enthält aber den g rund des bedenk-
^<^ der einriehtung und beherscht das zweite glied der gegenflber-
ktcUong. bei Zeterling kommt es nicht zu seinem recht, bleibt viel-
538 WHerbBt: zu Thukydidee.
mebr unbeachtet der redner meint: die stille beisetsimg an siib
(and die spStere sorge des Staates fUr die hinterbliebenen kinder, c. 4<
redet eine beredte spräche, indem sie der zweifellose ausdrockder
öffentlichen and allgemeinen anerkennong ist. hier decken sieb
das verdienst am das Vaterland and die vom volk and staat (^Tt^o-
ciqi) erwiesene ehre, diesem objectiven ftctor ditngt sidi mit
der rede ein s a b j e c t i y e r ein , and gerade dieser , zomal nur tau
6inem organ mit seinen zafSlligkeiten {^ t€ kxA X^^pov dirövn
getragen, kann das wieder ins schwanken and zweifeln bringvm, was
der praktische teil des v6^0C festgestellt and offenbar gemaeht [hry
XoOvTOi al ti^ai) hat. trSten noch iroXXol ß^opcc anf, daci:
könnte wenigstens der eine den andern ergänzen, corrigieren, s:
dasz das totalbild sftmtlicher reden doch die samme der verdienstr
der ge&Uenen einigermaszen wiedergeben könnte, aber dieser ge
danke wird als ein praktisch anmöglicher nicht weiter verfblgi >'
dies der sinn der stelle, wohin alle momente Aihren, so wird de:
selbe darch den hinzatritt des 7rtCT€u0f)vat nicht gefördert , sonderr
gestört and verdankelt. dem obigen briXoOcOcn mnsz ein drrideTOv
gegenflbertreten, das nicht aaf diesabjectivehaltangder h5re:
sich bezieht, sondern lediglich aaf das besprochene object seihy*
jenes wUrde aber darch mcT€uM)vat geschehen, der haaptgegen<r
würde verwischt and zerstört, gewahrt wird er allein nach &a^
scheiden des incTeuOf)vat; worin ich ein in den text gednmgeD'
glossem erkenne, das bedenken Zeterlings, es sei das ein des Tkuk.
anwClrdiger gedanke, wiegt nicht schwer, man mosz ihn nur ni.l
absolat, sondern relativ fassen, wie er nach dem zasammec
hang gefaszt werden masz. freilich ist in letzter instanz die exister
hoher vaterlftndischer Verdienste and heldenthaten nicht abbtng :
'von einem pfascher oder meister der rede', aber nach mtii
art, grad and daaer ist das fortleben jeder grosztiiat, jed :
nachrämi doch bedingt darch das gefiflgelte wort des rednen oi *
dichtere, es ist das ein echt antiker, zamal — vom redner gesar
— athenischer gedanke. so vom dichter Find. Nem. 7, 17 ai ^a-
T<iXat T&P äXxal ckötov no\isv Omvuiv txoyn bcöficvot, and Ho:^
tias (carm. lY 9, 25) pauUum se^puUae Xstat inertiae edata vir-'
mit der voraafgehenden atrophe, woher diese möglichkeit kom::*
inwiefern dieselbe in der sabjectivitilt der hörer gelegen, daskomr.
erst in dem nftehstfolgenden satze x^xXcirdv f&p asw. zorspm^.
aber eben aas dem inhalt and gedankengang dieses aatsed ist ' !
entstehung and das eindringen des glossems za erUSren.
Es spricht aber neben dem materiellen noch ein formeller, sül- '
scher grond gegen die eohtheit des 7nCT€uOf)v<n : nicht die allerdic: i
&st anverstftndliche hSrte des aosdraeks ^lein, aondem die bie-
gerade die enry Chmie besonders verlettende naehscUeppong des rir
silbigen infinitivas, der zadem den gegensats von 6i)Xo0ctai und kiv^
buvcöccOat abschwScht. diese fast anertrigliche stfliaÜBche monstr
ftitftt ist am so aaffBlliger, als gerade diese rede, wie sie flbcrhi'^'
WHerbsi: zu Thtikydides. 539
das gfrSste rhetorische kanstwerk des historikers heiszen darf, auch
in dem bau der sfttze eine der darchgefbiltesten ist. natttrlich denke
ieh nicht daran, anch hier ein mechanisches und formell streng durch-
geftfartes irdptcov anzunehmen, wie sie Hink. Oberhaupt keineswegs
Bich der weise des (Sorgias oder Antiphon mit einseitiger Vorliebe
bildet vielmehr liebt er es , solche OcorrptKOt qcrjpaTa, wo er sie an-
wendet, durch iigendwelche alterierungen des schemn zu durchbre-
dran, zu modificieren^ aber doch nie bis zur Unkenntlichkeit der
gnmdform und bis zu hSszlicher entstellung.
Vor Jahren, als mir zuerst die stelle kritisch anfechtbar erschien,
gltnbte ich in dem ganzen zusatz cd T€ koX X€tpov einövrt mcTeu-
Ofivai ein glossem zu erkennen, in der that würde die stelle in die-
ser gestait mit ungleich gröszerer energie die antithese ausdrücken,
dag bedenken, dasz das folgende TÖ fi€Tp{u)C eiiretv dann in dem
forigen keine beziehung und anlehnung finde, schien mir dadurch
gehoben zu werden, dasz sich gerade aus jenen werten die ent-
stdrang iAa glossems ableiten liesz. aber ich überzeugte mich dasz
der begriiF KivbuVcAccScn zu kahl und unbestimmt dastehen würde
obie den hinzutretenden dds redners. und auch dieser reichte nicht
gtoz aus (sonst hfttte Thuk. xal ^f| iy tvöc dvbpöc Xörqi . * Kivbu-
vcuccOm schreiben können), sondern bedurfte einer andeutung von
der art des rodens (€Ö tc Kai xctpov), worin zugleich der grund eines
erfaßten bedenkens gegen die ganze einrichtung lag.
Diese zeilen lagen druckfertig, als mir die 'Studia Thucjdidea'
Ton Tsn Herwerden zum ersten mal in die band kamen, in denen ich
s. 28 die gleiche correctur finde, er sagt lakonisch genug: Meleatur
tnrpe emblema mcT€udf)vai' unter berufung auf Piatons Laches
B- 187^ \ii\ ouK tv Tip Kapl ö^iv ö Ktvbuvoc KivbuveuriTai, dXX' £v
toic ul^civ, und fthrt fort: *retinenti mcT€udf)vai omnino addendum
fiit TC Kod fif).' so erwünscht mir das ganz onabbftngige zusammen-
treffen mit H. ist, so sehe ich doch keinen grund meine Vermutung
Uer surfiekzuziehen, weil H. die seinige durchaus unmotiviert hin-
itftUt. denn auch iie berufung auf die Platonische stelle ist natür-
lich kein entscheidender grund , da nach Zeterlings oben erwähnter,
ipftter ab Herwerdens arbeit erschienener erklttrung bei Thuk. ja
^ rabgeet dperdc zu Ktvbuv€\iec6ai tritt, also grammatisch ebenso
got mcTCuOi^vai dperdc subject zu Kivbuv€i!i€c6ai sein kann.
7. B 44, 1 otc £v€ubaifAovf)ca( tc 6 ß(oc b}ioiwc xaX ivrcXeu-
T^coi Euv€^€Tp/jOn« der letzte mir bekannt gewordene heilversuoh
dieser schwer kruiken stelle rührt von MSchmidt (rhein. mus. XXVII
>* 482) her, der übrigens nur die Vermutung von Classen (die . .
^aXTf|c«i[oder £XXimi)ef)vai] st. 4vr€X€UTf|coO modiflciert und wei-
t«r bildat. derselbe schlügt vor zu lesen : m\ Otc (oder Sri) 4vakt)-
Movfjcaf T€ 6 ßloc öfioiuK: Kai ivcuTUxflcai EuvcMCtp^. den
Mn^en sei kein eöbaifiovcTv , sondern höchstens ein €dTux€?v ge-
540 WHerbBt: zu Thnkydides.
stattet, aber dvcuTUXiicai zu lesen verbietet schon das vonnfge-
gangene tö b' euTUX^c^ and £vqbTmovf)cai — ein wort das zodem erst
aus losephos nachweisbar ist — ist eine unmotivierte ftndenuig schoD
darum, weil TcXeirrficat mit offenbarer rflckbeziehnng auf TcXcvriic
gesagt ist. der einwand, cöbai^oveiv sei hier begrifflich onmGglich,
will nichts sagen, am wenigsten bei der erklftrong die ich Ar die
richtige halte, offenbar fordert der losammenhang hinter Xum^c den
klimaktischen gedanken, eine Tcrbindong von glücklichem lebrä und
glücklichem sterben sei wol der gipfel des glucks, aber den menschen
versag? oder wenigstens äuszerst selten, hieraas ergibt sich die not-
wendigkeit der annähme einer lücke, die an sich sdion hier weit
wahrscheinlicher ist als gewaltsame finderangsvorschlfige wie die
obigen, für ivrcXcuTflcai ist mit Poppo (der Reg. hat TcXeuTncai)
zu lesen €Ö T€X€UTY)cai. aaszerdem scheint hinter olc and dnrcb
dasselbe veranlaszt ujct' aasgefallen, so dasz das subject zu den bei-
den infinitiven aas ofc zu entnehmen wäre.
Classen nahm noch an der historischen Wendung (olc . . Euvc-
^CTpi^On) nach der hjpothetischen (o1 fiv Xdxuictv) anstosz, «eil
kein grund zum Wechsel der structur vorliege, nach unserer erkü-
rung Iftge ein solcher allerdings vor: denn es wftre die berufnng auf
eine notorische und allgemein gültige thatsacfae. sollte das beden-
ken doch grund haben, so wftre die ftnderung von ok iveuboifio-
vf)cai . . £uv€M€Tpr)6T) in olc fiv euöaifiovficai Eu^^crpiiOti ^^^^'
und einfach, und die Symmetrie der gegenüberstellung von cubm-
fiovficai und cO T€X€UTf)cat eine vollständige.
In einer spätem fortsetzung dieser heptas Thukydideischer
emendationsversuche hoffe ich einige weitere nachweise von lücken
und Interpolationen, die sich nach der natur der sache vomehsdicL
in den reden finden dürften, vorlegen zu können, diese gante
frage ist durch die allerdings viel weiter gehende behauptong vcn
EAJunghahn (jahrb. 1875 s. 657—682 und 1879 s. 353-402\
dasz die reden teils in einer mangelhaften redaction hinterlassen,
teils von fremder, nicht geschickter band überarbeitet worden seien,
neuerdings in flusz gebracht, zugleich aber auch überholt and er-
weitert worden, ich hoffe auf die prüfang dieser sehr beachtens-
werten arbeiten zurückkommen zu kOnnen.
Halle. Wilhelm Herbst.
74.
ZU TIBERIANUS.
Bei Tiberianus II 28
nee past ad 9upero» redeai fames aurea pwroa
hatte ich vorgeschlagen suis awrea^ wofür mein reoenaent in dl^
sen jahrb. 1878 s. 431 lanma vorzog, das richtige wird wol füt£
aurea sein."
Obohikgem. Emil Babbebes.
ThTohte: ans. ▼. CGneisse de rers. in Lucretii carmine repetitis. 541
76.
DS VEBBIBUS IN LUORETIl OABMIHB BBPSTITIS. AD SUMMOS IN PBILO-
80PBIA HONORES . • JUTE IMPETRANDOS 80BIPSIT 0 ABOLUS
ov BISSE NUMBUBQfiNSiS. Argentorati apud Carolum I. Truebner.
MDCCCLXXVIIL 84 a. gr. 8. ^
Diese dissertation bescfaSftigt sich mit einer der wichtigsten
ond schwierigsten fragen der Lucrezkritik, der frage nemlich, ob
oder inwieweit die zahlreichen Wiederholungen einzelner oder meh-
rerer reree an verschiedenen stellen des werkes dem. dichter selbst
ihren anpmng verdanken oder auf interpolation beruhen, der vf.
griiDgt dab^ zu so mancherlei interessanten resultaten, dasz es an-
geieigt sein dürfte auf den inhalt seiner arbeit etwas genauer ein-
togehen.
Nach einer summarischen aufz&hlung der verschiedenen ttber
die entstehnng der Lucrezischen Iterationen seit Forbiger aufge-
BteOten ansichten beginnt der vf. seine eigenÜidie abhandlung mit
einer genauem begrenzung seines gegenständes, indem er von der
tltttBidie ausgeht, dasz der dichter noch leichter als der prosaiker
gewisse ausdrücke und Wendungen unwillkürlich sich an^ewOhnt,
hebt er hervor dasz auch bei Lucr. namentlich am anfang oder ende
^1 Tenes dieselben Wortverbindungen sehr hftufig wiederkehren, ja
dui nach ^totis versibus repetitis ezpressae formulae' bei ihm sich
&>deD. er rechnet dahin (s. 8) die verse: guarum nü fieri mani-
f^itimest^ cmma quando 1 188. U 707; muUa modia muUis in cundas
*"<^ partis IV 166. 725; id licet Mnc quamvis heheti cognoscere
^ IV 44. V 882. dasz auch wörtliche Wiederholung ganzer verse
dieser art mehr auf zufall als auf bestimmter absieht beruhe; sucht
dar Tf. an dem in sehr manigfaltigen Variationen wiederkehrenden
verse II 176 magnopere a vera lapsi raHone videtUur (vgl. I 711.
DI 105. n 229. 82. I 880. VI 853. 767. H 645) nachzuweisen';
^ daneben kann er doch nicht umhin einzurftumen, dasz auch auf
''^t des dichiers beruhende Wiederholungen , wenn auch nur in
^ besehribikter zahl, anzunehmen seien, welche iteraüonen er
fiberbaopt als echt gelten läszt, erfahren wir aus dem am ende der
^b. 8. 82 f. gegebenen Verzeichnis, abgesehen von den oben er-
vibnten sind es folgende: stiumdicis poHus gwm muUis versibus
^^; porvus ¥i est c^em mdi&r oanor^ tUe gruum quam damor in
^"^^friis dispersus nubtlms austri lY 180 ff. 909 ff.; Democriti quod
««Kte tiri sententia panii 111 371. Y 622; sandius d mMo certa
^^^^ magis qutan Pyihia quae tripodi a Phoebi lauroque profatur
1 738 f. y 111 f,; noctes atque dies niti praestanie läbore ad summas
f'^frym opes II 12 f. m 62 f.; perpetuo possint aevi läbentia tractu
»ynt veHidas aevi eontemnere viris 1 1004 und V 379. V 1216 f.;
* interpoliert ist ein derartiger vere (I 429 id quod iam wpera tibi
^^ Mteauiniact anie)^ dessen mehrmaUges vorkommen an sich nnver-
^l«bUg ist, an den stellen I 631 und IV 672 (s. 6. 68).
542 ThTohte : anz. v. CGneisse de vera. in Lacretii camdne lepetitit.
dülcis . . quereUaSj tibia qtias fundit digüis pulsata oanentum IV 585.
Y 1385; nam commtmilnM inter se radicilnts haerent m 325. Y 554.
Dasz unter den von Gneisse fEtr echt erklftrten Iterationen tuch
solche yerse und yersreihen sich befinden, deren wiederholte Ver-
wendung jedenfalls auf bewuste absieht des dichters zurückzufthren
ist , ist fdr die beurteilung seines kritischen Verfahrens von grOster
Wichtigkeit, wenn es sich nicht überhaupt bestreiten Iftsst, daäi
Lucr. kein bedenken getragen habe einzelne oder mehrere verse aas
früheren teilen seines werkes, auch wenn sie nicht rein formelhaft
sind, gelegentlich an anderer stelle nochmals zu verwenden, so liegt
bei der groszen mehrzahl wenigstens der minder umfaDgieicfaen
Iterationen an sich kein grund zur yerd&ohtigung vor. am aller-
wenigsten wird man an und für sich daran anstosz nehmen dürfcD,
wenn solche verse oder auch reihen von versen, welche irgend eine
wichtige lehre des Systems, auf deren wiederholte einschftrfcBg es
dem dichter ankam, enthalten, wie zb. nam ^uodcumque mis mäa-
tum finibus exU^ cgntinuo hoc mors est ülius quod fuü aitUe oder
(amstat) guidpossü oriri^ qu*ä nequeai usw. an verschiedenen stellen
in ähnlichem Zusammenhang wörtlich wiederholt sich finden, wer
Wiederholungen dieser art für interpolation erkl&rt, ist uns also f&r
jeden einzelnen fall den bestimmten nachweis der unechtheit achol-
dig. anderseits sind viele der Lucr. iterationen der art, dasz es von
vom herein nicht wol glaublich ist, der dichter habe sie fttr za-
lässig gehalten, dasz er nichts anstOsziges darin gefimden babe,
eine längere partie eines frühem buohs ohne weiteres ala prooenüam
einem der spätem voraufzuschicken, ist ganz undenkbar, aber doch
ist auch in solchen fUlen die müglichkeit nicht aui^gescblosseo, <ia^
die Wiederholung vom dichter selbst herrühre; die unbestreitbare
thatsache , dasz da^ ganze werk, das erste buch nicht ausgenommen,
unvollendet von ihm hinterlassen ist, nötigt uns auch in der beor-
teilung von mäng^. dieser art behutsam zu werke su gehen, es
scheint uns dasz überiwupt in der Oneisseschen schrift jenem anfer-
tigen zustande des gedichta nicht in genügender weise rechnnng g^
tragen und deshalb bei der Untersuchung über die echtheit miocb«r
stellen ein unrichtiger maszstab angelegt sei«
On. teilt die sämtlichen Wiederholungen nach ausscheidimg der
nach s. 82 f. von ihm für echt gehaltenen in drei claseen: sie ver-
danken seiner ansieht nach teUa dem schon von Tififhmfn" ent-
deckten ^ector philosophus', teils dem ersten herauageber, tei^^
endlich einem grammatiker ihren Ursprung, welcher durch absiebt-
liehe interpolation den dichter zu verbesaem euchte. in bezog aai
die dem *lector phUosophus' zugeschriebenen wiederholongen kann
rec. sich im allgemeinen mit den darlegungen des vf. einverstaaden
erklären, es himdelt sich dabei um die stellen I 44—49. V 134t
—46. m 806—18. V 102 f. 1388 f. II 1020. 529—31. da alle
diese stellen bis auf die letzte (auf welche wir unten zurfickkomicen
werden) schon von Lachmann auf seinen *lector philosophus' zurQ<>^*
ThTohte: ans. v. CGnciese de vere. in Lucretü carmiue repetitiB. 543
geftlui sind, bringt Gn. in diesem ersten abschnitt seiner arbeit
nichts eigentlich neues, und nur etwa die von ihm gemachte beob-
acbtoBg verdient erwfthnung, dasz jener philosophische leser die
betr. verse nicht in der absieht sie zu interpolieren beigeschrieben
hibe; es gehe das daraus hervor, bemerkt er richtig, dasz an den
beiden leisten stellen die unechten verse gar nicht in die construotion
sidi ftgen.
Dcor zweite teil der abhandlung beschtftigt sich mit denjenigen
wiedeAolungen, welche nach des vf. meäBUng von dem ersten heraus-
gvber des gedichts herrtthren. wie er im einzelnen darzuthun sucht,
vin derselbe in ziemlich ausgedehnter weise bemttht gewesen das
Tom dichter unvollendet hinterlassene werk durch selbstftndige ftnde-
nmgen lesbarer zu machen, was aber die person des herausgebers
betrifft, so sucht er s. 46 f. — obwol er ohne weiteres einräumt,
dasz Hieronymns in der bekannten stelle Marcus Cicero gemeint
babe — die anaicht zu begründen, dasz weder Quintus noch Marcus
Cieero — und mit diesem negativen resultat, glaubt er, mfisse man
ud begnflgen — es gewesen sein könne« in der that ist dies eine
notwendige consequenz« ist die thfttigkeit des herausgebers bei der
TerOibntlichung des Werkes wirklich eine so eingreifende und will-
blrUcbe gewesen, wie Gn. es nachzuweisen sucht, hat er nicht etwa
biosz durch ojaazerliche Ordnung der einzeln für sich und zusam-
jDenhao^os verfaszten partien des gedichts, sondern auch durch
üterpolationen und correcturen di^elbe zu emendieren versucht,
M ezgeben sich daraus die schwersten bedenken gegen die notiz des
Biero&jrmns; es würde dann unbegireiflich sein, dasz in Ciceros wer-
ken nirgends eine bezügliche andeutung sich findet» diese bedenken
▼flrdea dagegen verschwinden, wenn eine derartige thfttigheit des
l>^aflgebm, wii^ Qu. sie annimt^ nicht stattgefunden hätte, dhu
Vena Cicero etwa nur das werk unter seiner aufsieht hfttte verviel-
fUtigen lassen und seine 'emendation' desselben darauf sich be-
äcbrlnkt hätte, die losen blätter des manuscripts in die nach seinem
<^*ftrlialien den intentionen des verfasseirs am meisten entsprechende
ordnong zu bringen und unverarbeiteten randzusätzen ihren platz
anweisen« da^z es aber wirklich, so sich verhält, ergibt sich aus
dir Verfassung, in welcher heutzutage das werk sich befindet und
^ grossen und ganzen von anfang an sich befunden haben mnsz.
<^ wäre es denkbar, dasz der herausgeber in äuszerst Willkür-
^'^ weise durch einschiebung ganzer aus andern büchem ent^
i«bter Partien die prooemien des 2n und 3n buche ohne allen grund
crveitert, dem 4n buch eine partie des ersten als prooemium ver-
gütet und einige wenige stellen , an denen er die letzte feile ver-
l^^^oU, auf eigne hand durch einsetzung selbstgemachter verse ver-
^^sxrt, die anch für das blödeste äuge bemerkbaren und äuszerst
^renden Unebenheiten vieler anderer stellen aber unangetastet ge-
'^«•Kn hätte? würde er insbesondere wol , wenn er auf herstellung
(ii€s tadelloeen Zusammenhangs bedacht gewesen wäre, an so zahl-
544 ThTohte: anz. v. CGneisBe de vers« in Lucretii carmine repetitu.
reichen stellen, wo der dichter demselben gedanken eine doppelte
ausfühmng gegeben , beide fassungen nelien einander aufgenommen
haben, während es doch hier nur einer Streichung der am rinde
beigeschriebenen zweiten bednrfte? da er durch aufnähme dieser
doppelrecensionen an vielen stellen den sonst yorhandenen tadel-
losen Zusammenhang geradezu zerstörte , dflrfen wir annehmen dasz
er bei seiner redactionsarbeit gar nicht den inhalt und gedanken-
gang in betracht zog, sondern höchstens nach ftuszerlichen indiden
des Wortlauts die reihenfolge der teile, wo der dichter selbst sie
nicht angedeutet hatte, bestimmte, die Untersuchungen O11.8 ver-
mögen uns nicht die Überzeugung zu erwecken , dasz an einzelnen
stellen der herausgeber eigenmSchtigkeiten sich erlaubt habe, welche
mit dem, nach zahlreichen andern stellen zu urteilen, von ihm durch-
weg beobachteten gewissenhaften und piet&tyollen verfahren unver-
einbar erscheinen.
Das prooemium des 4n buchs nimt unter den dem herausgeber
zugeschriebenen Wiederholungen die erste stelle ein. On. tritt al^>
in bezug auf diese stelle fDr eine schon von Lachmann aufgestellte
hjpothese ein ; aber obwol er allerlei neue gründe zu ihrer empfeb-
lung vorbringt, ist ihm doch, so scheint es, ebenso wenig wie den
übrigen Verfechtern derselben der nachweis gelungen, dasz die betr.
verse im 4n buche nicht von Lucr. geschrieben sein können, der
abenteuerlichen darlegung Forbigers, welcher die verse im In buche
für unecht hielt, stimmt reo. natürlich ebenso wenig bei und h<
vielmehr die von Purmann schon 1846 aufgestellte und wiederholt
von neuem verteidigte, auch von anderen selten gebilligte ansieht
für die allein wahrscheinliche, dasz Lucr. wie im In so auch im
4n buche die verse selbst geschrieben habe, jedoch in der absiebt sie
an der erstem stelle zu tilgen, auf 6in bisher nicht beachtetes, f^
diese ansieht sprechendes moment werde hier noch hingewiesen,
während neuerdings Stürenburg (acta soc. phiL Lips..II s. 411 <
behauptet dasz, wie das d qucniam docui im 3n und 6n buche an
den ersten teil der betreffenden prooemien anknüpfe, so auch da«
sed qtumiam docui I 951 es zur Voraussetzung habe, dasz die in 921
— 50 enthaltene abschweifung unmittelbar voraufgehe, glauben wir
gerade aus dem sed eine ganz andere folgerung ziehen zu müssen.
sed dient, wie Stürenburg richtig bemerkt, dazu, nach ein^ ab-
schweifung zum thema zurttckzuleiten. nun enthalten zwar I 9il
— 50 eine abschweifung, aber nicht erst mit 951, sondern bereiti
in den vorhergehenden schluszworten wendet sich ja der dichter
wieder zur sache; nach den werten dum perspicis ornnem naiurttn
rerum, qua constat compta figura durfte nur mit einem *nnd zwar*
fortgefahren werden, in den von Stürenburg angezogenan stellen
ist der Sachverhalt ein solcher, und deshalb heiszt es hier et qwmiam
dasz es abweichend an unserer stelle sed guoniam usw. heisst, L-t
ein indicium dafür, dasz 921 — 50, obwol sie an dieser stelle ur-
sprünglich gestanden haben müssen, doch vom dichter, als er 951 ff.
lliTohte: anz. v. CGneisse de yers. in Lncretii carmine repetitis. 545
schrieb, als hier nicht vorhanden betrachtet worden, im engen an-
schlnsK an die auseinandersetznng über die andern natorphllosophi-
sehen Systeme, die doch gewisserm&dzen eine abschweifting vom
thema bildet, ist seä durchaus am platze.'
Teilweise glttcklicher ist der yf. in seiner behandlang der gleich-
lautenden schlosEVerse der prooemien des 2n und 3n buchs {nam
vdutipueri usw. «> YI 35 if.); er weist bezügHoh der erstem stelle
gut nach, dasz wegen de^ logisch ganz fehlerhaften nam wie auch
wegen der yeiBchiedenen befdeutung von tenebrae in y. 54. 56. 58.
59 und des höchst unpassenden interdum timemiiS Lucr. selbst die
verse hier nicht geschrieben haben könne, ähitllch verhält es sich
mit den gleichen yersen des dn buchs: auch hier sind sie inter-
poliert, dasz aber auf den herausgeber diese erweiterung der pro-
oemien zorttckgehe, ist eine behauptnng welche Gn. durch nichts zu
beweisen vermag, anders ist wieder zu urteilen über II 478 f. *»
532 f. 6n. führt richtig aus, daez der Übergang quod quoniam docui,
pngam conedere rem quae ex hoc apta fidem ducai an der zweiten
stelle nach v. 480—521 angemessen, an der erstem aber nach dem
was dort yoraufgeht unmöglich sei. dennoch ist rec. der meinung,
<iasz man auch hier nicht voreilig dds überlieferte antasten dürfe,
da die thatsache des unvollendeten zustandes des gedichts zur er-
kllrong oder entschaldigung der incorrectheit ausreichend ist. aber
wSren auch die verse 4/8 f. wirklich nicht von Lucr. , so würde es
doch immer noch wahrscheinlicher sein, dasz ein spSterer inter-
poUtor, dem der parallelismus von 480 nnd 524 f. auffiel, sie an stelle
des ursprünglichen eingesetzt hätte, als dasz, wie Qn. will, der her-
ausgeber der nrheber dieser textesftndemng gewesen wSre. sehr an-
brechend ist dagegen die s. 23 ff. von Qn: aufgeistc/Ilte und mit be-
Satzung von Hörschelnianns obs. Lucr. alterae (Leipzig 1877) s. 27
aosfUirlich begründete Vermutung, dasz v. 529^—31 in einer hinter
1 1014 verlorenen partie ihren ursprünglichen platz gehabt hätten,
u ihrer stelle im 2n buche aber vom ^lector philosophus' beige-
Hhrieben und so hier in den text gerathen seien.
Der Wiederholung von II 478 f. in v. 522 f. desselben buchs
' mit der untersaehung über IV 1—25 yerbindet Gn. eine bespre-
^ng von 46 ff. deuelbtn bachs. er gelangt 8. 18 tn folgendem re*
•Bltet: sa 26 —^ worden die aus dem 3n bnobe entlehnten verse 45
~-id Ton einem interpolator beigeschriebeu in der meinung, dass aie
^'f 28 eingeschoben werden sollten; um die banfung der copulativen
ptitikelo ca vermeiden (aique 26, et 27), änderte derselbe in dem ersten
^<r interpolierten verse das ei in Med, derselbe interpolator scbrieb
cfben 80 die selbstgemachten yerse 61—63 guae qtum membranae nsyr.
u der absiebt sie an stelle von 81 f. in den tezt su bringen, der ab-
'^jfeiber dieses exemplars behielt alles nrsprOngliche bei, fugte aber
'ii^ xttsätKe des interpolators, indem er, um sie verständlich zn machen,
tich nodi 29 f. wiederholte, am ende der seite binsn. so scharfsinnig
^e«e darlegang ist, glaubt rec. doch, dass die annähme einer vom
achter selbet berrttbrenden doppelrecension (Brieger im Fhilol. XXIX
"^n ff.) mehr anspmch auf wahr ach einlichkeit hat
iakrMck«' Ar cImc. plüloL 1879 hfl. 8. 35
546 HiTokie: anz. v. CGneiB&e de yen, in Lncretii ourmine r^wtitu.
sehr ähnlich ist das doppelte quaprapter qui materiem renm esse
putarufU ignem atque ex iffni sutmnam consislere solo (jposte) 1 636 L
und 705 f. Gn. will den anstosz hier in ganz gleicher wose wie
dort beseitigen: nur an der zweiten stelle sollen die yerse nrsprflng-
lieh sein, an der ersten soll sie der herausgeber eingefligt habea, um
eine richtige Verbindung mit dem vorhergehenden, welche der dich-
ter selbst herzustellen unterlassen hatte, zu gewinnen, wir vermögen
dem vf. schon darin — und darauf basiert seine ganze beweisf&h-
rung — nicht recht zu geben, dasz das erste quaprqpUr sprachlicli
unrichtig sei. quaprapter, sagt Gn. richtig, ffihre an allen andern
stellen eine folgerung ein, diene aber nie iJs fibergangspartikel, wie
man es doch hier auffassen müsse.' aber haben wir es hier nid:
auch gewissermaszen mit einer folgerung zu thun? die mit 635 be-
ginnende Widerlegung der gegnerischen theorien ist ja offenbar nicht
um ihrer selbst willen, dh. zur feststellung des negativen resnltats,
dasz diese oder jene lehre falsch sei, vorhanden, sondern der dichter
will hier aus der im vorhergehenden bewiesenen soUdüas der j/ri-
fHordia die weitere folgerung ziehen, dasz dieselben (im gegensau
zu der annähme der bekämpften phUosophen) qualitfttslos seien.
allerdings aber ist reo. der ansieht dasz Lucr,, wenn er seinem ge-
dieht eine endgültige fassung gegeben hätte, das doppelte ^^-
prqpter nicht würde beibehalten haben« eine ganze reihe von in-
dicien ftihrt, wie an einem andern orte ausführlicher dargelegt wer-
den soll, darauf dasz 635 — 704 dem ursprünglichen corpus des In
buche nicht angehürt haben, sie scheinen ein später für sich ter-
faszter passus zu sein, eine weitere ausführung der in 734 ff. schon
mitenthaltenen Widerlegung der Vertreter des Rurigen elements i dts
Herakleitos und der stoiker). vermutlich ist es die absieht des dich-
ters gewesen, das erste quaprapter usw. an stelle des zweiten sich
an das vorhergehende anschlieszen zu lassen; es hätte aber dazu
einer Umgestaltung von 705 ff. bedurft, deren ausführung nnter-
blieben ist.
Auch von der richtigkeit der ansieht Gn.s über III 784—97 =»
Y 128—41 vermag rec sich nicht zu überzeugen, in 787— d9un^i
798 f., meint er, hätten ursprünglich zu dem unvollendeten stfl^i^
615—23 desselben buche gehört (so schon SnsemihI im Philol.
XXYII 44) und sich dann durch irgend einen sufall hinter 788 ver-
irrt, der herausgeber habe, da sie hier für sich keinen sinn gsbeo.
784—86 und 790—97 aus Y hinzugefügt, ein grammatiker dann
wieder 787—89 in Y (131—83) interpoliert, da in der sonst gleich
lautenden stelle ihr fehlen ihm aufßlllig gewesen seL bewiesen ^-^^
dies aber durch Gn.s gründe nicht, und rec ist der ansieht dasz ^'^
frage, ob die sämüidien verse nicht an beiden stellen vom dichter
' II 998 quapropter merito mütermim nomen adepia eii nnd thtr*^
V 796 f. Hnquiiyrt ut merito maiermtm nomen adepia terra siiy e t^*
fuoniam eunt ameta ereaia erkennt Gn. s. dO f. anm« richtig alt io^'f-
poUUon ana V 821.
ThTohte: ans. v. CGneiue de yen. in Lacretii carmine repetiidB. 547
selbst herrObren können, anch hier eu bejahen ad. freilich hat Lncr.
sie in Y nur einstweilen notdürftig mit dem vorhergehenden in yer-
bindnng gebracht, indem er statt demque das siciäi setzte, neben
irakhem mm, da noch t. 131 dazwischen steht, das in 132 folgende
9ie imertriglich ist in der &ssnng des 3n buchs erregt das sie nicht
den geringsten aastosz, und demnach scheint der dichter die verse
hier zuerst geschrieben zu haben, aber wie er bei der letzten revision
in V sie sidber nicht so nnTerSndert würde haben stehen lassen , so
hitte er gswis auch im 3n buche 784 ff. und 615 ff« — denn ihrem
inbilt nadi stehen diese beiden stücke als yerschiedene aosftlhnmgen
desselben gedaakens in parallelem verhftltnis — nicht ohne weiteres
Beben einander beibehalten.
Am eigenmftchtigsten hätte nach On. der heransgeber in der
mit 235 be^nnenden partie des 5n bnchs eingegriffen: mehr als 50
verse soll er hier mit benntzong einzelner aus andern bttchem ent-
Bommener Lnorezischer hinzugeftgt haben, sehen wir uns die arga-
Bieniation des Tf. etwas genauer an. er fiaszt zonttchst (s. 37) den
iabslt des ganzen absohnitts 235—405 ixis ange und erkennt hier
eise zweiteünng, indem, so meint er, Lncr. zuerst darthue (235 ff.),
caelum terramque nativa ä morUma esse^ während erst in 351
—415 die beweisftihmng ad toium mundum sich beziehe (s. auch
8. 46). aber der hier angenommene gegensatz ist gar nicht vorhan-
den: eadiim ierraque ist offenbar nur ein anderer ausdruck für Mtis
mmidM\ ▼. 235 — 46 zei^n dies deutlich : denn wie hier maxima
mtidi membra aepartis 243 nichts anderes bedeutet als die in 235 ff.
sn%siählte]i elemente, so ist eadum terraque 245 — amma mundus
339. wir haben also in 235 ff. und 351 ff. nur verschiedene beweise
Ar dieselbe sache. ganz richtig ist dagegen Gii.s weitere behaup-
toBg, daaz in 825 ff. QraOerea 8% nuBa fuU gemtäUs crigo terrofum
d codi aemperque aetema fuere) ein beweis e contrario enthalten sei,
mithin der directe beweis fttr denselben sats voraufgegangen sein
nttsse. aber er irrt wieder, wenn er weiter argumentiert: da in 318
--23 der beweis fttr (Mrnn) eadum steht, musz der dichter ihn im
Torhexgehenden ftbr (toto) terra geflihrt haben; dieser erwartung
entspricht aber der inhalt von 247—317 nicht, irrig ist hier die
leheidang von cadum undierrti, da eadum terraque^ wie wir gesehen,
viehndir einen einzigen begriff bilden, sollte der in 235 — 46 nur
km angedeutete beweis des satzes cadum terramque naüva d mar-
Uüia ose, überhaupt weiter ausgeführt werden, so konnte das nur in
dir weise geschehen, dasz von den einzelnen membra oder partes
mmdij dh. nach 235 ff. den vier elementen, die natwitae d martaUtas
Bidigewiesen ward, und das geschieht in der that in 247 — 317.
^ was wollen nun v. 318—23? rec ist der ansieht, dasz das
richtige von Kannengiesser *de Lucr. Tersibus transponendis' (G5t-
tingen 1878) s. 31 ff gefunden ist, welcher jene verse auf die die
erde nmsehliessende luft besieht und darin eine andere (ältere) fas-
snng von 278 — 80 erkennt, nach isolierung von 318*23 haben
86*
548 ThTohte: ans. t. CGneifise de yers. in Lacretii carmine repetitu.
247 — 317 inhaltlich nichts anstöaziges mehr: denn sie dienen nor
dazu, das in 335-~46 behauptete aUgemeine in passender w^ zu
specialisieren. aber auch diejenigen gründe, welche Chi. in der fonn
der einzelnen beweisglieder für ihre unechtheit zu finden glaubt, und
nicht stichhaltig, wenn er zonäohst 261—72 deshalb verdftektigt,
weil derselbe gedanke zum teil mit denselben worten, zum teil beaaer
ausgeführt im 6n buche wiederkehre, so glauben wir auch hier nor
an den unyollendeten zustand des gedichts erinnern zu mOssen and
halten die wörtliche Wiederkehr mehrerer versa im'6n buche um so
weniger fdr beweisend, als ja VI €08 — 38 als ein nicht in das ganze
verarbeitetes stück sich deutlich docnmentieren. ferner flUirt Gn.
sprachliche gründe an : die structur des satzes 264 ff. sei nicht logisch,
da die beiden causalsfttze grammatisch nur auf 265 bezogen werden
kOimten, während doch seinem Inhalt nach der erste ^iiod-satz auf
den vorhergehenden hauptsatz zu beziehen sei. aber dergleichen an*
ebenheiten des stils begegnen wir zu zahlreich bei Lucr., um daiaos
die unechtheit folgern zu dürfen, geradezu irrtümlieh ist Qn.« be-
hauptungy dasz decursus ctquarum hier *regen' bedeute, wihzend
Lucr. sonst eine andere bedeutung mit dem ausdruck verbinde, (ias
gt^od superest endlich ist allerdings unpassend an der spitze des zwei-
ten in einer Ifingem reihe von beweisen, aber für die unechtheit der
verse kann es nicht beweisend sein. — Auch der beweis fllr die un-
echtheit von 273 — 80 ist On. nicht gelungen, der einaige gr«md,
der auf den ersten blick beachtenswert irs(dieint, ist der dan mttc
iffUur sonst nur *in assumptione syllogismi' stehe, nie aber als Aber-
gangspartikel diene, aber dagegen ist zu sagen, dast es an allen
andern stellen an der spitze des satzes und verses steht und diese
andern stellen deshalb für die unsere nichts beweisen kOzmeiL der
anstosz an dem Inhalt der verse (Gn. veigleicht II 1105 ff.) ist ganz
unbegründet — Auch 281 — 305 werden dem Lucr. abgeq>roehen;
aber der vf. weisz das nur so zu begründen: weil die beiden vorher
besprochenen stücke vom wasser und feuer nicht von ihm verfai>z:
seien, könne es auch dieses nicht sein, endlioh untersucht er 247
— 60 auf ihre echtheit. an den ersten veraen 247—50 nimt er an-
stosz, weil hier iUud 247 sich 'ad certam rem quam poeta iau teügit'
beziehe, während es an allen übrigen stellen in tthnlioher verbindong
auf etwas vorher noch nicht berührtes hinweise, aber üUid deutet
einfach hin auf etwas folgendes^ hier auf quod ienram aiqm ignm
tnortälia sumpsi] ob von dem gegenständ im vorhergehenden schon
die rede gewesen odsr nicht, ist ohne zweifei ganz indiffsruit auch
257 — 60 werden von 6n. angefochten, die behauptong pro pürt<
«t4a, qtiodcfimque älid augd^ reddiitMr^ sagt er, enthalte, wenn mao
Lachmanns erklflrung von reddiiur »« recreatur aceeptiare, neben V
322 f. eine uzirichtigkeit. aber Lucr. behauptet doch an der «nen
stelle nur, dasz ein ding, welches von seinem stoff etwas abgibt, ua
durch eine einbusze in seinem bestände erleide, an der andMn, dsfr/
die erde für diejenigen stoffteile, welche sie zur emtthrung der dinge
ThTokte: anz. t. CGodsBe de ven. in Lncretii carmine repetius. 549
abgeben mttsae, anderweitig ersatz erhalte; eine nngereimtheit liegt
darih nicht, ebenso wenig künnen wir mit Gn. aapraäerea^ weil es
BMh seiner ganz richtigen bemerknng nnr behaaptungen, welche
sich auf denselben gegenständ beziehen, yerknüpft, etwas anstöszi-
ges finden, das perire rursusque gigni oder Uban et recrescere^ wel-
dies Liier, hier von der erde darthon will, bildet nicht zwei getrennte,
iofldeni eine einzige behauptong, nnd es steht in dem belieben des
dichten, ob er die nun beweise dafür beigebrachten thatsacben durch
tmpraetena verknüpfen oder ihr yerhältnis zu einander als ein ad-
versatives auffassen will, so mttssen wir auch 247 — 60 für in jeder
boiehung oorreot erklftren. wie verfehlt das kritische verfs^ren
6a j ist, das tritt aber noch deutlicher darin zu tage, dasz gerade
nach aussdheidung der von ihm als unecht bezeichneten stttcke eine
buchst mangelhafte gliederung nnd ein unklarer gedankengang sich
benusstellt. denn wenn er s. 45 den ganzen ersten teil (235—350)
der ontersnöhung über die whortäUtaa mundi in dieser weise gliedert :
'L 235 — 46 demonstratnr, mazima mundi membra cum consumpta
regignantnr, seire licere, caeli quoqoe terraeque fnisse principiale
aliqaod tempus dademque fnturam. II. 251 — 56. 306—23 demon-
strätor, et terram et caelum ea natura praedita esse, ut mortalia esse
rideantor: ao prineipio quidem terram (a 251 — 54, h 255—56,
6 306—17), deinde caelum (318—23). m. beweis e contrario' —
»0 ven^gem wir nicht einzusehen , wie II seinem inhalt nach als
eoiM'dinierter beweis neben I aufgeführt werden kann; nnd wie wftre
es auch denkbar, dasz der dichter diesen zweiten beweis ohne weitore
YtrUadung ebenso wie den ersten mit einem prmcipio eingeführt
liitte? nur darin stimmen wir 6n. bei, dasz 306 — 17 inhaltlich zu
dem ersten, auf die erde bezüglichen beweise gehören, und dasz mit
9^ mperest nicht der zweite von mehreren beweisen eingeleitet
werden kOnne. aber was folgt daraus? wir meinen, nur dieses, dasz
der dichter die einzeln verfaszten stücke seiner beweisführung nicht
gehörig geordnet und in einander verarbeitet hat. zu weiteren ioU
gerungen sijid wir angesichts der fthnlichen beschafienheit mancher
ttd«ni Partien des gedichts nicht befugt, und wie w&re es ander«
»eita denkbar, dasz der herausgeber, wenn er, wie On. meint, durch
iaterpolation den dichter hätte verbessern wollen, offenbar zusammen-
gviifirigee gewaltsam von einander gerissen und ein gnod superest in
feUeihafter weise statt an letzter an zweiter stelle gesetzt hfttte?
die art der vorhandenen mftngel ist gerade gegen die annähme von
iaierpol|ktion und für die ursprüngUohkeit des teztes in seiner jetzi-
gen gestali beweisend.
Wir haben gesehen, dasz die von On. auf den herausgeber zu-
rückgeführten stellen zum teil mit unrecht von ihm dem dichter ab-
gesprochem werden; zum teil allerdings scheinen sie spätem ur-
fepmngs zu sein, aber dasz sie dem herausgeber ihren Ursprung ver-
«Isnken, ist durch nichts zu beweisen, ja im höchsten grade unwahr-
scheinlich, glücklicher ist 6n. wieder im dritten teile seiner arbeiti
550 ThTohte: anz. t. CGneüse de vers. in Lucretii carmine repetitia.
wo er die Interpolationen des spfttem grammatikers behandelt^ dasz
er attcb liier zu weit geht in der annähme von interpolation, ist oben
angedeutet; aber von vielen stellen weist er doch scharfinnnig mid
schlagend die unechtheit nach.
Zunächst werden s. 48 ff. für die Behauptung Briegers und Neu-
manns, dasz n 1013 — 22 mit benutzung von 1 820. 685 von emem
interpolator zusammengeflickt seien, neue beweiskrftflage grflnde bu-
gebracht. sowol wegen des absurden inhalts als auch aus 8prablilidie&
grflnden können die verse nicht von Lucr. verfaszt sein, all8p^^
chend ist die Vermutung, dasz 1020 ("» 726, welcher aber nachOiL
auch vom interpolator henührt) zu 1021 vom 'lector philosophos'
beigeschrieben sei, der also spftter als der 'interpolator grammaticus^
gelebt habe, derselbe interpolator , von welchem 11 1013 £ her-
rühren, hat nach Gn. 11 688 — 99 interpoliert, indem er dabei aaszer
den genannten stellen des In buchs auch noch 11 336 (halb) und
337 wörtlich verwendete, es ist schon von Bruno *bem. zu einigen
stellen des Lucr.' (Harburg 1872} s. 5 bemerkt, dasz die verse an
ihrer stelle -- denn schon 686 f. steht die 583 — 85 entsprechende
clausel — unertr&glich sind, aber mehr Wahrscheinlichkeit als dessen
ansieht, dasz sie ein von Lucr. selbst zusammenhanglos verfasites
stück seien, dürfte On.s annähme einer interpolation haben, für
welche viele einzelne gründe sprechen, gewagt scheint dagegen des
vf. Vermutung, dasz auch 718 — 29 als maohwerk desselben inter-
polators zu betrachten seien; allerdings dasz 723 f. «> 336 f. (non
quo muUa parum simüi sint praedUa farma^ sed gtUa tum vd^paria
ammbus omnia constant) hier unecht sind, ist wahrscheinlich; sie
stören den Zusammenhang, auch ist es richtig, dasz der ganze passns
nicht recht an die voraufgehende auseinandersetzung {non ommmo-
dis oaneäi posse omnia 700) sich fügt; aber liest man nur mit Ber-
nays (s. Brieger in Bursians Jahresbericht 1873 s. 1118) in v. 719
legibus hisce^ eadem ratio disterminai omne, so verschwinden die
Schwierigkeiten, welche 6n. in dem einzelnen, namentlich in 726 f.
findet, insbesondere können wir es ihm nicht zugestehen, dasz neben
den motus nicht von piae gesprochen werden könne; viae sind d^
je nach der gestalt und zusanmienfügnng der primordia verschieden
gestalteten canftle oder por^i innerhalb der dinge, bei den «0^
werde aber daran erinnert, dasz ja nach Lucr. auch innerhalb der
festesten körper stete bewegungen der urkörperchen stattfinden nnd
dasz die art dieser bewegungen von der figuration jener körpereben
(ebenso wie auch das gewidit) abhftngig ist.* 718—29 steten il£0
zwar isoliert und sind mit ihrer Umgebung nicht in den richtigen
* dasz es oft sehr schwierig sei tu scheiden swisoheo dem 'lector
philoflopbuB* und dem 'interpolator mmmaticoi*, bemerkt Gn. ■« (1
* wenn Gn. bei dieser gelegenheit V UO — H 726 ans dem ^^^
chen gründe für unecht erklärt, so vermögen wir ihm auch darin oickt
ca folgon.
ThTohie: aDZ. v. CGneisse de vers. in Lucretii carmine repetitis. 551
tiuammenbang gebracht, aber an ihrer echtheit zu zweifeln sind wir
nicbt berechtigt. — Eine vergleichnng der in manigfaltiger weise
lieh zusammensetzenden nrkOrper mit den bnchstaben der wOrter
enthalten wieder I 907 — 14; auch diese verse schreibt Gn. ohne
triftigen gmnd s. 56 dem interpolator zu;' desgleichen die bis auf
dtn anfang mit 908—10 gleichlautenden 817—19 nnd 11 760—62.
Eine zweite serie von interpolationen erkennt der vf. in 11 749
-56. 1 670—74. in 519 f. 11 864, deren gemeinsame quelle 1789 ff.
sein soll, nur dasz 11 864, an dem auch Neumann anstosz nimt, hier
sehr verdftchUg sei, geben wir zu, halten aber die unechtheit der
flbrigen stellen nicht fttr erwiesen.
Die steUen VI 68—66. I 594—96. 1 76-77. VI 90 f. (66 f.)
sollen eine dritte reihe unechter Wiederholungen bilden, gut wird
Tom ▼£ nachgewiesen, dasz die erstgenannte, aus dem prooemium
T entnommene stelle nicht vom dichter selbst herrühren kOnne. aber
wenn er I 694 — 96 für unecht erklftrt und dabei annimt, der inter-
polator habe das non 597 in nee yerSndert, können wir uns nicht
mit ihm einverstanden erklären, sachliche Schwierigkeiten sind nicht
Torhanden; das einzige was bedenken erregen könnte ist der unge-
wöhnliche Wechsel der tempore in dem condicionalen Satzgefüge,
aber da die oonsecutio temp. bei Lucr. so mancherlei eigentümliche
encbeinungen aufweist, erscheint es uns doch bedenldich, darauf
bin ein soldies urteil zu füllen, was den dichter zur wähl des conj.
pnes. neben dem coig. imperf. possent 593 und 597 bestimmt habe,
liegt nicht fem, und auch Schröter *die condicionalsfttze des Lucr.'
(Weiel 1874) s. 20 nimt mit recht die Überlieferung in schütz,
ebenso wenig stimmen wir Gn. in bezug auf I 75 — 77 bei. mit
mehr Wahrscheinlichkeit werden die werte guarum apemm ca%uas
asw. VI 56 f. und 90 f. («> 1 163 f.) nicht blosz an der ersten, son-
dern auch an der zweiten stelle yeräk&tigt.
8. 69 wendet endlich der vf. sich zu denjenigen versen, welche
nur Einmal wom interpolator wiederholt sich finden, auch hier sind
seine bemerkungen Ton sehr verschiedenem werte, wahrscheinlich
aseht er dasz interpoliert sind : 11 163 f. (— IV 207 f., nur mit ab-
»ältlicher Knderung von fülmina in /ulgura)j TV 216—29 (abge-
sehen von dem ersten verse »« VI 923 — 35 ; neu ist hier nur der
uehweis der unechtheit Ar 216 f.), V 1390—96 (1392—96 fast
^ n 29 — 33 und schon von Nenmann ftür interpoliert erklftrt) , VT
251^54 (>M IV 170 — 73 ; auszer Neumann hat schon BockemlUler,
<ies8«n ausgebe On. unbekannt geblieben zu sein scheint, die verse
usgeschieden), VI 383—86 (— 87—89), endUch V 210— 12 (auch
hier hat schon Bockemflller die unechtheit erkannt), auch in den
Ton Tiachmann dem *lector philosophns' zugeschriebenen stellen IV
799->801 nnd V 1315 erkennt Gn. nicht ohne Wahrscheinlichkeit
absichtliche Interpolation und weist sie daher dem grammaticus zu.
^ onerwieaen, wenn auch die möglichkeit einer interpolation nicht
ansgndilosaen ist, hftlt rec. die unechtheit von V 419—31. 1 1080 f.
552 ThTohte: anz. y. CGneiese de yers. in Lucretii carmine repetitii.
VI 228 f/; bezüglich der stelle Y 1326 möchte er sich lieber ftLr
eine doppelrecension entscheiden; I 915 — iO scheint ein vom dich-
ter zusammenhanglos verfaszter passus zu sein, unzweifelhaft irrig
aber ist des yf. ansieht über 1 146 — 48. indem er hier nemlich den
yon Brieger, Stürenburg.ua. mit recht behaupteten engen Zusammen-
hang yon h^nc terrorem 146 (= die azi^st yor eimer f ortdauer nach
dem tode und jenseitigen strafen, woyon y. 102 — 35 die rede war)
mit dem yor 136 stehenden flüschlich leugnet, nimt er an dasz 136
— 45 ganz an ihrem platze seien, erklärt nun aber 146 — 48 («» VI
39 — 41) für int«rpolation; erst nach ausscheidung dieser yerse, be-
hauptet er, fönde das cuius 149 in carmine 143 sein richtiges be-
ziehungswort; aber dasz naturae speeies raiiogue nicht als ^in begrif
gefaszt werden könne (»= rationelle naturbetrachtung), bewei&t er
nicht, ganz entschieden müssen wir endlich auch On.8 ansieht tlber
I 548 widersprechen, können aber unsere abweichende aufFassung
hier nur in kurzen zflgen andeuten. 6n. bemerkt, wenn 548 stehen
bleibe, so yerfahre der dichter in d6r weise, dasz er zuerst aus der
503 — 27 erhärteten aölidiias ierprimordia ihre aäemitas (528—39),
dann aber umgekehrt (540 ff.) aus der aeternüas die sciiäüas folgere/
ein so incorrectes beweisyerfah^en, sagt er mit recht, könne unmög-
lich dem Lucr. zugetraut werden, unseres erachtens ist aber in
Wirklichkeit der gang der beweisführung ein gajaz anderer, dasz die
ptimordia aäerna seien, hat nemlich Lucr. bei feststellu&g dessatzes
nil ad nüum im ersten hauptteil des buches schon zur genüge mit
bewiesen (man beachte besonders y. 221. 236. 245). die dort nach-
gewiesene aeternüas der urkörper wird nun im zweiten teil (483 ff.)t
in welchem es sich darum handelt darzuthun, dasz diejpriinordiacior-
para sölida dh. atome seien, nur als beweismittel zu hüfe genommen,
in einer ersten dreigliedrigen gruppe 503 — 27 wird die sdUdUas dtr
primordia gefolgert aus dem principiellen gegensatz der beiden Sub-
stanzen der materie und des leeren raumes; mit 528 beginnt eine
zweite gruppe yon beweisen, welche durch den gemeinsamen grund-
gedanken, dasz ohne corpora sölida (atome) die existenz der dinge
wie sie sind keine erklärung finde, ihre einheit erhält, auch die:»«
gruppe besteht aus drei beweisen: 528 — 50. 565 — 76 huc aectdity
584— 98 (fewt^we; 551—64. 677—83 und 599— 634 sind, wieeö
sich mit ziemlicher Sicherheit beweisen l&szt, später yerfaazte stflcke,
welche mit jenen drei den ursprünglichen bestand bildenden be weiten
nicht zu einer einheit yerarbeitet sind, wie nun alle beweise der
beiden gruppen in den schluszgedanken auslaufen: es gihi ccrpora
sölida j oder: die primordia sind sölida (atom^), so auch der beweis
• in bezag snf IV 269-91 (280 f. «= 246 f.), wo er laeh inUr>
polation vermutet, gelangt On. (s. SO) selbst in keinem beitimmt^o
resnUftt. ' dasz dies der gang der beweisführung sei, bat man wirk-
lich behauptet und darin nichts anstösziges gefunden; so ua. BioHsei!
^Donnulla ad Lucr. I. II' (Halle 1866) s. 23, 'noannlla ad Lncr. doonnU
infiuitate doctrioam' (programm Ton £8chwege 1870) •• 1.
JNOtt: beriobtigangen und nachtrag. 563
528—50, an dessen schlusz wir das sufU igitur sölida primcrdia
tmfUcUate gar nicht entbehren Unnen.' die ganze beweisfUhmng
ist klar and eorrect, sobald man nur 528 — 50 als einen einzigen be-
weis aoffaszt, dessen clausel v. 548 — 50 bilden nnd welcher so zu
gliedern ist;
tnk pitmiaee: nur corpora soUda Unnen nnvergänglich, adema^
sein 628—38.
zweite prftnisse: ^Bfrimordia sind adema 540—47.
BcUogz: äMpnmordia sind eorpora tcHda (atome).
Bee. bat in wielan pnncten dem wf. widersprechen müssen; um
fio mehr fühlt er sich gedmngen zum schlusz es ausdrücklich her-
roiuheben, dasz er dennoch in der vorliegenden arbeit eine der her-
vomgendsten leistongen auf dem gebiete der neuesten Lucrezkritik
erkennt, aber wiele schwierige stellen hat der vf. durch hervor-
üekiug bisher nicht beachteter momante ein neues licht werbreitet,
und Mch da wo er irrt wird seine arbeit nicht verfehlen anregend
ro wirken und zur erkenntnis des richtigen beizutragen.
' nmi M 'existieren' zu fassen, wie On. will, ist kein zwingender
pud TorhaDden.
LsBK. Theodor Tohtb.
(66.)
BEBICHTI6UNGEN UND NACHTRAG.
In meinem abwehrartikel gegen hm. Leo Ziegler oben s. 425 ff.
sind ivei grM)jere druckfehler zu verbessern, nemUch s. 429, 4, wo
'^ *t Adimani 14, 2 ' einzusetzen ist : 'dagegen ist der text nach der
^9^ta geftndert' ; s. 432, 28 sind nach 'negierung* die werte *der
^titit' (von BC) ausgefallen, noch bedauerlicher ist der ausfall
*i&tf wesentlichen note zu s. 427, wo nachzutragen ist, dasz in dem
voB Z. zu dem ao maszlosen angriff ausgabenieten sats meiner recen-
>ioB 8. 201 'darum begegnet man in B nicht wenigen grädsmen,
gnamatischen und l^xictdischen, zum teil der gröbsten art, die in
Ctfblai* nach 'zum teil' das wort ^grttcismen' ausgefallen ist und
dagi demg^m&sz von mir der relativsatz auf das letzte glied ('grftcis*
Ml der gröbsten art*) besiegen worden ist. ich hatte dabei die
»teBea Heb. 6, 9. 10, 2. 1 Cor. 6» 2 im äuge, sdilieszlich berichtige
^ ni s. 429 ein misversUbidnis. es sind dort Frisingensis und text
dei Augustinus mit einander verwechselt, die folge davon ist, dasz
die ansieht Z.8 verkehrt wiedergegeben und eine falsche folgerung
2<iogen wonlen ist. im ftbrigen beharre ich bei der negation der
MiiXkiyonBa
Grund dieser leidigen errata ist zum teil die hast bei ausarbei-
ts&g der ohnehin verspäteten erklttrung, zum teil der drang amt-
'•^ geschftfte.
ROTTWBIL. JOBAKM NxPOlfUK OtT.
554 GUngennann: zu Sallnitius.
76,
ZU SALLUSTIÜS.
lug. 14, 3 f. atgue ego, p. c, quaniam eo miseriarum vmtwrus
eram, veUem potius ob mea quam ob maiorum meorum benefieiapos-
sem a vobis aimlium petere^ ac maxume deberi mihi benefida a po-
ptdo Romano^ quibus non egerem; secundum ea, si desideranda erant,
uti debüis uterer. sed quaniam parum tuia per se ipsa prchUas est,
neque mihi in manu fuU lugurtha quaUs farä^ ad vos oonfugi, p. c,
quibu8^ qiwd mihi mieerrumum est^ cogor prius oneri quam umn tsst.
EU den Worten 8ed quoniam nsw. bemerkt Jacobs : *nach der Unter-
brechung durch den Wunschsatz t^eOem . . uUrer wird der an&ngs-
gedanke quoniam eo miaeria/rum venturus eram wieder aufgenom-
men, jedoch mit der verftnderung, dasz Adherbal zugleich sagt, wie
er unschuldig «n seinem unglück sei.' mit dieser bemerkung hat
Jacobs einen fUr die ermittlung des Zusammenhangs der gedanken
an dieser stelle sehr beachtenswerten wink gegeben, mit wie gutem
gründe er den Wunschsatz veHem . . uterer iJs einen den anfioigs*
gedanken quoniam eo miseriairum venturus eram unterbrechenden
satz auffaszt, erhellt insbesondere aus einer prttfung des durch ru-
sammenstellung der worte ac maxume . • egerem mit dem eingangs
des Satzes atque ego^ p, c, quoniam eo m. v, e. sich ergebenden ge-
dankens. das schiefe der worte, welches durch zwischenstellusg des
ersten gliedes des Wunschsatzes vdUm . • petere wol weniger empfon-
den werden mag, dadurch aber doch nicht beseitigt wird, driüigt
sich sofort auf. von einem non egere kann bei der annähme der zu-
sanmiengehörigkeit des Wunschsatzes und der worte quomam eo m.
V. e. nicht die rede sein, sondern lediglidi von einem eifere, man
wende nicht ein, dasz Adherbal vielleiäit den gedanken daran hsW
wecken wollen, dasz ihm in seiner unglflcklidhen läge Selbsthilfe
die wünschenswerteste sein müsse, ^e ganze stelle schlieszt die:^«
auffiBLBSung aus. nicht der gedanke an die in seinem ungltlck im
gegensatz zu fremder hilfe Tor allem ihm etwa wünschenswert er-
scheinende Selbsthilfe läszt den Adherbal die worte ac manme . .
non egerem sprechen, sondern es ist mit diesen Worten angedeutet
dasz es ihm als das wünschenswerteste h&tte erscheinen müssen, nie-
mals in eine so schlimme läge zu kommen, dasz er die Bömer um
hilfe anzugehen genütigt wfire. um deshalb die worte ac maxuw
. . non egerem logisch aufrecht halten zu können, mtt8S|en wir sie von
dem eingange des Satzes losldsen. dann erst ist der ansdrack dei
thats&ohUch nicht mehr realisierbaren Wunsches des Adherbal, er
möchte der durch eigne dienstleistungen wol verdienten hilfe der
Römer entrathen können, haltbar, hiernach erscheint der wnnscb-
satz ffeäem . . uUrer als eine dem mit aique ego • . ^MOfHOM eo m.
V. e. eingeleiteten und mit sed quoniam usw. wieder aa^enommenea
Güngennanii: za Sailustias. 555
haoptgedanken inhaltlich untergeordnete parenthese. um dem mit-
hin Torhandenen engen zusammenhange des in § 3 und 4 gesagten
udi in der interpunotion gerecht zu werden, empfiehlt es sich nach
¥knr statt des herkömmlichen punctum ein Semikolon zu setzeü.
fttsen wir nun so das § S fl uns vorgeführte als ein inhaltlich eng
nsammengehöriges gedankengefttge auf, so erhilt weiteriiin auch
die stelle qmmam parum Maper se ipsa prdbUas est, neque mihi in
mam fmt lugurtha quälia foret ihre rechte bedeutong in der sonach
locht Tennittelten zurflckbeziehung derselben auf die § 2 angeftlhr-
tes Worte giioe ewm praeoepta paremtia mei agitarem^ lugurÜMj hämo
mmm quos terra mttiinä soderaHaswnus^ cantempto in^perio vastro
Matimstae me mpoiem et iam ab stirpe soäum atque amieum papuU
Rm(mrefftu> finrtumeqiieinMnlnuea^pu^ die |>roMta« des Adherbal
llBzt die beachtnng der Vorschriften des vaters ak eine mehr aus
sittGefaem beweggrunde denn aus nützlichkeitsrficksichten hervor-
gegiBgene erscheinen, wBhrend die worte neque mihi in manu fuU
hfmika guaHa foret in ihrer rttckbeziehung auf lugurthay homo
mmm . . espuHt die sittliche Verurteilung des ruchlosen verfahrene
des Joguriha enthalten, zwischen dessen in seinem wesen begründeter
MproMto und der dem Adherbal eignen probitas eine Vermittlung
tticht möglich war.
ebd. § 11 eeoe aulem ex inproviso lugwrtha^ intcieranda audaeia
Mkn at^ euperbia sese eeferens^ firatre meo aique eodempropinquo
MO itderfeeto usw. die art der Zugehörigkeit der worte wUöleranda
9ftdada icetere atque euperbia zu sese eeferens kann eine verschiedene
sein, diebgg. bemerken, so viel ich sehe, nach dieser seite hin nichts*
die xonlehst sich bietende auffassung, die auch nach der dieser stelle
gegebenen Übersetzung und insbesondere wenn man das argumen-
tum ex silentio anziehen darf, die allgemeinere zu sein scheint, wftre
<^t diaz alle drei glieder inkieranda audada — scelere — superbia
eJBiabi ^ichmSazig mit sese eeferens zu verbinden seien, zulässig
ist diese erklftrung allerdings, dasz dabei scdere als abstractum in
derbedeutung *ruchlosigkeit, frevelmut' zu fisssen sei, wozu die rück-
et iof audaeia und superbia auffordert, hat nach analogie anderer
iteflen nichts bedenkliches : vgl. lug. 33, 2 quorum potentia a/ut sce-
^ emioto ea gesseral^ ebd. IM, 4 postguam errasse regem et lugur-
(te scdere lapsum deprecati suni^ qp, MUhr. 10 sceleris eorum haud
V^enm^ atgue verwendet Sali, auch sonst in der weise, dasz er da-
i|it bei drei ooordinierten gliedern das dritte mit dem zweiten ver-
ladet, wihrend dieses asyndetisch zum ersten gliede gestellt ist,
vQagleich nicht unerwfthnt bleiben soll, dasz dieser gebrauch des
^^ ein verhaltnismftszig seltener ist die einschlftgigen beispiele
kiSslL sind, abgesehen von unserer stelle, folgende: lug. 11, 8
*« ä mäu amoius moiiri parare atque ea modo cum animo habere^
f^ usw. ebd. 14, 17 nunc vero exul patria domo^ sdlus atque
*^t(M tofiestonifii remm egens^ 64, 1 virius gloria atque aUa op-
^^^ (oMtf , 85, 45 avarüiam inperOiam atque superbiam^ 96, 3 in
556 Güngermann: zu Sallustiad.
operibus in agmine aigue ad vigüias.^ demnaeh wird die snlfts&ig-
keit der angeftkhrtan erklärimg der w<Hrte imtoleranda emdaeia soeUn
atque »uperbia seae ecferma wol eingeräumt werden keinen ; indes in
Cöncinnität gewinnt die stelle ganz gewie, wenn wir sodert äqw
syperbia als hoidiadjs dem intderanda audaeia parallel steUea. in
scdere atque auperbia ein bendiadys tu erkennen, wird nas beson-
ders dadurch dasz audada durch das attnbut inMermmda Tenttrkt
erscheint, nahe gelegt (vgl. Draegw hist. syntax 11 s. 19). bei
dieser auf&ssung, wonach soelere atque st^perbia dem uMeranda
audada gleichwertig ist, ergibt sieh eine recht geftllige proportioii
der glieder, wie sie uns die erst-angeftlhrte erklärang nicht bietet,
zu übersetzen wttre hiernach: *aber sieh da, unTeraeheas erbeb:
sich Jugurtha in unertrilglicher frechheit.und frevelhaftem ftbermnt«
tötet' usw.
ebd. § 16 M oiMfMa, quae out ami$i aut ex neoeßsarüs aSrnfsa
facta 9umt^ inecUtmia manerent^ tarnen^ si quid e» mprovieo mak oc-
ddisset^ vaa iuplararem^ p. c usw. dasz man vor aui ets neoeuarhi
ans dem vorhergehenden aocusativ quae den nominativ quae so er-
ganzen und den Worten ex neoeseariia advarea facta sunt eine wesest-
Hoh persdnliche beziehung zu geben habe, ist Iftngst bemerkt wur-
den; auch auf lug. 13, 6 quaecumque po88i$U largirnndo panrt v
cunctenUir als parallelsteUe für die anwendung des neutmm pli^r
bei SalL in persönlichem bezuge hingewiesen worden, vreniger los-
gemacht scheint, ob neben Jugurtha, an den hier zunftchat zu denkea
ist , auch noch andere personen in betracht konunen, und für diesen
fall, welche personen gemeint seien. Jacobs denkt nach seinem blc-
' Jug, 4, 8 (praetura et eonsukUu» atqua aluL amnia kMbuetmoäi' i»'
wegen der Verbindung der beiden ersten glieder durch et fQr anserrc
fall nicht zutreffend, ebensowenig or, Lep, 26 (nomini mmomm diyit :
atque etiam praesieUo) mLegen des dem atque beigeffigten eOam^ oi-^a
weniger zutreffend, wenn statt des tiberlieferten dAtivs digtdiati -
praesidio (Y praedio) nach Madvig mit Jacobe, Wirs und Jordu i'^
genitiv za setzen ist aoch paeet anf unsere stelle nicht Imq. 29 • f
{elephanti trtginta^ pecue atque eqtti multi cum parvo argenii ponäere), «^''>
hier ein viertes glied dureb cum angeknüpft tat. luq, 14, 7 (rer pe«"
fama atque eopiU potent) empfiehlt es sich nur fama mique eopät v^a
potens abhängen au lassen und genere eng mit re» au verbts^^ '°
dem sinne, dasz Adherbal sich als thronerben von gehurt dem n<ir
durch adoption zur königlichen würde erhobenen Jugurtha habeg«^-'''
über stellen wollen, lug, 14, 26 {per oo«, per H^roe mtfue perff*
vastroSf per tnaieetatem populi Rouiam) bildet per likeroe tdqm pernio *
voetros, wie schon das einmalige per andeutet, das mittlere voa tlf«>
asyndetisch zusammengestellten gliedern, und diese stelle lässt sich \ •'
keinen fall, wie Dietsch es will (im index u. atgue: «'tertium per a/^-'
adiunctum") als beispiel einer Verwendung des otque sur ankttopfafi:
eines dritten gliedes anfahren, dasselbe gilt von lug, M, i [tagest''
tnobiU, sedUioMum atque äiseordio^um erat, cupidum nooarum rerum* f*'<"'
et otio advorium)^ indem hier discordioium nicht als ein drittel fli"-
aufzufassen ist, sondern zusammen mit teditioaum das zweite too tu:
gliedern bildet, dieser auffassung entspricht es nach ingenh aoMlf, •*'*
weichend von Jordan, ein koamä sn setsen.
Güngermann: zq SalluBtios. 557
hmveii, daaz in den neatris (neeeatariia — adoorsa) die person (Ja-
gnrÜM) mit eingesohlossen und faauptsftelilieh- gemeint sei, soweit er
dtt Worten eine persönliche bezidiiing geben will, lediglich an Ju-
gurthti Kriti" deuinng lautet anf 'lugurtha aliiqne, qni mihi (i. e«
Adhirbali) proximi' (in der ausg. von 1834 ^proximi et oognati').
iek ghabe die saehe Iftsxt sich weit genauer bestimmen, au anfang
des Torhergehenden oap. heiezt es: oäerum fama tamii facmoria per
mmm Afrieam brevi dwolgaiar. Adherhakm ommaque^ gm suh im-
fmo Kdipsae fuerani^ maus invadU» in duas partis dUsoed/wni Nu-
M«Iae; ftmres Adkerbci/em secuniuTy sed üXum aUerum heüo nuiUares.
ifihtr luguftha quam maxumas pciest capias armat, urhis partim
noliw ffohmtaie impmo suo admngä^ immi Numidiae imperare parat.
iollte mit rttcksicht auf diese stelle nicht anzunehmen sein, dasz
Adberbal mit den werten ex necessarüs advorsa faäa sunt neben
Jogvtha alle diejenigen habe treffen wollen, die nach der ermor-
dnsg seines bmders ihm abtrttnnig wurden und aus freien stücken
ücb dsm Jngortha anschlössen (. . sed «Bum aUerum [luffurüiam]
Ufe mdiorei [seemiim] . . aliaß [urbis] vcüuniate imperio suo adimt^
pi)^ M wOrde auch die neutrale wendnng in ihrer beziehung auf
/ii^Mrite, Mb mdiarea^ urbea an epraehlkher geltung gewismen.
Cat. 58, 36 CaiHima cum exeroUu faueihus urget^ dln intramoe-
«is otfM IN sJMM ^urbia sunt hostes. eine viel besprochene stelle, be-
tn6 des Ton allen hss. ausser V ftberlieferlen urbis bleibt meines
«nchtena die ansieht die richtige, wonach wir es hier mit einem
»plUrn zQsati zu thun haben, yeranlaszt kann derselbe sein durch
die umiditige deutung der worte in mu, die als genauere bildliche
fixiening des intra moenia aufgetezt werden mochten, mit urbis
fUlt uKh atque^ welches bei der einmal angenommenen schiefen be-
nehoag der worte in sinu zur Verbindung des in sinu urbis mit
* bei Bieter gelegtnheit verfehlt ich aieht die nach massgabe der
■'»iTtbe Ton Kriti ans dem j. 1866, die ich seiner seit leider nicht eiqge-
M^obtbe, in meinen ^bemerknngen cu SaHast' (Rheinbuch 1878) als
*i«bc ntreffend sieh erweisvnifen abgaben Krits'scher amiehten cu be-
'icMfeiL Cai. 8, 6 interpreliert Kr., copia in dem sinne Ton facultas
^v poiuiai fassend y ea eopia als 'eins re& (sc. scriptoram magni in-
(«oii) copia*; ebd. 89, 2 kehrt Kr. sn der überlieferten lesart eeteros'
fM mdieUs tertere, quo pJebem in magistratu pHacidtut iraetarent cnrück
^ bcoerkt sn ceterosquei 'i. e. et aüos omnes, qni non soae factiotlis
***eii, ao plebem contra ipsos ezagiiare oonarentnr' nnd sn qu» plebsm
'tr§eiareiUi *u e. hoc eo censilio faciebani, ut hi •/«rWfi, si qnando
c^^iIrBtQin, L e. tribnnatnm, adepti essent, plebem non in ipsoa ex-
'iUreiit, ted eam plaoidias, 1. e. placidiore in optimales anlmo, tracta-
'^t*; Jug. a; 1 tebreibt Krits: neqvs (Ui^ quibu» per fraudem vis /V/tf,
^'^ tuH aai so magis honssU sutä^ and bemerkt an ksnss: 'non per se
▼uet magitiratum^ sed in nnlTersum capiendom de dignitüU^ qna« egre-
»"ui riris Tel moneribns gerendis rel re pnbliea strenue iaranda addi-
^v* oad IQ vis fkii: 'qnemadmodom trirtuti, i. e. probis, opponnntar ifH
ff per fraudem nUuntur, ita Aoiiorf, i. e. legitimo rirtotis praemio, oppo-
>itv fit, i. e. SQmmnm ciritatis arbitrinm, et qnidem malis artibns et
^^tr« teges partum armisqne sostentatam.'
558 WSchwarts: noch einmal Zeas als wolkenvenchlinger.
intramoenia in den text aufgenommen wozde. die sielle wire dem-
nach zu lesen : CaiiUna cum exercitu fa%uib%i$ urget^ aUi Mm moma
in sinu smü hostes ('Caülina rttckt uns mit dem beer an die keble^
andere feinde sitzen innerhalb der stadt uns am busen'). die worte
intra moema^ die Hertz verurteilt (Pbilol. Xu s« 378), bilden mit
in sinu sunt den gegensatz zu cum exercitu faudbus «f^, und and
als wesentlicbes glied dieses gegensatzes unentbehrlich.
MÜNBTSREIFEL. GüSTAY ÜNGBBIU2I1I.
NOCH EINMAL ZEUS ALS W0LKENVER8CHL1NGER.
Als die miscelle vom 'wolkenverschlingenden' Kronosund Zecs
(oben s. 314 ff.) gedruckt vor mir lag, kam mir zuftUig Goethes
Iphigenie in die hfinde. aufs hOchste überrascht war ich, ids ich hier
eine stelle fand, wo speciell die der Semeleeage zu gründe liegende
form des betr. mjthos von Ooethe im dement annShemd gleichsam
repaoduciert wird, bekanntlich wurde die Monnerbrauf Bernde, wie
sie Pindar nennt, ab ihr Zeus im gewittersturm YerlaBgenJ
naht, verzehrt (i^qKXvicOr)). nun Iftszt (Goethe den Orest sagen:
ihr g5tter, die mit flammender gewalt
ihr schwere wölken aufcusehren wandelt,
und gnSdig^ ernst den lang* ersehnten regen
mit donnerstimmen nnd mit windesbransen
in wilden strömen aaf die erde schüttet — .
was hier den gittern im allgemeinen mehr absiract beigelegt wird,
faszte der Orieche in der urzeit 'realiter*, die gravida mä>es war
vom (flammenden) gewittersturm yerzehrt und nur das neogtr-
borene sonnenkind dem feurigen Ursprung rettend entzogen
worden, wenn so der Semelemythos nach der seite des Ter-
schlungenwerdens sich noch recht charakteristisch dem mjtho?
von der Metis usw. anschlieszt, so tritt Dionysos selbst ins obigen
sinne in eine ursprüngliche analogie zu dem dem (blitz-)feaer
entrissenen neugeborenen wesen, dem Asklepios (dessen mnttcr
auch im feuer verzehrt wird), dem Triptolemoe, Achilleos, sowie
dem römischen Caeculus und Servins TuUins, von denen ich schio
in diesem sinne im ^Ursprung der stamm- und grOndungssage Bon:?*
(Jena 1878) s. 27 und 87 gehandelt habe, das betr. mjthkche ele
ment tritt nemlich nicht blosz in göttersagen auf » sonism ist a«^-
in heroen- und stammsagen haften geblieben.
POSBN. WlLHBLM SCHWABTZ.
FOtto: aai. t. ATCohsaBen u.LJacobi üb. d. BömercaBtell Saalbnrg. 559
77.
DAS XÖMERCABTELL BAALBUBO. VON A. VON COHAUBEN, OBERST
Z. D. UND CONBSBYATOR, Uin> L. JAOOBI, BAUMEISTER. AUS-
ZUG AUS DEM UMTER DER PRESSE BEFINDLICHEN ORÖBZBRN WERK
DBRBELBSN TERFASSSR. MIT EINER MÜNZTAFBL UND ZWEI PLInEN.
Hombarg ▼. d. Hohe, im yerlag der Fr. FrannholaBcben buchband-
long (L 8taadi). 187S. 80 b. roy. 8.
Die Saalbnrg bei Homburg vor der HObe ist einer der wenigen
noch jetzt ans der erde bervorragenden reste römischer baawerke
i&f dem rechten nfer des Mittetarbeins. wShrend fast alle andern baa-
werke ond anlagen der BOmer in diesen gegenden entweder spurlos
Tenehwunden sind oder nur onterder erde, Ton anszen nicht immer
oder nicht leicht erkennbare, meist znfUlig aufgefundene oder zu
tige tretende reste hinterlassen haben, ragen die Umfassungsmauern
der Ssalbnrg so bedeutend über den boden hervor und ist auch an-
deres manerwerk zum teil so gut erhalten, dasz um&ng und anläge
uw. genau verfolgt und verstanden und auch dem laien ohne mühe
Bilier gebracht werden kann, sie ist daher in unserer zeit gegen-
staad des steigenden interesses geworden, zu yerwundem und zu
bedauem ist ee, dasz sie so lange zeit hindurch unbeachtet geblieben,
js der Zerstörung preisgegeben war, indem man die steine des
eietellB zu aufflihrung von bauwerken und straszenanlagen verwen-
dete, erst das achtzehnte jh. schenkte ihr mehr aufimerksamkeit
(1780 erste beschreibung derselben von EL Neuhof), und das neun-
Mkats jh. suchte sie sowol Tor weiterer zerstOrung zu schützen als
vatk dwoh ansgrabungen, aufnähme und beschreibung Wissenschaft-
Uch saszubenittL nadidem im j. 1818 der landgraf Friedrich Lud-
wig das verbot, fernerhin steine von der Saalburg auszuftthren, er-
ItSNB hatte, Teranstaltete, freilich erst ein menschenalter sp&ter,
der am die erforschung der vorzeit hochverdiente FGHabel vom
j. 1855 an die ersten regelrechten Untersuchungen und ausgrabungen,
Wdcr ohne die ergebnisse derselben zusammenzustellen und zu ver-
^MhaÜieben; nur kurze mitteilungen über dieselben gab (abgesehen
7<tt einigen besprechungen in Zeitschriften) Krieg Ton Hochfelden
in leiner rnüitirarchitektur 1859. im j. 1871 endlich erschien die
•dffifk von KBossel 'das Pfalgraben-castell Salburg' (Wiesbaden,
lelbetverlag), welche sich zuerst ausführlicher über die geschichte,
iBlage usw. der Saalburg verbreitet.
Um diese zeit hatten auch die arbeiten zur erfaaltung derselben
begenaen, mit welchen im j. 1870 der oberst von Cohausen betraut
vvde. sehr zu statten kam allen diesen bestrebungen das erhöhte
isteresse an jenen ehrwürdigen resten der Torzeit; insbesondere hat
iQuer erhabener kaiser im laufe des jetzigen decenniums die denk-
wtodige statte mehrmals besucht und reiche geldmittel zur erbaltung
des castells verwilligt in folge der dabei gemachten funde ist
Soesels schrift fast veraltet; auch war seine absieht nicht auf eine
560 FOtto: anz. r. AyCohausen n. Uacobi üb. d. ROmercaatell Saftlbnrg.
erschöpfende behandlong gerichtet es ist daher ein gltlcklicher ge-
danke der beiden Verfasser unserer schrift, welche nadi steUnug und
wissenschaftlichen leistungen mehr als jeder andere dazn bOTifen
sind, nunmehr eine erschöpfende wissenschaftliche darstellimg des
castells und der daselbst gemachten funde zu yeröffentUchgn; wir
nehmen einstweilen dankbar den vorliegenden auszug und Torlinfer
des gröszem werkes entg^en, welcher das vorhandene material in
einer fttr das gebildete publicum berechneten answahl und d&r-
Stellung verarbeitet hat
Da die wiasensckaffcUohe begrttndong dem grSszaii walce vo^
behalten ist, so beschrasiken wir uns hier ebenfalla nnd geben mr
eine kurze Inhaltsangabe, zuerst wird s» 1 — 5 die geselddite der
Saalburg von der ersten grttndung durch Drusus im j. 11 vorCb.
an bis zur letzten eroberung durch die Oemanen bald nach 2(M)
nach Oh. erztthlt und daran ihre allmfthlidie wiedereatdeekung in
der neuem zeit angefügt, der zweite abschnitt besohftftigt sich mi:
dem teile des Pfalgrabens, welcher hinter ihr vorflberzieht und mi:
ihr in Verbindung stand; nachdem sodann s. 8 f. die in der nShe be-
findlichen ringwälle* und die Strassen besprochen worden an^
(tafel I fig. 1 stellt den zng des Pfalgrabens, Strassen, hOhenTer-
hältnisse usw. anschaulich dar) , werden wir in das casteÜ selbst g^
führt, das eine ausführliche und sachgemllsze beechieibung ant
s. 10 — 14 und bildliche darstellnngen auf taM I fig. 2 und 3 sowie
tafel n erfährt.
Bei dem castell war eine bttrgerliohe niedeTiassimg, von der
noch vieles mauerwerk ua. zeugnis ablegt; dieselbe wird s. Ib—l^
erläutert; zuletzt folgen die gräber. eine bespareehimg der im SaaJ-
burgmuseum zu Homburg vor der Höhe aufbewahrten fimdstOcke
bildet den schlusz des büehleins, s. 20 — 30; zuerst werden die
gröszem und verständlichem Inschriften und büdwerke vorgeAbrt
(für das gröszere werk hat hr. prof. dr. JBeciker in Frankfurt sc
Main die gesamten Inschriften bearbeitet), dann die ziegel, glSser.
eisen werk, bronze und die münzen, deren zeitliche verteQimg ein
sinnreich angelegtes täf eichen zur anschanung bringt, du von selbst
bedeutsame folgerungen zu ziehen auffordert, wie nicht anders zu
erwarten, bietet dieser letzte abschnitt über die techntk deralt«n
manche feine bemerkungen, in denen wir die feder des hm. Ton
Cohausen erkennen.
* eine ausführliche darstellang aller ringwäUe de« Tamf» ^i-.
hrn. Oberst von Cohausen bringt demnächst der 15e band der sniul':!
des Vereins für nassauische altertamskande und geschichtsforscboBg.
Wiesbaden. Fbibdbioh Otto.
WGebbardi: zam ersten bache Ton Vergilios Aeneii. 561
78.
ZUM ERSTEN BUCHE VON VERGILIUS AENEIS.
Unter den geschenken, welche Aeneas I 647 ff. der karthagi-
schen kOnigin macht, befinden sich zwei weibliche kleidmigsatttcke:
eine paäa mit schweren goldetick^reien und ein vdamen mit einer
grurlande von aeanthnsblätten!, beide einst im besitz d«r Helena,
femer ein scepter das Ili<me, die iüteste tochter des Priamns, ge-
tragen, ein Perlenhalsband nnd ein kränz aus gold and edelgestein
getfbeitei wfihrend also bei den ersten drei geschenken die liieren
bentzer genau namhaft gemacht werden, eifahren wir nioht woher
oollier und kröne stammen, aber weit aaßallender ist es, dasz von
einem scepter nicht des königs Priamns, sondern seiner ältesten
tochter Hione erz&hlt wird, haben denn auch Prinzessinnen in der
kertMoseit oder auch spftter scepter getragen? nur Servios ver-
sichert es: äiam feminae ac&ptro uMMmtur. behanptong ohne be-
weis, bei Heyne- Wagner sind zwei stellen Eur. Tro. 150 and Statins
Tkd>. VI 81 als beweismittel herangezogen; diese und keine andere
findet man dann wieder bei Forbiger und Oossrau. wenn aber
Hekabe bei Enripides (147 ff.) sagt: ii&pBx} 'tui fioXir&v oi) rdv
avTov olov noT^ bf| cict^irrpqj ^pld^ou bi€peibofi^va, so bestätigt
sie nur dasz das scepter eben nicht ihr scepter war, ganz abgesehen
divon dasz oc^irrptp hier jedenfalls in metonymischem sinne zu
nehown ist: 'aignum pro se signata.' so bleibt nur die citierte
StatioMtelle: spes amdael quaa non in nomm eredinda vestes urffe-
^ audio cidhuque inaignia regni purptireos aa^ßtrumque minus?
cviicto igmbua atris damnat airox suaque ^»e parens gestamina
/m, n damims rabiänmn queai exsahirare dolorem, darttber schreibt
mir mein freund Philipp Kohlmann in Emden: 'zunächst fehlen
^e Terse in der besten hs. (P) nnd sind auch in dem Vertreter der
zweiten dasse (B) erst von späterer band an den rand geschrieben.
^ vnlg. apes avidael quas non in nomen creduda vestes usw. , bei
^ maier zu credida erst ergänzt werden mtiste, ist von Gronovius
meiaer ansieht nach richtig verbessert worden: spes avidi {se.p(Uris)y
9iuf non, in nomen credUla^ vestea usw. es ist im zusammenhange
nur an den vater zu denken, daher crednäa mit epes zu vereinigen
*v* «m nomen credula eo respicit, quod vocabulum filii non ab in-
ci{tt«&di belli Thebani malis, sed a superandis fatis, quibus quasi
^^^Buaaretur (sc. dpxrji M^poc), dictum sibi finxit et persuasit.»
*^noviu8* an ein weibliches sceptrum ist also nicht zu denken.'*
^omit ist durch kein beispiel von den Interpreten dieser Aeneisstelle
^wiesen worden, dasz frauen scepter trugen, wer ist aber diese
Dione, die dieses scepter getragen haben soll? die ganze griechische
* [schon in Otto Müllers ansgabe (Leipzig 1870) sind s&mtliche
<«af Yene 79--8S als interpoliert beceichnetj
Jahrbkcbcr fftr eiw«. philol. 1879 hft. 8. 36
ß62 WGebhardi: zum ersten buche von Vergiliua Aeneii.
litterator schweigt 'über diese maxma naiarum Priami. nach einer
griechischen vorläge dichtete Pacayius eine IKonay die in Ciceroä
(vgl. Tu8C. I 44, 106) und des Horatius (vgl. sat. U 3, 61) zeitco
sehr bekannt gewesen sein musz (OBibbeck rGm. tragödie s. 333 £).
erst Hyginos weisz uns etwas von ihr zu erzählen: sie soll diegftttin'
des Polymestor gewesen sein, welcher nach Äen» m 49 den Uim an-
vertrauten Schwager Polydoms ermordete, in Troja kann diese Uione
kein scepter gehabt haben, als gattin des thracischen königsmagse
im besitz eines solchen gewesen sein, wie aber Aeneaa in den besiü
dieses soepters gekommen sein soll , ist sohlechtexdings nicht oma-
sehen, da im dritten buche von einer Zusammenkunft mit Polymestor
oder Öione, oder auch nur von der ezistenz derselben zu der zeit, al«
er an der thracischen kttste landete, keine rede ist. Weidner oon*
struiert sich eine geschichte, die voUstttndig grundlos ist. er hat es
erfahren, dasz *da Ilione nach dem tode des Polymestor noch eine
zeit lang die regierung führte, sie das aoqrirum als insigne tngen
konnte\ und wenn das auch alles wahr oder nur wahrsdieinlicb
wttre, so ist es nach den worten Äen, I 647 munera praäena Bms
erqfta rumis und 679 dona ferenspdago et fkmmüa resUifUkk Tmu
unmöglich richtig, die geschenke sind sämtlich aus Troja mi^e-
nommen. nach ^esen auseinandersetzungen wird es wahrseheiiilicb.
dasz an unserer stelle das versehen eines abschreibers vorliegt nicb^
das scephvm gehörte der maama naJtamtm Prümit, sondern dts
manüe bacatum und die corana. das versehen ist entstanden dordi
ein abirren des auges in den versreihen, oder auch durch aosstiei*
eben und herUberschreiben in der vorläge, so dasz die rechte (Ord-
nung nicht mehr deutlich war. das original wird gelautet haben:
praeterea scqp&um Priami coUoque makOe^
maxma natarum lUone quod ge$$erai oUm,
bacatum et duj^Uoem gemmüs auroque coranam.
daraus wurde , was in unserm texte steht:
praeUrea soeptrum lUone quod gesaerat otim^
maxima natarum Priamiy ooUoque monüe usw.
will man noch dazu annehmen, dasz Ilione überhaupt fragwürdig er-
scheint, so gewinnt das versehen des Schreibers noch mehr an wahr
scheinlichkeit, indem dann wol im original maxma natarum Prüm,
quod gesserat oUm gestanden hat. in diesem fiüle ist die zeileaver-
wechselung evident, indem das äuge durch das doppelte Fhamt,
eins unter dem andern, geteuscht nach der ersten veraliälfte sich \x,
die zweite des zweiten verses verirrte, der name ilioNe, von etneic
sciolus an den rand geschrieben zur erklärung von maxma natant»^
Priami, konnte dann den ersten gen. Priami verdrängen, ohnedie^t
letztere Vermutung als zwingend zu bezeichnen, musz ich die voiteii'>
meiner Wiederherstellung als schlagende bezeichnen: l)diedsrc*-
brachten geschenke sind nun sämtlich, wie v. 647 gesagt ist, der a»<^- '
und dem brande Trojas entrissen; 2) bei sämtlichen dona ist n^^
der frühere besitzer angegeben: zwei gehörten der Helena, eis5 de
WQebhardi: lam ersten buche Ton Vergilius Aeneia. 563
Pnamns, zwei seiner ftlteeten tochter, meinethalben der Ilione; 3) das
M^ter ist nun nicht mehr von einer prinzessin getragen worden,
sondern, wie es a priori anzunehmen war, ein eigentum des ckh^ttoO-
XOC ßociXeuc gewesen, der tochter gebührt das monüe und die
oonma.
U. ,
Wenn ich in der eben behandelten stelle es als möglich bezeich-
nete, dasz lUone glosse sei zu numma natarum Priami^ so scheint
mir die statuierung einer glosse zur endlichen klflrung der stelle
1 393 £ unbedingt notwendig zu sein, dasz ^Ton solchen glossen
wie onsere besten Veigil-hss., so auch unsere texte noch nicht frei
and*, das wage ich mit HBrandt zu behaupten, wie derselbe ge-
lehrte richtig bemerkt, liegt in ▼. 396 die Schwierigkeit der erUlU
nng des augurium. doch nicht die ganze; auch 398 ist nicht in
oidnnng. in den *Vergil-studien' Ton JEvi&ala (Prag 1878) wird
^augurium s. 417 — 419 in der weise behandelt, dasz eine genau
otsprechende oorresponsion der chiasti^ch gestellten glieder nmnc
iinas eapere^ aut oaptas iam despeäare: puhea tuamm autpartum
<awt, aut pleno $ubU odia vdo betont wird, die flotte landet eben.
dies wird in zwei momentan veranschaulicht, der eine teil der 12
Ton den andern 7 abgesprengten schiffe des Aeneas befindet sich im
sichern hafen , die andern sind eben dabei in den hafen einzulaufen.
nr Teruischaulichung dieses Vorgangs dient das a/ugurnvm eycnorum*
dieies kann also auch nur zwei momente enthalten, und dieser punot
ist ea, den die meisten interpreten dieser viel behandelten stelle über-
sdMi haben, die vulgata mmc Urras ordine longo and captas iam
dc^eeUare tndentnir ist mehrfach gefindert worden. Bibbeck hat
'c^ectore aus dem Palatinus in den text gesetzt, unter vielfacher
z&stifflmung, wlthrend sein capsos mit recht nur Widerspruch er-
Uiren hat in der empfehlung von respeäare folgten 1869 Brandt
mit der Snderung von capto« in captis^ von Schenkl gebilligt, 1878
Ericsla mit derselben änderung, deren piiorität er erst aus Schapers
harbeitung der Ladewigschen ausgäbe ersah, zu dieser führte die
Moer meinung nach falsche auffiissung des unbedingt richtigen
^f^^ctart, welches hier nicht die bedeutung 'zurückblicken', sondern
'ach nach etwas umsehen' hat, wie respioere aliquid. das rückwftrts-
^^kkai der schwane (respectare absolut) mit dem zusatze tarn hat
«tvis unsftglich mattes, und genügt doch auf keinen Ml, um in
conesponsion mit dem porium tenere der schiffer zu treten. wShrend
•Iso Brandt, Schenkl, Evicala eine aus den werten ihres textes nicht
Usr heraostretende chiastische responsion:
(1) qßcni terraa oapere (2) oaptis iam reapedare tfidentur
(3) dasaisparhm tend (4) auibü astia
ozielen wollen, weisen die worte des textes vielmehr auf eine
psrallele responsion hin, sobald man erkannt hat dasz oj^as
86*
564 WGebhardi: zum ersten buche yon Yergiliiu Aeneis.
nichts weiter als eine glosse zu einem zweiten t er ras ist, hervor-
gerufen durch die lesart despedare. auch hier dürfte die einsetzong
der glosse in den tezt gerade durch das in zwei aufeinanderfolgen-
den versen wiederholte subatantiv beliebt worden sein, wie das iwei-
malige Priami in 654 die au&ahme der glosse zu rechtfertigen aebien,
während diese Wiederholung eine absichtliche war und von drasti*
scher Wirkung ist. die paitllele responsion ergibt ako : i
(1) cycni terras capere (2) terras iam respeäare videniur
(3) d(issis partum tenet (4) subU ostia vdo.
wie die schiffer schon im besitze des hafens sind, so die scbwSne im
besitze des landes, capere = occupo/re.
Mit Y. 396 ist das notwendige zur veranschaulichung des Schick-
sals des abgesprengten teiles der Aeneasflotte von Venus erklärt.
y. 397 f. schildern und yersinnbildlichen etwas accessoriscbes: dit^
freude der schiffer wird angedeutet durch die schwSne, welche sfn-
denttbus alis ludunt, wie das Schwimmvögel immer thun, wenn sit
einer gefahr entronnen sind, coetu cinxere polum oafUusque deden.
diese worte zu erklären war noch niemand gelungen (auch nicht
Kolster in diesen Jahrbüchern 1878 s. 489 ff.)* v. 400 aut port^m
tenet atU pleno suhü ostia vdo sondert die vorhin ausgeffibnec
momente in dem gebahren der schwane, wie kommen dieselben
plötzlich wieder in die luft, und welches moment in dem verbaltcL
der schiffer soll denn dadurch veranschaulicht werden? aus den er-
klärungen , die damit versucht worden sind , scheint hervorzugebec.
dasz der eigentliche aufenthalt der schwane die luffcregionen wlrec
und nicht vielmehr die erde, wie die schiffer vom lande konustrs
und zum lande zurückkehren ^ nachdem sie der stürm auseinander-
getrieben, so kommen die schwane von der erde und kehren scblt-
nig wieder dorthin zurück, nachdem sie der adler auseinandergejar.
in polum also steckt eine corruptel, die durch Kvlcala nach dem t^:
gange Burmans ebenso einfach wie schlagend durch findenmg de
PvaS beseitigt ist: solum (den erdboden) cinxere (bedeckten sie :r.
kreise), so schildern 397 f. vortrefflich das wesen der scbwiicc:
Vögel , nachdem sie der gefahr entronnen : das umhereilen, das fr >r
liehe schreien {ca/ntus dare) und schlagen mit den flügeln. danail
halte ich auch die änderung des et in v. 398 in ut für notwend..'
die tempusfolge ludunt^ cinxere, dedere in coordinierten Satzteilen :.^'
nicht zu erklären, somit wird die stelle in meinem texte, wie i -
hoffe ohne jeden anstosz , so lauten :
395 nunc terras ordine longo
atä capere, aut terras iam respectare tndentur,
ui reduces iüi ludunt stridenttbus alis,
ut coetu cinxere solum cantusque dedere,
haud dlUer puppesque tuae puhesque tuorum
400 aut portum tenet, aut pleno sulnt ostia vdo.
K
WGebhardi: zum ersten buche von Vergilius Aeneis. 565
m.
Hlndofatlich der hemistichien ist bekannt, dasz 'omnia fere
aUoluto perfectoque sunt sensu praeter illud quem tibi tarn Troia'
(m 340). trotz dieses Zeugnisses hat Schaper zdst. den yers bean-
stittdet, 'weil Verg. in keinem hemistichium den sinn oder den
riiythmus ohne abschlusz gelassen hat', dies letztere kann doch wol
sorheiszen, dasz, wo der sinn keinen abschlusz gefunden, der yers
wenigstens mit einem vollen dactylus oder spondeus schlieszt. die-
ses kriterium scheint mir in der that ganz unwesentlich zu sein , da
der abschlusz mit der arsis, auch wo der sinn unyoUstftndig ist, sich
weit mehr empfiehlt, zu den 50 von Schaper zu I 584 zusammen-
goShlten stflckversen findet die construction des satzes keinen ab*
lehlnsz nur in den drei stellen X 728. 490 und I 534. denn der
Ten y 294 Ifisua et Euiryäka primi verträgt eine stärkere inter-
ponetion als ein komma. auch X 728 und 490 bilden nur scheinbar
eine ausnähme von der bei Donat aufgestellten regel. die erste stelle
Inldet den mittelpunct eines groszen gleichnisses :
inpastus stabida aUa leo ceu saepe peragransj
suadet enim vesana'fames^ si forte fugacem
eonspexü capream aut surgentem in camua cervurn^
gaudd hians immane comasque arrexU et haeret
viscerilms super incumhens, lavü improba taeter
era cruar:
sie ruü in densas tüacer Meaentius hostes.
der gedanke hat in der that mit den werten ora cruor seinen ab-
Bckhia gefunden, wenn auch das grammatische satzgeftlge streng
genommen erst mit dem sie ruü seinen endlichen abschlusz erreicht,
jedenfidk verträgt auch dieser stfickvers eine stärkere interpunction.
in demselben buche lautet 490 quem Turnus super adsistens: und
inn folgen die werte, dann hätten wir einen halbvers wie X 580
cm Liger, oder IX 295 tum sie effatur, oder Xu 631 Turnus ad haec;
sber X 490 ist ohne ellipse: denn 491 folgt Aroades^ haee, inquit,
uefatsdestoweniger wird man auch diese ausnähme für eine schein-
We zu erklären berechtigt sein: denn 490 vermiszt niemand etwas
n& abschlusz des sinnes ; an die ellipse eines verbum dicendi ist
eben jeder gewöhnt, so bliebe denn ausser dem in der vita Donati
Mtierten in 340 nur I 534, wo tibereinstimmend so gelesen und
coBstmiert wird:
Mccursus fuUy
cum subito adsurgens fiuctu nimbosins Orion
in vada caeca tuUt usw.
'dies war die richtnng des laufes (nemlich nach Italien), da' usw.
bier bricht der halbvers also zwischen nachsatz und Vordersatz mit
dem bekannten cum additivum ab. dieser halbvers ist, von dem als
solchen bezeugten m 340 abgesehen, in seiner art ohne beispiel;
dabei ist es der erste stückvers in dem ersten gesange, einem der
relativ vollendetsten des gedichtes; dasz er nicht mit der arsis
566 WGebhardi: zum ersten buche too Yergiliue Aeneis.
schlieszt, erhöht noch den eindruck des anabgeschlossenen. zu die-
sem schwer wiegenden umstände kommt noch ein granmiatisches
bedenken , das perfectum in dem Vordersätze zu dem mit am addi-
tivum oder inversivum eingeleiteten nachsatze. bei Verg., der hier-
bei nur in frage kommen kann, ist diese form ohne beispiel. nrer
verweist Ladewig auf X 250 iamque in conspeetu Teueros hahei d
sua castraj stans cdsa in puppig d^peiim cum ddnde sinisk'a exhiiä
(trdentem; hier liegen aber die yerh<nisse anders, erstens steht
hier in dem Vordersätze kein perf. , und zweitens gehört diese stelle
zu den vielen wenig überarbeiteten des zehnten buches. ich habe
sie in dem zweiten teile meines berichtes Aber die Schapersdie be-
arbeitung des Ladewigschen Verg. ausführlich behandelt, der aU bei-
läge zum Meseritzer osterbericht 1879 erschienen ist [s. oben s. 224].
so wie an dieser stelle des zehnten buches zu interpungieren ist:
iamque in conspeäu Teueres habä et sua caslrc^ \ stans edsa tu jw^n.
dipeum cum deinde sinistra \ extülü ardeniem^ damorem ad sidm
teUunt I Dardanidae^ so ist mit der Snderung der interpunction von
I 534 der stein des anstoszes gehoben, es musz geschrieben werden -
hie cursus fuit.
cum subito adsurgens fluäu nimhosus Orion
in vada caeea tuUt penUusque procacibus austris
perque undas superante solo pergue invia saxa
dispulüj huepaud vestris adnavimus oris.
IV.
Zu der überlieferten zahl von hemistichien sind durch Bibbeck
noch mehrere hinzugekommen, dasz die von Wendtliuidt zs. f. d,
gw. 1875 s. 386 aufgezählten vier die zahl nicht erschöpfen, gebt
schon daraus hervor, dasz er I 188 übersehen hat. hier sind die
Worte fidus quae tda gerebat Achates nicht erst von Bibbeck einge-
klammert worden, schon Hofman Peerlkamp sagt zdst.: ^gestabat«
credo, ipse Aeneas arcum et pharetram, ut v. 312 gradUur eomitatus
Achate bina manu lato crispans hastiUa ferro, an Aeneas gestabat
arcum, Achates autem sagittas? nam tela ad arcum referri non pos-
sunt, credo haec non esse Yirgilii.' die halbverse musten znr aos-
füllung einladen, dasz dies geschehen ist, wissen wir aus m 661,
woraus Bibbeck prol. s. 73 mit recht den schlusz zog: 'qnoaiam
pannus ad v. 661 ezplendum vel in Palatinum codicem translatui
est, vigilandum, num alia quoque ab interpolatoribus , quos con-
stat in hoc genere m'ultos elaboravisse, snppleta sint hemi*
stichia.' in seinem aufsatz *ttber die in der ersten hälfte des Aeseii
durch die moderne kritik gewonnenen resultate' (zs. f. d. gw. 1^7*
8. 65 ff.) , in welchem diese meist sehr summarisch abgethan wtf*
den , behauptet Schaper dasz 'auch nicht der mindeste gnmd vor-
handen sei die worte fidus quae tda gerduU Achates su streichen,
denn es ist l&ngst nachgewiesen, dasz bogen und pfeile durch tda
bezeichnet werden können , und die behauptung, dasz ein held sieb
WQebhardi: Eum ersten bache von Yergilias Aeneis. 567
seine waflEen nicht nachtragen lassen dürfe, weil er sonst «Yenere
mollior» erscheine, kann wol kaum ernst genommen werden.' der
ente teil der Widerlegung betreffii der kHa wendet sich gegen Peerl-
kimp, der zweite gegen Kbbeck. das erstere argnment ist hinfällig.
artm imd ea^iUtae gehören natürlich susammen und bilden zusam-
men die tda, passend ist verglichen worden Yon Siebeiis Ov. met.
V 366, wo Venus ihren Cupido aufiPordert iOa^ guibua superas amnes^
tapt idtty und er dann phourdram sdMt, de male sagüHs unam s^po-
Mit, oppoiUoque genu curvamt flexile comu, Bibbecks argument
ist TOtt Oossrau und Schaper entstellt wiedorgegeben. jener sagt
oemlieh proL s. 67 wörtlich: ^at otiosa esse yix quisquam nega-
bit nee admodum probabilcy moUiorem ipsa Venere, quae Dianam
nmalans umeris de mare häbüem suspenderai arcum venatrix (318
sq.), Aenean sua tela Achatae gerenda dedisse.' wer also nicht
vetSK, dasz Ribbeck das auftreten des Aeneas mit dem seiner mut-
ier ab venatrix vergleicht, dem müssen die von Gossrau und Scha-
per aus dem Zusammenhang gerissenen werte 4p8a Yenere mol-
lior* ttnszerst komisch vorkommen, auffallend bleibt es doch, dasz
ieness sich hier bogen und pfeile nachtragen Iftszt, während er 312
ueh uno eomäatus Aduäe bina hasHlia manu crispat, es kann da-
mit nicht verglichen werden, dasz die beiden in der schlacht armigen
zur Seite haben, welche ihnen neue geschosse zureichen, wie denn
Achates wirklich in solch einer Situation dem Aeneas dienste leistet
X 333. bogen und köcher hat der jSger bei sich, aber es sind viel
gewichtigere gründe, welche die werte fidus . . Achates als die er-
glBiong eines halbverses durch eine ungeschickte band darthun,
welche die Verteidiger des herkdmlichen, vor allen Schaper, nicht
hüten mit stillschweigen übergehen sollen, während die gefthrten
mit dem anzünden des feuers und der Zubereitung ihrer kärglichen
mshlzeit beschäftigt sind — Merea entfernt sich Aeneas, um von
einer klippe Umschau zu halten, es wird ausdrücklich gesagt, dasz
Adiates mit den Vorbereitungen zur mahlzeit beschäftigt ist (174 ac
PCHNiiHi süki scmttllam excudU Achates usw.), dasz Aeneas sich
^ein entfernt, und dann ist 188 Achates plötzlich bei ihm? ja,
Vena Aeneas mit dem gedanken auf die jagd zu gehen sich entfernt
^tte! diese absieht liegt ihm durchaus fem. während alle seine
ottimen mit der mahlzeit beschäftigt sind, will er die zeit bis zur
heistellang derselben, an der er allein nichts zu thun hat, sich nach
<len fehlenden genossen umschauen, da sieht er die hirsche, und mit
^ Waffe, die er immer bei sich führt, erlegt er einige derselben,
pnsde die erwähnten stellen 1 312 und X 333 sind die veranlassung
Seesen, den sonst immer folgenden fidus Achates ^ der eomes U et
P^f^ifme euris vestigia figit (YI 158), zur ausfüllung des stückverses
^henutien.
Wni man eine solche ausfüllung trotzdem nicht annehmen , ist
man aber von der ungehörigkeit der anwesenheit des Achates über-
'^t 80 liegt noch eine andere möglichkeit vor, nemlich die dasz
568 WGebhardi : Btun ersten bnche von Vergilins Aeneu.
die werte fidus . . Axhates nur eine randbemerküBg waxen mit be*
zug auf die vorhin erwähnten stellen, welche daa yerhütnis des
Aeneas zu seinem treuen begleiter berühren, dann durfte ans die-
sen werten unter hinzufBgung des mttszigen eonstii^ in y. 187 muer
text gebildet worden sein, wfthrend der dichter geschrieben bStte:
187 corripit hie arcwmque manu cdertaque sagütas
189 dudoresque ipsosprimum usw.
endlich darf nicht übergangen werden, daas der commentar des 8er-
vius, in dem auch schon die frage aufgeworfen wird, wie Achates
plötzHoh vom feuer weggekommen sei, bei ^ere5a^ eine erUftnmg an-
deutet, die wenigstens erwogen werden musz: gerehcA Md Ume^ avt
quae gerere consueverat (s. 75 der neuen ausgäbe Ton Thilo'.
was soll denn das imperf. gerebat nach den perf. oonstüU und oorri-
puü anders bedeuten als dasz Achates seinem heira die ge6cho£^e
zu tragen pflegte? der sinn der stelle könnte allenfiaUs so ge-
deutet werden: Achates ist mit den geführten beschäftigt, Aeneas
stiehlt sich allein mit den waffen fort, welche (sonst, gewöhnlich'
der treue Achates trug, es wäre das ein matter zusatz, mit dem man
aber zur not die Überlieferung yerteidigen könnte, den conserrati-
ven Vergiliusinterpreten empfehle ich diese auffassung, da eine an-
dere meiner meinung nach haltlos ist. ich selbst würde mich aib
den oben entwickelten gründen am meisten dahin neigen v. 188 zu
den hemistichien zu rechnen.
V.
In der zs. f. d. gw. 1878 s. 224 f. habe ich I 455 besprochen
und den vers so zu lesen vorgeschlagen : artificumque fMaiii45 ingentoti
operumque läborem. doch ist damit die stelle 453 fP. nicht von allro
flecken gereinigt, dasz sie so von dem dichter abgeschlossen hinter-
lassen sei , möchte ich unter keiner bedingung zugeben, es handel'
sich für uns darum , uns über die mSngel klar zu werden und die-
selben namentlich für eine Schulausgabe zu beseitigen, ich habe di'f^
in folgender weise gethan :
453 namque sub ingenti lustrat dum singuia templo
Abb artificumque manus ingmtem operumque lahorem
466 miratur^ videt Hiacas ex ardine pugnas
467 heUaque iam fama totum vulgaia per arhem; —
469 canstUit et lacrimans: 'quis iam locus* inquit 'Ad^t^
460 quae regio in terris nostri ncnptena Ictboris?
dazu die anmerkung: 4ndes in dem erhabenen tempel er alles | eitr.j
betrachtet, die werke der künsÜer, | die gewaltige arbeit, die mObtn
reiche, | bewundrungsvoll — da sieht er mit staunen { die kämpfe \v >
Troja, in bildem gereiht, | den krieg durch Fama gekündet dem erd*
kreis. | der held steht still und weinend beginnt er: | ^wo ist, o Ach.»
tes, ein ort noch auf erden, | ein land von dem leid unsrer mOhsA-
noch leer?**
* die ftnregQiig zur übersetong der Aeneide in dem Tiermal ^obea^i .
WGebhardi: zum ersten boche von Yergilius Aeneis. 569
Abgesehen von der Sudening von inter se, worüber jetzt auch
Kvicala ao. s. 126 ff, zu vergleichen ist, in ingetUem musz ich 454
reginam oppmenSt dmm^ quae fuiwra sü urbi und 458 Atridas Pria-
muM^ud €^ saevum anibobus ÄdhiUem als nicht von Verg. herrührend
TSTwerfen, ich kann sie nicht einmal als zu den tibidnes gehörig
gelten lassen, der erste, auch von Schenkl angefochtene, sagt dasz
Aeneas, dum 8ub mgenti templo sinffuia Justrat ^ die bilder bemerkt
aaf die anknnft der königin wartend. *woher konnte Aeneas wissen,
dasx Dido in den tempel kommen wollte oder müste?' fragt Weidner,
nnd ich werfe dieselbe frage auf, gebe aber darauf nicht dieselbe ant-
wort wie er: 'dies ist eine müsaige frage.' allein ganz so müszig
seheint sie ihm doch nicht: denn er stellt es als möglich hin, dasz
Aeneas dies aus dem Torhandensein des scUum v. 506 geschlossen
babe. das klingt doch recht gesucht, es wäre doch ein seltsamer
bozj der in dem weiszen saale des Berliner Schlosses auf unsem
ksiier warten wollte auf grund der beobachtung, dasz ein thron für
ilm dort Torhanden ist. es klingt zu komisch, wenn es heiszt:
Aeneas sieht in einem lucus laeti8smu$ umbrae einen tempel, be-
wundert die arbeit an ihm , geht in den pronaos , besieht sich dort
die bilder und denkt: ich will einmal warten, vielleicht koomit die
kSnigin her. nun vielleicht auch nicht, er hätte unter umständen
recht lange warten können, aber an solchen sinnlosen Zusätzen er-
kennt man die landbesMrkungen thörichter leser, vielleicht schüler,
die von unvrissenden abschreibem gedankenlos in den text gesetzt
worden sind, der zweite teil dieses eingeschobenen verses zerstört
dmth seine form die concinnität der periode und enthält eine albern-
heit das gerippe des satzes ist: dum singuHa htstrat^ dmn artifioum
Mam» miraiur . . pugnas Iliaoas vidä. der falsche vers unterbricht
diesen satzbau durch hinzufügung eines particips und eines von dum
^katitr abhängigen indirecten fragesatzes. mirari musz also in ganz
verschiedenem sinne zweimal genommen werden: 'er bewundert die
knastwerke' und 'er wundert sich über das Schicksal der stadt' ; wäh-
lend voriier und nachher nur von dem sehen voll bewunderung die
rede ist, kommt mitten hinein ein sich wunderndes denken über das
uhicksal der Stadt, das in diesem Zusammenhang gänzlich unmoti-
viert erscheint, mit diesem machwerk haben wir nun nichts mehr
IQ schaffen, aber auch ▼. 457 ist ein pannus angeflickt. Aeneas er-
bliekt die kämpfe vor Troja ex ordine dargestellt, welche? sagen
T. 466 ff. namque videbat: la die Oriechen auf der flucht (vor
Hektor). b die Trojaner auf der flucht (vor Achilles). 2 a den mord
dei Khesus. b den mord des Troilus. 3 a die Hierinnen als lK€T(b€C.
h Priamus als \k^tiig 4 a Memnon mit dem succurs vor Troja.
h Pentheailea mit dem succurs. die corresponsion der vier bilder-
aieht mllitterierenden deutschen freien yerse verdanke ich der lectüre
;!«• geistvollen vortrage Adolf Briegers 'über das wahre nnd falsche
idetl der Übersetzung antiker dichter' in den Verhandlungen der Wies-
badener phUologenversamlung (Leipzig 1878) s. 70 ff.
570 WGebhardi: zom ersten buche von Vergilins Aemeü.
paare liegt auf der band, ist untadellich schOn, jede ftndenmgist
fiberflüssig, unter hdia v. 457 sind also die kSmpfe vor Troja mit
den zwischen dieselben fallenden ereignissen zu verstehen, dam wird
angefügt Atridas Priamumque et $aei>um amhdbua AehiXi/em. böchst
auffällig ist 1) der mangel einer oopulierenden oder epexegetiseheii
Partikel, das asyndeton. die zusammenstellnng viäd hdkn^y Akn-
daSy Piiiamumque et ÄchMem ist unlateinisch und anlogisch. 2) es
ist in der erklttrung der bilder nirgends Ton den Atriden die rede.
3) die Worte saewim cmbohuB AcMüem sind sinnlos, wenn Adulles
saevus genannt wird, so ist das in der Ordnung; wenn er PHono
saevus genannt wird, so mag das in der Ordnung sein; wenn er aber
dem Priamus in gleicher weise saewAS sein soll wie den Atriden ^ so
ist das schon nicht in der Ordnung, und wenn er dem Menelaus, dem
Agamemnon und dem Priamus gegenüber sich saeifus zeigte, so und
das wol drei personen und nicht ambo, 4) die vorwegnähme ein-
zelner sigets aus der erst nachher erlftuterten bilderreäe schwkht
den eindruck und ist unkünstlerisch, ich bin sonst sehr geni bereit
stellen und verse der Aeneide, welche den Zusammenhang stören
oder einen Widerspruch enthalten, trotzdem als Vei^isch zu Ter-
teidigen mit dem hin weis auf die mangelnde schluszredaction; doch
müssen sie nicht in der weise wie hier allen regeln der grammatik,
logik. und Ssthetik ins gesiebt schlagen.
VI.
Im anschlusz hieran noch etwas über die bilder selbst ich sage
bilden leider habe ich bemerkt dasz nicht alle von bildem spre-
chen , und daran scheint vor allen Weidner schuld zu sein, auf einem
giebelfelde sollen diese scenen dargestellt gewesen sein, also nicht
maierei sondern — plastik. freilich enthalten die si^ets nichts,
was nicht auch in marmor hätte dargestellt werden kOnnen, selbst
dem niger Memnon konnte ja die polychromie gerecht werden, oder
es hStte auch schwarzer marmor angewendet sein können, aber in
einem giebelfeld lauter bilder, die zwar paarweise in ihren snjets
verwandt sind, aber doch nicht, wie das bei darstellnngen in giebel-
feldem notwendig ist, ein ganzes bilden mit einem gemeisaoen
mittelpuncte. acht scenen verschiedenen inhalts in einem giebelfeMe,
welches nur in der mitte räum für aufrechtstehende figoren bieUt'
ich erstaune dasz ich diese frage weder in den ausftthrlichen aus-
einandersetzungen Weidners noch Kvicalas auch nur berfihrt finde,
sie lassen die archSologische frage zu sehr auszer acht. Weidners
giebel sieht so aus :
la. IIa. IIIb. IVa
IVb. inb. IIb. Ib
WGebhardi: zum ersten buche von Vergflint Aeneis. 571
oder in Worten : linke httlfte :
Graionm fuga. Tydidea et Rhenus. Hiadea et Minerva. Achüles
et Priamus.
rechte hllfte:
Aeneas et Memnon. PetUheeSea et Amaeonee. Äcküke et Troüue.
TroUtnarum fuga.
diese Anordnung iet eine rein willkürliche und principlose. denn
wllirend er das erste bilderpaar auseinanderreisieend die flucht der
Griechen und die flucht der Trojaner je auf die endpuncte des giebel-
feldee Tersetri^ gibt er schon dem folgenden paar (mord des lUiesus,
mord des Troilns) nicht mehr die entsprechenden stellen vor den
ersten bildem, serreiszt das dritte bilderpaar, die supplicationsscenen,
und darum auch das vierte, die pendants der suocursscenen. Weid-
Der erinnert an die sog. Aegineten, ohne aber von diesem bildwerk
eine Anwendung auf unsem fall zu machen, das ganse feld enthielt
Dor 6ine scene, den kämpf um eine leiche zwischen Griechen und
Trojanern, Pallas Athene aufrecht in der mitte, die figuren auszer
ibr geblickt und liegend, wie es die form des giebels gestattete, so
eignete sich die Niobesage zur plastischen darstellung für ein giebel-
feld: Niobe mit ihrer jüngsten tochter in der nutte, stolz aufrecht
stehend, zur rechten und linken die zusammenknickenden und zusam-
mengelmickten söhne und töchter, die ecken bieten nur noch räum
für Hegende figuren. nach diesen gesichtspuncten ist ftlr die Vergil-
scenen kein platz auf einem giebelfelde. es fehlt die einheit des
sQjets und die mOglichkeit viele einzelne scenen der vorliegenden
tft iof 6inem giebelfelde unterzubringen, das schlimmste in der
Weidnerschen ezposition ist jedenfalls der umstand , dasz er v. 464
^ ttU atque animum pictura pcadt inani^ der also ganz deutlich
die art der kunstwerke kennzeichnet, erst gewaltsam für seine inter-
pretation zurechtstutzen musz, indem er sagt: ^pidu/ra ist hier nicht
T0& der maierei zu verstehen — die maierei ist spftter als die bild-
buerkunst — sondern von reliefs, welche ein gemSlde ersetzen.'
^ ob die frage , ob die maierei oder die sculptur das prius sei , in
diesem Karthago Vergils auch nur aufzuwerfen wäre! und zum be-
^«ise, dasz ptettira von der bildhauerarbeit gesagt werden könne,
^Uirt Weidner aus dem Culex an: ei nUor auri suh laqueare domus
M«ittm mon tangü avarumf piäuraeque decus'^ was natürlich nichts
^eres bedeutet als 'schöne gemälde', woraus er sich ohne jede be-
itehtigung eine 'bunte musivarbeit' gemacht hat. wie dann auch
KTicals ao. s. 133 ff. behaupten kann, es sei in hohem grade wahr-
Kbeinlich, dasz wir die bilderreihe als auf einem giebelfelde befind-
lich ond in zwei teile zerfallend uns vorzustellen haben, und dabei
T. 464 vollständig ignoriert, kann ich nicht begreifen.
Wir haben also keine plastischen bildwerke vor uns , sondern
malereien in der halle des Ttpövaoc, in der sich Aeneas von v. 453
•0 befindet: denn sub ingenti tempto heiszt nach Yergilischem sprach-
S^Wsnch nichts anderes als 'in' dem tempel, vgl. sub pectare vulnus
572 WGebhardi: zum ersten buche von Vergiliua Aeneis.
lY 67. vasto sub antro Hl 431 und an unzähligen andern stellen,
wir befinden uns mit dem beiden in einer CTod itoikiXt), der vorhalle
des tempels. wie haben wir uns nun wol die anordnung der vier
bilderpaare zu denken? gewis auf das einfachste hergestelli je
zwei bilder gehören als pendants zusammen : zwei paare auf der
linken seite des eintretenden, zwei paare zu seiner rechten, die bei-
den ersten bilder werden mit hac . . hac eingeführt, was nichts an-
deres heiszt als 'hier und dort', das zweite paar auf derselben seite
mit nee procid hinc und parte äUa. mit ifUerea t. 479 wird auf die
entgegengesetzte wand hingewiesen vom standpunct des beschaners
aus, vor dessen äugen die bilder ex ardkne v. 456 yorftbeniefaeD.
ipcrfthrend vor ihm Troilus von Achilles im staube geschleift wird —
interea nähern sich auf der andern seite die Ilierinnen mit dem
peplos der zürnenden göttin. dieses interea ist also lebendig Teran-
schaulichend und echt poetisch. 483 und 484 beziehen sich natfir-
lieh nicht auf die folgende supplicationsscene , sondern bereiten di^
selbe nur vor. wenn Weidner das vorletzte bild Aeneas et Mmf^^
nennt, so geschieht dies den worten des textes nach se quoqu/tfni^
dpibus permixtum agnovü Äddvis ohne grund. nur Memnon nimt
eine hervorragende Stellung ein, nicht Aeneas, der nur in gleicbtr
weise wie andere führer der Trojaner dargestellt ist.'
' über die bilderreihe im Janotempel hat gegen Weidner treffend««
schon Münscher in der zs. f. d. gw. 1872 s. 346 f. beigebracht, aach ist n
vergleichen Haag in derselben zs. 1875 s. 484. übrigens ist schon in
dem XV ezcorse der Heyne-Wagnerscben ausgäbe bd. II s. 247 die frarc
aufgeworfen 'videndnm, an Virgilias non de pictis tabalis, sed de ana-
gljpho opere . . agere dicendas sit? nam qaod pieturam dixit, boepotti^«
elegantia (!) de quoyis opere, qaod figuras reram ac Signa reprtesenui.
bene memorare potuit,' allein Heyne fährt bald daraaf fort : 'interbaec
tarnen commentu illi scalptarae h. 1. non magis coofidam quam ei ({^o^
malto minus probabiliter in animum venit viro docto, nt crederet bic i^
teztura agi. nisi yim facias verbis, non nisi de tabalis pictis
agere poeta potuit: et dicendus ille est malnisse morem Italise scae
sequi, in qua passim visebantur porticus templorum pictae . . nihil irt-
quentins eodem more inter Graecos.' durch aie geehrte redaction «ii^-
ser Jahrbücher wurde ich ferner aufmerksam gemacht auf dss •ehiei*
ben von LLersch (Bonn 28 febr. 1848) an FGWelcker, Ab^drarkt
mit einem ausätze yon diesem im rhein. museum VIII (1853) s. 1S7-H-*
welches unter den neueren erklärern, so viel ich sehe, nur Cfossraa be-
achtet hat (von ihm falsch citiert 1861 s. 37). macht schon die- $
falsche citat einen seltsamen eindruck. so geräth man noch mehr lo
Verwunderung, wenn man bei ihm liest: ^Lerseh octo somit imtgine«
inter se oppositas in fronte fastigii.' in seinem lasatse teilt Welcker
eine äuszerung von HBrunn mit, der, wie audi ich es aosge fuhrt h&: -.
je zwei nnd zwei parallelbilder annimt. mehr lässt sieh aas den v •
ten des dichters aach nicht beweisen. Lerseh geht aber weiter: c:
will ein gegenüber der zusammengehörigen bilderpaare beraaifiaden.
ohne sich indes auf ein analogon berufen zu können, das dem v^r-
Kegenden direct und vollständig^ entspricht: denn die notis des ?«-<«-
nias I 16, 1 kann ich als ein solches nicht gelten lassen, die form ' '
aneinanderreihung bei Verg. v. 467 hac . . hac nnd 474 parte oHu >*>< <^*'
keineswegs zur annähme eines gegenüber, zumal da parte a&ä nh'-
WGebhardl: zum erfiten bnche von Vergilins Aeneis. 573
vn.
Wfihrend Aeneas diese wanderwerke der kunst betrachtet {haec
dum Bardanio Äeneae fniranda videntur v. 494), erscheint Dido und
nimt platz auf einem throne, der — wo zu suchen ist? eine tempel-
form, wie sie der Vergilischen zu entsprechen scheint, finden wir in
dem groszen Jupitertempel zu Pompeji , dessen grundrisz und be-
schreibang man bei Guhl und Eoner leben der Griechen und Bömer^
s. 365 einsehen mag. vor einer vorhalle befindet sich ein aus einer
platefonn und künstlich angelegten treppen bestehender vorbau
(t. 448 f. aerea cui ffradihus surgebant limina, nexaegue aere trahes^
fordms cardo stridehat aenis). dadurch Vurde die länge dieses gan-
zen vordem teils fast der der zweiten^ hintern hälfte des tempels gleich
gemacht . . durch die somit im mittelpuncte des ganzen gebSudes
liegende thür tritt man in die cella.' hier stand das sölium, auf dem
die kOnigin platz nimt. so im wesentlichen auch Weidner: *das
sciium stand tinter der eingangsthttr des adytum* aus den worten
des textes geht dies aber kaum hervor, da die bedeutung des abl.
fofibus eine genaue Interpretation nicht zulfiszt. ich halte tum für
«ine corruptel aus dem notwendigen 8uh^ hervorgegangen aus dem
bedftr&is nach einer verbindenden partikel. also mb faribus divae
. . rcsedü. die werte media testttdine templi sind ebenfalls von Weid-
ner ausführlich imd mit hilfe des schönen Werkes von Guhl und
Eoner im wesentlichen richtig erläutert, diese testudo ist eine
knppel, ein gewOlbe in der mitte des ganzen gebäudes, die ablative
MÖÜa testudine iempli sind also als absolute aufzufassen, die kOnigin
setzte sich auf einem unmittelbar an der eingangsthür zur cella be-
findlichen throne nieder, dort wo in der mitte des tempels über ihr
eine knppel sich wölbte, demnach geht Kvicala ao. s. 137 viel zu
weit, wenn er den ausfall eines ganzen verses zvdschen divtie und
^ia annimt, wie will er hier, wie es die philologische methode
erfordert, die mOglichkeit oder den grund des ausfalls erklären?
vm.
£8 bleiben mir noch mehrere stellen zu kürzerer besprechung
Qbrig, in denen ich zur herstellung eines klaren Verständnisses ganz
leichte textesänderungen für notwendig halte, meine abweichungen
in der exegese des ersten buches zu rechtfertigen halte ich für über-
flflssig uad zu weit führend; der commentar meiner ausgäbe wird
in dieser beziehung den anforderungon gerecht zu werden sich be-
niQben.
Trotzdem der scholiast zu Lucanus Phars. 1 133 zu Äen. I 747
IteUsen kann 'an der andern wand des tempels', soodem 'auf einer an-
dern teile oder stelle' bedeutet, so sagt denn auch Lersch snm schluss:
'ileher steht, so viel mir scheint, die ganze sweiteilnng, der paralle-
lisrnns dieser bUder, die ihren gemeinsamen mittelpnnct natürlich im
Ml and in der eroiedrigung Trojas finden, woher der römische dichter
•eine schildening genommen, ist nicht recht klar.'
574 WGebhardi: zum ersten buche von Vergilius Aeneis.
die meiner meinung nach ganz nnnmg&nglich notwendige lesart m-
gemincmt plausum bietet, trotzdem natttrUch nichts leichter möglich
ist als der abfall eines auslautenden -m, trotzdem die lesart iii^eMt-
tumt *8ie verdoppeln' oder meinetwegen reflexiv 'sie verdoppeln
sich' plaiisu 'mit beifall' sinnlos ist, verschmftht man aUgemon das
gute und hält am schlechten fest, das non plus ultra in der erkl&-
rung leistet Kappes : 'sie verdoppeln den beifisdl durch hSttdeklat-
sehen, sie klatschen reichlichen beifalL' wir sehen hier wieder die
von ihm beliebte Schiebemethode in der Interpretation, die ich in
der zs. f. d. gw. 1875 s. 476 fl*. reichlich illustriert zu haben meine.
das kunststttcky das er hier vorführt, ist sehr plump : er setzt nem-
lieh jaiaususi zweimal, einmal als 'beifall', dann als 'hflndeklatschen'.
ein ausfall des auslautenden -m ist jedenfalls auch v. 580 anzimeh-
men: erun^pere nubem.
729 ziehe ich mit Yalla zu Juv. 5, 38 qua Bdus ä owmes \ a
Bdo solüi sc. sunt facere oder Ubare der lesart quam vor. 721 hat der
Med. T£]MPTAR£UERTERE. dios scheiut mir auf das viel sinngemSszere
pervertere für praevertere zu führen. Amor reiszt allmählich das bild
des Sychaeus aus dem herzen der Dido und verwandelt ihren
sinn dadurch, dasz er ihr lebendige liebe einfiöszt. praevertat kann
nur durch gekünstelte interpretation verstanden wrätlen. von einer
'fthnlichen 'umkehr' der gewohnten empfindungs- und denkweise
wird dasselbe verbum YII 584 gebraucht, vgl. über diese stelle
meine bemerkung in der zs. f. d. gw. 1875 s. 478.
707 nee non et Tyrii per limina laeta frequentes \ eontemt,
taris fussi discumhere pictis, convenere ist als perf. praesens zu fassen:
*sie sind da.' Kvlcala behandelt diese steUe ao. s. 161 mit beng
auf die werte iussi usw., die mir auch nicht die geringste Schwierig-
keit zu bieten scheinen, sobald man convenere in dem von mir Tor-
geschlagenen sinne nimt: 'sie sind versammelt auf ihren sitzen, auf
denen man sie platz zu nehmen geheiszen; dort bewundem sie die
herumgereichten geschenke des Aeneas.' unverständlich sind nur
die von Kvlcala gar nicht berührten worte per Umina laeta. die
pr&p. per drückt local die Verbreitung über einen räum aus, das
passt zu Umina nicht; was sind denn aber Itfiufia laeta? frdklicbe
schwellen? ich lese lumina laeta: die gftste sind zahlreich versam-
melt in dem in einem lichtmeer stralenden palaste, es liegt hier
also laäus c. gen. nicht c. abl. vor wie v. 441 litcus laetissmus
umbrae.
646 dürfte die sorge des vaters auf dem geliebten Ascaniiz^
sich concentrieren , nicht die sorge des geliebten vaters auf den:
Ascanius. der dichter schrieb oder hStte geschrieben oaro.
574 Tros Tyriusque mihi nüOo discrimine agetur versichert Dido
dem Sprecher der trojanischen abgeordneten, und das soll heiazen:
'Trojaner und Tyrier werden von mir ohne unterschied bdiandel:
werden.' nur schade dasz aliquem agere »» iraäare nicht nacbge-
WGebhardi: sum enten buche von Vergilixu Aeneis. 575
wiosen ist. agdwr ist vielmehr absolut zu nehmen und die so
hflnfige Verwechslung von -ve und -gue zu statuieren, also Tros
T^pimt^ mhi wMo diserimme ageiur >— sive Tras sive Tyrius erU:
'Trojaner oder Tjrier, das wird auf meine handlnngen keinen ein-
flosz üben.'
Eine besprechnng erfordert noch I 697 cum venu {Ascaniu$)y
mHaeis iam at regina superbis \ aurea composuU sponda tnediainque
locoüU. 'diese ftbergangsform. Überhaupt die Verbindung von cum
mit ind. praee. im vordersats und ind. parf. im naohsatz, findet sich
bei Verg. nicht weiter, ein gleiches beispiel findet sich auch nicht
im Tors« von Hand, so dasz unsere stelle ganz singulär zu sein
scheint' Weidner. dazu kommt die Schwierigkeit die doppelten
iblaüvpaare aülaeia superbis und aurea sponda in der Übersetzung
ontenabringen: denn wenn man das zweite paar local nimt, so ist
die modale beziehung des ersten paares sehr lose und fragwürdig,
es ist auch gar nicht angegeben, wo sich diese aponda befindet.
(mlaeia wird idlerdings schon durch Servius bezeugt; indessen ist es
trotzdem wahrscheinlich, dasz es aus aulis entstanden ist, um die
sfrftter ungewöhnliche, von Verg. noch öfter zugelassene production
der endsilbe -U (vinft) zu corrigieren. aber *in der zweiten, dritten
und vierten' arsis gestattet sich Verg. die dehnung der kurzen end-
silbe auf iy welche in der spräche der ftltem zeit limg gewesen war/
Schaper zu VII 174. dann sind die ersten ablativpaare auiis auper^
te 'in der stolzen halle' das locale ÖXov, denen das erlSutemde locale
M^poc aurea sponda hinzugefügt wird.
IX.
Für eine richtigere, sinngemftsze interpunotion iSszt sich, nach
dem beispiele Carl NauckQ, zur erzielung eines klareren verstftnd-
Bttses des Inhalts sowol wie des kunstvoUen baue der verse noch
UBBer sehr viel thun. hier zum schlusz einige proben aus dem
ersten buche der Aeneis.
Auf die form der gleichnisse hat Vexg. den grösten fleisz ver-
*v&dt keins ist kunstvoller angelegt als der vergleich, durch wel-
ckn er die einwirkung des mächtigen wassergottes auf sein empör-
tes dement veranschaulicht 148 — 156. die responsion und harmonie
der teile zum ganzen wird aus folgender darstellung ohne commen-
tir erhelleB :
laaac vduti magno in pqpulo cum saepe cooria est
ß sedüio, saevüque ammis ignoMe vtdgus, —
T — iamgue faces ä saxa f?ilani^ furor arma mmistrat; —
b a tum pietaie gravem ac merüis s% forte virum quem
ß conapexere^ süent arreäisque auribus adstant^ —
j ^üie regit diäis ammos ä pectora mutest: —
Ile a AC cunctuspdagi oeädii fragor^ aeguora postquam
ß prospiciens genUor oadoque inveäus aperto
T fl^U equos curruque volans dat lora secundo.
576 Fhilologische gelegenheit88chiift«n.
V. 96 ff. ist zum teil nach Nauck (KOnigsberger programm von
1862) zu interpungieren:
0 Danaum fortissime gentis,
Tydide^ mene'IUads oocumhere campis
nonpatuisse^ tua^[ue animam hanc effundere decbna,
saevus uibi Aeaoidae tdo iacä Hedar, ubi ingms
Sarpedony uU tot Simois corr^ria sub undis
scuta virum gäleasgue et foriia corpora voMt?
Meseritz. Walthkr Gebhaedl
(85.)
PHILOLOGISCHE GELEGENHEITSSCHHIPTEN.
Beigard (gjmn.) Petersdorff: C. lalius Caesar num in bello gallicj
enarrando nonnulla e fontibas transcripserit. drnek von 6. Klemp
1879. 18 8. gr. 4.
Berlin (aniv.) Ernst Cur lins: kaiser Wilhelms friedensregiment
rede am gebortstage seiner majest&t des kaisers und konigs . .
am 22 märs 1879 gehalten, bnchdrnckerei der k. akad. d. «iss
15 s. gr. 4.
Freibnrg (nniv.) Bernhard Schmidt: über wesen und Stellung <]er
dassischen pbilologie. rede . . am 18 jani 1879 gehalten, dr&ck
von H. M. Poppen u. söhn. 29 s. 4.
Goslar (realsch. I o.) Carl Ludwig Leimbach: über den christ-
lichen dichter Caelius Sedulins und dessen Carmen pasekale, dnck
von £. Brückner (verlag von J. Zwissler in Wolfenbüttei). IST?.
61 s. gr. 8.
Greifswald (aniv., lectionsk atalog sommer 1879) Francisci Sns» -
mihi de recognoscendis ethicis Nicomacheis dies. IL dmckTonF.W.
Kunike. 19 s. gr. 4.
Grimma (landesschale) Hermann Wander: L. Annaens Senees qsi i
de dis senserit ezponitar. druck von C. Bössler. 1879. 21 s. gr. 4.
Halle (aniv., doctordiss.) Julias Klinghardt (aus Haibau): deg«£ -
tivi usu Homerico et Hesiodeo. druck von Klinkhardt in Leipxic:.
1879. 48 8. gr. 8.
Königsberg (univ. , zur ankündigung von reden) L. FriedUnder:
Caroli Lehrsii dissertatio de ironia quatenus in htatoria stndiortii
Homericorum cernitnr . . die XV Octobris a. 1831 publice reciut
nunc autem primum edita. druck von Dalkowski. 1879. 8 •• gr- -^
Rom (arch. Inst.) (Ad. Michaelis) geschichte des deutschen srchäolo
gischen Instituts 1829—1879. festschrift zum 21 april 1879 bersn^i:
von der centraldirection. vorlag von A. Asher n« comp, in Berlin
VI u. 187 s. gr. 8.
Stendal (gjmn.) Otto Erdmann: über den gebrauch der lat. adjectir*
mit dem genetiv, namentlich bei den Schriftstellern des ersten .
nach Ch. druck von Fransen und Grösse. 1879. 24 s. gr. 4.
Weimar (gjmn.) £. Bedslob: symbolae criticae ad PUutt fsba!.^'
hofbuchdruckerei. 1879. 16 s. gr. 4.
Würzburg (univ., zur begläckwünschung des arch. Inst, in K*-
21 april 1879) C. L. ürlichs: commentafio de vita et hooorib^
Taciti. druck von Stahel. 24 s. gr. 4.
Zwickau (gjmn.) A. Häbler: astrologie im altertum. 1879. SSs. gr. t
ERSTE ABTEILUNG
FÜB CLASSISCHE PHILOLOGIE
HBRAUSGEGBBBN VON ALFRED FlECKKISEN.
79.
AULETISCHER UND AULODISCHER NOMOS.
Im achten supplementband dieser Jahrbücher s. 309 — 351 hat
HQQhrauer ftuszerBt wertvolle anfechlüsee über den pjthischen
nomoa gegeben, er hat gezeigt dasz dieses mnsikstück der solo-
Torirag eines auleten war, der anf seinem Instrument in fünf be-
stimmten abteilangen ApoUons kämpf und sieg über den pjthischen
drsehen zur darstellang brachte, nnr an zwei stellen des nomos
giaobte O. die mitwirknng noch anderer mnsiker annehmen zu sollen.
onters. hftlt auch das für annOtig, indem Einmal caXTnCTiKä xpoO-
^Mrra sehr wol eine trompetenartige fanfare bedeuten können, die
der aalet selbst auf seinem instrument blies, die sjrinx aber ander-
seits nicht notwendig die Panspfeife zu sein braucht, sondern auch
eine Torrichtong am aulos gewesen sein kann, etwa eine verlftngerung
des rohrs, die man ansetzen und wieder wegnehmen, auch vielleicht
allein für sich zum blasen benutzen konnte, im Philologus XXXVIII
i. 378 ff. findet man alle einschlftgigen stellen hierüber zusammen-
gesteDt, und wenn damit auch völlige gewisheit über diese art sjrinx
noch nicht erreicht ist, so steht jedenfaUs so viel fest, dasz eine
Panspfeife zur ausführung des pjthischen nomos durchaus un-
nötig war.
Aas den schollen zu Pindars 12r pjthischer ode ersehen wir
übrigens noch , dasz der p jthische nomos nicht die allein mögliche
ao/gsbe für die auleten beim agon in Delphoi war: denn der in die-
sem gedieht gefeierte Midas hat nicht dieses stück, sondern viel*
mehr den vö)AOC iroXuK^ipaXoc geblasen, eine composition die mit
dem iCttT* ttoxi^v pjthisch genannten nomos nicht nur der form,
aondera auch dem Inhalt nach eng verwandt war. sie behandelte
aemlicb die tOtung der Medusa durch Perseus, enthielt auch wie der
pjtliische nomos eine ziemliche anzahl verschiedener abschnitte
Mhr^achOT Ar cUm. philol. 1879 hfl. 9. 87
578 KyJan: auletisclier und aulodiBcher nom08.
(liibf) oOv bid iToXXujv irpoot^iujv cuvccTUüca lautet die wahrschein-
lichste erklSning des titeis TToXuK^qxxXoc bei dem scholiasten), und
darunter war sogar auch ein cuptT^ot oder cupiT^öc, in welchem teile
Midas das zischen der schlangen am köpfe der Medusa nachgeahmt
haben wird, so schön wie früher Sakadas das letzte zischen der Ton
ApoUon erlegten schlänge, war dieses syrigma der schluszdes polyke-
phalos, dann ist wol denkbar dasz Midas wirklich, wie der scholiast
sagt, nachdem ihm das mundstück zerbrochen war, Tp6in|i cipiTTOC
weiter blies und den sieg errang, einen ordentlichen ton konnte die-
ser künsüer aber unmöglich mehr erzielen, wenn die YXuiTric ent-
zwei war: denn mit diesem werte, das ja auch Stimmritze bedeutet,
wird offenbar ein mundstttck bezeichnet, wie man es noch jetzt auf
d§r obo($ hat ; ist aber dieser wichtigste teil des Instruments verletzt,
so ist die gewöhnliche art der tonerzeugung total unmöglich geworden,
nur ein stöhnen oder zischen war noch möglich , ein unftsthetischer
ton , den Telephanes von Megara verabscheute (Plut. de mus. 24).
Selbstverständlich verlangte der nomos als ein virtuosenconcert
nicht eine kleine bequem zu behandelnde sorte auloi, sondern grosze
volltönende Instrumente, das sagt uns überdies noch ausdrOcklicb
Athenaios IV c. 79, wo von den f)^(onoi oder iraibiKol aöXo( und
ihrem gegensatze, den ^vaYiOvioi, die rede ist. und ganz in Über-
einstimmung mit ihm befinden sich Aristeides QuinÜlianus s. 101
und PoUux lY 81. sie unterscheiden nemlich beide die TTuOiKoi auKoi
von den xopiKoi. erstere (auch T^Xeioi genannt und wahrscheinlich
von gleicher mensur wie die zu den hymnen geblasenen ctrovbeiaxoi)
waren nach FoUux beim paian sowie bei dem solovortrag des pjthi-
sehen nomos üblich (r)()Xouv dxopov aöXimo, tö ITuOiköv), letitere»
die chorflöten, dienten zum vertrag der dithyramben.
Derselbe vf. nun, dem die forschung über den auletiechen nomoi
ihre erste anregung und in den meisten puncten auch ihre richtige
erledigung verdankt, hat jetzt seine aufmerksamkeit auf das zu-
nächst angrenzende gebiet gewendet in folgender abhandlung:
ZUR OESCHIOHTE DER AULODIK BEI DEN GRIECHEN. VON HEINEICH
OUHRAUBR. (osterprogramm 1879 des gymn. za Waldenharg m
Schlesien.) druck von Paul Schmidt. 16 s. gr. 4.
Der erste teil dieser abh. beschäftigt sich mit dem wesen und
dem begriff der aulodik. im gegensatz zu vielen andern forsehern
nimt der vf. mit berufung auf Plut. de mus. 8 und Paosanias X
7, 5 sowie auf die gleich zu erwähnende stelle aus Athenaios XH
an, dasz unter dem auXcfjböc nicht der aulet, sondern der sInger su
verstehen sei, eine annähme mit welcher refl vollkommen einver-
standen ist für den fall, dasz wirklich immer zwei muaiker und nicht
vielfach nur 6iner bei dem aulodischen npmos thätig war.
Waren aber zum aulodischen nomos 6in oder zwei
musiker nötig? wurde der Sänger fortwährend von einem aulett n
ItJan: ans. y. HGnliraiier zur gesch. der anlodik bei den Griechen. 579
begleitet, oder blies der anlode nur vor- und Zwischenspiele und
stiig im Übrigen ohne begleitung? das ist ohne zweifei die haupt-
frage, anf die es bei dieser art von vertrag ankommt; mit recht
legt auch G. anf dieselbe das hanptgewicht; aber mit der von ihm
gegebenen ISsnng kann sich, so gut sie auch bezeugt scheint, ref.
dennoch nicht einverstanden erklären, bei Athenaios XTV c. 14
steht allerdings mit klaren Worten: i|idXX€t b* aüvSlt [t<^ Wapwb^]
imy ^ OfjXcux, die Ka\ T<^ aöX(fi2)d>. Mborm bi 6 cTcqpovö'c T<p
IXopifibi^ KoA rC^ aöXtfib«!^, od Tip i|idXTr) oübi Tip aöXriT^. bier
wird freilich neben dem auloden ausdrücklich der begleitende aulet
erwShnt, und zu der zeit, in der des Athenaios gewährsmann —
wahrscheinlich Aristokles von Messana um 300 nach Ch. — lebte
nnd schrieb, musz also die anlodik ein duett gewesen sein, sie wird
ferglichen mit der hilarodik, einer gesangsproduction, die mit gesten
b^leitet wurde (cxtv(Z€Tat ö IXaptfiböc Ath.) , also jedenfalls eines
Spielers fllr das begleitinsirument bedurfte.
Eine solche leistung aber, bei der zwei musiker genau zusammen-
geben mnsten , hatte ihre groszen Schwierigkeiten, die Vereinigung
mehrerer stimmen zu einer gemeinsamen leistung erforderte hin-
reichende ansbildung der beteiligten an sich und auszerdem noch
fleisrige übmig im zusammenspiel (G. s. 6). Klonas aber, der haupt-
l^cgTlinder des aulodischen nomos, lebte, wie es scheint, lange zeit
for Terpandros*, und schon vor ihm wiederum hat sich in ähn-
licher weise Ardalos von Troizen bethfttigt (Plut. de mus. 5). soll-
ten wir uns wirklich denken kOnnen, dasz eine Vereinigung von flöte
inid gesang schon in jener uralten zeit sitte gewesen sei , lange vor
einwandeniBg des Olympos, durch den ja kunstgerechte auletik zu-
ost in Griechenland bekannt wurde (Plut de mus. 7)? schon die-
se umstaiid mosz uns gegen die annähme , als sei diejenige art der
•oiodik, welche Athenaios und sein gewährsmann im äuge haben,
die älteste tmd einzige in Griechenland gewesen, äuszerst bedenklich
machen, andere gewichtige umstände treten hinzu, diese bedenken
zn verstärken.
Sobald bei einer aulodischen leistung zwei musiker beteiligt
waren, flbemahm, wie wir gesehen, der sänger die hauptrolle: nur
€r wurde mit einem preise belohnt, wenn er seine sache gut gemacht,
^ Platarch de am», 4 afthlt die aulodischen nomen vor den kitha-
fodifdien auf, er erklärt anch deutlich erstere für älter c. 4 ge. und
c S I«. Orpbeai, heiist et, des Terpandros vorfahr, konnte noch nie-
■aaden ii»cliahnien : denn es war noch niemand vor ihm da als nur die
nlodiaehen componisten. c. 4 xa. beisst es allerdings, oachdem P0I7-
BaesUw, der begründer der aweiten musischen katastasis, erwähnt war:
o( hi tfVc Ki6apq)6ia% vö^oi irpörcpov iroXX4» XPdvqi tCbv aöXqiöiK<&v
varccraOncav Iwl 1 €pirdv6pou. das kann jedoch recht gut so ge-
•eiat a«ia: die kitbarodiicben nomen haben frUher als die (übrigens
^terso) «alodischen eine feste katastasis gehabt, wurden früher fixiert,
vielleicht früher schriftlich aufgeseiohnet durch Terpandros; den anlo-
itsehen wurde dies erst durch Poljmnestos zu teil.
37 •
580 EyJan: aoletischer und aolodischer nomoa.
der dienende aulet wurde wenig beachtet, wer eoU denn aber in
jener altersgrauen zeit des Ardalos und Elenas die begleitnng ge-
blasen haben ? warum verschweigt uns die fiberlieferung die namen
der ersten aulosbläser in Griechenland? erregt nicht beim adodi-
sehen nomos im gegensatz zu der recitation jener zahllosen rhapsodsn
und aöden gerade die instrumentale leistung das allgemeine interesse?
Bei den ersten pythischen festspielen ol. 48, 3 siegte der Arkader
Echembrotos als aulode, er sang den Hellenen iiiXea wa\ dXetouc
(Paus. X 7, 5), ein begleitender flötenspieler wird auch bei ihm
nicht erwILhnt. er wird aber auch sonst niemals erwfthnt. 6., dem
ja ref. das meiste von dem hier zu seiner ausfUhrung benatzten
material verdankt , macht selbst s. 4 seiner schrift auf diesen saf-
Mligen umstand aufmerksam, und dieses schweigen der Über-
lieferung ist um so bedeutsamer, als bei siegen, die ein eher er-
rungen, der begleitende aulet in der weihinschrift nicht vergessen
zu werden pflegte (CI6. 1579 und 1580). müssen da nicht onsere
zweifei an der ezistenz eines den nomos begleitenden aoleten mehr
und mehr an consistenz gewinnen?
Auch der name auXqjböc ist geeignet diese zweifei zu verstlr-
ken. es wäre doch wunderbar, wenn man bei dieser kunstgattong
den Sänger nach dem begleitenden Instrument genannt hfttte, wlh
rend dieses von einem andern gespielt wurde. G. bemerkt zwar,
das ethos der zum aulos gesungenen lieder sei ein so wesentlich an-
deres gewesen als bei den zu Saiteninstrumenten gesungenen, dasz
schon dieser umstand die benennung aöXcfjböc veraiüaszt haben
könne; uns will jedoch jenes motiv nicht bedeutend genug erschei-
nen, um die wunderliche terminologie völlig zu rechtfertigen, auch
die bildwerke liefern — das glaubt ref. bestimmt versichern zu
können — kein einziges beispiel ftlr einen im agon concertierenden
sftnger mit begleitung eines seitwärts stehenden auleten.
Den stärksten beweis gegen seine eigne auffassung der sache
liefert indes G. s. 11, wo er zugesteht dasz nie ein kitharode oder
ein anderer sänger, wol aber auleten im aulodischen agon aufge-
treten seien, mit den dort angeftlhrten namen Sakadas und Chairü
ist nun freilich nicht viel anzufangen; mehr beispiele sollen die in-
schriften bieten, ist dem aber so , haben wirklich auleten zuweilen
im aulodischen nomos gesiegt, dann dürfte doch wol entschieden
sein, dasz der aulode bläser und sänger in 6iner person, nicht sänger
allein war. für diese auffassung der sache spricht überdies noch
das auffallende schwanken der fiberlieferung bezüglich auletiscber
und aulodischer nomoi. da nemlich der unterschied zwischen beiden
gattungen von den schriftsteilem selbst so häufig völlig verwischt
erscheint, werden wir uns denselben nicht so wuentlich denken dflr-
fen, wie ihn G. hinstellt: die flöte musz denn doid auch bei der anlo-
dik eine hauptrolle gespielt haben. PoUux hat, wie der vf. s. 9 rich-
tig bemerkt, alle aulodischen nomoi unter die auletischen sub-
sumiert; aber auch den cxotvtujv nennt Hesjchios udw. einen anle-
KvJfto: ans. ▼. HGnbraner zur gesch. der aulodik bei den Griechen. 581
tischen, den dpOtoc das scholion zu Aristophanes Ach. 16 ebenfalls
einen aaletischen nomos, nnd beide compositionen gehörten doch
sseh Plntarch c. 5 n. 9 zur aulodik. Plutarehs achtes cap. bereitet
ans «ben diesen gründen den auslegem unendliche Schwierigkeiten,
nnd es ist ganz natürlich , wenn ülrici (gesch. der hell, dichtknnst
US. 180) angesichts dieser stelle zu dem Schlüsse kommt: *jeder
aulodische nomos war zugleich ein auletischer.' das ist eben auch
die ansieht des ref., und G. findet s. 11 dieselbe sogar selbst ganz
plausibel.
Eine hauptetelle, welche 6. herbeizieht um seine ansieht zu
stützen, ist Plut. de mus. c. 36. es wird dort — wahrscheinlich mit
werten des Aristoxenos — entwickelt, wie viel dazu gehöre, um ein
richtiges urteil über eine musikalische composition abgeben zu kön-
nen, es kftmen dabei in frage wesentliche dinge, wie der gesang oder
das flötenspiel selbst, und unwesentliche dinge, die nur mittel zum
zweck seien, die aber der musiker leicht als die hauptsache be-
trachte, da heiszt es denn von einem solchen musiker: ÖYTOKpivete
T^p &v TIC dKOuuiv aöXriToO [Yolkmann und Guhrauer aöXipboO],
itÖTcpöv TroT€ cu^ipuivoOov o\ aöXoi f^ oC, kqI nÖTCpov f| btäXcicroc
coqrfjc f\ Touvctvriov toutuiv b' ?KacTOV M^poc icfx iflc aöXriTiKfic
[auXipbucf)c] ip^nvciac, od }x4yto\ riXot, dXX' ^CKaToOr^ouc
T^rvö{^€VOV. O. versteht die worte so: ein fachmusiker entscheidet
wol leicht, ob die flöten gut im takte mit dem sänger zusammen-
gehen oder nicht; auf erklftrung des wertes btäXcKTOC aber, welches
Wjttenbach und Volkmann mit diäkäus übersetzen, das sie mithin
aof die textaussprache des sftngers beziehen, leistet er völlig verzieht
(s. 2 und 6). er gibt sich vergeblich mühe den plural cu^q)UJVoOciv
oi aüXo{ zu erUftren und vergiszt dabei ganz — wenigstens im texte
der abh. — dasz das griechiche concertinstrument nicht ein ein-
facher, sondern ein doppelt e^r aulos war.
üeber diesen punct stimmen aber bildliche und schriftliche
quellen prttchtig überein. reliefs, wandgemttlde und vasen zeigen
mit ganz geringen ausnahmen stets doppelte auloi', und zwar haben
' wissenflchafilich arch&oIogiBche nntersnohangen lassen sich be-
greiflicher weise in einer lotbrin (fischen provincialstadt nicht anstellen,
indes weiss ref. doch ans der seit seiner arohXologischen Studien sich
so Tiel an erinnern, dass einfache flöten fast niemals, sondern nahesn
in allen fallen doppelflöten anf bildwerken jeder art sieb dargestellt
finden, die nochmalige durchsieht der Müller- Oesterlejschen bildwerke
bcstUigte diese erinnemng. hier findet sieh ^in beispiel einer quer«
flöte (n B. 460) nnd gar keines fUr einen einaelnen aalos, der wie un-
sere elarinette geblasen wurde. Gnhl nnd Koner s. 238 haben aller-
dhigs ein paar solche ausfindig gemacht, wer weiss ans wie spftter zeit.
aaählige rasenbilder beweisen dagegen den gebrauch des doppelten
aalos beim gastmahl, beim pentathlon, im mnsisehen agon nsw. am
iateresesntesten für nnsem sweck ist das schwarsfignrige vasenbild.
das ich laider angenblicklicb nur nach Panofka 'Griechen nach antiken*
a. 18 dtieren kann, ein anlet steht da auf einer erhöhnng swischen
zwei sitzenden kampfrichtern nnd bIXst anf einem paar flöten von glei-
cher llnge. auffallend war mir, dasz die anleten am fr lese des
582 KvJan: auletischer und aulodischer nomos.
meist beide instrumente gleiche Iftnge, mitunter jedoch hat auf dar-
Stellungen jttngern datums der eine von beiden auloi jenen ge-
krümmten ansatz, den man als das berekjnthische hom bezeichnet'
Unsere alten Schriftsteller sprechen zwar recht oft von auXöc
oder tibia im singular; dasz jedoch diese ausdrücke coUectiv za ver-
stehen sind , beweisen stellen wie CaKdbac ö 'ApTCioc [dviVTOp€uOn
vikOüv] em toTc aöXoic (Paus. X 7), oder 9acl Top bi\ Tf|V 'AOnväv
€upoGcav dnoßaAeiv touc auXouc (Aristot. poL VUE 6), oder die
oben citierten angaben des Aristeides , Athenaios und PoUux ttber
die Tcrschiedenen arten der auloi. dasz der ^övauXoc — der Abri-
gens von dem ägyptischen worte mann ^die flöte^ abzuleiten sein
dürfte und eine querflöte gewesen zu sein scheint — im griechischea
-Volke gerade diese namensform bekam, weist sicherlich auch darauf
hin, dasz den Griechen die eixisamkeit dieses Instruments im gegen-
satz zu den gewöhnlichen auloi, die sie sich gern verheiratet dachten
(Follux IV 80 TQMn^iOi), als ein auffUliger umstand erschien, der
monaulos galt entschieden für barbarisch^ und wurde höchstens eia-
mal bei hochzeiten geduldet, sonst gebrauchte man ihn auf der bflhne,
wenn barbaren wie Thamyris auftraten, und im tingeltangel, wo man
sich auch das vdßXa (die ägyptische laute, «le/er, hebr. nebd) und
andere barbarische Saiteninstrumente gefallen liesz.^ dasz in der
regel auch bei trinkgelagen die doppelflöte an der tagesordnung war,
und zwar zwei kleine flöten von gleicher länge, sagt uns PoUox
IV 80. differenz hersoht bei den Schriftstellern nur darüber, ob der
rechte oder linke aulos der tiefere war.
So kann denn in der fraglichen stelle bei Plutarch das aqiipui-
voCctv ol aöXo( neben dem singular toO auXriroö unmöglidi aof
etwas anderes gehen als auf das harmonische zusammenstimmen der
beiden flöten, uns modernen will es zwar kaum glaublich erscheinen,
dasz bei den Qriechen, bei denen doch mehrstimmiger gesang etwas
undenkbares war, die flötenbegleitung zweistimmig gewesen und
noch dazu von einem einzigen menschen geblasen worden sei. aber
des wunderbaren gibt es im altertum noch mehr, und die historische
forschung darf sich dadurch nicht beirren lassen« dasz das flöten-
Parthenon auf allen seichnoDffen einfache auloi haben, an maiaer
grossen genogthunng teilt mir jedoch hr. dr. M Frank ol in BarHa, wo-
hin ich mich deshalb nm aoakanft gewendet, mit, dasa aämtUche aeicb-
nungen falsch seien and daas AdMichaelia in aeinem prachtwerk ober
den Parthenon a. 244 gestehe, er und Forohhammer hätten an itm
original doppelflöten gesehen, [vgl. die demnächat eradieiaendea ler-
handlangen der philologenversamlong in Trier.]
' Guhl und Koner fig. 244 e n. t'. Müller und Oeaterlej haben 0
n. 295 ein solches beispiel von einem römischen reUef nad n. 614 sis
solches von einer gemme entnommen, aaoh die Wandgemälde in Foai-
peji enthalten beispiele davon. ^ ftgyptiach ist der mooAalos nacb
Jaba bei Ath. IV 78. Oairis soll ihn erfanden haben, ebenso wie die
q^iifTifi benannte querflöte. den ägyptischen arspmng besengt aoe^
Polloz IV 76. B Pollax IV 76. Poaeidonioa bei Ath. IV 78 neant
photinx und monaaloa kuü^uiv oö iroX^fiuiv 6pTava.
XtJbii: am. ▼. HGohraaer cur gesch. der anlodik bei den Griechen. 583
spiel wirklich in der regel zweistimmig war, geht ans Piatons wer-
ten hervor in der repnblik HI 10 Ti bl ; auXoiTOiouc f\ aöXtiT&c
iropaöäei de Tf|v nöXiv; f\ oi toCto 7ToXuxop&6TaTov* xal aOrä
Td irovapfiövta aöXoO tutx^vci övra ^(MiiMa; auch Plutarch sagt
uns auf dais allerdentlichste c. 29, Lasos von Hermione habe den ge-
braut mehrerer und zerstreuter (5i€ppt)uifi^oi) töne auf den dithj-
nmbos (wahrscheinlich die begleitung desselben) fibertragen T^ T(£»v
oöXu^ iroXucpujvfqi KaraKoXouOf^cac. Varro vergleicht de re tust.
I 2, 15 das verh&lüiis zwischen aokerbau und Viehzucht mit der Ver-
bindung der rechten und linken flOte, von denen die eine eiusäem
conmms ineenHva^ die andere succentiva sei. und Apulejus, der in
«einen Florida gleich zu anfang gesagt, früher habe man nur ^ine
tüna geblasen, f&hrt fort: primtu Hyagms m conendo manus disoa-
pedmavU^ primus dua$ tibias uno spiritu ammavU^primus laevis
ä destris foramMibua acuta tifmUn^ gravi hombo concentum musiewm
mtscifjf. es hilft uns also alle Verwunderung nidits: die alten haben
aof ihren flöten zweistimmig geblasen, und zwar so dasz die eine
{mcmUva) die melodie fahrte, die andere {succentiva) begleitete,
die begleitung aber werden wir uns bei den Griechen so denken
mfiasen, dasz die begleitende flöte einen hohen ton aushielt, dasz
die begleitung in der Oberstimme lag^ sagt Aristoteles probl. 19,
12; die richtige erklftrung des ausdbrucks vitö Tf|V (}jbf)V Kpotieiv
(ebd. 39. Flut. c. 28) ftlhrt auf dieselbe thatsache, wenn man bedenkt,
welche anaohauung ausdrücken wie fiiraroc, öirep^^O) udgl. zu
gründe liegt, dasz die begleitung öinen ton zu vielen melodietönen
logab, kann man aus Plutarch c. 19 herauslesen.*
Die Worte c\i)ui(puivoOciv o\ adXoi enthalten demnach für uns
nicht die mindeste Schwierigkeit, nicht so günstig steht es mit den
* jeder aulos hatte urapriinglich vier 15cher, natürlich, da der
daamen das instmment halten mäste, mithin vier finger disponibel
waren. Diodoros von Theben sab ihm mehr löcher (PoUoz IV 80), diese
mute er wol mit klappen sehUeBsen. Proklos im oommentar zu JPlatons
AUtibimde« c. 68 (s. 197 Creiuer) sagt: £koctov ydp TpOm^fia tiBv oüXiSiv
Tpctc <p66ttouc, Cbc q>aci, toöXdxicrov dq^inciv et bi kqI t& iropa-
Tpuic^liaTa dvoixOcd), irXcfouc. drei töne für jedes loch ist schwer
riaablieb, da onsere flöten ^und oboiSn nur swei, nnsere clarinetten nur
einen ton mit jedem griff erzielen. ^ Gohraaer erweist mir in viel
ehre, wenn er s. 7 sagt, diese thatsache sei zuerst von mir nachgewie-
ieo. Westphal harmonik s. 113 (oder metrik I* 706) and Qevaert
histoire et th^orie de la masiqoe 1 s. 364 kennen das auch schon, aaf
die richtige erkllrang von tfnip and dirö aber habe zuerst ich in die-
sen Jahrb. 1871 a. 869 hingewiesen, vgl. philol. ans. IX s. 801. für die
alten Chiechen liegen nicht die spitseo, sondern die stampfen, langsam
schwingenden töne oben (ön^p). ^ über diese stelle handelt am
besten Oevaert ao. s. 860 ff. wir würden es natQrlicher finden, wenn
«in b aas ton aosgefaalten worden wäre wie der orgelpanet in nnsem
fvgen oder wie der bass eines dadelsacks. doch hat sich in dar grie-
chischen kirehe bis auf den heutigen tag die sitte erhalten, einen hohen
begleitlon za der melodie aassuhidten. za dem figaralgesang der man-
aer hatten knäben in der höbe den grandton Icov ans: vgl. Ohrist anth.
earm. ofarist. s. 113.
584 Kv Jan : auletischer und aulodischer nomos.
darauf folgenden werten von der caq>j|c biäXcKTOC. es scheint da aa
ein Zwiegespräch der beiden flöten gedacht zu sein. Westphals aber-
Setzung der stelle ist zwar etwas käin, enthält aber immer noch dss
beste, was bis jetzt gefunden ist. er übersetzt: *ob die mehrstimmig-
keit verständlich oder im verständlich ist.' an den dialekt bei der
teztauBsprache eines Sängers zu denken, liegt hier unendlich fem:
die textaussprache darf hier gewis nicht erwähnt werd^ wo es gilt
technisch-musikalische puncto zu nennen, auf welohe der fsch-
musiker mehr als billig zu achten pflegt, während ein besser gebil-
deter sie weniger hoch anschlägt die hss. haben eben auch sämtlich
auXriToO und aöXriTiKf^c. an einen sänger zu denken, dazu fehlt alle
und jede veranlassung, und wo es sich um aulodik handelt, da mau
diese stelle ganz aus dem spiele bleiben.
Die frage, ob es einen aulodischen nomos gegeben haben könne,
bei dem flötenspiel und textrecitation nicht zugleich, sondern ab«
wechselnd eintraten, veranlaszt uns auf das wesen des nomos
überhaupt etwas näher einzugehen.
Des Terpandros nomoi bestanden, wie uns Plutarch berichtet^
hauptsächlich aus zwei wesentlich verschiedenen abteilungen: TÖv
T^prravbpov ifpy\ . . Kard vö^ov ^Kaciov toic ^ireci Totc iauroO
Kai TOic *0^rjpou }iiKr\ TiepmO^VTa $t)€iv iy toTc dtuiav, so enSblt
Plutarch de mus. c. 3 , wahrscheinlich aus Herakleides ?on Pontos.
Terpandros trug also wie ein rhapsode epische abschnitte vor, teils
Homerische , teils selbstverfaszte , und umkleidete diese mit eisern
melischen, dh. musikalischen vertrag, ganz ähnlich lautet derbe*
rieht im 6n cap. derselben schrift: rd Tdp irpöc touc Ocoüc dqKKi-
ujcdfievot ä^ßaivov €Ö60c iiti re Tf|v 'O^/lpou Kai tuiv dXXujv
TTOinciv. bnXov bk toOt' fcTi bid tOüv Tcpirdvbpou irpooi^ituv. s»«
(nemlich die nomossänger wie Terpandros na. bis auf Phrynis) ent-
ledigten sich zuerst ihrer heiligen Verpflichtung gegen die gottheit
je nach landes- und festgebrauch und giengen dann zu epischer red-
tation über, vö^oc heiszt demnach eigenüich die sitte der gottes-
Verehrung , der jedesmal Kard vöjiov iKacrov erst genügt werden
muste in dem proeimion, bevor die declamation beginnen durfte,
und bezieht sich also ursprünglich auflese feierliche einleitung.
Clemens von Alexandreia hat uns ja ein solches nomosprooimion des
Terpandros aufbewahrt in jenem ZeC irdvTUiv dpxd (Bei^k FLG.
Terp. fr. 1), und dasz namentlich in Dodona Zeus mit solchen lang-
gedehnten choraltönen angerufen wurde , beweist uns der name des
versfuszes molossos. aber auch andere gottheiten rief man in &hn-
liehen formen an, das sehen wir an des Terpandros drittem nnd
viertem fragment bei Bergk, von denen jenes an die Musen, diese»
an die Dioskuren sich wendet verschiedene schriftsteiler erzählen
uns von den gedehnten längen des troehaios semantos und orthiosS
* Soidaa: ÖpSiov vö^ov kqI Tpoxatov* toOc 60o v6|jioüc ditÖTiShr^uO-
piZiv div6)M(C€ I ^pirav6poc, dvaTCTafi^voi h* f|Cav kqI cÖtovoi. Antte»«^^'
KtJu: ans. ▼. HQuhraaer zur geech. der anlodik bei den Griechen. 585
oder denen des paion epibatos, sowie Ton der hohen tonlage, die be-
sondera dem orthios ^^ nomos eigentümlich war. auch in Delphoi hat
gewis der alte fesiritas prooimia in solchen ohoralähnlichen langge-
xogeniD tönen verlangt, mit der zeit wird aber wol der rituelle erste
teil des nomos manigfach erweitert und ausgeschmückt worden sein»
wthrend in folge solcher ansbildung des musikalischen dementes
der zweite, declamatorische teil mehr in den hintergrund treten
mochte, so werden wir es uns zu erklären haben, warum in dem
oben s. 578 citierten scholion zu Pindaros der nomos polykephalos
«06 i^i\ biä iroXX(&v 7Tpooi)ui(ujV cuvecTUJCa genannt wird; beim
raletischen, einem rein instrumentalen nomos war vielleicht der
redtierende hauptteil des ursprünglichen vortrage ganz in wegfall
gekommen , und nur noch prooimia waren übrig geblieben, schon
Terpandros hat jedenfalls das musikalische prooimion bedeutend
weiter entwickelt auf kosten der epischen redtation, so dasz wir uns
ucht zu sehr wundem dürfen, wenn auch prooimia in hexametem
anf um zurückgeführt werden." vielleicht bezieht sich auf sie als
den zweiten anhub die bezeichnung ^€Tapx<i, die wir bei Pollux lesen,
1^0 derselbe die teile des vollstftndig entwickelten kitharodischen
nomos au&fthlt (lY 66). die metarV^a folgt auf die eparcha oder
sreha (letzteres emendation Bergks FLG. U^ s. 815), unter der wir
die Torschriftsmftszige feierliche anrufung des gottes verstehen.
Aber wie dem auch sei, jedenfalls hatten die ersten vortrage
des Terpandros und die der früheren kitharoden, wenn es solche
Qoiiit. s. 37 ÖpOioc Ik TCTpaci^^ou dpccuic usw. Rosabach ^r. rhjthmik
1. 96. Ronbach a. Wesiphal gr, metrik (1866) s. 8. Über den paion
epibatoe s. unten aam. 16.
** SpOioc heiszt «hoch« b» ÖEüc. Aristot probl. 19, 87. scbol.
Ariftopb. Ach. 10 oOtui kqXoOmcvoc biä rö ctvai cörovoc kuI dvdtociv
^civ. vgl. die in der yorig^en anm. dtierte stelle aus Bnidas. Ter-
ptüdros hat einen orthios nomos nicht gesungen, wol aber einen öEt)c
•,Plvt» e. 4), was im gründe dasselbe ist. weil in ihm der 'orthios' ge-
saBBte Terafius angewendet war, entstand die meinnng, auch der or-
tbische aomos rühre von Terpandros her. der eigentliche orthiscbe
BOBoe wird aber bei Plntareh o. 9. 10 erst dem Poljnnaestos sageschrie-
^B. hohe tonlage mnss den nomoi überhaupt eigen gewesen sein
'.Ar. Q. c 30 6 ^bf oöv vo^ucdc Tp6iroc icri VTiTO€ibif|C vgl. Ar. probU
19. 37). Chappel historj of musio s. 108 meint, die götter hätten wol
»itnnter ans dem schlaf geweokt werden müssen. '* dfiq>( fioi aOric
tfvnxO ' tarrfißoXov db^ui & <pp/)v ist Hermanns lesart für jenen vers,
aach dem man später die kitharoden d|Aq>tdvoKTCC benannte (sehol.
Arbtoph« Wo. d96. Bergk Terp. fr. 2). Saidas, der unter d^<piavaKTUIciv
eisten will, der vers sei der an fang von des Terpandros nomos oi;^hios
gewesen, b«t wol ein späteres footum auf einen grossen namen der
▼oneit BOjrfickdatiert: denn der nomos orthioe ist jünger, wenn man
bei Plot. c. 7 liest, Olympos habe das KOtd MktuXov ct&c in den nomos
eiagefalirt, so möchte man fragen» ob Terpandros überhaaot daktylen
icboa in der einleitnng angewendet habe, das wird sien aber vor
Pfaktareb e. 4 und Proklos bei Photios bibl. s. 986 R. (Bekker II s. 820^
<. 6) niebt ableugnen lassen, es ist ja auch recht gut möglich, dass
Ttrpaadro« über das einfache grundsohema des alten nomos schon weit
btnansgienff.
586 EvJan : auletucher uud aalodiacher nomos.
gab, jene zwei von Plntarch deaüich charakterisierten teile, und iB
dieselben teile zerfielen ohne zweifei die vortrSge des Klonas, der
den anlodischen nomos begründet hat. auch er blies jedenfalls zu-
erst auf seinem instroment jenes rituelle prooimion in feierlicheB
choraltönen und gieng dann, nachdem er der heiligen pflioht genügt,
zum zweiten teil des agon, einer unbegleiteten recitation fiber. diese
recitation hatte auch bei den anloden mitunter episches, hSofiger je-
doch elegisches versmasz**; daher die bekannte verbindong der flöte
mit dem distichon. dasz die auloden wfthrend dieser recitation nichi
blasen konnten, darf nns nicht beirren, auch Terpandros wird
schwerlich, wfthrend er Homer rhapsodierte, die kithar ge8chlage&
haben, das möchten wir schon darum so annehmen, weil die kitba-
roden auf agonistischen -vasen und reliefe nicht so dargestellt er-
scheinen, als ob sie mit dem plektron die saiten rührten, sondern in
einem stereotypen gestus mit vorgestreckter rechten: TOic {ff€Ci
}iikr\ iT€piTi6^VT€C ^ovTai, wie Plutarch sagt ebenso denken wir
uns die iX€T€Ta 7Tpoc<)tb6)ui€va TOic auXotc bei Pausanias X 7 : £chem-
brotos reci^ert elegien zu den flöten, dh. nach einem Torspiel und
vielleicht mit Zwischenspielen auf diesem instrument.
Fehlte wahrend der recitation der auloden die instmmeotal-
begleitung, so muste anderseits — was den Qriechen wahrBchdnhd
noch weniger angenehm war — in dem prooimion bei anrafong der
gottheit der gesang und mithin auch der text fehlen, dieser mangel
mag wol viel mit dazu beigetragen haben , dasz der aulodiscbe agoo
nur so kurze zeit in Delphoi bestehen blieb, zwei umstftnde aber
können auch eingetreten sein , um diesen mangel wenigstens in der
frühem zeit erträglich erscheinen zu lassen. 6inmal nonlieh konn-
ten imter dem schall der flöte priester oder andere anwesende ein
if) irmdv^' oder ahnliche rufe anstimmen, und so möchte sich Tiel-
" Plut. c. 3 6mo(ujc W Tcpwdvbpt|f KXovAv t6v irpdnrov ocnioi-
ficvov ToOc a()X(4)6tKoOc vd^ouc Kol tA irpocööia ^creluiv tc icai twünr
iroiiTrf|v xcTOv^vai . . ol 6^ vöfioi . . f|cov . . "CXeroc. ebd. c. B *v
<^PX4 Tdp ^€T€ta MCfüicXoirotrm^va ol aöXt|ibol ijöov. vgl. die nadiricbt
TOD Echembrotoa bei pAasanias X 7. '* gegenüber der ieniech ler-
dehnten form (V| iTaif|iJJV, in welcher BnehhoUs den nreprüngUehen pAiAo»-
raf gefunden xn haben glaubte, habe ioh im philol. ans. IV s. 96 di«
kürzere dorische form i^ iratdv als die ursprüngliche geltend gemacht
mit benifunpr auf Plntarch Ljaandros 18» Athenaioe XV 6S und <^.
Aristoph. Friede 458. Bitter 406, sowie TerenUanue Manms vti
Macrobiufl. BuchholU stimmt mir bei Philol. XXXII s. S18 ans. ^^^
ruf ii^ wurde yielleicht anfangs einsilbig gemessen, wie hlvfif iü ic
den chorgesängen. dann mag wol \i\ iraidv den text de« treehaios senio
tos oder des orthios gebildet haben und von swei- oder dreimalirtT
stampfen auf den aocent- oder auf allen silben begleitet gewesen •<'*d
(tripudüan), -^ Gladstone ^Homer und sein seiUlter' s. 898 belehrt ud*
nach Lauth, Pa-iäon bedeute im ttgyptisehen ^mann fiir krankheiten*
und daas der paian uraprünglioh der heilung von krankheiten galt, wwUft
ja auch noch die spXtern Qriechen: vgl. Proklos bei Pbotioe bibi. t^
(Bekker U 880« 88) und das schol. Arist. [?] p. 816« bei Voikmans i-
Plutarch de mua. s. 81 ae.
KTJan: ans. y. HOukrauer zur gOBch. der anlodik bei den Griechen. 587
lekbt erklären lassen, warum an zwei stellen'^ von beteiligung eines
diores beim nomos die rede ist. anderseits konnten sieh feierliche
tuubewogongen mit dem prooimion verbinden, sei es indem der
anlode dabei dem altar oder dem platze zuschritt, von dem aus er
oacUier recitieren sollte, worauf die werte prosodion^^ und paian
epibatoB** gedeutet werden kOnnen, oder dasz er jtne weihenden
schritte ihat, jenes aufstampfen mit dem fuszoi das Buohholtz (tanz-
kaut des Euiipides s. 40) als notwendige begleitung des paianrufes
erweist ohne flötenspiel war der paian undenkbar (Phit. quaest
coDT. Tn 8, 4), mit dem nomos stand er von alters her in innigem
nMunmenhang" und hat yielleicht in musikalischer und rhjth-
tmcher^ besiehung aus dessen kunstvollerer ausbildung mit der zeit
auch aeinerseits nutzen gezogen.
So ist es denn leicht denkbar, dasz in einem aulodischen pro-
oimion der auftretende kOnstler nur mit dem Instrumente thfttig war.
der naehteil, in dem er sich durch mangel der werte einem kitha-
nxleii g^nttber beüand, wurde reichlich aufgewogen dadurch dasz
die flöte ungleich grössere schallkraft besasz als die kithar und d»-
out zo der lauten herbeirufung des gottes ungleich besser geeignet
var. sie blieb darum auch, als die mischgattung der aulodik ausser
gebraooh kam, als das geeignetste Instrument bei paianen und pros-
odien im gebnuch. henrorragender kflnstler bedurfte es dazu nicht
nähr, als daa flOtenspiel mehr im lande verbreitet war; die zu feier-
lichen opfern nötigen vorspiele werden dann auleten, die zum stän-
^ die erste atalle ist die vom vÖMOC rptficXfic oder rptficpfic
b«! PlnUreh de mna. 8, die iweite von Prokloa herrührende steht
ia Photiof bibL e. 086 R. (Bekker II s. 880« 86): vor ChijaotheBda
•oU in Delphoi ein chor den nomoa geaongen haben. |* bei
d^Q hjrmnen pflegte man au stehen und aie zur kithar an aingen;
die proaodia aber worden aar flöte geanngen, wenn man dem altar
«der dem tempel aaachritt: Prokloa ao. (Photioa Bekk. II 890* 19).
Vfi. die Worte Plntarcha (c. 8) in onaerar anm. 12 und e. 29 koI oöt6v
^ t6v 'OXu»Airov £k€Ivov, di 5f| Tf|v dpx^v rfjc '€XXnviKf)c tc koI vojii-
v^ic luföct^ diro6i6daci, tö tc Tf)c Apfioviac rdvoc iUvoeXv <pact, koI
Tdv ^^<nv Töv T€ irpocoötOKÖv £v ip ö ToO "Apcuic VOMOC. '* daa
in der ans fttnf langen ailben beatehende paiansraf: Boaabaeh gr.
r^rthmik s. 104 ff. Bnchholti tansknnat a. 61 ff. vgl. Prokloa bei
PbotiM bibl. ao. a. 24 iccrraxpncnKa»c 64 Kol tä iTpoc66id Ttvcc ircndvoc
^ouav. «^ Prokloa bei Photioa ao. (Bekker II 320 ^ 23) aagt, wo er
d«o oatersebied dea nomoa vom dithjramboa beapricht: ö 64 vö^oc 6okc1
Mdv dic6 toO wondvoc ^f^vai. beim paian nnd beim nomoa iat dieselbe
Mffte fldtan im gel^raneh: PoUnx lY 81. ^ In anm. 18 nahmen wir
ta, die drei ailben f\ iraidv aeien anfänglich iambiach dh. dreiteilig ge-
aeiMa worden, aie waren aber dnrch Kreter nach Delphoi gebracht
W. Ap. Pjtb. 322), nnd als dareh Archilochoa die Griechen fünfteilig
«kodieren lernten, da mag man wol anoh in jenem rnfe nach längerer
leknimg der aeeeatailbon Ji (irai)Av kreliaeh-paioniachen rhjthmua her-
rvftelh (. w .} oad mit dem fnete markiert haben, auch an ffinf
u)p€n niben (paion epibatoa) lieaa eich die formel ansdehnen: iV|
^r|urv» oder zo einem proaodiakoa: l/|ic AdXtc TTaidv. daa sind ver-
aomagen, eieher aber iat die verwandtaohaft swiaehen paian nnd paion
Hcrakleidea bei Ath. XY 62. Buchholti ao. a. 44).
588 Et Jan: anletucher und aalodischer nomos.
digen personal des tempels gehörten, geblasen haben, ohne dasx man
noch eine besondere konstleistting darin fand.
Der zweite teil von Oahraaers abhandlang ist der ge schichte
der anlodik gewidmet, nachdem wir jedoch Aber das wesen jener
knnstgattung zn so ganz andern resoltaten gekommen sind als der
yf. , wird sich uns auch die geschichte derselben yielfacfa in anderm
lichte zeigen müssen, auszerdem befinden wir uns in der yorteil-
haften läge , die von unserm TorgSnger in mancherlei sidi durch-
kreuzendeh Untersuchungen gewonnenen resultate leichter in chrono-
logischer folge zu einem historischen überblick an einander reihen
zu können.
Schon vor Terpandros zeit (anm. 1) bestand im Pdoponne»
eine uralte schule von auloden. ihre technik war Suszerst gering.
das ganze verdienst eines Ardalos von Troizen (Plut c. 5) bestand
vielleicht darin, dasz er von einem Aegypter sich eine primitiT'-
flöte erworben und darauf ein paar töne blasen gelernt hatte, mit
denen er zu dem allgemeinen paiansmfe den ton angab. Klonas von
Tegea bildete diese kunst weiter aus, so dasz auf die im tempelritus
begründete musikalische einleitung eine halb gesprochene, halb ge-
sungene recitation elegischer verse folgte, nach ihm wurde das ^^e-
biet der bekannten töne und tonarten durch Terpandroe erweiuii,
Archilochos und Thaletas lehrten neue rhythmen , Olympos bracht'.-
ein weit voUkonmmeres instrument und abermals neue intenalle
und tonarten in Oriechenland auf. was von diesen neuenmgen in
dem ernsten dienste des dorischen ApoUon duldung üand, das fixier^
Polymnestos, der von Eolophon nach Sparta übeigesiedelt war, uc«:
gab in seinem nomos orthios der aulodik ihre zweite kata8ta8is(PI(^'
c. 9. 10). bald nach Polymnestos componierte Alkman s^ne p'^r-
thenia, die mit der flöte begleitet wurden, der dorischen instmni^n-
talmusik trat damit eine schule dorischer chordichtungen zur s^-itc.
Iftngere zeit noch blieben die bewohner des Peloponnes die bac| :*
Vertreter des flötenepiels in Griechenland, als nach dem ersten hei-
ligen kriege die pythischen spiele mit groszem glänze wieder eröffiiet
wurden , da errang der Arkader Echembrotos den preis unter den
auloden.
Aber dem aulodischen nomos hatte seine stunde geschlagen, io
Argos hatte sich die technik des flötenspiels munter fort entwickelt,
und neben Echembrotos und den andern auloden war bei der eka
erwähnten feier der Pythien auch der Argeier Sakadas mit seinra
rein instrumentalen flötenconcert aufgetreten, seine bedenteci«
technik stellte die instrumentalen leistungen der auloden sehr in ^-i^
schatten, auch die eintönigen epischen oder elegischen recitatioLei
machten keinen günstigen eindmck mehr, seit man gewohnt wtf
von den kitharoden viel kunstvollere lyrische vortrflge zn hönft
die ganze aulodie sprach niemanden mehr an, sie erschien acuOp^
iiOTaTT) (Paus. X 7). darum beschlossen auch die amphiktyonen bfl
den nächsten pythischen spielen (ol. 49, 3) einen preis flb: aalt-d
KrJaD: ans. y. HQohrauer zur gescb« der aulodik bei den Griechen. 589
nicht mehr aoszusetzen. diese art weitstreit war somit in Delphoi
abgeschafft nnd wurde nie wieder eingeführt die gründe dafür lie-
gen anf der band, es werden yermntlich auch die künstler wenig
last mehr yerspürt haben in einem aulodischen agon aufzutreten,
Mitdem iür geschickte flOtenspieler im auletischen nomos, für tüch-
tige Singer im agon der kitharoden ein dankbareres feld der thätig-
keii erOflEoet war. die begleitung der dithjramben und anderer
bynmen mochten wol dieselben auleten besorgen, die man bei
paianen und prosodien ohnehin nicht entbehren konnte, das waren
iiandwerker, keine künsUer.
Da wir von flOtenbegleitung sum gesang sprechen, dürfen wir
QBoOglieh der frage aus dem wege gehen, wie wir uns das Verhält-
nis beider künste zum Vortrag von elegien denken, da schon die
alten auloden meist iXcTCia rhapsodierten und von einer begleitenden
flöte anoh bei den spätesten elegikem noch die rede ist, werden wir
Bidkt umhin kOnnen die elegie als die echte tochter der aulodie zu
betrachten, niemand wird bestreiten, dasz die kriegslieder des Tyr-
taioa, auch die in elegischem versmasz gedichteten, wirklich ge-
<uigen oder wenigstens in einem gleichmäszigen tonfall recitiert
wurden, wie häufig noch bei uns liturgische gebete in der kirohe oder
versehen von hindern bei ihren spielen recitiert werden, die verse
des TheogniB erscheinen uns freilich viel&ch weit trockener und
veniger sangbar als die des Tyrtaios; indes gewishat 0. recht, wenn
er s* 13 annimt, solch« gedanken seien in elegische form gekleidet
worden , um in jedermanns mund zu kommen und so auf die ge-
nmnng der menge zu wirken, wir glauben in der that dasz auch
sie nun singen bestimmt waren, die partie um vers 241, wo
'Hieognis sein lied anredet Kai ce cuv auXiacoici XiTtKpOÖTTOic v^oi
ivbpcc . • ^ovrai, scheint uns nicht mit grund verdächtigt worden
u sein: sie spricht deutlich vom gesang der elegie und von der be-
gleitong mit jener kurzen flute, die, wie wir gesehen, beim gastmahl
im gebrauch war. gewis hat Theognis die elegien seinen freun-
<fea Torgeaongen, diese merkten sich die verse — wenigstens zum
teü — und verbreiteten sie singend in weiteren kreisen, der flöten-
'pieler, der bei gröbzem gastmählem, wo ein paian angestimmt
wurde, niemals fehlen durfte, wird dazu den ton angegeben, auch
vol (wie vers 1055 errathen läszt) einen refnxa geblasen haben.
^ Tersammelten sangen vielleicht abwechselnd, ähnlich wie man
binfig bei den Griechen skolien sang, wie unsere Studenten rund-
g^singe, unsere bauem in den Alpenländem schnadahüpfele singen.'*
Mit der finge nach der aulodik hängt übrigens die art, wie die
ei^gie vorgetragen wurde, nur lose und keineswegs unmittelbar zu-
^ daas die elegien des Theognia wirklich gegangen worden, apricht
aach ßuaemihl ans in diesen jahrbfichem 1874 s. 667, nnd sein recen-
leat RUIer in Barsians Jahresbericht IV (oder 1874/75 JI) s. 201 ist
^eivelben ansieht, erinnert nnr daran dass der Vortrag aneh melodrama-
tischer art geweeen sein kSnne.
590 KyJan : auletischer und aulodischer nomoB.
sammen : denn die anlodik war kttnstlerischer solovoitrag, die re-
citation von elegien war yolks- und mithin natni^esang. so faszt
auch 0. die sacbe s. 14.
Das zusammenwirken von flöte nnd gesang ¥rar ferner gani
gewöhnlich im drama. mehr noch als zur begleitung Apollinischer
chöre eignete sich die flöte ftlr den dithyrambos, und natflrlieh Bahm
man sie von da auch zur tragödie herttber. wahrscheinlich ist, dafi
sie nicht blosz den choreuten, sondern auch den schauspielern, weon
diese zu singen hatten, mindestens den ton angab, wo nidit den
ganzen gesang begleitete, da h&tten wir denn all^ings audi konst-
gem&szen Sologesang mit flötenbegleitung. denselben gSnslich
leugnen zu wollen kann uns ja um so weniger in den sinn kommen,
als die Aristotelischen probleme (zb. 19, 43) deutlich vom zu-
sammenklang einer singstimme mit dem aulos reden.
Flöte und gesang war also zur bltttezeit der griechischen koost
und litteratur im lande vielfach verbreitet; nur von dem alten nomos
war selten mehr die rede, man hörte lieber statt eines kttnstlers, der
zuerst blies und dann sang, einen dilettanten, der sich von dem be-
zahlten auleten oder der auletris begleiten liesz. darum ist von
einem aulodischen nomos und agon in der spSteni zeit so sehr selten
die rede. 0. hat gewis eine unendliche mühe darauf verwende-,
spuren dieses kunstzweiges in litteratur oder inschriften zu ent-
decken, und doch ist die ausbeute seiner forschungen Snsserst gering
geblieben, dasz Piaton einmal den abstraoten begriff der anlodie
erwfthnt, dasz der kitharode Phrynis ursprünglich aulode gewesen
sein soU, sind notizen von recht geringem wert; etwas mehr aus-
beute hat das durchforschen der inschriftsamlungen ergeben, in
zwei boiotischen stKdten, Thespiai und Orchomenos, kommen auloden-
siege vor; ja — wenn die betreffende inschrifl*" richtig auf Athen
gedeutet wird — auch 375 vor Ch. an den Panathenaien in Athen,
so hat man also bei den flötenliebenden Boiotem und in der gei-
stigen hauptstadt Griechenlands doch diesem altehrwürdigen konst-
zweig so viel achtung bewahrt, dasz man sich auffttbmngen dieser
art ge&llen liesz. der gedanke an teilung der arbeit zwischen ge*
sang und begleitung liegt ftlr diese zeit gewis nahe genug, bleibt
aber zweifelhaft, da die inschriften von begleitenden aulelen beharr-
lich schweigen und auch hier nur fivbpcc aöXqibof erwfthnen. wie-
derum tauchen solche künstler auf bei Alezanders grosiem hoch-
zeitsfest in Susa (Ath. Xu 54). dort sind aufgetreten in erster linie
drei Oaujütcrronoioi, sodann ein rhapsode, drei kitharspieler, zwei
kitharoden, zwei auloden, wovon einer aus Herakleia, einer au«
Ejzikos, endlich fUnf auleten, welche erst ihr soloooncert TÖ TTuOucöv
bliesen, dann bei den chören mitwirkten, ganz zuletit hinter den
tragischen und komischen schauspielern erscheint nocb ein psalte--
*^ Rangabd 961. ygL Breuer de mnsicia Panath. cerUm. a. ^•
Onhrauer s. U.
KrJan: anz.T. HGahraner zur gesch. der aulodik bei den Griechen. 591
ob die aoloden toh einem gehilfen begleitet wurden, danach fragen
wir auch hier vergebene.
Weiter hOren wir nichts mehr von einem wettgeeang der aulo-
dea. in der 'groaaen erziehungsanatalt für Dionysische techniten' zu
Teos (OLüders 'die Dionysischen kfinstler' s. 138) scheint aulodik
gv kern lehxgegenstand gewesen zn sein, und in den zahlreich er-
haltenen siegerlisten der Soterien-inschriften hat der vf. nach anlo-
den vexgebens gesncht. Aischylos und Sophokles, Aristoteles und
Amtoxenos sprechen nicht mit einer silbe von aulodik, auch Lukia-
008 nicht, bei Cicero hat G« aus begreiflichen gründen nicht nach
nloden gesucht; er hätte aber in der rede jgfo Murena noch eine
bestStignng mehr fUr die geringe beliebtheit finden können, deren
taxk solche lente in Griechenland zu erfireuen hatten: ui ahmt in
Graeds artifidbus eo8 auhedos esse, heiszt es dort § 29, qui cUharaedi
fi»i non poiuennty sie apud nas tndemus qui oraiores evadere non
P(d«ierint eas ad iuris sMnim devmire.
Bass in Bom die tihia im theater, beim opfer und beim gastmahl
^ grosse rolle spielte, ist bekannt; in Terenzischen stttcken kom-
nes, wie uns die didaskalien melden, tibiaepares und tmpares, Sar^
fSMe und duae dexirae vor. der Heautontimorumenos soll bei der
enten aufftthrung mit ungleichen, später mit zwei dex6rae tibiae^^
begleitet worden sein, ein yergleich, den Cicero in der eben citierten
f^ § 26 anstellt, gibt uns weitere interessante aufschlüsse Ober
thttigkeit und lebenssteUung der beim römischen theater beschäf-
l^tsn ühidnes. die art nemlich , wie bei einem process in Bom der
wnconsuUua fttr beide parteien die richtigen formein angibt, deren
°uui Bich vor dem praetor zu bedienen hat, erinnert unsem redner
*o den tibieen LcAinus^ der auch immer yon einem Schauspieler zum
ttdem sich wenden musz, um ihm den ton anzugeben. Latiwus
MBnt aber Cicero den iibicm^ weil die mitglieder des theater-
oi^egters zn B(»n in so geringer achtung standen, dasz kein bflrger
der hauptstadt sich zu dieser beschäftigung hergab und man das per-
i<^ hierzu nur in der provinz auftreiben konnte.
Wir sind am ende, das letzte historische zeugnis über auloden
oad ihi« knnst bildet die stelle des Athenaios XIV 14, von der wir
n sniang gesprochen haben, es ist der einzige fall, in dem neben
" Tgl. Dxiatsko einleitang ca Ter. Phormio s. 23. die rechte flöte
ist die höhere naeh Plinins r. A. XVI 8 172 und Varro de re ruii. I
§ 1€. derselben ansieht ist BarthoUnna 'de tibiis Tetemm' (Amst 1679)
*. i& f., der sioh dafür auf Lncanns und Hesychios beraft. anob
^^•ppel hietory e. Ö6 nimt daseelbe an. iUiae äextrae wäre demnach
"iie aneh beim gastmahl übliche korze doppelflöte, während von den
<*p>ret die eine mit dem berekynthischen hom Tersehen war. dass die
rechte flöte die längere gewesen, glaubt Gevaert histoire et throne
^ 864. er dtiert die stelle det Apulejus (flor. 1) über Hjagnia, die
^ oben benutzt haben, um die sweistimmigkeit des flötenspiels zu
«zweiten. Über die rechte flöte wird jedoch dort nichts bestimmtes
ire«Ht-
592 WHRoscher: zu Appianos [b. civ. II 62].
dem auloden als solosKnger der begleitende aulet ausdrücklich er-
wähnt wird; die stelle spricht gleichzeitig von dem hilaroden, einem
lustigmacher der zu seinem gesang gesticuliert, und ist daher nicht
geeignet uns von der aufgäbe des dort besprochenen auloden eine
hohe meinung beizubringen«
Eine angesehene Stellung hat, wie wir gesehen, die aulodik in
Griechenland nur in ganz früher zeit eingenommen, den grond ftr
diese erscbeinung wollen wir aber nicht mit Guhrauer darin sucben,
dasz eine melodieführende mftnnerstimme von einer bocbklingenden
obo6 oder clarinette begleitet den Griechen nicht gut geklvngen
habe, die begleitung der kithar lag gewis auch in der regel höher
als der gesang, und doch war die kitiiarodik in früher und sptter
zeit gleichmäszig beliebt, die Verbindung der auloi mit der mSnner-
stimme war ja auch gern gesehen bei chorgesSngen jeder art, auch
beim Sologesang auf der bühne, und hier sangen vorzugsweise tiefe
stimmen, während die nomossSnger einen hohen tenor haben musten
(anm. 10). gedeihen und beliebtheit erlangen konnte die aulodik
einfach darum nicht, weil ein aulode immer nur abwechselnd singen
und spielen konnte , ein übelstand den man , als die kunst noch in
der wiege lag, wol ertrug, der aber in Zeiten der ausgebildeten
kunst notwendig zur beseitigung jener gattung führen muste.
Saargemömd. ILk&L VOR Jak.
80.
ZU APPIANOS.
B. civ. n 62 heiszt es von der katastrophe bei Djrrhachiom
(d. 580, 32 Bk.): Kaicapoc b' auTOuc nepiO^ovTÖc t€ kqI cuv 6v€(-
b€i ^aKpdv (tx töv TToMir/jicv övtq iiribeucvuovroc, xal i^opAv-
TOC, tq cr))üi€ia dTTCppiTTTOuv Ka\ £(p€UTOVy o\ bk fiöKic ölt' odboOc
Kax^KUTTToy ^c Tf|V T^v ÖTTpaKTor tocoOtoc auToic Topoxoc in-
iT€iTTUüK€i. wol jeder, der diese werte unbefangen liest , wird an
dem überaus matten ausdrucke Kai £q)Opu)VTOC anston nehmen,
wahrscheinlich ist zu schreiben xal £90 p^iIiVTOC, da auch sonst
berichtet wird, dasz Caesar bei dieser gelegenheit den fli^enden
entgegentrat, sie aufzuhalten und zur Umkehr gegen den feind za
bewegen suchte, vgl. Caesar b. civ. m 69, 4 amniag[ue erant tumd-
tus^ timoris^ fugae jUena^^ adeo ut^ cum Caesar signa fugiemiium man^
prenderet et consisiere iuberet^ älU dimissis eis (eodd. egvi^
eundem cursiMi conficerent (codd. canfugereni), Plutarch Caesar
39,2 Kaicapb^ önavTidZuiv ^TreipäroM^v dvacTp^qpcivTOuc
<p€ÜTOVTac, dir^paiv€ bk obHy. Sueton d. Itd, 62 indmakm ocirm
Salus saepe restUuü obsistens fugientibus retinensque skiguios et
contortis faucibus convertens inhostem.
Meiszen. Wilhelm Heinbich Bosceer.
ChCron : zu AHags aaegabe dea Platonischen Symposion. 593
81.
MARGINALIEN ZU ARNOLD HUGS AUSGABE DES
PLATONISCHEN SYMPOSION.*
Auch im leben eines schnlmeisters gibt es stunden, in denen
dieser sogar innerhalb des rahmens eines festgeordneten Stunden-
plans bis za einem gewissen grade frei über die wähl seiner beschSf-
tigong yerfügen kann, ich sage *bis zu einem gewissen grade': denn
eigsnüich hat er auch zu dieser zeit ein geschttft zu Terriohten, und
xwar ein sehr ernsthaftes, es heiszt in der schulsprache *yigilieren',
dh. wachen dasz die schttler bei der bearbeitung einer Schulaufgabe
sich keiner fremden hilfismittel bedienen, ich glaube dasz es wenige
lelirer gibt — dasz keinen, wage ich nicht zu behaupten — denen
dieses gesohSfb nicht ein lästiges wäre, es verlangt yon ihnen eine
ÜAtigkeit, zu der sie sich nicht geboren fühlen, nemlich eine art
poiizeilieher Überwachung, die mit der übrigen thStigkeit eines Schul-
meisters möglichst wenig gemein hat. da nun jeder sich doch eigent-
ücb nur wol fühlt in d6r Uiätigkeit^ zu der er geboren ist, und den
iefarberuf gewis am wenigsten einer erwählen sollte , wenn er nicht
dm geboren ist, so ist es begreiflich, dasz jeder ein gewisses mis-
behagen empfindet, wenn er bei seinen schülem weilt und sich nicht
io gewohnter weise mit ihnen unterhalten darf, ja sogar eine miene *
annehmen sollte, die ihm auch weniger geläufig ist. man wird es
ihm also nicht Tcrttbeln dürfen , wenn er gelegentlich zu einer er-
kitemden nebenbeschäftigung greift, so fiel denn kürzlich bei einer
solchen gelegenheit mein blick auf die ausgäbe des Symposion yon
Arnold Hng. ich stehe ohnedies zu derselben in einem gewissen
gdieimen frenndschaftsverhältnis, ja ich kann sagen, ich habe ihr
schon Tor ihrer geburtsstunde meinen väterlichen sogen gegeben.
M^dk eine thätige gevatterschaft ist daraus nicht entstanden, es
i<t dies vielleicht nur meine schuld, weil ich dem kindlein, das nun
Tor drei jähren das licht der weit erblickt hat, noch keine beweise
meiner znneignng gegeben habe« und doch ist es dieser im höchsten
gnde würdig, jeder, der die ausgäbe bei der lectflre dieser wunder-
ToQen aehrift Flatons — und diese hat ja auch solche liebhaber, die
»idi sonst nieht gerade zu dessen engstem freundeskreise rechnen —
nnn genossen und Wegweiser wählte, wird zugestehen dasz bei der-
lelben das schöne wort ciy TC bö' dpxojüi^vui xai T€ Trp6 8 toO
^dr)cev, fitnruic x^pboc fi] volle anwendung findet, daher gelingt
CS dem herauggeber, dasz er auch bei solchen, die den tezt leidlich
gut auch olute fremde hilfe zu verstehen meinen, doch die aufmerk-
tamkeit auch auf seine anmerkungen lenkt, was bei der concurrenz
tnii einem solchen texte nicht eben leicht ist, ja sogar bisweilen
* Piatons Symposion erklärt von Arnold Hag. Leipsig, druck
tad rerlaff tob B. O. Tenbner. 1876. LXII o. 223 s. gr. 8 (=> PUtons
aatgewUute Schriften erklärt voa ChCron n. JDenscbie. fünfter teil}.
Ar eltM. phOoL 1B7S hfl. 9. 88
594 ChCron: zu AHugs ausgäbe des PlatoniBchen Symposion,
za emem abstecher nach dem krüdschen anhang bin verleitet, ?on
dem man nicht selten wol befriedigt zurttckkehri dies alles er-
fhhr ich bei einem solchen gelegentlichen naschen selbst aach in
vollstem masze. wie e» in solchem falle ja öfter geschieht, ynndu
sich meine aufmerksamkeit eben auf den letzten teil der ansgabe,
den kritischen anhang. da fiel mein blick zuerst auf den mit der
Überschrift *bemerkungen und nachtrfige zu einzelnen stellen' Ter-
sehenen abschnitt, und besonders zog mich der zweite absatzan, der
folgendermaszen begiimt : ^nach meinen beobachtungen sind die ein-
leitenden, erzählenden, Übergänge vermittelnden partien des Sympc-
sion , kurz die auszer den reden stehenden abschnitte von glossemen
fast ganz frei geblieben, und es dtLrfen die spuren behaglicher breik
oder lockerer nachlässigkeit des ausdrucks in den darin vorkommen-
den gesprächen nicht durch emendation beseitigt werden.' ich freote
mich einer ansieht zu begegnen, die mit dem vor 22 jähren von mir
in der vorrede zu dem ersten bändchen meiner ausgäbe s. XI und
wol auch von anderen an anderen orten ausgesprochenen und, wie
ich glaube, auch thatsächlich von mir zur anwendung gebrachten
grundsatze — ich verweise beispielshalber auf das 26e cap. der Apc>-
logie — im wesentlichen übereinstimmt, der hg. erläutert seine bt-
merkung durch eine reihe von steUen, in denen er mit andern kn-
tikem, namentlich Baiter, Cobei, Hirschig, Jahn-Üsener, Naber, in
widersprach gekommen ist wichtiger noch ist die folgende bemer-
kung: 'ebenso wird es richtig sein auch in den reden selbst nicb:
jede Weitschweifigkeit oder lockere constraction auf rechnung eines
interpolators zu setzen, hier tritt nun aber die weitere nGtigving
hinzu, den individuellen Charakter jedes redners, wie ihn Piaton g<^
zeichnet hat, speciell ins äuge zu fassen, was zb. in der rede dt^
Alkibiades an kühnen, anakoluthischen, brachjlogischen wendongen,
als der rede eines fi€6uu>v gestattet ist, das gilt nicht in gleichem
masze von jeder andern . . . dagegen ist unerbittlicher angriff zu fahren
gegen aUes, was in der logisdi geschlossenen beweisfühmog de*
Sokrates . . den methodischen gang unterbricht oder garadesast^ru'
auch diesen grundsatz wird man im allgemeinen nicht anfechten
können ; auch ich glaube ihm gehuldigt zu haben, zb. ApoL c. 15 g- «^
jeder wird freilich in diesem falle leicht die erfahrung machen, dar
er nicht leicht auf allseitige Zustimmung rechnen darfl betrach
ten wir zb. gleich die erste klammer, durch welche in der rede d*
Sokrates werte ausgeschieden werden, so sehen wir 198^ die wi<rt<
dv Tip XÖTip als müszigen zusatz verworfen, diese stelle gehört nui
zu demjenigen, in welchen der hg. auf den Vorgang anderer höcb
achtungs werter kritiker, eines HStephanus, Badham, üaenerhic
weisen kann, freilich der ^consensus', von welchem Hug s. «''^
spricht, ist noch nicht erreicht, denn abgesehen von der bei veitir.
grOszern zahl der ausgaben, die eben nodk nicht auf dem standpo::.
der neuem kritik stehen, könnte doch d6r umstand ins gewicht fall '
dasz Schanz meines wissens noch nirgends, wo gelegoiheit geg^^'-
ChCron: za AHags ausgäbe des Platonischen Symposion. 595
gewesen wSre, sich über diese stelle geäuszert hat, so dasz erst noch
absawarten ist, wie er in seiner ausgäbe verfahren wird, vorlftofig
mdge es mir daher erlaabt sein einige ganz unmaszgebliche beden-
ken anszasprechen. zunächst glaube ich dasz wir uns hier auf einem
gebiete be&iden, auf dem wegen der gar zu leicht aus einander gehen-
den ansichten die gröste vorsieht geboten ist, nemlich auf dem ge-
biete des geschmacks, hier des stils, auf dem nicht blosz die indivi-
doalität des redners, sondern auch die besonderheit der stelle selbst,
um die es sich handelt, ins äuge zu fassen ist. wir haben hier eine
art yergleichung, in welcher nicht blosz, wie dies ja öfter der fall
ist, bild und sache zusammenflieszt, sondern der bildliche ausdruck
so zu sagen nur gestreift wird, denn nicht fopTcinv, sondern Top-
Tiou KC^oXrjv sagt Sokrates; also ist jedenfalls eine erinnerung an
die rede des Agathon, in welcher der Oorgiasmus hervortritt, nicht
an sich unzulässig, aber der beisatz, sagt Hug, 'ist nicht nur nach
dem hauptsatz ö XÖTOC dvcjbii^vqacev völlig überflüssig, sondern
mflste mit TcXeun&v, welches auf das ende der rede des Agathon
sich bezieht, in irgend welche Verbindung gesetzt sein.' hier soll
Don offenbar das gewicht eines grundes nur dem zweiten teile bei-
gelegt werden: denn bezüglich des ersten teils würde ich den kri-
Uker auf s. 202 der ausgäbe des Symposion von Hug verweisen,
wo zu 172* geschrieben steht: 'insbesondere ist festzuhalten, dasz
eine gewisse behagliche breite und Weitläufigkeit, welche . . selbst
Wiederholung des früher gesagten sich gestattet, gerade zu den
eigentümlichkeiten des Platonischen gesprächsstils g^ört.' als be-
sonders unerträglich wird man in dem vorliegenden falle die Wieder-
holung auch nicht erklären können, etwa wegen des grades der breite
und Weitschweifigkeit, es kommt ako nur der andere teil des satzes
in betneht. aber auch diesem kann ich kein entscheidendes gewicht
zugestehen, die stelle lautet wörtlich übersetzt : 'denn mich erinnerte
die rede an Oorgias, so dasz mir^s wie bei Homer gieng: ich fürch-
tete, ea möchte mir zuletzt Agathon das haupt des gewaltigen red-
ners Oorgias in seiner rede gegen meine rede entsenden und mich
selbst zum stein durch Sprachlosigkeit machen.' das läszt sich nun
schon im deutschen ertragen, im griechischen aber kommt noch ein
besonderer umstand in betracht. abgesehen von den sonstigen Ver-
änderungen , die an der Homerischen stelle vorgenommen werden,
tritt eine bemerkenswerte erweiterung ein in dem beigefügten InX
t6v {fiöv XÖTOV, um die Wirkung auf die rede des Sokrates zu be-
zeichnen» die dadurch schon im entstehen erstickt zu werden droht,
ob nun nicht die neigung der griechischen spräche, jedes gegen-
seitige und gegensätzliche Verhältnis scharf zu bezeichnen, zur bei-
Agimg der beanstandeten werte führte, läszt sich doch nicht so ent-
schiadeB in abrede stellen, wie es durch das angewandte kritische
▼erfahren geschieht, wollte man aber einwenden, dasz die firaglichen
Worte doch nicht hinreichten den gegensatz zu inX töv ifiöv Xötov
scharf hervortreten zu lassen, weil es dann dv Tip iaxrcoQ Xöytp
38*
596 ChCron: za AHags ausgäbe des PlatoniBchen SjmpoiioiL
heiszen müste, so würde idx diesen einwarf nicht gelten lassen, weil
die natürliche gedankenentwicklnng die betonung des possessiTS
ausschlieszt. ist dieser erOrterong einige berechtignng nicht abiu-
sprechen, so wäre mit der znlässigkeit dieses erweiternden sossizes
auch die Stellung desselben gewahrt, eine n&here Terbindung mit
TcXe^üuv wäre überdies durch den sprachgebraacb eher ausgeschloB*
sen als gefordert, die gründe , welche für die streichnng der frag-
lichen werte von Hug geltend gemacht werden, scheinen mir somit
hinf&llig, womit nicht gesagt sein soll, dasz diie gegenstfinde atark
genug sind , um das feinere Sprachgefühl gewiegter kenner und kri-
tiker zu beschwichtigen. Hug dürfte diesen freilich nicht beitreten^
da wir doch jedenfalls hier noch in einer einleitenden parUe atehea,
in welcher nach dem von ihm aufgestellten grundsatze die sparen
behaglicher breite oder lockerer nachlftssigkeit des ansdrueks nicht
so ohne weiteres beseitigt werden dürfen, wenn er aber doch ein
glossem herausfühlte, so war es ganz nnnötig die entstehnng dessel-
ben aus der viel weiier unten folgenden stelle 201* herzuleiten, da
die einfache absieht der erklftrung ausreichte.
Eher als hier, wo wir uns auf dem gebiete des gefühls, dh. der
schwankenden meinung bewegten, wird wol bei der nftchsten stelle
198^, wo wir uns schon mehr auf dem boden methodischer erOrte-
rung befinden, jener erstrebte consensus zu erreichen sein, dasz nem-
lieh die worttf toO inaiveiv ÖTtoOv nach rnv äXf)8€iav stSrend in
den gang dieses methodischen Vorgefechtes eingreifen, ist nnver
kennbar. nur darüber könnte nodh eine meinungsverscfaiedenheit
sich geltend machen, ob hier das ganz beziehungslose Tfjv &Xf)8€tav
am platze sei. dies kann nicht durch Verweisung auf andere stellen
entschieden werden, da in einer solchen frage die besondere eigen*
tümlichkeit jeder stelle in betracht kommt, in der voriiQgenden
könnte eine n&here bestimmung um so eher vermiszt werden, als
das glossem selbst, mag es entstanden sein wie es will, beweist, dasz
ein misverstKndnis, da doch von einem doppelten elbivcn die rede
ist, auszerdem nahe liegt, daher möchte ich doch das von dem hg.
angebotene, wenn auch von ihm selbst nicht angenommene ToO^imt-
voujbi^vou nicht von der band weisen und nur auf das beigefügte
f))üiiv, welches weder gefordert noch gerade hier besonders empfeh-
lenswert scheint, verzichten, dazu würden wol anch die drei ge-
nannten kritiker, denen Hug in der Streichung jener worte folgt,
ihre Zustimmung geben.
Selbständig verfiKhrt Hug 199^. ich stehe nicht an mrine an-
sieht dahin auszusprechen, dasz wol anch solche kritiker, denen es
mehr um den ruf der besonnenheit als der kühnheit zu thon ist, dem
schluszergebnis der ebenso maszvoUen wie gründlichen erörtenmg
des hg. beitreten können, es lautet: 'ich neige mich demnach zq
dem Schlüsse, dasz . . Piaton nur geschrieben hat: ipumii h* ouic €i
Mirrpöc Tivoc fi TiaTpöc icn — tcXoiov t^p Sv cfii xä-ipumuia —
dXX* iSicncp fiv usw.*
ChCron: zu AHugs ausgäbe des Platonischen Symposion. 597
* t
i
199* bebftlt Hug die lesart der hss. öfAoXoT€tc6at bei. fast^,
mmdere ich mich über diesen freilich auch von Jahn bewiesenen \
conservatismuB , der mir hier nicht am phitze zu sein scheint, ich \
gianbe dasz Hermann wol daran that 6fioXoT€Tv zu schreiben, es
Hat sich gar nicht absehen, was den Schriftsteller zu dieser variatio,
die sonst nicht zu den eigenttlmliohkeiten seines stils gehört, be-
wogen haben sollte, eine sichere erklärung für die entstehung die-
ser Sndenmg mag es allerdings nicht geben, allein das wird noch
bei tielen unzweifelhaften Verderbnissen der fall sein.
Mit Vollem recht dagegen bewahrt Hug 200* das hsl. 6tou.
mit feiner mSszigung weist er Madvigs ^sonderbares' öttou und
dessen begrflndung zurück. Madvig bezog offenbar das toCto auf
die TOrhergehende antwort des Agathen, was ihm weniger zu ver*
flbehi wäre, weil das q)tjXaEov napA caurcf) jLtCfiviifi^voc auf eine
Inszenmg des Agathen in seiner rede bezogen allerdings etwas be-
fremdlich lautet, aber durch den Zusammenhang der folgenden er-
9rtenmg eben nnabweislich gefordert ist. immerhin aber erscheint
es auffallend, dasz Madvig, und zwar in dem abschnitt seiner Ad-
Tersaria, welcher grundlegende bedeutung haben soll, so gSnzlich
fehlgreift, wo sich so leicht 5ti tou (wenn anders die enklisis hier
zultoig ist) anbot, was der auf&ssung Madvigs vollständig ent-
spiftche. dasz die erOrterung nicht weiter gef&hrt wird, als das
idchste bedfirfiiis verlangt, und insbesondere d6r name, der jedem
leser auf der zunge liegt, nicht ausgesprochen wird, so lange der gang
der Untersuchung es nicht erheischt, ist ganz in der weise des Pla-
tonisohen Sokrates. ein ähnliches beispiel findet sich im Eriton 47 ^ ^.
Beistimmung wird 202* die aussoheidung von xal KaXoOc und
KOXöv T€ Korf finden, fraglicher ist die Streichung von tiuv OuciiXiv
202*, welche Bergh in.seinen 'philologischen thesen' (Philol. XXX
s. 6) empfiehlt, die bemerkung des Polluz, dasz in der stelle eine un-
deutlichkeit bestehe, ist noch kein beweis, dasz er tiI^V Ouciuiv nicht
las. die undeutlichkeit bezieht sich offenbar auf die bedeutung des
Wortes äfu>ißt^ (ä|biq){ßoXoc , sagt er, f| äfioiß/j) , dh. es fragt sich, ob
es erwiderung, Vergeltung (also eine htmdlung) oder gegen-
geschenk (also eine sache) bedeute, diese frage ist bekanntlich
bis in die neueste zeit streitig geblieben, darüber spricht sich Hug
flicht näher aus, bemerkt aber dasz das glossem unzweifelhaft die
richtige erklärung biete, ich bezweifle es und gianbe dasz der zu-
ttmmenhapg vielmehr die beziehung auf tqc bei^ceic xal Ouciac ver-
langt, fiMse also d^otßäc entsprechend dem imriieic als handlung
nnd bin daher geneigt tiBv Guctuiv, das andernfalls unentbehrlich
wäre , ala glossem zu betrachten, als philologischer behandlung be-
dürftig bat sich auch anderen 203* dargestellt; den weg der ampu-
tation beschreitet zuerst der neueste hg. es ist nicht ganz unwahr-
scheinüeh , dasz dieses schneidige verfahren mehr and mehr die an-
erkennnng der faehgenossen finden wird. — Nicht minder entschie-
den in der Überzeugung, dasz die stelle an einem gebrechen leide,
698 ChCron: zu AHngs ansgabe des Platonischen Symposion.
/
/ das schon yan Heusde erkannt hat , aber etwas zurückhaltender in
/ der wähl der dargebotenen beilmittel ist der hg. in dem unmittelbar
folgenden satze. es ist keine frage, dasz sowol die innere Überein-
stimmung der darstellung als das Suszere ebenmasz der form dnrcb
einschaltung eines entsprechenden gliedes nach Oeotc irpöc dvOpu)-
neue bedeutend gewinnen würde.
Ich breche hier ab, da eine weitere derartige beaprechnng aller
in der rede des Sokrates diesem heilverfahren xmterzogenen stellen,
die jedenfalls das masz eines dutzends, welches noch übrig wBre,
bedeutend überschritten, den räum in dieser Zeitschrift und die ge-
duld der leser ungebührlich in anspruch nehmen würde, so viel
dürfte aus dem gesagten erheUen , dasz der neueste herausgeber des
Platonischen gastmahls das kritische messer fleiszig, aber mit ge<
schick handhabt , und wenn er sich wol auch einmtd flbereüt, doch
die beruhigung haben kann, dasz eine solche Übereilung leichter
wieder gut gemacht werden kann als auf dem felde der operativen
Chirurgie, wo sie auch bisweilen vorkommen soll, si £ama yera est
Ehe ich aber von der ausgäbe, der ich viel genusz und belehrung
verdanke , abschied nehme , wende ich mich an den herausgeber mit
einer bitte, beseitigen Sie das abscheuliche ungetüm , mit welchem
Sie 8. 84 Ihrer ausgäbe verunziert haben, in der gewis bald zu
hoffenden zweiten aufläge! ich frage mit den römischen Juristen:
cui bono? hat man den zweck erklärender anmerkungen, denen
diese illustration beigefügt ist, im äuge, so musz man wol glauben
dasz Sie dem leser einen gefallen erweisen wollten, ich gestehe
Ihnen offen, dasz ich mich nicht überwinden könnte so viel zeit den
beiden seiten zu widmen, als erforderlich w&re sie zu lesen, und
was soll der leser aus dieser Zeichnung gewinnen? etwa eine klarere
Vorstellung von jenen ^drolligen kugelwesen dreifacher art', als
welche uns der komiker *die doppelmenschen der urzeit' in seiner
mutwilligen laune vorführt? das dürfte kaum der fall sein« eher
möchten ihm ^die unlösbaren Schwierigkeiten', über die 'der dichter
schweigend hinweghüpfb', noch etwas mehr zur anschauung gebracht
werden, aber auch das würde nur zum teil erreicht werden , da die
Zeichnung vielmehr den betrachter zu ganz ungebührlichen fragen
herausfordern müste. und wozu soll überhaupt die Unmöglich-
keit, die jeder leser von verstand ohnedies hinlänglich empfindet,
solchen phantasiegestalten auch nur eine scheinexistenz zu ver-
leihen, noch erst vor äugen gestellt werden? oder soll etwa der
Wissenschaft ein dienst geleistet werden? das möchte wol der fall
sein bei dem schilde des Achilleus in der Iliae, bei welchem ausier
dem verdtttndnis des dichtere cultur- und kunstgeechichtliohe fingen
in betracht kommen, deren lösung allerdings durch eine wolgelnngew
Zeichnung oder noch besser plastische ausführung gefördert werden
könnte, dasz erklSrende ausgaben einen sehr bescheidenen gebraoch
von diesem mittel der auffassung zu hilfe zu kommen machen, Iftstt
sich vielleicht schon wegen des kostenpunctes begreifen, das über-
JBeloch: zu Timaios. 599
Itasen diese besser selbstftndigen wissenschafüicheii arbeiten, die
weniger an solche rücksichten gebunden sind, aber selbst die aka-
dejmsche abhandlang von HBrunn 'die kunst bei Homer and ihr
Terbllt&is zu den anf&ngen der griechischen konstgeschichte' weist
kerne solche illastration auf, obgleich die absieht derselben gerade
darauf hingieng, das bestehen einer konstttbung im Zeitalter Homers
als die voraossetzung seiner dichterischen darstellong zu erweisen«
welcher wissenschaftliche zweck liesze sich aber in dem yorli^genden
lalle nur denken? oder soll dem dichter selbst ein ge&lle mit die-
ser illastration seiner ^grotesk-phantastischen' gestaltung geschehen?
diesem wttrde man wol den besten dienst erweisen, wenn man ihn
oder den dichtenden philosopheUi der ihn so reden läszt, unbehindert
'über die unlösbaren Schwierigkeiten hinweghttpfen' liesze, deren
Teraoschaulichung nichts hilft, (ich glaube dasz, wenn Aristophanes
aos dem grabe erstünde und Ihre Zeichnung sähe, er sich entweder
entsetzen oder totlachen würde, sonst würde ich seine seele nicht
mehr als den tempel der Chariten anerkeimen.)
Verzeihen Sie mir diese herzenserleichterung, die ich mir zum
BcUnsse verstatten muste.
AuoBBuna. Chbistian Ciion.
(28.)
ZU TIMAIOS.
EBachof hat oben s. 161 — 73 den Timftischen Ursprung von
Diodor XIY 64 — 78 in glänzender und überzeugender weise ver*
teidigt dennoch enthält seine schluszkette eine lücke, und zwar
gerade an d6r stelle, auf die gestützt AHolm unser stück dem Timaios
bricht und dem Ephoros vindiciert: Diod. XIY 76. nach Timaios
nemlich betrug das im frühjahr 397 (über diese Zeitbestimmung
I. rh. mos. XXXIV s. 124) nach Sicilien übergeschiffte karthagische
heer 100000 mann, wozu später noch 30000 mann sicilischer bun-
deagenossen hinzutraten; Ephoros dagegen gab die ganze masse auf
303000 mann an (Diod. XIV 54). nun sollen die Karthager vor
8^08 an der pest 150000 mann verloren haben (Diod. XIV 76);
bei oberflächlicher betraohtung könnte es also in der that scheinen,
ali ob diese angäbe, und damit natürlich das ganze stück, nicht aus
Tiinaios geschöpft sein könne.
Bachof benutzt nun zur lösung des scheinbaren Widerspruchs
^ lehr bedenkliches mittel: Diodor habe die bestimmte zahl 150000
te einen unbestimmten ausdruck seiner quelle, zb. touc f||Jiic€ic
iouvSiy adbatändig eingesetzt, lieeze sich ein solches verfahren bei
iHodor oder bei einem andern historiker seines Schlages wirklich
i^^weisen, so wäre unsere ganze quellenforschung vergebliche ar-
beit ee vrire nicht abzusehen, warum diese willkürlichen zusätze
ticfa auf die sahlen beschränkt haben sollten, und jede gewähr für
die tiene wiedergäbe der primären quellen wäre verschwunden.
600 JBeloch: zu TiinaioB«
eine emendation der zahl — etwa tt^vtc statt 1t€Vt£Ka(b€Ktt )iupi&ba<
— w&re freilich sehr leicht; Bachof hat aber mit recht versdunSht
Yon dieser ultima ratio gebrauch zu machen.
und doch ist die lOsung sehr einfach, die angaben des Timaios
über die stftrke des karthagischen heeres beziehen sich natttriich nur
auf die landarmee (Diod. iQV 54 Ti^aioc ^iv T^p Toc £kti)c AißuT|C
nepaiwOeicac buvdficic ou irXeiouc q)iic\v cTvai b^xa ^upidbiuv}.
daneben stand aber die gewaltige flotte, bei bc^giim der belagenmg
bestehend aus 208 trieren und mehr als 1500 transportschiffen, im
ganzen nahe an 2000 segeln (Diod. XIV 62). beilftufig bemerkt hfttten
diese zahlen allein Holm lehren sollen, dasz unser stflck nicht aus
Ephoros geflossen sein kann : denn dieser hatte die zahl der kartha-
gischen trieren auf 400, die der lastschiffe auf 600 angegeben
(Diod. XIV 54). 208 trieren erfordern nun eine b^nannimg Yon
über 40000 mann, wenn wir für die lastschiffe auch im durchschnitt
nur pp. 20 mann besatzung annehmen — und wahrscheinlich iat das
noch zu wenig, da 300 von ihnen imKUinoi und xc^XKCjLißöXoi waren
(Diod. XIV 59) : so haben wir fOr die flotte im ganzen Aber 70000
mann, das gibt zu den 130000 mann des landheers 200000. dazu
kommen dann die nichtcombattanten, die bekanntlich in allen beeren
des altertums einen sehr bedeutenden bruchteil gebildet haben.
50000 köpfe ist fOr sie mSszig gerechnet, so dasz aucji nach Timaios
das karthagische lager vor Syrakus 250000 mann beherbergt hat.
wahrscheinlich beruht sogar die ganze differenz in den angaben des
Ephoros und Timaios nur darauf, dasz letzterer alle diese Tcrschie-
denen kategorien in ansatz bringt, Timaios aber nur die combattan-
ten des landheeres. bei einer stKrke von 250000 mann aber mos:
der karthagische verlust vor Syrakus — ohne die gefangenen —
mindestens 150000 mann betragen haben: denn es retteten sich nar
die fast 40 trieren mit den karthagischen bürgern (c. 10000 mann
und der rest der sicilischen contingente (höchstens 20000 mann .
wie viel Soldaten gerade an der 'pest' gestorben waren, das anzugeben
ist Himilkon selbst wahrscheinlich ebenso wenig im stände gewesen
wie sonst irgendjemand im karthagischen lager oder in Syrakus; wenn
also die angäbe des Verlustes' auf 15 myriaden irgend einen histon-
sehen wert haben soll, so musz hier der gesamtverlast gemeint sein,
ine er aus der anfänglichen gesamtstftrke abzüglich der zahl derge*
retteten und gefangenen sich ergab, bei weitem die haaptmasse die-
ses Verlustes war ^erdings durch die krankheit verursacht worden,
und so konnte Timaios ohne grosze Verletzung der historischen wahr-
beit die rhetorische antithese sich erlauben: xal TOUC Tdqk>vcTwv
CupaKoduiv dvaTp^(|iavT€C nevrcKalbCKa ^upidbac diretbov ätä
q>ouc btd TÖv XoiMÖv cecuipeufi^vouc, irupoiroX^cavrec bi rjjv x^'
pav T&v Cupoxocfuiv £k ^€TaßoXf)c €Ö0vc elbov töv Ibiov ctöXov
^fiTTupicO^vra usw. wobei nicht zu vergessen ist, dasz Diodor u:c
werte seiner quelle wahrscheinlich verkflrzt wiedergibt.
Bgm. Julius Bblocs.
ThThalheim; die dokimaaie der beamten in Athen. 601
82.
DIE DOBIMASIE DER BEAMTEN IN ATHEN.
In diesen jahrbttohern 1878 s. 821 ff. ist von CSchSf er die frage
aieh dran fomm der beamtendokimasie wieder anfgenommen und
dahin beantwortet worden, dasz die arcbonten yor dem rath und ge-
rieht nnter yorsitz der thesmotheten, die bnlenten yor dem alten
nth, die sonstigen magistrate, mochten es nun erloste oder erwShlte
sein, allein yor dem gerichtshof dokimasiert wurden, der yf. er«
kennt an dasc dieser ansieht Ljsias 26, 12 zu widersprechen scheine,
wo der spredier vor dem rath sagt: ilicTC tjfitv xaOi^Ketv TC€p\ raii-
TTjC Tf)c äpx^c (das amt des ersten archon) dKptßecr^pav Tf|V boKi-
fiociov f\ ircpl T&v dXXuiv dtpxiliv (yielleicht änaci&v: ygl. jahrb.
1878 s. 553) iroieTc6ai, insofern hier dem rath auch die prttfung
anderer ftmter als der arcbonten zugeschrieben werd^; yf. meint
jedoch, diese stelle werde nur dann ausschlaggebend, wenn man
dsrzatfaua yermöge, dasz die attischen redner mit der anrede öfi€ic
aar immer gerade die betreffende juristische beh5rde und nicht die
gsnse bfiigerschaft yerstanden. das letztere ist gewis hftufig , findet
rieh zb. in § 2 derselben rede ; für obige stelle aber folgt das gegen-
teil aus dem unmittelbar sich anschlieszenden satze: €t b^ ^fj, niSc
oIccOc t6 fiXXo irXfiOoc tiBv ttoXituuiv btaxeCcecOai, ötüv alcOunrrat
Q8W. 'sonst, dh. wenn ihr, derrath, es mit dieser prttfung nicht
genau nehmt, was werden die andern bflrger sagen?' folglich
geht auch obiges ö^Tv allein auf den rath, und damit ist nach seinem
eignen urteO gegen Schftfer entschieden: der rath hatte ausser den
irdionten noch andere behSrden zu prüfen, als möglichen einwand
kann ich mir sonst nur den 6inen denken, dasz dies öjLieic (der rath)
zwar logisches subject zu ircpl Taiiiiic Tf)c äpx^ic Tfkv boKi^adav
irotctcBoi, nicht aber zu dem zweiten satzteil nepl T(&v äXXuiv äp-
X£hf sei, in dem sinne: 'ihr mflszt hier strenger yerfahren^ als man
es bei den andern behörden thut', glaube jedoch nicht dasz man für
diese ftnsserst gezwungene erklarung, auf die kein unbefangener yer-
&IIen wird, Wahrscheinlichkeit beanspruchen darf, und soUte es ge-
schehen , 80 wtbrde ich auf ein unten beigebrachtes, auf den folgen-
den Paragraphen gegründetes argument yerweisen.
Ich wende mich zu den einsprachen, welche gegen meine aus-
flümmgen (Hermes XIII s. 366 ff.) erhoben worden sind, und schicke
voraus, dasz ich diese in einer frage, die Meier und Schömann offen
Hessen I weil Omen das material unzureichend schien, nur als wahr-
scheinlich habe hinstellen wollen, ich lasse die frage nach dem yer-
hlUtniB Ton rath und gericht als prttfungsinstanzen der arcbonten
einstweilen bei seite und will die grenze zwischen dem erweislichen
and dem wahrscheinlichen noch schftrfer ziehen, als es dort (ygl.
9. 372) geeehehen ist.
Dass die gewShlten taxiarchen nur yor gericht geprflft wurden
602 ThThalheim: die dokimaaie der beamten in Athen.
und nicht vor rath und gericht, darf man, glaube ich, trotz Fr&nkels
Widerspruch (Hermes Xm s. 564) aus Dem. 40, 34 X€ipOTOVilcdv-
TU)V djLidiv djLife ToEiapxov f)K€V aÖTÖc dirl tö biicacT/)piov boia^a-
c9iicö|Li€Vöc mit Sicherheit schlieszen. denn ich halte es allerdüigs
für unmöglich, was Fr&nkel nicht einmal auffällig erschienen ist,
dasz der betrug des Boiotos vorher vor dem rath geglückt war, dasx
nemlich ein erwählter taxiarch den sämtlichen 500 rathmlnnem
persönlich unbekannt gewesen sei, und dasz der in Wahrheit erw&hlte
dem frechen Stückchen gelassenen mutes zugesehen habe, und selbst
dies zugestanden, so wäre der geglückte betrug vor dem rath für
den Sprecher eine um so viel empfindlichere Schädigung als der ver-
such vor gericht, dasz ich nicht verstehe, warum er jenen verschwie-
gen, diesen erwähnt hat. Fränkel behauptet zwar, der redner h&be
dem gericht gegenüber ein grOszeres Interesse; ich finde aber dasz
er nur seinen eignen schaden hervorhebt, und sehe für jene be-
hauptung nirgends einen anhält. Ljsias 15, 2 übergehe ich, weil
sich aus dieser stelle nur mit Wahrscheinlichkeit auf die gerichte als
notwendiges prüfungsforum der Strategen schlieszen läszt, im g^en-
satz zur appellationsinstanz , während eine vorhergehende prüfang
im rath nicht ausgeschlossen wäre.
Bei Aischines 3, 14 f. — ich schreibe des raumes halber nur den
letzten teil aus — steht: «Kai öcoi Xa/üißdvouciv f)T€MOviac biKOcn)-
piiuv» . . . t( toutouc KcXeuei irouiv (nemlich das geseti) ; ou 5ia-
K0V61V, dXX * fipxciv bOKijjiacO^VTac iv rqj biKacnipiip , 4ir€ibf} m
a\ KXr)pujTai dpxal ouk dbOKiMacTOi, dXXd boKifiocOeicai dpxoua,
Kai XÖTOV Kai eöOuvac dtTP^cpciv irpdc töv jpa^aiia Koi touc
XoTiCTÖic, KoOdirep xal rdc dXXac dpx^c, KcXciiei. angenommen, die
grenze der gesetzesanführungen sei hier zweifelhaft, so ist es Ter-
fehlt aus den anführungszeichen von Bekker und den Zürchem auf
ihre diesbezügliche meinung zu schlieszen : denn da es in unsem aus-
gaben nicht üblich ist indirecte rede in dieser weise zu bezeichnen,
so fehlen ihre anführungszeichen selbstverständlich da, wo diereetion
des zweiten KcXeuei beginnt, dh. von ou biOKOveiv ab. die neusten
ausgaben freilich, die mit Cobet dies KeXeuci streichen, hätten das
verfahren ändern sollen, ich habe nun die worte äpX^iv und dann
Kai XÖTOV Kai cuOuvac ^TTpciipciv — das folgende ist für uns un-
wesentlich — als dem gesetz angehörig bezeichnet, und das scheint
mir unzweifelhaft, entgegnet wenigstens ist darauf nichts, die nach
äpX€iv folgenden worte bOKi^acO^VTac tv tü> bucaCTiipii)) sind Air
den zweck des redners gleichgültig; das gesetz anderseits, welches
mit äpx^iv den amtsantritt, mit Kai X6tov usw. die rechenschafU-
pflicht bestimmte, konnte eine Vorschrift über die dokimasisi die
Vorbedingung des amtsantritts , nicht umgehen; es folgt, wie mich
dünkt, mit gröster Wahrscheinlichkeit, dasz auch diese worte dem
gesetz entnommen sind, und handelt es sich um autoxitäten, so kenne
ich nur zwei männer, die sich über diesen punct geäussert: Heier im
attischen process s. 201 anm. 72 erklärte apx€iv bis dpxouci — das
ThThalheim: die dokimasie der beamten in Athen. 603
folgende kam ihm nicht in betracht — fttr gesetzesworte , Wester-
nuum de locis aliqaot or. att. interpolatione corraptis s. 22 f. bezog
dpx€tv bis bixacTiipiw und Kai Xötov bis dpxdc auf das gesetz und
eridftrte dir€ibf| bis apxouci fOr interpoliert, bestehen also hier
tweiiel^ so gelten sie dem letztem satze lir€ibfk Kai al KXnpuiral dp-
Xctl oOk dboKi^acroi, dXXd boKiMOcOcicai dpxouci. gehört aber
boia|iac9ivTac iv tuj biKacnip{({i dem gesetz, so folgt mit gewisheit,
dsn alle erwählten beamten ihre prflfung vor gericht
ibUgten. dieses resultat stimmt überein mit dem obigen beispiel
dea taxiarehen, ich betrachte es als erwiesen.
Ans der erwfthnten stelle habe ich allerdings auch eine negative
foigerang gezogen, da nemlich von den archonten eine abweichende
fonn der dokimasie vor rath und gericht Überliefert ist, so schliesze
ieb, nnd ich denke mit recht, dasz nicht in demselben beamtengesetz
vor den dpxal x^tpoTOVirrai auch die dpxal KXripurrai in ihrer ge-
6Amtheit sIs subject zu dpxciv usw. gesiuiden haben können, von
einzelnen, genauer bezeichneten, wftre dies möglich, wenn der satz
^itcibr) usw. interpoliert ist# ist er echt , so halte ich es fttr unmög-
lich, wenn er wie Meier wollte dem gesetz angehört, für unwahr-
scheinlich, wenn er wie ich angenommen hatte von Aischines stammt^
weil ich durchaus nicht sehCi was in diesem falle entweder das ge-
setz oder den redner zu der gegenüberstellung der dpxal KXiipurrai
veranlassen konnte, und darüber dadurch nicht klarer geworden bin,
dasz Frftnkel den zusatz als psychologisch leicht erklärlich hinstellt,
wu nun aber Westermanns annähme einer Interpolation betrifft, so
ist der einzige grund dazu der, dasz der zusatz überflüssig sei, weil
das spätere KO0diT€p Kol rdc fiXXac dpxdc genau dasselbe besage,
ist jedoch die dokimasie der erwählten bmunten von der der erlosten
veneUeden, und sie war sicher abweichend von der der archonten,
M ist sehr einleuchtend, warum der gesetzgeber das KoOdirep Kai
Toc dXXac dpxdc nicht auch auf die dokimasie bezogen wissen wollte,
sondern derselben einen eignen zusatz gab, der fttr die erlosten
beamten zwar auch die prüfung, aber nicht die gleiche prttfung wie
^ die erwählten constatierte. ich neige deshalb jetzt zu der ansieht,
dasz der bestrittene satz dem gesetz entstammt, glaube jedoch auch
denen gegenüber, welche wie Weidner die interpolation annehmen,
dieedben oonsequenzen aus der folgenden er wägung ziehen zu dürfen.
Daaz in dem Ljkurgosfragment bei Harpokration u. bOKi^a-
cOck: TpcTc boKi^adai xard töv vö^ov Tivovrai, ^ia iiky fjy o\
iMa dpxovTCC boKt^dZovroi, itipa bk {)v oi ^^Topec, Tpini hi {)v
oi CTponiTOiv nur drei arten der dokimasie aufgeführt werden, wäh«
f^ es doch noch andere gab, hat schon des Harpokration oder sei-
ner quelle verwundernng erregt, wie der zusatz X^T€i M^vrot iv nß
<n)n^ Xdrtp Kai lim^uiv bOKijuaciav beweist es ist nur so erklärlich,
dasz Kord t6v vöfüiov nicht *nach dem gesetz im allgemeinen', son-
dern 'nach dem 6inen, bekannten gesetz' bedeutet, dasz also in drei
abschnitten 6ines gesetzes von diesen drei arten gehandelt war, deren
604 ThThalheim: die dokimasie der beamten in AthexL
einer bei Aischines gegen Timarchos ziemlich vollsttodig erhalten
ist. auf dieses gesetz geht in letzter instanz anch Pollax VUl 44 f.
zurück : bOKijiacia bi toTc äpxouciv diniTT^XXcTO xol toic xXiipu}-
TOic Kai TOic alpcToTc, cIt* dm-rfibeioi eiav äpxeiv cItc xal rifi, xai
ToTc br)iiaTU)Totc €l firaipriKÖTCc €?€v \ t& irarpt^ia KorrebTiboKÖTec
usw. : denn der letzte teil dieser erldSrong ist offenbar ans dem ge>
setz bei Aischines 1 , 28 f. ausgezogen , der aasdmck bOKipada
Irnnr^^^^TO wahrscheinlich von der letzten art (vgl. § 32) fUachlich
auf alle übertragen, die anordnung des Pollux ist naturgen^szer
und scheint dunm ursprünglicher : man sieht nicht, was den Lykur-
gos zu der seinen bewog, wenn es ihm nicht in seiner auseinander-
Setzung auf die zuletzt gestellten Strategen besonders ankam, beide
Schriftsteller ergftnzen sich : der letztere beweist dasz von archonten
und Strategen in zwei Yerschiedenen abschnitten desgesetzes
geredet war, Pollux dagegen, dasz beide ämter als reprftsentanten
der erlosten und erwfthlten beamten stehen; folglieb ban-
delte 6in abschnitt des gesetzes von den erlosten , ein anderer von
den erwfthlten beamten. dasz nun dieses gesetz dasselbe war, aus
dem Aischines 3, 14 f. citiert, wage ich, obwol ich einen zwingenden
grund dagegen nicht erkenne , nicht zu behaupten , zumal es für un-
sere auseinandersetzung gleichgültig ist, ob dasselbe verfahren in
6inem oder in zwei gesetzen befolgt war. aber mir gilt zweitens
als erwiesen, dasz das dokimasiegesetz erloste und erwfthlte
beamte getrennt behandelte.
Dasz auszer den archonten auch andere erloste beamte vor dem
rath geprüft wurden, folgt aus Lysias 26, 12 : denn wenn sftmtlicbe
erwählte beamte allein vor das gericht gehörten, so kennen wir die
äXXai dpxotl dieser stelle nur im kreise der erlosten suchen, ander-
seits heiszt es bei Deinarchos 2, 10 von Aristogeiton : 8t' ^iropiou
iTn)üi€XT]Tf|c Xaxibv direbOKiMdcOTi öirö n&v töt€ biKCüIövTUJV dpx^tv
toOttiv Tf|V dpxi^v, und daraus geht hervor dasz einige erlöste
beamte auch vor das gericht kamen. Schftfer gegenüber , der durch
die stelle das gericht als einziges prÜfungsforum ftür diese erlöste
behörde bewiesen und meine *aufstellungen ohne weiteres gerichtet*
sieht, weil das gericht als zweite instanz unmöglich gemeint stiln
könne, erlaube ich mir die firage, wie sich der redner ftür den trriz
der schmfthungen des Deinarchos möglichen fall habe ausdrücken
sollen , dasz der rath als erste instanz den bewerber gebilligt h&tt«.
aber auch im gegenfalle sehe ich nicht, was Schftfer zu der fordemng
ein recht gibt, der redner müsse die etwaige erste instanz des rathfs
erwShnt haben, da auch nach seinen aufstellungen das gericht der
ausschlaggebende factor war. wer nun so berechtigten einw&iden
'nicht erst begegnen' zu dürfen glaubt, wird sich gefallen lassen
müssen, dasz seine folgerungen verworfen werden, ich hatte die
auch von Meier angezogene stelle übergangen, weil sie nichts be-
weist als was niemand angezweifelt hatte.
Betreffs der erlostoi behOrden steht also fest, dasz die arcbon*
ThThalheim: die dokimasie der beamien in Athen. 605
t«n Yor raih und gericht gehörten, der rath auch andere zu prüfen
hatte; imd einige derselben vor das gericht keimen, damit sind un-
sere positiven naohrichten erschöpft, wir sind anf Vermutungen an-
gewiesen, soll dabei die untersnchong stehen bleiben? vielleicht ja;
wer indessen weiter gehen will, wird zn fragen haben, ob für die
Prüfungsbehörde sich eine ausnahmestellnng der archonten darthan
Ilnt eine solche ist von Schftfer behauptet, aber nichts weniger
ak erwiesen worden; ich lese aus seiner auseinandersetzung zwei
grOnde heraus, erstens dasz die prflfung der archonten inhaltlich
von der der andern behörden verschieden war — dies zugestanden,
60 folgt für das forum der prClfung durchaus nichts — zweitens dasz
nnr in diesem &lle Aristoteles (im lex. Gantabr.) einen grund hatte
dis forum der archontenprttfung ausdrücklich hinzuzu^en, wSh-
rend doch eine genaue darstellung dies erforderte, sofern es flber-
bsopt ein anderes prüfungsforum der behörden gab. aber jener
L/sias, der (26, 12) dem rath einschärft, er müsse bei dem archonten-
unt strenger prüfen als bei den andern ftmtem wegen ihrer gericht-
lichen thätigkeit und ihres Übertritts in den Areopag, hfttte er es
onterlassen die gesetzgebung* für sich ins feld zu führen, wenn
diese für die archonten eine ausnahmsweise prüfung vor rath und
gericht bestimmte, die doclr nur strenge bezwecken konnte, hfttte er
eich eine so naheliegende schmeichelhafte adresse an den rath ent-
gehen lassen, welcher eigens berufen war dieses amt seiner prüfung
za unterwerfen? die ausnahmestellnng der archonten ist also nicht
nv nicht erwiesen , sondern unwahrscheinlich.
Einen positiven beweis für die gleichheit des verfahrene bei
kUen erlosten behörden habe ich nicht, ich würde einen solchen ver-
SQolien, wenn sich die Schftfersche behauptung erhftrten liesze, dasz
die archonten und diese allein den andern beamten gegenüber be-
tüghch des prüfungsinhalts eine Sonderstellung hatten, da nemlich
die trennung der kategorien in dem gesetz des Lykurgos und PoUux
ihren grund haben konnte entweder in Verschiedenheit der form
der prfüimgen oder des inhalts oder von beidem zugleich, so könnte
^ den erwfthnten fall der prüfungsinhalt den soheidungsgrund
nieht abgegeben haben, weil auf grund desselben die trennung an-
ders bitte ausfallen müssen, es wftre demnach die form als ein-
teäongsgrund aufzufassen, und die angereihte dokimasie der redner
^eh in der form sowol von der der archonten ab der Strategen ab.
iadessen auch jene behauptang steht auf schwachen füszen; es ist
vielmehr wahrsdieinlich, dasz auch an andere ftmter besondere, die-
(^ eigentümliche anforderongen gestellt wurden, und da in dem
letzten geeetzesabschnitt genau angegeben war, von welchen vor-
würfen ein Yolksredner sidi rein halten muste, so ist es wahrschein-
lich, dasz in den beiden vorhergehenden abschnitten dasselbe ge-
* getetsgebaog bedeutet auch Mie gegebenen geaetie*, was FrSnkel
Qbersah, als er nicht wuste wie ich mir eine Verwaltung von teilen
der gesetzgebung vorstelle.
606 ThThalheim : die dokimaaie der beamien in Atben.
schehen war; es können sehr wol für beide kategorien auch iobalt-
lieb abweichende vorscbrifiten getroffen sein, aus des PoUnz kfine
wenigstens darf man auf das gegenteil wol niobt scbliesxen.
Angenommen jedocb, das forum wftre für alle erlosten besmten
das gleiche, so scblieszt, man mag sieb das Verhältnis von raih und
gericht vorstellen wie man will , das doppelte forum eine venchlr-
fung der prdfung in sich, insofern bei notwendig doppelter doki-
masie die möglicbkeit der Zurückweisung zweimal vorlag, beider
auffassung im sinne der appellation ein Verwerfungsurteil des rathes
gegen den bewerber schwer ins gewicht fallen mnste. und ds ich
nun den unterschied zwischen erlosten und erwählten beamten mit
nichten für einen 'sehr ftuszeriichen' halten kann, das loos viehnehr
leicht einem gegner der herschenden politischen strSmung m ein-
flusz verhelfen konnte, so würde es meiner ansieht nach den demo-
kratischen interessen durchaus entsprechen, wenn der erloste beamte
ohne unterschied sich einer strengem form der prüfung unterziefaeD
muste als der erwählte, der ja in seiner wähl schon 6ine prüfung be-
standen hatte, anderseits, wenn von den archonten abgesdien im
kreise der übrigen erlosten beamten von einigen prüfung vor dem
rath, von einigen dokimasie vor gericht bezeugt ist, so wird sich för
eine Verschiedenheit innerhalb dieser andern beamten wol nicht der
schatten eines grundes anführen lassen, ja auch von aUgemeinen
gründen läszt sich für eine Sonderstellung der archonten kaum etwas
beibringen, da viele der andern erlosten beamten grosse summen
verwalteten und für cassenbeamte wol auch den Athenern eine mög-
liehst strenge prüfung nötig erschienen sein wird, dasz also alle
erlosten beamten, wie die archonten , vor rath und geriebt
geprüft wurden, glaube ich als wahrscheinlich bezeichnen zo
dürfen, wenn ich auch zugebe dasz dies resultat sich nicht völlig er-
weisen läszt.
Das Verhältnis von rath und gericht bei der archontenprflfong
ist streitig: es fragt sich, ob das gericht als notwendige zweite oder
als appeUationsinstanz eintrat, ich glaubte die fri^ durch Dem.
20, 90 Touc likv Occ^oO^Tac touc tn\ touc vöjjIOuc xXnpouM^ouc
b\c bOKifiacO^vrac fipxeiv Iv t€ rfj ßouX^ xal irap ' ö^iv ly v^ ö(*
KQCTiipiui in keiner weise entschieden. Sdiäfer jedoch leugnet da^z
die stelle im sinne der appellation verstanden werden könne; er
meint, unter dieser Voraussetzung müste Demosthenes 'geschwinde!:
haben oder der spräche so wenig mächtig gewesen sein, dasz er «^i^
er sagen wollte schief ausdrückte', ich denke, wenn bei prüfung d^r
archonten von dem urteil des rathes stets an die gerichie bemfon^:
eingelegt werden konnte und ein redner bei gelegenheit eines
Vergleichs hiervon die worte gebraucht: *die thesmotheten müssto
sich zweimal, vor rath und gericht, verantworten', so werden 11°
angriffe auf seine Wahrheitsliebe oder sprachbeherschnng ni«.-'
drücken , und wäre er ein Demosthenes. ich suchte für die fn^:'^
eine entscheidung in Lysias 26, 6, wo des zum archon erlösten
ThThalheim ; die dokimaBie der beamten in Athen. 607
£oaodro8 ankUger sagt : &v M xal inX TOiövbc Xötov TpdirwvTai,
d)C 6 xp^oc oÖK iTK'^f^'i äXXov diroxXnpupcoi, äXXd dvdipcii, läv
oMv &iroboKi|idcnT€ , dOura Td irdtpia icpd T(Tvec6ai , Tdb ' dv-
6uMii6r|T€» ön itdXm ö xpövoc iibr\ iT0p€XiiXu6€V. f) Tdp aCpiov
ijlUfia Mövti Xoiitfi toC dviauroO dcnv, Iv hi Taunj t^i Aü t<^ cui-
Tflpi Oucia Y^TV€Tai, biKacnfjptov hi irapd touc vopouc dbuvaTOV
nXfipttjOf)vot, wo der letzte satz mit der Torauasetzung notwendiger
xweimaliger dokimaaie und der annähme i dasz die piUfnag yor ge-
richt am letzten tage stattfinden sollte und konnte, zn streiten schien«
dann ich meinte nnd meine nooh dasz, wer die mögliehkeit einer ge-
riehtssitznng am letzten Jahrestage voraussah, zwar sagen durfte —
neh wenn es nicht wahr war — morgen ist eine gerichtssitzung
gesetzwidrig: biKOcnfipiov Kord touc vöfAOuc dbuvaTOV trXnpujOf)-
vai, aber eine haare thorheit begeht, wenn er die mSglichkeit einer
gorichtssitzung flberhaupt leugnet, wie das mit bucacnflpiov irapd
TOUC vö^ouc dbiivotTOV irXT]pu)6f)vai geschieht und dasz Ich mit
dieser einsieht nicht so allein stehe wie mir vorgeworfen worden ist,
beweist die anmerkung Beiskes, welchem das trapd touc vöfiouc so
wenig passend erschien, dasz er den versuch macht es durch 'propter
leges, qnia leges intercedunf zu erklftren und es in der Übersetzung
gar durch 'in tantis temporum angustüs' ersetzt, erweisen nun die
inschriften — und ich wage weder die riohtigkeit der erg&nzung
CIA. n 125 noch die der correctur in CIA. 11 188 bei BOckh mond-
icyklen s. 48 anzuzweifeln — dasz ol. 110, 4 und 114, 3 am letzten
ji^rsstage volksbeschlflsse geüaszt worden sind, so kann ich immer
noch ttiät glauben dasz deshalb ol. 99, 2 an demselben tage habe
gerieht gehiäten werden können, denn in diesem falle hfttte Lysias
aemem dienten unter allen umstSnden die plumpste und albernste
Ifigs in den mund gelegt, und sehen wir diesen redner auch als
anwalt einer schlechten sache die Wahrheit entstellen (vgl. jahrb.
1877 8. 617) oder gesetzesworte verdrehen (ebd. s. 270): so weit ich
ihn kenne, war er zu fein, um seinen schtttzling in dieser weise blosz
zo stellen, allerdings ist das eine subjective ansieht; ihr gegenüber
steht die andere subjective ansieht, das irapd touc vö^ouc sei mit
groszem vorbedacht von dem redner gesetzt *um so seine still-
schweigend vorausgesetzte prftmisse und den so erzielten fehlschlusz
mtAa SU verdecken', ja, wer Iflgt, sucht zu verhflUen, aber wo in
<lieser schnrfen, knappen deduction die verfafillung liege, kann ich
wenigstens nicht sehoi« wenn nun aber über die frage, ob am letzten
jdmtaga gericht gehalten werden dürfe oder nicht, ein rathmsenn
Ton Athen ftglich nicht im zweifei sein konnte, so beweist die
letztere ansieht in der that hohe begrifife von dem, was ein redner
-— gleichviel wer — dem rathe von Athen zu bieten wagte und was
der letztere sich bieten liesz. fragt es sich schlieszlich, welche auf-
&88ung die ungezwungenere sei — denn Schftfer meint, im falle der
sppeUaiionsinstanz hfttte der redner die berufnng ausdrücklich an-
kfindigen müssen ^- so darf ich wol für mich geltend machen, dasz
608 HRöhl : eine metrische altargiyische inBchrift.
alle neuem erklftrer des Ljsias, welche die stelle beeprofdien, die
doch der dokimasiefrage gegenüber in keinerlei weise yoreingenom-
men waren, sie im sinne der appellation yerstanden haben: so
Francken comment. Ljs. s. 188, Blass attische beredsamkeit I s. 470,
PBMüller 'des Lysias rede g^en Eoander* (Merseburg 1873) s. 16.
demgemSsz scheint mir die frage noch immer durch Lysias 26, 6
mit Wahrscheinlichkeit zu gunsten der appellationsia-
8 tanz entschieden, wer aber an der notwendigen zweiten instaax
festhftlt, wird sich dieselbe nicht mit Schftfer als die ^zweite und aus-
schlaggebende' Yorstellen dürfen, denn wenn diese werte bedeoten
sollen — und anders kann ich sie nicht auffassen — dasz ohne rflck-
sioht auf den aus&U des rathsurteils der entscheid der gerichte gel-
tung behielt, so sinkt dadurch die rathsYorhandlung zu einer gleich-
gültigen redeprobe herab, für welche mir, obwol ich nicht zq den
bewunderem athenischer zustände zfthle, der rath von Athen zu goi
erscheint, und die, wenn je eingeführt, bald fallen muste. yiehnelir
wird man annehmen müssen, dasz dann die billigung beider instamen
für den bewerber erforderlich war, wodurch fireilich im fall der Ver-
werfung durch den rath die Verhandlung vor dem geiicht in Weg-
fall kam.
Es bleibt die dokimasie der buleuten, als deren forum der rath
überliefert ist. wer fOr sämtliche erloste beamte appellation an dis
gericht statuiert, wird sich für die buleuten der gleichen conseqnenz
nicht entziehen können : denn das berufunc^sreoht schlieszt eine be-
sohränkung der rathsgewalt ein, yon der man nicht sieht, wanim
sie bei den buleuten ftJlen sollte, für den , der zwei notwendige io-
stanzen annimt, ist die frage eine offene, während sie Schäfer dordi
eine bestimmung über den rath der Erythraier (CIA. I 9) für den
rath als einziges forum (yielleicht mit appellation an die gerichte)
entschieden glaubt.
Breslau. Thbodor Thalhbdc.
83.
EINE METBISCHE ALTABGIVISCHE INSCHBIFr.
Für eine yieledierte und yielbesprochene inschrift, CIO. 17.
LeBas tf. VI 15, schlage ich folgende lesnng yor, indem idi nach
Foucart explic n. 108 ab sicher annehme, dasz der erste erhaltene
buchstab ein koppa ist, und den aus&ll einer zeile am an&ng yer
mute:
[Tu>b€ TU1TUI biuiv ävd]Kuiv dv^OfiK* £rX6o]vT€
AicxuXXo[c] Bioiroc, toIc boMOcioic €vä(£OXotc
TerpdKi Tc [c]ir6biov viicii Ka[l] rpk t6v öirXiTofv].
Aisch jUos weiht reiterreliefis der beiden gütter, durch deren failfe er
seine siege errungen hat.
Berliv. HxniUHM Böbl.
WDittenberger: anz. y. Aristoteles politik y. FSusemihL I. II. 609
84.
AKI8TOTKLE8 POLITIK. aRIBCHISCH UND DEUTSCH UND MIT 8A0H-
EBKLABENDEN ANKERKUNGEN HERAUSGEGEBEN VON FRANZ SU8E-
HIHL. ERSTER THBIL: TEXT UND ÜBERSETZUNG. ZWEITER THEIL:
INBALTSYERZEICHNIS UND ANMERKUNGEN. Leipzig, yerLig yon
W. fingelinaiiii. 1879. XXVII u. 801, LXXVI u. 888 s. 8.
Der 1872 erschienenen kritischen ausgäbe Snsemihls, welche
zueret ftir die teztgestaltung der Aristotelischen politik ein sicheres
urkundliches fondament geschaffen hat , schlieszt sich als ergftnzung
dJe Torliegende an, deren hauptwert in der Übersetzung und den er-
klärenden anmerkungen liegt, allerdings hat der hg. auch den tezt
Qod kritischen apparat keineswegs unverttndert aus der gröszem aus-
gäbe abdrucken lassen, sondern mit bekannter gewissenhaftigkeit
Alles in der Zwischenzeit ftlr die textkritik geleistete nachgetragen
and auch mehrfach eigne neue emendationen gegeben, im groszen
und ganzen aber konnte dieser teil naturgemäsz nichts anderes sein
ab ein auszug aus der kritischen ausgäbe, und da ich Aber diese mich
an einem andern orte (GOttinger gelehrte anzeigen 1874 s. 1349 ff.)
eiogehend ausgesprochen habe, so glaube ich hier nicht darauf zu-
rückkommen zu sollen.
Abgesehen von . der entfemung der lateinischen Übersetzung
des Wilhelm von Moerbeke ist der apparat auch sonst in einer dem
zwecke dieser ausgäbe entsprechenden weise gekürzt, namentlich
durch weglassung der Zusammenstellung von emendationen anderer,
soweit der hg. sie nicht in den text aufgenommen hat; indessen
iiitte er in Vereinfachung des apparates ohne schaden noch weiter
gehen können : warum wird zb. an den mehr als hundert stellen,
wo die hss. der zweiten familie die Schreibung TiTV€c6ai statt der
Ton S. überall aufgenommenen xivecOai haben, jedesmal eine be-
zügliche anmerkung unter den tezt gesetzt, statt diese orthogra-
phische Variante — falls ihre berücksichtigung hier überhaupt er-
forderlich erschien — irgendwo ein für allemal zu besprechen? auch
^Bst flUlt hin und wieder eine gewisse Weitschweifigkeit und um-
stladlichkeit in den kritischen noten auf, wie wenn der hg. zu einem
eügeklammerten passus bemerkt, er habe schon in der ersten aus-
gäbe einen verdacht gegen die editheit geäuszert, aber *noch nicht
gewagt' eckige parenthesen zu setzen, wenn wir gar zu YIII (Y)
^1 1305^ 19 ff. (und ähnlich an einigen andern stellen) erfahren,
die 'Susem. 2 nach einem von Susem. 1 geäuszerten verdacht die
^kigen parenthesen gesetzt habe', so macht diese zerteilung der
^^en person in zwei verschiedene Individuen einen seltsamen ein-
dniek. indes das alles sind doch nur ftuszerlichkeiten, die dem werte
dessen was uns hier geboten wird keinen eintrag thun.
Dem texte gegenüber steht die Übersetzung; sie verfolgt durch-
wtt den zweck, sowol die einzelnen gedanken als denzusammenhang
derselben vollkommen verständlich wiederzugeben, und setzt dem
iakrMckn' ^r elMt. pUlol. 1879 hfU 9. 89
610 WDittenberger: anz. y. Arietoteies politik v. FSusemihL L II.
jede andere rücksiebt nach, das ist gewis nicht zu tadeln, nar dürfte
man auch darin, namentlich in den vom hg. zur YerdeaÜichimg des
Zusammenhangs vorgenommenen (eingeklammerten) einschiebtuigenf
das masz des wirklich notwendigen hie und da überschritten finden.
dagegen ist es gewis ftuszerst selten, dasz aus der übersetzang nicht
mit vollkommener klarheit zu ersehen wäre, wie der hg. den Aristo-
teles verstanden hat. mir ist nur 1116, 1279*16 aufgefallen: Menn
dann werden sie sich auch wol nicht mehr um dieselben reiszen' (koI
TÖtp &v oÖTUic icwc dö(ujKOV rdc dpxdc). ist 'nicht mehr' biet
im sinne von oök^ti oder ou fiäXXov gemeint? in keiner von bei-
den bedeutungen ist es dem gedanken angemessen; aber im griechi-
schen steht auch nichts der art da, denn Icuic beiazt Vielleicht',
in der bekannten figürlichen Verwendung statt 'ganz unzweifelhaft'.
II 3, 1261^ 35 kann f[ vor 6cov dKdcTqj iirißdXXei nicht 'oder' be
deuten, sondern 'als'. II 7, 1267* 35 ist *schon für eine geringere
summe' keine zutreffende Übersetzung« denn dieses (nicht temponde)
'schon' kann griechisch so wenig durch ffint] wie lateinisch dnidi ta»
ausgedrückt werden, überdies zeigt auch die Wortstellung, dasz ffiX\
mit ^Xarrov toutou nichts zu thun hat, sondern 'sofort, auf der
stelle' heiszt. es ist ein doppelter vorteil, den das von Eubalos
proponierte geschäft dem Autophradates verheiszt: ererhfiltAUr-
neus billiger, und er erhält es sogleich, ohne die mühen und den
Zeitverlust einer belagerung.
An die Übersetzung schlieszt sich ein bestandteil der ausgäbe
an, dessen zweck und nutzen ich offen gestehe nicht einsehen lu
kOnnen. auch zur Übersetzung nemlich gibt S. Varianten in ansehn-
licher zahl, indem er entweder die ansichten anderer erklärerund
teztkritiker oder auch abweichende handschriftliche lesarten wieder-
gibt, ist nun aber schon im erstem fall die auseinandersetsung mit
abweichenden meinungen anderer von rechtsw^gen sache des com-
mentars, während der Übersetzer überall nur seine auffassung des
textes wiederzugeben hat, so ist vollends die berückaichtigang der
lesarten der verschiedenen hss.-£amilien in der Übersetzung g^^
verkehrt: denn diese hat es doch unter allen umständen mit einem
bereits fertig constituierten texte zu thun, welche menge von gin:
unnötigen Wiederholungen das verkennen dieses gnmdaatses tur
folge gehabt hat, lehrt schon eine flüchtige durchsieht dee buchen ;
f^le wie 1 11, 1258 b 31 «öXoTOMia] f| Xarofiia Thomas von Aqnin^
u. Susem. 1, mit unrecht»; anm. zur Übersetzung: 'andere lefart:
Steinbrüche, die ich früher mit unrecht für die richtige gehalten
habe'; oder gar m 6, 1278^ 13 (text: br)MOicpaTiicaic. kritische sn-
merkung: cbn^oxpaTknc Sylburg wol jedenfalls richtig.» anm. zur
Übersetzung : 'oder vielmehr nach S jlburg : in den demokratien'), sin i
durchaus nicht selten, ja sogar Varianten die auf den sinn gar keioen
einflusz haben werden in dieser weise behandelt, wie IV (TII) l->.
1333^ 18 «eifißpuiv] eißpuiv P' 17^ Ar. Bekk.» übersetxang: Thim
bron] 'nach der andern lesart Thibron'. hier ist mir das verfabreü
WDitienberger: anz. y. Aristoteles poliÜk y. FSiuemihL L II. 611
des hg. ganz unbegreiflich, es sei denn dasz er seine Übersetzung
auch von solchen gelesen wissen wollte, die kein griechisch ver-
stehen and für die also der gegenüber gedruckte text mit den yarian-
ten gar nicht vorhanden ist. sollte aber wirklich ein solcher auf den
ooglOcklichen gedanken kommen, Ar. politik zu lesen, so wird es
ihm fermutlich einerlei sein , ob der hier erwilhnte mann Thimbron
oder Thibron geheiszen hat. auch abgesehen von eigentlichen Varian-
ten sind hie und da überflüssige bemerkungen zur Übersetzung ge-
geben, wie zb. III 4, 1277* 38 die klage daisz sich b€CTroTiKf| apxil
'leider nicht wörtlich tibersetzen lasse*. '
Ganz anderer art, und ohne frage der verdienstlichste teil der
gtnzen arbeit, sind die durchlaufend numerierten anmerkungen,
welche wegen des gröszem umfange des ganzen hier nicht wie in
udem bänden der Engelmannschen samlung hinter dem texte
stehen, sondern einen besondem band bilden, was die benutzung
nur erleichtem kann, sie dienen der sachlichen erläuterung des
Aristotelischen Werkes; besonders inhalt- und umfangreich sind da-
bei diejenigen noten, welche es mit der erOrterung einzelner histo-
rischer, litterargeschichtlicher, antiquarischer puncto zu thun haben.
es ist bekannt wie viel veranlassung die politik zu erklArenden anmer-
iungen dieser art bietet, nicht nur durch die fülle sachlicher details
die sie enthält, sondern mehr noch durch die mehr ab lakonische
kfine, mit der diese dinge oft mehr angedeutet als besprochen
werden, von den früheren hgg. hat nach dieser Seite namentlich
JGScbneider grosse Verdienste, nttchstdem enthält die ausgäbe von
Eaton manches brauchbare, aber doch war noch recht viel zu thun.
Sosemihl hat hier namentlich durch eingehendste berücksichtigung
A^ier einschlagenden historisch-antiquarischen Specialforschungen der
neuem zeit die erklärung wesentlich gefördert (vgl. zb. anm. 1675
-78 zu der vielbesprochenen stelle VIII (V) 10, 1311^ 8 ff.), aber
»ach der andern hauptaufgabe der sachlichen interpretation, den ge-
danken des Ar. nachzugehen, ihre entstehung und ihren zusammen-
hing unier einander sowie mit den übrigen teilen seiner philosophie,
BifflentUeh der ethik, nachzuweisen, hat 3. grosse Sorgfalt zuge-
wendet, wenn er es dabei nicht versäumt auch auf inconsequenzen,
Widersprüche und sonstige fehler und unvoUkommenheiten hinzu-
weiien, so wird das kein verständiger tadeln, zumal es immer auf
gnmd besonnenster erwägung geschieht, nur an wenigen stellen
ithtmi ea mir als ob er dem philosophen unrecht thue, wie anm. 503,
wo der einwand gegen die bündigkeit der argnmentation nur auf der
ToniiBsetaang beruht, die freigelassenen seien eine classe der metO-
keo. das ist aber falsch, nach etymologie und gebrauch sind fi^TOtxoi
Aar diejenigen dauernd an einem orte wohnenden nichtbüi^^er , .die
n einer andern gemeinde bürger sind, was bei den frei-
^laasenen nicht zutrifft, richtig heiszt es daher 1277* 38 üjcirep
lirotKoa die corrupte stelle III 2, 1275 ^ 35 dagegen hat mit die-
cr frage nichts zu thun. ebenso scheint mir in anm. 282 'als wenn
89*
612 WDittenberger: anz. y. Aristoteles politik y. FSosemihL L II.
sich so etwas nur so einfach hfttte machen lassen' der begriff des Ari-
stotelischen besten Staates (iinc KpaTtcn] toic buvofi^voic Ifjy Sn
lüidXiCTa kqt' €UX11v) verkannt zu sein, abgesehen yon solchen ein-
zelheiten läszt sich gegen den commentar Susemihls höchstens der
Vorwurf erheben, dasz auch hier das masz des zur erklärung des Ar.
wirklich erforderlichen nicht überall streng genug eingehalten ist;
hauptsächlich trifft derselbe die auf die geschichte der gpriechisclieii
litteratur und musik bezüglichen ausführungen.
Auszer den anmerkungen dienen der einführung in das Ver-
ständnis des Werkes noch die sehr umfangreiche einleitung (bd. I
s. 1 — 75) und eine genau disponierte inhaltsangabe (bd. H s. VII
— LXXYI). letztere wird gewis manchem leser sehr willkommen
sein, allerdings würde ich jedem der zuerst an die lectüre der politik
geht rathen, sich die disposition des ganzen selbst herauszusucben;
aber leicht ist das für den, dem des Ar. weise noch fremd ist, keines-
wegs , und als nachträgliche controle des selbstgefundenen wird ein
solcher leser die Susemihlsche Inhaltsübersicht mit dem besten nutzen
gebrauchen können, endlich gibt die vorrede (bd. I 8. IX — XXVII^
auskunft über die handschriftliche Überlieferung sowie über die be-
nutzte litteratur.
Habe ich nun auch gegen manches in der anläge und einrichtong
der ausgäbe nicht unerhebliche bedenken geltend machen müssen, so
können die gerügten mängel doch dem werte des buches im ganzen
keinen wesentlichen eintirag thun , zumal sie hauptsächlich formeUer
natur sind und anderseits mit sehr anerkennenswerten Vorzügen im
Zusammenhang stehen: denn wenn der lig. oft zwischen verschiedenen
möglichkeiten schwankt und keine entscheidung zu geben wagt, so
ist diese ängstlichkeit doch nur eine Übertreibung jener gewissen-
haftigkeit , die sich sonst in so vorteilhafter weise geltend macht,
und wenn er mit unermüdlichem fleisze alles, was irgend für die er-
klärung von wert sein konnte , zusammenzutragen und zu verarbei-
ten sich bemüht hat, so wird man es ihm nicht allzu übel nehmen
dürfen , dasz er in seinem eifer öfter die grenzen dessen, was wirk-
lieh für die erläuterung der Aristotelischen Werkes erforderlich ist,
übersehen hat. im ganzen tritt die neue ausgäbe der ftltem kriti-
schen ebenbürtig zur seite und wird gewis von vielen lesem der
politik als ein wertvolles hilfsmittel zum Verständnis derselben dank-
bar benutzt werden.
An dies gesamturteil über die ausgäbe möge es mir gestattet
sein einige kleine berichtigungen zu einzelnen stellen anzufügen.
I 8, 1256 * 10 hätte mit Bekker der acc. xa^KÖv aufgenommen wer-
den sollen, da nichts gegen ihn und die überwiegende hsl. autoriUt
für ihn spricht. — VIII (V) 7, 1307*» 8 beruht die einfttgung dt<
— so gut wie gar nicht bezeugten — jif) nur auf dem irrtum, doiz
b\ä tr^VT6 druiv hier *fanf jähre lang* heisze, während es unverkenn-
bar nur 'mit einem Intervall yon fünf jähren' bedeutet, wie S. selbst
II 1^ 1275^ 25 btä Tivwv üjpicji^vuiv xpövujv richtig *nach abkul
WDittenberger: anz. v. Aristotelea politik t. FSusemihl. J. IL 613
einer bestimmten zeitfrist' übersetzt. — Za dem in anm. 1512 ge-
sagten hätten die ausfCLhrungen von Eirchhoff in den abh. der k.
akademie zu Berlin 1878 s. 6 ff. verglichen werden sollen, wodurch
sich manches in Susemihls bemerkungen anders gestaltet haben
würde. — Der in den anmerkungen 1700 und 1761 constatierte
Widerspruch zwischen den stellen Vni (V) 10, 1312 *> 11 und c. 12,
1315 ^ 38 ist ein rein eingebildeter, denn an letzterer stelle ist nichts
gesagt als dasz Thrasjbulos im elften monat (seiner herschaft) ver-
trieben wurde; ob diese herschaft im eignen namen oder vormund-
schaftlich geführt wurde, davon steht hier kein wort, und ersteres
aos dem umstände folgern zu wollen, dasz überhaupt Thrasybules
and nicht sein unmündiger neffe hier als dritter tyrann nach Qelon
ond Hieron erw&hnt wird, wäre ganz verkehrt, welchen alten schrift-
steiler hat zb. die unleugbare thatsache, dasz Antigonos Doson nur
als Vormund seines neffen Philippos regierte, abgehalten, denselben
in der reihe der kOnige von Makedonien mit aufzuzählen? ja selbst
wenn der Lakedaimonier Pausanias bei Ar. an zwei stellen ßactXcüc
genannt wird, darf man darin schwerlich mit S. anm. 1498 einen
lüstorischen irrtum, sondern nur eine sehr verzeihliche ungenauig-
keit des ansdrucks sehen. — Dasz S. YIII (V) 3, 1303 *> 8 Sylburgs
emendation XutiX» für Xurpip verschmäht, ist mir unbegreiflich,
denn die annähme zweier Ortschaften, Xirröv (Steph. Bjz. udw.) und
Xurpov oder Xurpiov , die beide im gebiet von Elazomenai , beide
der inselstadt gegenüber auf dem festlande gelegen hätten (s. anm.
1540) ist nicht nur an sich mehr als unwahrscheinlich, sondern wird
orknndlich durch die von S. übersehene Inschrift CIA. II 14^ (add.
9. 423) widerlegt, wo die namensform Xutöv mehrfach vorkommt,
wShrend der inhalt der Urkunde beweist, dasz die von Ar. erwähnte
localität gemeint ist. — Das zu YIII (Y) 6, 1306' 3 hingestellte
dilemma 'man sollte denken, dasz entweder an beiden stellen [hier
nnd 1303 ^ 3] mit Spengel iiroiKOUC oder mit Eorais dtroiKOUc zu
schreiben sei', wäre durch erwägung des bedeutungsunterschiedes
heider wOrter zu entscheiden gewesen: denn an beiden stellen ist
nor das erstere zulässig. — Wenn anm. 1427 von einem zeugnis der
inschriffcen die rede ist ^nach welchem auch später (dh. nach Klei-
sthenes) jedem, welcher mit dem bflrgerrecht beschenkt ward, eben
damit zugleich das recht zugesprochen wurde, sich in eine beliebige
phyle^ pbratrie und einen beliebigen demos einschreiben zu lassen',
<o zwingt CIA. n 115^ (tpdijiacdai bk aöröv bi\}xo\3 Ka[\ | q>u]XT)c
Kod9paTpfac fic fiv ßoöXT]T[a|i] iliv ol vöjjioi X^touciv, wodurch
der in andern Inschriften vorkommende zusatz Kard töv vöjliov klar
wird) zu einer einschränkung dieser behaupiung. — Anm. 85 ^das
^te ttahgeldy von den BOmem aes grave genannt.' aber dieser aus-
druck bedeutet bekanntlich vielmehr das nach dem ältesten (libralen)
fasz gemünzte kupfergeld. — YII (YI) 3, 1318^ 25 hat 8. nach
Stahrs Torgang den ganz klaren gedankengang durch einschiebung
eines oÖK Tor dbiKiicouciv zerstört, wenn der satz ^x^i b* d)yiq>ÖT€pa
«
614 WDittenberger: anz. v. AriBtoteles politik y. FSaeemihl. I. IL
ävicöniTa Kai dbiKiäv begrOndet wird durch ei yky t^P Sti &v oi
öXiTOi, Tupavvic . . el ö* ön fiv oi nXeiouc kqt* dpi6^6v, dbiKf}-
c ouci bnibicüovTCC TQ T(£iv TiXouciuiV KOI dXaTTÖvuJv, Bo Ist die rttck-
beziehong dieses äbiKrjcouci auf dbucia sonnenklar. Stahrs und Sase-
mihls yerkennung' des gedankens erklärt sich wol nur daraus , dasz
sie verstanden haben *so wird die majoriiät, wenn sie die gflter der
wolhabenden minderheit confisoiert, sich im unrecht befinden', was
allerdings nicht in den Zusammenhang passt. yielmehr heisztes: 'so
wird die mehrheit das unrecht begehen, die guter der minderheit zu
confiscieren', und damit ist das ix^^ dbiKiav für diesen fall bewiesen,
wie für den entgegengesetzten durch das blosze wort Tupawic, das
den begriff einer ungerechten herschaft für Ar. selbstyerst&ndlich
in sich schlieszt. — Die werte ÖTiMCTaOcM^vujvTe tujv xpu)|A^u)v
oöbcvöc dSiov oub^ xP^ciMov irpöc oöbev tüjv dvaTxaiuiv IcA (tö
vöjiiCjLia) I 3, 1257*' 12 yersteht S. wol nicht ganz richtig yon einer
blossen münzverttnderung, dh. der demonetisierung einer bis dahin
gültigen mUnzsorte. denn dadurch würde ja das alte geld, soweit
es keinen den metallwert wesentlich übersteigenden legalcurs gehabt
hat, keineswegs wertlos (oiibevöc fiSiov) werden, yielmehr denkt
Ar. offenbar an die ganz hypothetische müglichkeit, dasz die men-
schen einmal Überhaupt yon der sitte geprägtes edehnetall als all-
gemeines tauschmittel zu gebrauchen al^gehen "xmd etwas anderes
statt dessen einführen könnten.* — YII (VI) 7, 1320^ 34 behält
S. zwar Td jjifev cd cubjiiaTa biaKcijüieva im text, nennt al)er die in
einer wertlosen handschrift yorgenommene umstellang Td fi^v eu
biQKeijieva cuijuaTa 'yielleicht richtig', und führt zu gunsten der
Überlieferung nur die ganz unbestimmte und nicht yiel beweisende
erwägung an, dasz 'auffallende Wortstellungen bei Ar. häufig 8eien^
es liegt aber hier keineswegs eine specifisch Aristotelieche naih-
lässigkeit yor, sondern ein allen griechischen prosaikem gemein-
samer und gerade bei den besten Attikem ziemlich häufiger Sprach-
gebrauch, da auch ein so trefflicher kenner des Ar. wie HBassovv
an unserer stelle eine änderung für notwendig gehalten hat, so wm
* auf jeden fall aber hat 8. recht gethan, das ^craOc^^vuiv nicht
von einer materiellen yeränderang der geldstücke selbst su yersieber.
wie Oncken (die Staatslehre des Aristoteles II s. 99), der an ein oo-
kenntlichmachen des prägestompels denkt, denn damit wird der g&oicL
argamentation der boden entzogen: h^i andern gegenständen, neict
Aristoteles, ab. den nahmngsmitteln , beruht die brancbbarkeit &•'•
ihrer eignen oatur und beschaffenheit, bei dem gelde dagegen nor ftc
einer willkfirlichen menschlichen satsang, dieses kann also, obni
dasz seine beschaffenheit yerSndert wird, dnrch einen bioM^*''
menschlichen willensact seinen wert yerlieren, jene nicht, da^e^re'
dnrch eine yerändemng der materiellen beschaffenheit kdnnte man u
genau ebenso gut auch nahrungsmittel ungeniessbar, aUo nnbrancbbar
machen, übrigens drückt sich Oncken sehr yoraichtig ans : 'es f tt : t
bei uns, säet Aristoteles, das geld zu entwerten, und denkt dabei wahr-
scheinlich an auslöschen des stempeis oder sonst etwas.* wtlr
scheinlieh!
KHartfelder: der äfrfbc Xötoc. 615
ich einige aufs geraihewol herausgegriffene beispiele fUr jene zwar
anomale aber nichts weniger als seltene Wortstellung anführen : Dem.
18, 144 Kai fttp €1) iip&i}ia cuvreOev dipccOe. I^jrsias 13, 61 Tf)c
Tore iToXiTciac KaOicrafi^viic. Dem. 20, 62 Tf)c Iv iKdcTtp vuv irepi
avToO b6ir]C uirapxouciic. 20, 68 tö Xaßpta i|irjq>ic)yia i|iTiq>ic9^v.
Isokr. 4, 179 Tf|v ircpl fmäc änjüiiav TCT^vim^vnv. Ar. pol. IV (VII)
3, 1325^ 24 Tac xaO' aördc tröXeic löpufi^vac. ob das wort, wel-
ches grammatisch zum participium gehOrt, aber durch dazwischen-
treten des substantiTS dem sich das part. anschlieszt von diesem ge-
trennt wird, ein adyerbium oder der casus eines nomen mit oder
ohne Präposition ist, das macht, wie ein blick auf die beispiele zeigt,
für die sulSssigkeit dieser Wortstellung keinen unterschied.
Zum schlusz bemerke ich , dasz die ausstattung des buches gut
iii, der druck correct, wenigstens was einleitung, flbersetzung und
snmerkungen betrifft, wogegen in dem griechischen text eine erheb-
liche zahl von druckfehlem auffkUt.
Hallb. Wilhelm DiTTSNBBRaER.
85.
DER AProc Aoroc.
Zu den zahlreichen Sophismen oder fangschlttssen , welche die
alte Philosophie hervorgebracht hat, gehört auch der dpTÖc XÖTOC
oder die iffnava ratio^ wie Gcero übersetzt (de fato § 28). derselbe hat
folgende form: 'wenn es für dich vom Schicksal bestimmt ist, dasz
da von dieser krankhelt genesest, so wirst du genesen, du magst
einen arzt gebrauchen oder nicht ; wenn es dir vom Schicksal bestimmt
ist, dasz du von dieser krankheit nicht genesest, so wirst du nicht
genesen, du magst einen arzt gebrauchen oder nicht, eins von beidem
iat schicksalsschluszy und es hat daher keinen sinn einen arzt zu ge-
brauchen.' die consequenz dieses Schlusses ist vollstAndige gleich-
gflltigkeit oder Verzichtleistung auf jegliche thtttigkeit. Prantl (gesch.
der logik 1 489) behandelt den dpföc XÖTOC als einen von den stoikem,
speciell von Chrysippos aufgestellten, er teilt damit die ansieht von
Petrus Bamus, der gemeint hat, der ipföc Xöyoc bestätige die stoische
lehre vom fatum. schon Zeller aber philos. der Or. III^ 1 s. 104 und
154 anm. 2 hat darauf aufmerksam gemacht, dasz dieser schlusz den
btoischen fatalismus ad absurdum führen wolle, also nicht von Chry-
sippos oder einem stoiker herrühren könne, dasz nun diese Vermutung
ZeUers in der that richtig ist, ersehen wir aus Cicero de fato § 30
haec ratio a ChryHppo reprehendUur. nach dem Zusammenhang aber
ist haec ratio eben der sog. dpTÖc Xötoc.
Freibüro im Bbbisgau. Karl Hartfeldbb.
616 LSchwabe: anz. v. Eonrad Lange composition der Aegineten.
86.
DIE COMFOSITION DER AEOIMETEN. TON KONRAD LANGE, (separat-
abdruck aus den Sitzungsberichten der k. sächs. ges. d. wiss. phil.-
bist, classe 1878 IL) Leipzig bei S. UirzeL 1879. 94 s. gr. 8 mit
drei tafeln.
Die arcbäologie glaubte seit längerer zeit sich der angenehmen
Überzeugung hingeben zu dürfen, dasz die frage nach der composition
der aeginetischen giebelgruppen ganz aufs reine gebracht sei. erst
EFriederichs' bemerkungen in seinen 'bausteinen zur geschichte der
griech. plastik' (1868) über die Umstellung der knienden lanxen-
kämpfer und der bogenschützen zeigten dasz wenigstens in der her-
kömlichen anordnung nicht alles unzweifelhaft sei; fast gleichzeitig
gaben die besonders für die stilistische beurteilung wichtigen ar-
beiten HBrunns 'über das alter der aeginetischen bildwerke' (1867)
und die besprechung derselben in dessen 'beschreibung der glypto-
thek' (1868) manche neue anregung, zb. bezüglich der Umstellung
des Herakles und seines gegenstücks, des troischen schützen des ost-
giebels , von dem (für den beschauer) linken flügel auf den rechten,
aber auch diese arbeiten giengen davon aus dasz über die zahl der
in den giebeln anzunehmenden statuen kein zweifei sein könne, ob-
wol schon die finder vermutet hatten , es habe einst in den giebeln
eine gröszere anzahl von statuen gestanden als die elf jetzt zu Mün-
chen in ein giebelfeld zusammengestellten, aber das wurde nicht
weiter beachtet.
Erst ein russischer archäologe HadrianPrachow' zog diese
auszerordentlich wichtige frage wieder in den kreis der wissenschaft-
lichen besprechung durch eine abhandlung ^über die composition
der giebelgruppen des Athenetempels zu Aegina' (16 s. 8), welche,
von vier tafeln abbildungen begleitet, ende 1870 in den Sapiski der
Petersburger akad. d. wiss. bd. XVIII s. 57 erschien, aber natürlich den
gelehrten Westeuropas, weil russisch geschrieben, unzugftnglich blieb.
sehr erwünscht war es daher dasz Prachow selbst eine erweiterte
bearbeitung jener abhandlung in den Annali dell* Inst. arch. 45 (1873)
s. 140 ff. gab mit gleichfalls vermehrten bildlichen zugaben (Ann.
1873 tav. d' agg. OPQ und Mon. ined. IX 57).
Prachow beschäftigte sich besonders eingehend mit den zahl-
reichen in München aufbewahrten fragmenten, welche, mit den von
Wagner und Thorwaldsen restaurierten bildwerken gleichzeitig und
am gleichen orte gefunden, grtfstenteils, wie allgemein anerkannt iit,
auch von den giebeln des Athenetempels stammen, aber bei der
1 von demselben vf. erschien im Journal des k. mss. minist ^^'
volksaafklSmng 1867 eine abhandlang über eine Achillesbfiste der
k. ermitage zn Petersburg, sodann 'monnmenta antiquissima XaatbiscA
(des britischen masenms) delineavit Hadr. Prachov'. 7 tafeln fol. («acb
mit russ. titel). Petersburg 1871. dazu als text: 'untersuchnngea lor
geschichte der griech. kunst' (russisch). Petersburg 1871. 8.
LSchwAbe : anz. ▼. Konrad Lange composition der Aegineten. 617
restanrsiion der bildwerke keine Verwendung fanden, es ist in der
that merkwürdig, wie wenig man sich bis dahin darüber gedanken
und sorgen gemacht hatte, aufweiche weise jene fragmente, bzw.
die statnen deren teile sie sind, in den giebeln unterzubringen wftren.
diese soiglosigkeit hätte nur dann einige berechtigung gehabt, wenn
die Voraussetzung zulftssig gewesen , dasz diese fragmente sämtlich
von den im ostgiebel nach der gewöhnlichen annähme fehlenden
sedis figuren oder von der einen aus dem westgiebel verlorenen (dem
zugreifenden rechts) stammten oder zu den von Thorwaldsen er-
gänzten statuen gehört hätten und nur etwa bei der restauration
nicht benutzt worden seien, weil dies aus technischen gründen nicht
ingieng oder weil sie von dem ergänzer in ihrer Zugehörigkeit nicht
wftren erkannt worden, aber wenn auch bei nicht wenigen frag-
menten die eine oder die andere dieser Voraussetzungen wirklich zu-
trift, so bleibt doch ein beträchtlicher rest der sich jenen Voraus-
setzungen nicht fügt und mit welchem sich abzufinden ftlr die Wissen-
schaft eine gebieterische forderung ist.
Das ergebnis der Prachowschen Untersuchung war überraschend,
man liesz früher bekanntlich die statuen der beiden giebelfelder sich
Ton links nach rechts so folgen: gefallener, bogenschütz,
kniender lanzenkämpfer', Vorkämpfer, gefallener (vor
Athene), Athene, zugreifender, Vorkämpfer, kniender
lanzenkämpfer, bogenschütz, gefallener, nun fügte Pra-
diow mittels scharfsinniger benut-zung und ausdeutung mehrerer
fragmente noch einen zweiten zugreifenden in jedem giebel
hinzu.
Den von Prachow mit entschiedenem erfolg eingeschlagenen
weg verfolgt weiter die oben genannte erstlingssohrift eines deut-
schen archftologen', welche eine genaue besprechung aller zu den
Aegineten gehörenden fragmente gibt, begleitet von abbildungen
•Her für die giebelgruppen irgendwie in betracht kommenden bruch-
stücke, und, so weit es angeht, jedem einzelnen fragment durch
sorgfiütigste erwägung der verschiedenen möglichkeiten seinen ein-
stigen platz anzuweisen versucht, endlich auf grundlage der ge-
wonnenen ergebnisse eine restauration des westlichen giebelfeldes
in vorder- and oberansicht bietet.
Man ersieht leicht aus dem angeführten, wie wichtig schon
dnrch den bearbeiteten gegenständ die angefahrte schrift ist. gerade
die aeginetiachen giebelgruppen haben nach der in München ge^
gfbenen restauration seit, mehr als einem halben Jahrhundert auf
die jetzt geltenden anschauungen über giebelgruppen überhaupt
ganz besonders maszgebend eingewirkt, hat die schrift Langes recht
niit ihrer starken modification des bisher geglaubten, so gerathen
* so ordne ich der kOrse wegen gleich nach Fried erichs. ' von
demselben ist vor iLorzem noch erschienen: 'das motiv des anfgestQtsten
fuMs in der antiken knnst nnd dessen statuarische verwendong durch
Lytippos' (Leipzig 1879. 64 s. 8 mit einer Ufel).
618 LSchwabe: anz. v. Eonrad Lange compoaition der Aegineten.
auch jene theoretischen ansichten, denen man bisher gehuldigt, un-
fehlbar ins wanken und müssen andern platz machen.
Eine nachprttfung der ergebnisse L.s läszt sich natürlich nur Tor
den originalen in München anstellen, und es ist sehr za wünschen
dasz eine solche von einem kundigen dort bald unternommen und
veröffentlicht werde, in diesem falle, wo alles auf die richtige den-
tung einzelner kleiner bruchstücke ankommt, wo alles von genauester
messung, Ton der art des bruches, von der weise der Verwitterung
und andern dingen abhftngt die sich nur vor den originalen und
durchaus nicht nach Zeichnungen entscheiden lassen, musz ich selbst
mich mit einem kurzen referat begnügen, doch darf ich nicht Ter-
schweigen, dasz die durch klare darstellung gut unterstützte beweis-
führung des vf . , welche unter gewissenhafter benutzung aller in
frage kommenden gesichtspuncte und hilfsmittel (zb. auch der jetit
in Berlin befindlichen Zeichnungen des mitentdeckers der aegineti-
sehen bildwerke, Carl von Hallers) schrittweise alle hindernisse sorg-
fältig aus dem wege räumt, mir das gröste vertrauen zu seinen
hauptergebnissen einflöszt.
Von den 77 figürlichen marmorfragmenten, die überhaupt bier
in frage kommen können , sind (auszor sechs resten von akroterien-
figuren des Athenetempels s. 89) zunächst auszuscheiden neun, die
nach den maszen und dem stil mit den giebelgruppen nichts zu tbun
haben (s. 91). der rest gehört zu den giebelgruppen. doch ist es
natürlich nicht möglich ausnahmslos alle einzelnen fragmente gen^u
zu bestimmen, siebenundzwanzig sind mehr oder weniger unbe-
stimmbar (s. 83) , doch so dasz kein hindemis besteht dieselben in
den giebelgruppen, wie sie der vf. herstellt, unterzubringen.
So bleiben fünfunddreiszig fragmente, deren ursprünglicbe
stelle in den giebeln L. meint nachweisen zu können, um sich freie
bahn zu schaffen, bespricht der vf. zuerst (s. 21) die einundxwamig
fragmente, welche zu den zweimal elf statuen gehört haben müssen
mit denen man vor Prachow die giebelfelder gefüllt ansah, endlich
gewinnt er aus der betrachtung der vierzehn noch übrigen bruch-
stücke die beweise für eine Vermehrung der giebelstatuen (fi.3^).
Um zu erkennen, welchen von beiden giebeln die verachiedenen
bruchstücke angehören , benutzt der vf. besonders deren musie, d;e,
wie man längst bemerkt hat, bei den figuren des oatgiebds etwa.^
gröszer sind als bei den figuren des westgiebels; zb. ist die durch-
schnittliche dicke der oberarme an den stärksten stellen im ostgiebel
30,17 cm, im westgiebel 26,46 cm; der Unterarme og. 27,87, wg.
24,61; des Oberschenkels og. 37, wg. 34,57; des handgelenkes cj.
18,47, wg. 16,87 usw.
Gegenüber der ^corrosion' oder Verwitterung, welche man ver-
wertet hat um zu bestimmen, ob die einzelnen statuen auf den
rechten oder linken fiügel eines giebels gehören, verhält sich der vt.
sehr ablehnend, er behauptet, jene Verwitterung sei zum aUergT6&u:n
teile erst, nachdem die statuen aus dem giebel herabgestürzt gt*
LSchwAbe: anz. v. Konrad Lange coniposition der Aegineten. 619
Wesen, durch die einflttsse des erdbodens und dessen feuchtigkeit be-
wirkt worden, xar sttttze seiner annähme zieht der vf. auch mine-
nlogische beweisnuttel herbei, die aber nicht viel besagen, mir will
der negative standpunct des vf. , so gern ich auch das trefiiande ein-
lelner seiner einwendungen anerkenne , nicht genugsam begründet
erscheinen: hier thnt eine neue prttfnng des Sachverhalts, die ein
grosseres material herbeizuziehen hfttte, entschieden not. diese hätte
xb. darauf zu achten, wie sich denn die corrosion bei den von noch
erhaltenem mmpfe abgebrochenen gliedern verhält, der vf. gelangt
hier und da zu recht künstlichen annahmen, so vermutet er, um die
tlte aufstellung des auf seiner 1. seite verwitterten Herakles auf dem
(fOr den beschauer) linken flügel zu retten ^ derselbe habe sich beim
herunterfallen überschlagen und sei so auf seine 1. seite zu liegen
gekommen, und ist dann auch genötigt denselben salto mortale dem
gegenstfick des Herakles, dem troischen schützen des ostgiebels, zu-
mmuten, der auf seiner r. seite corrodiert ist. und dasz die vom vf.
zugegebene regelmäszigkeit der Verwitterung an der auszenseite der
flbrigen statuen des ostgiebels sich daher erkläre, dasz dieselben
dorth einen sanften erdstosz aus dem giebel herausgeworfen und
slle gerade mit ihrer auszenseite auf die erde zu liegen gekommen
seien und nun erst an den berührungsflächen jener verwitterungs-
process in höherem grade begonnen habe — das zu glauben wird
▼ielen recht schwer fallen, übrigens kommen für die h aupt ergeh-
nissedes vf. seine anschauungen über die corrosion kaum in betracht ,
Durch seine Untersuchung der fragmente gelangt nun der vf.
ni dem ergebnis, dasz nicht nur elf statuen — wie man früher an-
nahm — sondern dasz vielmehr vierzehn statuen jedem giebel
za geben seien« er fügt nenüich auszer dem von Prachow nachge-
wiesenen zweiten zugreifenden jedem flügel der beiden giebel noch
einen zweiten stehenden lanzenkämpfer hinzu, der beweis dafür
sdieint mir vollkommen erbracht zu sein.
Während man früher an der leere und dürftigkeit des giebels
tuid giebelschmucks anstosz nehmen konnte, musz man sich jetzt
mit einem embarras de richesse abfinden j worüber gar mancher den
köpf schütteln wird, reliefartig die jetzt gewonnenen 14 statuen so
nebeneinander zu stellen , dasz fast alle in 6iner flucht stehen und
die einzelnen sich kaum überschneiden und decken, das ist jetzt nicht
mehr mOglich. die statuen müssen vielmehr durchweg gleichsam
xwei glieder tief angeordnet werden, um die prüfung seiner an-
sichten dem leser zu erleichtem, hat der vf., welcher sich ebenso
* der vf. benutzt dafür namentlich anch die stellang der Athene,
wenn er aber e. 24 sagt 'im weetgiebel gibt nnr die etellnng der
Athene das recht die parteien so tn verteilen, wie sie Cockereli und
«lU seine nacbfolger verteilt haben\ so ist das, in dieser schärfe ge-
tagt, doch nicht richtig, vielmehr weil, wie ans den angaben Cookerells
sad Wagners sn scbliessen ist, der Paris unter dem r. fliigel des west-
siebels gefunden ist und folglich in diesem nrsprfinglich gestanden hat,
itahalb ist zunächst die r. seite für die der Troer tn halten.
620 LScbwabe: anz. y. Eonrad Lange composition der Aegineten«
hier wie in der wiedergäbe der einzelnen fragmente auch als tüch-
tigen Zeichner bewährt, eine restauration des westgiebels sowolin
der Vorderansicht als auch in einer besonders lehrreichen oberansicbt
gegeben.
Nach dieser auf sorgföltiger beachtnng der räamlichen be-
dingungen , der höhe , tiefe , schräge des giebels , and auf nenen
messnngen der statuen usw. beruhenden Wiederherstellung sind in
der vordem reihe angeordnet die beiden gefallenen in den giebel-
ecken und derjenige in der giebelmitte, sodann das erste paar der
stehenden und die beiden knienden lanzenkämpfer, wogegen Athene,
die beiden zugreifenden, das zweite paar der stehenden lauen-
kämpfer, und die beiden bogenschfitzen in die hintere reihe hart an
die giebelwand treten, wenn man dem vf«, wie man musz, die prft-
missen zugibt, dasz drei weitere gestalten in jedem giebel untenu-
bringen sind, so wird man kaum etwas gegen seine wolerwogene
hersteUung des giebels einwenden können , welche er auch im ein-
zelnen aus ästhetischen und kunstgeschichtlichen gesichtsponcten
rechtfertigt.
Die Schrift beschlieszt eine besprechung des Verhältnisses beider
giebel zu einander, worin der vf. zu dem ergebnis gelangt, dasz die
beiden giebel zu verschiedener zeit selbständig von verschiedenen
aeginetischen künstlem , und zwar der ostgiebel beträchtlich spiter
mit der absieht die grnppe des westgiebels zu überbieten, von seinem
meister gearbeitet sei. so energisch auch von dem vf. die begrfln-
düng seiner ansieht durchgeführt ist, so gestehe ich doch dass mich
dieselbe nicht überzeugt hat. der vf. betont vorzugsweise die diffe-
renzen beider giebel und veranschlagt nicht genug die ganz aoszer-
ordentlichen, durch die eignen auseinandersetzungen des vf. ja noch
erheblich gesteigerten ähnlichkeiten derselben, der vf. hält sich in
dieser darlegung nicht frei von einzelnen gewaltthätigkeiten in der
etwas ungestümen beweisführung. wenn zb. L. s. 77 glaubt von
einem meister, dem die ganze ausschmückung der composition, dh.
den Skizzen nach, zuge&llen sei, verlangen zu können, dasz er 6ine
und dieselbe göttin in 6iner und derselben handlung nicht an der
^inen seite des tempels so , an der andern anders darstelle (es han-
delt sich übrigens um eine ziemlich geringfügige Variante), so meine
ich dasz mit solchen gründen nichts bewiesen werden könne, viel-
mehr hier der satz gelte *qui nimium probat nil probat'.
Indessen ob man zu diesen letzten ausfOhrungen des vf. sich
zustimmend oder ablehnend verhält, die hanptresultateder vorliegen-
den schrifb werden dadurch nicht berührt, welche das entschiedene
verdienst hat , das Verständnis eines der wichtigsten werke griechi-
scher kunst durch eine umfassende und gründliche ontersuchong
wesentlich gefördert zu haben, jede künftige behandlung die-
ses wissenschaftlichen problems wird sich vor allem mit Langes auf-
stellnngen auseinandersetzen müssen.
Tübingen. Ludwig Schwabe.
FRühl: der schätz des Ptolemaios II Philadolphos. 621
87.
DER SCHATZ DES PTOLEMAIOS II PHILADELPHOS.
üeber beer und finanzen des zweiten Ptolemaios besitzen wir
bekanntlich zwei genaue statistische angaben, die eine bei Hieronj-
mna in Dan. 11, 5 s. 1122 (Bened.) lautet: narrant ernm historiae
koMsse eum (sc Ptdamaeum Phäaddphum) pedUum ducenta mtUa,
equUum vigifUi müia^ curruum vero duo müia, d^phantos quos primua
eduxU ex Äethiqpia quadringentos. navea longas^ quas nunc libumas
vocani^ miUe quingentaSy alias ad cibaria müUum deportanda mük:
tturi quoque et argenti grande pandus^ Uautde Äegypto per singulas
onnos quattuardecim müia ä octingenta taienta argenii acoeperü: et
frumenii artahas {quae mensu/ra tres nu>dio8 et tertiam modiipartem
habet) quinquies et decies ceniena müia. die andere gibt Appian
prooem. c. 10; dort heiszt es: xal Toic iyioxc ßaciXcOci fiövoic f\v
CTpand T€ ncEuuv iiupidbec elxoci xal ^upidbec iirir^uiv T^ccapcc,
Kai cX^qHXVTCc TroXejyiiCTal Tpiaxöciot, koi äpjüiaTa ic M^xctc bicxiXia,
Kai dirXa de biaboxf|v Mupidci TpiäxovTa. xal xäbe }xkv aÖToTc f)v
k ireZopaxiav, de bk vaufiaxiac xovrujTä, xai öca cpixpörepa
diAAa, bicxiXia, Tpii]p€ic bi dirö f)|yiioXiac fidxpi TtevTi^pouc irevTa-
KÖaai xai xi^^<^^ ^^^ cxeun TpiripcTixä biirXÖTcpaTOurujv, 0aXa-
Mnrd T€ xP^c<^pUMVOi xal xpucdpßoXa de noXdiiou Tro|JiTnfjv, olc
auTol biaTrXdovrec dtrdßaivov ol ßaciXcTc, öxTaxöcia, xpHM^tuiv
h* dv TOic Oiicaupoic rdccapec xal dßbojyirJKOVTa iiuptdbec xaXdv-
Tuiv AlTumiuiv. de tdp bi\ tocoOto napacxeufic tc xal cTpariäc
^K Tuiv ßaciXiKuuv dvaTpaq>ijuv q>aiv€Tai 'apoafar(\i)y t€ xal xara-
hnüjv ö b€UT6poc Aitvirrou ßaciXcuc fX€T' 'AXdSavbpov.
Die angaben über beer und flotte weichen bei beiden schrift-
steUern etwas von einander ab, aber die unterschiede erklären sich
leicht, wenn man annimt dasz die beiden zahlen sich auf verschie-
dene jähre der regierung des Ptolemaios beziehen, und zwar ist,
▼ie wir aus den worten des Appian (npcataTi^iv T€ xal xaraXiiruiv)
mit Sicherheit schlieszen dürfen, das Verzeichnis bei Hieronjmus das
ilterA' an der richtigkeit der zahlen zu zweifeln liegt kein grund
vor; im gegenteil, sie stimmen mit dem, was wir aus den uns sonst
bekannten tbatsachen schlieszen dürfen, wol überein.
Auch was Hieronjmus über die einnahmen des kOnigs sagt,
vird mi{ der Wahrheit übereinstimmen, solche Ziffern sind nicht
coostani^ und unter Ptolemaios Philadolphos haben die alexandrini-
schen könrige die höchste stufe ihrer finanziellen macht erreicht; aber
die daten aus andern zeiten, die wir kennen, zeigen nur solche ab-
weichnngen, die leicht zu erklären sind. Diodor XVIII 14, 5 gibt
(iem ersten Ptolemaios zwar nur 8000 talente einkOnfbe^ aber das
war zu einer zeit, wo das finanzielle System der Ptolemaier noch nicht
' Tgl. aach OaUchmid zu Sbarpes geschieht« von Aegypten I s. 218.
622 FRühl : der schätz des PtolexnaioB II Pbiladelpliog.
vollstSndig ausgebildet gewesen sein kann; Cicero in der verlorenen
rede pro rege Älexandrino (bei Strabon XVII s. 798 Gas.) gibt die
einkttnfte des Ptolemaios Auletes auf 12500 talente an; es ist das
eine epoche des Verfalls, und für eine solche erscheint die snmme sehr
hoch, sie ist auch wahrscheinlich übertrieben: denn Diodor XVII
52, 6 gibt für seine zeit nach den angaben der tac dvatpo<püC
f X0VT6C den betrag twv TTpocöbujv tüüv kqt * AlT^^rrov auf rikm
Tüüv d£aKicxiXiujv TaXdvTUiv an. ' der ausdruck kot* Alivirrov dürfte
nebenbei lehren, dasz BOckh recht hatte, wenn er (staatshaiuh. der
Ath. I^ s. 14) auch bei Hieronjmus aus den Worten de Aegtfpto
schlosz, dasz die einkttnfte der nebenländer nicht mit gerechnet
seien, selbstverständlich sind bei allen zuletzt erwähnten angaben
die naturaleinkttnfte, welche Hieronjmus gesondert auffuhrt, nicht
berücksichtigt.
Alles das ist einfach und unbestritten ; zu grossen Schwierig-
keiten hat dagegen die nachricht des Appian Veranlassung gegeben,
die den schätz des Ptolemaios Philadelphos auf 740000 talente an-
gibt, da Drojsen auch in der zweiten aufläge der geschickte des
Hellenismus (UI 1 ^ s. 52 f.) hier silbertalente verstehen will und
die notiz trotzdem für richtig hält, so ist es wol nicht unangemeBsen,
die frage nochmals zu untersucheUi zumal da es Drojaen wenigstens
vereinzelt' an Zustimmung nicht gefehlt hat. wir setzen zunächst
die Worte Drojsens hierher, da sie den stand der frage am besten
darlegen, er sagt: 'man hat die angäbe des Appian trotz der ange-
führten quelle in zweifei gezogen. Letronne (recompense s. 20) hih
jene 740000 talente für kupfertalente ~ 12333 talente silber, nach
seiner berechnung etwa 62 miU. franken; er fügt hinsu, das sei das
doppelte einer jährlichen einnähme, die nach JDiod. XYII 52, frei-
lich aber zu der zeit als er Aegypten besuchte, 6000 talente war.
Letronne übergeht es zu sagen , dasz in des zweiten Ptolemaioa zeit
die jahreseinniJime unendlich viel gröszer^ gewesen sein mnsz, wie
denn die jährlich 14800 talente des h. Hieronymus ganz wahrschein-
lich und gewis richtig sind, nach Letronnes annähme wäre der
schätz unansehnlich gewesen, des ruhmes nicht wert, mit dem er ge-
nannt wird, die ausstellung der goldenen und silbernen geräthe bei
dem gleich zu erwähnenden fest hätte ihn von seiner annähme ab-
halten müssen: denn die gehörten natürlich mit zum schätz, auch
hat weder Böckh (staatshaush. I' s. 14) noch William Jacob in sei-
nem *historical inquirj on precious metals' I s. 23 an Appians an-
gäbe zweifeln zu dürfen gelaubt.^ nach Böckh (metrol. ontersuchnn-
' die talente bei Diodor scheinen übrigens attische und nicht
ägyptische sn sein. ' zb. in Panlys realencyclopftdie VI 1 s. 2SS.
^ das ist eine bjperbel; 14800 sind noch ntoht da« 2 y, fach« Toa
6000. ^ das hat ja aber Letronne auch nicht gethan, der bloss uotrr-
suchte, was für talente Appian gemeint habe, eher könnte man t. n
Böckh sagen, er habe die richtigkeit von Appians angäbe besirittcr
dieser teil von Droysene argnmentation ist eine einfsche verdrcboc^
des Bachverhalts.
FBfihl : der schats des PtolemaioB II FhiladelphoB. 623
gen 8. 148) wird sich das alexandrinische silbertalent za dem Solo-
nischen wie 5 : 6 verhalten; danach wäre der schätz etwa 900 miU.
prenn. thaler*, die Jahreseinnahme, wie sie Hieron jmns angibt, über
19 mill., ein unbeschreibliches und, wenn richtig, höchst lehrreiches
misTerhältnis , dem B(tokhs annähme , dasz in den von Appian an-
gsfflhrten ävaTpaq>aic die gesamteinnahme in den 28 [lies 38] regio-
nmg^'ahren des Philadelphos summiert sei, doch wol nicht gerecht
irird.*
Nicht aUes in diesen ansführungen ist ohne weiteres zu ver-
stehen« einmal hat Letronne ebenso wenig wie Bdokh und Jacob
uAppians angäbe gezweifelt; dann aber — was heiszt das, Böckhs
umidime wei-de dem unbeschreiblichen misverhftltnis zwischen der
sahl f&r den schätz bei Appian und der für die Jahreseinnahme bei
Hieronjmua nicht gerecht? BOckh will ja eben das misverhftltnis
durch seine erklftrung beseitigen, was soll femer die bemerkung,
dieses unbeschreibliche misverhftltnis sei, wenn richtig, höchst lehr-
mieh? worauf bezieht sich dies 'wenn richtig'? Droysen hftlt ja
doeh beide angaben fOr richtig und glaubt, dasz beidemal von silber-
Islenten die rede sei. es kann sich also der zweifei nur auf Böokhs
uisetcong des alezandrinischen silbertalents beziehen, und das mis-
Terhftltais bleibt doch ganz dasselbe , auch wenn diese falsch sein
sollte, sehr zu beklagen aber und bei der sonstigen art und dem
zwecke seines Werkes fast unbegreiflich ist es, dasz Drojsen sich
mit bewustsein enthalten hat, den folgen dieses Systems des 'tre-
sorierens' weiter nachzugehen, es würden ihm dann wol einige
zweifei über die richtigkeit seiner sfttze aufgestiegen sein, in wel-
chem zustande mflste sieh wol eine Volkswirtschaft befinden, der
man in verhftltnismftszig wenigen jähren ein solches capital entzogen
httte, um es müszig liegen zu lassen? man mache sich die sache doch
nor durch ein modernes beispiel klar, nehmen wir an, der geldwert
ZV zeit des Philadelphos sei ebenso niedrig gewesen wie heutzutage,
^S8 bekanntlich nicht der fall ist, und Aegypten habe damals 7 mil-
lionen einwohner gez&hlt^, so würde der fall fthnlich liegen, wie
wenn das deutsche reich zwischen 17 und 18 milliarden mark im
Joliustunne aufspeichern wollte, wir werden aber freilich wolthun,
nut nationalökonomischen erwftgungen nicht einem Schriftsteller
g^fenüber zu treten, der die behauptung wagt (s. 54), dasz die
'mehmng der consumption, welche durch die zahlreichen Söldner,
<Meiere, beamteten hervorgebracht werden muste', ein grund für das
iofblühen Aegyptens nach der Perserzeit gewesen sei.' komisch
■ genaiier 9686S0000 thaler. ' Diod. I 81« 8. eicher ist freilich
die giffer keineswegs! vgl, Droysen Hellenismus III 1 s. 61 anm. 1.
' gegen das was Droysen ebd. von der gesteigerten cirenlation des geldes
^ geafigi es auf die anseinandereotsung von Lumhroso 'reeherches
>v r^eonomie politiqno de TEgypte soas les Lagides' (Turin 1870)
■• S6 f. sa verweisen, dasz die kanfkraft des geldes nicht im nmge-
kehrten verhftltais sn dem wert der valnta steht, braucht doch wol
eicht weitUnfig bewiesen sa werden.
624 FBühl: der scliatz des Ptolemaios II Philadelphos.
wirkt es indessen immerhin, wenn Drojsen, wo es sich nm so eolos-
sale zahlen handelt, zur stütze seiner auslegnng des Appian die that-
Sache dtiert, dasz seihst die Karthager sich an Ptolemaios 11 um ein
darlehen von — 2(XX) talenten gewandt hätten.
Vor allem aber — wie sollte eine so ungeheure masse edlen
metalls zusammengebracht worden sein? das hat sich Drojsen offen-
bar nicht recht klar gemacht, die schätze Alexanders — deren gessmt-
heit übrigens auch nicht an jene summe heranreichte — waren in den
gewaltigen kämpfen der diadochenzeit aufgezehrt worden ; der ertrag
der Plünderung fremder länder wird gleichfalls in den kriegen der
beiden ersten Ptolemaier verbraucht worden sein und kann jeden-
falls nur einen ganz minimalen beitrag zu jenem schätze geliefert
haben. Drojsen erwähnt das mit recht nicht einmal, die haupt-
masse des geldes muste also aus den regelmäszigen einkttnflen des
reichs zusammengebracht werden, legen wir nun die 14800 talente
des Hieron jmus zu gründe, so würde die gesamteinnahme von Aegyp-
ten während der 38 regierungsjahre des Philadelphos erst 562400
talente betragen, fassen wir also mit BOckh die 740000 talente
Appians als die summe aller einnahmen des königs während seiner
regierungszeit, so werden wir, um diese summe zu erreichen, die
einnähme der nebenländer sehr hoch ansetzen und auch noch den
wert des getreides zu geld angeschlagen dazu rechnen müssen. '
Nun wird aber niemand bestreiten wollen, dasz die zahlen bei
Hieronjmus die gesamte oder höchstens die reine einnähme, keines-
* eine aolohe umrechnang des getreides in geld fand in Aegypten
allerdings statt, aber ei ist TÖllig unbekannt nach welchem maauub
(vgl. Lnmbroso ao. s. 294 f.). ob dergleichen in den officiellett reck-
nnngen des schatzea der fall war, wissen wir nicht, die ansabe des
Hieronjmns leitet eher darauf, dasz besondere rechnnng über die ntta-
ralien und über das geld gefülirt wurde, damit stimmt auch die tbst-
saohe, dasz der sold der truppen zum teil in geld, tum teil io getreide
bezahlt wurde, was freilich nicht ausschlosz, dasz man gelegenUieh
einen teil der naturallieferung zu geld anachluff (Londoner papjros
von 162/61 vor Gh. bei Lumbroso a. 2 f.). der geldwert der kdniglicbeo
getreideeinnahme war übrigena nicht hoch, wenn wir annehmen das«
in dem Londoner papjrua von einer art 'kammertaze' gebrauch ^
macht worden aei, so erhielten wir bei einem preia von 100 draebaieo
kupfer fUr die artabe für die jährliche einnähme 25000 talente kupftr
=m 416*/« talent ailber (so nach Letronnea anaetaung dea kupfertalaou),
alao für die ganze regierungszeit Ptolemaioa II 15833V8 talente ailber.
ea müaten alao die einnahmen der nebenländer in der ganzen repe-
rungazeit 161766*/,, jährlich etwa 4267 talente ailber betragen babea.
nimt man den höchsten bekannten kupferpreis des getreides (400 drach-
men), ao erhält man ala wert der jährlichen einnähme 100000 taleote
kupfer a- 1666*/, talente ailber, für die ganze regierangazeit also
62928,8 . . . talente ailber. rechnet man dagegen mit dem einzigen aUber
preia der uns überliefert iat (2 draehmen), ao kommen für daa jähr 5<^>.
für die ganze regierungszeit 19000 talente heraus, dem letatani (u-
aatz acheint Böckh staatahauah. I* a. 16 zu folgen, und dabei hält et
dieaen preia offenbar noch für mäazig, w&hrend er a. 184 die artab« in
gewöhnlicher ach&tzong 100 kupferdrachmen gelten läast.
F£ilbl: der schaU des Ptolemaios II FhiUdelphos. 626
wegs den jfthrlichen ttberaohasz ausdrücken sollen; sie ergeben etwa
127, draehmen silber nnd V» artabe auf den köpf der bevölkerang.
dieser einnähme, oolossal wie sie war (die einkflnfte des Antigonos
betragen 11000 talente nach Diodor XTX 56, 5), stand aber eine
betriohtliche ausgäbe gegenüber, beer, flotte nnd administration
mosten ungeheure betrftge verschlingen, auch der hof mit dem was
dsnm hieng erforderte erstaunlich viel, und Ptolemaios Philadelphos
var bekanntlich kein sparlieb. Droysen selber nimt an, was frei-
lich, wie wir unten sehen werden, mehr als zweifelhaft ist, er habe
im ersten jähre seiner regierung auf ein einsiges fest 2239 talente
50 minen silber verwendet, dh. mehr als den siebenten teil der ein-
ifinfie Aegyptens. wo in aller weit sollen denn nun die 740000
talente hergekommen sein, die Ptolemaios au%espeichert hatte ?^^
«8 bleibt nichts übrig als die nachricht des Appian zu verwerfen
oder anzunehmen, dasz er nicht von sübertalenten redet
Ohne weiteres ab unglaublich verworfen ist die angäbe des
Appian von Beiske und von Manso. " sie tritt aber in zu guter ge-
sellachait aof , als dasz wir uns ohne eingehenden nach weis der Un-
möglichkeit einer vernünftigen erklttrung dazu entschlieszen könn-
ten, die hypothese von Böckh femer ist zwar sehr sinnreich ausge-
<lacfat, leidet aber an dem fundamentalfehler, dasz sie einen irrtum
bei Appian voraussetzt, den er schwerlich begangen haben dürfte,
er bat offenbar ein inventar über den bestand des Schatzes mit-
teilen wollen, und alle seine übrigen angaben sind doch unzweifel-
baft auch nur inventarangaben, wir würden demnach nur im äuszer-
fiten notfall berechtigt sein der Vermutung Böckhs zuzustimmen.
«Is knpfertalente sind die xdXovTa Alytiima des Appian schon vor
Letronne von Niebuhr (kl. schhften I s. 278 f.) verstanden worden. **
dagegen bat sich indessen bereits Schlosser" erklärt es wäre son-
^ wir beaitoen aar seit keine genügende ansahl von dateD, nm ein
«eon aoeh noch to nnTollkomnienes aoegabebndget der Ptolemaier aof-
itellaa ma können, aber einen ungefähren begriff können wir uns von
«iiuelnen poaten doch verecbaffen. wir wissen dass im frieden zur seit
d«i Ptolemaios Philometor der told der epigonen monatlich i60 draehmen
Qnd 8 aitaben getreide betrug, von dem getreide wurde eine artabe
tt natura geliefert, für die beiden andern erhielt der berechtigte je
200 draehmen (Lumbroso s. 221). legen wir diese betrftge au gründe,
•0 wBrden die 200000 mann Infanterie des Philadelphos, abgesehen von
d«a offieieren, an sold monaUick 70000000 draehmen und 200000 arU-
^0, also jährlich 840000000 draehmen nnd 2400000 arUben erhalten
^«ben« da non die jährliche gesamteinnahme an getreide bloss 1600000
Gruben betrag, so mnste die rei^iemng noch 900^X) zukaufen, was ihr,
venn die artabe auch nur su 100 draehmen gerechnet wird, 90000000
Nehmen kostete, demnseh hätte die blosse besoldnng der Infanterie
sieht aar die gesamte getreideeinnabme anfgeiehrt» sondern ausserdem
Boeh haar 930000000 draehmen •* 165000 talente kupfer, also nach den
ensatsen von Letronne nnd Moromsen 2688V« talent silber gekostet.
" vermiaehte Schriften II s. 869. ** gleichfalls für kopferUlente
erUlri sieh Frans CIG. Ui s. SOO. >* oniversalhist. Übersicht der
C«sch. der alten weit II 1 s. 176 anm. o.
JUtfMcker fttr elM». philol. 1S7S hft.9. 40
626 FRühl : der Bchats des PtolemaioB II Philadelplioi.
derbar, so führt er aas, wenn Appian seinen griechischen und römi-
schen leser der spätem zeit, der nichts von dem kapfergeld der Pto-
lemaier wüste, gar nicht erinnert hätte, dasz er an dieser einzigen
stelle sich unter talent etwas anderes zu denken habe als was dar-
nnter im ganzen übrigen buche verstanden werde, die gaue nacb-
richt ist ihm in folge dessen hOchst unwahrscheinlich; sie sei schwer-
lich aus einem königlichen archive. allein der von Schlosser erhobene
einwand ist völlig unbegründet. Appian gibt überall die geldsiuih
men in der münzsorte an, in der er sie überliefert fand; die beiihm
vorkommenden talente sind von sehr verschiedenem werte, so viel
ich sehe, hat er blosz Einmal reduciert (VI 2), und da gibt er den
wert des euboischen talepts in alexandrinischen drachmen aa. er
muste also glauben mit der bezeichnung ^ägyptische talente' seisett
lesem vollauf genug zu thun. was dann femer Droysen gegen
Letronne vorgebracht hat, ist ganz irrelevant, es ist ein£Mh nicht
wahr, dasz man den schätz, wenn man Letronne folge, fttr unan-
sehnlich halten müsse; er wäre dann immer noch beinaJie doppelt
so grosz gewesen als der des Perseus. auch wollte Appian den ^chatx
des Philadelphos gar nicht als etwas phänomenales bezeichnen; im
gegenteil, er sagt ausdrücklich, dasz der reichtum der übrigen nach-
folger Alezanders nicht viel geringer gewesen sei (q>a{v€Tai Vk Kcd
iToXXä Twv dXXuiv corpanoiv oi iroXu toutuiv dirob^ovra), rad
es kommt ihm überhaupt nicht darauf an die macht der ägyptischen
könige hervorzuheben, sondern eine Vorstellung von der macht
Alexanders zu erwecken , indem er diejenige eines seiner nachfolger
darlegte, der doch nur einen kleinen teil des reiches Alexandtrs be-
herschte. ein anderes argument Droysens findet sich auch bei BiSckh.
'so groszen aufwand auch Philadelphos machte,' meint dieser *ist es
mir doch nicht wahrscheinlich, dasz seine schäize kaum dem einkom-
men eines Jahres gleich waren, wenn man zumal das zu gefäszen odtr
geräthen verarbeitete silber und gold mitrechnet.' wanun das un-
wahrscheinlich sein soll, dasz der schätz kaum dem einkommen ein»^-^
Jahres gleichkam, ist nicht recht abzusehen ; die Verschwendung ^''•^
hofes und die kostspieligen kriege desPtolemaios Philadelphos wollen
doch sehr mit in betracht gezogen sein, und die historischen analogiea
sprechen nicht gerade für Böckh. Heinrich IV zb., einer der gr6ium
neueren schätzesamler, hinterliesz bei seinem tode SOmillionen livreN
während seine jährliche einnähme 35 millionen betrug. '*
Anders aber scheint es zu stehen mit den silbernen und golde-
nen grefäszen: denn was Athenaios V s. 196 ff. nach Kallixenos d.v
von erzählt, müste allerdings zu einer von der Letronnes durcbar^
abweichenden Schätzung führen, auch wenn wir vieles, was dort als
golden aufgeführt wird, nur für vergoldet halten wollten, allein ein-
^* Bergiua grundaätse derfinanKwiaaenacbaft* s. 677. fiber des •ehhU
Friedricbs des groaaen, dessen erpreasnngatystoni dma der Pioleoaivr
womöglich noch übertraf, ist nichts aicheres bekannt.
FRfihl: der tdhats des Ptolemaiot II Fhiladelpbos. 627
mal ist es keineswegs 'naittrlich', wie Drojsen meint, dasz diese
geftsse sftmtlioh unter den xpi^M^'^^ ^v TOic Or|caupotc mitinbegri£Pen
waren, und dann ist offenbar die auslegnng, welche BOckb and Droj-
Hü der stelle geben, dnrcbaos falsch, wir haben von der darstellong
des Eallixenos nur ein ans dem zusammenhange gerissenes stfiok
md auch dieses nur yerkttrzt. mit annähemder Sicherheit ist davon
niehts zn verstehen als die beschreibung des Bakchischen aufzugs.
«u dem was uns hier interessiert können wir aber zweierlei oonsta-
tiemi, dasz nemlich die s. 203^** angeführte summe von 2239 talen-
tea 60 minen nicht die geeamtkosten des festes enthält, und dasz die
iosgaben keineswegs ausschlieszlich von dem kdnig getragen wur-
den, es heiszt dort nemlich: £cT€q>avi(i8iicav b' £v TUi irffiivi xal
CT€<pdyotc xpvcoic clKOCt * TTToXe^aioc bk 6 irpuiToc KCii Bepcvixq
eiKÖQ tptclv £(p' äppdruiv xp^ciiiv'^ KalT€^^V€Clv dv Aujb(6vq. kc^
^T^vero tö bcmäviifia toC voMic^oroc TdXavra btcx(Xia btoncöcia
Tpiäxovra dvvto, fiwai wcvniKOVTa, Kai raGr* i^pt6^i|6ri irdvTa
nopi TOic oiicovÖMOtc, biä Tf|v tuiv crcqHXvouvruJv itpodu^iav^*,
npo ToO Tdc Oiac irapeXOetv.*^ ö bk <l>iXdb€Xq>oc TTToXc^aToc,
ui6c aäruiv, elioSci xp^^^c, bucl fiiv £(p* äpjüidruiv xpticujv, inX
K ndvuiv äaTr/|X€t ^i^, irevrainixeci it^vtc, T€TpaTnfjx€ctv II,
jene 2239 talente 30 minen wurden deo nicht vom kOnig, sondexn
Ton den CT€qxxvouVT€C beaahlt, und zwar blosz für die drei statuen
des Ptoiemaios und der Berenike auf bigen oder quadrigen und die
TC|i^ in Dodona. wer aber die CT€q>avoöVT€C waren — wer weisz
n? Schlosser ao. s. 178 denkt an die ^städte des reichs', und der-
gleiehen hfttte viel fttr sich, sei es dasz Ptoiemaios und Berenike
Boch lebten, sei es dasz sie bereits verstorben waren J' in beiden
ftUen hStten wir eine art nationales ehrengeschenk ftlr den Soter und
wine gemahlin zu verstehen, dagegen haben wir keine veranlassung
>B wirklich goldene statuen zu denken; es werden hier wie sonst
lediglich vergoldete gemeint sein, erwftgen wir nun, wie niedrig
die preise der statuen im altertum waren '*, so ist klar dasz die 2239
talente nicht silbertalente sein können, sondern, wie von vom herein
n erwarten stand, kupfertalente sein mtUsen. die summe von 37 Va
** über den text vgl. Cobet oratio de arte interpretandl e. 68.
'* wpo^f|8€tav Casaabonne, vöUig anhaltbar. " ThKramer 'die
plehrte tiechgeealUchaft des Athenäns. festgabe der studienanstalt
Bt. Stephan in Augsburg zur 400jnhrigen Jubelfeier der Mänchener
Baimviiai' s. 43 übersetit: Mieee summe wurde duroh die liberalität
^ die siegespreiee besorgenden forsten von den Schatzmeistern schon
▼or dem festsuge ausbezahlt.' es mag dies eine probe davon geben,
»u ans dem schriftchen za lernen ist. ^^ das letztere behauptet
Bit nasureichenden gründen Kamp 'de Ptolemaei Pbiladeipbi pompa
Bioehiea' (Bonn 1864) s. 6, der sich im übrigen die fttr ans wichtigen
frt^es in bezog auf das fest gar nicht vorgelegt zu haben seheint, aneh
t^ramaaa setzte nach Jolowiez zu Bharpes geschichte von Aegypten
I •> 188 den aufzug nicht in das jähr 284, sondern in 277. » die beste
"uammenstellang darüber ffibt LFriedlftnder Sittengeschichte Roms III
•. »4 ff.
40»
628 FBühl: der Bchats des PtolemaioB 11 Philadelphoi.
talent silber aber^ die sieb dann ergibt, ist fttr eine blosse ebren-
erweisung noob immer anszerordentlicb bodi.
Keineswegs brancbt dagegen bezweifelt zn werden, dan die
zabllosen goldenen und silbernen gefteze wirklich massiv waren, nnd
daraus wttrde sich eine grosze wahrscheinlidikeit für BSokhs ansieht
über den scbatz ergeben, wenn man voraussetzte dass diese gtftsse
sttmtlicb dem kdnig gehört hätten.
Allein gerade das ist eine ganz unbewiesene und TÖllig wül-
kürliöhe annähme, fttr die sich bei Aihenaios auch nicht der mia-
deste anhält findet, yielmehr hat offenbar Schlosser das richtige ge-
troffen , wenn er sagt dasz nicht nur die tempel , sondern auch die
Privatleute ihre goldenen und silbernen gerftthe und bilder, wie die
Seltenheiten die sie etwa besitzen mochten, eu dem feste herü^Kn.
niemand aber wird bezweifeln können , dasz sich in einem lande, wo
gold und silber nicht als münze diente, sondern nur zu gerftthen ver-
arbeitet wurde, in den tempeln im lanf der Jahrhunderte oder gar
Jahrtausende unglaubliche massen von gefttssen aus edlem meUll
ansammeln musten.
Es bleibt also kein stichhaltiger einwand gegen die erklftrufig
Letronnes übrig, und wir hfttten danach den schätz des Ptolamaioä ü
auf 1233373 äg^tische talente silber «« 48561650 mark zu ver-
anschlagen, wenigstens würde sich das nach dem von Letronne und
Mommsen*^ begründeten reductionsverhttltnis von knpfer zu ailber
wie 1 : 60 ergeben, es musz freilich zugestanden weiden, daas die
beweise, welche beide gelehrte für ihre ansieht vorgebracht haben,
nicht unangreifbar sind; aber alle übrigen reductionsverhlltnisse,
welche bisher aufgestellt worden sind, beruhen auf noch vi^ sdiwS-
oberer basis. unsere kenntnis des ttgjptischen geldwesens ist noch
zu wenig allseitig gesichert, als dasz wir ein resultat, wie das wel-
ches wir zu bestätigen versucht haben, als unbedingt zuverlässig
hinstellen könnten, bis neue funde neues licht verbreiten, kann es
aber genügen nachzuweisen, dasz es allen bedingungen des problein&
entspricht und dasz jedenfalls die übrigen lösungsversuche verfehlt
sind, das 6ine glauben wir mit Sicherheit hoffen zu dürflm, dabi
in zukauft niemand mehr ernstlich von den 740000 Silbertalenten
Drojsens reden wird.
*^ geichicbte des römischen mUnswesens s« 41 f.
EöHiGSBraio. Vtuan Eübl.
Um: emendfttiones Petronii Mtinram. 629
88.
EMENDATIONES PETRONH SATIBABUM.
e. 14. Encolpiosy quem Petronins in satiraram reliqoiia sua
todonuaqiie anoram Aacylti et GKtonis fata enarrantem facit, com
altera eomm Ascylto sab yespenun in fonim venerat nrbia Cam*
pauM maritimae, qnae utmni Puteoli an Neapolis an Cnmae' faerit|
eertu argnmentia diindicari nequit. ibi cmn freqnentiam rernm Tena*
linm oonspeziaaent» ipü quoque paUiiun latrodnio raptnm vennm
dabant. qnod emptnrua mox acceaait rusticna qnidam enm mnliere
eoBute tnnioam pannoaam umeriB deferena. hanc diligentins oon-
tcmplatna Aacyltoa eam agnotit, qoam anreia refertam qnondam
aaiierant, et enm intacta etiam tun appaireret, parva pecnnia re-
enpexire potins theaannim qnam inre dvili auam vindicare et in
imbignam litem deaoendere conatitnernnt. sedpraehr ufmm diptm-
iiMa, quo eicer kipmosqiie de$tiMiveramu8 mercari^ nihil ad manum
tnä, Haque ne ifUerim praeda discederdj vd irnnohspäOmm addüoert
jiaatU, ul pretinm maiaris campendü hoior faoerä iaäura, haec
vttba, qnae in libria aegre corrnpta, aed IFOronovii et Heinaii in-
pnmia opera emendata ex Bneoheleri editione adacripai, Yoce vü
Mnorw offenaionem praebent. nam enm in eia qnae nnno eztant
verbia non ait qno illa referatnr, tarnen quia eat quem non doceat
eoaveniaae intar Encolpion et Aacylton de pretio pallii vendendi,
natieo antem emere enpienti nimium illnd vianm eaae? hano igitnr
pott primnm ennntiatnm intercidiaae aententiam aine nlla dnbita*
tkma eonfirmaterim. eztremum colon ut preiium maioris oompendU
fcvMT foeeret iadura ex oodicom acriptura leviarem /*. iaäuram emen*
datnm eat ab IFOronovio hao aententia, nt levi iaetara, in pallio
niaoria addieto, eomparetur peennia ad redimendam tunicam aoreia
plenam.*
Mirabüi fortnnae loan ut Encolpioa et Aacyltoa tnnioam, qaam
i w inventam ruaticna in foro venditabat, auam eaae cognoTerant,
ne palliam ab illia raptnm, qnod matieua emptuma erat, diligentiun
ttspechun mnlier oomea matid iniecta mann auam eaae vociferata
^t comtra no8 perUurbaUy ne videremur nihü agere^ et ipsi scissam
äiordidam tenere coepmus tunicam atque eadem invidia prodamaref
i^raesie$poliaquaeiiUpos8iderent, sed nuüo ffenerepar erat caussa
^oära^ et eociones qui ad damcnrem confiuxerant ^ nostram sdUoet
^mare ridehant invidiam^ quod pro iüa parte vindieahant
ptüotisamam vettern^ pro hoc pannueiam ne eentonibus quidem honis
dynoM. qoid? cocioneane aaam ntriqne parti rem vindicabant?
iauno ipai qnidem ex Ute üla lucrom &cere atndebant, quod capite
* in bae nrbe a Petrenio eonadtaUiii eise aeaenam renim veri
liatlliaiBm nuper reddidit Mommsenos Hennae vol. XIII p. 106 sqq.
' non probo qnod Baeehelema in textnm edittonia minoria bane auam
netpH eonteetoram et p. m, e« Uviorem faeere iaciurwH,
630 AStrelitE: emendationes Petronii ■atiranxm.
sequenti porro narratnr, errones autem duos et rosticaiii midierem-
que eius utrosqne vestem vindicasse modo legimus atque insaper
haoc qiiae sequantur verba Ascjlti docent: videmitSy inquä^ suam
cuique rem esse carissimam; reddatU nobis tunicaim nostram etpaUmm
suum redpiatU. mira aatem in causa minime pari erronun invi-
dia, qua suam esse vestem sordidam et pannosam yodfenbintiir
pallio pretiosissimo alteri parti x^misso, sane risom dabat codombiu.
quam sententiam ut restitnamus, emendatione opus Tidetor hac:
quod pro üla parte vindica^ri vide^hant etqs. scriptoram antem
codicibus traditam teneri non posse non solum res ipsa modo expodtt
docet, sed etiam conianotio quod, qnam sive oansalem sive explieati-
yam esse sive ad verbum ride^ant sive ad invidiam referri pntamtu,
nnllo modo ad scripturam vindicabant qaadrare non estqnodsm*
plius ostendam. restant emendanda verba de more riddxuä^ e qoi-
bus, si nostram invidiam esse erronom ooncesseris, sanam extncan
sententiam frustra stadebis. tentabam de mero ^Udo^ et similia, sed
fortasse more lapsu librarii ad damorem ocoiis aberrantis irrepat, ot
deridebant soribendam sit
c. 17 mpnuiefUes . . admisMia inesopiabüe eeeHms. bis verbii
Qnartilla, cnius sacra sc. Priapeia Encolpios sociique eins tnrbsTe-
rant, eos compellat. ipsa quidem üla noäe vexata tarn penodon in-
horrui frigore, ut tertianae etiam impetum Hmeam, et ideo meäkmm
somwio petii iussaque sum vos perquirere atque impetum mortn sKm-
strata subtüitate lenire. subtüitate morbus leniri non potest aeqae
etiam utüU(xte, quam vocem Erhardus in locnm traditae subititoit.
Heinsii autem coniectura sdlubritatej etiamsi quis vooem ipiam
aptam esse censeat, quantum a librorum soriptura reoedit! Boecfae-
lerus locum corruptum esse inteUexit, sed remedium sanaadi noa
investigavit. fortasse ego a vero non aberravi , cum subtääati ex
SU b tili arte ortum esse conicerem. de ista subtili arte, libidini-
bus videlicet turpissimis , fragmenta c. 20 sq. nos docent.
c. 20. Libidinis excitandae causa satyrium Quartilla appcn;
iusserat potandum adulescentibus. Ascyltos autem, quem praeter-
missa occasione potus fugerat *quid ergo* inqmt ^non sum dignus i"'
bibam?' andUa risu meo prodita compiasü matnts et ^appoem qw-
dem . . adolescens; sotus tamen medicamentum ebibistL* 'ttamest/'
inquiUQuartiUa ^quicquid satgrü fuit^ Eneolpius ebibU?* perversam
esse quae bis continetur verbis sententiam non est quod moaeam :
mirum autem est quod neque Heinsius, cum haec legi Teilet appos^*
equidem, adolescens, solus tantum medioamenti ebibisti^ neqae Baf
cbelerus , cum sie redintegrari sententiam iuberet: apposui qitiämi
inquU, tibi quoque; frater tamen tuus sokts totum medioeamemivm ei^''
bUy omnium facillimam emendationem invenit. loco enim mutato rer-
borum ebibisti et Eneolpius ebibU iam videbis recte omnia se habere,
eztrema autem verba ad Encolpion referenda esse neminem fogiet.
Hauptii emendatio ebibit iste, quam in minore Buecheleri editione
Petronii invenio, si cui praeferenda meae esse videatur, non inoror.
AStrelitz: emendationes Petronii satiramm. 631
c. 26 ^jfutd? vos^ inq%M (seryas Agamemnonis) ^nescUis^ hodie
apud quem fiat? Trinudchio, lautissmMS homo, horologium in tri-
dmio ä budnatorem habet eubamatum^ ut subi/nde sckU quantum de
väa perdiderü.* haeo verba non integra eese , sed post Trimakhio,
bHÜssimus homo intercidisse quaedam Buspicor, qoibus apud Tri-
nuüchionem cenam fore seryus dixerit; tum demnm yerba horo-
logmm in tricknio eiqs. conünaare poterat. de vulgari obu ac vi
Terbornm fieri et faoere iavat haec aflferre ezempla ex Petronio de-
BQfflpta: c 47, 19 (ed. mal. Buecheleri) quem (u e. porcim) vuUis
in «nam skUim fieri? 36, 6 liberti sceHeraii^ gui om/nia ad se fecerunt^
l e. in suiun Inonmi Yerteront alterom fraudantes. 47, 8 si quis
tesirum vohterit eua re [causa] faoere^ non est quod iHum pudeaiur
dl 47, 6 nee tarnen in tridmio üUum vetui faoere quod ee iuvet, et
nedid väant coniinere. 61, 2 fecit assem^ eemissem habui, 62, 11
Aomo meua coepU ad Stellas (i. e. CTrjXXac Tel crriXac: of. Baeehelerns
^ h. L) faeere, 87, 14 si quid viSt foc iterum et 87, 22 quare non
facmms de aota Yenerio. item 9, 12 ne tum quidem, cum fortiier
faceres^ eum pura muUere pugnasti,
c 31 tandem ergo disoubuimus, pueris Alexandrinis aquam in
u<mus mvatam infundenttbtM aUisque insequentibus adpedes acparO'
njfdUa eum ingenti subtüikute töüentibus. admodum veri aimile mihi
videtar pzaeoipne aUativos abdolutos attendenti hmic locom eis ad-
■cribendom esse, quos epitomatoris opera in brevins contractos esse
Baeoheleroa et Wehlias (observationes criticae in Petronium, diss.
Bonn. 1861, p. 48 sqq.) intollexerunt. cum hao autem sententia si con-
tnieris c 34 subinde intraverunt duo Aethiopes capülati cum'pusHUs
^ärüms . . vinumque dedere in manus; aquam enim nemoporrexU^
fieri non posae puto, quin haec extrema verba aquam enim nemo
ponexit pro additamento interpoUtoris lantitiam mirantis, sed simul
donnitantis habeas.
c. 41 TriimalMo ^JHontfs^ inquit *Uber esto\ puer (qoi Liberi
pcrsonam indoerat) detraxU piUeum apro capitique suo imposuU. tum
Trimakhio rursus adiedt: ^non negabUis me* inquU * habere liberum
fotrem.' &cile qoispiam verbmn inquU^ cai post adiedt locus esse
AolloB Tiden potest, cum Buechelero suspectum ratus Tocem igUur
et aententiam et raüonem palaeographicam respicienti probabilem
Babstituat. sed ego retineri malim Terbum illud sane praeter neces-
sitatem et insolentius additum gratae tribuens neglegentiae, cui
Petronins non semel indulsit.' eadem repetitioi quam quod Bue-
cbelems non contulit Tel conferri non iussit miror, extat c. 9 mox
^ftbktis fortius mambus longe maiore nisu damavü (Ascyltos); ^non
* BMoio ao eodem modo c. 68 Petronins aio seiipserit: laaui tarnen
am aäquamio de9ii$et, adiecii Habinnas: ^ei nunquam^ inquit ^didi'*
^f ied ego* etqt. h. 1. ei ridelieet e»t nostram *and doch, and dabei'.
^nguam inquit Dnechelenis recte qaidem rectitait ex cod. scriptnra
*>M9«<rf, Md ille in ed. mal. piauium addidit ante adiedt, in ed. min.
toMnu ia iilam vocem mutant.
632 AStrelits : emendationeB Petronii satixarom.
taoe^ in^ü ^gladiator^ etqs. etJam hoc looo inquU superracaBeimi
esse Buechelerp videtor 'nisi potius antea perÜBse non nolla creda-
mos'; sed neque quicqoam requiritor in eis qoae adacripsi Terbis et
quod supra tantum excusayi, faic ego propter emphasin dicÜoiUB Tel
mazime probayerim.
c. 44. Ganymedes libertas inter cenam com Enoolpio alüsqn«
conyivis coUoquens queritnr annonam asaiduam et aedüinm piato-
rumque fraudem, qua populus prematnr. id ne fieret, prioribns tem-
poribas viros fortes tanquam leones impedivisee. ptamni Safinnm
inqnit . . cum ageret parro in foro^ Wc iUius ffox ereso^xU t4mqtKim
tuba> nee sudavü unguam nee es^n^U. ptUo eum nescio qmd asiadis
hahuisse, scripturam hanc codicis H (TraguriensiB), qoo solofere*
cena TrimalchioniB traditur, Baec^elenis emendare non est oonatos.
Heinsius nesdo quid Äsiades i. e. Aäaticiim, 'Aciob^c n legi Tult
yel etiam Asiadis i. e. Asiatici yel in Asia nati, Beineains Aäa-
Uci Persarum respiciens corporis siccitatem eam *ut neqae spuerent
neqae emongerentur sufQatoye corpore essent' (Yarro apad Noninm
8. y. siccam). sed ne quid de forma Asiades dicam^ de re iam Schef*
fems recte animadyertit, in uniyersnm Asiaticam dioi non poase mo-
rem solis Persis peculiarem, com praesertim Asiationm illa tem-
pestate contrarium significayerit, luzn nempe difflnens, mollo, effomi*
natum, neque etiamtum facultatem istam Persamm yictu fnigali com-
paratam yulgarem fuisse. Scheffems ipse autem com conioeret fie$ci(^
quid dasi a dis JutbuissCf yocem Graeoam inculcabat ne soiteiitiae
quidem aptam : nam quid inter bacu irvcO^a et (ut ipsius Schefferi
ezplicationem adscribam) ^singularem üacultatem yoeis spiri&asqTiey
ut numquam deficiat' ? nee minus Burmannus a yero aberrayit con-
iectura sua nescio quid assi etqs.; nam quod assam yocem, Ottmenu
sudationem conferens aliquid calidi homini illi intra yiscera fnisse
dicit, quod et sudorem et saliyam consumeret, neqae yocem oisitf
recte ezplicayit neque ego capio , quomodo calida yisoera sudorem
consumere possint. alii alia commenti sunt, Antonius asiaks (&
ciaXic, immo ciaXov), lacobsius anHsiälodis, Beiskius Aphnfdmm,
quae commemorasse satis habeo. mihi codicis scriptura nesao ^ü
asiadis leyi errrore corrupta esse yidetur ex nescio quid quasi a dtSf
diyinam igitur quandam yim dicendi fuisse Safinio dicit Ganymedes.
c. 52 yerba statim puer demisso labro arare ai apnd tliun
scriptorem legerentur, nihil haberent offensionis, sed Petroninn
sie scripsisse haud crediderim. namque infinitivus ille, quem kisto*
ricum dicunt grammatici, adeo insolens est Petronio, ut omaiao
semel yel bis reperiatur, c. 62, 19 ^t mori Omare nisi ego? et t. 13
mt^i anima in naso esscy hoc autem altero loco, quo in ammv^
anima cod. H ezhibet, in irrepsisse in locum coepit yerbi Buechelems
censet. utique hoc yerbum c. 72 post suhsequi interddit et « Bar*
* nam io ood. Leidens!, qoi cetera Petronii omnia oonttaet, '^^^
ceoae tantnm principinm inest.
AStreUti: emendattoneB Petronii Batirarain. 633
mami oonieeiura » Baechelero iare in texta repositom est. initio
oeuM üie yerbft immo iocari magis etqs. eis quae antecedont con-
tiiraas fiye cmn Baechelero laomiain stataie, certe infinitiTus non
est abiolntas«* idem Btataendam est de c. 140 ea ergo ad Eumd-
pum venU et eommendare Vberos euos eku prudeniiae honUatiqiie cre-
iere $e et veia mm, quae verba in medio hiant et egent voce eoepU^
qttm ad explendun laeonam recte Baechelems adbibnit. qnibaa
«item solis yel potios quo solo loco infinitivns historicns apnd Petro-
niom legitor, nairationi non insenrit. qnae com ita sini, non dabito
mbis snpra adseriptis Tocem eoepü continnare, quae com infinitivo
inneta tanqoam aoristi vidbna apnd Peironiom fiingi mihi videtnr
et qaam dUigenter a me institnta oompntatione septuagiens qnin-
qoiens apnd enm inveni.*
0. 58 5e00 res etietegmie haeo doeet^ mufiriusj non wagiskr.
baee post longam oonvitiornm seriem oonviTttnun aliqnis, cni sto-
machnm moverat Asoylti et Oitonis risns, in hos evomit. TOcem
msfrim qni emendare stodaemnt docti viri, operam perdidisse mihi
ndentor, nee mihi ut satia probabilem inyenirem emendationem con-
tigit sed omnino iam LaÜnae esse originis TOcem illam despero,
quam com BeiskiaB Syram esse snspioaretnr nesdo anTomm yiderit.
fortasse anftem Petronins yocabnlis fm$frwa et rnagtelter oppositis Insu
?erbonun speotat ynlgare illnd rniA et mai cf. c, bl necmunecma
argiäas» qnod ante et iate Bneohelerus interddisse adnotat est cnm
ridieala GKtonis disdpuli significatione, praeter neoessitatem fecit.
tttm nt haee quae modo praeoesseront vah^ heOa resesf volpis uda in
Oitonem dict« erant, sie ea quae snpra adscripsi, si et idem qnod
äiam yalere mecnm statnas, in magistmm eins Ascylton cadnnt.
e. 63. Niceros a Trimaldiione rogatns narratinncolam profert
de bomine qnocnm circa gallicinia profectns nna quondam isset in
lopom oonverso. giU mori timare nisi ego? gladium tarnen sMnxiet
in tota via umbras ceddt , donee ad vülam amieae meae pervemrem.
bsse Scheffemm secutns Bnechelerns edidit, cnm cod. H sie ezhibeat
maiüuUa tau* quam scriptnram sunt qui non in dubinm Tocarint,
com ononmtopoeiam in ea ineese pntarent, sed habeant sibi. Schef-
feri emendationem qnod Buechelems ceteris praetulit (dico Beinesii
ta aiaeritatey Heinsii nuxtutmas, Antonii mota vi teta) non miror, sed
ae in iUa qnidem acquiescendum putavi, dum qnae propius ad codi-
eis soriptnram aocederet eademque ad sententiam plane qnadraret
iBTemretor. qnod utmmque vide ne de hao mea coniectnra r im ata
via Taleat. nam nt codicis litterae, in quibus tau falso geminatum
esse non est qnod moneam, leyissime mntatae sunt, sie qnod ad sen-
attinet) qnid yerius quam Nicerotem formidoloso monstro
* c. 44 in yerbif quam benigmu resabäare etqs. inflnitiTiifl non est
hUtoriooSy sed more Oraeco adieotiyo appositot. * cf. simiUiiDos locos
hot: 80, 7 servMS . . rogare coepit. S, 8 coepit rogare »tuprum» 49, 17 de-
prteari pmmes eoepU, 76, 4 rogare eoepit^ idem 7S, 7. 87, 8. 106, % al.
' Ufendnm yideinr ee, iotpiM^ qnod fiaechelems in ed. minore coaiecit.
634 AStrelitz : emendationee Petronii satixanim.
viso anxie perscrutatum esse gladio stricto sive Yirgaltiuii sive alia
res in via ei occarreret? sie igitur conUcinio nootiB vel dilucnlo
rimata via umbras caedens ad villam pervenit. denique in signi-
ficatione passiva verbi rimandi si quis haereat, attendat velim et par-
ticipiom idem a Sidonio epist. VII 2 diUgenUr quae ad aocnrnfer-
iinuerani rimatis vi passiva dici atque etiam yerbam rimare sb
Acdo usurpatum tradi apud Noninm et apud ipsum Petrommn legi
animain nostro amplexam pedore in fragm. V. etiam alia hoo looo
ex Petronio afferre exempla iuvat; qaibns insolenti indata genere
yerba reperiuntnr.* yerba aetiva deponentium looo snnt haee: amr
plexare c. 63, argutare o. 46 et 57, cofmoare 57, exopmissmU 62,
eoöhortare 76 (iure Baechelems soriptaram marginis H exhotUK^
praetulit vulgatae €iC(>ravit)y faenerare 76; c. 46 ScfaefferuB et Boe*
cheleras defenderunt Petroninm a verbo loquere^ qaod Barminnus
illi dabat, restituto ordine verbomm hoc: qmatu^ qiiipoteslo^
non loquerc'j remunerare 140. verba deponentia pro aotivis apud
Petronium leguntur haec: ddeäari 45. 64, fastidiri 48, pudeaim 47,
rideri 57 (hoc verbam in dabium vocat Baechelems) , sommcari 74.
vim intransitivam induit lavare 42 , vim transitivam efjfhtere 71.
c. 68 landat Habinnas serynm suam amnis Musae maneipiym.
duo tarnen inquit vUia häbet^ quat 8% non haberet^ esset ommum mmc-
tum: recutUus est ei stertü. nam quad sträbonus est^ non cwro; sie ui
Venus spectat. ideo nihü taeä, trix ociUo martuo unguam. ühtm emi
trecentis denarüs, haec verba sie nt ex editione Buecheleri adscripsi
in codice H tradita sunt, nisi quod nummorum et emit retentis Scbef-
fems emendavit. sed etiam aliud tollendnm restat viüam, quo labe-
rare hone lociim inprimis argamento est verbam taoere^ qaod in hac
sententia quid sibi velit nescio. falso looo verba tradita tentarunt
Burmannas et lacobsias, qaorum emendationes vix Proculo moriuc
tnqtiam ülum et exoscular nonnunquam iBum nollae sunt Heinsias
coniectora sua mihi piacet, vix ocido irretorto numquam Hhm emi
(quamquam quod sensit num his verbis recte ^xpreeserit dabito),
sententiae sane, ut fere solet, rationem habuit, minime vero liiterS'
rum codicis. mihi quidem nihil nisi tacet emendandam et ühm looo,
quem perversum esse Buechelerus vidit, movendum videtar, itaqoe
sie fortasse Petronius scripsit: ideo nihü illum laiei^ vix oäUo
morttAO unquam. emi trecentis denarOs. eoce faoete dictum Habisnae
vix inferius ingenio Trimalchionis. verbam totere cum quarto easa
iunctnm vulgari tribuere sermoni non opus est: et Varro de re rast
I 40 quod lata nostrum sensum. Plinii n. h. II 20, 18. Instmos
XIII 8. Verg. Aen. I 130. Ovidius ex Ponte IV 9, 126.
^ ef . ELudwig de Petronii sermone plebeio (Marborn 1869) p. SS H-
Onericke de lingnae vulgaris reliqaüs (Begimontii 1876} p. 48 sq.
BosTOOHii. Abbaham Stbbliti*
HBnmcke: über dia ordinarii bei VegetioB. 636
89.
ÜBER DIE ORDINAEII BEI VEGETIUS,
Die hanpistelle die von den ardinarii handelt ist das 8e cap. im
2n buch der eptfoma m «mUtem; wir setzen den tezt desselben, so
ireit es ffXr unsere darstellung nOtig ist, hierher: vdus tarnen txm-
S¥€kido temtiä^ ut ex primo principe legi4mü pramovereiurcetUurio
prmi päi, qui nan edkim aguüae praeend^ verum etiam quaUuar een-
tmaSthoeestCCOOmääee^ in prima ade guibemabat . .iiemprimus
kasiatus duas eenturias^ ideäCC Aomtnes, duoeibat inadesecanda^
qitemnunc daeenariiimpocant. princeps aiäem aecundus primae
eohartis eenturiam eemia^ hoc est CL hommee^ gubemdbai • • Hern ee-
eundue hastatus ceniuriam «emw, id est CL hamines, regebat*
iriarius prior centum homines g%tbemabat, sie decem cenlwriae
eokorlis primae a qmnqite ordinariis regeba$/iiwr • . erani etiam
om^Mfiofies, qui singndas oentu/rias cuirdbanlt^ qui nunc eenienarU no^
ima9ttur . • secu/nda cohors habebat ceniurionee quimque; smiMUr
Urüa quarta usque ad dedmam oohortem. in tota auiem legione erani
ta^rione» guinquaginta quinque. anszerdem werden die ordinarU
nodi erwfthnt n 7 (s. 39, 20 Lang) : ord»narü dicuniur qui inprodio,
^m primi «mU, crdimea ducunt. Äuguetales appeOantur, qui ab
Äugusto ordinariis iundisu/nt. Flaviales ttem^ tamquam eecundi
AugusUdes^ a dkfo Yespaeiano sunt legionibus additi — und n 16
(s. 47, 13) Md anie Signa et circa Signa nee non etiam in prima ade di-
wiieanies pnndpes vooabantur^ hocest ordinarii oeteriqueprinc^pales*
Alle diese stellen sind im 2n buch der epitoma enthalten, das
eine darstell ong der antiqua ordinoHo legumis^ dh. also der legions-
formation geben soll, wie sie etwa zn Hadriims Zeiten üblich war.
di sich nun die heeresorganisation Hadrians im groszen and ganzen
an die der frtthem kaiserzeit anschlieszt, so dürfen wir erwarten für
öie ordinani entsprechendes in der ftltem zeit zn finden, betrachten
wir sonftohst Yeg. 11 7 und 15, so ist wahrscheinlich, da Veg, sich
nicht ganz bestimmt ansspricht, dasz die ordinarii den centnrionen
<ier ersten legionscohorte entsprechen, die erste cohorte der legion
Bshm schon zu Caesars zeit eine bevorzugte stellang ein, und ihre
offieiere — dkeprimorum ordimum centunones — wurden wegen ihrer
groszen kriegserfohrong und tOchÜgkeit zu dem kriegsrath der ober-
offieiere herangesogen; ja bereits in den seiten der republik werden
& Sltasten centurionen der legion mit auszeiohnung behandelt (vgl.
Marqnardt handb. V 359). in der entwicklung des kriegswesens unter
den kaisem tritt die ausnahmestellung der ersten cohorte immer deut-
licher hervor: sie wurde nach dem vorbilde der gardetrappen auf
1000 mann gebracht, ihre offieiere werden demnach auch vermehrt
•ein und eine stufe hoher gestanden haben als die übrigen centurionen;
sie "^«»^*» eine mittelstellung zwischen den stabsofficieren (tribu-
aen, praefecten und legaten) und den subaltemofficieren ein. g^ ist
636 HBroncke: fiber die crdmmi bei Vegeliiii.
demnach an sieb wol möglieb , dasz die officiere der enten coborte,
ebe sie eine müia/ria ward, den iitel ordtnam führten, und dan die
neuen centurionen derselben , da einmal von früher her die zahl der
ortünart« feststand, den namen AugvistcHea und FlaviaiUs erhielten,
gleichsam als ob Augustus resp. Vespasian sie den onüfiofü ab ge-
hilfen beigegeben hätte, obschon sich für diese Termutung keine be-
lege beibringen lassen.
Oan£ anders gestaltet sich aber die ansieht über die crdiimm
nach Veg. II 8. hier werden sie mit ihren titeln und der sahl der
tmppen die unter ihrem commando stehen angeführt, diese stelle
mit den beiden andern zu combinieren, wie das LLange (historia
mutationum rei militaris s. 88) gethan, hat seine groezen bedenken.
Lange läszt nemlich II 8 vollstftndig zu recht bestehen , eombmiert
damit II 15, indem er dem primua püus drei centurionen der
Augustales und Flaviales als unter seinem commando stehend ta-
teilt, gibt dem prii^eeps secundus einen, dem hastatus primm und
secundua zusammen einen der Augustales und FlaTiales und glaobi
so mit dem triarms prior die zehn officiere der ersten cohorte ge-
funden zu haben, allein abgesehen davon dasz die yerteilung der
Augustales und Flaviales nicht richtig ist, da doch dem haiatus
primuB^ dem ducenarius^ allein ein Augustalis oder Flavialis gebührt,
dem prine^ secundus und hagtaius seeumduB zusammen wieder
einer, damit je 100 mann 6inen officier haben — ich sage, abgeeeben
von diesem kleinen irrtum widerspricht der teit des VegeÜus einer
solchen auffassung entschieden: denn noch in dem passus, derfon
der ersten cohorte handelt, heiszt es: era/ni eiiam omtuTiornet^ 9«»
aingulas centurias cwraha/nt\ femer wird die gesamtzabl der legions-
centurionen auf 65 angegeben, in welche zahl die crdmafü einsube-
greifen darum unrichtig ist, weil sie ausdrücklich von den centurionen
unterschieden und einer genauem besprechung unterzogen werden.
wftren aber die mit ercmi äiamceniurumes usw. bezeichneten officiere
identisch mit den Augustales und Flaviales , so müste es doch eebr
auffallen, dasz Yeg. dieselben im vorigen cap. und nicht hier ver-
zeichnet oder nicht wenigstens eine hindeutung auf jene noiii ge-
geben hat; vielleicht mit den Worten quas antea Augusiales ä Fla-
viales fH)cabant^ wie sich dergleichen viel in seiner epitoma finden
(vgl. zb. III 14 [96, 14 — 16] quas antea prine^ tfoeabafU — q^K»
prius hoHatas vocalani). die ardinarH von 11 8 können also nicht
ohne weiteres mit denen von 11 7 und II 15 identificiert werden.
Sehen wir nun ntther auf die Verteilung der mannsehaften unter
die ardmarU, so musz die Ungleichheit derselben besonders auffielen,
der erste commandiert 400 mann, der zweite 200, der dritte nnd
vierte je 150, der letzte nur 100 mann; dieser ist also« was sein
commando betrifft, nicht unterschieden von jedem centnrio. wii
aber bedeutet die Unterstellung von 1 7, oenturien unter einen crä-
narius? es handelt sich hier natürlich stets um die aufstellung der
cohorte in der schlachtreihei deren vorderster rechter flflgel von dff
HBnmoke: Aber die üfdkmrü bei YegeÜai. 687
enien eohorie emgenommen wird nach Veg. H^ {ab hoc — prima
edkorte — cmrn pugnandiiim est^ prima ades indpU tn'dinari)» die
iii(^liehkeit einer eolcben eommandoTerteüung für detachierte, flie-
gende oder reeer?ecorpe soll natürlich nicht geleugnet werden« aber
Air die legtonsfront ist ein oommaDdo Ton V/^ oentnrien in der
flbngen geechiohte des römischen heerwesens o^e beispiel. — Ist
sehen die thatsache der truppenverteilnng anverständlich, so sind
die tatulatnren der ordwiarif erst recht oonfus und unbegreiflich,
nich dem was Vegetius sonst Aber die rangfolge der centurionen
(denn vornehmste wir als ardmarU gelten lassen wollen) II 21 sagt:
«cMi quam in arbem quendam per diveraas eaharies et divenae edidas
määee prcmovenii^^ Ha ut ex prima odhorie ad gradwm quempiam
pnmoibusvadat ad dedmam odkoriem^ et rursus ah ea ereseenüilbua eti-
fendm enm maiore gradu per äXiae recurrU adprimam — müssen
wir erwarten dass auf den prirnua kastaim nicht der prvne^ eeem^
inUy sondern der trtairuu prior folge, dann ^vprmoepB seoindue und
nietet der kaetatue aeeitndus. vergleichen wir femer, was wir sonst
von der Stufenleiter im centurionat wissen, so werden die angaben
des Veg. noch unklarer: denn eine titnlatur triarhu prior ist ein
diag das nie existiert hat ; nach ftlterm usus würde iriairius prior das-
selbe sein wie primus püus* sollten die alten beseichnnngen der
obersten centurionen richtig gebraucht werden, so mttste die reihen-
folge der ardimarU sein: 1) primtue pikte^ 2) primus princepSy 3) pri-
mtBkaataiue, A) primus püus posterior^ 5) primus princ^ posterior
(vgl. Marquardt ao. s. 567 und 369 ff.); indes sind diese richtigen
beteichnnngen von Veg. nicht zu verlangen, der, wie ich an einem
sadsmorte (quaastiones Vegetianae. Ildeacie instruenda, Helmstedt
1875, 8. 29) gtseigt habe, keine Vorstellung von der wahren bedeu-
taag der jirifictiies, hastaU^ iriarU hatte, vielmehr mit diesen namen
die erste, x weite, dritte schlachtreihe der schwerbewaffneten seiner
nach m 14 aufaustellenden ades bezeichnete, da nun doch die triarü
ia dritter reihe stehen, so setzt Veg. auch hier den ^rjonus prtor dem
ringe naeh hinter die prindpes und heutati. dasz auch hier 11 6 dem
Veg. der gedanfce vorschwebte, die prismpes ständen in erster, die
hasiaU in s weiter reihe, zeigen die werte primm hastaius duas cen-
imrias dmeebat in aeie seeunda^ vom primus piius dagegen — der
■seh seiner Vorstellung identisch sein sollte mit ^em primus priine^y
welcher titel zwar im texte nicht steht, die werte ui ex primo prinh
dpe promoveretur eenturio primi püi sagen ja deutlich, dasz der pri^
mua primeeps auf den primus pOus folge ; doch aber dürfen wir wegen
des princepa aecitndus einen entsprechenden primus prinoeps erwar-
ten, den wir dem primus püus gleichsetzen müsten — vom primus
püiisslso vrird gesagt: quattuor cetUurias in prima aeie gubemäbat.
diese werte, die in sich schon einen widersprach enthalten, zeigen
auf der andern seite einen grellen widersprach mit 11 6, wonach die
ersten fünf cohorten in die erste schlachtreihe zu stellen sind: hae
qmnque oohortes in prima ade ordinanh»r] hier aber verlangt Veg.
638 HBmncke: über die ordmarii bei Vegetiai.
die trappen einer und derselben cohorte in verschiedene aehlachi-
reihen zu stellen.
So zeigt sich denn dasz die angaben über die ardinam 11 8 in
keiner beziehong zu der anH^pM ardmatio passen, die VegetioBim
2n buch auseinandersetzen will, und es scheint &Bt, als habe Veg.
hier eine nachricht überliefert, mit der überhaupt nichts anzubngea
ist; dennoch, glaube ich, ist die möglichkeit vorhanden für die or-
dinarn eine andere und zwar durchaus zweokmfiszige verwendmig za
finden, zugleich aber den irrtum nachzuweisen, wodurch jenen an-
gaben gerade dieser platz (II 8) angewiesen ist. in der oben dtier-
ten abhandlung *de acie instruenda' glaube ich nachgewiesen ni
haben , dasz Vegetius im 2n und 3n buch zwei von einander grandr
verschiedene Schlachtstellungen der legion beschreibt, wflhre&d dio
n 6 besprochene die grOste ähnlichkeit mit der von Arrian be-
schriebenen ades contra Alanos zeigt — indem nemlich die ödes der
legion in zwei treffen und jedes treffen aus fünf cohorien zn vier
gliedern phalanzartig formiert wird, so dasz also die ganze schlachtr
reihe, die nur aus schwerbewafihetfioi besteht, achtglieder tief ist —
ist nach III 14 die ganze acies aus sechs gliedern aufzustellen, and
zwar folgen auf zwei glieder seh werbe wafiheter {prmeipes und koMi)
die leichtbewaffneten und die artillerie mit drei gliedern, schliesdich
ein sechstes glied der schwerbewa&eten {triarii). in diieser letzten
aufstellung finden nach Yeg. 10000 (6 X 1666) mann platz; dt
aber die legion an schwerbewa&eten und leichtbewafineten insjge-
samt 12000 mann stark ist, so sind je 1000 mann des schweren and
leichten faszvolkes in reserve aufsustellen. von einer einteilang der
legion nach coborten ist bei dieser formation nicht mehr die rede,
der zeit nach gehört sie in das Zeitalter Diocletians, ^e ich das ans
der bewaffnung der trappen geschlossen habe ao. s. 32. — Es gibt
nun noch eine dritte stelle bei Vegetius 11 15, wo die auÜBidlong
der schlachtreihe behandelt wird; doch habe ich gezeigt dasz jene an-
gaben aus dem II 6 und IV 14 gesagten zusammengewürfelt sind
und auf das deutlichste zeigen , wie wenig Veg. die verschiedenen
entwicklungsphasen des römischen heerwesens auseinander gdialten
hat. wenn aber Veg. II 6 die Vorstellungen von der anüqm (^
nalio des Hadrian zusammenbrachte mit denen die in IHodetuns
Zeitalter gehören, wenn er also die jüngeren einrichtungen, die anch
fCLr ihn, der um 400 schrieb, der Vergangenheit angehörten, in die
filtere zeit Übertrag, so kann ihm derselbe fehler auch II 8 passiert
sein , und damit wttre dann das räthsel über die wunderbaren com-
mandos der ordinarii seiner lösung näher gebracht, wir haben oben
gesehen dasz die acies Diocletians 1000 mann in reserve ateUt, ans
denen nach III 17 (s. 101, 10 L.) cuneij forfices, serrae usw. zu for-
mieren sind, um die angriffe der feinde abzuwehren oder schwer be-
drohte puncto der eignen schlachtreihe kräftig zu unteretütien. «
ist nun an und für sich unwahrscheinlich , dasz die abteilangen di^
ser 1000 mann gleich stark gewesen seien; vielmehr wird je nach den
Hfimnoke: über die ordtnom bei Vegetias. 639
bedflriiiis bald eine grOezere bald eine geringere mannBchaft der-
MlbeB zur Terwendong gekommen sein ; sehr gut kann die gröste
ibteilmig derselben 400, die andern 200, 150 und 100 mann stark
gewesen sein und jede derselben unter einem besondem führer ge-
standen haben, denen Vegetias den alten titel oräinarn beilegt, dasz
diese ordinarü nicht centurionen waren, sondern eine rangstufe höher
standen als jene, ist darum glaublich, weil sie stets die besten tmppen
befehligten und immer an den orten der grOsten gefahr kSmpfen
mosten, wir sehen also dass Yegetius uns nicht etwas durchaus un-
glaubliches oder unrichtiges überliefert, sondern nur dasz er seino
BOtii am falschen orte gibt, der grund davon liegt in der ver-
weehselung der reservemannschaft mit der frühem gleich starken
ersten legionscohorte. nun hat Veg. I 6 die. zahl und stftrke der
iegionscohorten angegeben , II 7 die principaks qui privüegns imh
mmtw einzeln aufgeführt, II 6 will er näher auf die Organisation
der cohorien eingehen; was liegt da nfther als dasz er bei seiner con-
fnsion alter und jüngerer einrichtungen den groszen irrtum begieng^
die ordmarn der Diocletianisdien zeit mit denen der Hadrianischen
la Terwechseln? dasz Yeg. endlich seinen ardinam alte ehrwürdig
klingende titel beilegte, wird durch sein streben mit gelehrsamkeit
zu prunken hinlänglich erklärt werden können: ist doch n 6 nicht
die einzige stelle, wo er so thut als habe er die einrichtungen dea
alten römischen heerwesens gründlich studiert, während er in Wahr-
heit keine ahnung dayon hatte*
Das resultat unserer Untersuchung ist also: Veg. II 8 enthält
an und für sich nichts unrichtiges , aber jene angaben sind auf die
seit Diodetians und nicht auf die der antiqwi kgionis ordinaHo zo
beaehen.
WourBMBÜTTBL. HeBMANN BrüNOKE.
(37.)
ERKLÄRUNG.
Mit hm« Ad. Lange weitere Verhandlungen über dfe Aeneas«
frage und die forderungen des anstandes in wissenschaftlicher pole-
Biik zQ pflegen verzichte ich, nachdem ich seine *entgegnung' oben
8. 461 — 464 gelesen habe, ich beschränke mich zur Verhütung von
misvezBtftndnissen auf folgende bemerkungen.
Die anerkennung etwelchen ertrages, den die Schrift des hm. L.
ftr die knük des Aeneas geliefert habe (oben s. 260), bezieht sich
auf eiBzelne coigecturen sowie auf den abschnitt über die spräche
des Aenefts, soweit derselbe von der athetesenfrage, in der sich, wie
ich nachwies, hr. L. als unzureichend erwiesen hat, unabhängig ist;
in den lihrigen abschnitten habe ich nur sehr wenig neues entdecken
können.
Hr. L. scheut sich nicht die von mir s. 244 als 'lächerliche in*
Binuation' bezeichnete bemerknng zu 38, 3 auf s. 144 seines buches:
640 AHag: erklfirang [betr. den taktiker Aineias].
'praeter eum nemo non perspezit Terba toic ln\ Tifi Tcixci paxo-
fi^voic ex irapaiveiv illo pendere' s. 462 in schuti sa nehmen« wor
meine ausgäbe in die band nimt and siebt daaz ich den echUn text
§ 4 mit den werten TOic T€ Moxo^^votc iiA t^ xeixci nopaiveiv be-
ginnen lasse, wird meine Yerwonderong über das benehmoa des
fam. L. und seine urbane spräche teilen, meine bemerkong in doi
proleg. 8. 22. hat er einfach nicht verstanden.
Wenn ich betreffend den auf s. 464 berührten punct, bei wel-
chem hr. L., am seine urbanitttt ad oculos za demonstrieren, sieh la
dem versuch einer ixgnrie versteigt, übersehen hatte dasz er in seuier
Schrift am schlösse jedes abschnittes in der that nur die noch nicht
besprochenen athetesen von Hercher und mir zasammeiwUllte,
die er annahm, nicht aber sftmtliche von ihm gebilligte, toflber-
sieht er seinerseits , dasz dieses thatsftchlich von ihm eingesdilagaie
verfahren nicht im einklang steht mit den tibergangsworten s. 93
*de bis (nemlich über das vorhergehende) cum dissentism tb
Herchero, recte eum statuisse puto de iis qnae eicit' (und nun folgt
die liste), entsprechend s. 146: *recte Hugius expungere mihi
videtor* und an den anderen stellen; wodurch jedenfalls der lesern
dem falschen Schlüsse gebracht wird, über alle vorher behandelten
stellen sei die von Hercher und mir getroffene entscheidung nach
fam. L.S ansieht zu verwerfen und nu r das in der folgenden übersidit
zusammengestellte anzunehmen, in der that beruht gerade aaf (üe-
ser liste die von mir als schulmeisterlich bezeichnete afthloagder
90 stellen, in denen Hercher das richtige getroffen, und der 46 stellen,
in denen er *geirrt' ; es müste demnach, damit die 'reohnung' rich-
tig herauskomme, dieselbe nach demjenigen oorrigiert werden, was
hr. L. im vorhergehenden schon von Hercher beiläufig angenomma
hatte, zugleich lag es in folge dieses ganzen verfahrena ganz in der
Willkür des hm. L., durch vorhergehende gelegentliche mehr oder
minder versteckte adoptierung einer den werten, die er gerade pole-
misch behandelte, naheliegenden athetese sich von der aufnähme der-
selben in die liste der 'recte eiecta' zu dispensieren; eine willkflrdie
hr. L. ge^en Hercher bescheiden anwandte, gegen mich gehörig tos*
nutzte: denn nur so konnte es ua. geschehen, dasz sämtliche gr9-
szere abschnitte in cap. 16, deren Streichung hr. L. von mir annshoi,
auch 19 — 22, welches stück von den übrigen getrennt ist, in der lisu
des von ihm gebilligten fehlt, das war es, was ich mit vollem rechte
als illoyal rügte; und gegen den hauptvorwurf, dasz der saU
8. 66 'pauca tarnen recte eiedt Hugius' sich nicht vertrage mit der
beträchtlichen zahl von athetesen, die hr. L. teils ganz teils redndert
von mir adoptierte, hat derselbe in seiner entgegnung mit keiner
Silbe geantwortet, gegen andere mit merkwürdiger iater-
pretation seiner eigenen werte sich umsonst zu verteidigen gesucht'
Zürich. Abhold Hco.
* [hiermit sei diese debatte geflchloseen. die redaction.]
EDonoker: xa Eatropius. 641
90.
ZU EÜTB0PIU8.
1) I 20 past viginti deinde annas Vdentam rebeBaverunL
t9r amtra tpsoa mi98U8 es^ Hmus CamUlua, quiprimumeaafncUacief
MM äiam cMtatem diu obsidens cepU antiquisaimam Itaiiae atque
dHiasmam, neben mox cepU ist diu obsideHa ebenso unsinnig, wie
es naeh LiTius V 19 ff. (der quelle des Eutropius) unriohtig ist dass
Gamillus Veji lange belagert habe, anders Ifige die sache, wenn diu
oh$e8iam dastftnde; aber die hss. bieten übereinstimmend diu ob*
sidens, man kann, meine icb, bei genauer beachtung des Wortlauts
nieht lange darüber im sweifel sein, dasz diu nieht Ton Eutropius,
sondern von irgend einem sciolns herrühre, denn wollte man auoh
sa imgunsten des autors annehmen, er habe aus der darstellung dea
Linus, die an ausführlichkeit und verstSndlichkeit nichts zu wün-
schen übrig Ifiszt, herausgelesen dass die vergeblichen kftmple gegen
Veji nicht Tor, sondern unter der dictatur des Camillus statt-
gefunden hfttten: so wird man ihm doch gewis nicht die wider-
Biimige behauptung zutrauen dürfen, dasz ein feldherr die stadt
bald erobert habe, die er lange belagerte, bedürfte Eutropius noch
eines anwalte, so kOnnte als solcher Paeanius fungieren, dessen über-
Mtiung lautet: cIkoci hk Gcrepov rautric Tffc fiäx^c ^viauroic B^€ioi
iidXiv ^Ktviicav Tdv iröXc^ov xal xciporoveiTai kot* aöri&v btKxd-
Tuip <i»oupioc Kd^iXXoc, öc irpörcpov ^^v atjTouc KorciroX^^ilce.
Iirrd ToCra M Tf|V rröXiv TrcpiKaOicac xal aini\y etXev, dpxatord-
TI1V T€ Tffc 'iTOXfoC Ka\ TOIC TTfiClV ä<pOOVUITdT11V.
2) n 6 tum se Marcus Voierius tribunus mäikim obttM^ ä cum
prcotwiBset armaius^ corvua et aupra dextrum bradüum sedU. mo»
commissa oöMßrwm OtijiSiMHk pugna idcm carvus dUa ek ungmbus QäOi
oeuUm verberavUy ne rectum pcssäaspicere. itaatribuno Yälerio inter-
ftdus non solum vidariam ei, sed äiam fiomen dedit, nam pcstea
uiem Corwfnus est didue. so ist in den besten hss. zu lesen, und alle
«osgaben halten (abgesehen Ton CorvinuSy statt dessen einige Corvua
lesen) daian fest, trotzdem erachte ich wenn irgend eine stelle des
Eutropius, so diese für corrupt, und zwar finde ich die verderbtheit
in den worten üa a tribuno Välerio interfeäus nan solum vUioriam
Of sed eüaim nomcn dedU. das subject zu dedU kann kein anderes
stm als cartms, das wftre an sich klar, auch wenn es nicht durch den
folgenden aatz nam pastea idem Corvmus est didue noch besonders
bestitigt würde, wären nun die beanstandeten werte so und nicht
Anders ans der feder des Eutr. geflossen, so dürften wir dem als pari
sich daretellenden inierfedua kein anderes beziehungswort vindi-
eieren als dus subjeet zu dedU — carvus^ und es wftre uns von Eutr.
die abenteuerliche mftr aufgetischt, dasz M. Valerius den — raben
getötet liabe. ohne zweifei war auch nach seiner aufiassung deijenige
der getötet wurde der Gallier, ebenso gewis wie er als denjenigen«
f«r clMt« phUoU 1879 hft. 9. 4t
642 RDoncker: zu Eotropias.
der dem M. Valerias den sieg und namen gab , den raben bmstellen
wollte, ist nun das beziehttngswort zn ifUerfedus nicht identisch mit
dem subjecte zu dedii^ so kann es anch nicht zn dem satze geliOren,
dessen prftdicat dedU ist. die worte ita a trihuno VaHerio inierfeäus
non sokim victoriam ei, sed etiam nomen deäiSt gehören mithin nicht
6inem satze an, sondern sind anf zwei zu verteilen. Ton diesen lan-
tet der erstere: üa a Mbuno VaHerio interfectus (sc. est), ftlr den an-
dern bleiben die worte übrig : non sokim vidoricsm et, sed etiamnomen
dedU. das subjeet zu dedU kann,^ wie wir sahen, nur corvus sein; es
steht aber nicht da, auch kann es aus dem vorhergehend» satze
Ua a tnbuno Vakrio interfectus nicht ergftnzt werden: folglich
musz Entr. notwendig dasselbe ausdrücklich hinzngefligt haben,
es kann nach meinem dafürhalten gar keinem zweifei unterliegen
dasz Eutr. schrieb: eorvus non sölum victoriam ei, sedeHammh
men dedU.
Als Vermutung stelle ich hin , dasz das versehen — sei ea Ton
dem betreffenden abschreiber selbst, sei es von einem andern — ent«
deckt wurde, dasz das ausgelassene wort oorviM eingeschaltet, dann
aber irrtümlicherweise dem vorangehenden satze eingefügt worde^
der jetzt lautet : mox cofnmissa adversum GäOurn pugna idem eorvus
äUs et unguibus GaUi oculos verberavit, ne reäumposset aspicere. das
wort cormts ist hier nicht nur ganz unnötig, man kann sogar anatosi
daran nehmen, das pronomen idem wird nemlich von Eutr. in den
allermeisten f&llen substantivisch gebraucht auszer in dem T0^
liegenden satze findet sich in allen zehn büchem des Entr. ein ad-
jectivischer gebrauch desselben nur noch an 6iner stelle X 14 a qun
modicis copiis apud Argenioratum ChUiae urhem ingewtes Akammnuh
rum eopiae exstinctae srmtj rex nobiUssimiM captus, CMUae restMae.
muUa postea per eundem lulianum egregia adversum ha^haros
gesta swni summotique ultra Bhenum Qtrmani et fimbus suis Borna-
num imperium restikttum, warum Eutr. hier nicht, seinem sonstigen
sprachgebrauche gemftsz, per eundem, sondern per eundem luUamm
schrieb , dürfte nicht schwer zu errathen sein. Eutr. hat es auf eine
verherlichung des Julianus abgesehen, und diesem zwecke entspre-
chen die Worte per eundem luUanum weit mehr als das einfache f(r
eundem»
Ob sich für idem eorvus ein anerkennungswerter grond finden
l&szt, warum Eutr. dem sonst so beliebten substantivischen ge-
brauche von idem hier ungetreu geworden sei , bezweifle ich sehr,
und darum nehme ich an dasz nicht idem eorvus, sondern idem gf^
schrieben worden ist. eine bestätigung meiner Vermutung finde i<*t
darin, dasz der Oothanus das wort eorvus über der seile bietet
Ist meine ansieht, dasz zwischen interfectus und non sd»^
victoriam usw. das wort eorvus vom abschreiber irrtümlich aas-
gelassen wurde und später an die bezeichnete falsche stelle gvrieib,
ge^^ündet, so war die ursprüngliche lesart: mox oommissa advtrm^
QaUum pugna idem älis et unguibus GdUi oculos verberavii, ne rtftuf»
BDoBcker: sa Eatropiua. 648
fostet aspieere, Ua a iribwM Vakrio inierfeeius. corvus non scHum
pktmam Visw.
5) TL S qui cum Bomam rediisetf QuüUo Fäbio Maxmo
magistfü equüum quem apud exercüum rdiqiut praeee^, ne se ab-
mUepugnaret. es ist m lesen redir et.
4) n 20 guinto cmno Pumci hdU quod contra Äfros gerebaiur
prnmm Bomam Qaio DmlUo et Gnaeo Oomdio Asma omayiiAbua m
•Mn dMcaioeffiMt* da der in frage stehende krieg als ^pnnischer'
Innreichend gekennzeichnet ist, machen sich die werte quod contra
Äfiros gerdniSwr als Itfstige tautologie fühlhar. fOr diese ist meines
eraehlens nicht Entr. yerantwortlioh zu machen, die Übersetzung
dei Paeanins lautet : frei M it^mutiv toO irpoT^pou rrpöc ''Aqppouc
iroX^ou usw. danach las er: gwMo oAmoprimi MIi qiMd contra
Äfros gerebatwr^ wie er II 18 las: oonira Afiros hdJtwm suoceptum est
primuM (irp6c ''Aqppouc o^urok ö irpörepoc Kiveirai nöXe^oc).
6) m 14 imHiapama a fratre Hasdrübale ambo Sdpionee qm
per mniUos annospkiores fiterant mterfieiunturj exeroUus tarnen integer
MOfimt. easu emrn magis erant quam vkiute decepti. wenn ein feld-
iierr in einen hinterhalt gerttth , so kann dies geschehen entweder
ohne sein verschulden — > casu — oder durch sein verschulden —
temeritate — oder mehr caeu als temeritate^ oder endlich mehr ferne*
rUate als easu. die handlungsweise des gegners, mag man sie milder
oder strenger beurteilm, ist und bleibt eine dolose, eine /rottf , sie
ist in keinem falle eine bethfttigung der eigenschaft, die der Bömer
mit puriuB beseichnete. diese documentiert sich in der feldschlachti
nickt beim iallenlegen« dass Eutr. nicht virtute decepti^ sondern
timeriiate deeepti schrieb, stellt die Übersetzung des Paeanius
SQsisr zweifei : dvTcfiOev t& iv Mcitaviaic ^CTairiirrci iTpdTfiaTOty kqI
ücniriuivec ä|iq>ui itdirouci ^axöfi6vot irpdc 'AcbpoOßav, ol noXXd-
Ktc auToO KCxpcmiKÖTCC - t4» CTpaT€u^aTi bk oäb€^(a cuv^ßn ßXdßi),
iird Kfld ol CTpaniTol Ttixq jiäXXov f|TTTJOiicav i^ t^ ncpl töv ttöXc-
Mov ^ql8u^iql. Paeanius bedient sich des weitem begriffes firnfj*
Oqcov. hfttte er gelesen virtute y so würde er es sicher durch dv-
bpclci (vgl. II 6 Tuiv TToXiTiIiy dvbpeCa) oder durch irpoOu^iqi
(TgL n 27 TOCoOrnv ^ircbcCEavTO *Pui^a?oi Tf|V irpoGuMiav) wieder-
gegeben haben, ausdrücke die neben f|mfi€hicav ebenso statthaft
liiidi wie virtute neben deeepti erant unstatthaft ist.
Wenn das hier Übel angebrachte virtute bisher unbeanstandet
blieb, so nuig dies darin seinen grund haben, dasz den kritikem beim
lesen der von Eutr. gegebenen unrichtigen daratellung des that-
bestandea der wahre verlauf der katastrophe, wie er von Livius,
Appianos na. erzählt wird, zu lebhaft vorschwebte, und sie dem-
gemlss in die worte unseres textes einen sinn hineininterpretierten,
der in ihnen nicht liegt, auch nicht liegen kann. Faber bezog com
auf den nblall der Keltiberer und verstand unsere stelle ungefthr so:
die SoipioBen kamen mehr in folge des abfalls der Keltiberer als
dmeh die tH»£»rkeit der Karthager ins unglttck. Havercamp und
41*
644 EDuncker: sa EntropiuB.
Yerheyk Faszien die stelle gerade so aaf , und anob ich wttrde miok
Faber gern anscblieszen, wenn nur nicht dec^^ im texte stände, mA
€8 femer nicht zu evident wäre, dasz Eutropius sich die aitas-
tion wesentlich anders yorstellte, als sie in wirklieh;
keit war. ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich als die qnslk,
aus derEutr. hier schöpfte, den Dion bezeichne, darf man aas dem
berichte des Zonaras auf den Dions schlieszen, so war dieser tUo^
dinge so mangelhaft, dasz man dem Entr. die falsche TorsteUirngTCii
der spanischen campagne des j. 212 nicht zum verbrechen anrecfanoL
kann, was wir bei Zonaras auf unser thema bezügliches finden, be-
schränkt sich auf folgendes: IX 5 ol Ciairiuivec öiupw bubhmo . .
Twv CKiiriuivuiv bk OavövTuiv Trfica f| Mßnpia TerdpcncTO, xai o\ ^
Ikoxkxiuc irpöc touc Kapxiiboviouc dir^KXivav, ol bk Kcd dvoTM^-
M6V01, €l Kai dcT€pov adOic irpöc touc 'PuiMaiouc dn^vcucav. IX 7
ol bk iv T^ *Pui^g rdiov KXoubiov N^puiva elc Tf|v 'Ißnpiav fttTd
CTpomujTwv £iie^i|iav. kqi 8c TrapcKO^icOii nfr vauriKq^ ikixpx toO
"Ißiipoc, £v0a Kai td Xomd crpareäMaTa eiäpT^Kiiic im\Mi r^
'Ac5pouß<|(. lautete der bericht Dions ähnlich — und ich sehe kei-
nen grund dies nicht anzunehmen — so kann man aioh wol deakoi
dasz Eutr. die Sachlage so auffaszte: die Scipionen kamen um, aber
das beer blieb intact (Zonaras: £v6a Kai t& Xotird cTpaTCuyiota €v-
pilKibc). um diese auffällige begebenheit zu erklären , stellte &itr.
eine reflexion ganz allgemeiner art an, in der weise wie ich skia
anfiang dieses abschnitts niederschrieb, und wie sie sieh jedem anf-
drängt, dem die details fehlen« Eutr. wüste nichts davon dasi die
Keltiberer von den Römern abgefallen waren, nichts davon dasx
diese mit den Karthagern blutig gekämpft hatten und von ihnea £tft
gänzlich aufgerieben waren, danach ist die Interpretation deQeniga
zu beurteilen, die easu auf den abfall der Keltiberer nnd «wMe sof
die action der Karthager glauben beziehen zu kOnnen.
6) III 20 is in Afirica contra HannonemduoemAfivrumptigiMi:
exercUum eius interfecU. die redensart exercüum interfioere erimwi«
ich mich sonst nicht gelesen zu haben, auszer an der von den leiiko-
graphen citierten stelle des Cornelius Nepos Arist. 2 idem praäer
fuU Atheniensktm apud Plataeas in proeHo^ quo Mardommt fium
harbarorumque exercitus interfeäus est. sobald hier die von HsIa
wol erwähnte, aber nicht aufgenommene emendation Kellerbanen
die anerkennung gefunden hal^n wird, die ihr gebtthrt, wird diese
belegstelle aufgehört haben zu existieren. Nepos schrieb nemlichui-
sweifelhaft: mproeUo, quo Mardonius interfectus bnurbmünm
que exercitus fusus est. einen ersatz für die verlorene beiegsftdlo
würde unsere stelle abgeben, wenn sie unverderbt überliefert wir».
indessen scheint sie mir in hohem grade eorrupt zu sein, so aig den
ich kaum hoffen darf die ursprüngliche lesart hemistellett. jedodt
kann ein versuch nicht schaden, die Übersetzung des Paeanios laa*
tet : Tf)c odv 'Aq>piKf)c dirißdc ''Avvujvi cuv^üEc Tifi CTpaTi|T4^ ^
irpoT^pqi pkv cu^TTXoKQ Tfjv crpoTciav adröO bUqiScipc iroviuXc6pif
RDunoker: lu Eatropiua. 645
ich füge die betreffende stelle des Orosine hinzu, der offenbar den
Sntr. vor sogen hatte und sich eng an den Wortlaut desselben an-
sehlosz: Sdpio . . in Afirieam transiü^ Änmanem Amücaris ßmm^
dueem Foenarumy MerfecU, exercUum eius partim eaede partim capti"
vüaU disperdidü (lY 18). Paeanios schreibt: tt^c oOv 'A<ppiKf)c im-
ßdCy Orosios: im Äfricam tranant^ die besten hss. des Eutr» bieten:
•n Afrieamy nicht in Africa: daraus glaube ich den schlusz ziehen
sn dürfen, dasz Eutropius schrieb: in Äfricam tramiit (der sehr
illditigB abschreiber schrieb statt tu Äfricam trunsüt Hannonem —
Ml Afirieamcam trannonem; aus camtrannonem machte man dann
can^a Ännanem oder Hannonem). ist dies richtig, so ist Hannonem
aioht von einer prttp. regiert, sondern object zu einem verbum. bei
Orosias ist es object zu interfecU. es ist von der grOsten Wichtigkeit
für unsere stelle, dasz Orosius ebenfalls interfecit bietet, aber nicht
exeräkmi interfeeU^ sondern Ännonem inUrfeeä. dann fKhrt Orosius
fort: eseretfwm eius . . dieperdidit. Paeanius schreibt: Tf|v crparciav
cri^TOÖ bUq>Ocip€ TrovuiXcOpiqi. ebenso fibersetzt er lY 13 od inter-
neeionem vioU. iniemedo und iravwXeOpia sind zwei sich ToUstän*
dig deckende begriffe, da kann die Vermutung platz greifen, dasz
Paaanius in seiner hs. des Eutr. las: intemecUme vicU* es erübrigt
■och mit pugna^ sich abzufinden, in dieser form ist es für mich nicht
bFauchbar, pugnans^ was der Monaoensis bietet, ebensowenig, ich
snebe bilfe bei Paeanius. er schreibt: TTpOT^pqi \xlv cu^ttXoicQ. wie
wftre ee, wenn statt Äfrcrum pugnat gelesen würde: Äfrorum
prior e pugna? (der folgende satz beginnt secundo prodio.) ich
bin mit meinen Vermutungen zu ende, ich fasse sie zusammen , in-
dem ich als den Wortlaut, wie er vielleicht aus der feder des Eutr.
floes, folgenden hinstelle: is in Äfricam transüt^ Hannonem ducem
Afirorum priore pugna interfeeU^ exercitum eius intemedone vidi.
7) IV 4 Ludo Oomdio Sdpione d Gaio Ladio consuUbua Sc^
Afirieamts firatri suo Ludo Coimdio Sdpiani consuli legaJtus contra
AmHoduum profedus est, es ist wol zu lesen: consuU Ugaius datu8
eonira Äniiochum profedus est. IL 9 lesen wir: postea cumpater ei
Fäbius Mäsimus legattM datus fuissd, d Samnites mcU d plurima
yeonmi oppida oepUy und in der überseixang des Paeanius: XrJTOtTOC
4t oönf^ xcipOTOvndclc ö TTorfip Oäßioc £v(kiic^ tc touc Ca^v(-
lac KoA noXXdc atinrulv iröXeic eIXev. die Übersetzung unserer stelle
Uniit: toütouc biab^xovrai touc ärrdrouc AouKtoc KopvrjXioc
GciprUiiv (dbcXcpic iaiv toO kXtiO^vtoc 'A<pptKavoO Kai 6 db€X<pöc
oirtC^ XCipoTOvetTai X/JTaTOc) xal Tdioc AaiXioc.
8) y 6 interea diam Äthenae dvitas Ächaiae ab Äridone Äthe-
MieM» MUhridaiti tradUa ed. wenn wir uns auch den kaiser Valens
ab einen belehrungsbedürftigen jungen mann vorzustellen haben, so
werden wir uns doch die fivge vorlegen müssen , ob Eutr. es wol
wirklidi für geboten oder schicklich erachten konnte, seinen kaiser-
lldien günner darüber zu belehren, wo Athen zu suchen sei, Athen
idb, die 'zweite heimat der Bümer*, wie es ECurtius in einer
646 BDuncker: zu Eutropius.
seiner festreden treffend nennt, der nackte zusatz civitoa ibÜMiae er-
seheint mir überaas absurd, aber Paeaniua sohreibt: irpoccT^Or) bt
onJTtf) Kai f| TUJV 'AOnvCuv ttöXic dies ist mir beweis genug ddf&r,
dasz Entr. schrieb Aihenae dtnto, nicht Athenae ckntas Ächaiae,
Seit Sjlburgs abfälliger beurteünng des Paeanius sdnint es
zum guten tone zu gehören, denselben bei der kritik des EatroiAOS
möglichst unbertLcksichtigt zu lassen. Hartel (^Eutropius und Pudu
Diaconus' s. 66) thut sich sichtlich etwas darauf zu gate, dasier
*so wol bezeugte fehler wie Teutomodua statt Teutobodus oft. issa
Eutr. auf die rechnung zu setzen sich verstattete'. aber PaMnios
schreibt TeuTÖßobov. da wird Eutr. wol nicht geschrieben haben
Teutomodus. II 19 liest man in allen ausgaben: Väkrio Marmd
Otacäio consuUbtAS. Paeanius schreibt: OOaXdpioc MdpKOCKoi'QTa-
xiXioc K p ä c 0 c unaTOi. und so lieszen sich wol dutzende Ton steliea
anfahren, bei denen eine vorurteilsfreie benutzung des Paeanius nicbt
ohne ertrag sein dttrfte.* ich verspare es mir auf eine sptttere leit,
den wert des Paeanius für die kritik des Eutropius eingehender ra
besprechen, hier will ich, im anschlusz an unsere stelle, lediglich
prfiüfen, ob die Übersetzung des Paeanius da beachtung verdient, wo
sie stellen wiedergibt, an denen Eutr. die läge von stAdten, flecken
oder gebieten durch angäbe der länder oder landschaffcen , denen m
angehören, näher bestimmt, ich habe unter bertlcksiohtigiuig der
drei gröszeren Ittcken im texte des Paeanius mir deren 40 notiert,
und zwar: I 15. 20; H 14. 21. 27. 28; III 7. 10. 12. 15. 18; IV 4
(2 mal). 6. 14. 17. 21. 23; V 6; VI 3. 8. 14 (2 mal); VU 3. 7. 8.
19; Vm 2 (2 mal). 3. 5. 6. 10. 18. 20; IX 2. 4. 18; X 1. 9. m
31 stellen gibt Paeanius die dem texte des Eutr. entsprechende Aber
Setzung, an 2 gleichlautenden stellen (VIII 2 und 6 JBaMoac m
Hispania) hat er den Eutr. misverstanden. an 7 stellen fehlt die an-
gäbe des landes, nemlich 11 14 (apud Argos Crraedae civ9iaiem)\ FV 4
{Eumeniam in Phrygia) ; IV 17 {NumafUinis^ quae HupamaeckfUas
fuU apiOefUissimä) ; IV 21 {Carthago in Africa); V 6 {AiMenaeeknUu
* nachdem ich diese abhandlnng bereits beendet hatte, erhielt ich
den zweiten hand der 'monnmenta Gemaniae historioa% enthaltend
'Entropi breTiarinm com versionibus et continaationibos* herassgefehea
von HOrojsen. in dem prooemium 9. XXIY findet aich fol|^def
•atz: *interpolavit qaoqae (Paeanius), e Dione fortasse, Cratai noment
codicibus Latinis aliennm 38, 10, ubi legit OöaX^pioc fA&pKOC Kai "Qro-
K(Xtoc Kpdcoc, Latini libri Valerio Marco et Otacilio,^ ich mnss gestebea
dass diese behanptang mich recht überrascht hat, wenn aueh aicht ia
d^m grade wie eine zweite, kurz vorher anfgestellte, die beha«ptiui£
nemlich, dasz die teilong der Eutropias-hss. in die famiUea A nnd B
bis zu den Zeiten des Entr. selbst hinaufreiche, dasz Paeaaios au
Dion einige notizen entnommen und mit seiner metaphrase verflocbtca
habe, kann bis jetzt nicht als ein sicheres resnltat der forsehtug geltes,
wie ESchulze (Philol. XXIX 298), Droysen und wol aach andere metaaa.
die von jenem gelehrten aufgestellte hjpothese l&szt, bei der akiueA-
artigen begründung die sie erfahren, manchen bedenken räum, dabar
ist es nicht zu billigen, wenn dieselbe neuen hypothesen ohne weltetts
KU gründe gelegt wird.
BDuncker: za Entropius« 647
Ackaiae)j VI 3 {Corycum Oaiciae)^ YH 19 {Hierosolyma, quae fM
iirto fioUUmma Fdaestinae). über die stelle VI 3 {Corycwm OiUckke)
werde ich onten aoBitUurlicher sprechen, ich werde dort nachweisen
datt Cüieiae ein sinnentstellendes glossem ist« weniger umständlich
Hast das einflicken lederner Weisheit an den stellen IV 21 {Ckirthago
m Afirica) und VH 19 (Hierosofymai quae fuU urhs nohiUsskna
Falaestmae) sich zeigen, dreizehnmal wird das afrieanische Kar-
thago genannt: zwClfmal ohne angäbe des erdteils in dem es liegt,
an dar dreizehnten und letzten stelle finden wir den zosatz in Äfricc^
ohne dasz eine yerwechselang mit dem spanischen Karthago audi nur
mdglioh wftre. die stelle laatet: Lucio CaedUo MäeUo ä Tito Quin*
Ho Flamumno consuUbus Carthago in Africa iussu senatm reparaia
€Si quae nunc mand^ annis duobua et f?iginH postquam a Sdpione
/uerat eversa. wenn IQ 15 zu CarÜuigincm hinzugefOgt wird Hispa-
fNOdy SO ist das ganz in der Ordnung, dagegen ist der zusats m Africa
an unserer stelle geradezu abgeschmackt, ich wende mich zu der
stelle Vn 19 st$b hoc ludaeaBomano accessit i$nperio et Hieroscijfma^
fuae fuU urhs nohüissima Faiaestinae. wie Eutropius Jerusalem
aiher bezeichnet, ersehen wir aus VI 14 inde ad ludaeam. transgreasus
i7ier0«(%ma capui gentis tertio mense cepü, dasz er, während
ludaea unmittelbar dabei steht, die nähere bestimmung qiute fuit
urbs ncbiUssima Falaestinae sich erspart haben wird, bedarf wol
keiner weitem erörterung. es bleiben noch zu betrachten die stellen
II 14 eKfud Jirgas Oraeäae dvitatem; IV 4 Eumemam in FJurggia^
IV 17 Numa/ntims^ quae Hiepamae dviiae fuU opulentisskna ("die
aielle V 6 Mhenae civiiae Achaiae erachte ich fttr erledigt), man
kaim nicht behaupten dasz die angeführten näheren bestimmungen
nniMABend, aber anch nicht dasz sie unentbehrlich seien, wenn es
aoaiar Eumenia in Phrjgien auch noch eine stadt gleiches namens
in Moesien gab, so ist eine Verwechselung dieser mit jener doch nicht
zn befürchten, ebenso wenig erfordern die beiden andern Städte
«ine angäbe ihrer geographischen läge, unter diesen umständen läazt
die frage, ob Paeanius die gedachten näheren bestimmungen bei
Entropina las, sich nicht endgültig entscheiden, wahrscheinlich
ist eSt dasz er sie nicht las. Paeanius berichtet getreulich (sogar
sweimal) dasz Veji achtzehn, Fidenae sechs meilen von Bom ent-
fernt lag, dasz die entfemung von Bom bis Ardea achtzehn meilen
betrug, dasz das lager des Pogipejus von Artaxata sechzehn meilen
ablag usw. es sind dies alles angaben, die für seinen leserkreis
wenig Interesse haben mochten; dennoch liesz er sie nicht bei seite,
weil er sie bei Eutropius vorfand, angesichts einer solchen
Sorgfalt bei der wiedergäbe die Ortlichkeit kennzeichnender attribute
darf man wol annehmen, dasz er auch die hier in frage stehenden
berllckBichtigt haben wflrde, wenn Eutr. sie bot. indessen liegt ea
mir fem dieselben aus dem texte des Eutr. zu streichen, denn sie
▼ erschleohtern ihn nicht, es ist ja auch mOglich, dasz sie ur-
sprOnglich im texte des Paeanius vorhanden waren, aber im lanfe
648 BDuncker: zu Eatropius.
der Jahrhunderte yerloren giengen, wie ib« bei Eair. X 4 hintor
Tarsum die nähere bestimmong Ciliciae untergieng, deren einst-
malige existenz Paeanius bezeugt, ganz entschieden aber mflssen
die Zusätze in Äfrica (IV 21), Ächaiae (Y 6), quae fuU urbs nM-
hssima FoXaestmae (Vn 19) aus dem texte des Eutr. entfernt wer-
den, es sind dies einige yon den vielen zus&tzen, mit denen hoch*
weise magister sich an Eutr. versündigt haben. Hartel sagt (%tro-
pius und Paulus Diaconus' s. 40) : 'am wenigsten hat der text Eatrops
durch willkürliche zusätze gelitten.' es ist dies eine behauptoig fttr
die der beweis wol etwas schwierig sein dürfte, es wftre ja etwas
ganz wunderbares, wenn ein Schriftsteller, der in den schalende»
mittelalters wacker tractiert wurde, etwa ftlnf Jahrhunderte lang (dh.
bis zur herstellung des Gothanus) sich frei von sohulmeisterlicbra
vervollkomnungen gehalten hätte, es möge hier auf einige stellen
hingewiesen werden, von denen ich ganz sicher glaube dasz sie nicht
vermeintliche, sondern wirkliche glosseme sind , stellen über denn
natur man sich leicht orientieren kann, ich hatte sie in meinem
exemplar des Eutr. eingeklammert, bevor ich den Paeanius zu ge-
siebt bekam, bei späterer einsieht desselben fand ich, wie ich vonns-
gesetzt hatte, eine Übersetzung derselben bei ihm nicht vor. die *will-
kürlichen zusätze' sind in klammem eingeschlossen: lY 3 hmcAs^
Hocho Hannibäl se iunxerai .... 4 HamU/bal [qui eumAnüodio erat]
navdli jprodio victtM est, VI 8 susce^us tarnen est MUhridates poiit
fugam a Tigrane Anneniae rege^ qui tum ingenti ghriß tmperobäy
Fersas saepe vicerat^ Me»)potamiam occupaverat et S^riam et Phoe-
mcespariem, 9 ergo LucUUus repäens hostem fugatum etiam regi^um
Tigranis [qui Armeniis imperabat] ingressus est. VII 6 Antomusq»
Asiam et Orientem tenehatrepudiatasarare Caesaris ÄugusHOeUmam
Cleopatram reginam ÄegypH duxU uxorem .... 7 Ate quoque M^eitf
beSum cmle commovit cogente uxore Cleopatra [regina Aegypti]^ diMi
cupidüate mtdiebri optat etiam in urbe regnare. Vn 8 üa häUs Mo
orbe confeäis Odavianus Augustus Bomam rediü duodedmo (mmo
quam constd fueraU ex eo rem püblicamper quadraginta et qtiatiwr
annos sdlus obtinuit. ante enim [duodecim annis] cum Antamo H
Lepido tenuerat, VII 12 successit ei Oaius Caesar oognomento CaU-
gtda, Drusi privigni Augusti et ipsius Tiberi nepos .... 13 post kunc
Claudius fuü^ patruus CaZt^uZo«, Drusi qui apud MoganOacum mtmur
mentum habet ßius^ [cuius et Caliguta nepos erat].
9) VI 3 od Oüiciam et Famphyliam rmssus est FMsus Serväius
ex consule^ vir strenuus. CiUciam subegii^ Lydae urbes cUuissimtts
appugnavit et cepit, in his FhaseUda Ol^pum Ccrycum Oäieiae, be-
reits Norisins (Cenotaphia Pis. I s. 303) hat mit bezugnahme aof Sti»-
bon XIV 666 (dv TOUTOtc b" ictXy f[ t€ KpäMßouca Kai 6 ""OXi^iroc
TiöXic iiv(&\j\ Ka\ dpoc ö^iAivu^ov, 8 kqI <t>oivtKOöc KGtXciTot. cItb
KtbpUKOC aiTiaXöc. Uta 4>acT)Xk Tpctc Ix^uca Xl^^vac new.) nach-
gewiesen, dasz Bervilius nicht Korykos in Eilikien, sondern die in
Lykien, zwischen Olympos und Pfaaselis, gelegene festung gleiches
BDonoker: %u EnteopiaB. 649
Bttiieiis erobert habe, und unsere historiker sind wol alle darüber
einig, dasx das in frage stehende Eorykos kein anderes sei als das*
jenige, in dem der Ijkische piratenbänptling Zeniketes, ebenso wie
iaOlympos nnd Phaseiis, sein arges wesen trieb, wenn gleichwol
die hgg. des Entr. bis anf Hartel und Droysen herab an der lesart
Confeim Cilieia$ festhalten, so kffnnen sie das nnr in der yorans-
sefcräag, dasz Eatropias in folge unzureichenden historischen oder
geographischen Wissens eine unrichtige darstellung der thaten des
SerriUns gegeben habe, es is^ ja wahr, dasz unser antor in sach*
lieher wie chronologischer hinsieht nicht selten das richtige verfehlt
bat, und so ist es an sich nicht unwahrscheinlich, dasz er auch hier
neh geirrt habe, um so weniger als unmittelbar vorher gesagt i8t>
dtts Servilius Eilikien unterjocht habe, und femer Eorykos in Eili-
kien als blflhende handelsstadt allgemein bekannter sein mochte als
die gleichnamige, von Servilius zerstörte stadt Lykiens. indessen
sehen wir uns doch die worte des textes genauer an : lAfdae urhes
danrnmoB qppugnavü et cepü^ in his Phasdidem Olffmpwm Corycum
OiHäae* angesichts dieser worte kommt die frage : war dem Eutro-
pios gedachter irrtum zuzutrauen? erst in zweiter linie oder viel-
laehr gar nicht in betracht. die frage, deren beantwortung uns allein
iof das richtige (Uhren kann, lautet: war Eutropius ein so unklarer
köpf, dasz er eine stadt Eilikiens in 6iner reihe mit Phaseiis und
Olympos unter die Lyeiae urhes darissimaa rechnen konnte? wenn
heutzutage jemand im ernst behaupten wollte, dasz Greifenberg in
Pommern eine stadt Schlesiens sei oder umgekehrt, so würden wir
ihn Atr unsurechnungsftlhig erklären, dem gleichen urteil Aber Eutr.
können sich diq'enigen nicht entziehen , welche an der lesart Cond-
om Cilieiae festhalten, ich stimme dafür dasz (XUeiae als ge-
dankenloses und sinnentstellendes glossem aus dem texte entfernt
verde, weder Paeanius noch Orosius haben es gekannt.
10) VI 17 GaSUae auUm itiMi nomine annuum imperavü sesUr-
^NN» fiMänmgenUes. anmmm kann der form nach substantivum und
ftdjectivum sein, da das substantivum stets *^jahrgehalt', nie *^jShr-
liclie abgäbe* bedeutet, so passt es nicht in den sinn dieser stelle.
omnmmm ist daher a^jectivum, und dazu zu ergänzen tfüMum. za
ftbenetsen ist die stelle also: ^Gallien legte er unter dem namen
eaes tribntes einen jährlichen tribut von 40 millionen sestertien
sot' wanim drückte sich Eutr. so über alle maszen unbeholfen aus?
varum aefarieb er statt tributi nomine annuum nicht einfach trUnäum
semiMei? die den rOmischen provinzen auferlegten regelmftszigen
etenem hiessen bekanntlich sti^pendium. gegen das ende der republik
erhielten sie den namen MMum. diese namensftnderung soll an
nnserer stelle zum ausdruck kommen; sie musz aber von allen, die
dieselbe nicht bereite anderswoher kennen , unverstanden bleiben,
um sie verstlndlich zu machen, bedurfte es neben der nennung des
neuen namens tribuium auch der angäbe des alten sUpendium. es
fragt sieh nnn : hat Etitr. das was er sagen wollte so ausgedrückt,
650 BDunoker: zu Eutropius.
4b8z es nicht za verstehen ist, oder hat er es verständlich ausgedruckt)
und sind seine werte uns corrupt überliefert? ich bedenke mich
nicht den ersten teil der frage zu verneinen niid den zweiten tu be«
jähen, die quelle des Eutropius ist hier Säet d. Julius 25 cmmm
GtMam . . in pravinäae formam redegU eique quadringetiäes tu sm-
guU>8 annos stipenäü nomine imposuÜ. hiemach hätte Caesar der ab-
gäbe der provinzbewohner nicht den namen Uibutium^ sondera s^
pendiwin beigelegt. Saetonius sollte nicht gewost haben, dandie
bezeichnnng Stipendium für die von den provincialen zu zahlenden
steuern ebenso alt war wie diese selbst? dieser ^soriptor cohoeus'
sollte sich hier in hohem grade ^incuriosns' erweisen? es scheint
mir ganz zweifellos zu sein, dasz Suetonius schrieb: ti^ gna-
dringentiea in singülos annos Stipendium trihuti nomine im-
posuU. für die richtigkeit taeiner coiyectur zeugt Entropios, denn
er las nicht stipendU nominCy sondern tributi nomine. verhKlt sich
dies 80, dann ist es mehr als wahrscheinlich , dasz der ursprüngliche
Wortlaut unserer stelle folgender war: QvUiae au^em tribuänmmt
annuum imperavU Stipendium quadringenties.
11) VI 23 duces autem Eomani erani Fuhkus Comdiiu Sapio
ex genere aniiquissimuo Se^^nonis Africam {hie etiam socer Fmpn
fuer(U)j Marcus Fe^eius^ Quinius VaruSy Marcus Fordm Cäto,
Lttcius Cornelius Faustus SuUae didaioris ßms, conira hos eommissu
prodio post muüas dimicaiianes viäor fuü Caesar. Cato Sapuf
Fetreius luha ipsi se oedderunt. FatAshiS Suüae ^[uandam didaishi
fiUuSy Fompei gener a Caesare imiterfedus est* um eine \aduX on-
angenehm berührende Wiederholung zu beseitigen, haben die fiAkeren
hgg. den zusatz Suüae didaioris ßius bald an erster bald an zweiter
stelle eingeklammert oder gestrichen. Droysen hat die vulgaU un-
verändert wiedergegeben und sich sicherlich damit die anerkennuog
Harteis erworben , der in seiner ausgäbe den zusatz mit ignorienmg
des Paeanius an erster stelle einklammerte, diesen schritt aber später
(Eutr. u. P. Diao. s. 25) revoeierte, weil Oapito den ansats zweimAi
las. Paeanius, der Zeitgenosse des Eutr. (s. Hartel ao« a. 9), bietet
ihn nur Einmal (nemlich an erster stelle), Gapito, der gegen 16U
jähre später lebte (ao. s. 11); bietet ihn zweimal: ergo sclnieb iha
Eutropius zweimal ich kann mit dieser folgemng nicht einverstan*
den sein, wenn Eutr. an zweiter stelle dem Faustus das alleinig«
attribut Fompei gener beilegte, so that er es mit gutem bedacht e»
schwebte ihm gewis ein ähnlicher gedanke vor, wie ihn PlomsH K^.
90 ausspricht : nemo caesus imperio praeter Aflramum {saus igneverai
semd) d FaudumSuUam {docuerai generös timere Fompems) fiiam^
Fompei d parvuhs ex Süüa. Eutr. läszt den Faustus nicht als söhn de»
Sulla, sondern als Schwiegersohn des Pompejus getfltet werdeo. es
gehörte wenig takt dazu, um beim lesen des ursprünglichen teiteä
dies herauszufühlen, der verfertiger des zweiten zusatses besasi ihn
nicht sein ganzes denken und empfinden gipfelte in der b«füichtang.
man könne Faustus, den söhn des Sulla, und Faustus, den schwieiger-
ADoocker: la ButropiuB. 651
Mim des Pompejas, für ▼endiiedene indiTidaen halten, einem eoU
«heu irrfciim wdlte er Torbengen und er that dies in ebenso prakii«
sdwr wie geieÜoeer weiae« die werte Sußae qmndam dietataris
fSm sind zwar ein sehr altes glossem, aber dooh immer ein glossem.
12) Vn 9 miüo t&mpore ante emn magia Bamama res floruU.
nam exiaipHs eknUbus beBis^ in quibus mvichis fuU^ Bamano adiecU
impeno Aßffmpium CkMtdMam DälmtUiam usw. da wir VII 3 lesen :
primoprodio pieU stnU Asiianma et Caesar, so tnnsz nns die behanp«-
taug frappieren, dass CSaesar Octananns in den bttrgerkri^gen nn-
Iwsiegt gewesen sei. doeh lassen wir diese bebaaptang yorliofig bei
Mite and fragen wir nns : wie wollte der autor verstanden sein wenn
fr schrieb: excepiis eivilihus bellis . . Bomano adiecU tniperio
Aegppkm Cantdöriam DaümaÜam nsw.? ich verstehe dies nichts
und man hat es früher aach nicht verstanden, nm in den nnaian
onen vemeiniliohen sinn zu bringen, schaltete man die worte tu gu*-
Un imiäus fuU ein. anf den ursprOngUoben text des Entr. f&hrt
Ol» auch hier Paeanios, indem er ihn folgendermassen ttbersetat:
i|v6na ToCv Ta Tt)c 'Pu»|itic vpäTM^Ta ^dXicTa kot* ainöv öicö
rwy £>i9uXlujv KaOapÖ^vTa woX^^iuv. xal irpoceT^Or) toic
unoKououciv AItuittöc T€ Kai KovTOßpia, AoXpaTia t€ iiA toutoic
danach schrieb Bntr. : nUUo tempore ante eum magis Bomana res
fentü. mm^ excepta est cknUbus beOis, Bomano adiecU imperio
Aegjfptutm usw.: *xu keiner zeit vor ihm war der HSmische staat
Uaheader. denn er wurde den bflrgerkriegen entzogen, dem
fQmischfln reiche fttgte er Aegjpten, Cantabrien, Dalmatien nsw.
Umiu' nachdem te gedeihlichen entwioklong im innern des
reiches erwfihnung geschehen, werden von den Worten Bomano ad-
iedt imperio an die nach auszen hin erzielten erfolge aoi^geafthlt.
13) Vn 17 liest Hartd (und, abgesehen von einigen ab*
«eichongen in der interpnnction, auch Droysen): nam cism isdem
iemporibus guOms Otho QaXbam aedderai etiam YUdUns fadus essä
c Oertnanidams exercUibtts imperator, leBo contra cum susc^pto emn
^pud BetHacwm in Baüa levi proelio vidus essd^ ihgenUs tarnen copias
ed teOnm haberd^ spanie semd oeddU^ dpetentibus müUibus ne tarn
dto de bdk desperard eoenbu^ com tanU se non esse dixissdy uipropter
cwa heRmm oMfe moveretur^ vokmtaria morte dbiü. dieser text unter-
Bcheidel sich von der vulgata znnichsi vorteilhaft dadurch, daes vor
wfmdaria morte obüi nicht ein punctum, sondern ein komma gesetst
ist. aosserdem ist aus dem Gothanus vor peUsMms ein d aufge-
aonunen, daa in den ftbrigen hss. fohlt, das war keine Verbesserung
(tpordt semet ooddU et • • vohmtaria morte ehntl). statt ingentes
tarnen eopias ad bdhim haberd bietet der archetypua des Leidensis
»ad des Bertinianus: cum plures tarnen copias ad bdlmm haiberd
(Pseanins |icTd nXdovoc bk icX/jOcuc icapaTarrö^cvoc). ich glaube
den dieae leaart uns zur herstellung des ursprOnglichen textes fUurt,
woiigttena hat sie mich su folgendem llnderungsvorachlag veranlasat:
apnd Behriamm in BaUa kviprodio vidusestet, cimplwes
• • •
662 £Dancker: sa Eatropias.
tarnen cqpias ad hdlum hdberti^ sponU semet oeddU: petetUüms «liK-
tibus usw. w^n statt est et geschrieben wurde esset , so erforderte
der co]\j. das einschieben eines cimm, das wir in der valgata Toropifd
JBetriacum lesen, in folge dessen wurde in einigen hss. das impiUng-
liche cum (vor fkires tarnen copias haheret) als entbehrlich gestrichen.
14) YIII 7 senatus ei ttibuere noUUt dMnos honares^ tamenemi^
suecesscr ipsvus Tüus AurdüMsAnUmifniS I%iMus hoc vthmmder m-
geret et unwersi senatares pälam resisterent, iandem obtimM, die be*
denken, die ich gegen diese stelle hege, sind in erster linie nicht (wie
es bei Dietsch der fall war, der fttr et glaubte eM schreiben za
mttssen) gegen die form, sondern gegen den inhalt gerichtet. Anto-
ninuB Pins setzte die conseoratio des Hadrianos durch, *obgleioh der
gesamte senat sich öffentlich widersetzte', was soll das heisien?
die Senatssitzungen waren« ausser wo es sich um ein hier nicht in
betracht kommendes senaius consUibum taelium handelte, sn sllen
Zeiten öffentlich , znnttchst insofern die Sitzungen bei offenen thCLren
stattfanden, und femer, da zur zeit der republik die diener der
magistrate {UäareSj viatores^ scribae usw.)« in der kaiserzeit auch der
praefeäus praetario und die Uberti Caesaris zutritt zu den sitiongen
hatten, wenn an unserer stelle nun das verfahren dee senats sog-
drücklich als ein pälam geschehenes hervorgehoben wird, so mnsi es
ein in anderer weise öffentliches gewesen sein als das gewöhnliche,
zu allen Zeiten übliche, aber in welcher weise? oder meinte Entr.
etwa, dasz die Senatoren die fHuste nicht anter der toga ballten, son-
dern offen mit ihrem widerstände hervortraten? nun, wenn ein
Senator einer relatio sich überhaupt widersetzte, so konnte es nor
patam geschehen, bei der rogatio wie bei der sohlieszlichen diseessio.
^ — Doch verlassen wir das rttthselhafte patam und geben wir einem
andern bedenken ausdmck. cum . • univetsi senaiares pätam re-
sisterent heiszt es. es liegt in der natur der sache, daas in einer so
groBzen versamlung, wie die der Senatoren es war, nur höchst selten
Stimmeneinheit erzielt ward, in der bekannten senataaitzung vom
3n december 63 wurde einstimmig beschlossen neun der in Rom an*
wesenden gefährlichsten ftlhrer der Gatilinarischen yerachwönmg
zu verhaften und dem Cicero zu ehren ein dankfest zu veranstalten
(Gic. ffi Cot. lU 6, 13). am In Januar 57, an dem über die zorfick-
berufnng Ciceros aus der Verbannung verhandelt wurde, erfolgte, wie
wir Cic. p. Sestio 34, 74 lesen, eine diseessio sine ütta vaHeiaie. sonst
wüste ich nicht dasz, abgesehen von der uns beschftftigenden sulle
des Eutropius, irgendwann ein einstimmig gefasster senatsbeechhui
erwtthnt würden es hat die Seltenheit eines solchen ereigniaees, wie
gesagt, nichts wunderbares, wann wird im deutschen raichstage ein-
mal ein antrag einstimmig angenommen oder abgelehnt? es sind
dazu ganz auszergewöhnliche veranlassungen erforderlioii* abersnch
dann ist Stimmeneinheit in einer grossen berathenden vertamlofig
nur denkbar, wenn sttmtliche mitglieder derselben frei ihr or-
teil f&llen können, oder aber wenn sie simtlich unfrei.
BDunoker: va SntropiuB. 6fi3
▼on einer despotiBcheii macht beeinflasst sind, daez der
KDat wShrend der kaiserzeit jemals onbeeinflasst gewesen wAre,
bmi nur der nnveratand behaupten, freilich war sein ansehen,
ioneriich betrachtet, unter verschiedenen kaisem verschieden, so
waraa ihm, nachdem er das schlimmste nnter Domitianus erlebt,
imter Tnyanos (Plinins ep. II 11. III 20) und Hadrianus (Ael. Spart.
Adr. 8) bessere tage beschieden, aber wer wollte glauben dasa er,
ioeh unter den fllr ihn günstigsten yerhältnissen, es gewagt hätte
der f orderung des Imperators einstimmig entgegenzutreten, wenn
diflisr emstliöh auf seinem willen bestand (cum hoc vd^emetUer e»»-
^rd)? doch nehmen wir das nnglaublidie als wirkHoh geschehen
n, nehmen wir an dasz der senat nicht nur paHam^ sondern auch in
eorpcre den gestellten antrag abgel^nt habe: in welchem lichte
arats uns dann die handlungsweise des fronunen Antoninus erschei*
BSQ? der Senat hatte die competenz über das gesamte religions*
weaeu. dazu gehörte die consecratio. nur durch ein senatus eon*
ndtom durfte diese erfolgen, wenn nun Antoninus die consecratio
des Hadrianus dem einstimmigen senatsvotum entgegen durchsetzte,
10 verübte er einen gewaltact frivolster art: hatte er doch als im*
poator genügende mittel in hSnden, um seinen willen in legitimer
form durchzusetzen, sollte Eutr. ein derartiges verfahren nicht einer
rtige tOr wert /Brachtet haben? und wie konnte er, wenn er dem
Antoninus ein solches gebahren zutraute, ihn charakterisieren als
mBi ocerdüs, CMfieNs bemgtim?
Es wird dies, denke ich, genügen zum beweise dafür, dasz der
inhslt der werte enm . . umoersi aenatorea paiam reaisUretU im hüch«
rten grade unwahrscheinlich ist. dasz er unwahr ist, dafür
bfiigt uns das durchaus glaubwürdige zeugnis des Dion, der (LXX 1)
ftber die conaecratio des Hadrianus folgendes berichtet: ^f| ßouXo-
Viiytfc Ti)c T€pouc(ac Tdc f)pujlK&c TiM&c boOvai Ti|» 'Abpiav^ tcXcih
thoam biä nvac q>övouc diriqnivi&v dvbpuiv, 6 'Avruivfvoc dXXo
tc iroXXdt baicpuulv ical öbupö^€voc aöroic buX^x^ küI t4koc cTirev *
«odb' trii dpa ÖMorv fipEui, €It6 dKeivoc kqi koköc kqI dxOpöc ömiv
mi noX^ioc ^T^veto' TidvTa fäp bf)Xov Sri tdi irpaxO^vra im*
üÖToC, Av Sv Kai f| iyLi\ noincic icTt, KaraXuccTe.» dKOÜcaca ht
toOto f| Tcpoucia icai albccGeka töv dvbpa, tö b^ rt iuxItovc CTpa-
TiiirToc qx>ßf|e€ico, dir^buiice ti|i ^Abpuxv^i Tdc Tifidc. so verhielt
«B sich in Wahrheit mit der consecratio des Hadrianus, und was
lesen wir bei nnserm autorl Eutr. war ein ganz elender ignorant,
wenn er die beanstandeten werte wirklich schrieb, sehen wir zu ob er
BS sdnieb. zunichst ist zu constatieren dasz Eutr. die consecratie
dsi Hadriamis nicht als über die kOpfe der Senatoren hinweg voU-
logen ansah oder angesehen wissen wollte, das ersehen wir aus
iandem ctütmiL dies iandem gibt dem satze cum . . univeni smor
^orts pälam ruidermii den todesstosz. in diesem wOrtchen lesen wir
dasz Attteninus auch nach der aufifassung des Eutr. nicht nur mit dem
Maat verhandelte, sondern andanemd, hin und her verhandelte,
654 RDuncker: sa Entropixu.
dasz er ihn schlieszUch, um mich des ausdmcks za bedienen, mfirbe
maobte; mithin, als er die consecratio endUdidurchsetste, nieht eiiiem
Senat gegenfiberstand der widerstrebte, sondern widerstrebt hatte*
Man wird nnn Tielleicht meine sämtlichen bedenken i&r ge-
gründet ansehen, trotzdem aber ans pietät gegen die hss. die lesart
der yulgata nicht aufgeben wollen, nun, wenn Eutr. so wonderiiebe
dinge schrieb , so wird in der Übersetzung des Paeanius sieh dock
ähnliches finden, sie lautet: irdvTuiv b€ dvnXcTÖvruiv XP^voi toc
Oeiac ainCb vo|Liic0fivai t^ioc ö biabcEdMCVOc Tf|v ßactXetov Mdpxoc
'AVTUIVIVOC ä^TTfCe XipiV KOt TäC Td>V dvOlCTO^^VUfV ßlOCOMCVOC
ifVi&jüiac €tux€v. die Übersetzung stimmt ja ganz und gar nieht mit
dem texte des Eutr. , sie stellt den verlauf der dinge gerade so dsr^
wie wir ihn uns gedacht haben, und wie er gar nieht anders denk-
bar ist. wir lesen hier nicht dasz der senat pälam widerstrebte,
sondern dasz Antoninus einen druck auf das urteil des Senate ausübte,
dem dieser nicht widerstand, nicht dasz die Senatoren päiam, son-
dern dasz sie paulum sich widersetzten, wir lesen nicht dasz uni*
versi senatores widerstrebten, es steht dort: Tdc Ti&v dvOicra-
liivojv ßiacdfievoc x^dsiiac. vSi/y dvOicrc^i^vujv Utezt nicht auf ein
im original stehendes umversiy wol aber auf diversi schliesaen; js,
was noch mehr sagen will, äv6iCTd^€V0C ist die wOrtliohe über*
Setzung Ton diversua. ich glaube gründlich genug vorgearbeitet m
haben, um nunmehr mit meiner textesftnderung herrortreten zu
können. Eutr. schrieb: senaius ei tribuere nciuU divmas homorts,
tarnen cum mncoeasor ipsius . . hoc vehementer emgeret et diversi
senatores paulum resisterent^ tandem ohtimiü»
16) \ iii20 opus Somae egregium fecitkiwuri^ quaeÄntomma^
appdUmtur, in dem relativsatze quae Antomnianae appdkuntm be-
findet sich kein prfldicatssubstantivum, welches das genus oder den
numerus des relativen pronomens beeinflussen könnte, das relativum
bezieht sich auf ein im sing, stehendes neutrum. trotzdem steht es
im plnr. und ist, wie die form Amtonmumae bekundet, weiblichen ge-
schlechts. Cellarius setzte leichten fusses über diese Schwierigkeiten
hinweg, mit drastischer kürze vermerkte er in seinem oommentar:
^quae Antomnianae] intellige thermae* dieses auskunftsmittel scheint
allgemeinen anklang gefunden zu haben: denn unsere stelle hat an-
beuistandet in allen folgenden ausgaben aufiiahme gefunden, allein
wenn solche kunststückchen, wie sie hier Cellarius uns lehrt, probst
sind, welcher verstosz gegen die congruenz des genus und desnnme-
rus kann dann noch als unerlaubt betrachtet werden? und wer gibt
mir denn überhaupt das recht zu quo/s Antoninianae das wortfAemisf
zu ergänzen? warum schrieb denn Eutr. nicht opus Bomae lyryii«
fecU thermarum^ sondern opus Bomae egregimnfeoä lavacri? «^
kann wol kein zweifei sein dasz Eutr. geschrieben hat: opus Bemsi
egregi^m^feoitlavacra^quaeÄntomnianaapp^tantur. voneiBerge-
waltsamen änderung kann hier um so weniger die rede sein, ^
Sylburg im Fuldensis lavacrOy nieht lavaeri las. es handelt sich abo
RDuncker: in Euk^pias. 66&
nur ma die mnwaiidliiiig von ÄnUrnmianae in AfUonmicma. bedarf es
Boch einer reebtfertigang derselben, so mag folgendes dam dienen.
Vn 15 leeen wir: aedificavü Bomae ihermas^ quae ante Neronianae
Mae mme Alesamdfianae appeüantiwr, Paeanins ttbersetst dies?
oöroü bi fjv €pTOV TÖ Xourpöv, 8 vOv 'AXcEavbpeiavdc npoc-
crropejoiKi, Ncpujvtaväc Td nplv KaXoiJ^€VOV. die Übersetzung
unserer stelle lautet: tQ ^P\b\kX^ M xaHECKCuacc Xovrpöv, öirep de
TÖbc 'AvTttivtviavöv KaXeirm. h&tte Paeanins bei Eatr. gelesen
hwaeri quae Äntomanae appeQantury so würde er sicberlicb *AvTui-
vivionfal gesobrieben baben.
16) IX 18 NwmeriamM quoque ßius eiuSy quem Beeitm Oaeearem
ad Penae duxerat^ aduiescene egregiae indeUs^ cum octdarum deihre
eorrtplue m lediekia vdieretur, imj^ulscre Apro qui socer ems erat per
tfMMÜos occmus est. et ewm dolo occuUaretar ipsius more^ qiMHMque
Aper mvadere poeeet tmperiMm, foetore eadaveris proäUa est. milUes
enim qui eum sequeibantur puiare cammati diduetis ledkutae paMüB
fest äUquoi dies mortem eius natam habere potuenmt. — miUtes . .
mortem eius notam faeere patuerunt entspricbt der Situation weit
mehr als das überaus matte notctm habere. Paeanius übersetzt die
stelle: Turv ^OM^vuiv nvlc ffvoTKäcGiicav • . firivOcai T(!p crpariip
t6 T€T€vim^vov.
17) IX 21 per haec tempera etiam OarausiMS^ qui wUssime natus
i^em$ae müiHae ordine famam egregiam fuerat conseeutuSy eum apud
BoiumiimipertractumBeigicaeetArmericipaeandum maire aooepisset,
fnod FVanci et Saxones infestäbant, muUis harbaris saepe eaptis nee
Vraeda iniegra a/utpr&vinciaUbus reddita aut imperateribus missa cum
9iupieio esse eoepisset^ consuUo ab eo admitti barbaros, ut transeuntes
cum praeda exdperet atque hoc se occasione ditaret^ a Maximiano
mssus occidi purpuram sumpsit et Brüanmas occupavU, eine an-
nflhemd nngebeuerlicbe periode findet sieb bei Eutr. sonst nirgends,
ich Bcblage vor qui^ das vor uilissime sieb sebr leicbt einscbmuggeln
konnte, samt dem davor stebenden komma zu streicben und binter
infestabant ein punctum zu setzen.
18) IX 23 liest Hartel» per idem tempus a Censtantino Caesare
m OoOia hene pugnatum est drea Lingonas. icb würde Constantino
Ar einen druckfebler halten, wenn nicht Canstantio als varia lectio
des Goihanns und Monacensis ausdrücklich angeführt wäre, über-
dies lesen auch Dietscb und Eichert Constantino. es handelt sieb
äier am die besiegung der Alamannen bei Yindonissa. diese war ein
werk des Constantius {paneg. Const. [Vil] c. 6). die siege des Con-
«tantinus über die Franken und Alamannen erw&hnt Eutr. X 3.
19) IX 24 Gakrtus Maximianue primum adversum Narseum
prodimm imsecumdum habuit inter Oaüinicum Carrasqae congressus^
eum ine^msuUe magis quam ignave dimicasset . . . (25) mox tarnen
per Ittfpricum Moesiamque contradis cqpiis rursus cum Narseo Hör-
misdae et Saporis avo in Armenia maxore pugnavit sueoessu ingenH.
wfthrend uns VI 23 Faustus ich mOchte sagen in 6iner minute zwei-
656 BDondcar: zu Eatropius.
mal als söhn des dictators Salla Torgestellt wird, wird hier Naneus
zunächst als ein guter bekannter eingeführt, dann aber wieder als
unbekannte grOsze betrachtet und uns als grossvater des Hormi^as
und Sapor näher bekannt gemacht, es ist dies ein etwas eigentüm-
licher modus, aber, um mit Uartel zu reden, wir * werden uns dies
wie so manches andere willig gefisdlen lassen', oder wollen wir es
uns nicht gefallen lassen? fragen wir den Paeanius. dieser bietet
den Zusatz iräirnoc bk f)V oiStoc Cdiruipl T£ kqi 'Opfilcb^ an erster,
nicht an zweiter stelle, nun , da wird er die entsprechenden latei-
nischen Worte auch wol an erster stelle bei Eutr. gelesen haben, im
Oothanus findet sich nachstehende Wortfolge : Chderim Mmxmianus
jurmum adversum proeUum insecundiiim häbuii, die hgg. schalten
Narseum hinter adveraum ein; ich schalte Narseum Saparis ä Hör-
misdae avum ein: denn ich bin der ansieht, dasz der Schreiber des
Oothanus ebenso gut wie Narseum auch die folgenden Worte nicht
nur übersehen konnte, sondern auch wirklich übersah.
20) X 7 nam etiam Chthoa pod dvüe heüum varie profiigad,
pace iia postremwm daia^ ingeiüemque apud barbaras gentes m-
moriae graiiam oonlocavü, es ist zu lesen: nam diam Chdhospcsl
dvüe bdlum vark profligatnt pace üs postremum data ingeik-
fem apud harharas gentes memoriae gratiam cohlocaint: 'denn aneh
die Gk>then schlug er nach dem bürgerkriege verschiedene male aufs
haupt. durch den ihnen schlieszlich bewilligten frieden stiflete er
sich bei den barbarischen Völkerschaften in hohem grade ein dank-
bares andenken.'
OBBIFBMBSBa IN POMMBBN. BlOHABD DdMOSUU
(35.)
PHILOLOGISCHE QELEGENHEITSSCHRIPTEN.
MeiBzen (landesschale, sar einweihang des neuen schal gebändes 1 jali
1879) abhandlongen sämtlicher professoren der anstatt [H. Peter:
über den wert der historischen schriftstellerei von könig Jobs II
von Mauretanien (s. 1— -14) — W. Milberg; MeUien and die
Albrechtsbarg im j. 1745 (s. 14—22) — Th. FUthex specimini
eradiUonis Afranae Georgio Fabricio rectore scripta (s. 22 — 26) —
R. Schnelle: kritisches sam Panegyricus des Plinios (s. 27— Sl)
— £. Wörner: über den gebrauch der Homerischen mit präpo«i-
tionen sasammengesetsten and mit dem saffis lo gebildeten ad-
jectiva (s. 31—87) — £. Höhne: die positiven berfihrongapiuiett
Ewischen Kant und der evangelischen theologie (s. 38—43) ^
Th. Köhler: les lettres fran^ises de Jean Calvin (s. 43-48) -
C. Angermann: bemerknngen über die abstammang der PeU«^
vom sprachwissenschaftliehen standpanct ans (s. 48—63) — W. H.
Rosoher: sar griechischen lautlehre (s. 63—69) — P. IIeatin<r:
beispiel sar methode der Variation der konstanten (s. 69— 4S) —
C. H. Fleischer: kritisches und exegetisches sam b. Gallieam oad
b. Hispaniense (s. 64—68)]. druck von C. E. Klinkioht n, söhn. gr. 4.
BESTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HBBAUSOEOEBBN VON ALFBED FlECKEISEN.
91.
EUR1PIDI8 FABULAB. BDIDIT BUDOLFU6 PBINZ. VOL. I PAB0 11 :
ALCfiSTls. Lipsiae in aedibas B. G. Teubneri. MDCCCLXXIX. 48 ••
gr. 8.
Der Wunsch, den wir bei der besprechong des ersten hefts die-
ser neaen kritischen ausgäbe des Euripides in diesen jahrb. 1878
1 233 ausgesprochen haben, es möge die arbeit rttstig fortgesetzt
werden und die übrigen stQcke mit gleicher Sorgfalt und gediegen*
heit wie die ^edeia bearbeitet bald nachfolgen, hat sich in bezug
anf die Alke stis erfüllt. Aber die grunds&tze der bearbeitung und
die methode der behandlung brauchen wir uns nicht neuerdings aus-
xuBprechen. von den drei maszgebenden handschriften rQhrt die
coUation Ton B und P noch von HHinck, die von L von HYitelli in
Florenz her; auszer diesen hat Prinz noch a und C, welche er selbst
verglichen hat, fCLr einige stellen auch d und c und cod. Harleianus
5743 berücksichtigt, unter den neuen lesarten ist uns besonders
<puX(nc (so) T. 100 aufgefallen, wie es scheint, nur ein druckfehler.
sollte das nicht der fall sein, so mflste man, da q>ijXaTc in keiner
weise am platz ist, darin eine Verschmelzung von cpopd und dem
übergeschriebenen mjXaic erkennen, und nach iruXuiv irdpoiOe würde
sich allerdings £nl q>9iTuiv 90p^ besser ausnehmen als iiii q>8i-
Tuiv iTuXaic für q)Opd i» £Kq>opd vgl. Soph. Trach. 1212 q>opäc
T€ rot <p6övr)Cic oü TCvfjceTat. die hss. PL haben wieder an einer
nicht geringen anzahl von stellen den Vorzug vor B. bemerkenswert 1 2jO"0
sind besonders folgende lesarten: 2^1 CTepTiGf^vai cq)€ (B fjc cre-
fniOfivai T€)9 262 t( ^^Eetc; äq)€C (B ja^Oec \xt ri npd£€ic; £<p€c.
Kauck setzt unter dem einflusz der frühem geringschätzung von PL
M^Occ für dq)€C. aber p^Gec ^c ist offenbar ein glossem zu dq>€C
nach 266 wie irpdEetc zu ^cHcic, also das ganze ^^6€c ^e ri irpoEeic;
ein glossem zu t( ^eic; ficpcc), 266 ^^Octc \ki^ii )x* (B )ki^tTi ^e
McOet^ fie), 318 cofci Oapcuvet, t^kvov (B toici coTct Gapcuvei wie
/ihrbaehcr fftr cUn. philol. 1870 hft 10. 42
658 l^Wecklein: anz. v. Enripidis AlceBÜs ed. RPrinz.
731), 406 irdrcp Xeiiro^ai (Xetiropai ndrcp), 520 ir^pt (fTi), 735
ÖVTOC (ÖVTCC), 797 <pp6vwv (KttKOÖ), 880 mcTfic (cpiXloc nach 876),
957 k$t' (€Tt'), 985 TÖXpa b* (röX^a xdb*), 989 (pOivouci ((pGi-
vOeouci), 1059 fiXXnc (£XXoic), 1098 ävTOMai (aiToG^ai), 1101
iTiOoC (iT€(6ou), 1123 X^gui (Xcucuj, Xeüccuj). 173 hatPrmxmit
recht aus L fiicXauTOC aufgenommen ; die übrigen hss. bieten dxXau-
CTOC. immer mehr häufen sich die Zeugnisse ftlr die formen ohne c
(vgl. meine Studien zu Eur. s. 366). auch sonst hat L allein die
ältere form erhalten wie Med. 5 b^poc, und so wird man 295 die
durch das Etym. M. s. 413, 9 auf das beste bestätigte ttberliefemng
von L f Sriv festzuhalten und die form mit dem Etym. M. der fal-
bchen analogie anzurechnen haben. 333 wo in PL dXXuiC iinrpc-
TrecTäTTi, in B äXXwc eOirpeirccTäTTi, ist gewis die emendation von
Bothe SKKt] coO ^KirpCTreCT^pa richtig, welche die entstehong der
corruptel am einfachsten erklärt, ebenso dürfte 1112 die gewähl-
tere lesart von PL cl boKCi vor der andern d ßouXci, die sich etwa
zu el boKcT verhält wie das obige t( irpdEeic zu ri ^Eeic, den Vor-
zug verdienen, das gleiche gilt von Xapßdvouc* ^v dxKdXaic (B na.
de dtKdXac). vgl. Hipp. 1432 XaßoO töv naib* iy dxKdXaici, Or.
113 Xaß^ xodc Tdcb' dv x^poiv KÖpac t' djadc, Hek. 527 iTXf)p€C
b* dv x^poTv XaßuiV bdirac* in anderm sinne Hek. 1242 iipaTM' ^c
Xdpac Xaßövra, Hik. 235 buvapiv eic x^^P^^c Xaßtuv, Hipp. 630
Xaßuiv d-nipöv elc böpouc koköv wie eTcui CTdTn<^ Bakchai 289, eicu)
TÖ£a irXeu^övuiv Xaßeiv Ion 524. dagegen erweist sich die lesart
derselben hss. in 1045 }xi\ ^* dvapvrjcgc KttKuiv, welche Pnnzin
den text gesetzt hat, als eine correctur. die Überlieferung [xf\ ^€
^i^vrjcKCic musz man an ihrer absichtslosigkeit als die richtige er-
kennen, da man deren bedeutung (^f| '^d* ^ipvi^CKCic) nicht Te^
stand, wollte man den bei dem verbietenden ^fj geläufigen oon-
junctiv herstellen, dieser hergang verräth sich nooh in dem text
von a iif\ jue pipviiciic, worin der über i ausradierte aocent aof
|Lli^V1lCK€ hinweist, auch 847 durfte irepißdXui (PL ircpißotXur) nicht
in den text aufgenommen werden; die andere lesart irepißoXÜJV ist
durchaus absichtlos und harmlos und gibt sich eben dadurch wieder
als ursprünglich zu erkennen, das unnütze d^aiv dient zur bestiti-
gung. von einer gesunden methode musz also irepißoXu/v beibe-
halten werden; darum bleibe ich bei meiner frühem Vermutung
nepißaXdjV x^poTv tuxuj. ebenso ist 1114 die lesart von B bluten'
ciccXOeiv Trdpa mit dem dem tone der stelle sehr angemessenen
asyndeton als ursprünglich zu betrachten, nicht die von Prinz aof-
genommene lesart von PL bw\xa b\ die geringere Zuverlässigkeit vod
PL thun besonders folgende lesarten dar: 427 peXafiir^itX«)! ctoXq
(^eXoTXiMOic TrdnXoic), eine sehr bemerkenswerte Variante; 479
nöXiv (x9öva), beherzigenswert für andere stellen wie Bakebai 20;
717 cr\iie\a t* «i KdxicTC raOr* d\|;ux(ac (o^^eta xflc cfic ili icd«a*
d^iux(ac), 1025 iroXXiiJV bk jaöxOujv fjXOc x^ip<xc elc d^dc(iroXXui
bt ^öxeqi xcipoc fiXöcv €lc d^dc) , 1089 xnP€^ic ^övoc (xnP^vcei
NWecklein: ans. ▼. Euripidis Alcestia ed. RPrinz. 669
)^^XOC)> 1105 Spa (äOpci). 1097 hat Prinz nach PL Trjv&e T€vva(av
geschrieben; aber die andere lesart f^waluiv steht der emendation
TOB Lenting Ycwatuic, welche als notwendig erscheint, näher.
Was die aufgenommenen emendationen betrifft, verdient be-
sondere anerkennung dasz Prinz die Verbesserung von Reiske-Len-
ting 153 TÖ ixi\ Q\) fi,}/icBa\ Tfjvb' zu ehren gebracht hat auch
119 f. durfte die emendation von Beiske- Härtung Ocuiv bWir*
jcxdpav oOk^t' £x^ "^^va, 1094 die von Herwerden die oi;TTOT' . •
KoXcic ohne bedenken in den text gesetzt werden, sicher ist gleich-
falls die emendation von Eirchhoff Kuavamric ßX^iruiv 261. es musz
aber dann in 254 \i* f\br\ als augenfällige interpolation be-
seitigt werden, so dasz sich ^x^ajvx^P' ^ttVkövtip Xdpwv KaXci'
Ti fi^läcic; und t&ir' Ö9pOci Kuavauric ßX^Trujv nrepuiTdc ''Aibac
entsprechen (^ ^^ ww _i .^ -w* .v^ _> J\, 569 hat Prinz die emen-
dation von Purgold (b iroXuSeivou xal IXcuO^pou dvbpöc ä€( iroT*
oIkoc aufgenonmien. ich habe früher, ohne die Vermutung von Pur-
gold zu kennen, \b 7roXi!i£€ivoc xai iXevd^pou dvbpöc vermutet und
balte dies allein für richtig, einerseits entspricht es am meisten dem
jKMtischen stil , anderseits erklärt sich die corruptel (b iroXuEeivoc
Kai äeuOcpoc am einfachsten, wenn man iXcuOepoc unter dem ein-
flnsz des vorhergehenden iroXi}£€ivoc entstanden sein Iftszt. wenn
nur bemerkenswerte coi^ecturen angeführt werden sollten, dann
bitte eine Spielerei wie TÖb' f)v832 nicht erwähnt werden dürfen.
tu 877 wird die Vermutung von Härtung c* fvavra vorgebracht,
wenn ich ausserdem die mir vorliegenden commentare ansehe, musz
icb Bohlieszen dasz man den Zusammenhang der stelle wenig beachtet
bat. die folgenden werte des Admetos I^VT|cac 6 iiov tppivac
IAkuiccv, mit denen man Soph. Ant. 857 f^paucac dXTeivoTdrac
i\io\ ^€p{^vac usw. vergleichen kann, weisen bestimmt daraufhin,
dasz in den worten des chors die anregung gegeben war zu den wei-
teren reflexionen des Admetos, einem dem Euripides geläufigen
tbema, ob es besser sei zu heiraten oder für sich allein zu leben, der
cbor musz also etwa gesagt haben : ^niemals das antlitz einer lieben
gattin gesehen zu haben wäre diesem knmmer vorzuziehen gewesen.'
die entsprechende emendation der stelle ist mir nicht gelungen: t6
M^ot' eiabctv q>iX(ac dXöxou irpöcwiröv c' Av ?iv dXunov befrie-
digt nicht
unter den selbständigen emendationen von Prinz geflQlt be-
Mttders die sn 366 Tpöirov (für xpövov). auch die zu 1141 ''tXtic
(fDr qjM^) ist sehr ansprechend. 304 bezeichnet er dpuiv mit recht
^ «nstflsrig. PL haben Tuiv ^iX^v. Mekler krit beitrage zu Eur.
ond Soph. (Wien 1879) s. 9 vermutet v^^uiv. aber mit *bring es
über dich sie (deine kinder) als herren des hauses zu betrachten' ver-
langt AJV^<^'« zu viel; so lange Admetos lebt, ist er herr des hauses.
der sinn verlangt TOUTOuc dvdcxou bccirÖTac Tp^9uiv bÖMuiv.
325 mochte Prinz Kcbvf)c für itaibcc schreiben, allein iraibcc läszt
sieh nach col \kiv^ ttöci kaum entbehren, und dpicnic ergänzt sich
4«*
660 I^Wecklein: anz. v. Earipidis Alcestu ed. RPrinz.
leicht aus dem vorhergehenden, in 363 dXX* oOv ixeice irpocböxa
ix\ drav Odvuü vermutet Prinz ^kci cu. nur der bedenkliche ruf der
Partikel yk kann ihm das richtige verdunkelt und ihn abgehalten
haben mit dxeT ye das legitime dXX' ouv . • T^ herzustellen. 827
bezeichnet auch Prinz irpöcuiTtov als verdächtig; ich habe frflher
TÖv CToXpöv (oder töv it^itXov) vermutet; dem zieht Mekler ao.
B. 14 ircTTXiiipar' vor, wie es scheint mit recht
Daran schliesze ich noch einige bemerkungen, die mir bei der
lecttlre des buches in den sinn gekommen sind, in i\br\ It TÖvbe
OdvaTOV elco'pw n^Xac tcpf) Oavövrwv 25 ist der aorist Oavdvruiv
anstöszig; man erwartet 6vtick6vtuiV| da der tod sich eben beim
sterben selbst als iepcuc bew&hrt; überdies ist OavövTUiv nach 6d-
vaTOC nicht geföllig. es wird Icp^ q)6ivövTU)vzu schreiben sein:
vgl. 55 v^uiv q>8ivövTUiv M€T2[ov dpvu^al T^P<3(C. — Ein grosxer
Wirrwarr herscht noch in 44tf f. , wo der gedanke *(man wird dich)
in Sparta (preisen) bei jeder feier der Eaimeen' also gegeben wird:
CTidpia kOkXoc dviKa Kapveiou irepivicccrai Apac |ir)vdc dcipo-
^^vac navvuxou ceXdvac. wozu soll ^r)vöc gehören? zu Kopvciou?
aber jedermann wird Kapveiou (Jjpac verbinden, zweitens fehlt n
TreptvlcceTai eine nähere bestimmung. was soll endlich der genitiT
deipo^^vac tt. ccXdvac? der sinn soll doch offenbar sein: * wenn die
Kameenzeit im Umlauf beim voUmond ankommt.' denn zur toII-
mondszeit des monats Kameios wurde das fest gefeiert, wir mtlssen
schreiben: CirdpTf kukXoc dviKa Kapveiou Trepivtcccrai i&pac q)^T-
Toc deipojüi^vac navvuxou ccXdvac der scholiast, welcher die er-
klärung gibt: ÖT€ fdp iravcdXnvöc dcTi, bx* 6Xr)C xt\c vuktöc <p^T-
T€i, scheint noch «p^TTOC gelesen zu haben, mit dem aosdnick
irepiviccerai fpivxoc kann man das Homensche i^^Xtoc ^€T€vicc€TO
ßouXuTÖvbe (FT 779) vergleichen, wenn 321 die coigeciur vonfler-
werden oi)b* tc TpiTOV ^0l q>^TTOC richtig ist, so haben wir den
gleichen fehler zweimal in diesem stficke. — In 574 {rXa bi coia
fiilXovöpac iv böjüioic T€V^c6ai ist bö^oic unerträglich, nicht nur
weil die herden nicht im hause geweidet werden, sondern anch
wegen der anrede ib . . oIkoc. man wird erwarten: 'o gastfreund-
liches haus — nicht in deinem hause , sondern -^ auf deinen triften
weidete ApoUon die herden', also dv vOfAOic. vgl. Kykl. 61 noi-
ripouc XeiTTOuca vo^oOc. — Ein fehler der Überlieferung musz noch
in 713 vorliegen, ich habe in meinen Studien zu Enr. s. 364 ^ciZova
l\i)r\c fttr ^€i2Iov' dv 2[(lbr)C gefordert, um einen anhaltspunctfllrdpq
zu gewinnen. Prinz belehrt uns dasz dieser verschlag bereits von
Schäfer gemacht worden ist, und setzt ^eiZova l^r\c in den text
allein abgesehen davon dasz Kai jüif|V . . T^ besser zu einer behaaptong
als zu einem wünsche passen dürfte, kann, wenn Admetos sagt: V
allerdings länger als Zeus mögest du leben', dies gewis niemand ein
fluchen wider die eitern nennen, derselbe mangel innem zusammen*
hange fällt bei 719f. auf: AA. ei6' dvbpöc fXSoic TOÖb^ t'^CXP^iov
TTOT^. 06. \xYf\QT€ve iroXXdc, dic 6dvu)ci nXcIovcc. man sollte doch
N Wecklein: anz. ▼. Enripidis AlceBÜs ed. BPrinz. 661
erwarten dasz Pheres anf den wnnsch des Adxnetos ^mögest da in
eine läge kommen meiner zu bedürfen' etwas erwidere, nun aber
ist dies eben der einzige vers in der ganzen stelle, nach welchem
jene worte dp^ TOveOciv oöb^v ^köikov iraOuiv einen sinn nnd ihre
ToUe bedeutung haben, daraas ergibt sich dasz die folge der verse
in anordnnng gerathen ist dieser fehler tritt in der Überlieferang
des £aripideischen teztes bekanntlich hSofig anf. die falsche Ord-
nung ist Öfter durch zudichtung von versen in einen einigermaszen
ertrSglichen zustand gebracht worden , wie ich in meinen Studien za
Eur. s. 345 an einem eclatanten beispiel (Herakl. 961) gezeigt habe,
▼gl. dazu auch curae criticae s. 15 f. an unserer stelle erhalten wir
den richtigen fortgang der gedanken bei folgender Ordnung:
06. ipuxtl 1^^^ 2^Vy oö buoiv iq>€iXop€v.
AA. Kai |Lif|v Aiöc Tc M€iZov' fiv lwx\c xpövov. 718
<^€. ^vyjcTCue iroXXdc , djc 9ävu)Ci nXciovcc. 720
AA. q)eO.
cte* dvbpöc fXOoic ToOb€ t' €lc XPciav ttot^. 719
<t^. dp$ TOveOciv oöblv ^xbiKOv naOuiv. 7i4
AA. jutaxpoO ßiou föip ^cOö^riv dpujvTd cc. 715
06. dXX' oö cu vexpöv dvrl coO TÖvb' dKq>^p€ic; 7i6
AA. cd toöt' dv€iboc* oö ydp fjGeXec 0av€tv. 721
0€. q>{Xov TÖ q)^TToc toOto toO OeoO , <piXov. 722
AA. KQKÖV TÖ \f\lia KOÖK tv dvbpdciV TÖ CÖV. 728
bei dieser Ordnung fallen 717. 718 weg, und das ist ein neuer ge-
winn, kein Verlust: denn wenn 717 dipeia Tf)c cf)c, (b Kdxicr', i\^\)^
Xuxc Torausgeht, ist 723 nur eine lästige Wiederholung des gleichen
Torwurfa und 718 oöroi Trpöc fmüjv T* ujXct'^ ouk £p€ic TÖb€ sagt
dasselbe wie 716, nur in trivialer weise, zu dem festen gefüge der
gedanken, welches unsere Umstellung erzielt, bemerke ich nur dasz
Admetoa die einrede des Pheres 'man lebt nur Einmal in der weit'
(712) spottend mit 'ja, ewig* (713) erwidert, worauf Pheres den
Torwurf des q>iX6i|iuxov zurückgibt mit dem hinweis, dasz Admetos
seine flrauen für sich sterben Iftszt (720) und um 'ewig' zu leben
nur yiele franen zu heiraten braucht
Bamberg. Nicolaub Wbcklkiii.
(71.)
ZDB KRITIK D£8 EÜRIPIDES.
L In jenen dramen des Euripides, die weniger leser angezogen
haben nnd durch handschriftliche vervielfllltignng minder verbreitet
worden sind, haben sich nicht wenige verslücken von bald grOszerm
bald geringerm umfimg erhalten, anders in stücken, welchen die gunst
des pnblirams bis in späte zeit gewogen blieb, hier konnten die
oaterlassungssflnden unachtsamer Schreiber nicht so lange unbemerkt
bleiben und sowol wirkliche als vermeintliche versverluste — die
662 SMekler: zur kritik des £aripides.
letzteren verrathen sich ua. durch die Störung der stichomTtbie und
andere Verletzungen der in der alten tragOdie herschenden fbnn-
gesetze — wurden durch die gutgemeinte bemUhung eifriger cor-
rectoren gedeckt, ebenso auch die iQcken inmitten von verseiL aber
selbst in vielgelesenen tragödien wie den Phoinissai und der Medeia
begegnet man hie und da versausfUUen wenn auch jfingem datanu.
Oft liegt die ftuszere veranlassung für den ausfall einer idle in
frappanter klarheit vor. so in der Helene, auch ohne die parodie dtt
Aristophanes in den Thesmophoriazusen wüsten wir dasz zwischen
660 (b Oeoi - Oeöc t^p xal tö tiTvwckciv q)(Xouc
und 562 'QXrivic * dXXd xal tö cöv 0^Xui ^adeiv
eine lücke klafft, nicht aber, wie der in den Euripides-hss. fehlende,
vom komiker erhaltene vers lautete, er hiesz :
'EXXtivIc €l TIC i^ 'TTixuipia Twvt^J
warum er übergangen wurde, erklftrt sich von selbst.
Durch Plutarch ist uns Hik. 972 ff.
IxiXea iraiböc iv oIkoic
KCiTai jivrifiaTa, ir^vOtjiot
Koupal kqI CT^q>avot KÖjüiac,
Xoißai T€ vcKUuiV q>8t^^vuiv,
doibai, T&c xpucoKÖ)üiac usw.
der vorletzte vers glücklich erhalten, bei Euripides selbst ist er rer-
gessen. der Schreiber der stammhandschrift sprang von AOIBAI za
AOIAAI über.
Alk. 141 f. lauten:
G€. KalZuicav elireiv xal OavoOcav £cti coi.
XO. Kai TTiuc ftv auTÖc xaTOävoi t€ kqI ßX^itoi;
in den hauptvertretern der ersten handschriftenclasse vermissen wir
den ersten vers.
Dagegen kennen wir aus den hss. dieser dasse allein
Alk. 275 f. ^f) Ttpöc C€ 6€(£iv tX^c fi€ irpoboGvcu,
Mf) Trpöc TralbuiV oOc öpq>avi€ic
den zweiten der verse, der in der durch Pal. Laur. repräsentierten
classe fehlt.
Phoin. 1345 f. otfioi Su|iq)opac ßapuTTOTfiUJTäTac,
oifioi KaKtSjv bOcTr)voc' (b TdXac iftb.
Eirchhoff bemerkt hierzu : 1346 om. BC, in margine scriptum habet A.
Med. 243 f. ZriXuiTÖc aiuiv el bk ^i^, GaveTv xpc^ibv.
dvf|p b\ ÖTttv Tok fvbov fixÖnTCti EüVUlV
übergeht der Schreiber von £ (Prinz) die zweite zeile,
Tro.l242f. €lb*fmäc6cöc
&Tp€Hfe Tfivui iTcpißaXdiV xdTuj x6ovöc
der von 0 (Kirchhoff) gleichfalls die zweite.
In meinem aufsatz *zur revision der frage der oaesura media im
iambischen trimeter des Euripides' (Jahresbericht des akad. gTSin-
in Wien 1878) s. 38 habe ich einen ähnlichen fall (Hik. 303), wobei
die gleiohheit der versschlüsse zur unmittelbaren Ursache des tstb-
SMekler: zur kritik des EnripidoB. 663
aus&lls geworden sein dürfte, zu erweisen versucht, ein nenes bei-
spiel ftige icb im folgenden hinzu.
Mit rührender beredsamkeit schildert Megara im eingang des
Herakles dem greisen Amphitrjon die furchtbare läge, in die ihr
ganzes haus gerathen isty seit Herakles in den Hades hinabgegangen
und Ljkos sich gewaltsam zum herm des landes aufgeworfen, von
ihren kleinen erzfthlt sie :
clc 2X6YXOV äXXoc äXXoOev iriTViuv,
(b MnTcp , aub^, iToi Ttarfip fiirecri ff\c;
T\ bpä; 1TÖ6' ffiEex; riji v^ip b' dcq>aX^^voi 76
£riToOci TÖv t€k6vt '. ifdi bk biaq>€pui
XÖToici jiuOeüouca.
ehe ich auf mein eigentliches thema komme , möchte ich bei den zu-
letzt angeführten worten ein wenig verweilen, sie können nur be-
deuten: *ich ziehe die kinder hin, vertröste sie damit dasz ich ihnen
etwas vorplaudere, geschichten erzähle.' so wäre Xdrotci mit bta-
9^pui eng verknüpft diese annähme aber hat zur Voraussetzung, dasz
biaq>^pui, wofür wenigstens der Sprachgebrauch der tragödie keine
parallele darbietet, im sinne von Wertrösten, beschwichtigen' ver-
standen werden muss. deshalb wol hat Nauck einmal bucq>opui con-
jiciert, auf welchen verschlag ich gleich zu sprechen kommen werde.
er hat ihn fallen gelassen und Eur. Studien 11 156 sich anders aus-
gesprochen : 'es ist sehr gewöhnlich im griechischen Xöjouc X^T^ty
zu verbinden; dagegen XÖTOic ^uOeOeiv oder XÖTOtc X^T€iv ist uner-
hört und völlig undenkbar, dazu kommt dasz XÖTOici ^uOeuGUca
höchstens ein erzählen, nimmermehr aber, was gerade hier der Zu-
sammenhang fordert, ein beruhigen durch werte bezeichnen könnte.'
indtoi er XÖTOici ^uGcOouca aus ^uOotci ^uOcüouca und dieses wie-
der aus ^uOoici irpadvouca ableiten will, beseitigt er sowol Xöjotci
als ^uOeuouca; die änderung ist jedoch nicht weniger unstatthaft
als die Hartungs XÖTOici napa^udoCca: denn nur wenige verse spä-
ter wird Megara von ihrem Schwiegervater das zu thun aufgefordert,
wts sie schon jetzt ungemahnt zu thun behaupten würde:
dXX * f|cüx<£^ Kai baKpuppöouc t^kvujv 98
itrxfäc dqHxipei xal irapeuKifiXci XÖTOtc,
icXenTOuca ^uGoic &6Xiouc icXoTtäc ömu)c
die stelle würde an Verständlichkeit und Schönheit zugleich erheblich
gewinnen, wenn man mit benutzung jener co^jectur Naucks lesen
wollte: ifw bk bucq>opu) XÖTOtctv edOu^oOca, worunter das
lächeln unter thränen verstanden ist, zu welchem die mutter durch
die unruhigen fragen der kinder gedrlbigt wird : *um sie zu beschwich-
tigen, musz ich heiter erscheinen, indes der gram an mir nagt.'
XototciN€T6YM ist, wie man sogleich erkennt, für ein flüchtiges
aoge mit XoTOtciMYGCY leicht zu verwechseln gewesen (vgl. Nauck
in61.0r.-B. ¥111411). zu Xdroici vgl. Her. 688 f. iroXXouc it^vriTac,
öXßiouc bk T^ XÖTty boKoOvrac elvat. Hipp. 413 f. picui bi xal t&c
ci(Hppovac iiiy £v Xoto ic, XdSpa bl TÖX^ac ou KaXdc KCKnuüi^vac.
664 SMekler: zur kritik des Earipides.
Or. 287 TOic fifev XÖTOic iiöq>pav€, xoic 6* JpYOiciv oö. Phoin.
359 f. 8c b* fiXXiwc XdT€i, XÖToici xoipci, töv W voOv ^kcic' l%iu
Megara fährt fort :
80 vOv oöv Tiv' iXnlb^ f| iTÖpov cujTiipiac
^EeujiapUlei , irp^cßu ; irpoc ck fäp ßX^irui.
ITÖpov (für hsl. TT^bov, welches Heath rechtfertigen will, Canter
und Beiske in unbefriedigender weise änderten), ist eine gesicherte
emendation Musgraves. an 4E€U|iap{2[€i geht die erklärang bzw. die
kritik vorüber, gewis mit unrecht, das verbum ^S€UfiapiZ€tv ist nnr
noch aus dem prolog desselben dramas nachgewiesen, wo darchaas
sinngemäsz, wenn auch mit nicht zu verkennender incongmenz der
construction (17) cujiqiopäc hk räc i^&c ^Eeu^apUiuv xai
irdTpav oiKCiv GeXwv steht, allerdings würde man den infinitiv
lieber sehen, das wort aber trifiPt nach ableitung und verwendang
an diesem platze zu. es heiszt ^erleichtern' und kommt ungezwungen
zu dieser bedeutung. dagegen kann an der andern stelle iXiribo 1\
ITÖpov cumipiac ^EeuMapiZecOai nur so viel sagen als 'eine hoffiiosg,
einen aus weg, der zur rettung führt, leicht h erb e isch äffen ,
leicht ausfindig machen.' das lezikon hat daher auf gmod
unserer stelle ein medium ^€U|iapiZ€cOat zu statuieren, das gar
nicht mehr die natürliche bedeutung festhält: denn Megara und
überhaupt wer in solcher Situation sprechen mag, sagt nicht: Vel-
ches mittel schaffst du leicht herbei?' sondern entweder 'welches
mittel schaffst du herbei?' oder 'schaffe eines herbei', die Vorstel-
lung des eöfiapuic iTapacKCudZeiv verträgt sich nun einmal nicht
mit dem tenor der rede. Naucks feine beobachtungsgabe bewährt
sich auch hier, wenn er Ü^v^apllexc vorzieht, doch nicht ohne hin*
zuzufügen *nisi gravier sit corruptela'. in der that würden wir un*
recht daran thun, dem sonst nirgends, in demselben stück aber zwei-
mal kurz nach einander erscheinenden, soweit wir wissen, von Eori-
pides neugeprägten verbum mit der doppelten Interpretation einen
phraseologischen zwangscurs aufsudrängen; um bei dem bilde zn
bleiben , es musz an der zweiten stelle seinen nenn wert bewahren.
Gegen dSeuMapiZei liesze sich nun, da es mit dXiTlöa und iröpov
nicht wol zusammengebracht werden kann, die stabilitftt des tragi-
schen Sprachgebrauchs ausspielen^ wonach i£€upicK€iv der hier er-
forderliche begriff wäre: vgl. Med. 260 i[}f \xo\ iTÖpocTiC^iix<xvii
t' dSeupeO^. Alk. 221 Igeupe jüiriXttväv tiv* "Ab^i^Tip kokäv.
Hei. 1022 fEoböv t' €upicK6T€ (Nauck). Iph. Taur. 875 riva
CGI ITÖpov eöpo^^va. Iph.Aul.356Tivat TTÖpov cupui iröOcv.
Herakl. 169£XiTib' €uprjc€iv, das iröpov ilOpc Ocöc der sdilnsz-
anapäste mehrerer dramen und ähnliches bei Aischjlos und Sopho-
kles (Prom. 59. Sieben 209. OT. 42. £1. 875). es könnte dedndert
werden, bei weitem wahrscheinlicher sei dasz Euripides beillnfig
Tiv* iXiTib* f{ ITÖpov cwTiipfac dEcOpecfiMiv, irp^cßu; geschrie-
ben, um so mehr da ^^^|p£CHM^| ^^^ ®^^® sieben bnchstsben
SMekler: zur kritik des Euripides. 665
der nrhandschrift umfaBsende Ittcke zu weisen soheint. allein dies
hiesze die sacbe ttbers knie brechen, versetzen wir uns selbst in
die läge eines redactors, der sieb vor ein lückenhaftes Schriftbild
€£€T TTP6CBT gestellt sah. werden wir nicht zugeben
müssen, es sei zehnmal glaublicher, dasz er bei einiger kenntnis
seiner aufgäbe die lücke gerade so wie wir es gethan hätten, mit
Zuhilfenahme des naheliegenden £S€upicKeiv, als dasz er sie durch
das ganz abliegende ^eupaplZeiv ergänzte? denn auch wenn ihm
noch von v. 17 her dieses letztere im ohr lag, muste er fühlen dasz
es hier nicht genügen kOnne.
Was ist somit zu thun? ich glaube, aus der thatsache, dasz
ä€U|iapiZ€iv (-€c6ai) überliefert ist, ergibt sich notwendig die fol-
gerungy dasz irgendwie von einer erleichterung der bösen
läge, in welche die an dem gespräch beteiligten personen gerathen
sind und woraus sie sich zu befreien begehren, die rede sein muste ;
combiniert man jene thatsache mit der oben berührten beobachtung
des constanten gebrauchs von (£E)€upicKetV; so ergibt sich weiterhin
mit einiger Wahrscheinlichkeit, dasz eine gröszere lücke vorliegt:
vOv oöv Tiv' ikrtlb' f\ TTÖpov cuinipiac
dEeOrpec fmiv, ^ tux^v buvaipeO' &v
iEcujMaptZeiv, irp^cßu; irpöc c^ T^p ßX^irui.
die gleichen versanfllnge haben irregeleitet; die nächste Wirkung
war, dasz der nunmehr beziehungslos gewordene infinitiv ££€U^api-
liw in ein verbum finitum umgewandelt werden muste.
n. Medeia 160 ff.
J) jiCTdXa Ql\xx Kai it6tvi' ''AprcMi,
XeucceG* & irdcxuii M€T<iXoic öpKOic
£vbT)caM^va töv xordpaTov
nöciv; 6v ttot* ^tui vii^<pav t* £ciboiji'
auTOic M^XdOpotc btaKvaio^^vouc,
oX T * iv^^ iTpöcOev toXmuuc * dbiKcTv.
J) itdT€p » (b nöXic , J)v dTTcväcOiiv
aicxptltc TÖV iixöy xrcivaca Käctv.
es kann gar nicht zweifelhaft sein, dasz der schlusz dieser anapästi-
schen reihe in irgend einer art beschädigt ist. zwar scheint nichts
zu fehlen, und die letzten werte geben wirklich zu keinem tadel an-
lasz, aber man sieht nicht, welches motiv den dichter dazu führen
konnte, dem sjstem nicht den gewohnten abschlusz durch den par-
oemiacns zu geben, wie das im ganzen kommos geschieht, wenn eine
gröezere reihe schlieszt :
110 i|fux^ bnx^fca KaKOiciv.
114 cdv narpi, xal iräc bö^oc £ppot.
130 bai|xuiv, oIkoic dir^bwKev.
143 iropaOaXiTOM^VTi q)p^va ^u6oic.
147 ßioTdv CTUT€pdv irpoXiiroOca.
172 b^cTTOiva xöXov xaTairaucei.
203 baiTÖc itX^pui^a ßpoToiciv.
666 SMekler: zar kritik des Euripidea.
dasz eine so karzathmige versreihe wie
97 bücravoc i^Oj \xekia t€ ttövuiv ,
iui \ioi MOi , itu»c &v öXoipav ;
oder Hipp. 1353 ff., wo der sprechende nicht abbricht, sondern in
neaen rbythmen wieder anhebt, nicht zn yergleichen sind, gilt mir
für ausgemacht, ein gleiches ist von den andern bei Christ metrik
der Gr. a. B.' s. 255 angefahrten tragikerstellen zo bemerken.
Heimsoeth will an nnserer stelle den paroemiacns durch eine
Umstellung erhalten^ der sich vorwerfen iSszt dasz sie die über-
lieferte einfach schöne Wortfolge einer zum mindesten weniger ge-
fälligen opfert:
\b irdrep, (b ttöXic, div xdav alcxpwc
TÖv i^öv KTcivac* direvAcOiiv.
Kirchhoff urteilt anders und richtiger über die methode der hental*
lung: 'cum probabile non sit hoc systema paroemiaco finitum non
6880, post xdiciv quattuor sjllabarum vocem excidisse suspicor.' das
erforderliche wort und mit ihm den nicht unwillkommenen abschlosz
des gedankens glaube ich gefunden zu haben in :
(ü TrdT€p, (ü iTÖXic, (Lv dneväcOnv
alcXPÜtlC TÖV iiiöv
KTcivaca xdciv , b 1 6 X uj X a.
vgl. das vorhin erwähnte ttuic ftv ö X o ( ^ a v und v. 704 d X u; X a , so-
dann folgende apostrophen: Andr. 1176 ib iröXi BeccoXiac, bio-
XiuXa)üiev und Her. 754 (ZJirdcaKdbMOUTa^', diröXXupaiMXw,
namentlich den fthnlichen schlusz der anapftste Tro. 1253 [ki^o. b'
'öXßicGck die Ik TtaT^puJV | dTaOuiv ^ir^vou, | b€iv«]ji tevdTip btöXuu-
A ac. so zeigt Euripides eine deutliche Vorliebe für den schlusz mit
dem verbum biaicvai€iv: El. 1307 Sxr\ iraT^puiv biCKvaicev.
Herakl. 296 Miuxnv fjXGev btaKvaicai. Iph. Aul. 27 koi 5uc-
-dpecToi bUxvaicav. Ejkl. 486 Xa^irpdv ^Hiiv biaKVoicci.
Der anfang desselben Systems ist, wie bekannt, in neuerer zeit
viel umstritten. Prinz nennt als die wahrscheinlichste vemmtucg
die Weils (und Heimsoeths): tL pLCfäke, ZeO Kai 6^^i nÖTVia, | Xeüc-
<e6* & irdcxu) und daneben die von Wieseler: di ^€T&X€ ZeO itÖTVid
t' (b Qi^xx, beide vorschlüge fuszen auf zwei jetzt fast allgemeis
adoptierten und, wie mich dünkt, richtigen erwägungen: dasz erstens
Artemis in dem Zusammenhang der ganzen stelle, zumal von Medei&.
nicht angerufen werden kann, und dasz zweitens schon wegen (16S
kXij€6' da X^T€i KdTTißodTat | Qi\xxv eöicratav Zf)vd 6* 6c ApKuJv
OVTiToTc Tafiiac vcvÖMicrai; Zeus angerufen werden muss. wie aber
erklären wir, wenn auch jene verbesserungsvorschÜLge, was tage*
geben werden musz, sachlich zutreffend sind, das fortrücken des
6^^t von seiner stelle im dritten bzw. vierten fnsz des dimeters
in den zweiten fusz, wo wir es samt dem zugehörigen epitbeton fin-
den und zwar vollkommen unverdächtig? keine der vermutnogen
gibt hinreichenden aufschlusz Ober die entstehung unserer tradition;
beide setzen einen corrector voraus, der den irrtum lü peitiXü BcMt
SHekler: Etur kritik de« Enripidefl. 667
Kol 8^^i irdrvia (oder irörvtä t' ib Oiiii) vorfiand und so viel ver-
stand, eine metrisch correcte, aber auch sogleich so ungeschickt war,
eine inhaltlich unmögliche correctnr zu erdenken, von deren Wider-
sinn er sich sogleich überzeugen mäste, im gegenteil, eben das unza-
lissige ''ApTC^i, durch bloszen zufall metrisch untadelhaft, deutet auf
naive, nicht vorbedachte correctur eines wirklich oder scheinbar
der erginiung bedarftigen textes; der liame der Themis hingegen,
der einzig haltbare in der überlieifemng und ftlr die Wiederherstel-
lung des Verses einzig brauchbare, sollte doch nur unter Währung
seines platz es inmitten der beschädigten Umgebung zum krjstal-
lisationspunct der neugestaltnng des textes werden, dies könnte ge-
schehe]», wenn wir uns vorstellen dasz von ITOTNIA APT6MI nichts
echt war als die buchstaben ONIAA € und diese ein rest von
(b fiCTäXa e^jiii kqI [Kp]oviba [Z]€[C],
womit unser zweck ohne heroische mittel erreicht ist der vers
wire 80 gebaut wie der ebenfalls in klageanapftsten vorkommende
V. 68 der Hekabe: ib crcpoird Aiöc, (b CKoria vuE. zu Kpovi5f)C
Z€uc Tgl. Bakchai 95 und Hek. 473 f.
m. Alkestis 132 ff.
irdvTa tdp ^br) TcrAecTat ßaaXeöci ,
irdvTuiv b^ Ocwv ^Tri ßm^oic
alfuSppavTOi Oucim irXi^peic ,
oöb ' £cTi xaKdiv £koc ovib^v.
so kann Euripides nicht geschrieben haben, gewis hat in der ersten,
wahrscheinlich auch in der zweiten zeile der text schaden genommen.
*lacera sjstematis anapaestici membra' nennt Kirchhoff die worte
ifdvra . • ßuiMoTc mit vollem recht, doch ist Nauck (studien 11 53)
nicht ohne gmnd dem verfahren Kirchhoffs, welcher
irdvra fäp ffiri ....
TCT^CCTat ....
ßaciXcOct ....
itdvTuiv bi OeOiiv ....
im ßuiMoTci ....
abteilt, entgegengetreten, er selbst ftuszert sich folgendermaszen :
'das anapBstische metrum wird durch die worte TCT^XccTai ßaciXeOci
gestOrt, und eben diese worte sind von Seiten des sinnes ihrer un-
Uarheit wegen anetOszig; nachher befremdet der paroemiacus ndv-
Tuiv hl 66I&V dtri ßui|ioTc, und endlich ist irXrjpcic als attnbut von
Oudai unverstftndlich.' seine annähme, die enden von 131 — 134
amen in der nrhandschrift nicht mehr leserlich gewesen und nun
dorch falsche zusätze ergttnzt worden , hat viel ftlr sich ; sehr glaub*
lieh ist mir, dasz der fragliche paroemiacus zum akatalektischen
dimater ergiinzt werden mQsse. ob Ouciai itXif)p€ic anzutasten ist,
weisx ich nicht zu entscheiden, denke jedoch dasz es durch fr. 904,
3 ff. cö b^ )ioi I duciav fiicupov iroTKopicciac | btiax irXl^pi)
irf>oxv0eicav einigermaszen geschützt ist. was Nauck und mit
ikm Prinz den meisten verdacht erregt, TCTAccrai ßaciXcOct, halte
668 SMekler: cur kritik des Euripides.
ich für ganz richtig überliefert: 'alles ist aufgewendet vom kSnig,
das Unheil zu beschwören', das bedeuten die werte. ßaciXeOci steht
wie 138 t>€Cir6Taici, 212 Tupdvvoic, um den herscher zu bezeich-
nen, es konnte nun freilich mit plastischerem ausdruck gesagt wer*
den: 'alle spenden (opfer) sind dargebracht', und das subjectdes
TCT^XecTat mochte ii\r\ sein, das bei Euripides selbst für 'opfer,
Opferbräuche, weihen' stellt: Hipp. 25 C€^vuiv ic äi|fiv Kttl T^Xf)
jiucTnpiuiv. Med. 1382 C€Mvf|V ^opTf|v fai Ti\r\ irpoc<h|fOM€V. fr.
329, 6 N. kqI Geoict pixpä x^^P^ OuovTac t^Xt] | tu8v ßouSurouv-
TUJV dvrac eöccßecT^pouc. vgl. Bakchai 39 f. bei t&P iröXtv rvyh*
^KMaOeTv, xel m^ OAei, | &t^X€Ctov oOcav tuiv i\xujv ßcDcxcu-
^ärujv. bei Aischylos Perser 203 f. ßui^öv irpoc^cniv, Äirorpi-
TTOtci baiMOCi I O^Xouca Oucai ir^Xavov, tbv t^Xt) räbe. bei Sopho-
kles Trach. 237 f. 6pl2[€Tai | ßuj^ouc t^Xti t' fTKOpira KT)voi(|;
Ali. femer scheinen die werte des scholiasten: & lh€\ iroteiv,
TCT^Xecrai 'AbixriTi}! eine beziehung zu enthalten, welche in unsera
text nicht mehr vorliegt: 'alle gebotenen opfer, alles was der
religiöse brauch erheischt, hat der kOnig erfüllt.'
So gewinnen wir anlasz in den drei ersten Zeilen des zu recon-
struierenden anapftstischen Systems erg&nzungen vorzunehmen, deren
jede den räum von drei bis vier buchstaben beanspruehen würde:
Trdvxa fäp ^rxpflvlbfi TerAccTai
ßaciXcCci T^Xn,
TrdvTuiv bfe 9€d»v L elc* J ^ttI ßui^oic
aifiöppavToi Ouciai irXiipeic
OÖb' £CTl KaKUIV fiKOC oOb^v.
für die erste und dritte zeile Ittszt sich der ausfall nicht mit Sicherheit
bestimmen ; so viel habe ich wahrscheinlich zu machen gesucht, dasx
eine gröszere lücke im archetypus aller unserer Alkestis-hss. war.
Wien. Sibqfrikd Hbklbb.
92.
Zu SOLONS FRAGMENTEN.
fr. 4, 5 nehme ich an dem adjectiv ji€TdXt)V anstosz. es han-
delt sich hier nicht um die grösze und macht Athens; als stehendes
epitheton dieser stadt will sich \xijac aber kaum eignen, auch r. 21
wird Athen ncXuripaTOV ficru genannt, ich möchte daher lieber
ipomfjv oder Xmapirjv lesen, das erstere ist als epitheton von stldten
hinl&nglich bekannt; zu dem letztem vgl. Theognis 947, wo nacb
der meinung einiger unter Xiirapfj iröXic ebenfalls Athen gemeiat
ist auszerdem ist ja bekannt dasz Solon die stadt Athen Xiirop^
KOupoTp6q>oc genannt hat fr. 43 Bgk.
ebd. V. 11 überliefern die hss. einen pentameter statt eines
hexameters. man nimt nun gewöhnlich an, dasz vor und nach die-
sem vers ein hexameter ausgefallen sei. aber die hss. zeigen kein«
V
JSitzler: sn Solo&s fragmenten. 669
Ittcke an, und auch dem sinne nach wird nichts vermiszi. daher ist
Beigk mit recht der ansieht, es sei nnr ein hemistichion aasgefallen,
«n dessen stelle aus fr. 13, 12 die worte fpTMact it€i6ömcvoi getre-
ten seien, nicht billigen kann ich es aber, wenn derselbe gelehrte
die folgenden worte ofiO' Upuiv KTcdvuiv oCt€ ti bttfiociuiv q)ci-
Myicvot SU Y. 11 sieht und y. 13 KX^irrouct b' f&r KXdiTTOUCtv
schreiben will, mir scheinen dieselben notwendig zu KX^irrouciv
za gehören und nicht davon getrennt werden zu kOnnen. das asyn*
deton zwischen y. 11 und 12 kann aber nicht auffallen, da ja auch
sonst bei genauerer ausfOhrung des schon angedeuteten die partikel
tdp fehlt, den v. 11 möchte ich etwa ergftnzen: irXouTOÖciv b'
dMKOictv dir' {pTMact Ou^öv ^xovrec, Ygl. Theognis 383 f. , wo
das gegenteil sich findet: dnö beiXuiv £pTuiv Tq(OVT€C 6u^öv.
ebd. Y. 21 ist das wort bucMCV^UiV unklar; auch rax^uic passt
nicht gut sollte nicht eher ^k buc^^v^üiv TQTiuv zu lesen sein?
die buqi€V€tc Torroi sind dieselben die oben v. 7 bi^jiGU f|T€^6v€C
keiszen. diese meinen es böse mit der stadt und suchen in volks-
Tersamlungen das volk zu Ungerechtigkeiten aufzuwiegeln; sie finden
besonders bei den äbiKOi anJclang (34) ; daher heiszen die Yersam-
langen auch y. 22 q)iXai TOic dbiKoOciv: sie werden hauptsächlich
▼Ott diesen dbiicoi besucht deshalb hätten diese worte nicht ange-
fochten werden sollen.
Nach diesen einzelbemerkungen noch einige worte über die
ganze elegie. es fällt offenbar jedem der die elegie genauer liest
suf , dass das treiben der demagogen nicht zusammenhängend ge-
schildert, sondern durch die folgen ihrer Umtriebe (y. 17 — 22) unter-
brochen wird, ja y. 18 findet seine erklärung erst in y. 23 f. , kann
siso diesem distichon nicht Yorangegangen sein, überdies bilden die
terse 19 — 32 offenbar den schlusz der ganzen Schilderung, an die
sieh Y. 31 f. passend anschlieszen. mit rücksicht auf dieses alles sind
die Yerse wol so umzustellen, dasz nach y. 16 die Yorse 23 — 30, dann
17 — 22 und darauf y. 31 ff. folgen, diese Umstellung der Yerse, die
wir um des sinnes willen Yomahmen, wird auch durch die Symmetrie
der elegie bestätigt, die als beigäbe zu andern beweisgrCUiden wol
nickt zu Yerschmähen ist der einleitung 1 — 10 entspricht der schlusz
31 — 40. die Yerse in der mitte, die die Umtriebe der demagogen und
derok folgen schildern, sind so geordnet, dass die Yerse 23— 30 als
die wichtigeten in der mitte stehen, denen 11^-16 gleichsam als
einleitoiig Yorhergehen und 17— -22 gleichsam als schlusz nach*
folgen.
fr. 11, 3 will ^d^ora oder ^ucia, wie die bttcher haben, keinen
passenden einn geben, ich Yormute daher ^di^ara, ein poetisches
wort für ^lir\i *ihr habt sie gehoben, indem ihr ihnen die macht gabt'
fir. 13, 11 ist das Ycrbum Ti^i&civ sicher Yordorben; die Yor-
schlage der gelehrten wollen nicht ausreichen, wie Weils Kriccuiciv,
EmperioB' biHidOav und Bergks ^iimiciv, die alle schon wegen der
bedentang zweifelhaft sind; auch Linders cuXuictv und Ahrens'
670 JSitzler: zu Solons fragmenten.
]i€T{u)Civ wollen nicht recht zum folgenden stimmen nnd liegen
etwas weit ab. es ist wol zu lesen t^tjüiuiciv ^sie erlangen', in
derselben bedeutung steht dieser defective aorist auch bei Hesiodos
theog. 610 8c hi k€ t^tm!] dTapnipoto T€V^6Xv)c, Ziuei iv\ cnfjOccciv
^X^v dXiacTOV dvir]V. denn dasz hier bei T€T^€IV der genetiv steht,
will wenig heiszen , da ja auch sonst die verba des erlangens lec
und gen. zulassen : TCTpeiv mit acc. ist aus Homer hinlftnglich be-
kannt, aber auch ein anderer umstand empfiehlt gerade dieses wort
T€Tfi€Tv heiszt eigentlich 'einholen, treffen' und wird besonders im
kriege vom einholen der fliehenden feinde durch den sieger gebrauehit
der sie dann tötet oder gefangen mit sich ftthrt. eben diese metapher
liegt aber unserer stelle zu gründe, wie deutlich die folgenden verba
{pxerai und £iT€Tai zeigen.
ebd. y. 34 haben die bttcher beivf)V efc ainoQ oder iybi\y de
aÖTÖc oder Ik bj)v f)v aördc oder ivbriiiv auTÖc oder gewöhnlich ly
bf|V fjv aÖTÖc. die gelehrten haben verschiedene vorschllge gemacht,
die ich an dieser stelle nicht alle aufzählen will. Bergk schreibt hf
bf{€\v auTÖc usw., dem sinne nach, wie ich glaube, richtig, aber nicht
recht zum vorausgehenden und nachfolgenden passend« jedenfüla
vermissen wir eine Verbindung zwischen v. 33 und 34. ich möchte
daher lieber schreiben: Sv b* i^Eciv airn|i böEav ^Kacroc ix^u 'jeder
glaubt dasz ihm eines noch zu teil werde, bevor er sterbe; aber da
überrascht ihn der tod.' es ist also auch im folgenden diröXXuTOi
statt öbüpcrai zu lesen, zu f^KCiv mit dem dativ ■» 'einem zukommen,
zu teil werden' genügt es auf Dindorfs lex. 8oph. udw. zu verweisen,
auch Xenophon gebraucht das verbum so, nur dasz er statt des dativs
die präp. tc setzt: Eyrop. I 5, 13. II 1, 8.
fr. 24 lesen wir auch bei Theognis v. 719 ff., allerdings in etwas
verschiedener weise, die ursprüngliche gestalt des gedichtes werden
wir aus einer vergleichung der doppelten Überlieferung gewinnen,
derjenige welcher viel geld, land usw. hat, sagt der dichter in daa
ersten versen, ist nicht reicher als derjenige
^ ^öva Taöra Ttapccnv,
Tacrpi t€ kqI irXeup^c ttal Trodv äßpd iroOetv ,
Traiböc t' i^b^ T^vaiKÖc, £iTf|v kqI tqOt' dq>(iciTrat,
ffir\c' CUV b' i&pg T^TVCTai dppöbta.
so lesen wir die verse bei Bergk; allein sie sind, wie jedermann siebt,
in dieser gestalt kaum zu verstehe^, zu den ersten werten veigleiAt
man unzweifelhaft richtig Hör. epist. 1 12, 5 «• veniri benCy si loten
est pedibusque tuis^ nü divüiae poterunt regätes addere matus. aber
so will das laOra der hss. nicht stimmen, und auch Schneidewias
Täb€ Moöva genügt nicht. Theognis hat xa b^cvta, und das ist
allerdings das w^rt das der sinn der stelle erfordert, ich glaube d**
her, das ursprüngliche ist ^6va b^ovTa (beOvra), woraus sich
einerseits ^6va raOra, anderseits i& b^ovra aus unverstlndiiis der
synizesis entwickelte, das komma nach itdpecTiv ist zu strekbea,
da die werte yocTpi t€ kqI irXeup^c Kai iroci mit fiova b^ovra
JSitsler: in Solons fragmenien. 671
iTiipcCTiv ZQ Terbinden sind: *wer nur hat was für magen, leib und
glieder genügt.' zn der synizesis in beovra vgl. itXi^ov€C Od. c
247, Ocöc sehr hftufig und Oeö^opoc bei Pindar Ol. 3, 10, and be-
sonders b€ÖM€VOC Aisch. Eom. 727.
Nach dieser, wie ioh glaube, richtigen ändening können wir auch
die Worte äßpä naOetv nicht mehr mit dem vorausgehenden ver-
binden, sondern müssen sie zom folgenden iratböc t' t\bt. TwatKÖc
ziehen, wir lesen also x<i ßP& iraOciv iratböc t' f\bk TuvaiKÖc. der
Inf. iraOeiv hSngt von iräpecTiv ab; der sinn ist *ttnd knabe und
weib zu genieszen' ; zu dßp& iraOeiv mit gen. vgl. Theognis v. 1003.
liierui sdüieszt sich nun auch gut das folgende, wenn man nur mit
Theognis twv statt raCr* liest, &pr\ und ffir\ ihre stelle wechseln
Ufist und bMn 6* verwandelt, diese ttnderäB]g[en hat schon Härtung
Toigenommen; ich möchte nur noch col statt icvy schreiben, also:
ini\yf Kcd rtSty dq>iiciTrat Apri col 6 ' ffir\ YiTvcTai dp^obia : 'wenn
fflr dich die zeit dazu kommt und das passende alter eintritt' «&pa
mit dem genetiv ist aus Homer hinlänglich bekannt, vgl. zb. Od. T
334 und t 510 KOiTOio, X 379 ^uOuiv und fiiivou, o 126 t&^ov.
fr. 27, 3 sind die worte reX^cg Oeöc in der bedeutxmg *wenn
gott ihn die andern sieben jähre vollenden Iftszt' kaum richtig, zu-
dem ist es auffallend, dasz hier gott als handelnde person hinge-
stellt wird, während im ersten distichon der mensch selbst, vgl.
IpKOC öbövTuiv q)ücac ^KßdXXcu ich schlage daher vor t^Xcc*
QOeoc zu lesen. fJOeoc bezeichnet den in die mannbarkeit getre*
tenen, noch nicht verheirateten jüngling und passt ako hier sehr
gut. ist aber diese Vermutung, wie ich nicht zweifle, richtig, so
moflz auch im letzten distichon mit Philon gelesen werden: €l Tic
TcA^coc KQTa jii^Tpov Ykoito, statt der Wiederholung des dritten
fenes, die Bergk vorgezogen hat.
ebd. V. 15 ist ^aXoacdrrcpa offenbar corrupt; auch ^€Tpii(rr€pa
bei ClemenB ist nicht besser, der sinn ist nach dem Zusammenhang:
mit der neunten siebenzahl von jähren vermag er zwar noch etwas
(fn \itv bOvorat), aber seine zunge und sein verstand sind doch
schwächer, daher müssen wir auch Bergks |xaXiuiTcpa zurückweisen,
das, wie ans scheint, seine wiederlegung schon in den vorausgehen-
den Worten findet: imä hk voOv xal tXuiccav iv ißbofiäciv m^t'
^ICTOC (sc. der mann) ÖKTid T€. ich vermute MoXepidTcpa, das
nach Hesjchios mit q)p^vcc verbunden wird, um die abnähme der-
selben zu bezeichnen, vgl. ^aXepal q>p^V€C »> dcOcvcic
fr. 33, 3 gibt dTCicOeic keinen sinn. Huet vermutet dTpeurfic,
Lobedc dacOcic. sollte nicht dvOccac zu sdireiben sein? der
sinne wäre dann : *obwol er das netz schon um den fang geworfen
hatte, zog er es doch nicht eilig zu.' zu diesem gebrauch von dvucac
»> 'ein ende machend, eilig, flugs' vgl. zb. Aristoph. Wo. 181. 506.
635. 1253. BL 71. We. 30 usw. der ausdruck scheint der Volks-
sprache entnommen zu sein und passt somit trefflich an unsere stelle,
wo das volk redend eingeführt wird.
672 JSitzler: zu Solons {ragmenten.
fr. 36, 9 liest man gewöhnlich XPil^MÖV X^tovtqc nnd mttht
eich viel mit der erklttrung dieser worte ab , die keinen paesenden
sinn geben wollen. Bergk meint, die worte hätten die bedeatang
von ^unverständlich reden* und würden durch das folgende irXwccav
oÖK^T* *ATnirf|V WvTttC erklärt, aber wo hat xpncMÖv Xcreiv diese
bedeutung? Reiske schreibt xpn^MOÖc X^TOvrac und denkt an wahr-
sagende Sklaven; ebenso, wie es scheint, Ahrens, der XP^^MM^b^OV-
rac vermutet, nicht mehr nützt Hartungs conjectur bec^ouc <p^pov-
TQC, da ja dies auch von den andern sklaven gilt, nach dem ganzen
zusammenhange sagt Selon, er habe viele aus der fremde in die
hoimat zurückgeführt, von denen die einen teils mit recht teils mit
unrecht in die Sklaverei verkauft waren , die andern aber in folge
der not selbst entflohen: denn nur auf diese beiden arten kOnnen
diejenigen , die Selon nach Athen zurückführt , in das ausländ ge-
kommen sein; vgl. überdies auch Plut Solon c. 13 xp^o XaMßavov-
T€c iii\ ToTc cijufiaciv ät^iHMOi toic bav€i2Iouciv fjcav oi pky aurou
bouXeüovTec, o\ b' ini t^v Se'vriv TTirrpacKÖMevoi. iroXAol hi wA
iraibac ibiouc i^vaTKdZovTO TrwXeTv (oubfic T^p vö^oc dKwXuc)
Kttl Tf|v TTÖXiv q>€i}T€iv biä T#|v xo^tirÖTTiTa Tdiv bav€icTU)v, und
c. 15. ich schlage daher vor zu lesen: bpiicpöv qpuTÖVTac.
ebd. ist auch v. 12 verdorben, wie schon beciroiuiv Tpopeu-
^^vouc zeigt, das Bergk vergeblich zu verteidigen sucht, aber wenn
es auch sprachlich zu rechtfertigen wäre, was sollte denn hier dieser
matte zusatz f{br] b€CiroTUJV rpcfieuM^ vouc ? auch Bergks conjectur
fßr] reicht nicht aus. ich möchte statt dessen lieber lesen ^n
bccnoToi V Trpöc€Ö6€Vuiv,so dasz die stelle hiesze : touc b * ivOctb *
ouToO bouXiriv ieiKia ^xovrac ijibf\ becnoToiv irpöc €ij6evu)v:
* welche ich aber hier bei reichen herren in Sklaverei wüste, die
befreite ich.' die worte sind denen in v. 6 f. entgegengesetzt : 'aoi
der fremde führte ich zurück, hier befreite ich', vgl. Plut. ao. cv-
Oevrjc ist attische form für €u8rivif)c: dieses wort wird hier mit
recht beigefügt, da es sich um gläubiger nnd Schuldner handelt.
fr. 37 ist bis jetzt noch nicht hergestellt die verschiedenen
versuche diese stelle zu heilen hat Bergk angeführt, ich will hier
nur kurz meine ansieht mitteilen. Solon sagt , so viel wir aus den
überlieferten werten sehen können: *wenn ich der meinung meiner
gegner oder meiner freunde gefolgt wäre, so wäre die sUdt vieler
männer beraubt worden.' ich schreibe also : TOici pourdpoic statt
ToTciv dtT^poic: d Top ^OcXov S toTc ivavTioiciv ^vbav€v tötc,
aOGic h* & Toici MOviTäpotc bpdv, valAia, ttoXXujv fiv dvbpwv
usw. dieses val Aia scheint mir in dem überlieferten bpficai btä zu
liegen, zu der krasis ^oikapotc aus poi ^räpotc vgl. Aesch. Cbo.
120 ^oöcTiv, das sich auch Soph. Ai. 1225 findet, ^outk^^^
Aristoph. Wo. 1205 uam. über das eingeschaltete ^oi vgl. Krflg«r
poetisch-dialekt. syntax § 47, 9, 8 und 50, 3, 3.
Taubbbbischopsbbim. Jacob Sitzleb.
MWohliab: knabenliebe und fraoenliebe im Plat. Symposion. 673
93.
KNABENLIEBE UND PBAÜENLIEBE IM PLATONISCHEN
SYMPOSION.
Für die richtige auffassong and Würdigung der knabenliebe ist
ein werk wie das Platonische Symposion von der grösten Wichtig-
keit, in demselben wird uns eine elite von geistig und social her-
vorragenden m&nnem vorgeführt, deren Unterhaltung wesentlich die
liebe, insbesondere die knabenliebe, zum gegenstände hat. es ist
sicherlich von groszem interesse daraus zu entnehmen, wie solche
mftnner zu diesem puncto standen, dazu kommt dasz fast alle nur
denkbaren phasen dieser erscheinung berührt werden, in Sokrates
stellt sich die geistigste, in Alkibiades die sinnlichste seite dieses
verhftitnisses dar. wenn wir alles zusammenfassen, so erhalten wir
den eindruck dasz die knabenliebe zu jener zeit in jedem sinne , im
besten wie im schlimmsten, dieselbe rolle spielte wie heutzutage die
liebe der beiden geschlechter, schon FAWolf sagt in seiner ausgäbe
des Gastmahls zur rede des Pausanias s. LXTX; 'zum erstaunen ist
es, wie sitten und costüme die dinge in der weit umzukehren im
Stande sind« der leser kann an vielen orten dieser rede , besonders
im ganzen letztem teil , an die stelle des geliebten in gedanken eine
geliebte setzen , und er wird keine ursach finden mit den gedanken
des Pausanias unzufrieden zu sein.'
Was zun&chst die ausdrücke iraibcpacTCiv , TraibepacTi^c , irm-
bepacria anlangt, so bedienen sich die redner im Symposion ihrer
80, ab bezeichneten sie eine ganz unverfängliche und unanstöszige
Sache; ja Sokrates spricht sogar 211^ vom öpOujc TratbepacTCiv.
wollten die Griechen die schlimme seite dieses Verhältnisses be-
zeichnen, so stand ihnen ein leider sehr reicher Wortschatz zu ge-
böte, den MHEMeier udw. Päderastie in Ersch-Grubers encyclopädie
m 9 B. 153 f. zusammengestellt hat der umstand aber, dasz der
«ufldmck Päderastie bei uns die stehende bezeichnung für das laster
^er knabenschändung geworden ist, erschwert uns ganz unwillkür-
lich das richtige und unbefangene Verständnis dieser Verhältnisse
wenigstens in der classischen zeit der Griechen und ist, wie es
sdieint, auch auf einige commentare zum Symposion nicht ohne ein-
flusz geblieben.
Ebenso unbedenklich wie naibepacTcTv wird im Symposion das
verbum gebraucht, welches ganz allgemein die hingäbe der naibiKd
an den dpacnfjc bezeichnet, das verbum xap(2l€c6ai. 184^ wird es
init ÖTioGv uiTOupTcTv umschrieben, dasz diese hingäbe je nach der
ast der beteiligten sehr verschieden, auch sehr unsittlich sein konnte,
liegt in der natur der sache; dasz sie aber wenigstens nicht durch-
Ans verwerflich war, ist ebenso gewis. in der erzählung des trunkenen
Alkibiades 217* bezeichnet X'^9^^^'^^^ natürlich das schlimmste;
^egen das aber, was Sokrates in Wirklichkeit von selten des Alki«
JOrbAchar Ar cImi. philo!. 1879 hfl. 10. ^
674 MWohlrab : knabenliebe und franenliebe im Plat. Symposion.
biades beanspruchte, wird gewis niemand etwas einzuwenden haben,
im allgemeinen freilich scheint das x^pi^CCOai in Athen etwas in
miscredit gewesen zu sein, das ergibt sich nicht undeutlich aus den
werten des Pausanias djcre Tivac ToX^äv X^TCtv die aicxpdv x<>pi-
2[€c8ai dpacraic (182 '), die Hug zu 218' gewis ganz richtig aufge-
faszt hat. das verfichtliche Tiv^c nimt sich 'dabei im munde des oppo-
nierenden Pausanias ebenso aus wie in den werten des opponieren-
den Avistophanes qpacl hl bf\ Tivec auTOtJC ävaicxuvTouc cTvai ipeu-
66^€V0l (192*).
Wenden wir uns nun von diesen haupts&chlich in frage kom-
menden ausdrücken zu dem was sich im Symposion von der knaben*
liebe erwähnt findet, zunächst necken sich die dort vorgeführten
personen gegenseitig mit ihren liebesverhttltnissen. hierbei kann wol
das Verhältnis zwischen Sokrates und Aristodemos (173^) nicht ernst-
lich in frage kommen, aber den Pausanias und Agathen neckt nicht
nur Aristophanes 193^, sondern selbst Sokrates 177*; ihr liebes-
verhältnis wird als ein notorisches genommen. Alkibiades bezeichnet
sich 213*^ ganz offen als liebling des Sokrates. ebendaselbst schil-
dert Sokrates, was er von der Verliebtheit und eifersucht des Alki-
biades zu leiden und zu fürchten habe. Alkibiades gibt ihm 214'
diese neckerei zurück, indem er dem Sokrates vorwirft, er sei so
eifersüchtig, dasz er in seiner gegen wart niemanden loben dürfe als
ihn^ auch nicht einen gott. 222^ schlieszt Alkibiades seine rede auf
Sokrates damit, dasz er auch den Charmides und Euthydemos und
viele andere als geliebte des Sokrates bezeichnet und den Agsthon
vor seiner liebe warnt, nach seiner rede (222 ^ f.) spielt sich eine er-
getzliche eifersuchtsscene zwischen ihm und Agathen ab. der um-
stand dasz im mittelpunct dieser neckereien activ und passiv eine
persönlichkeit wie Sokrates steht, ebenso die harmlose art derselben
lassen gedanken , als ob sich dahinter etwas unsittliches verstecken
könne, nicht aufkommen, ebenso wenig wie man heutzutage an
neckereien verliebter personen sofort einen allzu ernsthaften und
rigoristischen maszstab anlegen wird.
Dasz die liebesverhältnisse zwischen männem und Jünglingen
ganz denselben schwärmerischen Charakter trugen wie in unseren
tagen liebesverhältnisse zwischen den beiden geschlechtem, ergibt
sich aus mehr als 6iner stelle im Symposion, aus der rede des Pao-
sanias (182 ') ersehen wir dasz bei liebeswerbungen vieles erlaubt
war, was zur erreichung eines Vorteils im geschäftlichen und staat-
lichen leben nicht für zulässig galt, bitten und beschwönmgt'n
durfte man anwenden ^ eide schwören — und mit der erfUluQg der«
selben nahm man es nicht so genau wie mit andern eiden — sii b
vor die thür des geliebten legen, sich dienstleistungen unterziehen«
die man sogar den sklaven nicht zumutete, alles das war in Athen
üblich und erlitt keine einschränkung durch die gesetze. wenn der
liebhaber jede art sklavendienste dem geliebten leistete, so galt da5
nicht für schmachvolle Schmeichelei (184^*). ja diese dienste nno
MWohlrab : koabenliebe and f^aaenliebe im Plat. Symposion. 675
anstrengungeii seitens des liebhabers wurden sogar erwartet und
gefordert: denn es war für den geliebten nicbt ebrenvoll sich schnell
zu ergeben (184*). alle diese zttge nimt Sokrates in das bild auf,
das er 203^ f. von Eros entwirft, hiernach ist er mit allen den eigen-
sehaften ausgestattet, die zu nachstellnngen geeignet machen. Eros
ist so abgehärtet, dasz er unter freiem himmel vor den thttren und
auf den straszen liegen kann; er wird als kühner und starker jSger
geschildert, als listiger rttnkeschmied, der gaukeleien und alle kttnste
der flberredung, auch zaubermittel in anwendung bringt dasz So-
krates hierbei ins lächerliche übertreibt, ist leicht ersichtlich, ändert
aber im gründe nichts an der sache. dasz ähnliche huldigungen auch
geliebten mädchen erwiesen worden wären, ist schon deshalb nicht
wahrscheinlich , weil bei Verheiratungen die freie wähl der beteilig-
ten gar nicht in frage kam.
Für unerlaubt galt es bei der Werbung um die liebe schöner
knaben geldgeschenke zu machen oder etwa die Stellung, die man
einnahm, zu seinen gunsten zu verwerten (184 ^ 185*). auch heim-
lichkeiten sollten dabei vermieden werden; man verlangte offenes
vorgehen (182^). macht das alles einen günstigen eindruck, inso-
fern dadurch unsittliche momente ausgeschlossen zu sein scheinen,
so spricht für die geistige auffassung der knabenliebe femer der
umstand dasz sie hauptsächlich durch Überredung {\&x^i TteiOeiv,
X^T^iv 182 ^) zu gewinnen war. daher suchten eitern, welche liebes-
verhältnisse für ihre kinder nicht wünschten, Unterhaltungen (bia-
X^T^cOai) mit liebhabem zu verhindern (183'^). da den geistig be-
sehrftnkten Eleiem und Boiotem (182^) die gäbe der beredsam-
keit versagt war, gestatteten sie ohne weiteres das eingehen von
natürlich rein sinnlichen liebes Verhältnissen (182^).
Auch der gegenständ dieser Unterredungen wird ganz deutlich
angegeben, und zwar von den verschiedenen rednem völlig Überein-
stimmend. Phaidros bezeichnet 178' als Wirkung des Eros die aas-
bildong des sittlichen gefühls. Pausanias sagt 184^, die liebhaber
liätten ihre geliebten weise und gut zu machen, und fügt hinzu, jeder
dienst, den man einem andern erweise, um selbst vollkommener zu
werden, sei cfrlaubt (184'. 185^), auch eine teuschung, die man bei
dem atareben nach vervoUkomnung erfahre, bringe keine schände
(185*). Eryximachos empfiehlt 187 ' denen, die noch nicht gut sind,
sich den guten hinzugeben , damit sie es werden , und die liebe der
^ten sich zu eriialten. Alkibiades bezeichnet als das motiv , wes-
lialb er der geliebte des Sokrates zu werden wünsche, sein streben
80 gut wie mOglich zu werden (218 '^). Sokrates aber nennt als
xweck solcher Verhältnisse geradezu das TtaibeOeiv (209*), und aus
der rede des Aristophanes (192*) ersehen wir dasz es hauptsächlich
mnf politische bildung abgesehen war.
Diese angaben weisen auf einen nicht unwichtigen factor in der''
Icaabenliebe hin. das männliche geschlecht galt den Griechen für
begabter und bildungsfähiger als das weibliche (181 '); sein präva-
43^
676 MWohlrab: knabeoliebe und fraaenliebe im PUt. SympodoiL
lieren vor dem weiblichen lag in der bedeutung dee staatslebeiiB be-
gründet, nun war in Athen die eigentliche Bchulbildung in der cUs-
siechen zeit eine sehr elementare, was die jttng^m Atiiener rar ein-
fuhr ang in das öffentliche leben brauchten ^ erfahren sie meisi Ton
ihren altem mitbttrgem ; sie waren also auf den umgaag mit den-
selben direct angewiesen, so entspann sich zwischen beiden ein Ter-
hältnis, das sich leicht zu einem erotischen vertiefte, wenii sich aber
nicht die jungem um die gunst der ftltem, sondern umgekehrt die
filtern um die gunst der jungem bewarben , so findet das seine er-
klttning in dem im griechischen geiste tief begründeten wolgeMen
an jugendlich schönen formen und erscheinungen, das in demaof-
enthalt in den gymnasien reiche nahrung fand (217^). diese bewer*
bung selbst begann in der regel mit dem zeitpuncte, wo sich Torans-
sehen liesz, wie sich der junge mann körperlich und geistig ent-
wickeln werde (181 **). daher galt es für unanständig nnverstindige
kinder, überhaupt dumme menschen zu lieben (181 **?.)« jaPausanias
spricht sogar 182^ aus, man müsse die edelsten und besten li^>en,
auch wenn sie häszlich seien ; nach ihm sollen solche Terbindnngen
fürs ganze leben geschlossen werden (181^).
Begünstigen alle diese angaben eine rein geistige anffiiseoag
der knabenliebe in hohem grade, so darf doch nicht Terschwiegen
werden , dasz kein i*edner das sinnliche moment verleugnet oder gar
bekämpft, getadelt werden einstimmig die welche den körper mehr
lieben als den geist (181^). darin liegt ausgesprochen, dasz die
sinnliche liebe bis zu einem gewissen puncto für erlaubt galt; allein
dieser punot wird nirgends genauer bezeichnet, er wird wol bei ver-
schiedenen verschieden gewesen sein. Erjximachos stellt tob seinem
ärztlichen standpunct aus die genüsse der liebe neben die der koch-
kunst; er will beide gelten lassen, so lange sie der gesundheit des
körpers nichts schaden (187 *). ausschweifimgen verurteilt er also.
Sollte nicht auch in dieser beziehung die parallele der knaben-
liebe mit der frauenliebe unserer tage, auf die so vieles hinweist« die
richtigsten gesichtspuncte an die band geben? ist es denkbar, dasz
in der Unterhaltung gebildeter männer das wolgefallen am gernttnen
eine so grosze rolle hätte spielen können? Alldbiades selbst kennt«
nur im zustande der trunkenheit seine confidencen maohen und aa^
selbst dasz er sich derselben zu schämen habe (217^). mit Ver-
achtung wird von andern gesprochen, die sich liebe erkauften, edlere
absiebten also nicht haben konnten, und sollte wirklich der |ff«i^
für das naibeOeiv, für die vervollkomnung des geistes und berzenA,
mit der münze gemeiner liebe gezahlt worden sein? will man die
Griechen der classischen zeit für heuchler halten, denen jedes miu^l
recht war zur erreichung ihrer zwecke? will man gar glanben daM
sie so etwas öffentlich ausgesprochen hätten? konnte das gelüh;
der Zuneigung und ergebenheit, konnten aufmerksamkeiten and
allerlei beweise dankbarer anhänglichkeit seitens eines schönen nnd
geistig bedeutenden und gebildeten Jünglings seinen altem unv
MWofaliab: knabenliebe und fraaenliebe im Fiat Symposion. 677
bttigor nicht hinlänglich entschädigen für das was er fttr dessen
aasblldnng that?
Alle Schwärmerei, welche die Griechen der knabenliebe zu-
wendeten, gieng der liebe zum weiblichen geschlechte ab. das staats-
intereese, das die ehe zur heryorbringang legitimer Staatsbürger ein-
setzte» trat in den Tordergnmd und gab diesem ganzen Verhältnis
eine rein praktische seite. alles was damit zusammenhieng wurde
geschäftemäszig behandelt, und so wird denn auch im Symposion
Yon dem Verhältnis der beiden geschlechter zu einander fast aus-
sohlieazlich die sinnliche seite berührt, das ziel desselben ist das
buxirpciEacOai (181^). wenn man edle frauen vor gemeinen liebhabem
zu schützen suchte (181*), so wird sogar das seine praktische seite
gehabt haben, auch Sokrates bekundet keine hChere auffassung die-
ses Verhältnisses, den frauen wenden sich die zu, die ipcu^ovec
Kordt lä cdi^ora sind und sich durch das mittel der fortpflanzung
das fortleben bei der nachweit sichern wollen (208*). bei den tpci-
^ov€C Korä THV ipvxiiv soll das sinnliche moment nur nebensäch-
liehe bedeutung haben, nur Aristophanes scheint sich in dieser be-
ziehung zu einem hohem standpuncte zu erheben, indem er 193*^
mäimer wie frauen der innigsten liebe für fUhig hält.
Die vorstehenden auseinandersetzungen enthalten alles was die
einzelnen redner als ihre ansichten oder als zu ihrer zeit gebräuch-
lich hinsichtlich der knaben- und gattenliebe vorbringen, es galt
nur festzusetzen, welches gleichsam die geistige atmosphäre ist, in
der sich die gesellschaft des Agathen bewegt wenn derselben ein
höherer standpunct vindidert werden soll, als vielleicht der mehr-
zahl ihrer Zeitgenossen oder gar den spätem zukommt, so liegt darin
zugleich ausgesprochen, dasz dieses urteil auf allgemeine gültigkeit
keinoi anspruch macht, allein man hat doch den Piaton zunächst
aus sich selbst zu verstehen , und deshalb halten wir es für unthun-
lich bei der erUärung seines Symposion die allgemeine ansieht von
der Päderastie zu gründe zu legen, vielleicht ermäszigt sich von
diesem standpunct aus mancher tadel, der gegen einzelne reden vor-
gebracht wird, dasz beispielsweise die neuesten erklärer des Sym-
posion in ihren ausstellungen manchmal zu weit gegangen sind oder
sidi von nicht vOllig zutreffenden Voraussetzungen haben leiten
laasen, glaube ich an zwei reden, an der des Phaidros und der des
Aristophanes, zeigen zu kOnnen.
Hug nennt s. XLVII die aufstellungen des Phaidros, Pausanias,
Erjximacfaos gemein. Rettig (comm. s. 7) findet den inhalt der rede
des Phaidros unsittlich und sophistisch, diesen unsittlichen eindruck
•eheint Phaidros hauptsächlich deshalb auf Bettig gemacht zu haben,
weil er glaubt, seine rede befürworte die liebe zu kleinen knaben
(s. 6. 109). das kann nur gesagt sein mit rücksicht auf den satz
ou T^ ftuiT* ix^ clffciv ort ^etZöv Icnv dyaOäv euOvc v^i(i övtt
fi ^pacTf|c xpr\ctöc xal ipaxjfji na&biKd (178«)- allein mit cOOvc v^ifi
ivn ist doch nur der terminus a quo angegeben : 'es ist für einen
678 MWoblrab: knabenliebe nnd frauenliebe im PUt. Sjmpouon.
gleich von seiner knabenzeit an die gröste wolthat, wenn er einen
braven liebhaber hat.' das ist von der empfehlong der liebe zu klei-
nen knaben noch wesentlich verschieden, denn diese involTiert ein
aufgeben des Verhältnisses, wenn der geliebte das knabenalter Aber-
schritten hat, wovon Pausanias 181' redet, wenn aber der liebhaber
den geliebten vom zarten knabenalter an liebt, so ist damit nicht
gesagt dasz er ihn spttter, wenn er erwachsen ist, minder liebe, aaoh
richtet sich die polemik des Pausanias gegen diese behauptung des
Phaidros (181^) nur auf ein allzu frühes eingehen solcher verhftlt-
nisse, durchaus nicht auf die liebe zu kleinen knaben ilberbaapt.
was Hug an der rede des Phaidros gemein findet, hat er selbst ttioht
näher bezeichnet.
Weiter findet Hug s. XLI, dasz sich Phaidros in unentwirrbare
Widersprüche verwickelt, ^indem er zb. zwar den Achilleus als den
geliebten des Patroklos erklärt, weil er jünger und schöner sei, die
Alkestis aber, die doch jünger war als ihr gemahl, zum liebhaber des-
selben stempelt ; indem er femer von dem satze ausgehend, dass der
liebende allein das leben ftlr einen andern aufzuopfern im stände
sei , zu der merkwürdigen consequenz gelangt , dasz umgekehrt der
geliebte durch das beispiel des Achilleus sich entflammen lassen
solle den liebhaber durch thaten der aufopferung zu ehren«' die be-
rechtigung dieser vorwürfe hängt wesentlich davon ab, wie man den
satz versteht xai fxfjv uTr€patTo6vifiCK€iv ye pövot £6^Xouctv ol ipaiv-
T€C QU ^övov ÖTi ävbp€C, dXXä xai ai TwaiKCC (179^), speciell ivie
man o\ ^puiVTCC auffaszt. Hug hält es für identisch mit ol ^pocToi,
und in diesem sinne stand in der that kurz vorher ipiDv ävT)p. ähn-
lich äuszert sich Bettig s. 115. überdies bemerkt Hug ausdrück-
lich zu 179^, (piXia sei allgemeiner ausdruck und werde aowol Tom
^pui^evoc als auch vom dpaCT/jc gebraucht (wiewol häufiger Tom
dpuifxevoc) , jpuic dagegen könne nur vom dpacrnc gesagt werden.
damit stimmt überein was er zu 182^ ISS^^. 192^ 213^" anmerkt.
dasz f pwc und £pav mit dpacTrjc in engster Verbindung, stehen , ist
nicht zu bezweifeln ; sie bezeichnen eine stärkere, leidenschaftUchere
liebe als qpiXeiv, wie sich schon aus Xenophons Hieron 11, 11 er-
gibt: UL)CT€ ou lüiövov (ptXoTo dv, dXXd koI dpqio uir' dv6pvuiru/v.
der welcher die liebe eines andern sucht, also der epaCTTJc, wird zu*
nächst eine heftigere liebe empfinden als der dessen liebe er sacht,
und darin wird der satz 6€iÖT€pov TClP £pacrf|C iraibiKuiv * £v6€OC
Tdp dcTiv (180^) seine erklärung finden, der schwerlich die ge-
heime bedeutung hat, die Bettig s. 7. 124 darin sucht der ipaxifiCj
da er vom gott Eros eingenommen ist, ist etwas göttlicheres, ist
den göttem näher gerückt als der dpit^fxevoc, der zunächst wd al»
passiv gedacht ist. der dpacTifjc ist in diesem Verhältnis das acüve
princip ; von ihm erwartet man thaten. wenn er sich also fUr den
geliebten opfert, so ist das selbstverständlich und natürlich, da«
wird auch Steinhart meinen, wenn er in seiner einleitung s. 2Sc»
sagt, Phaidros stelle die begeisterung des liebenden als dieursprOiig*
MWohlrab : knabealiebe und fraueDliebe im Plat Symposion. 679
liebere weit über die des geliebten, mit dieser auffassung stimmt es
vollkommen ttberein, wenn dem dpuj^€VOC vorzugsweise das qpiXeiv,
die (piXia zugescbrieben wird, wie Hug zu 182^ 192^ bemerkt.
Allein wenn num annähme, dasz ipäy allenthalben wo es vor-
kommt von der liebe des dpacrrjc zu verstehen sei, so würde man viel
zu weit gehen, da Hug auch in den werten des Eryximachos bei
Toip bi] TU f xöiCTtt övxa iy jyp cui^aTi 91X0 olöv x * elvoi noieiv
Kai ipäv dXXrjXuiV (186*^) an diese specielle bedeutung von 4pdv
denkt, so musz er in denselben eine rein sinnlose Unterscheidung
finden, w&re dann aber nicht ein gleicher Widersinn in den werten
des Ljsis 222 * toO olKeiou bf) . . ä xe £pujc Kai i\ qpiXia Kai f\ iiiiQvyXa
xvTX<iv€i ouca und gleich darauf Kai €l fipa xic Sxepoc dx^pou dm-
^^€i . . ft ^P$» ouK fiv TTOxe dneGüfXEi oub^ fjpa oub^ dqpiXei, ei iii\
0UC61ÖC nr} T(b ipw^dvip dxuTXOtvev ujv ? ist nicht im Symposion
dpav, IpuiCy tpacxrjc vielfach in weiterm sinne genommen? es heiszt
200* iröxepov ix^^ auxö, oü dTTiOu^ei xe Kai dpql, elxa dniGu^ei
xe xal dpqi, i^ ouk ^x^v; 183* ö xoC cwfxaxoc jbiäXXov fi xf)c lyuxnc
dpuiv. 192* xoö ÖXou CUV xij dmOu^ia xal hxibiex fpujc övo^a
203 « xal £^a (pucei dpacxf)C <x)V nepi xö xaXöv xai xfic 'Aqppobixiic
KoXfic ofici)C. überdies bemerkt Hug selbst zu 213', dasz der dpd)-
ficvoc sogar alle merkmale des dpacxrjc an sich tragen, dasz also das
Verhältnis sich umkehren kann.
Wenn nun dem dpäv eine allgemeinere bedeutung nicht wird
abgesprochen werden kCnnen, so hindert schwerlich etwas sie an der
beseiohneten stelle in der rede des Phaidros anzunehmen, faszt man,
wie schon Susemihl Plai philos. 1373 für möglich hält, ol dpuivxec
hier als einen unbestimmten ausdruck, der beide teile umfaszt, so
wird von den Widersprüchen, in die sich Phaidros verwickeln soll,
nicht viel mehr übrig bleiben, wäre es denn nicht auch in der that
ein übermasz von faselei und Unachtsamkeit , wenn Phaidros unter
dpwvTCC die dpacxai verstände und unmittelbar darauf ou pövov 6x1
ävbpcc, dXXd Kai ai T^vaiKec als apposition hinzufügte? es wird
also das beispiel von der Alkestis ganz einfach von der gattenliebe zu
verstehen sein, wie es schon Steinhart (einleitung s. 221) gethan
hat, nm so mehr als wir auch im staat V 468' lesen: ddv xic xou
xuxv) dpuiv f) äppevoc f^ 6r)Xeiac
Das beispiel von Orpheus ist schwerlich als ein zweites, selb-
ständig neben dem von der Alkestis stehendes aufzufassen, in welchem
falle Hngs tadel zu 179' 7 und Bettigs ausstellungen s. 118 wol be-
rechtigt wären, sondern es ist nur zur nähern erläuterung des ersten
beispiels beigebracht, ein anhängsei zu demselben, wie die rücksicht-
luüune auf Alkestis in den werten Kai ou xoX|üiäv Svexa xou fpui-
XOC dnoOvqCKCiv uiCTiep "AXkiicxic und die schlieszliche zusammen-
stellong mit Achilleus bid xaöxa Kai xöv 'AxiXX^a xf)C 'AXKrjcxiboc
liaXXov ixi^n^QV deutlich genug beweisen, auch 208% wo Sokrates
auf die vorliegende stelle lücksicht nimt, geschieht des Orpheus nicht
erwähnnng. das -tapfere verhalten der Alkestis wird durch die sage
J
680 MWohlrab : knabeuliebe und fraaenliebe im Plat. Sympotion.
von Orpheus in ein helleres licht gestellt, erst die erzfthlnng von
Achilleus, in welcher Phaidros ganz in der weise seiner seit die
freandschaftsyerhftltnisse unter den heroen in liebesTerhftltnisse nm*
deutet (Meier ao. s. 156, 5), führt ihn wieder auf die unterecheidmig
von ipacrf\c und Tratbixd, und zwar deshalb weil er zeigen will,
warum die götter den Achilleus höher ehrten als die Alkeatis.
Alkestis wird natürlich als ipibca aufgefaszt, wie sich ergibt aus
dTrepeßdXcTO t^ (piXiqi biä töv ^purra (110% o&rui xal 8€ol rriv ncpl
TÖV fpWTQ CTTOUbllV T€ Kai dp€Tf|V |ÜldXtCTa Tl|ÜldlCtV, Kai oif ToXfiäv
lv€Ka ToO fpwTOC dtTo8vi^CK€iv Acnep ''AXkiictic (179). dämm war
ihre aufopferung selbstverständlicher als die des Aehillens, der nur
£pui|üi€VOC war.
Ob übrigens Phaidros wegen seiner abweidienden anffaesmig
einiger sagen den harten tadel verdient, den ihm Rettig s* 6 and Hug
s. XLI zu teil werden lassen, möchte zweifelhaft sein, die grie-
chischen sagen waren der natur der sache nach ein wenig fixierter
Stoff, die Varianten allenthalben zahlreich, zeigen etwa andere redner
und Schriftsteller mehr respect vor der Überlieferung? und was i^t
auf diesem gebiete überhaupt als Überlieferung anzusehen?
Ebenso wenig wie ich die bezeichneten ausstellungen, welche
Bettig und Hug an der rede des Phaidros madien, als richtig aner-
kennen kann, kann ich Bettigs auffassung der rede des Aristophanes
billigen, die meines Wissens neu ist. Rettig s. 23 findet, Aristo-
phanes vertrete eine ansieht welche der des Pausanias nnd firjzi*
machos entgegengesetzt sei, und bezeichne das gleich im eingang seiner
rede, allein die werte dXXi] T^ ^i] ^v vtu ixoi X^T^tv {^ $ cu T€ val
TTaucaviac eitr^niv (189<^) übersetzt er s. 183 ganz richtig: *er habe
im sinne den gott in irgend einer andern weise zu preisen.' Aristo-
phanes kann also mit denselben doch nur seine abweichende form
der rede bezeichnen, wie auch Hug annimt, er kann damit nicht
sagen wollen, dasz man eine rede zu erwarten habe, 'welche sieh im
princip von den früheren reden unterscheidet.'
Das neue princip , welches Bettig in der rede des Aristophiiies
findet, spricht er s. 22 in den Worten aus: 'so ist der wahre sinn
unserer dichtung bekämpfung der unnatürlichen laster der seit»
preis des glückes wahrer liebe in der Zuneigung und Verbindung tos
Individuen getrennten geschlechts zu gegenseitiger ergflnzung, zu
lebens- und Wesensgemeinschaft in freier und dauernder einheit der
ehe.' kürzer heiszt es s. 204 : *£ros strebt die freie geistige und
leibliche Vereinigung in der ehe an.'
Als Schlüssel zur lösung des rftthsels der dichtung -beteiebnet
Bettig s. 202 die stelle 191 « |üI€t^6tik^ T€ odv (sc. rä atbota) . . twv6€
{v€Ka, Ivo iv Tfji cuiüinXoK^ dfia m^v, el avf|p iiivaiKl ivnixo**
T€vvqi€v Kai tItvoito tö t^voc, &}xa b\ e\ dppiiv dppcvi, trX»w»o^
TOöv ifiTVOiTO Tf^c cuvouciac Kai biatrauoivro koI iirl td fyfo.
Tp^troiVTC Kai ToO dXXou ßiou dntMeXoTvto. an dieser stelle ist f&r
BÜettig die völlige gleichstellung (d^a ^^v • . dfia bi) der verbisdon^
MWohlrab: knabenliebe ond fraaenliebe im Plat. Symposion. 681
von mann mit weib und mann mit mann eine Schwierigkeit, er legt
gewicht darauf, daez die erste Verbindung obenan steht, und meint
dass die zweite nur eine ausnähme einführe, das ist sicherlich gegen
den Wortlaut, welcher beide Verbindungen als coordiniert hinstellt,
aber Bettig findet diesen gedanken unmöglich, er sagt: *hier wird
also die trennung der geschlechter, ihre Verbindung zum zwecke der
zeugung, der Fortpflanzung und erhaltung. des geschlechts als von
dem mitleiden des Zeus stammende Ordnung erklärt ist es damit
vertrSglich , wenn unmittelbar darauf wie in 6inem athem bemerkt
wird, Zeus habe diese einrichtung auch aus dem gründe getroffen,
damit, wenn ein mann mit einem manne sich zusammenfftnde , we-
nigstens trX1lC^ovf| Tf)c cuvouciac stattfinde usw.? wie ist dieses
mit jenem ersten zwecke verträglich, für fortpflanzung und erhaltung
des geschlechts zu sorgen, da dieses doch Untergang desselben be-
deutet?' dasz Zeus bei der Verbindung von mann und mann nicht
die fortpflanzung des geschlechts beabsichtigt haben kann, ist sicher,
wol aber kann er die erhaltung desselben beabsichtigt haben, das
ergibt sich aus der kurz vorhergehenden stelle, zu der die unsere in
unverkennbarer beziehung steht: 191* £tr€ibf| o3v f| qpucic bixot
dTiiyjdni iToOoOv ^KacTOV TÖ f\\i\cv v^ aÖToO Euvcivat, kqI nept-
ßäXXovTCC T&c x^lfKic Ka\ cumitX€k6m€voi äXXrjXoic , iniOuMoOvTec
cti^qpOvat, dn^^vqcKOV önd Xi^oO kqi tt^c äXXr)c äptCac h\& t6
Milb^v dddXeiv xu»plc &XX/|XiUV ttoicTv. koI öitötc ti diroOdvot twv
f||üitc€uiv , TÖ bk Xtiq>0€(ii , TÖ X€iq)6iv dXXo tiIifJT€t xal cuvcitX^kcto»
€Tt€ T^ivaiKÖc Tftc 6Xtic ^vTuxot fi^{c€t, ö bf| vOv TuvaiKO koXoO^cv,
cTtc dvbpöc xal oötuic dtruiXXiJVTO. an dieser stelle findet Bettig
8.200das dvbpÖTUVOV absichtlich übergangen; wahrscheinlicher nimt
Hug an dasz Piaton die exemplification zu vervollständigen dem leser
ttberliesz, wie das bei ihm so häufig der fall ist. wir verstehen also die
stelle so. nachdem die ursprünglichen doppelmenschen zerschnitten
waren, giengen sie dadurch zu gründe, dasz sie nichts mehr aszen,
überhaupt gar nichts mehr vornehmen wollten als nur sich umfiiszt
halten. Zeus versetzte nun die geschlechtsteile nach vom; damit
war die möglichkeit der befriedigung des geschlechtstriebes , des
natflrliehen wie des widernatürlichen, gegeben, die nXncpovfl Tf)c
cuvouctac, die damit verbunden war, rettete und erhielt insofern
die menschen , als sie wieder nahrung zu sich nahmen und ihren Ob-
liegenheiten sich zuwendeten, es ist somit die Verbindung von mann
und fraa, also die ehe , wie Bettig meint , auf ganz gleiche stufe mit
der Terbindung von mann und mann gestellt, also mit der freund-
sehaft unter männem. beide sind hier mit echt Aristophanischem
kyniamos nur von der seite der physischen Vereinigung bezeichnet,
wie das in der Verbindung mit dem mythos auch nicht anders mög-
lieh war; später wird das geistige moment um so schöner und ent-
schiedener hervorgehoben.
Za an&ng des 16n cap. zieht Aristophanes die resultate aus
bisherigen mythischen aufstellnngen. die vier möglichen ver-
682 MWohlrab: knabenliebe und frauenliebe im Plat. Symposion.
bindungen , die sich ans den drei ursprfinglichen gescblechtern er-
geben y bebandelt er so, dass er die lobenswerten und die verwerf-
lichen Seiten derselben bezeichnet, aas der ehemaligen TereinigaBg
von mann und frau (dvbpÖTUVOv) entstehen
1. a die dvbpec q)iXoTuvaiK€c h die jüiotxoi.
2. a die TwaiKCC (piXavbpoi h die fioiX€UTpiai.
3. für die lobenswerte seite der Verbindung von frau mit frau,
also für die echte freundschaft unter frauen hat Aristophanes keinen
besondem namen. dasz er sie aber voraussetzt, ergibt sich aus dem
Zusätze Kai al ^Taipicrpiai dx toutou toö t^vouc t'tvovtqi, der so
aufgefaszt echt zu sein scheint.
4. aus der Verbindung von mann mit mann entstehen, wenn
man die zeitliche entwickelung festhält, a die (piXepacTat, h die
TiaibcpacTaL dasz die ersteren in der öffentlichen meinung dem
tadel der Schamlosigkeit unterliegen, deutet Aristophanes wenigstens
an: (päd hk br) tiv€C auTOuc dvaicxuvTOUC elvai veuböfievou Settig
musz selbst anerkennen , dasz der worüaut dieser stelle auf eine be-
günstigung der Verbindung von mann und weib nicht hinweisL er
sagt 8. 207 : ^dasz diese darstellung die wahre absieht des dichters
nicht enthalten kann , sondern dasz sie ironisch ist und eben dadurch
die aufmerksamkeit auf das allein wahre und naturgemäsze hinlenkt.'
da wir selbst die stelle 191 ^ anders verstehen als Settig, so liegt für
uns kein anlasz vor von der wörtlichen auffassung dieser stelle ab-
zugehen, consequenter weise musz Bettig s. 188 natürlich auch das
dvbpÖTUVOV (189*), das nicht nur im sinne des Aristophanes, son-
dern überhaupt im sinne seiner zeit mit schmach bedeckt war (vOv
V ouK fcTiv dXX' ft dv öveibei ovo^a xci^evov), im entgegen^
gesetzten sinne verstehen.
Mit den worten ärav \A\ oOv Kai auTi|i dKcivqi dvTVXQ tui
auToO fmic€i (192*') beginnt die ergreifende Schilderung der unaus-
sprechlidben macht der liebe, dabei ist wieder festzuhalten, da&z
Aristophanes eine bestimmte Verbindung nicht im sinne haben kann.
denn mit xal äXXoc Ttäc, das nach 6 iraibepacTrjc steht, können
doch nur die aus dem dvbpÖTWOV und dem doppelweib entstandenen
bezeichnet werden, jede der vier möglichen Verbindungen Iftszt eine
solche Vertiefung zU; dasz das sinnliche element dabei ganz surOck-
tritt Bettig s. 213 versteht freilich den satz oub4 T^tp &V bö£ei€V
toOt' elvai f| tujv dqppobiciuiv cuvoucia (192'') so, als ob Aristo*
phanes nur von den ausartungen der liebe gesprochen hätte, aber
es ist nicht abzusehen, warum nicht von der echten freundschaft
zwischen roännern mit männem und frauen mit frauen die rede sein
soll, warum in diesen worten einseitig der hinweis auf echte eheliche
liebe enthalten sein soll, natürlich versteht Bettig (s. 217) auch die
Worte ToO ÖXou oOv t^ dTTi6u|Lii<)i Kai biibEei Ipujc dvofia (192') nur
von der ^naturgemäszen verbipdung der verschiedenen geschlechter cu
dauerndem bunde'. und doch bemerkt er s. 222 zu 193'' XcTUi hk ovv
^TUiTC K<xB* dirdvTUiV Kai dvbpuiv xal Ti^vaiKWV, dasz'bisher ausscblieu-
MWohlrab : knabenliebe und frauenliebe im Plat SjmpoBion. 683
lidi y<Hi den männem die rede war/ wobei er das Kol SKXoc nfic nach
6 naibepacrfic (192 «) übersehen zu haben scheint, w&re es nun in der
that nicht alku seltsam, wenn Aristophanes einen langem abschnitt
hindurch von der liebe Untermännern spräche und damit die eheliehe
liebe meinte? läszt sich das wirklich aus seinem beruf als komödien-
diohter und mit Zuhilfenahme Ton Ironie und parodie erklären?
Dasz der standpunct des Aristophanes wirklich ein erhabener
ist und sich Ton dem der Vorredner aufs wesentlichste unterscheidet,
ist ohne weiteres zuzugeben. Aristophanes war sich auch bewust
dasz er über die denkart seiner zeit hinausgehe, das liegt in den
Worten ö TtJJV vCv ÖXiTOi iroioOct (193 ^). im vollen einverständnis
mit Bettig (s. 222) finde ich die berttcksichtigung der frauen am
ende der rede bemerkenswert, aber nur deshalb, weil Aristophanes
sie auf gleiche stufe mit den männem stellt, weil er zugibt dasz die
Hebesverhältnisse mit denselben und unter denselben dieselbe Ver-
tiefung zulassen wie bei den männem, eben so wie die enge Ver-
bindung, in welche er liebe und frömmigkeit setzt, bemerkenswert
ist dasz aber Aristophanes zu gunsten der ehelichen liebe die liebe
unter männem herabgesetzt habe, davon finde ich nirgends eine an-
deutnng. dazu kommt dasz Aristophanes das staatliche institut der
ehe, SU dessen verherlichung nach Bettigs auffassung seine lobrede
dienen soU, mit keinem werte auch nur erwähnt, sondern einfach
wie von allen andern möglichen Verbindungen, so auch von der Ver-
bindung zwischen mann und frau spricht, die doch nicht eine ehe-
liche sein musz, selbst in d6m falle nicht, dasz kinder daraus hervor-
gehen« ist es aber nicht zu viel verlangt, dasz der leser als thema
einer rede einen begriff errathe, der in derselben gar nicht vorkommt?
Es ist natürlich dem Scharfsinn Bettigs nicht entgangen, dasz
ouui in der rede des Sokrates eine art controle für die auffassung
der frühem reden und somit auch der rede des Aristophanes zu
finden habe, da nun aber der Wortlaut der Sokratischen rede , wo
sie des Aristophanes darstellung berührt, der eigentümlichen auf-
fassung Bettigs nicht günstig ist, so musz er auch hier zur annähme
von parodie und ironie seine Zuflucht nehmen, in der that bezeichnet
er (s. 300) cap. 26 und 27 als den parodisohen abschnitt der rede des
Sokrates. das 26e cap. soll mit der rede des Aristophanes überein-
flÜnunen, wenn man ihr die parodische hülle abstreift (s. 288). wer
die rede des Sokrates ohne Voreingenommenheit liest, wird schwer-
lieh Bettig recht geben kOnnen. wird nicht 208* die liebe zwischen
ninnem und frauen auf die zurückgeführt, welche £ticu|üiov€C Korä
Td cdi^ara sind? stellt nicht Sokrates unzweifelhaft die ^TKUjüiovec
KOxä Tf|V vvxifiv über die leiblich schwangeren? und ist nicht aus
dem» was über die geistig schwangeren gesagt wird, ganz klar dasz
er darunter nur männer versteht? hiemach scheint mir, als könne
man von Sokrates eine verherlichung der ehelichen liebe noch viel
weniger erwarten als von Aristophanes.
Ich begnüge mich meine bedenken gegen einige neue auf«
684 ThFritzBche: zu Pindaroa [OL 1, 28].
fassungen der reden des Pbaidros und Aristophanes anezQspredien.
vielleicht verhält man sich neuerdings doch etwas zu absprediend
gegen die redner vor Sokrates, forscht allsa eifrig nach den
schwachen seiten derselben, man wird in dieser tendenz wol eine
reaction gegen den Optimismus Steinharts erkennen dürfen, dass
dieselbe bis zu einem gewissen grade ihre volle bereehügimg bat,
sei unbestritten ; nur das möge einer genauem prttfung anheim ge-
geben sein , ob diese reaction nicht in einzelnen puncten wieder in
weit geht.
Chemnitz. Martin Wohlrab.
(60.)
ZU PINDABOS.
Nicht in dem lemma der schollen zu i|i€ub€ic Ol. 1, 28 li^ der
fehler, wie Flach oben s. 460 meint, sondern auf die richtige spur
fahrt vielmehr die Variante am rand von A yfAfpexai xal qpact . .
cuvrdccerat bk kqI (paclv dvxl toO X^touciv. dieses q>ad q>acW,
welches auch die schollen A B C D haben, ist mit nichten eine rein
interpretierende glosse, wie Mommsen (vgl. Bemhardj zu Eratosth.
8. 219; auch Lehrs Pindarscholien s. 196 stimmt bei) behauptet»
sondern eine ebenso alte lesart wie qpäric* qpp^vac hingegen eiB»
späte und schlechte conjectur. auszugehen ist also von dem bsL
qpaciv und (pdrtc , und einen fingerzeig finde ich in der von Bergk
vorgenommenen anastrophierung des uitep (vgl. Pjth. 4, 26. fragm.
78, 2). hiemach schreibe ich mit leichtester ttndemng q)uciv
dnep für (paclv öirip. die stelle lautet dann:
fj OaupaTd iroXXä, xai irou xi Kai ßpotupv
(pOciv finep TÖv dXaOf) Xötov
bcbaibaXjüi^vot qieObcci iromiXotc äanaxdivTi ^00ol
*profecto mirabilia multa sunt et vel ultra naturam humanam
veritatem mendaciis callidis omata decipiunt inventa.' die sage von
der elfenbeinernen Schulter des Pelops tadelt Pindar dem znsammen-
hang entsprechend als der menschlichen natur geradezu widervtrei-
tend, ßpoxiBv qpOciv fiirep, wie ifvckp poipov, öitip Gcöv, t«iir»
humanam naturam. man htttte Iftngst sehen kOnnen« dasz öirtp
TÖV äXaOf) XÖTOV in Verbindung mit bcbaibaX^^voi und namentlich
i|i€i»b€Ci iTOiKtXoic (denn auf diesen ausdruck geht das von FUeb
falsch bezogene ipcubcic Xdrot der schollen) unpassend ist und in
TÖV dXaOf) XÖTOV vielmehr das object zu äairatujvn steckt, iroi-
KiXotc bedeutet *schlau',wie Nem. 6, 28, XÖTOC als 'wahrheif kommt
in seinem gegensatz zu pOOoc *alte fiction' (Wyttenbach zu Piaions
Phaidon s. 136 ed. Lips., Meineke bist. crit. com. s. 59 f. und Bei^gk
de comoedia Att. ant. s. 277) zu voller geltung, und das Kod nach
Kai 1T0U xt ist nun erst verständlich als *sogar*. ganz so stdit bei
Homer Y 336 pi\ Kai önip ^oipav b6\xoy ''Aiboc ekoipiKnot.
QOsTROw. Thbodob FniTsecBS*
APhilippi« Hermokopiden. 685
94.
HERMOKOPIDEN.
Dag nenerdings von Kiunanndis {^Mfiv, 1878 b. 205 f.) heraus-
gegebene fragment einer poletentafel gibt inBcbriftlich zum ersten
male den NiKi(äbiiOt welcher der mysterienschindung in Pulytions
hause beiwohnte (Andokides 1 , 12 ff.), drei der teilnehmer sind
nns bereite durch die früher gefundenen gleichartigen insohriften
bekannt, also lehrt uns die neue inschrif t (etwa in bezug auf die
eisangelie des Androkles bei Plut. Alkib. 19 , an die ich (Ibrigens
nicht glaube) nicht mehr als die bereits bekannten, zum ersten male
erscheint femer Pherekles (§ 19 ff. mjsterienschttndung im eig-
nen hause u. 35 : katalog der von Teukros angezeigten), schon be-
kannt war der dritte name, Eu philo tos (neben Axiochos und
Adelmantos).
DasB Enphiletos und Meletos um 399 nicht mehr leben, folgt
noch nicht aus ihrer nennung auf der proscriptionsliste; wenn man
an Andok. 1, 35 denkt, aber dasz der genösse des Euphiletos § 63
und 35 (katalog des Teukros) zwar 6ine person mit dem teilnehmer
des gelages in Puljtions hause § 12 sein kann, nicht aber, wie
Brojeen ebenfalls wollte, mit dem anklttger des Andokides, lehrt die
art wie dieser Meletos § 94 vom redner behandelt wird, hiemach
ist die Identität schlechterdings unmöglich, also konnte der namens-
vetter dea anklfigers dem redner als zeuge jetzt nicht mehr gefähr-
lich werden, lebte nicht m^r, und dasselbe wird von dem genossen
gelten mOssen.
Ich hebe das hervor, weil es für die beurteilung der sache von
Wichtigkeit ist. nur so gewinnen wir das recht, der rollenverteilung,
welche Andokides in bezug auf sich selbst sowie Euphiletos und ge-
nossen Tomimt, mit mistrauen zu begegnen, vollends da [Ljsias]
6, 22 das Sklavenzeugnis bestreitet, wenn dagegen Andokides be-
hauptet, die von ihm angezeigten bitten schon auf der liste des
Teukros gestanden ausser vieren, welche aber nicht hingerichtet
worden seien, so musz letzteres richtig sein, da sie noch leben § 63,
ersteres nach Thukydides und Plutardi nicht; und da diese femer
mddeai, Andokides habe auch gegen sich selbst als Hermenfrevler Zeug-
nis abgelegt, so ist hier wieder das mistrauen gegen den redner be-
fBchtigt, wenn wir zumal auf die geschraubten ausdrücke s^en, mit
denen er einige jähre früher der alten wunde gedenkt : 2 § 8. 25,
und an ific tötc dpapriac klingt wieder die gegenrede von 399 an :
§ 21 1^|i<ipT€V. daran kOnnen auch ansichten über die abfassungs-
seit des Thukydideischen geschichtswerkes nicht das mindeste ftn-
dem , BO pikant es übrigens sein mag das Verhältnis der werte auf
solchem wege von zeit zu zeit einmal umzukehren.
Unwichtig ist die differenz hinsichtlich des rathgebers : Char-
nüdea oder Timaios ^ hier kann ich GOilbert ^beitrage' s. 274 nicht
686 APhilippi: Hermokopiden.
folgen, mit dem ich sonst in vielen puncten übereinstimme, und
stelle mich auf Andokides seite — um so wichtiger aber die m ond-
nacht des Diokleides : denn auf den ihr entgegenstehenden seng-
nissen beruht ja die ganze Chronologie dieser monate nnd tage.
Corsinis gründen gegen den neumond konnte Droysen in seiner
berühmten abhandlung leicht begegnen; für Andokidee war ja am
ende die Widerlegung des Diokleides nicht so notwendig, dass wir
aus ihrem fehlen ein zwingendes argument gewinnen könnten, aber
den von Grote VII 271 angedeuteten einwand durften die neueren
meiner ansieht nach nicht so einfach bei seite schieben, hat Dio-
kleides — und daran zweifelt ja wol niemand — in seine angäbe die
mondnacht aufgenommen, so war sie auch, denn das liesz sich nodi
nach monaten ebenso gut controlieren , wie wenn zb. heute nach
groszer nächtlicher feuersbrunst jemand öffentlich deponieren wollte^
es hätte gestürmt oder geblitzt, während das in Wirklichkeit nicht
der fall war. allerdings haben ja die Athener, so heiazt ee, erst am
morgen nach der denkwürdigen nacht von der Zerstörung künde be-
kommen, aber hätte nicht wenigstens 6in aufmerksamer sich ge-
funden, der gleich nach Diokleides auftreten zu sagen wüste, daaz
der mond in jenen nachten gar nicht scheinen konnte, weil neu*
mond war?
Also ist, denke ich , der neumond bei Diodor und die Ivf) Kai
v^a bei Plutarch eine bei der ausdrucksweise des Andokides nahe
liegende, spätere, möglicherweise schon dem Ephoros gehörende er-
klärung der lüge des Diokleides, aber keine historiscüke thatsacbe.
und damit sind wir denn freilich für die Chronologie dieser denk-
würdigen monate wieder nur auf Thukjdides allgemeine ausdrücke
angewiesen, da wir nicht einmal die zeit der Adonien genau be-
stimmen können.
Da ich vorhin die rede ncpi Tf|c iauToO xaOöbou er-
wähnte, so mag hier noch ein wort zur Zeitbestimmung sich an-
schlieszen, obwol auf ein paar jähre für den vorliegenden fall nichts
ankommt, man will gewöhnlich nicht zu lange nach absetzung der
vierhundert, zb. Blass att. bereds. I 278 das jähr 409. wenn aber
vau|üiaxoOvT€C § 12 vorzugsweise auf die schlacht bei Kyzikos geht,
so scheint doch sowol diese als auch die ganze Situation der um-
liegenden zeit dem redner und seinen zuhörem schon zu fem ge-
rückt (tÖT€ udgl.), um nicht mindestens bis 407 hinunterzugeben«
so viel läszt sich trotz des leider sehr allgemeinen inhalts der red«
wol mit Sicherheit annehmen.
OlBBSBN. AdOLT PBfUPPI.
PStengel: die zunge der opferihiere. 687
95.
DIE ZUNGE DER OPFERTHIERE.
KFHennann im lehrbuch der griech. antiqnitKteii IP § 28
anm. 20 sagt: ^Hermes erhält . . die letzte libation zugleich mit der
zunge des opfere . . die zunge, welche vom opferthier noch besonders
ausgeschnitten und zuletzt mit der libation -an Hermes verbrannt
wird*; Schömann gr. altertümer II' s. 242: *die zunge wurde zer-
schnitten und ins fener geworfen, die alten erklttrer sagen , dies sei
dem Hermes zu ehren geschehen , was wir auf sich beruhen lassen
wollen.' auch ich war noch vor kurzem der ansieht (s. ^quaestiones
saorificales', programm des Joachimsthalschen gymn. 1879 s. 22 f.),
dasz man den angaben der alten erklftrer folgen mttsse. aber ein-
gehendere Untersuchung derselben hat mich zu dem entgegengesetzten
resultat geführt.
Dasz die zunge der opferthiere dem Hermes verbrannt sei , be-
richten (I) Athenaios 1 28 s. 16^ f circvbov bk dnd t(£iv beiTivuJV dva-
XuovTCC Ka\ Tdc CTrovbdc ^notoGvTo 'Cpjüi^ kqi oöx die öcTepov
Ali xeXdtji. boKci yäp €pyif\c önvou ttpoctAttic cTvai. CTr^vbouci
b* ouTif» Ka\ dni raic yX^ccatc ^k täv bclnvwv ditiöviec. irpoc-
v^MOvrai b' aurilp a\ tXuiccqi bid tj|v dp^r)V€iav. (II) scholiast zu
Od. T 332 Tdc rXiftccac tdp Tif» '€p|uiQ dvcTiGouv ibc icpöptp toO
X6tou, Kai firav ffxeXXov KOiMn^vai fOuov tXwccqc. (III) Eusta-
Urios zu Od. T 332 s. 1470 £6oc naXatöv b^Xci ö noni-nfic. p^XXov-
T€C tdp Kot|üiii9f)vai fi€Td Guciav oi naXaioi f Guov Tdc tiIiv icpeiwv
tXuiccac Kard fOoc luivwv f\ *Attik&v ßdXXovxec ty nupi . . bid
Kai *€ppq aöidc dvexieouv d)C \6fOv boTf\pi . . *€p|uiq hl aurdc
£8uov die ToO X^T€iv dcpöpifi. (IV) schol. zu Aristophanes Plutos
1 1 10 f| TXii»TTa Tiöv euo^i^vwv i^ '€pM^ biboxai, dw€ib#| tuüv X6tu)v
b€cn6Tr\c icxiv . . öti tiöv Upciujv f| TX&Tra tiu *€p^^ biborai ^v
rate bn^OTcX^ci Ouctaic. (V) schol. zu Apollonios Argon. 1 517 6ti
IBoc f[y Toic TToXaioTc Kpcrrfipa Kipväv, 8t€ ^^XXoicv xadcübciv, xal
tAc ifXuiccac Tdiv Icpciuiv iiriOuciv tä *€pM§ Kai iiricTr^vbciv oTvov.
Kai f cuic qpuciKuüc. irciX ydp *€p^f^c X6toc clvai wapab^boTai, öpTa-
vov b4 auToO fi TXujcca, fjnc öttvou dnmccövToc i^pcpei, eixÖTuic
Tdi '€pM^ aörfiv Wouciv. Kai "O^i^poc «xX^ficcac b * iv nupi ßdXXov».
(Vi) Paroemiogr. gr. I 415 f) TXöEiTTa Ttuv Öuom^vujv i^ *€pM^ bi-
bOTOt. heranzuziehen ist auch noch (VII) Comutus ircpi 9c wv c. 16
B. 164 TUTXdvci bt *€pfiflc 6 Xötoc . . fvOcv bt irpu^TOV fitv bidKTO-
poc K^xXtiTai . . f{ dtrö toO btdTCiv Td voifJMaTa fipuiv cic Tdc Turv
TrXTiciov i|iuxdc * xadö Kai Tdc rXtliccac aindl) KaGiepoCctv.
Die Athenaiosstelle ausgenommen rühren also alle angaben,
dasz die zunge der opferthiere dem Hermes verbrannt sei, von
»choliasten und aus verhttltnism&szig später zeit her. wenden wir
ans zunftchst zu jener (I) Athen, ao. fcnevbov usw. das subject zu
dem f cncvbov sind die Homerischen beiden, denen in dem satze vor-
688 PStengel: die zunge der opferthiere.
her noch die Troer mit ihren barbarischen gebrauchen gegenüber-
gestellt sind, die stelle bezieht sich auf Od.r| 137, wo OdTSsens die
Phaiaken findet CTrdvbovTac bendecciv ducKÖTTifi äpT€iq>0VTg, | i^
irujidTqj CTT^vbecKov, fixe fxviicaiaTO ko{tou/ hier ist also nur von
einer letzten spende vor dem Schlafengehen an Hermes die rede, wie
diese auch PoUux VI 100 bezeugt und Plutarch sjmpos. VII 9 er-
wähnt, von einem verbrennen von zungen finden wir nichts, zu
dieser Homerstelle aber zieht Athenaios nun Od. f 341 , wo die
Nestoriden mit Telemachos vom opfer abends nach hause kommend
TXubccac iy irupl ßdXXov, dvicrd^evoi in^Xetßov. weil Od. r\ 137
die spende am abend dem Hermes gebracht wird, musz auch hier
die spende und also auch das verbrennen der zungen dem Hermes
zu ehren geschehen sein, dasz wenige verse vorher (t 334) gesagt
wird : dXX ' dyc Td^veie p^v tXiüccqc , KcpdacGc b^ oTvov, | 2<ppa
TToccibduivi Kai dXXoic dOavdToiciv | cireicavrec koitoio ^ebw^cOa
— das ignoriert Athenaios : dem Poseidon sind die thiere geopfert
(Od. f 6); ihm vor allen, nicht dem Hermes, gilt die letzte spende,
ihm werden auch die zungen verbrannt sein, dasz man später in
naehhomerischen Zeiten dem Hermes zungen verbrannt habe, sagt
Athenaios gar nicht, während er doch hinzuftlgt: Kai TOC CTCOvboc
^TrotoövTG *€pji^ Kai oux Obc ficT€pov Ali TeXei^l.
Die beiden folgenden stellen (H III) schol. zu t 332 und 341
und Eust. zu y 332 s. 1470 wollen wir zusammen betrachten, weil
thatsächlich in beiden nur'^in scholion vorliegt, nur einige stellen
zum beweise. Eustathios: *€p^iQ bi aurdc £6uov die ToO X^civ
dq)6pqj. ^^XXovTcc ydp KOi^iiOfivat jbieTd Oudav o\ TToXaioi fOuov
Tdc TÄv icpeiwv TXujccac Kotd fOoc luivuiv t\ ^Attikujv ßdXXovrec
dv TTupi. dirdve/iov bi aurdc öcioOvTec Oeoic , f\ tuiv buccpripiuiv
Ka6aipovT€c dauTOÜc. i^ 6ti KpdTiCTOV tujv fxeXujv f| iXuicca, fj Kod
6ti Td pr]QivTa Oeotc dveriOecav die diri^apTupujv aÖTuiv XoXti-
6dvTa. dM^Xei Kai Kard t6 oiic tujv ^irui^dTuiv {cnevbov rf^v
Oeiav oiulviSöjbievot dKoriv. ti Kai biÖTi XP^ Td iv cu^Tiociqi citov.
666V Kai irapoi^ia «^iciH ^vd^ova cupiiÖTav» usw. der scholiast zu
T 332 : Tdc TXuiccac Tip '€p^4 dv6Ti6ouv die icpöpip toO Xötou.
Kai ÖTav ffxeXXov Koi^n^fivai, £6uov TXwccac. (zu 341) Kcrrd
iraTpujiov iQoc 'luivuiv. bid tö Kaieiv Tdc tXuiccac IbÖKOtiv avräc
KaOaipeiv toiv ßXaccpnM^i^v. 'Attiuiv bl 6ti KpdTicTOv ToivfieXaiv f)
TXiucca. f\ 6ti Td ^nÖ^VTa toTc 0€oic dvcTiGecav • die dni^aprupuiv
Tdp dcujv bicX^TOVTo. djiAct Kai Kard tö oOc ti)uv 6cTrui|LidTuAr
IcTrevbov Tfjv dKofjv tiiiv 6€uiv oluivi2;6|üievoi. (zu 332) koi ön tq
tv cujiTTOciqi dbö^eva ou XP^ t^ dnatipiov ly Tqi ji€Mviic6ai äcei-
vuiv X^yetv irpöc dXXouc dXXd ciuiiräv Taura bid xai Tic ccMpöc
«fiicui ^vd^ova cu|üittötiiv» usw. Eustathios fährt etwas weiter
unten fort: 6 bk beiTivoco(piCTf|c einüiv ön a\ TXuiccai v^ovroi
' der «cboliast bemerkt za dpTCKpövTig: tintX övcipoiroftv^c Koi
t>irvo66Tt)C.»
PSteogel : die znnge der opferihiere. 689
Tift '€pMQ btd Tfiv ^pMnvciav, xal Sri &TTevbov o\ TiaXaiol inö t&v
b€(irvu>v dvoXüovTCc . . . boKct T*P *€pfific örrvou TrpocTdTT]c cTvm.
and dann geht er über zu jener Homerstelle T 341, die er mit Athen,
oder nach Athen, mit x\ 137 combiniert und daraus wie jener den
falschen schlnsz zieht, dasz Y 341 die zungen dem Hermes verbrannt
würden, wie alle ttbrigen bringt er dann noch eine menge Ter-
mutongen und wolfeile erklftrungen, waram man wol dem Hermes
die Zungen geopfert habe, ob der andere scholiast auch durch Athe-
nuos zu dem üalsehen Schlüsse geführt worden oder wie jener durch
combination der beiden stellen selbst darauf gekommen ist, wird
sich kaum feststellen lassen, ist auch ziemlich gleichgültig. — Noch
eine andere quelle, die wir sogleich ftir sich ausführlicher besprechen
müssen, hat Eustathios zum Irrtum verleitet, sei es nun dasz er sie
selbst nicht richtig verstanden und fisdsch interpretiert hat, sei es
dasz ihm auch hier schon falsche erklSrungen vorlagen, er sagt in
demselben scholion: btö Kai 6 KuipiKÖc b!Jcqpii|LUJi nva ToO 'CpjüioO
dirövTOc dEovcibilct \ifwv «f| TXu^cca i^ KrjpuKi toOtuiv t^vctqu).
Eust. denkt dabei an die Aristophanesstdle Plutos 1110 f| fXdhra
Ti|> Ki^puKt TOUTUiv T^^V€Tal (welche er, weil er sie eben nicht ver-
steht, auch falsch dtiert mit tivCTat).*
Sehen wir zuerst, was (TV) die Aristophanesscholien zu dieser
stelle bemerken : f| T^Ärra Tll^v Suo^^vuiv v^ *€p^Q biborai, dnetbfl
TOfV XÖTUiv b€CiTÖTT]€ dcriv. das ist offenbar aus der vorliegenden
stelle gemacht, wie der leichtfertige scholiast es liebt.' was die
stelle sagen will, ist klar. Hermes bringt eine schlimme nachricht;
ee wird dem unglücksboten zugerufen 'dem herold wird die zunge
ausgescbnitten' dh. die einfache thatsaohe, die jedem der Zuschauer
bebumt war: die zunge der opferthiere wird für den herold ausge»
admitten , zugleich aber im Wortspiel den wol verstftndlichen witz
enthaltend: mag dir, dem unglücksherold, die zunge ausgeschnitten
werden, die dieses unglückswort verkündet.^ der scholiast nimt
aber Kf)puE für Hermes, was ja nahe genug lag, da der icf)puE 6€uiv
* nach teiner vorgefatzten meinone, die cunffen würden dem Her-
nes verbrannt, erkiftrt er die stelle: ctc ridryiv al fXtbTTai dOovrat Tifi
rä TdoOTa KT^pOccovri, eine erklftrang die aach der Arlttophanet-
•elioUast neben andern gibt: Mucd cuXmt^«» Kai ^^^c dbücuic aOr^i
OÖOMCV xdc ykdKcac. * um nur ^in verwandtet beispiel anzuführen:
Arntoph. Fri, 1019 f. heisst et: oöx f/betai bfjirouOev €lp/|vn c<paTOtlc,
odb* m^OToOrai ßui^öc. ans diesen versen^ die wol nichts weiter tagen
sotten als *die göttin det friedens erfreut sich nicht am blntbad%
«ataimt der sohollast« was sonst nirgends bezeugt wird: qMxci fAp
6vciav TcXCIcBoi €lp/)vq, t6v bi ßiu^dv )if| al^iaroOcOat. ical tbiuic
dvat|iuiTl tQ €lp/|vq OOouciv. nun haben wir aber eine intehrift
CIO. 157, wo die ocpiiaTiicd anfgeiShlt werden ^K T^c 6udac n^ ^PM4
TiffAv. — ^K Tf)c 0uc(ac tQ €lp/|vxi irapd CTparriTd^v, welche be-
weist dasi der Eirene blutige Opfer gebracht worden sind. * der
scholiast an Aristophanet hat neben andern auch diese richtige er*
kllrang.
JtthrMchcf tat elMS. phiiol. 1879 hft. 10. 44
690 PStengel: die zunge der opferthiere.
-(Hesiodos £Kf). 79) wie in bildlichen darsfcellungen bo aodb hier auf
der bühne und in der vorstellong des scholiasten als herold mit dem
KT)puK€iov und in heroldstracht erschienen sein wird (vgL Praller-
Plew gr. myth. I s. 332). verstehen wir aber *dem Hermes wird die
zunge ausgeschnitten', so geht die schöne pointe des Wortspiels und
Witzes verloren, zudem wird uns in demselben kritiklosen scholion
das gewichtige zeugnis des Alexandriners Kallistratos (den derscho*
liast häufig benutzt) mitgeteilt: KaXXicTpaTOC tuuv Öuofi^vuiv <pf)d
TQC T^^ccac TOic Krjpu£iv dirov^ecGau bxö xal töv iroiiiTf|v tu»
'£p\ifji noieiv TC^vo^^vac aördc. Kallistratos sagt also einfach :
nicht ftlr Hermes wird die zunge ausgeschnitten, sondern die herolde
empfangen sie — dasselbe was Aristophanes selbst sagt
Wir kommen (Y) zu dem scholion zu Apollonios Arg. I 517.
es ist als erklärung folgender stelle des dichters beigefügt (1 516 ff.) :
QU b' im bi\y li^Tinexia KCpaccd^cvoi All Xoißdc,
f{ G^fiic , euat^uic iitl tc T^ujccgci x^ovto
aiOo^^vaic, unyov bi bxä KV^qpac d^vi&iovTO.
es entspricht dies also genau der Homerstelle y 332 ff.
dXX' &xe. TdfiV€T€ M^v T^ubccac, xcpdacOe bk olvov,
6(ppa TToc€ibdu)vi xal dXXotc dOavdTOiciv
cireicavT^c KoiToto pebcbfieOa.
tXuiccac b' iv nup\ ßdXXov, dvtcrd^evoi b* inikeifoy.
der alexandrinische epiker läszt seine beiden die zungen der opfer-
thiere dem Zeus verbrennen, dem das opfer galt, wie Homer die
Nestoriden in Pjlos dem Poseidon, den letzten Homerischen vers
(Y 341) führt der scholiast ausdrücklich an; dies beweist dasz anch
ihm jene Homerstelle und wahrscheinlich ihre erklftrungen^ wie wir
sie noch heute bei Athenaios, und aus ihm in den commentar des
Eustathioa übergegangen, vorfinden, vorgeschwebt oder vorgelegen
haben, auch er bringt seine gelehrsamkeit von dem sungenopfer an
Hermes an, hier an einer ganz unpassenden stelle, wo sie rarer-
klftrung der worte des dichters absolut nichts beiträgt.
Die notiz (VI) der Paroemiogr. gr. I 415 würde schon an sich
nicht viel bedeuten und wird noch verdftchtiger durch die TöUige
Übereinstimmung mit den werten des Aristophanesscholiasten.
Gomutus c. 16 s. 164 (VH) sagt gar nicht, dasz dem Henaes
die zunge geopfert dh. verbrannt werde, sondern dasz sie ihm ge-
weiht ^ wie ich verstehe, seiner obhut empfohlen werde, zunichst
beim gastmahl, wo der wein leicht die zungen lösen könne, die be>
weise dafür sind, glaube ich, in den Homerscholien enthalten, in die
sie aus einer guten quelle, welche die scholiasten benutzten, aber
nicht verstanden, hineingekommen sein mögen, in den scholien su
T 341 (und ganz ähnlich bei Eust. zu y 332) lesen wir: 5n bei rd
Iv ojfüinoctoic XcxO^vra rnpeiv dx€|yiu6o0vTac. öOcv ical iropoifiia
* vgl. über die bedealang von xaOtpöui Lobeok su Phrya. •• 19S
eAmmoniiis icpcOcai et KoOupcOcai dici ail in victimis quae mactastiir,
l€pCt»cai vero et Ka0t€p<X»cai in donis qnae dedicantar.'
V
Pfitengel: die snnge der opferthiere. 691
v^icu» MV^ifiova cu^irörav». i^ 6ti t& ^rfiivia rote OeoTc dvcTiBccav,
iK imfiaprOpujv top Oci&v btcX^TOvro. dp^Xei Kai Korä tö oOc
TÜfV ^KnuiMäTuiv ^cirevbov Tf|v dK(rf)v tu>v 8cuiv oiu)vi£ö^€VOu
Hannes, der ab Xö^fioc angemfen und verehrt witd, 'dem alles rich-
tig atisdrOckenden , alle zu allein überredenden gott'* — seiner hut
wird die znnge befohlen, ihm allein wird, wenn wirSaidas (n. icOXtS
ud ic€icpOfi^VTi cirovb/j) und dem Aristophanesscholiasien (zu Plutoe
1132) glauben schenken dürfen, eine KCKpap^vi) cnovb/j, wein
mit (kaltem) wasser gemischt, dargebracht, allen andern göttem
wird dKpOTOV, ungemischter wein, gespendet dasz dies geschah,
nm anzudeuten, dem beherscher der zunge sei ungemischter wein am
gefthrlichsten, ist mir wahrscheinlicher als die erklttrungen des
Saidas und des soholiasten. ' warum ihm noch Tor dem Schlafen-
gehen die letzte spende gebracht wird, versuchen auszer unsem oben
besprochenen scholiasten noch PoUux VI 100 und Philostratos Her.
X 8 8* 311 zu erklären (vgl. auch Nitzsch zur Od. 11 s. 261 f. und
GKrttger in diesen jahrb. 1863 s. 293 ff.), doch wfirde es uns hier
zu weit führen darauf noch nfther einzugehen.
Den oben erwähnten angaben gegenttber haben wir nun posi-
tive und unzweifelhafte Zeugnisse, dasz die zunge der opferthiere
(wie ja schon bei Homer) ausgeschnitten * und dann den priestem
oder herolden, *unter deren fanctionen die religiösen eines opferers
und opferberoldes namentlich in älterer zeit bei weitem die wich-
tigsten waren' *, gegeben wurden, dasz dies meist nur bei den grOszem
Btaatsopfem, bei denen allein sie ja in gröszerer anzahl functionier*
ten, geschehen sein wird, während sonst der das thier darbringende
die zunge nach hause genommen haben wird, habe ich ao. s. 22 f.
schon SU beweisen gesucht, eben dort und s. 17 — 19 sind die stellen
gesammelt, in denen vorgeschrieben wird dasz der priester die zunge
der opferthiere erhalten solle, ich ftthre die stellen hier noch einmal
kurz an. eine Inschrift in der revue archöol. 1874 s. 106: i^v hk
* Preller-Plew gr. myüi. I s. 889. ^ gemiacbter wein wird ihm
^spendet, sagt der Aristophanesscholiast , 0ti koX tiSiv Zddvruiv ical
Tunf TCTcAcurnKÖTUiv dpxci KUl wap' d^q>0T^puiv Tl^dc ö^ctou, und Saidas
ebenso : b\A rö lubvruiv kuI T€TeX€UTT)KÖTUiv dpxciv. aber den toten wer-
den gar nicht waaserapenden oder aach nur VT|(pdXia dargebracht, aon-
dara iicJUapaTOv and wein (vgl. Nitsach erkl. anm. aar Od. III a. 261 f.),
lud auch f&r die totengötter aind v?|qxiXta nicht beaeugt. in dem ver-
zeichnia der gottheiten, welchen die Athener vri(pdXio spenden, bei Pole-
flioa (aehoL au Soph. OK. 100) fehlen Hadea ond Peraephone; in einer
iasehrif fc (Kaibel epigr. graeca n. 1084) wird vorgeBchrieben, ausser den
vorher dargebrachten Xoißai (meiat weinapenden wie Enr. IT. 16S) in
den aeheiterhaufen, aaf dem daa Opfer den 6irou6a(oic Ocotc Terbrannt
ist, noch wein au gieazen; in dem mErchen dea Apalejoa steigt Payche
mit kneheDy mehlbrei, honig ond wein zu dem gotte der toten hinab,
and in den Peraem dea Aiaehyloa (v. 610 ff.) apendet Atoaaa anaser
milch, honig, öl aoeh dK^ipatov . . woröv iraXaiAc diiir^ou tdvoc, ond
tagt aaadrtteklicht toiröxouc b' tfib ti^dc irpow^^i|iu) Tdcbc vcpT^poic
6€0lc * die stellen aind alle geaammelt in meiner oben citierten ar-
beit qnaeat. aacrif. a. 22 f. * Preller-Plew gr. roytb. I a. 832.
44*
692 BLöhbach: der goldene schnitt im hexameter.
Gurrrai (sc 6 kpeuc) , Xäi|i€Tai t^uiccav. in einer im 'A0rivaiov 11
8. 237 fS, mitgeteilten mjkonischen inschrift : Tif» TToccibdivt xpiöc
. . Ti^ Upei tX^JLicca, und: 'AiröXXuivi raOpoc . . t^» lepet toO tou-
pou blboTQi TXu»£ca , und : Tip l£p€i tXtJ^ca xat T(|i iraibl tXukca
iKaT^p^) . . Tip Icpet YXuicca xal ti|) vujuicpiiti TXuicca JKaxig^. man
vergleiche auch noch die stelle des Menandros bei Athenaioa XIV 78
8. 659% wo der opferkundige koch dem Sklaven suruft: XdfißaveTJ|V
TXufTTav.
Dasz aber auch die herolde die zungen empfiengen, beweist
die stelle in Anstophanes Plutos 1110 f| tXuiTTa Tip xifipuia tou-
TWV T^^vCTQt, und das zeugnis des Kallistratos im scholion za der-
selben stelle: (KaXX(cTpaTOc) tAv Ouofui^vuiv ((pn^i) Tdc tXukcoc
Tok lofjpuEtv dirov^^ccOat.
Bbblin. Paul Stbhqsi^
96.
DER GOLDENE SCHNITT IM HEXAMETEB.
Einen wesentlichen vorzug der weitaus h&ufigsten und schön-
sten cSsur des daktylischen hexameters erblickt Christ (metrik & 187)
darin, dasz sie den vers in zwei ziemlich gleiche abschnitte teile, es
ist dies aber durchaus nicht der fall, nehmen wir jeden fnsz zn vier
moren an, so erhalten wir, in Übereinstimmung mit dem unter-
geschobenen verse des Orpheus (scholien zu Hephaistion s. 86)
öpOtov iiaii^pkc TeT<Spu)v Kai elKOci fi^Tpuiv»
fflr den hexameter 24 moren. dazu müssen noch 2 moren ftlr die
durch die cäsur veranlaszten pausen angesetzt werden, so dasz der
durch die penthemimeres geteilte hexameter 26 moren enth<, wo-
von 10 vor, 16 hinter die cftsur fallen, beide teile sind also durch-
aus nicht gleich , stehen aber dennoch unter einander und zum gan-
zen hexameter in einem ästhetisch wirksamen Verhältnis, es vei^<
sich nemlich der ganze hexameter bezüglich seiner rhythmisehen
dauer zu dem grOszem abschnitt fast genau so wie der gröesere ab-
schnitt zum kleinem, die proportion 26 : 16 ■" 16 : 10 ist bis auf
ein geringes richtig: denn die producte der ftuszem und innemglie-
der 260 und 256 sind nahezu gleich, die oaesnra semiqoinaria teilt
also den hexameter nach dem goldenen schnitt, und die angenelmse
Wirkung welche sie hervorruft kann demnach nicht auf der Sym-
metrie der beiden teile beruhen; sie ist vielmehr ein beweis dafür,
dasz die teilung nach dem goldenen schnitt nicht nur in rftumlieheB,
sondern auch in rhythmisdien Verhältnissen unser ftsihetischeB g<e-
fühl befriedigt.
Ich bin überzeugt, eingehende Untersuchungen würden ergebeai,
dasz das Zeisingsche gesetz auf dem gebiete der rhythmik vielfach
geltung hat.
Mainz. Rudolf Löebacb.
PEgenolffs KU ApoUonios Dyskolos. 693
97.
ZU APOLLONIOS DYSKOLOS.
Anknüpfend an meine bemerkung in diesen jahrb. 1878 s. 845 f.
aber fxipoc XÖTOu nnd tö iiifK>c ToO Xötou will ich hier die dort an-
gefllhrten beispiele der scripta minora dnrob die ans der syntazlB er-
gtnsen. so kleinlich nnd geringftigig auch diese indices erscheinen
m9gen : sie bieten nns nftehst der hsl. ftberlieferong den sichersten
massBtab für die kritik des antors ; in nicht seltenen fUlen haben sie
Ar dieselbe sogar hohem wert als die lesarten der hss.: ans der
irapdboctc constmieren wir znn&chst die XP^cic, und nach dieser
▼erhhren wir mittels des Xötoc (der ratio) bei den jener widerstre.
benden stellen: denn anch hier gilt der gmndsatz des ApoUonios T&
nXctovo xavovtZei t& iXärrovä (vgl. de pron. 12,20; 25, 30 f.; de
coni. 252, 19 f. and sonst; anch Choiroboskos dict. 19, 7). viel-
leicht sind auch die folgenden Zusammenstellungen , abgesehen da-
von dasz die feststellnng des Sprachgebrauchs der bedeutendsten
grammatiker des altertums bei einem ims heute so gelftufigen, aber
vom den alten entlehnten ausdruck wie 'redeteil' fAr mich wenigstens
höchst interessant ist , fCLr die eine oder andere stelle von nutzen.
Wie in den kleineren Schriften sagt also ApoUonios auch in der
sjntazis stets fui^poc Xötou, zb. s. 47, 2 (wo zu lesen ist: oök €ÖXotöv
T€ ^elTat }x\ä qmiv^ xcicXkOai [wie auch z. 25 bicnccKpicOai], vgl.
s. 126, 3 ^T&]> Tuuv dpOpwv , SchOmum animadv. ad vet. gramm.
doctr. de art. s. 49 anm. 9, Skrzeczka 1853 s. 15 und Egger *ApoU
lonins Djscole' s. 127) und z. 24; 311, 19 (vgl. Bekker zu s. 162, 1
nnd Skrzeezka ao. s. 2*); nfiv S icn \Aipoc Xötou s. 269, 16 f.;
ptipf] XÖTOU 8. 47, 28; ^€pO[yv XÖTOU s. 7, 11. ebenso in Verbindung
mit üc und t(c: £v tici \x{pec\ Xötou s. 117, 4; )ui€Tä Ttvoc ji^pouc
X6tou s. 324, 2 ; Tivi ^£p€t XÖTOu s. 235, 7. desgleichen mit dXXoc :
äXko jUpoc XÖTOU s. 111, 4 f. 7 f.; £n' dXXo V€ÖC€i p^poc Xötou
8. 312, 24 f. ; ^€T& AXXou ^^pouc Xötou s. 187, 28 und 188, 3; dXXa
$iifn\ XÖTOU s. 109, 8 (so A; das toO von 6 kann nicht in betracht
kommen); in' dXXuiv )ui€puiv Xötou s. 251, 4 f. (wo ich mit 8 jlburg
^ToO> bfiXoufi^vou lese); deshalb muste Bekker s. 10, 7 unbedingt
In* oXXuiv pepdhr Xötou sehreiben, da hier auch A den artikel toO
nidit hat, und s. 307, 8 f. ist auch gegen die autoritflt von A £v
dUÜioic p^pcct XÖTOU zu lesen, dahin gehört auch ^T^pou p^pouc
Xötou s. 23, 25 und ^T^puiv juicpCbv Xötou s. 117, 5 (wo ich <Tä>
ftnXoÖMCVO <^ ix^puiv )ui€p(&v XÖTOU ftbr nötig halte); btöqpopo
^i£(n\ XÖTOU s. 103, 5 f. und i% btoipöpufV )ui€purv toO Xötou (wo
ich das TOO streichen wtbrde) s. 319, 27 f. dagegen rä dXXa fi^pf)
ToO XÖTOU s. 305, 6; 305, 28—306, 1; 307, 25; 334, 20 (Lehrs
qiiJMst. ep. s* 40, anal, gramm. s. 423, Uhlig diss. s. 32, BSchneider
Kölner programm 1867 s. 7 f.) ; Tuliv aXXwv ^€puiv toO XÖTOU
694 PEgenolff: zu Apollonios DyakoloB.
8. 309, 9 f. und iiexä tüjv äXXu)v tou Xötou ^epuiv s. 194, 3 f.
natttrlich auch ra täiröXoma ^lipi) tou Xötou s. 10, 15 und rä öirö-
Xoiira Tuiv luicpi&v toC Xötou s. 22, 5 f. ferner in\ twv tJEXic ficpwv
TOU XÖTOU 8. 22, 13 f.; £k tiZiv Trapeirofx^vuiv ^epuiv tou Xötou
8. 23, 28; endlich Ta TrpoKaT€iX€TM^va tujv juiepdiv tou Xötou s. 9,
13 f. fihnlich wie äXXo ^€poc XÖTOu nnd ra äXXa iUpfi\ tou Xötou
sagt Apollonio8: rräv p^poc Xötou s. 23, 5; 188, 12; 224, 7; (269,
16 f.;) 330, 6; rravTl fiepet Xötou 8. 22, 19; iiA novTÖc M^pouc
XÖTOU 8. 32, 22. dagegen sagt er: dirl irdvTUiv tiuv jyiepdiv tou
XÖTOU 8. 224, 18 f. und iv ftiraci Tok ^^pect toO Xötou b. 223, 16 f.
80wie ndvTa Td toO Xötou p^pt) s. 12, 24 f. analog ist fi^pfi Xötou
TrXeiova s. 307, 27 f. und dagegen Td irXctcTa tiuv jiiepi&v tou
XÖTOU s. 303, 8 f. bei der Verbindung mit zahlen dagegen Ifisst Ap.
auch in der syntaxis den artikel vor Xötou so oft weg, dass ich kein
bedenken trage einige entg^enstehende lesarten auch in A su emen-
dieren. zb. heiszt es (öq)') £v fiepoc Xötou 8. 8, 6; 87, 9 t (uno-
Xdßoi <äv> TIC?); 88, 11; 63, 23; 87, 16. 19; 269, 18 f.; 270, 4;
303, 11; (304, 12;) 311, 15 f. (wo nur B tou Xötou hat); 318, 19;
329, 27. ich kann daher s. 340, 9 f. die lesart von A Ev p^poc tou
XÖTOU nicht für richtig halten, da dreizehn stellen g^en 6ine stehen:
es ist also dort tv pipoc [tou] Xötou zu schreiben, ebenso sagt
Apollonios oObiv M^poc Xötou s. 23, 24 und 224, 10 f. gleich-
m&szig musz es auch bei den andern zahlen sein : buo }iipit\ Xötou
8. 140, 6 f.; 304, 12; 333, 27; 334, 22 (wo also BSohneider im
Kölner programm von 1867 s. 7 f. mit unrecht die lesart von A
adoptiert); daher auch iv boc\ )ui^p€Ct Xötou s. 318, 20 (£v buct
^^p€Ci XÖTOU V00UM6V0V <6ti>? vgl. de coni. s. 242, 22 ff. Sehn,
und schol. Dion. s. 967, 30 ff.); 318, 23 f. 25. ähnlich dv ^KOT^pq)
ji^p€i XÖTOU 8. 270, 14; dagegen (irpöc) dKÖTcpa tiuv ficpuiv tou
ÄÖTOU 8. 261, 1 f. nach allem diesem wtlrde ich s. 320, 26 f. nicht
mit ühlig dies. 26 f. die lesart von A iv Tpict M^pect toO Xötou in
den text aufnehmen.
Selbstverstftndlich sagt Apollonios auch in der syntaxis nurTd
fi^pn TOU xötou, zb. 8. 11, 10 f. und 15 f.; 47, 25; 58, 5; 311, 19;
T(by ^€pd»v TOU XÖTOU s. 10, 13 und 25; 97, 3; 201, 16 f.; (koto
TÖv fieptCMÖv) Turv ^€puiv tou Xötou s. 334, 18 f. aber auch tq
TOU XÖTOU (KaTacnficerat) p^pn s. 48, 15 f.; (Td cic o Xrrrovra*
Ttüv ToC XÖTOU )ui€pdiv 8. 332, 19 f.; ti£»v toO Xötou fiepuiv auch
8. 310, 7. dahin gehören auch die büchertitel bei Suidas I 1 s. 627
Beruh, mpl )ui€ptc)uiOU itSiV toO Xötou fiepujv (vgl. Lehrs anal, grsmm.
8. 416 ff.) und irepi cuvTdSeuic TiXrv toO Xötou pepäiv (über den
Suidasartikel zum jungem Tjrannion vgl. auszer Lehre ao. aach
JWackemagel de pathologiae veterum initiis [Basel 1876] s. 12 f.).
nach demselben gesichtspnncte ist zu beurteilen olc iiiv fikpeci toü
XÖTOU 8. 303, 5 f. steht bei dem mit dem artikel verbundenen M^poc
nodi ein attribut, so hat XÖTOU ebenfalls den artikel, zb. Td W^
XÖTQTa \iipr\ toG Xötou s. 19, 2 f. dagegen tö ainö fi^poc XÖTOu
PEgenolff : za Apollonios Dyslcoloa. 695
8. 111, 9 und TQÖTd (das tö vor diesem worte ist natttrlich zu tilgen)
li^poc X6tou b. 293, 13.
Mit Apollonios stimmt auch hierin sein söhn Herodianos genau
ttberein. auch er sagt stets fui^poc XÖTOU IE 934, 36; 96; 9; 147, 25;
}iiin\ X6tou zb. 1 603, 10. dXXo fui^poc Xötou 1304, 17; per' dXXou
fi^pouc XÖTOu I 166, 15. Srepov p^poc Xötou I 484, 3 (weshalb
8. 483, 7 doch wol fiiibevöc ^^pouc> XÖTOu ^ctoSO iriirrovroc zu
lesen ist). btdq>opa \iipx\ Xötou II 464, 4 — 504, 35. iräv M^poc
Xdxou n 429, 8. nucpoTiKÖv \iipoc Xötou II 907, 12. am genaue-
sten stimmt er in der Verbindung mit zahlen: £v p^poc Xöyou 11
49, 2; 63, 16. 27; 64, 1; 65, 6 (öq)' ly iiipoc XÖTOu); 67, 38; 68,
34 (Koe* «V M^pOC XÖTOU); 75, 36; 112, 10; 119, 24; [130, 22;]
140, 10; 151, 6; 199, 3. 7; 215, 4; 306, 8. 11; 306, 6; 907, 14 f.
anch ^v iy\ p^pct Xötou II 407, 21. 28. ebenso biio p^pn Xötou
I 498, 11 «- II 76, 24 f. und 103, 21 ; I 498, 19 (— U 103, 30). 21 ;
507, 11; 521, 29 (—n 17, 2); 536, 29 f. (— ni2,30); 541, 30 f.;
n 25, 2. 11 f.; 31, 14; 54, 19; 62, 8; 63, 5; 64, 29; 66, 12; 68,
34 f.; 75,37; 76, 24 f.; 83, 25 f.; 86,20; 130,21; 144,17; 151,4;
158, 18; 169, 11; 163, 13; 196, 19 f.; 199, 3; 200, 5; 216, 3;
407, 29; 464, 5 — 504, 35 f.; 659, 10; 865, 41 und sonst, daher
kt doch wol II 141, 12 wenigstens ftir Herodian buo \iipT\ [toO]
XÖTOU zu schreiben, so auch Tpia ^^pri Xötou II 464, 6 »» 505, 1
and iy bucl M^pcci XÖTOU I 497, 4 (mit Lentz's note); II 117, 12
e» 562, 23; 143, 12 f.; 145, 6; 153, 8 und sonst, dagegen sagt
auch Herodian öktui bi övruiv Tt&v pepuiv tou Xötou I 562, 13 und
iKacrov T&v |Ui€pCbv toO Xötou n 612, 20; TaOra Td ^^pr) toO
XÖTOU II 934, 26 und toötujv tuiv )ui€puiv toO Xötou II 934; 7 f. ;
Td dXXa M^pn tou Xötou II 910, 18 f. daher wOrde ich II 910, 16 f.
TOtura Td fui^pn <toG> Xötou und II 934, 9 tiBv Trpo€tpl]^^vulV
ti€fiibv <TO0> XÖTOU schreiben.
Bei Cboiroboskos dagegen findet ein schwanken statt im Sprach-
gebrauch, namentlich bei den zahlen, er sagt zwar stets p^poc XÖTOU,
zb. 3, 30. 32; 10, 6; 555, 30; eic ^^poc XÖTOU 99, 28; dagegen eic
^^poc ToO XÖTOU 99, 24 f. äcdcTOU ji^pouc Xötou 2, 10; rrdv ^^poc
AÖTOU 716, 10 f. («= Theodosios 1024, 33). 12; dv iiavTi fiepet
XÖTOU 740, 1; fiXXo fxdpoc Xötou 500, 15; dXXou ^^pouc Xötou
s. 14, 4 f. dv iy\ iiip€\ XÖTOU 13, 19; dagegen öicrui ^^pn toO
Xötou 2, 17 f.; 468, 23; 469, 34; öktüi pövo iiipr\ toO Xötou
2, 22 f. 25. 26. 27. 32 f. ; 3, 32 f. 33 f. ; auch pdpi] toC Xötou eiciv
ÖKTtb ; regelmässig ist Tuiv öktui ^epüOv toO Xötou 469, 36 ; £v TOic
ömb ^^p€Ci TOU XÖTOU 19, 13 f. (ähnlich Dionjsios 634, 4 f. toö
XÖTOU M^pv) ÖKTU»; sonst hat dieser fx^poc Xötou 633, 26; 634, 11;
640, 3 ; 641, 23; Mnmal irdVTUiv tüjv toO Xötou ^cpuiv 641, 14 f. ;
aber 633, 32 f. XdSic ^tI liipoc tou Korrd cövToStv Xötou dXd-
XiCTOV 8. unten; die Stellung Tt&v toO Xötou ^cpiDv hat auch Dion.
Hai. de comp. verb. c. 2 s. }0 OöUer, der nur fuiopiuiv für (icptXiV
bietet), stets sagt er aber tö ^^poc toG Xötou, zb. 734, 11; Td
696 PEgenolff: zu Apollonios DyakoloB.
^^pn Tou Xdrou 740, 11 f. ebenso irävra Ta fui^pr) toO Xötou 716,
26 f.; TTdvTUiv twv ^€p<uv toO Xötou 469, 22 f., wie auch Turv
dXXuiV ^€pu)v ToO XÖTOU 2, 34; aach Ta äXXa ^i^pri tou Xötou 2,
34 f. und 12, 31 f. (wo zu lesen ist bid Ta fiXXa jui^pq tou Xötou*
«äveircKTÖTuiv» bi b\a tö Toiöcbc xai Tocöcbe, TOiouTod ical ti)Xi-
KOUTOci* TauTa T^^p dir^KTactv äveb^VTO, oTov npocO^jicTiv tou
A6 Ktti TOU I, vgl. 26, 21 ff. und 108, 1 ff. und sonst, flbngens bat
aus diesen oder fthnlicben stellen Melampus zu Dion. 818, 17 ff. ge-
schöpft), aber er hat auch iy ^T^poic p^pcct ToC XÖTOU 13, 20;
TÖ auTÖ M^poc ToO XÖTOU 819, 25. 29. 33; 820, 2. 5 («» Herodian
I 473).
Aehnlich schwankt der Sprachgebrauch auch bei dem yerfuaer
der irrt^epic^ol tou i|iaXTT)p{ou (welche nicht von Choiroboakos ge-
schrieben sind, vgl Lehrs anal, gramm. s. 439 anm. und Lentz pnef.
Herod. s. CCIV). auch er sagt ^^poc Xötou s. 1, 5; 9, 1; 16, 24 f.;
22, 1; 32, 19; 40, 35; 41, 15; 43, 25; 46, 11; 53, 13; 58, 35;
63, 1; 64, 9; 66, 20; 67, 35; 77, 7; 83, 30 (merkwürdig ist in
den letztem fUlen das schwanken zwischen jui^poc XÖTOU und fi^pouc
Xötou) usw. ähnlich nöca fi^pn Xötou 10, 1 ; 12, 32; 26, 16; 45, 1;
54, 24; 98, 26; 106, 18 (antwort buo). nöca iiipi\ Xötou cidv;
buo ist auch 28, 4 zu lesen statt Troiou fx^pouc Xötou ^cti; ß'. aber
Ik itöcuiv ^cpuiv TOU XÖTOU 10, 16 (antwort £k ndvTuiv). iroiou
fi^pouc XÖTOU 15, 35; 16, 24; 19, 14; 34, 32; 41, 13; 44, 6; 46, 7;
47, 19; 80, 16; 85, 6. 31; 94, 9; 97, 23; 98, 34; 99, 20; 100,35;
101, 5; 104, 17. 30; 107, 14. Einmal iroiou M^pouc ToO X6tou:
52, 30. hf fi^poc XÖTOU 45, 1 f.; dvTl ^vöc ^i^pouc Xötou 54,25;
buo }iipi\ Xötou 94, 9; Tgl. 87, 33; iy travTi ^^pct toO Xötou
64, 25. Ttüv M6puiv TOU Xötou 16, 29 f.; rd Trpö auToO XexO^vTa
ji^pn TOU XÖTOU 8. 20, 11 f.
Consequenter ist der Sprachgebrauch bei den scholiasten zu
Dionjsios Thraz. stets heiszt es ^i^poc Xötou: 714, 7; X^tc ii v^ipoc
XÖTOU Steph. 826, 14 f.; clc M^poc Xötou 827, 1 (Dion. 633, 26);
ygl. 827, 9; 828, 1 f.; 829, 2 f. 7. 8; 830, 6. 15; 843, 15 (Dion.
634, 11); 845, 1 f. 3; {iiipx\ XÖTOU 881, 14;) 881, 18. 19; 882, 21
(wo nidit nur dirrurrov mit SchCmann redeteile s. 43 zu ergimcn,
sondern auch f\ oöb€T^pou nach f{ irddouc einzuschieben ist trotz
Steinthal gesch. der sprachwiss. s. 626* und Skrzeczka; vgl. Choiro-
boskos dict II 469, 3; cod. Coislin. 387 bei Gramer AP. IV 217 —
codd. bibl. Caes.Beg. 271 und 172 Vindob. bei La Boche TTapCKßoXai
TOU ^CTdXou ^yj^aroc £k tiZiv 'HpuibiavoO, Moschopulos bei Bitacbl
praef. in Theodulum s. CXXXII, Zonaras u. ^t)|ia, Theodor, prodr.
s. 137 f. und mein Anonymus s. 42); 892, 21 f.; 899, 9 f. (in der
definition des artikels, welche auch ich [mit Skrzeczka 1853 s. 9 md
Schümann animadv. ad vet gramm. doct. de art s. 24 f.] ftr Apol-
lonianisch halte, wie auch das folgende sehr an Apollonios [darcb
die Vermittlung des Choiroboskos?] erinnert); 906, 13 f.; 924« 7
(welche definition dem Apollonios zu gehören scheint, wie flbeiiisapt
PEgenolff : SU ApoUonios Dyskolofl. 697
«Qas Yon 8. 924, 7 bis 926, 2 ans ApoUonios geflossen zu sein scheint,
▼gL Prisdan XIV 7 and 8); 985, 2. 10 (Dion. 641, 23); 952, 7
(weleke definition wol ApoÜonianisch ist, vgl. Priscian XVI 1 und
BSchneider im rh. mus. XXIX s. 188 — 186). dagegen hat Dionjsios
Thraz s. 633, 31 f. \ibc £crt ^^poc toö Korra cOvroSiv Xötou
ikax^cioyy oder, wie Melampns (also auch Choiroboskos, vgl. Hör-
scfaalmann de Dionysii Thr. Interpret, vet. I s. 26) s. 836, 26 f. X^tc
icn M^poc ^XdxicTov toO Kord cuvtoSiv Xdtou (vgl. Uhlig in den
yerhandlnngen der Wiesbadener philologenvers. s. 141); vgl. s. 837,
2 f. }iipoc tdp ^criv £XdxiCTOv toö Xötou; 837, 9 f. fi^poc tXA-
XtCTOV ToO Koxä cüvToEiv XÖTOU ; ebenso danach mein Anonymus
8. 15 iif\c ix6ix€v6v icTX \4ixy öpicactat, ön ^^poc dXdxiCTÖv icri
ToO KOrd cövToStv XÖTOU. daher ist s. 839, 29 die Iflcke nach cod.
Vat. 1766 so zu erginzen: ri icn XÖTOC <Tf|v X&tv M^poc toO
XÖTOU qniciv, In dTVOOÖvruiv fijLiu^v t( ^cn Xötoc> dicirep nsw. bei
zahlen steht auch hier, so viel ich sehe, in der regel der artikel nicht :
Iv M^poc XÖTOU Melampns 842, 13; 926, 22. 23. 24; 946, 12; £v
M ^p€i XÖTOU 965, 17. 20. buo iiipi] Xötou 695, 30; 8tq>h. 826,
26 f. ; 873, 19 f. ; 946, 9 (welcher abschnitt dem ApoUonios ange-
hört) ; 949, 3 f. (Uhlig im rh. mos. XIX s. 34 und Lehrs Arist. '
s. 323 f.). 19. 21; 967, 25 «buo> M€puiv XÖTOu) -» 967, 31 und
968, 5 f.; Tpiuiv peptliv Xötou 702, 15 f. und 967, 32. toO Xötou
elvm liipi] ÖKTiIi schol. Dion. 840, 22 ff. (« Dion. 634, 4 f.). regel-
m&szig ist irdvra Td örrdi ixipT\ toO Xöfou s. 673, 17 ; tOliv öicnb
fuicpdiv ToO XÖTOU 673, 26 ; ircpl tiuv öktüi ^cpwv toO Xötou 676,
3 f.; Td ÖKTdi \iipr\ tou Xötou 723, 33; 724, 12; 842, 5 f. (vgl.
schol. A zu Hom. X 59 and Baohmann Anecd. U 183, 22); Kupia
Kol TvncituraTa \ilpr\ toC Xötou rd buo rauro, tö T€ övofuia xal t&
^flMa schol. Dion. 844, 16 f. (vgl. 881, 2 f., Apoll, de adv. 121, 5 f.
Sohn, und synt, 1 3 s. 19, 2 f.). dagegen iy rote buo fuiövoic fi^pcci
XÖTOU schol. Dion. 854, 13 f. (wo man allerdings sehr versacht ist
<ToO> XÖTOU zu schreiben) ; tujv irpoeipiiM^vuiv buo pepdiv Xötou
844, 25 f. (wo ich ebenfalls den artikel bei Xötou vermisse). (KacTOV
lUpoc XÖTOU, zb. £v iKdcTif) \iipti Xötou 741, 1 f.; irfiv p^poc Xötou,
f b. itA navTÖc ji^pouc Xötou 872, 8 (wo z. 20 dicupoXoTci zn lesen
ist: vgL Gramer AO. IV 330, 7); dXXo \iipoc XÖTOU, zb. £v fiXXoic
^^ct XÖTOU 877, 15; oiibky dXXo ft^poc Xötou 954, 6 f.; also auch
oiibiv ET€pov fui^poc XÖTOU S.935, 16 f.; £T€pa M^pii Xötou 933,29;
935, 24; bidqpopa p^pr) Xötou 947, 30 f. (welche stelle offenbar
cormpt ist), dagegen haben die schoHen stets t6 lUfiOC toO Xötou,
ab« 962, 1 (welche stelle ich nicht verstehe, wenn man nicht so emen-
diert: xal tö \iipoc toC Xötou <tö cuvbcTtKÖv Tuiv ^epd^v toO
XÖTOv>, vgl. cuvbeTUCÖv tuiv toO Xötou ftcpuiv 952, 5); daher
7r€pl TUIV Mcpuiv ToO Xötou 673, 7. 24; tu»v <dXXuiv?> M^pAv toO
xiöTOV 741, 18 (Melampns, dh. Gboiroboskosn vgl. dlot. 696, 5—8 ;
achoL Dion. 762, 30 f.; 823, 16 fil (vgl. dict. 66 f. nnd 265 ff.);
883, 7 (vgl. dict 471, 5 ff.); 941, 21 (Hörschelmann ao. s. 38 nnd
698 OWichmaxm : su Lakianos.
46 f.); Steph. 840, 16. 20 f. [vgl. z. 24 f.]; 845, 5 f.; 881, 2. 16 ;
900, 4; ^v T^ ttXok^ («» cu^irXoxQ) tAv MCpuJV tou Xdtou 906,
2 f.; vgl. 923, 32; 932, 25; iv TOic dicXiroic tOiv pcpiXiv toO X6tou
960, 15 f.; TUJV ToO Xötou MCpO&v 843, 19; 952, 5 f.; £v Toic
liipecx TOU XÖTOU 892, 23 f.; 951, 27. irdvra t& jui^pn toO Xötou
673, 30; TrdvTUiV Tdiv tou Xötou ^cpujv 924, 21 («« Dien. 641,
14 f.). 33 ; iK TTdvTuiv tüjv jyiepd^v toO Xötou 936, 14 f. (waldte
stelle auB Apollonios de adv. 146, 2 ff. gesohOpft ist, vgl. Priseian
XY 8. 63, 21 Hertz); iy näci TOic \xip€c\ tou Xötou 949, 13; ra
dXXa jH^pT) ToO XÖTOU Melampus 818, 21 f. =» Choiroboskos dict
12, 31 ff. und 26, 21 ff.; [844, 15; 881, 8;] tiIiv dXXuiv ^€pu^v ToO
XÖTOU 926, 7 und 927^ 6; toi äXXa ^epr] ToO Xötou 953, 26 (wo
Kai naoh T^raxTat zu streichen ist) ; iy toic fiXXoic p^pea toO Xötou
896, 26 (welcher abschnitt von Apollonios herstammt; 897, 7 ist
dicrpoOca zu lesen, vgl. Choiroboskos dict. 817, 20 und Uhlig diss.
s. 13); Ti£^v kXitikoiv <fA6püüV toO Xötou* tuiv Tdp> ficpuiv tou
XÖTOU 932, 25.
Mannheim. Pbteh Eqenolff.
(67.)
ZU LüKIANOS.
Td irpöc Kpövov c. 2 dv a^Tatc hk Tak inra crrOubaiov filv
oiibk dfopaiov bioiKrjcacOat ^oi cuTK€X(6pTlTai, irivciv bi icai
jLie9Ö€tv xal ßoäv xai iraiCetv usw. der priester bittet am feste des
Eronos den gott um eine j;nade für die zu ehren desselben darge-
brachten dankopfer. Eronos will ihm gewähren, ist aber gezwungen
zu erklären, dasz bei der kflrze seiner nach Übereinkunft übemom*
menen regierung es nicht in seiner macht stehe die gewttasehten
reichtümer zu erteilen, seine ganze herschafb dauere nur sieben
tage ; seien diese vorbei , so mfisse auch er wieder Privatmann wer-
den, und auch in diesen sieben tagen — fährt er fort — ist mir
nicht erlaubt cnoubaiov iiky oubi dTopaiov bioiKrjcacOat, wol aber
alle arten der freude zu genieszen und zu gewähren, crroubaiov M^v
oi)hk dTopaiov ist so nicht zu verstehen. Dindorf hat oöbiv hinter
ciroubaTov eingeschoben, ohne damit die correctheit des ausdncks
zu fördern, nichts ernstes und nichts öffentliches ? sind die schwel-
gereien des Satumalienfestes nicht publice? es handelt sich um den
gegensatz von ernst und freude. lustbarkeiten aller art kann der
gott veranstalten; aber jede ernste, unwiderrufliche regiemngsba&d-
Inng, und wäre es die geringste, ist ihm verboten, die eoneeior
ciroubatov \ily oijbk dKapiaiov bringt der stelle die heilung.
TTXoiov f\ eOxai c. 1 oöx ^Ttb ^Xctov Sn Oärrov rouc vmac
iwlkoc V€Kpöc dv (pavepqli xci^cvoc f[ Oda^d Ti tuiv TropoböEuiv Tt-
MÖXaov biaXdOot, K&y tc KöpivOov hiox dirvcucrl Odovra dwi^vot
bid TOUTo; — K&v . . biox ist die gleichmäszige ttberlieferung dw
hss. und von Fritzsche mit der bemerkung gebilligt *ut in orstume
OWichmann: zn Lnkianos. 699
oUiqua'. ich kftun nicht umhin entweder mit Dindorf den con-
jimetiy henaatellen oder die Überlieferung zu respectieren und den
ansfiall TOn d vor ic anzunehmen, so daaz zu leaen wäre k&v ci de
K6piv6ov tiox — ; ich yerweise dieifttr auf Apan^TOi c 14 k&v el
ßouXotTO äirärctv, und auf TTdic bet Icr. CUTTP* c. 7 k&v ei ijieuca-
m6h|I t&ndpxot Tuxcfv toO t^Xouc, das ich in meinem Jahresbericht
Aber Lukianos zs. f. d. gw. 1879 s. 18 ^gegen Sommerbrodts oor-
reotnr k&v . . öiräpXQ durch handschriftlichen fingerzeig unterstützt
gut geheiszen habe.
ebd. c. 3 €d T€, (b Ti^öXac, 5n i\\xäc dvaMtf«vi)cK€ic tcI^v 6ou«
Kubibou cuTTPCtM^iiTUiv, & dv Tij> irpootMiqi rrcpl Tf)c äpxaiac fmO&v
Tpuqrfic elircv iv rote ''lu^ctv, 6irÖT€ o\ töt€ cuvairqiKicOficon^. hier
ist die Überlieferung am schlusz unzweifelhaft schon in früher zeit
verdorben worden, suchen wir aus dem anfang des satzes auf dem
gründe der Überlieferung den schluszgedanken zu enrathen, so kann
es kein anderer sein als: '(gut« dasz du uns das geschichtsweik des
Thnkydides anführst, wo er in dem prooimion von unserm ehe-
maligen luxus) bei den loniem berichtet hat, soweit sie der gene«
ration der alten attischen auswanderer angehört haben.' & ist eine
freie relative anknüpfung an dvofitfivyicKCiC' dv TOic ''luiciv öit6t€ ol
Tdre cuv(mt|iK(c6ncav aber ist neben dem vorangehenden unver-
ständlich. Fritzsche glaubt dasz aus der rede des Lykinos 6irö8€V
zu benutzen und 66€V xal vor dv TOtc ''luictv an stelle des 6ii6t€,
dieses aber in die rede des Lykinos zu restituieren sei. aber selbst
die aa&ahme des in AV<P erhaltenen cuvoiiC|iKicav scheint mir im
verein mit jener correctur keinen correcten gedanken zu geben, denn
cuv€tTri|iKicav verlangt ein object, das ich im gedanken wol finden,
aber auch im satz ausgedrückt sehen will, es ist freilich der Wort-
laut der Thukydideischen steUe selbst, der zu dieser lesart geführt
hat, selbst aber von einer ähnlichen grammatischen kühnheit frei ist
(vgL Thuk. I 6). zunächst ist kein grund anzunehmen dasz iirörc
und toöO€V durch versehen ihren platz gewechselt haben, um so
weniger als die Umstellung der werte allein die Schwierigkeit der
conetruction nicht beseitigt so wenig wir aber auch öit6T€ ge-
brauchen kdnnen, so können wir doch an eine Verderbnis denken,
und ich meine, das ursprüngliche läszt sich ohne zwang herausfinden.
es hieez: cTircv dv TOic ''luiciv OCOiTOTE cuvairuiKicOiicav. in die-
sem öcoi TÖT6 steckt erstens ol töt€, zweitens das durch flüch-
tiges lesen oder schlechte Schreibart hervoigerufene öndrc, was ent-
weder an den rand oder über ol töt€ geschrieben worden sein
modite und so seine spätere aufnähme in den text geftmden hat.
dieaea öcot rdre thut aber dem gewünschten gedanken und einer
correcten construetion genüge, denn Thukydides sagt nicht dasz die
weiehliohe art der kleidung und feine frisur der alten Attiker für
immer bei den loniem üblich gewesen sei, sondern lidvuiv TOi^c
trpccßuT^pouc . . ini iroXu aüv) f| occufi xar^qccv, worunter die
generation derer zu verstehen ist 6cot t<St6 cuvoirqiKicOiicav.
700 OWicbznann: zu Lukianos.
ebd. c. 4. die drei freunde haben den Adeimanios im gedrftnge
verloren, sie sind auf dem wege zur stadt zurflcksukehren. xi 5'
oOv XP^ TTOieTv f|)uiäc; ivroOda KOpabOKCiv adröv, f\ IQiK^xc ipb
adOtc ^rrdvei^i ic rö nXoiov; Samippos fragt: was sollen wir thnn?
und gibt sich die antwort: ihn hier erwarten, oder, führt er fort,
£6^X€ic ^T^ . . irXotov. dieser satz darf ebenso wenig wie dvToOOa
KttpabOKCiv aÖTÖv als frage gefilzt werden. Dindorf und Fritzache
haben das fragezeichen gesetzt, dann aber ist der indieatiy dirdvciiAi
nach iOifXeic falsch, der fehler liegt in ^OAeic, aus dem €l OAciC
gemacht werden musz, was neben dem praesens dirdv€i)itt unbedenk-
lich ist und als höflichkeitsformel bei Attikem allgemein im ge>
brauch war. ich lese also Ti b' oOv xpf) Troi€iv fipfic; IvroOda KOpo*
boKctv aÖTÖv, fj, €i d€X€ic, ^ifib aOOtc ^rrdvet^t ic tö^ tiXoTov.
ebd. c. 23 cTra b€iirva in\ xpucoO . . . ö NopabiKÖc ol bi
CK€uä2;ovT€c SKQcra coq>iCTai Ttv€c ir€pl rxi\i}xaTa Kai x^MOuc fx^v*
T€C. Adeimantos schwärmt in der Schilderung des lebens das er nach
erfttllung seines Wunsches führen wird, sein haus soll voll sein Ton
freuden und freunden, schon in der frflhe wird man ihm die auf-
Wartung machen wollen (ircpmaTifjcouci) ; denen die frflber stok
waren soll man die thttr vor der nase zuschlagen (T^pocapa£dtuicav).
'wenn ich mich zeige' sagt er *80 werde ich iviouc oöb' £tnpX^l|l0^al^
den armen aber werde ich hold sein (9iXo<ppovifico)itat) und sie in
tisch bitten (KcXeucui); die andern sollen vor wut bersten (diroirvt-
IpfjCGVTai); die speisen sollen auf gold erscheinen und die die alles
dies bereiten sollen virtuosen im kochen und im geschmack sein.'
Iftszt sich auch beiirva dm XP^coO, Tdpixoc fuiiv & Ißnpioc, olvoc
tk usw. ohne verbnm verstehen und wäre selbst der sehluszsats olme
copula von jedem anstosz frei, so wird dieselbe als friturom un-
zweifelhaft gewünscht, und da ^XOVTCC nicht zu verstehen ist (xu|üUmSc
und rtiiiiiara sind coordiniert und mttssen, gemeinsam von ircpl ab-
hängig, zu coqpiCTai tivcc gezogen werden), so kann man der oor-
rectur £ c o v t a i nicht ausweichen, die Verwechselung von ot uid €C
in hss. ist bekannt genug, dann aber empfiehlt sich auch die atSr-
kere interpunction vor o\ bk durch ein komma zu ersetzen.
ebd. c. 29 direl Tip 'AbcipdvTou Giicauptf^ nap<mX/|aov t6
toioOto, Kai tö trpfiTM<x oöx ÖMOiov f|b\j, i&circp ^rav Ibij Tic autöc
bi' auroC KTiicdpcvoc Tf|v buvacTckiv. das hsL fi^oiov ist bereits
von Fritzsche nach 8olanus und Guyet in öj^ioluic gebessert, für Ibf|
hat er die conjectur Sommerbrodts aufgenommen und geschrieben
örav iji Tic. der begriff des sehens gehört freilich nicht hierher. Hart-
mann (studia crit. in Luc s. 6) hat cib^ gesetzt, was dem gedaakea
eine passende färbung gibt, ich würde sie der correctur Sommer-
brodts vorziehen, wenn mir nicht eine andere lesart wabreeheinliclMr
wäre: Stov £x!1 Tic . . KTr|cdM€VOC Tf|v buvacTciov. das perfectam
das verlangt wird gelangt in dieser fassung besser zum ansdruek.
Eberswalde« Osoab Wioflauxir«
LHellwig: zu Sallostius. 701
(76.)
ZU SALLUSTIÜ8.
Iftg. 14, 3 cdtque egOtp. c, quaniam eo miseriarum venturus eram^
veBem poHus oh mea quam oh maiorum meorum henifida possem
a ffdbis oirnZtufn päeret ac maxume deheri müd [hemfiäa] a populo
Bamano^ quibus non euerem; secundum ea, si de9ideranda erami^ uU
dMUstOerer, 9ed qmniamparumt%daper seipsaprob^
mihi m mamk fuUIugurtha quäUs ford^ ad vos oonfugi^p, c, quibus^
guod mihi nfyefrwmim est^ cogor prius oneri quam mui esw. diese
stelle bedarf des inierpreten sowol als des correciors. zonftchst halte
ich mit EOrtte henifioia in dd>en mihi henificia für eingeachoben; zwei«
tena ist mir völlig unwahrsoheinlieh weil sinnentsteUend, dasz %Ui in
uU dehUis uierer Tergleicbspartikel sein könnte ; vielmehr steht es ent-
weder absolut OB utinam, wie es bei Cato, Sallosts vorbildei oft genng
Torkommti oder es tritt, abhftngig von t^eSei^, zur abwechselung vor
den bloszen coigimctiv. folgerichtig wftre dann das vorausgehende
quibus non egerem aufzulösen mit e^ ut üs non egerem. ddhtis ist
aubstantivum. den absoluten gebrauch von debere beweist lug. 96, 2
magis id laborare ut HU quamplurumi deberent, ut nach veUem statt
des blossen coi^unctivs im dritten und vierten Wunschsätze, nachdem
inzwischen schon ein Infinitiv davon abhängig gewesen, ist an sich
wahrscheinlich, namentlich bei Sallust, der dsoi ausdruck so gern
rariiert; es bleibt wahrscheinlich, selbst wenn keine einzige beleg*
stelle dazu aufgefunden werden könnte, unter diesen Voraussetzun-
gen ist in die stelle ein guter sinn zu bringen; sie lautet dann in
der ttbersetznng: *und nun, ihr herren Senatoren, da es einmal so
weit mit mir kommen muste, so wünschte ich, ich könnte von euch
um meiner statt um meiner vorfahren gutthaten willen hilfe heischen,
und gar am liebsten wäre es mir, es wflrde mir vom römischen volke
etwas geschuldet und ich bedtbrfbe dessen nicht; nächstdem aber
[würde ich wünschen] dasz ich mich des geschuldeten — wenn es
denn einmal verlangt werden muste* — jauch wirklich hätte bedienen
können, allein (dieser wünsch ist ein vergeblicher, und) da ja das
«im recht sein» an und für sich keinen schütz gewährt und es nicht
In meiner macht stand den Jngurtha anders zu machen als er ist, so
habe ich meine Zuflucht zu euch genommen, ihr herren, und muss
euch, was mich tief unglflcklich macht, zur last fidlen, noch bevor
ich euch zu nutzen sein konnte/ hödist charakteristisoh für den
ledner ist die feine Unterscheidung von geleisteten diensten, auf die
man bei einer bitte um hilfe bescheidenti^ch hinweisen darf, und sei-
eben, die ein wirkliches recht auf Wiedervergeltung begründen wür-
den— solche aber gibt es dem groszmächtigen römischen volke gegen-
* deMerare statt repeiert ist ein ausdrock der vorsieht, um den
römisohen dttnkel nicht in verletsen.
702 CGneisse: zu Sallustius.
über nicht, diesen gedanken durchblicken zu lassen, sich selbst da«
mit herabzusetzen, um die BOmei' zu erhöhen, darin liegt der serri-
lismus des Adherbal.
Batzbburo. Ludwig Hellwio.
lug. 94, 1 oeterwm t0t qui escensmi tränt (so Dietsch und Jacobe
* mit Carrio; Jordan^ mit einem teile der hss. qui e ceniurHs erani}j
praedoäi ab duce arma omatumque fmäaiverawt^ capite atquepe*
dihus nudis^ uti prospectus nisusque per saxa faeilius
foret: super terga gladii et scuta, verum ea Nunädica ex corus^
ponderis gratia amul et offensa quo Itims streperent. gegen diese
von Jordan und Dietsch nach den hss. gegebene lesart (auä Jacobe
hat dieselbe, abgesehen von den bedeutungslosen abweichungen, daei
er hinter mdaveraiü und fcret semikola setzt, aufgenommen) ist fol-
gendes vorzubringen.
Die zu der expedition gegen das castell bestimmten Soldaten
hatten ihre waffen und ihre Ueidung gelindert: in welcher weise das
ersteroy zeigt super terga gladU et scuta (ausserdem hatten sie statt
der gewöhnlichen Schilde numidische gewählt); ihre Ueidung aber
hatten sie insofern geSndert, als sie eapUe at^ped&n$s nudis den
weg antraten, nun erwarten wir offenbar, dasz diese beiden beetim>
mungen neben einander stehen, ebenso wie der Schriftsteller orma
omatumque verbunden hat. oder wenn sie durch ein glied getremt
sind; so haben wir anzunehmen, dasz sich dasselbe blosz auf eine
von ihnen beiden — auf capite atque pedibus nudis oder auf s^per
terga gladU et seuta — bezieht: denn sollte es sich auf beide bedeheo,
so hätte Sali, dasselbe entweder vor beide zusammen stellen oder es
ihnen hinten anfügen müssen, im texte werden cegnte atque pedüms
nudis und super terga giadii et seuta getrennt durch uti praspedus
nisusque per saxa facäms foret, es ist aber klar, dasz in diesem
finalsatse die Überlegung bezeichnet ist, aus welcher heraus die Sol-
daten ihre waffen sowol wie ihre kleidung geändert hatten^ denn
das tragen der Schwerter und Schilde auf dem rücken erleiditerte
nicht weniger als die ablegun^ der helme und der schuhe das stei*
gen und den ausbUck: ja mir scheint, als ob der ausbliok besonders
dann gehindert gewesen wäre, wenn die Soldaten ihre breiten sehOde
in der band gehabt hätten , viel mehr als wenn sie die nicht allsn-
groszen helme getragen hätten, denn wenn wir einmal mit den hgg.
die Worte uti prospectus nisusque per saxa facüius foret an oofN^
atque pedXbus nudiis anschlieszen, so kann Äch. prospedus natOrüdi
allein auf capüe (sc. nudo) beziehen ; ob die Soldaten schuhe anhattan
oder nicht, dürfte für den ausbUck gleichgültig gewesen sein, dabei
möchte ich jedoch die frage aufwerfen, ob überhaupt im lateinischeB
von zwei durch que so eng verbundenen ausdrücken der eine auf
eines von zwei wiederum durch die copula aufs engste verbondcncB
werten allein bezogen werden kann, ich für meine person mag sie
OGneisse: zu SaUnttiiu. ' 703
nicht entscheiden, obgleich ich eher geneigt wftre sie zn yemeinen*
jedenfalls aber misftllt an der flberlieferten lesart, wie sie in onseren
ausgaben fixiert wird, dasz das glied uli praspeäua msusqueper aaxa
foeSms forety welches logisch eine erkl&ning sowol za capiU atque
pedibua nudis wie zu super ierga gladii et saäa enthftlt, syntaktisch
nur jenem zugeteilt wird.
Anderseits wenn wir, wozu uns die Überlieferung des textes das
recht einiftumt, nach capite atquepedibus nudia ein Semikolon setzten
und uti prcspedus msusque per aaxa faciUus forei zu euper ierga
gUidü ei soiäa zögen, so würde damit eine gleiche unebenmftszigkeit
des satzbaus und der gedankenfolge geschaffen, denn dann würde
die absieht den ausblick und das aufsteigen zu erleichtem, und zwar
durch das tragen der Schwerter und säiilde auf dem rücken, ge-
radezu als etwas neues hingestellt, als ob man dadurch, dasz man
die Soldaten barfusz gehen liesz, etwas anderes bezweckt hätte als
gerade das klettern bequemer zu machen.
Daher ist mit Umstellung von capUe aique pedibue nudie zu
lesen: arma omcdumqae fwuiavera/mt ^ uti prospecius nisusque
per saxa faeilius forei: capiie aique pedihus nudis^ super
ierga gladii ei seuia^ verum usw.; dann bezieht sich das capUe
aique pedibus nudM Tomehmlich auf msus^ und super ierga gladü ei
souia Tornehmlich sut prospeäus.
Vielleicht ist die Verstellung keine zuflQlige. möglicherweise
nemlich glaubte jemand, dasz in den Worten ponderis graOa siimul
ei o/fenaa quo leviue eirepereni der grund angegeben sei, weshalb die
Soldaten ihre Schwerter und schilde auf dem rücken trugen; dasz
sieh also uti prospedus nisuaque per eaooa fadUus forei allein auf
capiU aique pedibus nudis bezOge, und damit dies um so deutlicher
henrortrete, stellte er die beiden glieder um. er hfttte dann ttber-
sehen^ dasz die werte ponderis graiia usw. lediglich das an scuia an-
gehftngte verum ea NumUUea ex eorOs erkUren.
Jug.Sl^bdemqueSamamveieresnovique ei oheascienies
hellif siquoe locus aui casus comunxerai^ orhis faoere usw. einem
jeden leuchtet ein dasz navique und ei bbea säentes hdli neben ein-
ander unerträglich sind, sollte übrigens jemand auf den gedanken
kommen die werte so zn erklären : 'die Römer, Veteranen imd rekru-
ten gvmisoht, und daher (w^gen dieser mischung) kriegskundig', so
braneht ihm blosz erwidort zu werden, dasz mit dem sdcfUes bdli
eine charaktereigenaehafk bezeichnet wird, welche den lekmten
nicht plötclich und durch einen zu£sll beigebracht werden konnte,
anaserdem würde der Schriftsteller, um den umstand hervorzuheben,
dan die veieres und novi unter einander gekommen waren und ge-
rade dieses durcheinander den Bömem zu statten kam, sich nicht
der Verbindung der beiden ausdrücke durch ein einfaches que be-
dient haben.
Man hat nun verschiedene versuche gemacht, die schwierige
stelle in Ordnung zu bringen. Kritz, dem Jacobs folgte, tilgte novi-
704 KHartfelder: zu Xenophons anabaeis [V 2, 89].
que^ Dietsch ä oh ea sdentea beut, gegen letztem läszt sich aninittel*
bar das eine hervorheben, dasz nach ansscheidung jener worte die
teilung der BOmer in veteres and navi dorchaos keinen sinn hat:
offenbar hätte dann Sali, am besten einfach Bomani geschrieben.
Spritz hingegen würde sehr in Verlegenheit gewesen sein, wenn ihm
die frage vorgelegt wäre, welcher umstand den interpolator tu seiner
Interpolation veranlaszt hfttte. wir mflsten einem solchen einen un-
gewöhnlichen grad von thorheit oder Unachtsamkeit zutrauen, wenn
er jenes glossem vor ei ob ea sdentes bdli hätte einf^lgen sollen.
Jordan hat kein bestimmtes urteil Aber die stelle gewonnen: was er
im kritischen apparat vermutungsweise auÜBtellt, erscheint dnrdiaus
unsicher.
Ich glaube dasz wir es auch hier mit einer einfachen Verstel-
lung der worte Sallusts zu thun haben, er schrieb: demque BommU
veteres ei ob ea scienies belli novique^ siquo$ hous mU caama
coniunxeraif orbis facere^ was wol keiner erklärung bedarf.
Metz. Carl OiiniaeB.
(17.)
ZU XENOPHONS ANABASIS.
Als die Hellenen von dem festen platze der Drilen abziehen
wollen (V 2, 29), fürchten sie von den feinden ttberfäUen su wer-
den, und ein Myser namens Mjsos erhält den auftrag zum schein
einen hinterhalt zu legen und so die Drilen abzuhalten, dazu wählt
er sich zehn Kreter aus. billigerweise fragt man, warum gerade
zehn Ereter zu diesem zwecke bestimmt werden, aber vergeblicfa
sucht man bei den ausl^em nach einer erklärung: KrOger, Voll-
brecht, Behdantz bemerken nichts dazu, die stelle erklärt sich ans
anab. lY 8, 27 : als die Hellenen bei Trapezunt lagern, feleni sie ans
freude ttber ihre rettung wettkämpfe; unter denselben befindet sich
auch der dauerlauf, dolichos, und zu diesem melden sieh mdir
als sechzig Kreter, danach ist klar dasz die Kreter im danerlanf be-
sonders tflchtig waren, bei dem scheinhinterhalt des Mysos konnte
man nur solche leute gebrauchen, die tüchtig und ausdauernd im
laufen waren, um nach erreichung ihres zweckea^ den feinden ent-
fliehen und das beer Xenophons wieder einholen zu kOnnen. dass
dem wirklich so war, hat der erfolg gezeigt (anab. V 9, 30—42).
ttber die Übungen im laufen bei den Kretern vgl. auch SchOmaans
griech. alt I 320.
FaniBüBa im Bbeiboau. Kasl Hartfbld]
GLöwe: glossographisohes« 705
98.
OLOSSOOBAPHISCHES.
Die lateinischen glossare, verderbt wie weniges aus dem alter-
tum, fordern auf sohritt und tritt die angestrengteste kritische thfttig-
keit heraus, in ihrem ursprünglichen bestände schon früh; bisweilen
noch ehe sie in bestimmte samlungen eingereiht waren, oorrumpiert
wurden die glossen dann später während einer langen flberlieferung
verstflmmelt, interpoliert und oontaminiert. da bei diesem zustande
des matenals die heilung der schaden durch reine coiyecturalkritik,
noch dazu eines einzelnen , recht oft nicht gleich abzuschliessen ist,
80 musie ich in meinem *prodromus corporis glossariorum latinorum'
(Leipeig 1876) viele räüisel ungelöst lassen, manches zur aufhel-
lung wurde seitdem in den recensionen von EBaehrens (Jenaer
litt-ztg. 1877 nr. 10 sp. 154—156), HB[Cnsch] (litt, centralblaft
1877 nr. 21 sp. 694—697), H Hagen (Bursians Jahresbericht für
1876 s. 338—351) und JNOtt (in diesen jahrb. 1878 s. 417—427)
baigesteuert; anderes glaube ich inzwischen durch handschriftliche
Studien auf deutschen und italiänischen bibliotheken, sowie auch
durch erneute erwägung selbst gefunden zu haben, und teile davon
einiges im folgenden mit.*
1. Das lemma von uUüigani : uüuperant (s. 5) war uüüi[ti]ffafU
zu schreiben, noch verstümmelter ist die unedierte glosse des cod.
Yaticanus 1468, wo sich von zweiter band eingetragen findet uUige-
hai : uüuperdbat. sehr. uü%\lüx\gdbai.
2. Die mit hilfe des Yaticanus 3321 veryoUständigte glosse
candes : uasa fiäüia SaUarum (s. 7 und 377) bietet ein sonst gäni-
lieh unbekanntes oandes^ dessen Verbesserung in eapides schwerlich
auf widerepruch stoszen dürfte. thOneme geßLsze bei heiligen hand-
lungen zu verwenden war eine Vorschrift Numas: und so bedienten
sich ihrer die Vestalinnen (s. OJahn zu Persius s. 135). einen ent-
sprechenden brauch der Salier lernen wir aus unserer glosse kennen:
denn die änderung oapides : uasa fiäüia sacrorum^ woran man
mit rücksicht auf die verstümmelte glosse armiüum l uasa sacro-
Twm ♦ 41 (s. 325) denken könnte, setzt doch einen zu sonderbaren
* vielleicht wird der ranm einer anmerkane gewährt, um einige
dmekfehler nnd Tersehen sa verbessern, man lese 9. 20, 7 vu. und
»2, 16 VQ. Euckerü für Eutychu | 48, 4 to.» 50, 4 to., 437« 1 Marbodi
für MarbodaH | 62, 14 vo. quam emendaiionem für quam j 111, 16 vo. tilge
suppfem. I 142, 6 vu. tabuUnio für talario \ 222, 16 yn. Ambrosio für Ambro-
siano \ 234, 10 in. 18002 fftr 13802 | 368, 7 vu. immutato für immutao \
392, 16 vo. eilo für eiUo | 431, 11 vu. ho9l%9piee$ fOr hostUpiie$. in
den Indices: 484« 1 fehlt Damaiui | 4361» 11 vn. 330 fdr 177 | 438« 4
tilge (kuina | 441*» baiadare: 412 sq. für 67 | 444« äww$: 368 für 883 |
4L47* memare und 460* tuburcinatii 419 ffir 420 | 448^ sehr, guisquiliae
90, 216. femer füge am gehörigen orte ein: acf/Zu« 432. ? ca/turfca 374.
4iemiqu€ 417.' femia 132. ibis 272. iemuria 193. obs- 426. redantruare
SS4. remarairkeM 263. ? siremire 344.
ithrbSehar flkr cIms. philol. 1S19 hft 10. 46
706 GLöwe: gloBsographiBchee.
Übergang des gewöhnlichen in das seltnere voraus, nm billigong zq
finden.
3. Die von Festus Pauli s. 16, 6 so seltsam abweichende form
arcolonus (s. 13) ist einfache corniptel: denn der Casinensis 401 hat
arcölus, ebenso auch Hagen ao. s. 340.
4. Die Schreibung tdlum für tdum (s. 12 anm. 2) habe ich in-
zwischen öfters in hss. gefanden, zb. im Amplonianus folio 10 saec. X
von Augnstins regulae (Eeil OL. V s. 493, 31). ausführlicheres Aber
diesen codex an anderm orte.
5. aestifmum (s. 15 anm.) findet sich auch in der unedierten
glosse des Leidensis 67 E: in aestimium : in aestmationem (inesti-
matum die hs.).
6. mdü cams cum levüer gannU (s. 16^) musz aus der reihe
der von Festus (s. s. 117^ 16) unabhSngigen glossen gestrichen wer-
den, da der Leidensis 67 E, aus dem sie genommen, sichere berOh-
rung mit jener quelle aufweist, wie s. 146 gezeigt ist.
7. In der auf Titius zurückgehenden glosse offendix : nodus
proprie quo apex flaminum räinäur et premitur (s. 16^) ist auf
grund des Casinensis 439 und 401 et remütUur zu schreiben, wie
auch Festus s. 205^ 2 hat
8. Die glosse des Opillius Aurelius sterülum l eaprae harha wird
s. 18 belegt, sia findet sich auch in der form steriOum : boHki de
capra , wo de capra in vulgftrer ausdrucksweise den genetiv vertritt,
da nun im Yaticanus 3321 und Casinensis 439 icccU hinzugeftigt
wird, so ist mit rttcksicht auf Festus s. 330^ 33 herzustellen sterü-
Jum : eaprae harha vocatur.
9. Ein weiteres beispiel für vulgKrlateinischen gebrauch von
xaTd (s. 29 anm. 1) bietet Anthimi epistola 77: oata moduMm,
10. JSSemler hatte, wie s. 31 anm. 4 gezeigt ist, wenig glück
mit seiner bearbeitung der 'Isidorus'-glossen : denn er ^konnte in
deutschen landen die Lucina, die ihm bei der Veröffentlichung helfen
sollte, nicht finden', von einem weitem vergeblichen versuch er-
fahren wir aus einem briefe Semlers an Petrus Bondamus vom I7]i juli
1750, abgedruckt von Keil vor dem Halleschen index lect. aest. 1877
8. IV. dort sagt er ganz ähnlich : ^tanto tempore adhuc non invenio
Lucinam', und sucht durch Bondam einen Verleger zu gewinnen, von
dem er gar kein honorar, nur zwölf freiexemplare beuisprucht
11. draquüi imanusinuidi (s. 44 anm. 1) ist in di aquSi : mames
inferi zu bessern.
12. Das adjectivum hd{t)uus (s. 70) ist schon bei Cicero nach-
weisbar: vgl. AugustiniVegulae s. 520, 28 K.: exigum, hduus {M-
luus g), ut Cicero dixit.
13. Bftthselhaft und von vielen vergeblich mit ooigectaren
dacht ist homhum : sorheUum (s. 77). einen schritt weiter fUirt die
schon verzeichnete Variante des Sangallensis 913 sorhUhmy der
lösung nahe aber erst der Yaticanus 1468 mit seinem hombyrnlBor-
didum. man wird homhum : sordidum [sonum] zu ergttnxen babea :
GLöwe: gloBBOgraphischee. 707
Tgl. die s. 78 verzeichneten glossen homhus i sanus tumidus und
himbus : vox inepta.
14. Fflr bromasus (s. 80) bringt de Vit in seiner bearbeitnng
des Forcellini zwei stellen ans Zeno bei. besonders aber ist zn ver-
gleichen Anthimns ed. Böse s. 52 % wo anszerdem exbromare^ dromt-
äu8, hromidiias^ inhromidari belegt werden.
15. 8. 84 histaniea : funestanUs. es ist ftmeratUes zu emen-
dieren.
16. In dem verse et reprobet pr oh a: quae bona auni capiet
(s. 103) schreibt Hagen ao. s. 342 repröba. indem ich anch den reim
hersteüe (vgl. v. 1 und 2), bessere ich den ganzen vers so: etprava
reprohet: quae bona sunt capiet.
17. adnectans («» adnictans) : donans (s. 108) schien als *zn-
winkend, gewährend' verstanden werden zu kOnnen. es ist aber
adneäens l nodans zu bessern , wie die vollständigere ttberlieferong
im Casinensis 90 s. 9 beweist: adnedens : nodans^ Ugans.
18. annä : fulg^ (s. 108) hat gewis nicht irgend welches nr-
latein gewahrt, sondern ist nnr verderbt, zweifelhaft bleibt freilich
die heüang. denn anch das offenbar hierher gehörige tmnare : fol-
gere des Casinensis 90 s. 21 gibt keinen sichein fingerzeig. ein heil-
mittel, welches innerhalb des bnchstaben a bliebe, weiszich nicht;
doch kommt das einreihen unter falsche buohstaben bisweilen —
und sogar häufiger als s. 10 dargestellt ist — vor. man kann also
an [c]andel : fiäget denken, noch leichter ist das verschlagen unter
a zu erklären, wenn amtet => aenUet «» enüet geschrieben wird,
ganz ebenso sind s. 423 amUatores und adax nadigewiesen. sehr
begünstigt vrird diese besserung durch Casinensis 90 s. 87, wo wir
wirklich erntet fülget . . finden.
19. Die im rhein. museum XXXI s. 60 näher belegte glosse
abreptabai : vre incipkbat (s. 108) ist äbreptabat : [ah]ire indpiebat
zu ergänzen, worauf der sinn und die Variante abira im Leidensis
67 E führen.
20. Die glosse gerro : nocatorm (s. 117, 26) habe ich in den
^Analecta Plautina' s. 200 gerro : nogator geschrieben, das richtige,
vulgärer spräche gemäsze ist aber vielmehr gerro : nogatorius: vgl.
cod. Monaceneis 19439 f. 47'' b nequam : nugtäurius.
21. 8. 134 f. habe ich die greulich verderbte glosse des Amplo-
nianns (vgl. FOehlers ausgäbe s. 386, 19) verärum : virüia masculi
quasi numen ignisquae colobatur in urbe roma so hergestellt:
Veretrum : viriUa mascuU
[Yesta : dea] quae cotebaJbwr in urbe Borna quasi numen ignis
es ist aber nicht unmöglich, dasz sogar drei glossen in öine zusammen-
gezogen sind:
Veretrum : virüia mascuU
[Vesta : dea] quae cokbatur quasi numen ignis
[Yeläbrum : locus] in urbe Borna
Tg}, cod. Leidensis 67E f. 58^ b: Vdahrum : locus in urbe roma.
46 •
708 GLdwe: glossographisches.
22. In der Amplonianischen gloss^ rumen : quidam stnMS in
regula certorum animalium in quo servant dbos guos propterea
narrandus (s. 136, 14) wai-de gtida and pasiea fummaniur yer-
mutet, dies bestätigt mit ausnähme des letzten wortes eine in
Augustinus regulae s. 501, 9 eingedrungene glosse, nach der wir
so bessern und ergänzen: rumen : quidam sinus in gula cartcrum
animäliumj in quo servant dbos postea maasa/ndos^i unde ruminare
dicimus, massare «» masticare ist frequentativum zu mandere , wie
zb. minsare (denn so ist mit Vaticanus 1468 und anderen in der
8. 419 mitgeteilten glosse mensare : sa^us mingere zu schreiben)
zu mingere, zwischen den in den tezt des grammatikers gedrungenen
glossen und unseren glossaren finden sich auch sonst manche be-
rOhrungspunote. so ist s. 498, 9 eingedrungen: Uticen quin Utuis
dioet. man schreibe JUioen X ctui Ubuis oan^ nach Anleitung der s. 136
eruierten glosse liticen : qui cum lituo canü. andere glossen bei
Augustin sind oscen : avis quae ore dat augurium xaid pomerium :
locus post muros. wir haben also hier den interessanten fall, dasz
ein leser des grammatikers sich für die ihm dunkeln worte aus glos-
saren raths erholte, einen ähnlichen habe ich s. 238 anm. 4 nach
CWachsmuth erwähnt.
23. aa : uox dcierUis est ide uacuae (s. 138) ist zu schreiben:
al a! : vox dcHeniis egt^idest ^vaef vaef\
24. praesegmina : partes corporis redsae (s. 259) , ratnemtum
(s. 407) und hUülos diod>ant sacerdotes hreoium templorum (s. 377)
sind als Fulgentiana zu streichen.
25« Zu nugigerulus (s. 261) vgl. luliani ars (cod. Amploniaaus
2^ 10 f. 50: Qwid i/ntdkgOu/r rmgigerukks? Nugarum [mtgus m* 2
aus nunc as die hs.] portUor. eine entsprechende bildung ist rumi-
gendus: vgl. rumigenM : rumorum portitores im Vaticanua 1468
f. 72^ b {remigeruU remigerorum die hs.), und saihUigerulus: vgL
Prodromus s. 200.
26. s. 272 erklärte ich die sonderbare ttberlieferung dea Ampl^
nianus' alcedo l genuspiscis ans
älcedo i genus [avis
aUec : genus] piscis
dafür habe ich inzwischen eine bestätigung im Casinensis 402 £ 6 *"
gefunden, wo folgende glossen neben einander stehen:
aüec : genus piscis
akedo : pdagi {pdam cod.) avis
27. murcus 'yerstümmelt' war bisher nur aus Aimian XV
12, 3 und als römisches cognomen (s. Hühner in diesen jahrb. 1B5^
s. 343 ff. 1859 8. 437) bekannt, ich habe es im Prodromus s. 283
auch aus zwei glossen belegt und kann jetzt weiteres dazu beibriageB
aus einem wichtigen, noch ganz unbenutzten glossar, das ich umtsr
heimat nach 'glossarium bavaricum* nennen möchte« alle mir be-
kannten hss. desselben haben murcus : truncaiue und mareo : iruneo.
die zweite glosse ist murco l tnmco zu schreiben und als ferbalfom
OLdwe: gloBBOgrapluBches. 709
anftttfasBen. datiy oder ablativ des a^ectivs wird es deshalb nicbt
sein, weil man sonst als interpretament truneaio zu erwarten htttte«
mwrcare ist regelrecht von murcus abgeleitet, wie ewrtare yon eitiiiu8
und nnzShlige andere.
38. Zu n 2 s. 293 ff. (Lnciliana) werden bei anderer gelegen-
heit berichtigungen und nachtrage (darunter einige neue fin^ente
des Satirikers) gegeben werden.
29. s. 345 anm. 2 'glaubte ich in der glosse laoeiii : murices
tw bradms (gloss. Amplonianum ^ s. 346, 158) emendieren zu müssen
mtrices: denn suris -■ surex wird ausdrttcklich mit museuku bra-
thiorum erklärt, es ist aber nichts zu ftndem: denn nicht nur ist
murices die einstimmige ttberlieferung der quellen (Yatic. 3321;
6018; Gasin. 439; glossae 'afhtim': mund; glossae *aa' Casinensis
401 et Vaticani 3320; Amplon.^ s. 346^ 158; Mai VI s. 530: bra-
chid)^ sondern dieselbe form findet sich auch in anderen, von jener
unabhftngigen glossen ttberliefert:
kicertis : hroMis seu muricihus
floss. 'aa' (Gas. 401: braehH Meu muriei; Vat. 3820 cm. glossam;
at. 1471«). Vat. 1468 {i ffenu» pUeU add. m. 8).
lacerti : murices bracMarum
gloss. 'aa' (om. Vat. 8880; Vat. 1471«: lacerti murice; Gas. 401:
loeerHi),
da 'es schon wegen der constanten glossierung yon laeertus durch
miiscuku nicht wahrscheinlich ist, dasz murex hier in seiner gewöhn-
lichen bedeutung yerwendet wurde, so musz man wol eine yulgftre
Bebenbildung {mus-eu-Ju^ , ^mus-ec^) annehmen.
30. Zu randum und räbamini (s. 346) ist zu ftigen raibar : ar-
Mrotar aus dem cod. Vaticanus 1468 f. 71 'a.
31. Das bisher nur auf den glossae 'Isidori' s. 695, 41 be-
ruhende sölerare ■» soUdare (wie marcerare ■» marddare) s. 353 er-
hXU eine neue, weit sidirere stütze durdi denselben Vaticanus 1468
f. 78' b (yon m. 2 eingetragen) solero : firmo vd susHneo vd scHum
jrfemo.
32. Die glossen mit ecHimms s. 355 yermehrt der Casinensis 401
der glossae *aa' durch colcmis : scivuSt saspes.
33. Das alOateinische pr<>ptervos (s. 356), das in den Acta IT
8. 468 £. durch Zeugnisse der Flautus-hss. belegt und aus prqpetervos
erklärt wurde, freue ich mich auch aus einer glosse nachweisen zu
können, die gewis auf irgend einen archaischen schriflsteller zurück-
geht, oodex Monacensis lat. 14388 saec. X hat f. 222' ajpfC(p<0n«cia :
imprdbus {imprauus die hs.).
34. susjßo : säUo (s. 366 zeile 10) ist saspOo : saiho zu schrei-
ben« so inzwischen auch Hagen ao. s. 351.
35. unter den *obscura' s. 374 f. wurde auch aufgeführt
cäUxica : exinanUa. der yersuch yon Turnebus oaUx siecus : exinam-
tue gewährt keine lösung. ich glaube das richtige gefunden zu haben,
die glosse steht nemlich in dem alten Vaticanus 3321 saec. Vlll f. 18 "^
710 GLOwe: glossographiBches.
in der fassimg dassica : exinanUa^ was dem richtigen oassüa : exma-
nüa schon weit näher liegt, auf letzteres führt die parallele glosse
casiscere : exinanire des Casinensis 439 f. 13' b. ca«9e6cere eigentlich
*leer werden' hat vulgär und — wie die bestimmt ausgeprägte form
cassUa zeigt — auch bei irgend einem vulgär schreibenden Schrift-
steller die bedeutung 'leer machen, leeren' gehabt, die factitive ?er>
Wendung der inchoativa wurde s. 362 an einer reihe von beispielen
gezeigt, wie ferascere <» ferum r edderei descere und fateseere »
aperire; pravescere »* depravare us^. idi will einige neue belege
aus glossaren hinzufügen, stupescere »> hehetarei hebeiatU : stu-
pescufU (glossae 'asbestos'); faiiscere «» dissohere: fasdnas guidem^
dum Vlande decipis, fatiscis^ si quid frangis vd dissolvis (senieatiae
codicis Casinensis 159 f. 24^ b: facinas für fasdnas die hs.); las-
sescere => lassum reddere: lassesoere ; lassare (cod. Vaticanns 1468
und andere) ; Idbescere «s efficere ut lahatur äUquid : lahescU : movel,
conveüU (glossae 'asbestos': lauescü wonä die hss.). eigentflmlich
bleibt übrigens bei cassita die participialbildung: etwa wie cretus yon
crescere? freilich besteht zwischen beiden verben der groaze unter-
schied, dasz das eine directvon der wurzel, das andere von einem
adjectiv abgeleitet ist.
36. Die besserung propudialis für propudi aU (s. 377 anm. 5)
bei Festus s. 238^ 17 ist ebenfalls gemacht von Sophus Bogge (in
diesen jahrb. 1872 s. 105), der passend ooüuviaris parcus bei Paulas
s. 57 vergleicht.
37. Ein neuer beleg für die form extispicus (s. 379) findet sich
im Casinensis 402, wo für hestipus l aruspes zu sdireiben extispicus :
hofuspex.
38. Dem capitel über cognomina s. 387 — 401 füge ich folgende
neue, resp. verbesserte oder erweiterte glossen hinzu:
Tlancus, Plautus' : Plancus : pedibus latis, quipianas et Udos hahä
pHantaSj quem Vmbri ploton vocant (codd. Yaticani 3320.
3321. Casinensis 439 : piUmca . . que . . quam die hss., nur
qui Vat 3321 ; allein der anfang der glosse ist als pIoiiCM^ :
ped^ibus latis in anderen glossaren, welche im Prodromus
s. 387 verzeichnet sind, erhalten)
^Plautus' : plautus : ßapuuiTOC ]
plautus : languidis aurilnus: vei \ .. i ^ n, .• .•
«1/..»^ ^.M^^0 l 8- Analecta Plantin«
nomen auctoris f ^/\«
plautus : auribus magnis^ gracüi ^'
corpore
piautum* : aurtbus languidum
plautus : t lotus [pkius?] seu \ cod. Vaticanus 3320
kfUus
* dies sind die ersten belege für das litterariBche vorkommen dei
Wortes, denn die obliqaen casus, resp. die Verwendung als neotrQB
and die verbindanff mit auribu» beweisen, dass diese grossen au !>«*
stimmten sehriftsteflem stammen.
GLdwe: gloBBOgraphisches. 711
auribus plautis* : flacädM^ langenübus (ood. Caainensis
439 f. 1' b: ploMis dt ingenHbue die hs.)
^Pansa': pansa dicUur, cui tünae curvae simt (glossae 'aabesios':
pans die hjss.)
^ScanniB' : scamrus : cums eakes extrmseeus evmnenl etpedes intrürsus
imcm/rvi su/nt (glossae ^asbestos': ocHx . . eimmet die hss.)
^Faetos' : padus : homo stramboa ocvAos hahens (so ist nr. 10* s. 390
mit hilfe der glossae 'aa' [wo ocidos im Vatic. 3320 und
Casinensis 401, hahens im Vatic. 1471 ^ fehlt] und des cod.
Monacensis lat. 14388 f. 221 ^ [wo petus h. stranbos ocuk$8^
ohne hahetis] zu bessern: nebenbei ein neuer beleg für
ärambus^ wofür noch zu vergleichen limis : strambus et (Mi"
quis ocuUs im Vatic. 1468 [limnis . . oUiquus])
*Strabo' : etrabo : qui tmum ocuUnm tartum habet (glossae Trisciani'
f. 29^ b; cod. Casinensis 439 f. 59^ b: strauo . . tortu;
Vatic. 3321 f. 144 >^: strambü] Vatic. 6018: strawbo. dies
ist also die quelle für Papias: s. s. 391 anm. 3)
^Broccus' : brocci sunt producta ore et deniibus prominentibus (glossae
'aa'; cod. Casinensis 90: brods proä/uäo ore in)
^Nasica': naska : cwrvo naso (cod. Monacensis lat. 19439 f. 46^ b)
*Opiter' : opiter : cui avo vivo pater mortuus est (glossae Prisoiani
f. 19' b: est^namdi)
^Agrippa' : agrippa : qui cum dohre fia^ci^Mr (glossarium bayaricum)
*Froculns': proculus : Umge a patria natus (cod. Monacensis 14388
f. 222' b; vgl. gloss. *Isidori» s. 690, 7)
39. s. 411 habe ich die hftufige und zb. im arabischen glossar
so überlieferte glosse: ueretrum z partum arinum in veretrum iper-
iunsarium verbessert, dies billigt Georges in Bursians Jahresbericht
1876 in 8. 484 nicht, sondern schlägt vielmehr verärum parcinum
vor. ich glaube, er wird seine coi^jectur au%eben, wenn er hört dasz
in einem Münchener fragment aus Tegemsee geradezu veretrum iper-^
iusofium geschrieben steht
40. Ein neuer beleg für turbida (s. 411) ist turbines l turbi-
dines^ cammationes^ tempesias ventarum (cod. Casinensis 401).
41. In der glosse hiantes : ampHiantes (s. 412 anm. 3) ist es
doch am einfachsten os einzuschieben, das nach hiantes leicht aus-
fallen konnte.
42. appadix : sada cames (s. 419 nr. 3) ist zu schreiben appen-
dix : soday comes und hOchst wahrscheinlich eine von den nidit zu
seltenen Appnlejus-glossen, .über die anderswo im zusammenhange
gehandelt werden wird.
43. sequius : sermo (s. 420 nr. 3) wird doch wol zu sedus zu
ziehen sein, es findet sich nemlich sequius auch sonst, worauf schon
anm. 1 hingewiesen, dazu kommt dasz die von AMai aus dem Vati-
caaua 3321 geschöpfte glosse in einer Montecassineser hs. desselben
glossars vielmehr sequius l secus lautet.
712
GLOwe : glosBOgraphisches.
44. Auch in inäede : inde (s. 422 nr. 11) ist zu viel yerinnieii
gesetzt, der cod. Christinae reginae 310 bietet die richtige wori-
teilung inde : deinde.
45. Die von Hildebrand zuletzt publicierte glosse oMeMx : qmie
corrupte ohsärix bat in dem Leidener cod. 67 F' den sosats fmnc
prope. die glossae *aa' (zb. der Vatioanns 1471^) heilen die cor-
mptel , indem sie mMOupatur dafttr geben, den vier ao. betgebtifdi-
ten belegen für obsärix reibt sieb als fünfter an cbaetrix : quae pmt*
^uriefi^i&U5 praeest (Vaticanas 1468 m. 1, wo m. 2 ebsteMx corri-
giert bat).
46. Die Amplonianische glosse quattur Z Udinwm tat sed quai--
tuor (s. 423 nr. 16) ist za schreiben quathtr X laümtm O^on^ est, $€d
qtuxthu>r.
47. Das verbum exaumptuare (s. 425 nr. 24) wird gewis aneh
herzustellen sein in der glosse des Vaticanas 1468 exesttumU : de-
praedaivü.
a! a! 28
abreptabat 19
i* adneetam, odneden» 1 7
ae9tbanum 6
agrippa 38
alcedo 20
älUt 26
amitt^ erntet 18
t annet 18
appendix, fappodixA2
Appnlejnsglosse 42
i'areo/ofittf, areoUis 8
An^osUni regalae 4. 12.
22
auribus pUoitU 88
b€l{i)uiu 12
bamiuä, bumbui 18
hroceus 88
bromo9u$ n. yerwandtes
14
buMtaniei 15
'feaUxiea 86
t eandei 2
eapidei 2
coMseMcere, caieita 86
etaa 9
coUmb 42
iH n^ü 11
LniPZIO.
Indicnlus:
exsumptuauii 47
extiipicu» 37
faÜMcere factitiv 85
Fulgentiana 24
ffunestaniei 15
^erro 20
t fiMlf ^« 44
/tmif 38
Utieen 28
Loeiliana 28
nuuiore 22
rnnsare 22
murco, murei» 27
MUTAB e=3 muffCIl/llt 29
nariea 88
iitcli< 6
nogatorhu 20
nugigeruluM 25
o5«tf<rta; 46
offendix 7
0^^ 88
otceii 28
paetus 88
paiua 88
pertuiorium 89
planati 88
plautuM 38
p/oton 38
pomerjaon 28
praeulus 88
propteruoM 38
propttdiaHi 36
^Kfllfiir 46
roto' 80
nimen 22
rumigeruba 25
SaHorum wua /tcHHa t
teaiintf 88
Semlers bearbeiiaiig d.
Isidorot-gloaaeii 10
sequiuM 43
eolerare 81
ttor6elh0B 18
MOMpito, fMuepii» 84
steritbtm 8
s/ra5o 88
etrambws 88
$tupe*cere faetitiT 86
teZ/km 4
terMo 40
VeUOfrum 21
uUiHt(gant -gabami 1
FmM 38
OUSTAT L8WK«
LZiegler: andiatar et altera pars [gegen JNOtt]. 713
(66.)
AUDIATUB ET ALTERA PARS.
Wenn es für mich auch eine kleine genngthnnng war, dasz
br. JNOtt selbst oben s. 568 einige in seinem aiükel *nir abwehr'
(oben s. 425 — 432) vorliegende versehen nnd misverstftndnisse be-
riehtigt hat, so kann ich mich dennoch wegen der nnvoUstttndigkeit
dieser berichtignngen nicht^abei beruhigen, sondern erlaube mir
anch meinerseits solche nachfolgen sn lassen.
Schon der einleitende abschnitt, welcher bestimmt ist von vom
herein den leser gegen mich zn gewinnen, enthlüt eine reihe von Un-
richtigkeiten, vor allem mnsz ich mich ernstlich dagegen verwahren,
daaz ich jemals einen ^mntwiUigen' angriff (jahrb. 1877 s. 200 heiszt
es gar *eine ebenso leichtfertige wie mntwiUig vom zanne gerissene
diatribe') auf hm. Ott gemacht habe, die sache verhftlt sich einfadi
so. während des drockes meiner ^Italafragmente' erschien in den
jahrb« 1874 s. 757 ff. Otts anfsatz ttber das bibellatein, in welchem
derselbe anch eine hypothese ttber den namen 'Itala' aufstellte, welche
mit der in meinem buche vorgetragenen meinung in widersprach
stand, da ich nun wegen der bedeutung der jahrbttcher diese neue
erkUbrung nicht ignorieren durfte , derselben aber aus vielen grün-
den nicht beistimmen konnte, so blieb mir nichts anderes ttbrig als
ihr entgegenzutreten, und dies habe ich in einer unter dem texte
stehenden note in aller kttrze gethan. wer eben seine gedanken und
einßQle in die weit schickt, muez es sich gefallen lassen, wenn andere
die richtigkeit derselben bestreiten, und wer bei besprechung frem-
der arbeiten eine so spitze feder ftthrt wie hr. Ott, darf sich am
wenigsten beklagen, wenn andere mit ihm nicht eben sehr glimpf-
lieh verfahren, mein vorgehen war allerdings ein angriff, aber sicher-
lich weder *mutwillig' noch ^leichtfertig*.
Der nachfolgende Vorwurf, ich hfttte Otts 'au&atz ttber das
bibellatein (jahrb. 1874 s. 757 ff. 833 ff.) heruntergesetzt und als
seichtes und oberflftchliches machwerk (so) verschrieen*, ist vOllig
ans der luft gegriffen, einmal pflege ich nidit so derbe ausdrttcke
zn gebrauchen; dann war meine polemik gar nicht gegen den *auf-
satz ttber das bibellatein' gerichtet, sondern nur gegen die darin
vorgetragene hjpothese ttber die Itala. Otts sprachlichen forsohungen
habe ich nirgends meine anerkennung versagt und, um alle misver-
sttndnisse zu beeeitigen, in meiner schrift ttber die lat bibelttber-
setsungen vor Hieronjmus (Mttnchen 1879) s. 27 anm. 2 ausdrttck-
lieh bemerkt: 'nur gegen diese ansieht Otts, dnrehaus aber nicht
g^gen dessen anfsatz ttber das bibellatein, fttr den ich im gegen-
teil im interesse der sache sehr dankbarbin, habe ich mich
in meinen Italafr. der Paulin. briefe s. 65 flttchtig geftusseri' diese
bemerknng hfttte Ott doch nicht ttbersehen dttrfen.
Das flbrige mir vorgehaltene register meiner vorwttrfe gegen
714 LZiegler: audiatur et altera pan [gegen JNOtt].
Ott ist im ganzen richtig, und ich habe noch heute nichts davon
zurückzunehmen, nur wird man in meinem buche vergebens die
ausdrücke 'sch&nder der deutschen Wissenschaft' oder 'betrag' oder
gar 'litterarischer buschklepper' suchen, wie man nach dem Wort-
laute bei Ott glauben könnte und auch wirklich geglaubt hat
Der nachfolgende abschnitt bewegt sich in bedauerlichen irr-
tümem und Verwechselungen, hier geht Ott, wie er sagt, daraaf
ttber 'mir das fundament meiner anklage zu entziehen und meine
kampfesweise in einzelnen charakteristischen zügen zu beleuchten.'
dabei wendet er sich gegen abschnitt III 9 meines buches. dieser
abschnitt bezweckt die von Ott Q'ahrb. 1877 s. 201 ff.) bestrittene
Identität der Freisinger fragmente mit der bibel des Augnstinas
neuerdings zu beweisen. Ott hatte s. 201 diese identitfit mit folgen-
den Worten angegriffen: 'unterzieht man die Freisinger blfttter
{B bei Z.) einer eingehenden Untersuchung und vergleichnng mit
dem texte des Augustinus-Capreolus (C bei Z.), so wird man gleich
von der ersten zeile an finden, dasz sich in ihnen ein anderes
übersetzungsprincip geltend macht, das sich durch das stre-
ben nach einem engern anschlusz an das griechische
original charakterisiert, darum begegnet man in B
nicht wenigen gräcismen, grammatischen und lexioali-
sehen, zum teil der gröbsten art, die in C fehlen.'* daran
schlieszt sich eine au&ählung von 19 stellen, welche mit den Wor-
ten 'dahin rechne ich zunächst . • femer' eingeleitet werden, nach
dem Wortlaut dieser Sätze und dem ganzen Zusammenhang muste jeder-
mann glauben, es lägen an diesen 19 stellen gräcismen des Frisin-
gensis vor, in welchen dieser von Augustinus-Capreolus abweicht
in Wirklichkeit aber sind 10 stellen mit aufgef&hrt)
fttr welche weder bei Augustinus noch bei Capreolas
eine parallelstelle vorhanden ist — and diese manipolation»
welche groben irrtum verursachen muste und verursacht hat, habe
ich als 'plumpe teuschnng' bezeichnet, wie sucht nun Ott mir 'das
fundament' dieser allerdings harten anklage zu entziehen? ich hatte
in der sprachlichen einleitung zu meinen 'Italafiragmenten' § 16 s. IB
die gräcismen und hebraismen des Freisinger textes zusammen-
* Ott bringt in seinen beriehtignngen oben 8. 553 einen naehtrt;
an dieser stelle, danach wäre in obigem satze nach *zum teil* durch
ein versehen das wort ^gräcismen* ausgefallen nnd durch ein weiterci
versehen in dem abwehrartikel s. 427 die note weggeblieben, in ▼<'*
ober dieser aasfall ergänzt und bemerkt werden sollte, daas der relatit-
sati 'die in C fehlen' von ihm anf die werte 'nun teil gräetameo der
gröbsten art' beaogen worden sei. es ist allerdings ein bedaoerlioli«r
Unfall, dass ein nach Ott ao wesentliches wort durch ein tertebca
tibergangen ¥nirde, daac dieser ausfall zwei jähre ohne berichti^Bg
blieb und endlich gar noch die note, welche die richtlgatellanir ^^'
textes bezweckte, nicht zum abdmek gekommen ist. allein Ott ksan
sich trösten, der sinn der ganzen stelle ist mit nnd ohne das wort
'gräcismen' genau derselbe, wie jeder leaer sieh leicht äberseufta wird.
L
LZiegler: aadiatar et altera pan [gegen JNOtt]. 715
gestellt mit den einleitenden Worten: ^manobe Verbindungen sind
aus dem streben nach wörtlicher Übersetzung hervoigegangen.' es
handelt sich dort einzig um die grftci&men (und hebraismen) des
Freisinger textes; von einer vergleichung mit Augustinus oder
Capreolus ist gar nicht die rede ; am allerwenigsten aber sollte dar-
geUian werden dasz sich 'in den Freisinger blättern ein anderes ttber-
setzungsprincip geltend mache als bei Augustinus-Capreolus'. nichts-
destoweniger Iftszt nun Ott diese sprachliche Zusammenstellung ab*
drucken, und da zufHUig 19 stellen angeführt sind, von denen
12 Partien des Freisinger teztes angehören, wo Augustinus-Capreolus
keine parallele bieten, so findet er ^Übereinstimmung im beweis-
verfahren und im ergebnisse desselben' ! er geht ferner so weit zu
behaupten, es werde wol so ziemlich dasselbe sein, wenn ich beim
Frisingensis ein streben nach wörtlicher Übersetzung finde, und
er ein streben nach engerem* anschlusz an das original, ja s. 428
schreibt er sogar, dasz ich die thatsache der wiederholten abweichung
des Frisingensis von Augustinus auf das streben nach wörtlicher
Übersetzung zurückführe, während ich in meinen Italafr. s. 22 ff.
(vgl. auch meine 'lat. bibelübersetzungen vor Hieron. s. 65 ff.) ganz
andere gründe für diese ersoheinung aufgeführt habe« ich denke, ein
solches conglomerat von Unrichtigkeiten und Verwechselungen richtet
sich von selbst, nebenbei bemerke ich dasz der abdruck des § 16
meiner Italafragmente sehr ungenau ist. abgesehen von einer reihe
kleinerer versehen, welche in einem 'buchstäblichen' abdruck nicht
vorkonunen dürfen, fehlt s. 426, 7 vu. mehr als eine zeile des
citierten abschnittes, wodurch der betreffende satz zum unsinn wird,
weil darin gerade die hanptsache fehlt, und einen so ungenauen
kritiker soll man nicht einmal rügen dürfen?
Nicht besser steht es mit dem nachfolgenden abschnitt, in wel-
chem bewiesen werden soll, dasz 'wie der fundamentalsaiz meiner
gegen Ott gerichteten antikritik, so die ganze durchfUhrung formell
schwach und haltlos , innerlidi hohl und unwahr sei', der beweis
soll durch zwei beispiele geliefert werden, betrachten wir das erste.
Ott hatte, wie oben schon mitgeteilt ist, behauptet dasz man bei einer
eingehenden Untersuchung und vergleichung der Freisinger blätter
mit dem text des Augustinus-Capreolus von der ersten zeile an
finde, dasz sich in ihAen ein anderes übersetzungsprincip geltend
mache, um nun die Unrichtigkeit dieser behauptung klar vor äugen
zu stellen, liesz ich in meiner neuen schrift s. 84 L den ersten ab-
sdmitt der Freisinger fragmente neben dem texte des Augustinus
abdrucken, wie es bereits Italafr. s. 68 geschehen war. nur erlaubte
ich mir eine für die beurteilung ganz gleichgültige änderung. in
meinen Italafragmenten ist nemlich zur Vereinfachung des ohnehin
sehr umständlichen dmckes — es stehen hier vier teztcolumnen
* der eomparmtiv und der snsamraenhaDg verlangt die ergäniung
^als bei Angattious-CapreoloB*.
716 LZiegler: audiatur et altera pars [gegen JNOtt].
neben einander — oben die stelle Aug. c. Adim. 14, 2 als die nm-
fangreicbere eingesetzt, dieses 56 kleine zeilen umfassende citat
stimmt bis anf unwesentliche dinge in ganz auffallender weise mit
dem Frisingensis. nur in den zwei ersten zeilen liegen bei zwei w6r-
tem ab weichungen vor; allein unter dem texte sind kleinere dtate
des Augustinus (ench. 29. des ymb. 9) angeftlhrt, in welchen der
ursprüngliche, mit dem Frisingensis genau flberein-
stimmende Wortlaut erhalten ist. diese note, welche ein um-
sichtiger kritiker um so weniger übersehen hfttte , weil weiter oben
§ 21 nachgewiesen worden war, dasz die bibelcitate des Augustinus
hftufig von den abschreibem nach der vulgata g^bidert wurden, und
weil gerade die c. Adim. 14, 2 vorliegenden abweichungen offenbar
unter dem einflusz der vulgata entstanden sind , hat Ott ganz un-
berflcksichtigt gelassen, um nun einem Shnlichen, immeriiin un-
begreiflichen übersehen des Sachverhaltes vorzubeugen, habe ich in
meiner neuen schrift bei den zwei ersten zeilen den mit dem Fri-
singensis stimmenden richtigen text nach den zwei genannten stellen
oben eingesetzt und in den noten bemerkt, dasz das citat aus c. Adim.
14, 2 nach der vulgata geSndert sei. statt nun seine flflchtigkeit
oder kritiklosigkeit einzugestehen, benutzt Ott diese rein tuszerlicbe
ftnderung dazu, mich zu verdächtigen, indem er sagt, ich entziehe
dadurch dem leser 'das substrat der beurieilung seiner behauptong
und führe sie in die irre' I ja er nennt dieselbe eine 'eigentümliche
manipulation , für welche er anderen die richtige bezeiohnung flber^
lasse', recht bedauerlich ist dabei, dasz durch ein neues 'versehen'
Otts meine note s. 84, 4 so verstümmelt ist, dasz man wirklich un*
redliche absiebten bei mir vermuten könnte, ich bemerkte zu dem
citat aus ench. 29: 'ebenso de sjmb. 9; c. Adim. 14, 2 dagegen
ist der text nach der vulgata geSnderi' Ott hat die im
druck hervorgehobenen werte ausgelassen, diese auslassung ist nmi
von Ott allerdings oben s. 563 nachträglich berichtigt worden, wobei
das Meidige erratum' mit der 'hast bei der ausarbeitung der ohne-
hin verspäteten erklärung und dem dränge amtlicher geschälte* ent-
schuldigt wird, allein mir ist mit diesem spät nachhinkenden boten
wenig geholfen, drängen sich nicht einem solchen kritiker gegentter
von selbst worte der gerechten entrüstung auf, ohne dasz man sich
zu einem 'erkünstelten pathos' herabzuwürdigen braucht?
Mit dem ersten beispiel, welches die 'formelle schwäche umd
haltlosigkeit sowie die innerliche hohlheit und unwahiheif meiner
antikriük beweisen sollte, war es also nichts, wie steht es mit den
zweiten? in den berichtigungen s. 553 musz Ott selbst bekennen:
'schlieszlich berichtige ich zu s. 429 ein misverständnis. es sind
dort Frisingensis und text des Augustinus miteinander verwediselL
die folge davon ist, dasz die ansieht Z.s verkehrt wiedeigegeben uid
eine falsche folgemng gezogen worden ist.' damit der leaer daa 'mie-
verständnis' Otts bequemer beurteilen kann, lasse ich die betrefoide
stelle des abwehrartikels hier folgen : 'welche bewandtnis es mit die-
/
LZiegler: aadiaiar et altera pars [gegen JNOtt]. 717
«er «greifbar yorliegenden wirklicfakeiti» ' habe , darüber ftuszert sidh
Z. an einer andern stelle mit einer deatlichkeit die nichts zu wün-
schen übrig lässt.^ 8. 82 schreibt er nemlich: «Augustinus citiert
«na den in den Freisinger bl&ttem erhaltenen stellen teils Einmal
teils öfter über 3500 Wörter; dabei ergeben sich etwas über 70 ab-
weichnngen; unter diesen stimmen wieder etwa 40 lesarten mit der
Yolgata, so dasz wir ziemlich sicher annehmen dürfen « dieselben
seien wenigstens zum grösten teil interpoliert.» weicht der Fris.
über 70mal von dem tezt des Augustinus ab , ist ein gut teil dieser
abweichungen auf die vulgata, also auf Hieronymus^ zurückzuführen,
dann ist es aus mit der behaupteten identität der beiden texte, dann
nimt der Frisingensis eine mittelstellung zwischen Augustinus und
Hieronymus ein.' eine solche umkehrung des Schlusses ist kein ein-
faches *misyerstftndnis' ; sie ist ein grober logischer fehler, der sich
weder durch 'die hast bei der ausarbeitungf noch durch 'den drang
amtlicher geschft^' entschuldigen läszt und der um so unverzeih-
licher ist, weil aus ihm in so derbe und beleidigende form gekleidete
urteile abgeleitet worden sind.
Ein wirkliches misyerstftndnis , allerdings seltsamer art, findet
«ich weiter unten s. 430. an der stelle I Cor. 6, 2 besteht zwischen
Augustinus und dem Frisingensis die stärkste dissonanz; dazu habe
ich (lat. bibelübers. s. 81, 2) die note gesetzt: 'ich bemerke, dasz
hier überhaupt eine starke abweichung zwischen B und C (nur durch
de doctr. Christ. 4, 18 (36) belegt) vorliegt. C stimmt mit der
vulgata« doch ich will auf dieses immerhin zur vorsieht mahnende
verliAltnis kein gewicht legen.' jedermann , der mein buch kennt,
weisz sofort dasz unter diesem 'zur vorsieht mahnenden Verhältnis'
nur die Übereinstimmung mit der vulgata gemeint sein kann, welche
eben auf eine spätere änderung schlieszen läszt.' Ott aber bezieht
diese worte auf die abweichung von B und C und schreibt: 'wenn
starke, zur vorsieht mahnende abweichungen nicht mehr ins gewicht
fidlen, dann verdienen unbedeutendere Varianten, doppelte und drei-
üsche Übersetzung öines und desselben wertes keine beachtung. dann
hört überhaupt jede berechtigung auf von einer mehrzahl von bibel-
übersetznngen vor Hieronymus zu reden.' Ott hätte sidh alle diese
' es handelt sieh um die identität von B nnd C. ^ und trete die-
MT 'dentliobkeit' hat Ott die ganae siehe falsch yerstanden! ^ «aeh
dieser icblnss ist grnnd falsch, in Wirklichkeit stimmen die Freisinger
blätter hänfig mit der vulgata. allein diese Übereinstimmung darf man denn
doch nicbt auf Hieronymus aurfickfübren , da dessen Überarbeitung des
neeeii testaments ja jünger ist als der tezt des Frisingensis. der grund
dieser übereiBStimmung ist einfach der von mir sattsam erwiesene um-
stand, dass Hieronymus seiner bearbeitung einen tezt zu gründe gelegt
hat, welcher mit dem des Fris. in sehr naher Verwandtschaft steht.
vgL meine Italafr. s. 62 ff. * ich habe hier deshalb auf dieses ver*
hiltBis kein gewicht gelegt, weil für die abweichung zwischen B
und C auch noch andere grfinde denkbar sind. vgl. meine Italafr.
e. 22 ff.
718 LZiegler: audiatur et altera pars [gegen JNOtt].
ttberflüssigen worte ersparen können , wenn er die betreffende be-
merkung mit etwas mehr ruhe und Überlegung gelesen hStte.
Wie steht es nun mit der ^entziebung des fundaments meiner
anklage' ? wie steht es mit dem nachweis der ^formellen schwftcbe
und haltlosigkeit', der 'innerlichen hohlheit und Unwahrheit' meiner
antikritik? fliegen nicht alle diese pfeile auf den schlitzen znrOck?
Die nachfolgenden sätze kann ich etwas kürzer behandeln , da
sich die leser nach dem vorausgegangenen doch schon ein arteil
bilden können, s. 430 z. 20 vo. spricht Ott zu meiner bemerkung
B. 88 f. der lat. bibelübers. folgende yerdftchtigung gegen mich aus :
'charakteristisch fdr die hierbei beobachtete kampfesweise ist, dasz
Z. auch nicht für einen einzigen der bestrittenen sfttze den fundort
angibt, er hat hierzu auch guten grund: denn schon ein flüchtiger
vergleich meines teztes mit den anf&hrungen desselben genügt, um
die Sophisterei seines Verfahrens zu durchschauen.' dagegen bemerke
ich , dasz ich in meiner ganzen schrift genau den -fundort aller ange-
griffenen sfttze verzeichnet habe, in der betreffenden anmerkong
s. 88 ist eine solche angäbe unterblieben aus dem einfachen gründe,
weil dieser ganze abschnitt III 9 gegen Otts recension in den
Jahrb. gerichtet ist und am anfange desselben (s. 77, 2) der fondort
schon angegeben war. ein genaueres citieren des nur mehrere selten
umfassenden aufsatzes hielt und halte ich für überflüssig.
Die Sätze, welche meine 'Sophisterei' nachweisen sollen, ent-
halten wieder die gewöhnlichen misverst&ndnisse und ungenaoig-
keiten. ich hatte (Italafr. § 25 ff.) auf grund der identitftt von BC^
also des Freisinger textes mit Augustinus-Capreolus , den officiellen
gebrauch des Ereisinger teztes an den bischofssitzen zu Hippo and
Karthago nachgewiesen, obwol nun dieser nachweis mit der an-
nähme der identitftt von BC steht und fllllt, und obwol Ott diese
identitftt bestreitet, schreibt er doch in seiner recension s. 192: ^Z.
weist s. 25 — 30 nach, dasz an den beiden bischofssitzen in Karthago
und Hippo die gleiche lateinische bibel im gebrauch gewesen sei , er
nennt diesen gebrauch einen «offlciellen», diese bibel war die Itala.
damit stimme ich vollkommen überein , nur verbieten mir philolo*
gische gewissensscrupel darunter die «in Italien entstandene» über-
setztmg zu verstehen.' diese annähme der folgerung trotz der
leugnung der prftmisse nannte ich eben unlogisch, dasz nun aber
femer dieser mein nachweis des officiellen gebrauchs mit dem satte
Otts 'die Itala sei die bibel der kirchlichen gemeinde and litor-
gischen präzis in Africa' in Zusammenhang gebracht, dasz also hier
mein satz 'zu einer mir fremden deutung aufgebauscht worden ist*,
das zeigt trotz der entgegenstehenden behauptung Otts und trotz
des zu hilfe gerufenen 'alinea' der Wortlaut in uinzweifelhaffcer weise.
Ott schreibt nemlich s. 192 z. 24 vo. : *da8 möge noch ausdrücklidi
constatiert sein, dasz Z. für seinen Italatezt « officiellen» Charakter^
^ ich bemerke, dasz ich nar von einem officiellen 'gebraneh* spreche.
LZiegler: audiatur et altera pars [gegen JNOtt]. 719
in ansprach nimt, den er der Itala sonst kategorisch abspricht' nun
beginnt ein neuer absatz mit den werten : *Itala ist also die officielle
lateinische bibel oder, wie ich mich bestimmter aasgedrückt habe
(Jahrb. 1874 s. 769) «die bibel der kirchlichen gemeinde and litur-
gischen praxis in Africa».' ist nicht die Verknüpfung dieser sStze
und deren allmähliche Steigerung ganz deutlich zu ersehen? and
wenn dies der fall ist, auf wessen seite ist dann die 'Sophisterei' zu
finden?
Aus den nachfolgenden stttzen hebe ich nur noch 6inen heraus,
s. 432 sagt Ott, dasz von mir aus ^naheliegenden gründen' nicht ge-
schlossen worden sei, dasz Augustinus seine Itala erst auf africa-
nisehem boden kennen gelernt habe, die gründe, welche mich dazu
bestimmten, sind allerdings 'naheliegend', aber in ganzanderm sinne,
als Ott glauben machen will, sie sind nemUch in meinem buche
über die lat. bibelübers. s. 21 ff. sehr ausführlich auseinandergesetzt,
für leser, welchen dieses buch nicht zu geböte steht, bemerke ich
dasz hier nachgewiesen ist, dasz vor der zeit des Augustinus in Africa
ganz andere Übersetzungen im gebrauch waren (s. 28 — 53), dasz fer-
ner die bibel des Augustinus mit den in Italien verbreiteten tezfcen in
sehr enger Verwandtschaft steht (s. 53 ff.), und dasz aus dem leben
dieses kirchenlehrers dargethan worden ist, dasz er die bibel in Ita-
lien, also wol auch nach einem italischen texte studiert hat (s. 57 f.).
allerdings hatte Augustinus, wie ich selbst nachgewiesen habe (Italafr.
8.26), in Italien bei seinen schriftstellerischen arbeiten eine fehler-
hafte handschrift zur band, aber es war eine handschrift derselben
Übersetzung, deren er später in Africa sich bediente, dies zeigt
neben der groszen Übereinstimmung der parallelstellen besonders
noch der umstand, dasz Augustinus selbst seine in Africa benutzten
hss. als Codices eiusdem interpretationis bezeichnet hat (retract.
I 7, 2 und 3). das sind nun freilich 'naheliegende' gründe, und es
wäre wol gut gewesen, wenn Ott dieselben nicht verschwiegen hätte.
Hiermit will ich die reihe meiner berichtigungen schlieszen.
dabei bemerke ich ausdrücklich, dasz es mir durchaus nicht darum
zu thun war, meine von Ott bestrittenen sätze neuerdings zu be-
weisen, nachdem meine arbeiten in den weitesten kreisen eine so
erfreuliche aufnähme und Zustimmung gefunden haben, und nachdem
besonders die Identität von BC von männem als evident anerkannt
worden ist, welche mit ehren im dienste der Wissenschaft grau ge-
worden sind, kann mir die zustinmiang Otts gleichgültig sein, mir
war es hier nur darum zu thun, die methode eines kritikers zu be-
leuchten, der bald 'aus persönlichem gründe die feder ergreift, auch
wenn sich seine studien nicht mit der zu besprechenden sache be-
rühren' (Jahrb. 1877 s. 185), bald 'in der hast der ausarbeitung und
im drang der gesohäfte' (oben s. 553) sich die sonderbarsten ver-
sehen zu schulden kommen läszt und obendrein eine spräche führt,
welche eine antwort fast unmöglich macht.
MOhohbn. Leo Zibglbb.
720 Philologische gelegenheitfischriften.
(35.)
PHILOLOGISCHE GELEGENHEITSSCHBIFTEN.
Angsbarg (stadienanstalt) Johannes Mahl: symbolae ad rem scae-
nicam Acharnensium Aviamqae Aristophanis fabalamm accoratins
cognoscendam. Pfeiffersche baohdrnckerei. 1879. 59 s. gr. 8.
Berlin (Joachimsthalsches gymn.) Paul Stengel: qaaeationes saeri-
ficales. Drägersche buchdruckerei (verlag von 8. Calyary u. oomp.).
1879. 30 s. gr. 4. — (univ., lectionskaUlog winter 1879/80} Johannes
Vahlen: de versibus nonnuUis vetemra poetarum Romanomm apnd
Ciceronem. typis academicis. 15 s. gr. 4.
B rann schweig (gymn. Martino-Catharineam} C. Th. Orav anhörst:
die entwicklangsphasen des religiösen lebens im hellenischen alter-
tum. druck von J. H. Meyer. 1879. 17 s. gr. 4.
Dorpat (nniv. , zar Stiftungsfeier 12 dec. 1878) Eugen Petersen:
über die preisrichter der gproszen Dionysien su Athen, draok tou
Schnakenbnrg. 25 s. gr. 4. -^ (diss.) Johannes La&4k: obser-
vationes rhetoricae in Demosthenem. Petersburg 1878. 37 a. lex. 8.
Halle (uniy., lectionskatalog winter 1879/SO) Henrici Keilii oratio
de Friderici III electoris Brandenburgici in universitate Halenti
condenda consiliis d. XXII m. Martii habita. druck von Hendel.
8 s. gr. 4. — (lat. hauptschule) Christian Muff: antik und modern,
ein Vortrag, verlag von R. Mühlmann. 1879. 48 s. 8.
Hamburg (Johanneum, zum 50jährigen doctorjubiläum von Johannes
Classen 2 sept. 1879) Franclsci Eyssenhardtit epistula urbica.
druck von Meissner. 10 s. gr. 4.
Heidelberg (gymn.) W. Behaghel: geschichte der anffassang der
Aristophanischen Vögel, zweite abteilung. druck von O. Mohr.
1879. 30 s. gr. 4. [die erste abteilung erschien ebd. 1878.]
Hernais (k. k. staatsgymn.) Carl Zlwsa: die eurjthmische technik
des Catullus. verlag von C. Konegen in Wien. 1879. 29 s. lex. 8.
Königsberg in Pr. (Wilhelms -gymn.) Anton Viertel: die wieder-
Auffindung von Ciceros briefen durch Petrarca, eine philologisch-
kritische Untersuchung. Hartungsche verlagsdruckerei. 1879. 44 s.
gr. 4.
Laubaeh (gymn. Friderieianum) Karl Wetzell: beitrage zn dem
gebrauche der partikeln bei Antiphon, druck der 'deutschen Reiehs-
post' in Frankfurt am Main. 1879. 37 s. gr. 4.
Lyck (gymn.) Friedrich Bahnsch: des Epikureers Philodemus
Schrift ircpl crmciuiv kqI omcitiiccuiv. eine darlegung ihres ge-
dänkengehalts. verlag von Emil Wiche. 1879. 38 s. gr. 8.
Mainz (gymn.) Alexander Drescher: quaestionnm de AristophaAts
Ranis pars prima, druck von H, Prickarts. 1879. 20 s. gr. 4^
Marburg in Hessen (gymn.) Philipp Braun: beitrüge zur lehre vom
griechischen pronomen. 6b€ und oGtoc bei Aeschylns. aniy.>hach-
druckerel (R. Friedrich). 1879. 36 s. gr. 4.
Merseburg (domgymn.) Otto Friedel: de philosophomm graeeomm
studüs Homericis. 1879. 28 s. gr. 4.
Pforta (landesschule) Illustri ac venerabili soholae regiae Misaieasi
novarum aedium Urnen felicissimis auspiciis intranti rkal. luHU]
lubentissimis animis congratulantur faustaqne omnia impreeaatar
soholae Portensis rector et praeoeptores. druck von Sieliag in
Naumburg. 1879. 31 s. lex. 8. [Inhalt: de Horatii oara. m 25
scr. Theodorus Pluess (s. 3 — 8J — beobachtungen fiber die be*
nutsung des Verrius Flaccus von Gustav Kettner (s. 9—31).]
ERSTE ABTEILUNG
FUß CLASSISCHE PHILOLOGIE
HKBAUaOBGBBBH VON AlPRBD FLBOCmSBK.
9f.
DIE V0ES0KEATI8CHE PHILOSOPHIE.
Wer sich mit der yorsokraiischen {ftiüosophie der Hellenen aoa
den quellen ntther yeriraat madit, dem kann die wahmefamong nioht
entgeiien, wie wenig die daratellang derselben in onsem lehrbttohem
der geeeUehte der philosophie sich mit der historischen Wahrheit im
einklang befindet; besonders gilt dies gerade Ton dem angesehe&r
sten nnier ihnen, die gegenwärtige nntersachong hat sum siel dies
nachsnweisen und damit die berichtigang der falschen darsteUangen
ansnbahnen.
Einen nicht geringen teil der schuld an der entstellong trftgt
HegeL obwol diesem das hohe yerdienst nioht abgesprochen werden
kann, eine geistvollere auffassung und behandlung der geschiohte
der Philosophie, ab bis dahin hersohend war, begrttndet su haben,
ao hat er doch auch eine fiUschnng der yorsokratbchen lehren da-
doreh bewirkt, dasz er in dieselben seine eignen philosopheme hinein-
getragen, indem Hegel in der entwicklung seines sjstems yon dem
reinen abetracten sein ausgieng, erkannte er allerdings gans riohtig,
daes dasselbe yon dem Eleaten Parmenides in voller klarheit er&sxt
nnd dargestellt worden ist; aber darin irrte er grObUch, dass er
eeiiie bekannte dialektik zur logik der geschichte machte und meinte,
wie in seinem handbuch das abstracte sein in nichts umschlägt und
dann beides sich zum werden vereinigt, so sei naoh dem abstraeten
aein des Parmenides anoh von H er ak leite s das werden als das ab-
aolitCe aufgestellt worden, dabei stütste er sich auf einen vermeint-
Uoken Herakleitischen aussprach, welcher diese Vereinigung des seins
Q&d nichts klar ausdrOcke : tö öv oübiv ^oXXov tcn toO Mf| dvroc.
aber H^el sagt nicht, woher er wisse dasz Herakleitos dies ausge-
sprochen habe ; nach Aristoteles metaph. I 4 war es ein ausspruch
der atomiker Leukippos und Demokritos, also gerade deijenigen
Jahrbttcher Ar datt. philol. 1S79 hf 1. 11. 46
722 AGladiflch : die yorsokratifiche philosophie.
Philosophen welche das werden anf das bestimmteste leugneten« diese
lehrten : das nichtseiende, das leere, ist ebenso sehr wie das seiende,
das volle, die atome; wobei sie beides getrennt neben einander be-
stehen, nicht aber zu einem dritten, dem werden, sich vereinigen
lieszen. also hat das werden , welches Hegel zum princip der Hera-
kleitischen Philosophie erhob, in der Überlieferung gar keinen boden,
sondern schwebt wirklich rein in der lufi aber noch schlimmeres
widerHihrt unserm philosophen beim hineintragen seiner dialektik
in die geschichte. er hat es unterlassen sich vorher die frage vor-
zulegen und darüber gewisheit zu verschaffen, ob denn das abstraete
sein des Parmenides auch wirklich das frühere und das werden des
Herakleitos das spfttere sei, und diese frage wird von der glaubwür-
digsten Überlieferung verneint, indem Parmenides selber, wie Ber-
nays (rhein. museum VII s. 114 ff.) überzeugend nachgewiesen hat,
in mehreren versen seines philosophischen gedichtes die lehre des
Herakleitos, des frühem, mit schKrfe tadelt und verwirft, so steht
es mit der Hegeischen auffassung der Herakleitischen philosophie.
dennoch fährt Zeller in seiner ^philosophie derOriechen' (I^ s. 585 ff.)
fort nicht der historischen Wahrheit gem&sz das iriip äciluiov (mit
dem selbstverstftndlich nicht die flamme gemeint ist) , sondern den
metaphysischen satz vom flusz aller dinge (so benennt er jetzt das
Hegeische werden) als das prindp der philosophie des Epheaiers
darzustellen, so vertraut ist er mit dem innem Seelenleben des
Philosophen, dasz er weisz, der metaphysische satz habe in der seele
desselben 'durch eine unmittelbare Wirkung der einbildongsknift'
sich zum feuer gestaltet, und zwar sei der metaphysische satz im
bewustsein des Herakleitos der behauptung, alles sei fener, *niebt
vorangegangen' (s. 586 anm. 1), sondern gleichzeitig habe das statt-
gefunden, dabei ist es um so auffallender, dasz Zeller gerade den
von Hegel erfundenen metaphysischen satz und nicht das nrkond-
liehe irup dciZuJOV (fr. 25 Mullach) voranstellt die angefUute nadi-
Weisung durch Bemays und deren erweiterte begrflndang darch
ABchuster wird von ihm s. 670 f. natürlich aus allen kräften be-
stritten.
Nicht minder hat Hegel bei Anaxagoras die entstellong der
historischen Wahrheit veranlaszt. indem er nemlich dessen lebre vom
vöoc ganz unrichtig auffaszt und ihm das philosopfaem seines eignen
Systems unterschiebt, dasz *der gedanke, der gedanke an sich' das
Wesen der dinge sei , läszt er diesen mittels seiner dialektik in das
subjective denken umschlagen, und die ganze schar der Sophisten
entsteht und verbreitet in Groszgriechenland und Hellas ihre ver-
derblichen lehren, nach der Überlieferung hat die sophistik gar keine
berührung mit Anaxagoras , sondern wurzelt schon gleich bei Gor-
gias *dem vater der sophistik' in der eleatischen philosophie, in dem
pf) öv des Parmenides*; nur Protagoras hat seine lengnong der er-
' 8. PlatODs Sophistes, bes. 241' nnd Aristot. metaph. Y i.
AQladisch: die TonokraiUche philoaopfaie. 723
kenniDis dürcb die Herakleiiische lebre begründet; aber um die
aberlieferung bekümmerte Hegel sieb niobt. der Hegeischen dia-
lektik gemKsz scblieszt nun auch Zeller die sopbistik unmittelbar
an Anaiagorae an, ungeachtet er s. 937 selber einräumt: *Ton kei-
nem Sophisten ist uns bekannt, dasz er ausdrücklich an die Anaxa-
goriscbe lebre anknüpfte/ und dem beispiele Zellers folgen die
meisten lehrbücher der geschieh te der philosopbie; ja in Überwegs
grundrisz ist es schon nicht mehr Sokrates der eine neue epoche
begründet, sondern die Sophisten sind es; die vorsokratische philo-
sopbie ist hier zur vorsophistischen geworden , und Sokrates steht
hinter den Sophisten in zweiter linie. was würde* wol Piaton dazu
sagen?
Wol mag es philosophen wie Hegel, welche selbst begründer
eines geistvollen Systems sind , schwer fallen in der behandlung der
geechiohte der philosopbie die erforderliche parteilose Stellung zu
behaupten und der Versuchung zu widerstehen, die eignen philoso-
pheme in die geschichte hineinzutragen, daraus wird es erklärlich,
dasz unserm groszen philosophen schon im altertum ein noch weit
grüszerer, Aristoteles, in der entstellung des historischen vorange-
gangen ist. wir haben bei Aristoteles metaph. I 3 f. den ersten ver-
such vor uns , die geschichte der philosopbie als ein stufenmäsziges
fortschreiten des erkennens zu begreifen, indem er hier, ganz ähn-
lich wie Hegel, in der frühem philosopbie seine vier metaphysischen
prindpien nachzuweisen untemimt, läszt er das stoffliche- prindp in
nachstehender Stufenleiter auftreten: zuerst stellt Tbales das wasser
als den urstoff aller dinge auf; dann Anaximenes und Diogenes von
Apollonia ein feineres, die luft; dann Herakleitos das feinste, das
feuer; darauf Empedokles die vier demente, indem er den genann-
ten elementen die erde hinzufügt; endlich Anazagoras, als Vollender
der scala, unzählige urstoffe. wir wollen jetzt die Stufenleiter näher
betrachten.
Was zuerst Thaies betrifft, so ist dem Aristoteles nicht be-
kannt, dasz er seine bebauptung irgendwie begründet habe; Aristo-
teles vermutet blosz wie er zu der bebauptung gekonunen sei:
4 Xaßdiv Tcujc Tf|v öiröXTmiiv ^k toö irdvrwv öpäv Tf)V Tpoq)f|v
ÖTpäv oOcav xal aörö tö OcpM^v bn toütou t^Tvömcvov kqI TOÜTip
Z&v TÖ b* tt oö t'TVCTQi, toOt' dcilv dpx^ irävTWV usw. was
Aristoteles hier als seine persönliche Vermutung ausspricht, wird
dann von den spätem als die reflexion des Thaies selbst wieder-
gegeben, das einzige sichere, das man von der philosopbie des
Tbales wüste, ist der ausspruch: dpxfj Trdvrujv Sbujp, und was
Aristoteles diesem aussprach hinzufügt: biö Kai Tf|V fffv iq>'
OboTOC äTreqtrjvaTO cTvat. dieses wenige ist aber auch ausreichend,
um das richtige Verständnis seiner bebauptung zu gewinnen, wenn
Thaies den ausdruck dpx^j gebrauchte, so hatte dieser in seinem
munde unstreitig noch nicht die bedeutnng welche Aristoteles ihm
beilegt, sondern nur die gewöhnliche bedeutung ^anfang'; die philo-
46*
724 AOladiBch: die Tonokratiache pliilOBOphie.
Qyl sophisj^he bedeutung ist dem worie erst von Aristoteles in seiner
philosophischen terminologie gegeben worden, daher hat denn anch
Cicero de nai» deor, I 10, 25 die behaaptung des Thaies gans richtig
wiedergegeben: aquam dmt esse initium renim\ nur was erhinxn-
setat deum autem eam mentem^ quae ex aqua cunäa finffsrd ist
Ciceros znthat. dasz die behaaptung des Thaies diesen sinn hatte,
im anfang sei alles unter wasser gewesen, wird durch die mit ihr
verbundene angäbe beglaubigt, er habe deshalb (biö) gesagt, daas
die erde auf dem wasser schwimme: denn diese ann^bme liees sich
doch nicht damit begrttnden, dasz das wasser das urwesen aller
dinge sei; sie War aber wolbegründet, wenn er meinte, sie sei aus
dem wasser emporgetaucht, dazu kommt als offenbare bekräftigong
die gleichzeitige meidung des Aristoteles, dasz manche meinten,
schon jene seien der ansieht des Thaies gewesen, welche Okeanos
und Tethys zu urhebem der Schöpfung machten: denn niemand
wird dem Homerischen verse 'QKeavoO, 6cit€p t^vecic nävxccci
T^TUKTai den sinn beilegen wollen, dasz Okeanos das urwesen aller
dinge sei. kurz, Thaies erscheint als der gelehrteste unter den sieben
weisen, indem er mit der praktischen Weisheit manche von seinen
Zeitgenossen bewunderte astronomische und physikalische keantnisse
Tereinigte; aber in die Aristotelische scala gehört er nicht ja er
wflrde selbst dann nicht hinein gehören, wenn das unglaubliche statt-
fände, dasz er den ausdruck dpXH im AJistotelischen sinne gebrancht
h&tte. was würde ans der geschiohte der philosophie werden, wenn
man jedem, der einen solchen ansspruch thut, ohne ihn zu begrün-
den ^ eine stelle in ihr einr&umen wollte!
Wir wenden uns jetzt zu Anaximenes und dem von Aristo-
teles ihm beigesellten Diogenes von ApoUonia und zu Hern*
kl ei tos. diese haben allerdiüigs, die beiden «rsteren die loft, Hera*
kleitos das feuer, für das urwesen aller dinge erklttrt; aber es ist an-
wahr, dasz sie mit der luft und dem feuer die so benannten demente
gemeint; unwahr, dasz gegen die luft Herakleitos das feuer als ein
feineres erkannte und darum zum princip erhob, das wahre ist
vielmehr, dasz sie (nicht den urstoff, sondern gott suchend) das ur-
wesen als ein geistiges wesen sich dachten, abw noch nicht, wie
Anazagoras, als reinen unkörperlichen geist zu fassen vermochten,
sondern als ein feinstes fttherisches wesen sich vorstellten, welches
in seiner höchsten lauterkeit in den obem rftumen des himmels, im
irepiexov, seinen sitz habe, die weit ^enke und durch verdichtnng
alle dinge hervorbringe und durch Verdünnung wieder vernichte, es
ist eine den genannten philosophen gemeinsame vorstellnng, nieht
erst des Diogenes von Apollonia und Herakleitos, sondern andi schon
des Anaximenes, wie ans folgendem brudistück seiner schrill er-
hellt': olov f| i|iuxf| f| i\ix€T4f>a dj|p oSca cuTKpaTci fmfic, icod fiXov
' bei psdudo-Plutaroh de plao. phil. I S, 6 und Stehaios ekL phye,
1 8. xse.
AGladiich : die TonokratiBcli« pfailotopbie. 735
tAv köc^ov iTV€C)iia Kai äfjp ircpi^x^i. da Anazimenes das Txrwesen
mit der TemOnftigen seele identificierte, so muste notwendig aooh
er es schon als mit Temonft begabt eich denken; von seinem an-
hfiager Diogenes von Apollonia wird dies dem Anaxagoraa gegen-
aber nnr stttrker hervorgehoben; namentUeh geschieht dies in dem
bmohstflck bei Simplikios zu Aristot. physik fol. 83* Kai )XOi boK^et
t6 Tf|v vÖTiciv i%oy elvai ö &i\p KaXeö^evoc önd tu»v ävOpdmuiv
Kai ötrö TOUTOu ndvTa KußepvfiMat Kai ndvriuv KpaT^ctv * dnö t&p
}io\ TOUTOU boK^ei vöoc elvai Kai ^ttI nfiv dcptxOai koI ndvra bio-
TtMvat Kttl iw iravTl £v€ivai. auch das nrwesen des Herakleitos ist
nichts anderes als dieses n^pxiyioy q>p€vf)p€C, der sitz des fttherisohen
Zeus (fr. 35), die fvib}kr] i^TC oIOKiZei ndvTa bid irdvTUiv (fr. 55).
dasz er dieses nrwesen auffbllender weise gerade als irOp bezeich-
nete, liszt sich ans der bedentnng des wertes in der griechischen
Sprache nicht erklftren, wol aber aus der Zoroastrischen religion , in
deren gebiet er lebte, nm dies klar zn machen, musz ich notwendig,
weil es sich um einen für unsere Untersuchung nicht gieichgttltigen
punct handelt und zugleich zum bessern TersUbidnis der Herakleiti-
schen lehre und ihrer geschichtlichen Stellung beitragen wird , hier
die folgende kleine episode einschalten.
Die wichtigste und sicherste Urkunde der Zoroastrischen reli-
gion ist der mit acht weiszen nis&ischen rossen bespannte heilige
wagen , welchen die Perserkönige Xerxes und Dareios Kodomannos,
der entere auf dem feldzug gegen die Hellenen (Herod. YII 40), der
letztere auf dem feldzug gegen Alezandros (Curtius HI 7), mit sich
fUirten. zu diesem hat unlängst Schliemann den commentar an der
stitte des alten Troja, die einst lange unter persischer herschaft
stand, aus der erde gegraben, danach wurde an dem heiligen wagen
die lehre Tcranschaulicht, dasz in gleicher weise, wie bei dem sich
drehenden rad in fortwährendem Wechsel das unten zum oben und
das oben zum unten wird, alles in der weit sich in einer unaufhOr-
liehen bewegnng, in einem unaufhörlichem Umschwung befinde.'
da das Würfelspiel eine ähnliche veranschaulichung darbietet , so er-
seheint auch die erzählung des Laertios Diogenes ES 3 beachtens-
wert, nach welcher Herakleitos in dem heiligtnm der ephesischen
Artemis mit den knaben würfelte (i^TpatdXiCe) und zu den sich um
ihn stellenden Ephesiem sagte: ri, i& KdKicTOi, Oou^dZcTC; i^ OÖ
Kpctrrov TOUTo noicTv fi ficG' ö^iliv TToXtTCvccOat ; doch erblickte
der Ephesier die beste yersinnlichimg der beständigen bewegung
aller ^ge in dem flieszenden wasser, wie Piaton sagt (Krat. 402*):
Xiy€\ irou 'HpdKXeiTOc, ön TtdvTa x^P^^ ^ai oöbiv fi^vct, Kai irora-
|ioO ^krt} diretiodZuiv Td dvTa \iytx , die 6lc cic töv outöv iroTOfiöv
oSk &v IpßaiifC. indessen ist es sehr begreiflich, dasz die Zoroastri-
schen tbeologen die Tersinnlichung durch den wagen oder das wagen-
' rgl. die daytteUiisg der Zoreastrisohen tbeologen bei Dien Chrjrsost.
86 8. 9l f. Beiske.
726 AGladisch: die vonokratische philosophie.
rad wählten , weil sie diese den gläubigen überall vor aogen stellen
konnten, unter den trojanischen altertümem, welche Schliemann
ans licht gezogen und in seinem atlas derselben in photographischen
abbildungen uns vorlegt, befindet sich eine sehr grosze ansahl
symbolischer aus terracotta gefertigter räder. an diesen wird die
Schnelligkeit des beständigen Umschwungs aller dinge durch primi-
tive Zeichnungen von antilopen, welche im Bigveda das gespann des
Wagens der winde sind , auch durch hirsche angedeutet (nr. 34. 35.
36. 245). das den Umschwung bewirkende ewige feuer, welches in
dem zuge des Dareios Kodomannos durch die dem heiligen wagen
vorangetragenen flammenden altäre versinnlicht wurde , ist auf den
trojanischen rädern teils auf dieselbe weise (nr. 272. 273. 275. 279.
289. 292), teils durch zwei hölzer angedeutet, mittels deren reibnng
die priester das feuer erzeugten , vor welchem sie dem ewigen feuer
ihre lobgesänge darbrachten (nr. 237. 282. 291. 361); teils ist es
durch blitze oder durch blitze mit donnerkeilen versinnlicht (nr. 107.
124. 125. 160. 356). die versinnlichung des ewigen feuers durch
blitze ohne oder mit donnerkeilen ist besonders merkwürdig, weil
sie in der auffallendsten weise mit einem Herakleitischen fragment
übereinstimmt, welches Hippolytos refut haer. IX 10 anführt, in-
dem er sagt: Herakleitos lehre dasz alles in der weit durch das feuer
bewirkt werde, XirfiDy outuic «rd hk irdvra olaKiZei KCpauvöc»,
TOUT^CTi KOTeiiOuver Kepauvöv tö irOp X^tuiv tö aluivtov. hiernach
scheint Herakleitos in der bezeichnung des gleichen urwesens sich
der Zoroastrischen religion angeschlossen zu haben.
Wenn schon aus dem dargelegten erhellt, wie wenig die dar*
Stellung des Aristoteles sich mit den wirklichen lehren der drei ge«
nannten philosophen im einklang befindet, so zeigt sich der wider*
Spruch noch greller darin, dasz Herakleitos in seinem tiefem und
scharfem denken die Umwandlung des urwesens in die dinge nicht,
wie Anaximenes und Diogenes von Apollonia, als eine blosse Ver-
dichtung, sondern zugleich als eine entzweiung desselben mit sich
selber auffaszte , daher den krieg den vater aller dinge nannte nnd
lehrte ndvTa kqt' £piv xivecOai (fr. 37. 39). ein solches urweeea
wird ftlr das blosze dement feuer ausgegeben!
Mit den beiden philosophen, welche Aristoteles auf Herakleitos
folgen läszt, verhält es sich nicht besser, denn es ist unwahr, daas
Empedokles die vier demente in ihrer getrenntheit als daa nraa*
fftngliche betrachtete, wie Aristoteles angibt, sondern nach seiner ans
vor äugen liegenden darstellung ist es der Sphairos, die hüchsta
gottheit, die erst bei der weltschöpfung in die vier elemente, welche
in ihr in vollkommener Indifferenz enthalten waren, zerrissen wurde.*
dennoch schiebt Aristoteles, und ihm folgt darin Zeller, dem Empe-
dokles die wunderliche Vorstellung unter, dasz die zerrissene gott-
^ 8. fr. 175 f., daza Panserbietec 'beitrage zur kriÜk und erklSraBg
des Empedokles' 8. 27 f. Philop. in Aristot. de gen. et corr. fol. 6^
AGladiach: die Torsokratische philosophie. 727
halt» die ja doch ein früheres, das zerreiszende, voraussetzt, das ur-
aaflüigliche gewesen dei. indessen berichtigt Aristoteles seine un-
passende einreihnng des Empedokles in die scala, indem er metaph.
X 4 ihm das verdienst zuschreibt, dasz er nicht blosz, wie Anaza>
goras, das zweite der metaphysischen principien, fiOev f| dpx^l Tf)c
xivi)c€uic und Si^a toö KaXdic Tfjv airiav , sondern in seinen beiden
alles wirkenden mfichten, (ptXia und veiKOC, auch die erklttrung des
vielen schlechten in der weit aufgestellt habe; und met. II 4 nennt
Ar. auch den Sphairos die hOchste gottheit (töv eubai^ov^CTaTOV
d€Öv) des Empedokles. dagegen bleibt Zeller, die vollkommene
richtigkeit der scala nicht bezweifelnd, dabei stehen, dasz nach Em-
pedokles die vier elemente in ihrer getrenntheit das ursprüngliche
seien, indem er (s. 707 u. 708 anm. 1) nicht blosz das angeführte
so klare zeugnis des Aristoteles über den Sphairos, sondern auch die
erkl&rung des Empedokles selber zurückweist.^ natürlich erhftit
man daher ans dem Zellerschen buche auch von der philosophie des
Empedokles ein falsches bild, ein solches das schon an sich in der
angegebenen weise entstellt ist, imd bei dem zugleich die wichtigsten
und am meisten charakterisierenden züge weggelassen sind, wir
haben hier die merkwürdige thatsache, dasz ein geistvoller mann,
hoehgefeiert als philosoph, dichter und arzt, sich zur Zauberei be-
kennt, diese thatsache wird von Zeller nur in den angaben über das
leben des philosophen erwfthnt, in der darstelluug seiner weltansicht
aber mit stillschweigen übergangen, ungeachtet sie mit dieser in der
engsten principiellen Verbindung, steht, von der 'seelenwanderungs-
lehre und was damit zusammenhängt' bemerkt Zeller s. 734 gana
riehtig, Empedokles habe sie ^aus der Orphisch-Pythagoreischen Über-
lieferung aufgenommen', diese war aber nach Herodotos II 81 keine
andere iJs die ägyptische, so dasz Empedokles seine ägyptische lehre
nicht erst aus Aegypten zu holen brauchte.
Wenn Aristoteles uns nach Empedokles den Anaxagoras als
den gipfel seiner Stufenleiter vorführt, so bereitet dabei auch ihm,
wie wir oben an Hegel wahrgenommen, der widersprach der Chrono-
logie gar keine Verlegenheit, vielmehr sagt er selber ganz unbefan-
gen : 'E^irebOKXfic bk t& T^rrapa . . 'AvoEoröpac bt 6 KXoZop^vtoc»
TQ |iiv flXlKtqi TtpÖTCpOC UIV TOUTOU, TOIC b* fpTOtC ÖCTC-
poc, ditcipouc clvai q>?ici rdc ipx&c. denn dasz er mit rote £pTOic
nicht die Anaxagonsche schrift irepi q)uceuic meint, zeigt die form
* Zeller sttgt ao.: 'als die gottheit hat ttbrigens Empedokles den
BpbAiros nicht beseichnet, sondern nur als gottheit . . erst Aristoteles
nennt diesen 6 Ocöc; daraas folgt aber nicht, dass ihn aach Empe-
dokles so genannt hat,* aber die f ier elemente, in welche das arwesen,
der Sphairos, zerrissen wird, werden in dem angeführten fragment von
Empedokles ansdrfioklich fula Ocolo genannt; ob er dabei das wort Ocolo
mifc oder ohne artikel gebraucht, ist, da er ja vom nrwesen redet, völlig
fldehgfiltig. so viel mir bekannt, weiss auch das ganse altertam von
einer andern bedeutang des Rphairos, als dass er £e höchste gottheit
des Empedokles sei.
728 AGladisch: die TorsokraÜBclie pbüoBophie.
des Busdracks (vgl. Breier pfailod. des Anazagoras s. 85). indesMii
macht Aristoteles, wie an Empedokles, so auch an Anax^pons in
glänzender weise wieder gnt was er in der scala gegen die geaddehie
sündigt, indem er bald darauf ihn in seiner wahren bedeutnag dar-
stellt and Ton ihm sagt, dasz er mit seinw lehre vom vöoc gegen
die früheren wie ein nüchterner, yerstttndiger nnter albern reden-
den erschienen sei. nicht das gleiche thut Zeller, welcher den Anaza-
goras ebenso wie den Empedokles in der falschen Stellung festhlUt»
die er in der Aristotelischen Stufenleiter einnimt. demgemäsx will
er s. 874 ff. uns überreden, dasz die behauptung unEfthUger nrstoff»
den eigentlichen bestand der lehre des Anaxagoras bilde and seine
bedeutung in der geschichte der philosophie begründe, indem der
vöoc bei ihm nur den zweck habe die stoffe zu yerbinden und m
trennen, danach hätten wir hier ein räthsel vor uns, wenn die er*
hebende weltansicht, durch welche Anaxagoras und sein grosser
Schüler und besehützer Perikles die ihnen zugeschriebene erhaben-
heit des sinnes und Charakters empfangen haben sollen*, keine an-
dere als die annähme unzähliger urstoffe gewesen wäre, wer die
weltansicht des Elazomeniers in ihrer wahren gestalt kennt, der
weisz dasz es die allerdings erhebende lehre vom vöoc ist, welche
ihm seine bedeutung und zwar eine sehr hohe nicht bloss in der vor*
sokratischen philosophie, sondern in der philosophie aller selten ver-
leiht, indem er zuerst den geist und die materie von einander vOUig
schied und dadurch die natur, sonne und mond nicht ausgenommen
(Plat. apol. 26 ^), entgötterte und zu einem gebilde aus blosaen na-
türlichen sto£fen herabsetzte, die annähme unzähliger urstoffe, in
welche die natur nach ihrer entgütterung notwendig zerfallen muste,
hatte also den vöoc zu ihrer Voraussetzung, nicht aber, wie Zelier
es darstellt, zu ihrer folge, dasz Anaxagoras den unendlichen reinen
geist nur vöoc benannte, ist aus seiner Stellung inmitten der grie-
chischen Vielgötterei sehr begreiflich, niemand wird beswMfeln daas
Euripides blosz die meinung seines lehrers wiedergab, wenn er in
einem seiner dramen den nachstehenden dialog einflocht:
Bcöv bi TtoTov eTiT^ fioi vot]t^ov;
Töv n&v6' öp(&vTa koötöv oöx öpd)^€vov/
in der that fehlt dem vöoc keine der entscheidenden eigensehallen»
welche der deismus des alten testamenta gott beilegt, er ist erstens
ein reiner nnkörperlicher geist, ohne gemeinschaft des Wesens mit
irgend einem der dinge, in absolutem fürsichselbstsein.* er istoöro-
• 1. PlaUms Phaidros 270*. Plntareh Perikles e. 4. 6 aa. bei ftdieie-
bach Anazag. fraf^m. s. 17 f. ' s. 6ehneither de Eoripide phUosepbe
t. S7. * 0. fr. 6. aristot. de anima I fi. III 4. Cie. d* ml. dtor, I 11.
dass An&xairorae in dem angefahrten fragment dennoch von vöoc aagir
IcTi ydp XfUTÖraTÖv tc irdvTUiv xP^Mditav Kai xatepiiiTaTov, kaaa «aa
nicht befremden, da ja auch der gott des alten and neuen testaneats,
y dessen uakörporHchkelt doch niemand beaweifelt, ala hancb, wi«0fM«
/ beaeicfanet wird, aneh daa buch der weieheit 7, t% aenat die ce^^
die immaterielle, ein irvcOfia vocpöv, Xcirröv aaw.
AOladiBoh : die vonokraÜBche pfailosopbie. 729
KpdTU>p dh. sellmtheTScber mit unbesolirSnkter macht nach freiem
belieben.* wenn Zeller (s. 889 f. nnd 892 anm.) dem vöoc hanpt-
sBebHob deshalb nicht volle Persönlichkeit zuerkennen will, weil
Anazagoras lehrt 'dasz er allen thieren, grosz nnd klein, als
belebende seele inwohne' '^ so muss er sie anch dem gott des sdten
teetaments absprechen, denn so redet der psalmist 104, 29 f. im
hinblick auf aÜes lebende, davon 'es wimmelt ohne zahl, thiere
klein und grosz', ausdrttcklieh von gott: 'du nimst ihren odera,
und sie sterben und kehren in ihren staub zurttok ; du Ittssest aus
deinen ödem: sie werden erschi^en, und du erneuest die gestalt der
erde.' und das buch Hieb sagt 34, 14 f. : 'wenn er auf sidh nur acht
^be, seinen geist und seinen kbenshauch an sich zöge, es erblaszte
alles fleisch zumal , und der mensch kehrte in den staub zurück.' "
merkwürdiger weise sagt Tertullian de anima 12 auch von Anaxa-
goras, dasz er den vöoc als die angel betrachte, an welcher das ge-
samte leben der weit hange (unhersitatis osciBum ex üUus asce suspen-
dens), ferner ist der vöoc nicht bloez der schCpfer der weltordnung,
die er aus dem chaos als Werkmeister durch sonderung der stoffis her-
Torbringt (und die ganze physik des Anaxagoras ist, selbst nach
seiner eignen aussage inft, 12, diese einfache chaoslehre), sonctem
er ist überhaupt die alleinige alles wirkende macht, und keine an-
dere macht, kein anderer gott neben ihm, kein verhftngnis '', kein
zttiUl*'; Zeus selbst und alle übrigen volksgütter sind gar nicht '^
er ist aber nicht blosz allmftchtig, indem er alles macht, sondern
auch allwissend, wie Anaxagoras in fr. 6 sagt: 'alle kenntnis von
allem besitzt er' ; schon bei der schöpfong der weltordnung aus dem
cbaoe wüste er alles voraus und bestimmte es; 'das zusammen*
gemischte und das abgesonderte und das geschiedene, alles kannte
der vöoc, und wie es sein sollte und wie es war und so vieles jetzt ist
und wie es sein wird, alles richtete der vöoc ein.' er ist nach Kedrenos
und Harpokration der 'wttchter der weit"*, nach Piaton 'der kOnig
* Piaton nennt den vöoc im Kratyloi 413 < adroKpdriMp, Anaiagoras
beaeifihnet ihn in fr. 6 als aÖTOKporr^c. diesen ausdrack erläutert Caras
de Anazagoreae cesmo-theologiae fontibns s. 9 wie folgt: 'solis sois
vfHbms et eolo sno ntitnr arbitrio, svaraqae propriam potestatem hftbet,
nee nlla eansa nisi taa yolnntate dnctiis decernSt. verbum ilK aetati
»axime proprinm, Earipideum, Thaeydideam. apod Euripidem mentis
eoKns eet epUbeton: ▼. Andrem. 48S. in Thacjdide, nbi sobol. adtc«
Eetlkiov ezpucare tolet, Tel de libertate ipei vf^xi^ imperante (IT 68),
vel de Xvixcji^ s. ratione sponte aeente (IV 107), Tel sensu politico
eeewrit, e. o. rd irüv aöroKpdropo oiae^lvot (v. 1 126 eoll. VI 8. V46);
hne qnoqae referam aOroicivnTev iliad apad Lactantinm Inst I 6, 18.*
^ Aristot de anima I 2 iv diraa yäp 6irdf>xciv aördv (seil, töv
vöav) Tolc CiOotc Kai iictdXotc kuI ^i^polc usw. vgl. Aaaxag.
fr. •. 11 Tgl. hierüber v. Colin bibl. theologie « SS bd. I s. ItS.
<* Phitareh Periklee o. 4. Alex« Aphrod. de fato S s. 4 f. Orelli.
^ f. Piatone Philebos 28*. Aristot. metapb. I S. *^ ». Lakianos Timon
e. 10. " Kedrenos ehron. s. 180^ Harpokr. n. 'AvaEoröpac: irdvTuiv
Vpoupöc.
730 AGladiBCli: die TOrsokratische phüosophie.
bimmels und der erden'/' demnach muste Anaxogoras notwendig
glauben dasz alles vemQnftig und trefflich und nichts unvemtlnfti-
ges und schlechtes in der weit sei." es gibt daher kaum ein schö-
neres Zeugnis für den sinn des philosophen als die meidung der alten,
dasz er es fttr den höchsten lebensgenusz erklärte, *den himmel und
die gesamte einrichtung der weit zu betrachten'." dabei ist die
yoranstellung des gestirnten himmels (denn dieser ist selbstver-
ständlich gemeint) um so beachtenswerter, weil in diesem audi der
deismus des alten testaments seine schönste bekrttftigung erblickt. "
die behauptung Zellers s. 894 f., dasz bei Anaxagoras sich Ton dem
▼orsehungsglauben keine spur finde, '^ wird nicht bloss durch das
angeführte , allein schon durch den angegebenen Wortlaut von fr. 6
auf das gründlichste widerlegt, sondern Plutarch meldet de fortnna
c. 3 auch mit klaren werten, dasz nach Anaxagoras durch die
cußouXia und irpövota des vöoc der mensch die begabong
empfangen habe, sich zum herrn aller geschöpfe zu machen und sid^
ihrer zu seinem nutzen zu bedienen. *' um so weniger läszt sich die
Überlieferung des pseudo-Plutarch bezweifeln, dasz nach der dar-
Stellung des Anaxagoras der vöoc sich allerdings um den mfinschea
bekümmerte und ihn sogar zum hauptangenmerk der Schöpfung
machte.*' die meinung Zellers, dasz Anaxagoras in seiner schrifi
ausschlieszlich seine physik entwickelte und vom vöoc nur insoweit
handelte, als er desselben dabei bedurfte, wird auch durch das Zeug-
nis Piatons widerlegt, welcher in seinem Phaidros 270^ von Anaxa-
goras meldet: Trepi voO t€ kqI dvoiac töv iroXuv Xötov inotcrro.
Demnach stellt Zeller auch die lehre des Anaxagoras gerade im
wesentlichsten, im princip, durchaus unrichtig dar. wie wenig auch
seine darstellung des Pythagoras und der Pythagoreer mit der histo-
rischen Wahrheit übereinstimmt, habe ich in der abh. ^die ägyptische
entstellung des Pythagoras' (Philol. XXXIX) nachgewiesen, während
in Wirklichkeit jene Weltanschauungen sich in der ansprechendsten
weise organisch aus einer bestimmten grunderkenntnis entwickeln,
1* PUt. Philebos 28« ßactXeOc oüpavoO xal yf\c. Tgl. dasa Breier
philos. d. Anaxag. s. 82. " Aristot. metaph. I 3 f. Themiat. in AriaioC
pbys. fol. 68 ^ Fiat. Philebos 28«. ^^ Ariatot. eth. Eudem. 16. ygL
Philo quod mundaa alt incorr. s. 488 ed. Franeof. *' s. paalm 19, % L
146, 20 f. Sir. 42, 16 ff. *^ wenn Zeller hierbei auch den vorwarf be-
sondere hervorhebt, welchen Piaton (Phaidon97^) und Ariatolelea (mei.
I 4) dem Anaxagoras machen, dasz er den vöoc nar da gebranche, wo
er die physikalischen Ursachen einer eracheinong nicht ta finden wiaae»
80 ist derselbe schon im altertum und von neaeren gelehrten binreicliead
beleaehtet worden, dieser vorwarf, der auf dem Platonisohen and Arisiote*
lischen standpancte begreiflich erscheint, sollte nicht von einem ebriat-
liehen gelehrten wiederholt werden, welcher weiss dasa j« aacb die
physikalischen erklftrangen unserer natarwissenschaft den voraehvage*
glaaben weder ansschllessen noch beeinträchtigen, s. Bimplikioa im.
Aristot. pbjs. fol. S8'. Hemsen Anazag. Clax. s. 89 f. HRitter gtch.
d. pbii. I s. 817 f. gesch. d. ion. phil. s. 246 f. *^ vgl. 1 Moee 1. 26 f.
9, 2 f. psalm 8, 6 f. ^ de plac. phil. I 7, 7; vgl. Eosabios praa^
evang. XIV 16. Rosenmtiller schol. in Gen. 1, 26—31.
AGladiech: die vonokratiBohe philoBophie. 731
sind sie bei Zeller samlimgen eigentümlicher gedanken und behaup-
tongen, welche mit dem aufgestellten princip teils nur künstlich,
teils gar nicht in Verbindung gebracht werden können« am deut-
lichsten zeigt sich dies bei Herakleitos. indem dieser das nCp
äcKuiov als das urwesen erkennt, das in unaufhörlicher Umwand-
lung sich befinde, ergibt sich damit von selbst der bestAndige flusz
aller dinge, dasselbe ist zugleich das ircpUxov q>p€vf|p€C, der ftthe-
rische Zeus, die TViO^n i^TC olaKiZei Trdvra bid TidvTUJV, auch der
XÖTOC Suvöc (fr. 58), daher auch die vernünftige seele und airfr\
£npf| i|iuxJt cCKpuJTdTii Kai dptc-n} (fr. 73. 74). indem es zugleich
allen wesen als die belebende seele inwohnt, gibt es nichts abscheu-
licheres als das entseelte, dh. vom göttlichen entblöszte (gleichsam
gottlose), den leichnam (fr. 53), darum auch nichts thörichteres als
zu den unbeseelten, alles göttlichen wesens haaren götterbildem zu
beten (fr. 61). dem tttherischen Zeus als reinem lichte entgegen-
gesetzt ist die finstemis, der Hades; deswegen verabscheuung alles
nftchtlichen treibens, namentlich der Zauberei und mjstik (fr. 81.
Klem. Alex, cohort. II s. 18 f. Potter, fr. 70 bei Schleiermacher), des-
wegen auch verabscheuung der im finstem schleichenden lüge (fr. 8
Schi.) und nachdrückliche betonung der Wahrhaftigkeit und der Offen-
heit im handeln", zumal dem nie untergehenden lichte niemand, kein
trug, verborgMi bleibe.'^ sogar die Überlieferungen, welche auf eine
** bei Stobaios floril. III 84 befindet sich das nachstehende Hera-
kleitisehe fragment: cuMppovctv dp€Tf| ^ettcTT), kqI coq>(T) dXT)64a X^tciv
KUl iroUeiv Kard q>Ociv CiraTovrac. dieses fragment bat saerst Schleier-
maeher (n. 44) verdächtigt, indem er, wie er selber sagt, sich aaf das
blosse gefQhl stützte; jetst hat Mallach mit nnbegreiflicher besagoahme
auf fr. 65 (bei fr. 66) es ganz aus der samlong der Herakleitischen texte
Torschwinden lassen, obgleich es, wie wenige, das gepr&ge der eebtheit
an sich trügt, denn erstens ist die cuj<ppocuvT) die erste der Wer car-
dinaltogenden der Herakleitisierenden stoiker, und iweitens gibt es
kaam einen aasdruck, der Heraklei tischer wäre als dXi)6^a noUeiv, da
nach Seztos Empeirikos adv. math. VIII 8 Herakleitos etymologisierend
t6 dXi)6^c als to ^i\ Xfjßoy deutete, übilgens wird mir von Zeller s. 677
die Wunderlichkeit aufgebSrdet, ich htttte an Herakleitos dies 'dass er
•rkenntnis der Wahrheit verlangte' als Zoroastrisch hervorgehoben, das
hier yorliegende dAT)Oto X^T^iv xal not^eiv als echt Zoroastrisch su be-
. seiohnen war und bin ich vollkommen berechtigt durch Herodot I 136.
Plat. Alkib. I 121 f. Strabon XV 3, 18 s. 783 Gas. Stobaios fior. bd. U
s. 827 Oaisf. ^ das schöne fragment t6 ^f| bOvöv noTC (spdic) irdic
dv TIC XdOoi ist von Mullach anter n. 48 dadurch gans entstellt wor-
den, dass er Tic in Ttva verwandelt hat und es so übersetxt: 'qaomodo
qnoBsqaam fugiat ignis numqaam occidens?' er hat, wie freilich auch
schon Sehleiermacher n. 40, den snsammenhang nubeachtet gelassen,
in welchem das fragment von Klemens dem Alexandriner paedag. II 10
s. M9 (Potter) angeführt wird. Klemens sagt nemlich, an die worte
Jesajas 29, 16 oOal ol iy Kpixpfl pouXV|v iroioOvrec, xai Icrat iv ckötsi
Td «pro ainibv Kai ipoOci* t(c li6pOKCV i^mAc anknüpfend: XViceTai ^4v
ydp icwc t6 alcOtiTöv qnlic Ttc* t6 b^ voiitöv (ohne sweifel ist gott ge-
meint) dbOvoTÖv 4cTiv * f\, (&c 9T)civ 'HpdKXciToc, t6 yLi\ bOvöv irorc «wc
dv Ttc Xddot; |iv)boiuiaK toCvuv dnticaXuimii^cOa tö ckötoc. danach ist
MnUaohs ändemng nnbegreiflich, sumal da man sich fiberhaapt nicht
(>-
732 AGladificli: die Torsokratische pbilOBOphie.
Zoroaetriscbe bestattung des Herakleitos , an stelle der yerbreamimg
der leiche, hindeuten, erklären sich aos der bedeutong, welche das
fener und der leichnam in seiner anschauung hatten.'' wie auch die
behauptung, der krieg sei der vater aller dinge, in der natur seines
urwesens ihre begrttndung hat, ist bereits oben s. 726 gaseigi wor*
den. so entwickelt sich dies alles ganz einfach ans der nrkundlichan
gmndansicht des Herakleitos, während es aus dem ihm untargescbo-
benen metaphysischen satze vom flusz aller dinge sich schlechter-
dings nicht ableiten l&szt.
Es kann niemandem entgehen, dasz in den beleuchteteii Zeller*
sehen darstellungen überall das bemflhen sich kund gibt, das mor*
genlttndische fernzuhalten oder hinwegzudeuten. diesem bemühen
Hegt ohne zweifei der glaube zu gründe, der ziemlich allgemräi m
herschen scheint, als ob die philosophen durch die nachweisong des
morgenländischen gehaltes ihrer lehren an dem ansehen, weldiee
ihnen bisher beigelegt worden, eine einbusze erlitten, gerade die
gegenteil findet in Wirklichkeit statt, während Pythagoras und aeiBe
schule, Herakleitos, die Eleaten, Empedoldes und Anaxagoras bis*
her blosz fflr hervorragende denker des hellenischen Volkes galiea,
werden sie durch diese nachweisungen zugleich repräaentanten
groszer weltgeschichtlicher culturvölker, indem sie deren mehr oder
minder sinnliehe religiöse Weltanschauungen in der klärung der
Philosophie, gleichsam in schönen lichtbildem, wiedergeben mid
so das rechte tiefere Verständnis der geschichte erschlieszen.** am
vor der sonne, dem •innlichen lichte, verbirgt, nm sie ca vorgesseo,
sondern nm nicht von ihr gesehen in werden, an dem f^agnent ist
gar niehts zu berichtigen, auch nicht Xf|C€Tai in den werten des Klemeas
sn ändern, weil das futurum medit, X^jcc^ai, mit dem accnsativ aadi
für das futurum activi, X^jcui, gebraucht wird: s. das Passcwsche wöv-
terbucb.
^ Zeller stellt s. 677 die saohe so dar, als ob ich der sage, Hera-
kleitos sei lebendig von banden zerrissen worden, glauben baimäasev
während ich meine, es sei in ihr die thRtsache einer Zoroastrisehaa
bestattung blosz entstellt, indem ich ausdrücklich bemerke: *wania
sollten wir uns verwundern, wenn er, wie er Zoroastrisch dachte ead
lehrte, auch eine Zoroastrische bestattung ffir sieh anordnete?*
** natürlich kann davon nicht die rede sein, dasi die genannten philo-
sophen unmittelbar ans der morgenländisehen nrqoelle gescbdplt
hätten; auch nicht davon dasz sie das ans der urqnelle äberlicferle
auch in allem einseinen geistlos wiedergegeben; manches mäste ve«
anfang an sich notwendig in der hellenischen ansahaanng amgeatalta«
(zb. dachten die Aegypter den mond sich nieht als eine göttia, soedewi
als einen gott); aber im grundwesentlichen liegt die äbereinsUmmaa^
so klar zu tage, dass sie von keinem unbefangenen bestritten werdea
kann, am einfachsten läset sich dies an Parmenides und den akes^
mischen vedantinen darthun. Parmenides unterscheidet swei staiid*
puncte der betrachtung, den der Wahrheit nach der erkenntais der
denkenden vemnnft und den der blossen meinung nach der wahs»
aebmung der sinne, und lehrt auf dem erstem, es sei nur das Aae
seiende, TÖ 6v, während er die siehtbare Vielheit und verftnderaag dea
seienden, die ganze vor engen liegende weit, als ^^ <W, ffir eiae leere
AOladitoh: die Yonoknititche pbüotopbie. 733
anfCallendsten zeigt sich dies bei der belenchtimg Aegypiens mit der
Empedokleischen fackeL
tensohang der sinne erkl&rt. auf gleiche weite nnterecheiden die redan-
tinea den etandponct der eognitio and den der ignorantie, und
lehren anf dem entern genan ebenso Tom Brahma oder gott: 'he is the
entiiT, sal (dh. baoheUblioh xd 6v), while forme (die sichtbaren gestal-
ten des eeienden), being mere illnsion, are nonentity, asat (dh.
bachst&blich tö jyu^ ^v); tbere is not here any mnltiplieitj.' s. Cole-
brooke 'on the Tedas' in den Asiat, researches bd. Vni s. 404. 'on
the philosophy of the hindas' in den transact. of the roy. asiat. sodety
bd. 11 e. 86.
Berlin. Aüovst €h.ADi80H.*
[* es sollte dem Verfasser dieser abbandlang leider nicht rergöant sein
sie gedrackt vor sich sa sehen: am 16n norember d. j. ist er in Berlin
sanft entechlafen. das feailleton der Norddeatschen allg. stg. Tom 28 noT.
enthält einen naohrnf aas der feder des geh. legationsraths dr. RH epke,
dem wir folgende notiaen, sum grösten teil wörtlich, entlehnen.
An gast Gladisch, geboren am M angost 1804 sa Altenhof in
der proTins Posen, atadierte in Beriin haaptsllohlieh anter Karl Hitter
and Hegel, die damab aaf dem höhepanct ihres wissenschaftUohen Wir-
kens standen, and warde sa anfang der 80er jähre als lehrer der ge-
eehichte, deatsehen litteratar and philosophtscben proplLdeatik am katbo-
lieohen gymn. in Posen angestellt, sein Unterricht wirkte in hohem
grade anregend, and die leatseligkeit and biederkeit seines Charakters
gewann ihm das aatraaen seiner schdler, die in weitaas überwiegender
sahl Polen waren, so sehr, dass sie in ihren besondern drangsalen ge-
rade sa ihm, der keine silbe polnisch yerstand, wie sa einem yXter-
liehen freande ihre anflocht nahmen, nach etwa sehnjXhriger thXtig-
keit warde er aaf andringen des ersbischöflichen Stahls von der regierang
Ttraalaast, dieser stelle anter beibehaltang seines ^ehalte an entsagen,
er sog nach Halle, trat hier sar evttngdischen kircbe fiber and be-
schäftigte sieh eifHg mit seinen wissenschaftlichen arbeiten, bis er als
direetor des neag^grSndeten gymn. in Krotoschin wieder in wirkaamkeit
trmi. dieses amt hat er bia vor wenigen j^iren bekleidet, wo ihn das
leiden, das Jetst seinem leben ein siel setate, sam rück tritt beweg.
Seine wissenschaftliche lebensaofgahe waren vergleichende nnter-
saehangen auf dem gebiete der religion and philosophie. in einer reihe
von monographien versaehte er oa. nachsoweisen, dass die religiösen
weliaasehaaangen der fünf alten ealtarvSlker des morgenlandes, der
Chineeen, Inder, Perser, Aegypter and Israeliten, in der hellenischen
«nlturwelt als elemente des religiösen and philosophischen bewastseins
wiederkehren, seine hierher gehörigen Schriften (jetst sXmtlich vorlag
der Hinrichssehen bnchhaadlang in Leipsig) sind folgende: die alten
Ohinesen and die Pythagoreer (1841) — die £leaten and die Indier
(1844) — Herakleitos and Zoroaster (1869) — Empedoklee and die
Aegypter (1868) — Anazagoras und die Israeliten (1864) — die Hyper-
boreer and die alten Chinesen (1866) — die religion und die philo-
eophie in ihrer weltgesehiehtliehen entwicklang und stellang su ein-
juider (18M). A. F.]
734 WHBoscher: CcTrrfiptov oder Crcirrfipiov?
100.
CeniHPION ODER CTGTTTHPION ?
Nach Ephoros bei Sirabon 8. 422 , Plutarcb de def. or. 15 und
quaest. gr. 12 bestand in Delphoi ein enna^'terischer religilSser brauch,
welcher die erlegung des menschlich (also schon enhemerisiisch) g^-
faszien drachen Python und die daran sich knflpfende flocht und
reinigung des Apollon darstellen sollte, auf dem sog. tennenplatze
(fiXuic) ward znnKchst eine hOtte oder ein zeit (CKT)vfj, KoXiäc) auf-
geschlagen , das ganz den eindmck eines fürstlichen zeltes machte
{\i\\ix\lia Tupawiici^c t\ ßaciXmfic oIki^C€U)c). alsdann wurde ein Jüng-
ling, dessen eitern noch lebten, von einem chore unter fackelschein
leise und heimlich auf einem AoXuJvia genannten pfade an das teil
herangeführt, derselbe muste, wie es scheint, einen pfeil in das innere
der hütte senden', darauf drangen seine begleiter mit ihm hinein,
stürzten einen darin befindlichen tisch um, zündeten das zeit an, und
endlich entflohen alle mit abgewandtem antlitz aus den tbüren des
heiligtums« in unmittelbarem anschlusz an diese kämpf- und flacht-
scene scheint auch die dienstbarkeit des gottes und seine in Tempe
erfolgte reinigung und rückkehr nach Delphoi dargestellt worden
zu sein, da Plutarcb quaest. gr. 12 von einem ^ifinM^ Tf)c npöc töv
TTuGuiva toO OcoO m*X*1C kqI xf^c m^tq rfjv M^X^v iftx rä T^jini^
q)UTflc KQi £Kbiüü£eu)C und de def. or. 15 von den TrXdvai, der
XaTp€ta .ToO Traiböc und von der im Tempethal erfolgten reinigung
vom morde redet.
Was nun den namen dieses ennaSterischen festes anbetrifFt,
welches die wichtigsten momente des delphischen Apollonmjthos
zur darstellung bringen sollte, so nehmen KFHermann, Schümann,
AMommsen (Delphika s. 210) und die meisten hgg. von Plut. quaest
gr. 12 an, dasz es Ceirn^piov hiesz.* AMommsen hat sogar diesen
namen etymologisch deuten wollen, indem er ao. sagt: «CeinVipiov
vielleicht von c^߀c6at, also ^ehrwürdiger brauch', oder w&re der
sinn: brauch des siebenten tages fc€irräc «» ^irrdc), so daes eine
feier der dßbö)iin bezeichnet würde?» es soll im folgenden kurz ge-
zeigt werden, dasz die beiden von Mommsen versuchten etjmoIogieD
unmöglich lichtig sein kOnnen und der richtige name des fesle:>
wahrscheinlich CTetTTrjpiov gewesen ist.
1. Die sftmtlicben festnamen auf -T^ipia (vgl. KaXXuvrilpia«
Aa^Tmflpia, KXabeurrjpia, TTXuvr/jpia, CuTKO|Liicnfjpia , NiioiTripia
usw.) sind ihrer bildung nach neutra pluralia von a^jectiven auf
-Trjpioc, wozu höchst wahrscheinlich der begriff Wpd za ergänzen
ist. solche a^jectiva auf -Tnpioc gehen wiederum auf substantlra
auf -Tr]C und -TTip zurück, welche bekanntlich handelnde personen
' dies verschweigt Plutarcb, Ephoros aber redet ausdrScklieh too
einem KaTaroieOciv. ' vgl. auch TbSchreiber ApoHon Pvthoktt'o«>«
(1879) 8. 9 auiD. 1.
WfiBoicher: Ceirrfipiov oder CTcmn^ptov? 735
bezeichnen, auf diese weise bezeichnet KaXXtnrh'jpta das fest der
KoXXuvTai, NiKiiTfipia das fest der vtio^Tai, TTXuvnipia das der
nXüvrat, neben Cuipcoiiitcr^pia steht ein cuTKOMiCTifjc, neben ^ucrii-
pia ein }x6cn\c nsw. man benannte also manche feste nach gewissen
sn ihnen vorzonehmenden ceremonien und handlangen, die den
alten besonders charakteristisch erschienen, wenden wir dies auf die
Ton Mommsen yersnchte ableitong des namens Ceirrt^piov von ceirrd
im sinne von im& an , indem wir dabei selbst die nnbewiesene vor-
anssetzang zugeben, dasz die Delpher ceirrd statt ircräi sagten, so
erkennt man sofort, dasz eine Zusammensetzung dieses Zahlworts mit
dem Suffix •'nfjptov unmöglich zu Ccimfjptov führen konnte, sondern
nach analogie von povacnfjc, ^ovacTfjpiov, TCTpabtcrai, eUabtCTaf
Dsw. etwa CcmracTifjpiov oder CcirrabiCTi^piov lauten muste. da-
gegen ist die zweite der von Mommsen Tcrsuchten ableitnngen, die
von c^ßecOat, aus einem sachlichen gründe undenkbar, wftre sie
richtig, so mttste CeirTfjpiov das fest oder den brauch der ^cenTflpec
oder c^irrai dh. der Verehrer bedeuten, eine solche bezeichnung ist
aber nicht blosz zu allgemein , sondern auch schon deshalb unwahr-
scheinlich , weil die bei den oben geschilderten ceremonien thfttige
hauptperson, jener d^q>i6aXf|C KÖpoc, nicht als ein Verehrer des
gottes auftrat, sondern vielmehr diesen selbst darstellen sollte.
2. Müssen wir aus diesen gründen die Mommsenschen deutun-
gen des festnamens und damit wol auch die gangbare fassung des-
selben als unhaltbar bezeichnen , so fragt es sich , ob die lesart Ct€-
imfjptov, welche, so viel ich weisz, zuerst Dttbner aus den besten
Pariaer hss. hergestellt hat, besser begründet ist. nach meiner Über-
zeugung ist dies in der that der fall, wenn man folgendes erwKgt.
nach Plut. de def. or. 16 schlosz sich unmittelbar an die dramatisdie
anffOhrung des kampfes die darstellung der irXdvot, der Xarpcia
und der ircpl rd T^fiir?i Ka6op)üio{ an; quaest. gr. 12 heiszt es, das
Stepterion sei ein pi^nMCt Tf)c irpöc töv TTuOtuva pdxnc Ka\ Tfic
^€Td Tf|v indxriv irA rd T^^itt] q>UT^c Kai ^KbubSeuiC gewesen, nun
berichtet Ailianos it. \. m 1 , dasz noch zu seiner seit die Delpher
alle neun jähre eine theorie edler knaben, an ihrer spitze einen
dpxiO^uipoc, wahrscheinlich eben jenen dfiq>i6aXf|c KÖpoc, der den
ApoUon vorstellen sollte, nach Tempe gesandt hätten, wo dieselben
feierliche opfer darzubringen und sich von dem dort befindlichen
lorbeer kr&nze zu flechten hatten, mit denen sie auf demselben
wege wie einst Apollon nach Delphoi zurückkehren musten (jxefa-
Xotrpcndic eücovrcc iy TOtc T^pircciv dniaci irdXiv CTCcpdvouc
dwd Tfic aiurrfic bdq)V?ic bmnXÖavTCc, dq>* ficircp dpÄv (iXibv?)
Kai t6t€ ö 6€dc £cT€q>avuicaTo). Ailianos bezeugt also in diesen
Worten für Delphoi dieselbe sitte der daphnephorie, die bekanntlich
auch in andern Apollonculten vorkam und fiberall die bedeutung
einer iKCcia gehabt zu haben scheint (BOtticher baumcultus s. S87
Q. 400 f. KFHermann gottesd. alt. § 24, 14). ist es demnach sicher,
dasz bei der enna^terischen feier in Delphoi, welche erst mit der rück-
736 HROfal: EU Athenaios [III Ul^.
kehr des architheoros von Tempe beendigt war, die bekrüniang
der sämtlichen theoren mit dem lorbeer Ton Tempe eine ImaptroUe
spielte, 80 gewinnt allerdings die lesart CT€iTTi)piav, womit ein fest
der bekränsnng beseichnet wird, eine weit höhere Wahrscheinlich-
keit als das unverständliche and fiirblose Ceimfipiov. hiersu kMnmt
noch dasz, während ein cCTrrVjptoc sich nirgends nachweisen UiBt,
ein ausdruck CTCim^pia sich wirklich bei Hesychios findet, der ihn
mit CT^^^aTa, fi o\ huixai iK Tuiv icXdbuiv £Sf)iTTOV erklärt, wie
vortrefElich dies zu unserer deutung pasat, leuchtet ein: denn ApoUon
ist auf der fahrt nach und von Tempe nur als ein \k^tiic au denken',
und solche k^rai trugen nach Hermann ao. vonugsweise lorbeer-
kränze und -zweige.
' dasB ApoUon auf der rückkehr von Tempe lanäobst noch aU ein
iKdTT)C aufgefasit wurde, geht deutlich aas Stephauos Bjz. u. Actirvidc
hervor.
Mbiszem. Wilhelm Heinrich Boschcr.
lOL
ZU ATHENAIOS.
III 111^ *ApX€CTpaT0c • .
npiXiTa M^v oOv bilipwv ^CfiWicojüiai i^ukömoio
Ai^^ilTpoC; q>(X€ Möcxe, cu b* Iv q>p€cl ßdXXeo c^civ.
icti top oOv Tä KpdTicTa Xa߀tv ß^XTicrd rc irdvruiv,
eÖKäpTTOu Kpi0fic KaOopwc Y^CKvm^va irdvra,
XcuKÖTcp ' alOeploc xiövoc. Ocol cmcp fboociv
fiX^iT*, iic€f6€v {(MV *£pMf)c aötok dropdZei.
£cTt hk Kdv 6ifjßaic rate iirTaTrOXoic dTruixf)
K<k V 6äcip iy t ' fiXXatc iröXeciv ticiv , dXX& T(T€t(>Ta
q>aivovTai irpdc ^K6iva. caq>€t i6b * iirfcraco böSi]. lo
nach der analogie der folgenden aufziüilung (köXXiE, ^TKfmqrfo oaw.)
kann hier nicht yom bloszen gerstenmehl oder von allen darana be»
reiteten speisen die rede sein, sondern nur von einer eintelnen, be-
stimmten, anstosz erregt schon äusserlich irdvTuiv — Trdvra (WBib*
beck Archestraü reliquiae, Berlin 1877, s. 6 anm.). Meinekes i^cih
fi^va hebt keine Schwierigkeit, sondern bringt lediglich ein so gut wie
unerhMes wort in den text. ich meine, Archeatratos sefarieb (t. 4) :
€iiKdpiTOu KpiOf^c KaOapuic i^Kim^va nacrd,
vgl. Hesychios und Photios udw., Eustathios s. 1278, 64 iracrd,
£tvoc dXq)(TOic MCfiiTM^vov.
Berlin. Hbrmaiih Böst^
FSaaemihl: stadien zur NikomaohiBchen etliik. 737
102.
STUDIEN ZUR NIKOMACHISCHEN ETHIK.
I. DIE ÜBERLEGENDE VERNUNFT.
Aristoteles zerlegt im anfaag des secbsten buches der Niko*
maohischen ethik (1139* 5 ff.) den yemanftigen teil (rd XÖTOV €xov)
der menscbenseele nocb wieder in einen erkennenden (dmcn)-
fiOVtKÖv) und einen überlegenden (Xotictiköv) bestandteil. man
hat bisber» so weit mir bekannt ist, ziemlich allgemein unter jenem
die gesamte theoretische, unter diesem ausschlieszlich die prak-
tisch-technische Vernunft verstanden ^ und erst Bamsauer in
seiner ausgäbe (Leipzig 1878) s. 374 f. und TeicbmüUer in seinem
neusten buche ^die praktische Vernunft bei Aristoteles' (Gotha 1879)
s. 179 ff. sind der Wahrheit besser auf die spur gekommen, allein
die auseinandersetzung des erstem Iftszt an klarbeit viel zu wflnschen
übrig, der letztere aber bleibt sich selber nicht treu , sondern ftllt
gelegentlich wieder ganz in die hergebrachte auffassung zurück, nnd,
was die hauptsache ist, er macht von seiner eignen meines erachtens
nicht die richtige anwendung, sondern schlägt von diesem richtigen
ausgangspunct aus die allerverkehrtesten wege ein.
Die hergebrachte meinung ist offenbar aus den Worten ent-
sprungen, mit denen Ar. seine benennung der überlegenden Vernunft
begründet, überlegen (XoTiZccSai) und berathschlagen (ßou-
X€U€c8ai) sei dasselbe (z. 12 f.). denn freilich das berathschlagen
gehOrt ja ohne zweifei der praktischen vemunft an. allein wenn Ar.
diesen zweiten vernünftigen seelenteil nach einer demselben eignen-
den thätigkeit benennt, mnsz es deshalb dessen einzige thtttigkeife
sein? die werte des Ar. im Zusammenhang betrachtet lehren das
gegenteil.
Er sagt : mit der erkennenden vemunft betrachten wir dasjenige
dessen principien wandellos sind, mit der überlegenden das wandel-
bare (dvb€XÖM€VOV Kai fiXXuJC €X€iv) , und ich will letztere deshalb
die überlegende nennen, weil dasüberlegen oder rathschlagen zweifel-
los eine auf wandelbares gerichtete vemunft- oder verstandesthfttig-
keit ist.' nun umfaszt ja aber das gebiet dßs wandelbaren bei ihm
bekanntlich nicht blosz des menschen praktisches handeln und tech-
nisches schaffen, sondern überhaupt alle erscheinungen der sab*
' 8o zb. auch Walter 'die lehre voa der praktischen vernaoft in der
griech. phil.' (Jena 1874) 0. 276 ff. Zeller phil. der Griechen II' 2 s. 686.
• 1139« 6—16 6iroK€(c0uj 6O0 t4 Xötov ^xovra, tv jiiv iji OcuipoOfACv
Td TotaOTa Tiliv 6vtuiv öcuiv al dpxal \ii\ iyhixoYzai dXXuic ^x^iv, Cv
&i 4* '^^ ivb€xö^€va' iip6c yäp rä Tip T^vct fTcpa Kai tu^v tiIc yuxf)c
MopCuiv Itcdov ti^ t^vci t6 irp6c ^KdTcpov ircqpiuKöc, etncp xaO * 6M0iöTi)Td
Tiva KOl oiKCi6TT)Ta if\ Tvtöcic Oirdpx€i aÖTotc. XcTicOu» bi toOtujv t6
lUv 4incrT)jüioyiK6v rö bi Xctictiköv * t6 t^P ßouXcuccOai kqI XoTÜIcceai
Ta6Töv, oöödc bi ßouX€U€Tai nepl tiXiv pLi\ iv&cxoM^vuiv dXXuic Cxciv*
djCTC t6 Xotictiköv 4ctiv Iv ti ji^poc toO Xötov ixoYtoc,
iahrbAch«r fOr cImb. philol. 1879 hft. 11. 47
738 FSttBemihl: gtadien zur NikoniRehischeii ethik.
lunarischen weit, freilich hat auch dieser teil der natur noch un-
wandelhareprincipien, und daher gibt es aach von ihm noch erkennt-
nis, wenn auch nicht mehr durchweg jene eigentlichste, auf das aus-
nahmslos Yemunfbiotwendige, so dod) die minder strenge (dKptßfjc),
auf das wahrscheinlidie, in der regel oder meistenteils (die irc\ tö
noXö) eintretende gerichtete', aber es greift in dieses reich der dinge
zugleich der zufall ein, und das Euf&Uige kann nicht mehr gewnst,
sondern nur gemeint werden/ ist es also die überlegende Yemunft,
mit welcher wir alles wandelbare betrachten, so gehört auch allea
derlei theoretische meinen (boEdZeiv) ihr an, so dasz sie neben ihrer
praktischen auch ihre theoretische seite hat.
Dann aber konnte Ar. füglich dieselbe art von yemunft, welche
er nach der erstem richtung hin hier die überlegende nennt»
spftter nach der letztem hin als die meinende (boEacTiKÖv) be-
zeichnen, denn dasz das ergebnis der theoretischen reflexion Ober
wandelbare erscheinungen , die meinung (b6{a), und das der be»
rathung über solches wandelbare, was in unserer gewalt {iq^* f|Miv)
liegt, der Vorsatz (irpoatpecic), zwei verschiedene dinge sind', hebl^
da in beiden füllen die olrjecte des nachdenkens, wenn auch der art
nach andere, so doch der gattung nach gleich, nemlich eben wandel-
bare gegenstände sind, die mGglichkeit nicht auf, dasz Ar. in beiden
flülen auch das nachdenkende subject für das nemliche, für den-
selben vemunftteil angesehen hat.
Dennoch ist es keineswegs so von vom herein ausgemacht, wie
Teichmüller mit fast allen andern auslegem' auszer Walter («o.
s. 488 ff.) annimt, dasz Ar. das wort boSaCTiKÖv wirklich in diesem
sinne gebraucht hat. zuvörderst ist es eine verkehrte dentelei, wenn
Teichmüller wider die obigen ausdrücklichen werte des philosopben,
nach denen XoTiCTiKÖv deijenige vemunfbteil ist, welchem das ver-
mögen des rathschlagens innewohnt, dasselbe zu einem * vermögen
mit gründen (Xötoi) zu rechnen' umdreht und so diese beceichnong
mit jener andern boEacnxöv als möglichst gleichbedeutend hinsu-
stellen sucht (s. 183), wiKhrend er einige Seiten weiter im ärgsten
widersprach mit sich selber die praktische Vernunft geradezu mit der
logistischen zusammenwirft (s. 207) und vollständig im sinne der
' teile der thiere HI 2, 663 *> 27 ff. UX bi Tf|v qiOciv Ocuipclv de Td
iroXXd ßX^irovra* fj Tdp ^v ti|i iravrl f| die irtX t6 iroXO tö «rrd <fOav
icriv , , . biö xal irXctCTov iy toIc iiextcroic die ivl tö iroXö ßX^^NivTac
ciirctv. physik II 8, 198*» 85 f. vgl. metoph. XIII 3, 1078« 9 ff. Kal6cui &t?t ^
trcpl TdJv itpoT^ttiv t4i XötM) «ai AirXouct^puiv, xocolHip ^AXXov cxci Td-
Kpiß^c naw. « met. VI 2, 1026 <> 2 ff. VII U, 1089 *» 81 ff. VIII 10, 1061^ 14 ff.
vgl. anm. 18. 106. » Nik. ethik III 1, 1111 ^ 80 ff. vgl. aaiiL 11. • aeeh
Mseow 'forschuDgen über die Nik. ethik' (Weimar 1874) s. 44, nur da««
dieser ans dem gebrauch von boSacTiKÖv für Xotictiköv vielmakr aiaca
gmud ftir die nnechtheit der beiden stellen hernimt, an weksliee der^
selbe sich findet. Ramsaner unterscheidet beides und findet in den
hoEacTiKÖv vielmehr eine dritte einteilung neben der in eiiseaeead«
uid aberlegende nnd der in theoretisehe nad praktische vemiinlt ett-
gedeutet, diese ansieht bedarf keiner Widerlegung.
1.
FSnsemihl : slndien zur Nikomacbischen ethik. 739
gewOhnlicheti ansiebt 1189* 7 f. Ta TOiafira tijuv ävruiv Scuiv al
dpxai fif| ivb^xovTm äXXuic ^x^iv darob das theoretische und
XA ivbexö^eva durch das praktische object übersetzt (s. 238
anm.). sodann aber ist es keineswegs so unmöglich, wie Teichmttller
(s. 282 ff.) meint, an der zweiten von den beiden stellen, an denen
die bezeichnnng boSacriKdv vorkommt, 13, 1144 ^ 14 ff.', mit Walter
unter derselben vielmehr den ganzen vemttnlligen seelenteil im
gegensatz zu dem begehrenden (i^8tKÖv), dem sitz der Charakter*
tngenden, zu verstehen, denn Teichmüller selbst bemerkt ja (s. 182),
dasz Ar. gelegentlieh die ausdrücke böEa nnd boEdZeiv ungenaa
über das gebiet des erkennens mit ausdehnt , so dasz es in der that
nichts auffallendes haben könnte, wenn er hier den ausdruck boSa-
CTIKÖV zur bezeichnung des denkenden, intellectQeUen teils der
Seele gewfthlt hfttte. und der Zusammenhang der stelle läszt es zu
hier das ganze der vemunft an die st^le des teiles zu setzen, da es
sich hier aus dem zusammenhange von selber versteht, dasz die Ver-
nunft hier nur als überlegende und speciell als praktische in betracht
kommt, auch im deutschen könnten wir füglich eben so gut sagen:
*wie sich innerhalb des Verstandes' als 'wie sich innerhalb des
praktischen Verstandes die blosz natürliche klugheit zur
praktischen einsieht verhttlt, so innei4ialb des Charakters die natür-
liche tugend zur wirklichen, und letztere entsteht aus ersterer nicht
ohne die praktische einsieht/* wie oft gebraucht nicht, was ja wie-
derum Teichmüller (s. 107) selbst hervorhebt, Ar. den ausdruck
voGc schlechtweg bald für die theoretische oder specieller blosz für
die eigentlich erkennende oder gar blosz für die die pnndpien un^^
mittelbar erkennende, bald für die überlegende oder auch nur prak-
tische vemunft oder vemunfteinsicht allein, dergestalt dasz man
lediglich aus dem Zusammenhang ersieht , welche von diesen engem
bedentungen jedesmal gemeint ist! und wenn boEacTtKÖv hier als
ein anderer name fUr Xotictiköv steht, ist er immer noch zu weit.
denn zur überlegenden vemunft gehört, wie gesagt, auch eine theo*
retische seite, und innerhalb der praktischen selber ist noch eine
praktische vemunft im engem sinne, dh. die auf das praktisdie oder
sittliche handeln (Trpdrretv) und eine poietische oder der kunstver-
etand (t^XVII) zu unterscheiden, welcher es mit dem technischen
schaffen (not€iv) zu thun hat ; nur die praktische vemunft im engem
sinne aber kommt hier in frage: denn ihr allein gehören ja jene bei-
den gestaltungen oder gebilde (€lbr|) an, welche Ar. beivdnic und
q)pöviicic nennt.
' <&cre KttOdtrcp ^itl toO boEacriKoO Mo <CTtv c(&i)i &ctvöTf)c kuI
9p6vnctc, O0TUIC ical ivi toO fjOiKoO 60o fcnv, t6 ^£v dpcrfi 9uoki^ tö b*
i\ «upto, Kai Td&TUiv /| KUp(a oö T{v€Tat &VCV 9povf)CCurc. ^ wenn da-
ber Teichmüller (s. 232 f.) ViTmlter den Widersinn unterschiebt, als lasse
dieser den Ar. die praktische einsieht (<ppövT)ac) snr unvemünftig^en
■evle rechnen, so ist dies mehr als man für glaublich halten sollte,
und eine geradezu unerhörte art von polemik.
47*
740 FSasemihl: studien zur NikomachiBchen ethik.
Anders aber steht es mit der andern stelle 5, 1140^ 25— 30.*
freilich ist es Walter zuzugeben , dasz die abhftngigkeijt des ploral-
genetivs Tuiv XÖTOV ixövxiJJV von Tf\c tpuxnc die natürlichere con*
struction sein würde und die Verbindung desselben als attribut mit
dem dualgenetiv ^epoiv ein ziemlich halsbrechendes grammatisches
manOver ist. dasz es aber deshalb nicht unmöglich ist« beweist eben
schon der zusatz ii t€ TOip böia n€pi TÖ ^vb€XÖM€VOV dXXiuc ^x^iv
Kai f) q)pöviicic selbst : denn wer ihn immer machte, er hat nicht an-
ders construiert. Walter nun hält den urheber für einen interpolator,
der misverständlich boSacTiKÖv an jener zweiten stelle als eine an-
dere bezeichnung der überlegenden Vernunft aufgefaszt und diese
seine auffassung auch hier hineingetragen habe, allein es kommt
hier gar nicht, wie Walter meint, auf die selbstverständliche und
von vom herein 3, 1139^ 13 ff. vorausgesetzte thatsache, dasz die
praktische einsieht (q)pöviicic), wenn schon sie allein unter allen
zweifellos von Ar. angenommenen Vernunfttugenden unabtrennbar
von den Charaktertugenden, also den tugenden des unvernünftigen
Seelen teils ist, dennoch nicht diesem unvernünftigen, sonderndem
vernünftigen teile der seele, es kommt hier vielmehr darauf an, wel-
chem teile des letztem sie im unterschiede von der erkenntnis {im-
cnfj^T]) angehört. *° hieran scheitert Walters ganzer versuch, denn
gleichviel ob mit oder ohne jenen zusatz können die ihm voraaf-
gehenden werte nur so verstanden werden , wie sie der urheber die-
ses Zusatzes verstanden hat, und dadurch ist denn die hergebrachte
erklärung von boEacTiKÖv an beiden stellen gerechtfertigt, dann
aber ist nicht allein keine Ursache mehr in dem Verfasser des zosatzes
eine andere person als in dem der voraufgehenden worte zu erblicken»
sondern dieser begründende und erläuternde zusatz ist dann sogar
unentbehrlich, indem er uns die nötige aufklärung darüber gibt,
warum und mit welchem rechte Ar. die vorher gebrauchte bezeich*
nimg XoTiCTiKÖv jetzt mit der neuen boSaCTtKÖv vertauscht, die
praktische einsieht ist nicht tugend der erkennenden, sondeni der
überlegenden vemunft, und diese ist mit der meinenden eins: denn
mit dem wandelbaren hat es so gut die meinung zu thnn wie die
praktische einsieht, wie sich endlich genau an diese begründang die
nachfolgende Verwahrung dXXd p^V usw. anschlieszt, hat bereite
Teichmüller (s. 236 f.) vortrefflich entwickelt, und diese begrün-
düng ist auch mit nichten, wie Walter behauptet, widersinnig, sie
entspricht im gegenteil auf das genaueste bestätigend der obigen
darlegung vom gedankengange des Aristoteles.
• 6uolv b* övToiv ficpolv Tf^c (puxfjc Tütiv XÖTOV ^x^vTuiv, ^ripov
Av €\r\ dpcTf), ToO boSacTiKoO' f\ Te t&p ööEa ircpl t6 ^vöcx^m^vov
dXXuic lx€iy Kai i^ 9p6vr)Cic. dXXd jii^v oO&* lEtc ^ct& Xötou |«6vov*
cfiMclov ö' ÖTi Xi\Br\ ii\c niv ToiaiiTT)c lEetuc ?ctiv, <ppovT)C€UK b' oOk
£cTtv. 10 mit recht wirft daher insofern TeicbmüUer (s. S38) Walt»r
vor, er habe sich nicht dämm bekümmert Mass Ar. die gant« daritel-
lung der dianoetiscben tagenden anf die unterscheid ang der btidcn
teile der vernünftigen seele begründet'.
FSusemihl: Stadien Eur Nikomachischen etfaik. 741
Aber ist denn nicht diese darlegnng doch vielleicht unrichtig?
wenigstens in der ethik selbst III 4, 1111'' 31 ff.' \ sagt Bassow
ao. (ebenso Bamsaaer s. 388), erklärt Ar. vielmehr ausdrücklich
auch auf dem gebiete des wandellosen und ewigen ein blo82e8 mei-
nen fttr möglich , und da man doch zunächst jede schrift aus sich
selbst zu deuten hat, so ist es in der that sehr zu tadeln, dasz Teich-
müller diesen Widerspruch einfach verschweigt, dennoch darf man
ihn nicht dazu benutzen, weder mit Walter die echtheit jenes be-
gründenden Zusatzes noch mit Bassow die der ganzen stelle 1140**
25 — 30 zu verdächtigen.'* denn da Ar. in frühem und spätem
Schriften, in der zweiten analytik, der psychologie, der metaphysik *',
wiederholt als den gegenständ der meinung im gegensatz zur er-
kenntnis mit dürren Worten das wandelbare bezeichnet, so kann er
unmöglich in der ethik allein darüber anderer ansieht gewesen, der
Widerspruch kann vielmehr nur ein scheinbarer und wird dahin aus-
zugleichen sein, dasz man über das wandelbare nur meinen, das un-
wandelbare aber auch wissen kann und von diesem können auch ge-
brauch zu machen hat, jenes also das wirklich adäquate gebiet
der betrachtung für die meinende, dieses für die erkennende Ver-
nunft ist.
Aber warum hat denn Ar. nicht von vorn herein die auf das
wandelbare gerichtete Vernunft sei es *die überlegende oder mei-
nende* sei es 'die überlegende und meinende' genannt? warum ge-
braucht er vielmehr zuerst die bezeichnung 'überlegende' und dann
die bezeichnung ^meinende' Vernunft? auch hierauf gibt er selbst
die antwort das sechste buch der ethik soll die tugenden oder Vir-
tuositäten der vernünftigen seele abhandeln, und zwar sowol die des
erkennenden als auch die des fiberlegenden teils derselben, und dies
sind, sagt Ar., diejenigen fertigkeiten, mit welchen jeder dieser bei-
den teile möglichst unfehlbar das richtige trifft, Ka6' fic oOv ^dXlCTa
Sctc dXiiecucet ^Kärcpov, aurai dperal dfiipoTv 2, 1139^ 12 f.,
innerhalb des theoretischen meinens aber erklärt er sofort eine
solche Virtuosität für unmöglich, OiToXfii|i€t fäp Kai b<SSi] ivb^x^'^a^
5iaY|i€Ub€c9at 3, 1139^ 17 f., nicht für unmöglich aber auf dem ge-
biete der praktisch-technischen berathschlagung oder Überlegung,
der praktischen einsieht also und des kunstverstandes, eben so wenig
wie auf dem des mittelbaren (^niCTVifiii) und unmittelbaren wis^ens
(voOc) und der Vereinigung des höchsten in beidem , der metaphysi-
schen Weisheit (009(0): tcxiu bf| oTc dXTjdcOet f| M^ux^ . . nivrt . .
<> /| ^^ ifdp 6ö£a boKit ncpl ndvra clvai xal oüUv iVrTov ircpl Td
diöta Kai xd döOvaTa f^ Td i<p* ^M^v. ^* sieht ao eutscbieden äatzert
sich Bamsaaer. ** tweite aoal. II 83, 89* 2 ificTC Xdirerat bd£av
cTvat ircpl xö dXnO^c ^4v fj iiicOboc, ^vöcxöficvov bi xal dXXuic Cxctv.
ract. VII 14, 1089^ 34 f dXXd M£a icrl toO ivöcxoM^vou dXXuic <X€iv.
VI 11 10, 1061^ 14 ff. ircpl yibf oOv xd ivbcxÖMCva i\ aörV) TCtvc'rat micv
^c Kai dXrjOflc böEo nsw. psych. III 8, 428* 27 f o<pk dXXou Tivöc
icTxy i\ böia dXX* ^kcIvou . . oO koI alc6r|Ctc.
742 FSusemihl: Studien zur NikomaohiBchen etbik.
TCXVT], diTicTTifiii , <ppövt)cic, cocpia, voOc (ebd. z. 16 fSX olc 6kt\'
Oeuo^ev koi ^rib^nore biaipeuböjLicta nepi tä ^li\ dvb€XOfA£va i\ Kik
^vbexö^Eva £XXuic ^x^^v ^iricniMii Kai (ppövnctc kn kqI coq;>ia xat
voOc (6, 1141* 3 ff.), daher offenbar hebt er zuerst an dieser zwei-
ten art von vemunft ihre überlegende, praktische seite berror; als
es sich dagegen im ftlnften cap. um den gegensatz ihrer tagend zur
erkenntnis handelt, wird ebenso natürlich die Verwandtschaft der
erstem mit dem eigentlichen gegensatz der erkenntnis, mit der theo-
retischen meinung hervorgehoben ; an der dritten stelle endlich , wo
es allein auf den gegensatz jener tagend, der praktischen einsieht,
die, wie gesagt, von allen verstandestagenden allein zu den charakter-
tagenden in innerm, untrennbarem Verhältnis steht, zu eben dieeoi
Charaktertugenden ankommt, war es ziemlich gleichgültig, ob ftlr
den betreffenden vemunftteil der name Xotictiköv oder boEcKTiKÖv
gebraucht ward.
Walters scharfsinniges verfahren konnte nur dadurch einen ge-
wissen schein von berechtigung gewinnen, dasz unmittelbar vor dem
satz 5, 1140^ 25 ff. buoiv usw. ein anderer überliefert ist, der sich
auf die Verschiedenheit der einsieht von der kunst bezieht, wer aber
den gang des ganzen cap. aufmerksam betrachtet, wird Bassow und
Bamsauer recht geben müssen, dasz er nicht hierher gehört, ob er
aber deshalb als interpolation zu tilgen sei oder ob nicht vielmehr,
was mich wahrscheinlicher dünkt, die glieder folgendermassen zu
ordnen sind: z. 6 Tf|c — 7 t^Xoc**. z, 21 dXXd ^fiv** — 25 T^XVH-
z. 4 XcincTai ^ 6 Koucd. z. 7 biä — 21 irpcuaiicriv, ist eine andere
frage, nur auf die eine oder andere weise aber Iftszt sich die ohne
zweifei aUein richtige und verständliche folge der gedanken her-
stellen: es wird zuerst die einsieht von der erkenntnis, dann von der
kunst unterschieden, dann eben daraus die definition der einsieht
und aus dieser definition wieder das Verhältnis der charaktertugend
zur einsieht entwickelt, woran sich dann endlich völlig sachgemäsz
die einordnung der letztem im gegensatz zur erkenntnis, aber in
Übereinstimmung mit der kunst in den meinenden vemunftteil, aber
auch zugleich innerhalb dieser ihrer Sphäre die durch jene ihre de-
finition und Stellung zu den cHaraktertugenden bedingte Unterschei-
dung von der blosz theoretischen meinung (dXXd^flv oub* €£iC|A€Td
XÖTOU lAÖvov usw. z. 28 S.) anschlieszt.
II. DIE PRAKTISCHE EIKSICHT.
Es erheben sich nun aber die weiteren fragen: kommt denn auf
dem praktischen gebiet im engem sinne (denn von dem technischen
haben wir hier nicht weiter zu reden) der überlegenden vemanft
einzig und allein ()as überlegen oder berathschlagen oder auch noch
** dMs diese werte anf alle fälle falsch gestellt siad nnd uamitict*
bar hinter iroi^C€uic (s. i) gehören, erkannte schon Maret, <* dXki
pd\y bedeutet daaa 'aber aach% wie nnsählige male bei Ar. rar einlfihraog
eines neaen and ferneren beweises, einwarfs, unterscheidnngsflioveota.
FSiuemihl: Stadien zur Nikomachificheii ethik« 743
irgend eine andere thäiigkeit zu? und wenn letzteres der fall sein
sollte, hat sie dann wenigstens lediglich nach ersterer ricbtung in
der praktischen einsieht (q)pövncic) ihre virtnositftt, und hat sie nach
anderen richtungen etwa noch 6ine oder mehrere andere tagenden?
Mit dem zweck hat es der wünsch und wille (ßouXr]Cic) au thun,
Überlegung (ßouX/j oder ßoOXcucic) und Vorsatz (irpoafpccic) '* aber
nur mit den mittein zum zweck : so lehrt Ar. III 4. 5. 6. 7, 111 1 ^^ 26 ff.
1112^ 11 ff. 1113* 15. ^ 3 f. zu welchem teile der seele aber der
wille gehört, ob zum vernünftigen oder zum strebenden (öpeicnKÖv)»
dem sitze dar Charaktertugenden, darüber spricht er sich in der ethik
nicht aus, aber anderweit sagt er mit der bündigsten bestimmtheit^
dasz der letztere in willen , gemüt (Oufiöc) und begierde (£1^l9u^(a)
serflült. " während aber die beiden letzteren auch den thieren za-
kommen, ist nicht blosz der vorsatz diesen fremd '°, sondern auch
^* d«8z die deatschen aaadrttcke den griechischen nnr nnyollkom-
men entsprechen, liegt auf der band, nach nnsern begriffen hebt ab.
die plötalichkeit des entschlasses die vorsiltslichkeit der handlang noch
nicht anf, anders urteilt Ar. hinsichtUoh der irpooipcctc III 4, 1111^ 9 f.
(s. anm. 92). und vielfach ist trpoaipcac Ttelmehr was wir die gesin-
nnng nennen, was soll man aber daza sagen, dasz Teiehmtiller, der
uns doch so viel von Walters angeblichen eonfusionen zn erzählen weiss,
0. 67. 98 poOXrictc dnrch das wollen, s. 69 ff. irpoafpcctc abweohselna
dnreh den willen und das wollen, s. 78 darch die sittliche gesianang
oder den willen, dann aber von s. 88 ab dnrch vorsatz oder gesinnnng
oder beides wiedergibt, endlich s. 265 Walter, welcher gleich Zeller
nnd mir ßoöXfjac daroh 'willen' überträgt nnd eben dies meint, wenn
er mit vollem recht den willen (s. 275) den dunkelsten begriff der
▲siMotelisdien ethik nennt, höhnisch entgegenvrirft, er müsse wol ^'dle
f&nf ersten bOcher der ethik, welche die tagend als allgemeinen willen
oder gesinunng behandeln, nicht bemerkt haben'? " psych. II
S, 414^ 2 6p€Stc ^iv Tdp £in6u^(a kuI 6u|üi6c Kai ßoüXr|ctc. III 10»
433^ 23 if^ fäp ßoOXncic öpcEtC poUtik IV (VII) 15, 1334» 22 ff. 9\i^öc
Tdp Kol ßoOXriac (tn hi xal iiriOvfiia kqI t<vo|4^voic cö90c Ovdpxci toIc
«at&bic, ö bi Xoiicji6c xal ö voOc npoioOciv ir^q>uK€v ^rr^vccOai (vgl.
sn dieser stelle freilich anm. 953 zu meiner aasg. n. übers.), mit die-
sen stellen, die TeiohmüUer s. 93 f. anm. nicht sn kennen scheint, steht
pi^eh. HI 9, 432 >» 4 ff. Kai &TOirov bi\ t6 toOto biacnAv* €v t€ Tijk
AOTiCTtK<|i fdp i\ ßoOXnctc T^v€Tai, Kai iy Tip dXÖTMi i^ £i(i9u|A(a Kai 6
Ou^dc* ci bi Tp(a i\ W\iXi\t iy ^KdcTip fcTOi öpcEic keineswegs, wie
Bamsaner (s. 132) zn glauben scheint, im Widerspruch : man mnsz diese
stelle nur richtig erklären, wie es schon Trendelenborg und Zeller
II* 8 s. 583 anm. 1 getban haben, und nicht so grandverkehrt, wie ea
Teichmüller 8.67 thnt. der sinn ist: man darf das begehrungsvermögen
(öpCKTiKÖv) nicht auseinaaderreissen, das müste aber bei der Piatoni-
sehen dreiteilnng oder einer solchen sweiteilnng der seele, welche bloss
die beiden von ihm angenommenen unvernünftigen teile in tfinen an«
■anunenfaszt , geschehen: denn bei dieser teilnng kommt der wille der
varnonft su, das gemüt und die begierde dem andern oder dea beiden
andern teilen, dasz Ar. (was selbst Walter s. 205 verkennt) in der
topik IV 5, 126* 12 f. angemessen findet die Platonische einteil^ng statt
aeaner eignen zu benutzen, kann natürlich für diesen seinen eignen
staadpnnct far nichts bewiesen, vgl. Zeller ao. " ethik III 4, 1111^
12 f. oO jap K0tv6v i\ irpoaCpcac xal rCbv dXdttuv, 4in6ufila 64 aal
744 F&uBemihl: studien zur Nikomachiscben ethik.
der besitz des willens von dem gleichzeitigen einer Yemünftigen
Seele abb&ngig. ** denn wie überhaupt alles streben mit hilfe eines
Torstellens in bewegung gesetzt wird'°, so besteht diese yorateUaog
beim willen genauer in der richtigen oder yerkehrten meinung der
Temunfty dasz der gewollte zweck ein wirkliches gut sei.'^^ nicht
rein dem strebenden seelenteile di^egen ist der vorsatz zuzurechnen,
auch er ist zwar ein streben (dpcSic), aber ein Yorher überlegtes
(npoßcßouXcufi^vov, ßouXeuTiKf| öpeSic) " : er setzt sich zusammen
aus dem ergebnis dieser yoraufgehenden berathung und dem ent-
schlusse dasselbe auch wirklich auszuführen und dadurch den ge-
wollten zweck zu erreichen : jenes ergebnis drückt Ar., wie Bamsauer
richtig bemerkt; III 5, 1113' 5 f. durch Srav eic qOtöv dvcrfdril
Tf|V (ipxnvi diesen entschlusz durch Kai aÖToC €ic rd f|TOU^vov*
toCto t otp TÖ npoaipo\JM€VOV aus, und in bezug auf jenes gehOrt der
Yorsatz ohne zweifei der praktischen vemunft an, durch diesen aber
geht er aus ihr in das wollen und aus dem wollen ins handeln über,
ob die diesen entschlusz fassende und seine ausführung anordnende
und leitende kraft (tö f)YOU|ievov) in der menschenseele lediglich in
dem strebenden teile der letztem zu finden ist oder aber selbst noch
in der schwebe steht zwischen yemunft und streben, ist damit aller-
dings noch keineswegs entschieden , aber unter dieser eigentlichen
trttgerin des Yorsatzes (tö TTpoaipoü|ui€VOv) die Yemunft selbem
Yerstehen, wie zuletzt noch Zeller*' wollte, würde gerade dasjenige
am Yorsatz dem streben entziehen heiszen, in welchem nach der
natur der sache allein der Charakter des strebens gefunden werden
kann, es widerspricht aber auch der definition des Yorsatzes: denn
nimmer hfttte Ar. dann denselben als einen Yemünftigen strebens-,
M rhet. I 10, 1369« 1 ff. Tä }ibß ötd XoTiCTiicy|v öpcStv tA 64 bt'
AAoTov* fcTi b' 1^ \xiv ßoOXiictc . . AXoroi 5' öp^Scic bpif\ xal Im^iAia.
M psych. III 10 wird gezeigt, das^ das nrsprüngHch bewegende dat
erstrebte (öpCKTÖv) oder der zweck, ein npaicröv dyaOöv, und zwar ein
wirkliches oder scheinbares ((paivöficvov) ist, aber nnr indem es ent-
weder durch die (praktische) Yernanft oder die vorstellnng (t<{i vonOf^voi
f\ (pavracOflvai 433^ 12) der strebenden seele (öp€imKÖv) tum bewnst-
sein gebracht wird, an die stelle dieses gegensatses tritt dann 4SS^
27 ff. nach der richtigen bemerknng yon Teichmüller s. 65. 907 f. der
gleichbedeutende entweder durch die überlegende (Xoyictiic/|) oder be-
rathonde (ßouXcuTticfi 434* 7) oder aber durch die sinnliche (oicOv)TtKi^
vorstelluDg (9avTacui). vgl. Zeller s. 547 anm. 3. 582 anm. 83.
•Ol» ethik lU 6. [V 11, 1136» 7 ff. oÜTC T^p ßoOXerat oöbclc 6 mV| oIct«
ctvQi cirouöatov.j rhet. ao. s. 3 f. ßoOXr|cic draOoO öpcEtc (oööclc t^
ßot&XcTat dXX* fi arav olnefl ctvai draOöv). *< ethik UI 14. 1112« 15
und 5, 1113* 9 ff. 6vtoc hi toO irpoatpcToO ßouXcuroO öpcrroO xilrv
i(p' ^mtv, Kttl i\ irpoafpcctc Av €\r\ ßouXcuTiKfi öpcEic ti&v £q>' /||i1v* 6c
ToO ßouXcikacOai t^ Kpfvavrcc öpcTÖjicOa xard rfiv ßoOXcuov.
** 8. 599 f. anm. 4. allerdings kann aber auch nicht mit Walter (s. 222 ff.^
der ganze mensch verstanden werden : denn dieser ist, wie Zeller richtig
bemerkt, doch nicht sugleich ein teil seiner selbst (aÖToO cU TÖ t^P^
licvov). Walter hat sich zu dieser dentung durch die unecht« sliriJ«
TI 2, 11391» 5 Terleiten lassen: s. unten s. 745—747.
\
FSusemihl: Studien znr Nikomachiscbeu ethik. 745
sondern höchstens als einen strebenden vemunftact bezeichnen
können. ** es widerspricht endlich auch dem gleiehnis, durch wel-
ches allein der philosoph das wesen jener leiterin wenigstens nach
selten ihres yerhSltnisses zu den ausführenden seelischen und leib-
lichen Organen erläutert.'^ denn die Homerischen ftlrsten sind aller-
dings, so lange sie im rath sitzen, lediglich die berathende yemunft,
aber sobald sie die Yolksversamlnng berufen und vor dieselbe treten,
stellen sie zugleich das streben dar den im rathe gefaszten beschlusz
znr ausftthmng zu bringen , zu welcher selbst es sogar bereits der
erste schritt ist, dasz sie denselben dem volke als befehl yerktlnden.
Genau an diese auseinandersetzungen des dritten buches (c. 4.
5. 7) Aber den yorsatz schlieszt nun der anfang des sechsten in sei-
nem weitem yerlaufe sich an. denn es gilt dort zunftchst zu finden,
worin das gemeinsame wesen der verstandestugenden, dh. der tugen-
den beider vemunftteile besteht, bei beiden haben sie in der Wahr-
heit ihre aufgäbe (fpTOV); diejenige bleibende beschaffenheit (Sic)
beider, vermöge derer beide diese ihre aufgäbe im höchsten grade
erfüllen, ist folglich ihre beste bleibende beschaffenheit oder ihre
tugend. damit ist für die erkennende Vernunft genug gesagt, aber
die Wahrheit der überlegenden sowol als praktischer vemunft im
engem sinne wie als technischer ist eine andere als die der er-
kennenden, die tugend der praktischen vemunft im engem sinne
masz in unauflöslicher Wechselbeziehung stehen zu denen des Cha-
rakters, letztere aber sind als vorsätzliche bleibende beschaffen -
heiten (££€ic npoaip6TiKa() bestimmt worden (11 6, 1106^ 36), jene
Wechselbeziehung liegt folglich in jenen beiden dementen des Vor-
satzes , berathnng und ents6hlusz, praktischer vemunft und streben,
enthalten**, und die praktische Wahrheit ist folglich diejenige, welche
** er that aber in der anm. 21 angef. steihe 1113* 9 ff. ersteres: denn
aneh ßouXeuroO ist hier natürlich attribut sn öpCKToO wie ßouX€unK/|
sn öpcSic. *' 1118* 7 ff. bfiKoy 6^ toOto Kai itc tOiv dfixo^iw^ iroXi-
TCitfiv, üc 'Ofiripoc ^^t^€tT0* ol fdp ßactXctc ü npo^oivro ^irfiTT^XXov
x<p htißW. '^ bei Teichmfiller liest man s. 60 den Widersinn, daes
aeitens der dnrchdringnng dieser beiden elemente im vorsats der yor-
aata selbst ('wille' bei Teichmüller, s. oben anm. 16) bei Ar. die
praktische vernnnft heisse, nnd s. 102 den womöglich noch
grossem, dass die praktische einsieht, die tagend der praktischen ver-
nanft, ans streben (Öpclic) nnd praktischer Vernunft (voOc)
bestehe (also nach jener obigen behanptnng ans streben und vor-
• atsl). a 104 femer (vgl. s. 188) müssen es sich einsieht nnd Wahr-
heit gefallen lassen dasselbe zu sein, 'und diese praktische Wahrheit
and dieser richtige Vorsatz ist nach der Aristotelischen definition die
praktische vemunft*. so wird atfTT) M^v o5v fj bidvota Kai i\ dX^€ta
wpflumKi^ Qhersetst (s. anm. 26) statt: 'diese (sich im richtigen vorsats
ftossemde) vemunft nnd Wahrheit ist die praktische*! s. 40 f. wird
die praktische vemnnft statt 'die sich mit dem hegehren durchdringende
od«r vereinende vemnnft* selber *eine durchdringnog oder Vereinigung
von vemnnft und begehren' genannt nnd behauptet, dass dies auch
Walters meinung sei. nnd s. 186 hat er es sogar schon cn der be*
hanptnng gebmcht, dass das begehrungsvermSgen bei Ar. das-
746 FSuBemihl: stadien zur Nikomachiscben ethik.
in der richiigkeit des yorsfttzlichen strebens zum ausdrock gelangt,
man wird Bamsauer (s. 376) beipflichten müssen , dasz mit dieser
1139* 15—31" gegebenen auseinandersetzung nunmehr auch für
die bestimmung des wesens der praktischen Yemonfttogend alles
erforderliche gewonnen ist, und dasz das schluszergebnia 1139 ^ 12 £."
unmittelbar hieran anknüpft und mit allen dazwischengeacbobenen
auszer jeder Verbindung steht, und dasz dies dazwischentretende
groszen teils 1 139 * 31 — 35 ^ 4 f. nur das in jener aaseinandersetsong
bereits enthaltene mit andern Worten noch einmal wieder Yorbringt,
das ende desselben aber, 1139 ^ 5—12'^, von welchem dies allerdings
nicht gilt, einen gedanken enthält, der in den erörterungen des dritten
buchs über vorsatz und Überlegung 1112* 28 — 31 ganz am pbitze
gewesen wäre, ja einschlieszlich mit in ihnen enthalten ist, dagegen
schlechterdings in diesen Zusammenhang nicht hineingehOri Über-
dies ist nun abdr in jener Wiederholung auch die behaupiung m*
stöszig, dasz der Vorsatz nicht ohne eine schon vorhandene bleibende
Charakterbeschaffenheit, also nicht ohne tugend oder Untugend des
Charakters möglich sei**: denn wenn dies auch bedingungsweise im
sinne des Ar. ist, so widerspricht es doch so sohlechti^n gesagt der
wiederholt^ von ihm ausgesprochenen lehre, dasz umgekehrt tugend
selbe sei mit der praktiichen vernanft. das soll der nemliebe
Aristoteles gelehrt haben, welcher, um nur bei der ethik stehen sa blei-
ben , begehraDgsvermögen nnd Vernunft I IS anfs schirfste all swei
verschiedene seelenteile sondert and dann VI 2, wie wir tiiheB, die
Vernunft selbst wieder in die erkennende nnd die überlegende, tu wel-
cher letztem er die praktische zählt, gliedert I
»• Xnirr^ov lipa ^KOT^pou toOtuiv t(c i\ ßcXTfcrr) Qsnc' oÖrq w
dp€Tf| ^KUT^pou, f| y dp€TV| iip6c t6 Cdtov xö oIkcXov. TpCa 6* krW
iy t4 ^01x4 '^^ K^pta irpdEcuif Kai dXr^Octac» alcSncic voOc öpc£tc. tou-
Tuiv y f\ atc6r)cic o06€^tftc dpxf) iTpd£€uic . . . ^cnv 6' 6ir€p Iv &tavo(<?
KOTdcpactc Kai diTÖ9actc, toOto iy öpiUi biuiEic Kai (purfi* «Bcr* h^M
i\ ifiiKi] dpCTf) fEtc irpootpCTiK/), r\ bä iTpoa(p€Cic öpcStc ßouXcvTiKTi, ^i
5id TaOTa töv tc Xötov dXrfif\ etvai Kai Tf)v öpeStv 6pe/)v, clircp 4 vpo-
aipccic cirou6a(a, xal rd aOrd t6v \it>f q>dvat, t6v bk 6i((ik€iv. aihr\ p^v
oGv f| öidvoia xal i\ dXi^Octa irpaKTiKfi, Tf^c bi OcuipiiTiKtk 6iovoiac luii
}ii\ iTpaKTtKf)c yLr]bi icoiiiTiKf)c t6 cö Kai Kaxdic TdXii64c ^cnv noI v^*
boc* toOto y&p icny iravTÖc öiavoiiTiKoO ^xov, xoO bi irporrucoO
Kttl 6iavov)TiKoO i\ dXnOcia 6|aoX6tuic £xouca tQ 6p4E€t t4 6p94.
t7 dp(poT^puiv bi\ itS»y voti'I'ikupv uopiuiv dX^iOcia t6 £pTov. koS* äc
oOv MdXicTa usw., s. s. 741. *' oOk Cctiv bi irpoaip€T6v oü6^v fvrovoc
. . o<)bi Tdp ßouXcOcTot TTCpl ToO TCTOvöToc, dXXd ircpl toO ico^dyw
Kai (vöcxofi^vou, tö bi xcTOvöc oOk ivö^x^Tat pf| T^vdcOot os«.
** 83 f. biö oüx' dvcu voO Kai biavolac oOr* dv€u ^OtKf|c 4cnv {Eciuc
i\ irpoaCpccic. ^ III 4, llll>> 6 f. obcciÖTaTov ydp {i\ irpoaipcoc) clvoi
boK€t tQ dpcTi) xal jidXXov Td fiQi\ xplvciv Td)v irpdEeuiv. VII 11, tW
16 f. iroviip6c 5' oO' A f^ irpoalpccic iicictxfic. rhet. I 13, 1874< U
iy täp t4 iTpoaip4c€t i^ ^oxOnpia. 11 5, 1382* 36 t^i npooipclceai T^
6 d5iKoc d&ixoc. topik IV 6, 126« 36 Kdvrcc yäp ol qpaOXoi xard Mpo-
aipcctv X^ovrai. poetik 2, 1448« 3 f. xaxic;^ xol dpcrf} xd ifin h»^-
poüci itdvTCc vgl. c. 6, 1460« 8 f. €cti bi fjeoc t6 toioOtov 6 5nXol t/jv
irpoalpcctv dirola Tic und e. 16, 1164« 17 ff. Kci ffioc, idv . . «014
jKivcpöv 6 Xdroc fj i\ irpAEic irpoalpccCv nva. daher aaoh die tehoo
hervorgehobene definition der charaktertagend als einer Hic vpoaapCTwn*
F8u0emihl: studien zur Nikomachischen etliik. 747
und Qstugend des Charakters tob Yorsatz und gesixmung abhängt.
und nicht minder anstOsadg ist es, dasz hier" mit 6inem male die
wähl gelassen wird den vorsatz entweder als strebende Yemonft oder
al3 Temttnfdges streben anzusehen, und als träger desselben nicht
jener als f|TOUfi€VOV bezeichnete teil der menschenseele, sondern als
dies prinoip der handlang der ganze mensch erscheint." mag also
die ganze stelle aus der Eudemischen ethik eingetragen sein odei*
Yon wo sonst immer stammen, von Aristoteles ist sie nicht: darin
mosz man noch über Ramsauer hinausgehen. '^ aber 6ines hat
Bamsauer dabei übersehen: die werte 1139* 35 — ^ 4^^, in welchen
die Verwandtschaft und der unterschied der praktischen vemunft
im engem sinne und der technischen dargelegt wird, sind in der
ihat ftlr den Zusammenhang nnentbehrlich : denn es handelt sich ja
nicht blosz darum, die tugenden beider von denen der theoretischen
Vernunft, sondern auch gegen einander abzugrenzen." so bleibt nur
die wähl entweder diese werte für echt zu halten oder eine lücke
anzunehmen, welche durch die aufnähme des ganzen passus 1139*
31 — ^12 etwa aus der Eudemischen ethik teils über teils wider die
gebühr verklebt worden ist.
Wie dem nun aber auch sei , gewis ist so viel , dasz die hier
gemachte Unterscheidung der praktischen vemunft im weitem sinne
Yon der theoretischen und im engem sinne von der poietischen
dorchaus mit demjenigen stimmt, was wir sonsther als Aristotelische
lehre kennen, wonach also die theoretische vemunft rein in sich selbst,
im erkennen ihren zweck bat, die praktisch -technische aber um eines
** k 4 ff . bi6 fi öpcxTiKÖc voOc i\ irpoa(p€cic ^ öpeEic öiavoi|TiKif), xai
i\ TOiaÖTi) dpx^ avBpuiiroc. " so faszt die worte auch TeichmüUer
8. S08. ffans ander« freilich vorher s. 60 anm.: 'dies principe welches
in dorchäriDgaDg yon denken und begehren beateht, macht das eigen-
tömlicb menschliche aus; über ihn» sieht das göttliche, welches
bloss die theoretische vemunft hat, unter ihm das thierische« wel-
ches bloss das begehren hat ohne vernünftige direction/ ähnlich
Bamsauer: 'in hac enim parte (?) est t6 dvQpuiireOccOai, quo et a brutis
el A du» differimns.' aber das müste vielmehr TOtaOTT| dpx^ ö dv6pui-
voc oder allenfalls TOiaOTr) dpx4 dv9puiiroc heiszen. " denn dieser
meint nur: 'quaeritur id unum, ntrum Aristoteles ipse putandus Sit
hAOc h. L, quamquam minus cooHnode interposuiste an sententiae istae
vere Aristotelicae e ditputatione aliqua de irpooip^ceuiC vel etiam <ppo-
vf|C£ttic natura in alienum locum immigraverint.' ** bidvoia b* aur^
o66^ Kivd, dXX' i\ lyewä xou xal itpaKT\Ki\' aOrn T^p koI tt^c iroinTtKf)c
Äxet' Ivexa jap tou uoiCt irdc 6 iroiiDv, xai (dXX* ?) oO t^Xoc ditXi&c,
iä irp6c Tt Kttl Tivöc t6 iT0ir)T6v. dXKä t6 irparrdv rj fäp cüirpaSia
TiXoc, i\ b* fipcEiC TOt&TOU. ** hierin macht auch die an sich sehr
beachtenswerte bemerkung Ramsauers (a. 883) su den Worten 4, 1140*
2 f. Crcpov 5' icTlv iroCncic xal irpöiEtc mcrcOoMCv bk ircpl aöTiDv xai
Totc i£(VTCpiKOtc XÖTOtc: 'ita agitur, quaai illa 1139^ 1 sq. non prae-
cessissent; neque enim is cui ea ante ocnloa erant quae iflio non tan-
tom de diterimine homm genemm» verum etiam de rattooe eorum inter
se indicata sunt, iam ad unum Tdiv iEuircpuciI^v XÖTUiv teatimonium oer-
fagiaaet» mich nicht irre, das iricrcOofiCv . . XoTOic ist eine blosa
parenüietiache beifUgnng.
748 FSusemibl: studien sur NikomachiBclien eÜiik.
auszerhalb liegenden Zweckes willen tbfttig isi "* dasz nun aber die-
jenige vernnnft, welcbe beim setzen dieses Zweckes mitbeteiligt ist,
indem sie , wie wir saben , dem willen die Yorstellung desselb^ tu-
fübrt, glcicbfalls die praktiscbe nnd nicht die theoretiscbe ist, kann
freilieb von vom berein keinem zweifei unterliegen*^, nicbts desto-
weniger aber wird die tagend der erstem bereits mit dieser ans-
einandereetzung lediglieb auf das gebiet der beteiligong dieser art
Yon vemnnft beim vorsatz , also der berbeiscbaffung der mittel zum
zwecke verwiesen, und dazu stimmt es vollständig, dasz hernach
diese tugend, die praktiscbe einsiebt, nicht etwa den charaktertngen-
den den richtigen lebenszweck zeigt, sondern ihn vielmehr von die-
sen entnimt und lediglich sie über die mittel belehrt diesen zweck
zu eneichen.'" die praktiscbe einsiebt ist also die Virtuosität im
dienste des richtigen Zweckes die zu dessen erreichung allein ge-
eigneten Vorsätze und entschlieszungen zu fassen , soweit dies sache
des Verstandes und nicht des Charakters ist , und zwar sie dergestalt
zu fassen, dasz sie auch wirklich ausgeführt werden, denn wo
letzteres nicht geschieht, wie^eim unmäszigen (äKpOTiic), da fehlt
die Charaktertugend, von deren Vorhandensein nach dem gesagten
auch das der praktischen einsieht selber abhängt, den unmäszigen
leitet bei seiner Überlegung nur die natürliche klngheit oder geistes»
gewandtheit (b€ivÖTr)c) , die blosze naturbasis der praktischen ein*
siebt, welche gleich sehr im dienste eines guten wie eines verkehrten
Zweckes stehen kann und es beim unmäszigen allerdings wol im
>* 1139* 31 ff. iTpdScuic niy oOv dpx^ irpoaipccic, ($6€v f| kIvtioc
dXX' oOx oO ^vcica, irpoaip^ccuic bi ApcEic Kai Xöfocö^vcKdTivoc.
35 ff. öidvoto 6 * aCrrf) oOO^v Ktvet, dAA* /| ^vcxd tou xal irpaKTtKf|.
vgl. psych. 111 10, 433* 14 ff. voOc 6 €v€Kd tou XoTt2IdMevoc xai 6 irpa
KTtKÖC &ia<p^p€t bi ToO 6€wpr)TiKoO Tif» T^€i. ** psjch. III 9, 432^
27 f. ö }iiy T^p 6€Uipr)TiKÖc (voOc) odBiy vocT (Ocuipd EL) irpaittöv,
o<ibi ktfix ircpl (pcuKToO Kai öiuiKToO oöO^v. *' 13. 1144* 7 ff. i\ ixbf
fäp (i^6iKf|) dpcTf| t6v CKOiiöv iroi€t 6pe6v, i\ bi (ppövi^cic t& irp^ toO-
Tov. 20 ff. tV|v ^iv oGv itpoalpcciv 6p0^v irotcT i^ dp€T/|, rd b* 6ca
iK€ivr\c £v€Ka n^qpuxc irpdrrccOat oOk £ctiv Tf)c dpcTfJc dXX^ ^^pac 6uvä-
^€U)C usw. 29 ff. (Tgl. anm. 48. 49. 41). 1145* 4 ff. oOk Ictoi i\ «po-
afpccic öp6f| dvcu 9pov/)C€uic oi)b' dv€o dpcrf^c* 9i M^v yäp t6 t4Xoc, f)
bi Td irpöc t6 t^Xoc iroicl irpdTT€iv. c. 6, 1140' 25 ff. 9pov(fiou . . t6
bOvacOat xaXdtc ßouXcOcacOai ircpl rd afmSi» &xaBä xal cup^^povra . . «ola
irp6c t6 €Ö tf\y ÖXuic. c^^€1ov b' 6Tt Kai toOc ircpf ti q>pov{fAOUc XlroM^v,
drav irpdc t^Xoc ti cnouöatov cd XotIcuivtoi. c. 8, 1141 ^ 8ff. ^ 9p6vi|ctc . .
iccpl div £cTiv ßouXcOcacOot * toO t^P q>pov()üiou ^dXlCTa toOto Cprov cTvai
«poMCv, Td cO ßouXcOccOoi, ßouXcOcTai bi oübclc ircpl . . . 5caiv }ii\ riXoc
Tt IcTiv, Kai toOto irpaKTÖv draOöv. c. 9, 1142* 26 i^ bi (q)pövncic) ToO Icxd-
tou. c. 10, 1142^ 31 ff. cl bf| Tdiv <ppov(|üiuiv Td cO ßcßouXeOcOai, fj cü
ßouXla ctr) dv öpOdTr^c Vj KOTd to cufKp^pov irpdc ti t4Xoc uw.
{b, anm. 63). e. 11, 1143* b ff. fi cdvcck icTtv . . ircpl «Ihr dirop^cicr
av TIC Koi ßouXcOcaiTo. bid ircpl Td aOrd fiiy t4 9poW|Cci icriv. e. U,
1143* 28 ff. irdcai fdp ot buvd^cic oOtoi (a* «ppöviicic, cOvcoc, pniriii),
voOc) tOv iq(dTUiv ctcl koI Tdhr Ka6* ^koctov. X 8, 1178* 16 ff. cuW-
ZcuKTOt bi Kai i\ (pp6vT)Cic t4 toO fjOouc dp€T4, clircp al jiiy Tf|c 9po-
vf|ccu)c dpxal KOTO Tdc i^6iKdc clciv dpCTdc, t6 b* öpOöv Tibv i^6u(wv
KaTd Tf|V 9pdVT)ClV.
FSiuemihl: Stadien zar l^omachisohen ethik. 749
dienste des erstern gelegentlich auch noch zu einem richtigen vorsatz
bringt, der aber zu schwach ist, um wirklich aoageftlhrt zu werden. '*
selbst die mttszigkeit (^TKpaT€ia) ist aber noch keine charaktertugend
nnd folglich ohne praktische einsieht, weil der wille des mftszigen,
ob^eich er eben so wie der des tagendhaften den richtigen zvfeck
und mit grösserer entschiedenheit als der des unmäszigen ergreift,
doch nicht wie beim tugendhaften von Yom herein die alleinherscbaft
hat. die Verschiedenheit Yon allen dreien liegt also zunächst ledig-
lich in dem Verhältnis des willens und nicht der vor&tellung, der
praktischen vemunft zum zwecke, in der verschiedenen stärke, mit
welcher der wille ungestört oder aber in verschiedenem grade ge-
stört durch widerstrebende begierden den nemlichen zweck ergreift ^^,
und erst bei der zweitön prämisse des praktischen Schlusses beginnt
auch die hemmung der vemunftthätigkeit, die beim unmäszigen bis
zur Störung aller Überlegung durch die begierde fortgeht, während
der massige immer noch eben so richtige Vorsätze und entschlttsse
nicht blosz üaszt, was, wie gesagt, sogar dem unmäszigen zum teil
noch gelingt, sondern auch ausfuhrt wie der einsichtige und tugend-
hafte, aber erst nach einem kämpf mit der begierde (s. bes. YII 5).
erst beim lasterhaften krankt der wille nicht mehr an bloszer
schwäche, sondern ist geradezu auf einen verkehrten zweck ge-
richtet, und die vemunft ist gleichfalls dergestalt verdorben, dasz
sie von vom herein den richtigen zweck verwirft und den verkehrten
an die stelle setzt ^', in dessen dienst dann freilich ihre rathschlagende
** YII 11, 1162* 6 ff . 0^6' fi^a q>p6vtfiov xal dicpaTff £v&^x€T01 cTvai
t6v oötöv usw. 10 ff. t6v bk öcivöv oOöi^ kuiXOci dxpaTtt clvai . . bvä
t6 tV^v Ö€tvÖTi]Ta 5ta<p^p€iv Tf)c 9pov^C€U»c t6v cipTm^vov Tpöirov £v
Totc irpiiiTOic XÖT01C (— VI 13, 1U4* 23 ff.). Im folgenden s. 14 ff.
oöfti nsw. ist daun Walter (s. 492) das misgeschick begegnet 6 6€ivdc
statt 6 &Kpari\c als snbject sn denken; es hätte gentigt dies mit drei
Worten an bemerken. TeichmüUer, bei dem sich ähnliche misgriffe
hänSger finden (s. anm. 17. 25. 82. 46. 61 f. 56 ff. 64. 72. 97) hat es,
nachdem er wiederholt darauf gekommen ist, am schiaase in einem
eignen excnrs auf mehr als drei selten (s. 430—435) breitgetreten.
'* daher helszt es von der vernanft auch des massigen nnd selbst des
nnmässigen 1 13, 1102^ 15 f. öp6d>c koI iv\ rä P^Xtictu irapaicaX^ (vgl.
anm. 54) und vom nnmässigen VII 9, 1151* 24 ff., er sei ßeXriuiv ToO
dxoXdcTOu o664 q^tOXoc dirXiZic C((i2^€Tai jap tö P^Xtictov, /| dpx/|. in
so fem er aber schliesslich doch nicht den rathschlägen seiner yemnnft
nnd «eines willens, sondern denen seiner begierde und Sinnlichkeit folgt,
kann er nach dieser richtung hin auch wieder mit dem lasterhaften auf
^ine iinle gestellt werden (VI 10» 11421» 18 ff.). «■ hier heisst es also
nicht mehr (s. vorige anm.): cdiZcrai /| dpx/l» sondern VI 5, 1140^ 16 ff.
ai ^4v T^p dpxal twv irpciKTUJv tö oO Cvcko* ti)i bi btcqpOapfi^vip bi*
n^vfly f| Xt&nnv cöGOc oO <polv€Tai /| dpx^i, oöo4 bctv toötou ^ckcv
oO^ oid toOto aipetcOat irdvra koI irpdixctv. &Tt fdp i\ xoKia q>Oap-
TiKiPl dpx<lc. Vn7, 1150« 2 (Kaxia) bU(p6apTai t6 ßaricrov. VII 9, 1151>
14 ff. n Tdp dpcTf) xal t\ ^oxOiipta Tf|v dpxi^v i\ ^^v <pO€{p€i i^ bi ci|>C6t,
4v bi, Tfltlc irpdEcci t6 oO ^vckcv dpx/|, d^circp iw rolc ^aOrlMaTlKo1c a(
6iro6^C€tc. vgl. VI 13, 1144* 31 ff. oi Tdp cuXXoriCMol TtSiv npoKTtl^v
dpx^^ CxovT^c clctv, iirctbi?) Toiövbc tö t^Xoc xal tö dpicTov . . btacrp^-
9€t YÖp 1^ ^ox6rlp(a xol bianieObccOai iroiet ircpl töc irpaxTixdc dpxdc.
1
750 FSttsemihl: studien zur NikomacbiBchen ethik.
thfttigkeit logisch keine ftnderung erfftbrt and Yollkommen richtig
sein kann.^ allerdings gibt es also eine solche rathschlagende thfttig-
keit der praktischen Vernunft auch auszeriialb der einsieht, aber
nicht, wie TeichmUller (a. 108 ff.) behauptet, noch neben derselben:
denn wo die einsieht vorhanden ist, da findet sie lediglich innerhalb
dieser, und wo diese fehlt, lediglich in deren gmndlage, der geistes-
gewandtheit oder naturklugheit, und beim lasierhaften in der a&B
dieser hervorgegangenen versohmitstheit (travoupria) statt, wtthrend
die gewandtheit bei dem einsichtigen von der einsieht absorJbiert ist^,
wo endlich tler mensch noch in einer Obergangsstafe wie von der
natürlichen charaktertugend zur wirklichen, so von der gewandthett
zur einsieht steht, da in eben dieser ttbergangsstnfe. eine solcbe
mittelstufe ist auch im mftszigen, gleichwie die mftaugkeit seihet
eine solche ist zwischen natfirlicher und wirklicher charaktertugend.
je geringer aber ein mensch mit der naturgabe der bcivötr^ aus*
gestattet ist, desto mehr logische irrtUmer wird er natttrlioh beim
Überlegen begehen und folglich auch im sittlichen handeln, aber
diese fallen in das gebiet dessen hinein, was Ar. die 6^apTia im
gegensatz gegen die xaida, ^oxOrlp{a, dbiKta nennt. ^^
Aber, sagt Teichmttller (s. 186), Ar. bezeichne VII 9, 1151'
17 ff. ja doch die praktische einsieht selbst vielmehr als ein nötiges
meinen (öp9oboH€iv) über den sittlichen zweck, man weisz in der
that nicht, ob man mehr über die kühnheit oder über die Unrichtig-
keit dieser behauptung erstaunen soll, in Wirklichkeit sagt Ar. hier
vielmehr, im praktischen handeln sei der richtige zweck das princip,
welches auch im unmttezigen noch gerettet bleibt, und gerade wie
bei den principien der mathematik, den grundttttsen (öiroO^etc), sei
es auch hier, in beiden fällen sei es nicht das discursive, in scUflssen
sich bewegende denken (Xöfoc), welches diese principien unsichren
könne, sondern wie dort und überhaupt im theoretischen gebiet das
unmittelbare wissen , so hier auf dem praktischen ein analoger act
der Vernunft, eine entweder von natur gegebene, angeborene oder
angewöhnte tugend die richtige meinung über das princip zu hegen. *
dasz aber diese tugend die praktische einsieht sei, davon sagt Ar.
kein wort, diesen widersprach gegen seine eigne austkückliche Idue,
an sieh dagegen ist die Vernunft fehlerlos: DL 8, 1169* 17 «ic T^
voOc otpcttai t6 P^A:TiCT0v lauT4>. psych. III 10, 486« 86 voOc »slvodv
irAc Öp06c. weiteres bei Zeller s. 600.
« VI 10, 11421» 18 ff. 6 T&p dtcporfic xal 6 <poOXoc 0 vporiacTa
Ibctv (6dv r. oö . . Tuxclv ßpengel) ^k toO XoticmoO TCÜEctat, t&CTC
öpOte fcTct ßcßouXcu^^voc , Kax^v hi v^a e(Xn9Uic. ** s. VI 13.
1144« 28—^ 17. mit dem obigen erledigt sich TeiehsiQllers polenk
gegen Walter, der die saehe schwerlich anders anfgefasst hat «li ich.
aber sich freilich nicht vorsit'htig und klar genug ausgedrückt hat
** [V 10. 1185»» 11 ff.] VII e, 1148« 8. c. 11, UM« 16 f. rhet l IS.
1874« 11 f. ^ 14 ff. Tgl. anm. 80. *^ unmittelbar nach den aa«. 41
angef. Worten beisat es femer 1151* 17 ff. oOrc bi\ imtX 6 X&f9C te-
bacKoXiKöc Tiifv ^px<by oör* ^rraOea, dXX* dpcrf| fi ipvciKit fi I6icri| reC
6p6oboEdv ncpi tViv dpxV|V. weiter s. dann anm. 40.
FSuBemihl: fitudien zur Nikomachiscben ethik. 751
dasz die letztere es vielmehr lediglich mit den mittein zum zwecke
zu thnn hat, dichtet ihm lediglich TeichmüUer an. nicht minder aus-
drücklich lehrt ftherdies von ihr Ar., dasz nicht sie seihst, sondern
nur ihre gnmdlage, die naturklugheit (b€ivÖTr)c), dem menschen an-
gehören ist. ^ und könnte die praktische einsieht seihst ihm ange-
wöhnt werden, so wftre es ja um den satz geschehen, dasz sie seiher
erst an der auf ehen diesem wege der gewöhnung^' entstandenen
Charaktertugend die hedingung ihrer existenz erh<^; an die stelle
jenes wechselverhftltnisses beider^ würde lediglich die abhftngigkeit
der letztem von der erstem treten, die praktische einsieht würde
selbst damit aus einer reinen vemunfttugend so zugleich mit zu
einer strebenstugend werden.^ endlich hat ja Ar., wie schon oben
(s. 741) bemerkt, geradezu erklftrt, dasz das blosze meinen keine
tagend zuläszt, weil es den Irrtum nicht ausschlieszt; entweder musz
also hier unter dem richtigen meinen doch mehr als ein bloszes
meinen yerstanden und also der ausdmck nach dieser richtung un*
genau sein oder aber, da er doch auf diesem gebiete eine Verderbnis
der Vernunft für möglich hftlt, nicht im strengen, sondern nur in
einem annfthemden sinne kann er von einer tngend^des richtigen
meinens reden , während er in der berechnung der richtigen mittel
zum richtigen zweck offenbar Unfehlbarkeit eben so für möglich hSit
wie in der strengen theoretischen erkenntnis und besonders der
metaphysischen Weisheit (coq)ia), so dasz also der praktischen ein-
ncht nur dadurch der strenge tugendcharakter gewiJirt bleibt, wenn
sie nicht mit jener nur uneigentlichen virtuositftt im richtigen mei-
nen über den zweck vermengt wird, in das gebiet des theoretischen
unmittelbaren Wissens reicht überhaupt der Irrtum nicht hinein, von
dem entsprechenden vernünftigen erfassen des praktischen Zweckes
ist er keineswegs ausgeschieden: dies ist hier der wesentliche unter-
seliied. nur die glücklich angelegte natur trifft hier von selbst das
richtige, und wenn sonst die gewöhnung etwas ist, was nicht un-
mittelbar den vernünftigen, sondern nur den strebenden seelenteil
erzieht, so nimt sie dagegen hier ihren richtigen platz ein. denn
anter der angewöhnung dieser art von virtuositftt und vollkommen*
^ VI 18. 1144^ 1 ff. KUi v^p A dpcnP) irapairXr|c{uic ^ci ihc i^ 9pö-
^ci€ iTp6c tV)v bctvÖTT^ra (oö tuötöv ptkv ömoiov 6^, oötui icai i\ qpucticfi
dpcTfl irp6c Tfpf Kupkcv. *^ II 1, 1108« 14 ff. (a. anm. 60). c. 8. X 10,
1079» 20 ff. «• niid «• VI 13, 1144« 7 ff. (s. «nm. 88) M ff. /| ^iCT<|i
ö^litfn ToÖT(|f . . Tf)c M^^^c (aemlieh tfj (ppoW|C€i) o<nc dvcu dpctffc, die
c^prirral V€ Md Icrt bfkXov. oi xdp cvXX0TtC|yU)l asw. (s. anm. 41). dicrc
ipfiMpöv 6n dMvaTOV ^pövi^ov ctvai fifj övra droOöv. (nicht das
aage, wie TeichmfUler s. 99 behatiptet, sondern nur ein ange der seele
winl hier die qipövnac genannt, s. 967 anm. hat er aber seine eigne
übereetsmig schon wieder vergessen und versteht nnn gar anter bpLyia
Tf)c VWf\C den moralischen sinn 'dessen tagend die q>pdTii«c ist'!)
» 1 ff. (s. anm. 46. 7). 1146« 4 ff. X 8. 1178« 16 ff. (s. anm. 38). *» die
Worte des Ar. n 1, 1108« 16 ff. if^ atv 5tavo7|TiKf| (dp€Tf|) t6 vXdov Ik
MbucKoXfac Cxei ical tf)v t^cciv ical tViv aöEnov . . V^ b' ifitid\ i£ lOouc
ircpriiverat usw. scheint Teichmfiller nicht gelesen za haben.
752 FSusemihl: stadien zar Nikomachiachen eihik.
heit kann doch keine andere als die der charaktertugend verstanden
sein, nemlich mit der charaktertugend nimt der wille notwendig die
richtung von dem blosz scheinbar guten auf das wirklich gute, den
richtigen zweck, und dann erfaszt denselben ohne zweifei auch die
Vernunft, daraus folgt denn nun allerdings, dasz die praktische ein-
sieht, obwol mit dieser art von Vernunftvollkommenheit weder ganz
noch teilweise einerlei , doch von ihr nicht minder abhängt als von
der charaktertugend. schon im dritten buche hat Ar. 7, 1 1 14 ^ 3 1 £ ^'
die frage besprochen, ob es in der gewalt des menschen liegt, diese
richtige Vorstellung oder ansieht (q)avTac(a) über den zweck za
hegen, oder ob irrtum und Unwissenheit gerade in dieser entscheiden-
den richtung hin unverschuldet sind, und er läszt hier eine doppelte
möglichkeit offen : entweder hängt es von der bleibenden beschaffen-
heit (££ic), also der tugend oder Schlechtigkeit des Charakters ab,
wie der mensch über den zweck denkt, und dann ist er in demselben
masze wie für erstere auch für diese seine denkart verantwortlich,
oder aber die richtige denkweise über den zweck ibt eine glückliche
naturgabe (€uq>uia), die man nicht von andern empfiangen kann,
weder durch gewöhnung noch durch belehrung, die glücklichste
welche es für den menschen gibt, der ja nicht ein reines Vernunft-
wesen , sondern aus vemunft und Sinnlichkeit zusammengesetzt ist,
und dann beschränkt sich freilich die menschliche freibeit aof die
wähl der mittel, es sind dies genau dieselben beiden möglichkeiten
wie in jener spätem stelle des siebenten buche, denn da nach Ar.
die charaktertugend, wie gesagt, aus der gewöhnung entsteht, so hat
die richtige denkweise über den zweck , wenn sie wiederum ans der
charaktertugend hervorgeht, gleichfalls in der gewöhnung ihren Ur-
sprung, die freibeit beschränkt sich übrigens dann darauf, dasz zu
dieser gewöhnung nicht die blosze erziehung durch andere anareicht,
sondern schlieszlich jeder, nachdem er erwachsen ist, selber sein
^1 cl bi TIC X^YOi ÖTi irdvT€c ^<p{€VTai ToO <paivo^vou dtaOoO, tf.c
bi (pavradac oö KOpioi, dXX* öirotöc ito6* ^koctöc ^cti, toioOto koI to
T^Xoc q>aiv€Tai aÖT<;i' cl ^t^ oOv ^koctoc adrif» Tf|c ßciüc ^cri huk
alrioc, Kai rf\c qpavraciac Icrai iruic aitröc aiTtoc, ci 6^ ^^&€lc a(rTw
oTtioc toO KaKoiroidv, dXXd &i' dtvoiav toO t^Xouc raOra irpdrrci, ^tä
toOtuiv olö^evoc ainCji t6 dpiCTOv £c€c6ai, i\ bi toO TdXouc l^ccic oOk
aöOaipCTOc, dXXd q)Ovai öct üjcirep önnv ^xo^'^^^i 4 Kpivcl koXÄc xal tö
KOT' dX^Beiav dtaOöv alpf)C€Tai. kqI £ctiv cö(puif)c, u> toOto KaX«&c vi-
(puKcv (tö tdp M^icTov Kai KdXXicTov, Kai ö irop* ^t^pou ^V| otöv u
Xaßdv ^r\bi ^Oclv, dXX* olov £<pu, toioOtov ^ci, [Kai] t6 cö kqI t6
KaXuic toOto ncipuK^vai i\ reXcla koI dXr]6ivf| Av ctr) €09u1ia), ci hi\
toOt' krlv dXnOf), t( MdXXov i\ dpCT^i Tf)c Kaxiac {erat ^koOoov; öm-
q>oiv tdp 6^o(u)C, Tt|i draOi}» Kai Tij) xaKifr, tö t^oc 9ik€i fi ötcuicbn'O'^^
q)a(vcTai Kai KctTat, Td bi Xoiird irpöc toOt* dvoq>^povTCC npdrcrouciv
ÖTIUlC&niTOTC. €lT€ bt\ TÖ T^XOC fif) <pOC€t ^KdCTtp <paiV€TOl olOvb^KOn,
dXXd Ti Kai irap* aOTÖv icTiv, cItc tö ^^v tAoc 9uoköv, Tip 6^ ra
XoiTrd YrpdTT€iv ^koucCuic töv cirouöalov i\ dp£TVj ^kouciöv ^ctiv, oö^v
flTTov Kai 1^ Kaxia ^koöciov Av ctr]. ö^o(u>c yäp Kai r^^ KaK<p indpxf^
TÖ öl* oOtöv iy Tale irpdEcctv Kai €l iii\ iv t^i tAcu xa irap* iripov
(*» 9) bemerkt Ramsauer richtig; 'sc. ^eiZovTOC f\ öiödCKOVTOc'
FSasemihl: Studien zar Nikomacbischen ethik. 7&3
eigen teil beitragen masz.'* bei der andern mOglichkeit aber ist
leicht einzusehen , dasz die mittel ja doch durch den zweck bedingt
sind, oft dergestalt dasz dabei gar keine freie wähl bleibt, yielmehr
wer den letztem will, auch die erstem wollen musz. Ar. lehnt also
die entscheidung zwischen beiden mdglichkeiten genau da ab, wo
die eigentlichen Schwierigkeiten des freiheitsbegriffes beginnen, die
er sich durch seine, wie Bamsauer (s. 156) zeigt, unrichtige be-
hauptang, dasz unsere Überlegungen und vorsfttze nur auf die mittel
und nie auf den zweck selbst gerichtet seien, unnötigerweise noch
yennehrt hat. ^
Soll nun aber der in der ethik so hftufig yon Ar. in ansprach
genommene öpdöc Xöyoc (oder auch XÖTOc allein, wo dies, wie oft*\
genau dasselbe bezeichnet) sich lediglich auf das durchschauen der
richtigen mittel zum richtigen zwecke mit ausschlusz der notwendig
Yoraufgegangenen aufßndung des richtigen Zweckes selbst besohrttn-
ken , so ist dies vom Aristotelischen Sprachgebrauch aus kaum an*
ders als durch die annähme erklärlich, dasz Xöyoc hierbei wie in der
eben besprochenen stelle VII 9, 1151^ 17 ff. so Überall in jener
engern bedeutung steht, in welcher es im gegensatz zu voOc als dem
unmittelbaren denken das discuisiye, sjllogistisch yermittelte be-
zeichnet.
Zu den schwerbegreiflichsten dingen gehört es nun freilich,
dasz Ar. erst im siebenten buche bei der behandlnng der mftszigkeit,
die gar keine eigentliche tugend ist, auf jene yirtuositSt im richtigen
meinen über den zweck zu sprechen kommt, und zwar in einer weise,
aus welcher heryorgeht dasz es wirklich hier zuerst ausdrücklich ge-
schieht und nicht etwa die unyollst&ndigkeit der Überlieferung schuld
daran ist, wenn wir bei der besprechung der yorzüge der praktischen
yeraunft im sechsten buche sie nicht mit erwfthnt finden, und unser
erstaunen wftchst, wenn wir sehen dasz doch bei der ersten behand-
lang der praktischen einsieht dort die Wichtigkeit des erfassens der
richtigen zwecke gebührend hervorgehoben wird, c. 5, 1140^ 11 — 20
** Tgl. Bamsauer s. 168. *' in der that aber wurde Ar. sich selbst
widersprecheD, wenn man genötigt wäre VI 10. 1142^ 32 f. /) eößouXCa
€ff| Av Öp6öti)c f\ kotA t6 cv^9^pov irpöc ti tcXoc, oO i\ 9pövif)oc dXii-
O^c imÖMiyfic icciv das oG, wie noeh Qrant and Bamsauer than, auf
Tt T^oc sn bestehen, während es doch eben so gut aaf t6 cu^9^pov
bezogen werden kann, letztere constniction aber ist schon deshalb die
richtige, weil sie den widersprach entfernt ; sie ist aber aaeh, wie Walter
9. 470 f. setgt, die allein dem susammenhang entsprechende, nnd auch
darin kann ich Walter nur beistimmen, dasz man bei der erstem Ttel-
mehr t6 t^Xoc (so freilich K^ AM.) erwarten müste. ^ dies gilt jedoch
nicht Ton I 13, 1102^ 14 ff. ToO jap ^T^paroOc xal dKoaroOc töv X6tov xal
Tf\c ytix^c Tö Xdrov ^xov iiratvoO^€V (6pO<Xic fäp xal ivl rä ß^Xricra irapa-
KcfXd). denn die ermahonngen, welche die (praktische) Vernunft (X6toc) im
massigen nnd nnmäszigen erteilt, bestehen in erster liuie (s. s. 749 mit
anm. 40) gerade darin, den richtigen zweck su rerfolgen, nnd erst in
s weiter darin, es auch mit den richtigen mittein and auf die richtig«
art sa than.
Jahrbfteher f&rclaM. philol. 1879 hfl. 11. 48
754 FSuBemibl: Btadien zur NikomachiBchen ethik.
(vgl. anm. 41). und es wächst noch mehr, wenn wir femer sehen
dasz vom zehnten bis zwölften cap. eine reihe von eigenschttfien, die
für die praktische einsieht unentbehrlich sind, abgehandelt wird,
und wir nun unter ihnen gerade jene hochwichtige yergebens suchen
und dagegen im zwölften cap. eine solche finden, welche auBdrflck-
lich als eine unmittelbare vemunftanschauung (voOc) beseichnet
wird und doch von so ganz anderer art ist, so dasz denn hier eben
jener gegensatz von q)p<Sviictc und XÖTOC zum voOc innerhalb des
praktischen geistes ausdrücklich erörtert und dabei in einer weise
erörtert wird , welche das richtige meinen über den zweck eben so
sehr mit dürren Worten vielmehr aus dem gebiete des voOc ans-
schlieszt, wie es VII 9, 1151^ 17 ff. aus dem des Xöroc aosge*
schlössen wird, und man folglich nicht mehr begreift, was für eine
classe von denkart es dann noch sein kann, diese stelle"^, schon von
Oiffen als ^locns obscurissimus' bezeichnet, strotzt aber auch sonst
von Schwierigkeiten und anstöszen, und von allen dentongsver-
suchen befriedigt keiner vollständig, zunächst gehen diejenigen er-
klärer von vom herein fehl, welche entweder, wie Walter (s. 38 ff.
815 ff.) und sein recensent im litt, centralblatt 1876 sp. 457 f.
M. H(einze), glauben dasz hier nur von der theoretischen, oder,
wie Teichmüller (s. 214 ff.), dasz hier nur yon der praktischen
unmittelbaren vemunftanschauung die rede sei, indem beide, wie
Zeller (s. 650 ff. anm. 2) richtig bemerkt, eine grammatische Un-
möglichkeit zu gründe legen, denn ö ^^v und 6 bk kann nicht von
demselben subject gesagt werden, von dem einerseits dies und ander-
seits jenes gilt, sondern nur Mer eine' und *der andere' bedenten,
hier also die eine und die andere art von voOc, und nicht minder ver-
langt die spräche , dasz Kard Tdc dTiobeiEeic mit 6 fui^v und ty TOtc
irpaiCTiKaic, wozu Teichmüller (s. 218 f. anm.) und Zeller mit recht
£iTiCTifj^aic ergänzen , mit ö bi als nähere bestimmung za öinem be-
griffe verbunden wird, da nun aber doch unter 6 £v raic npom-
kqTc voOc nur die praktische vemunftanschauung verstanden sein
kann , so folglich unter ö Kard rdc dirobeiSeic nur die theoretische:
dnöbeiStc bezeichnet hier also im strengen sinne die wissen-
schaftliche beweisftthrung, und es ist diejenige unmittelbare Ver-
nunftanschauung gemeint, welche mit hilfe der induction eben die-
sem beweisverfahren die unbeweisbaren principien aller beweise
** 1143* 35 ff. Koi ö voOc Tdiv icxdriDv £k* dM<pöT€pa* xai t^rurv
irpdfTUUv öpuiv Kai TfSty ^cxdTUJV voOc Icri koX oO X6toc. Kai ö füv Kori
Tac diro6€U€tc tOjv dKivnTuiv 6pu)v Kai icpiiiTUJV, ö 6* ^v rate «pcim-
Katc ToO kxdrou Kai ivöcxo^i^vou kuI Tf)c ^^pac vpordccuic. dpxoi T^
ToO oC IvcKa aGrar ix rdiv Ka6* fKacra ydp tö KaOöXou* Toihwnr ovv
Ix^w 6€t atc6T)civ, aÜT?) 6' ^ctI voOc. hieran muss ticb d»BB, wie
Baasow erkannt hat, unmittelbar anschlieszen ^ 9 ff. bi6 Kai dpffi koI
T^Xoc voOc 4k toi^tuiv t^p al diro6c(£€tc Kai «cpl ToOrunf. daas ^et«
Worte nicht an ihrem richtigen platze stehen, hat namentlioh Raasanar,
ohne von dieser Umstellung an wissen, gnt bewiesen; freilidh wwdea
auch durch die nicht alle Schwierigkeiten gehoben.
FSasemibl: Stadien cur NikomachiBchen etbik« 755
(dKivtlTOi öpoi Kai npuiTOi) liefert, und von welcher allein in allea
früheren abachnitten, c. 3. 6. 7. 9, 1139*> 17. 28 ff. 1140^ 31 ff.
1141 ^ 17 ff. 1142- 25 ff.<^, die rede war.'' gegen aie, die sich eben
hiermit am meisten ins allgemeine versenkt , war die am einzelnen
haftende praktische einsieht (q>pövr)Cic) c. 9, 1142* 23 ff.^ in den
schftrfsien gegensatz gestellt und geradezu selbst zu einer hohem
art yon sinnesurteil (oucOncic) zugespitzt worden, hier dagegen wird
diese letztere yon der eigentlichen einsieht unterschieden und dabei
selber als eine andere art yon unmittelbarer yemunftansehauung
(voCc) bezeichnet, nemlich als die der praktischen vemunftund nach
der gerade entgegengesetzten richtang auf das einzelne hin." zweier«
lei*^ wird als ihr gegenständ angegeben, das letzte mittel auf wel*
chea schlieszlich die berathschlagung führt (tö ^cxotov Kai £vb€xö-
^€VOv)", und der Untersatz im praktischen schluaz (f| iiipa npö*
** wenn Teiehmfiller s. 846 an der leiatgeaanaten stelle (ygL anm, 68)
unter voOc ▼ielmehr diepraktitohe Temonft, and anter deaopoi lüvoÖK
icxi Xöjoc die praktischen principien Tersteht, so ist dies in der
that mehr als man für möglich halten sollte, vgl. Zeller s. 064 anm. 1.
^* 80 aaszer Zeller aa. aach Orant, Ramsaaer and Trendelenbarg
hiat beitr. 11 s. 876, den Walter s. 42 ff. in dieser hinsieht yergebena be-
streitet, am so anbegreiflicher ist es mir freilich, dasz Trendelenbarg
nnd Ramsaaer trotzdem za 4v rate irpaKTticalc wiederam diroöciEcci hin-
sudenken wollen. ^6x1 b* ^ q>p6vnctc oOk £incTf|Mil» <pav€p6v* toO
jap icxärov kriv, d&€ir€p €tpi|TOi' t6 ydp irpOKTöv toioOtov. dvTUeiTat
f&iv 6f| t4» v4i * ö ^^v fop voOc Tdbv 6puiv wv oOk Cctiv X6toc. f) 64 toO
4cxdT0u, oC oOk &T1V iiriCT/iiATi dXX* akOriac, oOx ^ Tilh^ i6iu»v, dXX*
oXq. atc6av6^€6a 6ti t6 4v toIc ^aOrmaTiKOtc &x<>'^<^v TpiTOJvov cri\C£Tai
Xdp KdKct. dXX* oOti) fidXXov aTcBiicic f\ (ppövticic, 4k€(vi)c 64 dXXo
cI6oc. TeichmfiUer s. 247 setst komma Tor f\ (pp6vr|ac. dann müste es
Tielmehr f\ i\ <pp6vficic heiszen. ^ mit recht findet Ramsaaer beide
stellen kaam miteinander yertrttglich s. 400 f. 'neglegitur a parte 9po-
vf)C€uic qaod et ipsa tujv KaOöXou eget, a parte toO voO qaod xdiv
4cxdTUiv 4ctIv in' dfi9ÖTepa 1148* 86; neqae enim hoeasqne voOc
erat nisi ad quem samma scientiae prineipia referrentnr. nihilo minns
panim probabile est eandem huc pradentiae caasa afcOv|Civ qaandam
indozisse, qai moz e. 12 idem nomen menti dataras esset (1148** 6);
nam aliam atc6r)Civ hie, aliam c. 18 diel ne significatar qatdem.* s. 411
'hanc akOnctv Tt|i y^ dar! post 1142« 26 sq. paene miram.' *^ denn
indem in den werten ToO £cxdTOU Kai ivbcxo^i^vou xai Tfjc ^T^pac tcpo»
Tdctuic bei 4v6£X0^4vou der artikel toO nicht wiederholt wird^ sohUeszen
sich eben damit toO 4cxdT0U xal 4v6€XO^^vou aa Einern ^liede zusam-
men nnd Kai ttJc tripac irpordccuic tritt demselben als ein zweites an
die Seite, dies hat Zeller nnd aach (s. anm. 64) Ramsaaer eingeseheot
Walter (s. 828) and TeicbmüUer dag^egen haben es verkannt, aach Tren-
delenbnrg nnd Rassow (s. 77 f.), ersterer indem er sn 4v6€xo^4vou hin-
zndenkt icai dXXuic ix&Vf letsterer indem er vermntet das dies hinter
4v6€X«Hs4vou aasgefallen sei. *' nach der richtigen erklftrnng Ton
Zeller: s. III 6, 1112 1> 18 ff. Iwc Av €X6uiav 4iri t6 icpdiTOv atTtov, 6
4v t4 €6p4c€i CcxoTOv icriv, 28 f. xal t6 fcxarov 4v t^ dvoXOcei «pCti-
Tov ctvoi 4v t4 T^cci. icdv fiiv dbuvdTty ivrOxuiciv, d9(cTOVTOi • .
4dv 64 6uvaT6v okiIvittoi, irX^ipoOci vpdTTCtv (also 4v&€XÖfi€vov ganz
richtig «> buvoTdv, was Trendelenbnrg and Rassow mit anrecht ver-
werfen), pejoh. lU 10, 438« 16 f. oG jap i\ 6pcEic, aOrn f\ dpx^ toO
«poKTUCoO voO- t6 b* CcxOTOV (nemlich ToO irpOKTiKoO voO, s. Walter
s. 881 anm. 1) dpxA Tftc irpdScuK.
48*
766 FSusemihl: Btadiea zar Nikomachischen ethik.
TQCtc), und wenn es auch recht schwer ist einzusehen, wie erüteres,
der schlnszsatz der berathung, sache nnmittelbarer anschaaung sein
soll**, 80 ist doch das von ZeUer geltend gemachte bedenken, dasz
die thStigkeit der praktischen vemunft selbst dergestalt nicht in das
berathschlagen, sondern in das erkennen der zweiten praktisehen
prSmisse und des die ausfdhrung des beschlossenen beginnenden
mittels gesetzt werde , in Wahrheit nicht vorhanden, denn nicht die
thStigkeit der praktischen vemunft überhaupt, sondern nur die der
unmittelbaren praktischen vemunftansdiauung wird hierein ge-
setzt (voCc im gegensatz zum XÖTOC). folglich wird aber auch
keineswegs, wie ZeUer behauptet, 'die erkenntnis des thatsächlichen,
von dem die praktische Überlegung ausgeht, und des auszufahrenden,
zu welchem sie hinleitet, mit zu dieser gerechnet', wol aber* als ein
unentbehrliches erfordemis zu ihr angesehen und gleichfalls der
praktischen vemunft zugeschrieben, ja in noch höherem masze von
dem praktisch einsichtigen erfahrung als kenntnis des allgemeinen
verlangt/' als grund dafür, weshalb innerhalb der praktischen Ver-
nunft das unmittelbare denken nicht wie innerhalb der theoretischen
auf die allgemeinsten principien gerichtet sei, sondern vielmehr jene
beiden gegenstfinde habe, wird nun aber angegeben, dasz die letitem
noch wieder die principien des Zweckes seien, dpXttl T&p xoC ou
Ev€Ka aÜTai.^ allein wie man, ausgenommen da wo es sich um ein
bloszes beurteilen einer von andern vollbrachten handlung fragt,
aus dem mittel den zweck kennen lernen könnte statt umgekehrt,
ist wenigstens mir unbegreiflich; dasz dagegen aus den Untersätzen
der praktischen Schlüsse die die Zweckbestimmung oder die sittlichen
grundsfttze enthaltenden obersfttze*' entstehen, kann man sich aller-
dings wol vorstellen**, aber doch nur in analoger weise, wie auch
** daher meint denn Raamsauer 8. 409 f., diese ^cxora seien ja viel-
mehr (was an sich freilich richtig genug ist) die der 9pövT)Cic, die des
voOc vielmehr die sonder- oder einseUwecke. allein wie dieae t6
CcxOTOV Kol ivöcxöficvov genannt werden könnten, vermag ich wenig-
■tens nicht abzasehen, and Ramsaner selbst mnsz angeben daex da-
durch nur eine andere Schwierigkeit entsteht: cvoOc xaloö Xöroc noo
prorsus verum hoc. vStv ic%,&xwyf enim, si quidem rä x4kf\ rä Ka6*
fKacTO dicuntur, saue saepe est Xötoc.» ** 8, 1141 ^ 14 ff. oöö' ^tIv
1^ 9PÖV11CIC TiSiv icaOöXou flövov, dXXd M koX rd küQ' f Kocra yvuipitov *
irpamicyi fäp, ^ bk irpÄEic tcepl rd ko8' ^Kocra. 6i6 ical €vioi o^
cibdrec Iviuiv cIöötujv irpoxTiKd^Tcpoi xal 4v toYc dXXoic, et €^1r€lpol.
vgl. 1142« 14 ff. atnov b' öri xal rtZrv kuO* iKUcrd icriv ^ <ppövi)CK,
& TivcTui TVtOpiMa il i^1r€lpiac, v^oc 6* d^it^xpoc oök ^ctiv. 114S^ 11 ff.
iDcTC 6ct itpocix^iy ti£»v ^uncipuiv ical irpEcßur^puiv fj 9povi|uiiv tqic
dvairoöcdcTotc «pdccci xoi odEaic oöx fJTTOv tiI>v dirobcUcuiv- h^ä'yöp
usw. s. anm. 76. ** faOrai i. e. t6 Cqcorrov xal ivScxÖMCvov atqae
1^ Ir^pa irpöracio bemerkt richtig Bamsauer. bei TeicbmüUer •. Si4
anm. liest man dagegen folgende seltsame erklSrong: toOrat durch
attraclion von dpxoi statt toOto: denn Ar. meint nur den inhall des
untersatxes, und er setst nicht dpx^, sondern äpxai, weil er diäten ic-
halt notwendig als Vielheit des einzelnen denkt, ans welchem durch
induction das ^ine und allgemeine hervorgeht» ^ s. die anm« 41
angef. stelle 18, 1144- 31 ff. •• TeichmüUer s. tu f. wUI dadorefa
FSoBemilil: Btadien zur NikonachiBcben ethik. 757
innerhalb des theoretischen denkens bei der indoction der obersatz
mittels des Untersatzes und des schluszsatzes bewiesen wird.'' und
dazu stimmt ja auch genau die begründung £k tu»v xaO' CicacTa yotp
TÖ xoOöXou, die doch ungekünstelt kaum etwas anderes als ein in-
ductives verfahren bezeichnen kann, ist dies aber der fall, so sieht
man in der that nicht, wo der aufgestellte unterschied zwischen dem
theoretischen und dem praktischen unmittelbaren denken bleibt, und
warum denn nicht eben so gut wie dort die erkenntnis der obersten
principien trotz der hilfe der induction*" als eine unmittelbare an-
gesehen wird, hier yon der richtigen meinung ttber den zweck bei
ihrer analogen entstehungsweise ein gleiches gelten soll, soll die
quelle der yirtuositftt in diesem richtigen meinen, wie wir sahen, nach
Vn 9, 1151^ 18 f. naturell oder gewOhnung sein, so ist ja obendrein,
wie Bamsauer (s. 410) richtig bemerkt, die gewöhnung eine art yon
praktischer induction. wollte man aber vielmehr mit Zeller an einer
richtigen erklftrung jener wort« verzweifeln und sie als einen spä-
tem Zusatz entfernen, so bliebe damit die Schwierigkeit nach dem
bemerkten noch immer dieselbe, und Überdies enthalten die nächsten
werte TouTuiv oOv Cx^tv bei aTcOf^ctv, auTr) b * icvX voCc eine fol-
gemng (ofiv), ftir welche jene begründung unentbehrlich ist: denn
deshalb allein ist die aufßässung des letzten gliedes in der kette der
mittel und des inhalts der zweiten praktischen prftmisse** eine art
von sinneswahmehmung, weil diese beiden gegenstände etwas ein-
zelnes und nicht etwas allgemeines sind.'" das alleranstöszigste end-
lich sind die schluszworte biö xal dpx^ Kai T^Xoc voCc * £k toAtuiv
jap a\ äitobe&tc xal ncpl toutuiv, die Zeller ganz mit schweigen
fibergeht. Eassow (s. 31) bezieht das btö auf ö voOc Tu>v £cx<iiTUiv
in' dpipdrepa usw.; dann wäre also der sinn: der theoretische voOc
ist anfang und der praktische ende; dazu passt aber die begrfindung
nicht: denn unter toutuiv kann nichts anderes gemeint sein als vor-
her, eben jene beiden objecto des praktischen unmittelbaren denkens,
mog^T das verderbte xoOqMt xal 8, 1141 >* 20 rechtfertigen, aber ich
wenigsteos vermag den «n dieser stelle erforderlichen sinn nur so auf-
anfassen t wer ans blosser erfahrang die thatsache (ön) kennt, dass
Togelfleisch eesnnd ist, ohne die Ursache (öiÖTi), dass nemlich alles
leichte fleisch (r^sand ist, ist ein besserer arst als wer letsteres weiss,
wenn er nicht snj^leich weiss welches fleisch, nnd also auch nicht dass
vogelfleiseh leicht ist.
*^ sweite anal. II 83. denkt man sich aber die sache so, dann wird
man anch nicht mehr mit Ramsaner (s. 410} behaapten können: 'syl-
logismnm si ezcogitaveris qaemlibet irpamicöv, invenies propositionem
minorem omninm minime ad t6 t^oc oC Cvcko vel ad t6 6p€KT6v
specUre.' *^ 8, 1139^ 29 ff. ciciv dpa dpxal 4£ lüv ö cuUoTtC|AÖc, div
OOK {cn cuXXotiCMÖc- ^varuit^ dpa vgl. Zeller s. 192 £F. 240 ff.
— denn diese sind sonach wledemm unter toOtuiv verstanden wie vor-
her nnter aOrai, nnd nicht geht toötuiv aaf Ti&v koO* Ikocto. ^ III 6,
1112^ 34 ff. oM4 hi\ tä koB* Ckocto, otov et dpxoc toOto f\ ff4ncirrai
die M' aice^ceuic rdp toOto. VII 6, 1147« 26 ff. f) fi^ fäp KaOöXou
MCa, i\ b* Mpa ircpl tOiv koO* Ikocto 4ct(v, div alc6r)Ctc i\^r\ Kvp(a.
ferner s. anm. 76. 88.
758 FSasemilil: studien zur Nikomacbischen ethik.
des moralischen sinnes. soll aber sonach vielmehr dieser praktische
voOc anfang und ende sein, so ist zwar an sich gegen die bezeichnung
des praktischen Schlusses durch diröbeiSic nichts einzuwenden , die
sich yielmehr auch im folgenden und VII 5, 1147* 20 findet, aber
wie wunderlich ist doch hier diese begrttndung aus der natnr der
dirobciEctc, nachdem gerade der theoretische voOc im gegensatze
zum praktischen als der KQTa rdc diTobe(E€ic bezeichnet worden ist!
und da der satz xal dpx^ Kai t^Xoc voCc sich bereits als eine fol-
gerung (btö) aus der vorangehenden auseinandersetzung darstellt, so
kann die hinzugefügte begründung nur etwas enthalten, was ein-
schlieszlich bereits in jener auseinandersetzung schon mit gegeben
ist. versteht man nun unter diröbciStc hier nicht blosz den prakti>
sehen schlusz, sondern auch die berathschlagung, was sich freilich
sonst nirgends findet^ so ist allerdings für das eine der beiden ob-
jecto, das fqcaTov kolX £vbexö|üievov, die sache klar: denn gleichwie
aus ihm die anscHauung des zwecks hergeleitet ward (ix toutuiv),
so dreht sich anderseits (nepl Tourmv) um seine auf&ndung die be-
rathung und schlieszt mit ihr: eine unmittelbare anschanung aagt
uns, dasz dies mittel das letzte ist, welches wir zum beginn der
ausführung zu suchen hatten , gleichwie in der geometrie , dass das
letzte und kleinste bei der Zerlegung der figuren ein dreieek and
nun keine kleinere figur mehr möglich ist (1142* 27 ff.)/* inwie-
fern aber der praktische schlusz sich um die zweite prftmisse drehen
und dadurch yom theoretischen sich unterscheiden soll , darüber ist
im Toraufgehenden nichts zu finden.^ ich sehe keinen andern ana-
weg aus all diesen wirmissen als die annähme, dasz diese ganze
stelle nicht von Aristoteles herrührt, und dasz Tielmehr hinter
9, 1142^ 30 eine auseinandersetzung ausgefallen ist, welche anter
anderem auch dahin gieng, dasz es auch in der praktischen yemanfl
ein unmittelbares denken (voCc) gebe, vermöge dessen wir znr
auffassung des Zweckes gelangen.^ dasz freilich Ar. auch dieses
^* anders freilich Zeller 8. 656 anm., und nicht ohne giiten gmnd,
aber nur «o kommt die ver^Ieiohnng heraus. Hamsaoers bedenken geir«a
die echtheit der betreffenden worte sind also doch wol nicht so gaas
ungerechtfertigt. ^ Teicbmüller s. 261 schreibt: ^mithin mnaa die
praktische Vernunft, da sie die allgemeinen principien des handelns und
praktischen denkena in den obers&tsen erkennt und augleich mit dem
moralischen sinn, der die untersfttse findet, dasselbe ist, notwendig an-
fang und ende sein, dh. sowol Inhalt a!s umfang des praktiachea
denkens.' dabei ist vergessen dass voOc hier nicht die praktiseh« ver*
annft bedeutet, sondern nur das unmittelbare denken derselben.
** ein indicinm fOr diese IGcke ist auoh, dasi der folgende ante t6
ItYT&v bi Koi t6 pouXcöeceai 6ia<p^p€i' t6 tdp ßouXcO€c6ai ^f)T€lv ti
Ict(v wol als ende einer aasgefallenen erörtemng denkbar ist, jetiit
aber schlechthin zusammenhangslos dasteht, überdies finden sich nna
aber X 7. 1177« 17 f. die worte ÖTt 6' icrl 6€Uipi|nK«t (if^ toO voO tfifh-
Tcia KQTd t/|v olKciav dpcT^v) cTpnTai, su denen Ramsaner (s. 690) mit
recht bemerkt, dasz dies nirgends im vorhergehenden steht, indes ar
nun zeigt, dasz an eine unechthelt dieser worte nicht sn denken ist
schlieszt er ans ihnen mit zwingender notwendigkeit einen Terinst im
FSaeemihl: stadienzur Nikomachischen ethik. 759
als eine art von innerm sinne (alcOiictc) oder individnellem tacte
aaffaszte, kann nach seinen von Walter (s. 160 flf.) richtig beleuch-
teien ftaszeningen nicht zweifelhaft sein, die richügkeit der zwecke
die jemand verfolgt, der sittlichen gnmdsfttze welche er sich znr
richtschnnr nimt, hängt stark von seiner individualitftt ab. die rieh*
tige sittliche mitte ist für verschiedene individaen eine sehr ver-
schiedene, 6ines schickt sich nicht für alle/^ wie weit man zu gehen
hat in zom und wie weit vielmehr in Sanftmut, darttber lassen sich
nicht leicht allgemeine regeln geben: denn das hftngt immer vom
einzelnen fall ab, und folglich steht hierüber vielmehr eben jenem
gesunden sinne und individuellen gefflhle jedesmal das urteil zu.^
daher vermag denn Ar. für das moralisch gute nur die Zirkeldefinition
zu geben, es sei das was der gute mann will.^ und nichts anderes
ist das KoXöv und 5 bei : eine so wesentliche rolle es in der bestim-
mung der Charaktertugenden spielt^, bleibt es doch einfach dem
taet des handelnden überlassen zu finden, worin es in jedem einzelnen
falle bestehe, nicht minder unzweifelhaft ist es aber nach 1143*
28 f.^, dasz Ar. auch umgekehrt diejenige alcOiicic, welche die zwei-
ten praktischen prftmissen findet, als eine art von voOc ansah, da-
her sind denn genauer nur die werte Ka\ ^ \xiv . . voOc und h\ö xal
Ag%i\ . . TOiiTUiV 1143^ 1 — 6. 9—11 als interpoliert zu betrachten.
Von den übrigen drei für den praktisch einsichtigen unentbehr-
6n bncbe. 8. jedoch anm. 87. natürlich war die interpolatioo im 12n
cap. erat folge der lücke am ende des 9n.
^* VLicov oO t6 toO irpdTMttTOC dXXd t6 irp6c i^müc 1106 ^ 7. 86 f.
fiberhanpt 8. II 6. 8. 9. ^^ II 9, 1109i> 20 ff. d bk ^ixpi t(voc koI iiti
iröcov i)ickt6c oö ^^^lov Tili Xdxip dipopicai' otbk yäp dXXo oö6^v tiDv
alcOnTOiv» Tä bi TOiaOro ^v toIc Ka8* Ckocto, koI £v Tf] a(c6if|cei i^ xpi-
cic IV 11, 1186^ 8 ff. ö 6i iröcov Kol ml^c napCKßoCvuiv i|ieicT6c, oö
^öiov Ti)» X6vv diro6oOvat' ^v fäp toIc KaO' ^koctq koI tu aic8f|C€i /j
icpicic daher pol. I 2, 1863* 16 n. toOto t^ irp6c rd dXAa l(^ toIc
dMpiimoic T5u>v, t6 ^övov dyaSoO koI kqkoO xal 5iKa(ou koI dbdcou ical
Td»v dXXuiv atc8if)civ ix^iy. etbik III 6, 1113* 88 ff. biacp^pci irXcIcrov
Xcmc ö cirouÖGtloc tift rdAf^e^c ky äcdcroic 6p<bv «Dcirep Kovdfv koI filrpov
ainiby ibv, ferner 1143^ 14 f. (s. anm. 63) 6td ydp t6 i%€\v te ri^c Im-
veipCac ÖMiLia öpd^civ öpOO^c. III 7, 1114^ 6 ff. djcnep 6i|ftv ^ovro,
Q Kpiv€l KaXuOc nsw. (a. anm. 61). Tgl. Bainaaner a. 168 f., der jedoch
billigerweiae den blossen Tergleich VI 13, 1144^ U f. und die yon
Piaton berüber^nommene beseichnnng öp^a i|iuxf|C 1144* 30 (a. anm. 48f .)
hatte ans dem spiele lassen sollen, nnd Zeller s. 838 anm. 2. ''° II 6,
bes. 1113* 23 ff. dpa 9aT^ov 6irX<X)c ^^v koI kot' dXfje€iav pouXT)t6v
ftvoi TdxaOdv, iKdcTifi bi Tö 9aivÖM€vov; rif fi^ oGv cirou6a(ip rd kot'
dX/(6€tav etvai, t4» bi <paOXi|i t6 tuxöv. 38 ff. (s. anm. 76). X 6, 1176*
16 ff. boKct 6* t^ dicoci Tolc TOtoöTOic clvat t6 9otvö^cvov Ttn cirou-
baicp. €l bi ToOto KoXt&c X^tcroi, KaOdircp boKcl, xal Ccnv cxdcTOu
liirpov i\ dpCTf) Kol 6 dradöc 1} toioOtoc usir. vgl. Ramsaner s. 168.
881. '" leb begnfige mich hier die dine stelle anmftthren: III 10,
1116^ 12 f. ToO NoXoO Cvcica' toOto yäp xikoc Tf)c dpcTf)c. 16 rdiv
ftliapTidhr i\ ^iv An 8 oö 6^ 17 ff. o v^ oOv & bei xal oG Cvcica
6iroM4tvuiv xal (poßoö^cvoc . . 6\io{wc bi xal dapptbv dvbp^oc.
^ «Acat Tdp ai buvdjLiCic aörai (nemlicb Tvub^n* cOvccic, <pp6vi|Cic, voOc)
Td)v 4cxdTuiv clci xai rdbv xoO' Ckoctov. a. aber anm. 94.
760 FSusemihl: Btudien zar Nikomachüriien ethik.
liehen eigenscbaften ist die wolberathenheit (eößouXia) ein banpi-
bestandteil der einsieht selber (c. 10), die Verständigkeit (cuvcoc)
und das wolmeinen (TVUiHn) dagegen (e. 11) stehen, weil sie blosz
urteilend (xpiTiKai) sind , zu der befehlenden (^irtTaKTiK/j) einsieht
sogar in einem gewissen gegensatss ^', nur aber dasz doch niemand
einsiehtig und folglich auch nicht im besitz der charaktertugend sein
kann, der nicht auch versttodig und wolroeinend ist die yerstftndig-
keit hat mit der einsieht ferner noch den gegenständ gemein, das
worüber man beräth, also die mittel zum zwecke^, die Verwandt-
schaft des wolmeinens mit ihr ist dagegen zwar die gleiche, aber in
einer beschränktem sphSre, in fragen der billigkeit/* wir erüahren
nicht einmal, ob auch diese eigenscbaften tugenden sind, dasa ihnen
ein gewisser Charakter des natürlichen und angeborenen anklebt "*,
gleichwie jener Hugend' im richtigen meinen über den zweck",
spricht vielleicht eher dagegen, im ersten buche 13, 1103^ 5 f.*'
ward die Verständigkeit allerdings mit als beispiel unter den ver
nunfttugenden aufgeführt, aber doch nur nach dem laxem begriff,
nach welchem jede löbliche bleibende beschaffenheit ({£ic) tagend
genannt wird"', so dasz folglich dort auch die mäszigkeit, die her-
nach, wie bemerkt, von den eigentlichen tugenden des diarakters
gesondert wird, als eine solche hätte angeführt werden können; im
sechsten buche dagegen gilt der strengere begriff, nach welehem nur
solche ££eic tugenden sei es des erkennenden sei es des überlc^n-
den vemunftteils sind, xaO' Sc ^dXtcr' dXii6€U€i ^Kdrepov, ans die-
sem gebiet aber ist, wie schon bemerkt, die b6£a ausdrücklieh aus-
geschlossen worden (1139** 12 — 18, s. o. s. 741. 751), die versün-
digkeit aber wird** als Kpivciv tv itjjt XpflcOot T^ hoirj bezeichnet. **
^* 1143* 6 ff. 6i6 YTCpl T& ainä ^iv tI) 9pov/)C€i icriv, oök €cn U
Tairrdv cOvccic xal q>pövticic* f| ptiy yäp cppovricic ^iriToicTucf^ knv . .
i\ bi cOvccic KpiTiK^i MÖvov. 13 ff. ^v Tip XP^ceai tQ öölq [^iri] t6 iqpivciv
ir€pi Toütuiv ircpl «Bv i\ q>pövi)c(c kriv, dXXou kifOYToc, küX .xpivciv
KOAdic. 19 f. 1^ . . Tvi^Mn . . 1^ toO dmeiKoOc icri Kpicic 6fM[, S3 f . ^
bf| (80 Trendelenbarg statt hi) cutTv^MH T^^MH ^ctI KpiTiKif^ toO imt-
€tKO0c 6p6f|' 6pef| b' f| ToO dXfieoOc (dXv^eOic Trendelenbnrgl. 29 f. ly
}xiy T(li KpiTiKöc ctvai iT€pi dfv 6 9PÖVIM0C, cuvctöc xai cuTvU>|Mtfv l\
cuTTV(iI»MUiv (vielleicht Ist f\ cuyirvtifMUiv nor eine onricbtige in den text
gedrungene Variante) usw-, s. anm. 81. '* 11, 1143* & ff. s. aam. S8.
79. *' indessen fügt Ar. 1143* 31 f. unmittelbar nacb den aans. 79
angef. Worten hincn: rä T&p ImctKf) KOivA T(Dv droOdbv AirdvTunr Icrlv
Iv tCji irpöc dXXov. ^ 18» 1143** 6 ff. 6i6 xol ^uciKd boKct clvoi n^ro,
Kai 90c€t co<pöc ^^v oöbcic, TvtJ^MVIv b* ix^w koI cOvcctv koI voöv. o^
^ctov b* dn Kai TdTc /|XtKiatc oiö^eOa dxoXouOctv, xai ffi€ i\ f^wia voOv
IX€i Kai yy\bitr\y^ die if\c qn^ccuic alrCac o(ki)c . . diCTC bei vpoc4x€iv Tiinr
i^ircCpuiv Kut vpccßuT^ptuv usw. s. anm. 63. 75. *^ s. anm. 46.
^* C09(av fiiv Kai cOvcctv Kai 9pövi]civ btavoi|TiKdc "^ s. 9 f. ti^
{Scuiv bi T&c ^icaivcTdc dpCTAc A^ro^cv. ** 1143* 13 f., s. aom. 79.
^ freilich fehlt ebenso gut die erklärnng, ob auch 4incTtf|Ki| sod
voOc Innerhalb der theoretischen yernunft tugenden sind oder nur co^lo.
doch hat es damit wol eine andere lewandlnis. das sechst« bock ser-
fällt in zwei hanptteile. der erste (bis 7, 1141*20 Tt^lttrrdTUlv} kaadelt
▼OD den verstandestugenden überhaupt, der sweite (s. 13, 1143^ 16 ff.
FSüsemibl: Btiidien snr NikomaehiBclien ethik. 761
Noch mehr, es wird nicht einmal ansdrficklich gesagt, ob yer-
siändigkeit und wolmeinen gleich der einsieht der praktischen oder
ob sie -'^ der theoretischen yemnnft angehören, doch kann nach der
nator der sache ersteres wol kaum zweifelhaft sein, denn beide be*
ziehen sich auf das praktische handeln: wer die charaktertngend der
billigkeit (iirtcfKeta) ausüben will, bedarf dazu yor allen dingen des
wolmeinens, und wer in fremdem auftrage handelt, der yerstftndig-
keit, nemlich der richtigen beurieilung des ihm aufgetragenen«*
Ist dies nun aber richtig — und TeichmüUer (s. 210) hftlt es
ja daftbr — so kann der befehlende Charakter der praktischen ein-
sieht unmöglich, wie TeichmüUer (s. 36 — 88) gegen Walter darzu-
thun sucht, aus der unter allen umstftnden befehlenden natur der
ersten prämissen in den praktischen Schlüssen hergeleitet werden,
denn wer den handelnden richtig beurteilen wiU, musz ja genau den*
selben schlusz machen, durch den der handelnde sich zum handeln
antrieb, genau denselben schlusz zb., den jener machte, der seinen
yater schlug: ^obersatz: was uns angeboren und also natumotwendig
ist, dürfen und wollen wir thun; Untersatz: in unserer familie ist es
angeboren seinen yater zu prügeln; schluszsatz: also darf und will
ich den meinen prügeln' ^ musz der wolmeinende beurteiler in jenes
seele ihm nachmachen, wenn er ihn wirklich billig beurteilen will,
noch mehr, der obersatz 'leichtes fleisch ist für kranke heilsam' "^ i^t,
Ti }Uy oOv icny i^ 9pöviicic xal t\ co<p{a, xal ir€pl rWa iKorifM Tvtxdvci
oOco, Kol ÖTi dXXou Tf\c H^^c MopCou dpcriP) ^Korr^pa, eTpi^Tar öianopfT-
ceu b * dv TIC iTCpl oOrilbv ri xpi^Ci^oi ctav) genaaer von der co<p(a und
9p6vficic im besondern and namentlich Ton der letstera. Tom ersten fehlt
das ende, in welchem unter andern ausgeführt worden sein mnss, waram
der knnstTerstand (t^x^) a>> *ich noch keine togend ist, dass es aber
eine tagend desselben gibt, and worin sie besteht (s. 6, 1140** 22 T^xvnc
fxiy €cTiv dpCTf|, ^poWjCCUic h* oOk (Lcrxy. 7, 1141* 12 dprrf) T^xvnc)i
und ferner, ob anszer der co<p(a aacb voOc and ^mcT/mn tagenden der
theoretischen yemunft sind, und wenn nicht, warnm nar die erstere and
nicht die beiden letzteren, vom zweiten haaptteil aber fehlt aoeh noch
der anfsng. die X 7, 1177* 17 f. citierte stelle (s. anm. 73) kann daher
allerdings anch vielmehr in dieser lücke gestanden haben. Ramsaaer
hat die letztere and in der haaptsache, wenngleich nicht ohne Irrtümer
im einselnen, anch schon den ranzen sachyerhalt richtig erkannt, sollte
aon aber Ar. in dem aasgefulenen wirklieh, wofür manches spricht
(s. Döring 'kanstlehre des Aristoteles', Jena 1872, s. 62 ff.), sogar der
^ictcrfuit) nnd dem voOc der theoretischen vemanft den yoUen tagend-
Charakter aberkannt haben, so ist yoUends gar nicht daran zn denken,
dasz er ihn der cOvccic, der Twiffiri, dem anmittelbaren voOc anf dem
praktischen gebiet hatte znerteilen wollen, am von der €(^uXki gar
nicht SU reden. Übrigens ygl. noch anm. lOS.
•7^ wie yon der yerstandigkeit Walter Jen. litt.-stff. 1877 s. 28 be-
haoptct. "* dieser fall liegt aber in dem dXXou Xctovtoc lliS« 16
(s. anm. 79) offenbar mit eingeschlossen, vgl. das Kpivctv Iv Tt}» XP^cOoi
TU MEq B. 18 f. mit pol. III 4, 1277 >» 28 f . ^»xOM^vou 64 T€ o6k £ctix.
dprdi 9p6vi|ac, dXXd 64Sa dXnef|C and mit dem alcOävccOoi gegenüber
fremdem befebl pol. I 8, 1268^ 84 («pooic6av6^€vovi and 6, 18641» 22 .
TeichmüUer s. 60. ^ VII 7, 1149^ 8 ff. TeichmüUer s. 80.
>• VI 8, 1141^ 18 ff. vgl. anm. 6«.
762 FSusemihl : Studien zur Nikomachischen ethik.
für sich beti-achtet, sogar ein reiu theoretischer, naturwissenschaft-
licher satz, der als solcher in einer abhandlnng über gesundheit nnd
krankheit völlig am orte ist, aber er ist so geartet, dasz er zugleich
als erste pr&misse eines praktischen Schlusses gewandt nnd als solche,
aber auch nur wo es sich nicht um blosse beurteilung handelt, be-
fehlend werden kann, in der that ist aber auch die aufiFassong Wal-
ters (s. 480 ff.) unhaltbar, wie schon Zeller (s. 651 anm.) richtig
andeutet, wirft Walter (gleichwie auch Bassow s. 128) das bermth-
schlagen mit dem praktischen schlieszen fl&lschlich in eins zusammen,
und genau auf diesen nemlichen yerkehrten boden stellt sich Teich-
müller bei seiner polemik gegen ihn , indem nach diesem gelehrten
(s. 41} alles praktische denken'* sich *in einem Schlüsse formulieren
Iftszt, dessen obersatz den zweck setzt, dessen Untersatz das mittel
auswShlt und dessen schluszsatz das mittel mit dem zweck vereinigt,
dh. handelt', dann musz das überlegen wol überhaupt kein prak-
tisches denken sein : denn dieser sjllogismos schlieszt an sich die
Überlegung noch keineswegs ein« denn so folgert auch wer 'plötz-
lich' handelt und nicht erst Überlegt^; erst wenn hindemisse ein-
treten , wenn das mittel noch wieder andere voraussetzt und nicht
von vom herein klar ist, welche es sind, und ob diese alle auch in
unserer macht stehen , tritt Überlegung ein , je nach deren bejahen-
dem oder verneinendem ergebnis die handlung vollführt wird oder
nicht, wol aber setzt sonach alles überlegen einen praktischeii
schlusz voraus, dessen schluszsatz aber noch in der schwebe ist.
selbst mit Zeller (s. 651 anm. s. 654 anm. 1) kann ich daher nicht
dahin übereinstimmen, dasz dieser schluszsatz mit dem der berathnng
(dem £cxo(TOV iv tQ dvoAucct) einerlei sei. der inhalt des erstem
ist vielmehr die gesamte handlung oder ausführung, zb. eine reise,
der des letztem nur die erste Vorkehrung (irpurrov, äpxAt s> ^xim. 61)
zu derselben, zb. die herbeischaffung des nötigen reisegeldes. woher
aber der befehlende oder gebietende Charakter kommt, welcher der
praktischen einsieht oder der zur virtuositftt gediehenen kunst rich-
tiger Überlegung und auszerdem auch in bezug auf andere richtnngen
ihrer thfttigkeit" der praktischen vemunfb beiwohnt, darüber hat
Ar. seine meinung nicht einmal angedeutet, und wir werden wol am
besten thun es auf sich beruhen zu lassen, ob er sich überhaupt eine
klare und bestimmte meinung hierüber gebildet hatte. ** deeto
'* etwa auch jenes indnctiv««. daroh welches der obertats, nad das
wAhrnehmungarteil , durch welches der nntersats -ge fanden wird?
"* VII 6» 1147« 80 ff. npdrreiv €Ö8i)c, olov cl iravröc t^uk^oc Tc0cc6at
6€l, Toirrl bi yXukO . . dvdnpni t6v öuvdMCvov xai fif| kuiXu6m€vov d^o
toOto Kai vpOTTCtv. dnmit vgl III 4, 1111^ 9 f. koI rä ilai^ytic
iKoOcta ^iv X^o^€v, Kcrrd irpoa^cciv ö' oO. ** so in der allerdin^
dorchans gebietenden aofstellnng des obersatses, iitX Td ß^Xricra npe-
.KoXdv I 13, 11021» 16 f. (s. anm. 40. 64), vgl. MroTMa VII 7. 1149« Sl
und ps/ch. III 9, 438* 1 ff. imTdtrovTOc toO voO usw. ferner a. VII 5,
1147* 31 f. Orav oOv i\ v^ky icaOöXou (sc. 6öEa"«der obersaU) 4vfl icu»-
XOouca TcOccOm. *^ die sweiten prftmissea der praktischen acUBsie
dSrften wol in den meisten Wien an sieh rein tbeoretiscbe nnd nicht
FSiueiiiihl: stadien snr Nikomacliiicben ethik. 768
iweifelloser igt aber, dasz die thfttigkett der praküsehen yemanft
eieb weitaus nicht aaf das berathschlagen oder überlegen bescbriLnkt,
und wenigstens im groszen nnd ganzen aucb , was alles noeh sonst
an dieser tbfttigkeit gebOrt.
in. DIE THEORIE DER ETHIK.
Anch die diseiplin der etbik wird , wie icb jetzt im gegensaiz
zn froher j^billigten ansichten zugeben mosz, insofern ihr erzeognia
sein, als derselben wiederholt eine praktische tendenz nnd mithin
gleidifalls eine art yon gesetzgebender nnd gebietender natnr zuge-
sehrieben und gesagt wird , duz nicht im erkennen selbst ihr zweck
liegt.»
Nicht zwar kann mit Teichmttller genauer als der erzengende
fMStor dieser seiner ethik und politik im sinne des Ar. die praktische
einsieht angesehen werden, nachdem sich gezeigt hat, dasz diese yon
Ar. ttberall nnr auf die mittel bezogen wird.** die gründe oder yiel-
mehr tmgschlttsse, mit denen TeichmflUer (s. 12 — 35) diese seine
behauptnng gegen Walter zu beweisen yersndit hat, einer eingehen-
den Widerlegung zu unterziehen, dazu gebricht es mir hier freilich
an räum; yielleioht bedarf es aber anch einer solchen nicht einmal,
wo man die Unrichtigkeit des resnltates nachgewiesen hat.**
Denn soweit es immerhin doch auch einen gemeinsamen lebens-
zweck für alle menschen überhaupt im sinne des Ar« noch gibt, ist
yon diesem und yon nichts anderm diese seine ethik die darstellnng:
zu dem umrisz, welchen das erste buch bis zum ende des 12n cap.
vom begriffe dieses höchsten guts oder der menschlichen glückselig-
keit entwirft, gibt alles folgende die ausführung, und wir finden
nichts was aus diesem rahmen herausträte, selbst nicht die beiden
bücher über die freundschafL**
praktische sZtse sein (sb. Touri yhiKÖ annu. 92). wenn also Ar. die«
Jeaige alcOnac («> voOc, s. s. 769), dnrch welche sie gefunden werden,
ohae weiteres cur praktischen yemnnft rechnet, so erklart dies Teich-
mfiller s. 994 ff. richtig aas dem praktischen interesee, ans welchem sie
hier allein aufgesucht werden, aber wie seltsam ist doch der gedaake,
dass derselbe satz je nach den umständen Ton einer yerschiedenen
yemanft erdacht werde!
•• I 1, 1095« 4 ff. Tö T^Xoc Icrtv oö yvi^^cic dXXA irpüEtc II 9,
1108^ 26 ff. X 10, 1179« 86 ff. ** ans diesem gründe halte ich denn
anch Teichmfillers fibersetsnng yon <ppövT|ac durch Mebensweiaheit' (an
aadam stellen wählt er vielmehr ^besonnenheit') für yerfehlt nnd die
TOB ihm (8. 87) bemängelte dnrch 'einsieht' oder genauer 'praktische
einsieht' für die yerhMltnismässig noch immer beste.* ^ gleich s. 14
wird ans dem dem praktisch einsichtigen snkommenden sichwol-
berathen über die geeigneten mittel, die gut nnd nfitslich sind sn
dem gemeinsamen swecke aller, dem glflckseligen leben (tö ödvoctei
MoXtfjc ^ouXciicacOai ircpl Td a(n^ droOd koI omqi^povTa oö Kord
M<poc..dXXAiro1oirp6cT6€0rf)vöXuic VI4, 1140«26ff.) ein 'erkennen
des guten allgemein' gemacht, mit solcher exegese kann man frei-
lieh alles beweisen, und so geht es im folgenden weiter. ** denn
glückseligkeit kann der firenndschaft nicht entbehren^ mag man nnn
764 FSusemihl : Studien zur NikomachiBchen ethüc.
Aus dem gebiete sirenger beweisfühmng oder dedttciion (dntö-
bciSic) wird nnn diese disciplin tob Ar. selbst ansdrttcklidi in das
der induction und des bloszen mehr oder minder richtigen meiaens
verwiesen**, und nicht einmal jener möglichst irrtumafreie Charakter
bleibt ihr, welcher auf dem felde des praktischen denkens der ein-
sieht den rang einer wirklichen tugend verleiht, dem Periklea wird
der name eines einsichtigen Staatsmannes deshalb nicht abgesprochen,
weil er in philosophisdber Staats- und moralphilosophie noch nicht
geschult war. '^ Ar. erkennt an, dasz man auch ohne sie durch er-
fahrung tüchtig werden könne, aber nicht durch sie ohne erfahrung. **
aber durch sie verbunden mit erfahrung wird der mensch am besten
in seinen handlungen geleitet sein. '^
Nun liegt aber auf der andern seite nach Ar. der höchste gipfel
menschlicher glückseligkeit nicht im handeln, sondern im erkennen,
und eine disciplin die dies lehrt '^' tritt doch wiederum weit aas den
schranken blosz praktischer vemunftthfttigkeit heraus, soll femer
dieselbe doch auch gleich den theoretischen Wissenschaften eine q>iXo-
coq)ta sein'®\ so begreift man nicht recht wie sie dies könnte, wenn
sie nicht auch eine theorie ist, sondern einem andern teile der Ver-
nunft angehört* eine von Teichmüller ganz übersehene stelle der
dAranf sehen dass sie als th&tige ausübang der tagend definiert, oder
darauf dasz eine gewisse xoptlT^u von Saszern gfitem %n ihr verlangt
ist: IcTi yäp dp€Tn Tic fj mct* dp€Tf|c usw. Vni 1, 1156* 1 ff. ^Uouc
. . 6 boK€\ Tibv iKTÖc dTa6ü[)v ^It^tov ctvot, vgl. freilich 17 7, 1123^
20 Tl^fl . . M^CTOV . . TlIlV iiCTÖC dTo80(»v.
•»11, 1094^ 11—27. c. 2, 1095* SO— * 13 (c. % 1098« 26 ff. wol no-
echt). II 2, 1104« 1 ff. (anch von zweifelhafter eehtheit). VII 1, 1145^
2 ff. IX 1, lies« 12 ff. vgl. das 6pdob<^€lv iT€pl tV^v dpx^iv VII 9, 1161« 19.
*^ VI 6, 1140 >* 7 ff. b\ä toOto ITcpixX^a Kai toOc toioOtouc 9po-
v(^ouc olö^cOa ctvai nsw. ^^' freilich steht der dies ansdriiekUch be-
sagende Satz i&ct€ 6€l dM9U) ixtiy f^ To6Tr|v ^dXXov VI 8, 1141^ 21 f.
in einem passns von höchst zweifelhafter eehtheit, i. Rassow s. 45, aber
auch das voraufgehende z. 16 ff. Iftuft auf dasselbe hinaus, s. aam. 69. X 10,
1181 M ff . >^I 1, 1094« 22 ff. 1096- 10 f. ^^ X 7—9. aber aaeh fiber
das 6e buch kann ich znmal anf gmnd des anm. 87 angedentelen nicht gaas
so urteilen wie Zeller (s. 648 f. mit anm. 2) thoi, um so weniger da c, 1
schwerlich dem Ar., sondern wol dem Eudemos gehört, allerdings kommt
es dem Ar. hier hanptsftchlich darauf an, das wesen der q>p6vT|ac in ihrem
Verhältnis sowol zu den charaktertngenden als zu den übrigen veranaft-
togenden darzulegen, aber ich musz bestreiten dasz die letstera hier
überhaupt nur zu diesem zweck in betraeht kommen, freilich werden
sie auch nicht um ihrer selbst willen behandelt, was nicht in die ethik
gehört, wol aber nur nach ihrer bedeutung für die menschliche gI8ck>
Seligkeit überhaupt, und so spricht sich denn auch in dieser ihrer
sehulemden behandlungsweise dieselbe widerspruchsvolle doppeldeutig-
keit aus, welche charakteristisch ist für diese ffanze Arisloteliaeke
disciplin. vgl. die treffenden bemerkungen von Sehleiermacfaer aber
die ethischen werke des Ar., werke zur philos. III s. 818 f. <^ I 4,
1096^ 31. (X 10, 11811» 16 1^ ircpi vd dvOpdiinva <piXoco9(a steht in eimm
unechten abschnitt.) und wenn Ar. met. VI 1, 1026* 18 sagt, es gebe
Tpctc 9iXoco9kn OettipT|TiKa(, so setzt dies nach der richtigca be-
merkung Zellers (s. 178 anm.) das Vorhandensein auch von ^lÄoco^tai
irpaKTiKoi und notfiTtKal voraus, femer s. aam. 106.
FSasemihl: Stadien sur Kikomachuchen ethik. 765
Politik'*' zeigt uns denn auch dasz Ar. keineswegs durchweg sich
selber treu bleibt im festhalten eines blosz praktischen and nicht
rein wissenschaftlichen Zweckes seiner ethik and politik. and wenn
es nach ihm im unterschiede yon der Wissenschaft oder erkenntnis
(£1^tCTlfj^1l) im strengen sinne auf dem gebiete des meinens nicht
blosz keine wirklich swingenden beweise, sondern auch keine defini-
tionen gibt*^, so trifft dies letztere bei der ethik nicht im mindesten
zu: so sehr bewegt sidi dieselbe durchweg in der gewinnung und
nihem ausftlhrung von definitionen.
Schon das yorstehende, so wenig es den stoff erschöpfen kann
und soll, dfirfte genflgen, um mich gegen den yorwurf der Unbe-
sonnenheit zu yerteidigen, welchen mir Teichmttller (3. 429) wegen
meiner beurteilung yon Walters buch gemacht hat, und es zu recht-
fertigen, wenn ich trotz mancher abweichender ansichten, deren yor*
handensein anzudeuten ich schon damab nicht unterlassen habe'^,
an der Überzeugung, dasz dasselbe ein bedeutendes ist, im gegensatz
zu Teichmflller auch heute noch festhalte, die gleiche Überzeugung
yon TeichmtUlers neuestem werke dagegen trotz alles in demselben
enthaltenen reichlichen und aufs ftuszerste gesteigerten selbstlobes
weitaus nicht in gleichem masze zu gewinnen yermocht habe.
** HI 8, 11 ff. T(p bk ircpl licdcTT)v fA^eo6ov <ptXoco9oOvTi xal iti\
liövov diroßX^iTOVTi irpöc t6 irpdTTciv oUctöv ktirö fifj nopopdv
^T)6(^ Ti KaTaXc(iT€iv, dXX& ön^oOv Tf|v ircpl Ikoctov dX/|Oeiov. vgl.
Zeller 8. 607. «^ met.xVll 14, 1039 ^ 81 ff. cl oOv f) T* diröftciEic tO^v
dvoTKatuiv Koi 6 6ptc^6c ^mcrn^oviKÖc, ical oök ivb^x^Tui, i&cirep oM'
lincTf|yjir|v &ti ukv liriCT/}iAf)v M 6* Afvoiov clvoi, oXXd ö6Ea t6 toi*
oOt6v 4ctiv, otfriuc oOÖ' dit66€t£iv oM* 6piCfi6v, dXXd 66Ea icti tCjv
ivÖcxou^vuiv dXXuuc iSxeiv, öffXov öti oOk dv ctn aOruiv oÖt€ öpicfiöc
oOre dYr66€iEi€. ^*^ Teichmttller spricht denn aach nur yon meiner
ansserong in Bnrsians jahresberioht III s. 364, meine anzeige im pbilol.
ans. Vn (1876) 8. 132 ff. scheint er sIbo ffar nicht einmal la kennen,
and was soll es heissen, dass er gegen die beorteilangen yon Prantl
nnd mir die yon Heinse ins feld ftthrt, welche genaa ebenso yorteilhaft
ist, ja Walter in pancten beistimmt, in denen ich es nicht vermag
(s. o. s. 764) !
Obbifswald. Franz SussiaHL.
ZU PLAT0N8 APOLOGIE.
1. Der alte streit, ob |üiuu)I|i s. 30* sporn oder bremse bedeute, ist
neuerdings von HUhle nnd ChCron oben s. 106 ff. 403 ff. wieder auf-
genommen worden, beide machen für ihre sache, Uhle fttr die bremse,
Cron fOr den sporn, die grasten anstrengungen , und der ausgang
des kampfes ist der art, dass ein entschiedener sieg keinem der bei-
den ringer zuerkannt werden kann, ein Cq>€bpoc aber doch sich lieber
766 NWecklein: zu Piatons apologie.
mit ühle als mit Cron zu messen geneigt sein dürfte, denn der aus-
dmck Tf)v f)M^pav 5Xt)V iravTaxoC npocKaOtluiv, besonders aber die
fortsetsnng dicirep o\ vucrdZcvrec dycipöiuievot KpoucavT€c dv pc
. . ^biuic &v diTOKTeivaiTe macht die yorstellong der Stechfliege so
klar, dasz sie jedem unbefangenen erUftrer eingeleuchtet hat und
einleuchten mnss. die erOrtemng yon Cron, welche zwar nicht das
alter das des spomes bedarf venrftth, wol aber an Nestor erianai,
kann hieran nichts ifcndem. auf der andern seite musz man Cron
einräumen , dasz \'n'n\\i . . beo^dvifi iT^lpccdai imö ^uuinöc Tivoc
nur an den sporn denken Ittszt: denn b€0^^vt{i wSre doch bei der
vorsteUung einer bremse geradezu widersinnig, ganz gut bemerkt
Cron, dasz die bremse weder nach menschlicher noch nach pferdlicher
auffassung zu den erforderlichen und zweckdienlichen erweckungs-
mittein gehOre. Uhle wendet allerdings ein, dasz man dann önö toO
püuiiioc erwarten mttste; aber dieser einwand wird sich gleich er-
ledigen, die Wahrheit liegt diesmal nicht in der tiefe, aonden auf
der oberflflche. die streitenden vergessen, dasz der Grieche Ar beide
dinge den 6inen ausdruck ^üuii)i hat, ^uuii|i bedeutet natürlich ur-
sprünglich Stechfliege und ist nach der band, man möchte sagen yon
der yorstellung des pferdes aus, auf den sporn des reiters fibertra-
gen worden, gestatten wir einmal dem deutschen wort 'stechfliege'
den gleichen gebrauch, so wird die stelle keinen anstosz bieten: wir
werden an das insect und nur bei uirö jüiuuJTröc Ttvoc an die be*
sondere art yon Stechfliege, den sporn des reiters, denken.
2. In den werten caqx&c T^p äv, €i ir€(6oi|Jii ö^fic KaiTi|i
bckOai ßiaZoi|üiT)v ö^w^OKÖrac, Ocouc &v btbdcKoifii pfi fpreicOai
ö^fic eTvat usw. s. 35^ enthält irciGot^i einen Widerspruch mit dem
an die spitze gestellten satze X^iplc bk Tf)c böSric, \b ävbpcc, oObi
btKQiöv MGI boKcT eTvai b€tc6at toö btKacroO ovhk b€6^€V0V diro*
q>€UT€iv, dXXd bibdcKCtv Kai ireiOetv. wenn Sokrates rrciOci touc
btKacrdc, so handelt er recht und zwingt nicht die richter pflicht-
yergessen und meineidig zu werden, der sinn erfordert lKeT€UOl^l
für neiOoipt: ygl. s. 34« £beii6r) T€ xal Ik^tcucc touc biKOcrac (icrd
TToXXdjv baKpuujv.
3. Wenn Sokrates s. 40^ den tod welcher den menschen aUer
empfindung beraubt mit einem tiefen schlafe yergleicht, in dem man
nicht einmal yon traumbildem beunruhigt wird, und um eines sol-
chen erquickenden scblafes willen den tod einen unyergleichlidieii
gewinn nennt, so hört sich das sehr glaublich und schGn an, und
auch Cicero bat sich wol bei seiner Übersetzung der stelle davon ein-
nehmen lassen und nicht bedacht, dasz das erquickende und süsse
des Schlafes erst beim erwachen gefühlt wird.
Bambbso. Nioolaus Wxoszjmu
AFleckeüen : sn PUmtus Epidicus [t. 64. 66]. 767
103.
ZU PLAUTUS EPIDICUS.
y. 64. 65 lauten bei OOtz:
giM nunc me reUnü? f amaine istam quam 4mU de praedd?
f roffos?
d4perit. T herde däegetwr oMum de iergö meo.
dasz in der frage des Epidicus d6r begriff auf dem der faauptnacb-
drnck liegt, amaine^ vollständig in der thesis verschwinden sollte,
ist meinem gefühl nach unmöglich und vom dichter sicher nicht zu-
gelassen , wenn das mittel es zu vermeiden so nahe lag wie hier, er
brauchte nur umzustellen istam amatne und den vers in metrischer
rttcksicht an die vorhergehenden iambischen octonare sich an-
schlieszen zu lassen, so war alles in Ordnung, dasz die fragpartikel
ne nun erst an das zweite wort des satzes angehängt ist, darf nicht
irre machen: man vgl. Asin. 928 anima fetäne tuooris tuae? Bacch.
839 üUxm meretricemne esse censes? und andere stellen bei Brix zu
Trin. 375. überhaupt wird diese partikel bekanntlich nicht an das
anfangswort des satzes als solches gehängt, sondern an dasjenige
wort auf dem der hauptnachdruck der frage liegt, und dieses des-
halb gewöhnlich an den anfang des satzes gestellt; unter umständen
kann es aber sogar am ^ide desselben stehen, wie Bacch. 331 sed
ieticTJ^eoinims divesnest? oder Tnu.S7S smedt^uxoremne? (wo das
ne allerdings nur auf conjectur beruht).
Der zweite der obigen verse erregt in dieser fassung einen
schweren prosodischen anstosz. kann d^erü in den versmaszen des
dialogs Oberhaupt einen daktylischen wortfusz vertreten? soweit ich
die frage verfolgt habe, ist dies nie geschehen, sondern deperü und
ähnliche wortformen haben, ohne rücksicht auf consonantischen an*
laut des folgenden wertes, immer einen creticus gebildet, nun
stimmt aber die obige fassung auch gar nicht mit der Überlieferung
aberein: die hss. geben blosz deperü. t detegetur carium usw., und
Nonins s. 278, 19 bietet dazu die wichtige Variante degUur [ver-
schrieben ans degetur] carium de tergo meo, mitdemlemma degere
est deträhere, diese lesart durfte nimmermehr sich im kritischen
apparat verstecken, sondern sie gehörte in den text. die heraus-
geber des Plautus, die mit einziger ausnähme des Pius alle deiegeiur
aufgenommen haben, haben sich, wie mir scheint, zum teil hierzu
verführen lassen durch die analogie des deutschen abdecken ^ 'ge-
fallenem vieh die haut abziehen'; aber diese analogie ist nur schein-
bar: die gesamte latinität liefert ttir diese bedeutnng von detegere
kein beispiel, und da Nonius, ohne zweifei aus älteren guten quellen,
degere in diesem verse ausdrücklich durch deträhere erklärt, so war
d^geiur in den text zu setzen, wir erhalten demnach als gesicherte
Überlieferung : deperü. \ degetur carium de tergo meo. das ist kein
vollständiger vers. voraus gehen, wie bemerkt, iambische octonare;
768 ELudwig: zu den glowen des Placidus.
mit y. 66 beginnen trochäische septenare, nnd mit diesen werden
wir am zweckmSszigsten nnsem v. 65 in dbereinstimmnng bringen.
vergleicht man nun Baoch. 206 f. ecquidnam meminü Mnesttoeki?
IT rogas? immo unke unum pturumi pendü — so wird die yerroll-
ständigung von v. 65 durch ein am anfang zugesetztes imrno wenig-
stens nicht als unplautinisch erscheinen, die beiden verse 64 und 65
würde ich demnach so zu lesen vorschlagen:
quid nunc me retines? T Mam amatne, quam 6mU de praedd?
r rogas?
immo deperü. T degeiur cMum de iergd meo.
Dresden. Alfred Flbckkisbv.
104.
ZU DEN GLOSSEN DES PLACIDUS.
8. 11, 7 f. (Deuerling)
ÄeruseanB, aes minutum colligen$.
Äceurate^ *f eonstruens.
z. 7 hat Deuerling den zusatz von KOMOller ccHUgens beibehalten,
den die glosse des Festus Pauli s. 24, 7 Aeruscare aera undi^uet id
est pecunias cdUigere nahe legt, und dann in der folgenden zeile das
zeichen der corruptel gesetzt, weder das letztere ist nOtig noch anch
die anleihe in der vorhergehenden zeile; es sind vielmehr beide zeiiea
zu 6iner glosse zu vereinigen, die ursprünglich so gelautet haben
musz:
Aeruseans: aes minutum accurate oonstruens.
der abschreiber liesz sich durch den a-anlaut von aecurate zum ab-
brechen der zeile und zum ansatz einer neuen glosse verleiten, flir
unsere änderung spricht 1) die Übereinstimmung der participia, die
in getrennten glossen jedes einen entsprechenden ausdruck verloren
haben müsten, was wenigstens nicht wahrscheinlich ist; 2) die von
Deuerling abgezogene glosse aus Osberni Panormia: denn das aera
in unum ccüigere^ sicut nunc nummularii faciuni, welches eine ge-
schicklichkeit des geldaufrollens und zusammenfassens , wie sie den
geld Wechslern eigen ist, bezeichnet, findet gerade in aecurate ean"
atruens eine entsprechende wiedergäbe.
Auch in folgender stelle hätte Deuerling, dessen leistung übri-
gens sonst eine sehr verdienstliche ist, nicht nötig gehabt seine zu-
flucht zur einfttgung eines neuen wertes zu nehmen :
s. 43, 1 f. Fabrica^ artificii subtiUtas.
Fallay [facüi] faüacia^ a fuoo dicta.
Fa2»rtca bat Deuerling zugesetzt, es ist zu lesen:
Falla: fäUacia^ a fuoo dicta^ artificii subtiUias.
die beiden letzten werte sind in einer frühem hs. aus mangel an
räum in die darüber stehende zeile gesetzt, weil diese nach der kar>
zen glosse fugator: expulsor noch genügenden platz bot.
Buxtehude. Ernst Lüdwio.
JWoltjer: observationes criticae in Lncretium. 769
105.
OBSERVATIONES CRITICAE IN LUCEETIÜM.
Conferenti mihi naper Codices Leidenses Lucretianos, quos vir dar.
dtt Bieu insigni benevolentia nsus quattaor menses mihi utendos con-
cessit, parvula qnaedam occnrrerunt, qnae sive a Lachmanna neglecta
sive minus accarate transcripta tamen memoria non indignavisasunt.
Laohmanni collationem, cains landes hercle non is detrectabit, qui
itemm eosdem fontes adierit, posteriores secuti snnt editores omnes,
etiam Munro, qni cetemm apparatu critico satis amplo nsns multa
feliciter correxit. eo autem factum est ut menda illa , quorum pau-
citas Lachmanni diligentiam testatur, adhuc incorrecta libris sint
dedecori, exceptis iis soiis qaae a Goebelio snnt prodita. hnins-
modi animadversionibns pauca adieci, qnae itemm atque itemm
Lacretii carmina perlegenti mntanda mihi visa snnt qnaeqae si a
viris haram reram peritis emendationnm nomine digna putabnntur,
valde gaudebo. denique ne ea quidem omisi, quae ab editoribns
cum sint mutata, Lncretio tamen vindicanda esse ipsius poetae oratio
et usus me docuerant. sed ne verbis tempus teram, ecce quae inveni.
I 169 sqq. Lucretius demonstrat nihil posse creari de nihilo:
quod si posset, nullae essent natnrae leges et omnia sine ulla con-
dicione normave crescerent permixta:
e fhare primum hominea^ e terra posset oriri
squamigerum genus et vducres erumpere cado:
armenta atque aliae pecudeSy genus amne ferarum ,
incerto partu cüUa ac deserta tenerent:
nee fructus idem arbaribus canstare solerent , 166
sed mutarentur , ferre omnes omnia possent.
in postremis bis versibus latet vitium ni fallor: illud idem enim
offendit. sententia poetae est perspicua. omnia genera suum quod-
que gignnnt, 'res g^nus servant': homines procreant homines, e
piflcibns nascuntur pisees, e malis carpimus mala, e piris pira. si
antem res de nihilo fieri possent, causa non esset cur genera suum
quodque gignerent: pira crescerent in malis, cerasa in piris, glan-
des in vitibus: eaedem vel similes arbores non eosdem yel
similes ferrent fructus. hanc tamen sententiam t. 165 non
integram reddere mihi videtur. nam constare quid aliud hie sigüi-
fioet quam idem semper esse vd manere^ non yideo: sie praeterquam
hoc loco semel apud Lucr. I 588 nee commutatur quicquam^ quin
omnia constent usque adeo^ variae vdlueres ut in ordine cunctae osten-
dant maeulas genercäis corpore inesse. apparet ergo idem supenraca-
neam esse, cum significatio huius Tocabuli verbo eonstare iam ex-
primatur. at poeta in animo habnit: neque eadem genera arbornm
vel eaedem arbores eosdem ferrent fimetus. ergo legendum sie est:
nee fructus isdem arbofübus constare solerent,
isdem vero yocabulum propter errorem a librariis haud alienum
JahrbOehcr thr cUm. philol. 1879 hft. IL 49
770 JWoltjer: observationes criticae in Lucretium.
in libris nostris Lucretianis nasquam invenitnr^ et Lacbmannas , in
hac quidem quaestione nimis religiöse codicum auctoritatem secatus,
putat Lucretium omnino huius vocabuli usu abstinuisse. attamen
sunt duo loci, ubi isdem pro idcm legendum esse iam diu viri docti
perspexerunt. II 693 enim Lachmannus cum libris scriptis legit:
quin etiam passim nostris in versibiis ^>9tö
muUa elementa indes muUis ctmimuma verbis^
690 cum tarnen inter sc versus ac verba necesse est
conßeare aUa ex aliis cansta/re elementis;
non quo muUa parum communis UUera currat
693 atU nuUa inter se duo sint ex omn^ms idem,
sed quia non volgo paria ommbus omnia oonstent.
boc loco Lambinus recte scripsit ex omnibus isdem ^ quem Monro
aliique merito secuti sunt; Lacbmannus vero confessus hoc sane
simplicissimum esse, tamen, quoniam videatur abhorrere ab usu
Lucretii, pro nuUa legit nuUi et idem servat, ita ad versus (v. 690)
referens quod ad verba (690, aUa 691) perÜnet. magia etiam per-
spicuus est alter locus V 349 :
nee ratione alia mortäles esse vtdemur,
inter nos nisi quod morbis aegrescmus idem
atque iUi quos a vUa natura removit,
nbi iam Pius (Bononiae 1511) isdem legi iussit, quem Lambinus
Munro alii merito sunt secuti.
Librarii autem archetjpi in vocabulo isdem evitando pertinaciam
hoc modo explicare velim. constat enim Lucretium pro vocabulo iis
Yulgo usum esse pronomine his^ quamquam prius iÜud üs bis locis
scriptum inveni: DI 34 cod. B; ni 267 B; IV 238 B; lY 1154 t5
A et B (A tamen h in rasura a manu Saxonica) ; V 1091 B ; V 1312 B ;
VI 1212 A et B (est autem tenendum B sive Quadratum saepe an-
tiquam lectionem vel orthographiam servasse , ubi A sive Oblongos
eam mütavit: sie adque^ ubi apud Lachmannum legitur, pro atgue).
his autem pro iis facile usurpare potuit Lucretius, cum idem fere
significent. sed librarium, etiam iis in vocabulo quod est Osdem
vitandum esse ratum , effugit non esse vocabulum , quo eadem notio
exprimi posset, itaque isdem ab ipso poeta originem ducere.
I 271 poeta demonstraturus Corpora esse etiam ea qnae non
videantur a ventis sumit exemplum :
accipe praeterea quae corpora tute necesse^
270 confiteare esse in rebus nee posse videri.
prindpio venti vis verberat incita CORTÜS
ififtgentisque ruit navis et nuMa differt^
interdum rapide percurrens turbine oampos
arboribus magnis stemU montisque supremos
276 süvifraffis vexat fläbris: ita perfurü acri
cum fremitu saevitque minad murmure ventus*
T. 271 cortus nterque Leidensis habet a manu prima: Oblcmgos Ycro
JWolijer: obBerrationes criticae in Lucretiom. 771
a correctore torius (vel potins incUat ofius)y corrector Qnadrati aatem
corpus. Munro secondarios Italos Codices secutas partus scripsit;
Marallas Politianas aliiiMm^um; Lachmaimus cauies,
Primom animadverto qai partiiSy pontum^ cauies scripserunt
Torbo qaod est verherare eam vim et notionem sobicere, quam apud
Lacretiam quidem namqaam habeat qoaeqae verbis to heat^ peUsÄen^
verrere (v. 279), plangere {TL 1155) reddatur. Locreüas tarnen hoc
verbo nihil aliud nisinon vehementem, vibrantem, crebrum
motum denotat et aära, auram, Tibrantes luminis radios, alia
eiusmodi subiecta adhibet, loci sunt hi: IV 938 de motu aSris in
corporibus animalium:
princvpio externa corpus de parte necessum est,
aerüs quoniam vicmum tangitur auris,
ttMdier aique ah ibus crebro puisarier idu,
proptereaque fere res omnes out corio sunt 985
out eiiam oonchis aui caUo aut cortice tectae.
interiorem etiam partem spirantibus aar
verherat hk idem^ cum ducUur atque reflaUir.
VI 1027 dicitur de vento vel potius de aäiis atomis, omnes res in eo
yersantes prementibus: seniper emm circum posUus res v erb erat
a€r. item 1039 de aäre qui est in ferro, quod attrahitur a lapide
magnete: penUus gut in ferrast abditus o^, soüicUo motu semper
iactalur eoque verberat aneUum dubio procul et ciä intus soäicet.
item verberibus propeüere de solis radiis dicitur
V 484 et radii solis cogebant undigue terram,
verberibus crebris extrema a Umini* parte
in medio ut prqpulsa suo condensa coiret etqs.
et 1102 : inde cibum quoquere ac flammae moUire vapore
seil docuit, quoniam mäescere mtitta videbard
verherihus radiorum atque aestu victaper agros.
semel verberiinis versare cum plangere invenitur coniunctum, ubi
tarnen de parum vehementi ictu in levia corpora praedicatur: VI 114
ofiä ubi suspensamvestemchartasvevotaniis verberibus venti ver-
sant planguntque per auras. eodem modo verbum diverberare a
Lucretio usurpatur
n 150 at vapor is quem sol mittit lumenque serenum^
non per inane meat vacuum: quo tardms ire
cogüur^ aärias quasi dum diverbercU undas.
et I 222 quod nunc, aeterno quia constant semine quo/eque^
donec vis obütj quae res diverberet ictu
aui intus penetret per inania dissohMique^
nuUius exiihim paütur natttra videri\
illa vis antem, quae res diverberat idu^ est creber ictus atomorum,
quae omnes res perpetuo tundnnt, cf. II 1140 — 43.
En habes praeter duos quos statim afferam onmeslocoe, ubi ver^
berare eiusqae derivata apud Lucretium exstant. quos si quis perpen-
derit, non, nt opinor, vel portum lelpontum vel eautes nos^o loco
49*
772 JWoltjer: observationes criticae in Lucretiam.
ferendum esse putabit, sed omnes harum remm periti iudioes, ni
fallor, editomm commentia anteponent aactoritaiem codicis Quadrati,
qni a correctore habet CORPUS, poeta enim demonsirataraa Tan-
tum esse corpus i. e. tangere aut tängi, a prozimo sensu, qui ipso
corpore nostro fit, orditur. hoc vult: ipsi sentimus yim Teati levi
tactu faciem nostraxn stringentis (vocabulum ineUa autemceleritaiem
tantom denotat neque maiorem vim quam epitheton omans habere
yidetur, cf. VI 137. 295. 324. 582, etiam de plaoidiore motu prae-
dicatur VI 431); deinde transit ad alia corpora, quae ventis moveri
yidemus. primum yentum, qualem cottidie percipimus, describit,
deinde qualem interdum summa cum vi fürentem yidemus. doii-
que corpus veram esse scripturam genuinamque perspicuum fit ex
alio loco , ubi bis idem vocabulum verberare legitur aique de venti
sensu qui corpore nostro fit sermo est, IV 259 sqq.:
ventuß enim guoq%ie paükUim cum verberat et cum
acte fluU frigus , non prwam quamque sdlemue
particulam venii sentire et firigoris ekts^
eedmagisunarsumy fierique perinde videmus
corpore tumptagas in nostro tamquam aliquae res
verberet atque sui det sensum corporis extra.
ad nostrum locum hie respicere yidetur.
Paulo post poet« venti yim cum fluminis abundantis impetu
comparans sie pergit:
280 nee ratione fluunt alia stragemque propagant ,
et cum moUis aquae fertur natura repente
flumine abundanti^ quam largis imbribus äuget
montibus ex aUis magnus decursus aquai,
fragmina conidens süvarum arbustaque tota^
285 nee validi possunt pontes venientis a^uai
vim subitam tölerare.
ita Lachmannus. y. 282 Codices pro quam habent quem^ quod a
Marullo, quem posteriores secuti sunt usque ad Lachmannnm, in
quod mutatum est. Munro et Bemajsius cum Lachmanno faciunt
at alibi yitium latet, si quid yideo. illud äuget enim post /lumtfi^
ahundanti debebat esse auxU: nam Lucretium hanc enallagen tem*
porum usurpasse defendere non ausim. sed tamen si persuasum mihi
esset codicum auctoritatem äuget poscere, ego quidem non repugna-
rem. quare eos scrutemur. A sive Oblongus habet äuget ^ B aive
Quadratus uirget. Lachmanno ergo num aredendum sit tadte amget
archetypo adscribenti, alii iudicent. equidem puto Tel ez solia hLs
scriptb perspicuum esse urget archetypi esse scripturam, quae
terea cum Lucretii dicendi genere plane concinit, id qood
Stratums sum. quod antequam facio, animadyertendom est, si ae-
cum urget legas, quem nullam difScultatem praebere, cum If
correctura in ^Mom mutetnr. ergo haec habes:
JWolijer: obserrationes criticae in Lneretiniii. 773
et cum molUs aquae fertur tkUura repenie
flumme abundaniiy quem largis imbribus urgei
mcfdibus ex aUis magnus deoursus aguai,
magnns deearsiis aquai largis imbribus iirget ex altis montibns et
bac vi flomine abandanü arbores sternontar: haac esse poetae sen-
ientiam facile unusquisque, opinor, concedet. obiectum verbi urgere
nostro loco non est expressnm, plane ex nsn Lucretii. is enim ootiee
pneterqnam hoc loco verbo urgere utitur: 11 197. DI 893. 962.
1051. VI 192. 481. 512. 558. ex bis primns secnndus postremus
soli habent obiectnm. ad illustrandam scriptnram quam proposui
locoB attnli hos:
VI 476 praäerea flumis ex amnibus et smwi tpM
eurgere de terra nebulas aeetumque vidernnSt
quae vdut älüus hinc Ua sureum expresaa feruntur
suffundtmtque sua cadum caUgine et aUae
sufjficiunt fHnhis paukUim eonveniundo :
urget enim quoque signiferi super aeiheria asetue
et quasi densendo auhtexii caerula nimbie.
VI 509 canfertae nuhes umentia mUtere cerUmt
dmpUcUeri nam vis venti contrudit^ et ipsa
copia nimhorum turha maiore coacta
urget^ de superopremit^ ac facit effluere imhris.
praeterea cf. II. A 493 X€tM<SiPPOuc (Kdrcici) xar* dp€cq>iv, önalö-
^cvoc (scfaol. inciTÖ^evoc) Aide ÖMßPH^-
I 433 nam quodeumque erit^ esse aiUquid debeibit id ipsum^
augmine vd grandi vel parva demque^ dum sit:
eui si tactus erU quamvis levis exiguusque^ 485
corporis augebit numerum summamque sequäur:
sm iutaäüe erü^ nuUa de parte quod üOam
rem prohtbere queat per se transeire meantemy
scUieet hoc id erity vacuum quod iruine vocamius,
Lachmaanus Bernajsius Munro y. 434 et 435 inverso ordine habent:
nam quodeumque erü^ esse aUquid debebU id ipsum:
cui si tactus erü quamvis levis exiguusque^
augmine vd grandi vd parvo denique^ dum sU,
corporis augebit numerum summamque sequetur.
Mmirone teste in margine cod. Flor. 32 scriptum est: Widetur pro-
ponere tantum de corpore, dicendo Augmine vd etc. ; non enim con-
veninnt illa nisi oorpori. cum tamen de inani quoque intellexisse
appareat, ex iUo Sin intaäüe erü etc. adTertendum diligentius.' in
ctdce autem legitur: 'si legatur Nam quodcwmque . . Cui si taäus • •
Augmine vd . . Corporis . . . patebit sermo.' auctoritas igitnr tot
virorum doctorum non spemenda Tidetur: attamen Codices defendere
ausim. primum quaeritur augmine quid significet. Creechius ad
Y. 431 sententiam poetae ita expressit: 'quicquid enim est, quanti-
täte aliqua, magna aut parya donatur.' adversus quem Lachmannus
774 JWolljer: observationes criticae in Lacretiam.
'quasi' inquit *soriptum sit aliquo augmine, sed neque augmen
quantitas est' etqs. neuter tarnen ad opinionem stabiliendam arga-
menta protulit. ergo usus Lucretianus inquirendus est. vulgo antem
augmen apud euxn propriam primamque habet significationem, quae
est incrcmenti (ü 73. 188. 495. 1133. V661. 130); sed aliam quae
est guantUatiSy amhituSj amplüudiniSy non deesse apparet. m 266:
animus constat e quattuor partibus uniter aptis, quae quasi muUae
vis unius corporis extant. quod genus in quovis animantum viscere
vdlgo est oäor et quidam calor et sapor, et tarnen ex his omnibus est
unumperfedum corporis augmen (Munro: *bulk of body*). eaedem
significaliones yocabulo auctus dedit poeta; alteram his locis: 11 482 :
atomorum figurae sunt finito numero, quod si non ita sü^ rursum iam
semina quaedam esse infinäo debebunt corporis auctu] V 1170 egregias
animo fades vigiktnte videbant, et magis in somnis mkrando corporis
auctu\ VI 168 caedere si quem ancipiti Videos ferro procuX arboris
audum, apparuit igitur ni fallor augmen apud Lucretium interdum
habere significationem ambitus^ qua/ntitatis,
Porro tenendum est vacuum apud Lucretium esse quasi 8%iih
stantiam ut hoc barbaro vocabulo utar: v. 420 et 504 id Tocat rem ;
res genitas dicit mixtas esse e materia et vacuo v. 369. materies et
yacuum utrumque est infinitum , sed potest in partes dividi maiores
minoresve: has partes omnis materiae totiusque vacui nsu oottidiano
novimus et de iis nostro loco sermo est fac, inquit poeta, sit ier-
tium aliquid quod neque materies neque vacuum sit. hoc quodcmn*
que erit debebit esse aliquid , sive magna est quantitate sive panra^
nihil ad rem quantitas, dum modo sit hoc qitbd dicis, id est, dnm-
modo neque coniunctum neque eventum sit (cf. v. 449 aqqO«
nam haec revera non sunt, ergo si est, alterumutrum de eo prae-
dicari potest: tangi aut potent aut non poterit: si autem tangi pote*
rit, quamvis leviter et ezigue, quantitas vel modus nihil ad rem^ si
tangi poterit, ad materiem referendum erit: si minus potent, si cm-
nino nulli rei nullo modo umquam resistere poterit, racuum Tooan-
dum erit. tertium non datur. apparet igitur, ni fallor, loonm in in-
tegrum sie restituendum esse :
nam quodcumque eritj esse aiiquid debebit id ^asum
augmine vd grandi vdparvo denique^ dum sit,
cui si tadus erit quamvis levis exiguusque^
corporis augebit numerum etqs.
I 511 sqq. Codices habent:
praäerea quoniam genUis in rebus inaned ,
materiem drcum soUdam oonstare necessest:
nee res üUa potest vera ratione probari
corpore inane suo cdare atque intus habere^
516 si non, quod coMbä^ soUdum oonstare rd^nquas:
id porro nü esse potest nisi materiai
concüiumf quod inane queat rerum ookibere.
JWolljer: observatioiies criticae in Lucretium. 775
Lachmannus annotat: ^recte interpretatur Creecbins <id inane qaod
in rebus genitis est», sed id siquis inane rerwn dixerit, vereor ne
potins vacuum a rebtis quam id qaod voluerit dizisse yideatur. quare
non dnbito quin poeta scripserit quad inane in rehu* queat cohi-
'bereJ* ita Lachmannus non admodum leni emendatione. alii aliud,
inter qnos Briegerus (Pbilol. XIY 563) inane queat purum. Munro
codioum scripturam tuetur , cum inane saepe sit substantivum apud
Lucretium, quod argumentum adversus Lacbmannum non satis esse
Talidum videtur, cum non probet illum sine causa ambiguitatem
metuisse. attamen Codices procul dubio integram scripturam tra-
diderunt. inane enim plus quam octogies apud Lucretium inveni-
tur, substantivum est fere septuagies, ne semel quidem adiectivum
cum genetivo vel ablativo coniunctum. Lucretio igitur in mentem
venire non potuit fore ut aliquis sententiam herum verborum inane
rerum non statim cum legisset intellegeret, praesertim cum v. 511
genüia in rebiM inanest et 513 sq. res . . corpore inane suo cdare
scripsisset.
I 551 denigue $i miUam finem natura parasset
frangendis rebus , iam corpora materiai
usque redaäa farent aevo frangente priore ,
uinüex Ulis a certo tempore posset
concqftum summum aetatis pervadere FINEM. 555
nam quidvis cUius dissdvi passe videmus
quam rursus refici.
illod finem v. 555 Lachmannus et alii multi reiecerunt, cum hoc
vocabulum (praeter II 1116) in libris Lucretianis semper feminini
Bit generis. haec tamen si sola esset causa cur probari non posset,
&cile emendaretur locus summam scribendo. sedfinis propter signi-
ficationem mihi dispücet. Lucretius enim docet (cf. II 1122): res
omnes initio *hilaro grandescunt adauctu paulatimque gradus aetatis
Bcandunt adultae', donec alescendi stMnmum täigere cacumen
(1130); inde mimUatim vires et rohor aduUum frangit et inpartem
peiorem Jiquitur aetas (1131 sq.). sed si materies ad infinitum dividi
posset per illud infinitum tempus, quod iam praeterisset, eo de-
stmctionis iam pervenisset materia, ut nihil ex ea intra certum ac
definitum tempus ex ortu ad summum aetatis cacumen vel florem
perducere posset natura creatrix: nam quidvis citius dissolvitur
quam reficitur. res igitur ad perfectionem , ad statum adultum , ex-
tremam Crescendi finem (11 1116) non pervenirent. quodsi negari
non potest hanc esse poetae sententiam , perspicuum iam est et luce
clarius aäatis finis minime aptum esse nostro loco: nam aetas adulta
non est finis aetatis sed finis Crescendi, atque ob eandem causam
neque Munro recte scripsit: oonc^um summum aetatis pervadere
ad auctum^ nam ad finem aetatis et ad summum auäum aetatis
multtun inter se differre non video. ipse difficultatem sensisse vide-
tur, cum aetatis vocabulum vertat per heing: *and reach its utmost
776 JWoIijer: observationeB criticae in Lucretiüm.
growth of being'. ergo haec xA)n esse ex xnenie poetae apparet. Pins
ad hunc locum annotavit: ^Codices fideliores reservant florem^ quam
lectionem maxime probo.' sed tum, id quod Pius neglexit, legen-
dam esset : conceptum a d simmum aetatis pervadere fioremj ut II 1116
ad extremam Crescendi . . finem . . perduoM, cf. I 564. V 847.
Munro recte animadvertit vocabulom finem (Oblongns habet
finiSy Quadratus fine^ a correctore finem) ultimum fuisse paginae Ti-
cesimae tertiae archetypi, qua de re facile fieri potuerit ut boc Toca-
bulum a librario scriberetur pro amisso quodam in fine versus (coios
rei multa exstant in Lucretii codicibus exempla). scripturae diacre-
pantia in utroque codice banc opinionem confirmare vldetur. quibos
Omnibus perpensis scribendum esse censeo mrnmum aetatis per-
vadere CULMENy quod Omnibus desideriis satisfadt. Lachmannas
ex Varronis de lingua Latina VII p. 300 landet: quare quod est *per^
vadepolum* valä h'ode per polum\ simile autem dicendi genas aupra
laudayimus e 11 1123 patdatimque gradus aetatis scandere adühae,
ciümen apud Lucretiüm non invenitur (nam quod est VI 296 culmm«
recte a Marullo mutatum est in /u^tne), sed Uli 30 habemus aUescendi
summum oacumen^ nee yocabulum Lucretii aetate erat inusitatom.
I 722 hie est vasta Charyhdis^ et hie Äetnaea rm/nantur
murmura flammarum rursum se ooüigere iras^
faucibus eruptos iterum vis ut vomat ignis
ad cadumque ferat ßammae fidgura rursum.
malim cum correctore Quadrati (cuius scripturae Lachmannas men>
tionem non fecit) et ed. Veronensi (1468) flammarum qaam Oblongi
correctoris flammau emendatio enim in Quadrato a manu peranti*
qua aut ab ipsa prima manu £ftcta est, id quod veri similius mihi vi-
detur; scribendi genus concinit cum vocabuli nimirum 1 524 Oblongi,
quod moneo cum hoc compendium non admodnm sit freqaans vel
potius rarum in codd. Lucretii. correctio in Oblonge est a mann
multo recentiore. flammarum plur. num. praeterea concinii com
flammarum (723) et plurali ignis (724). porro correctio in ai tarn
facilis est et tam frequens in utroque codice eins osos, nt summ
esset correctorem Quadrati eam non adhibuisse, nisi flammarum
.«veram scripturam habuisset. denique a'i in B multo frequentios a
manu prim& est scriptum quam in A, qui vulgo habet o, interdom
ae vel e. sie in huius libri v. 1051 A habet materia^ B maUriai.
item V. 1041 Oblongus habet ratiane aversa via^ B sive Quadrates
contra ratione aversa viai neque id, ut Lachmannus ait, a mana cor-
rectrice, sed ab ipsa prima, idem qui annotare potuerit ad hone ver-
sum Lucretiüm non dixisse ratione aversa rtai', sed sine hoc grae-
cismo ratione aversa viaque fateor me non intellegere, com idem
poeta scripserit 1 406 cum semet institeruni vestigia certa viai, II 249
sed nü amnino nulla (in libris deest, alii recta) regione viai <Mi-
nare quis est qui prasslet cerneresese? V 1123 Her infestum fcoere
viai, recte ergo :
JWollger: obeervationeB criticae in Lacretium. 777
sicomnia dtbetii
diMoM simul ac defeeU auppedüare
maUries äUqua ratione avena viaL
Anaxagoraa doctrinae de ö^oiOMCpclf, qua aiimlitado onmimn
partimn in rebns simplioibns exprimitur, Lucretins praeter alia faaec
opponit:
I 859 praäerea guonkm cUhm augä corpus äUtquCy
scire licet ncbis venas ei sanguen et ossa d60
{et nervoe ahenigenis ex partibus esse),
SWS cibos onmis cammixto corpore dicent
esse et habere in se nervorum corpora parva
ossaque et omnino venas partisqne cmoris^
fiä uti dhus omnis^ et aridus et Uquor tjwe,
exaUenigenisr^msconstarepuietury 865
ossäms et nervis venisgue et sanguine rmxto.
praeterea quaecumque e terra corpora creseitnt
si sunt m terris^ terram constare neoessest
ex älienigenis^ quae terris exoriuntur.
transfer item^ totidem verhis utare UcebU. 870
in lignis si flamma lotet fumusque emisque^
ex äUenigenis oonsistcmt Ugna necessest,
praeterea teOus quae corpora cumque aUt , augä
ex aUenigeniSy quae lignis onuntur.
-versns qui post 860 est inaertua a Lambino est fftotas. omnes edi-
tores hoe commentnm Lambini extollnnt: Laohmannus: *laado in-
gemnm et stadiam Lambini', Mnnro : 'whieh mnst be very like what
Lucr. wrote.' attamen dubito , quin immo repngno. alienigena res
est ea coius partes inter se sunt diBsimiles, opponitor TOic 6|iOio-
^cp^civ. qnod si tenaeris, videbis non rectam esse condusionem
quam Lambinns fecerit, cum putet, cibos qnoniam corpus angeat, inde
eeqni partes corporis, ossa sanguinem nervös yenas, ex slienigenis
pairtibos constare. quid enim impedit quominns ex cibo ossa suas
sibi assnmant partes, venae item cett, id qood Anaxagoram docnisse
Laoretiiis narravit v. 835 sqq. — quid, inqoam, impediat quominns
koc fiat, non apparet eo autem modo corpus nutriri Lucretios ipse
doeuit y. 812:
adiutamur enim dubio procut atque aUmur nos
certiß ab rebus, certis äUae atque aUae res.
nimirum quia multa modis communia muttis
muUarum rerum in rehus primardia mixta
sunt^ ideo varüs variae res rebus aluntur.
ei autem obicias cibum non eese neryos sanguinem cett. et banc ob
causam bas res oompositas eese e partibus alius rei, ergo alienigenas
esse , respondeo easdem res perpetuo inde a prima origine cibo nu«
tritae esse, eodem modo perpetuo augeri. ergo qui inde sequi possit
eas alienigenas esse? at poeta demonstrare in animo babuit eibtiiH,
778 JWolijer: obsenrationes criticae in Lucretium.
exempli gratia corpus esse alienigennm , non öfioio^€p^c. nam si
hae omnes tarn diversae partes, e quibus corpus nostram constat, e
cibo proveninnt, apparet cibum esse corpus alienigenum, non ö^oto*
^epdc. conido igitur versum, qui exciderit, huius modi fere fuisse:
praeterea quoniam dbtM augä corpus älüque
— scire Ucä nohis venas et sanguen et oasa
(nervosque — ex alienigenis consistere debet.y
cibus ex alienigenis consistere debet, quoniam corpus i. e. venas
sanguinem ossa nervös äuget alitque.
Eadem est argumentatio yersuum 873 et 874 a Lachmanno ita
scriptorum :
praeterea tdtus quae carpora earnque aiU, äuget
ex aUenigenis, quae aiienigenis ariun^ur.
falsum hoc quae alienigenis oriuntur et ob metrum (of. LMuelleruB
de re metrica p. 284) et ob sententiam et ob eam causam, quod ortri
verbum Lucretius numquam cum solo ablativo coniunxit, sed com
praep. ex (I 161. 204; II 931 ; IIX 970), cum unde , aut absolute id
usurpayit. Munro putans duos vel plures versus interiisse post 873
huius modi :
in lignis si flamma lotet fumusque cinisgue
ex alienigenis consistant ligna necessest,
praeterea tdlus quae corpora cumgue ailiij äuget
(jßx alienigenis quae teüure exariuniur.
sie Uidem qtMe ligna emittunt corpora^ akmtury
ex alienigenis i quae lignis his oriuniur.
quattuor versibus explicavit duos (871 et 72) qui post 870 nullaex-
plicatione egent, cum duo plane similia argumenta pi*aecedant 861 —
866. 867—869).
Me iudice res sie se habet, longa sjUaba quae v. 874 deest
est esT, ita ut habeas exariu^ur (sie Flor. 31 Camb. Lambinus);
lignis ortum est e Ugna ▼. 872 et locum tenet vocabuli omissi aUem-
gena. ergo legere yelim:
praeterea tdJtus quae corpora cwmque oM, a/ugd
ex oiUenigenis^ quam aiienigena exoriuntur.
quem causale cum ind. coniunctum apud Lucretium inyeniri satis
notum est. MaruUus autem yidit , idque merito , hos yersus ab hoc
loco plane alienos esse; neque tamen iure meritoqne eos deleyit,
cum locus eorum sit post y. 860. hi yersus enim, ut nexus senten-
tiarum docet, cum eo qui post 860 exddit, debebant postremi esse
pag. 34 archetypi, sed lapsu quodam archetypi librarii, qui repetito
illo yocabulo praeterea deceptus est, suo loco omissi sunt illi duo;
primus autem (post 860) iam excidit antea. ergo mecum sie legas:
praeterea quoniam dbus augä corpus aUique
— scire Ucä nobis venas et sanguen et ossa
(j^ervosque — ex alienigenis consistere debei.y
praeterea tdlus quae corpora oumque aiU , äuget
ex alienigenis^ quom aiienigena exoriuntur.
JWoltjer: obsenrationeB criticae in Lucretium. 779
alterum argumentum cum altero congruere nemo non videt, opinor.
praeterea post tam parvum interrallum repetitum invenies etdam
m 120 et 123; 304 et 307. si autem mavis tellus praeterea
quae carpara etqs. , loci laudati docent Lucretium non repugnare.
Hactenns poeta e saa doctrina argumentatus est, ut supra de-
monstravimns: cf. v. 812 sqq. Anazagoras eiusque discipuli de his
rebus aliter sentiebant. Plutarcbo (plac. I 3) teste docuit: ömoXo-
TilTtov icrtv ÖTi iv Txji Tpoq)^ T^ Trpocq>€po|i^vi] TTdvra icÄ id
6vTa. qua de causa sie pergit poeta: si autem {sine uterque codex,
qua forma hoc uno loco poeta usus est, ceterum «m, sed semper ante
Yocalem^ recentiores cum nexum non perspicerent »ive) dicent ea
quae e dbo in corpus transeant in cibo ipsa iam inesse, quae e terra
in herbas ceteraqua transeant ipsa iam in terra inveniri debere, nihilo
minus verum erit quod dixi, nam ipsi fatebuntur cibum, terram
ceteraque ex alienigenis constare partibus.
Itaque non fortioribus adhibitis neque acerbioribus medioamen-
tis, quam editores adhibuerunt, totum locum sie fere ad Lucretii
mentem restituere volui:
praäerea qtumiam cibua augä corpus alUque 859
— sdre Ucet nohis venas et sang%ien et ossa
(nervosque — ex aUenigems oonsistere debet.y
teüus praeterea quae carpara cuimque alU, äuget 878
ex aUenigems y quam aUenigena exariunlur. 874
sine cibos amnis cammixta corpore dicent 861
esse et habere in se nervorum carpara parva
assaque et ommmo venas partisque cruaris,
fiet uti dbus omnis^ et aridus et Uquar ipse^
ex aUenigenis rebus constare putetur^ 866
assibus et nervis sanieque et sangume mixta,
praeterea quaecumque e terra carpara crescunt
si sunt in terris^ terram constare neoessest
ex aUenigenis j quae terris exariuntur.
transfer item, totidem verbis utare Ucebit. 870
in Ugnis si fiamma tatet fumusque cinisque,
ex aUenigenis consistant ligna necessest.
Collatio codicum Leidensium me doonit Quadratnm sive B cum
aliis yirtutibus tum hac praestare Oblonge sive A , quod diügentius
archetypi versuum numerum expressit, eoque in lacunis statuendis
ei plus fidei saepe habendum esse quam fratri maiori natu, cuius
rei ampla proferre testimonia nunc non est in animo , attamen panoa.
nam primnm Oblongi librarium neglegentius saepe scripsisse vel ex
eo apparet, quod in primis duobus libris iam non minus duodecim
versus omisit, quos deinde corrector Saxonicus inter lineas supplevit
(I 364 duos, 549 unum, 836 unum, 1022 unum, 11 257 tres, 411
nnnm, 883 duos, 943 unum). praeterea in capitulis notandis apparet
B accuratiorem esse quam A. ubi enim capitulnm duorum versuum
780 JWolljer: obserrationes criticae in Lucretium.
babet bic, ille praebet interstitimn dnomm versuam; sed interdum
A ano versn ezbibet capitnlum, qnod procal dubio in arohetjpo
daobuB versibus continebatar cnique recipiendo B intentitiitm dno-
mm yersnnm reseryavit. at exemplum afferaxn: post I 950 capi-
tnlum leg^tur hoc: tö pan apiron to gar pepirasmenon aeroe (La.
Diog. X 41 dXXä Mf|v xai tö Ttäv fiireipöv Icn* tö t^ neircpac-
^^vov &Kpov ^X^O 1 ^^^ c^^^™ longius esset quam quod nno Tema
oontmeri posset, a librario ultima syllaba quae erat dU omissa est.
B autem interstitium duobus versibus recipiendis aptum reliquit^
porro postrema pars libri m probat librarium qui B scripsit dili-
genter rationem kabuisse numerorum versuum in archetjpo seripto-
rum. ibi enim cum lapsu a librariis band alieno pro atquc obima
quaerit^ quae sunt ultima verba v. 1066, scripeisset atqtie revisU^
ultima versus sequentis verba, itaque hunc v. 1067 omisiaset, koina
paginae finem scribens animadvertit se unum versum praeteriiaae;
ut numerum tamen servaret, deinde in fine paginae v. 1077 — 1081,
id est quinque versus , ita disposuit, ut sex versuum spatiom com-
plerent. — Sed baec iam sufficient ut intellegas me vere dixiase
Q u a d r a 1 0 potius credendum esse quam 0 b 1 0 n g 0 in laounis notandis.
Mirum est Lachmannum hoc non perspexisse pag. 72 commen-
tarii scribentem^ ante v. I 921 interstitium (unius versus) luisse,
quod librarii nostri neglexerint. cum enim , ut supni demonstravi,
post V. 950 archetypus baberet capitulum duas lineas explens, quod
nt reciperet librarius B, qui ipsa capitula non exscripsit, interstitinm
duarum linearum reliquit, versus quem Lachmannus desiderabat, ut
singularum arcbetypi paginarum numeroa expleret, iam inventus esL
hie ergo B accuratiorem esse quam A nemo negabit.
II 600. 601 A babet sie sensu carentes:
hone (magnam matrem) veteres Oraium docH eeeinere podae
sedibiis in curru biiugos agUare leones etqs.
hunc alterum versum sie priorem insequi non posse perspicnum est;
B autem accuratior inter hos duos versus interstitium reliquit du o -
rQm versuum. Lachmannus igitur et qui eum secuti sunt editores
merito B defendunt contra A; sed qui fieri potuerit ut idem, qui
tanta accuratione Codices contulerit, simul B fidem haberet nee
tamen haberet, fateor me non intellegere, unum versum omissom
esse putat huiusmodi : moffnifioe divam ex ipHs penäraUbu' veämm
(quem versum Lucretius quidem numquam scripsisaet). com tarnen
spatium duobus versibus recipiendis aptum relictom sit neque oapi-
tnlum alterum versum complere potuerit (cum post v. 598 iam l^ga-
tur) statuendum videtur duos versus interiisae. si snspitionem pro»
ferro liceat, oontendere ausim Lachmannum alterum versum omiaiaae,
ne 27 versus paginae arcbetypi tribueret, quod ne semel quidem ae-
cidere potuisae ratus esse videtur. minime recte tamen. sie A nniun
habet folium (41) quod 27 versus habet in utraque pagina, eum reli-
quae habeant viginti. simile quid ex aliia libria manuacriptis appa-
mit nee non ex voluminibus Herculanensibus.
JWoltger: obBerrationeB critioae in Lncretiiim. 781
II 40 si non forte iuas legiones per loca campi
fruere cum videas^ heUi smulQcra oenfitf,
su^fsiiäm magnis epicuri conatäbüUas^
omatas armis Uastatuas tariterq: ammatas
Ms tibi ttun rebits tmefadae religionea
effugmnt animo pavidae etqs.
ita Oblongus. Lachmannus correzit fruere in fervere cum oorrectore
Quadrat!, tarüergue in pariterque; Munro aatem q^icuriin et ecum vi,
qua speciosiorem haud fere ullam inveni Lucretiieditorum ooniecturam.
Nonhis (p. 503 M.) laudat ex libro secundo Luoretii versum hunc:
fervere cum Videos dassem lateque vagari^ quem Lambinua in con-
textum inseruit post y. 43, item Lachmannus, Munro vero post ▼. 46.
Qnadratus porro praebet loco versuum 42 et 43, qnos Oblongus
mbris litteris maiusculis scriptos habet, lacunam trium versuum
(Lachmannus parum accurate 'complurium') : corrector per hoc inter-
etitium lineam ad perpendiculum duzit atque adscripsit: 'non est
opos sectione.' sed hie corrector, qui multa menda correzit, procul
dubio falsus est, cum videret t. 44 cum 41 coniunctum sententiam
praebere, neque tarnen perspioeret nihilo magis atque MaruUus, ana-
phoram his tibi tum rdms minime aptam esse , si de una tantum re
(legionibus) sermo esset si ergo Quadrato credendum est, tres
versus sunt omissi, nee quicquam obstat quominus versum a Nonio
laudatum tertium faciamus, cum in contextum optime quadret. nam
Munro quo iure hunc Nonii versum post v. 46 collocet, ^iravdXimiiVt
eni venuatatem non iniucundam merito Lambinus tribuit, tollens,
non Video. — At restat itastaiuas vel itasiuaSy ut schedae Haunienses
scribunt. id Lachmannus parum apte mutavit in väHdaSj Munro in
stiduas* neutrum probare possum. totum vocabulum, si hoc nomine
dignum est, eiciendum esse puto: videtur mihi corruptum esse ex
imstUuias super omatas scripto et inde versui Ulatum omisso alio
vocabulo. nam vocabulum omissum esse ^)paret. quis enim credit
Lucreüum scripsiase omatas armis nuUo adiectivo aut adverbio ad-
ieeto? quis umquam vidit legiones fervere per loca campi sine
armis? potuitne languidius quid dici? mihi legen ti III 457 quando-
quidem gigni pariter pariterque videmus cresoere in mentem
venit (postea vidi Bemaysium idem scripsiflse) pariter solnm nostro
loco aptum esse, ergo nunc habes:
si non (»s nisi) forte tuas legiones per loea campi
fervere cum Videos^ heüi simulaera dentis^
suMdOs magnis et ecum vi constabHitaSi
omatas armis pariter pariterque ammatas^
fervere cum Videos dassem lateque vagari^
his tibi tum rd>us etqs.
V. 45 Lachmannus et Munro scribunt adverbium pavide contra Co-
dices qui habent adiectivum {Apauidae^ Bpauidf). auctoritas oo*
dicnm in hac quidem quaestione non admodum magna videtur, cum
▼nlgo e vel 6 habeant pro oe\ attamen haud frequenter oe invenies
782 JWolijer: observationeB criticae in Lncretiam.
pro e. Lucretius porro numquam pavide adverbio usas est, sed in
loco simili Y 974 qtiaerebafU pavidi pälantes noctis in umbriB.
Faber autem putabat timefactae et piwidae bis idem esse ; at falsus
est, si quid yideo: nam propterea quod timefactae sunt religiones,
sunt pavidae, quasi timore pavidae. cf. Verg. Aen. II 685 nospa-
vidi trepidare metu etqs.
11 152 sqq. poeta demonstrat atomos luce oelerins per infinitom
vacuum fern, nam
vapor is quem söl miäü lumenque serenum^
non per inane meat vacuum; quo tardius ire
cogüu/Ts aärias quasi dum diverberet undas.
Lachmannus annotavit: ^Lambinus pessime quasi dum diverberai:
nam dum intellegendum est donec,* Munro autem, qui ipse codioee
Leidenses non contulit, concedit Lambini soripturam defendi poase«
Lachmanno vero quis CTUT€pöc ^XP^^ bai^uiv illa soribenti nescio.
quis enim verba eius legens non crödet in illis codicibusconiunctiviim
reperiri? attamen Oblongus habet quosidum diueruerat^ Quadratos
quo sidü diuerberat. praeterea dum «> donec cum indicativo babes
I 949 si tun forte anmum taXi ratione tenere versibus in nostris
possem^ dumperspicis omnem naiuram rerum, qua constet oompia
figuraj et IV 24 item dum percipis. nostro loco tamen dum intelle-
gendum esse donec Lachmanno concedere non possum. quod quo-
minus faciam prohibent hi loci , ubi simile phaenomenon deecribitnr
et dum eandem habet significationem atque nostro loco : IV 358 nee
ad nostras aciesperläbüur ictus^ aäraper nwütum quia dumsumäaera
feruntuTj cogü hebescere cum crebris offensibus o^; IV 280 eic übt
seprimum speadi proiecU imagOj dum venit ad nostras ades^ pr^
irudU agitque aära qui inter se cumquest oeuHosque loeahts. item
IV 559. 612. — Eodem errore ductus Lachmannus VI 302 cmm
scripsit, ubi Codices habent veram scripturam dum: ß quoque ut inier-
dum venii vis missa sine iffni igniscat tamen in spatiolongoque meaim^
dum venit amittens in cursu corpora quaedam, Munro yemin
restituit.
II 333 nufic age^ iam deinceps cunctarum exordia rerum
qualia sint et quam longe distaniia formis
percipe, muUigenis quam sint variata figuris;
non quo muUa parum simüi sini praedOa forma^
sed quia non vdgo paria omnibus omnia oonstenL
nee mirum: nam cum sit eorum copia tania ,
ut neque finis, uti docui^ neque summa sit iifla,
340 debent nimirum non omnibus omnia prorsum
esse pari ßo simüique adfecta figura.
parturiunt gtnus humanum mutaeque natanles
squamigerum pecudes et laeta armenia feraequCj
et variae volleres , laetantia quae loca aq^trum
JWolljer: obseryationeB criticae in Lucreiiam. 783
ixmcdthrant ckcmi^ ri^pas f<>ni%8q^t l^^ 345
ei quae pervolgant nemara aviapervdüantes;
quorum tnuim guidvis generatim sumere perge:
mvenies tarnen itUer se differre figuris.
T. 342 parturiunt ni fallor iam nemo est qni defendat. Oblongus
habet praeterea (ea a manu correctrice) , Qnadratns preteregenus^
Nonins praeterea qnod verum est. praedicato tarnen carent snbiecta,
quae yy. 342 — 346 ennmerantur. cum appareat praeterea mutan-
dum non esse , versus post 346 interiisse videtur. porro v. 334 suo
loco non esse perspicuum puto : nam sententia huius versus sequenti
versu 336 muUigenis quam smt variaia figuris exprimitur, ergo ferri
non potest. quod si constat, facile videbis quo vitio hi versus labo-
rent. si v. 334 suo loco , id est post v. 346 leges , omnia recto or-
dine sequentur. pro qwüia smt tum qucdia sunt legendui|| atque
plenius post formis distinguendum esse nemo non videt. v. 338 —
341 demonstravit poeta vel a priori, ut dicunt, perspicuum esse e
copia atomorum, fieri non posse quin variis figuris sint praeditae.
deinde quae oculis videmus a natura creata ex atomis , testes affert
eiusdem rei vv. 342 — 376: varia genera animalium — 346; varie-
tatem intra fines eiusdem generis , qua fit ut matres prolem suam
cognosoere possint et proles matrem ; tum v. 377 qtuire äiam atque
etiam simüi ratione necessest etqs. condusionem facit reditque ad
initium argumentotionis.
II 927 tum praeterea , quod fugmus ante ,
qua tenus inpuüos animalis vertier owi
cemimus aUtuum^ vermisque effervere^ terram
intempestivoe quam putor O0pt( ob inibris,
scire licet gigni posse ex non sensibu^ sensus,
recte Munro ad h. 1. animadvertit quatenus hie signifioare quoniam.
ignorat tarnen (nam Lachmannus id memoria indignum putabat vel
potiaB non vidit) Oblongum habere quatinus^ Quadratum quatin^y
priorem totum vocabulnm a manu prima, alterum ati in rasura.
apparet igitur archetjpum habuisse quatinus. item IV 760 Lach-
mannus: qua tenus hoc simUe est iüi quod mente videmus atque oculis^
simHi fieri ratione necesse est. hie quoque quatenus ■» quoniamy
quandoquidem. Munro et Bemaysius (hie quidem cum ipee Codices
conferret animadvertere debuerat) rursus Lachmannum sequuntur,
sed Codices habent a manu prima sine ulla rasura quatinus uno
Yocabulo. in Lucretü libris hoc vocabulum quod est quatenus quater
invenitur: praeterquam locis laudatis etiam III 218. 424, ubi tamen
propriam habet significationem ^ua/$fie, quousque, atque quatenus
scriptum praebent codd. Leid, itaque discrimen qnod Festus (p. 268
quatenus significat qua fine ut haetenus hac fine. at quatinus
quomam)y Marius Victorinus (p. 14 vol. VI Keil, igitur quatinus
est ut quianamy quatenus autem significat finem loci cuiusdam^ vebä
784 JWolijer: obBcnraiioneB criticae in Lucretium.
qua fine\ quibuscnm Fronto (de diff. toc. p* 470 Mai.) et Caper (de
orthogr. p. 2243) consentiunt, hoc discrimen, inqaam, quod statu-
enint inter guatewus «= qua fine et qwitifmB «= quomam , a Neuio
n^ p. 640 non probatam neque a Forcellino, Lucretiiis aut librarins
archetypi saltem observasse videtur. Marias Victorinus 1. Lqua-
tenus inqnit saepc cum $U rede scriptum^ vos eperducUis et faeäis
quatinus, ä saepe i lüteram commutatis in e. hoc idem librarios
veterrimoram codicum qui aetatem tulerunt fedsse apparet hanc
ob rem non magni momenü sunt loci a Neuio prolaÜ e Ciceronis
codieibus, ubi quaiintis legitur pro quatenus => quausque. Cicero
numquam qttatentis vocabulo usus est pro quandoquidem , quamam^
ante eum Scipio Africanus minor in oratione quam habuit poatquam
ex Africa rediit (Festus 1. -1. uti negotium erat^ quaienos eastra
nostra üa munüa eranty ut posses partem exerdtus abducere)\ Yer-
gilius 9mnino hoc vocabulo abstinuit, Horatius tantmn habet pro
qu(miam, qtumdoquidem^ Ovidius, Tacitus, Quintüianusalüutramqne
adhibent significationem. porro illi Codices Ciceroniani omnes sunt
recentiores (veterrimi saec. X) quam Lucretii Codices Leidenses,
quorum archetypus, qui discrimen seryavit, vetustior est quam omnes
qui supersunt Codices, paucos rescriptos si ezceperis. apud Horatium
orthographia est dubia; attamen quatinus^ quod solum habere debe-
bat, si verum Festus scripsit, habent Codices perantiqui cann. JH
24, 30. serm. I 1; 64. 3, 76. 11 4, 57 (cf. Eelleri et Holden appara*
tum criticum). quaünus «=» quoniam etiam in codd. mas. lustini
(Xn 11, 6) ezstare testatur Bongarsins. hoc ergo constat: inde a
Scipione Aemiliano quaietms duobus nsurpator significationibos quae
sunt qu<Hisqu€^ qua fine et quandoquidem^ quomam. Verrius Flaocos
autem docuit hoc discrimen ipso vocabulo eiprimi ita nt quatenus ai
qua fine , quatinus sit quoniam : quod tamen saepe neglegi et voca-
bula commutari Marius Victorinus queritur. attamen discrimen ser-
vavit omninm codicum antiquissimus archetypus Lucretii et alii non*
nulli. quibus omnibus perpensis credo Verrio Flaeco fidem haben*
dam itaque quatinus scribendum esse pro quoniam, quatenus pro qua
fine. simili modo etiam alia vocabula origine eadem inter se diferre
recte monuit Corssenus II p. 419, ezemplacum afferat attradare een-
iractaire pertraäare et oontrectare obtrectare deireetare: prioim ills
quae habent propriam significationem verbi simplicis, alten tnuu-
latam. quibus exemplis addo vocabnla penna (aviom) et pinm
(murorum) origine eadem, vi diversa, a grammaticis disoreta, in oo-
dicibus saepe permutata.
ni 41 nam quod 9aepe homiines mcrbos magia esse tmendös
infamemque ferunt vHam quam Tariara letij
et se scire animae naturam sanguinis esse,
aut etiam venti, si fert ita forte voluntas etqs.
ita editores recentiores, non tamen Lucretios, si quid Video, bie
enim semel usus est dicendi genere alicui est natura (II 817 ntm
JWoltjer: observationes criticae in Lucretium. 786
certis certa figuris est fuüwra cohris)^ cum passim habeat natura esse
praeditum, constare natura^ natura reddUa est (alicai). praeterea
naturam ita inter duo substantiva poaitam , altprum genetivo casa,
alterum genetivo simili, non potest non ambiguam reddere senten-
tiam, neque a Lncretio umquam quod sciam scriptum est nam animi
sive animae natura cum frequentissimum sit apud eum, inversus ordo
natura animi sive animae rarius invenitur, quo fit ut unus quisque
V. 43 talem legens, qualem snpra exscripsimus, naturam cum animae
coniungere velit. haec tarnen vitiuncula non magni momenti essent,
si codicum auctoritas versum ita scriptum tueretur; sin autem ab
editore quodam originem ducunt , non admodum levia putanda vi-
dentur. haec igitur iam causa est cur Lachmanni mutationem pro-
bare non possim. sed praeterea codicum scripturam servandam esse
puto. habet enim Oblongus scire animi, Quadratus autem sdri anime^
quod per metathesin esse pro seire animi perspicuum est. archetjpas
igitur habuit scire animi. quod si constat, quaeritur nam recte sie
scriptum sit. neque Lachmannns neque Munro dixerunt cur emen-
datione opus esse sibi visum esset, fortasse cum Fabro faciunt, qui
anmi natura est sanguinis graece dici posse neque tamen latine
putavit. sed genetivum materiae hoc loco aptissimum esse senten-
tiae apparet ex Ciceronis Tusc. I 9, 19 Empedodes animum esse cen-
set cordi suffusum sangmnem: ergo animus est sanguis secundum
Empedoclem, quem poeta refellere videtur. eundem autem genetivurn
ei poetae, qui de egestate lingnae queratur, condonandum esse con-
tendere ausim, cum ipse Cicero habeat de div. I 43, 98 cum saepe
lapidumy sanguinis non nwnquam, terrae interdum^ quondam etiam
lactis imher defluxit pro eo quod est II 28, 60 lapideus aut sangui-
neus imber. sed etiam alio modo explicari potest hie locus, potuit
enim poet« per ellipsin ita dicere pro eo quod est se scire animi
naturam (naturam) sanguinis esse, ut si quis dicat centaurorum caput
erat hominis , corpus cgui, Lucretius simili, non tamen eodem modo
rv 750 quaienus hoc simüe est HHi, quod mente videmtM atque oculis,
smüi fieri ratione necesse est, ubi quod videmus intellegendum est
videre, ergo quoniam hoc simile est illi, videre mente atque {vidcre)
oculis. neque aliter credo Cicero dixit: quis potest sine mqxvma con-
tumdia conferre vitam Trehonü cum DohbtUae? (Phil. XI 4). deni-
que ne offendat verba animi naft^ra, quae tarn arte sunt eoniuncta,
tamen caesura disiungi, monebo hoc idem saepius fieri, ut huius libri
▼.212 indepta atque anwm naitwra animaeque recessit. ergo l^en-
dum est:
et se scire animi naturam sanguinis esse.
in 870 proinde ubi se Videos hominem indignarier ipsum,
post mortem fore ut aut putescat corpore posto
aut flammis interfiat maiisve ferarum,
scire Ucet non sincerum sonere, atque suhesse
caecum aliquem cordi stimülum, quamvis negä ^$e
Jthrbtteher fBr clMt. philol. 1879 hH. 11. 60
786 CVeoediger: zu Caesars bellum Gallicum [III 7. 8].
875 credere se quemquatn sibi sensum in morte futurum:
non^ tU opinor, envm dat quodpromütU et unde,
nee radicUus e vüa se töUU et eidt,
sed facU esse sui quiddam super inscius ipse,
illud tmde v. 876 interpretibus iam xnultas diffionltates praebait,
quas nemo mibi videtur solvisse. Mnnro ezplicat: 'non dat id quod
promittit se daturum et id ex quo promittit sedaturam', Tnrnebas:
'non dat quod promittit, id est, non dat ex animo.' iJii pro unde
proposuemnt inde^ alii äbunde pro et unde. ne multus sim, plura
omitto. Lucretianus usus poscere videtur yerbnm quod animum
fluctuantem exprimat illius hominis, qui non det quod promittat,
cum non radidtus e vita se tollat et eiciat. quam ob rem scriben-
dum propono:
non, lU opinor, enim dat quodpromiUit et undat.
undare fere idem est atque fluctuare. sie Yal. Flaccus Arg. V 303 prae-
cipue Äesoniden varios mcerta per aestus mens rapU undanUm euris
ac müUa novantem. Catullus autem 64, 62 magnis eurarum fluäuai
undis. sie Claudianus in Ruf. I 76 undantes irae, Lucretios m
298 irarum ftudus, qui loci dooere videntur w%dare pro fluctuare
non omnino inusitatum fuisse. pro et undat exspectes 5ed undat \
hoc tamen propositae a nobis emendationi obstare non posse apparet
e y. 873, ubi pro atque suhesse exspectes sed subesse^ et alüs locis
multis.
Groninoae. Janüs Woltjer.
106.
ZU CAESARS BELLUM GALLICUM.
Petersdorff versucht in dem programm des gymn. zu Beigard
von 1879 den nachweis zu führen 'Caesarem permulta ex scriptis
quos habuit fontibus hausisse ac saepissime ad verbum transcripsisse*
(s. 17). unter den in diesem sinne oomponierten stellen vermissen
wir das 7e und 8e capitel des dritten buches (besonders da fttr III 1
bis m 6 von Qalha bis hiemarit ao. der nachweis geführt wird), hier
wird erztthlt , dasz Caesar inUa hieme nach Illyricam gieng. plöU-
lieh jedoch und wider erwarten heiUum in QaUia ortum est. dieser
nahm sehr bald grOszere dimensionen an, so dasz der hGcfastcommaB-
dierende Publius Crassus sich hilfeflehend an Caesar wenden mo>t«.
der nun certiar factus . . iubet. die angeftlhrten werte schlieazen das
ein, was mit demselben rechte wie die von Petersdorff angeftlhrt«?a
stellen als aufgrund eines berichte und mit beibehaltung der sprach*
liehen eigentttmlichkeiten desselben von Caesar abgefaszt worden ist.
der nachweis ist leicht zu führen, zunftchst ist bemerkenswert mar^
Oceanum für das sonst gebrauchte Oceanus. das als einziges peodant
angeführte terra QaUia 1 30 verliert noch dadurch an wert, 6Bßt e<
CVenediger: zu Caesars bellum Gallicum [III 7. 8]. 787
in der wenn auch indirect angeführten rede der legati iotius fere
GaXUae steht, ferner WM auf dasz proximus mit dem aco. verbun-
den ist. die Schulgrammatik besagt dasz propior propius und pro-
ximus proxime neben dem dativ auch den acc. bei sich haben ; das
lexikoB belehrt uns, dasz Csssar prqpior Vm 9 mit dem acc., AI. 19
mit dem dativ, proxme dv. I 72 und Äfr. 56 mit dem acc.,proa?t-
mus dagegen I 6 oppidtim proximum finibtis^ II 1 proxima partui^
II 6 proximae ei loco und AI 63 desgl. , praximi Germanis I 1 , Gal-
UaeUB, Bemis 11 12, Bheno Ulli und Oceano VI 31. 35 mit dem
dativ verbindet, auszer unserm proximus mare Oceanum bleibt nur
I 54 proximi Rhenum incolunt und zwar von sämtlichen hss. ver-
bürgt, und ist nicht auch auflßlllig das adjectiv j?roa;imt<^ hei hiemarat
gegenüber den sämtlichen andern stellen, an denen esse (dafür I 54
inooiere) oder coüocatum esse dasselbe erklären? nicht minder schwie-
rig ist das hiemarat die meisten wollen durch das plusquamp. diese
handlung als etwas vergangenes mit rücksicht auf die zeit des aus-
bruch des krieges hingestellt wissen , andere fassen hiemarat in dem
sinne von 'er hatte Winterquartiere genommen', diese bedeutung
hätte hiemare zwar nur an dieser stelle und ganz gegen Caesars son-
stigen gebrauch (vgl. nur III 6 ae.). aber da die hss. auszer hiemarat
nur das gleichwertige hiemaverat bieten, werden wir die letzte er-
klärung lieber acceptieren als die oben angegebene, die mit der gan-
zen stelle im Widerspruch steht, denn das hiemare war nicht voll-
endet ; als die in den nächsten Sätzen erzählten ereignisse eintraten,
sondern das überwintern dauerte fort, sogar so lange bis Caesar,
cum primum per anni tempus potuit, beim beer anlangte, weiter
fällt uns auf frufnenti catAsa^ während Caesar sonst sagt IV 9. 12
frumentandi causa, desgl. <dv, 1 48, oder frumentatum IV 32. VI 36.
vm 10. Afr. 9. 11. 67, oder gar rei frumentariae causa YU 90.
civ, I 16 (auch frumentatione confecta VI 39, frumeniationihus pro-
hibere Vn 64 und frumentatione prohibere VIII 7, ebenso wie re fru-
mentaria comparata 1 37, rem frumentariam supportari I 39 nebst
copiae rei frumentariae U 10, inapia rei frumentariae III 24 sind zu
berücksichtigen).
Der anfang des achten cap. bietet zunächst eine häufung von
(drei) genetiven, der wir allerdings auch 11 17 begegnen, verglichen
aber mit cli^Ber stelle ist die unsrige hinsichtlich der präcision sehr
im nachteil. die meisten erklärer lassen orae als gen. pari vom prä-
dicat amplissima abhängen, die einfachere und der Wortstellung an-
gemessenere Übersetzung dürfte zwar besser amplissima auctoriias
als subject nehmen, dazu omms orae maritimere als gen. subi. (deutsch
local wiederzugeben durch 'an der meeresküste', dh. unter den be-
wohnem der küste, wie der schlusz des cap. deutlich beweist, wo
omni ora maritima in ziemlich freier weise für die bewohner gesetzt
ist), davon abhängig ist wiederum regionum earum als gen. subi.
('in jenen gegenden')- das prädicat ist huius est civitatis 'besitzt
dieser staat'. aber auch so zeigt eine vergleichung mit den übrigen
60 ♦
788 CVenediger: za CaeearB bellum Gallicum [III 7. 8].
stellen , wo ein genetiy von einem andern abhSngig ist, abweichung
von Caesars sonstiger redeweise. anf das dreifache et im folgenden
satze mit quoä macht Sejffert aufmerksam und vergleicht die stelle
mit U 19. res ncmtica kommt nur hier vor, AI. 12 mit homines ver-
bunden, substantiviert AI. 16. dasz femer das significanfb wort
pkirimas am ende des satzes, hinter dem verbum finitum steht, ist
bei Caesar nicht selten (vgl. Seyffert zdst. und Zumpt gr. § 789),
aber wol scieniia atque fisus^ welches auszer 11 20 sich nicht weiter
findet, und auch das folgende impetus maris steht einzig da neben
impäu8 flumims IV 17 und veWtorum III 18. hftufiger sind im^us
cohartium^ dassis, naviutn (insidiarum VIII 19). was heiszt aber
weiter in magno impäu maris atque aperto? das in hat, verglichen
mit in tanto imperio I 33 und in tanta muUituäine^ gar kein beden-
ken, schwieriger ist apertus. nach der erklSrung von Sejffert heiszt
so der andrang des meeres, das sich weit und offen ausbreitet, dann
wäre also für das einfachere in magno impetu maris aperii das un-
gewöhnliche, undeutliche geschrieben. Baumstark zieht apertus vich
in der Übersetzung künstlich zu impetus und nennt so den andrang,
gegen welchen weder nfer noch hftfen schützen, liegt das aber in
apertus'i Caesar hat apertum mare in 12, Oceanus apertus ITL 9 ganz
in unserm sinne *das offene meer'. sonst gebraucht er bekannUicb
das wort von umerus^ latus^ auch müites für unser 'ungeschützt, unge-
deckt', ferner von locus, loca^ ctmiculuSt litus, coUis oft für unser 'nicht
bewaldet', auch im comparativ civ. III 84 und im Superlativ m 26.
ganz anders Afr. 73, wo homines aperti unser 'offene (und ehrliche)
menschen' bedeutet, an unserer stelle gehört apertum offenbar za
^mare (vgl. m 12) und nicht zu impetus. aperti maris aber zuschrei-
ben verbietet die Übereinstimmung sämtlicher hss. wir müssen ans
also begnügen auch hier das abweichende von Caesars sonstigem ge-
brauch zu constatieren. dasz das atqt^ hier steigernden sinn haben
müste, aber in dieser Verbindung' nicht haben kann, mag beilSafig
angedeutet werden, nur hier findet sich femer poi4ibu8 interiedi^,
ebenso mari uH gleich dahinter (vgl. tempestatibus uti dv. JH 16'
und veäigdks habere (vgl. facere IV 3). auch diB&abhisfU inüium
retinendi SiUi erregt bedenken, es findet sich zwar VH 1 hdU imtium
fadant, 1 18 inüium fugae faoere (vgl. dv. TU 69. 96), und dv. TEL 94
imtium fugae fU ah ätiquo, sowie inüium heUi nasdtur VIII 6. nV.
III 20, AI. 58. 76 und oritur V 26. VHI 38. dv. I 35. HI 94; end-
lich steht neben einander II 9 initium fieret transeundi und initnm
fdidunt transeundi. aber nirgends ist das ergttnzende verbum noch
mit einem Substantiv oder das ergänzende Substantiv mit einem ret-
bum verbunden, der sinn aber verlangt hier offenbar (Eniner) : 'si«
machen den anfang mit der Zurückhaltung der abgesandten', dh. der
anfang bestand darin dasz sie zurückhielten, gebraudit Caesar sc
den genetiv, so das sog. gerundiv? sollte sich der bekannte sprtcb-
gebrauch, wonach zb. copiae equüatus 'truppen bestehend ans rdterei*
bedeutet (vgl. Baumstark zu II 10), bis auf tnMm fit rOinendi Sük
CVenediger: zu Caesars bellum Ghdlicum [III 7. 8]. 789
'der anfang, bestehend in dem zurückhalten des Silius' ausgedehnt
haben ? — Weiter findet sich nur hier conitMro mit acc. c. inf. , da-
gegen Hisp. 26. 36 mit ut verbunden, auch cammime consiUum in
dem sinne ^gemeinsame Verabredung' steht nur noch I 30, wiihrend
es civ. 1 38 und III 78 ^kriegsplan' bedeutet, häufiger sind dagegen
pMicOj privatOy regio consOM^ vgl. dv. I 20 umo consüio und anum
Mius &äUiae cansiUum TU 29. das folgende fortunae exUum ferre
steht einzig neben eandem fortunam ferre VII 62 und civ. II 28
eadem fortuna tUu auch exitus fortunae ist nur hier verbunden, da-
für Vn 77 exitus fortunarum und dv. H 5 evefUus {omnium) fortu-
narum, nicht minder aufßlllig ist soUicUo ut^ das sich so construiert
gleichfaUs nur hier findet, während sonst nur ein objectsaccusativ
folgt (das tit in y 6 findet seine erklärung in dem zugesetzten hör-
tari). dasselbe gilt von servüiUem per ferre. in allen übrigen Ver-
bindungen: in servitutem ahducere^ (ü>sträherey äbripere, tradere^ re-
digere^ tn Servitute tenere^ servitutem inwmgere^ Servitute premi be-
zeichnet servüus den zustand des geknechtetseins, hier dagegen, ver-
bunden mit dem gen. subL Bomanorum^ offenbar 'das joch dh. das
knechten der Bömer'. im nächsten satze ist, wie oben bereits be-
merkt, ora marüima für die küstenbewohner in auffälliger weise ge-
setzt, schlieszlich sei nur noch dwsperduco ad sententiam^ das nur
noch vn 4 sich findet (VI 12 ad seperduxerant)y sowie das kgationem
miitere gegenüber dem gebräuchlichem legatos mittere usw. erwähnt.
Hierzu kommen einige speciell grammatische abweichungen. so
der Satz utinea Ubertate quam acceperantpermanere maüentj wo zwei
hfls. acceperint und nudint bieten, aasz man den conjunctiv erwartet,
bemerken mehrere erklärer. ist denn wirklich quam aeceperant ein
selbständiger zusatz des Schriftstellers wie die relativsätze in andern
stellen wie II 4. II 3 usw.? ist es nicht vielmehr untrennbar von
dem gedanken des regierenden subjectes und sogar den grund des
erstem enthaltend? schon Held zdst. bemerkt: 'nicht einschaltung
des Schriftstellers , sondern wesentlich zur Vervollständigung von ea
libertas.' und trotzdem nicht der conjunctiv ? wir haben also hier,
um mit Zumpt zu reden, 'eine ausnähme bei guten prossikem, die
doch immer nur einzeln sind', man vergleiche nur in demselben
capitel existimäbant se ohsides redperaturos quos Crasso dedissent.
dagegen hat der coiy. praes. in si veUt^ remittat nichts auffälliges
(s. Sejffert zdst.) und läszt sich nicht mit III 5 intermitteret ver-
grleichen, sondern ist bedingt durch das hypothetische Satzgefüge,
dessen sinn jeden andern coi\junctiv hier ausschlieszt.
Ea erübrigt noch auf den beginn des 7n cap. , dh. auf den satz
der mit dem oben citierten beUum coortum est schlieszt, einen prü-
fenden blick zu werfen, da findet sich auszer etwa eaq^ndsis Qerma-
nis 'die scharen des Ariovist' (vgl. Bheinhard zdst.) die Verbindung
igtque ita in dem sinne 'und in folge davon', dieselbe bedeutung
bat diese Verbindung noch VIII 11 und dv, 11 28. 42, nicht aber
I IS und civ, 1 79, wo sie bedeutet et hoc modo 'und so' (betont);
71)0 flDeiter: za Cicero de oratore [I 8, 32].
Afr. Ib bedeutet atque üa Murch dies manöver' und 88 ^und so'
dh. mit dem Schwerte, ebenso könnte auffallen das sübÜum heUtm
desselben satzes, das einzig dasteht, wie ja überhaupt Caesar hftu-
figer repentinus als suhitus gebraucht und ersteres nur mit den sinn-
verwandten ifnpetu^, incursus, incursio (doch YIII 11 subita) ^ malus,
iufnultus usw. verbindet, ausser bei incursio VIII 11 stehen beide
Wörter auch abwechselnd bei adventu^, casus^ malumy periculum und
neben einander nur in dem besprochenen cap. 8 subita et rqpentina
consüia, da nun Caesar nie an einer und derselben stelle zwei ganz
gleichbedeutende Wörter gebraucht, so haben wir nur die wähl, ent-
weder subitus verschieden von repentinus zu fassen , also mit Baum-
stark ersteres durch 'plötzlich', letzteres durch 'unvermerkt' zu fiber-
setzen (Doberenz schlftgt vor 'schnell gefaszt — unerwartet*, desgl.
Kraner nach Cic. de rep. II 3 non modo exspedatos sed etiam repen-
tinos adventus)i oder, wenn wir dagegen anführen dasz Caesar beide
attribute denselben Substantiven ohne unterschied der bedeotung
beilegt, an keiner stelle aber beide zusammen, diese merkwflrdige
Verbindung aus der bezugsquelle zu erklären.
Denn das stellt die vorliegende Untersuchung auszer allen zwei-
fei , dasz wir in den besprochenen zwei capiteln eine im engsten an-
schlusz an den bericht des Publius Crassus abgefaszte darstellong
der veranlassung und des beginnes des krieges gegen die kfisten-
Völker haben, weshalb Caesar sich so eng an diesen bericht anschlo&z,
dasz er in wertschätz, phraseologie und syntax von seinem sonstigen
gebrauche abweicht, dürfte schiver zu erklären sein, ftirchtete ^t
vielleicht durch Veränderung der spräche seines berichtes auch die
thatsachen selbst zu verdunkeln?
Spandau. Carl Yenediger.
107.
ZU CICERO DE ORATORE.
1 8, 32 lesen wir in den besten hss. : quid autem tarn necessarntw
quam tenere semper arma^ quibtis veH tediis ipse essepossis velyr^^
vocare integros vel te ulcisci lacessitus? während sich in den Obh-
gen improbos für integros findet, die lesart improbos ist allem An-
schein nach ein Verbesserungsversuch der abschreiber; dagegen führt
uns integros i die zwar verderbte aber besser beglaubigte lesart, auf
die spur des ursprünglichen textes. derselbe hat nach meiner mei-
nung integer reos gelautet, in folge dieser leichten Veränderung
entsprechen sich die werte tedus, integer, Uwessitus und charakten-
sieren nebst den verben treffend die drei Stadien des kampfes, wel-
cher durch die rede ausgefochten wird, der redner steht durch seic«f
redegabe gedeckt da, ohne andere schutzwaffen nötig zu haben, kann
auch aggresiv vorgehen und die schuldigen unversehrt heraoftfor-
dei*n , wenn er aber angegriffen wird , sich mit erfolg verteidigen.
Emden. Heinrioh Dbiter.
l
HFIach: abfasBungsEeit der zehnten ecloge des Vergilius. 791
108.
ÜBER DIE ABFASSÜNGSZEIT DEE ZEHNTEN ECLOGE
DES VERGILIUS.
Nachdem durch die angäbe des Asconius Pedianus und der auf
ihm fuBzenden grammatiker festgestellt war, dasz Vergilius im j. 42
vor Ch. angefangen hat seine eclogen zu dichten und ihm zur be-
arbeitung und Verbesserung der übrigen noch die nttchsten drei jähre
gegeben waren , sind die meisten kritiker bei bestimmung der ab-
fassungszeit der eclogen in diesen grenzen stehen geblieben, obgleich
besonders die zweite notiz mehr eine sache des blinden glaubens ge-
wesen ist. da aber wenigstens zwei dieser gedichte (1. 9) auf ein
bestimmtes ereignis sich bezogen, so dasz sie mit Sicherheit den
Jahren 41 und 40 zugewiesen werden konnten, da femer auch ecl. 6
in nicht miszuverstehender weise unter der Wirkung dieses ereig-
nisses geschrieben i8t\ also auch derselben zeit ihre entstehung ver-
danken wird, und endlich auch die entstehungszeit von ecl. 4 gleich-
falls dulrcfa eine andere historische beziehung im sinne des Asconius
ermittelt worden ist (s. Ribbeck proleg. s. 9): so war man wol be-
rechtigt jener angäbe der alten vertrauen zu schenken (s. Ribbeck ao.
8. 1). in der that konnte dasselbe auch durch die versuchten datierun*
gen der eclogen 2. 3. 5. 7 nur gerechtfertigt erscheinen, die zehnte
ecloge allein — denn auch ecl. 8 war in jenem quadriennium , vvenn
auch mit mühe y unterzubringen — ist neuerdings auf grund histo-
rischer angaben hinsichtlich ihrer entstehung nicht bestimmt wor-
den , und diese wollen wir deshalb jetzt einer prüfung unterziehen.
Ruaens, der zuerst wieder nach der angäbe der grammatiker
die abfassnngszeit der Vergilischen gedichte genau zu bestimmen
versuchte, setzte unser gedieht in das j. 38, Völker de Comelii Galli
vita et scriptis I s. 25 (nach Voss) in das j. 37, ebenso Lehrs in
Herodiani scripta tria s. 431', Teuffei dagegen RL6.' s. 460 und
Ribbeck in das j. 39, da beide annehmen dasz sämtliche eclogen in den
Jahren 41 — - 39 herausgegeben seien, die genannten kritiker hatten
ala wichtigsten leitstem für die bestimmung jene angäbe der gram-
matiker und den ersten vers des gedichts: extremutn hunc^ Are-
ihusa , mihi cancede labarem.* dasz dies zweite argument aber sehr
dttrftig war, wenn gleichzeitig allgemein angenommen wurde dasz
die heutige reihenfolge der eclogen allerdings von Vergilius herrührt,
der sie bei der zuletzt auf den rath des Pollio erfolgten gesamtaus-
gabe eingeführt, aber nicht der ursprünglichen folge entspricht, in
* vgl. meinen auftatz über die sechste eologe in diesen jahrb. 1878
s. 633 — 687. * Lehrs sagt auch ohne weiteres: Maobas aunis
post (sc. nach 39], cum ecloga Virgilii decima scripta.' ' Teaffel
«0. s. 461: 'anter den einselnen stücken gibt 10 sich selbst als letst-
Terfasstes.' Ribbeck ao. s. 10: 'ultimam eclogaram decimam esse constat
Tersa primo.'
792 HFlach: abfassungszeit der zehnten ecloge dea Yergülas.
der sie als einzelne gedichte geschrieben und bekannt geworden sind«
dasz Verg., wie er ein gewisses gedieht — aus gewissen gründen —
an die spitze dieser ausgäbe gestellt hatte , ebenso ein anderes —
aus anderen gründen — an den schlusz stellen und durch ein ein-
ziges leichtwiegendes wort {extremum) vielleicht mit kleiner ände-
rung eines ursprünglich dagestandenen wortes oder gar durch Ver-
änderung eines ganzen verses diesen schlusz andeuten konnte : das
ist keinem in den sinn gekommen, ich glaube aber mit berücksich-
tigung des Inhalts zeigen zu können, dasz dieses gedieht durchaus
nicht zu den letzten bukolischen machwerken des Verg. gehört, son-
dern zu den ersten und ältesten.
Wie gewöhnlich , hat Verg. im prooemium den Inhalt des ge-
dichts angegeben: v. 6 sollicitos Gälli dicafmts amores^ dh. ich
will die unglückliche liebe des Gallus besingen \ und zwar so
dasz seine geliebte Lycoris das gedieht selbst lesen (v. 2) und ihre Ver-
urteilung erfahren soll. Gallus hat diese teilnähme verdient, weil er
selbst dichter (v. 3 und 50) und ein innig geliebter freund des Verg.
ist (v. 73 f.). es ist einleuchtend dasz hier, wie in der sechsten ecloge
(v. 62 f.), wo Gallus als nachahmer des Euphorion genannt wird,
nur die rede sein kann von den vier büchern elegien auf Lycoris \
die nachweisbar den elegien des Euphorion nachgebildet oder aus
ihnen übersetzt waren (Probus und Servius zu ecl. 10; Meineke ao.
s. 24; Bohde griech. roman s. 122 anm.). Gkllus würde demnach
etwa in demselben alter wie sein freund und mitschüler Vergilius
(er war bekanntlich nur ein jähr jünger als dieser) sich der Über-
tragung griechischer dichtwerke gewidmet haben.' in seinen ele-
gien hatte er seine glückliche liebe zu Lycoris besungen, nicht seine
unglückliche liebe, wie man ab und zu bei neueren erklftrem
liest', und diese geliebte hatte liebe und gedichte vergessen, war
^ wenn Ladewig-Schaper sagen: 'die einleituug enthält die versiehe*
rnng, dasz die klage ohne jede bitterkeit nur dem dichter gelten •oUe%
und weiter unten ^sollicitos amores die liebesgedichte', so gehören diese
bemerkungen su den freilieh bei diesem gedieht überwiegenden, die ich
für unrichtig zu halten gezwungen bin. dasselbe gilt noch von mehrereo
andern, zb. v. 3 * diese worte sind mit besiehung auf Augustus gesehrie-
ben, «ein lied gilt es: wer sollte ein Ited dem dichter weigern?»' v. 4f.
'so wie mein lied vor bitterer empfindung, magst du vor der berShma^
deines Verfolgers stets sicher bleiben* nft. * damit steht nicht in
Widerspruch, dasz mit 6, 72 f. auf eine Übersetzung der chiliadea des
Euphorion angespielt wird (Völker U s. 20; Meineke Anal. Alex. s. 13 f.
und 78 f.)t da auch diese bei der abfassung der eclogen wenigstens som
teil vorgelegen haben müssen, wie aus 10, 60 f. hervorgeht (s. unten).
* ob dagegen bereits die vier bücber elegien des Oallus fertig vor-
lagen oder nur ein teil von ihnen, das wird natürlich nicht zu beweisea
sein, daher auch das vorsichtige urteil von Voss und Lehrs ao.: 'ele-
gias de Lycoride sua certe iam coeperat condere.' ^ dies war ein
Irrtum von Voss, aber teilweise auch noch von Völker I s. S6. II s. 16 f.
die Worte v. 9 f. quae nemora vos habuere, puellae Naides (nemlicb die
Musen: vLentsch im Philo!. XXI s. 40) zeigen deutlich dasz Gallus nach
dem treubruch der Lycoris sich der poesie ganz enthalten hatte: deaa
HFlach: abfassnngszeit der zehnten ecloge des Yergilias. 793
ihm untreu geworden, einem fremden manne nach Gallien nachge-
zogen' und hatte dadurch für immer das band, durch welches Gallus
und sie yerbunden waren, gelöst, dies ist die wichtigste historische
angäbe des gedichts, und von ihr musz man ausgehen, was sagen
die alten erklärer dazu?
Servius sagt: hk GäUus amavü Cytheridem m&retticem^ libertam
YolMmmiy quae eo spreto AfUonium euntem ad &äilia8 est secuta, da
aber Antonius, die bekannte Cjtheris, die freigelassene dos Volum-
nius, bereits im j. 46 verstoszen hatte, um Fulvia zu heiraten, nach-
dem er ftinf jähre mit jener ein Verhältnis unterhalten , so hat man
den zweiten teil dieses Zeugnisses ohne weiteres verworfen (Völker
Is. 26; Bibbeck s. 10). indem aber Bibbeck den ersten teil des-
selben annahm, ;liesz er doch die 6ine un Wahrscheinlichkeit zu, dasz
der jugendliche Gallus seine liebe an ein wesen verschwendet habe,
das bereits im j. 61, als er 18 jähre alt war, die Vergangenheit einer
Sklavin und Schauspielerin hinter sich hatte und dann nach einem
fÜnQtthrigen concubinat von Antonius bei seite geschoben war. zu
dieser 6inen unwahrscheinlichkeit kommt dann eine zweite, dasz
dieselbe Cjtheris mehrere jähre den Gallus beglückte, um dann
schlieszlich wieder mit einem neuen liebhaber durchzugehen, mit
Einern werte, die von Cicero so oft gebrandmarkte concubine des An-
tonius kann die geliebte des jungen dichtere Cornelius Gallus nicht
gewesen sein, wie schon Völker I^s. 27 richtig erkannt hat.
Zu dem zeugnis des Servius kommt aber ein zweites, welches
bisher nicht beachtet ist. im scholion des codex Medicens (bei Zange-
meister n. Wattenbach Exempla cod. lat. n. 10) heiszt es: [Iy]conn
vcHumniam cUerin loquüur quam triumviri [co]meUus gaüus* et mar-
CU8 anionius amaverufU^ quam [pe]r potentiam antonius secum ä/uxU
in gaüias ad exercitum proficiscens. dieses scholion von der band
dessen der das subscript gemacht hat (Bibbeck proL s. 221) ist an
die stelle eines altem, von der band des ersten Schreibers herrühren-
den getreten, in welchem, wie die wenigen spuren zeigen, genau das-
selbe gesagt war wie in dem heutigen, zu dieser ältesten notiz kommt
das Zeugnis des Aurelius Victor v. Hl. 82 {Brutus) Cytheridem mimam
cum Antonio et OaUo poeta amavU.^^ aber auch diese letzte angäbe
leidet an einer innem unwahrscheinlichkeit. Brutus war im j. 42
(als Oallns und Vergilius in ihrer dichterischen anfangsperiode sich
befanden) gestorben, seit 51 (als Gallus 18 jähre alt war, Brutus
etwa 28) glücklicher Schwiegersohn des Appius Claudius; also wird
sein nmgang mit Cytheris vor dieser zeit spielen, und vor der zeit
eben deshalb hatte er von den Muien keine tröetong erhalten, nnd dei-
halb bittet er die birten Bein nnglück so besingen.
• y. 46 f . iu proad a patria (nee sii mihi ertdere iantum) AlpinaMt «,
dura nwes et frigora Rheni me sine eola videe. * hier liegt eine ver-
weehslnng ▼or, da Galluf (mit Pollio und VamB) su den triamvirn der
Hcskerrerteilong gehört hatte. >® daes Aurelins Victor wertvolle bio-
ffTADhiacbe angaben entbftit, ist bekannt: s. Teoffel ao. s. 969.
794 HFlacli: abfassungszeit der zehnten ecloge des Vergilius.
in welcher Antonius sie zu seiner concubine machte, dann können
wol Brutus und Antonius dasselbe mftdchen hintereinander berückt
haben, schwerlich aber Brutus und Gallus.
Hieraus ergibt sich aber dasz wir keinen grund haben die an-
gäbe des scholiasten und des Servius zu bezweifeln, dasz Anionias
die geliebte unsers Gallus, Lycoris, mit gewalt nach Gallien entftihrt
hatte ; nur werden wir das als eine Verwechslung und als einen in*
tum bezeichnen dürfen, dasz diese Ljcoris die alte, verlassene con-
cubine des Antonius war; sie war also nicht jene Cjtheris, vielleicht
überhaupt nicht eine Cjtheris. war aber die Verwechslung einmal
geschehen, so war sie natürlich von einflusz auf stellen wie Servius
zu ecl. 10 und Ann Victor. '^ also Brutus und Antonius haben eine
Cjtheris geliebt, Antonius und Gallus eine Ljcoris. halten wir dies
fest , so ergibt sich von selbst dasz Antonius dieses m&dchen mitge-
nommen hatte im anfang des j. 43", als er nach der ihm zuerteilten
provinz Gallia Cisalpina aufbrach." seit dieser zeit datiert der
Seelenschmerz des unglücklichen Gallus.
Dennoch ist die ecloge des Verg. nicht unmittelbar nach die-
sem abmarsch des Antonius geschrieben : denn wir erhalten in ihr
den eindruck, dasz Gallus sich einem ganz unnatürlichen, also wol
sehr langen schmerz ergeben hatte (v. 28 ecquis erU modus?), wi^
war in dieser zeit geschehen? Gallus hatte sich^ gewis veranlaszt
durch den gewaltact des Antonius, an Octavianus angeschlossen '\
der ihn gleich in sein herz schlosz und durch seine vermittlang und
fürsprache kurz darauf auch dem Verg. wolthaten zn erweisen ge-
legenheit fand (Probus comm. s. 6 Keil), aber dies war erst nach
dem mutinensischen krieg und nach dem november des j. 43 mög-
lich , als die Stellung des Octavianus durch das triümvirat gesichert
war. wahrscheinlich ist sogar unmittelbar nach dem triümvirat ge-
schehen , was doch in dieser zeit geschehen sein musz , dasz Gallus,
der von niedriger herkunft war, zum ritter gemacht wurde, da er
'* Probus nennt keine Cytheris, Ovidius und Propertiat III SS, 91
(formosa LycorU) kennen nur eine Lycoris. sehr beseichnend für dit
entstehung der elegien des Gallus ist Martialis VIII 73, 6 im^miitm
Gaüi pulehra LycorU erat, würde sie es wol gewesen sein, wenn «ie
schon ein oder swei jahrsebnte durch die bände des Bratos and An-
tonias ua. gegangen wäre? so gemütlich stellt sich die sacha nur
Spohn vor, der sogar so glücklich war, das alter der Lycoria an ent>
decken, und würde Gallus so versweifelt gewesen sein, wenn die ante-
cedentien seiner geliebten ihn in jedem angenblick darauf vorberetcen
mnsten, dasz ihm dasselbe bcTorstehe wie Brotas and Antonios und
vielleicht noch einem halben dutzend anderer? *' seine ehe mit
Fulvia wird ihn darin ebenso wenig gestört haben wie in andern
dingen (vgl. Marl XI 20). <* dasz der kalte Rhein, den Verf?. v. 47
nennt, nicht wörtlich zu nehmen, und dasz die darauf sieh stStzead«
annähme des Martinas (dasz das gedieht 87 verfasst sei) verfehlt ist,
hat Ribbeck gezeigt. i« Völker I s. 21 vermutet dasz dies gleich
nach der ankunft Octavians in Rom (44) geschehen sei, was ebea*o
wenig Wahrscheinlichkeit bietet wie seine motivierung, weil er frei-
gelassener des Cinna war.
Hillach: abfasaungszeit der zehnten ecloge des YergiliuB. 795
später als prttfeet Aegyptens, vermutlicb aber auch schon als triam*
vir in Gallien (41) dem ritterstand angehörte (Volker I s. 16).
wenigstens glaube ich in dem gedieht andentungen über diese Stan-
deserhöhung zu erblicken (v. 35 ff.)*
Wenn wir demnach mit rücksicht auf die historischen anspie-
lungen das gedieht in das j. 42 setzen, durch welche bestimmnng es
freilich vielleicht zu der ältesten unserer eclogen gemacht wird, so
fragt es sich , ob die ganze anläge des gedichts und der weitere ver-
lauf desselben diese annähme unterstützen, das gedieht soll den
Oallus trösten und wird diesen zweck erfüllt haben, der trost ist
nicht ernst gemeint, sondern scherzhaft; was der umstand beweist,
dasz Verg. das gerippe der ersten idjlle Theokrits , in welcher der
sterbende Daphnie besungen wird , seinem gedieht zu gründe gelegt
bat.'^ daher der scherzhafte ausdruck v. 10 indigno cum &äOus
amore peribat «> 1, 66 Skq Adq>vic ii&KiXO. wäre dieser ton im ge-
dichte nicht enthalten , so mUste die nachahmung als eine äuszerst
ungeschickte und verfehlte bezeichnet werden, den schwerpunct des
gedichts bildet die klage des Gallus selbst (v. 31 — 69), nachdem er
von den hirten, von Apollo und Pan getröstet worden ist (v. 9 — 30).
sehr fein drückt in dieser vorausgehenden partie Verg. aus, dasz
Gallus einem seiner nicht würdigen weibe sein herz geschenkt habe:
V. 10 indigno amore^ v. 21 unde amar iste tHH (was verächtlicher
i&t als Theoer. 1, 78 Tivoc TÖccov fpaccai), v. 23 ttta Lycoris cUium
. . per harrida castra secuta est (was doch im munde des Apollo
nur bedeuten kann : *wie kannst du verzweifelt sein über den vertust
eines wesens, das jetzt als lagermädchen [wir sagen 'soldatenbraut']
gegangen ist?'), womit Lycoris der verächtliohkeit preisgegeben und
zu den verworfenen dimen gezählt wird, um so drastischer wirkt
noch die liebende Zärtlichkeit des Gallus v. 48 f. a, ^e ne frigora
iaedanif a, tibi ne teneras glacies secet asperapUmtas! die klage
des Gallus selbst ist die schwierigste partie des ganzen gedichts und
hat zu verschiedenen irrtümem veranlassung gegeben. " sie ist aber
*^ die nachahmuDgen einselner Theokritiseher verte sind zasaminen-
getragen nach WRibbeck von Sohaper in diesen jahrb. 1864 •. 791. es
fehlt aber zb. v. i Areißtitsa entlehnt ans 1, 117, ▼. 6 Dorig aus 1, 118
na. auf den scherzhaften ton hat bereits ORibbeck anfmerksam ge-
macht. ** man hat zb. bei v. 44 ff. an einen wirklichen feldzog des
QAllaa gedacht (Völker I s. 26) und deshalb das gedieht in das j. 37
verlegt, oder an den militärischen bemf des Gallns (F orbiger zdst.),
oder man hat ▼. 44 — 49 (Sohaper im anhang s. 204) bzw. v. 46 — 61
(Völker II s. 11) oder 46 — 54 (FonUninna) für yerse des Gallns ge-
halten, in zn grossem rertranen auf die thörichten werte des Bervius:
hi ttuiem amnes ver$tu Oatli mnit während doch Probns an unserer stelle
und Servins sn ecl. 6, 72 davon gar nichts wissen, an jener stelle be-
zeichnet Bervins als rerse des Gallns nur v. 60 — 61 ibo et Chaieidico
nsw. y welche sehr wol am schlusz der einleitnng zu den elegien des
Gallo« gestanden haben können (in gleichem Zusammenhang wie die
Ihnliehen Yerg ecl. 6, 1—8) und als solche auch an dieser stelle allein
am besten gedentet werden, insofern stimme ich mit RPeiper jahrb.
796 HFlach: abfassungszeit der zehnten ecloge des Vergilins.
auch ungeschickt, und verräth deshalb einen jugendlichen und un-
geübten dichter, statt dasz uns nemlich geschildert wird, wodurch
der verzagte Gallus wirklichen trost findet, was doch das endliche
resultat des gedichts sein soll und gewesen ist, bleibt er am schlosz
untröstlich und gibt jeden weitem trostversuch auf. und doch hat
Gallus V. 33 f. selbst angedeutet, wie er wünschen möchte dasz nach
seinem tode (den er für bevorstehend hält: s. oh&i peribat) die ar-
kadischen hirten seine liebe besingen, dasz aber Verg. unter diesen
sich befindet, beweist v. 26 quem vidimus ipsi. aber Verg. hat die-
sen düstem schlusz doch vielleicht absichtlich so eingerichtet, um
die grosze Verzweiflung des Gallus desto besser mit den vorausgehen-
den tröstungen anderer contrastieren zu lassen, wodurch dieselbe
nur lächerlicher werden konnte.
Der gedankengang in der klage des Gallus ist folgender, ^wie
sanft würde ich im tode ruhen, wenn ihr, o hirten, dann meine liebes-
schmerzen besingen wolltet (31—34) I wäre ich doch einer der eorigen
gewesen, so hätte ich mit Lycoris, beide im verborgenen, ein idyl-
lisches , ungestörtes dasein fristen können (35—43). aber jetzt will
ich in den krieg gehen , erträgt doch meine Lycoris auf den admee
feldem der Alpen noch viel schlinmieres (44 — 49). *' oder ich will
lieber meine früheren (dh. die im glück gesungenen, wobei nicht an
seine elegien, sondern an epische Übertragungen zu denken ist : Quin-
tilian X 1, 66) lieder vornehmen und sie euch vortragen (50 — 51).
oder ich will in die bäume verlassener Wälder meine liebe einkratzen
(52 — 54). dazwischen kann ich ja mich der eberjagd auf dem eisi-
1865 8. 855 fiberein, dasz diese beiden verse die eig;entliehe verlier'
liohung des dlchiers Oallus enthalten, wenn ich aach von seinen Strophen
nichts wissen will, ich lasse mich endlich gar nicht ein anf eine pole-
mik gegen die mir absolut nnverständliche ansteht Schapers, dasz das
ganze gedieht ein klagelied auf des tod des Oallas (gesL im j. t6) sei
(zn V. 85—69): 'die vorstellnng der alten, dass die verstorbenen ihre
liehllngsbeschäftigiingen nach dem tode fortsetzten, gab dem dichter
die möglichkeit diese worte dem freunde in den mnnJ au legen and
ihm dadurch die ehre zu erweisen, welche sich Gallus nach Verg. dsr»
Stellung selbst gewünscht hatte' [welche 'lieblingsbesohäftigungea' httte
also Gallus? liegen, dichten, kriegfnhren, singen, jagen usw.], da ich
diese ansieht nach den gegenbemerkungen von Bibbeok proleg. s. U
für abgethan halte, nnr auf zwei momente will ich aufmerksam machen,
wenn Verg. nach dem tode des Oallus sein lob wegen der kaiaerlicbea
Ungnade aus dem schlusz der Oeorgica streichen mnste, wie durfte er
ihn hier feiern? und dann, welch seltsame geschmacklosigkait wirt ei
gewesen, wenn Ytrg* nach dem tragischen tode des Gallus jene alte^
längst vergessene liebesgeschichte wieder aufgewärmt hätte! — VolU;
unverständlich ist mir aber auch in diesem gedichte, das bis zun letstea
verse von bukolischen Wendungen und Situationen überfliesst» eine he-
merkung wie zu v. 7 'dieser vers enthält eine von den wanifea Wen-
dungen, welche in dieser ecloge an die form der bukolischen dichtauf
erinnern.'
" mit diesem satz und mit v. S8 wird die Situation des gedieht*
abweichend von der sonstigen darstellung in den anfang des j. 43 so-
rückgeschobea.
HFlach : abfassungszeit der zehnten ecloge des Vergiliua. 797
gen Parthenins und auf seinen geföbrlichen spitzen ergeben (55 —
60). doch wozu das alles? nichts bringt mir heilung (60 — 61). der
gott (Amor) bleibt dennoch hart, und meine lieder machen mir selbst
keine freude mehr (62—63). '' mag ich zum ftuszersten norden oder
zu den sOdlichsten gegenden ziehen, meine unselige liebesqual yer-
iJtezt mich nicht (64 — 69).' eine solche klage hfttte ein besserer
dichter, zb. Tibullus oder Ovidius, allerdings in ein ganz anderes
gewand gehflllt.'* besonders unklar ist ihr anfang y. 31 tarnen ean-
täbiHs^ Arcades^ wfthrend man zunSchst eine antwort an Pan er-
wartet; femer der ausdruck y. 44 nunc insamu aimor me detinet (wo
Forbiger mit unrecht einen gegensatz zum vorhergehenden erkennt:
so aber, wfthrend doch nunc . . tlK> . . ifUerea . . iam das gleiche
ausdrücken : *bald will ich hiermit mich trösten, bald damit') ; dann
die anknüpfnng y. 52 certum est . . maUe pati, überhaupt wird das
yerstflndnis durch das fehlen der conjunctionen und partikeln be-
deutend erschwert (y. 44. 50. 55. 64). diese Unklarheit des aus-
drucks ist Veranlassung gewesen, dasz so yerunglflckte deutungen
des gediebts möglich gewesen sind wie die von Geyers, der darin
eine parodie sah'^, und die oben erwfthnte von Schaper. vielleicht
aber liegt in dieser Schwerfälligkeit und unverstftndlichkeit , die im
allgemeinen nicht zu den Untugenden des dichters gehören , ein be-
sonderer sinn , wie dies auch bei der sechsten ecloge angenommen
werden kann, die nachahmer des gelehrten und unverständlichen
Euphorion standen bei vernünftigen Römern in keiner besondem
achtung*', und dasz sich diese beurteilung vorwiegend auf Gallus
bezogen haben musz, wird auch durch Quintilian" bestfttigt (vgl.
Meineke Anal. Alex. s. 24). möglicher weise hat Verg. diesen
dunkeln ton in beiden gedichten nachgemacht, um dem freunde zu
^ e« ist eine sehr wahrscheinUehe vermatang von Völker II s. 10
«nm. 6, dasE die liebeselegien das Galloi, wie die erotischen jagend-
gediohte des Oriditts, den namen Amores geführt haben. '* ich gebe
allerdiDge zu, dass die überUefening gerade dieses gedichts keine be-
sondere gote ist: y. 17 ist offenbar anainnig und deshalb von Bibbeok
athetiert (wie man aber mit Hitsig rh. museam XIV s. 482 ff. v. 16—
18 streichen kann, verstehe ich nicht) ; y. 38 — 89 sind abgeschmackt und
mit recht von Hitsig ao. verworfen, demnach erkannte das richtige
schon Heyne: 'aniverse vero a simplicitate et venustate pastorioii
carminie et Theocritea snavitate in plerisqae recesslt.' ^ wenn aber
sein receosent PhWagner jahrb. 1866 s. 776 im anfang des gedichts
und im ^schönen sehlusa* einen besondem ernst bemerkt hat, so gestehe
ich auch diese ansieht für verfehlt sa halten. *i Cic. Tute, lll § 46
o poeiam egreghm (sc. Enniumi^ quamquam ab Mm C4miarüna Eupkorioni»
eaniemmUur, da die Tosonlaaen in den jähren 46 und 44 geschrieben
sind , so lagen in diesen jähren nacbabmnnffen von Gallns bereits vor.
aof den gelehrten, aber schwerfälligen (Oelfius XIX 9) and unbedenten-
den flelvius Cinna (worüber Lentscb im philo!, aas. 1871 s. 120) allein
kann aich Cieeros Üosserang nicht beziehen. ** X 1, 93 eUgia quoque
OraeeoM praüoearnui^ emut mihi ternu aique eiegam maaelmt nidttur auctor
Tiöuiius. wni qui ProperUttm malint, Oviäius uiroque laidoiar, sicut durior
Gaiiua,
798 HFlacb: abfassungszeit der zehnten ecloge des VergiliuB.
schmeicheln, so steht neben der besingnng seiner (des Gallus) glück-
lichen liebe als seitenstttck die seiner unglücklichen liebe durch Verg.,
neben der ersten etwas unverständlichen nachahmung des Euphorion
die (vielleicht erste) gleichfalls ungeschickte nachahmung des Theo-
kritos, neben der ersten römischen elegie das erste römische idjlL
Nur das 6ine werden wir erklären müssen ^ warum Verg. bei
der gesamtausgabe der edogen dieses gedieht an den schlusz ge-
stellt hat. ich glaube aus demselben gründe, aus dem er die erste
ecloge an den anfang gestellt hat. wie nemlich jenes gedieht durcb
die feier des Octavian den grösten historischen hintergrund hatte
und deswegen die allgemeinste teilnähme beanspruchen konnte, so
steht dieses auf der dürftigsten basis, da es von den liebesschmerzen
eines unglücklichen, aus unbekannter familie stammenden, wol kaom
sehr zur anerkennung gekommenen, wenigstens damals noch nicht
in weitere kreise gedrungenen dichters handelt, also einem gegen-
stände gewidmet ist, der schwerlich beim publicum grosses interesse
erwecken konnte, dann dürfen wir als huldigung, die dem Callas
nach Verg. glücklicher restituierung gebracht ist, jene sechste, an
Varus gerichtete ecloge betrachten, in welcher gelegentlich seiner
liebeselegie und seinen sonstigen Übertragungen aus Euphorion ein
compliment gemacht wird." vielleicht hatte aber Verg. selbst das
gefühl, dasz das gedieht ein verunglücktes war, uud verurteilt« es
deswegen dazu, den reigen seiner eclogen zu schlieszen.
*' woher die Überschrift conquaestio de agrit cum CorneHo Gallo io
die ältesten hss. (Pal. nnd Med.) nnd die von ihnen abstammenden ^-
kommen, ist schwer za sngen. diese angäbe passt (wenn wir Gallos
aas dem spiel lassen) anf die nennte ecloge. dem Charakter solcher
Überschriften entsprechend ist allein die im Gadianns: poeta ad GmOum
(was der Schreiber offenbar vervollständigt de amore OalK con$olatio). da
der Gndianns einen hervorragenden wert hat und ans demselben urche-
typus stammt wie der Palatinns (Ribbeck proleg. s. 320), so dfirfen wir
jene anfschrift als die richtige betrachten.
Tübingen. Hans Flach.
109.
ZU MANILroS ASTRONOMICA.
Die interessanten forschungen, welche mein verehrter herrrector
T h Vogel über den repräsentativen gebrauch der prftp. in angestellt
und in diesen jahrb. 1878 s. 393 ff. veröffentlicht hat, haben midi
veranlasst dieser auffHUigen construction weiter nachzugeben, »^
ciell ihr vorkommen bei dichtem festzustellen.
Man! lins, in betreff dessen allein mir diese uniersuchoog «b-
geschlossen vorliegt, enthält mehrere sichere beispiele diesem g^
brauchs^ während andere stellen, da ihre lesart oder anslegong zwei-
Mßechert: zu Manilius Astronomica. 799
felbaft ist, nur nfögl icherweise hier anzuführen sind, unbedenklich
erkenne ich den in rede stehenden gebrauch an in I 783 (Jacob) qui
gestat in alite Fhoebum und V 482 soluagueper omnis ibitpersonas
et turbam reddd in uno, erstere werte auf Corvinus, letztere auf
den Vorleser oder Schauspieler bezflglich. die stelle Y 217, an der
der dichter von der alles versengenden glut des hundsstemes spricht,
natura suismet
aegrotat nufrbis nimios obsessaper aesttsSy
ingue rogo vivit; tantas per sidera fervor
funditur; atque uno candent in flamine cunäa
dürfte nur dann in betracht kommen können, wenn Jacobs conjectur
atque uno candent in flamine cunda als das richtige anerkannt würde,
allein den vorzug verdient meines erachtens Bentlejs der hsl. Über-
lieferung {ceu sunt in flumine) nicht minder nahe kommende Ver-
mutung se accendunt hmine (besser /7iimfn«?) cunäa. wenn Manilius
femer n 661 schreibt: duo cemere pisoes et geminos iuvenes dupHi-
cemgue in virgine farmam, so liegt doch wol hier die einfach locale
bedeutung der präp. vor, insofern in oder an dem stembilde der
Jungfrau eine doppelgestalt zur erscheinung kommt, ebenso deute
ich V 426 , wo der dichter die manigfachen künste des Schwimmers
erwähnt, der bald mittels der bände wie mit einem rüder sich vor-
wärts bewegt, bald aufrecht stehend mit den füszen das wasser tritt,
bald unbeweglich auf der Oberfläche des wassere liegend sich von
den wellen tragen läszt. vers 426 lese ich nun mit Bentley nunc
aequore mersas diducet pahnas^ furtivus remus in ipso^ dh. 'baJd wird
er, ein verborgenes rüder in sich selbst, die ins meer getauchten
bände in entgegengesetzter richtung bewegen.* dasz Jacobs con-
jectur furtivus remes (so) in ipso durchaus verwerflich ist, leuchtet
sofort ein. die stellen V 572 viäorque Medusae viäus in Ändro-
meda est^ 1 384 uno vincuntur in astrOy endlich lY 46 Cinibrum in
Mario . . victum würden nur dann unter die kategorie des reprä-
sentativen m fallen , wenn gesagt werden sollte, dasz in dieser oder
jener person oder sache eine ganze classe gleichartiger personen oder
Sachen oder in der geringem zugleich die gröszere und wichtigere
besiegt worden sei. da dies aber an keiner der drei stellen der sinn
sein soll, so ist wol der einfache gebrauch zu statuieren, der vorliegt
in der constmction furere^ ordere^ depenre, deficere in äliguo. die stelle
lY 45 aber bedarf jedenfalls noch einer genauem besprechung. die
ganze vorhergehende stelle von v.37 an ist kritisch hOchst bedenklich
und so wie sie überliefert ist keinesfalls zu halten, nachdem durch
die verschiedensten beispiele aus der altem römischen geschichte
die wunderbare macht des Schicksals dargethan ist , wird das bdlum
sociale (v. 43 vires Italas^) erwähnt und im anschlusz daran die bür-
gerkriege. da heiszt es denn im cod. Gemblacensis :
' dass diese lesart des cod. Gembl. beiEnbehalten sei, glaube ich
kinreiohend nnohgewiesen zn haben in den Leipsiger Stadien I s. 81 f.
800 MBechert: zu Maniiias Aatronomica.
adice et civüia bdla;
et Cimbrum in Mario Mariumque in carcer^ vidum;
quod consül totiens exid, guodque exule constU
adiacuit Lybicis compar iadura ruinis
eque crepidinihtis cepU Carthaginis arces.
offenbar spielt der dichter^ der auch im Yorbergehenden auf sobr
specielle mirakel eingebt, auf die gefangennabme des Mtarius in Min-
tumae an , femer auf seine flacbt nach Cartbago nnd das darauf fol-
gende siebente consulat im j. 86. dasz Marias vom ratbe zu Min-
tumae nicbt in das gefUngnis geworfen, sondern in eustodiam liberam
bei einer vomebmen bttrgerin gegeben wurde , ist ja wol dorcb ver-
Iftssige bericbte genügend bezeugt (Val. Max. I 5, 5. II 10, 6. Plnt.
Marius 37 ff.), aber bei einem dichter, zumal einem solchen wie
Maniiias , bat man ja von vom herein an dem nicht ganz satreffen*
den ausdrucke wol nicbt sonderlich anstosz zu nehmen, nach Vellejos
n 19, 3 war der sklav, der den Marius in carcere Mintumensium
(also auch er spricht vom gefUngnis') töten sollte, ein im Cimbem-
kriege gefangener Germane , nach Val. Max. II 10, 6 aber ein Cim-
ber. dies alles in erwftgung gezogen spricht nun Vogel, an dessen
argumentation ich micb überhaupt eng angescblossen habe, die mich
sebr ansprechende Vermutung aus, Manilius habe geschrieben:
et Cimbrufn in Mario , Marium non carcere rtcfum.
m für non ist auch anderwärts in den hss. anzutreffen, zb. Tac. dial.
23 infirmitate für non firmitate und ebd. 26, wo cod. £ hat tu hac
für non hac. Bentlejs geistvolle conjectur et Cinnam in Mario
Hariumque in Caesare vidum würde, wie mir scheint, den ganzen
Zusammenhang stören, da in den ganzen vier versen von Marius und
nur von diesem die rede ist. femer würde ein Schriftsteller, der so
begeistert Caesars und Augustüs lob singt, schwerlich so nackt den
gedanken hinstellen, dasz, wie Marius den (gleichzeitigen nnd ver-
btlndeten!) Cinna, so Caesar den Marius überboten habe — in der
art wie er den bürgerkrieg führte.
Zum schlösse sei noch erwfthnt, dasz IV 136 ein unsweifel-
haftes in repraesentativum vorliegt , wenn man mit Bentlej liest :
sequ€ {putat PaUas) in Aracknea nuiffwum portasse tritm^pkum aa*
statt des unhaltbaren hsl. seque in Ara^nea magnmn putat esae
triumphum.
' ebenso Lnoanus Phars. II 79 von dem Bklaven: vider^
ienebro$o in carcere tucem. ^
Leipzig. Malwin Bbohbbt.
ERSTE ABTEILUNG
FÜBtCLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEK VON ALFRED FlBCKBISEN.
HO.
DER DICHTER HOMEROS
UND DIE WOLPSCHE HYPOTHESE.
Als P AWolf seine 'prolegomena ad Homernm' an WvHumboldt
schickte , erwiderte ihm derselbe : *die gründe die Sie angeben sind,
glaube ich, alle noch so, dasz sie nach individuellen Verschieden-
heiten mehr oder mindern eindrack machen, der cardo remm liegt
meines erachtens blosz darin, dasz in der Dias wirkliche Verschieden-
heiten des Stils, der spräche usw. sein sollen, bei diesen, glaube ich,
hfttten Sie anfangen müssen; jetzt getraue ich mir zwar immer den
gegner zu bestreiten, nie aber ihn besiegen zu können." ist nun
dieser sprachliche nachweis, welchen Humboldt bei Wolf vermiszte
und von welchem er die entscheidung über die angeregte frage ab-
hAngig erklärte, spftter geführt worden? sicherlich nicht ja, er
kann gar nicht geliefert werden . hfttte Homer seine gesftnge nieder-
schreiben ktfnnen, so war es möglich, dasz sie in sprachlich unver-
ftnderter form, wenngleich nicht ohne Schreibfehler, von handschrift
zu handschrift überliefert wurden, nun wurden sie aber durch münd-
liche Überlieferung mehrere generationen hindurch in yerschiedenen
sfingerschulen fortgepflanzt und dann erst in diesen niedergeschrie-
ben, besonderheiten und differenzen in dialekt, lexilogie, selbst in
der grammatik — und darauf beschr&nkt sich , was man gefunden
zn haben glaubt — werden daher mit weit gröszerm recht auf die
überliefernden sfinger als auf den ursprttnglidien schöpfer der dich-
tnngen zurückgeführt dennoch hat das versmasz und die heilige
Verehrung für den dichter den einheitlichen Charakter des stils, der
poetischen dietion und gestaltung, in denen sich ror allem die in-
dividualitat des Schöpfers ausspricht, so treu erhalten, dasz die
Wissenschaft zu der erfindung des mjthus von der dichtenden sage
> B. Geppert über den Ursprung der Homerischen gesftnge (Leipsig
1S40) im beginn der vorrede.
Jiihrh«eher fttr clMf. philo!. 1879 hfl. IS. 51
802 AEiene: der dichter Homeroe und die Wolfsche hjpothese.
gegriffen hat, unter der die einzelnen sttnger in einem grade steheo,
dasz sie ihren individuellen persönlichen Charakter einbüszen, um
eine thatsache zu erkl&ren, die unerklärlich bleibt, nachdem man den
6inen dichter verloren hat. denn was ist sage ? einproductwel-
ches die gestaltende kraft auszer sich hat und an sich
erfährt, was besagt also in Wahrheit der mythus? dasz im gan-
zen Yolke , nicht in seinen sängem , die gestaltende kraft ruht, da
entfaltet sich vor den freiem im männersale des Odysseus und im
kreise der Phaiaken ein anderes bild vor unsem äugen, dort sind
es die sänger welche die sage gestalten und ihren hOrem ttberliefem,
diese selbst sind die lauschenden und aufnehmenden empftnger. so
war es zur zeit des Homer, so ist es immer gewesen, so dasz einem
Volke seine sagen verloren gehen kOnnen , wenn sie nicht in dich-
tungen erhalten und fortgetragen werden, zumal wenn ihnen die
Sagenforschung fehlt.' was wüste denn der gebildete Deutsche, der
sich um die sagenforschung nicht kümmert, vom Eyffhäuser und
Friedrich dem Bothbart, wenn er es nicht von seinen dichtem er-
führe? und wie will man die Verehrung der gottbegnadeten, von
der Muse begeisterten sänger beim volke erklären, wenn dieses gibt,
jene die empfänger sind ?
Noch . auf einem andern gebiete macht sich diese irrtflmlidie
Vorstellung von der schöpferischen thätigkeit der sage geltend and
teuscht das besonnene urteil. Homer gehört unter allen dichteni m
den grösten künstlem in der lebendigen und plastischen gestaltong
der diaraktere. darum habe ich in meiner ^composition der Bias'
(Göttingen 1864) der darstellung der hauptcharaktere nicht nur
eine besondere Sorgfalt gewidmet, sondem auch gezeigt dasz die
beiden hauptträger der handlung, Achillefus und Agamemnon, dieser
selbst aufs engste angepasst sind und dasz ihr Charakter nicht ver-
ändert werden darf, ohne die entwicklung der handlung unmO^ich
zu machen oder gänzlich umzugestalten, wie kommt es nun, dasz
solche argumente wirkungslos bleiben ? weil man die vorstellang
hegt, die sage, nicht der dichter, habe diese Charaktere gesehaffeB.
so glaubt man an die göttliche kraft der sage, während die Mose,
deren göttliche Wirksamkeit der alte dichter an sich su er&hrcn
glaubte , von ihrem throne herabgestiegen ist. wie nichtig solcher
glaube sei , möge uns hier nur noch das beispiel des Thersites vor
äugen führen, nur 6inmal und in einer einzigen Situation wird die-
ser Charakter uns vorgeführt, um dann gänzlich wieder zu verschwin-
den, und dennoch wie er leibt und lebt tritt dieser Charakter, ia
wenigen und drastischen zügen gezeichnet, uns vor die äugen, «o dasx
wir sein bild nicht wieder vergessen können, (wir werden dabei an
die kunst Shakespeares erinnert.) ist das auch ein charakter, den die
sage geschaffen hat? ganz und gar für die Situation erfunden e^
* für diese thatsache berufe ich mich auf das seaniis roa Hax
Müller.
AKiene: der dichter Homeros und die Wolfache hypothese. 803
weist er sich, in welcher er erscheint, das volk zttmt auf Agamemnon,
weil er den tapfersten beschützer der Achaier aus ihren reihen durch
seine beleidigung entfernt hat. dieses grollende und dem kämpfe
ohne den tapfersten Streiter abgeneigte volk soll ftlr die fortsetzung
des krieges ohne den beleidigten beiden gewonnen werden, da tritt
Thersites als Sprecher für dasselbe auf und gibt den gedanken aus-
drack, welche dasselbe in den letzten zwölf tagen der ruhe in be-
wegung gesetzt haben, seine Iftcherliche Persönlichkeit wird dann
das beste mittel, solchen gedanken und Stimmungen ebenfalls den
Stempel der Iftcherlichkeit aufzudrücken und den vom dichter be-
absichtigten erfolg in der versamlung zu unterstützen, hat die
Charaktere bildende sage diese Situation vorausgesehen?
Hieraus scheint sich zweierlei zu ergeben : 6inmal dasz eine ge-
lehrte und gründliche kenntnis der griechischen spräche kein not-
wendiges erfordemis ist für die beurteilung der frage, ob die Ilias
wie die Odyssee 6inen dichter für ihre abfassung mit notwendigkeit
Toranssetzen oder ausschlieszen; zweitens dasz gerade die philologen
bei dem gegenwftrtigen stände der Homerischen kritik am wenigsten
geeignet sind ein unbeüängenes urteil über die aufgeworfene frage
abzugeben, mit langgehegten Vorstellungen zu brechen hftlt immer
schwer, selbst wenn sie sich für das unbefangene urteil als Vorurteile
ergeben.
Für die notwendigkeit des6inen dichtere zeugt femer vor allem
die strenge einheit und ganzheit der handlung, we||he ich für die
Ilias früher in meiner 'composition der Ilias* nachgewiesen habe, für
die Odyssee in einer unter der feder befindlichen arbeit nachweisen
werde, dieser grnnd gewinnt doppelte kraft und bedeutung, wenn
wir von Aristoteles erfahren, dasz von allen epischen dichtem der
Griechen dem Homer allein es gelungen ist seine epopöen um eine
einheitliche und ganze handlung zu gruppieren, er erklftrt diese er-
scheinung aus der gröszem Schwierigkeit der aufgäbe bei dem grö-
szem umfang, hier kommen wir zu der schwSchsten seite der auf-
lösenden Homerischen kritik, welche die autoritftt dep Aristoteles für
die epische poesie einfach zurückweist« gerade dieser theoretiker
der kunst hat ftlr die erkenntnis der einheit und ganzheit der hand-
lung die merkmale und gesetze mit einer klarheit ausgesprochen,
die bis auf den heutigen tag nicht übertroffen, wol aber vielfach ver-
dunkelt worden ist, und diese stehen in voller geltung. sollen wir
nun annehmen, dasz er wol befthigt gewesen wSre seine gesetze auf
die tragödie richtig anzuwenden und diese zi^beurteilen, für das epos
aber ihm diese fUhigkeit absprechen? das ist der reine Unverstand,
wenn er aber den übrigen griechischen epikem auszer Homer die
einheit und ganzheit der handlung abspricht, so müssen wir uns um
so mehr bei seinem urteil berahigen , weil ihre werke uns verloren
gegangen sind, wir also gar keine möglichkeit haben sein urteil einer
controle zu unterziehen, und die vrissenschaft hat wahrlich keine
veranlassung dieses urteil in zweifei zu ziehen, was anders als ihre
804 AEiene : der dichter Homeros und die Wolfsche hypotheae.
gröszere Yortreffliehkeit und anerkennung hat uns denn die Ilias und
Odyssee erhalten, während die übrigen epop5en untergegangen sind?
Derselbe Aristoteles sagt in seiner poetik c. 24, 7: 'Homer ver-
dient, wie in yielen andern dingen, so auch besonders darin lob, dasz
er allein von den dichtend (vom epos ist hier die rede) wol weisz
was er selbst than musz. es gehört sich nemlich , dasz der dichter
in eigner person so wenig als möglich sage : denn so weit er dies
thnt , ist er nicht nachahmender dichter, die ttbrigen dichter abo
führen das ganze werk in eigner person ans und stellen nur weniges
und selten nachahmend dar. jener dagegen führt, nachdem er nur
weniges einleitend vorausgeschickt hat , sofort einen mann oder ein
weib oder eine andere charaktergattung ein , und zwar keine ohne
Charakter, sondern alle sind individuell ausgeprSgt' mit diesen
Zeugnissen des Aristoteles vergleiche man nun die Tormittelnde
hypothese, welche Bemhardy griech. litt. U' s. 148 ff. aufgestellt
hat: *die poetische kraft und erfindung der epischen genossenschaft
machte erst durch ihren fleisz den ausbau beider epen zu einem so
hohen grade der Vollständigkeit und abrundung möglich, nachdem
der Stammvater der groszen epen , der einheitliche begriff "O^itipoc
(so), mit kühnem griff statt vereinzelter lieder ein zusammenhängen-
des ganzes unternommen hatte.' also was die übrigen epischen dich-
ter in ihren eignen Schöpfungen zu leisten nicht vermochten, du
sollen sie erst in den grundstamm der Homerischen epen hinein-
gearbeitet ha1|pn. und warum sollen sie das? weil es unwahrschein-
lich ist, dasz der gröste epiker an der spitze der epischen poesie
stehen soll, dabei wissen wir von der vorausgehenden entwicklang
der poesie nichts sicheres als was wir von Homer darüber erfahren,
in solchen anschauungen erkennt die in Wolfs spuren wandelnde
Homerische kritik die höhe der Wissenschaft.
Wir fassen die gewonnenen thatsachen zusammen: 1) die poe-
tische spräche und gestaltung, der individuelle stil des dichters ist
derselbe in allen teilen der Ilias und der Odyssee, von den im-
zweifelhaften Interpolationen abgesehen. 2) beide dichtungen be-
sitzen eine einheitliche und ganze handlung nach den von Aristoteles
aufgestellten gesetzen und merkmalen. 3) der sachkundigste und
zuverlässigste zeuge der gesamten griechischen litterator Aristoteles
bezeugt, dasz von allen epischen dichtem der Griechen dem Homer
allein gelungen sei seine epen um eine einheitliche und ganze hand-
lung zu gruppieren, und erklärt diese thatsache aus der grOsierA
Schwierigkeit der aufgäbe im vergleich mit der gröszem l^ne der
dramatischen erzeugnisse. 4) während die übrigen epischen dichter
der Griechen das ganze in eigner person in ihren werken ausführtes
und nur weniges und nur selten nachahmend darstellten, schickt
Homer nur weniges einleitend voraus , dann entfaltet sich die hand-
lung in dramatischer lebendigkeit, und alle auftretenden personen
sind charakteristisch ausgeprägt, das letztere haben wir selbst noch
vor äugen, das erstero müssen wir dem zuverlässigsten zeugea an*
AEiene: der dichter Homeros und die Wolfsche hypothese. 805
bedingt glauben, diese vier thatsachen allein genttgen, am die not-
weudigkeit des ^inen dichters für die Dias nnd Odyssee zu erweisen,
ja diese ergibt sich von selbst ans denselben, betrachten wir im
lichte derselben die*entwicklung der epischen poesie der Chriechen
in ihren sftngerscholen nnter Voraussetzung der richtigkeit derWolf-
schen hypo^se, dasz zuerst unter Peisistratos die zerstreuten lieder
in die beiden liederoompleze Ilias und Odyssee zusammengefaszt
seien , der vermeintliche Verfasser Homeros nur eine mythische per-
sönlichkeit, so eröffnet sich vor unsem äugen ein wundersames bild.
an die sage vom zorn des Achilleus und von den abenteuern des
Odyssens hat sich eine reihe von gesängen geknüpft« welche von
verschiedenen, nach zeit und ort getrennten sftngem gedichtet wur-
den, diese lieder wurden in verschiedenen schulen überliefert, nun
geschah es dasz die sage einen dichter erfand, welchem diese ver-
schiedenen lieder beigelegt wurden, dieser verschlang nicht nur die
Damen der ursprünglichen dichter, sondern annectierte auch ihre
erzeugnisse mit solchem erfolge, dasz er bald groszen rühm und bei-
fall fand, auch knüpfte sich an die lieder vom zorn des Achilleus
der name Ilias, an die lieder von Odysseus der name Odysseia. eine
anzahl der begabteren sSnger schuf dann eine reihe von selbstän-
digen gröszem epopöen, deren Verfasser bis heute die kritik noch
nicht angezweifelt hat. namentlich bildete sich ein kyklos solcher
werke der epischen poesie, welche die sagen vom troischen kriege
und seinen beiden ergSnzend behandelten, die handlungen der Ilias
und Odyssee stehend ausschlössen.' keiner dieser spätem dichter
erreichte indes den rühm und die Verehrung des mythischen Homeros,
ja bis zu d6m grade siegte seine beliebtheit bei den hörem, dasz sich
spätere dichter genötigt sahen ihre eignen werke dem Homer bei-
zulegen, von ihm sie empfangen zu haben sich rühmten, um sie
populärer zu machen, trotz alledem kamen indes die sängerschulen
niemals auf den gedanken die einzellieder der Ilias und Odyssee zu
einem ganzen zusammenzufassen: das geschah zuerst unter Pei-
sistratos in Athen, und da ergab sich dann ein zwiefaches wunder,
alle übrigen epischen dichter hatten sich begnügt einen beiden oder
eine zeit zum mittelpunct ihrer epopöen zu machen , ohne dasz eine
einheitliche handlung die glieder derselben zu einem künstlerischen
ganzen verband; oder sie wählten eine vielteilige handlung, wie die
Verfasser der Eyprien und der kleinen Dias, so dasz sich viele
tragödien aus beiden machen lieszen, ans der letztem mehr als acht,
deren namen man in der poetik des Aristoteles nachlesen kann, da*
gegen bewahrten die aus den bänden der commission in Athen her-
vorgegangene üias und Odyssee eine einheitliche und ganze hand*
lung, so dasz alle glieder derselben nach Ursache und Wirkung aus-
einander folgten, sei es nun nach dem gesetze der notwendigkeit
' warum worden diese stets attsgeschlossen, wenn sie nur in eincel-
liedem existierten? gab es keine einaellieder auf dem behandelten
gebiete des troisehen Sagenkreises? die Odyssee kennt doch solche.
806 AEiene: der dichter Homeros und die Wolische hypothese.
oder der Wahrscheinlichkeit, zugleich erwies sich das erste glied der
handlung als anfang, weil es nichts voraussetzte, ein anderes aber
ans ihm folgen muste, das letzte glied als ende, weil es sich als folge
eines andern ergab, aber nichts weiteres nach sich forderte.
Noch ein zweites wunder brachten dieselben verschiedenen
sSiiger zu stände, sie alle sagen einleitend nur weniges in eigner
person und führen sofort Charaktere ein, so dasz die handlung in
dramatischer frische und kraft fortschreitet und sich entwickelt , die
Charaktere selbst in voller klarheit und bestimmtheit sich ausleben
und mit gleicher kunst gezeichnet erscheinen ; wfthrend die übrigen
epischen dicbter das meiste in eigner person erzfthlten und nur
weniges und selten nachahmend dsrstellten. das ist in den grund-
zügen die entwicklnng der epischen poesie bei den Griechen vom
standpuncte der Wolfschen hypothese. ergeben sich nun nach dem
gesetze der notwendigkeit aus einer wissenschaftlichen hypothese
widersinnige und unmögliche consequenzen, so ist dieselbe damit
widerlegt und ihre Unmöglichkeit bewiesen, zu gleicher zeit wird
damit der gesamten aus dieser hypothese erwachsenen kritik ihre
basifi entzogen, ich mache noch ausdrücklich darauf aufmerksam,
dasz ich die erste der vier oben aufgestellten thatsachen, die gleich-
heit der spräche, nur zur ab wehr benutzt und mich bei der Wider-
legung der Wolfschen hypothese nur auf die drei andern thatsachen
gestützt habe, das ist geschehen, weil die gleichheit der sprühe
und des stils nur empfinden, nicht bewiesen werden kann, ich
wollte mich für meinen beweis nur auf unwiderlegliche thatsachen
stützen, eine weitere begrflndung der notwendigkeit des öinendich-
ters der Ilias habe ich in meiner ^composition der Iliaa' geliefert;
dasselbe wird für die Odyssee das in Vorbereitung befindliche werk
über die oomposition der Odyssee leisten.
Hannover. Adolf EmB.
IIL
ZUR BEDEUTUNG DER PRÄPOSITION TTPO.
In der neuem zeit wird (unter anderen von Procksch in der
zs. t d. gw. 1878 s. 323 , der sich auch auf Aken bemft) ftr die
prftp. irpö als grundbedentung angegeben *mit dem rttckea soge-
kehrf, wfthrend ävrt 'mit dem anüits zugekehrt' sei. dies klingt
sehr bestechend, sch^t aber ungeffthr so richtig za sein, wie wenn
jemand behauptete, €ic bedeute 'in — hinein mit dem antliti zuge-
kehrt', wonach niemand rücklings in einen räum gelangen, sb. in
einen abgrund stürzen oder mit dem hinterteil eines schüfos eisff
bucht zugewendet in diese einlaufen kOnnte. deigleichen neben-
bestinunungen liegen wol in keiner prftposition. wie Ifteherlick aber,
JGtoliech: zur bedeatang der prftpoBition irp6. 807
abgesehen von der Schwierigkeit der ausfährung, erschiene zufolge
jener angeblichen grundbedeatnng ein Archidamos, welcher Iftngs
der heeresfront, mit dem rdcken ihr zugekehrt, hingienge nnd sie
ermutigend anredete (Xen. Hell. VII 1, 30): £q>acav b* auTÖv kqI
npd TWY Xöxuiv Tiapiövra Touxbc TraponccXeiJcacGat. wie l&cherlich
die schutzflehenden, welche den angeflehten ihre kehrseite zuwen«
deten (Flut Themist. 15) : ST€poi bi (päcMora kqi elbiuXa xadopöv
(boiav dvöirXuiv ävbpuüv dir' AiTivtic tqc X€^P<^c äv€xövTuiv npö
Tiiiv '€XXr)vtKU»v Tpirjpuiv. wie wenig bedrohliches Iftge in dem er-
scheinen der kriegsschiffe Tor dem hafen, wenn sie die hinterteile
demselben zugekehrt hätten (Isokr. 15, 123) : fva iii\ Tipö tiIiv Xt^^-
vuiv ££aiq)VT)c öqpOcic clc Oöpußov xai TapaxJ|v aörouc KaracT/j-
C€i€V. auch stellen folgender art, wie ich sie gerade zur band habe;
sprechen dagegen: Plut. Alkib. 2 ö b' 'AXKtßiäbiic KaraßaXuiv diri
CTÖfia irp6 ToO Zcütouc xal Traporcivac ^aurdv usw. Xen. anab.
Vn8,18 diiel irdvu i\hr\ ImiloYto xmö tujv to£€um6tu)V ical cq|)ev-
bovdiv, iropeuö^evoi kOkXip, öirwc iä öirXa ixoxev rrpö TuivToEeu-
fidruiv. Diodor IE 8 TOic bk Kioct npö tuüv tö i^V}m b€XO}iivwy
nXeupwv Tuiviac TTpoKorecKCuaccv.
Demzufolge dürfte es rathsam sein, in diesem falle an dem alt-
heigebrachten nicht zu rfltteln, welchem die von mir in dem Pro-
gramm Ton 1877 aufgestellte grundbedeutung trrpö praepositio id
significat , cuius in conspectu aliquid est sive motum sive immobile,
sive praeiacens sive praecurrens, vel cuius in conspectu aliquid agi-
tur» sich anschlieszt«
Sghwbidhitz. Julius Oousoh.
(73.)
ZU THUKYDIDES.
n 52 öirepßtaZoftcvou ydp toO kokoO ol fivOpumoij oök £xov*
T€c Sti T^vuiVTOi, de ÖXiTuipUxv dTpdiTOVTO Kai Icpd^v Kai öcCuiv
ö^oiuic. dasz sich lepdhr hier besonders auf die den göttem geweih«
ten gebttude und r¨ichkeiten bezieht, ergibt sich aus den un-
mittelbar vorhergehenden werten Td TC Upd iy olc £cK/jvriVTO
vcKpijuv likla j\v. schwieriger ist die definition von Sctov, das in
Piatons Euthyphron 10^ mit OeoqptX^c identisch gesetzt wird, nach
der disposition des vorliegenden capitels kann es sich wol nur auf
die von den gOttem sanctioniert gedachten menschlichen gesetze im
allgemeinen beziehen, während ein teil der öcia, nemlich die ge-
brftoche bei der totenbestattung (vgl. Phaidon 108 ' dirö tuiv öduiv
T£ KQI voMi^uiv Tiin^ ivOdbe TCK^aipÖMCVoc X^ui), in den folgenden
Worten vö^oi T€ ndvTCC £uv€Tapdx^cav otc ^xP^i^o Trpdrepov ircpl
Tdc Tttvdc, {OoiTTOV it die EKacTOC ibuvoTO deutlich bezeichnet ist.
808 EJLiebhold: zu Thokydides.
dasz endlich Thuk. bei der disponierenden Wendung xai Upurv kos
öctujv ö^oiuic an den schftrfem gegensatz zwischen gOtÜichem und
menschlichem recht bereits gedacht habe , erhellt vor allem ans der
in etwas anderer form gehaltenen Wiederholung dieser begriffe am
Bchlusz der gewaltig ergreifenden Schilderung (c.53) Oeuiv b^ q>ößoc
fi ävGpuiTTUJV vö^oc oObelc dircipTe, tö ^iv Kptvovrcc Iv ö^oiiji
Kai c^߀iv Kai iii\ £k toO TrdvTac öpäv tv Icifj dTroXXu^^vouc, tu/v
bk d^apTr^äTuiv oubelc dXTTtZiüv m^XP^ '^^^ ^^^nv T€v^c6ai ßtouc &v
Tf|v Ti^ujpiav ävTibcOvat, ttcXu bk \it\lw ri\y ffiri Kcrr€l|l^(plc^^v^v
cq|)(X)v dTrtKpeftacOf)voi, i^v irplv £mtt€Cciv cIköc cTvat toC ßiou ti
äTToXaOcai, in welchem die mit der frtthem wendung ovk fx^v^^^
ÖTt T^vuJVTai nur flüchtig angedeuteten motive der öXiTuipia mit
schlagender prttcision hingestellt sind, dasz öciov mit biKOiov iden-
tisch gebraucht werden kann, folgt aus der bemerkung des scho-
liasten zu m 56 ; dasz man es auch in der spütem zeit von den letz-
ten ehren verstand, aus Plutarchs Numa 12 ££aip^TU)C bk if|v irpoc-
aTopeuoM^vriv Aißinvav dTricKOTrov Tuiv nepl toOc Ovi^CKOvrac
öciu)v 6€Öv oOcav usw. Macrobius femer sagt: 8a$uium estmter-
dutn^ quod nee sacrum nee reUgiosum est. an den weitem gegensatz
aber zwischen heiligem und profanem ist zu denken bei Aristophanes
Lys. 742 f. (b ttötvi' 6iX€i9ui*, diricxcc toö tökou, fuic öv €k öciov
^öXui *fi) xuipiov, wo Sciov xuipiov von den scholien als t6 ß4pf)Xov
Kai }ii\ Icpöv, €ic ö £E€ctiv elci^vat aufgefaszt wird: vgl. Xen. iröpot
5, 4. Plat. Staat I 344 ^ gesetze 87 8 ^
II 89 fif| bi\ auTÜJV Tf|v TÖX^av bcic^TC ' ttcXu bi. u^eic ^Kci-
voic TrX^tAJ q|)ößov irap^x^TC Kai iricTÖTcpov Kord re tö npov€Vucn~
K^vat Kai ÖTt ouK &v fiToOvrat iii\ ^^XovTdc n dEiov toö irapd
noXu TTpdSeiv dvOicTacOai ö^dc usw. die werte toö irapd iroXu
geben keinen vollständigen sinn, mag man dieselben substantivisch
verstehen oder mit Poppe Trpdcc€tv ergSnzen, so dasz nach seiner
meinung *eximiam agendi rationem' (^die grosze anstrengung' fiber-
setzt Müljer) zu erklftren sein würde, sehr passend ist zum ver-
gleich herangezogen YII 21 dXTriZeiv &n* aÖTOÖ Tt £pTOV toC kiv-
bövou de TÖv TTÖXe^ov KaTcpTdcacOai. wenn man nemlich bedenkt
dasz TTÖvoc mindestens ebenso hAufig wie Kivbuvoc von dem kämpfe
und der kampfesansti^ngung gebraucht wird, so dflrfte man von der
meinung der bisherigen interpreten nicht sowol abweichen als die-
selbe zu einem befriedigenden abschlusz führen, wenn man mit hin-
weis auf die tthnlichkeit der schrifbsttge und unter der vonasseteoDg
von dem ausfall eines wertes vermutete, dasz der historiker ToO
Trapa iroXu ttövou geschrieben habe, so dasz der sinn wtre: 'ihr
aber bewirkt bei ihnen eine weit gröszere und gegründetere furcht
teils wegen des früher erfochtenen sieges, teils weil sie meinen, ihr
würdet ihnen nicht entgegentreten, wenn ihr nicht gewillt wliet
eine der bei weitem grOszem anstrengung würdige thataQSsnltÜuiB.*
BuDOLaTADT. Eabl Jui.106 Lubbold-
JEYfcaia: anz. v. FWieseleri adnotationea erlt. ad Enr. Gyclopem. 809
(71.)
ZÜB EBITIK DES EUREPIDES.
FRIDERICI WIE8BLEBI ADMOTATIONES ORITIOAE AD EURIPIDIS
CYOLOPEM. (vor dem index scholarom der Georgia Augnsta fdr das
wintersemeeter 1879 — 1880.) Gottingae ofBcina academica Dieteri-
Chiana fypis ezpresait 15 8. gr. 4.
In yorsiehender arbeit hat Wieseler an einer erheblichen anzahl
TOn stellen des EyklopS die flberlieferang in scharfsinniger weise zu
▼erbessam xaitemommen. Ton seinen emendationsvorschlSgen ist
namentlich ansprechend zb. die Änderung in y. 91 fiEcvöv T€ T^v '
T^ivb* ^ßcß&rec (überliefert ist crdimv, wofür Musgraye pjT|v yor-
Bciilug); oder in y. 561 dTro^axT^ov statt diro^uitr^ov: doch be- '
zeichnet hier wol Nanck mit recht im folgenden yerse al Tp(x€C als
oormpty was Wieseler nicht zugeben will, auch darin dürfte Nauck
recht haben, daez in al Tpix€C ein zu X€iXoc gehöriges adjectiv zu
suchen sei. er yermutet cutuk^c , doch ist yielleicht angemessener
Ka0ap6v TÖ x^iXoc eOrpen^c (yorbereitet, nemlich zum trinken)
T^ ^ov. — Zu den ansprechenden yermutungen W.8 gehört auch die
solureibnng in y. 657 £KKa(€T6 Tf|v 6^\v (statt öqppöv) QnP^c '^oö
£€VobaiTa: denn hier musz natürlich ein das äuge des Ejklopen
bezeichnender ausdruck stehen, und der behauptung W.s, dasz öq|)puc
in dieser bedentung nicht erweislich sei , kann nicht widersprochen
werden. W. führt aus dem Eyklops sechs stellen an, an denen yon
der blendung des Polyphemos die rede sei, wobei zugleich der aus-
druck 6i|iic erscheint (458. 462. 486. 594. 627. 697). man kann
sich, um öqppüv zu stützen, nicht auf Od. 1 389 f. berufen: ndvra hl
o\ ßX^cpop' d^q)l Ko\ Öq|)p0ac €ikev duT^fl x^vric Kalo^^V1lc, da
hier daä bei dem ausbrennen des augcs zugleich stattfindende yer-
sengen der augenbranen erwfthnt wird, wfthrend an der Euripidei-
schen stelle yon dem ausbrennen des auges (£KKat€Tc) die rede sein
mnss und nicht etwa yon dem yersengen der augenbraue. — Auch
zu y. 704 hat W. eine sehr beachtenswerte yermutung aufgestellt«
aadi der Überlieferung ruft Polyphemos dem fortgehenden Odysseus
zu ▼. 704 f.
oö bf)T', ircA c€ Tftcb* dTropp/|£ac n^rpac
odroki cuvvoihatci cuviphpui ßaXiiiv.
hier sind die werte Ti)c&' ditopp/|Sac ir^Tpac in grammatischer hin-
sieht auffallend, und man will die annähme eines partitiyen genetiys
(«B ein stück yon diesem felsen abreisaend) nicht gelten lassen, etwa
wie Od. t 325 TUpAv alvu^^vouc (yon dem kXse nehmend) oder
0 98 öirrf)cai t€ xpediv oder wie bei Thukydides öfter der partitiye
genetiy f^ t^mvciv (zb. I 80, 2. n 56, 6. VI 75, 2) neben j^lv
T^fxv€iv steht, sollten solche beispiele, wie die eben erwfthnten sind,
zur reohtfertignng des ausdrucks xf[ch* diroppfiSac ir^Tpac nicht
glO JKvf6ala: zur ioitik des Euripidet.
ausreichen, dann wäre W.s yermutung T^pOp' &TropprjEac n^Tpac
in erster reihe berttcksichtigenswert. W. verweist auf Hesychios
T^pGpov* 6 XeröfJicvoc dpT€|uiiuv, £vioi bi. tö fiKpov toG k^puk Kai
CT^ini olKiac* Tivfec bi TÖ £cx€tTOV Ka) öipviXöVj und besonders
auf Erotianos gloss. Hippokr. s. 126 (Klein) T^pGpov "(äp Sierov
oi iraXaiol tö fcxarov kqi ln\ r^Xei, die ical Cuptiribiic £v €upu-
c0€i TTOicT TÖv 'HpaicXia X^ovra ouTUiC* Tr^mpcic b* ic *'Aiboü
ZujYta Koä TcOvTiKÖTa I Kai fioi tö T^pOpov bfiXov clciropeuoiiou
(wo Erfurdt ol Tropeuo^ai verbesserte). Eirchhoff hat Ti^vb* dnop-
pi\iac TT^Tpav vorgeschlagen; es ist aber nicht wahrscheinlich ^ dasz
dies von den absdireibem in Tf)cb' äiroppiiSac nixpac oorrompiert
worden wttre. auch Naucks Vermutung Tpu<poc ätroppr)£ac ir^pac
ist minder wahrscheinlich, wenn W. sagt: *viz credibile est, Cj-
clopem significare aliquam rupis partem ad fadem aatri in acaena
repraesentati pertinentem. cogitat potius de supremo colle in v. 706
commemorato, ita ut verba fivu) b' irc* öx^ov cT^i nostram cor-
rectionem apprime tueantur', so ftlge ich noch das gewis nicht un-
wichtige moment hinzu, dasz bei Homer Polyphemos die spitze
des groszen berges abreiszt und dorthin, wo er das schiff des
OdjBseus vermutet, schleudert: fJK€ b* äTropprjSac KOpuq>f|v öpeoc
M6T&X010 (t 481). — Bezüglich der ebenfalls gefUligen vermatong
zu V. 664 kqXöc t' ö Traidv* iiiXrte \xo\ TÖvb" aO, KvKXun|i (statt
TÖvb' (b KukXujip) ist zu bemerken, dasz vor W. schon Wilamowits
(Anal. Eurip. s. 226) denselben Vorschlag veröffentlicht hat.
Bezüglich mehrerer stellen jedoch kann ich die ansieht W«s
nicht teilen; ich will jedoch hier nur solche stellen behandeln, zu
denen ich selbst einen emendationsvorsohlag oder eine selbstifandige
meinung in bezug auf die erklftrung glaube au&tellen zu kGnnen.
V. 144 ff. C€l. dv cdXiüiaci vedic £cTtv f\ <p^€ic cu viv;
OA. £b' dcKÖc, öc K€u6£i viv, die öp^c, T^pov.
C€l. oÖTOC M^v odb' &v T^v TvdOov TrXifjcetd mou.
OA. val blc TÖcov iruüM ' öcov &v ii dacou ^u^.
C€i. KaXrjv T€ Kprjviiv cinac f)&€idv t' ipioi.
in V. 145 schreiben Härtung, Nauck, Eirchhoff ua. Sb* dcKÖc, 6c
K€ii9€i VIV* cicop^ic T^pov; W. httlt dies für zweifelhaft und schlftgt
d)C ipqlc vor. ich verstehe nicht, welchen sinn dies geben solL
vielleicht ist hier in W.s abh. ein druckfehler statt div Ip^'
dann müste man aber coi^jicieren etwa £b' dCKÖc, 6c k6c€u6€V div
dpfc, T^pov 'dieser sdüauch ists, der da birgt, wonach da dich
sehnst, greis', da ist aber doch die Hartungsche Schreibung ein*
facher und wahrscheinlicher. — Den v. 147 glaubt W. durch ver*
ttnderung von vai in £vt ('adest') heilen zu können, dieser vorsefalag
ist aber ganz unannehmbar. Ivt könnte nur bedeuten *in dem
schlauche ist' und dies ist natürlich unmöglich, die stelle ist viel
schwerer verderbt als dasz sie durch Änderung eines einsigen wories
geheilt werden könnte, i Nauck und Kirchhoff nehmen vor v. 147
den ausfall von wenigstens zwei versen an. aber auch wenn man
V
JKvf^ala: anz. v. FWieseleri adnotationes orit. ad Enr. Cyclopem. 811
vor y. 147 eine beliebige lücke statnieren wollte, 80 bleiben immer
die werte val bic töcov tkjj^' £cov &v Ü dcKoO ^uQ unerkl&rlich.
sollen diese sich darauf beziehen, dasz etwa Odysseus dem Seilenos
ein doppelt so groszes quantom wein für die angebotenen nahnmgs«
mittel geben wollte, als der schlauch faszte? aber nach Homer
(i 212 ToO <p^pov ifi^Xyjcac dcKÖv ixi'xov) und nach Euripides hatte
Odysseus, ads er sein schiff verliesz, nicht mehr wein als eben in
diesem 6inen schlauch mitgenommen« oder h&tte Odysseus sagen
sollen, dasz er blc töcov ndift' öcov &v li dcKOU ^uQ auf dem
schiffe habe ? auch dies ist ohne zweifei unzulSssig : Odysseus hatte
auch von diesem edlen wein Marens mehr, vgl. Od. i 204. da sich
nun Überhaupt kein Zusammenhang denken Ittszt, in welchem die
Worte vai blc töcov usw. einen befriedigenden sinn geben könnten,
so scheinen die zwei oder drei ersten werte dieses verses corrupt zu
sein. — Aber auch die Überlieferung des y. 146 kann nicht richtig
sein, man findet in diesem verse den sinn, dasz Seilenos den im
schlauche befindlichen wein als nicht einmal zum fallen 4me& mun-
des genügend bezeichne, aber nicht alles, was eine hyperbel ist, ist
darum auch schon witzig, auch im satyrdrama darf der witz nicht
schief und lahm sein, wie es dieser witz des Seilenos wäre. Seile-
nos selbst bezeichnet ja v. 148 den schlauch als eine schöne und an-
genehme quelle, und der wein verrat im schlauche reichte in Wirk-
lichkeit dazu aus, um sowol den Seilenos als auch den Eyklopen
trunken zu machen; auch erschien dem Ejklopen dieser weinvorrat
als so erbeblich, dasz er auch seinen brüdem etwas davon zukommen
lassen wollte (531). ich glaube also dasz die worte des Seilenos in
V. 146 einen andern witz enthielten, nemlich dasz er auf die worte
des Odysseus 'dieser schlauch ists, der den wein birgt, siehst du,
greis?' erwiderte 'ja auf diese weise, wenn ich nur den weinschlauch
ansehe, wird er meinen mund nicht füllen; das blosse ansehen
nützt mir nichts.' vgl. einen ähnlichen witz in v. 153 ff. der eben
angegebene sinn wird gewonnen, wenn man mit geringer ftnderung
schreibt ouTUiC (nemlich 'wenn es beim bloszen ansehen bleibt')
pky o ÖK &v Tf|V TvdGov ttXi^cci^ ^ou: auch könnte man oörfiv (dh.
odroi &v) statt oib* &v schreiben.
V. 390 ff. cicu<poc bk KiccoO iraptöcT' elc eOpoc Tptuiv
TrVjXeujv , ßä6oc be Tcccdpuiv £q>a(v€TO.
Kai xdXK€OV X^ßirr' inil^cev irupl
ößcXouc t' fixpouc \ikv ^TKCKauM^vQuc irupi,
E6CT0UC hi, bpeTrdvqi t* <^Xd iraXtoöpou icXdbqi,
AlTvaid Te cqxxrcia , iteX^KCuiv TvdOoic.
d)c &' fjv {TOifüia TrdvTa usw.
V. 394 stimmt audh Wieseler der von Hermann und anderen ge-
billigten coiyectnr Scaligers £€ctouc bi bpendvqi t&XXo, naXioupou
KXdbuiv bei; doch diese emendation Scaligers wird in wahrschein-
licher weise vervollständigt durch WecUeins vorsohlag xXdbouc
(stndien zu Euripides s. 403), was übrigens vor WecUein schon
gl2 KJyicala: zur kritik des Eoripide«.
Kirchhoff vorschlug. — v. 392 will Wieeeler dirälccev in Im Kciv
nupi (*ad fervendom, coquendmn igni*) geftndert wissen, durch
welche änderung eine sehr harte und ungefällige ausdrucksweise
bewirkt wird, gewis ist hier die Überlieferung fehlerhaft, da die
accusative ößeXoiic und C9(rf€ta in der luft schweben: denn mit
inilecev können sie natürlich nicht verbunden werden, und die
Verbindung derselben mit Trap^Oero ist durch das dazwischen ge-
schobene diT^Z[ec6V gestört, darum vermutete Lobeek dirdcrncev f)ir
lii4l€C€V. ich glaube dasz entweder der überlieferte text hier lücken*
haft ist oder — und dies halte ich für wahrscheinlicher — dasz v. 392
nach 395 zu stellen ist, wobei dann ößeXouc und ccporcia von nop-
d6€T0 abhSngig ist und parallel mit CKi}90C. durch diese umstellimg
wird auch die Iftstige Wiederholung des ausgangs irupi in zwei auf-
einanderfolgenden versen beseitigt, die echtheit des verbum iir&cccv
möchte ich durchaus nicht bezweifeln: denn der factitive gebrauch
von dTTiZeiv ist nach analogie des Shnlichen gebrauchs anderer in-
transitiver verba zulässig, und seine möglichkeit wird speciell durch
Aisch. Prom. 370 TOiövbe Tuqpuic ^EavoZ^cei xöXov erwiesen, dasz
der dichter dasjenige, was in v. 392 mit den werten XdßTfr* iirficcev
TTUpi bezeichnet wird, wirklich erwfihnt haben musz, kann man wol
als sicher annehmen: denn in dieser so umständlichen Schilde-
rung der Vorbereitungen des Eyklopen durfte dies moment nicht
fehlen y und die verse 399 und 404 setzen die erwähnung desselben
voraus. — Die von W. in v. 395 aufgestellte Vermutung TvdOouc
hat bereits Kirchhoff geäuszert und mit recht in den text aufge-
nommen.
V. 519 ff. CA. KukXu)1|i, dKOucov, ibc dTu> toC Baicxfou
TouTOu Tp{ßu)v eifi', 6v TTieiv fbuncd coi.
KT. ö Bdicxioc bk Tic 66ÖC vofiiZcTai ;
OA. ^^YicTOC äv6pt(»iT0tctv €ic T^p^iiv ßiou.
die Unrichtigkeit und zusammenhangslosigkeit der Überlieferung die-
ser stelle suchte Hermann zu heben durch Veränderung von toutou
V. 520 in OeoC und durch die Schreibung bi Tic im folgenden verse.
doch ist, wie schon Härtung bemerkte, diese fassung der stelle nicht
wahrscheinlich, auch das anscheinend leichte emendationsmitiei, d&$
in der bloszen änderung der interpunction besteht (6 Bokxioc b€
Tic; Oedc vo|i(Z€Tai; wie Eirdihoff schreibt) kann nicht befnedigen.
Wieselers verschlag aber, v. 521 zwischen Poljphemos and Odjsseus
zu teilen (KT. ö Bdicxioc hk Tic; OA. 8€Öc voMiZcTat fi^croc usw.*.
musz ebenfalls abgelehnt werden, da die Störung der stichomjthie
hier nicht zulässig ist. auszerdem wüste Polyphemos gewis recht
gut, wer Bakchios ist; er selbst sagt ja v. 204 t( ßoncxiäZex'; ovrxi
Aiövucoc Tdbe. es ist wol v. 521 zu schreiben 6 Bdxxioc b* ou Tic
6€6c vo^iZcTai; der Eyklop weisz dasz BdKXtoc der name dm wein*
gottes ist, und da er nun von Odjsseus die werte toO Baxxi^^
TOiiTOU, &v irieiv fbuiKd coi hört, so will er sich darübo' histi^
machen, dasz man den Bakchios trinkt und dasi Bakduos, eis
JKvicala: anz. v. FWieseleri adnotationeB crit ad Enr. Cjclopem. 813
g Ott, im schlauche wohnt (525). zu diesem disput gebraacht Polj-
phemos die frage ^wird nicht Bakchios für einen gott gehalten?' als
einleitong.
T. 591 ff. £vbov ^iv ävTip* Tifi b' önvip Trapcifi^voc
Tdx' a ivaiboOc qpdpuroc üi6ific€i xp^a,
baXöc b' &uiOev aöXiuiv ibOei Kairvöv.
TrapriuTp^irtcrai b * oi>bkv dXXo ttK^jv Trupoöv
KOkXuiitoc d^iiv* dXX' öirwc dvfjp £c€u
za dieser stelle gibt W. drei Termutungen, nemlich äirö b' öirvou
V.591 (statt iCji b* Ö7Tvi|i), öi€i KattvoO v.ö93 und TrapcuTpcTTiCT^'
oub^v oiXXo ('apparandnm est nihil') v. 594. dasz wenigstens im
ersten und zweiten falle oorruptelen anzunehmen sind, betrachte
auch ich als sicher; aber bezüglich der heilung derselben bin ich
anderer ansieht, v. 591 scheinen mir die worte des Odysceus £vbov
liiv dvrjp, wenn man dieselben als selbständigen satz auffaszt, zweck«
los und platt zu sein. Poljphemos ist ja seit geraumer zeit (seit
▼. 356 ff.) in der hole, und der chor weisz es ganz gut und h9rt
kurz vorher das gesprftch das der Eyklop und Seilenos in der hole
mit einander führen, ich glaube dasz man hier zu der ^Iten (zb. in
HOpfners ausgäbe vorkommenden) fassung der stelle zurückkehren
und die interpunction nach dWjp tilgen musz. natürlich ist dann
Ttip b ' unmöglich , was ja aber überhaupt für corrupt gehalten wird,
ob es freilich genügt zu lesen Ivboy ^iv dvf|p ti|i6* öirvuj Tiapei-
M^voc usw., ist zweifelhaft ti^* UTrvi|i müste den schlaf, in wel-
chem sich Polyphemos jetzt befindet, den gegenwärtigen schlaf be-
zeichnen, wenn aber auch Tifib* corrupt sein sollte, so kann man
doch die Zusammengehörigkeit der worte £vbov ^^v dvrjp mit
(uOrjcct xp^a behaupten; den gegensatz von \iky bildet erst b* in
V. 593. — In V. 593 föUt diOel kqitvöv allerdings auf, und zwar
weil es an und für sich ein eigentümlicher ausdruck ist, und dann
weil die Wiederholung ibOci nach dem d)Oifjc€i im vorausgehenden
verse ungefällig erscheinen kann, aber vielleicht hat £ur. absicht-
lich dies wort wiederholt und dasselbe in beiden aufeinander fol-
genden venen an derselben stelle gesetzt, um durch diesen paral-
lelismus eine pointe zu erzielen: so wie der Kyklop bald iliOifjcet
xp^a, so di9€i KQTTVÖv das Werkzeug der raehe, der baXöc, mit wel-
chem der tod und die verzehrung' der geführten des Odysseus ge-
rftcht werden soU. man müste diOetv xairvöv {fumum mutete oder
fumum cAere^ wie sich auch bei Lucretius ad/wtiOas agere und bei
VergiUns spmiaa agere findet) von dem so zu sagen ruckweisen aus-
stoszen des rauohes verstehen, sollte jedoch auch diese erklSrung
und die Überlieferung unrichtig sein, so wäre doch keinesfalls die
conjectur 6l€i xanvoC zu billigen. — In v. 594 musten diejenigen«
welche die Überlieferung aufrecht erhielten, zu der annähme greifen,
iTap€UTp€Tri£€tv bedeute hier das gerade gegenteil von dem was es
sonst bedeutet und was man auch überhaupt als die dem worte zu-
kommende bedeutung betrachten musz (vgl. Iph. Taur. 725 irapcvi-
814 JEvf^ala: zur kritik 4e8 Enripidee.
Tp6ntZ€T6 Tfivbov ^oXövTCc), und 80 erklftrte Hermann 'appanmdo
praetermissnm est nihil, nisi ut exuramms ocnlum/ Wieselers oben
angeführte conjectnr wäre sehr geffllig, da durch die beseitigung
des perfects und durch die einfUhrung eines ausdrucks, der die noch
zu thuende aufgäbe bezeichnet, ein hauptanstosz entfernt wird,
aber ich glaube dasz doch auch dieser conjectur die bedeutung von
irapeuTpeiriZeiv im wege steht, da nemlich dieses verbum die Tor-
bereitungen und anstalten bezeichnet, die man trifft um einen
zweck zu erreichen , da femer diese Vorbereitungen bereits getroffen
sind und da die zu lösende aufgäbe (irupoOv KukXvüitoc 6^iiv) nicht
zu den Vorbereitungen zu rechnen ist, so erwartet man mit be-
zug auf die worte oöb^v fiXXo nXf|V irupoCv K. 6. nicht iropcurpc-
niCT^a, sondern vielmehr irpaKT^a oder Xoiiröv b* oifbiy £XXo irXf|v
irupoOv KiiKXumoc d^iiv oder etwas ähnliches, wenn ich auch hier
einen verschlag mitzut-eilen mir gestatte, so will ich denselben nicht
als eine förmliche conjectur betrachtet wissen y sondern ich will d«-
mit nur bezeichnen , in welcher Sphäre beiläufig sich hier die emen-
dation bewegen kann, einen entsprechenden sinn würde geben
baXdc b' uiOcT kqitvöv irapriurp^mcTat t* (nemlich 6 baXöc)'
ovbkv äpTÖv 7TXf|V irupoOv KuKXuiiroc 6^itv ^nichts ist ungethan,
nichts ist mehr zu thnn übrig als* usw.
V. 646 ff. dXX* olö* iTTipö^v *Op<pj^u)C draWlv tt<4vu,
(bc auTÖ^OTOV TÖv boXöv €lc TÖ Kpaviov
CTeixovO' ö<pdirr6iv töv ^ovoiira iraiba vyc.
da Polyphemos auch bei Euripides ein söhn Poseidons genannt wird
und da seine mutter nach der Odyssee Thoosa, des Phorkjs tochter,
war, so hält W. die worte iratba iptc ftir verderbt and vermutet
statt derselben iravOatf) ('omnino detestandum'). ohne zweifei bt
an dieser stelle jede änderung abzulehnen, freilich ist es auch nicht
zu billigen, wenn manche den grund dieser bezeichnung darin such-
ten 'quod enormi ac monströse corpore praeditus fuisset' oder wenn
andere wiederum meinten, der dichter habe damit den Kjklopen als
einen feind der gOtter bezeichnen wollen, da solche feinde oft naxbic
Tfic V\c heiszen. es ist vielmehr anzunehmen, dasz Eur. hier eine
Verwechselung begieng. die Eyklopen der Theogonie Brontes^
Steropes und Arges sind sOhne. des üranos und der Gaia. die^e
heiszen deshalb 1|T1T€V^€C (Apoll. Arg. I 510) und x^vtot. ver-
schieden von diesen Eyklopen ist Polyphemos mit d6n EyUopeo
welche Eur. v. 531 die brüder des Polyphemos nennt, wenn nun
der dichter den Polyphemos als iratc Tfic bezeichnet, während er ihn
nach Homer als söhn der Phorkystochter hätte bezeichnen sollen, so
liegt hier eine Verwechselung mit den Eyklopen der Theogonie rcr,
eine Verwechselung die übrigens nicht blosz bei Euripides sieh fin-
det: so werden bei Nonnos XTV 52 neben einander ab Eyklopen
genannt Brontes, Steropes, Arges, aber zugleich auch Euryaloe, B**
treus, Tracfaios, Halimedes und Polyphemos, und die Eyklopen
heiszen bei Nonnos TnT€V&C (U 341. XXVm 231). übiigeos is*
JSitKler: zur griechischen anthologie. 815
dies nicht das einzige beispiel einer Verwechselung und ungenauig-
keit in diesem drama, ein gewis mehr auf&llendes beispiel ist, dasz
Eur., der doch den Eyklopen als einSugig sich Torstellte, hie und da
▼on den äugen des Polyphemos spricht: so 459 S^^ora, 463 cuv-
auovdi KÖpac, 470 toO TU9X0OVTOC ö^fiaTa baXoO, 611 injp\ t&P
Tdxoe q)uiC9Öpouc öXei KÖpac.
T. 666 f. dXX* oön pf| qf&fryte, iflcb* Öui Tr^rpac
Xa(pOVT€C, OÖbiv ÖVT€C*
Nauck hat die worte oöö^v 2vT€C als Verba corrupta' bezeichnet,
und Wieseler schlägt , indem er ebenüalls eine corruptel annimt,
fvbov 6vT€C (*dum intus sitis') vor. aber hier musz man doch wol
darauf rücksicht nehmen, dasz auch bei Homer Polyphemos sagt
vOv M M* iwv öX(toc t€ kqI oÖTibavöc xal dxticuc öq)6aXMoO
äXduiC€V (t 515 f.).
Bei dieser gelegenheit trage ich zugleich nach, dasz die in mei-
ner bemerkung oben s. 530 vorkommende Sndemng Eur. Herakl.
132 ii^XXovt' für ^^XXctv t', die natürlich sehr naheliegt, schon
von Matihiae angestellt worden ist.
Pbao. Johann EvIöala.
112.
ZUR GEIECHISCHEN ANTHOLOGIE.
* Bei Bergk PLG. ' XLV s. 643 findet sich folgendes epigramm :
Otbc Trdrpac Ivckq C9€T^pac €lc bf)ptv £6€Vto
SirXa , Kod dvriTräXuiv Cßpiv änccK^bacav '
^apvä^€Voi b* dp€Tf)c Ka\ beijüiaToc oök icduicav
ipuxdc, &XX' 'AibT)v Koivdv fOevro ßpaßf),
o{jV€K€V '€XXyivu)v, dbc ^f| Ixrföv aöx^vi 0^vt€C 5
bouXocävric CTUTCp&v d^<plc ^x^iciv fißpiv.
Tttta bk iraTplc Ix^i KÖXiroic ti&v nXctcra Kopövnuv
ciIi^qt'^ InA OviiTofc ^k Aiöc ifbc Kpiac*
\ir\biv d^apTCtv tcix Ocuiv xal irdvra xaropOoCv,
iv ßiorq ^otpav b* oön 9ut€iv ?Trop€v — 10
das wir in Demosthenes kranzrede § 289 lesen, diese verse sind in
der überlieferten gestalt unhaltbar und wurden deshalb schon viel-
&ch behandelt, ohne dasz man meines erachtens bis jetzt zu einem
befriedigenden resultate gelangt wftre.
Gehen wir zunftchst auf den sinn ein, so wird im ersten distichon
der zweck des kampfes, im zweiten der ausgang desselben, im dritten
wieder der zweck, im vierten die bestattung und im fOnften endlich
der grnnd der niederlage erwfthnt dem sinne nach gehOrt also das
erste und dritte distidion zusammen, dann erst sollte das zweite
folgen, an das sich die verse 7 f. gut anscUieszen wttrden. auch der
816 JSitzler: zur griechischen anthologie.
form nach liesze sich das erste und dritte distichon leicht Terbinden,
man dürfte nur mit einer leichten änderung v. 5 elvCKdO* '€XXf|-
VU)V usw. lesen.
Allein Karsten machte mit recht darauf aufmerksam, dasz
Ixyföv bov\oc6yr]C aäx^vi nO^vai nur vom sieg er gesagt werde,
also hier nicht richtig sein könne, indessen kOnnte auch dieser an-
stosz mit leichter mühe durch Ivx^ aux^v' öqp^VTCC beseitigt
werden, wenn nur nicht der ganze inhalt des distichons auf eine
andere Vermutung fahrte, die verse 5 £ sind nemlich offenbar nur
eine erklftrung zu dvTiiTilXujv Oßptv äircoc^bocov. deui wie
konnten diese worte besser umschrieben werden als durch die, ^r)
ZuTÖv aöx^vi0^VT€C (oder vielmehr ZuTipaöx^v' iiq)^VT€c)bou-
XucdvT)C, CTUtepdv äi\xfp\c ^x^^^^v ußpiv ? dabei habe ich durch die
interpunction zugleich gezeigt, wie diese worte zu verbinden sind:
pf| gehört nur zum participium und dL}xqiic ix^iv heiszt 'fein halten',
vgl. Od. a 54 ua. waren nun diese verse ursprünglich an den rand
geschrieben , oder wurden sie aus einer randglosse erst zurecht ge-
stutzt, so erklärt sich auch das eindringen derselben an falscher stalle
sehr leicht, wir werden also mit recht dieses distichon wieder strei-
chen dtbrfen.
Nach der angäbe des Zweckes im ersten distichon wird im zwei-
ten der ausgang des kampfes geschildert : sie fielen, aber ohne sinn
und beziehung sind hier die worte dpcTTic xai bei^QTOC, woftr riele,
aber bis jetzt ungenügende besserungsvorschlttge gemacht wurden,
am einfachsten und besten scheint es mir zu schreiben: "Apeuic Kai
Aei^aTOC: 'sie retteten ihr leben nicht aus dem furchtbaren
kämpfe.' der gebrauch von ''Apric in diesem sinne ist bekannt;
AeTjLioc aber wird mit 4>ößoc H. A 37 ua. als diener des Ares ge-
nannt, die personifioation wird durch, das folgende 'Aibnv koivöv
empfohlen, sollte aber jemand daran anstosz nehmen» so schreibe er
fip€u>c Kai bci^aroc als hendiadys, und der sinn bleibt der-
selbe. cu)2[eiv mit £k oder dem bloszen genetiv ist hftufig, zb. Sopb.
Ant. 1162 ciucac dxOpuiv x^öva.
Auf diese weise ist auch die Symmetrie des gedichtes ge-
währt, es wird je in einem distichon ein gedanke absolviert: denn
die zwei folgenden distichen behandeln, wie schon gesagt, begrftbnis
der gefallenen und grund der niederlage. das letzte distichon ist von
fib€ Kp(cic V. 8 abhängig, denn wenn Yömel sagt, es mOste in di^
sem falle icxM) und firopov (als erste person) stehen, so übersieht
er dasz die anknüpfimg eben eine freiere, ja im letzten verse so-
gar indirecteist: fnop€, sc. Zeüc. übrigens ist nach KOTOpOoOv
zu interpungieren; dies zeigt die Wiederholung des hexameters § 390
und der sinn, der nach dem ganzen gedichte nur d6r sein kann: die
götter sind in allem glücklich, im leben aber muss man
sein Schicksal erleiden.
Tauberbischofsbeim. Jacob SinuBt.
ChCron: zu Platons apologie [SO*]. 817
(19.)
ZU PLATONS APOLOGIE.
Ungern greife ich zur feder, um die vielbesprochene stelle 30*
noch einmal zur spräche zu bringen: ungern, weil ich fflrchte weder
der verehrlichen redaction noch den lesem dieser blfttter damit eine
freude zu machen, doch wQrde ich glauben mich einer pflichtver-
aftumnis schuldig zu machen, wenn ich durch mein schweigen der auf-
fasaung Vorschub leistete, welche Weck lein ganz neuerdings oben
8. 765 f. geltend macht, ich halte nemlich diese anffassung Ür ganz
unzulässig und halte mich um so mehr verpflichtet die Unrichtigkeit
derselben soweit ich es vermag darzulegen, weil ich weisz dasz die
bremse oder, wie sie jetzt heiszt, Stechfliege viele und sehr achtungs-
werte gOnner hat. wenn nun ein solcher kSmpe wie Wecklein fllr sie
auf den plan tritt, so ist gefahr dasz er schon durch das gewicht seines
namens dieser nach meiner Überzeugung grundfalschen ansieht neue
aohftnger gewinne, ich durfte hier Wecklein um so eher als einen
kSmpen bezeichnen, als er sich selbst die stelle eines £<p€6poc zu-
schreibt, dieses bild scheint mir übrigens hier ganz unglücklich ge«
wtthlt zu sein, es würde voraussetzen dasz wir beide, ühle und ich,
um des ruhmes willen uns im wettkampfe gemessen hStten. das ist
nun bei mir sicher nicht der fall ; vielmehr glaube ich mich ehrlicher
weise zu denen rechnen zu dürfen, die ebenso gern sich widerlegen
lassen, wenn sie etwas unrichtiges behaupten ^ wie sie gern einen
andern widerlegen, wenn er etwas unrichtiges behauptet, dasselbe
nehme ich auch von ühle an, und auch von Wecklein: denn sonst
wSre es freilich besser das gesprfich nicht weiter fortzusetzen, was
aber um der sache willen zu bedauern wSre. das bild vom £<peöpoc
scheint mir aber auch um deswillen nicht gut gewählt , weil dann
doch einer der beiden frühem kämpfer als sieger aus dem kämpfe
hervorgegangen sein müste. Wecklein gibt aber jedem von uns beiden
recht, dh. jedem unrecht, doch, wenn ich ihn recht verstehe, jenem
mehr recht als mir. gibts etwa hier ein weniger oder mehr? möchte
ich gleich mit dem wiszbegierigen griechischen Jüngling fragen, doch
um nicht voreilig die frage zu beantworten, so wollen wir lieber
hOren was WecUein zur rechtfertigung seiner entscheidung bei-
bringt. W« ist nemlich aus einem £q>€Öpoc unvermerkt ein ßpaßeu*
Tfjc oder biaicptvuiv geworden, eine roUe die Sokrates in einem
gesprftohe, als man sie ihm zumutet, mit guten gründen ablehnt.
Wecklein behauptet nun, der ausdruck Tf|v fjfi^pav öXt)v TTOvroxcO
TrpocKoOiZuiv, besonders aber die fortsetzung d!iciT€p ol vucrdZcvrec
£T€tpö^€V0l KpoucavTCC fiv )i€ . . ^^biuic &v äTroKT€ivatT€ mache
die Vorstellung der Stechfliege so klar, dasz sie jedem unbefiingenen
erklftrer eingeleuchtet habe und einleuchten müsse, diesem ganz un-
begründeten machtspruch kann ich nur die behauptung entgegen-
stellen, dasz gerade das gegenteil davon wahr ist. diese behauptung
JfthrbSeher (Br clmst. phUol. 1870 hft. 12. 62
818 ChCron: zu Flatons apologie [30«].
babe icb nun zu beweisen, icb beginne damit dasz ich, um ja nichts
zu verbergen, was für die gegenteilige ansiebt geltend gemacbt wer-
den könnte, die ganze stelle, die W. auszugsweise mitteilt, blerber-
setze, sie lautet: iä\ fäf) i}xi. dnoKTe(viiT€, oä ^(jibiuic äXXov toi-
oOtov €Öp/ic€T€ , äT€XvÄc, A Kttl T€XoiÖT€pov elirciv, npOCKe{|A€VOV
T^ TiöXei ÖTTÖ ToC 9€oC, oicnep tiriTty ^et^Xtp ji^v kqi T^vvatiu,
imö jüieT^Bouc tk vuiOecT^pqj xai 6€0jüi€Vi|i ^T^ipecdai öirö fAuumöc
Ttvoc* otov br\ ^01 boKet ö Geöc liA tQ ttöXci npocTeOetK^vat toi-
oCtöv Tiva, &c öjiac ^T^ipujv xai ireiOuiv kqI övcibiZuiv £va ^acrov
oub^v nauojLiai Tf|v fiM^pav öXiiv navTaxoC npoocaGiZuiv. toioCtoc
oOv fiXXoc od ^biuic öjliiv T€vrjc€Tai, (fi ävbpec, äXX' iäv i\io\
Ti€i9r]c9€, 9€ic€c6^ jüiou' ä^ctc b' Icuüc Tdx' &v äxBö^evot, üjcncp
ol vucTä^0VT6c ^T^ipÖMevoi, KpoucavTec fiv jlic, tt€i9öm€voi 'Avutw,
^biuic &v dTTOKTeivaiT€, cTtq töv Xomdv ßiov xaGcubovrec bia-
T€X01T€ äv , €i ixr\ TlVa äXXoV 6 GeÖC upiV ilTtTT^JÜll|l6t€V KT)bÖ^€VOC
ujLiuiv. in dieser stelle kommt der fraglicbe ^)ju)i|i 6inm&l Yor. er
kommt sonst überhaupt nicht mehr weder in dieser noch in einer
andern scbrift Piatons vor. in dieser 6inen stelle nun, räumt Weck-
lein ein^ könne man nur an den sporn denken : *denn b€0|A^vi|i wfire
doch bei der Vorstellung einer bremse geradezu widersinnig.' wie
W. nun von dieser auffassung zu der Stechfliege im folgenden satz
kommt, das ist ein kunststOck, welches ihm weder Uhle noch ich
nachmachen kann, er meint zwar, wir htttten nur beide vergessen,
dasz der Grieche fQr beide dinge den 6inen ausdruck ^uui^i hat ; das ist
aber weder richtig noch möglich i denn wie hätten wir das vergessen
sollen, was der eine dem andern beständig zu gehör redet? dasz ich
es nicht vergessen habe, kann ich auch dadurch bekräftigen, dasz in
den sieben auflagen meiner ausgäbe die erklämng der fraglichen
stelle von dieser doppelbedeutung des wertes ausgeht, wie kommt
nun W. zur Stechfliege? das T^XotÖTcpov, welches Uhle betonte,
nimt er nicht in anspruch, was beweist dasz ihn meine erörterung
befriedigt hat. auch olov nicht, welches seiner Stellung wegen am
ehesten auf jLiiJuiTroc zurückweisen könnte: begreiflicher weise, da
dies ja nur auf den begriff 'sporn' führen könnte, dasz otov aber
überhaupt nicht in so enge beziehung zu jüiuuiiroc gesetzt werden
kann, habe ich schon früher gezeigt, also Tf)V f^^pav 5Xi]V novra-
XoO npocKa9i2[uJV ! das verbum selbst kanns aber auch nicht sein,
da W. weder nachweist noch nachweisen kann, dasz dasselbe aus-
schlieszlich oder auch nur vorzugsweise von solchen insecten ge-
braucht wird ; vielmehr wird es in der regel von menschen gesagt,
auch die beiden beigefügten bestimmungen weisen mit nichten deut-
lich auf die Stechfliege hin. nun stehen aber die werte in der eng-
sten Verbindung mit den worten 8c u^äc £T€ipu)V Kai TretOuiv kqi
öveibiZuiv iva licacTOV oOb^v Tiauo^ai , die doch offenbar jeden ge-
danken an eine Stechfliege ausschlieszen und nur an den leibhaften
Sokrates mit seinem bekannten Seilenosgesicht denken lassen, dasz
aber W. auch noch das wcirep . . dirOKTcivaiTC nach dem, was icb
ChCron: zu Platons apologie [80*]. 819
darüber bereits in meiner erOrtemng gesagt habe, als beweis filr die
Torstelinng der Stechfliege geltend macht, darüber wnndere ich mich
aufrichtig , da ja hier offenbar nicht einmal mehr die vergleichnng
des athenischen volkes mit einem pferde, an welche sich doch ganz
aasschlieszlich die erwfthnung des ^i}uii|i anschlieszt, festgehalten
wird und auszer dem }ii, das beigefügte nei96^€VOt *AvuT(}i ganz un-
mittelbar auf den vor gericht stehenden Sokrates hinweist.
Anderes hat Wecklein znr nnterstütznng seiner ansieht nicht
beigebracht, dasz darin auch nicht der schatten eines grundes, der
für die Stechfliege sprfiche, enthalten ist, dagegen sehr vieles ent-
schieden gegen dieselbe spricht, ist nicht zu verkennen, ja W. führt
ohne es zu wollen einen sehr triftigen grund gegen dieselbe an. er
stimmt nemlich meiner bemerkung bei, dasz die bremse weder nach
menschlicher noch nach pferdlicher anffassung zu den erforderlichen
und^weckdienlichen erweckungsmitteln gehöre, wenn dieses aber
80 ist, so kann sich Sokrates, der sich von der gottheit der Stadt zum
heile geschenkt glaubt, unmöglich mit diesem geschöpfe vergleichen,
das. jeder, wenn er kann, tötet oder sonst sich vom halse schafft,
ohne dadurch sich zu benachteiligen.
Fassen wir nun alles zusammen , so zeigt es sich dasz Sokrates
nur die stadt Einmal mit einem groszen und edlen rosse, das des
Spornes bedarf, dann mit solchen die , wenn sie im einschlafen ge-
stört werden, leicht ihrem Unwillen einen zu kräftigen ausdruck
geben, sich selbst aber nirgends weder mit einem sporn oder stachel
noch mit einer bremse oder Stechfliege vergleicht, ja dasz man nicht
einmal irgendwo diese vergleichung schicklich anbringen könnte,
am ehesten wSre es möglich vor TrpocK€(^€VOV: aber auch da geht
es nicht an wegen des folgenden iIiCTTcp tiririp . . beofi^vtp dteipecOat
U1TÖ fitjuinöc Tivoc. dasz auch dieses Tivöc nicht für die bremse
spricht, ist schon früher von mir nachgewiesen und von W. still-
schweigend anerkannt worden.
Möchte also nun endlich einmal dieser plagegeist zur ruhe kom-
men und nicht Iftnger mehr unruhe und Unfrieden unter den besten
menschen anstiften!*
Muste ich so dem hochgeschStzten gelehrten entschieden ent-
gegentreten, so freue ich mich ebenso entschieden dem verschlag zu
35' Ikctcuoi^i statt irciOot^i zu lesen beistimmen zu können, der
fordemng des sinnes entspricht zwar meine erklärung der über-
lieferten lesart auch, aber sie ist doch etwas gezwungen, während
mit der ftnderung Weckleins die worte sich recht natürlich dar-
stellen.
Dagegen scheint mir die bemerkung zu 40' unbegründet, denn
wenn man auch die erquickung eines ruhigen Schlummers nicht auf
den todesscUaf anwenden kann, weil auf diesen kein erwachen folgt,
so empfindet man doch auch nicht die not und plage des lebens, über
* [aach die redaction erklärt die debatte Ober den |iOttiy in der
PlatoaucheD stelle in den jahrbfiehem hiermit fOr geeehlotfen.]
6««
820 FStengel : za Herodotoe [VI 106. 106].
die 80 viele menschen klagen, überdies beugt Sofcrates der irrigen
auf&ssang ausdrücklich vor durch die bemerkong : kqI t^ oubiv
nXefwv ö Tiäc XPÖvoc 9a{veTai outuj bi\ eTvai fi pia vuE. dies ge-
ntigt für den vorliegenden zweck, die hauptsache folgt ja in den
glauben des Sokrates an das leben nach dem tode.
AuasBüBa. Chkutian Cboh.
(29,)
ZU HEBODOTOS.
Der Iftufer , durch welchen die Athener die Lakedaimonier um
hilfe bitten lieszen, als die Perser gegen Marathon vordrangen, heistt
nach Herodotos VI lOÖ. 106 <]>ei6iTr7Tibr|c. nach Pausanias I ^8, 4
und YIII 54, 6; Plutarch de Her. mal. 26; Lukianos uii^p toO
TirakMaTOc 3; Pollux in 148; Solinus I s. 98; Suidas u. Iinriac;
schol. zu Aischines 11 130; Plinius not, hist. YII 20 heiszt derselbe
mann <t>tXm7T(öiic (vgl. Wesseling zu Herod. YI 105 ; Hermann za
Aristoph. Wolken 68). zwei hss. geben auch für Herodotos <t>iXm-
Trlbric. dazu konunt dasz 4>iXiinriöiic ein häufiger griechischer name
ist, der auch durch inschriften reidüich bezeugt ist (CI6. 171. 213.
6030. CIA. 1 446), der name<t>€ibi7TiT(biic aber auszer in der Herodot-
stelle sich nur noch in des Aristophanes Wolken findet, wo der pferde
liebende söhn des Strepsiades ihn führt der name ist offenbar von
Aristophanes erst für die rolle erfunden, wie das schon in den versen
66 — 68 deutlich ausgesprochen ist. Wir finden also an einer einzigen
stelle in der griechischen litteratur einen sonst nicht vorkommenden
namen, er wird nicht einmal durch alle hss. überliefert, eine reihe
anderer glaubwürdiger Schriftsteller nennt denselben mann nüt einem
andern sonst hftufig vorkommenden namen : ich denke, man wird sich
entschlieszen müssen auch bei Herodotos YI 105. 106 OiKimriöric
zu schreiben und den namen <t>€ibi7nriöiic auszer an jener Aristo-
phanesstelle überhaupt zu den toten zu werfen, die versehreibnng
ist leicht möglich, und wer an sie nicht glauben mag, hftlt es viel-
leicht nicht für unmöglich, dasz ein abschreiber, dem jener name
aus Aristophanes bekannt war, Pheidippides — pferde sparend —
für einen iSufer passender gefunden habe als das gewöhnliche Phi-
lippides. auch der Phidippus des Cornelius Nepos Mut. 4, 3 kann
an der sache nichts Sndem. auch hier haben die hss. zum teil Pküii-
jpum, und ob wir nun mit Fleckeisen Philol. lY s. 327 die fUle, wo
^derselbe mann sowol mit seinem eigentlichen namen als mit dem
daraus gebildeten patronymicum benannt wird', für sehr hftufig halten
oder sie mit KKeü ebd. s. 743 bezweifeln woÜen — immer werden
wir zugeben müssen, dasz auch hier lesart und Überlieferung unsicher
ist, und dasz die stelle nicht geeignet ist eine andere tu stütssn.
Berlin. Paul SmosL.
LMendelB8<^n: za Appianos. 821
(80.)
ZU APPIANOS.
WHBoscher vermtitet (oben s. 592) bei Appianos b. dv. II 62
Kai £9op^lSvTOC statt des überlieferten * Kai £q>opuiVTOC. die ganze
stelle lautet bei Bekker s. 580, 32 ff.: Kakapoc b* aöroOc ircpi-
OfovTÖc T€ Koi cöv övcibct ^axpäv in xöv rTojLitTfiiov Ävxa Im-
beucvuovTOC, Ka\ iipopiBvroc, rä ctmeia dtrcppinTOuv Kai Itpexh
TOV, Ol bfe jüiÖXlC OTT* alboOc Kar^KUTlTOV ic Tf|V yf\V äTTpOKTOI.
dasz in diesem passns in der angegebenen gestalt nicht alles in ord-
nnng ist, bat Boseher richtig gefUhlt, den sehr einfach zu hebenden
schaden aber durch eine völlig verfehlte oonjectur bedeutend ver-
schlimmert, es ist nichts weiter zu thun als das völlig sinnlose
komma nach Kttl iqpopOjvroc zu streichen und damit dieses satzteil-
chen statt mit den beiden vorhergehenden participien mit den fol-
genden imperfecten zu verbinden: *die Soldaten warfen trotz Caesars
flehentlichen bitten die feldzeiohen sogar vor seinen äugen
weg.' so haben die editoren trotz jenes bösen komxfla immer die
stelle gefaezt — wie B. aus den ftltem latein. Übersetzungen hätte
ersehen können — nur dasz SchweighSuser an ein nach £q>opd>VTOC
vielleicht einzuschiebendes aÖToO denkt, fdr welches jedoch keine
notwendigkeit vorliegt, wie sich femer der Sprachgebrauch Appians
zu der vnlgata stellt, wird man aus den nachstehenden beispielen
ersehen: Illyr. c. 26 (s. 367, 11 M.) Kdv TOÖTi|i (6 Katcop) T^CTiMOV
ÄaX^dTTiv, CTparöv £T€pov fitovra toIc £v TTpui^övi) cu^^axov,
uTtavrticoc ibiuiKCV de TÄ öpri, Kai itpofixbvioc in toO Tecxi-
^ou Tf|v TTpu)^övav eIXev, vgl. auch b. civ. n 63 : nach der flucht bei
Dyrrhachium (o\ cTpaTiuiTai) cuvubpvuvTO , £<popi£»VTOcaÖToO
(andere toO) Kaicapoc,jüif| dTrav^etv dx Tf)c \x&xr\c el ^f| Kporoiev,
vgl. ebd. c. 73 (pdiivricOd ^oi) t&vdqpopi&VTOCdfüioO cuvil»)ivuc0€
&XXfjXotc. dasz endlich, wenn richtig bezogen, der ausdruck Kai
dqpopuiVTOC statt ^überaus matt' auszerordentlich bezeichnend ist,
wird B. ja wol ohne weiteres zugeben, entspricht somit d<pop4JüVTOC
der Situation wie dem Sprachgebrauch aufs beste , so scheint ander-
seits dqpop^iBvTOC weder sprachlich noch sachlich zulässig: sprach-
lich nicht weil ein ähnlicher gebrauch von d90p^äv ^gegen jemand
ohne böse absieht losstürzen' sich bei Appian kaum finden dürfte,
sachlich nicht weil Caesars versuch die flucht zu hemmen, wie er in
ircpiO^ovTOC und dTTtbeiKViiovroc angedeutet ist, das 'losstürzen' zur
Voraussetzung hat. Plutarchs ÖTravTidZwv diTeipäTO ävacrpd-
q)€iv hingegen ist völlig sachgemäsz: wollte jemand durchaus ändern.
* die lateinische tibersetzonff des Candidm läsit allerdinrt auf ein
in der vorläge vorgefundenes CcpopiS^vra echlletien, doch kooiint lie
den bessern griechischen hss. (O) gegenüber erst an zweiter stelle in
betracht.
822 LMendelsBohn : za Appianos.
80 könnte man sich danach allenfallB kqI iniCTp^ipoVTOC bei Appian
gefallen lassen.'
Bei dieser gelegenheit möchte ich überhaupt davor warnen, ohne
yorausgegangenes eindringliches studiom conjecturen im Appian za
machen : wer ohne ein solches die anstösze welche phraaeologie nnd
Syntax des Alexandriners auf schritt und tritt geben nach den —
besonders in Holland beliebten — vulgarrecepten beseitigen wollte,
könnte ftrger morden als weiland Adas, bei gleicher schnldlosig-
keit der objecto, um 6in beispiel zu geben: üsener rhein« mns. XVI
8. 481 httlt prooem. 3 (s. 5, 7 M.) in den werten aörrj T€ iToXia
liaKpoTdni bf| ndvTuiv dOv&v oOca das allerdings auf^lige iOvAv
für unmöglich und coigiciert IcOpuliv. die yermutung macht an sich
dem Scharfsinn ihres Urhebers alle ehre, nur hat der sonst so belesene
gelehrte den Appianischen Sprachgebrauch nicht gekannt: es hei8st
b. civ. IV 83 Kttl övo^a toO TTo^irrifou dvd öXi^v Tf|v Ißnpiov,
eupuTdiriv <irdvTU)v?> tOvujy oOcav, TrepiWovroc usw. und
ebd. lY 100 irXf)v Ik ^6vr\c MaKCboviac £6vouc öpeiou, icai
BcccoXiac X^9^^ ßpaxeiac. aus diesen sich gegenseitig stützenden
stellen erhellt dasz Appian mit f 9voc in der that geradesu 'land' be-
zeichnet — daneben verwendet er das wort , wie auch Cassius Dioa
ua., zur Übersetzung von provincia — und die editoren keinen grund
hatten an jener stelle anstosz zu nehmen. icOfiöc dagegen in der be-
deutung von it) d^9i9aXdccioc (schol. zu Aristeides t III s. 22, 3
Ddf., Bemhardj zu Suidas u. IcOmöc) ist wie überhaupt aus keinem
selbständigen Schriftsteller bisher nachgewiesen so Appian völlig un-
bekannt.
' die auffallende b ach liehe concordans zwiBcben Appian b. civ. 11
und Platarch im Pomp ejus and Caesar ist oft bemerkt, aber irri|^ auf
die gemeinsame unmittelbare benutznng des Aslnius PoUio snrfiek-
gefiihrt; hätte man auch die sprachliche übereinstimmang beachtet,
so würde man schon vor Thonret (Leipziger Stadien I s. 813) gefiind«D
haben dass beide denselben von Asinias Pollio abh&ngigen griechi-
schen gewährsmann benatzten, aach in andern pariien geben gelegent-
lich sprachliche beobachtongen das correctiv für proyeniensschlöste:
wenn zb. HPeter 'qaellen Plntarchs^ s. 103 aas der sachlichen aberein-
stimmung zwischen Plat. Mar. 41 f. and App. b. civ. I 66 f. aof dieselbe
quelle, Poseidonios, 'mit Wahrscheinlichkeit' schlosi, so h&tte ein ge-
naueres eingehen aach auf die sprachlichen coincidensen diese Wahr-
scheinlichkeit zur gewisheit erhoben, man vergleiche nnr beispieb-
weise Plut. Mar. 44 /|pi6TT)C€v ö xdirriXoc, 6 n iraOdjv oOxi t6v Wov
(oTvov), ilicircp €tuiO€v^ iIiveTTat Kai bf)|iOTiK6v, dXXA toO cirouöaiou
Kai iroXuTcXoOc mit App. I 72 Kai toO Kairf|Xou, xihi\ cicouboi^TCpov
(olvov) alToii}, m^OoM^vou. daraas folgt mit evidens dass in der that
ein griechisches original — dh. in diesem falle Poseidonios — beides
hier vorgelegen hat, and Klebs' 'de aetatis SuUanae seriptoribos' (Berlio
1876) Vermutung, beide htttten hier Livius ausgeschrieben, flllt schon
aus diesem gründe zusammen; weit wahrscheinlicher wird man Posei-
donios als quelle für alle drei betrachten.
DoRPAT. Ludwig Msndblssobh.
AEömer : anz. 7. CHoffmann de yerboram traneposit. ap. Cornifioiam. 823
113.
DE VBRBOBUM TRANBPOSITIOKIBUB IN COBNIFICI BBETOBICORUM AD
ü. HEBBNNIUM LIBRIS. PABT. I. DI88EBTATI0 INAU0URALI8.
8CBIPSIT CAB0LU8 HOFFMAMK. Monachi typis Godofredi
Schoeningeri Weiasianis. 1879. 60 8. gr. 8.
Mit befiiedignng und freude sieht man in neuerer zeit die krftfte
janger and tflchtiger philologen einer schrifl ans dem römischen
altertnm zugewendet, der wir fast ausschlieszlich unsere richtigen
Vorstellungen Ton der rhetorik des altertums, wie sie yon lehrem
und schttlem geübt wurde, verdanken : der rhetorik an Herennius.
sie ist und bleibt das grundbuch für alle diejenigen, welche ihre auf-
merksamkeit darauf richten, die sache kennen zu lernen, wie sie wirk-
lich gewesen ist, frei von den glücklichen oder unglücklichen zu-
thaten, womit Cicero und andere rhetoren sie bereichem zu müssen
geglaubt haben, als solches verdient es auch mehr, als es bisher
geschehen, in unsem schulen, natürlich in zweckmftsziger auswähle
mit einer vollen und ausgibigen erklärung behandelt zu werden,
denn es ist doch eine der allertraurigsten Wahrnehmungen, die man
sowol bei philologen wie bei nichtphilologen machen kann, die von
unsem gymnasien kommen: sie haben wol diese oder jene rhetorische
Bchrifk Ciceros mit fleisz und interesse gelesen , von der sache selbst
aber haben sie kaum einen schein von annähernd richtiger Vorstel-
lung, spricht man nun etwa gar von dem groszen und gewaltigen
bau, an dem Jahrhunderte thfttig gewesen, zu dessen errichtung über-
legene schSrfe des Verstandes wie eine geradezu ungeahnte psycho-
logische feinftthligkeit mitgeholfen : so sieht man in der regel er-
staunte und unglftubige geeichter, und das ist kein wunder: gerade
da^enige buch, aus dem man das am deutlichsten und klarsten er-
kennen und lernen kann, ist ja in der regel aus dem kreise der schul-
lectflre ausgeschlossen, und mir sagt femer die erfahrang, wenn sie
auch nur von einem einzigen jähre datiert, dasz man gerade dieses
buch den schülem in die band geben musz , um endlich einmal mit
den unklaren und verschwommenen Vorstellungen von rhetorik
gründlich zu brechen, wenn in den schülem auch nur ein einziges-
mal der eindruck lebendig wird bei irgend einem fein ausgearbei-
teten und behandelten capitel unserer rhetorik, mit wie seltener Ver-
standesschärfe diese rhetoren ihr ziel unverwandt im äuge behalten,
wie sie alle schwächen und fehler unserer armßeligen menschennatur
erkennen und ausnutzen : dann darf man wol eher hoffen, dasz sie
der sache einigermaszen adäquate Vorstellungen mit in das leben hin-
ausnehmen, dazu kommt femer, dasz die rhetorik der guten zeit —
und dahin gehOrt das werk des Ck)mificius — nicht etwa eine graue
theorie ist, sondern eine greifbare lebendige disciplin, die in den
reden Cioeros fleisch und blut angenommen hat. und wenn wir nun
einmal, was ja auf allen andern gebieten so selten der feil ist^ bei
viel bewunderten werken aus dem altertnm — bei den reden des
ß24 ABOmer: anz. v. CHoffmann de verborum transpotit ap. ConuBcionu
Cicero und Demosthenes — in der glücklichen läge sind zu erkeimaii
und zu beurteilen , wie der funke der rednerischen genialitftt durch
die unvergleichliche und virtuose handhabung des zu ihrer zeit gOl-
' tigen rhetorischen Systems zur gewaltigen flamme wird: dann soll-
ten wir uns doch aufgefordert fühlen, der t^XVTIi die jenen die Waf-
fen geschärft, unsere ganz besondere aufmerksamkeit zuzuwenden,
in den uns erhaltenen reden den überall leicht erkennbaren spuren
derselben mit erneutem fleisze nachzugehen, mit ^em worte uns
das rhetorische Verständnis derselben zu erringen, für Cicero
haben wir da, wie dies LSpengel schon in einer seiner ersten Schriften
ausgesprochen und nachgewiesen hat, in des Comifidus rhetorik an
' Herennius den wertvollsten und sicherstefi führer. leider ist das
Studium dieser ausgezeichneten schrift durch den unseligen wirrwarr,
der in den handschriften herscht, bedeutend erschwert, und so findet
hier die philologische kritik noch ein reiches feld für ihre thfttigkeit.
einen wertvollen beitrag zu derselben hat uns CHoffmann ge-
liefert in der oben angeführten schrift. bekommt man auch anüangi»,
besonders wenn man sich vergegenwärtigt, welches unheil die ver-
suchten und empfohlenen transpositionen in den una erhaltenen
Schriften aus dem altertum schon angerichtet haben, bei der lectüre
des titeis 'de verborum transpositionibus' einengelinden schrecken:
so zeigt doch eine genauere einsieht in die schrift, vne weit Hoff-
mann von maszloser willkür entfernt ist, wie er im gegenteil ge-
schickt und scharfsinnig seine sache zu führen versteht, wenn man
ihm auch, wie wir nachweisen wollen, nicht überall zustimmen kann,
so führt doch der von ihm eingeschlagene weg in vielen fällen xum
richtigen, er möge mir es also nicht misdeuten, wenn ich einigen
von ihm versuchten Umstellungen gegenüber meine gegenteiligen an-
sichten geltend mache.
Wir beginnen mit I 9, 15 rem düucide narrabimuSt ^, W
quicguid priimum gestum erU, Ua primim^ ea^xmemus ei rentm ae
iemparum ordinem eonserväbimusy ut gestae res emami cuä ut paiuisse
geri videbtmiur — hie erü cansiderandum^ ne quid periurbaie, ne^id
nave dicamw, ne quam in aliam rem transeamus^ ne ah
ultimo repetamuSf ne lange persequamur^ ne guid, quad ad
rem pertineat, praetereamus — etsi sequemur ea quae de hrevüaUprat-
cepta sunt: nam quo hremor^eo düucidioret cognüufacQiornarraüofid^
anstosz erregten hier die gesperrt gedruckten worte, und währoid
Eajser daran dachte, dieselben als ^breyitatis praecepta' hinter die
Worte quae de brevitate praecepta sunt (ne quam . . persequamur) lu
stellen , aber durch die parallelstelle Ciceros de inv. I 20, 29 davon
abgehalten wurde, schlägt jetzt H. vor ne quam m äUam rem tranS"
eamus an seiner stelle zu lassen, dagegen die beiden andern Yorachrif-
ten fie . . repetamus, ne lange persequamur als lehren über di«
Wevitas der darstellung hinter quae de hrevitaie praeapta amä »
stellen, ich bedaure ihm hierin nicht folgen zu künnen: wenn man
überhaupt an eine Umstellung denkt, so dürfen die drei Vorschriften
AROmer: anz. v. CHoffiaoAnn de Terborom traaBpoBit. ap.Comificiam. 826
nicht aiiseinandergerisseii werden: denn der von H. 8. 27 aufge-
stellte unterschied zwischen et si tr€umiiantb%is nüUis tdemur und ne
quam in aHiam rem transeamus ist unhaltbar. HransUiambus idi quid
dgnificet' bemerkt H. 'yel optime cognoscimus ex eiasdem libro*
IV 26, 35 iransUio vocatur guae, cum ostendit hrevUer quid dictum
sU^ propamt Uem Wevi quid consequalur.' allein so kann das traimti'
onibus uii hier unmöglich gefaszt werd^, und schon Toxita hat rich-
tig bemerkt: *non autem ircumtionee hoo in loco intelligit ^eroßdceic,
napaßdceic a rebus tractatis ad res traotandas, ut qoidam volunt
(quoniam transitiones breves admittuntur), sed tiap€Kßdc€ic a
rebus propositis.' liest man die von Comif. IV 26,35 fttr die figur
beigebrachten beispiele, so mttste man sich doch billig wundem,
wenn eine gerade fUr die narratio passende figur in derselben keine
Verwendung finden dürfte, ja Quintilian empfiehlt gerade diese
figur fQr die darstellung und erlftutert sie durch ein beispiel IV 2, 50
ffi^mfi» eofpediä eyposüianem brevi ifUerfatiane äüdinguere: ^audiisiis
quae ante acta aunt: acdpite nunc quae insecuntur»* refidetur enim
i/udex priarum fine et se vdut ad novum ruraus inäium pra^aräbU»
ich frage, was ist fttr ein unterschied zwischen dem beispiel Quin-
tilians und dem von Comif • beigebrachten: mea in istum heneficia
cognovisHs: nunc quamodo iste mihi ffratiam rettuterü accipüe? doch
wol gar keiner, es kann daher auch keine rede davon sein das et si
tramitiombus nußis utemur in den 'brevitatis praeoepta' in dem von
H. angenommenen sinne zu erklttren; vielmehr gibt Comif. selbst
in den unmittelbar darauf folgenden worten et si nan deerräbimus
ab eo quod coepenmus exponere die richtige erklftrang davon, es
ist das so ganz seine art, die ausdrücke für 6ine und dieselbe sache
zu hftufen, damit über dieselbe ja keine Unklarheit hersche. sie be-
gegnet hier bei der behandlung der narratio^ wie auch anderwärts
im verlaufe seines Werkes, müssen wir demnach die worte et »i
transUiambus nuUis utemur und ne quam in äliam rem traneeamus
in dem sinne der «irap€Kßdc€tc a rebus propositis» für gleichbedeu-
tend halten , so kann man unmüglich ne quam in dlMm rem trans-
eamue von der Umstellung ausscldieszen, wie dies H. versucht hat.
aber die transposition selbst unterli^ meines erachtens den ge-
rechtesten bedenken, nicht etwa weil die steUe Ciceros di^egen
spricht, sondern aus einem andern, wie mir scheinen will, viel ge-
wichtigem gründe, über die Übersichtlichkeit oder klarheit der dar-
steUoBg — so wollen wir das ditudde übersetzen — ftuszert sich Cor-
nifieius in folgender weise: rem däuäde narrabimm, si^ ut quicquid
primum gestum erit^ ita primum eaponemua et rerum ac temparum
ardinem eonservabimue usw. das hauptgesetz also — schon von
Isokrates erkannt fr. 12 bintriT^ov tö irpdbrov Ka\ tö bcuTcpov xal
T& Xoiirä iito^ivwQ — wird vorangestellt seiner art entsprechend
warnt er vor den gewis nicht selten vorkommenden fehlem : 1) ne
quid perturbate dicamus: zeiten und begebenheiten dürfen nicht un-
gehörig durcheinandergeworfen werden. 2) ne quid nove dicamus:
826 AR^mer : anz. v. CHoffinanD de yerboram transpoBit. ap. Gornifidmiu
dies ist die ca9t^V€ia &itö tiov övo^dTUiv der griechischen rbeiorea:
vgl. Quint. IV 2, 36. 3) ne quam in äUam rem iranseamus: mm
zwecke der ttbersichtlicbkeit musz man unnötige and flberfiOssige
^abschweifhngen vermeiden. 4) ne ah üUimo r^pektmus^ 5) ne Umge
persequamur. beides sind fehler sowol gegen die brevUas wie, um
der kürze wegen dieses wort zu gebrauchen , gegen die perspUmUa»^
da ja durch dieselben am meisten die flbersichtlichkeit der darstel*
lung erschwert wird. Cicero bemerkt in dieser beziehung de m\
I 20, 29 : saepe res parum est inUHkcta longitudine magis qttam
obsoimtaie narrationis. diese longUudo ergibt sich aber durch 6ns ah
uUimo repäendo und das longe persequendo. 6) ne quid quod ad rm
pertineat praäereamus: diese Vorschrift steht in nahem Zusammen-
hang mit den beiden vorausgehenden und ist an sich klar, verdstxt
man nun die werte, wie H. wollte: et si sequemur ea quae de brevi-
tote praecepta sw/it^ ne ah ultimo repetamuSj ne lange perse-
quamur^ so faszt man meines erachtens den sinn des schriftstellerii
nicht richtig : denn warum sollte er die Vorschriften über die hremtas^
von denen er eben mehrere angefahrt, hier gerade nur auf diese bei-
den ne ah ultimo repetamus^ ne lange persequamur beschrfinken? im
gegenteil will er vielmehr die praecepta über die hreviUiS in ihrem
ganzen umfang auch zur erreichung der perspieuüas angewandt
wissen: nam quo hrevior^ eo dHuddior et oognüu facüwr nanratb
fiet, das ist der grund, warum ich der von H. vorgeschlagenen
transposition nicht beistimmen kann ; ich glaube vielmehr dasz die
Worte in den hss. an ihrer richtigen stelle stehen, ganz natürlich
konnten die rhetoren die Vorschriften über die brevikis und die per-
spicuUas nicht genau auseinanderhalten: sie berühren sich ja zu nahe,
um nicht manchmal in einander überzufiieszen. so behandelt auch
Cicero p<xrt. 32 die Vorschriften über das däuäde narrare unter denen
der hrevüas: ergo ad dHucide narrandum eadem fUa supenora ex-
planandi et iüustrandi praecepta repetemus^ in quihus sit hreviias
ea quae saepissime in narratione laudaiur^ de qua supra dictum est*
üeber die insinuatio äuszert sich Comificius unter andern in
folgender weise: I 6, 9 «t causa turpihtdinem hahebU^ exordiri pete-
rimus his rationihus : rem^ non hominem^ Aomtnan, non rem ^^eäari
qportere; non piacere nohis ipsis quae facta dicantur ah adversariis,
et esse indigna aut nefaria: deinde cum diu rem auxerimus^ nihil
simile a nohis factum ostendemus; aut aiiquorum iudickm de
simiU causa aut de eadem aut de minore aut de maiore proferemus^
deinde ad nostram causinn pedetemptim accedemus, et smUitudinem
conferemus; aut negahimus nos de adversarOs diäuros et taßmm oc^
cuUe dicemus interieäiane verborum. die bedenken Kaysers geg«n
diese stelle hat H. s. 13 ff. ganz gut widerlegt, und er sdülgt selbst
eine auf den ersten blick bestechend schöne umatellung der werte
vor: nanpHacere nchis ipsis quae facta dieantur ab adf^ersarüSjet esse
indigna aut nefaria: deinde cum diu rem auxerimus, ad nastrmn am-
sam. . accedemus et simüitudinem conferemus^ nihil simile a nohis
ABflmer: aoz. y. CHoffinann de yerbonun transpoait ap. Cornificimn. 827
factum ostendemus; tmt aliquorum it4diemm . . proferemus.
eine stfitze habe diese transposition in den worten Ciceros de inv*
I 17, 24 deinde^ cum iam müior fadus erii audUor, ingredi pede-
tempiim in defensionem et dicere ea, gwne indignentur adversarii^ tibi
quoque indigna vißeriy deindt cum lenieris cum qui audiet, deinen-'
strare nihü earum ad te perOnere. H. mOge mir erlauben von einem
guten Satze seiner abhandlung gebrauch zu machen (s. 29) : 'non ea
qnaestio esse debebit, quid habeat Cicero, quid non habeat, sed quae
scripta sunt apud Comificium, explicationem admittant bonam atque
tolerabilem necne. quodsi non est, tum demnm ad Oiceronis aucto-
ritatem debemus provocare, sipossimus hoc modo Toruminyestigare.'
diese werte müssen als oberster grundsatz ft&r die richtige erklSrung
des Comificius immer festgehalten werden ; demnach habe ich yer-
sucht, ob denn die werte, wie wir sie bei Comif. lesen, nicht eine gute
und erträgliche erklftrung zulassen, von den drei hier von ihm vor-
gelegten fällen ist doch der erste klar dahin zu fassen: sind uns die
Zuhörer ganz abgeneigt wegen der turpitudo causM , so substituiert
man, wenn sie an der sache anstosz nehmen , die person und umge-
kehrt, gerade wie Cicero de inv» I 17, 24 sagt: aut pro re hominem
OMt pro homine rem (interponi oportet)^ ut ab eo quod odü ad id guod
düigU audUoris animustraducatur, vgl. Quint. IV 1, 44 5t causa täbo-
rabimus, persona sübveniat^ si persona^ causa, oder man drückt selbst
seinen abscheu aus über den fall, man sympathisiert in der beur-
teilung desselben ganz mit den gegnem ; aber — und das ist die
bauptsache — man steigert und vergröszert deren darstellungen des
gegenwärtigen falles, dann kann man wie mit 6inem schlage mit der
überraschenden behauptung hervortreten : nihü simüe a nobis factum^
und dafür dann auch im folgenden den beweis antreten, in dem nihU
simüe liegt nach meinem dafürhalten doch nur der sinn : das was
unsere gegner uns schuld geben haben wir überhaupt nicht gethan ;
auf einen vergleich der ähnlichkeit oder Verschiedenheit kommt es
hier gar nicht an, sondern mit einer kühnen behauptung wird rund-
weg und entschieden erklärt: das was unsere gegner sagen, deren
behauptungen und darstellungen man natürlich übertreiben musc,
haben wir nicht gethan. dann ist der fall, auf den ja hier alles an-
kommt, insinuiert, dh. eingeführt, wir meinen also : der vom Ver-
teidiger selbst geäuszerten indignation über den fall, der darstellung
desselben als eines jedes sittliche gefOhl empörenden Vorganges, den
mit Übertreibung geschilderten behauptungen des gegners musz so-
fort (nicht pedetemptim) der satz und der daran sich an-
schlieszende beweis entgegengehalten werden: nihü simile a nobis
factum, es scheint mir dasselbe was Cic. de inv. I 17, 24 sagt: si
causae turpitudo contrahü offensianem^ auipro eo homine in quo offen-
ditur aiium hominem qui Migitur interponi oportet^ a¥lt pro re in qua
offendüwr aliom rem quae probaiwr. und das kann doch nur in der
von Comif. angegebenen weise dadurch geschehen, dasz man dem von
dem gegner entworfenen möglichst schwarz geschilderten bilde von
828 ABttmer : anz. v. CHoffinann de verborum tranapOBit. ftp. Coniifichun.
einer person oder saohe das gegenbild in lichterer üarbenzeichniing
gegenttberbält. femer will mir auch bei der von H. yoi^geachlage-
nen Umstellung die einfache und nackte lünstellung des satases cMt
aUqfwnun iadicmm de smUi catMa aut de eadem aüt de mnort out
de maioreproferemus nicht einleuchten* bei diesem satse, wo von der
ähnlichkeit des falles die rede ist, kann man unmöglich die werte
et ^müiiudinem conferemus missen.
In dieser oder ähnlicher weise wird man sich die werte zurecht-
legen müssen, und dann ist auch ihre Stellung ohne anstosx. dagegen
wundere ich mich dasz man bisher eine stelle aus demselben cq>.
ohne anstosz gelesen hat. über die anwendung der insimuUio nem-
lieh heiszt es: aut cum turpem causam hdbemtAS, hoc est cum ipsa
res animum auditorisanohisalienat; aut cum ammus audi-
toris perauasus esse vidäurab üs qui ante contra dixeruni^ aut cum
defessus est eos audiendo qui ante dixerunt. ich finde hier die werte
hoc est cum ipsa res ..a nobis alienat in dieser aufzfthlung auffallend,
man erwartet sie sicher nicht hier, sondern an einer andern stelle.
wie es nemlich im folgenden heiszt: sipersuasus audäor fuerüy id est
si oratio adversariorum fecerii fidem auditoribus^ so erwartet man die
Worte auch da wo er zur ausführung der einzelnen fälle übergebt,
also: si causa turpüudinem habebit^ hoc est cum ipsa res animum
auditoris a nobis alienat^ exordm poterimus JUs rationibus.
Zu den schwierigsten stellen des ganzen ersten buches gehört
unstreitig I 10, 17 über die causarum divisio. sie lautet in Eaysers
texte: causarum divisio in duas partes distributa est: primum
re narr ata debemus aperire, quid nobis conveniat cum aäpersarüSy
quid in controversia sU; si ea, quae uiüia nobis erunt^ convesMiU^ hoc
modo: Hnterfectam esse ab Oreste matrem covwemt mM enm ad-
versariis; iurene fecerü et licuerüne facere^ idestin controversia,* item
e contrario: ^Agamemnonem esse a Qytaemestra oocisum oonfiUnim;
cum id tta sU^ me utdsd parentem negant oportuisse.* Hofimann,
der so wenig wie ich mit Kaysers erklärungsversnch dieser schwie-
rigen stelle einverstanden ist, hat dieselbe s. 30 ff. eingehend mit
dem resultate behandelt, dasz die beiden hier angeführten beispiele
zu versetzen seien und zwar in folgender weise : si eo, quae ulüia
nobis eruni^ convenientf hoc modo : Ägamemnonem . . negani oportmsse.
item e contrario: inierfectam esse ab Oreste maJtrem . . et Ucu€riint
facerey id est in controversia. allein damit sind die Schwierigkeiten
nicht gehoben, so ist mir zunächst vollständig unklar und nn?er-
ständlich die construction der werte ^ ea, quae uiüüa nobis erunty
convenienty hoc modo, müssen wir dazu aus dem vorausgehenden
debemus aperire ergänzen? das scheint mir sachlich und spradilich
unmöglich : denn bei hoc modo findet sich in der r^gel bei Comif.
noch ein eignes verbum, oder er führt das beispiel ohne da« man
dazu noch etwas zu ergänzen hätte, in nicht missuvergtehender weise
ein. das ist hier nicht der fall , und darum hat wol Orelli nach dem
Vorgang früherer die stelle so gelesen : quid nobis conveniat cum ad-
ABömer: ans. y.CHoffmann de verbonim transposit. ap. Cornificinm. 829
veraams^ d aiea^ quae tUUia nobis erunty oonvementj quid in coniro-
venia rdmgwtkir, hoc modo, allein die werte quid nobis convemat
cum adversarüSy quid in controversia ait gehören doch so eng zu-
sammen, dasz man sie schwerlich in der angegebenen weise trennen
darf. wSre das 5» «a quae utüia nobis eruni oonvenient überhaupt
yerständlich, dann wäre es wol am einfachsten nach sU das si zu
streichen und die stelle so zu geben: ea quae uHHa ncbis eruni con-
venieni hoc modo, allein mir scheint der zusatz nicht ohne bedenken,
nach der früher über die divisio gegebenen definition 1 3, 4 per quam
aperimus quid convemat^ quid in controversia sü erwartet man hier
doch kaum etwas anderes als die erklSrung derselben durch bei-
spiele. wenn wir also heute in unserm texte Ittsen: re narrala debe-
mus aperire^ quid nobis conveniat cum adoersarüs^ quid in contro-
versia sUy hoc modo: interfedam esse ab Oreste matrem convenit
mihi cum adversariis; iurene fecervt et Ucueriitne facere^ id est
in controversia: dann wftre alles klar und verständlich; femer
erwartet man, wenn der zusatz si ea quae tdiUa nobis erunt convenieni
richtig sein soll, nach der bei ihm beliebten genauigkeit und ans-
fährlichkeit im folgenden : ea quae nobis obsuni in coniroversia eruni^
hoc modo: iurene fecerü et Ucueritne facere, id esiin controversia. es
widerstreitet femer auch ganz dem Charakter unserer schrift, dasz
eine so wichtige bestimmung, wie sie doch das siea . . convenient
unzweifelhaft enthalten sollte, hier iy irap^pT«)! gegeben wäre, so
dasz man sich darunter gar nichts denken kann, streicht man da-
gegen den zusatz, so ist alles klar und verständlich, dagegen sach-
lich wie sprachlich anstöszig und kaum hierher gehörig ist das fol-
gende: item e contrario: Agamemnonem esse a Qytaemestra occisum
oof^entuT] cum id ita sity me ülcisci parentem negant oportuisse.
der bei Coraif. ungewöhnliche Wechsel im ansdruck confitentur, fer*
ner das me . . negant qportuisse unterliegen den gerechtesten be-
denken, sachlich ist das beispiel deswegen anstöszig, weil es von
dem vorhergehenden gar nicht verschieden ist die tendenz des
Verfassers geht doch unzweifelhaft dahin, die divisio an dem bei-
spiele vom processe des Orestes zu erläutern: das ist im vorausgehen-
den geschehen, und darum finde ich das folgende beispiel ganz iden-
tisch mit dem vorhergehenden: denn ist die hier gegebene ausfüh-
rung etwa davon verschieden ? dem interfedam esse ab Oreste matrem
convenit mihi cum adversariis entspricht im folgenden Ägamemnonem
esse a Clytaemestra occisum convenit mihi cum adoersairüSy dem iurene
feeerH d licueritne facere^ idedin controversia entspricht hcueritne
Oresti parentem üldsciy idedin controversia^ wofür dann die unge-
hörige ausdrucksweise eingetreten ist: me ülcisci parentem negant
oportuisse, mit der art, wie man die stelle des Comificius gewöhn-
lich interpretiert, kann ich mich nicht einverstanden erklären, man
sagt: interfedam esse ah Oreste matrem: dies von dem defensor zu-
gestanden ist ein utHe für den accusator\ Ägamemnonem esse a (%-
taemedra occisum: dies vom aoousator zugestanden ist ein utHe fOr
830 ARömer : anz. v. CHofi&nann de Terborum trauBpoeit. ap. Cornificium«
den defensor, allein da müsten die worte doch ganz anders lauten
und auch eine ganz andere Stellung haben: ea quae tdüia nobis
erunt convenient; hoc modo: inUrfectam esse ab Oreste matrem oon-
venu mihi cum adversariis. item e contrario: Ägamemnonem esse a
Clytaemestra occisum convenU mihi cum adversariis. eine solche
oder ähnliche Stellung müsten doch sicherlich die worte haben, ganx
abgesehen davon dasz man an der vagen allgemeinheit des aus-
druckes ea quae utilia nobis erunt keinen^anstosz nehmen will, un-
zweifelhaft richtig und verständlich ist die von Cic. de ino. I 31 ge-
geben» ausfuhrung: quae partUio quid conveniat aut quid non con-
veniat ostendit^ haec debet iüiAdy quod convenity inclinare ad suae
causae commodumj hoc modo: interfedammairem esse afiUoeon-
venit mihi cum adversarOs. item contra: interfectum esse a Clytae-
mestra Ägamemnonem convenU. dazu gibt er dann im folgenden die
ganz richtige erklärung: nam hie uterque et idposuUy quod conveme^
baty et tarnen stMC causae commodo consuiuit. das heiszt doch wol:
wie der defensor des Orestes zugesteht dasz der söhn seine matter
getötet, so musz er auch sofort dem accusator des Orestes das Zuge-
ständnis abnötigen, dasz Eüjtaimnestra den Agamemnon getötet hat.
dies ist das inclinare ad suae causae commodum^ das in dem ea quae
tUtUa nobis erunt nur schwach und unklar wiedergegeben ist. darum
scheinen mir auch diese worte sowie das ganze folgende sprachlich
so anstöszige beispiel nicht von Comificius, zu dessen hauptvorztlgen
ju bekanntlich verständliche klarheit gehört, ausgegangen zu sein,
sondern einem interpolator anzugehören, der dabei die stelle aus
Cicero, noch mehr aber die von Comif. I 16, 26 gegebene ansfüh-
rung vor äugen gehabt zu haben scheint, meines wissens findet sieh
eine solche bestimmung über die divisio nur bei Cicero; Quintilian
wenigstens, der die partitio ausführlich behandelt IV 5^ 1 — 28,
spricht auch nicht mit einem worte darüber.
Eine unzweifelhafte interpolation hat man bei Comif. über-
sehen 1 4, 5 : honestum causae genus putatur, cum aut id defendiwms^
quod ab omnibus defendendum indetur^ aut id oppugnamus^ quod ab
Omnibus videtur oppugnari debere, utpro viro forti contrapari-
cid am. die letzten worte ut pro viro • . paricidam gehören nicht
hierher. Einmal ist die construction ungehörig: man mag die worte
drehen und wenden wie man will, sie mit oder ohne komma schrei-
ben, sie fügen sich nicht ohne anstosz an das vorhergehende; sodann
gibt Comif. hier nur definitionen und sämtliche ohne beispiele; wa-
mm sollte femer der schriftsteiler gerade zu der einleachtendÄtent
klarsten und verständlichsten seiner definitionen ein beispiel gesetzt
haben, während wir viel eher ein solches erwarten beim dubvim und
humüe genus? die anstOszigen worte sind die randbemerkung eines
abschreibers , die dann später in ungehöriger weise in den text ge-
kommen ist
Ganz einverstanden musz ich mich erklären mit der zuück-
Weisung von Weidners ansieht über die entstehungszeit von Ciceros
AROmer : anz. y. CHoffinann de yerbomm transposit. ap. Comificium. 831
bflchem de inventiane und der rhetorik an Herennius 8. 8 ff., was
hauptsächlich gegen diese zuerst Ton Bnrman geäuszerte ansieht
spricht ist von H. s. 10 schlagend hervorgehoben, aber noch eine
andere behauptung, die mehr die sache selbst betrifft, hat mich bei
Weidner überrascht, 'gegenüber dem nur zu wahren urteile Spengels
über den Verfasser der bücher de invefUiane (rh. mus. XVIII s. 495)
^derselbe glaubt es immer anders und besser machen zu müssen
(als Comificius) , macht es aber gewöhnlich schlechter' spricht sich
Weidner s. IV anm. 8 dahin aus: 'omnino diligenti quodam philo-
sophiae studio Ciceronis ars differt a Comificii ratione/ allein wie es
mir scheinen will, hat ihn das ^diligens philosophia^ Studium' nicht
▼or misyerstftndnissen und Ungeschicklichkeiten geschützt, dafür nur
zwei beispiele. über die Wahrscheinlichkeit der narraHo spricht
Comificius I 9^ 16 veri simüis narrcUio erii, $i ut mos, ut opinio^ ut
natura pastutat dicemus. das gibt nun Cicero wieder 129: si res ä
ad eorum qui agent naturam et ad vuHgi morem et ad eorum qui
audietU opinionem adcammodäbUur. allein das ist klar, dasz er
die Vorschrift des Comif. gar nicht verstanden hat: denn das wort
natura in der Zusammenstellung mit mas^ apinio hat offenbar einen
ganz andern und allgemeinem sinn. Quintilian hat es richtig wie-
dergegeben IV 2, 52 ne quid naturae dkamus adversum^ und er meint
damit, die narratio darf keine momente enthalten, die verstoszen
gegen die ewigen und anwandelbaren gesetze, wie sie in der natur
bevschen. Cicero hat aber im Übel angebrachten verbessemngs-
eifer die sache zu sehr beschrttnkt: wenn man nemlich zu mos und
opmio etwas anhängen darf, so ist es nur Aomimim, und dazu
tritt dann als das letzte, wichtigste und allgemeinste natura, die
narratio darf also nicht widersprechen mori^ opinioni hominum^
am allerwenigsten aber naturae. der Vorschrift, wie sie Cicero for-
muliert hat| wird Comif. daselbst gerecht mit den werten jper^cmo-
rum dignitaies^ womit die folgende ausführang stimmt: ne refdli
passit (sc narratio) . . aut homines ipsos facere aut pati non potuisse.
Ich wüste aber zur bestfttigung von Spengels urteil keinen
bcUagendem beweis aufzubringen als das beispiel welches Cicero II
51, 153 für die constitutio legitima ex scripta et ex sententia gegeben
hat. man vergleiche dasselbe mit der einfachen , ungesucht klaren
auseinandersetzung, welche Comif. IT 11, 19 uns darbietet, mit
welch schülerhaftem Ungeschick ist das von Cicero geändert wor-
den ! da sehen wir doch wol klar und deutlich , wie er in dem be-
müheUy den von seiner vorläge gebotenen fall recht fein zuzuspitzen
und ihn dadurch noch complicierter zu machen, eine Ungeschicklich-
keit immer grüszer als die andere begeht, wenn man solche und
ähnliche fälle sich vor äugen hält, so kann man über die art der
entetehung beider werke nicht im mindesten in zweifei sein, zu-
gleich wird man aber wieder inne, welchen schätz wir an dem klar
und durchsichtig gearbeiteten handbuch des Comificius besitzen*
freilich erfordert dasselbe ein angestrengtes, hingebendes Studium,
832 OErdmann: zu StatioB Thebais [IV 94].
aber wer auf ein solches gestützt das jugendwerk Ciceros damit
vergleicht, dem wird es unschwer gelingen an manchen stellea zu
zeigen und andere zu überzeugen quid disteni aera Jupinis,
München. Adolf Bömse.
114.
ZU STATIÜS THEBAIS.
In der Schilderung der gegen Theben sich warnenden und ihre
scharen versan^nelnden beiden bei Statins lesen die neueren bgg.
Theh. IV 94 patriae ckt agmina gmtis fidmineus Tydem^ iam Ick^ns
et integer artus, eine Variante ist nicht angegeben, auch die leaart
sonst nicht bemängelt, anstosz aber erregt integer artus. fi«ilich
wird man bemerken, dasz die stelle auch sonst etwas nachlftsaig ge-
arbeitet ist, besonders dasz das nachfolgende gleichnis sdilecht ge-
wählt oder wenigstens schief ist: der jugendkräftige Tydeus ver-
glichen mit der aus dem Winterschlaf erwachten, durch häutung neu
gestärkten schlänge, aber deswegen darf man sich den anstosz in
artus nicht gefallen lassen, denn der ist entschieden voriiandoi.
erstens weil artus fast nur im plural vorkommt, wie bei Homer
Tuiot, und weil gerade hier der plural durch den sinn verlangt wird;
auch die beiden einzigen stellen, wo artus im singulär vorkommt,
Yal. Fl. IV 310 qua primo cervix contmittüur artu^ und Lucan^VI
754 tunc amnis palpitat artuSy können den singulär für unsere steile
nicht rechtfertigen, wollte man aber femer auch zugeben dasz offMS
wie öfter im sinne von tnembra gebraucht sei, so ist doch der aus-
druck zweitens zu allgemein und darum zu schwach: denn es handelt
sich hier nicht allein um körperkrafL eben dieses und dazu die bei
Statins sehr häufige Verbindung der adjectiva mit genetiv scheint
mir gegen die auffassung von artus als acc. plur. zu sprechen« die
Verbesserung erscheint leicht: zunächst liegt artis 'kriegskuade,
Übung'; doch scheint auch dieser ausdruck nicht kräftig genug,
dann wäre mit beziehung auf das attribut der schlänge im gleich-
nis {Über senio et squalmtibus annis exutus) an aevi zu denken,
welches die dichter oft bei integer haben (Verg. Aen. IX 255. Ov.
met. IX 441. Statins ^t;. V 2, 63. Theh. U 638). doch mSchte ich
noch lieber ausi vorschlagen, mit beziehung auf die bekannte beiden-
that des Tydeus gegen die ihn aus dem hinterhalt überfallMiden The-
baner (D. € 384 ff. uö.). auch Statins schildert dies ausführlich 11
480 — 742, so dasz eine Zurückweisung darauf nicht nur ganz natfir*
lieh ist, sondern auch den heldenmut des Tjdens am kräftigsten
hervorhebt, der genetivns relationis findet sich recht oft in eansaler
bedeutung, so auch hier: *dnrch seine heldenthat fühlte sich l^dens
kräftig.' ähnlich SiUus XIU 214 {Vtrrius) iurbidus ausi imeauto fer-
vore eruperat.
Stendal. Otto EnDiiAini.
AStrelits: emendationes Petronii aatiraram. 883
(88.)
EMENDATIONES PETRONII SATIBAEUM.
(vide supra p. 629—634.)
c. 38. Garrolus conviva, ex quo Encolpios de mnliere Tri-
malchionis seisdiatos erat, non in hac fabola consistit, sed de fami-
lia, de divitiis domini cenae uno tenore confabalatns postremo ad
coalibertiim Trimalchionis modo inopem, sed thesaoro invento divi-
tem ÜMtnm delabitnr. sie pergit: ego nemni invideo^ si quid deus
dedä, est tarnen suib älapa et non vuU 9ihi male, cam de libertino
senno sit, fieri non potest quin de alapa symbolo manamissionis vin*
diota factae oogitemaB. notus antem est locus Taciteus ann. XIII 27
quin et fmmumUtendi duas speäes instüutoB^ ut reUnquentur paeni-
tentiae amt novo beneficio locus: quoe vindictapatronus non liberaverit,
vdut vimetdo servituiis attineri. quem locom falso quidem Burmannus
sie ad nostmm adhibuit, ut libertum illom potuisse ad servitutem
reTOcari dioeret *, sed haec sane verbis est tarnen sub cHapa subest sen*
tentia, nondom plane ac rite illom manumissum i. e. nondum ciri-
tatem simul cum libertate adeptnm esse atque id ut sibi contingat
timere. id sibi velle elooutionem istam perspectum habebit, qui sub
aHapa i. q. sub imperio alapae esse viderit (cf. Horatii iUud adhuc
9ub iudAce Us est^ Liv. XXIV 26 sub aUena inviäia regnare^ Plancos
ap. Cic. epist. X 23, 2 sub mofHi, Lir. XLm 10 sub ktu esse^ Colom.
I 2 sub hoc metu) vel, ut rem ipsam symbolo substituam, sub imperio
dommi^ penes quem est manumissio. quam interpretationem elo-
eutionis proverbialis ne quis iusto violentiorem ezistimet non timeo,
sed concedo etiam de yeris plagis, quas parasiti patiebantur, oogitari
posse. atat vero de alapae oommemoratione statuis, oerte eondicio-
nem libertini minuit, atque ob id ipsum^ quomodo cum eis qnae se-
quuntnr sie ut eztant iungi possit, non yideo. hie enim sine dubio,
ut Temaoula lingua loquar^ sententiamm nexus est: 'das war früher
ein armer schlncker. aber nun soll er einen schätz gefunden haben
und anf einmal reich geworden sein, in gottes namen, ich beneide
ihn nicht, er ist ja doch von den launen seines patrons abhftngig.
dabei aber Ifezt er sich freilich nichts abgehen.' iam igitur con*
innctioni el locus nullns est: nam etsi quidem saepenumero eam vi
adyersatiTa indutam esse non ignoro, hie certe non ea est, ut vim
particolae tarnen, quominus aeqne ad posterius atque ad prius colon
ennntiati referri possit, prohibeat. itaque cum alterum ab altero
*, qni iustam ac legitimam mannmissionem non assecutl erant, re
ipsa quidem liberi fiebant, sed non ex iare Qairidam, neqae etiam in
civitatem perreniebant, sed lege lonia Norbaaa lata a. 778 Latini laniani
appellabantar: y. Beokeri antiq. Kom. II 1 p. 71. poterant antem qal
sola Tolnntate dominomm manumissi erant, denno vindieta manomitti,
neqne alind qoieqnam nisi eam iterationem spectat paetätentia loci
Tacitei: cf. Beckemm 1. L
iahrbOehtr fQr clatt. philoU 1873 hft. 11. 68
834 AStrelite: emendationes Feironii aatiraram.
ennnüato disinogi necesse sit, quo sentenüa quam modo ezporai
evadat, sie legendum censeo: est tarnen sub olopa, sed nan vhU sün
mfüe, cetenun iam non eget hie locus coniectnris, qnales Bunt
lacobsii vu^pecula, alius v. d. nescio cuius sub aüaga i. e. in* äXXatQ,
altera ut pleraeque lacobsii temeraria, altera certe otiosa et intellectu
band faoilior soriptora tradita.
c. 43. Incidit super cenam mentio de funere CfarysanÜiL quam
indignans PbileroB ubi yerbis vworum fManifimflMMintemipit, statim
ipse, quae fere est rudis ingenii inoonstantia, in molestam rem de-
fiectit orationem, cuius baec sunt extrema verba: et quot putas iBmn
afmos secum tüUsse? eepiuaginta et supra, sed oameoius fiiUy aetalem
bene ferebat^ niger tanquam oorvus, noveram kominem olim Morum
et a^uc salax erat, non meheroUles ühnn puto in domo camem rdi-
guisse. immo etiam pueHarius eratp omnis minervae komo. necm-
prdbo; hoc sdUim entm secuim tvHU. sunt qui nihil in sermon« ple-
beio reddendo Petronio non licuisse statnere videantur et qnidquid
infimo cttique homini forte in buocam veneritf illum ezpressisse sibi
persuadeant.. ego yero Buechelerum (p.Xpraefationis) secutns multo
praestantiorem scriptorem Petronium ezistimo, quam uttun bumilem
artem eum ezercuisse putem. boc autem loco tantum abest ut Petro-
nianum agnoscam oUm otiorum^ qnod Orellius (leotiones PetroniaDse,
Turici 1836, p. 5) praeter nummofwn nwmmos c. 37 Francogallonim
*^ la fin des fins' comparans tuebatur, vel oUm otimorynm, qood
Weblius p. 17 emendabat, ut omnino dici sie unquam potuisse n^gem,
cum similis flexionis ne apud comicos quidem scriptores exemplum
quod sciam extet nllum. '° iure igitur omnes fere docti locum cor*
rqptum esse iudicayerunt; aed quascunque ipsi effuderuntoonieotons,
yitium non sanarunt. nam ne de Terbis ab Oriolio mire eonfictis
oUmoUerum (L e. mulieres subodorantem) aut motimoUerwm (L e.
mulierum moUtorem) dicam, wemidierarwm etmti2ierQ8iMii8cheffeh
et Heinsii, sive moQMrem Antonii, motüorem Beiskiii odiosiMii lacobsii
respicis, nuUa ex illis coniecturis ea est, quin aut a codicis Tesiigüs
nimium recedat aut convenientia significationis aut certe nsu Hago^
latinae destituatur. neque eüam Buechelerus, cum verbum obecenam
salacitati adfine quaerendum duceret et de eoieonim nomine cogitaret,
invenit in quo acqaiesoeret. alia mihi insistenda videbatur ratio
emendandi loci, cum non inter se contraria esse adverbia olim et od-
hue^ sed idem tempus significare idque accnratius denotandum esse
mihi persuaderem. itaque oliorum falsa dittographia ortnm esse.
annorum autem adiecto numero longius provectam aetatem in*
dicante in genuina scriptura faisse suspicor, ut Chrysanthnm iam
senem novisse sese atque etiam tum iUum salacem fuisse Phileros
dicat
Verba omnis Minervae homo male Schefferus interpretatus est:
10 qood c. 68» ubi cod. H maii isto exhibet, Scheffenu asflif* i- «-
maximo a ^dXtCToc sospioabatur, ob eandem eaiuAis reicianHiui Mt «^
iure Baechelenis Manckeri recepit emendationem wuneHo.
AStrelitzs emendationes Petaponii satiraram. 886
'qni com qnavis virgine rem habere Bindet*, sine dubio yox miner*
vae (sie enim com Baechelero scribendnin est) eadem notione tra*
latieia qua pingui vel crassa ndnerva dicta est et referenda, ni fallor,
ad varias rei veneriae rationes sea fignraa. cf. c. 68 idem sutar est^
idem oocia^ idempistory omnis musae mancipntm.
c. 58. Hermeros, nnus ex conlibertis Trimalchionis, eum
Aseyltoii effose ridentem animadvertiseet eoque risn dominum euom
despectui haberi sensisset, convitia in enm cumnlat alind super aliud,
iam Oiton ipse qnoqne risum diu compressum effnndit, nee mora in
hunc Tel facerbioribus malediotis invebitur Hermeros« postremo ur-
gere eum stndet tribns propositis aenigmatis bis: ecee qui de nobis
*longe venio j lote venio. aokfeme.' dioam tibi, qui de fk)bi8 currü ei
de loco tum movetur; qui de nobis ereacU ei fmnor fit. cmris^ siupes,
aaiagiSy tanquam mus in matdla.* prioia yerba pessime olim sie
legebantnr : ecce qmdem nobis lange nemOf lote venio^ dum utrobique
vemo in codice exaratum esse compertum est et Buechelerus eüam
primo loco qui de ncbis restituit. quod autem puerorum nostratinm
de lana glomerata aenigma confert ^breit komm ich aufs dach, lang
wieder herunter: rathe mich', recte quidem söive nie interpretatur
▼erbis TemacuUs, söd ut eadem sentenüa in exilibns verbis Herme-
rotis sit, fieri qui potest? de hoc aenigmate quid ego sentiam, dicam
postquam de extremis yerbis egero, in quibus curris sanum non esse
Buechelerus cognovit. nee tamen ipsi ut verum iuTeniret oontigit.
nam quod dubitanter muttis vel mmurris conieoit, quid huie loco cum
voce avicularum ? neque etiam muUis minus longe a codicis scriptura
recedit quam fMuni», quod nesdo an hano ipsam ob causam legendum
non proposuerit, cum ceteroquin illud verbum murium vocem deno-
tans ad sententiam bene quadret. missis igitur bis coniecturis vide
ne forte cucurris Petronius scripserit, ut risus efirenatus atque in-
decens Oitonis cum sono galli gallinaoei comparetur. qua in com«
paratione per se non inepta eo minus offsndes, si in paronomasia,
quae inter verba currit et cuewrris intercedit, aenigmatis alterius
acuraen consistere posse videris. nempe enim cucurrit Giton et de
loco non movetur. quod autem idem cresoere et minor fieri dicitur,
nam de Oitone omnia dicta esse consentaneum censeo, id ipsum quo-
que illa comparatione explicari velim. nam cum ingentem risum
adit ac nimium se effert, inflat se tanquam gallus cnoorriens, simul
autem, quod ambages propositas solvere non potest neque habet
quod contra dicat vel faciat, obstnpefactus instar muris in matella
satagentls hominem nullius acuminis et abieoti animi se praebet ita-
que cresdt ei mwior fit. primum autem aenigma fortasse hoo sensu
in Gitonem dictum est, longe lateque eum peregrinari (cf. c. 57
larifuga nescio quis nodumuSj quae quidem verba de Ascylto dicta
simul nimirum de Gitone valent) et quomodo angustüs se solvat
nescire. in bis ambiguis explicandis post sagaciorum virorum irritos
labores mihi omnia prospere successisse non ausim affirmare, sed
satis habeo, si aliquid veri in eis quae exposui inesse conoedatur.
68 •
836 AStrelitz: emendationes Petronii saürarnm.
unain addere Übet, quod emendationi • et interpretationi meae non
nihil momenti afferre yideatar. parem enim atqne Hermeros mea
sententia in Gitonem ingessit cavülationem Trimalchio initio capitia
sequentis illi ipsi reddit, cum dicit: et tu cum esses oapOy eoeoooeo
(i. e. fadehas) , atque cor non häbebas, cui tarnen sententiae propter
caponis nomen galli loco positcun obsceni nesdo quid inspersnm est
c. 72. Mentione testamenti mortisqne facta flere ooeperat Tri-
malchio ac tota cum eo &milia, tanquam in f onus rogata, cum luctom
discnssit oohortatio Trimalchionis, ut vivere meminissent et balnea
peterent. tnm Encolpios respioiens ad Ascylton ^quid cogüas?' in-
qcdt *ego enim si videro hälnewn^ statim es^rabo.* 'assentenmr' aü
iUe ^et dum Uli hälneum petunt, nos in turha exeamus.* haec com
legerem neque coiqnam offensioni fnisse viderem , nisi quod in mar-
gine codicis dt. absevdemufr esset, tox Petronii aetate inandita atqne
etiam tribus Tel qnattuor saecnlis post et genere et notione diversa,
mirabar et emendabam assectemur. nam posteaquam Habinnas
Trimalohionem et illom ceteri convivae snbsequi coepenmt, iam
Ascylti sociommque eins non erat assentari, sed id agebatur, ntrom
ipsi quoque layatom irent an fagerent. eandem coniectnram com
editionem minorem Bnecheleri nactns ab hoc in ipsnm contextam
verborom reoeptom cognoseerem, gaadebam simnlqne hnnc cam yiro
de Petronii reliquiis meritissimo consensnm non reticenti mihi veniam
fore sperabam.
c. 80. Alio ex loco, qni nbi fuerit ne snspicari qnidem licet, hnc
delati snnt versus hi quattuor:
grex agU in seaena mtmum: pater Ule vocatufy
fiUus hiCy nomen diviOa Ute tenet.
mox ubi ridendas inctusU pagina partes^
Vera redU fades ^ adsimulata^^ perit,
de sententia controversia nulla est, sed cum Buechelero in voce
pagina haereo. quam etiamsi ad Martialis epigr. 1 5 lasckfa est nebis
pagina, vita proba maxime respiciens fabulam ipsam yalere statoas,
tamen ne fabula qnidem ridendas indudere partes dici potest eo quo
hie opus est sensu, dico post actam fabulam. quam sententiam ne
Buechelerus quidem asseoutns esse mihi videtur, cum maekina ooni-
ceret et pegma scaenicum esse vellet. cogitavit, ni faUor, vir doctiKi-
mus de personis, figmentis, vestimentis exuüs et indusis, sed hnic
usui non pegma vel alia machina scaenica, sed armariom inwrvit.
quid antem üpergula, emendationem videlicet facillimam, legaaV
optima enim iam evadit sententia, comoedum pauperem, ubi de
scaena domum redierit in pergulam euam , veram redpere fadem,
de pergula cf. c. 74 sed hie^ qui in pergvHa natus est^ aedes non
semniatur. "
*' dissimuleUa in cbdd. adtinadalOj Doozae conieetaram, in ed. min.
Baechelems so« emendatione dum sitmdaia matavlt. ^* omitit haac
locttm Marqnardtiiu antiq. Rom. V I p. 93, ubi de illa voce agit.
AStrelitz: emendationeB Petronii satiranmi. 837
c. 82* Etiam qni sequimtiir versas falso nunc exhibentur looo.
Vincentius Beloacensis (apec. hist. XXI 25) secondum ordinem,
quem in ezcerpendia sententüs adhibait, inter o. 20 et 34 eos legit.
non bibit niier aquasponui autpendcfiüa carpü
TanUHus mfdix^ quem sua voiaprenrnnt.
dkntis haec magni fades erü^ amnia cemens
qui tenet et sicco concoquU are famem.
facile Bueohelero assentior bis versibus mediocre aliqaod ingenium
in deperdita quam indioavi saüranun parte lusisse, tarnen toI boc in-
feriora duco verba divüis magm cum per se languidissima tum boc loco
inepta. neqne enim magm diMtis speciem praebent Tantali GraciatoBy
sed eins qni divitiarmn usu fallitor. cui sententiae optime satis fieri
pnto, si mecom legas dwiiis haec vani fades erU* cf. Tac. bist, n 22
ne irrisus ac vatnus isdem castris assideret^ Verg. Aen. X 631 a/iU ego
veri vana feror, Silii Ital. Xu 261 nee forsan voii vanus foret.
Geterum non unum boc vitium traxere yersus qnos adsoripsi.
nam ut de priore disticbo taceam , qnod qnomodo traditum ac tan-
tatam sit, vide apud Bnecbelemm, in altero certe omnia cemens non
recte se babet; Folgentü (mytb. U 18) amnia late non ex codice, sed
ex ipsios ingenio fioxisse Tidetnr; yemm fortasse vidit Bnechelemfi,
com in ed. min. drcum emendaret. etiam in versa sequenti Codices
cormptam exbibent vocem iimet, veram Vincentios, florileginm Pari-
sinnm et b. 1. Fulgentins quoque landatus in margine L.
c. 89. In yersibos inflato eodemqne bamillimo Eomolpi ingenio
dignis, quibns illom in pinacotbeoa Troiae balosin pictam explanan-
tem facit Petronins, y. 10 ferri neqnit sie nt yulgo legitur:
st^pani graves
egui recessus Danai ä in wAo lateni.
neqne elisio Danai et^ de qua y. Lucianum Muellerum de re metrica
poet. lat. p. 288, neque elocutio m voto latent recte se babet. bac ser»
yata iUam yitayit Scaliger, cum suum sine dubio b. L secutus in*
genium in codice Leidensi exararet Danai recessus^ tu suo voto latent.
quibuscnm Scaliger ceteroquin maxime conspirat, editiones Pitboei
et Tomaesii (p t) solae versum plenum sie ut supra adscripsi ex-
bibent, libri manu scripti omnes primo pede mutilum. cuius emen*
dandi xectam utique yiam monstrayit Scaliger, sed neque ipsius
emendationem plane sequi debebat Buecbelerus, quod in ed. min.
fedt, neque cum in ed. maL praef. p. XL VI tentaret Danai recessus et
in equo Udo latent , nimium a Scaligero simul et a ceteris libris dis-»
eedere.^' mibi quidem acquiesci posse yidetnr in yersu sie redinte-
grato: Danai recessus et in equo voto latent: ut enim voto retineam,
qua in yoce cum equo iuncta non video cur offendamus, movent me
etiam yerba Yergilii Aen. 11 17 votum (i. e. equum) pro reditu
^* primo Baeehelenxs yocem ferro additam in complaribus libris
ante eaesi v. 4 hne reTOcandam oensoit, sed ex glossa eam irrepsisse,
qnod iam Sambacns cognoTit, staiaendom Tidetnr.
838 AStrelitz: emendationes Petronii satiraram.
lanty qaae aeqae ac totam ezcidii Troiae descriptionem Yergilii
respezisse Emnolpam non est quod dicam.
c. 93. Eumolpus ab iis qni in portico spatiabantur solitam pro
versibus de Troiae halosi recitatis graüam cepit banc, at lapidum
ictibns fügere cogeretur. tum ne Encolpion quoque in se efferaret,
toto die ariem suam aliis molestam , ipsi damnosam sese intermissu-
rom promisit. cum tarnen itenun versus funderet, acerbis ac mi-
nacibus verbis ab illo obrutus est, sed a Gitone defensua. sieme
(i. e. Eficolpum) loquentem obturgavü OHon^ mUissimus puer^ et
negavü rede facerej quod seniari conviHarer . . fmdtague aUa mode*
ratianis verecundiaeque verba^ quae farmam ems egregie deoebant.
inter baec verba et quae statim initio capitis sequentis leguntnr ^o
fdioem' inguU (i. e. Eumolpus) ^matrem iuam^ quae te taiempeperü*
ezcidisse quaedam asteriscis interpositis indicant Lpt, et certe qoi-
dem, ut lacobsios adnotavit, desunt panca *quib\is Eumolpnm Oitonis
bumanitate delectatum fuisse' dictum erat, mibi vero hoc quoque
offensioni est, quod, cum paulo post Eumolpus sie Gitonem suayiter
alloqui pergat: üa^ ne puies te tot verba perdidisse^ amatorem tu-
venisH, nunc non extant illa Gitonis verba oratione quam dicont
recta, qua etiam Encolpion loquentem facit Petronius, sed eomm
loco auctoris narratio supra adscripta, ad quam dictum illud Eumolpi
minus apte refertur. quem igitur Buechelerus praef. p. XXXVI boii
nunquam Petronii satiras decurtasse dicit epitomatorem et ego quo-
que c. 31 (v. supra p. 631) investigasse mihi videor, eundem hoc
loco Gitonis orationem, qua poetam senem defenderit, contraxiase et
obliquam reddidisse suspicor.
c. 97. Ascjltos cum praecone fugiüvum Gitonem quaerens ac-
cedit, quod ubi intellezit Encolpios, qui puerum in sna cella tenebat,
imperavit Gitoni ut raptim gräbaium suburet afmeöUrtique pedes ei
manus instüis, quibus sponda culdtain ferebat^ acsieut oUm VUxes
pro ariete adhaesissei, extenius infra grabatum scnäanHum duderei
numus. scripturae utique corruptae pro ariete irritus eztitit vindez
Orellius hac interpretatione : 'arieti ita adhaesisset, ut ipse pro parte
eins habitns evaderet.' Heinsium utero arietis coniecisae tradit
Bofichius, sed vehementer hoc loco erravit vir inlustria, cum de ariete
Uterus dici nequeat ipse Boschius tanquam codicis scripturam
in ariete^ sed commentidus liber est. Munckeri emendatio tmo
nee si palaeographicam quam dicunt artem spectas facilis et gramma-
ticae ratione habita falsa est. rectam sine dubio viam ingzeasos
Buechelerus in ed. mai. sie textum constituit: pro • • . airidi ad-^
haesieset, sed quae lacunae ezplendae causa adnotavit pro Mduie aut
procero aut pro sarcina non placent neque ipsi puto poatea probata
sunt, cum in ed. min. praepropere sane hanc suam reciperet coa*
iecturam Cydopis orieH. equidem, cum intercidisse aliquid poat pro
sjUabam statuendum videatur, pro^fugusy vel pro(mpte} malim,
neque etiam morer si quis olim pro(ynde^ post adhaesissei ftiiaee
coniciat.
ASfarelits: emendationes Petronii satiraraxii. 839
Yixdom Oiton se abdiderat, com Ascyltos comitante praecone
ad cellam venit et oppessnlatas fores efifrüigi iii88it tgo ad gemta
Aseißli procubui et per fnemoriam €nnicUiae perq^ne societatem mtsena-
rum petn^ id saUem astenderei frairem, ad eztrema verba Scioppios
adnotavit: *i. e. nt se gereret erga me tanqnam fratrem, non tan-
qnam inimicnm.' quam sententiam miror Burmaimain suam fecisse
neqne alittm quemqnam qnod sciam ei oblocutnm esse, nam fakissi-
mam esae, ne de elocutione insolenti dicam, et ipsa vox saUem argu-
mento est et qnae illi supplicationi statim adiungit Eneolpios mmo
ui fidem haberent fictaepreces^ *scio U^ inquam ^AseyUe^ ad ocäden-
dum me venisse . • Uaque . . funde sangtnnem^ quem süb praetextu
quaesiumis peHstu* nimiram verbnin astendere propria notione (cf.
de eadem re cp. seq. 8% posses perdUum [i. e. Qitonem\ astendere)
dictum et sententia perlucida haec est: Oitonem, fratrem (i. e. pueram
meretrioolom, cf. c. 80) et ipsius et £ncolpii, a se quoque quaeri
Ascyltos callide simulat, quo sospitionem a se removeat.
c. 100. Primo hoc loco satirarum Lichas et Tryphaena nobis
occurrant, qaorom qaae et inter se et com Enoolpio atqne Gitone
faerit ratio, cum nondam satis constare videatnr, paacis adümbrare
ittvat. Asejlto igitur deserto, quod c. 97 legimus, et eins in locum
socio adsompto Eumolpo poeta Eneolpios et Giton ubi navem oon-
soendemnt, incidisse se in veteres inimicos inteUegunt, Licham,
navigii dominum, et Tryphaenam, quam non nxorem illins esse, ut
ante Buechelemm^^ plerique statuisse videntur, sed meretriculam
vciUipUttis causa hue atque ülue veäaniem (c. 101) neminem fugiet. '^
quorum utrique aliquando Eneolpios et Giton funiliaritate, turpi
sciücet, coniuncti erant (c. 107), sed libidine ezhausti fugerant neo
sine illorum contumelia et damno : nam Lichae uzor corrnpta (c. 106),
ab Encolpio yidelioet, Tryphaena GKtone, ni fallor, auctore damnata
(c. 108) et eadem de causa, quae qualis fuerit suspicari licet ex
c. 106 extr.'% relegata (c. lÖO eztr. gui, i. e. lAduis^ I^rffpkaenam
exulem Tarenium ferat)^ navigium Ubidinosa migraUone (i. e. in qua
Lichae uxorem raptam Eneolpios fugae comitem habebat) eaDpüatum
(c. 118), qnod num idem fuerit atque illud unde vestem diivinam
sistrumque (c. 114) surri]|tterant, i. e. Isidis sacrum, valde dubito.
c. 104 Licbam et Tryphaenam somnia secum commnnicantea facit
Petroniua admodum similia, et illi quidem Priapus secundum quietem
dieere videbatur, Encolpion in ipsius navigium deductum esse, huio
Neptunus, Gitonem in eodem cum ea esse navigio. ad hunc locum
sine dubio spectat, quod deprehensis fngitivis c. 106 Lichas dicit im*
** nam ille qaidem e. 113 faUam scriptnram ediJe perquam bene
mutavit in Hedyle^ qnod Llohae nzori nomen fiiisse valt. '^ praetor
ipsom nom^n a graeco tpiKpAv petitum cf. ex. gr. o. 104. 106. 118.
<* in illis verbis neo se mintu grandi vewaiam iniuria quam Lieham,
emus pudorU dtgniia» in contione proeeripta tii sine dabio cittMt ad Try-
phaenam referendmn est, pHdorü aatem tanqnam glostema indncere
qnam cnm Bnechelero pudor et älgttU&e emendare maUm.
840 AStrelitz: emendationes Petronii eatiraram.
pradentes noxios a dis in navigium suum inductos esse et simol quid
fecisseiit, eos admonuisse pari somniorum consensu. nulla aatem de
liao altera re c. 104 mentio est, itaque quin ibi interoiderit fieri non
posse ezisümo. sed verba c ICK), quae statim adscribam, num priora
continuo exceperint , quo iure vel qua de causa Buecheleroe dnbita-
Terit , oapere non possum. postquam somniim mentiri se coepisse
£ncolpios narravit, sie pergit: sed rq[tenie quasi desiruetUe farhma
con^fUiam meam eiusmodi vox supra consircUum puppis cani^etnmt:
*ergo ms derisU?* et haec quidem virüis (i. e. Lkhae) äpaene atm^ms
meis famtUaris animtim palpUantem percitssü. ceterum eadem in-
dignatUme muUer lacerata tdterius exccmduü et *^ quis deus manSlms
nisis* inquU *GHtona imponerei^ quam hene eaouiem exc^perem.* optime
quidem haec verba prioribus continuari mihi videntur, sed non omni
carere vitio. nam cum fugitivus Giton exul appellari nequeat, Tly-
phaenam autem Oitone, ut mihi yidetur, auotore damnatam eznlem
Tarentum ferat Lichas, levissima mutatione quam bene exul eum
exciperem corrigendum censeo« nescio autem an verba iUa locuti sint
Lichas et Trjphaena, ubi somniis, de quibus postea conloqnontur,
memores facti fugitivorum et iniuriarum ab iis aij^ inlatanun agitati
somno et ezpergeiacti sunt, ira igitur in puemm, quamvis olim
amatum et moz rursus gratissimum, incensa est Trjphaena, qnod
ipsa verba Petronii satis docent, itaque per ironiam " dicta eeae con*
tendo quam hene exciperem, unde simul patet scripturae iraditae ex-
dperety sive deum sive Gitonem, quem sono isto mulieris ictnm paene
animam efflare Petronins didt, subiectum esse statuas, locum naiium
esse, nee minus, si quae adhuc ezposui persuasero, Beiskii coniecta-
ram exdperent reicies, qua lectionem marg. t easdj^erem in ed. mai.
reoeptam Buechelerus in ed. min. mutavit
c. 101. Deliberantibus amicis, quomodo instans perieolnm
effugiant, Giton gubematorem indulgentem sibi nauaeam ultumm-
que hinguorem simulanti navem appulsurum esse sperat. negaimi hoc
Eumolpus fieri possCy *quM magna* inquü 'navigia portubus se cmr-
vatis insinuantf nee tarn cito fratrem defedsse veri simUe erit» aeeedä
his . • sed finge navem ab ingenti posse ewrsu defledi • ..- quomMh
possumus egredi nave^ ut non conspieiamwr a OMf^is?* noadam
reetam medekm adhibitam esse censeo verbis procul dubio corraptia
quia magna navigia portubus se curt?atis insinuant. nam quae sola
ad sententiam quadrat, dioo Lipsii gravatim^ eam ut reiciameua
magna a litteris traditis distantia tum usua vocis grmvatiim de rebus
mihi non compertus me movet. sententia sane ea flagitatnr, qnam
Lipsius restituere voluit, sc. non facile magna navigia appellere, banc
autem ut Buecheleri coniectura in ed. mai. recepta t^ ma^na, mfuä
etqs. iuste redditam esse putem facere non possum, cum prawartim
proclivius in illa verborum collocatione ad perversam delabamnraen-
^* cf. sünilein ironiam in verbis c. 101 vide* quam waUe mM$ ex-
pediat, uUro domumm ad fugietUes aeeertere.
AStrelits: emendationes Petronii satirarom. 841
tentiam Wix magna, nedtun parva navigia'. quod ipsnin Buechelenim
aeiiaiaae sospioor, com in ed. min. altera ooniectura hao curva via vitio
ooeorri poaee putaret* sed nihil refer(, recta an oorya yia naves ap-
pellant, modo portnm subeant« neque etiam magnarom nanam est
enrva via advehi« sed et magna et parva navigia-, pront ventus est,
modo recta mo4o enrya via in portam defemntar. ego in voce cur-
patüt cuins loco margo t scripturam curatis certe non ex ooniectura
ortam exhibet, eormptelam latere et Petronium fortasse sie soripeisse
suspioor: guiamagnat inquUy navigia portübus secuta acy raies
insimtant* facilUme videlicet fieri poterat ut sciolas nesoio qais
seriptoram litteris quas ^o inclasi iam mntilatam propter vidnom
verbnm in eam qnae nunc extat mataret.
In eis quae sequnntar nisi ingentem cursum L q. rapidom valere
statnasy qaod nam fieri possit dabito, aptiorem illi substituendam
esse vooem oonoedes. ac Buecheleras qnidem, cum in ed. mai. ab ifi*
eep^o ciMTSu tentasset, postea iUam coniectnram ob ipsam rationem
quam dicunt palae<)graphicam improbandam abdicavit nee nisi
Beiekii coniectnram ab wrgtnH cursM commemorata dignam oensnit,
qoae etsi ne mihi §aidem spemenda videtnr, tarnen quaeritor, nnm
item OMfVus urgms dici possit nt naves, undae, vestigia, cnrms urgeri
dicuntor, nee video cur snspitionem meam reticeam banc: navem ab
inKAut^genti passe carsfn defledi: c£>8upra ui miserioardiapermoHiS
gubemator indulgeat tibu
c. 103* Variis fugae ac salutis consilüs pensitatis et reiectis tan-
dem Eumolpus anxie haesitantibus amids persuasit, ut mercennario
8U0 tonsori oapita com supercilüs radenda sibique frontes stigmate
fugitivomm notandas praeberent. sed unus forte ex vectoribus frandi
illi intentos deprehendit depositoeqne in nave capillos tanquam nau-
fragii instantia omen exeeratus in cubile se recepit. nos dissimUUUa
nameantis devoUone ad ardkiem trisUtiae redimus säenUoque oompo-
süi rdiquas noetis karas maie soporaH cansumpsmms. fiiUnntur qui
ad ardinem MstMae i. q. 'ad solitam tristitiam' interpietantur, quo«
niam soliti statua notione vox ordinis nusquam legitnr, neque ego
qnid üla verba sibi velint capio. itaqne scripturam falso traditam
eeae et genninam sie optime restitni existimo: ad originemMsHiHae
i. e. eo unde exorta erat tristitia, cum Licham et Tryphaenam in
navigio oonspicati desperarent, quomodo eoe eSugituri essent. in
eaodem nunc rursus reiecti sunt deepeiationem, in moliendo fugae
consilio deprebensi.
c. 108. Postquam de infausto omine edoctns Lichas navis ex-
piandae causa noxios verberari iussit, Tiyphaena vapulantia voce
iota Gitona agnoscit nee minus ipee Encolpion. tum neque Trj«
phaenae misericordia, quae tarnen mox ipsa ei assentitnr, neque Su»
molpi patrocinio oommovetur, ut nltione se abstineat, obsk^pueram
ego syppUeü melupafndus . . ut nihü nee facere deoeret nee dkere. fU
vero spongia %uUi facies ploraniis detersa est et Uquefactum per totam
OS atramentum amnia scüicet UniametUa fuiUginea nube confMdU^ in
842 AStrelits: emendationes Petronii satinram.
odium 8e ira eonf?ertU, negat Eumdlpus passurum se etqs, qnaeritor
inprimis, cniusnam ira in odinm se converteiii. nam ifisis qnidcm
verbifl non indicatar, sed onm Encolpioe modo pavidna ac tarbatos
Silentium serrarit, ad Eumolpum, acerrimom fngitiYonun yindieem
nee solom Toee, sed etiam manibns amicis enecorrentem , meliiis
referemas. tum yero etsi graviorem animi affeetnm esse odinm con-
etat, tarnen ira certe yehementior eet et in pngna qnae paratar magia
quam illud cernitnr**; itaque lieet Eumolpus iam antea iratna fuerit,
post ignominiam amico illatam et ante pngnam initam alind eerte
atqne iram in odinm conyersam expeetamns. ferrem ex. gr. , si ira
in fnrorem se conyertisse diceretor, neque Tomaesius, qnanquam
probare nequeo, com in editionis margine odmm et triam locom
mntare iuberet, suum scilicet secntns arbitrium, omni destitntiu erat
ratione. IFGfronoyins com ipse qnoqne in yerbis traditis offendjsMt»
misericardia pro ira conieeit, sed sane iusto yiolentiorem adhibitit
medelam. mihi yero sie fere Petronins scripsisse yidetnr: im oüum
86 iramque (yel et iram) convertii Eumolpus, negatjpassmntm
se etqs. qoae emendatio ut sententiam sanam restitnit, ita, ai ratio*
nem palaeographicam spectes, band diffieilis est, (pm praesertim yer-
boram transmutatio in Petronii libris mss. non nno loco ooeomt.
c. 109. Gratia et bilaritate in naye conciliata Eomolpna in
amicos calyos eajnUorum eUgidario iocatur, coius yerans 3 et 4 aic
in codicibus leguntor:
nunc umbra nudata sua iam tempora maereni^
areaque aUrüis ridet aäusta pHis.
aream ridentem, quam Martialis X 81 nüidam caivam didt, eleganter
maerenUbus tempanbus opponi iam Bnrmannns recte animadyertii.
otiosam igitor operam impenderont yiri dooti ezaggeranda emcn-
dationnm collnyie, yeluti aret^ luget ^ sordet^ friget^ niteL aeryalo
antem, nt par est, ridendi yerbo yox adusta ferri neqnit, ipaa per se
de capillis noyacala abrasis yix apta. nee tarnen Heinaii conieotoim
firiget adesa mihi probatur, cnm et alteram yoeem praeter neoeesi-
tatem tetigisse et iusto minus codioum yestigia respeziase yideatiir.
melius Buechelems aduUa conieeit, spectans, ni fallor, ad locom si-
millimum Martialis Y 48 nudum est in media Caput, nee üOui m
longa paus area notatus. neque ego illam elocntionem quanqnam
artificiosiorem plane reprobayerim , sed aptins mihi yideüir adusta
mutare in adusque^ i. e. per totum Caput, cf. Apul. met. n p. 147
adusque deraso capOe.
G. 111. In fabula de matrona Ephesia, quam mnliebris lentatis
castigandae causa Eumolpus narrat, leyius hoc deprohendi mewiaa«
mulierem, quae maritum mortuum assidue lugebat, in sobtemBea
casula conspectam miles tritis bis yerbis consolatur: cmmum mm-
dem esse exihvm [seä\ et idem damicHium. sed omnibns fere oodidbot
traditum, sed ab hoc loco alienum, quomodo irrepeerit^ ex aoriptura
'* ef. in ipso hoc cap. nee tarnen embu^nam irü locofar.
AStrelitc: emendationeB Petronii satirarDm. 843
a Bneohelero exhibita minus apparet quam ai exitum esse ei olim
in eodicibua fniase Btatnas. itaque legi malo. quam coUocationem
addita particula sed aervarunt Lp et fiorileginm Parisinum, neque
oodioiB Bemenaia scripkura eandem^* esse sed e idem domicäiium pio
indole huina libri ea est, quin ex iUa quam ego atatui evadere poto-
erit. licet yero scripturam Bemensem ad eandem esse sedem spectare
reete Bneohelema arbitretur*®, tarnen eio scripsiBae Petroninm, quod
quidem iam ob ipsam tautologiam fieri non potest, inde non aequitur
neque ipse Bneohelerus collegit.
c. 116. Eumolpus eiusque amid graasantes Crotona adyeniunt,
quam urbem priusquam intiant, Tilicus quidam obviam üa £Mtu8 ad
mores deperditos urbis luxuriosissimae animos eorum convertit. hoc
in extremis eos monet: 'adibUis* inguü 'qppidum tanquam in pes^
lenUa eampoSj in guibus nihü äUud est nisi cadavera quae lacerankur
cmt eorvi qvi Jacerani.* iure Buechelerus yerbum inqtUi^ in oontinua
oratione falso repetitum, in dubium yocavit, nee tamen Haque^ quod
ipse coniecit, sed igitur ego emendayerimi quod propius ad
ing;äU aocedit ao saepe cum bac Yooe in libris mss. confundi con*
stat, yelnti in cod. Vaticano quo Ciceronis de re publica libri oon*
tinentur.
c. 124. Post Carmen de belle civili ab Eumolpo redtatum, quod
aliud in tempus tractandum differo, Encolpios sie pergit narrare:
tandem Crotona intravimiis • . inddimus in turbam hered^antm
seisdUmtiun^quodgenushominiimautundeveniren^ expraescripto
ergo eonsäü communis exaggeraia verhorum vdhihiUtate^ unde aut qui
essemuSf haud dubie credentibns indicavimus. bano narrationem ab
epüomatore amputatam et male oonsarcinatam esse facile Wehlio
(p. 50 observationum) concedo. quanquam ille neque in dictione haud
dubie credentüms indicapimus iusta causa offendit (cf. c. 98 dum haec
ego iam credenü persuadeo et o. 106 defkctU aures Trgpkaena iam
sna sponte credentes) et yel epitomatorem non unde aut qui essemus,
sed unde et qui essemus scribere debuisse non magis quam Buecbe-
lems animadYertit.
c 127. Encolpion, qui Pol jaeni nomen Grotone induerat, Ciree,
puloberrima eademque protervissima mnUeri libidinoso amore pro-
sequitur. nee sine causa inquit Pdgaenon Oirce amat: «en^per inter
haee nomina magna fax surgü. etd in Insu illo nominum leporem
Peironio peouliarem non agnosco*' — dormitavit bio nempe poeta
— tamen cetera quae adscripsi yerba non debebat Bnechderus
proTBus insdia dioere atque adeo coiruptelae explicandae causa ad
suspitionem de epitomatoris opera refugere. immo Tide ne magna
faXf quod quidem solummibi offendoni est, in magica fax mniaiam
** littera a expaacia ei u saper adseripta. ** nam OMniicm eudem
€s$e, »eiäeei idtm damieiliMm, sciiptara loannis Saretberiends, at qui sao
arbitrio fabnlam Mo illie sine dobio mutarerit, hao in qaaesUone nullius
mosBenti esse dabei. ** aeoedii quod non a Circe, sed a Binnflms
Od. II 184 VUxes iroXt&aivoc appellatar.
844 AStrelitE: emendationes Petronü saturamm,
omnem toUat difficultatain. habes enim Yocem de amoriboB eo&-
oiliandis usitatam et Ciroes nomini nüqae aptisaimam, facem aatem,
de qaa Buechelerus dubitari posse ait, Capidinis esse** ipemn ▼«•
bum amandi dooet, neqae eüam swgentem faoem male dici erisiimo,
com 80I, dies, ignis, flamma et quae contraria sunt aorgere dicantor.
ipse Buechelerus tentavit ma^na fax amoris fidget^ Heinsioa scüicei
. . magna pax surgit^ lacobsius sisd ifUer haec tnama lux fuffä , An-
tonius magna omisit.
c. 128 nimquid te osadum meum offendU? nunqtUd ^rinius
iekmio macer? nu/nguid aiarum negUgens sudor? puto. si haec non
sunty nunquid Oüona times? haec verba, quibus Circe Polyaenon
languentem elumbemque indignata appellat, mnltis coniectnriB a
doctis yiris tentata sunt, mihi yero primum quidem spirUus ieimmo
macer^ qua cxun elocntione conferas ieiunam ammam Caecilii apud
Oellium IE 23, licet audadus et sine exemplo dicta sit, tarnen fortaaee
omnino emendatione non egere videtur.'' deinde ut in puio per iro>
niam adiuncto oflfensionis quiequam yideam tantum abest, ut illa
voce mutata omnem orationis aculeum tolli censeam. itaqul ut
Lipsii coniecturam eudarputet et Buecheleri sudar? (nd si impzobo,
ita etiam Burmanni sudarem puteo vel Antonii sudorepuieOy qoaa-
quam hi quidem aliud Vitium, ineptam dico elocutionem aUavm
negUgens sudar ^ recte cognoverunt. sed in eo vitio tollende non
solnm ob id quod modo dizi a yero aberrasse mihi videntor, Tenun
etiam quod cola enuntiati minus conoinna reddiderunt, nisi forte
tertio quoque loco librorum vestigiis desertis pro adiectivo maeer
▼erbum finitum quod dicunt grammatid ponitur. ut meam proferam
sententiam, nescio an inelegans sudor Petronius posnerit ut Plmius
nat. bist. XXI 25, 98 oder indegans.
c 135. Oenothea, Priapi saoerdos, ad quam vigoris refidendi
eausa Encolpios se contnlerat, mensam veterempasuä in media oftori,
quam vivis implevü earhonibuSy et oameUam eiiam vekuUde rupiemi
pioe temperata refedt. tum davurn^ qui detrahentem^ secutus cmm
cameüa lignea fuerai, fumoso pariäi reddidä. lahnius etiam eo quem
tenet loco certe ineptum delebat, neque hoc sine offensione est, quod
camella, quae qualis fuerit in priore enuntiato dgnificari oportet, in
posteriore lignea dicitur* quare fao mutato ordine duo illa enuntiata
sie se exdpiant: mensam . • implevit carbanüms, tum rfopum • .
reddidit et oameUam etiam vetttstateruptampice temperata rrfeeäiism
yidebis utraque difficultate expedita et attributum et particnlam
optime se suo loco habere.
** ef. OTidii amor. II 9, 5. HI 9, 8. ** conieeere acer Riehardiu
pronoB noYa eins Yocia cam spiritu ionctae signifieatioae, eeei Woq-
werius, wiaeet Qmteras, maeet aut mneei Heintiut lorbata oolonun roa-
einnitate, putrcen» Baeehelenu in ed. min. tecondam Sealigeri 9mmdnt-
qae Richardi conieoturam mareety ted Wz aptius aut nsitatios ««riptiira
tradita dictum. ** 'camellam ex ulaTO parieti iufizo pead«
Baechelems. •
£Robde: zu Petxonius. 845
m
0. 137. Acddit Encolpio ut sacris Priapi anseribus veiatus at-
quo etiam monns unum ex iia sacrilega morte affioerei. qua re com*
perta non soliun Oenothea sacerdos anseris fatam oomploravit, sed
Proselenos, anioala maga, et ipsa flere vehementüis coepU meique
misereri^ ianquam patrem fnetmi, fHmpublMwm cmserem occUkssem.
vix apte hoc loco meique dicitor, si conferas qnae modo praecessenmt
0. 136 exir. guaereham^ quid excanduisset (OenciOiea)^ oMt quam
anseris potius quam mei misereräur. fortasse igitnr faemaris vel
soderis intercidit, aut errore ilia scriptora orta est ex necisque.
Fragmento XLV haec intexta est sententia, in promptn esse
qnod saus sit, si frtd scias neque praeter modun concapiscas. con-
sentanenm igitar est v. 7 sq.
lex armata sedet circum fera limina nuptae^
nü metuU Udto fusa pueBa taro
hoc sibi Teile : yetat lex libidinem conubia rampere, eed cum amicula
voluptate fmi licet, quam sententiam voce metuU turbari cum in
aperto sit, eins loco levissima mutatione vetuii reponi velim. per*
fectum autem aoristi gnomioi usu indutam vel, quod Draegeros dicit,
perfectum consuetudinis praesentibus temporibus intermiatnm etiam
altero loco ipsius huius fragmenti legitur t. 4 puffnantis Tel potius
pungenüs (ex coniectura Douzae £) stamadki oamposuere famem: of.
quae Draegerus eoUegit exempla in sy&t. bist* I p. 229 sq.
BosTOCRii. Abraham Strblitz.
116«
Zu PETRONIÜS.
0. 2 s. 4, 5 (ed. Büoheler 1862) nandum iuMnes dedamaHoni'
bus cofdindHinhirj cum Sophodes aiut Euripides invenenmt verba^ gut-
hus deberefU loqui, soll iuvenes zu deberent loqui subject sein, so wäre
Ton Sophokles und Euripides nichts ausgesagt, was sie Ton andern
kttnstlem der rede unterschiede, ja man yerstünde kaum warum
gerade diese tragischen dichter genannt werden, das richtige sub-
ject zu debere9ii wird wol aus einem datiTus (commodi) zu ent-
nehmen gewesen sein, tder hinter Eunpides ausgefallen ist. Ter-
mutlich schrieb Petronins: cum Sophodes aut Euripides dis in-
temerumt verba^ gutbus deberent loquu das wftre denn freilieh ein
Toller tonendes lob, wie es in dieser dedamation zu erwarten ist
c. 4 s. 7, 2 nuncpueri in scoUs ludutU^ iuvenes ndenlurinforo^
ef, quod utroque turpius est, quod quisque perperam didusU, insenectuie
confiteri non vuU. das wäre ja nicht turpiuSj sondern Tielmehr
ein zeichen besserer einsieht im alter, eorrigere Terlangte Jacobs;
ich Termute confutari.
c 10 s. 12, 19 ex iurpissima Ute in risum diffusi pacatius ad
reit qua secessimus. die letzten worte sind schwerlich richtig
überliefert: was rdiqua hier bedeuten solle, ist unTerständlich; seces-
sinms will nicht zu der folgenden, offenbar an demselben orte wie das
846 ERohde: zu Petronius.
•
vorhergehende spielenden soene passen, vielleicht: ad reliquias
aceessimus: sie machten sich nun an die rdiguiae des 8. 11, 15 er-
wähnten prancUum.
c. 36 s. 39, 8 ingerehat nikäo minus TrimaidUo lentissima
iH>ce ^Carpe, Carpe.* die vox lentissima entspricht wenig der von Tri*
malchio affectierten stimmnng eines heftig und wiederholt antreiben-
den, vielleicht violentissima voce, vio- wurde durch Trimaid^io
verschlungen.
c. 37 8. 40, 3 haec lupatria providet omnia et ubi non putes^ xu
providet wOrde wol et quae non putes passen, nicht et uhi n, p.
Petronius schrieb vermutlich et est ubi non putes. die mistranische
hausfrau taucht plötzlich auf, wo das gesinde sie am wenigsten
vermutet.
c. 39 8. 43, 17 orbis vertitur tanquam mola^ et semper äUquid
mali faät^ ut homines out nascantur aut pereant. die von Bnrman
zusammengestellten versuche älterer kritiker das unpassende maU
zu erklären oder zu emendieren genügen nicht dem vergleich mit
der mcia entspräche es, wenn man sd^ebe äliquid molitu moUtmm
neutral und substantivisch, wie bei Plautus Men. 979. vielkickt
konnte man dem Trimalchio eine bildung wie molifaeere dh.
mole-faeere zutrauen, aus moU und facere zusammen gesetzt wie dorne-
facta bei Petr. 99 s. 119, 20 aus domari und facere^ expergefaeere
aus expergi und facere usw. (vgl. Lachmann zu Lucr. s. 190 f.).
c. 40 s. 43; 23 iuramus Hipparchum Aratumque comparamdos
iUi homines non fudsse. dasz homimes neben comparandos unertrtg-
lich sei, f&hlte NHeinsius, welcher ÜU homini zu schreiben Vorschlag.
es wird vielmehr zu schreiben sein comparatos Uli homines non
fuisse: sie seien, mit ihm verglichen, kaum noch menschen za nen-
nen ; so klein erscheinen sie neben ihm. das part. perf. pass. ist in
solchen redensarten durchaus legitim: vgL Tac dial, 18 (z. 9 Hafan).
Fronte ad MCaes. 11 4, 2 s. 48 Nieb. Prop. I 5, 7. Priap. 82, 3.
Martiaüs XI 72, 2 usw.
c. 57 s. 66, 17 eques Bom/onus es: et ego regis fiHus, es wäre
schwer zu begreifen, wie der hier redende eohUbertus Trimaidnoms
darauf verfallen könne, den Ascyltos (von dessen herkunft und nag
die Worte des Enoolpios c 81 s. 96, 8 ff. sehr niedrige vorstelhmgea
erregen) zum eques Bomanus zu machen, wenn man nicht annehmen
dürfte dasz er nur, in ungenauer anwendung, parodierend auf ihn
übertrüge, was ihm etwa aus irgend einem mimus im gedichtais
geblieben sein mochte, den vers
equ4Ss Bomanu'Sy et (at?) ego regis ßius
konnte im mimus irgend ein sklav einem wirklichen römiechea rittet
prahlend zurufen (oder nachrufen); ähnlich renommiert bei Plautns
JPseud. 1171 der sklav Harpax: nam ego eram domi imperator summms
in patria mea* vgl. Truc II 6, 50 f. der sprechende wendet den vers
nicht völlig zutreffend auf den vorliegenden faU an. wie gettnfig
dieser art von leuten verse der mimen waren, zeigt ja die dedamaftkm
EBohde: zu PetronioB. 847
des Trimalohio aus Publilins Sjrus c. 55 ; auf spuren einzelner von
Trunalchio und seinen gSsten in ihre eigenen werte verflochtener
yerse hat Bttcheler mehrfach aufmerksam gemacht, unsem vers
braucht man trots der altertümlichen apokope des 3 in Bomanu's
nicht in die seit vor Laberius zu setzen.
c 60 s. 71, 17 r^penU nava Utdorum WMsio hUarUatem hie re»
feeii. ich vermute hiare feciU das neue Schauspiel unterbricht
die hüarüas^ welche staunend mit offenem munde einen augenblick
betroffen innehftlt: dies drückt hüare passend aus.
0. 77 s. 91| 7: der maihemaiicus sagt dem Trimalchio auf den
köpf zu: Ua daminam iuam de rebus iüis fedstu Scheffers auslegung
dieser werte ist mir unverständlich geblieben; die conjecturen von
NHeinsius liegen zu weit ab. der sinn wird sein sollen : tu amasius
damkiae iuae fuisH: womit der maihematicus fireilich die Wahrheit
traf: s. s. 90, 4. diesen sinn konnten vielleicht die werte ausdrücken :
tu dominam ttMm rebus üUs fecisti. res %Hae bezeichnet (wie sonst
iZZa, Aoec, iBud) euphemistisdi die mmtuia: so auch bei Amobius
aiv. not. m 10 s. 268 Hild. [— 118 Reiff.] Priapum dreumfereniem
res iUas. vgl. auch Plautus Most» 897. facere «s futuere: vgl. Petr.
s. 102, 22; CatuUus 110, 2. 5; Ov. amar. U 4, 4. sogar das de
könnte man schützen, wenn es glaublich zu machen wftre, dasz schon
zu Fetronius zeit die Volkssprache den spfitem gebrauch des de statt
des abl. instr. gekannt habe.
c. 82 s. 97, 15 divüis haeo magni fades ertf , nemlich die quäl
des Tantalus. aber das trifft doch nicht auf jeden reichen zu. ich
vermute aegrL
c. 89 s. 106, 10 m€Wt%sgue paddae gaudium Uurimas habet.
statt habei vermutet Bücheier cM; nfther läge in lacrimas abit
Verwandelt sich in klagen'.
c. 100 s. 121, 7: Encolpios hört im versteck die stimme der
Tryphaena: et haec quidem (vox) viirüis et paene auribus meis fami*
liaris animum pdIpUantem pereussit, wol viehnehr paene viriUs et
auribus meis famüiaris.
c. 107 s. 129, 9 me^ utputo haminem nan ignotum, degerunt
ad hoc officium^ nemlich bei euch für sie zu reden, was das blosze
bekanntsein zum erfolg einer solchen gesandtschaft beitragen könne,
ist nicht ersichtlich, vielmehr ^ra^ tarn a kgato moUebantur s. 130, 2.
man schreibe also non ingratum^ dh. ^nioht unangenehm, ungern
gesehen', so oratio non ingrata bei Caesar, so ist auch c 111 s. 138,
14 zu schreiben ingrata consokUione.
c. 108 s. 130, 28 in odium se ira eonvertit. aber Encolpios
war vorher nicht zornig, sondern betrübt und voll furcht, also
eher cura.
c. 112 s« 140, 6 nee defcrmis aut infacundus iuvenis eastae
iMMHäur. eastae ist hier zu allgemein, es soll gesagt werden: der
Soldat erschien der witwe nunmehr recht annehmlich, da sie, durch
die eingenommene nahrung gestärkt, die dinge wieder mit andern
848 BThimm : die perfecttschen fonnen Ton eo und seinen componta.
äugen anzusehen begann, also wol pastae. pastus Ton menacben
aucb s. 181, 5.
c 128 8. 177, 6 nunquid (te offendU) aiarum negUgens sndar?
puto. vielleicbt renuto: ich, Encolpios, verneinte das eifrig.
c. 140 8. 202, 12 ist vielleicht zn schreiben: ea ergo ad Eumot-
pum venire, commendare liberos suos eius prudentiae bonUati^se: cre-
dere se ei vota sua. die letzten worte credere usw. sind die eignen
der matrofM.
fragm. XVII s. 211 suppes suppumpis^ hoe est supmis pedüms.
Fetran* es ist zu schreiben: suppes (dh. suppi-peSy von pes und
suppus B» supinus: s« Lachmann zu Lucr. III 172), supinipes^ hoc
est supinis pedilms. vgl. Mai class. auct. VI s. 547 supeSj supin^xs,
id est supinis pedibus.
Tübingen. Ebwin Sohde.
(40.)
DIE PEBFfiCTISCHEN FORMEN VON EO UND SEINEN
COMPOSITA.
Oben 8. 271 f. beweist Carl Wagener, dasz die angaben der
grammatiken über die perfectformen von eo und seinen eompoeita
unrichtig sind, ich kann dies fÜrSuetonins bestätigen, in meiner
dissertation ^de usu atque elocutione C. Suetoni Tranquilli' (KOm'gs-
berg 1867) s. 21 ff. habe ich die contrahierten formen zur berichti-
gung der angaben von Neue lat. form. 11 408 u. 404 gesammelt, leider
aber auf die vollen infinitivformen nicht geachtet; doch mOdite ich
behaupten, dasz sie überhaupt fehlen, wie ich dies von den formen
des indicaidv auf ivü und ivi und des conj. plusquamp. mit v (s. a. 23)
versichern kann, ich habe folgende stellen angemerkt (nach der
Bothschen ausgäbe): 4idis8e Tib. 27. perisse lul. 75. Aug. 27. Tib.
62. Cal. 26 (vgl. Neue ao. s. 399). Vesp. 15. Tit. 8. olnsse luL 9.
gramm. 5. praeterisse lul. 81. subisse Aug. 10. iransisse Vit 1.
gramm. 4.
adisset Tib. 14. 52. introisset lul. 18. perissent Aug. 11. redis-
sent Aug. 29.
iü lul. 69. adiU lul. 8. Aug. 8. 16. 47. Tib. 6. Cal. 15. «mf
Tib. 2. Cal. 17. redUt Aug. 10. Tib. 14. 39. 52. 72. CaL 2. Vesp. f.
rhet. 6. transiit lul. 4. 30. 35. 39. Aug. 43. 83. Tib. 16. 40. Vesp. 7.
gramm. 8. 9. 17. 18. jperM^ lul. 36. 88. Aug. 26. Tib. 17. Tit 2.
prodiU Tib. 11. iniroiU Inl. 84. praeteriU Aug. 41. obiU Aug. 63.
99. Tib. 4. 73. Cal. 1. subiU Aug. 68. 81. Tib. 2. amtUt Aug. 95.
redU Tib. 61.
Folgende formen auf -it halte ich auch für zusammengesogeoe
perfecta: adU Vit. 10. inU Aug. 26. redit lul. 3. Aug. 1. 2. Tib. 4.
Tit. 4. transU Cal. 10. perU Tib. 58. Cal. 59. prodä N. 30. eimät
Tib. 11.
Babtenstein. Buoolp TBOQi-
CFleischer: za Caesar und seinen fortsetzem. 849
(38.)
Zu CAESAR UND SEINEN FOBTSETZEBN.
(Tgl. Jahrgang 1878 s. 273—282.)
h. CroU. Y 7^8 iUe enim revocatus resistere ac se manu defendere
. . co^^, die unhaltbarkeit der causalen coi\janction in diesem Zu-
sammenhang erkannten schon die ältesten hgg. , welche dafür autem
setzten, das sich auch in einigen jüngeren hss. findet; ihnen folgt
FrigeU, während WPaul zs. f. d. gw. 1878 s. 190 darin das mis-
verstandene compendium von vero sieht, verteidigt wurde die Par-
tikel von Yossius, Clarke und Oudendorp, welche den gebrauch der-
selben für enimvero oder at enim nachzuweisen versuchten ; sie füh-
ren aber blosz beispiele aus archaischem und archaistischem latein
an, abgesehen davon dasz enimvero unpassend ist. BMüller ^kritik
und erklftrung' s. 9 will enim mit ^natürlich' übersetzen, ohne nach-
weise dieses gebrauchs zu geben, eine ellipse nimt an Dräger bist
Syntax ÜB. 166 ^ wo entweder zu ergänzen sei *und so geschah es*
oder 'und darin hatte Caesar recht' ; dlein das zum vergleich heran-
gezogene beispiel h, G. II 32, 7 ist anderer natur. die Müllersche
erklämng ist von dem rec. im philol. anz. IX s, 55 zurückgewiesen
worden, ebenso von Hug in Bursians jahresber. II s. 1151. Eraner,
Dübner, EHoffmann behalten enim bei, ohne sich darüber aus-
zusprechen. Ciacconius emendierte enimvero , Madvig adv. crit. II
8. 253 wiederholte die conjectur, sie wurde mit recht von Hug und
Paul ao. abgelehnt, endlich hat ASpengel Philol. XXXII s. 368 vor-
geschlagen den satz iUe enim • . civitatis hinter Hie ut erat . . inter-
ficmnt zu stellen, ebenso ESchulze Philol. XXXIII s. 730. Hug
billigt ao. diesen verschlag, allein Dittenberger bemerkt in Eraners
llr aufl. 8. 389 mit recht, dasz die umkehmng der zeitlichen reihen-
folge der ereignisse aus rein logischer rücksicht gerade in die leb-
hafte erzählung an dieser stelle nicht hineinpasse, er hält enim für
verderbt: eine überzeugende emendation sei noch nicht gefunden,
die lebhaftigkeit der Schilderung war es, welche mich auf den ge-
danken führte , dasz in dem verderbten enim keine verbindende Par-
tikel zu suchen sei, da die asjndetische Verbindung hier entschieden
mehr am platze ist. ich vermute in enim die misverstandene ab*
kürzung von emin^ «» eminu«, welches mit dem folgenden resistere
zu verbinden wäre : 'zurückgerufen begann jener aus der ferne wider-
stand zu leisten und sich zu verteidigen' ; vgl. 11 2 audacius resistere
ac fortius prignare coeperunt. die trennung der zusammengehörigen
Worte eminus resistere kann bei Caesar keinen anstosz erregen.
ebd. Vn 19, 2 omnia vada ac saltus eiuspatudis oUinebant.
so die hss. Vielhaber zs. f. d, Ost. gjmn. 1867 s. 614 suchte ohne
erfolg die richtigkeit des überlieferten saltus nachzuweisen; ebenso
MMiUer beitr. s. 9 im anschlusz an CHBitter, wozu vgl. Hug jahresber.
n 8. 1164, Dittenberger ao. s. 392 anm. und OEeller jahrb. 1871
JahrbOcher f&r elMt. phUol. 1879 hfU IS. 54
850 CFleischer: za Caesar und seinen fortBetsern.
8. 558 f. EHoffmann stellte eiuspahidis nach vada^ man sieht aber
nicht ein , warnm die Gallier die nach Hoffmanns vennatung ihnen
im rücken liegenden, ganz ungefährlichen säitus sollten besetzt
haben, auszerdem ist in c. 18, 3 erwähnt: carros ifnpedi$ne9U<Mque sua
in artiores süvas ahäiderunty capias omnis in loco edito cdque aperio
instruxerunt. im folgenden aber ist entschieden nur Yon dem sompf
und seinen Zugängen die rede, also von der dem angreifer zugekehrten
Seite. Dinter und Dittenberger klammern dus paludis ein, letzterer
bemerkt aber ao. : 'die stelle ist jedenfalls verdorben, wenn auch
nicht mit Sicherheit behauptet werden kann^ dasz eius paludis inter-
poliert sei.' die bemerkung Dübners 'mox säUus paludis si Caesar
scripsit, intelligendi sunt qui extremis partibus suis paludem attinge-
bant' findet ihre erledigung durch hin weis auf 18, 3 tn hco edito ai-
que aperto, Eraner adn. crit. s. LIII hält die stelle fdr verdorben,
die verbesserungsYorschläge sind folgende : Nipperdej s. 90 omnia
vada transüusque eius paludis unter verweis auf VIII 13, 1 vadairans-
itusque paludis^ eine etwas gewaltsame änderung, wie er selbst sagt
das den buchstaben nach näher liegende ac (so) adiius^ was BMOlIer
*kritik und erklärung' s. 15 nach ihm vorschlug, wurde von Nipper-
dej, der natürlich an atque aditus dachte, ao. gemisbilligt. das von
Heller Fhilol. XHI s. 2 vorgeschlagene salicta dürfte wol kaum
richtig sein, jedenfalls haben Nipperdej und BMfiUer recht , wenn
sie in dem verdorbenen saUus ein wort suchen, welches die bedeutung
'zugang, weg* hat. dies ist der nächstliegende gedanke, von welchem
bei der emendation auszugehen ist. die form ac weist femer auf ein
wort hin, welches mit einem consonanten anlautete, hierdurch er-
ledigt sich das vorgeschlagene adUus. ich halte «ottttö ftbr das miä*
verstandene compendium von semitas: vgl. V 19 amnibus riis
semitisque und VII S ac ne singulari quidem umquam homini eo tem-
pore anni semitae patuerant.
h, civ, ni 19, 5 qua ex frequentia Tüus Lahienus prodit^ sum-
missa oratione de pace loqui atque aUercari cum Vatinio indpit.
hierzu sagt FHofmann : ^Labienus betheuerte heuchlerisch seine liebe
zum~ frieden, schob die schuld an dem kriege den gegnem zu und
fieng so einen Wortwechsel mit Yatinius an.' hätte Caesar dies sagen
wollen, so hätte er sich meiner ansieht nach gewis anders aus-
gedrückt, man würde dann erwarten primum quidem . . loqui^ pau-
latim autem. die worte welche in der Überlieferung eng verbunden
sind summissa . . loqui und aUercari lassen sich nicht zusammen*
bringen, dazu kommt dasz das hier erzählte verfahren des Labienus
durchaus nicht zu dem sonstigen auftreten des ehrgeizigen mannen
passt. denn wenn auch h, O. VUI 23, 3 f. berichtet wird, dasi er
sich auf hinterlistige weise des Commius zu entledigen suchte, so nt
er doch dabei nicht persönlich thätig. verschmähte doch selbst
Caesar derartige mittel nicht, unbequeme gegner aus dem wege zu
räumen, es erscheint mir aber geradezu unglaublich, dasz der mann,
von dem h. civ. III 71, 4 erzählt wird dasz er sich von Pompejcs
CFleiBcher: zu Caesar asd seinen fortsetzern. 851
die gefangenen Caesarianer habe geben lassen , um sie schimpflich
zu tQten, von dem es III 87, 1 heiszt: hunc Ldbienus excepü et cum
Caesaris copias despicerä, Pampei cansüium surnmis laudibus efferret^
^noU* inquU ^exisHmare^ Pampei^ hunc esse exercitum^ qui OtUliam
Germainamqtte devicerU*^ dasz der legat Labienus sich entblödet
hfttte in gegenwart der beiden beere summissa araiUme mit dem
gegner zn reden und sich eines so niederträchtigen mittels bedient
hätte, um denselben sicher zn machen, schon Hotman machte darauf
aufmerksam, wie wenig summissa oratione zu den schlusz werten des
cap. tum Ldbienus ^desvmte ergo de composHume loqui: nam ncibis
ms% Caesaris capite relato pax esse nuUa potesi* passe, das sind
werte eines trotzig auftretenden , hochfahrenden menschen. Lipsius
conjicierte sumpta oratione, wenig glaubhaft; Oudendorp sed amissa
oratione depace, aUercari usw. mit Streichung von loqui , jedenfalls
annehmbarer als die änderung von Terpstra sed missa oratione de
pace loqui atque aUercari cum Vatinio incipU, wo, wie Hofmann richtig
bemerkt, loqui sehr stOrend ist. Dttbner klammert beide worte ein,
die er fttr ein aus dem folgenden mediam orationem und immissa ent-
standenes glossem hält, der umstand nun, dasz D und der Vossianus
summissima haben und das sonstige schwanken der lesarten auf
eine Verderbnis dieser worte hindeutet, weckte in mir die Vermutung,
dasz sufibissima ^=» superhissima zu schreiben sei, welches wort
trefiflich in den Zusammenhang passen wflrde.
h. JJex. If 2 atque omnes oppidi partes, quae minus esse firmae
videntur, testudimbus ac muscuUs aptantur. Oruter, Oronov, Morus
und Vielhaber zs. f. d. Ost. gjmn. 1869 s. 549 f. behalten das von
andern verdächtigte aptantur bei ; testudinibus ac muscuUs sind ihnen
dative : 'loca infirmiora, quibns bestes invasuri erant partes urbis in-
firmiores , accommodata^ quo instrumentis talibus sine impedimemto
uti posseni' so Gruter. ausführlicher und zwar in durchaus zu-
treffender weise schildert Vielhaber ao. die arbeiten Caesars bei dem
hinausrtlcken seiner Positionen, betont den umstand dasz die im
wege stehenden gebäude weggeräumt werden musten, um platz für
die Verteidigungsanlagen zu gewinnen {quantum^[ue aui ruinis deici-
tu/r out per tnm redpUur loci, in tantum munüiones proferuntur),
und schlieszt dann mit den werten: 'die schwächeren teile der stadt .
werden für die anwendung der schildkrOten und minierhtttten her-
gerichtet.' auch Dinter hat aptantur beibehalten, mir sind zwei
puncte hierbei anstöszig. erstens ist der ausdruck aptari testudinibus
ac muscfdis auszerordentlich geschraubt, und zweitens will der in
parallele gestellte satz Liv. IX 31, 9 ut quisque liberaverat se onere
aptaveratque armis nicht recht passen, weil hier der Vorgang des
aptare durch das se onere Uberare geschildert wird , während wir in
unserer stelle gerade die erwähnung dessen, wodurch die schwachem
teile der stadt für anwendung der Schildkröten usw. hergerichtet
worden seien, vermissen, deshalb musz ich dabei stehen bleiben,
aptantur für verderbt zu halten, der Verbesserungsvorschläge sind
64»
8Ö2 CFleischer: za Caesar und seinen fortseisem.
nicht wenige. Lipsias schlug vor captantur, quatiuntur^ laxantur,
grcLSsantuT'j Weissenbom mpugnafdt^y mit mehr Wahrscheinlichkeit
Nipperde j, dem sich Eraner und DUbner anschlieszen , temptantur\
dem überlieferten am nächsten kommt EHoffmann, welcher appe-
itmtu/r yermutet. aber auch diese coiijectur geht zu wenig «of den
umstand ein, der meiner ansieht nach hier notwendigerweise henror-
gehoben werden musz : auf das freilegen der schwftchem teile der
Stadt, um die munitiones vorschieben zu können, ich vermute daher
dasz Caesar schrieb: omnes qppidi partes . . testttdinilms ac muscuUs
apiuntur ^=^ aperiuntur ^die schwachem teile der stadt werden
durch bresch- und minierhütten bloszgelegt'. dann entsprechen die
folgenden werte ^^ntumque atU ruinis deicUur den eben angezogeneiii
während sich der zweite satz aut per vm recipUur Jod bezi^t auf
ex aedificiis anUem per faramina in praxima aedifida arides tm-
miUu/ntwr. die bresch- und minierhtttten verrichten also die leichte,
die Widder die schwere arbeit, warum Yielhaber bo. per foramma un-
verständlich findet, ist mir nicht klar geworden, wie anders als durch
faramina parietum konnten die widder innerhalb der häusermassen
zur demolierung der nebenan stehenden gebäude benutzt werden?
ebd. 1, 5 iUud spedans (so Vascosanus, exspedans die hsa.)p>
mumy fd, cum in duas partes essd urbs clM^sa^ ades uno eansäio d-
que imperio administraretur, über die teitgestaltung sowie die Sach-
lage 8. die trefifliche auseinandersetzung Yielhabers ao. s. 550 f., der
ich mich durchaus anschliesze. ich füge blosz das 6ine hinzu , dasz
mir der ausfall von sua zwischen divisa und ades höchst wahr-
scheinlich ist es fehlt entschieden ein wort, wodurch die erstrebte
einheitliche verschanzungslinie als die Caesars der in zwei teile
getrennten feindlichen stadt gegenüber gekennzeichnet wird.
ebd. 4, 1 praeoecupat Ärsino(^ per Ganymeden eunuchum^ nutri-
dum suum^ atque Achiüan inierfidt. jedenfalls sind die beiden vor-
letzten werte atque Ächillan umzustellen, grund der Verderbnis
war der gleiche anfangsbuchstab.
ebd. 5, 1 finde ich von den Schwierigkeiten ^ welche. Yielhaber
ao. 8. 552 f. in der darstellung rügt, nichts. ThMommsen RO. m'
b. 424 und CPeter OB. II ^ s. 355 geben den Sachverhalt richtig an.
crsterer sagt : 'denn als die Nilcanäle in Caesars Stadtteil durch hinein*
geleitetes seewasser verdorben waren' usw. ; letzterer : 'dieses (das
trinkwasser) wurde, wie in die übrigen Stadtteile, so auch in die von
Caesar besetzten aus dem Nil durch canäle geleitet, und Ganjmedes
hatte mittel gefunden, diejenigen canäle, die den Caesarianen ^
wasser zuiUhrten, vom Nil aus zu verstopfen und dagegen meer
Wasser in dieselben zu leiten.' worin findet nun YieUiaber die
Schwierigkeiten? erstens erwarte man dasz nach cap. 5 die ab-
sperrung der canäle im folgenden dargestellt werde, wie ee die aoi-
Schreiber dieses buches Cassius Dion XLII 39 und Plntardi Caes.
49 gethan; an stelle dieser Schilderung trete eine anekdotenartig«
erzählung von dem einpumpen des seewassers in die canäle. wanun
CFleiBcher: zu Caesar und seinen forteetzem. 853
genügen denn aber Yielhaber die worie des zweiten satzes von
cap. 6 nicht: ifUersti^tis enim specubus atque amnibus urhisparUbus
exck^f quae aib ipso tenehantur^ die dasselbe sagen wie Cassins Dion
und Platarch? hier wird doch mit schlichten, einfachen worten er-
zählt, dasz der yon Oanymedes vorher gefaszte plan wirklich zur
ansführung gekommen sei. wie erklärt sich nun der tadel Viel*
habers ? der ver&sser des h. Alex, hat sich bei der lebhaftigkeit der
Schilderung zu einer kleinen flüchtigkeit hinreiszen lassen, statt
nemlich zu sagen: 'nachdem der plan des (3anymedes betre£b ab-
Sperrung des Nilwassers billigung gefunden, und demnach die canäle
verstopft, und Caesar der zuflusz neuen wassers entzogen war, macht
sich Ganjmedes an ein groszes und schwieriges unternehmen: er
Ifiszt durch druckwerke eine menge meerwasser in die canäle ein-
führen', zieht er jenen satz 'macht er sich an ein groszes und schwie-
riges unternehmen' durch eine art von prolepsis in den vorhergehen-
den satz, welcher von dem verstopfen der canäle, was unmöglich ein
magnum et difficüe opus genannt werden kann, hinein, hierdurch
wird aber der indirecte Vorwurf Vielhabers, das verstopfen der
canäle (ein 'untermauern' derselben war nicht nötig: das äTrqjKObo-
^fjOricav Plutarchs wird wol nicht wörtlich zu nehmen sein) sei un-
erwähnt geblieben, nicht gerechtfertigt; die thatsache wird wol er-
wähnt, wenn auch nicht an der stelle, wo wir sie der Zeitfolge nach
erwarten sollten, zweitens macht Yielhaber dem Verfasser daraus
einen Vorwurf, dasz er unterlassen habe zu erwähnen 'wie nach Ver-
stopfung der canäle in dieselben kein wasser habe eindringen können',
warum aber selbstverständliches noch auseinandersetzen? auch ver-
stehe ich nicht, warum Yielhaber die worte privaHs (iedificiis^ an
denen er anstosz zu nehmen scheint, gesperrt druckt, denn es ist
nirgends die rede von 'öffentlichen' cistemen, welche Yielhaber
s. 653 (mitte) erwähnt, sondern im anfange von cap. 6 heiszt es
ausdrücklich AUxandna est fere tota suffossa speeusque habet ad
Nüum pertinenteSy quibus aqua in privatas damos inducitur. dem
entspricht also qui . . exprivatis aedificiis »peeuhus acputeisextraäa
aqua utebantur.
ebd. 15, 3 hat Kraner jedenfalls den richtigen weg gezeigt, wie
man die corrupte stelle qui ubi Caesaris animum advertU, wofSr
JNOForchhammer quaest. crit. s. 83 qui übi dubitationem Caesaris
animum advertit oder qui ubi dubUare Caesarem animum advertü zu
schreiben vorschlug, emendieren müsse, er emendierte nemlich qui
ubi cessari animum advertit] Dübner und Dinter nahmen die emen-
dation auf. hierbei müssen aber zwei puncto bedenken erregen,
erstens fällt die unmittelbar darauf folgende anrede mit der thür ins
haus, ohne dasz irgend eine andeutung, an wen sie gerichtet sei,
vorausgienge. jede art von einleitung fehlt, zweitens ist in den
Worten Euphranors nur von Caesars flotte die rede, nicht auch von
der der feinde, was cessari zur Voraussetzung hat; ich möchte daher
eher glauben dasz der Verfasser schrieb : qui ubi Caesarem eessare
854 CFleischer: zu Caesar und seinen fortsetzem.
animum advertU usw. die unhaltbarkeit der überlieferten worte,
welche Nipperdej und EHoffmann beibehalten, ist von Forchhammer
ao. 8. 81 ff. dargethan worden.
ebd. 15, 8 geben die worte gut aut in opere cnä in pugna occu-
patum animmn hdberent keinen sinn und sind deshalb von Dabner
als unecht bezeichnet worden, sollten sich denn blosz die bei der
anlegung von neuen befestigungen und dem nie aussetzenden
straszenkampfe beteiligten Caeaarianer und Alexandriner ftlr das
seetreffen interessiert haben, und nicht auch die übrigen insassen
der Stadt, mochten sie nun dieser oder jener partei angehören? oder
wollte etwa der Schriftsteller sagen, dasz selbst diejenigen,
welche bei schanzarbeit und kämpf beteiligt waren , über dem see-
treffen beides vergessen hätten (vgl. zu gui . . hdberent Caes. h. G.
n 35, 1 uti ab iis natianibus, quae trtms Bhenum incokreni^ miUeren-
tur legcUi ad Caesarem)^ aber erstens würde man, da kein pronomen
determinativum vorausgeht, sicher ein vd vor gui erwarten, und zwei-
tens ist diese annähme auch dem sinne nach von vom herein hin-
ÜQlig: jede derartige nachlässigkeit sowol von Seiten der Römer als
von Seiten der Alexandriner würde sich gewis bitter gerächt haben,
die Verschlagenheit der Alexandriner war den Römern nur zu gut be-
kannt: konnte jene von den belagerten in einer fast unangreifbaren
Stellung in scene gesetzte Seeschlacht nicht eine maske für einen auf
Caesars befestigungen innerhalb der stadt zu machenden angriff sein?
und welcher römische soldat würde ohne befehl den ihm besonders
unter obwaltenden Verhältnissen anvertrauten posten verlassen
haben? anderseits aber wüsten die Alexandriner, dasz die Römer,
denen vor allem daran lag zum see Maeotis vorzudringen und sich
so einen ausweg zu lande aus der stadt zu verschaffen , jede von den
gegnem gegebene blösze augenblicklich benutzen würden, um den
nachlässigen feind zu überrumpeln und mehr terrain zu gewinnen,
daher halte ich dafür dasz der Verfasser, selbst ein soldat, schrieb:
negue vero Älexandriae fuit guisguam aut nostrorum aut qppida$90'
rum, nisi gui aut in opere aut in pugna occupatum animum häbereni^
quin äUissima tecta peteret usw. vgl. &. 0. 1 30, 5 fi« guis enuntiaretj
nisi guihus communi cansüio mandatum esaety iiUer se sanxeruni. so
erscheint mir der von Dübner verworfene satz haltbar.
ebd. 16, 1 vermag ich in den Worten nostris emmpulsis neqme
terra negue mari effugium dahatur [viäis] omniaque vidaribus eramt
futura in incerto: Uli si superassent^ navibus amnia tenereni; si m
feriores fuissent, religuam tarnen fortunamperiditairent%tr, und
in dem von den neueren hgg. unverändert beibehaltenen zweiten
teile der periode von iOi si superassent an eine lateinische oon-
struction nicht zu erkennen, ich möchte daher nach incerto die ooig.
cum eingeschoben wissen, was nach Clarkes angäbe schon einige
alte hgg. verlangten, vgl. c. 69, 2 maximeque cammemorabani im«00
Phamcicem auxüia contra Caesarem PompHo dare vbhiisse^
C während doch') Deiatarus^ gui dedissä^ tarnen ei satisfedssä.
L
*.
CFleißcher: zu Caesar und seinen fortsetzem. 855
Bei dieser gelegenbeit füge ich zu den von Drttger bist, sjntaz
II 8. 407 aus Hirtius VIII angeführten zwei beispielen für Verwen-
dung des oonjunctivs im relativsatze der indirecten rede statt des
acc. c. inf. (33, 1 u. 39, 3) hinzu h, Alex, 16, 3 ^^uorum $i qui aut animo
aui virtute cessisset^ rdiquis etiam esset cavendum. da letzteres
wort, so allgemein ohne irgend welchen der Wichtigkeit der be-
treffenden Situation entsprechenden beisatz gebraucht, in diesem Zu-
sammenhang als wenig passend erscheint, so schrieben die hgg. seit
Aldus cadendwn für cavendum^ und zwar entschieden mit unrecht«
denn wenn die wenigen rhodischen schiffe, welche in den engen un-
tiefen den kämpf zu eröffnen wagten, ihre pflicht und Schuldigkeit
nicht thaten, flohen, gekentert oder in den grund gebohrt wurden,
so folgte daraus noch nicht, wie man aus dem vorgeschlagenen au2en-
dum entnehmen müste, der Untergang der übrigen noch auf offenem
meere befindlichen Caesarischen flotte , da sie an der flucht durch
nichts verhindert wurden und der östliche hafen Alezandrias ihnen
eine offenstehende Zufluchtsstätte bot. wol aber muste Caesars flotte,
falls die Alexandriner nach besiegung der ersten angreifenden schiffe
sich in den besitz der untiefen gesetzt hatten , dem nachdrängenden
feinde weichen, mochte derselbe nach besetzung der untiefen von
dem neu gewonnenen standpunct aus den kämpf eröffnen oder sich
einfach mit dem besitze der vada begnügen, denn auch in letzterm
falle hätte dem Caesar ein verbleiben in seiner Stellung nichts ge-
nützt, ich glaube daher schreiben zu müssen quorum si qui aiU
animo aut virtute cessissetj reUquis etiam esset cedendum^ quibtts
pro se pugnandi facultas non fuisset. so entspricht das dem sinne
nach passende ceäendum auch lautlich dem vorhergehenden, aller-
dings in etwas anderer bedeutung gebrauchten cessisset. Vielhaber
dachte an ausfall von de summa rerum vor cavendum unter beistim-
mung Dübners. meine änderung scheint mir einfacher zu sein.
ebd. 17, 4 hat Vielhaber ao. s. 557 mit recht in den werten ä
scaifhis navibusque longis quinque mohüiter et sdenter angustias
loci tuebantur das zahlwort verdächtigt, welches er ganz streichen
will, da das wort aber, wie es scheint, in den hss. mit buchstaben
ausgeschrieben ist, so liegt die Vermutung, dasz wir es mit einem
verderbten werte zu thun haben, näher, sollte es aus utrinque
entstanden sein? Caesar machte nemlich, um die truppen der feinde
za teilen, den angriff auf beiden langseiten der insel zu gleicher zeit :
vgl. 17, 3 äUeram insulae partem distinendae mcmus causa constraiis
fkwibus adgreditur,
ebd. 19, 2 haben die neueren hgg. mit 6iner ausnähme die les-
art der meisten hss. certiorem Hlum propioremque oppido Alexan-
drini tuebantur aufgenommen, während ÜFD fortiorem bieten*
mit recht aber nahmen schon die alten erklärer anstosz an diesem
gebrauche des adj. certus bei einem concreten neutrum, und Bobert
Stephanus schlug dafür citeriorem vor, was Madvig adv. crit 11 282
wiederholt, allein da vorher von den Fhariten die rede gewesen,
856 CFleischer: zu Caesar und eeinen fortsetzen!.
sollte man gerade ein wort entgegengesetzter bedentnng erwarten;
anszerdem Iftszt das folgende propioremgue oppido kein locales ad-
jectivurn erwarten. Yielhaber aber scblng, da ibm die lesart f&r-
tiorem misfiel, artiorem vor, indem er auf 19, 3 hinwies: non enim
plures consistere angustiae locipatiebantur, aus zwei gründen ftlr mich
nicht überzeugend, erstens bezieht sich der eben citierte sats auf
die schmalheit des dammes oder der brücke, nicht auf ausdehnung
der durchfahrt in die breite; und zweitens, wenn wir auch sonst
nichts von der beschaffenheit der zwei dammdurchstiche wissen , ist
es wol glaublich , dasz die den beiden hftfen und der stadt zunSchat
gelegene, also am meisten benutzte durchfahrt die schmälere ge-
wesen sei? gewis nicht, wol aber wird sie, da sie für die stadt von
viel gröszerer Wichtigkeit war als die andere , stärker befestigt ge-
wesen sein als jene, demnach kann ich das von Dinter gebilligte
und in den text aufgenommene artiorem nicht itlr richtig halten^
während mir die lesart des für die kritik des &. Akx. so wichtigen
ürsinianus fortiorem vortreflFlich in den Zusammenhang zu passen
scheint, besonders da in demselben h. Alex, fortis in gleicher beden-
tung ^stark befestigt' auch noch 66, 2 vorkommt: quod qppidum fere
totius Cäiciae nohtUssimum fortissimumque est.
ebd. 20, 3 sed postquam uUra eum locum ab totere eorum aperto
atisi sunt egreäi ex navibus Alexandrini pauci, ut sine signis oertis-
que ordinibuSy sine ratiane prodierant^ sie temere in naves fugere
coeperunt scheint mir pai^c», abgesehen von seiner sonderbaren Stel-
lung am ende des satzes, nicht in den Zusammenhang zu passen,
wenn vorher erwähnt wird, dasz remigum magnus numerus et
dassiariorum der Caesarischen flotte den dämm besetzt habe, noch
dazu ein teil cupidüate pugnandi getrieben , wenn es femer darmnf
heiszt, dasz ihr angriff auf die fahrzeuge der feinde von grossem er-
folge begleitet gewesen sei , und dasz sie durch die menge ihrer ge-
schösse auszerordentlich viel ausgerichtet hätten, so widerspricht
doch dem entschieden, dasz nur wenige Alexandriner es gewagt
haben sollten diese grosze masse anzugreifen, auch wenn wir die be-
währte tap ferkelt und bekannte tollkühnheit der Alexandriner mit
in anschlag bringen : ich halte daher pauci für verderbt und vermute
darin ein wort, welches sich auf das subject des hauptsatzea, auf die
remiges und dassiarii bezieht, das bei der nachstellung des snbjectes
des vorhergehenden satzes Alexandrini entschieden vermisst wird.
meine Vermutung geht Bxxf pa vidi, noch zweimal wird in den
nächsten Zeilen des Schreckens und der bestürzung der seeleate, als
sie sich unvermutet von den Alexandrinern von der offenen seite an-
gegriffen sahen, erwähnun^f gethan: § 4 nastrosque aaiusperturbatos
insequehaniur und § 5 quihus omni^^ rebus perturbaH müites osw.
vgl. b. Afr. 82, 1 Uaque . . anmadvertU hostes circa poBum trepidare
atque uUro cUroque pavidos concursare. nachdem pauidi verdorbea
war, corrigierte ein abschreiber es in pauci um, veranlaszt durch die
folgenden werte qucrum fuga incitati Alexandrini pHures ex nacAus
CFleiecber: zu Caesar und seinen fortsetzern. 857
egredkhaniur^ weil er den gegensatz zu plures vermiszte. tind dieses
wort ist wol atich die tirsache' davon gewesen, dasz noch niemand
an der ttberliefemng anstosz genommen hat. die von Forchhammer
ao. 8. 95 f. als nnecht bezeichneten worte sine ratione mSchte ich mit
den hgg. beibehalten wissen schon wegen der dem Verfasser so ge-
läufigen asyndetischen ansdmcksweise.
ebd. 20, 7 sind die worte äUevatis scutis et animo ad conandum
nisi in klammem za schlieszen, weil sie ungeachtet der absonderlich-
keit der Sprechweise in der zweiten hftlfte des Satzes eine behaaptong
enthalten, welche jedem, der die nüchterne, von jeder derartigen
ttbertreibnng freie darstellnng der psendocaesarischen Schriftsteller
kennt und aaszerdem selbst mit den gesetzen des schwimmens be-
kannt ist, fast ein l&cheln abnOtigen masz. das romanhafte der über-
lieferten worte entgieng dem gescheiten Schreiber des codex D nicht,
dieser verbesserte die Überlieferang in allevati scuiis^ indem er sich
die Situation so vorstellte, als ob dieschwimmenden Soldaten Caesars
die Schilde nach art der kfthne benutzt hStten und dieselben , indem
sie sich an ihnen festhielten, vor sich her getrieben htttten; von
Madvig adv. crit. 11 s. 282 anm. wiederholt, allein auch dies ist
ganz unglaublich, wie schon die von der sonst im groszen und gan-
zen ezacten diction des Verfassers abweichende ausdrucksweise er-
gibty haben wir es hier mit einer der vielen interpolationen zu thun,
von denen das h, Alex» entstellt ist. Dübner und Vielhaber haben
mit feinem tacte schon vieles ungehörige entfernt; ich glaube aber
dasz eine genaue Untersuchung des Sprachgebrauchs noch manches
einschiebsei zu tage fördern wird.
ebd. 21, 5 atque egesHs ex mariU^ndihusUbere sunt usipostea
ad mUtenda navigia. es fehlt das object zu usi sunt, denn ein aus
den vorhergehenden werten zu ergttnzendes mari wttre viel zu allge-
mein, da hier blosz von der wiedereroberten durchfahrt die rede ist ;
das andere wort aber, an welches man denken könnte, eo loco am
aiifang der periode stehend gehört einem andern satze an und ist
durch zu viele worte von dem erwähnten verbum getrennt, als dasz
man es mit diesem verbinden könnte, mir ist es wahrscheinlich^
dasz entweder pon^e yot postea ausgefallen (vgl. 19, 1 casteHum-
que adpontem • . posuU, § 4 quo fado imperatpontem adversus hostem
praevattari^ § 5 quae consueveräni navigia per p&ntes ad incendia . .
emitterej 20, 5 quae in p&nte . . eonstUerant^ § 5 munüUmem in pante
institutam, 21, 1 quoad potuU cohortando mos adpontem . . continere)
oder dasz postea aus ponte und dem anfangsbuchstaben des folgenden
4id entstanden ist.
ebd. 24, 1 quod si quo facto sentirent ea, quae posluHarent^
mansurum in fide dimissum regem credehat. für das unverständliche
quo facto schreibt man seit PManutius quopadOy auch wenig an-
sprechend, der Zusammenhang fordert ein wort mit der bedeutung
'wirklich, in Wahrheit', und da ergibt sich von wlh^iprofecto.
vgl. h, G, Yin 21, 2 quam si sine dimicatione inferre integris posset^
858 CFleificber: za Caesar und eeinen fortsetzen!.
pro aiM dementia atque humanUale numguam profedo essd «Qa-
turus. h. Hisp. 25, 7 quorum pugna essd prt^ profedo dirempta
usw. und 26, 6 profedo nostro commeatu privati necessoHo ad dkm-
canäum desoendent. das von Jurinius und Vielhaber verdttditigte
postularent^ wofür ersterer pcUHcerefUur schreiben wollte, halte
ich für richtig, ich übersetze Veil, wenn sie wirklich der gesinnung
waren^ welche sie bei ihrer forderong an den tag legten' usw.
ebd. 24, 5 tSe u^ ex carceribus in liberum cursum emissus adeo
contra Caesarem acriter hdlum gerere ooepit. es liegt ein der renn-
bahn entnommenes bild vor; der vergleich aber gewinnt erst dann
Wahrheit und leben, wenn wir das emissus nicht auf den wagen-
lenker, sondern auf das ungestüme ros beziehen, welches, bisher nur
mühsam vom lenker des gespannes gehalten , nach dem fallen der
schranken in die rennbahn hinausstürmt, denn der auriga^ dessen
erstes erfordemis besonnenheit war , kann nicht in paraUele gestellt
werden mit dem unbesonnenen jungen könig. ich vermute daher
den ausfall von eq^uus vor ex.
ebd. 25, 3 guod ubi Caesari nuntiaium ed^ unam dassem iubet
expediri atque indrui. so die hss. mit ausnähme der jüngsten, in
denen unam fehlt. Oudendorp schlug dafür vor una^ dh. eodem tem-^
pore ; seit Nipperdej ediert man suam, sollte unam nicht das mia-
verstandene compendium von universam sein?
ebd. 26, 2 üinere pededri^ quo coniungitur Aeg^us Syriae^
Fdusium adducit. da adducü ohne object ist, so emendierte schon
Davisius advemt\ Yascosanus und BStephanus schoben magnascopias
davor ein; Glandorp coi^icierte contendü oder pervemt^ Vielhaber«
folgte dem beispiel von Davisius , indem er ao. s. 562 ad Fdusimn
venu vorschlägt unter vergleichung von 36, 3 cum adveniard ad
NicqpoUm\ Dinter endlich ediert od Pdusium adcurrü. aUein der
vergleich von 56, 6 Hispaiim accedü^ sowie von 37, 3 prcpius Aieo-
polim accessUf 38, 1 prqpiusque ipse Alexandriamper Syriam aeeederti
und 67, 1 cum propius Pontum finesque QaUograedae accessissd legt
es nahe, dasz der Verfasser schrieb Pdusium accedit^ dem sinne
entsprechend und auch den buchstaben nach von der Überlieferung
nicht sehr abweichend. 56« 6 würde, da hier das an den drei andern
stellen hinzutretende propms fehlt, unserer stelle vollstftndig ent-
sprechen.
ebd. 28, 4 tribus autem ex lateribus variisgenerum mumtiom-
bus tegebatur: unum latus erat adiedum flumini NüOy äUerum edi-
tissi$no loco dudum^ ut partem cadrorum obtinerd^ tertium paHude
cingebatur, für generum mwnüionibus will Nipperdej schreiben
ger^eribus m%mUionum\ ihm folgen Kraner und Dinter, während
EHoffmann die beiden Wörter umstellt. Dübner hingegen nahm den
Vorschlag Dehlers varii generis munitionibus auf. vor Nipperdej
edierte man variis genere munüiontbus. der von dem Verfasser be-
sonders hervorgehobene umstand, dasz der lagerort des königs anf
allen den darauf erwähnten drei Seiten durch natürliche be-
GFleischer: zu Caesar und seinen forteetzern. 859
festigangen geschützt war, führte mich auf den gedanken, dasz
generum für regionum yerschrieben sei. in dem consecntivsatze
uipartem castrarum ohiineret ist yorpartem ein attribut ausgefallen,
wahrscheinlich magnam oder maximam.
ebd. 31, 1 cohortes illo circumire 'castra et summwm hcwm
aggredi iussü. HAKoch rh. mus. XVn s. 477 nahm mit recht an-
stosz an ülo , da man eine zahlangabe bei cohartea vermiszt. er yer-
mutete äUcot; ich glaube dasz in illo die zahl JJJ steckt, und däsz
das schlieszende o aus dem anfangsbuchstaben des folgenden ctrctumire
entstanden ist. in gleicher weise benutzt Caesar c. 19, 3 drei jeden-
falls durch tapferkeit ausgezeichnete cohorten, um die eroberte
dammbrücke zu verteidigen : et cohortium irium instar in terram ex-
posuerat.
ebd. 53, 1 concurrüur ad Cassium defendendum: semper enim
Berones campluresque evocatas cwm telissecum habere consuerat. für
die Berones *, welche die hgg. zu einer leibwache des Cassius machen,
schlug Madvig adv. 11 284 vor gerrones, deswegen nicht annehmbar,
weil hier entschieden erzählt wird, dasz der verhaszte consul zu sei-
nem schütze stets bewaffnete begleiter um sich hatte, auf deren
tapferkeit und treue er bauen durfte, was konnten ihm da gerrones
nützen? und auszerdem welche Zusammenstellung gerrones cam-
pluresque evocatosl wo aber anders sollten wir jene tapfem leute
suchen als in den reihen der centurionen, welche durch die huld
des consuls aus dem stände der milites gregarii zu ihrer würde ge-
langt waren? ich emendiere also: semper enim centuriones com-
pluresque evocatos cum tdis secum habere consuerat. überhaupt kom-
men die centurionen b&ufig in Verbindung mit den evocati vor : vgl.
b. ctt;. I 3, 3 compktur urbsi et ius comitium trtbunis^ ceniurionibus^
evoeatis. 1 1 7, 4 e^ pro rata parte centurionibus evocatisque. III 53, 1
evocatos centurionesque complures. Sali. Cot, 59, 3 ab eis centurioneSt
omnis lectos et evocatos usw. die Verderbnis entstand mutmasslich
auf die weise, dasz zu dem ausgeschriebenen werte centtniones von
anderer band das gebräuchliche compendium 0 hinzugefügt wurde;
dieses gerieth später in den tezt vor centuriones^ und so entstand
* [da kein beransgeber, soweit ich vergleichen kann, die annicht
Wilhelm von HnmboldtB über die Beronea an dieser stelle erwähnt,
80 halte ich es nicht für ranmTerschwendung, dieselbe hier wörtlich
abdrucken in lassen, er sagt in seinem nach Kieperts urteil 'bahn-
brechenden* werke 'prilfnng der nntersnchungen über die nrbewohner
Hispaniens mittelst der vaskischen spräche' (Berlin 1821) in dem Wieder-
abdruck in den gesammelten werken U s. 114 folgendes: 'der name der
celtiberischen ▼Ölkerschaft der Beroner kann mit dem noch hente in
Wales üblichen worte her «speer, spiesx» (Owen) snsaroinenhängen, das
auch in Miederbretagne gewöhnlich ist, wo ea noch ein anderes ver-
wandtes b\r «pfeil» (Le Pelletier) gibt, ich möchte daher das wort
beronea bei Hirtins (6. Alex, 68) weder für den volksnamen noch, da
alle Codices darin fibereinstimmen, für eine falsche lesart halten, es war
unstreitig ein celtlscher ansdmck für bewaffnete, und der Ursprung
des namens der TÖlkerschaft.* A. F.]
860 CFleischer: zu Caesar und seinen fortsetzem.
jener mit B anlautende völkername, der um so anpassender ist, als
Cassius gerade von den Spaniern mit dem glühendsten hasse ver-
folgt wurde: vgl. 48, 1. 49, 2. 3. 50, 1 und Madvig ao.
Zu der, wie es scheint, sowol durch auslassungen als durch Um-
stellungen verderbten stelle 12, 1 guihus .... (nach Nipperdej) et
superiofilms locis suhlevahantur ^ ut ex aedificiis defendi possent ei
fnaUeriam cundam obkerent, quod nostrae classis oppugnationem eHam
ad terram verebantur^ deren reconstruction Dinter versucht hat, be-
merke ich am schlusz dieser besprechung des h. Alex, meinerseits,
dasz mir zwischen et und superiorihus der ausfall von si wahr-
scheinlich ist; dasz nach dem ut des folgenden satzes ut ex aedifidis
defendi possent das pronomen qui ausgefallen zu sein scheint (viel-
leicht ist daraus das an falsche stelle gerathene quibus entstanden:
vgl. h. 0-, IV 23, 5 maxime ut marüumae res posttdarent^ ut quae
<^erem et instabüem motum haherenty so dasz also der zweite satz den
ersten begründet), und endlich dasz ich an materiam cunctam an-
stosz nehme, wofür ichmateriam convectam setzen möchte, jeden-
falls ist hinter diesen werten eine lücke anzunehmen, da der Ver-
fasser nicht sagt, wo die holzbarricaden errichtet worden seien, in
der Dinterschen reconstruction will mir am wenigsten der sats ^mi-
hus et superiorihus hcis sübleväbantur gefallen.
&. Hisp, 1,1. der anfang des sehr verderbt überlieferten ersten
cap. ist von den hgg. in verschiedener weise zu emendieren versucht
worden, darin stimmen aber alle, welche überhaupt eine emendation
versucht haben, überein, dasz sie eine oder mehrere lücken annehmen :
so Nipperdej nach PJiarnace superato und in ItaUa detinetur^ Kraner
und £HoiFmann nach profugissent, Dübner hinter profugissent and
detinetury Dinter nach profugissent cum xmß. detinetur. die beiden
das buch beginnenden ablativi absoluti , welche den inhalt der dem
spanischen kriege vorausliegenden ereignisse recapitolieren, halte
ich , so ungeschickt sie auch sein mögen , für echt, derartige asjn-
detische abl. abs. sind dem Verfasser eigen , vgl. 13, 6. 36, 4. 37, 1.
42, 2. der sinn des folgenden verstümmelten satzes qui ex kis
proelOs ist durch das von Dinter hinzugesetzte superfuerunt (vgl.
33, 2 nos ex proelio paucos superesse , 40, 2 qui ex pugna super^
fuerunt^ 31, 8 ita ipsis Liberalibus fusi fugatique non superfuissent)
ohne zweifei dem sinne nach richtig hergestellt, nur mGohte ich den
conyuncüv superfuissent vorziehen, welcher dem sprachgebraadie
des Verfassers entspricht und in folge des nahestehenden profugissent
leichter ausfallen konnte als der indicati?. die nftchsten werte sind
schon von Dinter richtig emendiert : sie können nur gelautet haben :
cum a d adulescent e m (Dinter adukseenttdum nach V) On. Pomjpfi u m
profugissent. dann fahre ich mit Streichung des interpolierten cum
im satze fort: et uUerioris Hispaniae potitus esset^ wozu natürlich der
so eben erwähnte Cn. Pompejns eubjeet ist, eine inooncinnitit di«
bei nnserm Verfasser n icht auffallen kann, vgl. 9, 1. die Btrsiehnsg
CFleischer: zu Caesar und seinen fortsetsern. 861
Ton cum schlieszt natürlich sowol die von den hgg. angenommenen
lücken als auch die zerteilong des § 1 in mehrere einzelsätze (so bei
Dübner and EHoffmann) aus. er lautet nach meiner ansieht : Phar-
fiace supercUo^ Africa recepta ^qui ex hisprodiis superfuissent, cum
ad adülescentem Cn, Pompeium profugissent^ [cum] ä uUerioris Hispa-
fUae patüus essä^ dum Caesar munerihus dandis in ItcHia däinetur^
QUO facüius praesidia contra compararet Pompeius^ in fidem utms
cuiueque cwitaiis confugere coepit, zu der prolepsis des relativsatzes
qui . . superfuissent Tgl. jahrb. 1878 s. 276.
ebd. 1, 5 üa pacta {paucis T ezpuncto u; pads D u illato,
und wahrscheinlich auch im Cuj. und Seal.) commoda {commodo
Pet, commodis D corr., d) hoste hortaU) maiores augebantwr copiae.
da ich bei dem vulgftrlatein des yerüassers weder an hoste hortato an-
stosz nehme (vgl. AEöhler de auct. belli Afr. et belli Hisp. latin.
8. 25) und ebenso wenig an dem ausdruck hosiis (vgl. das Meiszner
Programm 1876 s. 12 anm.), so übergehe ich die von diesen werten
ausgehenden Verbesserungen, von der lesart der vulgata ausgehend
corrigierte Morns ita haud paucis commodis hoste hortato, Eraner ita
haud paucis commodo ohlato^ allein haud kennt der Verfasser der
b. Hisp. nicht, ich suche den fehler in pacis und vermute: ita
facili commodo hoste hortato maiores augebantur copiae.
ebd. 2, 1 und 2. der umstand dasz der unwissende und ge-
dankenlose Schreiber des ai'chetypus vqm b, Hisp. unglaubliches
leistet im gleichmachen der endungen neben einander oder in ge-
ringer entfemung von einander stehender worte, ferner sein ge-
ringes Verständnis der compendien führt mich zu folgendem ver-
bessemngSYorschlag des anfangs von cap. 2. ich halte die Verderb-
nis der unhaltbaren periode für veranlaszt durch misverstftndnis des
in Abbreviatur geschriebenen vener unt\ die beiden vorhergehen-
den coi\junctive venisset und discessissent hatten den coiyunctiv
venissent zur folge, dieser vriederum die hinzusetzung von gue zu
legatif was auch in einigen allerdings untergeordneten hss. fehlt,
schon Petavius las venerunt. nach facerent nehme ich keine lücke
an: denn ich mache mit Dübner die werte simulque guod tabeUariis
abhängig von dem vorhergehenden potitus esset ^ streiche aber das
quod als dittographie von que* so erhalten wir mit, wie ich glaube,
nicht zu gewaltthätigen Veränderungen eine richtige, wenn auch in
folge der an einander gereihten relativsätze hOchst schleppende
Periode, die aber dadurch an Übersicht wesentlich gewinnen würde,
wenn man mit a guibus nuntiäbatur einen neuen satz begönne, ich
schlage daher folgende fassung der §§ mit berücksichtigung der
früher von andern und mir zu § 1 veröffentlichten coi^ecturen vor:
Caesar didator tertio , constd designatus quarto muUis ante iter rebus
confedis cum cderi fe8tinatione[fn\ ad bellum conficiendum in Hispa-
niam cum venisset j legati[que] Cordubenses^ qui a Cn. Pompeio disces-
sissent, Caesari obviam venerunt. a quibus nuntiäbatur noäurno tem-
pore oppidum • .potitus esset simülgue [quoä\ tabdlariis^ qui • . facerent.
862 CFleischer: zu Caeear und seinen fortaetzem.
ebd. 2, 3 geben sämtliche bgg. dem Vorgang Nipperdejs fol-
gend so : quibus rebus , . et Q. Fahium Maximum de suo adverUu
facU certiores utque sibi equUatus^ qui ex provinda fuissdy praesidio
esset, nun bieten aber sämtliche ältere hss. equiiatumy TYD ut quem^
qui fehlt in D und Dory., ÜH haben fedsset^ F isset^ D feciaseni^
ebenso die hss. Oudendorps , so dasz also die Nipperdeysche lesart
auf sehr schwachen füszen steht, in anbetracht der Vorliebe des Ver-
fassers fUr anticipierende relativsätze ziehe ich vor zu schreiben: ui
quem sibi equitatum [qui] ex provinda feeisset^ praesidio esset.
zu equitatum facere ex provinda vgl. 7, 4 una (sc. legio) facta ex
cotoniis- und 22, 6 cu/m hene magnam manum fedsset^ sowie über-
haupt die auszerordentlich häufige Verwendung des verbnm faeere im
h. Hisp.: vgl. das Meiszner programm 1876 s. 16.
3, 8 bleibe ich bei meiner frühem behauptung, dasz das iweite
prope in seprope captos esse absolut keinen sinn gibt und einfach
eine gedankenlose Wiederholung des vorhergehenden j^rojpe in prope
magna pars hominum ist, wozu vgl. 2, 1 fere iam aliquot mensibus,
8, 4 magna pars dus provindae montibus fere munUa.
4, 2 haben ü^ F und T pr. viros fortis^ was aufzunehmen sein
dürfte ; 4, 4 bieten die beiden maszgebenden hss. ü pr. und Y den
bloszen accusativ Cordubam ohne vorhergehendes ad ^ es ist dem-
nach so zu schreiben, vgl. 33, 1. 35, 1. 36, 4. 41, 2 und das
Meiszner programm 1876 s. 9.
ebd. 5, 2 schreibt Dübner mit Stephanus und Olandorp tendebat
für das überlieferte tenebat^ misbilligt die lesart der jungem hss.
pontiSy wofür die altem ponit haben, und verwirft die Clarkesche
conjectur castra fär das überlieferte sinnlose trabes^ alles mit unrecht,
wie ich meine, erstens kennt der Verfasser tendere in dieser bedentung
nicht, während tenere sich öfters so gebraucht findet, wie 3, 1. 5, 5.
14, 1. 30, 6, und dies ist bei der grossen nniformität des aosdrocks
in dieser schrift wesentlich, zweitens weisen die worte des folgen-
den § ex adverso pari ratione castra ponit sicher auf die worie e
regione pontis hin: vgl. 16, 2 portam quae e regione . . castromm
fuerat. drittens finden sich Verstümmelungen im anfange der Wör-
ter öfters in den hss. des b. Hisp.: vgl. das überlieferte cuUaUs 16,2
für virgtdta^ orales, oder könnte nicht trabes die correctur ebes
durch Umstellung der beiden silben entstandenen traeas sein (vgl.
2, 1 üerante statt ante iter) ? Kochs Vorschlag rh. mus. XVII s. 478
mit annähme der Verstümmelung zweier worte castra Caesar statt
trabes zu schreiben ist ansprechend, doch erscheint der name CSmmt»
da er schon im vorhergehenden satze vorkommt, hier überfiflssig.
mit vollem recht also haben EHoflfmann und Dinter die leaari
Clarkes beibehalten.
ebd. 5, 3 zu den Worten huc cum Pompdus cum suis copüs t^
nisset sei folgendes bemerkt, der Verfasser des b. Hisp. kennt in sei*
nem Soldatenlatein für gewöhnlich keinen unterschied zwischen der
Stellung des pron. poss. vor oder nach dem zugehörigen subsi tot
w
1
i
CFleiscber: zu Caesar und seinen fortsetzem. 863
steht 68 2 de 9U0 adventu^ 5 cum suis copüs^ 8 ah suis castris^ 10 suas
copiaSf 11 ad nostra . . casira, 12 ad nostra oastra^ 13 nostH equUes,
ebd.' suarum parttum^ 14 in nostrispartibus^ ebd. nostrarum equüum^
17 in tua viäofia^ ebd. iua virtute (beidemal mit nacbdruck im
gegensatze), 18 suo signo^ 19 a sua consuetudinet 20 suarum partium^
21 a suo locOy 25 suarum . . partium^ ebd. no^o^ equUes^ 26 9i05<ra
fdicitas^ ebd. res^ra qptnio (beidemal im gegensatze), ebd. nostro
cammeatUf 27 «ua praesidia, 31 n ^uo {oa>, 36 suum maH^iciumy
42 MIO ffem in cansulatu^ ebd. re^ro ifiiptUsu. nachgestellt hingegen
findet es sich 7 castra stMy 12 e^ifi^u« nostris (2 mal), 13 in castris
nasiris^ 14 equUes nostri, 15 tfi coti^pecfu^ti« fM>5ffO, 16 focos suoSj
25 ooie no^^ra, 43 quaesturae suae, es erhellt aber aus den ange-
führten beispielen, dasz die voranstellung die häufigere ist.
ebd. 6, 3 haben ÜVFD, Petay. 8 et alii rec. cui de Fompeiö
cum nufdius esset äUatus, TL stellen cum nach cui. da beide lesarten
keinen sinn geben, schrieb Stephanus cuius rei Pompeio cum nun-
iius, Nipperdey gut cum Pompeio nufUius^ Dtlbner qui Pompeio cum
nuntius^ die älteren ausgaben bieten die Vermutung von Stephanus,
alle mit tilgung des de. an dem sinn ist ja nichts auszusetzen; allein
die verschiedene Stellung des cum im Par. 11 und Leid. I brachte
mich auf den gedanken, dasz wol eher dieses wort ein zusatz der ab-
Bchreiber oder misverstandene dittographie des vorhergehenden rela-
tivums sei, herbeigeführt durch den ihnen anstöszigen conjunctiv im
relativsatze, als de, dessen Stellung in allen hss. die gleiche, das also
auf den archetypus zurückzuführen ist. zieht man nun die verliebe
des Verfassers fCLr proleptisch relative Zeitangaben im beginn der sätze
in betracht, so scheint mir die ttberlioferung auf folgende ursprüng-
liche lesart hinzuweisen: quo [cum] die Pompeio nunti%is esset aUa-
ius, eo die profieiscUur: vgl. 13, 3 quo die ad oppidum capiendum
aceedereni^ se scutum esse posüurum. 18, 3 quo die equestre prodium
factum essetf suo signo perisse homines XXX7. 22, 7 ex quo die
oppidum Aiegua esset captum^ metu conterriios compHures profugere in
Baeturiam.
ebd. 7, 1 nehmen sämtliche hgg. an der Überlieferung Caesar
in munitionibus ceterisque^ quae . . opus fuerumty aggerem
vineasque agere instituit anstosz und halten in munitionibus ceterisque
für verderbt ich halte die werte für unverdorben, in steht in der
bedeutung unseres deutschen 'unter* ss lat. inter^ entsprechend
griech. iy local gebraucht, der sinn ist also: Während Caesar die
nötigen Schanzarbeiten aufwerfen und alles das, was zur belagerung
der Stadt notwendig war (oppidum ist wol in oppugnandum zu ver-
wandeln) herbeischaffen und vorbereiten liesz , begann er den bau
^08 dammes und der laufhütten.' über die verliebe des Verfassers
für hellenismen vgl. das Meiszner programm 1879 s. 66 f. die
exacten Lateiner gebrauchen so in nur bei personen, vgl. Dräger
bist. Syntax IE s. 604.
ebd. 11, 2 fQgt EHoffmann mit recht telorum nach genus ein,
864 GFleischer : zu Caesar und seinen fortsetzen!.
verwirft aber ohne hinreichenden grund den ganzen satz, der mit
sicut beginnt, die richtigkeit des eingeschobenen wertes ergeben
folgende stellen : 9, 3 telorumque muUüudine iaäus facere ooeperuni.
11, 4 ignem muUum telarumque muUüudinem iadando, 13, 6 omni
genere telorum emisso. 15, 4 muUüttdine tdarum ignemque usw.
16, 1 igne tdorumquemultitudine iacta. 17, 3 telorumque missus ex-
ceptantes (letzteres mit Dinter statt eocs^äantes). 19, 1 propter
muUüudinem telorum. die häufige Verbindung dieses wertes mit
ignis läszt die einschiebung des ganzen satzes als wenig glaubhaft
erscheinen, wenn auch die worte von quibus bis mitti verdächtig sind,
da sie eine lästige Wiederholung des so eben gesagten enthalten, ich
vermule dasz die interpolation durch 12, 4 ignem muÜum tdorum-
que muUüudinem iactando veranlaszt wurde.
ebd. 12, 6 hat Kraner tamen vor virtute müüum nostrorum ver-
dächtigt; ich möchte lieber das zweite tamen vor repulsi getilgt
sehen, denn das erstere ist durch die im vorhergehenden § erwähn-
ten thatsachen cum in opere nostri distenU essent^ (pppidani) acrüer-
quepugnare coeperunt und etsi milües nostri inferiore looopremehanivr
vollständig gerechtfertigt, das zweite hingegen erscheint als ebenso
unnötige interpolation wie das oben behandelte prqpe in 3, 9.
ebd. 14, 3 hat JDegenhardt *de auctoris belli Hispaniensis elo-
cutione et fide historica' s. 45 meine conjectur eximia virtute ffir
ex simüi virtute schlagend zurückgewiesen, allein daran musz ich
festhalten, dasz der schlusz des satzes averso/t 5uii^ jproelttim /oofre
unmöglich richtig sein kann, weil im nächsten cap. aosfUhrlidi von
dem vom feinde mit den Römern begonnenen treffen die rede ist;
also musz hier eine corruptel vorliegen, trotzdem stehen die worte
noch in allen ausgaben.
ebd. 16, 2 haben die hss. cum hene magnam partem muri eon-
sumpsissent. Nipperdej schreibt temporis für murt, und ihm folgen
die meisten hgg. da in § 1 erwähnt worden ist, dasz der aasfall
nocte und tertia vigüia stattfinden werde, so schlage ich vor für muri
zu schreiben noctis.
ebd. 17, 2 vermute ich in dem von Nipperdej eingeklammerten
vidoriam eine corruptel aus vix tuarum zu legionum gehörig,
welche worte an falsche stelle vor qui geriethen. man vermiszt neu-
lich ein bezeichnendes attribut zu legionum.
ebd. 17, 4 ziehen die hgg. qualem zur rede der abgesandten,
ich möchte sie mit Dinter zur antwort des Csesar gezogen wissen :
vgl. 19, 4 den brief des L. Munatius qualem me üU prctestäi^ tali vir-
tute et constantia me inte praestäbo. das nach quaiem ausgefallene
wort ist wahrscheinlich alienis. für ut lese ich mit ü vndtct
und billige die lesart dieser hss. deposcimus petimus que. diese verba
bilden den schlusz der rede der gesandten.
ebd. 18, 5 haben die besten hss. insequenti tempore duoLu$iUv»i
fratres transfugae nuntiaruntque oder nuntiaruntquae (TÜLFV")
Pompeium contionem habuisse* Nipperdej emendiert transfugae mn-
CFleisoher: zu Caesar und seinen fortsetzern. 865
tianifUf quam Pannus cofdionem häbuissel mit dreifacher yer-
ftnderung ; ihm folgen sämtliche hgg. einfacher scheint mir diese
correctnr zu sein: tranfug er nufUiaruntque Pampeium contionem
Aa&utsse, wie 18, 3 transfugü et nunitiavü mit folgendem acc. c. inf.
19, 3 od nos transUiU dixUque. 20, 2 ad nos transfugü et mmiiavit,
dasz dieses von mir benutzte compendium in den hss. des h, Hiap,
angewandt worden ist, ersieht man aus der anmerkung Dabners
zu 22, 7.
ebd. 18, 4 bedarf einer nähern erUärung, um den text con-
stituieren zu können, ein sklav, der seinem herm ans Ategua in das
lager des Caesar gefolgt war, ermordet jenen, entflieht in das lager
des Pompejns, sendet aber aus nicht näher angegebenen grttnden
ein beschriebenes wurfgeschosz in das lager Caesars, welches den-
selben Aber die im lager des Pompejus besprochenen zustände zu
Ategua und die kriegerischen plane der dortigen feindlichen partei
benachrichtigen soll, zugleich aber bietet er sich auch, um in die
Stadt zu gelangen, den Pompejanem als briefbote an, in der absieht
Ton dort aus dem Caesar noch genauere nachrichten zukommen zu
lassen (vgl. in demselben cap. die to&eZZorts, die aus dem Pompejani-
sehen lager zu der Stadt zu gelangen suchen, ein höchst gefahrvolles
und schwieriges geschäft). so glaube ich die sonst unverständlichen
worte^t^a liiteria accepiis verstehen zu müssen, sein anerbieten wird
angenommen, und er kehrt in die stadt zurttck, die sein früherer
anfenthaltsort gewesen war: cum in iir5em revertiaset. sämtliche
hgg. haben nun nach dem schluszsatze qui wittere glanäem inscriptam
Sdiebat eine Ittcke angenommen, ich halte qui entweder für inter-
poliert, wie 12, 6 9ut etsi inferiore loco premehantur (so alle hss.),
was Scaliger entfernte, oder für den rest eines verstümmelten wor*
tes oder misverstandenen compendiums, welches die art und weise
des geschoszwerfens genauer bestimmte.
ebd. 18, 8 hat Dübner ebenso wie Dinter die conjeotur Schnei-
ders, welche sich aber wahrscheinlich schon im Petavianus vorfand,
ita fune crure deUgato ohne bedenken aufgenommen, mag nun da-
selbst gestanden haben was da will , fune crure ddigato hat jeden-
falls der Verfasser nicht geschrieben, denn was hätte es denn genützt,
den tabellarius, der sich zum anzünden des turmes erbot, mit einem
strick am beine zu fesseln, um ihn an der flucht in die Stadt zu hin-
dern, da er mit hilfe des feuerbrandes, den er bei sich tragen muste,
um seine absieht ausführen zu können, jeden augenblick im stände
war sich seiner hänfenen fessel zu entledigen? ich halte daran fest,
dasz in crure de ligno nichts anderes als turri ligneae oder wol
besser turrl ligneä steckt, da der autor ^uchpropius apprcpinquare
mit dem accusativ construiert: vgl. 29, 8 und b, G. 1 46, 1. IV 9, 1.
y 37, 1. Vn 20, 3. YIII 36, 3 propiuß aceedere stets mit dem accu-
sativ der person oder sache. in fune vermutete ich früher fun€8tae\
das folgende eadem nocte legt es aber nahe, in fune eine corrupte
Zeitbestimmung zu suchen, vielleicht noctu^ durch Umstellung der
Jflhrbueh«r thr eltM. philol. 1870 hfl. IS. 66
866 CFleischer: za Caesar und seinen fortsetzem.
Silben verderbt: vgl. 2, 1 Her ante für anU Uer^ 5, 2 irabes
für castra.
ebd. 19, 4 quäkm me üU praestüi^ taii vwMe ei (xmskmtia
futurum me in tepraestaho. Glandorp tilgte futurum^ nod alle hgg.
folgten ihm. die Vorliebe des Verfassers fttr das wort faiUar (20, 2
itemque adversariorum vidoriae fmdores. 21, 3 esse faiäares Caesaris
vidoriae. 25, 6 fautorumque vokMtas. 28, 2 quisui [Nipp.] fuissemi
fautores, 32, 8 qui iüaruin partium fautcres essent) Iftsxt vermuten
dasz futurum ans fautorem entstanden sei, welches seinen platz
ursprünglich hinter in te hatte und an falscher stelle in den text
gerieth.
ebd. 22, 3 glaube ich dasz mit der vulgata nach reiiqui einzu-
fügen ist qui] die lücke, welche Nipperdey und seine nachfolger
nach detuterunt annehmen, halte ich für unnötig : denn der folgende
satz erklärt sich einfach aus den mitteilungen welche die zurück-
gekehrten gesandten dem Caesar machten; für miserumt aber ist zu
schreiben missi sunt.
ebd. 29, 6 in quo sibi prope murum adversarüs eonstOuebamt
habe ich jahrb. 1878 s. 275 f. gestützt auf die lesart des Pet und
Norvic aduersarü prodiandum oonstüuebant folgendermaszen zu
schreiben vorgeschlagen: neque sibi nisi prope nmrum cum ad-
versarüs proeliandum canstOuebant, allein der mir dama]^ noch
nicht bekannte umstand , dasz der Pet. und Norvic. beide von öiner
und derselben band zum teil willkürlich im b. dv, und den folgen*
den commentarien durchcorrigiert sind , und die verliebe des Ver-
fassers für ' persönliche dative bei verben welche in der feineren
spräche desselben entbehren (vgl. 2, 4 equitatum sibi praesidio habuH^
und denselben überflüssigen gebrauch persönlicher dative in un-
serer deutschen vulgftrsprache, sowie die diesem gebrauch ent-
sprechende h&ufige anwendong der pronomina possessiva in der
lateinischen und deutschen Volkssprache: AEöhler ao. s. 51 f.) hat
mich auf einen einfachem verschlag geführt, mit anwendung der
beliebten Verbindung durch ibique statt des überlieferten m quo
(vgl. h. dv. I 60. b. Alex. 48. 56. 54. b. Afr. 96) möchte idi emen-
dieren: ibique »ibi prüpe murum adver si (oder adversarif)
acies (oder aciem) constituebant: vgL im folgenden c. 30, 1 ervi
ades XIII aquiUs cimstiiuta. nach adversarii war der ausfall von
acies oder aciem, besonders wenn es abgekürzt geschrieben wmr,
auszerordentlich leicht möglich; möglich auch d^sz adversi aeie
zu adversarii contaminiert wurde: vgl. 29, 6 caslribuissd in UF
für casus tribuissd.
ebd. 41, 2 hat Dflbner das von Kraner herrührende Ifleken-
zeichen hinter non pradermittufU aufgenommen; mit recht aber fol-
gen EHoffinann und Dinter Nipperdej, der die Überlieferung für in-
tact hftlt. es ist schon öfters und an verschiedenen orten dannf hin-
gewiesen worden, dasz der Verfasser des b. Hisp, sich nicht selten
einer höchst elliptischen ausdrucksweise bedient, so auch hier, er
CFleisoher: zu Caesar and aeinen forteetsern. 86 7
erzählt dasz die belageret die gelegenbeit sich bei dem für die be-
lagerten 80 unglücklichen ausfall der stadt zu bemttchtigen benutzt
haben: nostri ad appidum recuperandum ooeasionem nan praeter-
mütunt. die thatsache der wirklichen eroberung wird nun gar nicht
erwähnt, sondern der yerfasser führt mit rücksicht auf das Tor-
hergehende eruptione facta eaedem hene magnam facmnt (denn so
wird wol zu emendieren sein) fort: et rdiqucs (dh. also die sämt-
lichen eiiAvohner der stadt , welche bei dem ausfall xmyersehrt ge-
blieben waren) vivos capiunt.
ebd. 41, 4 tum praeterea accedebat^ ut aggerem materiesque^
unde aom {sokUi TLFV, soUtae l>d et rec.) swU turres {turris TFV)
agi^ prqpkis mSUa passiiium VI non reperiehantur (reperiehatur
TF Pet.). unter hinweis darauf, dass die Verwechselung des con-
junctivs und indicativs in den besten hss. des h. Hisp, etwas häu-
figes ist (eine reihe solcher yertausohungen sei hier angeführt:
18, 2 eduxissent ÜV statt edimt\ 15, 3 fecerufU nach ut TLD statt
fecerint'j 27, 4 receperunt nach ut D statt redperent] 31, 1 deferuni
nach ut V statt difßderent; umgekehrt steht der conjunctiv statt des
indicativs 19, 2 incenderent T statt ineenderunt] 19, 4 tribueres L
statt tritmes] 36, 2 incenderent V statt incendunt'^ 41, 4 aoeederet
TFLVD statt accedebat)^ dürfte wol folgende reconstruction , be-
sonders da das überlieferte reperiehafUur auf zwei subjecte hin^hrt,
nicht zu gewagt sein: tum praeterea accedebat^ ut aggerlem] tua-
teriesque^ unde söUti sufU turrie vineasque agere^ prqpius nMa
paseuum VI non reperirentur (vgl. 7, 1 aggerem vineasque agere
mstüuity hierzu vergleidie man den vorausgehenden satz huc ao-
eedebat ut aqua . . nusquam reperiretur und die gewOhnung des Ver-
fassers eine einmal gefundene und gebrauchte redewendung mehr-
mals in unmittelbarer nähe hinter einander anzubringen. — Den
sich unmittelbar an die behandelten worte imschlieszenden, in den
hss. so überlieferten satz: ac {hac TFV) Pampeius ad oppidum
oppugnationem tutiorem efficeret usw. glaube ich folgender-
maszen lesen zu müssen: ae Pompeius ut (so schon der Pet vor ad)
oppidi oppugnationem tardiorem efficeret 'um die belagorung in
die länge zu ziehen'. Nipperdey schlug vor ut oppidum adoppugna-
tionem iutius efficeret y ebenso Dinter; Eraner ut oppidum ab oppu-
ßnatione tutiue efficeret,
Meiszen. Curt Fleischer.
Die oben s. 267 ff. veröffentlichten kritischen bemerkungen zu
einigen stellen Caesars und seiner fortsetaer von WOemoll geben
dem unterz. Veranlassung seine teilweise abweichenden andehten zu
äussern.
5. Ott;. 11140,2, wo 0. die ytor^ et r^liiquMpaHtbuastmid ex terra
sealis et dasee moema oppidi iemptanSy uti adversariorum manus di»
868 OScbambach: zu Caesar und seinen fortseUem.
duceret als unnötig und unmöglich siareichen, ev. in § 4 hinter aique
inanes einschieben will, ist die hsl. lesart aufrecht zu erhalten, nach
c. 39, 1 bestand die besatzung Ton Oricum aus nur drei oohorten,
denen auszer der Verteidigung des platzes selbst noch die decknng
der ans land gezogenen kriegsschiffe oblag (nach c. 7, 2 waren es
zwölf), die hafeneinfahrt war sehr eng, wie sowol aus dem ansdmck
fauctbus porius 39, 2 als aus dem umstände zu schlieszen ist, dasz
sie durch die yersenkung eines einzigen lastschiffes gespelrt werden
konnte, das von M\ Adlius femer am hafeneingang aufgestellte
zweite schiff, welches er durch einen türm Terstftrkt und mit legio-
naren besetzt hatte, konnte nur 'den zweck haben, die gewaltsame
beseitigung der sperre zu hindern, überhaupt die Verteidigung activ
zu führen, die behauptung dieser schwachen Verteidigungslinie
liesz sich bei der groszen Übermacht der Pompejaner, welche eine
regelmSszige ablösung gestattete (c. 40, 2), nur bei einem krftftigeii
eingreifen der stadtbesatzung hoffen, von welcher Wirkung eine
soldie teilnähme von landtruppen am Seegefecht sein konnte, ersdien
wir zb. aus 2». Alex. 16 ae. hier versprach sie bei der groszen enge
des raumes doppelt erfolgreich zu sein, es war denmach für Cii«
Pompejus allerdings von der grösten Wichtigkeit, die krftfte der
ohnehin schwachen besatzung zu teilen, und dazu war ein leiteran-
griff von der landseite gleichzeitig mit dem flottenangriff sehr geeig-
net über letztem vgl. zb. Livius XXIV 34, 6. XXVI 44, 10. XXVll
15, 5. dasz ein angriff von der seeseite nicht unmöglich war, scheint
mir nach Caesars beschreibung der Örtlichkeit, der Kraner-Hofrnann-
sehen anmerkung zu der stelle und der Kepertschen kaite in seinem
neuen atlas von Hellas usw. (vGöler auf tafel I in 'die kftmpfe um
Dyrrhachium und Pharsalus' setzt die läge von Oricum anders) durch*
aus erwiesen, freilich hat derselbe nicht, wie Oemoll die stelle ver*
steht, von der innem hafenseite ans, sondern auf der Süssem nord*
westlichen und nördlichen stadtfront stattgefunden.
5. Alex. 26, 2 : die stelle scheint mir von*Madvig adv. cril 11 s.
282 bereits mit mehr glück geheilt zu sein ; wenigstens erhalten wir
durch die elegante verftnderung praesidio perHnacUer progm^mmte
einen schönen gegensatz, der geeignet ist die waffenthat des ICithri-
dates in ein glftnzendes licht zu stellen, propugnare ist ansserdem
technischer ausdruck für die Verteidigung fester pl&tze, während
GemoU es auf die angreifer beziehen mflste.
ebd. 27, 2 : das erste inter se hat bereits Dinter in seiner ans-
gäbe getilgt.
ebd. 34, 4 will 0. insiUiäas für das hsl. consHMas schreiben.
insHtuere passt jedoch nur zu disdplkia^ nicht zu armakira, die hsl.
lesart ist deshalb beizubehalten. diaeipUna atque mrmahara no8hra ist
als eigenschaftsablativ zu quas zu nehmen und die stelle zu über-
setzen: 'die er mit römischer disdplin und bewa&ung schon meh-
rei-e jähre errichtet hatte.' die wendnng findet sidi fittt wOrtlidi
wiederholt h. Alex. 68, 2. über den ansdmck ist zu vergleichen k
OSchambaoh : za Caesar und seinen fortsetzem. 869
O, VI 1, 4 und zur saohe Cic. ad Att, VI 1, 14 habet atUern cohortes
guadringenarias nostra armatura triffinta.
h. Afr. 68, 4 tilgt O. die worte cum suis amnilms q^ibaiia ge*
wie mit recht, der glossator scheint für epibatae eine gewisse Vor-
liebe zu haben : wahrscheinlich rührt von ihm auch das glossem her
h.AIex. 11,4 duae ommbus eptbaüs nudaUte. es heiszt hier: capta est
ufki hostium quadriremis, depressa est ättera^ duae Omnibus epihatis
nudatae; magna praäerea muttitudo in rdiquis navibus propugna-
tarum est interfecta, unter duae die beiden vorher genannten schiffe
zu verstehen ist sinnlos; es müssen also zwei andere damit gemeint
sein, doch sieht man in diesem falle nicht ein, woher dem Verfasser
diese genaue kenntnis gekommen sein könnte (die schiffe entkommen
ja), ganz abgesehen davon dasz die sache an sich höchst unwahr-
scheinlich ist. denn nur nach hartnftckigem kämpfe in nftchster nAhe
wttre jener erfolg möglich gewesen, und da fragt man sich dann wie-
der, wie die schiffe trotzdem der entemng entgehen konnten, dem
glossator schienen die worte magna praeterea muUUudo usw. in kei-
nem rechten gegensatz zu dem vorhergehenden zu stehen ; diesen zu
schaffen wurden die worte duae ammbus qpÜHxtis nudatae von ihm
eingeschoben und wol auf das eroberte und in den grund gebohrte
schiff bezogen, noch ist zu beachten dasz epibata beim vf . des b. Alex.
sonst nicht vorkommt, gleich darauf, so wie 45, 2. 46, 5 finden wir
den lateinischen technischen ausdruck dafür : propugnator^ daneben
noch müites 10, 1. 5 und 13, 4, defensores {remiigesque) 16, 6. übri-
gens kann ich den verdacht nicht unterdrücken, dasz auch propug-
nastcrum ein spftterer zusatz sei. die Verluste trafen namentlich beim
abfahren der rüder {detergere b. dv. I 63. Alex. 15) die renuges (die
in den naves apertae auch den geschossen ausgesetzt waren), auch
der c 10, 1 erwähnte umstand, dasz Caesar keine landtruppen an
bord hatte, macht es wahrscheinlich, dasz das gefecht vorwiegend
seemftnnisch von ihm geführt wurde . wobei der verlust beiderseits
die remiges in erster linie treffen muste.
Einige andere Verbesserungen mögen sich hieran anschlieszen.
b, Jdex. 27, 4 guemadmodum andern optcdKU eum vind, sk satis
hahebat mteretusum a Caesare a se retinerL a m ist ebenso selbst-
verständlich wie wegen des doppelten a störend und als dittographie
der endung Cbesare zu streidien.
b. Aflr. 36, 1 M. Cato, gui Vtkae praeerat, ddedus cattidie Über-
tinorumy Afrarum^ servarum denigue et cuiusgue modi generis homi-
ftum, qui modo per aetatem arma ferre poterant^ habere atgue sub
mamim Sdpumi tu castra submUtere non intermittü. sub mafiMiii ist
ohne beleg und sachlich unklar, der Paris. II hat mmü, Leid. I sum-
mam. ich streiche es als dittographie von summUtere^ wofBr ich
(nach b. Afr. 78, 6) subministrare lese, so dasz die stelle lautet: at-
que submmistrare Sc^pumi in castra non intermütü.
ebd. § 4 geben die hss.: P. Süttius inUriim cum eopOs Numidiae
fines ingressus castdhum in monüs hco munito loco^um, m quod lüba
870 OSchambach: zu Caesar und seinen fortseisenL
bdli gerenäi gratia . . campartaverat. die worte enthalten eine sinn-
lose tantologie, da ein casteUum wol loco fmmUum^ aber nicht in
montis loco mumto locatum sein kann, ich schreibe also loeo mumÜHm,
indem ich in den Worten in montis loco munOo looatym in qui4
eine dreimalige (durch den druck markierte) dittographie annehme.
ebd. 41, 2 edudis omnibus copiis qtujtdrupUei ade imstruda ej
insütuto suo , prima eguesiri turmaiim direeta eUphana9qne tmriiii
interposüis Ofmaiisque^ suppetias tr e contendU, armaüsqne ist selbst-
verständlich, da man elephanten ohne kttmpfer darauf (das mttste
doch armatis bedeuten) nicht yerwendete^ zum überflusz audi noch
turritis vorhergeht die Stellung von armatisque hinter inUrpo6it\<
w&re femer im höchsten grade nachlässig; man mflste mindestens
dephofitisque turrüis armatisque interpositis erwarten, armaiisquc ist
als dittographie des vorhergehenden turmatim zu tilgen.
ebd. 78, 8 quo facto sui suhlati universi in hoates nrnpressionf
facta usw. sui ist wegen des folgenden universi ganz überflüssig,
zudem erwarten wir nach dem Sprachgebrauch Caesars wie seiner
fortsetzer nostri, es ist als dittographie von subJati in streidien,
Schlieszlich mOchte ich noch b. dv, I 58, 1 für das allseitig
verkannte hsl. excipiehant eintreten, die stelle lautet: tpsi Massi-
Uenses et cderitate navium et sdeniia gubemaiorum eonfisi fiostrys
dudehant impäusque eorum exdpiebant. Nipperdey, dem Turnier
folgt, schreibt für exc^^iebant vielmehr dedpid>antf was sdion des-
halb höchst unwahrscheinlich ist, weil dies nichts als eine Tsriidon
des vorhergehenden dudebant sein würde. Eraner und HofiBSim
lesen non exdpiebant, wogegen derselbe einwarf wie gegen decij-i-
dnmt zu erheben ist. die hgg. haben sich das antike Seegefecht nicht
allseitig klar gemacht und stellen wie 5. AI, 46, 2. 15, ۥ Plnt An:
66 übersehen.' die parade des auf die langseiten des feindUcben
Schiffes gerichteten stoszes erfolgt entweder durch gewandtes su:?*
biegen (dudere) oder durch aufnehmen des stoszes mit dem eignes
Vorderteil {impetum exdpere^ adversam coneurrerCy oeourrere '
beide manöver wandten die Massilienser an und bewiesen nament-
lich durch das letztere ihre zuversichtlichkeit, noch könnte auf «i^c
ersten blick que auffallmi: es &szt indessen die beiden ansdrficke
zu einer gesamtheit des Seegefechts zusammen.
^ AI, Aß,% eelerrime fcrtuMmeque contra itto remigmUe iMve* mdten^i
rostris eoncurrerunt adeo vehementer, ut navU Octaoiana rotir^ itttr^««-
Ugneo continerelur, ebd. 15, 6 oc tatUum dochina potuU, ui in äUf^r-
numero nuila iransverMa hoati oHcereUtTy nuüius remt detergereniKr, <;*
aemper venieniibua adver$ae oeeurrerent. Plnt. Ant. C6 vitt ^
Kaicapoc (vcCliv) oö fiövov dvTinpifjpiuv cufiq)^c6ai «pdc xakMOtita:^^
CTCpcÄ Kai Tpax^ 9uXaccoM^vuiv, dXXd \u\hi Kord «Xcupdv iiifioXi^
bi6övai 6appouciXiv. * es geschieht dies mittels der ^nuitiÖcc: «*-
Graser de Teteram re naTali § 37 anm. 1. Qahl und Koner leben dtr
Gr. und R. s. 310.
MÖHI.HAU8EH IH ThÜBINOBH. OtFUED SOBailBAGK.
JNOtt: ein letztes wort 871
(5ß.)
EIN LETZTES WOET.
Die entgegnung des hrn. Leo Ziegler aaf meinen abwehr*
artikel (oben 8. 713 — 719) veranlaszt mich za einer knrzen schlosz-
bemerkung.
Aas dem manierlichen ton dieser erklftnmg, die von der pol-
ternden polemik seines buches wolthuend absticht, bin ich zur ein-
sieht gekommen, was ich denn eigentlich in meiner besprechung
seiner ^Italafragmente' gegen hm. Ziegler gesündigt habe, danach
leidet der satz , in dem ich meine ^bedenken' gegen die von Z. be-
hauptete identitftt der beiden texte B und C zusanmienfasse , an
einem formalen gebrechen, das zn einer irrtümlichen, Z. nachteiligen
deutung Veranlassung gegeben hat. ich gestehe unumwunden, dasz
der satz, so wie er jahrb. 1877 s. 201 gedruckt steht, nicht in Ordnung
ist, von mir in dieser form auch nicht behauptet werden wollte noch
Oberhaupt verteidigt werden will, wenn ich diesen wunden fieck
unterschätzt oder nicht genügend erkannt habe, so ist daran weniger
Voreingenommenheit für die eigne sache oder Vertuschung eines be-
gangenen fehlers, als der sinnenverwirrende und urteilbetftubende
lärm schuid, der von Z. mit aufgebet aller mittel zehn volle quart-
seiten hindurch in athem erhalten wird und meinen blick nach einer
andern richtung hin gelenkt hat. hr. Z. hätte dieses gebrechen in
kürze, wie es jetzt geschehen ist, rügen künnen, anstatt einen solchen
I6nn aufzuschlagen, als ob die ganze deutsche Wissenschaft am
bankerot angelangt sei; er hätte dann auch nicht nOtig gehabt ein
verfrühtes und verfehltes buch in die weit zu schicken, dieses auf-
regende getOse führte mich darauf, den schwerpunct des angriffs
nach der materialen seite hin zu suchen und meine Verteidigung
danach einzurichten, wozu ich jedenfalls ebenso gut berechtigt war.
das beweisverfahren Z.s geht nemlich darauf aus, mir den graecisti-
sehen Charakter des J9-textes überhaupt abzustreiten und selbst die
wenigen beispiele, die er nicht aus dem wege schaffen kann, ihres
gewichtigen Charakters zu entkleiden, so ist es gekommen , dass ich
aas seinen 'Italafragmenten* den paragraphen über die graecismen
zum abdruck gebracht habe, um den innem Widerspruch, in dem Z.
sich mit sich selbst befindet, nachzuweisen, wobei ich freilich ein-
rftome in einem puncto, der übrigens von nebensächlicher bedeutung
ist, zu weit gegangen zu sein, im übrigen finde ich mich zu keiner
weitem retractation weder meiner recension noch meines abwehr-
artikels, soweit dies nicht schon geschehen ist, veranlaszt. auch die
einleitung der erklärung Z.s, die zum teil in schreiendem Wider-
spruch mit' dem thatsäcUichen verhalt steht und eine desavouierung
der eignen littera scripta ist, ebenso den letzten teil derselben mit
seiner wolberechneten tendenz kann ich ruhig übergehen, zumal da
Z. in der famosen Verteidigung der textverändening, die er in B
872 Philologische gelegenheitsschriften.
Yorgenommen hat, eine charakteristische probe der Ton ihm gefibten
hohem kritik bietet nnd zur prüfung meiner behaoptong Ton der
ftnszem und innem hohlheit und halUosigkeit seines beweisyerfahrens
schätzbares material Yorlegt.
So bleibt Yon dem ganzen in scene gesetzten apparat sachlicher
und persönlicher polemik ein formaler fehler übrig, an dem ich
möglicherweise nicht einmal selber die schuld trage, wofür ich aber
die Yolle Yerantwortung übernehme.
BoTTWfilL. JOHAH» NSPOMUK OtT.
(35.)
PHILOLOGISCHE GELEGENHEITSSCHBIFTEN.
Berlin (archäologische geselUchaft) Carl Robert: Thanatos. 39t Pro-
gramm zum Winckelmannsfeste. mit 3 tafeln nnd 4 holzachnitten.
dmck nnd yerlag von G. Reimer. 1879. 44 a. gr. 4. — (oniT.,
doctordiBB.) FriedrichSchlee (ans Nen-Hardenberg) : de TerBanni
in canticis Terentianis conBecutione. druck von J. Dräger (Terlag
von S. Calvary n. comp.)- 1879. 74 b. gr. 8.
Bern (nniv., zum Stiftungsfest 16 norbr. 1879) Hermann! Hageoi
de Placidl eloBBiB in lihri gloBsarum codiee Bemenai obTiia diBpo-
tatio. druck von AI. Fischer. 16 b. gr. 4.
Breslau (nniv., lectionskatalog wlnter 1879/80) Augusti Reif f er-
sehe idil coniectanea. druck von W. Friedrich. 10 s. gr. 4.
Colmar (Ijceum) Schumann: de Marcellini quae dieitnr vitm Thuej-
didia. druck von witwe Camille Decker. 1879. 26 s. gr. 4.
Deutsch -Krone (gymn.) A. Lowinski: de emendando prologo Aga-
memnonis Aeschyleae. druck von F. Oarma. 1879. 16 a. gr. 4.
Dpnaueschingen (progymn.) A. Schuler: über Herodots vonteunog
von den orakeln, druck von A. Willibald. 1879. 26 s. gr. 4.
Oöttingen (univ., lectionskaUlog winter 1879/80) Friderici Wie-
se 1er 1 adnotationes criticae ad Euripidis Cyclopem. dmck der
Dieterichschen univ.-bnchdruckerei. 16 s. gr. 4 fs.* oben s. 809 — 815].
Greifswald (univ., lectionskatalog winter 1879/80) Vdalricl de
W i I a m o w i t z - M o e 1 1 e n d o r f f commentariolnm grammatieiiB. dniek
von F. W. Kuntke. 12 s. gr. 4. — (doctordiMertationen) Brast
Maass (aus Kolberg): de Bibjllarum indicibuB. dmck von £. From-
mann in Jena. 1879. 66 s. gr. 8. — Franz Tank (aua Stargard):
de TrlBtibus Ovidii recensendis. druck von Herrcke und Lebeliag
in Stettin. 1879. 60 s. gr. 8.
Gütersloh (zum 300jährigen Jubiläum des gymn. In Corbaeh 3 juIi
1879) GarlGöbel: de eoniunctione guom. druck von Berteb-
mann. 30 s. 8.
Halle (univ., doctordiss.) Friedrich Martins (aus Berlin): quaestio-
nes Plautinae (de Gaptivomm, Amphitmonis, Poennli, Bndentif
fabulamm prologis. de Capt. vss. 93. 94 et 77. eaptivi dno in
Captlvis per primum actum non in scaena versantor). drack von
A. Haack in Berlin. 1879. 36 s. gr. 8.
Helsingfors (univ.) De dialectorum graecarum die ammo tesümoBiA
inscriptionum collegit et examinavit O. E. Tndeer. drock von
Frenckell. 1879. 144 s. gr. 8.
Philologische gelegenheitsschriften. 873
Jena (aniy., lectionskatalog winter 1879/80) Maaricii Schmidt
meletematum Homericonim particnla altera, verlag von £. From-
mann. 17 s. gr. 4.
Kiel (oniT., rede zur feier des kaisersgeburtstags 22 mSrz 1878) Eduard
Lübbert: Pindaros yon Kjnoskephalai. dmck von C. F. Mohr.
16 s. gr. 4. — (doetordissertationen) Ernst Krichauff (aus
Altena): quaestiones de participU apud Sophodem usu. verlag von
LipsiuB u. Tischer. 1878. 90 b. gr. 4. — Elimar Schwärt s (aus
Eutin): de metaphoris e mar! et re navall petitis quaestiones Euri-
pideae. 1878. 63 s. gr. 4. ^ Adolf Wachholtz (aus Entin):
de litis instrumentis in Demosthenis quae fertur oratione in Macar-
tatum. druck yon G. Struye in Eutin. 1878. 41 s. gr. 4. —
Hermann Sehn cor (aus Schleswig): quaestiones Plantinae. druck
yon C. F. Mohr. 1878. 40 s. gr. 4.
Leipsig (uniy., preisaufgaben für 1880] Ludoyici Langii comm.de
L. Marcii Philippi orationis apud Sallustium loco. druck yon
A. Edelmann. 1879. 15 s. gr. 4. — (yerkttndigung der yom 1 noy.
1878 bis 81 oct. 1879 promoyierten doctores phil.) Ludoyici
Langii comm. de magistratuum Bomanorum renuntiatione et de
centuriatorum comitiorum forma recentiore. 81 s. gr. 4. — (rectorats-
rede gehalten 81 oct. 1879) Ludwig Lange: über das yerhJUtnis
des Studiums der classisohen philologie auf der uniyersit&t zu dem
berufe der gjmnasiallehrer. 21 s. gr* 4.
Marburg (uniy., doctordiss.) Wilhelm Uckermann: de Aristo-
phanis eomici yoeabulorum formatione et oompositione. yerlag yon
N. G. Elwert. 1879. 83 s. gr. 8.
Mönchen (akad. d. wiss.) Heinrich Brunn: die griechischen buko-
liker und die bildende kunst (aus den Sitzungsberichten bd. II 1
s. 1—21, Sitzung yom 7 juni 1879). gr. 8.
Schwein fürt (studienanstalt) V. Völcker: zur kritik und erklftrung
des Oidipus Tyrannos von Sophokles. Theinsche druckerei in
Würzburff. 1879. 46 s. gr. 8.
Trier (philoTogenyersamlnng 28—26 sept 1879, begrttszungsschriften)
im namen des Präsidiums: Senecae epistulas aliquot ez Bambergensi
et Argentoratensi codieibus edidit Franoiscus Bueeheler. druck
yon C. Georgi in Bonn. VIU u. 66 s. gr. 8. — im auftrag der
Rheinischen Friedrich- Wilhelms uniy. : legenden der heiligen Pelagia
herausgegeben yon Hermann Usener. 62 s. 8. — im namen
der XYI yersamlung Rheinischer schulmftnner: festschrift zur be-
grüszung usw. 194 s. lex. 8. [Inhalt: 1. Ignaz Blasel: die all-
mähliche staatsrechtliche competenzerweiterung der tributcomitien
durch das dreimalige gleichlautende gesetz ui guoä irUnUim plebs
iusfUaet omnei QmrUei tenerei s. 1—30. 2. Oskar Jäger: Ludwig
Uhland s. 81—52. 8. Wilhelm Schmitz: Studien zu den Tironi-
schen noten s. 63—68. 4. Edmund Vogt: kritische bemerkungen
zur geschichte des Gildonischen krieges s. 69—88. 5. 6 (mathe-
matischen Inhalts). 7. W. Mlinch: die innere Stellung Marlowes
zum yolksbueh yon Faust s. 106 — 138. 8. Wilhelm Crecelius:
de Antonii Liberi Susatensis yita et scriptis commentatiunoula
s. 139—160. 9 fnaturgesohichtlichen Inhalts). 10. Alfred Eber-
hard: analecta Babriana s. 177—194.]
Wismar (grosse Stadtschule) Job. Lemme: fiber den gebrauch des
pronomen refleziynm, besonders der dritten person, bei Xenophon.
ilinstorffsche rathsbnchdnickerei. 1879. 20 s. gr. 4.
Zweibrttcken (studienanstalt) Georg Autenrieth: emendationes
Sophocleae. druck yon A. Kranzbühler. 1879. 21 s. gr. 8.
JthrbQcher far elut. philol. 1879 hft. 12. 66 '
REGISTER
DER IM JAHEGAKG 1879 BEURTEILTEN SCHRIFTEN UND
ABHANDLUNGEN.
Mite
E. Baehreng: Albii TibnlHl elegiarmn libri diio (Leipng 1878) . . 71
Th, Bergk: poetae lyrici ^aeoi. ed. IV yol. I Pindari earmina
oontinens (ebd. 1878) * 1
C. Boy$tn: de Harpocrationia lexici foatibua qoaestionea selectae
(Kiel 1876) HS
A, von Cohausen und L, Jaeobi: das Rdmereaatell Saalbniy (Hom-
barg y. d. H. 1878) 669
C. GiteiBse: de yeraibns in Lacretii carmioe repetiUB (Straaibnrg
1878) 541
J5f. Ouhrüner: mr ^sobiehte der aolodik bei den Qrieeben (Waiden-
borg 1879) S78
R, Sinei: antennobiingen su Gioeroa pbilosopbiaeben sebrilleB.
Ir teil (Leipaig 1877) 49. 1S9
C Hoffmann: de yerborom transpositionibas in Comifiei rbetori-
comm ad C. Herenninm libris. pari. I (Mfineben 1879) . . 833
A. Bug: Piatons Sympoaion (Leiptig 1876) MS
L, Jaeohii 8. A, tNUi Cokau»en,
W, Kloucek: kritlBchea nnd exegetisches an Vergilini (Prag 1879) 471
y. Kvieala: Vergilsladien (ebd. 1878) 466
A, C. Lange: de Aeneae eommentario polioreetieo (Berlin 1879)
941. 461. 6S9
K. Lange: die composition der Aegineten (Leipsig 1879) .... 616
R, Prinz: Enripidis fabolae. yol. f pars II: Alcestis (ebd. 1879} . 667
W. B, Rotcher: Hermes der windgott (ebd. 1878) S09
F. SueemOa: Aristoteles politik gr. o. deatseb. 8 teile (ebd. 1879) 609
BERICHTIGUNGEN ZUM JAHRGANG 1879.
s 158 s. 9 y. o. lies 'auf dem' statt *aaf der'
s. 169 X. 12 y. o. nach 'fiberlegen war' ist einxoschalten 'hAtte ibre
baaptstation in Abjdos'
s. 969 s. 16 y. o. lies aeies statt aries
s. 786 a. 11 y. n. lies tfKpxKplac statt ^piKpCo
Die miseelle s. 970 *%u, Cicero de diyinatione [I 8, 6]* yon M* Bert-
felder war im manoscript längst in den bänden der redlction, als der
yf. sie ancb in dem 1878 erscbienenen Freibnrger programm 6ber 'die
quellen yon Cieeros swei bfidiem de diyinatione' mititilte. die dop-
pelte yeröiFentlicbnng derselben emendation flUIt also ledigUob der
redaction dieser xeitscbrift sar last.