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4
NEUE JAHRBÜCHER
FÜR
PHILOLOGIE TOD PAEDAGOGIK.
GEGENWARTIG HERAUSGEGEBEN
VON
ALPRED FLECKEISEN vm> RICHARD RICHTER
PB0F>S80B nr DRXSDBK BBCTOB UVO PBOFB880B IN LEIFZIO
DBEIUNDSECHZiaSTEB JAHRGANG.
EINHÜNDERTÜNDSIEBENUNDVIERZIQSTEB BAND.
LEIPZIG
DRUCK UND VERLAG VON B. Q. TEUBNER.
1893.
:k V^'- i'-p
JAHRBÜCHER
FÜR L/ ^ •;/.. ;.
CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN
VON
ALFRED FLECKEISEX.
NEÜNUNDDREISZIGSTER JAHRGANG 1893
ODER
DER JAHNSCHEN JAHRBÜCHER FÜR PHILOLOGIE UND PAEDAOOGIK
EINHUNDERTUNDSIEBENUNDYIERZIGSTER BAND.
LEIPZIG
DEüCK; und VEELAa VON B. G. TEüBNER.
VERZEICHNIS DER MITARBEITER
AN DEN JAHRGÄNOEN 1885 BIS 1898.
(die in parenthese beigresetzten zahlen beziehen sich aafdas nmchstehende inhaltsverzeiehnit.
die namen der miUrbeiter zu den ersten dreiszig- jahrgring«n sind za anfangr der Jahrring«
1860, 1864, 1874 und 1884 abgedrackt.)
1. Heikkioh Adams in Mühlheim an der Bahr
2. Wilhelm Allers in Holzminden
3. CoNSTANTiN Amoermanh in Meiszen
4. August Eduard Amspach in Cleve
5. Otto Apelt in Weimar (32. 62. 95)
6. Hans yon Arnim in Rostock (54)
7. Richard Arnoldt in Prenzlaa
8. Friedrich Back in Birkenfeld
9. Emil Baehrens in Groningen (f 1888)
10. Clemens Bäumker in Breslau
11. Hermann Ball in Berlin
12. Paul Barth in Leipzig
13. Adolf Bauer in Graz
14. LuDWia Bauer in Augsburg
15. AuoüST Beck in Basel
16. Arnold Behr in Kreuznach (16)
17. Jan Wibbrt Beck in Groningen
18. Julius Beloch in Rom
19. Max Bkncker in München (11)
20. Theodor Bbrndt in Herford
21. Hermann Besser in Dresden
22. Gustav Bilfinger in Stuttgart
23. Ernst Bischoff in Leipzig
24. Friedrich Blank in Linz
25. Friedrich Blass in Halle (19)
26. Hugo Blümner in Zürich
27. Rudolf Bobrik in Beigard (f 1891)
28. Waltuer Böhme in Schleiz (20)
29. Wilhelm Böhme in Stolp
30. Felix Böltb in Frankfurt am Main
31. Carl de Boor in Breslau
32. Ernst Brandes in Marienburg
33. Karl Brandt in Friedeberg (Neumark)
34. Samuel Brandt in Heidelberg (15)
35. Theodor Braune in Berlin
36. Theodor Breiter in Hannover (50)
37. Arthur Breusino in Bremen (f 1892)
38. Julius Briz in Sorau (f 1887)
39. Felix Brüll in Andernach am Rhein (57}
40. Johannes Brüll in Heiligenstadt
VI Verzeichnis der mitarbeiter.
41. Kabl Brügmann in Leipzig
42. Richard Bünger in Oörlitz
43. Theodor Büttner- Wobst in Dresden
44. Karl Burescu in Athen
45. Karl Busche in Leer (Ostfriesland)
46. Georg Bdsolt in Kiel
47. Erich Bussler in Freienwalde an der Oder (31)
48. Friedrich Cauer in Tübingen (14)
49. Paul Cauer in Kiel
50. Christian Clasen in Hadamar (33)
51. Albert Cohn in Berlin
52. Leopold Cohn in Breslau
53. Carl Conradt in Greifenberg (Pommern)
54. Robert Crampe in Halle
55. Christian Cron in Augsburg (f 1892)
56. Otto Crusiüs in Tubingen (3)
57. Heinrich Deiter in Aurich
58. Andreas Deuerlino in Barghausen (Oberbaiern)
59. Otto Dinoeldein in Büdingen
60. Eugen Dittrich in Leipzig (64)
61. Alfred DÖhrino in Königsberg (Preuszen)
62. Andreas Björn Drachmann in Kopenhagen
63. Anton August Drakgbr in Aurich
64. Hans Draheim in Berlin
65. Reinhold Dressler in Würzen
66. Wilhelm Drexlbr in Halle
67. Heinrich Düntzbr in Köln
68. Karl Dziatzko in Göttingen
69. Peter Eoenolff in Mannheim
70. Adam Eussner in Würzburg (f 1889)
71. Gustav Faltin in Neu-Ruppin (f 1889)
72. Adolf Faust in Mülhausen (Elsasz)
73. Alfred Flbckeisen in Dresden (25. 26. 38. 64)
74. Johann Karl Fleischmann in Bamberg
75. Richard Förster in Breslau
76. Peter Wilhelm Forchhammer in Kiel (f 1893)
77. Joseph Franke in Warendorf (Westfalen) (5)
78. Karl Frey in Bern (71)
79. Karl Frick in Höxter
80. Gustav Friedrich in Schweidnitz (1)
81. Wilhelm Friedrich in Mühlhansen (Thüringen)
82. Nicolaus Fritsch in Trier
83. Oskar Froehde in Berlin (52)
84. Robert Fuchs in Straszburg-Neudorf (Elsasz)
85. Anton Funck in Kiel
86. Richard Gabde in Danzig
87. Walther Gbbhardi in Gnesen (f 1887)
88. Johannes Geffcken in Hamburg (23)
89. Heinrich Gblzbb in Jena
90. Albert Gemoll in Striegau
91. Ejirl Ernst Georges in Gotha
92. Martin Clarbntius Gertz in Kopenhagen
93. Alfred Gieseckb in Leipzig
94. Friedrich Giesing in Dresden
95. Gustav Gilbebt in Gotha
96. Hans Gilbebt in Meiszen
97. Waltheb Gilbert in Schneeberg
98. Eduard Gorbel in Fulda (90. 91)
99. Karl Gobbbl in Soest
Verzeichnis der mitarbeiter. VlJ
100. Alfred Goethe in Glogau
101. Gboeg Goetz in Jena
102. RicHABD Götze in Leer (Ostfriesland]
103. Theodor Gomperz in Wien
104. EfiwsT Graf in Marburg (Hessen)
105. ßBRBTHAKn Gross« in Arnstadt
106. Eduard Gbufb in Zabern (Elsasz)
107. Otto Grupps iß Berlin
108. Gott HOLD GosiDBaiiANN in Gieszen
109. Lcuwia Güelitt in Steglitz bei Berlin (76)
110. Paul Habel in Breslau
111. Karl Hachtmam» in Bernbnrgl (41)
112. Carl MIberlix in Halle
113. Albin Häbler in Leipzig (34)
114. Hermann Hagen in Bern
115. Franz Härder in Berlin
116. Otto Harnecker in Friedeberg (Nenmark)
117. Felix Hartmann in Grosz-Lichterfelde
118. THEOixiit ÜAE^i ER in Dresden
119. KjiwaT Ha sb in ßartenstein (Ostprenszen) (20. 21. 74)
120. HsRMAN Haupt in Gieszen
121. Max Hecqt in Gumbinnen
122. Hervann Heckkr in Bensberg bei Köln
123. Ferdinand Hebrdegen in Erlangen
124. Friedrich Heiden hain in Strasburg (Westprenszen) (94)
125. Gustav Heidtmann in Pfaffendorf bei Cobleoz
126. Rudolf Hslm in Berlin (46)
127. Georg Helmbeich in Aupburg" (55)
128. Peter D. Cb, Hennihgs in Husum (89)
129. Otto Hense in Freiburg (Breisgau)
130. Karl Heraeus in Hamm (f 1891)
131. WiLBSLM H^EAisus iTJ OiTünbacJi am Main
132. Hminricm Hers^l in ZüUichau
133. Martin Hertz in Breslau
134. Eduard Hiller in Halle (f 1891)
135. Hbbmah» Hitzig in Ääricb
136. Otto Höfer in Dresden
137. Max Hölzl in Dresden
138. Wilhelm Hqebbcbelhakn in Dorpat
139. Emanubl Hoppuann In Wien
140. Ferdinamd väk Uoffb in Trier
141. Hbrmai«n Hollander in Osnabrück
142. Carl Hosius in Münster (Westfalen) (40)
143. Georg Hubo in Stolberg (Rbeinland) (78)
144. Karl Hude in Kopenhageo
146. Fhik deich Hültsce in Droflclen (82)
146. Theodor Hultzsch in Torgau
147. Max Ihm in Halle
148. Otto Immisch in Leipzig
149. Karl Jacobt in Hamburg
150. Carl ton Jan in Straszburg (Elsasz)
151. CoNSTANTiN JoHN lu Uracb
152. Walther Judeich in Marburg
153. Emil August JüiraHAHsr in Berlin
154. Adolf Kannengiesser in Lüneburg
155. Karl Heinrich Keck in Kiel
156. Bruno Keil in Straszburg (Elsasz)
157. Otto Keller in Prag (63. 81)
158. Karl Kempf in Berlin
VIII Verzeichnis der mitarbeiter.
159. Franz Kern in Berlin
160. MoRiz KiDERLiM in München (7. 79)
161. Huao VON Kleist in Leer (Ostfriesland) (2)
162. Richard Klotz in Leipzig (f 1892)
163. Hermann Kluoe in Cöthen (10)
164. UüüÄü Käaacb: in Berlin
165. Frii£i>b(ch Kkoke in Osnabrück
166. Xabl Kacn In DusBeldorf
167. WitHKLM Koch in Tiel (HoÜund) (43)
168. £^kia KÖfiiNER in Chemnitz
169. Wilhelm Heinrich Kolsteji in Entin (f 1887}
170. Georg loä Koi^B-rkKiixityK^ in Philippopel
171. Arthüä Kopf in Königsberg (Preuszen)
172. Hermaww Küthe in Breslau
173. Carl Kbaüth in Erfurt (75)
174. Max Ke&nkel in Dresden
175. Hermami« KRfF.0» in Bannen
176. Alpred Kunze in Plauen (Vogtland)
177. Eduard Kurtz in Riga
178. Edmund Lammert in Leipzig
179. Kael Lanq in LürrÄch
180. Edmuhd Labob in Greifswald
181. JuLitie Lasö« in Neumark (Westpreasaen) (26. 42)
182. EjcßARD Lbbman» in Neusteltiii
183. FniKDöicH Leomhard Lents in Köm^berg (Preuszen) (f 1888)
184. Heineich Lkwt in MÜlhansen (Elaasz) (85)
186. Reinieb L»yd8 in Oroningen (61)
186. WiLÄSL« LiEBEXAM In Jena
187. Karl Julius Liebbqlp in HudoUtndt (€3)
188. Hüoo LiERS in Waltlenhnrg (Schlesien)
189. Oskar Liksenbahth in Kreuznach
190. Justus IlEUit.iMH LiFfiiXJS in Leipzig
191. Philipp Loewe in Breslau
192. Arthur Ludwich in Königsberg (Preuszen)
193. Max Lüdecke in Bremen
194. Ferdinand Lüders in Hamburg
195. Vilhelm Lundström in Upsala (9)
196. Bksitdard Lupus iu Straszburg (Elsasz)
197. KnAifz LüfERBACUJsa in Burgdorf (Schweiz) (60)
198. Karl Macke in Ahrweile
199. Huao MAQJtua in Berlin (69)
200. Karl MAsiTitrs in Drcsd&n
201. Max Man Titti in Nieder! ösznitz bei Dresden
202. Theodor Matth as in Zittau (30)
203. Bertold MACBENBREcaER in Leipzig
204. Theodor MAtTKBR in Wornii*
206. Oswald Mat in Neisze
206. H£J. : Mayer in Freiburg (Breisgau)
207. Karl Meiser in Rej^eti^burg
208. Karl Meissner tu Bembrirg
209. Richard MEiSTEit in Leipzig
210. Otto Meltzsr in Dresden
211. Ludwig Mehdblssoun in Dorpat
212. HEmRics Menge in Mainz
213. Rudolf Menge in Halle
214. Joseph Mbnrad in Burghausen (Oberbaiern)
216. Martin Mertens in Köln
216. Heinrich Meusel in Berlin
217. Heinrich Meuss in Hirschberg (Schlesien)
Verzeiclinis der mitarbeiter. ix
218. Peter Meyer in München- Gladbach (47)
219. Friedeich Mie in Rostock (92)
220. Albert Müller in Flensburg
221. C. F. Wilhelm Müller in Breslau (27. 88)
222. Carl Friedrich Müller in Kiel
223. Gerhard Heinrich Müller in Straszburg (Elsasz)
224. Hermann Johannes Müller in Berlin
225. Moritz Müller in Stendal
226. Paul Richard Müller in Merseburg
227. Hermann Mülleb-Strübino in London (61) (f 1893)
228. Bruno Nake in Berlin
229. Carl Nauck in Königsberg (Neumark) (f 1890)
230. Alfred Nehrino in Berlin (6. 80)
231. Johann Netusil in Charkow
232. Hermann Nbtzker in Forst (Lausitz)
233. Jules Nicole in Genf
234. Karl Nieberdino in Gleiwitz
236. Konrad Niemeyer in Kiel
236. Richard Nortel in Berlin
237. Hermann Nohl in Berlin
238. Johannes Oberdick in Breslau
239. Raimund Oehler in Wahlstatt (37)
240. Jacob Oeri in Basel (83)
241. Theodor Oesterlen in Stuttgart (36)
242. Franz Olck in Königsberg (Preuszen)
243. Richard Opitz in Leipzig
244. Theodor Opitz in Dresden (97)
245. August Otto in Breslau
246. Friedrich Otto in Wiesbaden
247. Robert Paehler in Wiesbaden
248. Rudolf Paukstadt in Cbarlottenburg (77)
249. Ludwig Paul in Dresden
250. Rudolf Peppmüller in Stralsund (45)
251. Hermann Peter in Meiszen
252. Karl Petsch in Kiel
253. Friedrich Philippi in Osnabrück (58)
254. Robert Philippson in Magdeburg
255. Victorinus Pingel in Kopenhagen (53)
256. Theodor Plüss in Basel
257. Wilhelm Pökel in Prenzlau (13. 18)
258. Friedrich PÖtzschke in Plauen (Vogtland)
259. Franz Poland in Dresden
260. Friedrich Polle in Dresden (87)
261. Hans Pomtow in Berlin
262. Paul Prki bisch in Gumbinnen
263. Hermann Probst in Bonn
264. August Procksch in Altenburg
265. Gustav Radtke in Wohlau
266. Ernst Redslob in Weimar
267. Paul Regell in Ilirschberg (Schlesien)
268. Alexander Reichabdt in Dresden
269. Leopold Reinhardt in Gels (Schlesien)
270. Friedrich Reuss in Trarbach an der Mosel (22)
271. Johannes Richter in Nakel
272. Adolf Rieder in Gumbinnen
273. Adolf Römer in Kempten
274. Hermajtn Rönsch in Lobenstein (f 1888)
275. Wilhelm Heinrich Röscher in Würzen
276. Emil Rosenberg in Hirschberg (Schlesien)
X Verzeichnis der mitarbeiter.
277. Otto Rossbach in Kiel
278. Konrad Rossbero in Hildesheim
279. Carl Rothe in Friedenau bei Berlin
280. Max Rubbnsohn in Berlin (17. 84)
281. Conrad Rüobr in Dresden (67)
282. Franz Rühl in Königsberg (Prenszen)
283. Heinrich Rumpf in Frankfurt am Main (f 1889)
284. Paul Rusch in Stettin
285. Alois Rzach in Prag (96)
286. Leonard Sad^e in Freiburg (Breisgau)
287. Qeoroios M. Sakorraphos in Athen (73)
288. Rudolf von Scala in Innsbruck (68)
289. Karl Schäfer in Pforta
290. Carl Schirlitz in Nenstettin (65)
291. Peter Olroo Schjött in Christiania
292. Karl Schliack in Cottbus
293. Josef Hermann Schmalz in Tauberbischofsheim (59)
294. Wilhelm Schmid in Tübingen
295. Adolf Schmidt in Jena (f 1887)
296. Bernhard Schmidt in Freiburg (Breisgau) (44)
297. Max C. P. Schmidt in Berlin
298. MoRiz Schmidt in Jena (f 1888)
299. Otto Eduard Schmidt in Meiszen
300. Wilhelm Schmitz in Köln
301. Max Schneider in Gotha
302. Richard Schneider in Duisburg
303. Max Schneidewin in Hameln
304. Alfred Erdmann Schöne in Leipzig
305. Hermann Schrader in Hamburg
306. Karl Schrader in Düren
307. Wilhelm Schrader in Halle
308. Ferdinand Schröder in Cleve
309. Hermann Schütz in Potsdam
310. Ernst Schulze in Homburg vor der Höhe
311. Karl Paul Schulze in Berlin
312. Paul Schulze in Dessau
813. Otto Schwab in München (66)
314. Ludwig Schwabs in Tübingen
S15. Wilhelm Schwartz in Berlin
316. Wilhelm Schwarz in Neuwied (12. 35)
317. Emil Schweder in Kiel (58)
318. Ernst Schweikeiit in München-Gladbach (70)
319. Alfred Scotland in Strasburg (Westpreuszen)
320. Otto Sesck in Qreifswald
321. Johannes Seoebade in Oldenburg
322. Friedrich Seiler in Wernigerode
323. Paul Seliger in Berlin
324. Hermann Siebeck in Gieszen
325. Johann Alphons Simon in Köln
826. Jakob Sitzler in Tauberbischofsheim
327. Franz Skutsch in Breslau (56)
828. Wilhelm Soltau in Zabern (Elsasz)
329. Julius Sommerbrodt in Breslau
330. Adolf Sonnt in Kiew
831. Martin Sorof in Berlin
332. Hugo Stadtmüller in Heidelberg (72)
333. Peter Stamm in Rössel (Ostprenszen)
334. Otto Stange in Dresden (39)
335. Thomas Stanol in München (8. 28)
Verzeichnis der mitarbeiter. XI
336. Karl Steomann in Geestemünde
337. Paul Stengel in Berlin
338. Wilhelm Sternkopf in Dortmund (51. 57)
339. Hermann Steudino in Würzen
340. Wilhelm Studemund in Breslau (f 1889)
341. Joseph Sturm in Freiburg (Schweiz)
342. Franz Susemihl in Qreifswald (4. 24. 93)
343. Ludwig von Stbel in Marburg
344. August Tbubbr in Eberswalde
345j^MiL Tewrewk von Ponor in Budapest
346. Georg Thiele in München (48)
347. Georg Thilo in Heidelberg (f 1893)
348. Adolf Thimme in Verden
349. Albert Tuumb in Freiburg (Breisgau)
350. Paul Tbenkel in Z erbst
351. Ludwig Tbiemel in Coblenz
352. Karl Troost in Frankenstein (Schlesien)
353. Karl Tümpel in Neustettin
354. Geobg Friedrich Unger in Würzburg (29)
355. Gustav Ungebmann in Düren
356. Hermann Usener in Bonn
367. Rudolf Vabi in Budapest (49)
358. Jacob Simon ?an Veen in Assen (Niederlande)
359. Johannes van der Vliet in Haarlem
360. Friedrich Vogel in Nürnberg
361. Theodor Vogel in Dresden
362. DiEDERicH Volkmann in Pforta
363. Ferdinand Vollbrecht in Hannover
364. Friedrich Vollmer in Düsseldorf (56)
365. Ludwig Volts in Gieszen
366. Richard Wagner in Dresden
367. Friedrich Walter in München
368. Georg Wartenberg in Berlin
369. Ferdinand Weck in Metz
370. Nicolaus Wrcklbin in München
371. Andbeas Wbidneb in Dortmund
372. Wilhelm Wbinbergbr in Wien
373. Alexander Wbiske in Halle
374. Fritz Weiss in Niederlösznitz bei Dresden (f 1893)
375. Edmund Weissbnborn in Mühlhaasen (Thüringen)
376. Joseph Weisweiler in Posen
377. Paul Weizsäcker in Calw
378. Max Wellman-x in Stettin
379. Heinrich Welzhofer in Freiburg (Breiagau)
380. Joseph Werner in Frankfurt am Main
381. Konbad Werxickb in Halle
882. Martin Wetzbl in Paderborn
383. Friedrich Wilhelm in Crossen an der Oder (86)
384. Albrecht Wodbig in Schwedt an der Oder
38& Robert Wöhler in Greifswald
386. Emil Wöbier in Leipzig
387. Kon BAD Zacher in Breslau
388. Christoph Zibgler in Stuttgart (f 1888;
389. Albkrt Zimmermann in WilhelmsbaTen
390. Güstat Zippkl in Königsberg (Prenszen)
391. Marcus Zucker in Erlangen.
INHALTSVERZEICHNIS.
(die in parenthese beigesetzten zaiilen bezieiien sich auf das voranstellende Verzeichnis
der mitarbeiter.)
Seite
1. zum panegyrikos dee Isokrates (80) 1
2. zu Thnkydides (161) 26
8. zur topographie von Alexandreia. I. Jnliopolis-Nikopolls (66) 34
4. anz. y. EMaass Aratea (342) 37
6. der angriff des M. Lepidns and M. Brutus auf das reformwerk
Sullas (77) 49
6. über bidens hostia (230) 64
7. zum ersten und zweiten buche des Quintilianus (160) 69
8. zu Valerius Maximns (336) 78
9. Statiana (196) 79
10. vorhomerische kampfschildemngea in der Ilias (163) 81
11. inschriftliches (19) 94
12. die Danaidensage (316) 96
18. zur Odyssee (257) 112. 120
14. anz. y. BKeil Solonische yerfassung (48) 113
15. über den yer fasser des buches de moriibus persecutorum (34) 121. 203
16. frag^ente einer handschrift der Macrobius- und Plinius-
excerpte (16) 139
17. zu Schillers Übersetzung der Aeneide (280) 143
18. miscelle (267) 144
19. Tir€p€(&ou Kar* 'AGiivoT^vouc (25) 145
20. zu Xenophons anabasis (119. 28) 161. 260
21. der dualis bei Polybios (119) 162
22. anz. y. CJorio codici ignorati usw. fasc. I (270) 166
28. die gründung yon Tarent (88) 177
24. zu Aristoteles poUtik (342) 192
26. zu Plautus (181. 73) 193. 432
26. zu Terentius Phormio (73) 199
27. ante annos^ yor jähren (221) 201
28. zu Ciceros dialog Hortensius (336) 224
29. die zinsurkunde zu ol. 88, 3 — 89, ^ (CIA. I 278) (854) .... 226
80. urteile griechischer prosaiker der classischen zeit über die
Stellung der griechischen frau (202) 261
Inhaltsverzeichnis. XIII
feite
31. die reihen folge der tragödien in Aischylos Prometbeia (47) . . 276
32. zn Piatons Philebos (6) 283. 320
83. kritische bemerkungen zur geschichte Timoleons (schlasz) (50) 289
34. zur kosmogonie der stoiker (113) 298
35. Juliopolis und Nikopolis (316) 301
36. die reibenfolge der briefe des ersten bucbea von Horatius und
das Verhältnis zwischen Horatius und Maecenas vom j. 21
an (241) 305
37. die häfen von Karthago (239) 321
38. zu Terentius Hantontimor um enos (73) 332
39. zu Ovidius metamorpbosen (334) 333
40. zn den handschriften des Lucanus (142) 337
41. zu Tacitus Agricola (Hl) 353
42. zu Caesar de hello Qallico (181) 357
43. über die quellen zu den feldzügen Julians gegen die Germanen
(167) 362
44. Steinhaufen als fluchmale, Hermesheiligtümer und grabhügel in
Griechenland (296) 369
46. Theognidea (250) 395
46. de Aristophanis Avium v. 586 (126) 399
47. zu Piatons Gorgias (218) 401
48. zum griechischen roman (346) 403
49. Oppiani Cilicis codicum in bibliothecis hodie adservatorum
series (357) 409
50., zu Manilius (36) 417
51. über zwei briefe Ciceros an C. Trebonius (338. 185) . . . 424. 843
52. der begriff und die aufgäbe der litteraturwissenschaft (83) . . 433
58. zu Sophokles Antigene (255) 446. 824
64. der angebliche streit des Zenon und Theophrastos (6) . . . . 449
65. zu Galenos (127) 467
66. ad Statu Silvas symbolae. I. II (327. 364) 469. 826
57. in Ciceronis orationem Pompeianam (39. 338) 484. 777
58. über den Ursprung und die ältere form der Pentingerschen tafel
(317. 253) 485. 845
59. zu Yarros res rusticae (293) 512
60. zu Livius (197) 512
61. Studien zur Verfassung von Athen während des peloponnesischen
krieges. I über die civilbeamten (227) 513
62. zu Piatons Politeia (5. 187) 555. 816
63. zu Livius (157) 557
64. zu Plinius naturalis historia (60. 73) 559
65. die reihenfolge der fünf ersten reden in Piatons Symposion
(290) . 561. 641. 721
66. über ^dXtCTa bei zahlen und maszbegrlffen Jm classischen
Sprachgebrauch (313) 586
67. zu Demosthenes rede vom trierarchischen kränze (281) .... 593
68. Fabius und Nikias (288) 699
XIV Inhaltsverzeichnis.
seile
69. Studien zar überlief erung und kritik der metamorphosen Ovids.
II der archetypus (199) 601
70. der lyrische anfbau der ersten epode des Horatius (318) . . . 638
71. zu Herodotos (78) 665
72. zur griechischen anthologie (332) 667
73. zu Aristoteles Politeia und zu Herodians geschichte (287) . . 677
74. über den dualis bei Lukianos (119) 681
75. verschollene länder des altertums. I (173) 689. 763
76. in Ciceronis epistulas ad Atticum (109) 704
77. zu Catullus (248) 706
78. über die ausdehnung des gebiets der Helvetier (143) 707
79. altes und neues zu den drei ersten büchern des Quintilianns (160) 711
80. über die Originalität von Senecas naturales qnaestiones (230) . 718
81. zu Strabon (167) 747
82. zur Syntaxis des Ptolemaios (145) 748
83. zu Demosthenes (240) 762
84. eine Übersetzung des Paulus Diaconus aus der griech. antho-
logie (280) 764
86. zu Hesychios (184) ! . . 766
86. zu TibuUus (Lygdamus) (383) 769
87. zu Phaedrus fabeln (260) 778
88. zu Pomponius Mela (221) 780
89. zu Ciceros Cato maior (128) 781
90. zu Oyidius metamorphosen und Qermanicus (98) 782
91. de Oermanici phaenomenon prooemio (98) 783
92. zum fünfkampf der Griechen (219) 786
93. zur teztüberlieferung der Aristotelischen politik (342) 817
94. zu Suetonius vita des Horatius (124) 844
95. zu Piatons Menon (5) 850
96. zu den Sibyllinischen orakeln (285) 861
97. die Trierer Sallnsthandschrift (244) 853
ERSTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON AlFRED FlECKEISEN.
1.
ZUM PANEGYRIKOS DES IS0KRATE8.
FBlass (attische beredsamkeit III 2 s. 350 f.) nimt an, der
kyprische krieg sei 385 beendigt, der panegjrikos des Isokrates 380
herausgegeben worden, der Verfasser des ausgezeichneten Werkes
wird es zweifellos freundlich aufnehmen , wenn im nachstehenden
der versuch gemacht wird diese beiden ausätze und einige andere von
seinen aufstellungen zu modificieren.
Der kypflsche krieg hat nach Diodoros XIV 98 im jähre des
archon Nikoteles (391/90) begonnen. Diodors mitteilungen über
den kyprischen krieg gehen auf Ephoros zurück; fr. 134 findet sich
wörtlich in XIV 98 vor. es spricht noch manches andere für diese
annähme, wie Volquardsen (unters, über die quellen der griech. und
sicilischen geschichten bei Diodor buch XI bis XVI s. 61 f.) über-
zeugend nachgewiesen hat. es fragt sich nur, ob der obige chrono-
logische ansatz Diodors richtig ist. es scheint so. im sommer 390
werden von Teleutias attische schiffe weggenommen, die nach Kypros
iiA CUfijiaxiqi Tr| GuaTÖpou bestimmt sind (Xen. Hell. IV 8, 24).
für 391 als erstes kriegsjahr sprechen auch die folgerungen, die sich
aus dem lebenslauf Konons und seinen beziehungen zu Euagoras er-
geben. Euagoras hatte wesentlich beigetragen zu dem seesies^e bei
Enidos (Isokr. 9, 56), er ist schwerlich von den Persern abgefallen,
solange sein freund sich bei diesen in leitender Stellung befand.
Konon wurde dann 392 (Hell. IV 8, 16) von Tiribazos gefangen ge-
setzt, aber wahrscheinlich von seinem nachfoiger Struthas frei-
gelassen, da dieser augenscheinlich nach Kleinasien gesandt wurde,
weil die vorschlage des Tiribazos die billigung des königs nicht ge-
funden hatten (Hell. IV 8, 17). da nun auch Deinon bei Nepos
{Conon 5) der ansieht ist, Konon sei damals entkommen, so dürfen
wir Lysias (19, 39 6 xap Kövujvoc Gdvaioc kqI ai bia9f^Kai, Sc
Jahrbfieher für cUss. philol. 1893 hft. 1. 1
2 GFriedricb: zum pant^gyrikoB des Isokrates.
bieöeto iv KuTTpüJ usw. § 41 aiitöc yä^y iv Tri vöcuj u)v ei3 q>pov(Iiv
bl^Öexo) dabin verstehen, dai*2 er auf Kypros gecitorbfn sei. es ist
nun schwerlich grundlos ', wenn in dieser etwa 388 gehaltenen rede
(Blaas ao. I 530) das vermögen des Timotheos auf 4 talente ge-
scbätitt wird {Lysias 19, 34. 38). von seinem vater hatte aber
Timotheos 17 talente geerbt (19, 40). es musle albo seit dessen
tode eine nicht ganz kurze zeit vergangen sein, da unterdessen
13 talente verbraucht worden waren, demnach wird Konon noch
im j\ 392 frei gelassen und bald darauf auf Kypros gesiorbtm sein ;
vöcui, wie Lysias in der oben cilierten stelle andeutet, wahrschein-
lich aber an den mishandlungen und martern, die er während der
gefangenschftft von Tiribazos erduldet, vveiiigstens lä.szt sich aus
Diod, XV 43, 5 dergleichen vermuten: UTTOTTieücac ö 'l(piKpdTT|C
^fj cu\Xr|Cp0r| Kai xi^ujpiac lOxri » KaÖaircp Kövuüv ^naOev 6 *AeT)-
vaToc, tKpive Xädpa q)£UT€iv ek toö cTpaTOTTebou. auch würde
Struthas, der die Athener begünstigt« und den krieg gegen Sparta
mit ernst und energie wieder aufnahm (Hell. lY 8, 17), sich kaum
der dienste des Konon begeben haben, wenn er nicht bei seiner an-
kunft einen gebrochenen mann vorgefunden hätte. Konon wird nun
die Zeitumstände für günstig genug angesehen haben, und besonders
eein groll gegen Perftien wird grosz genug gewesen sein, dasz er den
Euagoras zum ab fall drängte» der krieg wird also wirklich 391 be-
gonnen haben entsprechend dem ansatze dee Diodoros.
Der krieg wurde von den PerBera lässig geführt; Euagoraf?,
dor sich mit dem könig Akoris von Ägypten verbündet, konnte sich
sogar der stadt Tyros bemächtigen (Öiod, XV 2). "beim friedens-
schlusse des Antalkidas aber wurde er dem könig preisgegeben
(Isokr. 4, 141 ev bfe xaTc cuv0r|Kaic fKbOTOc kxiv- Hell. Y 1, 31).
der könig war nun im stände alle seine kräfte gegen ihn zu richten
(Diod* XIV 110)^ 386/5 ziehen die Peröer unter Tiribazos und
Orontes gegen ihn, in einer Seeschlacht wird er besonders durch
das feldhermgeschick von Glus, des Tiribazos Schwiegersohn, ge-
schlagen (Diod. XV 3) und dann in Salamis eingeschlos^sen. heim-
lich gebt er dann nach Ägypten, indem er seinen söhn Pnytagoras
in Salamis zurücklä^izt, 385/4 (Diod, XV 8) kehrt Euagoras au^
Ägypten zurück» nachdem er daselbst zwar neue mittel erhalten»
aber nicht so viel wie er erwartet hatte, so läszt er sich denn mit
Tiribazos auf Verhandlungen ein, die sich indessen zerschlagen » da
er den könig nur als Suzerän^ nicht als souverän anerkennen will,
inawischen wird Tiribazos von Orontes beim könig verleumdet , er
mnsz das beer verlassen und w^ird später einer gerichtlichen nnter*
Buchung wegen bocbverrats unterworfen, der zurückbleibende
Orontes siebt siich durch die meuterei des beeres^ das dem Tiribazos
ergeben war, veranlasst dem Enagora« auf seine eignen bedingungen
^ der Sprecher mu der scb träger des AristophaoeSi des aohncB dea
Nikopbemoft, des intimen freundes des Koaon , und bat somit ofenbar
zum bekannteD kreise des Timc^tbeos gehiJri,
GFriedrich: £am panegyrikos des Isokrates. 3
bin frieden zu gewähren, nach dem abschlasz desselben ÜLllt Glos
aus furcht, in die voraussichtliche katastrophe seines Schwieger-
vaters verwickeh zu werden , vom könig ab und knüpft seinerseits
mit Akoris von Ägypten beziehungen an (Diod. XV 8 f.). danach
gienge also der kyprische krieg 385/4 zu ende, und er hätte 6 jähre
gedauert.
Die zehnjährige dauer desselben wird aber ausdrücklich be-
stätigt von Isokrates und Diodoros: Isokr. 9, 64 ^xxxxopq, b€ TioXe-
fir)cac fxTi biKa tujv outoiv KÜpiov auTÖv KareXiTrev, divirep fjv Kai
npiv €ic TÖv TröXefiov eiceXöeiv. Diod. XV 9,2 6 ^€v ouv KimpiOKÖc
7l6X€|iOC b€Ka€Tf|C CX€bÖV T€TtVTm€VOC Kttl TO TlXcOV TOÖ XPÖVOU
Tiepi 7rapacK€udc dcxoXriOeic, biexfi xpovov xöv im Tiäci cuve-
XtüC TToXe^TiGeic toutov töv xpÖTrov KareXtiOT]. eine längere dauer
virürde auch den Verhältnissen entsprechen, thatsäcblich schlieszt
Euagoras , indem er nur Salamis (Diod. XV 9, 2) behält, einen un-
günstigen frieden, von all den hoffnungen, mit denen jedenfalls der
krieg begonnen, hat sich keine erfüllt, durch den Zwiespalt der be-
fehlshaber jedoch, besonders dann auch durch den abfall des Glus, der
wohl nicht erst nach abschlusz des friedens erfolgt sein wird (denn
er steht offenbar in Zusammenhang mit der früher erzählten Unzu-
friedenheit des heeres), durch all diese umstände veränderte sich die
läge bedeutend zu Euagoras gunsten. es lag nahe, dasz er sich mit
Glus verband , und dann war die krisis nicht nur überwunden, son-
dern zu seinem vorteil gewendet, also trotz der bestimmten be-
hauptung Diodors spricht alles dafür, dasz der krieg über den von
ihm angegebenen Zeitpunkt fortgedauert hat.
Bei diesen Vermutungen müste es sein bewenden haben, wenn
nicht der parallelbericht desTheopompos in einem excerpt desPhotios
(cod. s. 176 Bk.) erhalten wäre, daselbst heiszt es s. 120* 14 ff.:
Kai 7r€pi€X€i 6 öujbe'KaTOc Xötoc Trepi xe TTaKubpioc xoö Aitutttiujv
ßaciX^ujc, ujc Trpöc le touc BapKaiouc ^CTreicaTO Kai uTrepGuaröpou
fTipaiTe TOÖ KuTrpiou, ^vavxia Tipdxxujv xip TTepcij. 6v xe xpoTiov
Tiapd böEav GuaTÖpac xnc Ku7rpia»v dpxnc CTreßii, 'Aßbu^ova
KaxacxuJV xöv Kixiea, xaüxric ^rrdpxovxa. dann * 22: öttujc xe
ö ßaciXeüc GuaTÖpa cuve7reic9ii TioXe^ficai, cxpaxriTÖv ^mcxricac
AüxoqppobäxTiv xöv Aubiac caxpdiniv, vaüapxov öe '€Kaxö^vuiv •
KCl Tiepi xfic eiprivTic, f\v auxöc xoTc ''tXXiiciv dßpdßeucev. Sttuic
xe TTpöc GuaTÖpav dmKpax&xepov diroXe^ei kcu irepi xfic ^v KÜ7rpu>
vau^axiac • Kai ibc 'AOrivaiujv i] ttöXic xaic npöc ßaciXea cuvOriKaic
dTreipäxo d^fi^veiv, AaKebaijiövioi bl uTi^poTKa qppovoövxec irape-
ßaivov xdc cuv9nKac • xiva xe xpÖTiov xf|v ^m 'AvxaXKibou ?9evxo
eiprivTiv • Kai ujc Tipißa2Ioc dTToXe^ncev, ömuc xe €öaTÖpa dTreßou-
Xeucev, öttujc xe auxöv GuaTÖpac Tipöc ßaciXea biaßaXujv cirv^-
ßaXe ^ex* 'Opövxou koi ibc NeKxevißioc irapeiXnqpöxoc xf|v AItüttxou
ßaciXeiav npöc AaKebai|ioviouc irp^cßeic dire'cxeiXev GuaTÖpac
xiva xe xpÖTTOv 6 irepi Küirpov auxuj 7röXe|ioc bieXuOn. ^ 3 : eTxa
xiva xpöxov "AKUjpic 6 AiipiTmoc Tipöc xoüc Tlicibac diroiricaxo
GFriedrich: zürn panegyrikoa des Isokratee.
cu^^axiav, irepi t€ rfic x*JLjpac aöiujv Kai tujv *Ac7T€vbiLuv. die
reihen folge der ereignisse ist dieselbe. Dach dem Antalkidas-frieden
werden die Operationen gegen Euagorat» mit gröszerm nachdruck
aufgenommen, eine Seeschlacht wird geliefert, dann findet sich ganz
fihnlich wie bei Diodoroa (XV 5) die notiz eingeschoben, dasz die
Spartaner die bestimmungen des königsfriedens verletzt* darauf
fortgesetzter krieg des Tiribazos. bei Pbotios beiszt es dann weiter:
ÖTiuJc T6 Cijatöpqi ^TreßouXeucev, öttlüc bk auxöv CüaTopac irpöc
ßaciX^a biaßaXüüv cuveßaXe ^€T* 'Opövtou. in der enibprechenden
stelle Diodors (XV 8, 3) steht, Orontes habe den Tiribazos beschul-
digt, dasz er Tipicßeiac npocbcxciai iiap* auTOu (Euagoras) Ktti
cuXXaXfci ncpl KoivoTTpairiac, öpotuDC bt küx npöc AaKEbaipoviouc
cuvTiOexai cu^fiaxiav ibiqi, (piXoc u>v auriüv. ganz ohne anhält
werden diese beschuldigongen des Oronteä nicht gewesen sein, und
wie in aller weit soll Euagoras den Tiribazos beim groszkönig haben
verleumden kennen? der Sachverhalt springt sofort in die äugen,
wenn man die berichte der beiden historiker combiniert. die Unter-
handlungen zwischen Tiribazog und Euagoras haben sich zerschlageu.
darauf greift jener zu einem andern mittel: cuXXaXei Tiepi koivo-
irpaTloiC, er spiegelt dem Euagoras vor, dasz er abfallen wolle^ um,
wie einst Tisi^&phemes den Klearcbos, wie später Mitbradates den
Datames ( Nepos Da^ 10 f.), den Bnagoras sicher zu machen und
durch hinterlist in seine gewalt zu bekommen. Euagoras durch-
schaut diese ranke , und da ihm die eifersucbt der beiden oberfeid-
berrn schwerlich ein geheimnis geblieben, liefert er dem Orontes
mit des Tiribazos briefen die mittel denselben zn verderben, man
stellt sieb, als seien die vorschl&ge des Tiribazos ernst gemeint
gewesen, die anklage aber betreffs der Lakedaimonier bezieht
eich offenbar auf die frühern Verhandlungen mit Antalkidas (Hell.
IV 8, 12 ff.), wie die Verteidigung des Tiribazos beweist (Biod.
XV 10, 2). da nun die aufldsung im persischen beere beginnt und
Glus abfällt, so erhält Euagoras loft: er bricht die Unterhandlungen
mit Orontes ab und weisz sich seiner gegner zu erwehren , bis ein
neuer könig in Ägypten aufkommt, der mit der befestignng der
eignen her»cbaft genug zu thun hat, so dasz er an Unterstützung
«Ines auswärtigen fürsten nicht denken kann, nachdem Euagoraa
dann noch vergebens bei den Spartanern angeklopft, macht er mit
Fersien seinen frieden, Kai ibc NeKXevißioc TTapeiXi](pÖTOC Tr|V
AItwtttou ßaciXciav, heiszt es bei Photios-Theopompos. da nun
nach Diod. XV 9, 3 Akoris am schlusz der unter 385/4 erzählten
ereignisbe, soweit sie Ägypten beireffen, noch am leben ist, miisz
der kypribche krieg über 385/4 hinaus fortgesetzt worden sein.
Nektanabis wird bei Diod. XV 42 zuerst unter dem j. 374/3 er-
wähnt, Akoriü (XV 29) zuletzt unter dem > 377/6. danach wäre
Nektanabis zwischen 377 und 374 könig von Ägypten geworden,
und der kyprische krieg hätte etwa bis 376 gedauert, dann kämen
aber weit mehr als 10 jabre heraus, wenn wir nicht den regierunga-
MTV«? de§ 3ifiramifcfaK irfiäiBr unseaasL :
ist iwwr.^t^ ^77'^ CäiünK be: ^knnf:: i
2^ aber sitfa: S^toe Obo^. ±. 1^
rnyw fs fioas^ÖMif niiac be: Akiir&. sanösa. be. J^äGoeiae.
iarm ds ^w«»Tiwtw> kbnr: üOiozi wl ää. nusbr ai. IKactsniD^ mt not
l^xbopanqrt3i b& Pbotiiä. xe aii sl 3^«clBIlrä[I£^ be. 1iiihiibiq& Iniae
isa S^fto^ Ohflär. S. f — 4 bd^ nwir. lüo: tmsK ibt O^iAnnnKc: ii&
l^i0Cif»an^»D£ araxammBL t^ A'äHn». XU i»S^ ' :: md. su^a. sonc
ist £fis& 1^ biii± bei gTStüimg ligrjKaiäisr gr^ippHirfi: tul l^^ini'
bemrtß vordäiL si. -JUiBE. ^ - f. Tp_ AiielZI 3^*^. XT^" tHTT*,.
«e ^Hm Bomh kfiniffir. zmfsS&. inrarnBsgsx^. ons xzifiL ä^ 2ht znsr
W^njiKi inircffisi HOC migs «a^sr isnc: nots fibc Cäi
biih bed Sekaoffibk vs& msKen: ISx iueök: esmnnnusL isl
g¥veaeiL qk mm iiki zws: jmsübBii.. äs: i»ems: an: ^Tmsavompm:
Twibif frobfir sesaBii ak KT7. q& -s aber aiUDbe5'^iei& i™rLMM» bssanxc
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das BT bfiBcmöfirF szi: ^x ^»"™^*«*«" jösdi ^m mopeiii. ir^ ^laieiBi ^
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nrar ihl em bBSücasüiidieir irfibflr ak ^TTT. imiDinehar nemiigx. vcr
der ixafa^äxsmhm^ ö& ^TmäruBt auf woibki: ost TmeaaiaMuyt vnrc
ran Dtod. XT ^ m: ^rfinoimi: aa§ sv^eissx aeebimä» «rrzäsii OMMir
aber fSuh bf^CTimn en. jaöxr irübe^. in qk anämnaa: üar JKazifiziiiaiir
Z7B 7. & abbenzfonr üs Cäiabr^ i^ng: &i#^ mi: disHen- es^ugm^
iBiQg yiwaiiiiiiflr.: oanx. ansörüficnei: hasaz ^k iL. üssl ;pmnaiiän& . m
dsn äs leiSBDdeB fnmöi^izf- o» nsoeL mmäei^ aiia^!»)tffzruexHx swr. :
UV TIC ^ouIlsttec tut» ^O^ikiTyiin r tüh fiapBaptm tüa ^ im^tpiv
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xfiaa vdDsc aisi' moer aBai umslaziaei: ^vs^nteiiffic . öa& übt srwsr
1^0 ao^ äjt zuT^skxtBnänii^ oot Cimbnae ^smi^*.. mti. «iü: niniff
dpsnsnaf» in mt rw^h^e bSJfit: vm: n^ |»ieiz: fgerasL. ai«r ^obk
^crze zedl Laui. Cäsabria^ fiii:i. m A^j^pisL ncän *«^^»?w<*-*n ijs:i»!a;^
ocss XffiOE aL. fiaffi: finmiM. & amgmmt. usc I^fauutfliHai^ 150,71:
öv ^tfv orv Tpörm laiai c^u» : CäiatE-Är -njitti cmnrnc: ^^7=5*1^
irovvf}cioic TTB^uiEiir €i Bt^oii . cbl lui Tuprunn» tm**rs5^¥£»
ev AiTTin^ «m 6t^ €» Kun^ TpCTnxT trmßs» «a. üttc tbit ev
Axtinrni; i2Ffr. äk leis^f- si>iiLkr MfWfüg: zugiengi . Uksi S^jfruosiifjtr
i2sii77t£Uir nr : öeim ok z^röitac kmmsL nur ^FfifFCo: jzuKrrir i^zmot
ernth'uet wnrösm sebi. veni^sSiBiii :s: "^m. eix^iOL zugt wr t^sfw^
Bac^ A^jpteB lax* ^T?* nkiis^ btäEamn.. crkiSs:h^iu& w»:i^ -. nae^
des an^uiainiissii. ok- 21mm ^i^pei. ^üagtcift ^FBrnasm . wjrt wimk
eoK aerramE^ aämeörxmg fFesFBC kn£^;er»caftr nmeniebipprig»g. «is^
6
GFriedriuh: zura panegyrikas des leokrates.
getreten sein, man bort nur immer von rüstungen gegen Ägypten,
die aber nie z\a ende kommen (Nepos Dat. 3» 5. Diod. XV 29. 41).
Aus dem allem aber folgt, dasz man wohl den regieriingö-
antritt des Nektanabis früher ansetzen darf, und es wird seine
richtigkeit haben, das?. Euagoras sich bis zu diesem ereignis hielt,
dasz er dann aber die heffiiung auf ein völliges gelingen seiner plane
aufgab und sich Artaxerxos unterwarf, dies wird spätestens anfang
381 geschehen sein, nachdem der krieg b€Ka€Tfic cx^hov gewesen
war (Diod. XV 9, 2).
Und wie ist Diodors irrtum entstanden? es ist einleuchtend,
dasz Ephoros, der in 30 hü ehern die gei^amte geschieh te von der
Wanderung der Herakleiden bis 340 darstellte, in einzelnen partien
nicht öO ausführlich sein konnte wie Theopompos, der in 70 büchern
die zeit von 411 an behandelt hat. Ephoros hat also zweifellos anti-
cipierend, wie etwa Xenophon die BcTTaXiKd (Hell. VI 4, 33 ff.),
die geschichte ganzer Jahre in Einern atem dargestellt. Diodoroa hat
dies beibehalten , ihm ist indessen vielfach entgangen , dasz es die
ereignisse mehrerer jähre waren, die er da in 6inem zusammenhange
behandelt fand, und erbat das ganze unter ein einziges Olympiaden-
jähr gebracht, obgleich nur das eingangsereignis oder das baiipt-
factum darunter gehörte, in unserra falle wurde er durch die werte
bietft XPÖVOV TÖV ^Tii näci CUV€XU)C TToX€^T|0€ic (Diod. XV 9, 2)»
die wahrscheinlich so bei Ephoros geständen haben , noch ganz be-
sonders irregeleitet, da er annehmen muste, mit den zwei jähren sei
der ganze krieg zu ende gewesen, während doch nur die zusammen-
hängende energische kriegfübrung gemeint war im gegensatz zu
der frühern und nachfolgenden desultorischen.
Yergleicben wir nun mit dem gefundenen ergebnis, dasz der
kyprische krieg von 391 bis spüteatens anfang 381 gedauert hat,
die in betracht kommenden stellen des panegyrikos.
§ r2«i Tfjv jiiv T€ MavTiv^uiv ttöXiv eipfivTic ^bn fCTtvriM^vnc
dvctCTaTOV dtroiTicav (die Spartaner) icai xr^v Örigaiu^v Kab^tiav
KWTAaßov, KQi vöv "OXuvOiouc Kai 0X€iadouc TTOXlOpKOijClV,
'AfiuvTot bi Tuj MäKebövoiv ßactXei Kai Aiovuciu) tu) CiKeXiac
Tupdvvuj Kai TUJ ßapßdpuj T(\nf\c *Aciac xpaToövTi cufiirpaTTOuciv,
Öiruüc WC fJ€TiCTTiv dpxrjv ^Eouciv. die Kadmeia wurde 383 besetzt,
379 befreit, in dem letztern jähre wurde Olynth bezwungen, die
belagerung von Phlius begann 381, die Unterwerfung fand nach
dem zusammenbange bei Xenophon (Hell, V 3, 10 C) auch wohl
erst 379 statt, mit Amyntas kamen die Spartaner in freundliche
beziehungen durch ihren kämpf gegen Olynth, nach Diod. XV 23
Bchlossen 380/79 Dionysios und Artaxerxea bündnisse mit Sparta.
§ 126 ist also 380 geschrieben, als der krieg gegen Euagoras längst
beendigt war.
§ 141 ^erd be raux* ^tt* 6uatöpav cxpaTeücac, 8c apx^^ M^v
|iiäc TTÖXeuJC, iv bk xaic cüv9riKaic f^boTÖc ^cxiv, oIkültv bk vfjcov
Kaxd iLifev edXoTTav irpobebucTiixTiKev^ vnkp bk Tfjc x^pac Tpicxi-
GFriedrich: zam panegyrikos des Isokrates. 7
Xiouc Ix^i ^övov TreXTacrdc, dXX* Smuc oötuü raireivfic buvdM€U)C
ou buvarai ir€piT€V€c6ai ßaciXeuc TioXemliv, dXX' f\br\ jifcv S£ iTT\
biaT€Tpiq)€V, €1 bk bei rd jieXXovra toic TeT^vimevoic T€K^oup€c6ou,
TToXu TiXeiuiv iXmc iciw ?T€pov dTrocrfivai Tipiv dxeivov dicrro-
XiopidlOfivai. 380 konnte nicht gesagt werden , dasz der krieg sich
aller voraossicht nach noch lange hinziehen werde, denn seit einem
jähre war er beendigt, nnter diesen amstSnden ist es anch unmög-
lich, die 6 jähre von der Seeschlacht 386 an zu rechnen, es ist
eben kein krieg mehr, schon 381 wären es nur 5 jabre. die 6 jähre
müssen demnach vom beginn des krieges 391 gerechnet werden,
§ 141 ist 385 geschrieben, und zu diesem Zeitpunkt stimmt auch
alles übrige was in dem § steht
Nach § 134 Toiv CTpoTOTreboiv toTv Tiepi KÜTipov ^di^ev ai-
TÖv TOI fi^v xP^cöai, TÖ bk TToXiopKeTv, dMq>OT€poiv auTOiv Tf\C
*eXXdboc 6vT0iv und § 135 tujv xe ^cxd Tipißd2Iou CTpareuo^^-
vuüv KOI Toö ireloö xö xPIcimiiTarov ix TÄvb€ toiv töttujv fjOpoi-
crai usw. ist der krieg noch in vollem gange, Tiribazos ist sogar
noch beim beere, die beiden stellen müssen also auch 385 ge-
schrieben sein.
§ 160 £f. wird behauptet, der gegenwärtige Zeitpunkt sei be-
sonders geeignet einen krieg gegen Persien zu beginnen. Ägypten
und Kjpros ist abgefallen , Tjros ist in der band seiner feinde, es
kann nur in der gewalt des Euagoras sein , der Tjros während des
krieges genommen (Diod. XV 2, 2). auch nach dieser stelle ist
jedenfalls der kyprische krieg noch nicht zu ende, und wenn § 162
gesagt wird : *6KaT6^vu)c b* 6 Kopiac ImcraQyLOC rf} ^ev dXriOeicji
TToXuv fjbn xpövov dq)^CTT]K€V, ÖMoXoTiicei b* ßiav fmeic ßouXTiedi-
fi€V, so ist das genau dasselbe, was Diod. XV 2 unter dem j. 386/5
berichtet: Tiap* *6KaTÖ^vou bk toö Kopiac buvdcTOu, XäBpq, cu^-
irpdTTOVTOC ouTui, XPnMOTUJV Aa߀ (Euagoras) TiXfiGoc eic biaipo-
q)f|V EeviKUJV öuvd^€U)v. die worte aber § 153 touc bk ^€6* auTiüv
(den Persem) elc KÜTrpov CTpaT€uca|i^vouc ^dXXov f\ touc aiXMCi^^-
TOUC ußpiZov müssen nicht durchaus so gefaszt werden, als ob der
ganze kyprische krieg beendigt wäre; es ist vielmehr bei CTpaTCU-
CQfX^vouc wie bei CTpaTCUCac in § 141 an einen einzelnen feldzug
zu denken, wie ja auch die andern in § 153 angeführten beispiele
hervorragende einzelfiLlle sind, wahrscheinlich ist an die CTdcic der
fiicdoq>öpot TOIV TTtpcÜJV bei Diod. XV 3, 2 zu denken , die Glus
und die andern feldherm mit mühe unterdrückten, freilich war da
die persische leitung an der not des heeres nicht unmittelbar schuld
gewesen, aber Isokrates ist in solchen dingen nicht gewissenhaft,
wenn es nur sonst seiner tendenz entspricht, eine reihe von stellen
des panegyrikos, und nicht nur § 141 , ist also derart, dasz sie 385
verfaszt sein müssen, während § 126 nicht vor 380 geschrieben sein
kann, es fragt sich nun, hat Isokrates den panegyrikos 380 heraus-
gegeben und hat er die disharmonien nur unausgeglichen gelassen,
oder wurde die rede 385 oder 384 herausgegeben (und der ton, die
8
GFriedricb: zum panegyrikoB des Isokrates.
Terhältnisse Schemen dafür zu sprecben) und wurden dann die
§§ 122—132, deren scbärfe auch sonst gegen den concilianten, ja
diplomatischen ton der Übrigen rede abstiebt» erst später einge-
schoben oder, was wahrscheinlicher, in ihre jetzige Fassung gebracht
und — sollten sie als zu&atz, als Änderung empfunden werden ?
An diesem punkte der Untersuchung kommt von anderer saite
eine hilfe. es ist nemlich längst die frappante ähntichkeit bemerkt
worden, die zwischen paneg. § 139 und HelL V 1, 36 besteht, dort
heiszt es: et bfe toOto m^v jitfi yetovev» dvTmdXojv 5* Svtuuv f||uu)v
Ktti AaKebaijLioviaiv irpocB^jievoc toTc diepoic €7TiKubeCT€pa rd
npdtMCt'r** OdTep' ^Tioiricev, oubiv €cti toöto cT))uteov ific ^kcivou
^db)ir]C. iv tdp TOic toioütoic xaipok TToXXdicic ^ixpai buvd|neic
^etdXac tdc ^oirdc ^noiricav: dagegen HelK V 1,36: dv bk
TUJ noXt^üj ^idXXov ctvTippÖTTmc toTc evavTioic TTpaitovrcc oi
AaKtbaijLiövio L ttoXü ^TTiKubecrepoi ete vovto ^k tfic in' 'AvraX*
xlbou cipfivTiC KaXou|ievT]c. auffällig ist besonders das wort im-
Kubfic, das innerhalb der attischen prosa nur an diesen beiden stellen
vorkommt, da es nun auch in bezug ayf dasselbe ereignis gebraucht
wird, so ist eine beziehung zwischen den beiden stellen nicht abzu*
weisen.
Vielleicht hat Isokrates den Xenophon benutzt? es scheint
nicht so, denn die Anabasis bat er offenbar nicht gekannt, er spricht
§ 146 von 6(X)0 Söldnern, die d^n berühmten rQckzug ausgeführt;
wahrend es noch in Kerasus (Anab. V 3, 3) H600 waren, und wenn
Isokrates § 146 ferner meint, diese siSldner seien oÜK dpiCTivbriV
^TT€iX€T^€VOi , dXX' 0*1 bid «pauXoTiiTOC ^v imc outojv oux oioi T€
ficav Cfiv, so berichtet Xenophon (Anab. VI 4, 8) gerade das ent-
gegengesetzte: TU>v Tdp CTpaTitumv oi TiXeTcTOi ^cav ou cirdvci
ßiou dKTTeTTXeuKÖtec im xauTriv iriv ^icOocpopdv usw. erst 40 jähre
später in der rede an Philippos (§ W f.) seheint Isokrates auf die
Anabasis bezug zu nehmen, gerade die widersinnige behauptung,
der könig habe den söldnern versprochen sie ^vxeXf] tov ^icOöv
dirobouc dTTOTr^|i^J€iv» spricht dafür: denn in diesem zusammen-
hange steht evTcXf^ tov picGöv weder in der Anabasis des Xenophon,
noch kann es so in irgend einer anabasis gestanden haben, man
darf annehmen, dasz Isokrates den Xenophon nicht vor sich hatte,
als er jene stelle schrieb, und ^o scheint dvieXfi tov picööv eine
deplacierte reminiscenz an Anab, I 4, 13 zu sein- da verspricht
Kyros den Griechen tov fiicOöv dvTeXii ju^Xpi äv KaTacTricr| touc
"EXXnvac eic *lujviav naXiv.
So wenig aber wie auf die Anabasis nimt Isokrates bezug auf
die Hellenika, denn § 144, wo er offenbar in cbronologischer reiben-
folge zu verfahren beabsichtigt, nennt er den Derkylidas vor Thibron.
Drakon wird zwar Hell, III 2, 11 in Verbindung mit Atarneus ge-
nannt, aber das ist auch das einzige; alles übrige was Isokrates mit-
teilt steht nicht dort* dasz Agesilaos mit hilfe der Kjreier beinahe
ttber den Halys gegangen, brauchte er naltlrlich nicht von Xenophon
GFriedrich : zum panegyrikos des Isokrates. 9
zu erfahren, auch die bemerkung (§ 153), die Perser hätten das
heer des Agesilaos acht monate unterhalten, steht so nicht bei Xeno-
phon, der Hell. III 5, 26 von 40 talenten spricht, die Tithraustes
dem Agesilaos gegeben.
Ist demnach Xenophon nicht von Isokrates benutzt worden, so
musz ^as umgekehrte angenommen werden, dafür beweist zunächst
die evidente Übereinstimmung von Hell. VI 5, 46 f. mit paneg. 54 ff.
hier ist ja jede benutzung des Xenophon seitens des Isokrates aus-
geschlossen, ferner bemerkt Blass ao. 11 448 f., dasz die Hellenika,
wenigstens in den fünf letzten büchern , einen bedeutenden einflusz
des epideiktischen stils merken lassen, eine für Xenophon auffällige
glätte und fülle der periodik, zugleich eine subjective färbung, eine
Vermischung von geschichtserzählung und tadel- und lobrede. die
Sätze erschienen auch eher würdevoll und prunkend als schlicht und
anmutig; doch seien sie nach Isokratischem maszstab keineswegs
untadellich gebaut, es sei halbentwickelte epideiktische Schreibart,
das ist alles vollkommen zutreffend und im falle des Xenophon be-
sonders erklärlich, da er die reden des Isokrates nur in der ferne
studieren konnte, dagegen an dem Unterricht des meisters niemals
teil genommen hat.'
Fem er hat Bosenstiel in einer Göttinger diss. von 1882 (de
Xenophontis historiae graecae parte bis edita) die bemerkung ge-
macht^ dasz Xenophon in der Kupou Tiaiöeia und der Anabasis vor-
wiegend ä^q)i m. acc, SirecOai und fi€iwv gebraucht, dasz dagegen
in den Hellenika fieiov nur Einmal vorkommt, Tiepi m. acc, dXdrrujv,
äKoXouGeiv an der mehrzahl der stellen steht, letzteres aber ist der
attische gebrauch; bei Isokrates kommen dfiqpt m. acc, SnecOai,
)i€iujv gar nicht vor.
Nach diesem allem ist eine abhängigkeit des Xenophon von
Isokrates, nicht aber das umgekehrte Verhältnis anzunehmen, paneg.
§ 139 musz also vor Hell. V 1, 36 geschrieben und veröffentlicht
sein, es wäre demnach für die vorliegende frage von der grösten
Wichtigkeit zu wissen, wann diese stelle der Hellenika verfaszt
worden ist.
Die ab Fassung von Hell. I — V 1, 36 wird von WNitsche (über
die abfassung von Xenophons Hellenika, Berlin 1871, s. 6) früher
gesetzt als die der nächsten bücher und zwar in das jähr 384. von
Hell. I — II 3, 10 kann man mit groszer bestimmtheit behaupten,
dasz der ansatz nicht zutrifft, wie der unterz. in einem andern zu-
sammenhange nachzuweisen hofft. Hell. 11 3, 11 — V 1, 36 sind
aber wahrscheinlich in dem angegebenen jähre verfaszt. hiergegen
polemisiert ESchwartz (quellenuntersuchungen zur griechischen ge-
schichte, im rh. mus. bd. XLIV [1889] s. 161 ff.), indem er (s. 184)
* man sieht, ganz ohne gmnd ist es nicht, wenn bei Photios (s.486 Bk.)
Xevoq>i£)V ö fpOXXou neben Theopompos und Ephoros unter den hörern
des Isokrates genannt wird, der diese ansieht zuerst aufgebracht, hat
sich von seinem Stilgefühl leiten lassen.
10
GFriedrich: zum panegyriko» des Isokrates»
die ansieht aufstellt, die EeUenika seien im onfang der dOer jabre
des vierten jh. in feinem zuge niedergesctirieben worden; die durch-
gehende tendenz des werkes aber gehe dahin (a. 178), die Athener
zum festhalten an Sparta und zu rücksichtsloser Feindschaft gegen
Theben zu veranlassen, es kann nun keine fmge sein, dasz das
politische programm Xenophons wirklich in der Formel gegipfelt
hat: Sparta hegemon zu lande, Athen zur see, und dasz ihm das
hervortreten Thebens zuwider gewesen ist. hierzu kommt dann die
starke persönliche abneigung des Ägesilaos gegen Theben, die sich
in einem langen umgange dem Xenophon mitgeteilt, und ao ergibt
aieh die fÄrbung, die wir auf jeder seite der Hellenika wahrnehmen,
von seibat I ohne dasz eine eigentliche tendenz anzunehmen wfire,
die rllcksichi, die Xenophon unaufhörlich gegen Athen zeigt, erklärt
sich doch hinreichend aus dem umstände, dasz er Athener war,
Athener und ein anständiger mann. — Athen hatte zudem in dem
Jahrzehnt 371 — 361 wiederholt an der aeite Spartas gektirapffc, ohne
dasz etwas besonderes herausgekommen wäre, und da sollte d6r
mann^ der am Schlüsse seines werkes die feder mit so tiefer ent-
mutigung aus der band legt, dieses selbe werk in der abwicht ge-
schrieben haben, seinen landsleuten jenes btlndnis aufs neue zu
emplehlen? dasz Sparta auszordem ein bankrotter staat war, wird
Xenophon sich zwar nicht eingestanden haben, aber ganz verborgen
hat er sich die Wahrheit nicht, man darf nicht vergessen, das
I4e capitel der AaKcl>ai^oviu/V TroXiT€ia hat Xenophon auch ge-
schriebt^n.
Und wie will Schwartz Hell. 11 4, 43 (xai fi^dcavTCC ÖpKOUC
f[ \xi\v M*l MvriviKaKTiceiv, ^ti Kai vuv 6|liou T€ TToXiTcuovTai Kai
Tok öpKotc {pjLievei 6 bfjiioc) mit seinem ansalze in einklang
bringen? denn jene werte hatten doch nur so lange einen sinn, als
der 404/3 entstandene gegensatz in der bürgerschaft bestand, als
die tiefe erbitterung, die die anarchie in den gemütern hinterlassen
und mit der wir ja aus Lysias reden gründlich vertraut sind, nicht
gewichen war. nachdem eine neue generation aufgekommen und
ein Umschwung in den verhiillnissen mit neuen interessen den alten
«wist in Vergessenheit gebracht, wliren jene werte vollkommen
inhaltslos gewesen, ein Umschwung aber trat ein im jähre des Naosi-
nlkos 378/7 mit der gründving des zweiten athenischen seebnndes.
vor diesem Zeitpunkt müssen also jene werte geschrieben sein,
Schwartz behauptet weiter (ao. s. 181), in Hell. II 3, 10— V 1, 36
lasse sich eine besondere tendenz nicht erkennen, da aber ein 'nütz-
lichkeitsaposter wie Xenophon schwerlich ohne besondern zweck
geschrieben habe, so spreche eben dieser mangel einer tendenz gegen
die annähme einer gesonderten darstellung des in betracht kommen-
den Zeitraums ; auch sei der kömgsfriede kaum ein geeigneter ein-
schnitt gewesen, es musz Schwartz sofort zugegeben werden, dasz
im j. 384 noch weniger als 360 die tendenz die gewesen sein kann,
Athen für Sparta zu gewinnen, aber die gründe sind andere. Sparta
GFriednch: zum paoegjrikos des UokimUm. 11
fühlte sich 384 im bnnde mit Peräien allen Schwierigkeiten ge-
wachsen und glaubte wohl kaom Athens je zn bedthrfeo. aaeh bat
Xenophon sich schwerlich der Illusion hingeben kennen, dasz die
Worte eines mannes, der wegen irpoboda ans Athen rerbannt war,
dort gehör finden würden, eine derartige tendenz ist also abzu-
weisen, fQr diesen teil der Hellenika ebenso sehr wie f&r die spitcni
bficher. dagegen ist yielleicht eine andere anzunehmen.
Tendenz mosz sich notwendig da zeigen, wo nachweislieh ron
der wabrheit abgewichen wird, dies geschieht aber Hell, n 4, 29 ff.
die vermittelnde politik des Paasanias 403 erscheint da in einem
seltsamen lichte: Paasanias wird einfach als intrigant dargestellt,
n 4, 31 n€^nu)v bk npecßeic 6 TToriKaviac irpdc toük ^v TTcipoict
^K€X€U€v dTTi^vai ^TTi Ttt teuTÄv * ^7T€\ b* ouK ^irciOovTO, irpoccßoX-
X€V ÖCOV dno ßof]C Iv€K€V, OTTUK ^f| bflXoC €111 €U^€vf|C auToic uhf.
§ 35 ö be TTaucaviac Tponaiov CTTjcd^cvoc dv€xwpnc^ ' wn oub'
Q}c uipTi2l€T0 auToTc, dXXd XdBpa Tii\imuy ebibaocc touc iy TTcipoici
da xpn XeTOVTttc irpccßeic neMireiv Trpoc dourov kqi touc irapov-
TQC Iqpopouc. Ol b' ^TreiOovTO. biicu] be kqi touc ^v tuj acrci,
KQi ^KcXeuc npöc cq)ac irpocievai die irXeicrouc cuXXeroM^ouc,
X^TOVTQc 6ti oubcv b^ovTQi Toic ^v TUl TTcipoicT iroXc^cTv, dXXd
biaXuO^VTCC KOiv^ d^q)ÖT€pol AoDC€bai|iovioic qpiXoi civoi. eine
grosze Tolksbewegung vollzieht sich nicht so lastspielartig. es ist
wahrscheinlich, dasz ohne zuthon und noch vor der ankunft des
Pausanias die annähemng der beiden parteien bis zu einem gewissen
punkte gediehen war, und dasz seine kunst, wie immer in solchen
fidlen, nur darin bestehen konnte, der nattlrlichen entwicklang
nachzuhelfen und sie zum abschlusz zu bringen, ein solcher verlauf
wird denn auch durch Aristoteles 'AOiiv. iroX. c. 38 vollaof bestätigt
danach waren schon vor dem eintreffen des spartanischen kOnigs
Verhandlungen mit denen im Peiraieus erofoet worden, schon vor-
her war die masse des volks auf ihre seite getreten; und als Pausanias
kam, blieb ihm nur übrig als ehrlicher makler frieden zu stiften,
und dazu liesz er sich aus Sparta zehn biaXXoncTai (nach HelL II 4, 38
waren es 15) kommen.
Absicbtlich entstellt und geradezu gefölscbt hat Xenophon nicht;
also musz er anschauungen von männem wiedergeben, in deren mitte
er gelebt , mit deren äugen zu sehen er sich gewöhnt hat, and diese
müssen unter den gegnem des Pausanias gesucht werden.
Noch einmal tritt Pausanias bei einer wichtigen gelegenheii
hervor, bei seinem zuge nach Haliartos 395. durch seine Verspätung
(III 5, 17 ff.) verschuldet er den fall des Ljsandros. nicht einmal
die leichen der gefallenen vermag er kämpfend zu gewinnen, er er-
hält sie erst nach schimpflichen Zugeständnissen, den Lakedai-
moniem muste die zomader schwellen, wenn sie (§ 24) lasen: TOu-
Tujv bk npax6€VTUJV oi m^v AaKcbaifxövioi dOupuic dir^cav, o\ be
Orißaioi pdXa ußpicriKuic, d kqi ^lKpov Tic tuiv xuipiujv tou im-
ßairi, iraiovTCC ^biuuKOv cic Tdc öbouc.
12
G Friedrich: zum panegyrikos des Isokrates.
Agesipolis tritt an die stelle des Temrteilteii vaters. 390 unter*
uimt der junge könig meinen ersten feldzug (Hell« lY 7) gegen Argos.
es wird ihm eine lächerliche eifersucht auf Agesilaos z u gea ehr i eben,
wie weit dieser, erkundigt er sich, aufßeinem kürzlichen feldzug
gegen Ärgos vorgerückt, wie weit er das land verwüstet. Ägesi-
polis wird mit einem tt€vtO(ÖXoc verglichen, einmal waren die reiter
der Thebauer von den Argeiern nicht eingelassen worden aus furcht,
die Spartaner könnten zugleich mit eindringen, wie fledermätise
klebten sie nun an den mauern» es halten viele umkommen können*
aber die kretischen bogenßcliützen mnsten gerade auf einem streif-
zuge nach Fauplia abweisend sein. Agesipolis hatte entschieden
pech. auf alle weiee geben ihm ausserdem die götter ihr mis fallen
an seinem zuge zu erkennen, endlich eutschlieszt er sich zur heim-
kehr, nachdem er den Argeiem viel geschadet, natürlich: denn er
war unerwartet gekommen, äie dirpocboKriTuuc auroic ^pßaXüuv.
Es ist demnach die gesamte Agiadische königsfamilie ^ die in
einer ungünstigen beleucbtung gezeigt wird; und da nicht anzu-
nehmen ist, dasz Xenophon einfach gelogen, so gibt er, wie geBagt^
offenbar die anschauungen seines kreises wieder; und das kann kein
anderer sein als der des Etirypontidischen hauses, der des Agesilaos.
Man hat zuweilen wohl im anschiusz an Plutarchos (Ages. 23)
einen gegensatz des Antalkidas gegen Agesilaos herausÜBden wollen»
als habe es immer (vgl, Ranke weltgeäch. I 2 s. 96) eine partei ge-
geben , die den krieg gegen Persien geiuisbilligt diese habe dann
ihre auffassung durchgesetzt, und die preisgäbe der asiatischen
Griechen sei gegen Agesilaos willen erfolgt, das angehot vielleicht
gar hinter seinem rücken gemacht worden, zweifellos ist es Agesi-
laos schmerzlich gewesen« als er Asien, den Schauplatz seiner thaten
und entwürfe, verlassen muste. als aber allen persönlichen absiebten
durch die schlacht bei Knidos ein für alle mal ein ende gemacht
worden war, als es galt zu retten was zu retten war, hat ihm jene
bestimm ung des Antalkidas- friedens schwerlich Überwindung ge-
kostet, er war noch über ganz andere Sentimentalitäten hinaus, wie
später die besetzung der Kadmeia und des Sphodrias anschlag auf
den Peiraieus bewies. Antalkidas war realpolitiker, Agesilaos war
es nicht minder, es ist in dieser bezieh ung charakteristisch, dasz er
sich des bei falls des Theopompos erfreut, dem die Ideologen gründ-
lich zuwider waren, nach diesem (fr. 24) ist Agesilaos tujV tÖtc
CuJVTtuv ^TTupav^CTatoc« — Dasz der gegensatz zu diesem nicht in
Antalkidas, sondern anderswo zu suchen ist, darüber läszt Diodoros
keinen zwei fei. er berichtet nemlich (XV 1 9, 4) unter dem j. 383/2 :
KQTä bk TOUTOV TÖv xpovov Ol ßaciXtic itjjv AaK£haijLioviu*v bie-
(pcpovTO TTpöc dXXfjXouc Taic aip^ceciv. 'AyTlciTToXic pfev Tap> tipr|-
viKÖc ujv Kai biKmoc, €ti he cuvecci biaqpepüJV, ^cpn belv ^^jucveiv
TOic öpKOic Kai Tiapa idc KOivctc <uver|Kac pri KaTabouXoucÖai
TOÜc ''QXnvac* dbo£eiv ^äp dTTtcprivaio iriv CTrapiriv toic |itv
IT^pcaic ^KbÖTOUc TieTioiT|^€VTiv TOÜC Kttid TTiv *Aciav "EXXrivac,
GFriedrich: zum panegyrikos des Isokrates. 13
-auTfjv bfe cucKeuaZojn^viiv xdc Kaxd Tf|v *€XXdba nöXeic, Sc dv
Tttic KOivaTc cuv6r|Kaic ujfiocav xripriceiv aurovÖMOuc. 6 b' 'Axiici-
Xaoc, uiv q)uc€i bpacxiKÖc, qpiXoiröXefioc fjv Kai ttic täv 'GXXriviwv
f|Y€Jbioviac dvT€iX€TO. Agesipolis war hiernach gem&sz den tradi-
tionen seines hauses gegen eine eigennützige handhabung des königs-
friedens, wie er vielleicht schon früher gegen die abtretang der
griechischen colonien gewesen war. in dem nie ganz ausgeglichenen,
jetzt mit schärfe wieder hervortretenden widerstreite der beiden
königsfamilien ergriff Xenophon die partei des freundes.
Wenn Schwartz sich darüber wundert, dasz der einschnitt
gerade 387 gemacht sein soll, so übersieht er, dasz der friede des
Antalkidas den abschlusz des ersten abschnittes von des Agesilaos
regierung' bildet, es lag nahe gerade jetzt eine bilanz zu ziehen;
es muste sich herausstellen, ob die warnung des Diopeithes (Hell.
III 3, 3) vor dem lahmen königtum recht hatte, und war denn die
illegitimit&t des Leotjchides vollständig erwiesen ? es ist doch be-
merkenswert, dasz gerade der hauptpunkt bei dem erbstreit von
Xenophon übergangen wird, denn Plutarchos (Ages. 3) und Nepos
(Ages. 1, 4) berichten übereinstimmend, dasz Leotjchides von dem
sterbenden vater anerkannt worden war.
Dieser teil der Hellenika erweist sich also als eine rechtfertigung
und verherlichung des Agesilaos gegen Agesipolis und die seinen,
gegen die anhänger des Leotjchides, gegen alle die mit dem ver-
lauf und den resultaten des letzten krieges unzufrieden waren, das
schlusztableau ist der triumphierende Agesilaos (Bell. V 1, 32 ff.).
Und nur aus dieser tendenz, alles licht auf Agesilaos fallen
zu lassen, erklärt es sich, dasz die schlacht bei Knidos, das wich-
tigste ereignis des krieges, mit ihren ungeheuren folgen im hinter-
grund gehalten wii-d (IV 3, 10 ff.), nebenher abgethan und ein-
geschaltet zwischen die ausführlich dargestellten schlachten am
l^emea-bache und bei Koroneia.^
Im nächsten teile der Hellenika erscheint Agesipolis als ein
anderer (Hell. V 3, 8 f.). er hat inzwischen offenbar an terrain ge-
wonnen, es ist ein Xenophontisches problem tö ^GcXövtujv dpx€iv
(Oik. 21, 12). von Teleutias, des Agesilaos bruder, wird Hell. V
1, 3 f. gerühmt, dasz er es auf das vollkommenste gelöst. V 3, 8 f.
wird Agesipolis in dieser beziehung über ihn gestellt, denn nach-
dem die allseitige bereitwilligkeit sich ihm anzuschlieszen hervor-
gehoben worden, wird hinzugefügt: cuvecTpaieucvTC hk kui ^k
' man darf von einer regierung des Agesilaos sprechen, denn wenn
Aucb in Sparta das königtum zu einem schatten seiner ehemahgen be-
deutung herabgesunken war, so that auch hier die persönlichkeit viel;
nnd vor allem Agesilaos verstand die ephoren zu nehmen und zu be-
handeln (Plut. Ages. 4). vgl. auch die ausnahmesteUung des Agis bei
Thuk. Vni 6. ^ Schwartz (ao. s. 188) meint, Xenophon habe über
die bildung der persischen flotte, über die thätigkeit des Konon am
hofe des Artaxerxes und über den seesieg bei Knidoa eine menge einzei-
heiten bei Ktesias finden können, in welchem teile der TTepciKd?
14
GFriedrich: zum panegyrikos des Isokratea.
TÜJV cu|iMax^^iA>v TTöXcujv dÖeXovTöi, Kcl GeiTaXüjv t^ iirTieic,
TVLUcGfjvai Tuj 'AtTicmoXtbi ßoi/Xopevoi, Kai 'AjmjVTac be Kai Acp-
bac ^Ti TTpoSujjOTepov fj TipöcBev. bemerkeD^wert ist auch
der tnmVi Tvoicöfivai TtJu 'AxriaiTÖXibi ßouXö^evou und es ist
iluszerst charakteristisch, dasz vide von den perioiken und E^voi
TÜüv Tpocptpiuv KaXouji^vu>v ihm mit liebt? folgen und dasz das zur
demokratie neigende Phlius ihn zuvorkoromend und reichlich (§10
TToXXa Kai laxtUJC) mit geld unterstützt, während es später (Hell.
V J-5, 23 f.) über den köpf des Agesilaoa hinweg mit den ephore
verhandeln will. —
Die ansieht des Xenophon über Agesipolis ist also in diesem
teile seines Werkes eine wesentlich andere, demnach musz Hell.
IV 7, wo über ihn entgegengesetzt geurteilt wird, vor V 3» 8 f.
geschrieben sein und auch früher herausgegeben, da Xenophon sonst
die disharmonie würde ausgeglichen haben. —
Weiter geht aus II 4, 29 ff. hervor, da^sz der kreis, dessen auf
fasBung öich in Xenopjhons werk widerspiegelt, es misbilligte, daa
damals (403) Athen nicht ganz unschädlich gemacht worden warj
auch diese ansieht war nach 360 kaum am platze, nachdem Spa
von Athen in der schweren krisis 370/69 gerettet und später wieder
holt unterstützt worden war. dagegen wird die Verurteilung de
Pausanias (Hell. III 5, 25) unter anderm damit begründet ^ ÖTi TÖ^
bfl^ov TUJV 'Aörivaiijuv Xaßujv ^v Ttp rfeipaiei avfiKe, es ist begreif
lieh, dasz man beim ausbruch des korinthischen kriegeB, wo ma
Athen auf selten der gegner sah, in Sparta tief bedauerte dem Lj
Bundros 403 nicht freie band gelassen zu haben, es versteht äicl|
nun von selbst, dasz ein buch in derselben zeit geschrieben se
tnuBz , von deren anschauungen es getragen ist.
Ferner erkennt man aus Hell, IV 4» 15, wie Xenophon es
innerster genngthunng hervorhebt, dasz die Spartaaer loyal gege
Phlius gehandelt, denn obwohl sie diese stadt 1 batsächlich in de
gewalt halten, haben sie die rückkehr der emigranten nicht einmal"
erwihnt, Xenophon hätte dies nicht schreiben können, seine genug-
tbuitng wäre lächerlich, wenn er damals schon die spätere behand-
lung von Phlius und die besetzung der Kadmeia gekannt hätte,
ßchwartz ao. s, 182 erkennt einen widerspiiich nicht an: IV 4, 15
hätten die Spartaner von sich aus die rückkehr der emigranten nicht
betrieben^ V 2, 8 f. ebenso wenig, die emigranten hätten vielmehr
davon angefangen, dasz griechische emigranten unter allen uc ~
ständen und jeder zeit in ihre heimat zmückzukommen versuchten
ißt bekannt , und Xenophon hat das am besten gewust. auch 39S
werden sie den Spartanern ihr anliegen vorgetragen haben, nur wai
damals die läge Spartas derart, dasz es zu seinen sonstigen Schwie-
rigkeiten nicht neue hinzufügen konnte ^ nnd so unterblieb ein ein-
gehen auf die bitten der emigranten mit gutem gründe, nach dem
Antalkidas-frieden, durch den die Verhältnisse sich so sehr zu gunsten
Spartas geändert, zeigte man sich sofort zum einschreiten bereit.
GFrledrich: zum panegjrikos des Isokratee. 15
der umstand also, dasz V 2, 8 f. die etnigranten die Vermittlung
Spartas anrufen, beseitigt nicht den scheinbaren Widerspruch in der
handlungsweise derLakedaimonier^ den scheinbaren Widerspruch:
denn thatsächlich handelten sie beide male in Übereinstimmung mit
den Verhältnissen und ihrem interesse. nur suchte Xenophon nicht
hierin den grund ihrer politik , sondern er sah ihn mit Wohlgefallen
in der von ihm angenommenen lojalität der gesinnung. in diesen
irrtum konnte er nicht mehr verfallen, nachdem er die spätem
ereignisse kennen gelernt hatte, denn dasz ihm die äugen auf-
gegangen, beweist eben cap. 14 der AaKebaifxoviuiV iroXiTeia und
der umstand, dasz er wahrscheinlich selbst in einer spätem zeit seine
rückkehr nach Athen betrieben*, jedenfalls aber, wie die schrift tiber
die einkünfte zeigt, anteil an dem politischen leben seiner Vaterstadt
genommen hat.
Femer erscheint dieser teil der Hell. (II 3, 11 — V 1, 36) auch
äuszerlich als ein für sich bestehendes ganze: denn die eingangs-
Worte ol bfe TpidKOvia fipdGricav )Lifev direi Taxicia xd jnaxpa leixTi
Kai rd ircpt töv TTeipaid KaOrjp^Ori klingen ganz, als sei nicht schon
vorher ausführlich von beiden ereignissen die rede gewesen, als werde
damit vielmehr eine neue schrift begonnen, wie es denn wahrschein-
lich ist, dasz Hell. I — II 3, 10 nicht zugleich mit herausgegeben
worden ist. ferner hat Nitsche (ao. s. 3) richtig gesehen und des
weitern nachgewiesen, dasz ^zu lande sowohl als zur see die ein-
zelnen kriegsschauplätze , soweit es gieng, in der erzählung ge-
sondert behandelt und die begebenheiten auf ihnen jedesmal bis
zu d^m punkte der erzählung geführt seien, auf welchem sie der
friedensschlusz traf, dieser friede war also als schlusz gedacht,
und als ein wirkliches ende erweisen sich V 1 , 35 f. mit ihrer
recapitulation.
Die stilistische Vollendung der schrift ist grosz, in dieser be-
ziehung steht sie neben dem OiKOVO]LiiKÖC und der Kupou uaibeia,
Xenophons besten werken, diese Vollendung läszt ebenso wie die
thatsache der tendenz auf die absieht der Veröffentlichung schlieszen.
und wamm hätte diese nicht erfolgen sollen ?
Da nun im vorstehenden so viel von tendenz die rede ist, er-
scheint es notwendig noch einmal darauf hinzuweisen , dasz Xeno-
phon die beleuchtung, in der jetzt die ereignisse in seinem werke
sich darstellen, nicht von sich aus hinzugefügt hat ; er gibt vielmehr
nur die anschauungen wieder, wie sie innerhalb seiner coterie, des
engem freundeskreises des Agesilaos, geläufig waren, diese anschau-
ungen hat er ganz zu den seinigen gemacht, die schlacht bei Enidos
ist ihm wirklich ein secundäres ereignis gegenüber den kämpfen am
^ die zurückberufuDg ebenso wie die bereitwilligkeit, womit man
in Athen seine söhne legitimierte, scheinen an dienste anzuknüpfen,
die Xenophon auf dem congress von Sparta geleistet, in dem er zwi-
schen den Staatsmännern seiner Vaterstadt und Agesilaos vermittelnd
eintrat.
16
GFriedrich: zum panegyrikos des Isokrates.
Nemea-bacbe und bei Koroneia; und wenn er für Agesilaos eintrat,
80 glaubte er wahrscheinlicli der Wahrheit nicht minder zu dienen
als seinem freunde, es wäre indessen ein irr tum zu meinen , dasz
jene tendenz, die verherlichung des Ägesilaos, den anstosz zu dem
werke gegeben und dasz es ohne diese tendenz ungeschrieben ge»
blieben wäre, im gegen teil hat äicii Xenophon offenbar mit seinem
buche zugleich als geschieh tschreiber einführen wollen, für diese
annähme spricht die atilistische Vollendung und die composition ein-
zelner teile, wie nemlich der congress zu Sparta (Hell. VI 3) schwer-
lich so verlaufen ist, wie Xenophon ihn berichtet, wie da nur einige
charakteristische punkte hervorgehoben werden und die läppische
rede des Ktillias und die tüppische des Autokles den von staata-
männischem geiste erfüllten auslassuogen des Kallish*atoE zur folie
dienen, gerade so und noch viel mehr ist die er^ählang von der
katastrophe des Theramenes vom künstlerischen Standpunkte zu
beurteilen» aus dem streben die scene effectvoll zu gestalten er-
klären sich die leiten historischen iinrichtigkeiten« Xenophon hat
alles in einen groszen prunkvollen auftritt zusammengedrängt
währ*ind nach Aristoteles ('AÖr|V. ttoX» 37) die sache von langer
band vorbereitet war und in mehreren Zwischenstufen verlief,* wie i
langsam und schwierig vollzog sich , um unsere ansieht an einem I
modernen beispiel darzulegen, die Convention von Tauroggen! wie ^
effectvoll, wie ganz analog der groszen scene in den Hellenika, reich
ausgestattet mit rede und gegenrede, könnte sie geschildert werden!
dasz aber in der darstell ung der anarchie bei Xenophon der partei-
mann so gut wie ganx hinter den künstler zurücktritt, daa beweist '
die sorgi^ltige atisführung, die die reden des Thrasybulos auszeichnet,
Vorliebe für den deraos oder den ccjuvöc Cieipieuc wird man Xeno-
phon doch nicht zuschreiben wollen, entläszt er den letztern doch
(lY 8, 31) mit den skeptischen worien: Kai GpacußouXoc ptlv hf\
pdiXa boKÜJv dvfip dTOtSöc elvai outujc feT6Xeun|C£V. — Und wenn
jemand dem Xenophon den vorwurf machen wollte, seine Vorliebe
für Agesilaos beruhe nicht auf freier binj^abe, sein werk sei gleich-
sara auf besteilung geschrieben, er sei 'officiöser scribent des lake-
dairaonischen hauptquartiers', wie Busolt (ao. a. 660) ihn nennt, so
braucht man dem nur Hell, IV 5, 6 ff. entgegenzuhalten, wo dea
Agesilaos bochgefUhl mit ironie vorgeführt wird. ■
Dasz die Hellenika aber überhaupt veröffentlicht worden sind,f
dafür spricht der hin weis auf die Anabasis des Themistogenes* in
einem nachgelassenen werke hatte ein solches citat keinen sinn, da
dann die eigne Anabasis des Xenophon entweder schon heraus-
gegeben war oder zugleich mit herausgegeben wurde* die Hellenika
haben schwerlich publiciert werden können , als Xenophon wieder
* «nderseiU verdteuen die angaben Xenophons über diesen xeit*
raoni in sehr vielen punkttin den vorzu^ vor denen dea Aristoteles, vgl,
die entf^e^engesetcte unäicht Aßanore; (lUlerarlflche u. historische {0T*i
flehungeD zu ArUtoteUs 'AGqvaiuiv troXtveta, München 1891).
GFriedrich: zum panegyrikos des leokrates. 17
bürger von Athen geworden war. mit der bloszen höflicbkeit wäre
es dann nicht getban gewesen; er hätte Sparta and Agesilaos nicht
80 im Vordergrund belassen, die grUndung des athenischen seebundes
nicht übergehen können. Athen genähert hat sich Xenophon 371.
dies jähr wäre also der terminus ante quem der herausgäbe, es kann
demnach von den Hellenika nur erschienen sein, was vor dieser zeit
geschrieben ist; und da nach Nitsches überzeugender beweisführung
(ao. s. 7) V 2 — VII deutlich ein ganzes bilden, wo 6in teil sich auf
den andern bezieht, so beweist auch diese erwägung für eine beson-
dere ausgäbe von II 3, 11 — V 1, 36, worin eben das Themistogenes-
citat sich befindet, alle umstände aber sprechen für 384 als jähr
der Veröffentlichung, es ist richtig, dasz Pausanias (Hell. III 5, 25.
V 2, 6) dann gerade 385/4 gestorben sein müste. es hindert uns
nichts dies anzunehmen.
Da nun dieser teil der Hellenika allem anschein nach 384 ge-
schrieben und herausgegeben worden ist, so musz die erste Ver-
öffentlichung des panegyrikos, der vorher erschienen, anfang 384
oder noch 385 erfolgt sein, für diesen ansatz lassen »ich noch andere
gründe anführen.
Bekanntlich hat Isokrates unmittelbar nach abschlusz des Philo-
kratischen friedens eine rede an Pbilippos gesandt, sie ist durch
seinen gleichnamigen schüler Isokrates von Apollonia überbracht
und vorgelesen worden, wenigstens scheint dies aus des Speusippos
brief (ep. Socrat. 30) hervorzugehen, der nach den überzeugenden
ausführungen von Blass (ao. III 2 s. 343 f.) als echt anzusehen ist:
§ 14 heiszt es: jüi^ Gaujudieiv bi. (sc. dEioT 'IccKpairic) , el kqi ttujc
dvatvoüc ö TTovTiKÖc fiuiXüiepov Kai qpauXörepov noioT qpaivecOai
TÖV XÖTOV. § 83 aber lautet nach Blass: dir^CTaXKe bi coi XÖTOV,
6v TÖ iLifev npujTov frpctM'Cv (fTpa9€V cod. Par.) 'ATnciXduj , jüiiKpä
<bfe> btacK€udcac öcrepov dTtiwXei xqj CiKeXiac Tupdvvqj Aiovuciiu,
TÖ be TpiTOv Td pfev d9€Xu)v Td bk irpoceeic djuvricieucev ^AXeEdvbpijj
TUJ GerraXifj , tö bfe TcXeuTaTov vuv npöc cfe rXicxpiwc aüiöv dir-
r)K6vTiC€V. Blass (III 2 s. 352) will, dasz man für Agesilaos, zu dem
Isokrates keine beziehungen gehabt habe, Archidamos, für Alexan-
dros die söhne lasons einsetze und auszerdem die Zeitfolge ändere ;
man habe so die drei verstümmelten briefe des Isokrates 1, 6, 9,
dem Speusippos aber habe davon nicht mehr vorgelegen als uns.
denn das tXicxpiwc dirriKÖVTicev in Verbindung mit den imperfecten
£TPCt9€V und ^TTU)X€i beweise, dasz nach annähme des Speusippos
die reden an die genannten fürsten nicht abgesandt worden seien,
in Wirklichkeit aber seien die reden abgeschickt worden; da sie jedoch
gröstenteils dem panegyrikos hätten entlehnt sein müssen, so habe
Isokrates von den reden nur das veröffentlicht, was für das publicum
neu war, eben die uns vorliegenden proömien.
In der rede an Philippos (§ 87) wird der brief an Dionysios er-
wähnt, und es ist nicht daran zu zweifeln, dasz er in dem jetzt weg-
gelassenen teile ähnliches enthielt wie das dem Philippos empfohlene,
Jahrbücher für olass. philol. 1898 hA. 1. 2
18
GFriedricb: zum panegyrikos des I^okrates.
also vor allem die mabnuDg zum kämpf gegen Persien, worauf sollte
sich sonst beiiehen ep. 1» 5 X^T^^V hk |i€AAuj irepi jLieTOtXuJV Tipay-
\käTU)V Kai Ttepl iLv oübcvi Tdiv Mvtujv dKOÖcai ^dXXov f\ coi
npOcr|K£i? demoach trifft für Dionysios die nachricht des Speu-
sippos jedenfalls zu: Isokrates bat eine äbnlicbe rede (Speusippos
sagt bosbaft dieselbe) an den tyrannen Sikeliens gesandt wie an
Philippos*
Blass gibt nun ao. weiter selbst zu, dasz das im brief an die
Btiefsdbne lasons angekündigte tbema mit dem des panegyrikos
nicbt identiscb sei* man erwartet in der tbat als Fortsetzung eber
etwas im sinne der rede an Nikokles. vielleicbt ist damit der ge-
sicbtspunkt ricbtig angedeutet, von dem aus es begreiflieb wird,
dasz wir auch diesen brief nur als torso besitzen, vom kämpfe
gegen Persien kann kaum die rede gewesen sein, die Verhältnisse
in Thessalien waren vielleicht nicbt einmal befestigt genug : denn der i
brief musz sofort nach Äleiandros ermordung (359 : vgl. AScbae^^H
Bemostbenes I' s. 133) geschrieben worden sein, wo die drei stifV
söhne des lason sieb nach als TiipavvOKTOvoi (Diod, XYI 14) feiern
lieszen. denn später veränderten sie ihre art durchaus , besonders
nachdem Ljkophron und Peitbolaos sieb mit den Phokem verbündet»
im anfang scheint in der tbat(Photiofi s^ 142'^ 7 fiT.) ihre balbsch weiter
Thebe, in jeder beziebnng die rechte tocbter lasons, für ihre brüder
regiert zu haben.
Jedenfalls können hiernach die Stiefsöhne des lason nicht an
stelle des Alexandros gesetzt werden, und die mitteilung des Speu-
sippos, dasz der letztere der empfänger des XoYOC gewesen, musz un-
verändert bleiben, da aber wirklich ein brief an Dionjsios eiistierti
der den bedingungen des von Speusippos mitgeteilten entspricht,
so gewinnt auch die andere naehriebt an Wahrscheinlichkeit, dasz
Isokrates bei seinem suchen nach einem beiden, der seinen lieblings-
gedanken ausführen sollte, sich auch an Alexandros gewandt bat.
dieser fürst erscheint wie einer der zahlreichen kleinen tyrannen aus
der renaissancezeit: gewalttbätig , gewissenlos, ausschweifend, am
ende wüst> aber besonders in seiner bessern zeit nicht ohne grosse
Züge, und war Pbilippos scblieszlicb anders geartet, den Isokrates
ganz ebenso zu gewinnen versucht hat? dasz nun von diesem briefe
an Äleiandros ein prooimion nicht übrig geblieben, beweist nicht
gegen unsere annähme, man kann sich auch in den proömien wieder-
holen und aus diesem gründe auf ihre Veröffentlichung verzichten.
Wenn aber Alexandros im texte des Speusippischen briefes ge-
lassen werden tnusz, so ist nicht einzusehen, wei^balb die fernere
nachricht irrtümlich sein sollte, dasz Isokrates seine ideen auch dem
Agesilaos vorgetragen habe, man musz im gegenteil mit bestimmt-
heit erwarten, dasz er sich an den mann gewandt hat, der wirklich
gegen die Perser im felde gestanden, und zu der ep. ad Dion* C
aufgestellten und in der rede an Philippos (§12) wiederholten an-
sieht wird Isokrates wohl frühzeitig gekommen sein, dasz zu allen
GFriedrich: zum panegyrikos des Isokrates. 19
reden so viel sei wie zu keinem reden , dasz um etwas zu erreichen
man sich an den einzelnen wenden müsse, Yorausgesetzt nur dasz
er empfönglich dafür sei (§13 etirep judXXouct Tivec npocdEeiv
auTOic TÖv voCv). die reihenfolge, in der Speusippos die fürsten
nennt, spricht schlieszlich entschieden dafür, dasz nicht etwa eine
Verwechslung mit Archidamos vorliegt, denn diesen scheint Iso-
krates zum kämpfe gegen Persien nur aufgefordert zu haben in
erinnerupg an die gleichnamigen thaten des vaters.
"OcTic CUV oi€Tai, heiszt es paneg. § 16, touc dXXouc koiv^ ti
irpäEeiv difaQ6\ , Ttpiv Sv touc irpoecTiüTac auT&v biaXXdHq , Xiav
diiXilic ^X^i KQi TTÖppu) TUJV ixpaf^aTiDV ^CTiv. also auch hier im
paneg jrikos die meinung^ die leitenden männer mUsten zuerst ge-
wonnen werden, es scheint der panegjrikos selbst zu sein, nicht
eine rede in der dieser von neuem verarbeitet und eingeflochten war,
den Isokrates an Agesilaos gesandt hat. denn ist es nicht das ver-
httltnis von Athen gerade zu Sparta, das ihn im panegjiikos vom
ersten bis zum letzten wort unaufhörlich beschäftigt? und wie ver-
söhnend muste in Sparta § 119 wirken, wo die thaten des Eonon^
die für Athen einen so glücklichen Umschwung bedeuteten, als un-
selig für Hellas bezeichnet werden !
Wenn aber der panegyrikos an Agesilaos gesandt worden ist,
so kann dies nur kurz nach dem Antalkidas-frieden geschehen sein,
bevor die politik des Agesilaos die verhängnisvolle Wendung ge-
nommen , die 80 sehr einer panhellenischen auffassung widersprach,
und die Isokrates später so oft beklagt hat. in dem frieden des
Antalkidas war aufgegeben 'forden , wofür Agesilaos noch so eben
gekämpft ; und nicht erst in Plutarchs zeit (Ages. 23) wird die an-
sieht aufgekommen sein , dasz Antalkidas der feind des Agesilaos
gewesen , dasz der friede gegen dessen willen abgeschlossen worden
sei. welchen verbündeten muste Isokrates bei einer so nahe liegen-
den annähme in Agesilaos für die ausführung seiner plane erwarten l
als dann freilich Agesilaos sich als realpolitiker der schlimmsten art
entpuppte, als Mantineia sich den dioikismos gefallen lassen muste,
als die Eadmeia besetzt und der oljnthische bund gesprengt wurde,,
da kann Isokrates seine rede nicht mehr nach Sparta gesandt haben,
der panegjrikos musz also auch nach diesen erwägungen 385/4 zu-
erst erschienen sein.
Und nun erhält auch jene stelle Xenophons mit ihrem frappanten
^TTiKublic ihre beziehung. Xenophon hat den worten des Isokrates-
(paneg. 139), schlieszlich hätte der Perserkönig die entscheidung^
herbeigeführt (diTiKub^cTepa id TtpaTJuaTa Gdrep* ^ttoitic€v und
dann später ^v Tdp TOic toioütoic Kaipoic TToXXdKic jniKpal öuva^eic
fxexdXac Tdc ßoirdc ^noiricav) eine entgegengesetzte wendung
gegeben in Hell. V 1,36 dv bfe tuj TToXdjLiifi fiäXXov dvTippÖTTUic
TOTC dvaVTlOlC 7TpdTT0VT€C Ol AaK€bai)ülÖVlOl TTCXU ^TTlKUbdCTepOk
^TCVOVTO dK Tfic dir* 'AvTaXKibou eiprjvTic KaXoujudvric* TTpocTdrai
tdp T€VÖ|Lievot usw. also die Lakedaimonier selbst durch ihre eign&
2*
2ü
GFriedrichT zum panegvrikos des Isokrates.
kraft sind weit angesehener ans den wirren Jeg korinlhiächen krieges
hervorgegangen, als sie vorher waren; denn sie sind die herren in
Hellas« dies die antwort und absage des Agesilaos an Isokrates. es
kam nun alles gerade so, wie dieser es nicht gewünscht hatte, statt
gegen die barbaren zu ziehen, lag dem Agesilaos nur daran seine
freunde in ihre heimatstädte zurückzuführen , ihnen und damit sich
und Sparta allenthalben das llbergewicht zu verschaffen» anstatt
Versöhnung der Hellenen unter einander, die Isokrates mit recht als
vorl>edingung für ein gemeinsames vorgehen gegen den erbfeind
ansiih, und die ja Philippos später, freilich viel handgreiflicher, zu
Stande brachte, anstatt Versöhnung — basz und gewaltlhaL man be-
greift nun, dasz die 380 eingefügten oder, was sehr viel wahrschein-
licher, in ihre jetzige fassung gebrachten §§ 122 — 132 allein in der
ganzen rede von unmittelbarer empfindung eingegeben scheinen,
dasz allein aus ihnen ein pathos strömt, das zu herzen geht, wie ca
von herzen kommt, denn dasz sie durch ihre bitterkeit von dem
versöhnlichen tone der übrigen rede so gehr abstechen, dasz das die
Worte eines mannes sind, der nur durch ernste und eindringliche
Worte der Wahrheit noch etwas zu erreichen hofft, ist längst gefühlt
und hervorgehoben worden.' die saclie erbölt besonders ein gesiebt^
wenn man nicbt bei dem allgemeinen eindruck stehen bleibt, son-
dern einzelheiten vergleicht, während zb. § 137 und noch an andern
stellen die preisgäbe der asiatischen Griechen allen Hellenen ins*
gesamt zur last gelegt wird (rrjv T£ T^P 'Aciav biuj)ioXÖYTiTai Kai
Tiap' fimiiv Kai irapä AaKebaiMoviuiv ßaciX^iwc eTvai), ist die auf-
fassung § 122 eine ganz andere (/i€^iipac9ai b^ AaKebaipovioic, ön
TTiv H^v dpx^v ek töv tiöX€mov KaxecTTicav üjc ^XeuSEpijDcovTcc
Touc "6XXr|vac, ^rri hk xeKeuific oütuj tioXXoüc aijiijuv CKbomuc
^TTOVTicav usw.). nach dieser letzten stelle werden die Spartaner
ganz allein verantwortlich gemacht.
Es ist nun bemerkenswert und spricht für das von uns ange-
nommene Verhältnis des Isokrates ?.u Ägesiloos, dasz jener niemals
aufgehört hat es zu beklagen, dasz Agesilaos durch seine partei-
politik zu einer groszen panhellenischen nicht mehr habe gelangen
können: vgl. epist, ad Ärcbid. 13 und PhiL 86 ff. in dem briefe
an Dionysios (§ 8) sieht er
politik aUj während er von
noch in später zeit (panath. 95 ff.) wiederholen sich die leidenschaft-
lichen invectiven gegen Sparta; und wenn man bedenkt, dasz dies
damals schon vollkommen quantitö ncgligeable war, erschrickt man
über die Vehemenz^ mit der der greis offene tbüren einrennt.
Der träumer bat in so vielen dingen einen sichern historischen
instinct bewiesen, sein urteil über die scblacbt bei Knidos hat sein
in. 1^ uno rnu. öt> n. in uem orieie
Sparta geradezu als bindernis jener ■
Alben sagt, es sei bereit mitzuthun. ^
^ WOocken 'Isokrateft nnä Älhen' s. 45: -ebeniio reo ist daa ver-
sichtende urteil, welchea Isokrates über Sparlas hellenieche politik
fUtU, imd das «ehr schlecht zu der versblmlkben tibaicht der rede
elimmt'
GFriedrich: zum panegyrikos des Isokrates. 21
scbüler Theopompos , man darf sagen, sanctioniert, indem er sie als
eigentliches ende der griechischen geschichte ansah ; mit einer grosz-
machtspolitik war es fürder vorbei, vielleicht hat Isokrates auch in
den jähren 387 — 385 richtig gesehen, es war damals vielleicht noch
einmal der augenblick, wo Sparta bei einem groszherzigen entgegen-
kommen, bei groszherzigem eingehen auf geschichtlich erworbene
ansprüche die Hellenen für sich hätte gewinnen und , wie in den
groszen tagen der befreiungskriege , die ganze kraft von Hellas in
einem kämpfe gegen Persien zusammenfassen können: der grosze
moment fand ein kleines geschlecht, und Isokrates hat dies nie
verziehen.
Ganz unmotiviert feiert er in der merkwürdigen stelle panath.
74 ff. in Agamemnon das ideal seines beiden, sollte jede beziehung
auf Agesilaos ausgeschlossen sein, der sich (Hell. HI 4, 3) auch ein-
mal in der Agamemnon -pose ge£eillen hatte? man darf nicht über-
sehen, der Verfasser ist ein greis, der, wie die invectiven gegen
Sparta beweisen, sich von gewissen gedankenreihen nicht mehr los*
machen kann.
NACHTRAG.
Unter den im vorstehenden vorgetragenen ansichten hat bereits
Engel die betreffs des publicierungsjahres des panegjrikos in seiner
Schrift *de tempore quo divulgatus sit Isocratis panegjricus' (Star-
gard 1861) mehr aufgestellt als bewiesen, der unterz. hofft diese
frage in Verbindung mit den andern streitigen punkten wesentlich
gefördert zu haben. — Über die Veröffentlichung des zweiten teile»
der Hellenika ist noch folgendes zu bemerken, der umstand , dasz
Kallisthenes seine *eXXiiviKd mit dem j. 387 begann (Diod. XIV 117)»
legt die Vermutung nahe, dasz ein historiker vor ihm gerade mit
diesem jähre abschlosz, wie wir es von zahlreichen alten geschicht-
schreibern wissen, dasz sie so an Vorgänger anknüpften, da wir nun
keine kenntnis von einem geschichtswerk besitzen , das mit 387 ab-
schlosz, so glaubt GFUnger (jahrb. 1886 s. 103 ff.) an Eratippos
denken zu müssen, der das werk des Thukjdides bis zu diesem zeit*
punkt fortgeführt habe, nach seinen überzeugenden ausiUhrungen
verdienen die angaben des Dionjsios (de Thuc. 16 (bc xat KpariTi-
7T0C 6 cuvaKjLidcac aöiui [sc. Thucydidi] Kai xd 7TapaX€i96dvTa
utt' auTOu cuvataTibv T^TPO^^v usw.) weit den vorzug vor denen
des beträchtlich später lebenden Markellinos (v. Thuc. 33 i'xOj bi,
ZiüTTupov XiipeTv vojLiiZiü X^tovia toOtov iv GpdKij TereXeuTTi*
K^vm, Kfiv dXri6€\J€iv \0}X\lr} KpdTmTTOC aÖTÖv). Kratippos ist
demnach ein Zeitgenosse des Thukydides gewesen, nicht in gleicher
weise richtig dagegen urteilt Unger über den inhalt von des Era-
tippos werk, worüber wir bei Plutarchos eine nachricht besitzen;
de gloria Athen. 1 fiv Tdp dv^Xqc Touc Tipdiroviac, oux ^Eeic touc
Tpd90VTac. dveXe Tfjv rTepiKX^ouc TroXiTciav xal id vaüfxax«
npöc *Piiu 0op|Liiu)Voc Tpöiraia xal idc Ttepi KuGripa koI M^Topct
S3
GFriedrich: zum panegyrikos des iBokratea.
KQi Köpivöov dvbpatßBißc Nikiou xai i^v ArmocÖEVOuc TTüXov
Kai Touc KXcujvoc TeipaKOCiouc aix^ioXuüTOuc xai ToXpibav FTeXo-
TTÖVVriCOV TT€plTTX€OVTa KOI MupÜJVibllV VIKUJVXa ßOlUITOUC ^v
OivütpÜTOiC' Kai OouKubibiic coi biaT€XpanTOL äveXc ta irepl
'€XXiicTTovTov 'AXKißidtbou v€avi€Ü|iaTa, Km xä irpöc Aecßov Gpa-
cüXou, Kai ifiv UTTÖ 0iipa^€vouc ti^c öXiTopx^^i*^ Kai^iXuciv Kai
BpacußouXov icm 'Apxtvov Kai toijc oittö <l>v\f\Q ^ß5o|if|KOVTa kutci
Tfjc CirapTiaTaiv fiTtMOviac dviciaM^vouc icai Kovmva näXiv iix-
ßipdlovia Tctc 'Aörivac eic ifiv SaXaiiav* Kai KpaiiTTiröc coi
dv^prixai. Hfvoqpüjv p^v Tdp aöiöc ^auioö ^iyovev icxopia * . ol
b* öXXoi TToviec iCTOpiKol KXeibTiiiOC (schrieb nach 378), AiuXXoc
(scbhisz 294), *iX6xopoc (schlusz 262), ^uXapxoc (schlasz 220)
dXXoTpiuüV leTÖvaciv IpTUJV ujcircp bpajuduuv \iTTOKpiTai usw.
die veaviey^aia des Alkibiades setzt TJnger richtig 411—408» die
unterneb mung des Thrasybulos fällt selbstverständlieh 403 und die
tbaten des Konon in das j, 394/3. dagegen soll sich des Thrasylos
gros2tbat auf den kämpf desselben gegen 25 syrakusiscbe schiffe bei
Metbymna beziehen, wovon 4 genommen wurden, während alle an-
dern entkamen (Xen. Hell. I 2, 11 f,). das ist doch gar 2u unbe-
dentend. es ist vielmehr an die schlacbt bei den Arginusen zu den-
ken: denn diese in sein liegen ja in unmittelbarer nähe von Lesboei
auch hatte die Schlacht den entsatz des In Mytilene blockiert
Konon zum zweck. Thrasylos aber eommandierte in der scblacl
nach Diod. XIII 97 und erscheint auch sonst als hauptperaon, afj
Androtion bei Paus. YI 7 ÖTi Kai 'AOtivaioK ^c ©pdcuXov Kai touc
iv *ApTivoücaic öpoO tuj ÖpacuXtp cTpaiTiTTicavTac übw. und
Ljsias 21, 7 ^ireibri hl iKdvouc ^Iv ir^ek dTraücaTE xfic dpxrjc,
TOÜc hk iitra SpacuXou 5€Ka eiXccOe usw. Äristophanes Frö. 1195 f.
sagt freilich: eubaipujv dp* fiv, ei KdcipaTri-niciv T€ juei' *€paci'
vibou. aber Eraainides war ebenso die hauptperson im process (Xen,
HelU I 7^ 2. 29) wie Thrasylos in der schlaeht. beide nennt daher
Xen, apomn. 1 1, 18 neben einander: dmOujiricavTOC TOÖ bri^ou
ttapd Touc v6^ouc ^vvea cipaBiTOuc jxxq. \^j\<p\jj toöc dfaqpi Öpd-
cuXov Kai '€pacivibr|v dnoKTeivai TidVTac* -- Die worte Kai tt^v
©r^pa^^vouc ific öXiTapxiotc xaiaXuciv glaubt Unger auf den stürz
des Theramenes durch diu dreigzig beziehen zu müssen , und es sei
daher zu schreiben xi^iv 0r|pafi^voyc uttö Tfjc öXixapxiac KaTdXuciv.
aber unsere stelle beginnt: äv ^äp dv^XrjC TOÜc HpOTTOVTac es
ist hiernach Theramenes als handelnder zu denken, nicht als leiden*
der. jede andere auffassung wird auch durch die übrigen beispiele
Plütarchs ausgeschlossen, wo eben in Übereinstimmung mit dem
einführenden satze jeder der genannten männer als die leitende
persönlichkeit erscheint, hiernach ist Kai rf[V uiTÖ Oripa^^VOUC Tf]C
dXiTapxiac KaiäXuciv im texte zu belassen, und es musz auf den
stürz der vierhundert im j. 411 bezogen werden, eine zeit die Thu-
kydides freilich schon behandelt, auf die aber Kratippos bei dem be-
richte vom stürze des Theramenes durch die dreiszig zurückgegriffen
GFriedrich: zum panegyrikos des Isokrates. 23
haben musz. diese annähme wird um so wahrscheinlicher, da für ein
anderes ereignis ein gleiches verfahren des Eratippos feststeht, denn
auch von dem Hermokopidenprocess war in dem werke des Eratippos
noch einmal die rede, vita Andocidis (X orat.) 3 — 5 )üi€Td bi raOra
aiTiaOcic (Andokides) dceßeiv d)c kqi auTÖc touc *6pixäc TtepiKÖipac
xai €ic TOI TTic ArijLiTiTpoc d|LiapTd)V fxucTiipia, (4) bid tö irpöiepov
dKÖXacTOv övTtt vuKTU)p KUifüidcavTa OpaOcai ti tujv dTaXfidTUJV
ToO GeoO, Ktti elcaTTcXG^vra, ineibi] oök ^ßouXriGri 6v dEqTOuv ol
KttTTiTOpoi boöXov ^Kboövai, biaßXriGfjvai xal npöc Tf|v aWav ific
beuTcpac Tpocpnc öttotttov T^v^cGai, (5) f)v |Li€T' ou ttoXuv xpövov
ToO ^TTi CiKcXiav CTÖXou cuv^ßn T€V^cGai, KopivGiu)v elcrreiLiijjdv-
TCüv . . AcovTivouc T€ Kttl AtT^CTaiouc fivbpac tbia, fxeXXövTwv
ßoTiGeiv auToTc täv 'AGrivaiiwv, (o*i) vÜKTUip toüc irepl Tf|v dTopdv
*€p]Liäc 7T€pi€K0ijjav, ibc KpdiiTTTTÖc 911CI, (6) KpiGelc usw. es fragt
sich nur, bei welcher gelegenheit Eratippos von dem process ge-
sprochen. Unger meint, bei gelegenheit der gesandtschafb des An-
dokides 392/1 : denn sonst trete Andokides in der politischen ge-
schichte von 411 an nicht hervor, es ist aber zunächst äuszerst
fraglich, ob Eratippos, selbst wenn seine geschichte über 394/3
hinausreichte, dieser gesandtschaft erwtthnung gethan. denn die
griechischen historiker pflegen derartige erfolglose Unterhandlungen,
die auch sonst ftir den fortgang des krieges ohne bedeutung waren,
gewöhnlich mit stillschweigen zu übergehen, während sie in den
Stadtgeschichten von Athen erwähnt wurden, deren tendenz auf
möglichst vollständige aufzählung des geschehenen gerichtet war
(Müller FHG. I einl. s. LXXXV). kein historiker spricht von der ge-
sandtschaft der Spartaner nach Athen unter dem archon Euktemon
(408/7), während Androtion darüber berichtete (s. das fragment in
diesen jahrb. 1871 s. 316). ebenso wenig wüsten wir von einem
friedensgesuch der Spartaner nach der Schlacht bei den Arginusen,
wenn nicht Aristoteles ('AG. ttoX. 34) es erwähnte, und zwar augen-
scheinlich nach einer Atthis, die aber nicht die des Androtion war.
nach diesen analogien ist es äuszerst wahrscheinlich, dasz auch Era-
tippos , immer vorläufig zugegeben dasz er noch über diesen Zeit-
raum berichtete, so wenig notiz von des Andokides gesandtschaft
genommen wie Xenophon, während dies nach der äiTÖGecic zur dritten
rede des Andokides durch Philochoros geschah. — Ferner aber sind
in der vita des Andokides die §§ 4 und 5 nicht immer im texte ge-
wesen , sondern eingeschoben worden , nachdem sie vorher wohl an
den rand geschrieben waren (vgl. Blass zdst. und Müller FHG. 11
s. 76), und es ist nicht ausgemacht, ob alles, was wir jetzt § 4 und 5
lesen, aus Eratippos entnommen ist. es scheint vielmehr nur § 5
auf ihn zurückzugehen , wonach der frevel den Eorinthern zur last
gelegt wird. — Jedenfalls aber hatte Eratippos nur dann veran-
lassung auf jenes ereignis zurückzukommen , wenn er einer andern
auffassung huldigte als Thukjdides, der das gerücht, die Eorinther
seien die urheber des freveis gewesen, mit stillschweigen übergeht.
34
GFri^rich: xum pauegjrikoa des Isokratea.
dasz es ein weit Tperbreiteles war^ beweist d*jr umstand, dasz auch
Plutarchos (Alk. 18) und Pliilochoroe (fr. 110) davon redenj letzterer
scbeint es sogar für begründet gebalten zn baben. es war offonbar
sofort nacb dem frevel unter so vielen andern aufgekommeD, ernst-
lieb geglaubt kann es nur sein^ als man in Atben geneigt war den
Alkibiades zu entlasten, db. zur ^eit seiner rückkebr nacb Atben. in
das j* 408 also gebßrt die naebricbt des Kratippos , und wenn sie
nicbt die objecÜi^e wabrheit bietet, so gibt sie jedenfalls die auf-
fassuDg wieder, der man in Ätben damals zuneigte, vielleicbt bat
die naebricbt aucb nur in dieser bedingten form bei Kratippos ge-
standen, es ist demnacli wenig wabrsebeinlicb , dasz er bei anderer
gelegenheit als bei der rückkebr des Alkibiades von jenem frevel ge-
sprocben, und es ist kein grund anzunebmen^ dasz er sein gedcbicbts-
werk über das jabr 394/3 hinaus fortgesetzt babe, zu dem die in-
haltBangabe Plutarcbs fübrt.
Eralippos war femer, wie Unger ao, ebenso emleucbtend nach-
weist, Atbener, wie alle andern die Plutarchos nennt, da dieser nun
für alle andern nachweislich die cbronologiscbe folge innehält , so
ist dasselbe betreffs des Kratippos anzunehmen und seine lebens-
zeit zwischen Tbukydides und Xenopbon zu stellen, es sind Athener,
die Plutarchos anführt^ und da vom rühme der Athener die rede ist^
so können notwendig nur solche genannt werden, die in athenischem
sinne geschrieben haben, hieraus ergibt sich sofort der grund, wes-
halb Xenopbon nur als Verfasser der anabasis in betracht kommt,
was Ünger aufföUig und unbegreiflich findet, während es sich bei
der tendenz der Plutarchiscben scbrift von selbst versteht, dasz ein
in lakedaimoniscbem sinne verfasztes buch wie Xenophons '€XXi]viKä
ungenannt bleibt. — Da nun Kratippos Athener und Verfasser einer
in athenischem sinne gebaltenen geschiebte war, so fragt es sieb,
was wohl der passende abscblusz eines solcben werkes war. es kann
keinem zweifel unterliegen dasz, wie das jabr 387 ein specifiscb
spartanischer war, so die tbaten des Konon (394/3) besser das finale
eines atbenerfreundlicben huches bildeten,
Ünger hat ja nun, wie oben bemerkt, recht, wenn er es seltsam
findet, daSÄ Kallisthenes seine 'EXXrjviKd gerade mit dem Antalkidas-
frieden begonnen hat. es liegt in der tbat die annabme nahe, das2
er an das werk eines Vorgängers anknüpfte, nur ist das wahrschein-
lich nicbt Kratippos. es gibt aber ein griecbiscbes geschichtswerk,
das mit dem j. 387 endete, die Sonderausgabe des zweiten teiles von
Xenophons '€XXr|VtKä. dasz diese sich, ihre existenz überbaupt an*
genommen — und sie kann nach dem früher darüber gesagten kaum
bezweifelt werden — bis Kulliütbenes erhalten, ist selbstverstfind-
lieb. spÄter verschwand sie dann gegenüber dem gesaratwerk. Dio-
doroß oder vielmehr seine gewährsmänner konnten den Kallistbenes
nicht mehr als fortsetzer des Xenopbon bezeichnen, da ihnen eben
nur das bis zur schlacht bei Mantineia reichende gesamt werk vorlag.
ScHWfiiDNiTz. Gustav Friedrich*
HrKleist: zu Thukydides. 25
2.
ZU THUKYDIDES.
1. n 11, 4 noXXäKtc . . t6 ^occov nXtidoc bebioc £|ieivov
^^uvaTO Touc nXcovac bia tö KaTaq)povouvTac äiropaaceuouc
TCV^cOau ich halte es hier nicht ftlr richtig mit Steup bebtoc
ä^eivov ZQ streichen. Classen hatte erklärt: bebiöc ä^eivov
i^jüiuvaTO nemlich als im entgegengesetzten falle, worauf Steop (an-
hang) nicht ohne gnmd verwundert fragt, oh denn die minderzahl
selbstversüLndlich die mehrzahl zurückschlagen müsse und dies nur
um so besser thue, wenn die gröszere vorsieht auf ihrer seite sei.
allein man kann ja auch, wie schon Poppo wollte, ergänzen : tö £X.
nX. beb. fifieivov i^ touc irXeovac f{ o\ irX^ovcc tö fXaccov
TTXf]6oc, und diese auffassung empfiehlt sich schon insofern, als
— wie es mir wenigstens trotz Steups abweichender ansieht scheinen
will — der sonstige worüaut der stelle geflissentlich darauf hin-
weist , dasz es sich hier um einen vergleich zwischen zwei subjecten
in 6inem und demselben falle, nicht um einen vergleich zwischen
zwei verschiedenen ein und dasselbe subject betreffenden f&llen
handelt, müszig aber, wie ihn Ejrüger nennt, kann ich den so ge-
wonnenen gedanken keineswegs finden, zu einem d^uvecOat —
wäre nemlich die annähme — kommt es auf beiden Seiten — und
in der that kann ja Archidamos hier nicht den fall in betracht ziehen
wollen, dasz etwa die mehrzahl ohne weiteres die flucht ergriffe — r;
das dfxuvecOai aber gelingt unter der Voraussetzung des bebi^vou
der minderzahl oft besser, oder: die mehrzahl zieht unter der Voraus-
setzung des änopdCKCUOi t^v^cOai oft im kämpfe den kurzem,
demnach wäre es nicht nötig mit Krüger fifxeivov zu tilgen ; Steup
nimt nun aber auch an der behauptung anstosz , dasz es für eine
minderzahl, die sich einer unvorsichtig vorgehenden mehrzahl er-
wehren wolle, am meisten auf eigne vorsieht ankomme, allein
zunftchst will ja Archidamos offenbar nur sagen, dasz ceteris paribus
derjenige teil, auf dessen seite die geringere zahl , aber die gröszere
vorsieht sei , oft die Oberhand behalte , und femer lehrt der ganze
Zusammenhang, dasz unter Vorsicht' hier nichts anderes als 'gefechts-
bereitschaft' (iTap€CK€uac|Li€voii€ xujpeTv — äirapaaceuouc T€V€c8ai
— TrapeaceuäcOai) verstanden werden soll, deren bewustsein übri-
gens, wie Archidamos ausdrücklich bemerkt, auch den kampfes-
mut ZU erhöhen geeignet sei (§ 5 outuj . . npöc . . TÖ dirt^vai . .
euipuxÖTaTOi &v cTev). der hiernach sich ergebende gedanke
dürfte aber doch eine unanfechtbare Wahrheit sein.
2. II 11, 7 Ttäci Top ^v TOic öpinaci Kai ^v Tip irapauTiKa
öpav ndcxovTdc ti driGcc öpip^ npocni7TT€i. sehen wir zunächst
von ^v ToTc ö)üi|Liaci Kai ab, so glaube ich nicht, dasz irgend ein
Grieche die worte wesentlich anders verstehen konnte, als sie Krüger
erklärt: '(alle beföllt zorn), wenn sie irgend welche der ihrigen so
EvEleiet: zu Thukjdides.
eben ungewohntes erdtilden sehen^; Tqjr gebort nach Kroger zu opSv,
und TrdcxovTac als prädicatsaccusativ zu einem zu ergänzenden
^auTOiic, stellt man nun mit Stenp ^v tiü toic ö^^aci Kai nap-
auma usw., so scheint mir alles in Ordnung zu sein, da sich der
befriedigende sinn ergibt : alle übermannt der zom , wenn sie mit
eignen äugen und ganz unmittelbar mit ausehen müssen, dasz ihnen
etwas ungewohntes widerfahrt, diese Identität der leidenden und
schauenden findet Steup freilich Bt5rend. soll denn etwa hier an-
gedeutet werden f meint er, dasz diejenigen , die etwas erleiden i für
gewöhnlich zunächst nur davon hören? kideBsen einen streng all-
gemeinen satz will hier Archidamos schwerlich aussprechen^ er denkt
eben an nachteile und Schädigungen ^ wie sie ein volk im kriege er-
leiden kann , und von diesen dürfte die mehrzahl doch m der that
in den meisten fallen zunächst durch hören, nicht durch sehen unter-
richtet werden.
3. ebd. Kai oi XoYiC|nfi ^Xtixicia xpuLiM^voi Ou^oj TiXeicia ic
fpYOV KaöiCTaviai. üsener und Stahl haben oi streichen wollen,
Classen aber hält es für einen wirksamem fortschriit des gedankens^
wenn hervorgehoben werde , dasss gerade die unbesonnensten auch
am leidenschaftlichsten bandeln, in der that würden biemach fol-
gende gründe angeführt werden » um ein ausrücken der Athener
wahrscheinlich zu machen: 1) die macbt und trelfliche zurUstiing der
feinde, 2) die aufreizende Wirkung des unmittelbaren anschauens,
3) der umstand dasz die unhesonnensten am leidenschaftlichsten
handeln, 4) im weitern fortgang der umstand, dasz die Athener eher
au das gegenteil gewöhnt sind, dasz sie es für ganz in der Ordnung
halten selber ein nacbbarland zu verwüsten, aber nicbt der Ver-
wüstung des eignen lande« ruhig zuzusehen, aber der dritte der an-
geführten gedanken erfordert den Untersatz: nun sind die Athener
die unbesonnensten (oder doch unbesonnen), und das wird Thukj-
dides den Archidamos doch wohl kaum wollen behaupten lassen.
man vermeidet diese ungehörigkeit, wenn man mit Steup erklärt:
*und die, welche infolge leidenschaftlicher erregung am wenigsten
Überlegung anwenden, schreiten am meisten zur that/ dann enthält
der salz allerdings keinen neuen wahrscheinlichkeitsgrund, sondern
bildet nur eine fortsetzung des zweiten gedankens: unmittelbares
anschauen erregt leidenschaft, diese läszt es nicht zur Überlegung
kommen, und mangel an Überlegung erleichtert den Übergang 2^ur
that. diese fortfübrung könnte man sich wohl gefallen lassen, wenn
man es nur für glaublich halten könnte, dasz irgend ein Grieche so
wie Steup will construiert, nemlich Bv^\h mit XPLU|i€VOi verbunden
hätte; aber durch die entsprechung XoTiCM«?* ^XdxiCTa — ÖUfnJ»
nXcTcta wird ja das Öu^uj durchaus als dem folgenden zugehörig
gekennzeichnet, es wird also doch wohl die Streichung des oi not-
wendig sein, wonach sich der gedankengang ergäbe: unmittelbares
anschauen erregt in allen zorui und unter solchen umständen sind wir
alle am wenigsten geneigt Überlegungen anzustellen und lassen
HvEleist: zu Thokydides. 27
uns am ehesten von unserer leidenschaft zur that fortreiszen. durch
diese auffassung erledigt sich auch der einwand Steups, dasz za
irXetCTa ic fpTOV KaOtCTavrai das subject ^alle welche einen solchen
anblick haben' nicht recht passen würde; hiemach würden eben
nicht verschiedene subjecte, sondern verhaltungsweisen eines und
desselben subjectes unter verschiedenen umstftnden mit einander
verglichen.
4. II 35, 1 (prooimion der leichenrede) xat \ii\ iv iv\ dvbpl
TToXXwv dperac xivbuveuecOai eö t€ xai x^ipov cIttövti itictcu-
Of^vat. die construction läszt sich verschieden .auffassen, aber der
sinn scheint in jedem falle dieser zu sein: (es wäre gut), wenn
nicht der glaube an vieler männer tüchtigkeit von 6ines mannes
gröszerer oder geringerer redegabe abhängig gemacht würde, hier-
gegen erhebt sich naturgemäsz der einwand: 'das ist doch nur der
fall, wenn der redner übertreibt, wenn er die tüchtigkeit der ge-
fallenen in seiner darstellang über das masz hinaus erhöht, das die
hörer schon lange vor beginn der rede für sich festgesetzt haben;
dann wird es allerdings einer ungewöhnlichen beredsamkeit bedürfen,
um für diese von der mitgebrachten ansieht abweichende Schätzung
allgemeinen glauben zu erwecken, hält sich aber der redner in ge-
hörigen schranken, geht er über jenes masz nicht hinaus, dann wird
er ja ohne weiteres bei jedem hörer glauben und Zustimmung finden.'
auf diesen durchaus naheliegenden und eben darum wohl nicht be-
sonders ausgedrückten einwurf scheint mir nun Perikles mit den
folgenden salzen zu antworten: *wenn es nur darauf ankäme das
masz des lobes mit einer bereits feststehenden Schätzung (bÖKT|Ctc)
der hörer in Übereinstimmung zu bringen, dann wäre freilich die
aufgäbe nicht allzu schwer, aber wo auch diese Schätzung selber
sich nicht feststellt, wo eine feste, dh. bei allen übereinstimmende
abschätzung des wahren Sachverhaltes der natur der sache nach so
gut wie ausgeschlossen ist, da dürfte es doch recht schwer sein dem
masze entsprechend (^eTpiuJc) zu reden , das rechte oder allen recht
erscheinende masz im reden zu treffen, denn was dem 6inen, dem
kundigen und wohlwollenden hörer, zu wenig erscheint, das kann
eben dem andern, dem unkundigen, der sich nur ungern entschlieszt
an leistungen zu glauben, die über sein eignes vermögen hinaus-
gehen, schon zu viel erscheinen, da nun aber einmal die altvordem
diese art der leichenfeier für recht erkannt haben, so musz auch ich
wünsch und meinung eines jeden unter euch nach möglichkeit zu
treffen suchen.' bei dieser auffassung verschwindet der Widerspruch,
den Steup (anhang) innerhalb des c. 35 finden will; aber freilich ent-
steht nun die frage: wie will denn der redner in aller weit es allen
recht machen, wenn die urteile der kundigen und unkundigen wirk-
lich so weit auseinandergehen? entweder, scheint es, spricht er nur
dem 6inen teile zu dank, oder er schlägt den angedeuteten mittel-
weg ein , und dann wird keiner von beiden so recht zufrieden ge-
stellt werden, allein der fortgang der rede zeigt ja, wie sich Perikles
28
HrKleist: zn ThukydideB.
ftus dieser bedrängnis zu helfen weisz. auf das lob der tbaten
eben nach rechtä oder links hin anstosz geben musz, läszt er sich
Überhaupt nicht ein {vgl, 36, 4), er verzichtet Yöllig darauf, wie es
wohl bei solchen gelegenheiten in Athen und anderswo (vgl. 42, 2) her-
gebracht gewesen sein mag , seine beiden nach art eines Homeriden
zu verberlichen (vgh 41, 4), dagegen spricht er lang und breit von
Verfassung, gesetzen^ sitten und anschauungen der Athener in bezug
auf frieden und auf krieg, er charakterisiert die geistesricbtung de»
Volkes im allgemeinen, er weist auf die aus solchem boden hervor-
gewachsene geistige und politische grösze des Staates hin, um dann
zu erklären: nun, und von den gesinnungen^ die Athen groat
gemacht haben , waren eben auch diese erfüllt; : es waren echte undj
rechte Athener, das haben sie durch ihren tod bewiesen, nicht dil
thaten, sondern die grün ds ätze und beweggründe preist da
verhUUnismäszig kurze dem Inaivoc der gefallenen gewidmete c. 42^
und gerade so dürfte es dem redner wirklich gelungen sein beide
teile zu befriedigen, denn wenn es heiszt: 8 . . T^v nöXiv öpvrica^^
a\ TÜüvbe Kol Td;v TOiüüvbe dpeiai tKÖc^ricav, so war das gewie auch
für die 'kundigen und wohlwollenden* nicht zu wenig gesagt; ander
seits aber enthält dies urteil, wie der redner aosdrücklich belontij
auch keine Übertreibung, und das werden gewis auch die 'unkun-
digen* gern anerkannt haben , weil sich ohne frage jeder von ihnen
zutraute, dieselben gesinnungen bethäügen zu können, die ai
den gefallenen gerühmt wurden* dies war sicherlich nicht UTitp li\\
q)uciv auTOÖ (35, 2)» und so konnte sich denn hier aufs passendste
die mahnung anschlieszen, dasz sich die Überlebenden auch wirklich ,
in bezug auf die bldvo la ^c tolic ttoAcjuIouc den bestatteten gleich
erweisen möchten*
5. Den gedankengang in c. 42 glaube ich übrigens einiger
maszen anders als C lassen und Steup auffassen zu müssen* welcherlei '
tugenden werden denn den gefallenen nachgerühmt? L zun&chst gar
nicht allein kriegerische, da es ganz allgemein heiszt: Mie grt^sze
der Stadt, die ich gepriesen habe, verdanken wir den tugendon dieser
und solcher männer*, und vorher von der grösze der stadt im frie-
den und im kriege die rede gewesen hi, dieses lob hat den Vor-
zug wahr zu sein, was man nicht von vielen lobprelsungen, dil
hellenischen milnnern gesollt werden, sagen kann. IL ihr tod be-^
weist ihre mannes tagend , wenigstens ihre mannbaftigkeitim
kämpfe gegen die feinde für das Vaterland, und diese musz man
auch denen, die etwa in anderer beziehung wi.*Diger Irefflich waren,
als einen alle mängel und fehler aufwiegenden und überwiegendt^n
Vorzug anrechnen. III« inwiefern beweist ihr tod mannhafiigkeit?!
1) keiner von ihnen hat gezögert sich in die gefahr zu begebellt
a) keiner sich durch die hoffnung auf fernem lebe n k gen niS,
oder durch die hoffnung eines lebensgenusäes, der ihm bisher ver^T
sagt gewesen, noch einmal teithaft zu werden davon zurückhält
lussen in die Schlacht zu gehen, b) btärkere antriebe für »i« waren
HvEleist: zn Thukjdides. 29
o) Vaterlandsliebe und ehrliebe; daram waren sie entschlossen
nicht durch Vermeidung, sondern durch mutiges bestehen der kriegs-
gefahr jenen äaszem gutem nachzustreben (ich halte 42, 4 mit Steup
an der überlieferten lesart €q)t€cOai fest und fasse fi€T' auToO als
bezeichnung des mittels sowohl für ToOc fi€V TifiujpeTcOai als ftir
TiJüV bk dq)i€c9ai). ß) unterstützt wurden diese mächtigen antriebe
(1) durch die frohe hoffnung auf einen günstigen end er folg
des kampfes (das futurum xaTopG uü c € t v scheint mir von den hgg.
nicht genügend beachtet zu werden) und (2) durch das stolze
Selbstvertrauen, das sie in bezug auf jede einzelne ihnen im
verlaufe der schlacht entgegentretende aufgäbe für geziemend er-
achteten, sie haben es 2)» als sie ihr leben im gefechte bedroht
sahen, für schimpflich und unter ihrer würde erachtet aus dem
kämpfe zu fliehen und sich durch die flucht zu retten, das ehr-
gefühl und die selbstschätzung , die hohe , stolze meinung von sich
(so verstehe ich ööEa) waren stärker in ihnen als die furcht
6. Hiernach scheint sich mir auch erst die richtige auffassung
von c. 45 zu ergeben, ^jedermann pflegt den nicht mehr seienden
zu loben.' gewis, aber eben nicht die q)ucic, sondern die ge sinn ung
desselben, wir sagen ja nicht unterschiedslos von jedem verstor-
benen : er war ein Herakles oder ein genie, wohl aber erkennen wir,
wo es nur irgend angeht , bereitwillig an, dasz er ein guter, braver,
edler, tüchtiger, tapferer usw. mensch war, höchst wahrscheinlich,
weil wir im stillen alle diese prädicate auch für uns in anspruch
nehmen, in dieser dp€Tf| sollen nun die söhne oder brüder der
gefallenen mit ihnen wetteifern — denn ihre q)ucic können sie ja
auch nicht ändern — und selbst bei dem höchbten aufgebote sitt-
licher anstrengung dürften sie sich kaum die anerkennung erringen,
dasz sie den verstorbenen nicht allzu weit nachstehen, weil der nei d
sich nur gegen den nebenbuhler richtet und das, was nicht mehr im
wege steht, mit eifersuchtslosem wohlwollen geehrt wird, ein Wider-
spruch des gedankens mit der in c. 35 enthaltenen meinung , dasz
man auch lobpreisungen verstorbener aus neid leicht für über-
trieben halte, fände hiernach also nicht statt, weil dort eben allein
von der q)ucic und den thaten , in denen sie sich bekundet haben
soll, die rede ist. zuzugeben wäre nur, dasz in c. 45 die begründen-
den Sätze TÖv . . ouK övxa fiirac etuiOev diTaiveiv und tö . . ^f|
^fiTTO&ujv dvavTQTUJViCTiu euvota T€Ti^T|Tai gar zu allgemein ge-
halten wären, aber da zwischen den beiden stellen fast die ganze
rede liegt, so konnte dieser scheinbare Widerspruch schwerlich auf-
fallen; wem er aber auffiel, den muste doch schon der gar nicht zu
verkennende umstand, dasz an beiden Sätzen etwas richtiges sei, auf
den gedanken bringen, dasz beide einer einschränkung bedürfen.
Was ferner die beiden athetesen Steups (Tiaid ^^ . . ^ döeXqpoic
6pai ^etav töv dytuva [töv top ouk övia Sttoc eiwGev ^iraiveiv,]
xai ^öXic Sv Ka9' U7r€pßoXf|v dpetfic oüx 6^oToi , dXX* öXituj x^i-
pouc KpiOeiTC. cpöövoc tdp [toic Cwci] Tipöc TÖ dvTiTTaXov, TÖ bk
30
HyRleiBtr za Thokjdidea.
ixf\ ^MTTObujv dvavTcrruJvicTUi euvoia Tcri^iiTai) anbetrifft, so bat
auch fftr micb ToiC 2IiUCt ganz das anheben einer in den text ge-
ratenen erklSLrung yon npöc TÖ dvrtTraXov, die icb übrigens dem
sinne nach nicht für ungenau balten könnte; aber die Streichung de&
Satzes TÖv T^p OiiK övta usw. scheint mir keineswegs erforderlich.
Steup (anhang) meint zwar, da von den beiden Sätzen TÖv yäp U8W.
und cpOövoc T^p nsw. der zweite den ersten begründe, so wäre es
ganz wunderbar, wenn der erste die allgemeine behauptung: ihr
sahne und brUder werdet einen schweren wettkampf zu bestehen
haben, der zweite aber die n&here angäbe stützen solle: auch bei
der höchsten anstrengung werdet ihr es ksum so weit bringen, dasz
man euch nur nicht gerade fUr weit schlechter erklärt* ich finde
dies nicht nur nicht wunderbar, sondern durchaus in der Ordnung,
dasz der wettkampf überhaupt schwierig ist^ erklärt sich aus der
allseitigen geneigtheit von den toten gutes zu denken und zu reden
im allgemeinen, dsaz er aber s o schwierig ist, das erklärt sich erst aus
dem umstände, dasz der die anerkennung der lebenden schmälernde
oder hindernde q>dövoc bei den toten ganz fortflllt, dasz die efivota
gegen diese nicht blosz vorhanden, sondern vOllig dvavTa^ ^ViCTOC ist.
7- Von der gliederung der leichenrede scheinen mir weder die
hgg. noch Franz Müller in seinen dibpositionen ein ganz zutreffen-
des bild zu geben, und ebenso vermisse ich den nachweis« dasz in
der Schilderung des athenischen Tolks- nnd staatslebens pun k i für
p u n k t die hervorkehning des gegensatzes zu den Spatianern Üb*
abaichtigi war. dem ist aber thatsächlich so, und so erklärt sich
erst die häufige Wiederholung des oö, das überwiegen der negativen
bestimmungen* diese Charakteristik nun, der hauptteil der leichen-
rede, hat nach meiner auffassung ihre eigne einteitnng (c, 3G) und
ihren eignen schlusz (c* 41). c- 36 betrachtet zwar auch FMüUer
als ein besonderes prooimion nebst protbeeis, aber seine aufstellung
Ton fünf verschiedenen fTraivot ist ganz verfehlt; die rede enthält
eben nur zwei fTtaivot, den des athenischen Staates und den der ge-
fallenen, die einleitung sagt nemlich: 'die vorfahren, die väter, die
altersgeoossen sind des lobes würdig, ihr verdienst ist die bobaup-
tung der freiheit, die begrflndang und der aoübau der athenischen
macht, icb will aber nicht ihre thaten weitlüaßg boHprcchon,
sondern euch den geist* unseres Staats- und valkslebens, aus dem
sich alle äuszem erfolge erklärenp zum bewnstsein za bringon suchen.'
der schlusz sagt: 'diesem geiste unseres titaats- und Volksleben», der
es dem einzelnen ermöglicht seine per^on bei uns ^u d^r höch-
sten Vielseitigkeit, anmut und tüchtigkeit auszubilden, ferdaukim
wir auch unsere groaze äuszere macht, die uns In der g«»genwart
bei freund und feind achtung verschafft, verdanken wir alle Jene er-
folge, die auch ohne die ansschmückende darstell ung eines liomeros
uns die be wunderung aach der noch weit sichttrn/ diit dazwiNcben
* vgl, Iflokrates Artop, U IcTi yäp ^lUxA «öUuüc o<»Mv Ittpov f|
itoitTcia.
.X M' küjafc.
32
HvEleiBt: zu Thukydides,
bestehen, dasz man voa dem ruh m würdigte ten leide betroffen werde,
und nur wenigen soll es beschieden sein, im leben 'neben manig-
fachem ungemach auch positives glück' zu erfabren. wie reimt sich
denn dies mit den gleich in demselben cap. folgenden aussprücben:
TToXXdKic ?E€Te iJTfo^vrjjLiaTa €V äXXuüv eutiixiotic, aic ttote Kai
auTOi i^T*iXX€c0e und tov * . TrXeiova K€p5oc öv T^tnyx^ire
ßlov fiteicöc'? überdies scheinen mir doch die capitel 37 und 38
der leichenrede dafür zu zeugen, dasz Perikles keineswegs so pessi-
mistischen anschauungen huldigte, und wäre dies der fall gewesen,
80 durfte er doch nicht ohne weiteres dieselbe Überzeugung bei
den eitern voraussetzen. Steup hebt dies im anhange hervor, um
seine von Cla^sen abweichende interpunction und construction zu
begründen , vergiszt aber ganz die folgerung zu ziehen » dasz damit
diese bemerkungen als trostgründe ganz unbrauchbar wurden,
glaubten die eitern nicht an diese sätze, so konnten sie gewis auch
keinen tro&t in ihnen inden, und blosz auf die autontät des Perikles
hin werden sie doch diesen starken behauptungen nicht geglaubt
haben, auf allgemeine Zustimmung konnten dagegen folgende aus-
fübrungen rechnen; ^ihr wlszt ja aus eigner er fahrung 1) dasz den
menschen von jugend auf misgeschick in der verschiedensten
gestalt heimsucht^ und dasz das ein besonderer glücke fall, eine
günstige ftigung ist, wenn sich mit seinem leide zugleich das höchste
masz von ehre verknüpft» ihr wiszt 2) dasz nach göltlicbem rat*
schltisz die summe des Unglücks der des glucks im raenÄchen leben
gleich ist.' ich glaube demnach lesen zu müssen: iv iroXuTpöwoic
Yäp Eupcpopatc ^KtciavTat ipacptviec roh' cutux^c (wobei öv zu
ergänzen und rpaqptVTCC als begründung zu diiicTavTai aufzufassen),
ol fiv xfjc euTTpeTrecTäxTic Xdxujciv, uicirep oih€ fi^v vOv TeXeuific,
iü^€ic hi XüiTT)C| Kai UJC (so vermutete t^chon Clfissen) tveuboiijuovilcai
Te 6 ßioc i^oiiwc Kai ^vxaXaiTfUjpficai (mit Steup nach Her-
werdens Vermutung) EuvepeTprjÖij.
9. II 44, 2 xö^tTTÖv pfcv ouv olha neiSeiv 6v. Steup
schreibt o?b* dnaXTeiV öv. es ist zuzugeben, das?. diraX-feiv
sehr wohl in den Zusammenhang passen würde, als notwendig
kann ich aber trotzdem, falls man nur TteiÖciV auf 'die absiebt des
redners im ganzen, die absieht die eitern zu trösten' bezieht, diese
Änderung nicht anerkennen, die Überlieferung liesze sich , wie mir
scheint, etwa durch folgende auflassung des gedankengimges ver-
teidigen: 1) hinweis auf das allgemeine menschenloos. 2) einwand:
das dTTaXYcTv (worauf es ja hier In der that anklemmt) kann bewirkt
werden a) durch rreiOeiv, h) durch das allmähliche vergessen,
welches die zeit bringt, nun ist in diesem falle die hilfe des ver-
gessens ausgeschlossen, da die ennnerung an das, was sie verloren,
durch die anschauung fremden glückes in den eitern immer wieder
kraft gewinnt und überdies durch lange gewohnheit des besitzes 2U
tief in ihnen befestigt ist durch ueiOciv allein wird aber schwt|
lieh das ziel zu erreichen sein. 3) antworte schon recht! aber weq
anek der hhtw&s sb£ -ins alLsomszift suBise&kiaioQ:^ 3ii3K ^mflgc^ sd
gründe smitteixt. üa ^irar 'iffliL naogi^ vier Vn^ füllte ieoIük^ jq^
daaz dar sc&msz ercrl^liok wirti. £09» ar%miii^ iifisesc sza :&
010 gfn«»« TU der «•iifwnttg- ooids. MüXan x^imr 2B. draBÜ^BIL» iio iaBm
öiiri^sis, wcnA ^ kamniiBi. aodL k^^ bewirasi. vetias. :^ vEs
Aü^iefii sjHsr jjl dem. gKHtankitxi . dsifiK iiec CBä»s JtCBS leöifiBfr*. -äi» £s
xeis des äeitmarze» sor korx jen werde. :ziiä in ism Mmrusts^msi ies
dnrdt die ^dhne »ii:k t^ :äe ^irlAOicGat rahmB^ — Dnrcii Ar
XO^^ciroir |ii€V QWi wsw^ wird jLso t?iner>eig üb TiimiSnfflitiniBmfc
d«" Ht>Jt»>rf^ii gründe aaefkaimc anderais&s- üe jm^inmi^ aeuar«,
fireilifik aoük Biekc ¥x>lli|| aoanscneiiiifir 'ZQfsCmüseLTQrtMimJieL. Stanp
würde diesem uLangel «a jeIb&t^vertx:u&aL 'jül dem. rodmar sthr jet^
ein« sokflen. «a^abe gegsnüioer Tiel aeitfrimpc
IXüiz ab«' der redner aoek aof die Tor^Hle ainwis^;. wsicke isn
Staate dnxiik dii& gebort andiärar kbuiisr fsrmwäis&L würdoi» :ski5cc
sick wokl daraodv da^z *ü*»s<» aoB^aziaBiiflrsediiiic •*Q*'*f docn Tii*»ftr jus-*
scklieazlick dea. 'zweck hat die ^Usat der is^oulefiiai so. 3?Ssur*. äa
ist Tielmekr aar efa Sei ier mit o* 43 begnimHiiäat xaiiamecrc.
zu der aoek die ia c. 44 ailenEn^si überwiesseade TUzpfZuiidiCL iieaär^
10. n 46v 1 cij^iiTTizt TL^i €iial \aT^i «axd töh wuunp der
cixov irpocpopcu KailpT<M oiteirroiiEvaiTaLic« T^tofseBicii]^^
Qsw. EJrügvr uad CIaäS(!3L iteiimea ja, daisc -«**k nwTrh jmi «üoi. dur
redaer wie ia e. 3ä dorek Qit^i. Ö€ aad wai tu€ itsmaL TorgsiBueza.
aitgegoftst^t» w^Ikread Stähl sobi Sienp lie oeidea KOI liä ttinaniipr
entspreekead aasek«*a^ waoack <i«anL ailenüatcs 'ab ülcenna THwnhTmw
proprie KOi Xarfw ^u}i cifirtTaL scnbtdidimL ^cac'. Steop inde^ iab£
eine beziupiakiiLe aof TQrgao^^er kiisr dnrckaus imnasüriick miti -fe*
die zizkdn;r uaTerbCiodiick :Mäa würde, aileia aciioa Gaüaea kac
djLTaaf aoäaerkaaia gemadiiC;^ daaz <ftaek der g«g!eagacz \crfUi — i^rfm
dem sekloäzeapiUi mit dem. ftia[piPingM:apir.ifM gy^neinham i&^ die
zakön»* koaatoi äiek also aekr waki iiiffirbei des ia der ffinierianig' iur-
Torgvkobeaca grgynriatyi zwiseksa tk^r imBcksdes Prarikies oad. der
seiacr TOrgSager enaaera^ oad wer oatiar ikai^ ärükexe Imckenredea
angehört katte, mäste siek sagot: 'aüerdiag»^ audL Piarikle^ hat jetzc
Korrd TÖv ^»c^ov (TgL ^o^evo'« tui vöjluu c. Ja^ 3 sae löciiearede
gebaltea, aber <^eäe hat mit dea &üker bei Mickea «wta»>wm ^
bahenea redea wmiig oder niekcs gemtÜBäam. «r hat ja niakc üe
tbatea der Tor^^brea nsw.^ soadeni dtoL goat oaserea itaata- und
Tolkslebeas gepriesea^ uad demgemjiiä lat aoek ieia liroavac der
gefalloiea oad :^iiie vapcavcoc aa die überiebim^dea ganz aader^
an^g^fiailea, wie er d«»aa aoek die eitiva aiekt ^owokl bejaoimfia ala
tröätea za müsäea glaabte.'
Lsaa IS OarraisaLASD. Hugo ¥oa KLaxar.
J^ihrMcbv for dMB. pküoL am Ut.1.
34
OCmsiue : zm topographie von Alexandria. I,
3.
ZUR TOPOGRAPHIE VON ALEXAISIDRIA.
I. JÜLIOPOLIS — NIKOPOLIS.
WSchwarz bemerkt ('mne welthantlelsstrasze* jahrb. 1892
B. 635 f.): ^Juliopolis, daa von Plinius VI 102 als ausgüugspunkt
der gan^^en bandelsstrasze erwähnt wird, ist uns vollständig
unbekannt geblieben, kein anderer Schriftsteller ala Plinius kennt
diese stadt»' das ist that&ichlich unrichtig, vor wenigen jähren erst
habe ich in dieser Zeitschrift (1887 s. 673) auf das neu erschlossene
Zeugnis der Plutarchisch-Seleukischeu proverbia Alexandriaa 24 (a. 13
meiner ausgäbe bei Teubner 1887) aufmerksam gemacht \ das icb,
da mein btichlein wenigen zur band sein wird, hier folgen lasse:
äcpu^voc 'JTTTTapxiüJv: Kaid Toic irpoTOTopac niiüjv
buo Ki0apti/boi bidcripoi tTevovTO, 'Initapxiuiv Kai 'Pou-
9TVOC, Kai bi\ äfwVQc ^vcrdvioc ircvTaexripiKOÖ
äyo^ivox) iv louXioTTÖXei* Kaxd t6 c8oc 6 UitTrap-
Xiuuv dxctvfic ^ctri lapaxrj ttj Ttepl lö öeaipov airociujTri^cac.
Uipparcbions lampenüeber: eine theateranekdote, wie sie uns Dion
(XXXII 8. G64 E.) hätte erzählen können.* Juliopolis ist, da in dem
schriftchen nur alexandrinische verhältnisöe berücksichtigt werden»
ganz in der n&be der hauptstadt zu suchen; sein penteterischor musi-
scher agon mvLS'i Alexandriens jütouco^avetc (Dion £. 677 f.) in heilen
baufen herbeigelockt haben.
Schwarz hält die identificierung d ieaes Juliopolis mit
NikopoliSf die auch ich ao, voraussetzte, für unstatthaft, eher,
meint er, könnte Juliopolis sich, wie Mannert vermutet hat, mit
E 1 a u s i 8 decken, aber gerade dieser alte name wäre nun isnd nimmer
aufgegeben worden: er hängt unlöslich ztisammen mit religiösen
Stiftungen und einrichtungen , vor denen man auch in römischen
kreisen res pect hatte. Schwarz entscheidet sich denn auch scbliesz-
lieh dafür^ dasz Juliopolis ein 'besonderer ort* gewesen sei; da Stra-
bon ihn nicht kenne, müsse er unter den letzten Juliern gei
gründet sein; Nero habe besondere beziehungen zu Ägypten« etfl
sei demnach *mehr als wahrscheinlicb' (s. 636 , ''zweifellos^ s. 637),
dasz Juliopolis unter Nero angelegt wurde, der seine her-
kunft aus der gens Julia stets besonders nachdrücklich betont babe.
* die ebd. «, 674 ftu gedeutete bjpothese über die eine diAbHthra
(als dämm- und pontonbrückenbau von der LocMas über die cada und
äcopuä »um Pharos hinüber) soll demnächst ausgeführt werden. * dies
ist die tadelloae iiberJieferimg der ersten hBs.-clAsse, die im Parisiiiaa
durch du« bekanntere, aber unpaseendö ^iXlouTTÖXei verdrängt ist. die-
selbe Interpol fttion (Ileliopolix int luiiopotU) in schlechten hss. bei
Plinitifl ao. ' OÖ T^p i^^hxoy ^vctkeIv (im tbeater zit Alejcandria)
TDC0€6€ ifXtfj0ouc Böpußov ou5^ ^lupidctv dvBpi^irujv . . diretpoic dvavTlov
ßX^neiv UBW. vg-l. auch meine Bcbrift ^tnr hol. überliefe rang . . und'
queüenkuude der p&roemlograpben' (Göttingen, Dietericb I8dl) a. 30
OCrnBins: zar iopographie Yon Alexandria. L 35
'die Alexandriner gaben einer vorstadt diesen namen, um den kaiser
zu ehren, der sich sehr geschmeichelt ftlhlen muste, dasz von einer
Stadt Juliopolis die berühmteste der antiken handelsstraszen ihren
aasgang nahm, die Verhältnisse der Neronischen zeit spiegeln sich
demnach in dem berichte wieder , den uns Plinius erhalten hat . .
ihm zu ehren rechnete man die entfernungen von dieser
Stadt: man sagte ihm, dasz man von Juliopolis eine strecke von
309 milien Nilaufwttrts fahren müsse, um nach Eoptos zu gelangen
. . so ist es erklärlich , weshalb man die entfernungen von dem un-
bedeutenden Juliopolis berechnete und nicht von der nur
2 milien entfernten mutterstadt Alexandria' (s. 637).
Diese ganze hypothesenreihe hängt an der Voraussetzung, dasz
Strabons Nikopolis nicht Juliopolis sei, dasz Strabon also
die Stadt noch nicht gekannt habe, die Voraussetzung ist falsch.
Schwarz beruft sich darauf, dasz Juliopolis *nach Plinius VI 102
2 milien oder höchstens 3 km.' von Alexandria entfernt war, 'Niko-
polis hingegen entweder 20 Stadien dh. über 3,5 km. (losephos jüd.
krieg IV 11) oder gar 30 Stadien dh. über 5,3 km. (Strabon 795)':
daher 'Juliopolis nicht mit Nikopolis identisch' sein könne, nach
dieser methode müste das Strabonische Nikopolis vor allem von dem
losephischen getrennt werden, wie konnte Schwarz nur verkennen,
dasz die duo müia passuum bei Plinius und die eiKOCi . . crdbiot bei
losephos rundzahlen sind, die ganz dieselbe entfemung approxi-
mativ ausdrücken und sich gegenseitig aufs überzeugendste be-
stätigen ! ein paar hundert meter fahren bei solchen angaben st«ts
in die hölle. ein abweichender ansatz bei Strabon würde unser pro-
blem überhaupt nicht berühren , sondern lediglich selbst ein neues
problem aufgeben, die scheinbare abweichung verschwindet aber
spurlos , sobald man nicht nur die zahlen , sondern die stellen ver-
gleicht, losephos IV 1 1 (V 14, 42) erzählt, wie Titus wider Jerusalem
aufbricht: ö hi. TrpoeXOuJV tt€2[^ fi^XP^ NiKOiröXcuiC, cIkoci hk
aÖTTi öi^x^i TTic 'AXeEavbpeiac crabiouc . . dvanXei biäToO NeiXou
KQTä TÖv Mevbfictov vöfiov \xlxpi iTÖXeuJc 0mou€ujc usw. : er be-
nutzt also die Nilcanäle zu seiner expedition nach Osten , ganz wie
die Indienfahrer bei Plinius. Strabon berichtet s. 795 : biä hk, TOO
iTrTrobpöjiou bieXGövTi f| NiköttoXic Icnv, ?xowca KaxoiKiav
^TTi GaXdTTi] TTÖXewc ouk ^Xärru)' xpidKOvia hi eiciv dird
Tflc 'AXeEavöpeiac cxdbioi. toötov hi. iT\\kx\cvi 6 Ceßactöc xöv
TÖTTOV, ÖTi dvTaöGa ^viKtt T^ jidxq usw. losephos und Plinius
sprechen von einer stadt^ die in der Verlängerung des hippodromos,
wohl bei der kreuzung des kanobischen Nilarmes und des canals
von Alexandria-Schedia gelegen ist: das gibt nach dem plane von
Kiepert-Mahmud (zs. d. ges. f. erdk. VII) etwas über drei kilometer.
bei Strabon folgt die fragliche angäbe unmittelbar auf die er wäh-
nung einer KaTOiKia im, GaXdTTr|, einer 'vorstadt am meere,
nicht kleiner als eine Stadt', miszt man von der angegebenen stelle
nach nordnordwest zur küste hinüber, wo tempelreste gefunden
36
0 Cr Q Blas : zur topographie yoti Alex and ria. I.
sind , so kriegt maB juät zwei kilometer zwischen den zirkel. man
beziehe al^o Strabons angäbe dabin wohin sie gelbst weist , auf die
hafenvorstadt von Juliopolis — nnd alles ist in bester Ordnung:
vom kanobiscben thor nach Nikopolis $ind es etwa drei^ von dort
bis zur KaTOiKia eni öaXäirri annähernd zwüi , im ganzen also flinf
kilometer.
Die entfernungsang ab en bei beiden namen stimmen also so
gut » wie man nur verlangen kann, ebenso gut und besser stimmt
was wir sonst von ihnen wissen. Titus will von Alexandria nach
Osten Nil aufwärts fahren: die stelle wo er sein beer einschifft
(KÖKeTGev ^Hißficac iriv cTpaitdv juaKpuiv TrXoituv dvaTiXti usw*),
ibt NikopoHs (losephoä). der ausgangspunkt der kauffahrtei-
scbiffef die von Alexandria Nilaufwärts nach Koptos usw. aegel*
ten, war Juliopolis (Plinius). »cai T^p dpupißtoipov icai ctdbioV
Kai Ol TTCVTETTlpiKOi dtÜJV£C €K€l CUVTC^OUViat . Ttt hl TiaXaiot
u)XiT*JUpr|Tai : das ist das einzige was wir sontst von Nikopolis er-
fahren (Strabon). eine theatergeschicbte äxujvoc evcTüVTOC itev»
TaeTfipiKoO äxoMtvou ^v IouXiottöXei Kard tö ^8oc: das ist die
einzige lebendige Überlieferung aus dem alten Juliopolis (Plu-
tarch). hier ist jeder zufnll ausgeschlossen* zwei städte, von denen
aus ganze flotten den ^il hinauf zu segeln pflegten und in denen viel-
besuchte penteteriscbe feste gefeiert wurden, können nicht c, 3 km.
dstlicb von Alexandria gelegen haben.
Das gegenseitige Verhältnis der beiden namen würde sich nur
auf grund neuer nrkunden genauer bestimmen lassen, doch gestattet
unser material wenigstens fragen und Vermutungen, 'l^ikopolig'
wird durchweg bei historikern erw&bnt, bei Strabon» Dion^
losephos, und zwar in Einern atem mit dem siege des Augustus und
aonstjgen haupt- und staat&actionen der Körner. * Juliopolis' taucht
an zwei stellen auf, hinter denen einheimische gewährsleute
ötehen. war 'Nikopolis' die officielle römische bezeicbnung? und
haben die besiegten für sie das weniger verletzende 'Juliopolis* ein-
gesetzt? sie hätten damit die beziehung zu ihrem KTiCirjC fest-
gebalten, ohne sich doch unmittelbar an seine eigenscbaft aU
eroberet mahnen zu lassen.
TüBLNuEN* Otto Cruöius.
FSasemihl: ans. v. EMaass Äxatea. 37
PHILOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN HERAUSGEGEBEN VON A. KlBSS-
LING UND ü. V. WlLAMOWITZ-MOBLLENDOEPP. ZWÖLFTES
heft: Aratea scripsit Ebnestus Maass. Berlin, Weid-
mannsche bachhandlang. 1892. 416 8. gr. 8.
Die alexandrinischen Studien schreiten rüstig vorwärts, dem
hervorragenden werke von Schmekel über die mittelstoa sind die
Aratea von EMaass auf dem fosze gefolgt, welche zur berichtigung
und bereicherung unserer erkenntnis auf dem gebiete der alexan-
drinischen litteratur in einem grade beitragen wie abgesehen von
Meinekes analecta Alezandrina, den dozographi von Diels und dem
Antigonos von Wilamowitz schwerlich ein anderes buch.
Ich fasse in meiner besprechung vorwiegend diese allgemeinere
Seite ins äuge und gehe daher über die mühselige arbeit der beiden
ersten capitel 'de Achille grammatico Arati interprete' (s. 7 — 59)
und *de Arati codice Hipparcheo* (s. 61 — 117) für die methodische
teztgestaltung des Aratos verhältnismäszig rasch hinweg, von den
beiden hss., in welchen allein auch die einleitung des Achilleus ent-
halten ist, lernen wir die ältere und wertvollere, Vatic. 191, erst
hier näher kennen, und da ergibt sich nun aus einer betrachtung
ihrer über- und Unterschriften , dasz auch die erste biographie des
Aratos, wie schon Menage that, dem Achilleus als eingang zu seiner
einleitung zuzuschreiben ist. es ergibt sich femer eine berichtigung
der lesart s. 34 ^ Pet. , aus welcher hervorgeht , dasz Eratosthenes
wirklich irepi TTJc ÖKxaeTTipiboc schrieb und nachwies, dasz der alte,
unter dem namen des Eudozos umlaufende kalender (ÖKraerripfc)
nicht von dieseiiä herrühre, wonach denn von andern seiten bald auf
Eriton von Nazos, bald auf Dositheos als wirklichen Verfasser herum-
geraten wurde (s. Susemihlgr.-alez. LG. II s. 672. 681. 702 f.),
auch ein neues fragment des Aristophanes kommt zum Vorschein, und
es zeigt sich , dasz noch die scholien zu Aratos und Germanicus aus
dem von Achilleus im dritten jh. nach Ch. (s. s. 20 f.) benutzten
Aratcommentar des stoikers Diodoros von Alezandreia (s. SusemihI
ao. II 8. 776. Diels ao. s. 19—22) geschöpft haben.
Von groszem allgemeinem Interesse ist der dritte abschnitt
'de Arati interpretum qui fertur catalogo' (s. 119 — 164). in jenem
cod. Vat., der auch von den beiden hss. des Hipparchos die bessere
ist, stehen nemlich auch zwei Verzeichnisse (A und A*) mit der
Überschrift Ol Trepi ToO TroiT|TOÖ cuvTaEdfievoi, von denen das zweite
eine ergänzung des ersten ist, und die Maass schon früher, aber
nicht ganz richtig behandelt hat; ein drittes (B), inzwischen von
ßöhme richtig geordnetes ^ findet sich im Vat. 381 (aus dem fünf-
zehnten Jh.), dessen Überschrift aber vielmehr o\ Tiepl TOÖ ttÖXou
cuVTd£avT€C lautet. Maass nun zeigt jetzt, dasz Wilamowitz mit
recht auch dort iröXou für ttoit|toO verlangte, indem er aufgrund
einer sorgföltigen Untersuchung über die bedeutungen von nöXoc
38
FSusemihl: anz. t. EMaass Aratea<
darlegt, dasz es hier wie öfter im siune von oüpöVÖC steht und wir
also drei listen astronomigcher Schriftsteller teils in prosa teils in
poesie Yor uns haben* noch andere, aber weit stärker 7 erü tummelte
listen dieser art sind im cod, Arcerianus der gromatiker (s. Lach*
manns ausg* s. 251 anm. Haupt opusc, III s. 360), femer in der
zweiten und aus gemeinsamer quelle in der ersten biograpbie des
Aratos und in Cramers anecd. Oxon. IH s. 413 erhalten (■=■ ECD).
ein YoU ständigeres älteres gemeinsames original lag in letzter instanz
allen diesen katalogen zu gronde, in sehr lehrreicher weise zieht
Maass die ähnlichen auf uns gekommenen Verzeichnisse anderer
schriftsteiler zum vergleiche heran und prüft genau altes, was wir
von den in diesem enthaltenen astrono mit eben wissen, dabei ergibt
sich für einzelne von ihnen, üamentlich Bo^'Üios, noch einiges neue
und genauere, was ich aber hier nicht weiter verfolgen kann\ und
die unbedingte Zuverlässigkeit dieser listen.
In zweien von ihnen (A und B) erscheint ntin auch Erstes, und
•dies führt auf die ganz besonders wertvolle vierte abteilung *de
Cratete Mallota* (s. 165 — 203). dasz Krates commentare zu Aratos
and Hesiodos geschrieben hätte, ist unerweislich, vielmehr im höch-
sten grade wahrscheinlich (s, 33. 167 ff.), dasz er auf erstem, und
wenigstens sehr möglich (s, 213 anm. 4), dasz er auf letztem nur
bei Homer zu sprechen kam*^ bei Homer aber hat man sich daran
gewöhnt die nur durch Suidas bezeugte biöpÖujcic (cuvetaSe 5iöp-
OuJCiv 'IXidboc Kai 'Obucceiac iv ßißXioK ö') nicht als eine ausgäbe,
was doch das wort bedeutet, sondern als einen nngenauen ausdnick
ftlr den commentar (biopSumKct oder nepl biopSiüCeiuc) anzugehen,
bis Hillscher mit recht Villoisons Unterscheidung beider werke er-
neuerte, aber er blieb dabei in zwei Irrtümern stecken » dasz die Ilias
und die Odyssee jede von Krates in neun bücher geteilt', und dasz
die 'OpripiKd einerlei mit dem commentar seien, die entdeckung des
Wesens und der Wirksamkeit dieser dritten Homerarbeit ist nun wohl
die gröste glanzpartie in dem buche von Maass. es war eine zu-
sammenhangende einleitungs- und erleuteriingsschrift , in welcher
die stoisch -allegoriscben auslegungen des^ Krates standen, frtlher
gab es nur eine einzige ausdrückliche anführnng schoL A 0 193,
jetzt ist eine zweite schol, Genev. <t> 193 hinzugekommen; beide
lauten iy ß' 'O^rjptKUJV und beweisen, dasz im zweiten buche dieser
tichrift von der Homerischen kosmogonie und kosmologie gehandelt
wurde, und wenn nun in der astronomenliste A* auch 'Apiciapxoc
' wenn Maa^s «, 163 mit Zeller meint, Zenodotoa von AleÄHndreia
aei vielleicht identisch mit dem gleiehnaml^en aloiker, dem «chüler des
Babyloniers Dio^eot^Sf so 8. dagegen Stisemihl I 3. 885. 11 s, 15 anm. 83.
* mit recht dngegc^ni wie ich lengeben mtisz, n^tt^ilt MHaBa an der
snletzt fing-e rührten stelle, da^z kein genii^cnder grußd ist dem Kratea
die BotWTtKd abzusprecheD. er vermutet, dn.«z deiselHe hier die acht-
zahl der Mnsen an^rab. ' dies hätte öläpOüiciv 'IXidöoc <cV ßtßXloiC
0'^ Kai 'Obucccbc Cv ßißXiotc B' heisxen müssen^ wie schoD bei Susemlhl
£1 B, 703 f. bemerkt b»t,
' csrscimjBi. sc ivcaäem ois Mmbi "vrEÖL mc jhüiv vir tot
cie^nft xi^ 1]Liaboc wm tttvczanc ibskrifi. lüak &iw ii. ^Hl — ff^
CBd S$cbakl^ is «a pÄnt^seiiBB fükicai. «Duo.
likge be Sex. Eb^ ba;:^. X 313 — -^I^ xsi Frzämi xx T«rr. «l i.Sl
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Tielmd&r die X)iiiynm d» Ena«» vk«&, us •aaüK sicÄ mck 3k
den Homoscliobcm sad bG S^nbcB . ftr -aiB ise Ptgiäj^ü» vül
nicht, vie Sckrvler glinbie« A|KuaQcrQ&. «m^arx «öfcs* PiHCDnnmu
die gemeinsame mhtel^peraGB vir, boc^ tküc» ^
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stellt Mttss IS. 169 f. 195'; nxkf . «ie Waeäa
zun erdglobos, senden däoaöxcB |«t« ^er '
die halbkngidnSrmige nöekm^mg äer bnncds'idB «rä^ fvccr. jpr
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ich wnge nicht Hl enis^csd». jgAf fafl» anattS Maas rüwir^rif^ vür-
scheinlich, daa Kratei» die Dsk in 4^ die Odrsfee 5x 5 bfinflisr iKTe,
IneinemciNnKtmm'ieKecfacdemcPazäuB:* s.di>& — dCC v^r«
gegen Mcineke der bei Achilkvs s. 143< ^btr2ic$Er;e ^zmTpctfi^^
der eines geographischen gedichus des 'S«^i>a^kxbZji ceme^iienäEi.
Der ffinfte teil 'de Aiati Scripts ocfiershzf' > 3Ge« — ä*$
führt uns wieder ra Armtoi zsrUck. aaach er «KiÜSh aaauih» neoe.
Maass erkllrt sich mit recht daftr, dasz 'Acrpon genöittmcr iöbl
der dem Arato? ingeediricbenen aürmnaisc^ai vevh» in der ce-
samtansgabe seiner Schriften «v. vwl xeögt. dasi seh i
liehe gmppentitel bei Snidas md »«st i
'EmcToXoi und Kora Xcttöv^ dh. kleinere ge*&^ie. ix
wieder als onterabteflcngen die '(■Tfpduuarni ^nd TTflrrvM, rk^
locht aach die 'GLefEiai, Tiivoi nnd 'Enn^öcia gu?4iea. rxinig
wird in dem reneichnis bei Snidas abgeieäh TiAOUc de TTdiKi'
Cirovboqwpouc;, richtig wird bemerkt« dasz hier tc« des p:«tä<cben
briefen die unechten prosaisiriien . Tcn SabidiisLs FzUJa iabricaerien
geschieden sind, welchen Maass mit Marcks sjmb. cril. &s episickgr.
Or. (Bonn 1^3; s. 7 für den bri Enseb:«»« p. e. X 3. f 3 erx&eö»-
den Pollio, leitgenossen des Soteridas, kilt. di« Xoprrec rechnet
er mit zu den Koia Xeirrov. nicht klar ist die dirssellnng & ^4 iL:
es ist wobl richtig, wenn die lesart bei Saidas cuv^cov qwepuamiv
OfipiOKuiv dirm^bdov gebilligt nnd eine «nmlcng Ton gegenmitteln
wider tiergifte verstanden wird; wenn es dann aber (s. 225; heiszt:
40
FSusemihl: aoz. v. EMaasB Arateii,
*idque corroborat Galenus XIV 144 sq. K.* naw., so s^pricbt Galenot*
hier ja umgekeht von einer an Weisung zur giftmischerei unter dem
namen des Aratos, und es hindert auch nichts, dasz beide nehen
einander existierten, dasz Aratos seine ausgäbe der Odyssee schon
in Makedonien plante und begann , erhellt, was Maass gewis nicht
bestleiten wird, aus seinem von Antigonos aus Karystoä erzählten
ge^präch mit Timon, welches nur dort stattgefunden haben kann
(s, Supern ihl I s. 111 anm. 515). um so mehr hätte der vf. meinen
zweifei {I s, 291) beachten sollen, ob es zu einer ausgäbe der ilias,
za welcher Antiochos I ihn antrieb, wirklich gekommen ist v. I
B. 54, 58 E heiszt es: Kai xfiv *Oöucc£iav bitJupÖiüce, Kai KaXeixai
TIC öiöpSuJCic oÖTUJC *ApdT£ioc ibc 'ApKTdpxeioc Kai 'ApiCToqpdveioc»
und dies hätte doch von der biöpÖüJCic ific IXidboc el>enüo gut gelten
müssen, wenn es eine solche gab. bei Saldaü »leht nur biöpBujciV
'Obucceiac, und in v. I s. 55j84f, flickt erat Maass, indem er iroirmaia
und ou MÖVOV td Oaivöjicva mit recht streicht , btöpSuiciv hinter
Ttepi T€ 'O^ripou Kai 'IXldöOC schwerlich mit recht ein, gewi^ war
TTCpi 'Oprjpou, wie er annimt, eine ähnücbe erleiiterung.-i^chrift wie
jene beiden des Krates und des Aristarchos, aber ich denke: Kai
'tXidboc gebort mit zu ihrem titel : Aratos kam nach der ausgäbe der
Odyssee nicht dartlber hinaus in die.^er schrift besonders auch tlber
die textrecension der Ilias zu handeln, in einem nur lateinisch erhal-
tenen stück der dritten biogruphie steht; didicit quidefn et Odffsseamf
et Geaaustius inqnii quasi praesidens (dh. iiEim^^voc) ab imperaiore
et iliadem saipsisse seu Homer um dirigere, Maass meint, der Über-
setzer habe etwa gelesen: fTpft^t Kai IXidboc btöpOoJCiV. aber
sagt man denn öiöpöuuciv Tpdq)€lvV ich glaube» er las etwa:
fXpOH^^ *«oit irepi Tfjc IXidboc f| loö töv ''Ofi^lpov biopOouv oder
vielmehr: Kai iriv 'IXidba <eK5ib6vai> ftpö^J^ nepi toö töv "OMt^pov
biopöoöv. wer hinter GecrattMius steckt^ ist schwer, wo nicht un-
möglich zu sagen, ich dachte {I s. 291 a. 26 vgl. s, 290 a. 23) dem
Zusammenhang entsprechend an Dositheos, was freilich den schrift-
zUgen fern liegt. Maass vermutet ö T^ KapucTloc und versteht auf
grund der eben beillhrten er Zählung des Antigonos von Karystos
diesen, aber dieser wird sonst meines wissens nirgends so schlecht-
weg *der Karystier' genannt « man würde so eher an Karystios (von
Pergamon) denken^ und Maass selbst fühlt ^ dasz ye nicht passt, da
er daneben 6 hk vorschlägt; damit mindert sich aber wieder die
buchst abenähnlichkeit Asklepiadeö von Myrleia hatte den Solier
Aratos als Tarser bezeichnet, die gleiche variatiou findet sieb bei
dem Solier Chrysippos. Maass vermutet hier nun wieder , dasz
Aratos vom syri.^chen hofe aus in Tarsos material für die Homer-
receneion sammelte, mebr als eine blosze möglichkeit ist das ntcbt,
die Sache kann ebenso gut ähnlich wie bei Chrysippos zusammen-
hängen, dessen vater aus Tarsos war: 'das musz in den kilikitichen
Verhältnissen der zeit, welcher beide angehören, irgend welchen
grand haben*, schrieb Wilamowitz Antig. v, K. s. 111 anm. 18. dasz
FSnsemihl: anz. ▼. EMaam Aratea. 41
Tarsos schon damals ein bedeutender studienort gewesen sei, hat
Maass nicht bewiesen und läszt sich nicht beweisen, and auch später
war es Tarsos nach Strabons zengnis (XIY 673) fär einheimisehe
und nicht für fremde.^
Das sechste stfick 'memoriae Arateae et Hesiodeae' (s. 249
— 278) enthält eine reiche samlung von nachahmungen nnd remi-
niscenzen der Oaivö^eva bei gleichzeitigen und sp&tem dichtem
und weist nach, dasz Aratos die *€pTa und die Theogonie, nicht
aber die 'AcTpovo^ia unter dem namen des Hesiodos vor äugen ge-
habt hat, die vielmehr wahrscheinlich erst nach ihm entstand.
Von besonderer Wichtigkeit ist der siebente teil *£udoxi
Cnidii fragmenta ex Hipparcho conlecta' (s. 279 — 304), indem hier
der grund zur richtigen Würdigung des Aratos als astronomen gelegt
wird , in bezug auf welche Maass endlich einmal das eingewurzelte
Vorurteil zu boden wirft, als wäre derselbe im wesentlichen nur ein
poetischer paraphrast des Eudoxos gewesen, schon im fünften capitel
(s. 236 ff.) hat er die bisher allgemein verkannte thatsache aufgedeckt,
dasz die erzählung, Aratos sei von Antigonos Gonatas beauftragt
worden das KdTOTTTpov des Eudoxos in verse zu bringen (v. I s. 53,
47 ff. III s. 58, 20 f. 59, 27 ff.), an welcher bisher allein Buhle
zweifelte, lediglich auf jenen untergeschobenen briefen beruht, und er
hat bereits dort die absurdität derselben nachgewiesen, im siebenten
zeigt sich nun, dasz von den beiden ausgaben der betreffenden schrift
des Eudoxos, "evoiTTpov (nicht KdroTTTpov) und <t>aivöfieva, von
denen jene die frühere, in Eyzikos, diese die spätere, in Knidos ver-
faszte gewesen zu sein scheint, nach Hipparchos die von Aratos be-
nutzte vielmehr, wie auch Theon, der verfiBLSser der dritten biographie,
s. 59, 31 f. nach ihm annimt, die <t>aivö^€va waren, und dasz doch
auch Hipparchos, von dem jene anschuldigung seines sklavischen
anschlusses an dieselben ausgieng, gelegentlich zugestehen musz,
dasz er doch hie und da richtigeres gebe als Eudoxos.
Der achte abschnitt 'de Coo poetarum sodalicio' (s. 305 — 328),
welcher in nicht wenigen stücken wohl am meisten und nicht bei
mir allein Widerspruch finden dürfte, führt uns nun weiter in diese
frage und in die mit ihr zusammenhängende nach ort und zeit der
ab£ässung des gedichts hinein. Hipparchos, Achilleus und vielleicht
auch Poseidonios nehmen ausdrücklich an, dasz dasselbe nicht in
Makedonien; sondern in Griechenland entstanden ist, und wenn man
auf die frage, warum sich Aratos die Oaivö^eva und nicht das
^GvoTTTpov des Eudoxos zum leitstem wählte, auch zunächst, wie
gegen Maass bemerkt sei, einfach zu antworten ist: *weil wohl jeder
* die vermatuDg, dasz Krates vor seiner thätigkeit in Pergamon
dort gelehrt habe, läszt sich an sich hören, aber die behauptung s. 246
anm. 19: 'ubi Cratetem Panaetius audiverit, Tarsi an Pergami, dubi-
tabile' ist sonach dennoch unrichtig. Pergamon liegt doch am näch-
sten, wenn man aber einmal zweifeln will, könnte man eher hierin
eine spnr finden, dasz Krates eine zeit lang in Rhodos gelehrt habe.
42
FSaßemihh an», v. EMaase Äratea.
die zweite aufläge eines buch», wenn sie ihm zu geböte stebt^ der
ersten vorziehen wird', so begi'eift sich doch nunmehr, dasz Aratos
somit überhaupt nur diese gebrauchen konnte mit der polhöhe von
Koidüs und nicht die erste mit der polhöho von Kyzikos.
Nun will aber Maasß die Oatvopeva zu einem in K03 entstan-
denen Jugendgedichte des Aratos stempeln, dagegen spricht zu-
nächst schon, dasz Meleagros Anth. Pal. IV 1, 49 f* die kleinen
poetischen jugendergüsse desselben vielmehr deutlich genug zu jenen
als einem werke gereiftem alters in gegensatz stellt. ^ rechnet man
ferner, dasz Philetas etwa 295, da Philadelphos 15 jähre zählte, als
dessen lebrer nach Alexandreia gieng, so kann man die blQte des
koitichen dichierbundes nach seiner r Uckkehr katim vor 292 setzen.
Aratos trifft ferner den Kai um ach os in Athen kaum nach 289 ^ da
letzterer schwerlich nach 288 noch dort lebte: denn um 280 steht
er schon im vollen glänze des bofdiehters in Alexandreia, und seine
schul meisterzeit in Eleusis Hegt Überdies noch dazwischen (s. zu
diesem allem Susemihl I s. 174 f. 287 anm. 10, 347 f. 359). die
frist ist kurZ| in welcher Aratos das gedieht in Kos verfaszt und
dann dort im kreise der pastoralen bundesbrüder vorgetragen haben
könnte I zu kurz doch wohl, je weniger er es blosa aus Eudoios nnd
Theophra:ätos oder pseudo-Tbeophrastos 7T£pi cr||i€tujv* zusammen-
geschrieben hat. gegen die entstehung in Athen weisz Maass nur
die verse über den maslii (cxTvoc) 1051 — 1059 geltend zu machen,
der in Attika selten war. aber da Aratos doch ohne zweifei ftlr ein
weiteres publicum schrieb als blosz für dasjenige, unter welchem er
bei der abfassnng seines gedichtes sieh befand^ so genügt es^ wenn er
nur früher in gegenden gelebt hatte, die denselben in fUlle trugen,
zumal da hier überdies der Vorgang von Theophr. ao. § 55 nachweis-
lich ist/ auch andere poeten haben die lotosblume und die weisre
Wasserrose an orten besungen , wo sie höchstens im kübel wachsen.
und wer wird es so leicht meinem werten freunde glauben, dasz
das pantheistische prooimion auf Zeus, welches stark genug an den
hjmnos des Klean thea erinnert, aus der vorötoischen periode des
diöbters sei? wenn es in demselben v. 15 f. x^ipe TTCtiep . . auTÖC
^ Maasa i. 230 bemerkt dnsu: 'utique, anteqnam €FhA(^ni>mcniii^
conipoDerentiir, exstitisKc puflilln istü, si triittnii Melea^ri dictum
examtnareflf largieDdum etfset. eed tarnen excodtt hoc omBetti probabili-
t>«tem/ warum? vermutlicli iveil er MeleajärroA für keioeo selir cltiaai-
schen zeugen ItUlt, und liarin kann ich ihm ;illerdiogs nicht gaojs
unrecht geben, daher denn nucb fiir mlcb dte «»che hiermit noch
nicht abgeihun ist. ^ das» diese schrift die bauptquelle des Aratos
für die wetterzeichcn war, bült M&ass s. 240 f. gegen Böhme, durch
den auch ich I s, 299 mich liatte in» st-b wanken bringen laKscUi auf-
recht, leider hatte er clAbel gleich mir noch die gute disa, von Heeger
*de Theophrasti it€pl CT||i£injv libello* (Jena 1889) übersehen» in wel-
cher Böhme bereit« gründlich widerlegt ist, ' Miias« s. 344 acbreibt
in besng hierauf: 'nihil enim fatemar referr©| quod* naw, ist das mehr
als ein machtspmcb? freilich weit küwer wird dort die aache ab
gemacht.
FSasemihl: anz. v. EMaass Aratea. 43
xai iTpOT^pri T^ver) heiszt, so scheint mir die deutung 'deine' und
nicht 'unsere' frühere generation , wie letzteres Maass will , natür-
licher; und der dichter hat also dann auch hier der mythologie darin
nachgegeben, dasz Zeus doch nicht der älteste gott ist; ffir die aus-
gleichung solcher Widersprüche war ja bei den stoikem die allego-
rische auslegung'da. aber gesetzt, unter der irpoT^pf] T^vef) seien
auch hier, da von den Titanen sonst nirgends im gedieht die rede
ist, die heroen verstanden, und alles zugegeben, was Maass noch
sonst für den vertrag dieses prooimions und damit des ganzen ge-
dichtes bei einem Symposion geltend macht; warum müste dieses
Symposion denn eines der pastoralen bundesbrüder in Eos und könnte
nicht vielmehr eines der stoiker gewesen sein? welche bedeutung
auch bei diesen die Symposien hatten , geht doch zur genüge schon
daraus hervor, das Persaios cu)iiTOTiKd uiTO^vr|^aTa schrieb (s. Suse-
mihl I s. 68. 70 anm. 258. 260. 265). nein, wenn nicht alles teuscht,
steht die sache wirklich so , und Aratos schuf das gedieht in Athen,
nachdem er dem stoischen orden , wenn auch nur als laienbruder,
beigetreten war , und das prooimion ist nicht blosz ein denkmal des
ersten Vortrags, sondern auch eine dauernde dedication an die stoiker.
hielten diese doch, wie Maass s. 158. 164 selbst hervorhebt, den
Aratos unter allen dichtem nftchst Homer am höchsten und sahen ihn
offenbar annähernd als den ihren an. Maass hat gewis recht, wenn er
bestreitet, dasz die nachricht über die astrologenschule des Berosos
in Eos bei Vitruvius IX 7, 2, wie auch ich noch glaubte ^ eine fabel
sei, aber seine Vermutung, dasz Aratos seine Oaivö^eva gegen diese
gerichtet habe, ist doch, wie mir scheint, nicht dadurch gerecht-
fertigt, dasz dieselben in der that nichts astrologisches enthalten,
sondern wäre es erst dann, wenn sich wenigstens eine spur von aus-
drücklicher polemik gegen die astrologie in ihnen fände, gerade
diese stillschweigende und zurückhaltende antiastrologische formung
ist dagegen bezeichnend, wenn das gedieht zwar nicht aus dem cen-
trum, aber doch aus der peripherie des stoicismus erwachsen ist.
denn dasz in bezug auf dio im allgemeinen unter den stoikem be-
liebte astrologische mantik doch stets unter ihnen verschiedene an-
sichten herschten, darf man wohl daraus schlieszen, dasz der vor-
sichtige Panaitios sie unbedingt verwarf, die übrige mantik dagegen
nur anzweifelte (s. Susemihl 11 s. 69), und dasz Bo6thos, darin noch
über Aratos hinausgehend; jeden einflusz der gestirne auf die Witte-
rung bestritt, dagegen die sonstigen wetterzeichen gelten liesz
(s. Maass s. 152 ff. Schmekel s. 320). die wetterzeichen sind doch
aber auch ein stück von mantik (vgl. Schmekel ao.), und es war
daher gut stoisch gedacht, wenn sich Aratos in diesem seinem poeti-
schen und populären handbuch der astronomie und witterungskunde
^ ao. I 8. 605 anin. 411. da das zweite gedieht des Theokritos wahr-
scheinlicb in Kos entstanden ist (s. SasemibI I s. 200 anm. 8*^), so hat
die Vermutung von Maass s. .S27 f., dasz dort v. 159 anter dem assy-
rischen fremden Berosos za verstehen sei, viel für sich.
44
FSueemibl: &nz. v, EMaass Aratea.
in betreff der lektem auf sie bescbränkte. dasz sie der zweck des
ganzen und die astronomiächen ßiisfUhniDgen nur Yomufge schickt
wären ^ um für die zeichen am bimmel die nötige Orientierung 7M
geben^ kann leb freilieb Maass wiederum trotz des prooimions nicbt
einräumen I so sehr auch gerade dies beweisen würde ^ dasz Äratos
doch kein eigentlicher mann der astronomischen Wissenschaft von
fach war* denn die astronomischen wetterzeicben sind doch nur der
kleinere teil der von ihm dargestellten und beschränken sich auf
sonne^ mond und krippe nebst krebs nnd sonstiger nmgegend. oder
wenn Maass recht hat, so wäre doch somit eine künslleriscbe einbeit
des gedicbts auch auf diese weise nicbt gewonnen, ja &ie würde so
erst recht in die brücbe geben*
Dasz Äratos tüchtige eigne astronomiscbe kenntnisse besas«^
bat Maass sattsam bewiesen und in dem berühmlen epigramm (27)
des Kallimacbos die lesart cÜTT^Voc diptJTiviric mit Scaligers von
Wilamowitz nicht einmal erwähnter leichter verbessening CUYJOVOI,
aus welcher bervorgebt, dasz jener auch selbst beobachtete, in ihr
wohlverdientes recht wieder einsetzt» aber es will mir doch scheinen,^!
dasz er seinerseits nun in das entgegengesetzte extrem verfällt wioj
Hipparcbos und dessen nachfolger* vermutlich indessen scheint es
auch ntir so, und es bat nicbt im willen des vf, gelegen ^ dasz seine
darstellung wenigstens auf mich diesen eindruck macht* dasz sich-]
schon vor Hipparcbos unter den eigentlichen fach-astronomen be-
denken gegen die ausreichende sachkunde und beobachtung de»J
iiichters erhoben hatten, dürfte doch wohl aus der entschieden apo*
löge tischen baltung seines ältesten uns bekannten communtatorsi
Attalos hervorgeben, der grosze astronom Hippaichos war femer ]
sicherlich kein ungerechter, aber freilich ein überstrenger mann:
nicht ungerecht, aber allerdings sehr unbillig war sein tadel der
geographie des Eralostbenes , stark übertrieben, aber doch wohl bis
£U einem gewissen grade richtig sein urteil über Aratos, zumal da
sogar ein stoiker wie Poseidonios in dasselbe einstimmte (s* u.).
Maass vermerkt es übel « dasz ich die vierte biographie des
Aratos mit Busch für die fehlerreicbste erklärt habe, aber ich habe
bewiesen ^ dasz sie zweimal im gegensatz zur zweiten und dritten
das richtige umkehrt und dabei nur Einmal an der ersten gesellscbaft
bat , und dasz sie drittens den Persaios fälschlich zum lehrer statt
zum mitschtiler des Aratos macht dies bindert mich natürlich nicht
das gute anzuerkennen, was sie darbietet, wir lernen aus ibr^ dasi
Aratos einen famulus, den matbematiker Nikandros, auch aus Kolo
pbon, hatte, und dasz daraus die fabeleien über ihn und den lebr-
dicbter Nikandros von Kolopbon als vermeintliche Zeitgenossen ent-
standen sind.*^ in ihr steht nun femer s. 60, 22 C: Ivioi hi (paci
» anal Alex, II a. IX f, (wo leider 8. IX t, 4 IV- hinter I* ansf^efalle
aod a, 3 lU* »tatt U* ifedraekt ist), '** die betreffeodeii wort« 0.60«^
26 f. cuvr)KMnc€ — aöxöv stehen jetzt an falscher atelle, sie gehören
vor 22 £vioi| da ms unmittelbar au 16—2*2 (paCvcTai «ich anscfalid^xen.
Tov 'ApoTOV Mvoc^iu inrrpoc jETovivm, 'ApUTO&nfKn; hi xrvoc
lioBfyiirnKOv; ^laKOvccn. iorrpov be T^XMjjouuEvac cod liuuriff»
T€vec8ai ^ xok 'Avtttovcaj ßociickac «oiciii: xAcäiri^nicm vm
Ivioi oder nvec sind bekizkBtIk:ii iniskcr rem totb iiereia mh imsKir
Torsieht anfroiiehTnqi, }«ksfftili kber «^teo» €Bi««öer ^ ssasaBi zu
billigoi oder aber za vctmafea, auf dem 'bo^KTKl' des Asnärcm»
Gonat&s diese TorBdarüt bier mh aziitdeiiiMS £& w«Ik9 wSe^ ireHicai
thörieht, das ist natörlicfa eise nadüiciil i& täc^ tob dorciiBkiitäger
enUtebimg. aber ver an AxisUtÜKTOs als leLrEir T2Bi«re^ Aisso» is
der matbemalik oad astronoiiüe ^lasbt^ wyt Maaäs lanzi. der hai
m. e. k^ne ursaefae die aB^!&be über den vaxer darcs ahixtreuKB
und anzuDehineB, dasz die aad^m fiDef^imstiicBeBden mmi^EnatiEm
über dessen namen riefatig sekm und kanercr skÄit Tieboeiir MnaiiMg
bie&^z, was allerdings zumal bei den gcnaDem nac^aiciiti^ ^ber öcb
wirklidien vater Atbenodoros t. II s. 56, ^ £. fbc^ wenig güaübtidi
ist. ¥iel nlber liegt also meines bedfinkens die aimabtne . dasz wir
einen analogen faU mit dem eben angeffiixrten haben: jene iviai
wosten richtig, dasz der uns ascli scoisl ^s. Soäeodiil I &. 28€
anm. 7. 703) bekannte malbemaxiker Arisuaberas einen sekfikr
Aratos hatte, der wirklich ein söhn des Mnafyni» war, aber ein an-
derer als sein gleichnamiger Zeitgenosse, der allerdings anc^ nuüie-
matisch und astronomisch gebadete dichter, der if^m des Aliseno-
doros und der Letophiie. geselzt aber aoch , ^ wire dies nnr ecne
gleichberechtigte möglichkeit (ond mindestens als eine solebe wird
es doch anch Maass anerkennen mfise<ai;, so genügt das sdKm, um
seiner hjpothese, Aristotberos sei der bei Tbeokr. 7, 99 ff. Aiiftis
genannte freond des Aratos cnd sei also aoeh diciiter imd milgüed
des koischen hirtenbondes gewesen , den boden za entzieben.
Nicht besser steht es mit einer andern eonjeeUir. ans dem e|H-
gramm des Aratos Anth. PaL XII 129 hat jfingst Kniark in diesen
Jahrb. 1891 s, 770 mit redit geschlossen, dasz dessen bei Tbec^.
7, 105. 118 Philinos genannter geliebter ans der koiscSien seit (wo-
mit ^ilich nicht ¥iel gewonnen ist) Philokles hiesz, und la t. 5
äXXä TTpiiivcuc bemerkt er richtig: «hier wird offenbar ein be-
kannter Priener gemeint sein , also dJÜL' 6 ITpiTpfCUC. » weiter darf
m. e. eine Torächtige kritik nicht gehen: wenn llanss rielmehr
dXXd 'Pinvöc Torschlägt, fibersehreilet dies in m«nen sagen die
grenze des erlaubten selbst dann , wenn die begr&ndimg Ton Wila-
mowitz daför, dasz Bhianos schon dies«- zeit angehört habe, probe-
baltig w&re. dasz sie es nicht ist, glaube ich ao. s. 399 f. anm. 144
gezeigt za haben, and so lange ich nicht widerlegt bin, bleibt daher
die fiberlieferang in kraft, dasi Bhianos ein Zeitgenosse des Erato-
sthenes war. aoch was Maass s. 336 f. anm. 4 beibringt, entscheidet
nichts : mag die Herakleia des Bhianos immerhin die quelle Ton Prop.
I 20, 25 fL sein, so bleibt es doch ebenso möglich, d&^z Bhianos
selbjit dem Apollonios I 1298 ff. 1316 ff. gefolgt ist, wie das um-
gekehrte, auch dasz Nikias Ton Milet mit Theokritos in Kos zn-
46
FSasemibI: anz. v. EMaase Aratcti.
sammeugelebt habe« durfte s. 333 nicht einfach &U ihatsache hin-
gestellt werden, nachdem ich ao. I s. 200. 600 anm, 129 auf di«1
Bporen hingewiesen habe, die vielmehr darauf führen, daaz er in -
BamoB bei Erasistratos medicin studiert und sich also von da aus
mit dem in Kos weilenden Theokritos befreundet habe.
Es folgen vier epimetra : *de MenecrateEpbesio poeta*(s.328 f*),
'de Rhiano' (s. 330 — 332), 'de Argonantieorum recitatione' (b. 332
— 337), 'de picturia Arateis'« Im ersten wird ein neues fragment und
zwar wabrächeinlich für das ack erb äuge dicht des Menekrates von
Ephesos gewonnen Y ind^m mit grnnd angenommen wird, dasz der
scbol. Eur. Rhes. 27 (s, 341 Schw,) citierte Menekrates kein anderer sei» j
Wiebtiger ist das zweite, so wenig ich , wie gesagt , Maass zu-
geben kann , daaz Ehianos sich in Kos auf seine Homerausgabe vor-^
bereitet habe, so sehr musz ich ihm einräumen, dasz Meinekes vei>J
legung von dessen thötigkeit nach Alexandreia ohne anhält ist, und!
dasz das ioteresse des Ehianos für den tod des Aristomenes geradtj
in Rhodos vielmehr für Rhodos als denjenigen ort spricht, wo erj
vielfach umhergeworfen, endlich blieb, und dazu würde der an 8cMus*|
der Bhianischen poesie an die von Kallimachoa verp{jnte Homeri^
sierende des Rhodiers Apollonios aufs beste passen, aber die (aller*
dings auch nur zweifelnd vorgetragene) conjectur bei Steph, Bf]vi]sl
K£bpedT?ic xfic Kapiac für Kepedxric f\ Kpr|C ist doch zu gewaltaam J
und ich möchte doch lieber glauben, dasz aus Suidas u» *PiavÖC|
vielmehr KripaiTrjC herzustellen sei, und halte dann immer noch ein»]
Umstellung für leichter: Kprjc fiv B?ivaToc f\ KripcitTiic.
Im dritten epimeirum bat Maass übersehen, dasz ich in m. gr.-al J
L6. II s. 670 meine Zustimmung zu Lindes Vermutung bereits selbslj
berichtigt habe, indem ich mit üsener nunmehr in den biographiea
die üotiz fri ?qnißov 6 via beanstandete und vielmehr die andere 6*|jfe|
im TÖ noicTv iioi%aTa ^ipdirexo für die wabracheinlich richtige
erklUrte/^ doch darin bat Maass recht: der ganze zweite teil in
jeder der beiden biographien ist je eine unzertrennliche einbeit und j
ein pbantasiegebilde. aber dabei kann doch ein stück wirklicher Über-
lieferung mit benutzt sein. " nach einer altern beobachtung (s, üsener ]
bei Gercke rhein. mus. XLIV [1889] s. 135 f,) musz man wohl, wiei
mir Knaack bemerkte, annehmen, dasz Apollonios zunächst nur mit|
den beiden ersten bticbern der Argonautika hervortrat und diese also
noch in Alexandreia entstanden und vorgelesen wurden, der relative
ausdruck ö\\fi steht nicht im wegts: wer, bereits 30— 32 jähre alt,|
sein erstes gedieht vortrug, auf den passi das 6\\ti. b* ini TÖ rroieiVl
TTOUrmaTa dTpdrrcTO. eben darum darf man diese nachricht auch nicht
60 pressen wie Maass: 'a Callimacbo igitur grammaticam, non
po^tiin didicit Alexandriae.' der sinn ist docb nur, dasz Apollonios,}
'* die geburt de« Apollonios ist hiernach mit Gercke schon vor 21)5
AU eetaen. " nuf v. II g. 51, 6 Kai coqpKxeüei (»TiTopiKOÖc X6touc
darfte Mhabs sich üichi heruf*sn: at hon Liode bemerkti das» v. 1 dids«^
Verkehrtheit otchi but (60, 12 ^iraibcucc).
FSosemilil: anz. t. EMaMs Aiatea^ 47
bevor er selbst dichtete, zuerst und längere zeit in den wegen seines
] ehrers gieng: TÖ ^^v iTpunrov cuviiiv KaXXifidxui tiu ibu|i bibocKaXi}!,
öi|i^ b* usw. (vgl. Usener bei Sasemihl ao.), was denn so freilieh nur
in der grammatik möglich war, aber doch mit einschlnaz der poeti-
schen theorie gemeint sein musz , da sonst der doreh ^€V — b* be-
zeichnete (freilich in diesem schlechten excerpt aas der nrbiographie
nar verstümmelt zum aasdmck gebrachte) gegensatz nicht za stände
kommt : er verliesz mit seinem eignen dichten die grondsStze seines
lehrers, denen er früher selbst lange gehuldigt hatte, 'poeticam
artem Callimacham tradidisse Äpollonio in Yitis non dicitor, gram-
maticam dicitur* sagt Maass. aber letzteres steht ebenso wenig aus-
drücklich da, musz vielmehr in v. I erst aus den angezogenen worten,
in Y. n aus ^^aOrJTeuce KaXXifidxqi iy *AX€£avbp€ia övti ypomia-
TiKUJ erschlossen werden.
Ich knüpfe hieran gleich den zehnten abschnitt 'de ApoUonii
Canobo' (s. 357 — 369), in welchem dargethan wird, dasz das choliam-
bische gedieht Eanobos des Apollonios nicht, wie man bisher glaubte,
eine stiftangssage , sondern die geschichte des nach seinem un-
glücklichen tode anter die steme versetzten Eanobos, Steuermannes
des Menelaos, behandelte, woraus es sich denn erklärt, dasz im
astronomenverzeichnis A* auch 'AttoXXuivioc tP^^^M^'^^^^c erscheint.
Das neunte capitel 'Epimenidea et Archilochea' (s. 339 — 355)
legt zunächst dar, dasz unter den Aiöc UTT09f\Tai bei Aratos 164
Epimenides in seiner Theogonie zu verstehen ist, und dasz aus ihr
mit einem zweifei an der Wahrheit (ei dreov brj) derselbe bekannte
kretische mythos von der geburt und erziehung des Zeus auf Kreta
30 ff. angezogen wird^ und dasz Kallimacbos hy. 1, 4 ff. mit rück-
sicht hierauf den Aratos berichtigend und überbietend diesen mythos
geradezu für eine lüge erklärt, daraus ergibt sich denn von neuem^
dasz die 0aivö^eva nicht erst in Makedonien entstanden sein können,
sondern schon um 280 (s. Susemihl I s. 359) in Alexandreia bekannt
waren. Kallimacbos wendet dabei, wie bereits Wilamowitz sah, den
sprach des Epimenides in dessen Katharmen (wie Diels erkannte)
KpfiT€C dei ipeucTai v. 8 picant gegen diesen selbst Diels hat femer
richtig angenommen , dasz Epimenides sich in dieser dichtung als
erwacht aus seinem langen schlafe, in dessen träumen er seine Weis-
heit empfangen habe, darstellte, nach Maximos Tyrios diss. 28 soll
er in Athen gesagt haben, dasz ihm auch die 'AXviGeia im träum er-
schienen sei. ansprechend vermutet Maass hiemach , dasz er dieser
jene worte in den mund gelegt habe, ähnlich, wenn auch nicht
ebenso , wie die Musen im prooimion der sog. Hesiodischen Theo-
gonie sprechen, weiter sucht er nun auszuführen, dasz auch der
anon. Ambros. bei Studemund anal. var. I s. 224 f. und Nonnos
XIV 23 ff. noch mittelbar aus jener alten Epimenideischen Theo-
gonie geschöpft haben, dabei kommt er stark mit Bethe im Hermes
XXIV (1889) s. 402—446 in conflict, indem er das von diesem s. 410
gegen Bobert geltend gemachte als für ihn nicht überzeugend be-
48
FSusemhl : &nz. v. EMaass Af
zeichnet und im gegensatz zu Betb© behauptet, dasz von den beiden"
bei Diod. V 70 f, benutzten scbriftaleilern der den kretischen mjtbos
wiedergebende der alte Epimenides sei, während der 70, 1 zuerst
und hernach wieder zu anfiing von 71 auftretende sich an Kalli-
machos ao, 57—67 anschliesze. von diesem anschlusz, wenn er wirk-
lich anzunehmen ist, müssen nun aber doch mindestens die platt
Euheroeristischen worte 70, 1 peia xriv Ü dvOpiuTTtiuv toö Kpövou
lneTOtCTaciv €k Seoüc ausgenommen werden, welche Bethe veranlaszt
haben in diesem schnfteteUer zwar nicht den echten Epimenide3,
wohl aber den, wie mir scheint, mit erfolg von ihm als hauptquelle
des Diodaros in dieser ganzen partie von c. 64 ab nachgewiesenen
gefälschten und platt rationalistisch^Euhemeri^tischen zu erkennen,
die sacbe läszt sich in der that nicht ho im vorbeigehen abmüchen.
Maa88 sagt nicht, ob er au diesen nach weis glaubt, ist derselbe wirk-
lich geführt, so ist es wenig wahrscheinlich, dasz Diodoros den alten
und den neuen Epimenideg neben einander gebraucht haben sollte;
freilich der zweite von ihm unmittelbar benutzte schriftsteiler (in
dem Bethe den Apoüodoros vermutet) könnte ja allerdings den alten
zur band genommen haben, es ist hier nicht meine aufgäbe genauer
darauf einzugehen; ich hoffe, dasz Bethe die sache von neuem auf-
nehmenwird, weiter bemerkt dann Maass noch, dasz auch Äratos 7 1 ff.
und vielleicht 99 f. auf der alten Theogonie des Epimenides beruhen.
In den scholien zu 1003 ff. hat Maass ein neues brucbstück des
Arcbilochos gefunden, dasselbe auf welches Ailianos nepi Ciijiuv
XU 9 (ä= fn 141) sich bezieht, und zeigt, da>z Äratos es wirklich
hier vor äugen gehabt hat gleichwie 909 f* 920 fr 54.
Die elfte abt eilung 'anecdota Ba^ileen^ia et Lauren tiana'
(s, 371 — 387) enthält hochinteressante nachtrligliche mitteilungen,
auB denen wir die griechische und die reichhaltigere lateinische form
einer fUlscblich bald dem Hipparchos, bald dem Eratosthenes zuge-
schriebenen einleitung zu Äratos genauer kennen lernen, für die
in barbarischem latein abgefaszten praefationeb kommt der Baseler
codex deu Germanicus (nach Hert^ aus dem siebenten jh.) in be-
trachte ich hebe hier nur die überaus wichtige neue ergänzong her-
vor, welche er uns wiederum zur dritten biographie des Aratos
bringt: s. 59, 34 etwa: cuvaTOp€U€i 6e amdb (nemlich VlTTTidpxuj)
Kai Äiovücioc <briXovÖTi 6 0p^ icai noccibiiivioc) ^v tw irepi cuV-
Kpic€Uic 'Apdiou Kai 'O^rjpou irepi tüiv paÖnMctTiKiuv, ich |*flichte
Maass darin bei, da$z diese cÜTKpKiC schwerlich ein eignes werk des
Poseidonioa ist, sondern dergleichen tn seinen »cbriften irepl kÖc^OU
und TTepi ^€T€Üjpujv oder in einer von beiden stamL dasz der be-
treffende Dionyaios der Thraker ist, überrascht, kann aber nicht auf*
fallen, wenn man die uns sonst schon bekannte Vielseitigkeit dii*sea
mannes (s. Susemihl 11 s. 169 f.) betrachtet, der üuh nahen Pur
meniskos 2eigt, dasz doch nicht alle pchüler Aristarch» blo^ze sprach-
gelehrsamkeit trieben. Maass denkt an seine sehrift Trept *Pöbau.
Gr£IFSWALD. FhaMZ SüSBMlUL.
X«S JJS33T 1HI5 3L Impuls TKI JL BKTTS ^il?
tote «UffK.
■. «CK. 0&L Jüffii A&r^ mc.
tRT«» hklmsua^ it^ kam. n itis.
aiPT' All lAT'
■am^irnss^ s^^sl im: jfttft ^bsws. ^Srnma^ ■»rtatnij*z. njtist. vr
50
JFrEnke : der angriff des M, Lepidua und M, Brutus
also Lepidus kaum in der Öffentlichkeit, wohl abei' im vertrauten
kreise seiner anbänger des öftern anagesprochen haben» wo er ans
seinen gesinnimgen kein hehl zu machen brauchte. Sallustius aber
umkleidet seinen beiden mit dem glorienschein eines freimutes und
einer Vaterlandsliebe, die an sich bewundernswert , gewiß aber für
die verwirklicbung der plane des Lepidus hemmend und störend
gewesen wären, demnach haben wir anzunehmen, dasz Lepidu»
gleich mit beginn seines consulates im geheimen zu wühlen und
anhJinger zu gewinnen verbucht hat, dasz er mit eigentlichen vor-
schlagen aber erst nach dem tode des Sulla hervorgetreten iat.
Für diese anscfeauung sprechen auch bestimmte schriftsteller-
zeugniöse* Granius Licinianus (s. 43 ed. Bonn.) weisz erst nach der
bestattung des Sulla von re form bestreb ungen des Lepidtia zu be*
richten. Floroa (II 11) erklärt: M, L^ndo Q. Catulo consuUhus
ciinle bellum paene cUius oppressum est quam inciperä ; sed quani%A^
lacumque fax Ulms moius ab ipso SuJl^ie rogo exarsit. bei Appian
(b. civ. I 107) hekti es: dirö he Tflc nupäc xtAJPW^Ttc euGuc o\
ÖTiaTOi XÖTOic ßXaccprjjioic eic dXXriXouc tiecpepovTO. auch Plutarch
(Pomp. 16 vgl, 15) endlich berichtet^ dasz CijXXa leXcuTTicavTOC
die plane des Lepidus ans licht gekommen seien.
Gleich die bestattung Stillas benutzte Lepidus zu einer demon*
stration, deren zweck es war das feld zu sondieren und zu prüfen,
wie weit er bei Verwirklichung seiner ei gen 1 lieben plane auf unter*
Stützung zu rechnen habe, als nemlich die nachricht von Sullas
tode in Eom eingetroffen war^ wurde von Catulus^ dem am tagen ossen
des LepiduSy der antrag ges teilt den toten mit königlichem gepränge
zu bestatten, es sollt© die leiche des verstorbenen im feierlichen
zuge aus Campanien nach Eom geleitet, dort auf dem forum aus-
gestellt und dann auf dem Marsfelde» der alten begräbnis statte der
könige, beigesetzt werden, und zwar alles dies auf kosten des Staate»
(vgl. App. b. civ. I 105. Plut. Pomp. 15). diesen antrügen wider-
setzten sich Lepidus und seine anbanger; doch sie befanden sich in
der niinderbeit, wie der von Plutarch ao. gewählte ausdruck Aeitibou
Kai TIVUDV fiXXüJV ^vicxaji^vuüv pn lacpfivai zur genüge beweist.
auBzerdem blieb die gehoffte Unterstützung seitens des Pompejus
aus. letzterer war nemlich wider aller erwarten von Sulla in seinem
testamente weder mit einem Vermächtnis bedacht noch zum Vor-
munde seines unmündigen gohnes eingesetzt worden (Plut. Pomp, lö),
Pompejus zeigte indes ob dieser Vernachlässigung nach auszen hin
nicht die geringste empfindltchkeit, mochte er die kränkung im
innern auch tief empfinden, er hielt eben seine stunde noch nicht
für gekommen, in weiser möszigung und kluger berechnong ver-
sagte er daher nicht nur dem Lepidus seine hilfe, sondern trat sogar
tbatkräftig für die antrage der Sullanigchen partei ein, die denn
auch mit seiner Unterstützung angenommen wurden und in glän-
zendster und würdigster weise zur ausfUhrung gelangten (App. 1 105.
Plut. Pomp. 15).
auf das reformwerk Scdlas. 51
Eine wichtige lehre hatte Lepidas aus diesen vorg&ngen bei
Sallas bestattung ziehen müssen, es war ihm klar geworden , dass
sein zuverlässiger anhang vorläufig noch ziemlich gering war. un-
zufriedene gab es ja in hülle und fülle ; aber sie musten gesammelt^
geordnet und nach bestimmtem, wohl überlegtem plane geführt
werden, das nächste streben des Lepidus war daher darauf gerichtet
die zahl seiner anhänger zu vermehren und zu organisieren, an ge-
legenheit hierzu sollte es nicht fehlen.
Der streit zwischen den beiden consuln , der unmittelbar nach
Sullas begräbnis offen zum ausbruch gelangt war (App. 1 107 äTr6
bk Tf]C iTupäc usw.) , hatte naturgemäsz weitere kreise gezogen und
in Rom selbst Spaltungen hervorgerufen, was war nun natürlicher
als dasz diejenigen männer, welche durch Sulla ihrer ganzen frühem
macht beraubt und ihres fast consularischen ansehens entkleidet
waren , was war natürlicher , sage ich , als dasz die volkstribunen
ihrerseits aus der politischen läge capital zu schlagen und ihre
frühem rechte wiederzugewinnen trachteten ? sie hatten sich nur
widerwillig der militärmacht Sullas gefügt; kaum aber hatte der
gewaltige seine äugen geschlossen , als ihre hoffnungen wieder auf-
lebten und sie den versuch machten ihre alte angesehene Stellung
zurückzuerobern, von wem konnten sie hilfe und beistand erwarten?
von Lepidus, dem yolksfreunde, dem erbitterten Widersacher der
regierenden nobilität. so wandten sich denn die tribunen, und zwar
zunächst unter der band (Granius Licinianus negavü prior Lepidus^
an Lepidus mit dem ansinnen die tribunicische gewalt in ihrem
alten umfange wiederherzustellen.* eine solche Zumutung muste
den consul in ein arges dilemma bringen, einerseits war er zur Ver-
wirklichung seiner plane auf die Unterstützung des Volkes und somit
auch der tribunen desselben angewiesen; anderseits aber gieng sein
ehrgeiziges streben dahin die fülle der macht in seiner band zu ver-
einigen; ein zweiter Sulla zu werden, bedenkt man aber, welchen
einflusz zeitweilig die volkstribunen besessen, welchen druck sie auf
die höchsten beamten des Staates und die gesamte Verwaltung aus-
geübt hatten^ so wird man es nur natürlich und berechtigt, ja staats-
klug finden können ^ wenn Lepidus die alte tribunicische gewalt
nicht neben sich wieder auferstehen lassen wollte, zudem hoffte
Lepidus sicherlich noch auf einen teil des adels; den er sich darcb
ein eingehen auf das ansinnen der volkstribunen ganz entfremdet
haben würde, was also thun ? er lehnte es ab (Gran. Licin. negavit
. . Lepidus) dem wünsche der tribunen folge zu geben, um aber
* für die sache selbst ist es von keinem wesentlichen unterschiede,,
ob man an der maszgebenden stelle des Licinianus s. 43 mit den Bonner
hgg» liest: verum übt convenerant tribuni piebis consules, uti usw. oder mit
Madvig (kl. phil. sehr. s. 897 anm. 1) verum cogere coeperat tr, pl con-
sules oder mit KKeil (Jahrb. 1858 s. 641) verum tunc oraverant tribuni
piebis consules oder endlich mit Maurenbrecher (Sali. bist. reL I proL
B. 15) verum simul coegere tribuni piebis consules usw.
4*
5»
JFranke: der angriff des M. LcpiduB und M. BriitnB
diese bittere pille einigeromszen zu Yersüszen und es nicht mit dem
volke ganz zu Terderben , stellte er den antrag die frühere kom-
verteiiung an das volk wieder berzustelten. durch diesen geschickten
ans weg hatte er es eineräeits erreiebt, dasz das Tolk zu ihm ab zu
eeinüm wobltbäter aufsah, anderseits aber sich den adel nicht ent-
fremdet, noch mehr: er hatte sich denselben sogar zu verpflichten
gewust. als nemlich die tribunen bei Lepidus erfolglos angeklopft
hatten, versuchten sie ihr glUck bei Catulus, natflrlich mit keinem
bessern erfolge, sie wüsten es aber zu erreichen, dasz die an gelegen-
heit in einer contio zur spräche kam. hier nun vertrat Lepidus ofifen
seinen ablehnenden Standpunkt und erklärt© geradezu non essetUüe
resiilui irihunkiam potesiaiem (Gran. Licin. ao.).
Die im vorsiebenden gegebene darcätellung stützt sich im wesent-
lichen auf die mehrfach erwähnte stelle bei Granins Licinianns» da
negavit pi'ior Lepidiis beziehe ich auf die privaten Unterhandlungen
zwischen tribunen und consuln , das et in conliofw magna pars
adsensast dicenti non esse utile resÜtui tribunkiam potestatem natür-
lich auf die Öffentliche Verhandlung der angelegenbeit vor dem volke.
die betreffende rede des Lepidus in der contio [et exdat oratio sc. bei
Sallustius) scheint für uns verloren zu sein, da Granius Lieinianus
den ge&etzesantrag wegen der getjreidespenden erst nach der Ver-
handlung über die wiederheratellung der tribunicischen gewalt er-
wähnt, so habe ich einen ursächlichen Zusammenhang zwischen
beiden vermutet, in der art wie es oben ausgeführt ist. Francken
(Jahrb. -suppL bd. III s. 264) vermiszt diesen Zusammenhang und
äuszert sich über die ganze in betracht kommende stelle folgender-
maszen; ^'priora obscura, posteriora etiam vitio^a . * vitium epito-
matoris potius quam scriptoris videtur: namque manifestohoc testi-
monium de Lepido pugnat cum 'sequentibus : et legem frumentariam
(periuUt),* indes glaube ich mit meiner erklärung die zwei fei Über
den zusammenbang gehoben zu haben.
Es fragt sich nun, welche bestinamungen über masz und um-
fang der getreidejtpenden der betreffende antrag des Lepidus ent-
hielt, Granius Licin. (a. 43) berichtet hierüber folgendes: et legem
frumentariam nulh resistente l(argi)tus^ esiy ut annorme quinque
modii pqpulo darentur, Mommsen (III s. 25 f. u, s. 25 anm, 2) ist
der meinung, dasz nach diesem gesetze nichts wie seiner zeit nach
dem Bempronischen, alle, sondern nur eine bestimmte anzahl ärmerer
büjger eine monatliche spende von 5 scheffeln kom empfangen
hätten, er schätzt diese anzahl bürger auf etwa 40000, indem er
aus Ciceros angäbe (in Vetrem III 30, 72), dasz monatlich der
römischen bürgerschaft ein wenig mehr als 33000 medimnen =
200000 modii kom gespendet wurde , den schlusz zieht , dasz also
• die ergäuioöir largitus rührt von Mommsen her (III s. 25 anm. 2);
Mudvii; (Licin. cd. Bonn, s. 43) sühlug ailepttfS vor, Bursiati (Jahrb. 1858
t, 650) hcutus, keine der conjecturen dürfte die uraprüngllche leaart
bieten; iadoa lAt auch hier das wort belanglos^ da der eiaa klar liegt.
aaf das reformwerk Sallas. 53
nur 200000 : 5 = 40000 römische bürger an der getreidespende be-
teiligt waren, während die zahl der in Born ansässigen bürger sicher
weit beträchtlicher war. Mommsen kommt daher zu dem Schlüsse,
dasz die lex Cassia des j. 73 nicht eine spende von 5 scheffeln
monatlich neu einführte , sondern nur im einzelnen änderungen an
der durch Lepidus herbeigeführten einrichtung traf und vor allem
durch regulierung der sicilischen getreideankäufe eine regelmäszige
komverteilung in Bom sicher stellte. Mommsen nimt des weitem
offenbar an, dasz Lepidus zunächst einen weiter gehenden antrag
gestellt habe, dasz dann aber ein vermittlungsantrag in obigem
sinne eingebracht sei. 'dasz Lepidus sich auf einen solchen aus-
gleichsvorschlag einliesz' so führt Mommsen aus 'stimmt zu seinem
verhalten in betreff der restitution des tribunats. ebenso passt es
zu den Verhältnissen, dasz die demokratie durch die hiermit herbei-
geführte regulierung der komverteilung sich keineswegs befriedigt
fand (Sallustius ao., nemlich hist, III 61, 19).'
Ich kann Mommsen bei dieser an sich geistreichen schluszfolge-
rung nicht beistimmen, einmal besagt der Wortlaut des gesetzes
bei Licinianus ganz klar und deutlich , dasz 'dem volke', nicht aber
einem teile desselben 5 scheffel körn (natürlich monatlich) gespendet
werden sollten, zudem wäre es von Lepidus höchst unklug gewesen,
bei komspenden an das volk in Bom einen unterschied zu machen
und einen teil desselben zu bevorzugen, muste ihm doch vor allem
daran gelegen sein, das volk voll und ganz auf seiner seite zu haben,
statt durch ein halbes geschenk viele unzufriedene zu schaffen, in
der von Mommsen zur begründung seiner ansieht hauptsächlich her-
beigezogenen stelle aus Sallustius (hist, in 61, 19) ist nicht von
Lepidus als dem Urheber des gesetzes die rede, im gegenteil ergeht
sich der volkstribun Macer in den heftigsten ausfällen auf die |7a^re5^
die gesamtheit der adelichen , die durch eine repentina lex frwnen-
taria die mühen und arbeiten des Volkes vollauf zu belohnen ge-
glaubt hätten, hier passt aber der ausdruck repentina lex wahrlich
schlecht auf das um fünf jähre ältere gesetz dos Lepidus. hinzu
kommt dasz der Senator Philippus in seiner ebenfalls bei Sallustius
(hist. 1 48, 6) erhaltenen rede mit den bittem Worten cum . . largU
HonibfM rem puhlicam lacerari videham auf das komspendengesetz
des Lepidus anspielt, dieser Vorwurf aber hätte kaum erhoben wer-
den können, wenn wirklich durch den antrag des Lepidus nicht das
ganze volk geködert, sondern nur der ärmste teil desselben that-
kräftig hätte unterstützt werden sollen, endlich glaube ich nicht,
dasz der senat nach niederwerfung der insurrection des Lepidus
und Brutus noch so grosze furcht vor dem volke oder solche achtung
vor dessen toten führern besessen haben wird , dasz er die gesetze
derselben hätte bestehen lassen , wenngleich sie ihm lästig und un-
bequem waren.
Der antrag des Lepidus gieng also dahin, dasz dem gesamten
Volke (monatlich) 5 scheffel körn von staatswegen geliefert werden
M
JFranke; der angriff des M. Lepidue und M. ßmtas
sollten, dieser antrag wurde nuUo resisfefUe angenommen ^ offenbar
vreil der adel sehr wohl erkannte, dasz jeder widerstand ausslcbtslos
fiein und zugleich das volk noch enger mit Lepidus verbinden würde,
wie lange das gesetz zu recht best-and^ wird nirgends erwähnt, meine
Yeimutung geht dahin, dasz es seinen urheber nicht lange über-
lebt hat.
So war die erste bresche in Sullas reformwerk gelegt, bald
folgten heftigere stürme, die den ganzen bau in trümmer zu stürzen
drohten, nachdem nemlich LepiduB durch sein komgesetz sich des
beistandes der plebs bei ausführung seiner ehrgeizigen plane ver-
sichert zu haben glaubte, suchte er durch neue antrage seinen an-
hang aus den verschiedenen iinzufriedeneB elementen zu vermehren^
Die nächste forderung des Lepidus gieng dahin, ä&si die exstUes
die erlaubnis erhalten sollten in ihre heimat zurückzukehren (vgl.
Licin. s. 43. Florne II 11. Sali, hist, I 48, 6). nach dem Wortlaut©
bei Granius Licin. könnte es wegen des poUicitus est zweifelhaft er-
scheinen, ob dieser gesetzes Vorschlag des Lepidus auch wirklich an-
genommen ist, indes beweisen der Wortlaut bei Florus und Sallustius
sowie die nachrichten Über einzelne Persönlichkeiten, zb. Perpenna,
Lucius Cinna und Caesar (vgl. Drumann, Ihne und Mommsen ao,)
übereinstimmend I dasz thatsöcWich den geächteten auf antrag des
Lepidus die erlaubnis zur rtickkehr in ihr vateriand gegeben wurde.
aber mit der bloszen rückkehr in die heimat war der mehrzahl der
verbannten nicht viel gedient, waren doch ihre guter von Sulla
teils zu seiner eignen bereicherung, teils zur belohnung seiner an-
hftnger confisciert und versteigert worden, da trat Lepidus mit dem
neuen antrag hervor, da^iz diese conßscierten guter ihren frühern
beöitzern zurückgegeben werden sollten (vgU Sali. hist. I 48, 14,
Florus II 11, Drumann III s. 342 anm, 89 führt irriger weise eine
stelle aus Appian an), dieser antrag glich einem wahren stiebe ins
Wespennest, mochten die ächtungen und gütereinziehungen, wie sie
zur zeit der scbreckensherschaft Sullas beliebt wurden, hart und
grausam gewesen sein, so liesz sich jetzt das unrecht nicht ohne
neue greuel und gewaltthaten wieder gut machen, und doch war
der römische Staat nach den heftige u stürmen der bürgerkriege bis
aufs ftuazerste erschöpft und im höchsten masze der ruhe bedürftig
(Florus II 11). zudem glaubten die neuen herren im rechtmäszigen
besitze der von ihnen bei der Versteigerung erstandenen guter zu
sein; wenigstens waren sie durchaus nicht willens sieb ohne weiteres
von ihrem neuen grund und boden vertreiben zu lassen, wob! suchte
der consu) ihnen diesen schritt dadurch leichter zu machen , dasz er
selbst mit gutem beispiele voranzugeben versprach, indem er in
einer contio erkl&rte, er wolle die guter, welche er hciner zeit er-
standen habe, den rechtm&szigen eigentümern bedingungslos zurück-
geben (Sali, hist, 141, 18). indes scheinen dies nichts ab leere werte
gewesen zu sein, wenigstens macht der Senator Pbilippus später
Lepidus den vorwarf (Sali. hisi. I 48, 14), trotz seines antrags auf
auf das reformwerk Sullas. 55
herausgäbe des confiscierten besitzes selbst die seiner zeit erworbenen
fremden guter behalten zu haben, es erklärt sich übrigens diese
thatsache wohl daraus, dasz der in frage kommende gesetzesantrag
niemals zum beschlusz erhoben und also auch nie zur ausfUhrung
gelangt ist , weil wahrscheinlich von der gegnerischen seite die ab*
Stimmung über denselben fortgesetzt verhindert wurde, bis die
offene empör ung des Lepidus der ganzen sache von selbst ein ende
machte.
Um dieselbe zeit wie den zuletzt erwähnten antrag brachte
Lepidus noch mehrere andere gesetzentwürfe ein, die nichts ge-
ringeres bezweckten als das ganze werk Sullas zu vernichten, die
einzelnen antrage selbst werden von den Schriftstellern leider nicht
wörtlich angeführt; diese begnügen sich vielmehr damit anzu-
geben, dasz Lepidus die Vernichtung der Sullanischen reformen als
das ziel seiner agitation bezeichnet und angestrebt habe (Licin.
8. 43 ff. Livius XC. Florus 11 11). wenn wir daher auch darauf ver-
zichten müssen den Wortlaut der einzelnen antrage wiederherzu-
stellen , so läszt sich aus dem ganzen verhalten des Lepidus doch so
viel schlieszen , dasz er bei seinen antragen vor allem darauf rech-
nete, durch geschickte ausnutzung der parteileidenschaften seinen
anhang zu mehren, demnach wird Lepidus, wie auch Drumann
ni s. 342 und Ihne VI s. 8 vermuten , beantragt haben denjenigen
Städten, welche durch Sulla das bürgerrecht verloren hatten, das-
selbe zurückzugeben, ferner die neubürger in die sämtlichen 35 tribus
einzuschreiben und den Senatoren das ausschlieszliche richteramt
wieder zu nehmen, da auszerdem Sallustius {hist. I 48, 15) be-
richtet, dasz Lepidus für das j. 77 das consulat für sich verlangt
habe, so müssen wir annehmen, dasz er entweder die entgegen-
stehende bestimmung des Sulla , dasz consulare erst nach zehn
Jahren um ein zweites consulat sich bewerben dürften, einfach als
nicht vorhanden betrachtet oder schon in seinem consulatsjahre zu
beseitigen versucht hat. endlich brachte Lepidus noch einen ge-
setzesantrag ein, der von der hervorragendsten bedeutung fdr die
entwicklung des kampfes zwischen ihm und der Sullanischen partei
werden sollte. Sulla hatte seine Veteranen mit 120000 landloosen
in Samnium , Lucttnien und besonders in Etrurien belohnt , indem
er den Mariusfreundlichen gemeinden und den teilnehmen! am
marsischen kriege ihr ganzes besitztum oder einen teil desselben
genommen hatte, um diese unzufriedenen italischen gemeinden für
sich zu gewinnen, beantragte nun Lepidus, dasz dieselben das land,
auf welchem die Veteranen des Sulla angesiedelt waren, zurück-
erhalten sollten (Licin. s. 45. App. 1 107. Jul. Exuperantius s. 3, 22
Bursian).
Thatsächlich hatte Lepidus sich also nicht damit begnügt das
eine oder andere von den gesetzen des Sulla zu beseitigen, sondern
er hatte den kühnen versuch gewagt mit dem ganzen werke Sullas
von grund aus aufzuräumen, bei diesem beginnen hatte sich Lepidus
56
JFranke : der angriff des M. Lepidus und M. Brutus
des beifalls und der Unterstützung yieler parteien zu erfreuen, das
yolk in Rom Latte er durch komapenden für sich gewonnen; die
italischen gemeinden biengen ihm an^ weil er ihnen bürgerrecht,
ansehen, haus und hof, acker und vermögen wiederzugeben yer-
gprach ; neben ihm fochten für seine ptäne die anhänge r und freunde
des Cinna und Marios, neben ihm alle diejenigen, welche Sullas
herschaft zu fürchten oder zu beklagen grund gehabt hatten, ja
Lepidus trug kein bedenken selbst das arbeitsscheueste und nie-
drigste gesindel Roms zu ködern , indem er ihm die nötigen geld-
mittel verschafTtej am seinen leldenschaften nach herzensluf^t fröhnen
zu kfinnen (Sali, hist, I 43). anderseits fehlte es dem Lepidus auch
nicht an gewichtigen gegnerD. vor allem machte die gesamte senats-
par tel mit Catulus an der spitze geschlossen front gegen die plane
des consuls , dessen wahres streben nicht länger verborgen bleiben
konnte, ihnen schlössen sich alle Bullaner, ihnen vor allem auch
viele von den Veteranen des verstorbenen an , alles leute die durch
Sulla zu Wohlstand und ansehen gelangt waren und sich nun durch
Lepidus im genusse ihres kaum erworbenen besitzes bedroht sahen.
Bei dieser läge der dinge kann es uns nicht wundern, wenn die
oben erwähnten antrage des Lepidus dem heftigsten Widerspruche
begegneten und zu aufgeregten kämpfen in den Yolksversamlungeii
veranlassung gaben, bevor indes eine entscheidung herbeigeführt
war, kam mitten in den streit der parteien aus Etrurien die künde
von einer dort ausgebrochenen empörung und vom beginne eines
neuen bürgerkriegs. die durch Sulla aus ihrem gebiete vertriebenen
Faesulaner nemlich hatten^ ohne die entscheidung in Rom abzu*
warten, wahrscheinlich im stillen von Lepidus aufgewiegelt (Sali.
hist, 1 48, 6) I den frieden gebrochen und ihr vermeintliches recht
ertrotzt, sie waren mit bewaffneter band in die castelle der Sullani-
schen Veteranen eingebrochen, hatten dieselben erobert und sich
wieder in den besitz ihrer ländereien gesetzt (Licin. s. 45), dieser
handstreich brachte den Senat in arge Verlegenheit, zumal die auf-
ständische bewegung nicht auf diesen 6inen ort beschränkt blieb,
sondern — wohl nicht ohne zuthun des Lepidus — weiter um sich
griff und sich auch auf das Pothal auszudehnen begann, einen noch
gefährlicheren charakter nahm üie läge an, als im cisalpinischen
Gallien der Mariaoer M. Brutus förmlich den aufstand organisierte,
ein beer sammelte und die festen plätte, so vor allem Mutina, in
besitz nahm, vor seinem auftreten im Pothale boren wir von einer
thätigkeifc des Brutus im interesse der partei des Lepidus zwar
nichts; aber der ganze lebenslauf des mannes (s, Drumann III s* 14 f.
327* 344 ff) legt die Vermutung nahe, dasz er während des con-
aulatsjahres des Lepidus nicht etwa mUs^ig die bände in den schosz
gelegt hat, sondern von vorn herein mit altem eifer für die sache
und partei des Lepidus thätig gewesen ist.
Lepidus halte den aufgtand im geeigneten Zeitpunkt ausbrechen
lassen und durch seine schlaue taktik den senat in grosze ungelegen-
auf das reformwerk Sullas. 57
heiten gebracht, es fragte sich nunmehr, welche maszregeln der
Senat gegen die aufständischen in Etrurien und in der Po-ebene er-
greifen würde. Mommsen (III s. 26) und Nitzsch (II 176) sind,
gestutzt auf den bericht des Granius Licinianus und einige stellen
bei Sallustius (hisL 1 44 u. 48, 4) der ansieht, dasz der senat auf
die nachricht von der insurrection In Etrurien beschlosz 'die beiden
consuln dorthin zu senden, um truppen aufzubieten und den aufstand
zu unterdrücken', vorher wurden beide durch einen feierlichen eid
verpflichtet Mie ihnen anvertrauten wafifen nicht gegen einander zu
kehren', nach Ihne (VI 10 f.) und Peter (11 134 f.) dagegen ent-
wickelten sich die dinge folgendermaszen. der senat liesz die beiden
consuln sich verpflichten, dasz sie offene gewalt nicht anwenden
würden, dann beschlosz er, wie Peter meint , dasz beide consuln in
ihre provinz abgehen sollten, während Ihne annimt, dasz Lepidus
allein sich vom Senate habe bestimmen lassen, schon vor ablauf
seines amtsjahres in das narbonensische Gallien, die ihm zugefallene
provinz, sich zu begeben.
Gegen alle diese auffassungen lassen sich gewichtige giünde
geltend machen. Mommsen und Nitzsch stützen sich hauptsächlich
auf den bericht des Granius Licinianus , der aber an dieser stelle so
lückenhaft ist, dasz er als hauptbeweismittel schwerlich wird be-
nutzt werden dürfen, diesen einwand hat denn auch schon Peter
(II 134 anm.) mit recht gegen Mommsen erhoben; er misversteht
aber Mommsens äuszerung über das auszerordentliche consularische
commando in Etrurien dahin, als ob nicht das narbonensische Gallien,
sondern Etrurien dem Lepidus als provinz zugefallen sei, eine an-
schauung die Mommsen vollständig fern liegt, in zweiter linie zieht
Mommsen zur Unterstützung seiner ansieht die betreffenden stellen
aus Sallustius herbei, aber an der 6inen stelle (hist. I 44) wird nur
die Verfügung mitgeteilt , lUi Lepidus et Catült^ decretis exercitibus
maturfime proficiscerentuTy wobei eben die hauptsache, dasz beide
consuln sich 'nach Etrurien' begeben sollten, mit keinem worte er-
wähnt wird, bei der zweiten stelle aber {hist. I 48, 4 oh seditionem
provindam cum exercitu adeptus est) kann nach dem ganzen zu-
sammenhange das wort provincia wohl nicht auf Etrurien gedeutet
werden, sondern musz sich auf das narbonensische Gallien beziehen,
endlich wäre es doch im höchsten grade aufföUig, um nicht zu sagen
ungereimt und thöricht gewesen, wenn der senat thatsächlich beide
consuln mit je einem beere zur Unterdrückung des aufstandes nach
Etrurien geschickt und sich gegen einen neuen bürgerkrieg nur
durch den eid gesichert hätte.
Aber auch die darstellung, welche Ihne von der entwicklung
des Zwistes zwischen Lepidus und Catulus gibt, stöszt auf erheb-
liche Schwierigkeiten, zunächst sieht man keinen rechten grund zu
dem eide ein, wenn doch vorläufig beide consuln in der sladt blieben,
bald darauf allerdings will Ihne den Lepidus in das narbonensische
Gallien schicken lassen, während Catulus in Bom bleibt, diese dar«
58
JFranke: der augriff des M. Lepidus und M. Brntua
Stellung widergpricbt aber nicht nur der mehrfach erwähnten an-
gäbe Sallusts, dasz beide consuln den auftrag erhielten von Eotn
abKureisen , sondern ist auch aus d^m gründe irrig , weil später die
leittmg der comitien für die consul wählen dea j. 77 die gröatea
Schwierigkeiten hervorruft, so dasz sogar ein interrex gewählt wer-T
den musz (Sali. hist. I 48^ 22), was gewis gegen das verbleiben des
Catulus in Rom spricht. Peter endlich führt richtig aus^ dasz beide
consuln in ihre provinz abgehen sollten, indes passt auch zu seiner
dargtellung nur wenig das wort des Philippus bei Salltistius {hist,
I 48, 4) oh seditionem provinciam cum exercUu adepius est ; dazu
aber finden sich in derselben rede des Senators Philippus noch
mehrere andere angaben , welche mit keiner der angeführten dar-
steUungen in einklang zu bringen sind. Philippus vergleicht nem-^
lieh das frühere auftreten des Lepidus in Etrurien mit seinem be-^
nehmen und seiner Stellung als proconsul im J. 77 mit folgenden
Worten: at tum erat Lepidus latro cum calonibus et paucis sicariia^
quonim nemo no7i diurna ^nerccde mtam muiaverit: nunc est
consuln cum Imperio non empto sed dato a vobis , cum letalis adhu
iure parentibus. In derselben rede spricht er die befürchtung eine
zweiten angriffea des Lepidus auf Rom aus, indem er fragt: cm
exspectatiSy dum exercitu rursus admoto ferro atque ftamma urbem
invadai?^ mag nun Sallustius auch im Wortlaute überireibeni gleich-
sam Terschwenderisch mit seinen redewendungen umgehen^ so wirdj
man doch mit den von ihm angeführten thatsachen zu rechnen haben
diese er wägung hat mich folgende Vorstellung vom gange der nach*
sten ereignisse gewinnen lassen.
Auf die nach rieht von der erheb ung in Etrurien wartete der
consul Lepidus beschlüsse des Senates in dieser frage gar nicht ab,
sondern heiszhlUtig und ungestüm wie er war, begab er sich selbst
zu den aufständischen nach Etrurien (SalL I 48, 7 at tum era
Lepidus latro uaw,), er stellte eich an ihre spitze, besiegte einige
eiligst gegen ihn gesandte heerhaufen , vielleicht sogar den consul
Catulus selbst (Jul, Exup. 3, 26), und wandte ijich dann südwärts
gegen Eom (Sali* hiM. I 48, 10), in dieser not nahm der senat seine
Zuflucht zu Unterhandlungen, während Catulus in aller eile so viel
truppen als möglich zusammenraffte, um wenigstens Rom gegen
eine Überrumpelung sicher zu stellen» es kam indes vor Rom nicht
zum kämpfe : denn Lepidus mochte zu einem handstreiche zu spät
gekommen sein und einen regelrechten kämpf bei der zusammen-
' Dnirunnn (III 343 u. aotti. 6} bezieht diese worto auf d&a j. 77,
wo vor dem eigentlichen entscheid ungskampfe unter den mnuern Koma
ttiosetne abteihiDgcD des Lepidani«chen heeres sich der bauptstaiit ge-
nähert hHtteti, um einen hnudstreich sn y ersuchen oder die gesinnnngen
des Volkes xu erprobeo, indes ist vom ganzen exercitus^ nicht von atreif-
corps bei SAllustius die rede; »uch hurren bei dieaer cleutnng irainer
DOcb ßall, I 48, 7 und JuL Exap. 3| 26 ihrer erklärung. vgl Mauren^i
brecber ao. s« 14 anm. 2.
auf das reformwerk Sullas. 59
Setzung seines heeres mit recht scheuen, so liesz er sich denn zum
niederlegen der wafifen und zu einem friedlichen yergleiche he-
stimmen, wohl nicht ohne einige wichtige Zugeständnisse seitens
des Senates, um indes der Wiederholung einer so bedenklichen läge
möglichst vorzubeugen, liesz der senat nach Schlichtung der Streitig-
keiten die beiden consuln auf die feierlichste weise schwören die
wafifen nicht wieder gegen einander zu kehren (App. 1 107. Licin. ao.).
trotzdem hegte der senat nur wenig vertrauen zu dem bestände des
friedens. er beschlosz daher die beiden consuln zu trennen und liesz
sie die provinzen unter einander ausloosen (wenn dies nicht auf
veranlassung des Sulla schon früher geschehen war; vgl. Peter
II 134. App. 1 107), wobei dem Lepidus das narbonensische Gkillien
und dem Catulus Italien zufiel, um nun Lepidus auf gute weise los
zu werden, bestimmte der senat, dasz beide consuln sich in ihre
provinzen begeben sollten (Sali. hist. 1 44). geldmittel zur bestrei-
tung der nötigen ausgaben wurden beiden in reichem masze gewfthrt
(Sali. hist. I 48, 4. 9. 17. vgl. auch Licin. ao.).
Diese lösung der Schwierigkeiten war beiden teilen willkommen.
Lepidus seinerseits ho£fte im besitze von beer und geld um so leichter
seine eigentlichen plfine zur ausführung bringen zu können, der
senat dagegen war in seiner Schwachheit und kurzsichtigkeit vorerst
zufrieden den Unruhestifter auf friedliche weise aus Rom entfernt
zu haben, zudem war es ihm sehr lieb, dasz Catulus Italien erhalten
hattO; wo er inzwischen die ruhe und Ordnung wiederherstellen und
für den fall einer neuen gefahr seitens des Lepidus ein schlagfertiges
beer in bereitschaft setzen konnte.
Aber der senat hatte seine rechnung ohne Lepidus gemacht,
dieser gieng wohl aus Rom fort, aber nicht über die Alpen, wie der
senat gehofft hatte, sondern er machte schon in Etrurien halt und
begann hier von den geldmitteln, die ihm der senat für seine provinz
bewilligt hatte, truppen anzuwerben (Sali. hist. 1 48, 17). als der
senat hiervon nachricht erhielt, merkte er die wahre absieht des
Lepidus und liesz ihm, wohl unter hin weis auf seinen feierlichen eid,
hierüber Vorstellungen machen, aber der schlaue erklärte höhnisch,
dasz nach seiner auffassung sein eid nur für die dauer seines amts-
jahres bindend sei, während er nach ablauf seines consulatsjahres
ohne gewissensbisse gegen Catulus und den senat die waffen er-
greifen dürfe (App. I 107).
Während der seither geschilderten Vorgänge und Verhandlungen
neigte sich das consulatsjahr 78 seinem ende zu, und es wurde nötig
die comitien für die wähl der neuen consuln abzuhalten, beide con-
suln befanden sich in ihren provinzen. der senat beschlosz nun diese
gelegenheit zu benutzen, um den Lepidus, der, wie erwähnt, in
Etrurien von neuem rüstete , in seine gewalt zu bringen, wohl im
einverständnis mit Catulus liesz er letztern ruhig in seiner provinz
und sandte an Lepidus boten mit der bitte zur abhaltung der comitien
nach Rom zu kommen. Lepidus merkte indes die ihm gestellte falle
60
JFranke: der angriff des M. Lepidus und M, Brutus
und gieng nicht hinein (App. I 107. Sali, hist, I 91). unter allerlei
entschuldigüiigen und ausfluchten wusle er den senat hinzuhalten,
bis es schlieszlieh zur abhaltuDg der comitien zu spät wurde, da das
amtsjabr des Lepidus und Catulus inzwischen abgelaufen war. da
nun kein consul gewählt und kein beamterniit consu 1 arischer gewalt
vorhanden war, so trat ein interregnum ein. zum interrex wurde
Appius Claudius ernannt (SalL hist. I 48, 22). bald darauf kehrte
auch der nunmehrige proconsul Catulus nach Rom zurück, dieser
war während seiner ab Wesenheit von Eom nicht müszig gewesen ;
er hatte die zeit benutzt, um ein neues heer in seiner provinz aus-
zuheben, auch hatte er die Veteranen des Sulla, welche durch die
neuesten Vorgänge in Etrurien gegen Lepidus heftig erbittert waren^
gesammelt und an sich gezogen, es standen also zu beginn des Jahres
77 der Senatspartei ziemlich bedeutende Streitkräfte zur Verfügung»
80 dasz Philippus in seiner bei Sallustius {hist. I 48» 21) erhaltenen
rede mit begründetem vertrauen und stolze erklären konnte: adest
nopos exercituSy ad hoc colmitae tyderum milUum, nohtUias omnis,
duces optumi.
Indes waren auch die Streitkräfte und bilfsmittel des Lepidas
nicht zu verachten, von den geldem, die ihm zur Verwaltung seiner
provinz überwiesen waren, warb er in Etrurien ein heer an 5 bei ihm
fanden sich viele alte Marianer und feinde des adels zusammen; zu
ihm strömten nicht aus Etrurien alleinj sondern aus ganz Italien die
aus ihrem hab und gut vertriebenen in hellen häufen herbei (Sali.
hist. I 46); ganz Etrurien erhob sich für ihn und sammelte sich
unter seiner fabne {ebd. I 45 u, 48, 3). während dieser ganzen zeit
war natürlich sein freund M, Brutus auch nicht müszig gewesen, er
war zwar am Po stehen geblieben, wird aber sein heer aus den
Testen der Marianer und aus den unzufriedenen gemeinden des cisal-
pinischen Galliens nach kräften verstärkt haben, so dasz er für ein
vorgehen des Lepidus einen kräftigen Stützpunkt bildete (Plut,
Pomp. 16). zudem war die fruchtbaie Po-ebene ein zur verprovian-
tierung des etrurischen heeres äuszerst wertvoller besitz. ^
Unter diesen umständen wagte der ^senat nicht mit aller strengi^^l
und entschiedenheit gegen Lepidus vorzugehen, trotz des drängens^^l
der thatkräftigen minderheit des Senates mit Philippus an der spitze
versuchte man es noch einmal einen gütlichen ausgang herbeizu-
führen, die Verhandlungen mit Lepidus wurden fortgesetzt und
dieser zur rttckkehr nach Rom aufgefordert (Sali. hist. I 48, 5)>
hierzu erklärte er sich auch bereit, aber unter bedingungen, welche
geradezu beschämend für den senat waren, er forderte im interesse
seiner anhänger die annähme und entschiedene durchfUhrung seiner
früher gestellten antrage, dasz den von Sulla geächteten ihr ver-
mögen (Sali. hist. I 48, 14) und den italischen gemeinden, soweit sie
das bürgerrecht besessen hatten^ dieses zurückgegeben werde (ebd.X
für seine person aber für das j. 77 das consulat (ebd. I 48, 15),
dh, nichts geringeres als 'eine tyrannis in gesetzlicher form', ja.
auf das reformwerk Sullas. 61
um in Rom selbst in diesem gefährlichen augenblicke Zwiespalt za
stiften und die gesamte yolkspartei mit den tribunen an der spitze
ftli* sich zu gewinnen , spielte er jetzt seinen letzten trumpf aus. er
verlangte nemlich nunmehr, was er vorher selbst für ^nicht ange-
bracht' erklärt hatte, dasz die frühere tribunicische gewalt in ihrem
vollen umfange wiederhergestellt würde (ebd. I 48, 14).
Diese forderungen giengen denn doch selbst dem ebenso ge-
duldigen wie ängstlichen Senate über das zulässige masz , und das
anmaszende, ich möchte sagen unverschämte ansinnen des Lepidus
brachte endlich das gefösz zum überlaufen, auf antrag des mehrfach
erwähnten Philippus wurde beschlossen , dasz der schütz der stadt
dem interrex Appius Claudius und dem proconsul Catulus sowie den
übrigen männern cum imperio anvertraut werden solle unter hinzn-
fügung der formel operamqfie dent^ nequid res publica däritnenti
capicU, indes reichte es nicht aus für die Verteidigung der haupt-
stadt und die ab wehr der etrurischen hauptmacht des Lepidus sorge
zu tragen, stand doch in der Po-ebene noch immer M. Brutus, jeden
augenblick bereit loszuschlagen und dem hauptheere der demokraten
zu hilfe zu kommen, deshalb wurde, wahrscheinlich zu gleicher zeit,
beschlossen den Pompejus, obwohl er kein öffentliches amt bekleidete,
mit einem beere gegen Brutus nach dem cisalpinischen Gallien zu
senden (Plut. Pomp. 16 dTiebeixÖTl CTpaxeÜMaTOC f)T€mi)V, und zwar,
wie Plutarch angibt, eirl A^nibov. diese angäbe kann aber nur all-
gemein gedacht sein im sinne von 'gegen die anhänger des Lepidus':
denn die folgende erzählung Plutarchs selber beweist , dasz Pom-
pejus thatsächlich gegen Brutus das commando erhielt, vgl. Aur.
Victor 77. Herzog röm. staatsverf. I s. 529 anm. 2).
Wie aber verfiel man gerade auf Pompejus, der doch selbst im
j. 79/8 für die wähl des Lepidus zum consul thatkräftig eingetreten
war? während der ganzen wirren des j. 78 hatte Pompejus eine ab-
wartende rolle gespielt, offenbar in der hoffnung selbst aus der
politischen läge seiner zeit nutzen ziehen zu können, in dieser be-
rechnung teuschte er sich nicht, wahrscheinlich sah er ebenso gut
wie Caesar rechtzeitig ein, dasz das ganze unternehmen des Lepidus
bei der mittelmäszigen befähigung des führers und dem bunten ge-
menge seiner hilfskräfte wenig aussieht auf erfolg habe, darum ver-
mied er es sich an Lepidus enger anzuschlieszen, um für den augen-
blick der entscheidung freie band zu behalten, bei der neuesten
Wendung der dinge und dem entschiedenem vorgehen des Senates
hielt er eine niederlage der demokraten für gewis und bot daher
dem Senate freiwillig seine dienste an (Plut. Pomp. 16), um sich
den adel aufs neue zu verpflichten, dem Senate seinerseits war in
diesem kritischen augenblick eine kraft wie Pompejus äuszerst will-
kommen, er gieng gern auf sein anerbieten ein und übertrug ihm
den Oberbefehl auf dem nördlichen kriegsschau platze , während dem
Catulus und Appius Claudius die sorge für Bom zufiel.
Lepidus seinerseits rückte auf die künde von der kriegserklä-
J Franke; der angriff des M. LepidQB und M, Brntne
rang des Senates vor die haoptstadt, um dieselbei wie einst Marios,
mit stürmender band zu erobern (Flonia 11 1 1).
Inzwiscben war Pompejus schon nacb dem nördlichen kriegs*
Schauplätze abgegangen, yereinzelten widerstand^ den er unter*
wegs fand) brach er mit leichter mühe nnd wandte sieb dann sofort
gegen Brutus selbst, den er nach Mutina zurückdrängte, hier wurde
Brutus %'on Pompejus eng cingeschloHsen und längere zeit belagert,
da die ttnippen des Brutus entmutigt und weiterm widerstände ab-
geneigt waren, sah sieb der Feldherr zur Übergabe genötigt» viel-
leicht wurde er auch zu diesem schritte unmittelbar durch einen
Soldaten aufstand in seinem lager oder durch hunger gezwungen
(Plut. Pomp, 16). dem Brutus selbst wurde von Pompejus freier
abzug bewilligt, mit einer bedeckung von wenigen reitem begab
er sich nach Regiuni (Orosius V 22), einem Örtchen in der Po-ebene,
doch schon gereute es den Pompejus, dasz er den feind aus seinen
blinden hatte entkommen lassen* tanter dem vorwande, dasz gegen
Brutus mehrere schwere anklagen erhoben seien, sandte ©r ihm den
Geminius nach, der den Bratus am folgenden tage aufhob und tötete
(Livius XC; zur beurteilung dieser tbat vgl, Plut. Pomp. 16 u.
Ihne VI 12).
Beides, die Übergabe von Mutina und tags darauf der tod
des Brutus, wurde sofort durch siegesboten dem Senate gemeldet
(Plut. Pomp. 16)i die nachriebt von dem erfolge des Pompejus
richtete auch in Rom den sinkenden mut wieder auf und liöszte dem
beere neue siegeshoffnung ein. schon hatte übrigens Lepidus das
ganze rechte Tiber* afer bis auf den Janiculus in seine gewalt ge-
bracht, dieser hügel sowie die Mulvische brücke wurden noch von
Catolus gehalten (Florug II 11). auf die künde von der niederlage
des Brutus unternahm Lepidus schnell, bevor Pompejus ihn im
rücken fassen könnte, einten entscheidenden angriff auf Rom. er
versuchte über den Tiberis auf das Marsfeld vorzudringen» wurde
aber gleich beim ersten ansturm zurückgeschlagen, er muste die
belagerung von Rom aufheben und sich nacb Etrurien zurück-
ziehen (Floros 11 11, Plut. Pomp. 16 o. bes. Äpp, 1 107), jetzt war
die endgültige Unterdrückung des aufstand es nur noch eine frage
der zeit.
Pompejus hatte nach der einnähme von Mutina schnell die ganze
Po-ebene zur Unterwerfung gezwungen, nur wenige städte wagten
widerstand zu leisten, so Alba in Ligurien, in das sich des Lepidus
söhn Cornelius Scipio Aemilianus mit einer schar getreuer geworfen
hatte und das er hartnäckig gegen Pompejus verteidigte^ aber nach
längerer belagerung wurde auch Alba durch aushungerung zyr Über-
gabe gezwungen, den Scipio ereilte ein ähnliches Schicksal wii
seinen gesinnungsgenossen Brutus: er wurde gefangen genomme
und auf befehl des Pompejus hingerichtet (Orosius V 22, 17). nacb
niederwerfung des aufstandes in Oberitalien wandte Pompejus sidi
südwärts nach Etrurien, um im verein mit Catuins, der nach dem
auf das reformwerk Sullas. 63
siege über Lepidus diesem ebenfalls nach Etrurien gefolgt war, den
letzten schlag gegen die aufrührer zu führen. *
Von zwei selten bedrängt versuchte Lepidus noch einmal das
glück der waffen. in der nähe von Cosa an der küste Etruriens kam
es zu einer zweiten Schlacht, in welcher Lepidus wiederum besiegt
wurde, nunmehr war seines bleibens in Italien nicht länger, er
schiffte sich mit dem reste seiner trappen von Cosa aus nach Sar-
dinien ein, um von hier der hauptstadt die zufuhr abzuschneiden
und Verbindung mit den spanischen Insurgenten unter Sertorius zu
gewinnen (Plut. Pomp. 16. App. I 107. Sali. hist. I 61. Livius XC.
Florus II 11. Butil. Namatianus de red. suo 295—98. Jul. Exuper. 3).
aber der Statthalter in Sardinien wüste alle versuche des Lepidus
die festen platze in seinen besitz zu bringen geschickt zu vereiteln,
überall wurde Lepidus mit verlust zurückgewiesen (Jul. Exup. 3 f.).
der schmerz über sein misgeschick in Verbindung mit ehelichem
kummer nagten an seiner ohnehin angegriffenen gesundheit und
machten seinem leben vorzeitig ein ende, er starb mitten in den
Vorbereitungen zu neuen Unternehmungen bald nach seiner landung
auf Sardinien (Plut. Pomp. 16. App. 1 107. Florus 11 1 1. Jul. Exup. 4 f.).
ein teil seines heeres zerstreute sich ; der kern aber wurde von M.Per-
penna, dem freunde des Lepidus und früherem Marianer, zu den
Sertorianern nach Spanien geführt, um dort den kämpf gegen die
adelspartei in Born fortzusetzen (App. I 107). die reste des auf-
standes in Italien waren bald unterdrückt, gegen die unterlegene
partei bewiesen die sieger eine weise mäszigung, wohl hauptsächlich
um die anhänger des Sertorius nicht noch zu vermehren (Orosius
V 22, 18. Val. Maximus II 8, 7. Florus II 11).
* Dach unserer darstellnog war Pompejus bei der Schlacht vor Rom
nicht zugegen, dieser auf fassang scheint Florus 11 11 zu widersprechen,
wo erzählt wird: sed iam Mulvium pontem collemque laniculum Lutathu
Catulus Gnaeusque Pompeius, Sullanae donänationis duces atque ngtäferi,
alio exercitu insederarU. a quibus primo statim impetu re'tro pulsus . . interüi.
Drumann III 345 und Neumann 6K. II 23 mit ihm folgen dem Florus
in seinen angaben. Drumann führt hierüber folgendes ans: ^Catulus
und Pompejus verlegten ihm durch die besetzung der Mulvischen brücke
und des Janiculum die Zugänge der Stadt, und als er in der nähe des
Marsfeldes einzudringen versuchte, wurde er ohne grosze anstrengung
zurückgeworfen.' indes beruht diese darstellung ebenso wie die an-
gäbe des Florus auf einem irrtum. von einem doppelten kriegsschau-
platze und einem kämpfe des Pompejus mit Brutus weisz Florus nichts
zu berichten; kurzer band nennt er die beiden feldherrn zusammen,
welche zunächst auf getrennten kriegsschaupl ätzen die feinde schlugen
und dann sich zu gemeinsamer thätigkeit in Etrurien vereinigten,
zudem stehen den worten des Florus die bestimmten angaben des
Appian I 107 Kai dyTCK^ipuTTC KdrAoc und des Plutarch (Pomp. 16) ent-
gegen, der ausdrücklich hervorhebt, dasz während der abwesenheit des
Pompejus in Oberitalien Lepidus Rom bedrohte, auch in der epitome zu
buch XC des Livius wird klar berichtet: (Lepidus) a Q, Caiiäo coUega Jtalia
pulsus . . periit. M. Brutus^ qui cisalpinam GaUiam obtinebai^ a Cn, Pompeio
occisus est, gleicher meinung mit mir ist Maurenbrecher ao. s. 14 f. u. 19.
Warendorf in Westfalen. Joseph Franke.
64
ANehring; über bidens hostia.
ÜBER BIDENS EOSTIA.
Bei den iieropfem der alten Rßmer spielten bekanntlich die
Schafe eine wichtige rolle, und zwar wurden vorzugsweise solche
exemplare geopfert, weiche man als bidentes bezeichnete, dieser
ausdrnck wird in unsern gelirftuchlichsten Wörterbüchern sowie
auch in den meisten ausgaben der römischen classiker, aofern sie
mit anmerkuDgen versehen sind, durchweg unrichtig erklärt* so
zb. findet man in dem weitverbreiteten lateinisch -deutschen hand-
wörterbuche von KEGeorges F (Leipzig 1879) sp* 771 folgend©
aus Paulus, dem epitomator des Festus, entnommene erklärungt 'ein
doppelt bezahntes, dh. schon beide zahnreihen vollständig habendes,
auijgewächseneö opfertier, besonders ein scbaf/ diese erklärting ist
auch in dem groszen wörter buche der kt. spräche von W Freund
bd. I (Leipzig 1834) sp. 553 als die richtige hingestellt; e^^ beiszt
dort: ^richtiger versteht man unter hidens ein opfertier, dessen beide]
zahnreihen vollständig sind, das schon alle zahne hat; vgL Festus 9.5:
amhidens sive bidens ovis appellabatur^ quae superioribus et inferwri-
hus est dentibits,' diese und ähnliche erklärungen sind nach meinem
urteile durchaus unrichtig; völlig zutreffend sind dagegen die er-
klärungen, welche im Freiindscben wörterbuche zwar angeführt, aber
ala weniger richtig bei seile geschoben werden, wie die des Juüua
Hyginui* bei Gellius XVI 6, 14: bidefäes hosiiaey qnue per aeiatem
duos äenies altiorcs hahent^ wozu noch Hjgins eigne worte hinzu-
geftigt werden : quae bidens est hosHa, oportet kabeat dentes odOf se
€X his duo ceteris aUiores; per quos appareat ex minore aetate in^
maiorem iranscendisse. diese worte hat ohne zw ei fei Isidorus vor
äugen gehabt, wenn er orw?, XII 1, 9 schrieb: ex iis (oinbus) qtms-
dam bidentes vocant, eo quod inter octo denies duos uUiores habent,
. quas maxime gentües in sacrificium offerebant» man vergleiche ferner
Servius^ zu Verg. Aen. IV 57: bidentes didae sunt quasi biennes^
quia neque minores neqtne maiores licebal hostius dare; sunt eiiam mi
ombus duo eminentiores dentes inter octo, qui non nisi circa bimatum'
apparent: nee in omnibus, sed in iis quae sunt aptae sacris^ inveni-
untur; ähnlich zu Aen, VI 39,
Um den ausdruck bidens richtig zu verstehen, musz man das!
gebisz und die gebiszentwicklung des Schafes sowie des rindes genau
kennen, schaf und rind haben, wie alle typischen Wiederkäuer, im
Yorderteil des Unterkiefers 8 Schneidezähne^ die in einem geschlosse-
nen bogen stehen, obere Schneidezähne sind bei diesen tieren nicht
' der Verfasser erlaubt aich zu bemerken, dawsc er zu dem vor*
lltgenAen aufsAiie diinh hrn. prof« dr« Kii hier, director des k, Wilhelmu-
^ymaaBiains m Berlin» nngere^t wordi^n ist. * icli wurde nuf diese
fiteile dareh hrn, oberlehrer dr, Allers io Holzminden aufmerksam gpe«.i
macht, was Ich hier daukend bemerke.
ANehring: ober bidem hottm, 65
Yorbanden;' es kann also Ton zwei zahnreihen hier in bezog auf die
Schneidezähne gar keine rede sein, was die backenzfthne anbetrifft,
80 hat ein erwachsenes schaf (ebenso wie ein erwachsenes rind) in
jeder kieferhftlfte 6 backenzShne, also in somma 24. die backen-
zfthne sind aber beim lebenden schaf (ond rind) nor sehr schwierig
zu beobachten; sie haben niemab bei der altersbeorteilong der betr.
tiere eine rolle gespielt, nnd man hat die letztem niemals danach
bezeichnet, ebenso, wie im pferdehandel nor die Schneidezähne
zur altersbeorteilong benotzt werden, so ist es auch Ton jeher bei
dem schaf (ond beim rinde) gewesen, wenn unsere landwirte nnd
namentlich unsere schSfer die ausdrücke *zweizlhnig (zwei-
schaofelig), vierzShnig (yierschao feiig), sechszShnig (sechsschaofelig)
und achtzähnig (achi-^cbaofelig)' gebraochen, so beziehen dieselben
sich lediglich aof die Schneidezähne des schafes (bzw. des
rindes), und zwar auf die einzelnen entwicklongsstofen im Wechsel
der Schneidezähne.
Um dieses zo yerstehen , musz man mit dem milchgebisz und
mit dem successiTe stattfindenden ersatz desselben durch die bleiben-
den Schneidezähne bescheid wissen.* das
lamm besitzt yom im Unterkiefer 8 milch-
Schneidezähne, welche' teils bei der gebort
des tieres schon dorch das Zahnfleisch ge-
brochen sind , teils in den ersten wochen
nach der gebort dorcbbrechen. jenemilch-
schneidezähne sind viel zierlicher, schma-
ler ond kürzer als die später an ihre stelle
tretenden, bleibenden Schneidezähne, man
zählt sowohl die erstem als aoch die letz-
tem paarweise von der mitte aos; dh. als
erstes paar wird das mittelste bezeichnet,
als zweites paar der rechts ond links neben
jenem stehende zahn, als drittes paar der fi^. i.
rechts ond Unks neben dem zweiten paar t^;^;;^;^^^^^^
stehende zahn OSW. VgL fig. 1. sähoen. <&• Mazdoea zjknpMr«
Der zahnwechsel beginnt beim schaf "^ "'* klSÜS^"'^ ^
mit dem ersten (mittelsten) paare der
Schneidezähne, indem die betr. beiden milchschneidesähne ausfallen
ond zwei breitere, stärkere zahne an ihre stelle treten, dieses ge-
' vgl. Plinias nai. hist. XI § 161 (denies) nmtimd aui utraque parte
oris SMtti, ui eqmo, out superiore primores non sunt, ut bubug,
ovibus omnibusque quae ruminant, wms entlehnt ist ans Aristoteles
tiergesi'b. II 1 (§26 der Anbert - Wimmersehen ansgnbe => s. 32, 23 f.
der kleinen Bekkerschen ansgabe) öca ^iy jap icrx K€paToq>öpa, OÖK
dM<pd»6ovTd icTiv oö jap €x€i toOc irpocOiouc öftövrac Ini Tf)c
dvui ciaTÖvoc. * man Tergleiehe den von mir bearbeiteten ab-
srhnitt über die gebissentwii-klnng der landwirtschaftl. hanstiere im
landw. kalender von Mentsel n. Lengerke hg. von HThiel und EvWolf
1891 s. 140 ff.
Jahrbacher Ox clast. philol. 189S hfl. I. 5
ANehring: über hidens hostia.
der vordetidl des Unterkiefers einet
etw» iV-jÄhrig-en, ' xwcixähDi^en^
ibidmu) schart», die Leiden »cbneide-
tühn» des bleibenden rehisses sind
mit TÖmisehen liJffm. die milchxiihne
mit ftrftliisch^n beicichaet.
schiaht im alter von 1— IV2 j^l^ren*; ein schaf, welches diese stufe
des zahn Wechsels erreicht bat, wird noch heute als ^2 weizähnig',
'zweischaufelig* oder als ^jfthrling' bezeichnet, es wird hei dieser
bezeichnyfig ydq den übrigen zahnen,
^ insbesondere atteh von den milch-
schneidezibnen , ganz abgesehen, ein
^Zweizahn ig es' schaf ist also nicht
etwa ein solches, das nur zwei zahne
(bzw. scbneidezähne) hat, sondern es
ist ein schaf, das im zweiten lebenB'-
jähre steht, also ein *jährling^ man er-
kennt das alter desselben daran, dasz
die beiden mittelsten milchschneide-
Zähne schon gewechselt, dh. durch
2wei gröszere» breitere^ Schneidezähne
des dauergebisses ersetzt worden sind,
vgl. üg. 2,
Dieses ist der zustand des schneide-
zahngebisses, wekhen Hjginus in der
oben angeführten stelle bei Gellius
meint, indem er sagt: dent€$ odo (sc.
inmsivos)^ sed ex his äuo ceteris aUi-
ores, TgL die oben citierte stelle des
SerTius zu Verg. Äen* IV 57.
Dieser zustand des gebisses findet sich bei den rindern in ganz
entsprechender weise wie bei den schafenj nur pflegt er hei jenen
etwas später, dh* im alter von 1*/,^ — 2 jähren einzutreten*'
Das zweite paar der Schneidezähne wird bei den scbafen ge-
wöhnlich im alter von IV2 — *^Vi j'ihren gewechselt; sie heiszen
dann 'vierzähnig* oder 'vierschaufelig', weil sie vier breite Schneide-
zähne haben, das dritte paar wird im alter von 2*74^2^^ jähren
gewechselt, so dasz dann sechs breite schDeide2ähne zu sehen sind;
daher die bezeiehnung ^secbszähnig' oder ^sechsschaufelig' für scbafe
von ca. 3 jähren, das vierte paar endlich wird im alter von 3 — 4
jähren gewechselt, so dasz dann acht breite, bleibende Schneide-
zähne vorhanden sind; daher die bezeicbnung ^achtzähnig' oder
'achtschaufelig' für scbafe von ca. 4 jähren.
Will man obige angaben über biäem nochmals kurz zusammen-
fassen und das rind gleich mit einschlieszen , so kann man sagen;
* bei de» frühreifen, raoderoen cultarrassfin dee echafeg erfolgt der
wechiel der betr. zahne meistens bald uacli vollendtiog dea ersten
lebeuBJahres, bei den spätreifen, primitiven r&sseti erst mit IV4 — l^Vt
jnhreti. * wenn es in den oben angeführten stellfiii hei Qellius und
Isidorns heiszt duOM aitioren detUev^ so köonCe man sich versucht
fühlen zn vermiiten dasz tatiores die ursprüu^liühe losart sei, da die
krönen der betr. zahne aber that«ächlicb auch höher sind als die der
milohzähno, so gibt ancb aliiore» einen annehmbaren slun. ^ vgl. meine
besfiglichen angaben in dem oben citierten landwirtsch. kalender.
ANehring: über bidena hosHa. 67
hidens ovis oder hos ist ein schafoder rind, welches das
mittelste paar der Schneidezähne schon gewechselt und
somit ein ungefähres alter von lYj — 2 jähren erreicht
hat. man darf annehmen, dasz die schafe der alten Bömer im ver-
gleich mit den wohlgepflegten, auf frühreife gezogenen rassen unserer
heutigen culturländer hinsichtlich des zahnwechsels spätreif waren,
und so kommt denn in der that der ausdruck hidens annähernd aut
das hinaus, was Servius qtmsi hiennis nennt, ja wenn man seine
Worte sunt in ombus duo eminentiores dentes inter octo , qui non nisi
circa himatum apparent wörtlich nimt, so könnte man daraus
den naturwissenschaftlich interessanten schlusz ziehen, dasz seit
den Zeiten des classischen altertums eine ziemlich ansehnliche yer-
frühung (etwa um Yj J*^^ ^^^ darüber) im eintritt des wechseis
der beiden mittelsten Schneidezähne bei den schafen sich heraus-
gebildet habe.
Was die schweine anbetrifft, von denen der ausdruck hidens
angeblich auch vorkommt, so ist ihr gebisz von wesentlich anderer
bauart als bei schaf und rind ; doch würde es zu weit führen hier
dieses genauer zu erörtern.^ man kann zwar auch von ihnen den
ausdruck hidens in bezug auf den Wechsel der beiden mittelsten
Schneidezähne gebrauchen, welcher im alter von ca. 12 monaten er-
folgt; aber ich glaube nicht, dasz die alten Bömer den ausdruck
hidens in bezug auf die schweine im ezacten sinne gebraucht haben,
es ist nemlich ziemlich schwierig das gebisz eines lebenden, meist
sehr widerspenstigen Schweines genau zu untersuchen, und die unter-
schiede zwischen den beiden mittelsten Schneidezähnen des milch-
gebisses und des dauergebisses treten viel weniger deutlich hervor
als bei schafen und rindern, es ist deshalb bisher in der praxis
nicht üblich geworden die schweine nach dem gebisz in gewisse
altersstufen einzuteilen und bestimmte bezeichnungen dafür zu ge-
brauchen, obgleich der kenn er gerade bei diesem haustiere auf
grund einer sorgfältigen Untersuchung des gebisses das alter jüngerer
exemplare innerhalb der ersten beiden lebensjahre sehr genau fest-
zustellen vermag, wenn die alten Bömer den ausdruck hidens vom
Schwein gebraucht haben, was jedoch nur selten der fall zu sein
scheint, so ist er hier vom schaf und rind einfach auf das seh wein
übertragen, und zwar in dem allmählich eingebürgerten sinn eines
zum opfern geeigneten individuums. gewöhnlich wurde jener aus-
druck nur vom schaf und rind gebraucht, insbesondere von ersterm.
Warum musten nun die schafe und rinder hidentes sein, um als
opfertiere besonders geeignet zu erscheinen? nun, die antwort ist
nicht schwer, schafe oder rinder von V/2 — 2 jähren sind weder zu
^ es sei kurz erwähnt, dasz das schwein nur sechs Schneidezähne
bat, solche aber nicht nur im Unterkiefer, sondern auch im Oberkiefer
(richtiger zwischenkiefer) aufweist, genaueres s. in meiner ausführ-
lichen arbeit über die gebiszentwicklung der schweine in den land-
wirtschaftl. Jahrbüchern hg. von HThiel, Jahrg. 1888.
68
ANehriDg: über bidens hosiia.
jung nocb zu alt i:tim genasz ; ihr fleisch ist zart und wohlschmeckend,
so dasz es sowohl den götiem als auch namentlich den priestern
gefallen konnte, letztere hielten deshalb mit strenge darauf, dasz
gerade solche im besten alter stehende tiere zum opfern verwendet
worden, und um sich zu vergewissem, dasz ihnen keine alteOi zähen
individuen zum opfern gebracht wurden , machten sie es gerade 30^
wie man es in der landwirtschaftlichen praxis noch beute macht,
dh. sie unteräuchten die schBeidezähne der zu opfi^rnden schafe und
r in der und nahmen nur solche an » welche hidenies waren « also im
alter von l'/^— 2 jähren standen, von diesen konnte man voraus*
setzen , dasz sie ein saftiges, wohlschmeckendes fleisch darboteiL*
Da^i wort amhldefis bedeutet dasselbe wie bidens\ es soll nicht
etwa 'doppelzlihnig' beiszen in dem sinne» als ob abnormer weise
zwei zahne oder gar zahnreiben hinter einander ständen, sondern
es deutet nur in verstärkter weise an » dasz zwei ins augo fallende,
breite Schneidezähne, und zwar einer rechts, einer links von der
mitteliinie, vorhanden sind, die oben citierte erklärung des Festus;
amhidens sive hidens ovis appeUabaturf quae superiöribus et inferi-
cribus est dentibus enthält einen zoologischen ünsinn, wenn man
sie, wie es natürlich ist, auf die Schneidezähne bezieht^ schafe mit
obern scbneidezähnen existieren nicht, wollte man jene erklärung
auf die backenzähne bezieben, so wUrde sie ganz nichtssagend seia:
denn jedes schaf hat sowohl obere als auch untere backenaähne,
und es kann also durch obige erklärang des Festus eine besondere
kategorie oder aUersstufe der schafe keineswegs bezeichnet werdeiL
wie ich aber schon oben betont habe, sind schon seit alten zeiten
nur die Schneidezähne, welche leicht zu untersuchen und fUr
die aitersbearteilung besonders wichtig sind, zur bezeichnung ge-
wisser altersstufen verwendet worden, amhidens oder bidens der
alt^n Römer bedeutet genau dasselbe, was unsere heutigen land*
wirte 'zweizähnig' oder 'zweiachau feiig' nennen.
* es kommt wohl auch der umstand mit in betracht, dass die opf er-
tiere noch nicht zur fort()fianzuD{? beBuisi sein aollleUi was In dem
betr. alter meisteu» noch nicbt der fall wur. vgl. Varro rerum ruät,
li t, 14 neque paH oportet minores quam bitnas saHri^ quod neque naium
«a? Aü idoneum est, neque non ipsae ßunt deteriores. hr. director Kubier
war so freuDdlicIi mieh auf diese stelle hinzu w eise d.
Berlin. Alfred Kehriho.
MEiderlin: zum ersten und zweiten buche des Quintilianas. 69
7.
ZUM ERSTEN UND ZWEITEN BUCHE DES QUINTILIANÜS.
I 4, 7 f. desifUne aUquae nobis necessariae IMterae . . ut . .
meäius est quidam u et i lUterae sonus: non enim sie ^Optimum* dici-
mus ut *opimum% et Kvn} öftere* neque e plane neque i audüur. so
alle hgg. auszer Meister nach Bn. dasz die stelle einer yerbesserong
bedarf, zeigen zur genüge die vielen verbesserungsversnche : es liegen
solche vor von Ritschi, Bücheler, HKeil, MHaupt, Stander, Faber und
Andresen. keiner von diesen führte zu einem befriedigenden ergebnis,
weil sie alle sie unangetastet lieszen. mit rücksicht darauf, dasz A
gibt : non enim sie optumum dicimus ut ( A' auf) Optimum , habe ich
in den blättern f. d. bayr. gw. 1886 s. 11 vorgeschlagen: non enim
[sie] ^optumum^ dicimus aut * Optimum* ^ und Meister hat diesen Vor-
schlag in den text aufgenommen, inzwischen bin ich zu der Über-
zeugung gekommen, dasz sie nicht zu streichen (es wftre seine
entstehung nicht leicht zu erklären), sondern in sineere (rein,
unvermischt) zu verändern ist. die adverbia sineere und plane ent-
sprechen einander, 'denn nicht sprechen wir rein qptumus oder
qptimus (wir bedienen uns vielmehr eines mischlauts), und bei here
hört man weder e noch t deutlich.' wenn sincerus in der bedeu-
tung 'rein, unvermischt' von Livius (XXX 11) mit prodium equestre^
von Tacitus {Germ, 4) mit gens, von Plinius (n. Ä. XXVIII 137) mit
axungia verbunden worden ist, so konnte Quint. gewis auch sineere
in dieser bedeutung mit dicimus verbinden, vgl. auch Lucretius
III 873 , wo sincerum adverbial in der bedeutung *rein' mit sonere
(klingen) verbunden ist.
I 4, 14 (xtque haec ipsa s littera ah his nominibus exclusa in quin
busdam ipsa alteri successü : nam 'mertare* atque *puUare* dicehanty
quifi ^fordeum faedosqu^ pro aspiratione f ut simüi littera utentes:
nam eontra Graeci adspirare f ut q> solent^ ut pro Fundanio Oicera
testem^ quipriimam eius litteram dicere nonpossü^ inridet. die worte
nam *mertare* atque *pultare* dicebant begründen die bchauptung,
dasz der buchstabe s im laufe der zeit manchmal an die stelle eines
andern getreten sei. können mit jener begründung die worte quin
^fordeum faedosque* pro aspiratione f ut simüi littera utentes ver-
bunden werden? sie haben ja mit dem buchstaben s gar nichts zu
thun. mit diesen werten geht Quint. zu einer andern buchstaben-
vertauschung über, nemlich zu der von h und f. es wird daher mit
quin ein neuer salz zu beginnen und zu schreiben sein : quin *for
deum faedosque^ (jpronuntiabanty pro aspiratione f ut simüi littera
utentes, man konnte beim abschreiben leicht von dem ersten pro
auf das zweite pro abirren, pronuntiare hat Quint. wohl der ab-
wechslung wegen gebraucht, weil er unmittelbar vorher dicebant
gesagt hat. vgl. I 5 , 60 inde ^Castorem* media syUaba producta
pronuntiarunt und IX 4, 34 prout oris habüu simüi aut diuerso
pronuntiabuntur (sc. lüterae). — In der n. phil. rundschau 1887
70 MKiderlin: Eiim ersten nnd zweiten buclie des QumtiÜanuB.
n« 6 habe leb bereits darauf binge wiesen , dasz ut <p mebr als über-
flüssig ist. da A aspirare 0 soUnl, Bn adspirare ei solent gibt» wird
man am besten adspirare f solent scbreiben,
I 6| 6 danimdio genus modo ddegU^ et ne ah eodem cxemplo
recedam, 'funem' mascidinum esse ^funiculm^ ostendit* statt et dürfte
vi zu scbreiben sein, 'die Verkleinerungsform verrät nur das ge-
scblecht: so zeigt, um bei dem nemlicben beispiel zu bleiben, funi'
CiiluSp dasz funis männlich Ut.^ vgl, § 7 eadem in uerbis quoque
ratio comparationis f ui; § 10 prima qiwquc aliquandö positio ex
ohUquis inuenitnr, ut; § 12 quaedam sine diihio conantur erudUi
defendere^ ut\ % 22 ohliquis casibus duäi eiiam primas sibi po^Uiones
non inueniret sed mutare permittunt^ ut\ § 29 qtwtiens interpretatione
reSj de qua qitaeritur^ eget^ ut\ § 30 nonnumqtiam eiiam harhara ah
emendatis conaiur discemere^ ut, aucli die beiden ut des § 6 werden
angeftibrt werden dürfen; es folgen zwar hier conjunctive (sit und
ßM)^ aber diese scheinen mir durch die conjanctive quaeratur und
ueniai veranlaszt zu sein*
I 6, 30 {etymohgia) nonnumquam eiiam barhara ah eniendatis
conatur discernere^ ut cum ^Triquäram^ did SiclUam an 'Triquedram*^
^meridiem* an ^medidiem^ oporieat » quaerilur aliaque quae consudu^
dini seruiufit Meister schreibt nach Ab aliquandö consuetudini
seruit, die durch B N M beglaubigte vulgata aliaque quae consuetudini
seruiunt eTwßLbnt er nicht einmal in den noten. läszt sich aber von
der etymologie behaupten, dasz sie manchmal dem sprachgebrauche
dient, dh. sich demselben fügt, unterwirft (vgL § 18 und 7» 11)?
ich meine, die etymologie bat immer und überall den wahren Ur-
sprung der Wörter festzustellen ganz unbekllmmert um den herschen-
den Sprachgebrauch, und jeder, der sich mit etymologie abgibt, wird
dieses ziel immer im äuge haben, daher glaube ich, dasz man zu der
vulgata aliaque quae consuetudini seruiunt wird zurückkehren müssen.
die Worte «en/w orthographia quoque consuetudini seruii (7, 11) lassen
sich nicht für die von Meister aufgenommene lesart anführen, denn
wenn Quint. dort quoque schrieb, so dachte er gewis nicht an die
etymologie, sondem an die ortho0pie, die reda loeutio, vgL
6» 18 idem ^cetttum müia numnmm* et 'fidem deum' ostendant duplicis
quoque soloecismos essCt quando ei casum mutant et numerum : nesde-
hixmus etiftfn ac non consuetudini et decori seruiehamus, sicut
in pkirimiSi quae M. TuUim in Oratore diuine ut omnia cxequUur>
I 6, 31 conHnei auiem in $e mMam erudUionem, siue ex graecis
orta trademuSy quae sunt phmma, praecipueque Aeolica ratione, cui
td swmo noster simiüimus^ dedinata^ siue usw, HKeil schlug vor
praecipueque ah Aeolica oraiione. Meister nahm ab in den text
auf, blieb jedoch bei ratione. kann aber ratio 'mundart, dialekt' be-
deuten? ich halte ein abgehen von der hsl. Überlieferung nicht
für notwendig: denn es befriedigt mich vollkommen die erklämng
Spaldings: * Aeolica — dedinata i. e, deflexa et mtitata a common i
Oraecomm forma, ita mox itemm dedinaia § 32.' Ulia^ zh. ist
MKideriin: xam enten und rveiteii bocbe de* Qiriwtfli— ■>. 71
ein aas dem griechischen kommende worty wddieE nach i<fecbcr
weise abgeSndert worden ist (ygL I 4, 16}. zu Aßoiiiem rwüome de-
dinata vgl. IX 1, 12 eadem ratiome dedmarL nkbt cinTerfttniif
aber bin ich mit Spalding, wenn er, wie alle hgg. aosser Bnanril,
nach pUurwui ein komma setzte, wamm sollte die befaandliiBg toa
w5rtem, welche nach Soliaeher weise abgdbidert worden sind^ be-
sonders (praedpue) viele kenntnisse erfordern? kh glanbe, das
die Worte praec^meque AtoUca ratitme dedimata za rerbinden and
mit quae sunt phuima (deren es sehr viele gibt, besonders nadi
Solischer weise abgeänderte), wahrscheinlich hielten die hgg. diese
Verbindung für unmöglich, weil que an pro/edpme angehängt ist. aber
vgl. n 2, 8 tarnen uiua iOa, ut didhur^ uax aUt plemms praec^megme
praeeeptaris^ quem disdpuU et amamt d uerentur. lY 5, Id pramitta-
mu8 no8 piene d statim de eo satis esse fadwros^ pnedpuequtj d de
pudere agdur. V 10, 49 intuendae sunt praec^meque in amiedmris
d facuUaies. V 11, 22 praxknas exempto uires habd simuUtudo, prae-
dpueque üla quae usw. Vlll 5, 2 W mtente concepta sensus uaearemui^
lumina autem praecipueque m dausulis posäa sententias. XQ 10, 48
ceterum hoCy quod uulgo senientias uoeatnus^ quod ueterüms pTtBe-
cipueque Graeds tu usu non fuä,
I 6, 33 ^senatui* nomen dederU adas {nam idem patres 9umt\ d
^rex rector* d alia plurkna indubitata: nee abnmerim Hegulae regw-
laeque^ d simäium his rationem: iam sU d 'etassis^ a ealando d
*2epttö leuipes* d 'uulpes uei^xs*. HlCejer nahm anstosz an et rex
redor und schlug hierfür sit rex rectar vor. ich halte sein bedenken
ffir berechtigt, zu den werten d rex rector d aUapUuritna indubitata
müste man sit oder 5tfi^ hinzudenken, es l&szt sieh aber kaum an-
nehmen, dasz Quint«, wenn er die sStze nomen . . aetas und rex . •
indubitata in dieser weise verbunden h&tte, dem einen ein verbum
gelben, dem andern aber das seine vorenthalten h&tte. mir er-
regen aber auch die werte nam idem patres sunt ein bedenken. Baur
und Lindner fibersetzten sunt durch 'heiszen'. hat sunt wirklich
diese bedeutung? beide bedenken werden beseitigt, wenn wir
schreiben: senatui nomen dederit aetas ^ nam idem patres sunt
K^Mminati: sity d rex rector usw. (mag dem senat das alter seinen
namen gegeben haben, sie sind ja auch 'vSter* benannt worden;
mag auch rex redor sein usw.). die Shnlichkeit der sdiriftzfige von
sunt und sit mag den ausfall der werte veranlaszt haben. *
I 7, 27 mud nunc mdius^ quod 'cur tribus quas posui litteris
enotamus, in quo pueris ncbis ad pinguem sane sonum qu d oi ute-
hantur, tantum ut ab %0o 'gut' distingueretur, so Halm und Meister,
da A gibt: Q. ET. U. ET. O. ET. I, schrieb Bonnell: in quo pueris
1 I 7, 23 hätte Meister, wenn er IX 4, 39 nach Gertz tUa Censori
Caioids *dicae' ^faciaeque\ m UUera in e moitiia schrieb, ebenfalls Gerts
folgen und 'dicae* et ^fadae* schreiben sollen, als ich mich in der n. phil.
nmdscbau 1887 n. 6 for Halms ^dict^ ei ^fadt* aussprach, kannte ich
den Vorschlag von Gertz noch nicht.
72 MKideriinj zum ersten und zweiten buche de« QüintilianuB.
fwbts ad pinguem sane sonum q et u et- o et i utebaniur^ Zumpt: in
quo pueris nohis , ad pinguem sane sonum , q et u^ o et i utehaniur.
die frühera hgg. ßchriebeni in quo pueris nohis^ ad pinguem sane
sonum y qu et öi utebanlur. ich glaube da&z qu mit pinguem sonum
verbunden werden muaz, qu erschien Quint. im vergleich mit e als
ein fetter laut, weil es die laute zweier buchstöben in sich vereinigt,
vras soll aber dann das vor oi sieh ende et bedeuten? es wird nicht
wohl anders übersetzt werden können als durch ^aucb'. man müste
dann erklfiren entweder: bei welchem man außzer ui auch oi ge-
brauchte, oder: bei welchem man auch oi gebrauchte, wie diejenigen,
welche seruom und ceiMom schrieben^ o statt u gebrauchten, da ich
beide erklärungen für unmöglich halte, schlage ich vor: in qtto pueris
nohiSy ad pinguem sane sofium qu^ o et t utehantur und übersetze:
'bei welchem man in unserer knabenzeit, freilich neben dem fetten
laute qu (nicht neben c), o und i gebrauchte*' zn o et i vgl, § 18
ae mßüham^ cuius secundam nunc e litteram ponimus , uarie per a
et i efferehant und § i^6 nosiri praeceptores 'seruum ceruumque*
u et 0 litt er i$ scripserunt,
I 8, 6 utiles tragoediae: alunt et Itfridy si tarnen in his non
auctores modo, sed eliam partes operis degeris: nam et Graeci licenter
multa et Horatium noUm in quihusdam interpretarL bedenken er-
regt operis. die erklörer bemerken nichts hierüber. Baur Qber-
seiftte : 'jedoch musz hier nicht nur unter den dichtem, sondern
auch iu ihren werken eine aus wähl ätattioden*; Lindner: 'nur musz
man nicht blosz unter dei;^ ßchrift&tellernf sondern auch unter den
werken derßelhen eine wähl treflfen/ zu einer solchen (ibersetzang
wäre man mt?iner ansieht nach nur dann berechtigt, wenn es operun^
hiesze. Quint. hat opus manchmal auch in der bedeutung *dichtungß-
gattung' gebraucht aber auch diese bedeutung wird sich hier nicht
annehmen lassen* denn Quint. wollte nicht sagen: ^nur musz man
bei den lyrikern nicht nur die dichter, sondern auch die teile der
dichtungsgattung auBwftblen*, sondern ^ darüber lassen die worte
et Horatium nolim in quihusdam interpretari nicht im zwei fei — er
wollte sagen: 'nur mugz man bei den lyrikern nicht nur die dichter
auswählen, sondern man musz auch von den ausgewäblten wieder
diejenigen teile auswithlen, welche für knaben geeignet sind.* ich
glaube daher, dasz statt operis zu scbreiben ist pueris* wir ge-
winnen 80 den gedanken: ^freilich musz man bei diesen nicht nur
die Schriftsteller^ sondern auch die teile für die knaben auswählen.*
vgl. ebd. elegea uero^ utigue quae amaty et hendecasyllabi . . ama-
ueantur, si fieri potest, si mimts^ eerte ad firmius aetatis robur
reseruentur und § 7 comoediae . . quem usum in pueris pute
paulo post suo loco dicam,
II 1, 4 et grammatice^ quam in latinnm transfertntes litieratura
uocauerunt , fines suos norit , praesertim (antum ab kuc appeUatiofi _
Buae paupertate^ intra quam primi ilU consiitcrey proueda: nam
teimis a fönte adsumptis historicorum criticorumque uirihts pleno
MEiderlin : zum ersten und zweiten buche des Quintilianos. 73
iam satis (üueo fluit , cum praäer rationetn rede hquendi non parum
cUioqui copiosam prope omnium maximarum artium scientiam amplexa
sü. 80 Halm. Bn' gibt blosz histaricorumque^ Bn* und Bg poetarum
JHstoricorufnque ^ A histaricarum criticorumque y b criiicarum histari-
corumquCy T* und S oratorum histoficarumque. davon ausgebend,
dasz unsere ftlteste quelle Bn* adstimpiis histoficorumque uiribtis gibt,
habe ich in diesen jabrb. 1886 s. 200 f. vorgeschlagen: adsumpHs
tot riuorum (^ßuuiorumyque uiribus^ indem ich daraufhinwies,
dasz fluuiorum nach riuortun leicht ausfallen und dasz dann aus tot
ritwrumque nach der silbe tis historicorumque werden konnte. Becher
(Bursian-Mttllers jahresber. 1887) erklftrt diese conjectur für ebenso
gewagt wie überflüssig und ist der meinung, dasz aus der lesart
poetarum historicorumque (Bn* und Bg) nicht nur die corruptel der
übrigen zu erklftren sei , sondern dasz dieselbe auch allen anforde-
rungen des sinnes genüge, ich kann dieser meinung nach sorgfälti-
ger erwägung in beiden punkten nicht beitreten, was den erstem
punkt betrifft, so scheint Becher anzunehmen, dasz der Schreiber des
Bn poäarum aus versehen weggelassen habe und dasz dann von der
zweiten band dieses wort aus der nemlichen hs., welche dem Schrei-
ber selbst vorgelegen hatte, nachgetragen worden sei. er hätte zur
Unterstützung seiner annähme anführen können, dasz auch N poeta-
rum historicorumque bietet, wie verträgt sich aber mit dieser an-
nähme, dasz A historicorum criticorumque gibt? spricht dieser um-
stand nicht sehr entschieden dafür, dasz schon in der stamm-hs., auf
welche Bn und A zurückgehen, blosz histoncorumque ^st&nd? die
Überlieferung von que wies sehr deutlich auf den ausfall eines wortes
hin, und so wurde denn mit rücksicht auf I 4, 3 von den einen poeta-
rum, Yon den andern criticorum eingesetzt, dasz die lesart poetarum
historicorumque allen anf orderungen des sinnes genüge, sucht Becher
nachzuweisen durch hin weis auf I 4, 4 nee poetas legisse satis est:
excutiendum omne scriptorum genus non propter historias modo , sed
uerba^ quae frequenter ius ah auäorihus sumunt. tum neque cUra
musicen usw. unter historias sind dort zu verstehen einzelheiten aus
der geschichte, besonders aus der myth engeschichte, wie sie bei den
alten dichtem häufig vorkommen und von den grammatikem ge-
sammelt wurden, über solche historiae konnte man sich nicht nur
bei den historikem aufklärung holen, sondern auch bei Schrift-
stellern von andern gattungen. deshalb hat auch Quint. die histo-
riker nicht besonders erwähnt, sondern er sagte excutiendum omne
scriptorum genus, in unserm satze aber sollte er neben den dichtem
gerade die historiker angeführt haben? es läszt sich, glaube ich,
mit bestimmtheit nachweisen, dasz er dies nicht gethan haben
kann, bei poetarum uirihus müste man an die lectio et enarratio
poetarum denken, worin ja eine hauptaufgabe der grammatiker
bestand: vgl. I 4, 2 haec igüur professio, cum hreuissime in duas
partis diuidatur^ rede loquendi scientiam d poetarum enarrationem,
plus hdbd in recessu quam fronte promiäit, man müste dann bei
74 MKiderlin : 2um ersten und zweiten buche dea Quiniälianiifl»
historicorum uirihus docb wohl an die Uäio et enarratio histori-
ccrum denken, nun geborte aber diese nach Quintilians ansiebt
nicht unter die aufgaben der grammatiker, sondern unter die der
rbetoren: vgl. II 5^ 1 fwn omUtendum uidetur id quoque^ ut moneam,
quatUum sit conlaturus ad profectum discentium rfietOTy si^ quemad^
modum a grammaticis exigilur podarum enarratio^ ita ipse quoque
historiae atque etmm magis oraimmm leäione susceptos a se disdptdos
instruxerit. es läszt sich nun docb nicht aunebmen, dasz Qoint eine
aufgäbe^ welche er dort aosdrückJich den rbetoren zuweist, hier, wo
er die grenzen zwischen den beiderseitigen aufgaben zieht, den
gram mati kern Überlasfien bat. übrigens verträgt sich die lesart
podanim hiäoricorumque auch nicht recht mit dem inbalt des
caüsalen nebensatzes. wir hätten folgende gedankenverbindung :
denn schwach an der quelle iieszt sie, nachdem sie die kräfte der
dichter und historiker in sich aufgenommen hat, in einem schon
hinlänglich vollen bette, da sie augzer der lehre von der richtigen
Sprechweise die kenntnia faät aller bedeutenden künste und Wissen-
schaften sich angeeignet bat, der causale nebensata würde den grund
angeben, warum die grammatik nach aneignung der kräfte
der dichter und bistoriker in einem schon hinlänglich vollen
bette flieszt. passen in diesen satz die worte praeter ratiönem recte
loquendi non pamm alwqui copiosam? die worte cumprope omnium
maximarum artium scientiam amplexa sU würden sich ganz passend
an den haüptsatz anschlieazen : denn die beranziehung der bedeutond-
sten künste und Wissenschaften wurde notwendig wegen der erklä-
mng der dichter (vgl, I 4, 4). aber die ratio recte loquendi hat sieb
die grammatik doch nicht erst angeeignet , nachdem sie die kräfte
der dichter und bistoriker an sich gezogen hatte, der eDtwicklungs-
gang derselben war vieiraehr auch nach Quintilians ansieht folgen-
der: an die grammatik im engsten sinne (den buch stoben Unterricht)
schlosz sich zunächst die ratw rede loquendi an, dann kam die enar-
ftdio podarum hinzu und in deren gefolge die sckntia prope omnium
moMmarum artium.
Ein bedenken bleibt allerdings bei meinem Vorschlag, worauf
übrigens Becher nicht aufmerksam gemacht bat. wenn wir toi ritto-
fum fluuiorumque schreiben, so erklärt der nebensatz, inwiefern die
grammatik so viele Zuflüsse erhalten hat. läszt sich nun annehmen,
dasz Quint. in diesem satzo einen ihrer bedeutendsten Zuflüsse , die
enarraiio poeiarum, nicht erwähnt hatV ich halte diese annähme für
unmöglich und glaube daher, dasz \ or prape die worte poetarum
enarrationetn et ausgefallen sind, setzen wir diese wortö ein, so
erhalten wir folgenden gedanken : ^denn schwach an der quelle strömt
sie nach aufnähme der kräfte so vieler bäche und itlsse in einem
schon hinlänglich voDen bette dahin, da sie auszer der lehre von der
richtigen Sprechweise, welche ohnehin schon umfangreich genug ist,
auch die erklärung der dichter und die kenntnis fast aller bedeuten-
den künste und Wissenschaften sich angeeignet hat/
MEiderlin: zum ersten und zweiten buche des Quintilianus. 75
n 2, 11 ufdtum igüur praeceptoris intueri tarn qui audiunt
dehent quam ipse qui dicU: üa enim pröbanda atque inprohanda
discernet, si stüo facultas continget, audüione iudidum. so Halm
und Meister, in den frühem ausgaben steht discement: sie. ich
möchte fast glauben, dasz discernet durch ein versehen in die
Halmsche ausgäbe gekommen ist. denn da alle hgg. von Burman
an (die altem ausgaben konnte ich nicht einsehen) discernent schrei-
ben^ so hätte Halm doch im apparate irgend eine angäbe machen
müssen, wenn er von dieser lesart hätte abgehen wollen, er hat aber
hierüber gar nichts bemerkt, discernet passt auch nicht in den Zu-
sammenhang, da in dem vorhergehenden satze von den zuhörenden
und von dem vortragenden die rede ist und ebenso in dem folgen-
den (denn bei stUo ist an den vortragenden^ bei auditione an die zu-
hörenden zu denken), so musz auch in dem dazwischen stehenden
satze von beiden teilen die rede sein, zu si bemerkte Halm: 'sie
edd. uett.', woraus geschlossen werden darf, dasz alle seine hss. 5t
geben, passt aber 5t in den Zusammenhang? wir hätten folgenden
gedanken: denn nur dann werden sie das lobenswerte und das
tadelnswerte unterscheiden, wenn durch das schreiben die rede-
fähigkeit, durch das zuhören urteil gewonnen wird, dieser gedanke
schlieszt sich weder an die vorausgehende forderung, dasz man auf
die miene des lehrers blicken solle , passend an , noch ist er an und
für sich betrachtet richtig, denn die Unterscheidung des lobens-
werten und tadelnswerten ist nicht abhängig von der erreichung
der facultas dicendi, es besteht vielmehr das umgekehrte Verhältnis:
nur derjenige wird es zur facultas dicendi bringen, welcher sich vor-
her die fähigkeit das lobenswerte und das tadelnswerte zu unter-
scheiden angeeignet hat. wenn wir discernent y sie schreiben, so er-
halten wir folgende gedanken Verbindung : auf die miene des lehrers
also sollen sowohl die zuhörenden als auch der vortragende selbst
blicken: denn so werden sie das lobenswerte und das tadelnswerte
unterscheiden , so wird durch die ausarbeitung redefähigkeit, durch
das zuhören urteil gewonnen werden, auffallend i^t stilo. man würde
eher diäione erwarten , welches wort dem vorhergehenden dicit gut
entsprechen und einen passenden gegensatz zu auditione bilden
würde. Quint. hat auch diäio in der bedeutung 'übungs Vortrag' ge-
braucht; vgl. § 6 in laudandis discipulorum dictionitms nee malignus
nee effusus. unerklärlich ist jedoch stilo nicht, denn wenn der vor-
tragende auf die miene des lehrers blickt, so übt dies eine günstige
Wirkung auf seine häuslichen ausarbeitungen aus, und wer bei diesen
das richtige verfahren beobachtet, wird auch das ziel, die facultas
dicendi y erreichen, klarer hätte sich Quint. freilich ausgedrückt,
wenn er geschrieben hätte: ita enim prohanda atque inprohanda
discernent ^ety dictione facultas continget ^ auditione iudidum,
II 4, 30 f. cum €0 quidemj quod uix uUus est tam communis
locus , qui possit cohaerere cum causa nisi dtiquo propriae quaestionis
uinculo copulatus (appareat alioqui non tam insertum quam adplici-
76 MKiderlin: tum eraten und zweiten buche des Quintilionus.
tum\ uel quod dissimilis est ceteriSy uel quod pkfnmque adsumi etiam
parum apte scld^ non guia desideratur^ sed quia paraius est. Halm
gibt an: ^appareai alioqui Spalding (ad X 3^ 16): nppareatque cum
libri» eed in A litterae que eum m. 2 m ras.' zu X 3, 16 bemerkte
Spalding r *ex ea autem quae bic est forma immuiescamus alioqui
facile apparet iosta emendatio loci II 4^ 30. legemus ibi appareat
alioquV er meinte offenbar, dass appareatque au verändern sei in
appareat alwquL* warum Halm das in allen hss. stebende eum be*
seitigt bat , hi nicbt einzusehen, es ist gewis zu billigen ^ dasz es
Meister wieder in den text gesetzt hat. mir scheint aber die stelle
noch einer andern Verbesserung zu bedürfen, was soll das zwischen
est und communis stellende tarn? wenn manlieat: ^dazu kommt dasz
es kaum irgend eine so allgemeine erärterung gibt, welche mit
einem falle {causa) zusammenhängen kann^ so musz man glauben:
je allgemeiner eine erörterung ist^ desto besser kann sie mit einem'
falle zusammenbEugen.' Quint» war aber anderer meinung, wie die
werte nisi aliquo propriae quaestionis uincuh copulatus deutlich
zeigen; er war der ansiebt, dasz eine allgemeine erörterung, wenn
Bie mit dem falle zusammenhängen soll, nicht ganz allgemein sein
darf, sondern dasz sie irgend eine besondere frage enthalten musz,
durch welche sie mit dem falle verbunden wird, ich glaube daher,
dasz tarn zu streichen ist. zu der ganzen stelle kann man vergleichen
XIl 9, 17 inuiU enim recedimt a praeparatis et tota actione resptcmni
reguiruntquey num aliquid ex Ulis interueUi atque ex tempore dicenäis]
inseri possit : quod $i fiat^ tkm cofmeret nee commissuris modo, ut
opere male iuncto^ hiantibus, sed ipsa caloris inaequaliiate ddegäur*
II 4, 33 legum laus ac uituperaiio iam maiores ac prope summi
operihus suffecturas uires desiderant: quae quidetn suasoriis an contro-
uersiis magis ae&ymmodaia sit exercitaiio, consuetudine et iure cimtatium
differt. apud Graeeos enim lator earum ad iudieefn uocxihatur : Bc-
manis pro coniiane suadere ac dissuadere moris fuit, in den blättern t*
d. bayr. gw. 1886 s, 209 schlug ich vor accommodata in accommadanda
zu verändern, um den sinn zu gewinnen: ^ob diese Übung mehr nach
dem muster der masoriae oder der controuersiae einzurichten ist,
hängt von der gewohnheit und dem rechte der Staaten ab*' gegen
diesen Vorschlag bemerkte Becher (Bursian-Müllera jahresb. 1887):
Varum soll ich die überlieferten worte nicht übersetzen : ob diese
Übung sich mehr eignet für die (form der) suasoriae oder die contro-
uersiae^ so dasz derselbe sinn herauskommt, den Eiderlin durch
Seine conjectnr accommodanda sit erreichen will?' ob er berechtigt
ist die einscbaltung (form der) zu machen, erächeint mir zweifelhaft,
wenn ich aber auch davon absehen wollte, zu dem von mir ge-
wünschten sinne kommt er nur dann, wenn er übersetzt: ob sich I
für diese Übung mehr die form der suasoriae oder die der contra-
* einige uuieTStüizung findet diese conjeclur durch N» welcher
appareat atque eum gilt, dat zweite at kann freilich auch durch ditto-
grapbie entstaadeo seio«
MEiderlin: zam ersten und zweiten buche des QuinülianoB. 77
tiersiae eignet zu dieser Übersetzung dürften aber die überlieferten
Worte doch kaum ein recht geben.
II 5, 4 ff. et hercide pradeäio , quae in hoc adhibetur, ut facüe
atque distinde pueri scripta oculis sequantur^ etiam iZZa, quae uim
cuiusque uerhiy si quod mimis usttatutn incidat^ docety mvMum infra
rhetoris officium existimanda est, at demonstrare uirttUes ud^ ai
quando üa incidat, uitia, id professionis eius atque pronUssi, quo sc
magistrum doquentiae poUicäur, maxime proprium est^ eo quidem
ualidiuSy quod non utique hunc läborem docentium postulOy ut ad gre-
mium reuocatis cuius quisque eorum uelU lihri ledione deseruiani,
nam mihi cum faciUuSy tum etiam muUo uidetur magis utile ^ facto
sHentio unum cdiquemy quod ipsum imperariper uices Optimum esty
constituere Uvtaem , ut protinus pronuntiationi quoque adsuescant.
Quint. macht es in diesem cap. dem rhetor zur pflicht, seine schüler
durch das lesen von rednem und historikem für den rednerberuf vor-
zubereiten, und legt dar, welches verfahren er bei dieser lectüre be-
obachtet wissen will. Schwierigkeiten machen die worte cuius quisque
eorum uelit libri Uctione. so steht in Bn und Bg. N gibt cuiusque
eorum uelit libri Uctione ^ A cuiusque eorum liberis ledione, manig-
fache Verbesserungsversuche sind gemacht worden. Regius schlug
vor: reuocatis quibusque eorum^ udut liberis, ledione^ Zumpt: reuocati
cuiusque eorum ledioni, GHermann : reuocatis cuiusque liberis ledione^
Meister: reuocatis cuius cuique eorum libuerit libri ledione y Faber:
reuocatis cuiusque eorum libri ledione udut. es würde zu viel räum
in anspruch nehmen, wenn ich alle diese lesarten und vorschlage be-
sprechen wollte, ich beschränke mich deshalb darauf, die lesart des
Bn einer prüfung zu unterziehen, weil dieselbe in allen neuem aus-
gaben aufnähme gefunden hat. was unter ad gremium reuocatis zu
verstehen ist, ist klar. Spalding bemerkte treffend : *gremium signi-
ficat tenerae aetatis institutionem. cf. I 1, 24. I 2^ 1. II 4, 15. eo
reuocari est puerili rursus institutioni tradi.' Quint. mutet dem
rhetor nicht das bei dem ersten leseunterricht übliche verfahren zu.
aus den w orten cuius quisque eorum udit libri ledione müste nun
geschlossen werden , dasz zu Quintilians zeit die lehrer den knaben,
welche das lesen lernen sollten, die wähl des zu lesenden bnches
überlieszen. läszt sich dies annehmen? es ist schon deshalb ganz
undenkbar, .weil knaben dieses alters noch nicht mehrere bücher
kennen, also auch keine wähl treffen können, selbstverständlich hat
auch in jener zeit der lehrer das lesebuch bestimmt, was er dann
zu thun hatte, zeigen die worte ^a€26C^to , quae in hoc adhibetur^ ut
facäe atque distinde pueri scripta ocuUs sequantur. damit die kna-
ben das geschriebene leicht und genau nachlesen und nachsprechen
lernten, muste er ihnen jedes wort des geschriebenen deutlich und
genau vorlesen (vgl. auch § 3 si legentibus singulis pradre semper
ipsi udint), ich glaube daher, dasz aus cuiusque^ eorum udit libri
' Bn gibt cuius quisque. wahrscheinlich wurde quis wegen uelit ein-
gefletst.
78
ThSungl: zu Valerius MaximuB [Till 10,2]»
Uctione (N) zu machen ist: cuiusque eorum uerbi prael
wenn statt ucrhi aus versehen ueli U geschrieben war, so kann u
U prae in uelU lihri corrigiert worden sein. ■* wenn Quint, dem rhet
das lesen von redeern und Mstorikern zur pfliclit macht, so meint
nicht, dasz dieser seinen echülern wie kleinen knaben jedes wort d<
selben vorlesen solle; er soll vielmehr die schulet selbst, am best
abwechselnd f lesen lassen und dann, wenn dies geschehen ist, a
die vor2Uge und mängel des gelesenen aufmerksam machen, da 1;
ut ad gremium . . deseruiant ohne zweifei die worte praekdio
scripta oculis sequ^niur vorschwebten, so läszt sieh eorum recht i
auf scripta beziehen; Quint kann übrigens bei eorum auch all
oratores et Mstorici gedacht haben (construttio ad sensum).
* liberü, was A statt ueHi iibri gibt, ist wohl auch als ein]
beaaerunggversticli anÄiiselien.
MtJNCHKN. MORIZ KlDEB
Zu VALEEIUS MAXIMUS.
VIII 10, 2 constat Äesopum üosciumqu^ ludicrae artis perUiSi
mos Hartensio catisas agente in corona freqttenter adstUisse , ui fa
petiiüs gestus in scaenam deferrent (referrent alle hss. und an
gaben; in scaena referrent vermutet, selbst zweifelnd, KKempf
seiner neubearbeitung v. j- 1888 s, 399, 3). die fünf stellen, i
welchen Valerius defcro in mehr oder minder ähnliclien verbindn
gen gebraucht, findet man bei Georges', hier soll blosz verwies
werden auf Cicero de or. III 227 Gracchi fisiulatorem domi reli
queiiSy sensttm huius consuetuäinis whiscum ad forum defereHs -
auf diese stelle vornehmlich deshalb, weil de or. III 225 — 227 v
Valeriuö, wie bereits Kempf bemerkt hat, in dem unmittelbar v(
hergehenden paragraphen des gleichen capitels benutzt ist — ; fem
auf de <?r, lU 74 cum in forum ingenii tantum quantum ipse 8eni\
non tantum quantum forsiian vobis videar^ detulissem, III 162 <
fugienda dissimüUudc: ^caeli ingentes fdrnice$\ quamvis '^phaerat
in scaenam^ ut didtur, aUulerit Ennius^ tarnen in sphaera fomü
mniUtudo n&n potest inesse. die von Georges^ unter scaena IIa
geführte Verbindung fahulam in scaenam deferre scheint» woran d
heraüsgeber dieser Jahrbücher mich erinnert, ungenau bezng
nehmen auf Suetonius vita Terenti e. 3 C. Memmius in oratione p
$e aii: 'P. ÄfricanuSy qui a Terentio personam mutuatus quue dm
luserat ipse nomine iUius in scaenam detuHt/
MtJNCHEN. Thomas STAiiajl
YLundström: Statiana. 79
9.
STATIANA.
Silv. II 4, 9 sq.
cedat Phaäthontia vulgi
fahiUa: non soU celebrant «ua funera cygni.
neminem, quantum scio, in bis versibus interpretandis esse ea diffi-
cultate offensam, qua ipse facere non possum quin offendar, magno-
pere miror. omnes enim, ni fallor, bos versus ita intellexerunt , ut
cogitaret poeta de nenia illa, quam olor mortem praesentiens canora
voce canere putabatur (cf. silv. V 3, 80. Ov. met. XIV 430. Aescb.
Ag. 1407 al.). difficile autem est intellectu, quid babeat baec res
cum Pba^tbontia fabula commune, nam in ea fabula id solum de
cygno narratur^ Cygnum filium Stbeneli Pba^tbontis cognati et amici
mortem deplorasse et in avem commutatum esse (Ov. met. II 367 sq.
Yerg. Aen. X 189 sq.). qua re si locum ita intellegimus , poetae
tribuenda est oblivio vel neglegentia vix credibilis in viro fabularum
peritissimo. ceternm non intellegitur, quando et quo modo psittacns
cygneam illam neniam cecinerit: boc enim solum poeta narrat, eum
beri in cena adfuisse et tunc, ut semper^ 'meditata verba reddidisse'.
quibus rebus commotus persuasum babeo de cantu , quo olor sua
ipsius funera celebret, nequaquam cogitandum esse, loci intellegendi
et emendandi viam versus sequentes ostendere videntur^ quibus poeta
praemissa caveae descriptione (v. 11 — 15) doctas aves eo convenire
iubet (v. 16) ad cognatum deplorandum funusque celebrandum
(v. 21 sq.). et agitur de bac re in tota buius silvae posteriore parte,
quae cum ita sint^ cuinam non appareat etiam verba celebrant funera
(v. 10) ad banc rem spectare et omne enuntiatum cedat . . cygni ad
banc alteram poematis partem transitum efficere? re vera poetae
sententia baec est: cum cygnus solus Pbaätbonta mortuum deplora-
verit, tua funera plures aves celebrabunt (sive celebrent). neque
amplius duabus litteris mutatis poetae verba illam dabunt sententiam :
cedat Fhaethontia vülgi
fabula: non soli celebrent tua funera cygni,
Statins postquam v. 8 sq. at nunc . . habes psittacum mortuum esse
dixit, ad funera eins multas aves doctas ('ein cygnus sei nicbt der
einzige vogel, der deinen tod feiert') accire vult. boc autem loco
facere non potest, quin caveae, quo conveniant, magnificentiam
laudibus tollat, quam ob rem non prius quam v. 16 pergit: huc
doctae stipentur aves. ceterum facile intellegitur, cur librarius verba
poetae mutaverit, ut spectarent ad fabulam Omnibus temporibus
acceptissimam.
Verba quae sequuntur at tibi bene videntur mutari, si mutatio
est, in a! tibi, quo facto dilucidior elegantiorque evadit sententiarum
conexio , quod iam AOtto (mus. Eben. XLII p. 533) aliis ex parte
rationibus, quas probare non possum , commotus faciendum censuit.
80
VLuBdßtröm: Statiana,
Silv. III 5, 93 sq.
quid laudem lüus UbertcUemqf^ Menandri^
quam Bomanus honos ei Graia Ucefitia miscent?
horum versuum priorem ßOM posse, ut in codicibias exhibetur, in-
tellegi ieter omEes , credo, coDstat, et censaerunt una voce, qui
biinc locum tractarunt, aliquid esse mutandum. neqiie dubmm
plerisque visuiu est, quin in voce Menandri mendum lateret: quid
enim esse Menandro cum boc toto loco et praecipue cum Romano
hotiore? raagiia igitur seges coniecturarum virorum doctorum in
lucem prolata est buius verH difficultatej ueque tarnen quisquam
nobis comprobövitj qiiid boc loco sibi velleni EofnanusJionos et Graia
Uccniia neque quo modo hi duo versus, quod ad argumeDtum attinet^
inter se conecti possent. qtiam ob rem equidem prorsus aliam viam
ingressus, cum poeta in proximis versibus de tbeatm Neapolitanis
Indisque solle mnibue mentionem fecerit, verba Uhertatemque Menandri
non modo corruptai sed ne suspicione quidem digna indico« an quis
potest iure offendi, quod Statius de scaenicis rebus agens übertatem
Menandri h, e. comoedias palHatas Neapoli nondum e scaena eipulaas
commerooraveritV nonne potius credibile videtur Statium bis verbis
inter alia patriae suae bona id quoque monitum voluisse, veraa
fabulas, non solum luimos pantomimosque, quibtis Eomae clamosi
iurba theatri (v. 16) delectabatur, etiam tum ibi agi (comoedias
palliatas etiam diu post Statu tmnpora actas esse docet Friedlaender
sitttngescb* II* p-4i4 sq. 620 sq.)? quod quigquis mibi concesserit^
ei etiam confitcndum erit. verba quam Eomanus hanos et Grata
Ucentia miscent aptissime dicta esse de Menandri fabuUs latine con-
vereis et praecipue de comoediis Terentii, quippe quem Cicero (apad
Suetonium in vita Ter.) landet EomanJB in medium efferre Menan-
drum sedatis matihus nee non Caesar (ibd*) nominet dimidiatum
Menandrum, neque nunc quicquam restat nisi ut e voce lüus baud
dubie corropta veram eruamus lectionem. nonne minima mutaiione
possumus &cribere Utes? ita nobis verba poetae banc ostendunt
speciem :
quid laudem Utes Uhertatemque Menandrij
quam Bomanus honos et Grata Ucentia miscemi?
liies Uhertatemque (b. e. litium libertalem sive liberas Utes) poeta
dicit iocosa illa turgia, quibuB comoediarum di?erbia scatent. quae
in comoediis ipsis eaepe lites vocantur: cf. Plauti Rud, 683 sat
Utiumst, 1060 quid est qua de re nunc inter vos lUigadis? Sticbi 79
seh litis fore (ubi mir&bili quodam casu factum est» ttt in codice Ana-
brosiano lUis in lÜus corrumperetnr). ceterum ad verba l%i4^ Uherta-
iemque . . quam . . miscent conferenda sunt nota itla Li vi ana praevia
miscere^ cert^mina miscere al.
ÜP8ALIAE. VlLHELM LuNDSTEdM*
ERSTE ABTEILUNG
FÜB CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON ALFRED FlECK£ISEN.
10.
VOBHOMEBISCHE KAMPPSCHILDEBUNGEN IN DEB ILIAS.
Betrachtet man die in der Ilias and Odyssee geschilderte weit
als einen in sich abgeschlossenen abschnitt der culturentwicklnng,
der nngeföhr beginnt mit dem entstehen der ältesten teile der Ilias
und dessen abschlusz nicht vor die entstehong der jfingsten teile der
Homerischen epen zu setzen ist, so gelangt man za der anscbaanng
von einem Homerischen Zeitalter, einer cnltorstnie mit angefl&hr
gleichartigen lebensformen. doch ist diese gleichartigkeit so zu
denken , dasz ältere und jfingere formen neben einander bestehen,
es ist dies der Standpunkt, auf den sich beispielsweise WHelbig in
seiner bekannten darstellung der Homerischen cultur stellt (das
Homerische epos aus den denkmälem erläutert, 2e aufl., Leipzig
1887); er registriert was sich an erscheinungen in den Homerischen
gedichten findet und sieht alles als nahezu gleichzeitig und neben
einander stehend an, wie es sich in diesen epen neben einander findet,
für den zweck einer abgeschlossenen darstellung ist dieser Stand-
punkt zweifellos praktisch, doch läszt sich auch ein anderer Stand-
punkt als möglich und vielleicht als nötig denken, falls sich nem*
lieh irgend erhebliche unterschiede der lebensformen zeigen sollten,
die sich mit der annähme einer gleichzeitigkeit nicht vereinigen
lassen, so würde es nötig sein diese unterschiede sorgfältig fest-
zustellen, um zu untersuchen, ob das gleichzeitige auftreten im epos
auch einer wirklichen gleichzeitigkeit der betreffenden erscheinungen
entspricht, oder ob ursprünglich weit aus einander liegende lebens-
formen durch mehr zufällige Ursachen in dem epos vereinigt worden
sind, solche Verschiedenheiten sind aber vorzüglich hinsichtlich der
bewafihung thatsächlich vorhanden und müssen besonders auf&Jlen,
wenn sie in einer zusammenhangenden Schilderung eine und dieselbe
person betreffen, ein beispiel dieser art finden wir in der Aristeia
des Diomedes (€). hier wird v. 98 ff. erzählt, wie ein pfeil des Pan-
Jahrbüeher für eUss. philol. 1S9S hft. S. 6
82 HKluge: vorhomerische kampfschild eräugen in der Iliaa.
daros den Diomedea in die rechte s^hnlter trifft und darch den panzer
schlägt; V. 100 versichert noch auadrücklich : TraX6cceT0 h' ai^an
OÜJpIlH. dagegen wird schon 111 ff.» wo Sthenelos den pfeil aus der
wunde zieht, der panzer gänzlich ignoriert* ganz auffällig aber ist
der widergpraeh 795 ff., wf> Diomedes dasteht, mit der band den
hreiten schüdriemen hochhaltend, weil der schweisz unter dem riemen
ihn auf der wunde quält; er kühlt die wunde und wischt das blut
ab, wir fragen uns vergeblich, wie sich dies mit der vorhergegangenen
Schilderung verträgt, die Diomedes mit einem brusthamisch bekleidet
darstellt, denn 1) hindert die platte des panzers die berührung der
wunde durch den riemen; 2) ist ein kühlen der wunde nicht auszu-
führen» so lange der panzer darüber befindlich istj 3) wie kann Dio-
medes das blut von der wunde wischen, wenn sie der panzer zu-
deckt? von einem ablegen des panzers aber ist so wenig die rede wie
nachfeer von einem wiederanlegen* auch beweist die angedeutete
Stellung (das hochheben des schildriemens), dasz Diomedes v5]lig
gerüstet, den Schild an der schulter hängend, neben seinem wagen
gteht, nur um ein wenig zu verschnanfen. dagegen erklärt sich die
Situation durch sich selbst, wenn Diomedes un gepanzert gedacht
wird, wie in dem vorliegenden falle ohne zweifei die Schilderung
den mangel des später allgemein bekannten panzers voraussetzt, so
ist noch in einer reihe von Iliasstellen anzunehmen, dasz dem dichter
der Schilderungen beiden ohne panzer vorgeschwebt haben, da ent-
weder auffallender weise ein panzer nicht erwähnt ist, oder da mit
der Situation eine panzerung geradezu unvereinbar ist. in ähnlicher
weise sind sehilderungen vorhanden , die den in der IHas allgemein
vorausgesetzten heim mit backen- und halssehutz nicht kennen, auch
die beinschienen, die sonst als so selbstverständlich gelten, dasz die
Achaier davon da^ bei wort cuKvrmibcc erkalten, scheinen an einigen
stellen unbekannt, im folgenden sollen die einschlägigen stellen
einer nähern besprechung unterzogen werden.
1, üngepanzerte krieger.
Die in betracbt kommenden Schilderungen sind zu einem teile
kürzer und fluchtiger, so dasz an sieb die unterlassene erwähnnng
des panzers nicht besonders merkwürdig erscheint und erst durch
das danebentreten von andern auffallendem hinweisen auf panzer-
losigkeit erhöhte bedeutnng gewinnt, solche stellen sind A 468
(Verwundung der seite), 480 (brüst), 525 (brüst), G 19 (brüst),
46 (echulter), 145 (brüst), H 14 f. (schulter), 6 303 u. 313 (brüst),
A 144 (brüst), 320 (brüst), 339 (hüfte), 421 (schulter), N 126
(brüst), 619 (schulter), £450 (schulter), 0 341 (schulter), 420
(brüst), 523 (brüst), 577 (brüst), 650 (brüst), TT 311 (brüst), 697
(bruBt), Y 402 (rücken), 486 (lunge), 488 (rücken).
Die in diesen Schilderungen als verwundet bezeichneten körper-
teile werden ihrer läge nach sämtlich von dem panzer, wie ihn die
HKluge: vorhomerische kampfBchfldenmgen in der Ilias. 83
Ilias kennt, bedeckt, so dasz sie bei vorhandener panzerung nar nach
dnrcbbohrung des panzers getroffen werden können, wenn nun in
allen den angeführten stellen der panzer trotzdem nicht erwähnt ist,
so könnte die erwShnung unterblieben sein, weil die Schilderung nur
kurz gehalten ist; aber es steht daneben eine ziemlich betrSchtliche
zahl Yon stellen, wo bei gleicher kürze der Schilderung dennoch aus-
drücklich der panzer hervorgehoben wird, ich sehe dabei von sol-
chen Schilderungen ab wie N 586 f. und P 605 — 607, weil in sol-
chen fällen der panzer eine rettende rolle spielt und seine erwähnung
durch die sache selbst geboten war. nicht der fall ist das aber
r 355. A 132 ff. e 98 f. 188. 282. 539. 615. H 252. A 234. 435.
M 189. N 371 f. 438 ff. 506 f. 519. 0 529. P 312—315. 519. 578.
Y 413—416. X 325. an allen diesen stellen wird erwähnt oder be-
schrieben , wie bei der Verwundung der panzer durchbohrt wird.
Weit auffälliger als in den zuerst aufgeführten stellen wird die
Unterlassung der erwähnung eines panzers, wenn gröszere ausftlhr-
lichkeit der Schilderung oder andere gründe eine erwähnung zu for-
dern scheinen.
So wird € 40 ff. Odios durch eine lanze im rücken getroffen,
so dasz die spitze durch und durch geht und an der brüst vom
wieder herausdringt, es ist kein panzer erwähnt; und doch hätte
der dichter bei einem solchen erfolge des wurfs gewis alle Ursache
gehabt, die an sich unerwartete Überwindung des doppelten hinder-
nisses von rücken- und brustpanzer neben der durchbohrung des
ganzen körpers besonders hervorzuheben, wenn er sich einen so un-
glaublich wuchtigen wurf vorgestellt hätte, hält er es doch für
nötig Y 413 — 416 besonders zu motivieren, dasz ein lanzen wurf des
Achilleus durch rückenpanzer und leib des Poljdoros hindurch-
geht: er läszt die lanze an der zusammen fügungsstelle des brust-
und rückenpanzers einfallen, wenn aber sogar bei Achilleus diese
erklärung nötig scheint, so ist es doch auffällig, die oben erwähnte,
bei vorhandener panzerung schier unglaubliche leistung als etwas
selbstverständliches betrachtet zu sehen, so selbstverständliches, dasz
sie noch mehrere male wiederkehrt: € 56. 6 258. A 447. es ist eben
nur anzunehmen, dasz der dichter sich die getroffenen ungepanzert
denkt, auch 0 541 wiederholt sich eine ähnliche Situation. Dolops
wird von Menelaos durch einen lanzenwurf getötet, indem die lanze
von hinten durch die sehulter geht und vom aus der brast wieder
herausdringt, es gilt hier dasselbe wie an obiger stelle: Dolops ist
nngepanzert gedacht, wenngleich wenige verse vorher bei seinem
gegner Meges der panzer ganz ausführlich erwähnt ist.
Weniger aufföUig ist die unterlassene hervorhebung des panzers
TT 289 , wo Patroklos den führer der Paioner in die rechte Schulter
trifft, doch erwartet man der gewohnheit des epos gemäsz auch hier
den panzer erwähnt zu finden, da die Verwundung und der fall des
Pyraichmes im übrigen weitläufig beschrieben wird. — TT 465 wird
eine Verwundung veiaipav Kaxd T^CT^pa geschildert, ohne dasz
6*
84 HKluge: vorhomeriecbe kaiDpfechildeTongen in der Iliaa.
Ton einer durcbbobrung des panzers geeprochen wirdi während doch
€ 615 f. bei einer gleichen verwundung( veiaipri iv T^tCTpi) der panzer
ausdrücklich hervorgehoben wird.
Der umgekehrte fall wie € 40 liegt U 309 f. vor» wo Schedios
durch die lanze Hektors tödlich getroffen wird; die lanae dringt beim
scbltlsüelbein ein und f^brt an der schultet wieder herans. da von
einem panzer nicht gesprochen wird ^ obwohl er , wenn vorhanden,
durchbohrt werden muste , so ist auch hier anzunehmen , daaz der
dichter den getroffenen sich ungepanzert vorgestellt hat. — TT 481 ff.
beschreibt das epos weitläufig Verwundung und tod des Sarpedon.
€r wird in die herzgegend getroffen, die ohne zweifei diirch einen
panier geschützt sein muste, dennoch wird nichts von einer durch-
bohrung des panzers gesagt, was bei einer so ausftibrlicben bescbrei-
bung sicher nicht unterlassen wäre , wenn der dichter dieser stelle
«ich Sarpedon mit einem panzer versehen gedacht hätte, — Y 401 ff,
wird der tod des Hippodamas geschildert, der durch Achilleus lanze
im rücken getroffen wird, doch h5ren wir nichts von einem panzer^
während nur wenige verse weiter, v* 412 f., bei beschreibung des
falles des Polydoros genau angegeben wird, an welcher stelle Achil-
leus den panzer des Polydoros (der ebenfalls im rücken verwandet
wird) durchbohrt. — Auch Y 486 ff, fUllt die Unterlassung der er-
wJLbnung des panzers auf, wo eine Verwundung geschildert wird, bei
der die lanze in die limge dringt, die getroffene stelle gehört zu den
zweifellos durch den brustpanzer geschützten; so ist auch hier auf
ein fehlen des panzers zu scblieazen.
Noch weniger als in den bisher erörterten fällen kann die unter-
lassene hervorhebung des panzers in folgenden zwei stellen einem
zu fall zugeschrieben werden. H 402 ff. wird erzählt, wie Hektor den
auf ihn losgehenden Aias mit der lanze gerade auf die brüst trifft,
aber znfHllig die stelle» wo schildriemen und wehrgehenk einander
decken : tlü o\ ^ucdcör|v Ttpeva XP<^ö heiszt es v. 406. dasz hier
die schützende Wirkung den beiden riemen allein zugeschrieben wird,
ohne dasz der selbstverständlichere und stärkere schlitz des panzers
auch nur mit einer silbe erwähnt wird, musz im höchsten grade auf-
fallen, die beschreibung gibt nur dann einen rechten sinn, wenn
man annimt, dasz Aias ungepanzert ist und nur dadurch einer töd-
lichen Verwundung entgeht, dasz zufällig gerade die kleine stelle
getroffen wird, die durch zwei (sich wohl kreuzende) riemen ge-
deckt wird. — Ein ähnlicher fall liegt TT 399 f. vor , wo Pronoos
von Patroklos in die brüst getroffen wird, die Verwundung wird
dadurch erklärt, dasz die brugt gerade vom Schilde entblöszt ist;
dem Schilde wird also der alleinige schütz der brüst zugeschrieben.
wäre Pronoos gepanzert gedacht^ so müste man doch erwarten, dasz
geschildert würde, wie auch der panzer versagt, nachdem das 6ine
Schutzmittel, der Schild, unwirksam geworden, eine zufällige Unter-
lassung der erwähnung wäre eher glaublich , wenn gar kein achntz-
mittel erwähnt wäre, als so wo die ^ine schutzwaffe hervorgehoben
HEluge: vorhomerische kampfBchilderungen in der Ilias. 85
wird, die andere nicht, während an andern stellen gerade dem
panzer eine heryorragend schützende kraft zugeschrieben wird, so
zb. 0 529 ff. V 819. P 605. an letzter stelle wird sogar erzählt,
dasz die lanze auf dem panzer abbricht, war in den letzten zwei
fällen eine zufäUige nichterwähnung des panzers sehr unwahrschein-
lich , so ist sie in den folgenden geradezu ausgeschlossen.
In einer ausführlichen kampfschilderung A 516 — 538 heiszt es
525 f. , dasz Peiroos den Diores mit der lanze in der nabelgegend
durchbohrt, y. 528 wird dieser Peiroos von Thoas angegriffen und
erhält einen lanzenwurf in die brüst, dasz die spitze in die lunge
dringt, bei keinem der beiden verwundeten wird das Vorhandensein
eines panzers erwähnt, ebenso wenig geschieht dies v. 531 , wo er-
zählt wird , dasz Thoas dem Peiroos das schwort mitten in den leib
stöszt (yacT^pa TUipe M^aiv). dasz aber die bezeichnete stelle sonst
als vom panzer gedeckt angesehen wird, beweisen schlagend die
Schilderungen € 615. N 371 f. 506 f. P 312 — 315. 319, wo bei
lanzenstöszen oder lanzenwürfen in diese körperstelle ausdrücklich
die durchbohrung oder Zertrümmerung des panzers beschrieben
wird, ebenso weist deutlich auf deckung dieser körpergegend durch
den panzer € 281 ff. dort heiszt es: die lanze des Pandaros drang
durch den schild des Diomedes und kam dem panzer nahe, welche
körperstelle aber bedroht war, zeigt die sanguinische hoffnung des
Pandaros : ß^ßXiiai Keveuüva biafiTiep^c. deckt aber der Homerische
panzer diese stelle (und abbildungen bestätigen es noch überdies),
so kann ein schwertstosz hier keine Verwundung, geschweige eine
tödliche wunde bewirken. Peiroos ist in dieser kampfschilderung
ungepanzert gedacht. — Ebenso zweifellos fehlt der panzer dem
Asteropaios <t> 179 ff. Achilleus tötet diesen, nachdem von beiden
kämpfern ohne erfolg die lanzen geworfen sind, durch einen schwert-
stosz in den leib , TCtCT^pa irap* öficpaXöv. der fall liegt hier genau
so wie an der vorhergehenden stelle (A 531): die getroffene körper-
stelle gilt als durch den panzer, wenn er vorhanden ist, geschützt;
wird sie durch einen schwertstosz verwundet, so musz der ver-
wundete ungepanzert sein. — Ähnlich liegt die sache € 146. Dio-
medes versetzt dem Hypeiron einen so furchtbaren Schwertstreich
zwischen Schlüsselbein und schulter^ dasz die Schulter vom nacken
und rücken abgetrennt wird, bei vorhandener panzerung kann dies
nur dann geschehen , wenn der panzer zerhauen wird, dies müste
aber der dichter erwähnen, da es durchaus nicht selbstverständlich
ist, und würde es auch erwähnen, um die kraft des Diomedes desto
mehr zu rühmen, wenn er sich einen solchen hieb vorgestellt hätte,
er hat aber nichts davon gesagt, weil er sich den Hypeiron eben
ungepanzert gedacht hat.
Ganz entsprechend der annähme, dasz die Ilias kampfscenen
enthält, die den panzer nicht kennen, finden sich auch beschreibungen
von rüstungen , bei denen der panzer nicht mit aufgezählt ist.
Bei beschreibung der niedermetzelung des wehrlosen Lykaon
86 BKluge: vorhomemclie kampfschilderungen in der llias.
durch Ächilleuß heisit es 0 50, Lykaoii ?ei onbe wehrt dem Achil-
leufi entgegtingebommen: xu|ivöv, diep KÖpuÖÖc T€ Kcn ctCTTiboc,
oiib' (xtv ETXOC- ^^ ^^^ seine sämtlichen schuU- und trutzw äffen
weggeworfen; doch wird unter den sehutzwaffen der panxer nicht
aufgeführt, da^z Lykaon aber den panzer etwa noch am leibe habe,
ist durch die bezeicIiuuDg yu^vöc auägeschlo&sen; einfach vergessen
konnte der dichter den panzer als wichtigsteä rüstungsstlick auch
nicht also bleibt nur die erkläruög äbrig, dasz für den dichter
dieser stelle der panzer noch nicht zu derrüstung gehörte; erdachte
sich den Lykaon schon vor dem wegwerfen von heim und schild
ungepanzert, — V 798—800 setzt ÄchiUeus eine lanze, einen heim
und einen schild als kam pfp reis aus und bezeichnet diese waffen
Y. 800 als rüstung des Sarpedon, den Patroklos erlegt hatte, ein
panzer, der doch sonst als besondera geschätztes hauptstück der
rüstung gilt, wird nicht mit genannt*
Besonders beachtenswert ist der umstand, dasz die Doloneia (K)
von dem panzer nichts weisz. man könnte einwenden, dasz bei dieser
nächtlichen Unternehmung die beiden nicht in voller kampfrüstung
erscheinen, so dasz die erwähnung des panzers deshalb unterlassen
sei , weil ein solcher nicht zur anwendtmg kommt, indessen könnte
man bei der ausgestellten feld wache doch wohl den punzer antreffen^
aber auch hier ist kein wort davon gesagt, auszerdem werden mehr-
fach die rüstungen der schlafenden beiden besehriebenp so K 75 — 79
die des Nestor, 151^154 die des Diomedes und seiner gefährten;
Nestor bat sogar (K 77) den gürtel neben sich liegen, mit dem er
sich zu wappnen pflegte, so oft er in den kämpf gieng; aber auch
bei dieser wiederholten gelegenheit gänzliches schweigen von dem
panzer. daez die Doloneia in der uns bekannten fassung ziemlich
jung ist, vermag diese thatsache nicht zu erklären, eher rätselhafter
zu machen.
Blicken wir auf die besprochenen stellen zurück, so stellt sich
heraus , dasz eine anzahl von kampfschildorungen die Homerischen
kttmpfer zweifellos ungepanzert voraussetzt; eine fernere anzahl
macht diese Voraussetzung wenigstens sehr wahrscheinlich, und
diese Wahrscheinlichkeit wird dadurch erhöht, dasz an den zuerst
erwähnten stellen sicher die beiden ohne panzer auftreten, beson-
deres gewicht gewinnt diese erkenntnis dadurch ^ dasz die ältesten
mykeniscben abbildungen, wie sie bei Schliemann, Milehhoefer, Heibig,
Schuehhardt zu finden sind (vgl, jahrb. 1802 s. 369 C), den panzer
nicht kennen, die käropfer erscheinen dort mit nacktem Oberkörper;
der Chiton ist in seinem obern teile bis zu den hüftcn hinab zusammen*
gerollt, während der untere teil an mehreren stellen bis zur mitte
des leibea gerafft ist, so dasz nur einige zipfelartige falten auf die
Oberschenkel htnabhängen.
In diesem costUm haben wir uns an den besprochenen stellen
die ungepanzerten krieger vorzustellen, dasz der oberkUrper nackt
ist, würden wir ohne die vorhandenen alten abbildungen nicht ohne
weiteres mos den sdiil(iistmg«xi eutnehmeii kdimffli, eine ersüheiniizig^
die seixr leiciit verstlndlicii ist, da kein gnmd Toriiegt die nadcfi-
heit beäonders herrorzniieben; dach ist wenigstens eine steile jor-
banden , die nur bei Tormu^^geäetzter nacktheit des aberkSrpera ein
ertrSgücbes Verständnis ermöglidit. es ist dies die im eingang dieser
abhandlang angezogene ichildemng € 1 1 1 äL^ wo Sthenelas denL Dia-
medes den pfeil des Pandaros xoä der ächuLter zieht, der hergang
ist folgender. Diomedes bittet nach »einer Verwundung meinen wagen-
lenker Stheneloa ihn von dem. p feile zu befreien. Stheneloa springt
Tom wagen and zieht das geschosz dorch die Schalter hindorch heraus.
darauf heiszt es: ai^a b* dviiKÖvnl£ ötd crpcTrroib xt^voc den
CTpeTTTOC x^^v erklarte man früher nach dem vorgange der Alexan-
driner als einen ringelpanzer; dann wäre ja die sitoadon ziemlich
klar, es hat sich aber herau:^gestelltT daaz der ringelpanzer dem.
Homerischen epos ganz fremd ist; dem panzer dea Diomedes wird
überdies v. 99 ein "nioXov zugeschrieben, wodurch er sicher als
plattenpanzer charakterisiert ist. &llt aber die erklärung Aristarchs,
so dasz an einen ringelpanzer hier nicht zu denken ist, dann wird
die Situation sogleich hSchst verworren, es wird kein wort von
einem ablegen des panzers gesagt; wie kann aber ätheneloa den
pfeil, der durch panzer und schulter ge&hren ist, so ohne weiteres
herausziehen, wenn der panzer an seinem platze bleibt? femer,
wenn crpCTrröc X'^'Vt ^^ ^^^ j^tzt allgemein anzunehmen ge-
neigt ist, so viel heiszt wie ^gezwirnter chiton% der dann unter dem
panzer befindlich zu denken L>t, wie kann man überhaupt das blut
durch den chiton springen sehen^ so lange der panzer darüber bleibt?
wie ist anderseits eine entfemung des durch den pfeil an die achulter
genagelten panzers so kurzer band ausführbar ? und wird der panzer
glücklich losgemacht , wie kann der chiton bei dem ausziehen des
pfeiles an seiner stelle belassen werden? musz ea nicht das erste
sein, die bekleidung der verwundeten stelle zu entfernen, um die
wundstelle sehen zu können und um nicht fetzen des durchbohrten
gewandatückes beim durchziehen dea pfeiles in die wunde zu ziehen?
das sind unlösbare Widersprüche, alles wird dagegen klar, wenn
wir uns Diomedes ungepanzert und nach alter sitte mit nacktem
Oberkörper vorstellen, dann ist der pfeil sofort zugänglich, so dasz
er nach belieben und nach möglichkeit beseitigt werden kann, die
immer noch bedenkliche leichtigkeit der Operation mag durch die be-
sondere kraft und abbärtung des beiden ihre erklärung finden, frei-
lich kann in diesem falle biä CTpCTTTOio x^'nliVGC nicht bedeuten
*durch den chiton heraus', sondern es musz eine andere erklSrung
dafür geben, denken wir uns den chiton um die hüften zusammen-
gerollt und fragen uns, was geschehen wird, wenn der in der schulter
steckende pfeil hindurchgestoszen und herausgezogen wird, so ent-
wickelt sich folgender Vorgang: dem aus der wunde gezogenen pfeile
folgt ein kräftiger blutstrahl , so dasz das blut in reichlicher menge
am körper herunter und über und durch den gerollten chiton hin-
88 UXlage: rorhomemche kampfBchiiderungen in der lUas.
durchläuft, dies ist in der Schilderung durch die worte dLVl^KÖVTiSe
blä CTpcitTOio xiTUUVOC ausgedrückt
Dasz das hindurch laufen des blutes durch die kleidung und das
hinablaufen an den Schenkeln ein dem dichter nicht fremdes motiv
ist, geht aus der Schilderung A 141 ff. hervor, dort ist genau und
weitläufig beschrieben , wie dem durch den pfeil des Pandaros ver-
wundeten Menelaos das bliit an den Schenkeln hin ablauft, will man
aber durchaus an der bedeutung 'durch den (die wunde bedecken-
den) chiton hindurch' festhalten i dann ist eben nur die annähme
möglich, dasz der dichter diese Schilderung unpassend aus einer an-
dern beschreibung entlehnte, weil er sich keine klare Vorstellung
von der Sachlage machte und weil er die worte biä CTpeirioTo
XiTUüVOC selbst nicht recht verstand und sich den Bio me des nach
späterer sitte nur mit bekleidetem Oberkörper vorstellen konnte.
Für die annähme einer unpassenden entlehn ung wäre von be-
deutung, dasz die oben genannte stelle A 141 ff. ebenfalls von einer
durch einen pfeil des Pandaros geschlagenen wunde handelt, dasz
diese wunde sich gerade an der stelle befindet, wo das blut wirklich
durch den gerollten chiton hindurch dringen konnte, dasz ferner
der pfeil so wenig eingedrungen ist, dasz er ohne weiteres heraus-
genommen werden kann, und dasz schlieszlich diese Iliasstelle, wie
wir weiter unten sehen werden, sich dadurch als älter denn ihre Um-
gebung kennzeichnet, dasz sie die beinschienen noch nicht kennt.
Wir fanden vorhin, dasz Dlomedes £ 111 f. mit nacktem Ober-
körper und zusammengerolltem chiton zu denken ist. sollte es ein
Zufall sein, dasz bei dieser gelegenheit der chiton als cipETTTÖC XiTOiv
bezeichnet ist? wenn wir überlegen, dasz CTpeirröc auch heiszen
kann 'zusammengedreht, zusammengerollt', so kommen wir zu der
auffassung, dasz in der bezeichnung CTpeirtdc XlTuuv auch ein sprach-
licher und positiver beweis dafür vorhanden ist, dasz manche stellen
der llias das altmykeniscbe kämpfercostüm kennen, während die
übrigen beweise, die sich auf das fehlen des panzers, der beinschienen
UBW* stützen, negativer natur sind, dazu kommt dasz die einzige lliaa-
stelle, wo auszer der eben besprochenen der ciptTTTÖc XITujv erwähnt
wird, nur durch ein zurückgehen auf das altmykeniscbe costüm über-
haupt verständlich wird. 4> 27 — 32 wird erzählt, wie Ächilleus
zwölf troiscbe Jünglinge als totenopfer für Patroklos lebendig ge-
fangen nimt. dort heiszt es v. 30 f. : bf|ce b* ÖTriccuj X^^P^c €i)T)ifi-
TOiciv l^dciv , Touc auToi cpopeeCKOv ^iil CTpewToki xiitJÖctv. so-
lange man den CTpeTTTOC x^'TiJ^V als ringelpanzer ansah, war alles
kl&r. man dachte an riemen , die zu beliebigem zwecke mitgenom-
men waren, etwa um selbst gefangene zu machen, und man knüpfte
auch wohl eine betrachtung darüber an, dasz diese Selbstüberhebung
sich in d6r weise rächte , dasz die ärmsten nun selbst mit diesen
riemen gebunden wurden, andere wollten schild- und schwertriemen
darin sehen, die ja natürlich über dem panzer getrugen wurden, alles
dies wird hinfällig, sobald crpCTiTOC x^'^^v einen wirklichen ^ also
HKlage : Yorfaomerische kampfschildeniDgen in der llms. 89
unter dem panzer befindlichen chiton bezeichnet, dann wird die
stelle geradezu unverständlich : denn was fOr riemen sollen das sein,
die unter dem panzer über dem chiton getragen werden? wie ge-
langt auch Achilleus so schnell in ihren besitz? mflst« er den ge-
fangenen zu diesem zwecke nicht mindestens den panzer abschnallen?
und wie kann er wissen, dasz er unter dem panzer diese riemen
finden wird ? denken wir uns aber die gefangenen in d^r tracht, die
uns die mjkenischen bilder, die inselsteine usw. zeigen, so wird sich
alles klären, es sei mir gestattet an dieser stelle noch einen neuen
beweis zu bringen, dasz der wulstartige gürtel, der auf den erwähnten
abbildungen zu sehen ist und den ich bei früherer gelegenheit (ao.
s. 373 f.) als den obem teil des chiton gedeutet habe, wirklich dieses
kleidungsstOck ist. dies geht nemlich ganz besonders deutlich aus
abbildungen zweier goldbecher von Vaphio hervor , die sich in einer
abh. Milchhoefers finden (^Heinrich Schliemann' in Westermanns
monatsb. 1891 nov. s. 180). hier ist in einigen fiülen der obere
teil des chiton nicht rund zusammengerollt, sondern mehr ÜEiltig zu-
sammengeschoben^ so dasz die wahre natur dieses wulstes klarer in
die äugen fällt.
Sind nun die gefangenen Troer in dieser weise geschürzt, so
sieht man sogleich, was für riemen das sein können, die sie auf
ihrem chiton tragen: es sind die riemen, mit denen die gerafften
und gerollten chitone festgeschnallt sind, um sie in dieser form
in der hüftgegend festzuhalten, ein solcher riemen ist auch wahr-
scheinlich das 2Iu»^a, welches Diomedes ¥ 683 dem Eurjalos reicht,
als er zum faustkampfe toilette macht, dem Achilleus waren diese
riemen natürlich sehr passend und handgerecht zur fesselung der
gefangenen feinde, um nicht erst lange nach andern fesseln suchen
zu müssen.
So gebt aus alle dem hervor, dasz neben den nach späterer sitte
gepanzerten kriegem in der Uias an verschiedenen stellen auch
kämpfer erscheinen, die nicht mit dem panzer bekleidet sind, son-
dern mit nacktem oberkOrper und gerolltem und gerafftem chiton
einhergehen, wie wir sie auf den mjkenischen bildem sehen, es
fragt sich blosz, wie diese erscheinung aufzufassen ist. auf keinen fall
darf man annehmen, dasz der dichter beide arten der kriegertracht
neben einander auftreten lassen will, abgesehen davon dasz er in
solchem falle den gegensatz klar hervorheben mttste, liegen auch die
Zeiten, denen diese trachten angehören, viel zu weit aus einander,
als dasz Vertreter beider culturperioden als Zeitgenossen gedacht
werden könnten, es läszt sich nur annehmen, dasz entlehnung aus
altern kampfschilderongen vorliegt, die jenen zeiten angehörten,
in denen die alte mykenische tracht existierte, der dichter mag
dann , wie in der Aristeia des Diomedes , zusätze hinzugethan und
Umformungen vorgenommen haben , die den sitten seiner zeit ent-
sprachen; hier und da aber blieben verstecktere reste der alten
Sitten doch stehen, die entlehnung kurzer Schilderungen, wie es
90 ilKlugei vorhomemche kampfschilderiingeü in der llias.
die kampfäcenen sind, war ja leicht und auszerdem sehr nahe
liegend Itir einen dichter, der durch mäßig falügkeit seine Schlacht-
ßchilderungcD beleben wollte.
2, Altmjkenische belme.
Im allgemeinen setzt dielliüä bei den kriegern helmtj der spätem
consirtictioEk voraus, die durch nacken- und wangenschirme auch den
untern teilen des kopfes und dem habe schuti^ gewähren, dicä be^
weisen auf derartige Vorrichtungen bezügliche beiwörter und andere
zweifellose anzeichen, wie auch Helbig ao* des nähern nachweist,
beiwörter wie auXtifinc, xot^'tOTrdprioc und ähnliche beweisen un-
leugbar, da&z derartige helme als aligemein bekannt gelten, daneben
finden öicb aber auch bchilderungen, wo helme dieser construction
nicht vorausgeöetÄt werden können.
Wir stellen an die spitze unserer Untersuchung die beschrei-
bnng von zwei helmen in K, die im lichte der altmjkeniächeu ab-
bildungen besonders lehrreich ist, Thrasymedeö gibt K 255 C dem
Diomedeäf der bich zu seiner nlicbtlichen Unternehmung rüstet, einen
lederbelm^ Kvvi^v . . Taupeiiiv, äqjaXöv t€ Kai (iAXoqpov, fi le
KaTaiTuE K€KXriTai, f^uetai be KOtpri OaXcpmv ai£r|uiv, wir haben es
hier nach der be&cbreibung mit einer flachen, aber starken rind-
ledernen kappe in thun, die weder helmbügel noch busch trögt,
Bolche flacbe und glatt anEegeBde kappen tragen die löwenjäger auf
der mykenischen dolchklinge; vgl. Scbuchhardt Schiiemann!* aus-
grabungen usw. b. 263 und MÜcbboefer anfange der kunät s, 145, —
Ein zweiter noch interessanterer heim wird K 261 fif, beschrieben,
Meriones gibt dem begleiter dea Biomedes, Odysseus, ebenfalls einen
lederhelnii der so geschildert wird: Kuveriv . . pivou HOiritriV iroXe-
civ b* fvTocO€v i^äciv dvieTUTo cTcpeüJC ^KTOcSe 5t XeuKoi oööv-
tec dpTiöbovToc üöc 6ap^€C ^xo^ ^vöa Kai ^vöa . . ptccij b* dvi
TTiXoc dpripeu Heibig ao. widmet diesem helme eine besondere he-
sprechong, gelangt aber schlie&zlich zu dem resultate» da^z man es
möglicherweise mit einem pbautaäiegebilde des nach Sonderbar-
keiten lüsternen dichtere der Doloneia zu thun habe, mir ist dies
nie recht wahrscheinlich vorgekommen: denn wenn der dichter seiner
Phantasie die zügel schieszen lassen wollt«, so konnte er doch eher
durch kostbarkeit oder bunst hervorragende eigenschaften des helmes
zu imponieren versuchen, die seltsame gescMchte^ die er von der
erwerbung des helmes erzählt » deutet vielmehr darauf bin i dasz es
ihm darum zu thun war, die von den helmen seiner zeit so auffiLllig
abweichende art des beschriebenen helmes aus dem alter diese
rüstungestückes zu erklären« er scheint also die beschreibung de
helmes in einer altern vorläge gefunden zu haben, der er sie dam
entlehnte, bei nähet er be trachtung erweist sich der beschriebene
heim auch gar nicht als etwas so unerhörtes, sondern läsztsich sehr
wohl unter den uns bekannten helmmodelien unterbringen, ver-
HEluge: YorhomeriBche kampfschilderungen in der Ilias. 91
suchen wir uns mit bilfe dermykenischen abbildungen und der Home-
rischen beschreibung eine Vorstellung von diesem helme zu machen,
er ist aus leder verfertigt und; wie der dichter sagt, innen mit vielen
riemen fest gespannt oder verflochten; das mittelstück bildet filz;
zum schmuck dienen schweinshauer, über deren platz nichts genaueres
gesagt ist ; nur dasz sie einander entsprechend angebracht sind, geht
aus dem £v6a Kai fv6a hervor, ohne anschauung einer alten hierzu
passenden helmform ist mit dieser beschreibung nicht viel anzufangen,
klarer wird uns aber das ganze, wenn wir helme daneben halten,
wie sie auf einem mykenischen Siegelringe (Schliemann Mykenae
n. 334, Schuchhardt ao. s. 252), auf dem sardonyx (Schliemann
ao. s. 233 n. 313, Heibig ao. s. 220)^ vor allem aber auf der porzellan-
Bcherbe (Schuchhardt ao. s. 237) dargestellt sind, diese bind den
spätem helmen sehr unähnlich ; sie bestehen aus mehreren schicht-
artig über einander liegenden ringen aus riemengeflecht, wie dies
besonders der heim auf der porzelianscherbe unzweifelhaft beweist,
der mittelste räum ist durch einen flachen kegel ausgefüllt, der bald
kahl, bald mit einem helmbusch geziert, bald, wie auf der porzelian-
scherbe, mit einem niedrigen hornartigen ansatze versehen ist. mit
diesem helme verglichen wird die angäbe des dichters der Doloneia :
iToX^civ b' fvTOcGev ijiäciv iviiiaio ciepeujc verständlich: er be-
zeichnet damit das riemengeflecht, aus dem der heim zum grasten
teile besteht, zu der bedeutung des verbums dvT^TaTO ist zu ver-
gleichen € 727, wo es von dem wagen der Here heiszt: biqppoc bk
Xpuc^oici Kai dpTupeoiciv ijiäciv . . dvieTaiai. vergleichung er-
haltener abbildungen von wagen zeigt, dasz dies heiszt: der Wagen-
kasten ist aus goldenen und silbernen riemen geflochten, auch was
wir von dem in der mitte befindlichen filz halten sollen , wissen wir
nun : der die mitte des helmes ausfüllende flache kegel besteht eben
aus filz, über platz und befestigung der schweinshauer kann man
schwanken, der gegensatz fvTOcOev und ^KTOcOev scheint darauf
hinzudeuten, dasz sie gleichmäszig rings um das ledergeflecht des
helmes angebracht waren, sie könnten aber auch einander entspre-
chend vorn und hinten auf dem helmkegel befestigt sein und viel-
leicht dem niedrigen hörne entsprechen, das auf dem oben beschrie-
benen mykenischen helme sichtbar ist (die rückseite des helmes ist
auf dem bilde nicht ganz erhalten und könnte wohl ein zweites hörn
getragen haben), doch ist der ort dieser Verzierung verhältnismäszig
unwichtig, die hauptsache ist, dasz in form und Stoff der in der
Doloneia beschriebene heim mit den alten mykenischen helmen genau
übereinstimmt und keineswegs ein pbantasiegebilde des jungem dich-
ters ist. hat der dichter der Doloneia nun gerade so altertümliche
helme beschrieben, so kann das allerdings aus dem streben nach
dem seltsamen hervorgegangen sein, erwägen wir aber^ dasz er auch
nirgends den panzer erwähnt, so ist der grund der bevorzugung des
altertümlichen in diesem gedieh te doch wohl eher darin zu suchen,
dasz der dichter einen sehr alten stoff als vorläge für seine dichtung
92 BKluge: TorhomeriBche kampfBcbilderungen in der IHaa.
hatte, ßo dasz auf diese weise die altertümlichen lebensformen in die
jüngere dicbtung gelangten.
Dasz die eben besprochenen helme weder nacken- noch wangen-
schirme haben^ ist klar, es ^n den sich nun in Übereinstimmung da-
mit in der lÜas noch andere stellen^ wo deutliche anzeicben darauf
hin weisen y dasz ähnliche helme auch in manchen kampfdcenen Toraus-
zusetzen sind, A 502 und £ 584 werden Verwundungen der schlafe
gefichildert; an der ersten stelle gebt sogar die lanzenspitze durch
beide schlafen; dennoch wird in beiden fällen kein heim erwähnt,
während N 576 bei einer gleichen gekgenheit ausdrücklich erzählt .
wird, dasz der heim durch den schlag vom köpfe gerissen wird» aucii|
wird Y 397, wo Achilleus den Demoleon mit der lanze in die schlafe»
trifft, ausführlich geschildert, wie die lanze den heim durchschlag
die stirn wird TT 639 f. durch einen lanzenwurf durchbohrt, ohne!
dasz eines belmes gedacht wird; daneben stehen stellen wie A 4G0«'
Z 9. A 95, wo bei der gleichen Verwundung die durchbohrung des
helmes ausdrücklich hervorgehoben wird, der nacken wird getroffen
e 73. 657. TT 587. Y 455. 481, ohne dasz der beim dabei durch-
bohrt oder überhaupt getroffen wird; Y481, wo ein hieb durch
den nacken beschrieben wird, ist sogar der heim erwähnt; seine
schützende Wirkung wird trotzdem in keiner weise hervorgehoben*
auffälliger noch sind Verwundungen^ welche die ohrgegend treffeni«'
ohne dasz der heim dabei eine rolle spielt : denn bei dem spätem
helme decken die wangenschirme diese gegend des kopfea völlig, v.u.
nennen sind die stellen A 109* N 177. 0 433. TT 606> Y 473, ähn-
lich liegt die sache, wenn (TT 405. P G16) der kinnbacken getroffen
ist , ohne dasz ein heim erwähnt wird.
Es ist aus dem Sachverhalt zu schlieszen, dasz an den stellen,
wo unerwarteter weise unerwähnt bleibt, dasz durch Zerstörung des
helm&chutzes die Verwundung möglich wird» der dichter sich helme
vorgestellt hat, wie den in der Doloneia beschriebenen und wie die
auf den mjkenischen bildern dargestellten, die nur dem schädeld
schütz gewähren, so dasz kämpfer, die den altmjkenischen heim"
tragen, an allen oben genannten köriierteilen, stirn, nacken, schlafen,
obren, kinnbacken getroffen werden können, ohne dasz der heim
irgendwie in frage kommt.
3« Kämpfer ohne beinscbienen.
Die alten mykenischen abbildungen kennen ebenso wenig wie'
den panzer die beinscbienen. ja sogar da, wo der panzer zuerst auf-
tritt, auf der gro^zen kriegervase;, sind die Unterschenkel der krieger
nicht mit beinscbienen, sondern nur mit einer art von gamaschen
bedeckt , so dasz also die beinscbienen noch jöngere rüstungsstücke
sind als der panzer. der dichter der IHas kennt aber, wo er mit be-
wußter absichtlichkeit schildert, keine rQstung ohne beinscbienen;
die Achaier erbalten von dem genannten rüstungsstücke sogar das
Hdnge: vialiCuiHaiiicJ^e ktscpbcidjöerniipeL iL qst :riM SS
Tidgebnnchte beivort tunr^usbEC IbenZ ▼£ qm kojk^e oer
TolIen liUUiiig be£<^iiel«a «ird. ixin öc cjlxmet i.';«^ äcc i«is-
sdiienen acsdrlLcklidi crwÜhTiimg xd§ &ZtfiZ£ et^i iifSTiir. ätes. citt
Homerische rfistimg ob^t be^inseiccsMB riün rcsAcii -Vord. vie
wir aber scbilderangcn fmdoL eüe ooi puizcr i^id qbl i^i&serL bttjt
nidit keimeii, so sind aaeii i»ciki>e suxtniSes. cit äeL iLUinl 4er
beinachieiieii ToncsfiAKK. wir TcsiLiswn öieafc TTTitfimg zu OBn,
teile der Iliaf, der den puuDcr lüciii koai« K: w^ Liter öbk pmacr.
ebenso scbweigt der diciaer fiber ök: bedm^ciieDEx. w: iiuzfeBr er
andi eine rüstsng besdirtibi. ebesstC' Tcnzä&äen wir die rteimtcciencB
in der rfistung de» Sirpe>doE Y T?^— ^X«. ui£X. ck- £•& x^sc^precciakg
des pmnzen niher eröneru: £«eLe 0 6C* isi Üf? wk* 5«- xl «rwlj>2ke&.
Ljkäon heiszt dort jx^rvöc UMthäem er belii. nikä htiLi wegseworfcn
bat, nm besser flieben £;3 k5ns€XL cSenlAJ kexzT öer d^citer dieser
stelle nur die genumten «IrctEKiruri: pscz^r xxd i^rizmcijeuz fie-
beren fDLr Um nocb nicbt zu der rfisTciig. tcjni wLrc- cu beaenägcK
der beinsebienen gerade hier erst ntcti r:: erwlijnez. g^eweMOi. ä& sie
einoD fificbtigen gaxu bescnders bfnoezücb teiz mzsutiL
Eampfäcbilderciigen . am denen w5r &cf dus ftitjen oder tot-
bandensein ron beinsckienen scbLeszen kCnüTien. gibi «^ nkiit in
grösiererzibl, wie denn fir-erb&cpt Terwnäimg«n des ün'^ei%€:benkei£
in der Dias sehr selten sind, tine t4>Ic:be Ttrwiindisi^ ko2&2::t tdt
A 517 ff., wo Peiroo£ dem Diores durch «inen sVinwcjf du reerle
scbienbein am kn&cbel ier5«bmetTert. a:^ drr Mriidi7^r:g der Ter-
wundong, wie der stein beide sehnen und den kiiL*ebel kt^cljM^
gehl berror, dasz eine sebfitxende beinschicse nicht Tor&.L.%zeäetzt
wird, dies fehlen der l*ein>chienen pa^t fibrigens h^irr »eLJ gel zu
dem altertfimlicben cbarakter der ganzen kunpf^cese. in der^ wie
oben nachgewiesen, mehrfache beweise dafür rcrhanden sind, dafz
ihrem dichter anch der panzer imbek&nnt ist. — Als gegenriCck zi:
dieser soene ist die schÜdening 4> 5Ki f. anzufahren . wo die lan^
des Agenor den Achiliens am schien t*ein trift, aber vcn der l*ein-
schiene abprallt. — Das fehlen der beinschienen wird auch A 141 ff.
vorausgesetzt, dort wird aasfuhrlich geschildert, wie schenke], Schien-
beine and knöchel des Menelaos sieb von dem blute rSten , welche«
ans der durch Pandaros pfeil geschlagenen wunde herabflieszt. s^ll
aber die r<(tang der Schienbeine und kn&chel sichtbar sein, so kennen
diese körperteile nicbt durch beinschienen verdeckt sein, freilich
wird Torher die rfistung des Paris und Menelaos nach an der spStem
zeit beschrieben, so dasz auch die beinschienen dazu gehören; der
Widerspruch erklärt sich dadurch, dasz die Schilderung t. 141 — 147
einer S]tem quelle entnommen ist, in der Menelaos nach altmjke-
nischer sitte ohne panzer und beinschienen auftrat.
Die besprochenen stellen bringen uns zu der Qberzeugung, dasz
die Uias uns nicht eine vGllig einheitliche cultur schildert, sondern
dasz formen der bewa&ung neben einander auftreten , die in Wirk-
lichkeit nicht gleichzeitig bestanden haben, wo der dichter bewnst
94
MBencker: inscbriftlicbeß.
und absichtlich beiden und deren b^waffnuug bescbreibt, schweben
ihm krie^er vor, die als schctzwaffen brus?tpanzer, helin mit Backen*
nnd wangenBchirmenj beinschienen und schild tragen; diese vor*
etellung durchzieht das ganze epos. aber neben diesen kriegern wan-
deln » dem dichter selbst unsichtbar, gespenstergleicb gestalten der
Torzeit, iingepanzert, mit nacktem oberkilrper und bloszen schenkein;
um die hüften schlingt sich, durch einen uujgeschnalUen riemen ge*
halten, der ehiton, zusammengerollt und in die höhe gerafft; das
baupt ist bedeckt mit einem flachten heim, der nur die birnscbale
schützt; als einziger wirksamer schütz des leibes dient der lange,
fast den ganzen körper deckende achild. so gehen sie einher, wie
viele Jahrzehnte bevor der dichter unserer IliaB lebte altmj keniscbe
kllnstler sie in bildwerken dargestellt.
Wie aber haben sie sich eingedrängt in die scharen der erz-
gepanzerten kämpfer? unbewust hat der dichter ihnen selbst den
Zugang geöffnet; unerkannt hat er sie mitten In seine Schilderungen
der eignen zeit hineingestellt ak zeugen fUr seine vorgingen sie
bezeugen uns nun dasselbe, was uns die vorhomerischen abbildungen
Homerischer kam pf Seen en lehrten : dasz die uns bekannte Ilias zurück-
geht auf ältere epen, die ihrerseits wieder in enger beziehung stan-
den zu den resten einer nralten cnlturj die erwachsen an den griechi-
schen und asiatischen küsten und auf den inseln des inselmeeres
den Untergang einer mächtigen stadt in Troaa erlebt und veranlaszt
hatte, so belehren sie uns über die art, wie die Ilias entstanden ist,
und zeigen, dasz dieses epos nicht auf pbantasiiegebilden des dichters
beruht, sondern in engem zusammenhange mit bescbreibungen wirk-
licher begebenbeiten steht,
CÖTBEN. EeRMAIIN KlUQE,
I
I
4
mSCHRlFTLTCHES.
Die inschrift im CIG. III n.6738 {=^ Kaibel inscriptiones graecae
Siciliae et Italiae n. 2283), von der Kaibel sagt, sie sei in neuerer
zeit von niemand gesehen worden, befindet sich im Museo Civico zu
Bologna in saal 6; von dem daneben dargestellten b&rtigen altem
manne ist nur der obere teil erbalten, die inschrift lautet:
. M _ N , , YeiOZEniTEAETIATPEYeir
AZKAHÜIS^I XAPIITHPIA
die ergönzung McXdvSloc ist durch die erhaltenen reste ausgeschlossen,
da das A von *AcKX?imtB einem A sehr nahe kommt, ist jedenfalls
auch 'ETnreXeu zu lesen, die von Kaibel verworfene form larpeuOic
steht unverkennbar auf dem steine, ein grund die inschrift für ge-
fUlscht zu halten scheint mir nicht vorzuliegen,
MÜNCHCK. Max Bencker«
•
WSchwarz : die Danaidensage. 9&
12.
DIE DANAIDENSAGE.
Von zwei Seiten hat die Danaidensage beachtung und deutung
gefunden: die Ägyptologen suchen in derselben einen historischen
kern , die mythologen sehen in ihr einen naturmythos. jene halten
den Aigjptos der sage ftir einen historischen könig Ägyptens und
stellen gestützt auf eine altägyptische inschrift (Brugsch geogr.
Inschriften I 64), in der ein volk Danau begegnet, seinen bruder
Danaos mit diesem ihrer meinung nach libyschen volke zusammen,
unter den mythologen hat Preller (gr. myth. II * 45 ff.) in unserer
sage einen argeiischen quellenmythos zu erkennen geglaubt; eine
irgendwie befriedigende erklärung der Aigyptodsöhne hat er uns
aber nicht gegeben : denn wer möchte mit ihm glauben , dasz die
Danaiden , welche ihre freier, die Aigyptiaden , töten , argeiische
landesnymphen seien, welche die sturzbäche, ihre freier, im sommer
vertrocknen lassen ? eine erklärung für die frauen der beiden brüder,
also für die mütter der Aigyptiaden und Danaiden, hat er überhaupt
nicht versucht, da sie sich nicht mit seinem argeiischen quellen-
mythos vereinigen lassen, auch die Ägyptologen haben trotz ihrer
verliebe für die geschichte nicht den versuch gewagt auch diese
frauen zu historischen personen zu machen : und doch verlangt es
die billigkeit, wenn man den Aigyptos zu einer solchen stempelt,
auch die Europe, Arabia, Memphis und viele andere als solche an-
zuerkennen, an dem^ was wir angegeben haben, und noch an man-
chem andern kranken die erwähnten erklärungen. gleichwohl bietet
gerade die Danaidensage vieles interessante, dinge zu deren er-
kenntnis eine verhältnismäszig sichere bahn hinführt.
Unsere sage ist in zwei stark von einander abweichenden
fassungen auf uns gekommen, nur diejenige, welche uns in Apollo-
dors bibliothek II 1, 5 vorliegt, hat als die vollständigste bis jetzt
beachtung gefunden , und auch wir wollen einstweilen die fassung
Hygins (170) übergehen, nach Apoll, erhalten wir folgendes Ver-
zeichnis der Danaiden und Aigyptiaden: 1) Danaide Hypermnestra
— Aigyptiade Lynkeus, 2) Gorgophone — Proleus, 3) Automate —
Busiris, 4) Amymone — Enkelados, 5) Agaue — Lykos, 6) Skale
— Daüphron, 7) Hippodameia — Istros, 8) Rhodia — Chalkodon,
9) Kleopatra — Agenor, 10) Asteria — Chaitos, 11) Hippodameia
— Diokorystes, 12) Glauke — Alkis, 13) Hippomedusa — Alkmenor,
14) Gorge — Hippothoos, 15) Iphimedusa — Euchenor, 16) Rhode
~ Hippolytos, 17) Peirene — Agaptolemos, 18) Dorion — Kerkestes,
19) Pharte — Eurydamas, 20) Mnestra — Äigios, 21) Euippe —
Argios, 22) Anexibie — Archelaos, 23) Nelo — Menachos, 24) Kleite
— Kleitos, 25) Sthenele — Sthenelos, 26)Chrysippe — Chrysippos,
27) Autonom — Eurylochos, 28) Theano — Phantes, 29) Elektra
— Peristhenes, 30) Kleopatra — Hermos, 31) Eurydike — Dryas,
96
WBchwarz: die Danaideneage.
32) Glaukippe — Potamon, 33) Äatbeleia — Kisseus, 34) Kleodore
— Lixos, 35) Euippe — Imbros, 36) Euroto — Bromios, 37) Stjgne
— Polyktor, 38) Bryke — Cbtlionios, 39) Aktaie — Peripbas,
40) Podarke — Oineus, 41) Dioiippe — Äigypto«» 42) Adyte —
Menalkes, 43) Okypete — Lampos, 44) Pylarge — Idmon, 46) Hip*
podike — Idas, 46) Ädiaote — DaTfpbron» 47) Kallidike — Pandioii,
48) Oirae — Arbelos, 49) Kelumo — Hyperbios, 50) Hyperipte —
Hippokorystes. die Danaiden 1 und 2 siod töcbter der Ekpbantis»
3—6 der Europei 7^16 der bamadryaden (baumnympben) Atlant ei e
und Pboibe, 17—23 der Aitbiapis, 24—26 der Mempbiö, 27—38
der nalade Polyxo, 39—44 der Piereia, 45 und 46 der Herse nud
47 — 60 der Krino; die Aigyptiaden 1 und 2 sind söbne der Argypbie,
7—16 der Ärabia» 17—23 der Pboinissa, 24-26 der Tyria, 27—38
der Kaliande, 39 — 44 der Oorgonen, 47 — ÖO der Hepbaistina; un-
bekannt sind uns die mütter der Aigyptiaden 3 — 6 sowie 45 und 46*
Wir kennen demnach 17 mütter, von denen 6 namen von, bzw.
nach bindern baben, nemlicb Europe, Arabia, Aitbiopis, Phoiniasa
uQd Piereia. von diesen bezeicbnen die drei letzten namen Be-
wohnerinnen der betrefiFenden länder; denn ancb TTiep£ia musz, ob-
gleich wir keinen directen beleg dafür beibringen können, unbedingt
eine solche bedeutung haben, da nach Stepb, Byz. der bewobner von
fTiepia unter anderm auch TllCpEÜC biesz, wozu TTupEia das regu-
läre femininum i&t; Heynes Vermutung ^ der dafür TTiCpia einsetzen
wollte, ist demnach hinfällig, die beiden ersten namen hingegen,
jiemlicb Europe und Arabia, sind reine personificationen dieser
länder; infolge dessen ist es aber auch sicher, dasz Aigypto& und
Danaoö personificationen von Ägypten, bzw. dem Danaerfande sind
und keinen anspruch auf historische bedeutung haben, wie die
Agyptologen es wollen, ferner haben 3 unter den 17 müttern ihren
namen von, bzw. nach städten: Tyria bezeichnet wiederum wie oben
die *bewohnerin* von Tyroü;, Memphis und Elephantis sind ebenfalls
reine personificationen. dasz wir unter 'EXccpaviK die ägypfc. ttÖXic
'€Xeq)avTivr] zu verstehen haben ^ gebt aus Partbenios (bei Steph,
Byz. 8, 266, 13 f.), Yitr. VIII 2, 6 und Piinius V 59 hervor, die
unsere Stadt mit jener namensform belegen, sowie daraus, dasz auch
die Schriftstellerin Elepbantine sehr oft (zb. bei Suet. Tib* 43)
Elephantis genannt wird (die form Elepbantis wird überdies auch
die poetischere gewesen sein).
Es begegnen uns demnach in unserer sage von bindern Ägypten,
Phönikien, Arabien, Äthiopien, Europa, Danaerland und Plenen,
von Städten Ägyptens Memphis und Elephantis und von denen
Phönikiens Tyros. diese geographischen namen allein beweisen
schon zur genüge, dasz wir es hier nicht, wie Preller ao. gemeint
hat, mit einem argeiischen quellen mythos zu thun haben* noch
weitere belege gegen diese annähme gewinnen wir aus den namen
der Aigyptiaden^ ja sogar aus denen der Danaiden. die namen des
3n, 7n, 30d, 34n, 35n und 41n Aigyptiaden sind wieder reine
WSchwarz: die Danaidensage. 97
personificationen : dieser beiszt wie sein vater Aigyptos, der 35e
(Imbros) hat seinen namen nach der groszen insel des ägfiischen
meeres oder nach der auf ihr liegenden gleichnamigen hafenstadt,
der 30e (Hermos) nach dem bekannten flusse Kleinasiens (auch der
Stromgott dieses flusses hiesz Hermos bei Hes. Theog. 343), der
3e (Busiris) entweder direct oder indirect nach der berühmten stadt
des Delta, der 7e heiszt Istros und der 34e Lizos : es liegt nach
dem vorhergehenden auf der band , dnsz jener eine personification
unserer Donau, des Istros der Griechen ist, der schon sehr früh eine
solche berühmtheit unter den Griechen genosz, dasz Hes. Theog. 339
ihn wie den Nil und den so eben erwähnten Hermos unter die söhne
des Okeanos rechnet, auch der 34e Aigyptiade musz seinen namen
von einem flusse oder vielmehr von der bedeutenden handelsstadt
Lizos an der Westküste von Manretania Tingitana haben; nach
Skylaz 112 gab es hier einen 7T0Ta|Liöc |i€Tac AiHoc Kai ttöXic
OoiviKUJV AiEoc: der zasatz, da^z die8e stadt eine phönikische
colonie gewesen sei, lehrt, auf welchem wege künde von derselben
in das griechische Sprachgebiet gelangt ist.
Auch mehrere unter den Danaiden tragen geographische namen,
nemlich die 8e, 16e, 18e, 23e, 39e und 49e. die 8e fPobia) und
die 16e ('Pöbri) haben ihren namen von Rhodos: es beweist dies
einerseits der umstand , dasz diese insel eine grosze rolle in unserer
sage spielt (vgl. später), und anderseits der, dasz es eine stadt 'Pöbri
in Spanien gab, welche von einigen als eine rhodische colonie an-
gesehen wurde (Skymnos 204 ff. Strabon 160) und dasz die insel
Bhodos samt gebiet *Pobia heiszt (zb. bei Thuk. VIII 44). die 39e
TAKTairi) musz ihren namen von der alten bezeichnung Attikas
(Paus. I 2, 5) erhalten haben, auch hinter KeXaivu) (49) wird sehr
wahrscheinlich ein geographischer begriff stecken : nach Strabon 579
war nemlich Kelaino von Poseidon die mutter des Eelainos, der
Kelainaiy dem spätem Apameia in Phrygien, den namen gegeben
habe; danach ist es wahrscheinlich, dasz Kelaino ihren namen von
dieser berühmten phrygischen stadt Kelainai erhalten hat, wie ihn
thatsächlich Nelo, die 23e Danaide, vom Nilstrom empfleng. die
dorische form von NeiXoc ist nemlich NfjXoc (Choirob. in Anecd.
Ozon. II 240, 27), und von dieser form ist NriXu) gebildet wie die
namen der Danaiden 28, 36 und 49 sowie zweier mütter derselben,
der Polyzo und der Krino. dem Nilstrom ist aber unser name ent-
lehnt wie der des 32n Aigyptiaden: dieser nemlich, TToTamJüv ge-
nannt, hat seinen namen unstreitig aus demselben gründe erhalten,
aus dem die mutter des alten Aigyptos und sogar Ägypten selbst
in alter zeit TToTa|iiTic hiesz (Steph. Byz. s. 44, 17 ff.), er empfieng
ihn also vom Nil, dem TTOTa)iöc schlechthin, dasz wir im namen
Nelo und demnach auch in unserer sage einem dorischen dement
begegnen, ist nicht auffällig, da dasselbe sich noch in den namen
zweier anderer Danaiden findet, die 38e heiszt nemlich BpuKii, nach
Hesychios aber war ßpUKai bei den Doriern gleich ai lepai, und die
J&hrbficher für class. philol. 1893 hft. 2. 7
98
W Schwärzt die Daüaideüsage.
18e wird kurzweg Adupiov genannt, es ist sicher, dasz dieses wort
von dem stammnamen der Dorier abgeleitet ist» erstens weil Auupioc
das regelmfiszige und ein häufig gebrauchtes adjectivnm neben
Aujpi€Üc und AuupiKÖC ist, zweitens weil dieses adjecti? (es wird
hier für eine fiau die neutrale form Aiupiov gebraucht) wirklich
keine besondere form für das femininum besitzt, und drittens weil
wir schon in zwei fällen gesehen, dasz in unserer sage dorische
elemente vorhanden sind, wenn aberDorion vom dorischen stamm-
namen entlehnt ist, bo hat auch der 21e Aigyptiade (''ApYtoc) seinen
namen ¥0n der landächaft Argos, in der unsere sage spielt, wobei
man noch darauf hinweiset! kann, dasz der frühere name ¥0n Mykenai
*Apf lOV war und ein dortiger berg ebenfalls so hiesz (ps,-Flut de üuv*
18, 6 f.); möglicherweise liegt auch in dem uamen des 20n Aigyp-
tiaden (AiTioc) ein geographischer begriff versteckt, indem der name
in irgend einem Zusammenhang mit dam des figäischen meeres steht.
Zu der zeit, als unsere sage entstand oder doch wenigstens ihre
auehiidung erhielt^ hatte man also kunde von Ägypten (?g!. Aigjptos,
Nelo, Potamon), Phönikien, Arabien, Äthiopien, Europa, Argos (vgl.
Danaos, Argios) wie den Doriern überhaupt, Attika (vgl, Aktaie) und
Pierien, den in^eln Rhodos (vgl. Ehodia und Ebode) und Imbros, den
flUssen Donau und Hermos sowie den ägyptischen städten Memphis,
Bu^iris und Elephantine, der ph5nikischen Tyros^ der phrygischen
Kelainai und der westafricanischen Lixos, diese künde kann man
natürlich nur durch den hande! erlangt haben, und in der that spielt
dieser in der ganzen sage eine grosze rolle* nach dem marmor
Parium 15, dem schul, zur II. A42 und ÄpoUod. II 1, 4, 7 hiesz das
schiff, auf dem Danaos mit seinen t^chlern aus Ägypten floh, Ttev-
Tr|KÖVTOpoC: er, der vater von 50 töchtern, galt als der erfinder des
fünfzigruderers. es liegt auf der band, dasz dieser nicht, wie die
fiagü erzählt , wegen der 60 töchter seinen namen erb alten hat, son-
dern dasz man Danaos, den man sich als vater von sehr vielen
töehtern dachte und den man f^r den erfinder des damals gebräuch-
lichen seeschifi's hielt, umgekehrt wegen eben dieses fünfzigruderers
fünfzig töchter gab. dieses schiff war nach dem schol. zu Apoll,
Arg. 1 4 die erste ^xdKpä vaGc, die gebaut wurde, und hiesz Actvaic*
Diese nachricht trägt zur erklärung vieler namen bei, die sonst
dunkel geblieben wären, in unserer sage begegnen 119 personen-
namen : alle diese zu beschaffen war keine kleinigkeit, 25 von ihnen
sind der geographie entlehnt worden, die andern müssen auf andere
weise zusammengebracht worden sein, halten wir nun fest, dasi
unsere sage mit dem handel in sehr naber berühr aug steht, dasz
femer das wort Aavaic zugleich ein weibliches wesen und ein schiff
bezeichnen konnte, so liegt der schlusz nicht feru, dasz in den weib-
lichen namen oder doch wenigstens in einer groszen zahl derselben
schifiTsnamen enthalten , bzw. verborgen sind, dieselben waren bei
den Griechen immer weiblich und sind uns besonders durch Böckhs
samlung in den ^uikunden über das Seewesen des att. Staates*
WSchwan: die Danaidensage. 99
(s. 84 £) bekannt geworden, wir kennen durch dieselbe als attische
schiffe eine AiOioiric, CuptuTTT], Ooißri und *Hq)aicT(a: anter den
müttem finden wir eben diese namen , nur lautet der lütztero hier
'Hq)aiCTiva, was keinen unterschied macht.* femer hiesz nach
Palaiphatos 32, 14 das schiff, auf dem Perseus fuhr, fopTiit)} und
auch bei uns finden sich Gorgonen unter den mttttorn. fttr eine
grosze anzahl anderer namen können wir parallelen aus Höckhs
schiffsliste beibringen, bei ihm finden sich AIOiottCq, Awpfc, lujviKi^,
bei uns'Apaßia, 'AKxairi, Aiwpiov, Ooivicca, TTi^pcia* bei jVnem
NauKpanc, hier M^jiiqpic, 'GXcqpavTic, KeXaivüü, Tupia' dortKpi^rri,
KuOfipfai, CaXajLiivia, AnXidc, hier *Pob(a, 'Pöbri • dort Nnp»ltc, hier
TToXuEu) NT]tc- dort üeTTivri, TTeTOjLi^vn, Taxcia, *QK€ia, hier *Qku-
ir^TTi, TTTCpiTTTTi, TTobdpKT], AuTOjidTn. manche namen konnton
sehr gut für schiffe gebraucht werden, zb. NnXüü', BpuKT] (vgl.
oben); bei Böckh findet sich l€pd, TTavöfa* 0\\xr] (vgl. entweder
'loOca oder Kui^qjöia,^ TpaTqjbia bei B.); KaXidvöri« 'ApTuqpIii,
Kpiviu, 'HX^KTpa, 'Arauri (bei B. KaXXicxiI), AajiTrdc, Aa/biTipä,
clHx^Gouca, CTiXßouca, 0iüc, Xdpic)- fXauKTi, föpTn (bei B. Top-
Tonric)' KXcitti, KXeoöiipT], KXeoTTdxpa (bei B. KXciüü, KXeüJ,
TTovbiupa)- MvrjcTpa = die eingedenke, TTrepjivricTpa, Aütovöti
(bei B. TTpövoia, TTpoGujLiia, fviJüfjiri, Cocp(a); 'AverjXcia (bei B.
'AvGoOca); "GpcT] = feuchtleben wie €upu)Ti() und *ATXavT€lTi (der
name der zweiten hamadryade Phoibe findet sich als schiffnuame).
femer sind die folgenden zahlreichen Zusammensetzungen zu be-
achten: *l7r7Tobd|Lieia,'l7TTTO|i^5ouca, 6ui7T7Tri, XpucCTTTrri, rXauKiTTTrTi,
AiwEiTTTTT], und ^iTTTTobiKii; iu der attischen marine finden sie sich
entsprechend häufig: 'iTTTraTUJTÖc, iTTTrdpx»!, Itttttitöc, liTTTia, 'Itttto-
OuiVTic und lTTTT0Kd)i7Tri : schiffsnamen dieser art werden deshalb
besonders beliebt gewesen sein, weil es sehr nahe lag die schiffe mit
rossen zu vergleichen (vgl. Od. b 708).
Natürlich kann man in vielen fällen nicht entscheiden , ob die
betreffenden namen schiffsnamen gewesen sind; so viel ist aber
sicher, dasz eine grosze zahl der angeführten namen schiffsnamen
ihren Ursprung verdanken können, unter den Aigyptiaden haben
hingegen nur fünf direct oder indirect etwas mit der Schiffahrt zu
thun : der name des In, 44n und 4ön (Auf K€iic, "IbjLiuiV, ''Ibac) passt
gut für einen Steuermann oder schiffsherrn, der 18e heiszt KepKecnic
1 bei diesem namen kann man^noch darauf hinweisen, dasz 'HqpaiCTla
anch ein griechischer name für Ägypten war (Steph. Byz. u. AtfUTiTOC).
* die zwei ältesten schiffsnamen (Ar^ro und Gorgo) endigen auf ui,
auch unter den attischen schiffsnamen findet sich diese endung (zb. KoX*
XiCTid, KXeiuü, KXcdi, TTciOiii): könnte dieselbe nicht besonders häufig
bei den schiffsnamen angewandt worden sein? wir haben hier fopTUÜ,
TToXuHiii, Kpivdi, NiiXdi, Ocavuü, EOpuiTid und KcXaiviii. von diesen
kennen wir Gorgo als schiffsnamen; Polyxo, Kelaino und Nelo können
gut solche gewesen sein und Krino (=» lilie) wie Euroto (etwa feucht-
wangen) empfehlen sich als solche sehr, die bedoutung von Theano
ist dunkel.
100
WScbwarz: die Danaidentage*
(wahrscbeinlicb ist dies wort mit K€pKeTT|C verwandt, das nach
Photio3 157,9 das kleine steuemider bedeutt^t) und der31e Apüac
(dieser name bat viclleicbt mit der scbiifsximöierei zu tbun und ist
mit dem der oben erwäbnten bamadryaden zu vergleicben)»
Sebr viele namen der Aigypt laden weisen auf Ärgos bin. 2U*
nttcbst fallen einem unter den namen derselben die vielen zusammen*
setzuDgen mit imroc auf, deren wir schon bei den Danaiden 7 (in
9 namen) gebabt haben, es finden sich nemlicb 'IttttöSooc, ^Ittttö-
XuTOC, Apücmnoc und 'Iitttokopuctiic. in keinem lande lagen diese
bildungen näher als gerade in Ärgos , das wegen seiner pferdezucht
hoch berühmt war (vgl, jb* IL B 287). vielleicbt verdanken auch
noch zwei andere Aigyptiaden (der 4e und 43e) derselben ihren
namen : wir wissen nemlicb , dasz eins der ross« Poseidons *6tk^*
Xaboc (scbol. zu IL N 23) und eins derer der Eos (Od, i|i 246) und
des Hektor (IL 9 185) Adjinoc hiesz.
Andere namen weisen auf die argeiiscbe sagengescbicbte , und
Äwar finden sich ihrer so viele, dasz man nicbt eine zuRillige über*
e]ni»timmung annehmeii kann, sondern auf eine bewuste entlehnun^
fichlieszen musz. Agenor (= dem 9n Aigyptiaden) war vater des
Argos und köuig des gleichnamigen laiides (Apollod. 11 1, 2); er
war einer der argeiiscben heroen, da ein bain in Ärgos ihm geweiht
war (Flut* quaest, gr. 49). Sthenelos (^ dem 25n Aigyptiaden)
war sobn des Perseus, vater des Eurystheiis und könig in Argos
(Apd, n 4, 5, 8)» Chrysippos gehört ebenfalL^ hierher als söhn der
Danais und des Pelops (ebd, III 5, ö, 12). auch der 39e und 40e
Aigyptiade, Periphas und Oineus, sowie die 14e Danaide, Gorge,
sind dem mythos entlehnt: nach der sage war Oineus, der könig
von Kalydon, vater des Periphas (Ant Lib, 2) und der Borge (Apd»
I 8, 1, 1); für Argos hatte Oineus bedeutung, weil er in diesem
lande bestattet wurde und der stadt Oino^ den namen gegeben
h&ben sollte (Apd. I 8, 6, 3. Diod. lY (iö), und Gorge, weil sie nach
Apd. I 8, 5» 2 für die mutter des Tydeus galt, noch zwei andere
Danaiden und die Gorgonen , die mütter der Aigyptiaden 39 — 44,
verdanken ihren namen argeiischen mythen: die Gorgophone (2)
teilt ihren namen mit einer tocbter des Perseus (I 9, 5), und Amy-
roone (4) ist die personification des lernäischen quells dieses namens,
die berühmte geliebte des Poseidon (Hyg. 169). unter den Hera-
kJeiden gab es einen Archelaos (= dem 22n Aig), einen sobn des
Temenos, der nach Makedonien zum könige Kissen a (^ dem 33n Aig.)
floh (Hyg. 219). auch mit Argonauten haben mehrere Aigyptiaden
den namen gemeinsam : Idmon (^^ dem 44n Aig,) galt für einen
söhn der Asteria (^=^ der lOn Danaide), und von ihm wissen wir
bestimmt, das« er Argeier war (Hyg. 14); es ist nicht unwahr-
scheinlich, dasz er mit seiner mutter entweder direct aus argeiischen
sagen oder indirect aus der schar der Argonauten entlelint wurde;
das letztere ist nicht aufföltig, da wir zb. wissen, dasz namen von
Danaiden wegen ihrer berühmtheit in die thessalischcn genealogien
WScbwan: die Dmüaid^ctM^«. 101
hinübergenommen wurden (rgl. Preller ao II' 52, 1;. ^gesebem
von Enrydamas (dem 19ii Aig.), der uns auch onter den ÄrgoniXiVak
begegnet (Hyg. ao.), finden wir unter denselben aocb coeb eijaea
Idas (e» dem 45n Aig.) und einen Ljnkeo^ (^^ dem Inj, die beide
Yon Hyginus ao. als Messemi ex Pdopimmeso bezeicbnet werden,
jener, ein söhn des Po&eidon (Apd. m 10, 3;, gebart anfs meer wie
Lynkens, der durcb sein sdiarfes gesiebt berübmt (Pind. Kern.
10, 1 15 ff.) sieb besonders zum steoermann eignete, da&z der Aigjp«
tiade Lynkeas mit dem Argonauten identiscb ist , kann man natfir-
lieh nicbt beweisen, m5glicb ist es, wenn man die entlebnung des
Idmon aus der Argonautensage, vielleicbt aucb die des Idas annimt
nnd wenn man es nicbt für eine zufällige verwecbslung ansieht,
dasz naeb Suidas Aristopbanes in seinen Danaiden dem sobne des
Aigyptos das scbarfe gesiebt beigelegt bat.
Nach dem vorhergehenden können wir nicht mehr an einen
mythos, geschweige denn an einen qaellenmythos denken, wir haben
es hier nicht mit einer sage zu thun , welche die volkspbantasie im-
bewust geschaffen hat, sondern mit einer sage, deren ent&tehung
wir klar verfolgen können, die mehr ein epos als eine sage ist, die
der freischaffenden phantasie 6ines oder mehrerer dichter grösten*
teils ihre entstehung zu verdanken hat. es ist die Danaidensage
natürlich kein heldenepos wie die sage des Meleagros, des thebani-
schen oder troischen cyclus, sondern ein schifferepos wie die Argo-
nantensage, man könnte fast sagen ein bandelsepos. wie der dichter
daran gearbeitet hat, kann man noch verfolgen: das schiff seiner zeit,
die TievTiiKÖVTOpoc, nötigte ihn 50 Danaiden zu erfinden, zu diesen
50 freier, zu diesen und ihren geliebten über 17 mütter. man muste
also 117 namen schaffen, in der that kein leichtes beginnen, das vnr
noch im einzelnen verfolgen können, die geographischen kennt-
nisse, die man damals durch den handel besasz, gaben mehr als
25 personen den namen.* der Schiffahrt verdankt die mohrzahl der
Danaiden und der mütter und einige von den Aigyptiaden ihren
namen. andere schuf man sich wiederum in anlehnung an die localen
argeiischen Verhältnisse : die pferdezucht des landes verlieh 9 Danaiden
und 4—6 Aigyptiaden den namen, die argeiischen mythen demDanaos,
wenigstens 4 Danaiden und 8 Aigyptiaden. einzelne namen scheint
man auch fremden mythen entnommen zu haben, wie den deis Proteus
von dem meergeiste, der auf Pharos in Ägypten zu hause war, und
den des Lykos, der nach Apd. III 10, 1 der söhn der Kelaino (•» der
49n Danaide) war.
Auf diese weise standen dem dichter des epos Danais viele
namen zu geböte, gleichwohl muste er sich noch in manchem sehr
behelfen: nach den drei Aigyptiaden Kleitos, Stbenelos und Chry-
' einzelne namen wie "Apßn^oc und OdpTii (Heyne denkt an Odpr)),
vielleicht aacb M^vaxoc, XoTiToc und 0dvTr)c scheinen nicht griechischen
nrspmnf;^» zu »ein ; vielleicht liegt dem eiuen oder andern von ihnen ein
geographiacher bej^riff zu gründe.
WSchwarz: die Danaidensage.
sippos ächuf er äicb die drei DaBaiden Kielte, Stfaenele und Ckrysippe
sowie nach Mnestra eine Hjpermnestra und nach Glauke eine Glan-
kippe. auszeidcin verwandte er aiebrere namen üweiraal: Aigjptos
erscheint als vat^r der Äigyptiaden und als der 41e Aig.; wir haben
2 Danaiden des namens Hippodameia (7 und 11), 2 des namens
Kleopatra (9 und 30)j 2 die Enippe heiszBD (21 und 35) und 2 Äigyp-
tiaden des namens Datphron (6 und 46), neben Rhodia haben wir
eine Ehode» neben Eurydike eine Hippodike und Kaliidike, neben
Hippomedusa eine Iphimedusa und neben Diokorystes einen Hippo-
korystes. für eine anzahl Äigyptiaden, für die es am schwersten ge-
wesen sein wird namen herbeizuschaffen, nahm er übrigens recht
durchsichtige bezeichnuDgen, namen die sieh für königssobne ge-
ziemten, wie Da'iphron, Diokorystes, Alkiä, Alkmenur, Ägaptolemos^
Eurydamas, Kleitos, Eurylochos, Peristhenes , Polykfeor, Menalkes
und Hyperbios. *
Der (oder die) schöpfer des Vorwurfs unseres epos Danais musz
nach dem gesagten in Argos seiiieu wohnsitz gehabt haben , da er
nur in diesem falle die ausgibigea kenntnisse argeiischer Verhält-
nisse gehabt haben kann; wo freilich derjenige gelebt hat» der unsernt*
epos seine Vollendung gegeben hat, kann mao nicht sagen, wir
können aber auch annähernd die zeit beistimmen, in der dasselbe
entstanden ist.
Oben haben wir an Nelo , Bryke und Dorion gezeigt , dasz in
unserer sage dorische elemente vorhanden sindj wir haben später
gesehen, dasz zwei von den Äigyptiaden, nemlich Archelaos und
Kitiseus, eine rolle in der Herakleidensage spielen, unsere sage ist
demnach Itingere zeit nach der einwanderung der Dorier in dit
Peloponnesos entstanden, zu einer zeit wo bereits die Herakleiden«
sage mit der dorischen Wanderung verflochten war, und erst zu
einer zeit wo man bereits den Hermos und den Istros kannte, also
jedenfalls nach der colonisierung Kleinasiens durch die Hellenen,
etwa nach 1000 vor Ch. bt^sonders tief in die spätere zeit hinabgehen
dürfen wir nicht , da später immer mehr der begriff Danaer, der in
unserer sage noch eine sehr grosze rolle spielt, verblaszt sein wird,
die Danaer haben aber einmal in dem bandelsverkehr der osthälfte
dcd Mittelmeerbeckens eine rolle gespielt: das lehrt unsere sage, dai]
lehrt vor allem die oben aus Brugsch angeführte inschrift und di« '
colonien der Argeier auf Rhodos, nach jener inschrift wurden die
Danau, die mit andern Völkern einen angriff auf Ägypten machten,
unter Ramses III (1269 — 1244) in einer Seeschlacht besiegt, auf
den denkmälem führen diese Danau dasselbe epitheton wie die lonier
und tragen denselben gesichtstypus wie die Griechen auf den denk-
mälern der Ptolemaierzeit, es ist demnach sicher, dasz die Danan
* manche von diesen oamen können noch einen beaondern Ursprung
haben, auch sind wir aelbstyerdtündlich mitunter nicht im aiande irgend
eine erklärung der namen zu ^obtiUf wie derer der Danaiden 6, 17 \vgl,
noch unten), 22, 37, 44 und 46 und der Älgyptiadeu 8, 15, 36, 38 und 47,
WScbwarz: die Danaidensage. 103
Griechen gewesen sind, auffällig ist es aber keineswegs , dasz die
Ägypter alle Griechen Danau genannt haben , da ein volk stets sein
nachbaryolk nach d^m stamme benennt, mit dem es in berührung
kommt, da ferner noch in der Ilias A 42. 56 und in der Odyssee
X 659 die Hellenen insgesamt Danaer genannt werden, und da femer
die Ägypter die kleinasiatischen Griechen nach dem bedeutendsten
bandelsvolk unter denselben kurzweg lonier genannt haben, auch
verschlägt es nichts, dasz der name der Danau nach jener Seeschlacht
nicht mehr auf den ägyptischen denkmälern begegnet, es traten
eben später die lonier als handelsvolk auf , und diese werden schon
damals den andern Griechen im handel überlegen gewesen sein, wie
sie es in historischer zeit sind, dasz die Argeier, die Danaer der
Ägypter im engem sinne, aber einmal mit Ägypten in handels-
yerkehr gestanden haben , beweisen ihre colonien auf Bhodos , die
denselben vermittelten.
Nach Diodoros I G8, 9 hat Psammetich (653 — 610) zuerst die
emporien Ägyptens den fremden, besonders den Hellenen geöffnet,
in der vorhergehenden zeit galt auch in der that Ägypten als ein
den griechischen Seefahrern feindliches land: bei Hesiodos (fr. 222
Bzach) findet sich die sage von dem menschenschlachtenden ägypti-
schen könige Busiris, aber in der zeit, in der Od. b 125 ff. 227 ff.
entstand, war die gastlichkeit Ägyptens hochberühmt, jedoch war
anch damals der handel innerhalb dieses landes ein beschränkter:
die geschäfte wurden nur in Pelusion und an der kanobischen mün-
dung abgewickelt, es war dies insofern in den Verhältnissen be-
gründet, als handelsschiffe nur den pelusinischen und kanobischen
arm befahren konnten, aber auch in den zeiten der stärksten handels-
sperre hat ein beschränkter verkehr stattgefunden. Strabon 792
berichtet nemlich : ol TTpörepoi tüüv Aitutttiuüv ßaciXeic . . öiaßeßXri-
fi^voi TTpöc äTiavTac touc TiXeoviac kqI jnaXicia touc "6XXTivac
(Trop6r]Tai top ^cav . .) d7T€CTT]cav (puXaKf|V dem gebiet im westen
der kanobischen mündung KeXeiicaviec dTT€ipT€iv touc TrpociövTaC'
KaxciKiav ö' auToTc Äocav . . 'Pqkujtiv, ?\ . . Kübjur] ötrfipxe' xd bfc
KUkXw TfjC KtüjLlTlC ßoUKOXoiC TTap^bOCaV buVajLieVOlC Kttl aÖTOic
KUüXueiv Touc ßujGev ^Triöviac. in der zeit vor Psammetich war
demnach der handel auf Bhakotis beschränkt, das an der stelle des
spätem Alexandreia gelegen wegen der starken einschränkungen,
die sein handel erfuhr, nie grosz geworden ist (vgl. Paus. V 21, 9).
aber die Völker, die hier am kanobischen arm handel trieben, hatten
sich selbst diese beschränkung zu verdanken, da sie und unter ihnen
nicht am wenigsten die Hellenen mehr von seeraub als von see-
handel lebten, bevor aber die Griechen auf Bhakotis beschränkt
wurden, musz der handel am kanobi^^chen arm eine gröszere freiheit
genossen haben, und es ist leicht denkbar, dasz die Hellenen ver-
schiedentlich wieder versucht haben anteil an dem ägyptischen
handel zu bekommen, diesen versuchen wird dann nach kürzerer
oder längerer zeit eine verschärfte Überwachung von Bhakotis , oft
104
WSchwarz; die Dajaaiden»age.
sogar eine vollständige atistreibung der kaufleute gefolgt s^cin. etwas
derartiges müSÄ unserer sage zu gründe liegen, nacb derselben (Äpi.
II 1, 4, 5) siedelte (KaTUJKicev) der vater des Danaos diesen Hüinen
söhn in Libyen an. und in der tbat lag Khakotis bereits in Libyen,
da dieses bei dem kanobiöcben Nilarm begann (Skylax 107), wenn
also die Griechen vom westufer dieses arma vertrieben wurden, so
wurden sie aus Libyen verjagt in unserer sage haben wir es also
mit einer solchen ausschlies^ztiii^ und Vertreibung der hellenischen
kaufleute vom ägyptischen markte zu thun , und gerade dieser um-
stand musz dieselbe geschaffen haben, zu die«?ein moroent kam noch
ein zweites, die Danaiden giengen trotz ihres gattenraordes in der
ttltesten Fassung der sage straflos aus; erst eine spätere zeit^ die
humaner dachte ^ hat ibnen die bekannte schwere strafe zuerkannt
(Hyg. 168). ursprünglich musz demnach ihre that in einem ganz
andern lichte erschienen sein^ sie kann also nur eine beziebung zum
seeraub gehabt haben : seeräubem gegenüber ist eben alles ertaubt
gewesen, es musz mit andern worten unserer sage der im altertum
so oft begegnende frauenraub zu gründe liegen: gegen ihre röuber
haben die Danaiden sich mit list und mit dem deiche gewehrt, in
diese Verhältnisse spielt dann als drittes moment das verwaudt^cbafts-
motiv hinein , das den dichtem der genealogien, überhaupt der zeit
aus der unsere sage stammt, eigentümlich ist, und dies hat dem epoa
einen tiefem gedanken gegebeu. einer der seer&uber, Lynkeus, wird
gerettet, weil er den bitten der Hypermnestra nachkommt und der
liebe entsagt (Apd. II 1, 5, 10 [Hypermnestra] AxrfKia bi€C(jüC€
trapöevov auTT^v cpu\d£avTa). später erhält er zum lohn von
Danaos Hypermnestra zur gern ah l in und wird sein nach folger in
der berschaft über Argos, nachdem die andern Danaiden auf Zeus
he fehl durcb Athene und Hermes von ihrer blutscbuld gereinigt
worden waren, so berichtet ApoUodoros (II 1, 5, 11 f. II 2, 1, 1),
die spätere zeit» die immer menschlicher wurde ^ gab der sage einen
mehr versöhnenden abschlusz: nach Archilochos (bei Malalas IV 68)
kam es zum kriege zwischen Danaos und Lynkeus^ und nach Servius
zu Verg, Aen, X 497 fiel jener von der band seines neffen ; endlich
nach dem »cboL zu Eur. Hek. 869 büszte nicht nur der vater, son-
dern auch die Danaiden den mord mit ihrem leben *
So wurde die zeit immer humauer, aber damals, als unsere
sage entstand, befand man sich noch keineswegs unter dem zeichen
der humanität. es musz demnach unsere sage mehr als ein Jahr-
hundert vor Archilochos, der um 650, also zur zeit Psammetichs
blühte, ihren ersten abschlusz gefunden haben; es musz also das
epos, das unsere sage in der uns durch Apd. II 1, 5 bekannten
i<eaten form behandelte, zwischen 1000 und 800 entstanden sein*
der fortschritt der cultur untergmb immer mehr das seeräubertnm,
indem er den gmnd zu milderer gesinnung legte, dies rät uns die
entstebung der Danaidensage näher nach 1000 als nach 800 zu
legen, wenn man die histori!»cben Verhältnisse Ägyptens in betracbi
WSchwarz: die Danaidensage. 105
sieht , 80 ist es mOglich mit einiger Wahrscheinlichkeit die zeit noch
etwas genaner zu hestimmen^ nach Apd. II 1, 4, 5 wohnte Aigjptos
in Arabien, unterwarf sich Ägypten und gab diesem lande seinen
namen. hierunter kann sich , wenn man den werten einen histori-
sehen sinn geben darf, nur die erinnernng an das emporkommen
einer nenen dynastie verbergen, ond in der that kam im j. 1091
oder 1074 die dynastie von Tanis empor, im j. 961 die von Bubastis.
diese herschaften haben insofern etwas mit Arabien zu thun , als sie
in d6m teile des Delta ihre macht aufrichteten , der an Arabien an-
grenzte (Strabon 803; unter den nomoi des Delta begegnet noch in
später zeit auf den münzen einer des namens 'Apaßia und einer
des namens Aißui], vgl. CI6. PH s. 316^;*. für den Griechen, der in
Libyen dh. am westufer des kanobischen Nilarms sasz, konnte diese
gegend schon als Arabien gelten, dazu werden diese dynastien, die
ihren Schwerpunkt im Delta hatten, am besten im stände gewesen
sein dem seeraub der Hellenen zu steuern, etwa um ^00, eher vor-
her als nachher, musz demnach unsere sage entstanden sein, die
einer der austreibungen griechischer seebändler und -rSuber aus
Ägypten ihren Ursprung verdankt.
Damit ist auch der kreislauf der argeiiscben sage erklSrt, wo-
nach Argeier nach Ägypten gelangen und deren nachkommen wieder
in die alte heimat zurückkehren, femer ist nunmehr verständlich,
wie die sage entstehen konnte, Danaos habe dem bii^iov ""ApTOC
den regen gebracht (Hes. fr. 49 Rz. "'ApTOc dvubpov ^öv Aavaöc
irotlicev ^vubpov). derselbe wind nemlich , der die schiffe aus dem
Süden, aus Ägypten oder Rhodos brachte, der notos, war nach Her.
11 25, 2 der regenreichste wind, man konnte demnach erst den
regen erwarten , wenn auch die ankunft der schiffe aus dem Süden
bevorstand : und so verband die volksphantasie den regen , der dem
lande notthat, mit der Schiffahrt, und vereinigte ihn dann mit
Danaos, da er der repräsentant aller derer wurde, die aus dem
Süden kamen, später ist dieses motiv in der sage mehr hervor-
getreten : er wurde zu einer regenspendenden gottheit. deshalb gilt
er bei Pliniuä VII 195 als der erfinder der brunnen in Griechenland
' nnd speciell in Argos. erst die spätere zeit hat diese regenver-
leihende kraft auf die Danaiden übertragen: jener so eben aus
Hesiodos angeführte vers begegnet nemlich auch in der form 'ApTOC
fivubpov ^öv Aavaai G^cav "Aproc ?vuöpov. allein der umstand,
dasz hier ''AptOC an zweiter stelle als flickwort benutzt ist, lehrt,
dasz wir es mit einer Jüngern fassung des Hesiodischen verses zu
thun haben, so hat die volksphantadie die sage imu^er noch weiter
ausgebildet'^ und ist das wenige in dieselbe hineingebracht worden,
^ dadarch wird man in Argos allmählicb dazu (rekommen sein die
qaellnymphen zn Dnnaiden zu machen, dnrch Kallimachos by. 5, 47
kennen wir noch eine Danaide Physadeia, die einem qnell bei Ari^os
ibren namen verdankte, aber weder in dem verzeicbnis der Danaiden
bei Apollodorotf noch in dem des Hyginos findet sich ihr name. es ist
106
WScliwarz: die Danaidensage.
was Preller verleitet hat §ie für einen quellen mythos zu halten, wie
die sage weiter thätig gewesen ist, können wir aus Apd. II l, 5^ 11
und Paus. II 25, 4 f. ersehen, da die quelle Amynione eine be-
ziebung zu den wassern von Lerna hatte (Apd. II 1, 4, 10), so ent-
stand die ebd. II 1, 5, 11 erhaltene argeiische localsage, daBz die
Danaiden die köpfe ihrer vettern in eben diesen sumpf verscharrt
hlitten. nach Pausanias ao. hat das stB^dtcben Aut^eia in Argolia
ßpäter den namen AupKeia gehabt, es liegt auf der band, dasz nicht,
wie Paus, berichtet, ein unbekannter Lyrkofi einer stadt^ die nach
dera berühmten Äigjptiadea und spätem argeiischen könige Lyn-
keus begannt war^ seinen namen aufgedrängt liaben kann, wir
haben also wohl des Paus, werte ^u zu deuten, dasz man versucht
hat einem orte, der Lyrkeia biesz, wegen der naraenBähnlicbkeit den
namen Ljnkeia zu geben, dasz aber diese form später wieder auszer
gebrauch gekommen iat und dasz die guten Ljrkeier, um ihren rieh*
tigen namen i^u behalten, einen stadtheros Lyrkos erfundt^n haben,
ist diesft deutung richtig, so haben wir hier den versuch die Dauaiden-
aage noch mehr in Argos festzulegen, ein versuch der in diesem falle
schlieszlicb scheiterte.
Mehr hat die kunstdichtung an der Danaiden sage ändern können,
und sie hat dieselbe als einen dankbaren stoff sehr oft zum Vorwurf
genommen, diese behandlungen der sagt* — wir kennen solche von
Arcbilochos, Aischylos, Phrynichos und Theodektea wie von Aristo-
phanes — haben für uns hier nur insofem Interesse, al^ dadurch
die namen der personen verändert worden sind: Pherekydes (bei
Müller FÜG. I 83, 40) nennt als frau des Aigyplos Isaie, als die
des Danaoc^ Melia, die beide Apd. unbekannt sind; Hippostratos
(Müller IV 4H2, 1) dagegen als die des erstem Euryrroö, als die
des andern Euroi>e. letztere begegnet ebenfalls im verzeichni»
Apollodors und wird von ihm II 1, 5» 3 als ßaciXic Tuviil bezeichnet;
nach § 2 heiszt die ßaciXic des Aigyptos Argjphie, nach Hippo-
stratos dagegen Eüryrrot". unter diesem namen verbirgt sich eine
personification des 'breitströmenden' Nil; dieses klar verständliche
wort wird später für das weniger verständliche Argyphie eingesetzt
worden sein, so viel ist aber aus Hippostratos klar, dasz man später
der kürze halber meist nur die ßaciXibcc T^vakec als mlitter aller
Danaiden und Aigyptiaden gesetzt bat, was jedenfalls die spätem
dichter deshalb gethan haben, weil es ihnen lästig war 17 mütter zu
nennen . des Pberekydus namen haben mit denen Apollodors gar nichts
zu thun : Melia spielt schon als gemahlin des Inachos (Apd, II 1, 1, 3)
im argeiischen Sagenkreis eine rolle, noch eher aber kann sie mit der
Isaie dem mythos des Agenor entlehnt worden sein (vgl. Pherek. ao.).
demnach dcher, daas sie erst za einer zeit zur Danaide geniHcht wnrde,
wo niAO die töchter des Dannos mit den wasaerverhältnUsen iii Argos
in verbmduQf^ gebracht hattei woza man durch die epfitere aaffasstiiii;
des Vaters hIs regenspenders und darch die anwcsenheit der Amjmoiie
unter den DaDalden veranlaszl warda.
WSchwarz: die Danaidensage. 107
Viel grösser ist der nnterschied zwischen Äpd. und Hjg. 1 70.
nur 7 von den Danaiden Hjgins and 9 von seinen Äigyptiaden decken
sich mit denen ApoUodors : wir finden nemlich bei ihm eine Enippe,
Enrydice, Cleopatra, Glaacippe, Amjmone, Electra und Hyper-
mnestra, femer einen Proteus, Agenor, Chrjsippos, Enceladus,
Clytus (= KXetTÖc, vgL jedoch unten), Aegjptus, Dryas, Hyperbins
nnd Lynceus; auszerdem entspricht eine Hippotho^ Hygins einem
Hippothoos ApoUodors, ein Asterius einer Asteria, ein Obrimus
einem Bromios. diese Veränderung fSllt am wenigsten ins gewicht,
da ans dem einen der beiden w5rter leicht das andere werden konnte;
jedoch scheint Apd. die ältere form zu haben , da sie weniger ver-
ständlich war als das wort Obrimus. noch mehr deuten die beiden
ersten Veränderungen auf mit bewustsein vorgenommene änderungen
hin. im folgenden falle kOnnte es im ersten augenblick scheinen,
als ob Hyg. die ältere form bewahrt habe: nach Apd. heiszt die 17e
Danaide Peirene, nach Hyg. Pyrene (= die Pyrenäen); jener name
ist unverständlich, da er wohl schwerlich etwas mit der berQhmten
quelle Peirene in Eorinth zu thun haben wird, dieser wäre ein
weiterer geographischer begriff, der zu den 15 oben erwähnten
hinzukäme; aber von den Pyrenäen konnte man damals weit weni-
ger leicht als von Lixos künde haben , und in Hygins Verzeichnis
sind alle geographischen bezeichnungen ausgemerzt, es ist dies sehr
bemerkenswert, bei Hyg. haben wir nur noch den namen des
Aegyptiaden Aegyptus, welcher durch den umstand geschützt war,
dasz er identisch war mit dem des vaters der Äigyptiaden.
Noch andere wesentliche unterschiede finden sich zwischen bei-
den Verzeichnissen, wir haben oben gesehen, dasz in demjenigen
ApoUodors eine gewisse unbeholfenheit zu erkennen ist, die sich
darin äuszert, dasz fünfmal für 2 personen derselbe name gebraucht
wird, dasz 3 feminina nach 3 masculinis gebildet sind, dasz sich neben
Bhodia Bhode, neben Hippomedusa Iphimedusa, neben Diokorystes
Hippokorystes, neben Eurydike Hippodike und Kallidike findet, bei
Hyginus begegnet nur Aegyptus und Plcxippus doppelt; davon fiel
jenes wort weniger auf, während dieses bei Apd. sich überhaupt
nicht findet, der doppelname Kleopatra ist hingegen mit absieht be-
seitigt worden : neben einer Cleopatra findet sich eine Cleo, ein name
der nebenbei bemerkt mehrfach unter Böckhs schiffsnamen begegnet
(zb. IV •» 24). sonst kommt noch Eurydice neben Antodice und
Daplidice, Demophile neben Demopbilus, Antimachus neben Andro-
machus, Asterius neben Asterides, Pyrante neben Pyrantbis und
Idea neben Euideas (Idea ist femininform zu Ideas) vor. femer
findet sich bei Hyg. alles das nicht, was bei Apd. auf Argos hin-
wies: bei diesem haben wir 13 — 15 mit Yttttoc componierte namen,
bei Hyg. nur 6, nemlich Euippe, Hippotbo^, Glaucippe, Plexippus
(zweimal) und Cbrysippus. von den 4 Danaiden und den 8 Äigyptia-
den , deren namen argeiischen mjrthen entlehnt sind, finden sich bei
Hyg. nur Amymone, Agenor und Chrysippus.
lOB
WSßhwarz: die Danaidensage*
Betracbten wir das namensverzeicbiiis Hygins als ein für sich ab-
gescblofisenes ganzes, so fioden wir folg'eBdes. 1 1 von seinen namen,
nemlicb Pbilomela, Scylla, Euippe, Myrnaidonej Chrysotbemis, Poly-
X6Da, Hecabe, Electra, Hero, Agenor und Xantbus stimmen mit sol-
eben des troiscben sagenkreiaes überein* Hecabe ist des Priamus ,
gemabUn, Polyxena ibre toebter: beide werden bei Hyg. unmittel^
bar neben einander ala Danaiden erwähnt, sodann kennen wir^
töcbter des Priamus, die Hero und Pbilomela bieszen (Hyg, 90)*
Electra iiod Chrysothemis waren töcbter Ägamemnons. die Danaide
Myrmidoue musz ihren namen von dem volke der Myrmidonen er-
halten haben, ebenfalls weist tins nach Troas der name Xantbiis,
da bekanntlich der Skamandros in der spräche der götter 30 biesz
(II. Y 73 f,). ferner kennen wir einen Troer Agenor, der sieb durch
grosze tapferkeit auszeichnete (IL A 467 uö.). die Danaido Scylla
wird ihren namen zweifeUobiie dem berühmten ungehaner der
Odyssee verdanken, Euippe vielleicht der frau dieses namens, dio
von OdysseuB mutter des Enryalos war (Parthenios erot. 3)* ferner
stimmen 5 von den namen Hygins und zwar Pyrene, Antimachua,
(Encelüdus,) Amyntor, Epbialtea und Antiocbus mit namen aus der
HeraklesBage überein. Antimachoa (Apd, II 7, B, 6) und Antiocbos
(ebd. II 8, 3^ 2) kennen wir als söline des Herakles; der erster©
name begegnet aber aucb unter den Troern (II, A 123). Pyrene
war nach Silius III 420 ff* geliebte des Herakles; Ämyntor wurde
von ihm erschlagen (Apd. II 7, 7, 6), der gigant Epbialteß verlor
iin götterkampf durcb ilm sein rechtes äuge (I 6, 2, 2), wegen eben-
det^selben kampfes kennen wir auch Enkelados hier erwähnen, auf
den infolge des&elben Sikelien gewälzt wurde (§ 3). 7 namen, nem-
lieb Kleopatra, Pleiippos, (Agenor,) Kanthos, Ästerios» Atbamaa,
Klytos und Polydektor, finden sich aucb in der Argonaiitensago.
Atbamas ist der bekannte vater des Pbrijtos nnd der Helle. Kantboa
(Apoll . Arg. I 77) und Asterios (ebd, 176) — auch diese werden
wieder neben einander aufgeführt — waren Argonauten. Klytos
fand als geführte des Phineus durcb Perseus seinen tod (Ov. met,
V 87); die gemablin des Pbineuü hiesz Kleopatra, seine söhne waren
Plexippos nnd Polydektor. vielleicht gehört auch der schon vorhin
angeführte Agenor hierher, da der vater des Phineus so hiesz (Apoll*
Arg. II 178)* anszerdem können wir wobl die Danaide Eurydike
mit der gemahlin des Orpheus in Verbindung bringen.
Es stimmen demnach 24 namen unter den 93 unserer liste —
zwiscben dem 19n Aigyptiaden und der 24n Danaide sind nemiicb
7 namen ausgefallen — mit namen aus den berühmtesten Sagen-
kreisen Überein: die grosze aabl dieser Übereinstimmungen beweist,
dasz diese namen oder doch wenigstens die mebrzahl derselben tbat
sftcblicb entlehnt worden sind ; dagegen spricht nicht der umatandj'^
dasz die 69 öbrigen nicht entlehnt worden sind, da wir eineraeita
die alten sagen nnr bruchstückweii^e kennen, anderseits in der mebr-
zahl dieser 69 namen sonst unbekannte^ vielfach sogar ungriechiscbe
WSchwarz: die Danaideni>age. Ujif
formen haben, von den 24 namen gehören 7 zu denen, welch«» hihU
bei Apd. und Hjg. zugleich finden, nemlich PJuippe, Kurydike, KJ«?«/-
patra, Elektra, Agenor, Enkelados und Klytob. di«^ fiam<;rj kofioi«»
deijenige, auf den das Verzeichnis Hygin» zurUck;<<;ht , heibohülUyii,
da sie auch anderweit durch sagen bekannt waren; von 'U'M if flbri
gen namen, die sich zugleich bei Apd. und Hyg. findifu, inuaUi ttr
3 unbedingt behalten, nemlich die der beiden hauptheldirrj, ti^j
Hypermnestra und des Lynkeus, und der Danaide Atnymothtf di<i
nach ihnen die gröste und in gewissem sinne eine Uv.ond«;r«9 rolle
in der sage spielt, auszerdem empfahl hich die l/eibehaltuni^ de«
Aigyptos wegen seines vaterb und des Proteus weg«'n ftein^-r ftugen
berühmtheit: in diesem falle gehen wir sieher, wenn wir tiuaturn
Proteus auf den meergeist dieses namens zurUekfUbreni da er m
nnserm Verzeichnis als der freier eine» zweiten meerwiindirri} , de«
seenngeheuers Skylla, erscheint, ebenso e/npfahl hich (yUry^-titiHtu
als söhn des Pelops. es sind demnach nur noch li nurnen, iiemlich
Olankippe, Dryas und Hyperbios übrig, von denen wir nj<:ljt hm/au
können, aus welchem gründe der verfubher unseren vt^r/junhuhtihn «ie
beibehalten hat, doch liegt die Vermutung nahe, da^z auch hie ttit-M
durch sagen zur beibehaltung empfahlen; Dryas und Jlyperl/io« he
gegnen auch noch sonst in der Hagengebchichte, nur Olaukippe mi
allein durch unsere sage bekannt.
Auffallend ist, dasz in zwei von den na/nen, welelje iiyt/. uwi
Apd. gemeinsam haben, eine vertaubchung von €i und u nUiUUwUti:
Apd. hat KXeiTÖC und TTeipriVTi, Hyg. Clytus und Vymnti. der foini
KXuTÖC kann man nicht ansehen, ob sie die ftltere oder jüngere ibt.
dagegen musz Pyrene jünger, also für Peirene eingesetzt sein, da sich
mit dieser form ein begriff verband , zumal da es der neigüng des
Verfassers des Hyginschen Verzeichnisses entspricht sagen IjerUhmte
namen aufzunehmen, deshalb können wir bei Pyrene nicht an die
PyrenSen denken, um so weniger als aus dem zweiten Verzeichnis
alle geographischen begriffe entfernt sind, wenn aber Pyrene die
jüngere form ist, so musz das zweite Verzeichnis zeitlich jünger sein
als dasjenige Apollodors. dafür sprechen auch in der that viele
gründe, am wenigsten in betracht kommt, dasz der Verfasser des-
selben Clytus für Klei tos eingesetzt hat , da ihm jene namensform
durch die Argonautensage empfohlen wurde, dasz er femer das
weniger verständliche Bromios durch das klare Obrimus ersetzte,
dasz er den Hippothoos in eine Hippotho^ verwandelte , vielleicht
weil eine solche als tochter des Pelias (Apd. I 9, 10), also durch
die Argonautensage bekannt war, dasz er endlich den Argonauten
Asterius einer Asteria vorzog, viel wichtiger sind folgende momente,
die ebenfalls auf ein jüngeres alter hinweisen, die Danaidensage
ist in Argos entstanden^ und vieles wies, wie wir oben gesehen, auf
dieses land hin. 12 namen Apollodors sind argeiischen mythen ent-
lehnt, bei Hygin ist es eigentlich keiner: denn die Amymone muste
er als die zweitberühmteste unter den Danaiden, deren Schicksal
110
W Schwarz: die Daixiiidenaage.
durch ihre liebe zu Poseidon (Äpd. IT 1, 4, 10. ö» 13 f. Pberekydes 13
bei Müller FBG* I 72) eine groäze aus- und Weiterbildung erfahren
hatte, beibehalten, Chryäippus empfahl sich ak söhn des Pelops
wegen seiner allgemeinem bedeutung für die gan^e Peloponnesos;
Agenor konnte beibehalten werden, weil sein name auch sonst häufig
in sagen begegnet, von lo cal arge ii sehen aagt^n ist dt?mnacli nichts
beihobalten worden oder doch wenigstens nichts, das nicht unbedingt
beibehalten werden muste und konnte, unsere sage ist also in der zwei-
ten Fassung vom arg eii sehen boden losgelöst, diese loslösuni^ konnte
aber erst in einer spätem zeit erfolgen, ein zweites moment für das
geringere alter der fassung Hygins entnehmen wir aus dem fehlen
aller geographischen namen. diejenige zeit, welche die bei Apd.
vorkommenden 15 geographischen begriffe personificierte * war die,
in der unter anderm der Stammbaum der Hellenen geschaffen wurde,
es war die atmosphäre^ in der die Hesiodische dich tun gs weise ent-
stand, einer spätem aufgeklärtem aeit konnten derartige personi-
ficationen nicht mehr gefallen, je gröszer und ausgebreiteter das
wissen war, um so weniger konnte man 15 zum teil recht bekannte
geographische begriffe als personen gelten lassen, bei Hjgin Enden
wir deshalb nur noch 6inen, nemlich den namen des Aegyptiaden
Aegjptus, der durch den namen seines vaters geschützt überhaupt
nicht mehr als geographischer begriff erscheinen konnte und er-
schienen sein wird.
Es gehört demnach das Verzeichnis Hjrgins einer weit spätern
zeit an , einer zeit die ausgedehnte geographische kenntnisse besasz,
es entstand in einem andern lande als in Argos, es wurde von einem
manne geschaffen, der nicht Argeier war, der alle localargeüschen
elemente aus dem Verzeichnis tilgte, wo unser Verfasser aber gelebt
hat, läsztsich nur vermuten, wahrscheinlich In einer see- und handels-
gtadt» möglicherweise in Athen*: nach Attika weist aber nur wenig,
nemlich der name Demarchos, ferner Antiochos, der schon genannte
ßohn des Herakles, welcher hcTos der Antiochischen phyle war, Itea^
da nach Androtion 56 (bei Müller FHG. I 377) ein dcmos der phjle
Akamantis so hiesz, und Dolichos, der nach dem hj. auf Dem. löö
fürst von Eleusis war, wogegen dann der name Pandion, der einem
Athener sehr nahe lag, getilgt worden wÄre. das letztere ist frei-
lich an sieb nicht auffällig, da der dichter des zweiten Verzeich-
nisses, obgleich er nachweisbar drei Sagenkreise stark benutzt hat,
abgesehen von Hekabe niemals einen der berühmtesten namen wie
den dcä Herakles oder Prlamos aufgenommen hat besser können
wir die art» wie dieser dichter gearbeitet bat, angeben, die 100
* wie Tiel sn den vorb&Ddenon sa^en ^enndert wurde, kHnn mHn
auch Aua d«r geschichte des NMUpIios» dea Bohnes der Ainymotie» er*
sehen: nucU Apd, 11 1, 6, 14 heimletc er i6c |i^v ot Tp<rnKol X^fouci
KXuM^vr]v . , ihc 6^ ö toüc Nöctouc tp^M^Q<^ <PiXüpaVf thc hi K^pKiu^i
*Hci6vT|V. die tragiker weis»^n imch Atbeü: die sage des NaupUoÄ können
cie lo TerbmduDg mit der der Dannideu dargestellt haben.
WSchwarz : die Danaidensage. 111
namen, die er 8cha£fen mäste, entlehnte er, wie wir geBeben, zum
teil den wichtigsten Sagenkreisen ; sodann benutzte er, aber nur teil-
weise, die localen Überlieferungen, also schon vorhandene verzoicb-
nisse, und an dritter stelle verwandte er, wie es scheint, fremd-
namen.
Im marmor Parium 16 werden Danaiden genannt, die auf der
fahrt von Ägypten nach Argos in Lindos auf Bhodos geopfert haben.
erhalten haben sich nur die zwei namen 'GXiKr] und 'ApX€biKii , die
andern namen kann man nicht restituieren, da wir ungefähr 190
namen von Danaiden und Aigyptiaden kennen und manche nicht
kennen, so ist uns die Danaide Physadeia nur durch Kall imachos
hj. 5, 47 und das dazu gehörige scholion bekannt, die so eben ge-
nannte Helike findet sich auch unter den Danaiden Uygins. es liegt
also auf der band, dasz unser dichter auch die rhodische localtradition
entweder direct benutzt hat oder indirect dadurch , dasz er ein Ver-
zeichnis, in dem dieselbe verwertet war, gebrauchte, aber auch das
durch Apd. auf uns gekommene Verzeichnis hat er benutzt, hat er
doch 16 namen mit demselben gemeinsam, sodann scheint unser
dichter auch fremdnamen verwandt zu haben, wie schon oben ge-
sagt, befinden sich im Verzeichnis ApoUodors 2 — 5 fremdnamen;
weit gröszer ist die zahl derselben in unserm Verzeichnis, diese namen
für verderbt zu erklären liegt kein grund vor. hat der Verfasser,
wie wir oben vermuteten, in einer handelsstadt gelebt, so könnte er
die ihm bekannt gewordenen namen von ausländem benutzt haben,
nm seinem namensverzeichnis den anstrich gröszerer echtbeit zu
geben, was aber hätte dem, der namen von Aigyptiaden und Da-
naiden zusammenbringen wollte, näher liegen können als ägyptische
namen mehr oder minder frei zu benutzen? diese Vermutung läszt
sich natürlich nicht beweisen, aber zu ihrer stütze kann man auf die
namen der Aigyptiaden Eudaemon und Niavius hinweisen : jenen
namen finden wir bei drei Ägyptern, und bei diesem kann man den
Ägyptischen namen Niaq)OC heranziehen.
Wir kennen demnach zwei Verzeichnisse von Danaiden und
Aigyptiaden, von denen das ApoUodors das älteste gewesen sein
wird, während dasjenige Hygins viel jünger, vielleicht ein mach-
werk des Phrynichos, Aischylos oder Aristophanes ist, welche Da-
naiden gedichtet haben, daneben schuf die localtradition an der
sage weiter, sowohl die von Argos, die noch eine sonst unbekannte
Danaide Physadeia kennt, als auch die von Rhodos, durch die der
name einer sonst unbekannten Archedike auf uns gekommen ist.
Unter diesen Verzeichnissen hat für uns dasjenige ApoUodors
das gröste Interesse, weil es einiges licht auf die zeit vor etwa 800
vor Ch. wirft, es gibt uns mit der geschichte in einklang gesetzt
einen einblick in die Verhältnisse, die damals auf dem mecre, zumal
an der nordküste Ägyptens herschten; es lehrt uns aber auch, wie
weit um diese zeit der geographische horizont der argeiisch- dorischen
Griechen gewesen ist: es lehrt uns, dasz derselbe Ägypten mit den
112
WPökel: zur Odyssee [t 269].
Städten Memphis, Busiris und Elephantino, Pbönikien mit Tyros,
Arabien, Äthiopien, Klfinasien mit dem flusz Hermos und von
Europa auszer Arges Attika und Pierien sowie die Inseln Rhodos und
Imbroä umspannte, dasz das wissen von der erde von der Donau bis
nach Äthiopien, von 45 — 24* n. b. und von 6** w* — 35^ ö. l, nem-
lieh YOii der stadt Lixos bis Arabien reichte, also mehr als 20 hreiten-
und mehr ala 40 längengrade umfaszte.
Neuwied. Wilhelm Schwarz.
13.
ZUE ODYSSEE.
Y 263 6 b* (sc. AiTicOoc) euKTiXoc juuxqj *'ApT€Oc iTTiroßöioio
TToXX' *ATOt;^efuvovenv äXoxov eAtecK' ^Treecciv*
265 iih' f\ TOI To irpiv ^ev dvaivexo ^ptov deiK^c,
5Ta KXuTaijuvrjcTpfi' tppeci yäp Kcxpri^' ckTCtOrjciv*
TTÖp yäp ir}v KOI doilJÖc dvrip^ {p ttöXX* eir^xeXXcv
*ATp€l?)r|C TpoiT]vbe Ktibv eipucöai ökoitiv.
ÖXX* öte 5ri M*v poipa Oeüjv enebiice bajLtfjvai,
270 bfi löte TÖv M^v doiböv äjmv ic vfjcov ^prmriv
KdXXiTTev oiujvoktv ^Xtwp Kai Kup^a Ttv^cOai ,
Tf]V b* dBtXujv €6^Xoucav dvriTaTev övbe bö^ovbe.
Faesi: «p.iv geht auf Aigiäthos als die hauptperson und den frevler
(2ö4 f.), den die verdiente strafe erreich*^ii sollte und der eben
darum das verbrechen vollbringen und während geraumer zeit der
fruchte destjelben genieszen muste (305): vgl c löö. € 628 f.
N 602 f,^ Hinrichs fügte hinzu: 'andere beziehen wegen des TÖ
TTpiv nev 265 piv auf Klytaioinestra, wobei mau aber 270 eine her-
vorbehung des subjects Aigisthos erwarten müste/ dagegen sagtey
ich im Prenzlauer programm 1861 s* 3: 'ich kann mich nicht über-i
2eugen, dasz die beziehung des jiiv auf Aigistbos die richtige sei,
da sie doch kein starkes TTpuj6ycT€pov dem göttlichen sänger zuzu-
muten uns zwingt^ wenn er nach dieser erklärung uns das im rate
der götter über Aigisthoa beschlossene verderben s^owohl vor seinem •
bauptverbrechen als auch vor der diesem noch vorauf gehenden'^
fre veithat an dem sKnger melden wolUe. meine gründe weiter aus-
einanderzusetzen überbebt mich Nitzschs erklSrung, die scharf und
bestimmt als allein richtig hinstellt, dasz pi\v sich auf den sänget
beziehe, «von ihm ist der gedanke des hörers voll: er bildet die
krisiSf denn so lange die götter ihn schützen, ist für Aigistbos nichts
zu hoffen, lange konnte er ihn nicht überwältigen: als aber das
göttergeschick den tod des verfolgten bestimmte, da führte er (wer
anders als Aigistbos?) ihn, den Sänger — sie aber usw, . * de«
Aigisthos tod folgt erst au$ dem morde des Agamemnon* »'
PRENZLAU. WlLHBLIf PÖKEL.
FCauer : anz. ▼. BEeil Solonische Verfassung in Aristoteles 'A6. iroX. 1 13
14-
DIE 80LONISCHB YEBFA8SUNO IN ARISTOTELES VERFASSUMSOESCHICHTB
ATHENS. VON DR. BrUNoKeIL, PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT
8TRASZBURG. Berlin 1892, R. Gaertners verlag. 248 s. 8.
Bnmo Keil stellt sich zu den bisherigen Untersuchungen über
die 'AOiivaiuJV troXiTeia insofern in gegensatz , als , wie er sich aus-
drückt, alle die bisher ihre aufmerksam keit diesem funde zugewandt
haben sich überwiegend mit fragen der höbern kritik beschäftigen
und darüber die einzelerklärung vernachlässigen , während er seine
aufgäbe darin sucht, das Verständnis einzelner stellen zu fördern,
ich möchte bezweifeln , ob der vf. den unterschied seiner methode
von der anderer forscher damit richtig bezeichnet, letztere sind doch
auf ihre allgemeinen ansichten eben durch einzelne stellen geführt
worden und widmen (zb. Rühl) der erörterung einzelner stellen einen
breiten räum; und auch BEeil erklärt ja ausdrücklich, dasz er das
ganze stets im äuge behalten will, in der that sind seine ausfüh-
rungen getragen von einer sehr entschiedenen gesamtansicht; und
diese kann er doch nur auf demäelben wege gewonnen haben , den
wir gegangen sind, durch beobachtung, prüfung und Zusammen-
fassung von einzelheiten. der unterschied besteht nur darin , dasz
Keil den inductiven teil seiner arbeit nicht mit vorlegt, sondern die
gesamtansicht, die er gewis durch sehr sorgfältige er wägungen sich
gebildet hatte, für den Zusammenhang des gegenwärtigen buches
als gegeben voraussetzt und aus ihr die behandlung der einzelnen
anstösze ableitet, wer untersuchen will, wie weit ihm das gelungen
ist, musz ebenfalls die Voraussetzung des vf. an die spitze stellen.
sie ist eine doppelte: erstens dasz die 'A9r]vaiuJV TToXiieia von
Aristoteles verfaszt sei ; zweitens dasz Aristoteles nichts geschrieben
haben könne, was nicht wenigstens für die Verhältnisse seiner zeit
mustergültig wäre.
Wie hoch Keil von Aristoteles denkt, zeigt er vornehmlich da,
wo er den brief irepi ßaciXeiac, den Nissen als Aristotelisch ver-
wertet, vor allem deshalb für unecht erklärt, weil der Verfasser eine
'Unfähigkeit und exilität des hirnes' an den tag lege, die er Aristo-
teles nicht zutraut (s. 139). auch in der 'AGrivaiiüv TToXiieia findet
er 'wissenschaftliche ruhe' (s. 92) und 'verständiges urteil* (s. 168)
bewährt, anderseits stellt er die glaubwürdigkeit der neuen quelle
nicht mehr so hoch wie früher, während er vor anderthalb jähren
die autorität eines Thukydides über bord warf, weil er über The-
mistokles anders berichtete als die 'A9. ttoX., scheint er (s. 227)
jetzt in der Thukydides widersprechenden angäbe der 'AO. ttoX. einen
Irrtum zu erkennen, solche irrtümer erklärt er teils (s. 168) aus
der beschaffenheit der benutzten quellen, von der er eine wesentlich
geringere meinung hat als zb. Diels und Gomperz, teils aus der philo-
sophischen tendenz, durch die sich Aristoteles habe leiten lassen
(s. 227 f.). Keil glaubt nemlich erkannt zu haben, dasz Aristoteles
Jahrbücher f&r olass. philol. 1893 hft.2. 8
114 FCauer: anz, v. BKeil Solonißche verfaeaung iu AmtoteleB 'A6. ttoX.
nach einer gruppe von nachricliten, insbesondere nach den Soloni*
sehen gedichten, sieb eine bestimmte anBicht vom gange der athe-
nischen geschieh te gebildet und alle andern nachrieb ten» je nachdem
eie dieser grün d an sieht entsprachen oder nicht, anfgenommen oder
verworfen habe, dazu stimmt es denn freilieb, daiäz er mehrfach
nach Keilä eignem urteil (s. 228) die objectivität vermissen läszt^
die der historiker gegenüber den subjectiven el cm enten seiner grund-
anschauung immer wahren müsiief um gerecht zu bleiben.
Ich will nicht fragen, ob man einem historiker dieses Schlages
noch wiäsensehaftliche ruhe und verständiges urteil nachrühmen
kann, die entBcheidende frage tst die^ ob sich die tendenz, durch
welche nach Keils ansieht auswabl und Würdigung der tbatsachen
bestimmt ist, wirklich in der 'A9. ttoX, nachweisen läszt. Keil meint,
Aristoteles habe in der SoloniJicben Verfassung das ideal der |üi^cti
TToXiTeioi verehrt und in der athenischen Verfassungsgeschichte von
Solon abwärts einen beständigen verfall bis zur extremen demo-
kratie gesehen, aber dem widerspricht entschieden das bild, das
gerade die *A0. TToX. von der läge der Athener unter Solon zeichnet,
kein wort davon, dasz sie sich bei seinen gesetzen besonders wohl
befanden hätten und immer tiefer ins elend geraten wären, je weiter
sie sich von Solon entfernten, vielmehr erfahren wir, dasz die Un-
zufriedenheit der niedern classen sich nach Solons reform noch
wiederholt gewaltsam luft machte ^ und dasz erst Peisistratos es
verstanden hat dem volke ein gesichertes und behagliches dasein zu
verschaffen, als eine zeit, während deren die leitung des Staates sich
in besonders guten bänden befand^ werden die jähre nach der Schlacht
bei Salamis gerühmt, also eben die Jahre^ in denen die Seemacht auf-
blühte und so die demokratie vorbereitet wurde, als leitende Poli-
tiker während dieser jähre nennt der Verfasser ausdrücklich Themi-
stokles und Aristeides, also gerade diejenigen, die er nach Keils
ansieht als demokratische staatsv er derber brandmarken muste. an
der stelle endlich, wo nach Keils ansieht Aristoteles der historischen
darstelluDg ein ende macht , weil nun das volle verderben über die
Athener hereinbräche und die weitem einzelheiten kein inte res se
mehr hätten (s. 233), eben an dieser stelle (cap. 40. 41) wird dem
volke ein doppeltes lob gespendet : die demokraten werden gerühmt,
weil sie ihren sieg mit mäszigung gebraucht haben , und es wird
gebilligt, dasz die richterlichen competenzen des rates den volks-
gerichten übertragen worden sind.
Das günstige urteil über die Volksgerichte scheint auch Keil
etwas stutzig gemacht zu haben, er meint (s. 239) es daraus er*
klären zu können, dasz Aristoteles auch da, wo er mit schwarzen
f&rben male, ein wort der anerkennung finde, wo er auf eine institu-
tion zu sprechen komme, die zu seinen philosophischen anschauungen
stimme, man wird gern die mögliohkeit zugeben, dasz Aristoteles
ein solches masz von objectivität besessen habe, aber wie sollte ein
historiker, der, wie ja gerade Keil annimt^ die auswabl aus seinen
FCaoer: anz. v. BKeil Solonische verfaflsiing in Arittotelei 'A0. nok, l \f^
quellen nach dem maszstabe einer Yorgefafazten anjeicbt traf, ko dMx
er erzählnngen von geringem werte als wahr hinnahro , wenn sei« zu
seiner tendenz passten, und gute Überlieferung mi>,a/;bt^t« , wo >,m
seiner tendenz unbequem war, wie sollte der in der wUrdiguAg d^r
thatsacben gerecht genug gewesen sein, eine institutioa zu lo^/eu,
die im gegnerischen System wurzelte? vollends undenkbar ut <r)c,
dasz gerade die volksgerichte den beifall des philoisopben g«?fund<;a
haben könnten, was hatte er überhaupt an der demokratif; nu^/.u
setzen, wenn er die allgewalt der volkegericbte billigte? di^ volki^-
gerichte Waren die grundlage der demokratie. wer die volk«;/ericbt^
lobt , der bekennt sich zum demokratischen prinoip.
In anderm zusammenhange geht auch Ke«l von dem gedanken
ans, dasz die athenische Verfassung ihren demokratihehen charakUr
eben durch die volksgerichte erhalten hat. er meint ^n. 2.01 ,, AruU^«
teles habe in der 'A6. itoX. vor allem den zweck gehabt zu ^/eweiv;ri,
dasz Solon dem volke die richterliche gewalt in ihrem »^pUUsrrj um-
fange nicht gegeben hätte, mithin kein demokrat, sondern ein ^^coc
gewesen wäre, eben diese stelle ist für Kelbi ganzen beweji» ent-
scheidend, denn wenn es Keil gelungen ist zu zeigen, daisz der Ver-
fasser der 'A6. itoX. wirklich Solon als das ideal eine« gemähzigten
geaetzgebers hingestellt hat, so musz seine ansieht, er habe nun alJe
übrigen erscheinungen der atheni&chen verfaAounghgehchichU; an
diesem ideale gemessen, immerhin einer genauen prüfung unter-
zogen werden; wenn sich aber herausstellen sollte, da^z der autor
die bedeutung der Solonischen gesetze anders beurteilt hat al» Kell
annimt, so fallen alle aus dieser annähme gezogenen consequenzen
in sich zusammen, die einzige thatsache aber, da.-.z der Verfasser
der *Ad. itoX. Solon für den Urheber der volksgerichte gehalten hat,
reicht aus um zu beweisen, dasz er in ihm das ideal eines ^^coc
nicht verehrt haben kann.
Wie Keil das neunte capitel der *A9. ttoX. versteht, soll es dar-
legen, dasz Solon bei der einfübrung der volksgerichte nicht die ab-
sieht gehabt habe, dem volk eine entscheidende gewalt in die bände
zu geben, und dasz es nicht in meinem sinne gewesen sei, wenn die
gerichte später eine solche gewalt an sich rissen, gesagt wird aber
nur, dasz es nicht bö&er wille war, wenn Solon seine gesetze un-
deutlich abfaszte, so dasz später die thätigkeit der volksgerichte
nicht allein darin bestand, geltendes recht anzuwenden, sondern
auch darin , neues recht zu schaffen, wenn Solon seine gesetze ab-
sichtlich in vieldeutigen ausdrücken abgefaszt, wenn er einer poli-
tischen tendenz zu liebe ein unsicheres recht geschaffen hätte, so
würde ihn ein schwerer moralischer Vorwurf treffen, diesen Vorwurf
weist der Verfasser der 'A9. ttoX. als ungerecht voll entrüstung zu-
rück, dasz aber Solon dem volke überhaupt eine gerichtsbarkeit
verliehen habe, bestreitet er keineswegs ; ja er hält diese gerichtsbar-
keit für so umfassend, dasz schon sie seiner meinung nach ausreichte
dem politischen leben einen demokratischen Charakter zu geben.
8^
1 16 FCauer; au», v, BKeil Soloniflclie verfasaung in Ariatoteleß 'A8. iroX,
Der abschnitt über die volksgericbte der Soloniscben zeit be-
ginnt mit folgendem saUe: bOKei hl tt\c CoXtuvoc TToXtieiac Tp(a
TOUT' €lvai TOt bfl^OTlKOJXaia* TTpUJTOV ^ev KQI jiCTlCTOV TÖ \ii\
baveil^w im toTc cuu^aciv, ^Treiia t6 e£€tvai tüj ßouXon^viji
Ti^ujpeiv iiTiep TUJV dbiKou)i£ViJuv , ipiTov 5e, <^\h KaXy ^aXicid
(paciv kxuK^vat tö irXiiSoc, f] €ic tö biK<acTripiov> ^qpecic^ KÜpioc
■fap uiv h btijutoc xfic i|jr|<poii KÜpioc TiTvexm Tf|c TToXiieiac. bei
einem urteile, das mit boK€iV eingefübil wird, kann es an sich
zweifelhaft sein, ob der Verfasser seine eigne ansieht wiedergibt
oder eine fremde, die er nicht teilL aber im vorliegenden falle
kann keine frage sein, dasi der satz mit bOK6T der meinung des Ver-
fassers ausdruck gibt* zu der von Paul Cauer (in diesen jabrb. 1892
ß. 584 ff.) gegebenen allgemeinen begründung tritt folgende beson-
dere erwÜguDg. drei maszregeln Solone werden in gleicher weise
als demokratisch bezeichnet: das verbot der schnldknechtschaft, die
einführung der öffentlichen klagen und die einführung der appella-
tion an die volksgerichte, dasz Solon die scbuldknecbtschaft auf-
gehoben hatte, um das volk zu erleichtem, hat der verfasset vorher
als thatsache erfühlt, wenn er also die au Hebung der sehuldknecht-
acbaft für eine volksfreundliche maszregei erklärt und dies urteil
mit bOKet einleitet, so will er damit blosz seiner eignen ansieht einen
durch boKei gemilderten ausdruck verleihen, wenn aber eines der
von bOKei abh^gigen glieder eine ansieht des Verfassers wiedergibt,
so ist es unmöglich, dasz ein anderes dieser glieder eine an siebt ent-
halten sollte» die der Verfasser als ihm fremd oder gar verkehrt ab-
lehnen wollte, mithin hat der Verfasser selbst schon die von Solon
dem Volke verliehene gerichts barkeit, obgleich sie, wie er wohl
wüste, nicht so ausgedehnt war wie die spätere, für eine demokra-
tische Institution gehalten, denn schon die gewalt, die Solon dem
Volke über den stimmstein gab, schien dem autor ausreichend, nm
ihm die gewalt über den staat zu verschaffen, in einem gesetzgeber
aber, der seiner ansieht nach die grundlegende Institution der demo<-
kraiie ins leben gerufen hatte, kann er nicht das Ideal eines ge*
mttszigten Staatsmannes verehrt haben, wenn er also andere Poli-
tiker verurteilt^ so kann ea nicht deshalb geschehen, weil sie diesem
ideale nicht entsprachen.
So wenig Keils ansieht von der tendenz der *Aö. iToX. sich gegen-
über einer eindringenden prüfung aufrecht erhalten läszfc, so darf
man doch nicht verkennen, dasz auch dieser lösungs versuch sein ver-
dienst hat. alle versuche die zahlreichen anstösze dieses buches aus
einer tendenz des Verfassers zu erklären sind gescheitert \ weder die
makedonische gesinnung, der Nissen in so geistreicher und scharf-
sinniger weise nachgespürt hat, noch eine demokratische, wie ich sie
früher annahm, noch die gemäszigt aristokratische, die jetzt Keil in
Vorschlag bringt, läszt sich nachweisen, und wenn verschiedene
forscher die purteistellung des Verfassers so verschieden auffassea
konnten, so liegt darin ein beweis, dasz er sich überhaupt durch
FCftoer : anz. v. BEeil Soloniscbe Terfunmg io Arutotelei 'M. iroX. 1 ] 7
keine ausgesprochene politische überzcfügung bat leiten lavM;o. our
darf man nicht meinen, er sei ans hi^torlscber obj^^ctivit&t üU^r d«n
gegensätzen der parteien erhaben gewe&eo : vjeJmebr reichten ^Urs
seine geistigen kräfte nicht aos sieb irgend eine theorie klar tn
machen nnd die thatsacben darauf hin zu prüfen, ob »-le ru &wi^r
theorie stimmten.
Da Keil sich durchweg von seiner gebajTitanfcicbt Jeit< o ift«tt,
80 ruft seine bebandlung vielfach auch an solchen hieUeo >x;defiken
hervor, die mit dem bauptbeweise weniger eog zufearfirfjeubftcigeo«
mit recht constatiert Keil (s. 168) , dabz Ober die BoloDi>^cbe ujQuz'
reform in der 'A9. ttoX. ein irrtum vorliegt, feie J>ebaufA^, Bol</n
habe den mfinzfusz erhöbt; die funde beiststigen Plutarcbs i>ericbt,
wonach Selon den münzfusz herabgesetzt bat. eh kaoo vicb nur
dämm handeln, wie der irrtum in der 'A6. ttoX. entstanden ivt. Keil
meint, Aristoteles habe dem berichte Androtions, dem PJuUrcb an
dieser stelle folgt, widersprechen woUeu. aber wenu tuau den Wort-
laut beider stellen vergleicht, wie sie gerade Keil ts. WA) D«ben
einander gestellt hat, so liegt eine andere erklärung uftber, die frei-
lich auf die fassungskraft des vermeintlichen Aristoteles wieder ein
bedenkliches licht wirft, obscbon es nicht völlig sicher ist, ob Flu-
tarch noch in diesem satze wie in dem unmittelbar vorhergehenden
eine nachricht Audrotions mitteilt, so kann doch kein zweifei f>ein,
dasz er den beriebt einer Attbis wiedergibt, diesem berichte kommt
die 'A6. ITOX. im ausdrucke so nahe, dasz ihr Verfasser offenbar aus
derselben Attbis geschöpft hat; in der sache sagt er genau das
gegenteil.
Plut. Solen 15 *Ae TioX. 10
^KQTÖv TotP ^TTOiTice bpax^Äv Kaif) ^vä7ip6T€pov<?XKO>uca
Tf|V jiväv TipÖTcpov ißöo|ir|KOVTa Tiap* 6<Xi>T0V ißöOjiriKOVTa
Kttl xpiiüv oöcav. bpaxMctc dveuXripiuBTi ^Kaiöv.
beide darstellungen stimmen darin Uberein, dasz die mine vor
Selon 73 , nach Selon 100 drachmen enthalten habe, aber bei Plu-
tarch ist die mine die feste grösze, in der 'A9. ttoX. die drachme.
wenn Selon dieselbe mine in eine gröszere anzabl von drachmen
teilte, so hatte er den fusz der drachme herabgesetzt; wenn er von
denselben drachmen eine gröszere anzabl zu einer mine zusammen-
legte, so hatte er den fusz der mine erhöbt, beide berichte sind
darin ungenau , dasz sie so lauten , als habe vor Selon die mine nur
73 drachmen enthalten, während in Wirklichkeit der gröszern drachme
auch die gröszere mine entsprach, diesem TTpujTOV i|i€Oboc entsprang
der weitere irrtum, dasz Plutarch die vorsolonische mine, der Ver-
fasser der *A9. ttoX. die vorsolonische drachme der spätem gleich-
setzte , mitbin für zu klein hielt.
An diese numismatische erörterung knüpft sich am besten ein
anderer punkt an , in dem Keil ein aus der gescbichte der Währung
erwachsendes bedenken mit gründen zurückweist, die mir nicht stich-
haltig erscheinen, gegen die richtigkeit der Schilderung , die in der
118 FCauer ; anz. v. BKeil Soloniache yerfaasttng in ÄriBtoteles *A6. troX.
'AO, TToX. von der Verfassung Drakons entworfen wird, hatte ich
('hat Aristoteles die schrift vom Staate der Atbener geschrieben?'
[Stuttgart 1891] s. 70) eingewandt, dasz in dieser Verfassung Ver-
mögensstrafen in geld normiert werden, während wir aua Poüui
(IX 61) wissen, dasz ürakon viehbuszen angeordnet bat. dem gegen-
über bemerkt Ktsil (s. 97 anm. 2), wenn ich das von ihm gebrauchte
bild recbt verstehe » es sei keineswegs unmöglich gewesen, dasz in
Attika Zahlungen zu gleicher zeit in geld und in vieh geleistet wurden.
niemand hat diese mdglicbkeit bestritten; cursieren doch auch heute
neben den mtinzen des markfusÄes noch die alten thaler, in grenz-
gegenden auch münzen verschiedener Staaten neben einander, und
von der Umgangssprache werden sogar werte in veralteten und frem-
den nominalen ausgedrückt, aber ebenso wenig wie ein heutiger
gesetzgeber noch nach thalern rechnen kann, nachdem längst die
mark Währung eingeführt worden ist, hat ein athenischer gesetzgeber
nach ochsen rechnen können, nachdem die d räch menwäh rang von
Staats wegen eingeführt worden wan
Als beweis für das hohe alter der in der 'A0. ttoX. geschilderten
'Drakontischen Verfassung' führt Keil (s. 96) die ungerade zahl der
buleiiten (401) an, welche aus derselben zeit stammen müsse wie
die ungeraden zahlen anderer bebßrden (9 archonten, 11 ^vbCKa,
51 epheten). er schlieszt hier nach einer methode, die sich durch
das von ihm s. 97 angewandte sehema^ nur mit einer kleinen modi-
fication, deutlich machen liesze: einige ämter mit ungerader zahl
stammen aus sehr alter zeit, die bnle bildete ein amt mit ungerader
zahl, folglich stammt die bule aus sehr alter zeit, auf den gedanken
collegialischen bebörden eine ungerade zahl zu geben, damit Stimmen-
gleichheit ausgeschlossen wäre, konnte man zu allen Zeiten kommen,
am allei-wenigsten war es statthaft hier die neiinzahl der archonten
zu verwerten : denn gerade aus der *A6, iroX. erfahren wir, dasz erst
Solon die neun archonten als collegium constituiert hatj vorhergab
ea drei einzelbeamte und sechs thesmotheten. ein weiterer beweis
für da? alter der Drakon zugeschriebenen Verfassung soll in der höhe
der angegebenen geldstrafen liegen, in der Eeü (s, 97) Drakonische
strenge erkennt, aber natürlicher ist es die höhe der strafsummen
daraus zu erklären , dasz diese Verfassung zu einer zeit construiert
wurde, wo das geld im werte stark gesunken war.* endlich findet
Keil ein zeichen einer kleinen bürger^chaft» mithin einer frühen zeit,
in der bestimmung, dasz niemand ein amt zwei mal bekleiden sollte,
bis alle bürger an die reihe gekommen wären, nun belief sich aber,,
gerade unter den oligarcben von 411 die gesamtzahl der vollberecW
tigten bürger auf öCKK). wenn man den rat zu den dpxöi rechnet,
wie in dem fraglichen satze der 'A6, ttoX. (4, 3) geschieht, so betrug
die zahl der jahresbeamten mindestens 500, und im verlaufe von
* wie gewahi^ vom eiebenten bis zum vierten jh, dag j^eld au katif^
kraft verlor, betont mit recht Pränkel (rhein. mua. XL VII e. 481).
FCaner: anz. y. BKeil SoloDiuche Verfassung in Aristoteles *A6. iroX. 119
höchstens zehn jähren wurden in Athen so viele heamte bestellt,
wie die bürgerschaft köpfe zählte, wir können also an der von Keil
henroi]gehobenen bestimmnng von neuem erkennen, wie die angeb-
liche ver&ssnng Drakons dem unter den vierhundert herschenden
zustande ähnlich ist.'
Die besprochenen punkte sind nicht die einzigen, in denen Keil
die angaben der 'Ad. ttoX. deshalb falsch versteht und verwertet,
weil er von der intelligenz und glaubwürdigkeit des Verfassers eine
zn hohe meinung hat. wo diese meinung nicht ins spiel kommt, hat
er zum teil sehr hübsche und sichere resultat« gewonnen, so beweist
er gegen Nissen , dasz weder die Politik noch die 'AG. iroX. im auf-
trage und für den gebrauch der makedonischen regierung abgefaszt
worden sein kann (s. 128 — 150); er entdeckt (s. 122 f.) für die ab-
fassungszeit der Politik eine bisher nicht beachtet« untere grenze in
dem umstände, dasz s. 1321* 26 Theben als bestehend erwähnt wird,
er vergleicht die berichte der 'AB. ttoX. mit Plutarch und Isokrates
und bestätigt nicht nur (s. 57), was schon Bühl erkannt hatte, dasz
in der 'A9. ttoX. dieselbe Atthis benutzt ist wie bei Plutarch, son-
dern stellt auch fest (s. 91), dasz der Areiopagitikos und die *A9.
TToX. 6ine quelle gemeinsam haben, vor allem aber sind die stilisti-
schen Untersuchungen von bleibendem werte, die durch umfassende
* wie unhaltbar die angaben der *A6. iroX. über Drakon sind, bat
Deuerdings wieder Fränkel bewiesen, indem er den versneben das meer
sachlicber anstösze mit dem Danaidenfässe pbilologiscber emendation
anszuscböpfen einen weitern zufügt, dieser versuch ist den strengen
anforderungen, die sein urbeber selbst stellt, in keiner weise gewachsen.
er betont (rh. mus. XLVII s. 474) mit recht, dasz nur der weg der
besserung die gewähr der richtigkeit in sich trägt, der alle anstösze
auf einheitliche weise zu entfernen im stände ist. der ärgste anstosz ist
unstreitig der, dasz der census der Strategen zehnmal so hoch angegeben
wird wie der der archonten. diesen anstosz meint Fränkel (ao. s. 478)
zu entfernen, indem er eine lücke annimt, in der der name eines amtes
ausgefallen sein soll, zu dem der hohe census, und ein niedriger census,
der zum amte der Strategen gehörte, gesetzt, Fränkels emendation
wäre aus textkritischen gründen wahrscheinlich, so würde sie doch
immer nur ^inen anstosz entfernen und alle andern unangetastet lassen,
einen dieser weitern anstösze erörtert Fränkel (s. 481) selbst, indem er
sieb mit recht darüber wundert, dasz unter Drakon neben einander die
Dach ernteerträgen abgestuften vermögcnsciassen und ein geldcensus
für die einzelnen ämter bestanden haben sollen, die lösung dieses
Widerspruchs findet Fränkel in der annähme, je ein geldcensus und ein
naturalcensns hätten sich entsprochen: das einkommen der pentakosio-
medimnen und 100 minen, das der hippeis und zehn minen, das der
zeugiten und fünf minen. aber wenn wir selbst von der frage ganz
absehen, ob die von Fränkel einander gleichgesetzten Vermögensstufen
in Wirklichkeit ein gleiches materielles niveau bezeichnen (eine frage
die entschieden zu verneinen ist) , so bliebe es immer noch rätsel-
haft, weshalb der Verfasser es dem leser überläszt einen so wichtigen
parallelismus zu erraten, indem Fränkel den von ihm so hoch ge-
schätzten Verfasser von dem vorwürfe eines verzeihlichen irrtums zu
entlasten sucht, bürdet er ihm eine schwere schriftstellerische Unter-
lassungssünde auf.
120
WPökel: zur üdyaeee [ß 30 J,
zusammenstelluiigeD zeigen, mit welcher Sorgfalt die spräche der
*A9* TTOX. gefeilt ist
Dii^ge und manche äbnliche proben lassen den fleisz, den scharf*
sinn und die gelehrsamkeit des vf* erkennten, wenn es ihm trotzdem
nicht gelungen ist die hauptaufgahe, die er sich gestellt liatte, zu
löseni 80 musz der grund doch wohl in der art dieser aufgäbe liegen*
Keil wolUe nachweisen, von welcher politischen tendenz der autor
der 'A8. TioX. erfüllt gewesen sei; aher er hat es unterlassen die Vor-
frage zu erledigen, ob ihm seiner ganzen geistigen art nach eine be-
wuste tendenz und klare grundanschauung überhaupt zugetraut
werden könne, allerdings gehört diese vor frage dem gebiete der
sog, hShern kritik an, und von dem wollte Keil sich nach möglich-
keit fern halten, dies ist ihm insofern gelungen, als er eine ausdrücke
liehe erörterung jener probleme vermieden bat; aber indem er nun
mit der durch^hrung seiner eignen hypothese scheiterte , hat er es
selbst am deutlichsten bewiesen ^ dasz eine fruchtbare einzelerklä-
rung gar nicht möglich ist, wenn man nicht zu der gesamtfrage klar
und entschlossen Stellung nimt
TüBiNa&N. Friedrich Cauer.
(13.)
ZÜB ODYSSEE.
ß 30 f\i Tiv' ÖTT^Xinv CTpaxoö f kXucv ^pxofu^voio ,
^v x' h^iy cct<pa efiTOi, öie irpötcpöc T€ ttuBoito.
in Faesis ausgäbe hat sieh bis zur achten von GHinrichs besorgten
aufläge folgende erklärung erhalten: «dpx^M^voio. von einem kom-
menden» nahenden, vgl* a 408 mit ß 215.» im programme ?on
Prenzlau 1861 habe ich s. 3 dagegen eingewandt, was zu wiederholen
ich nicht für überfltlssig erachte: ^px€c6ai heiszt, wie ja auch sonst
in poenie und prosa (vgL die erklärer zu Xen. anah. II 1, 1 und
Thuk, I 117, 2) so ganz besonders hHufig in der Odyssee zu r tick -
kehren und wird namentlich von Odysseus und der Achaier rUck-
kehr von Troja gebraucht, so von Odysseus a 168 €1 irep Tic diri-
xOoviuJv dvÖpLüTriüv «p^civ dX€ÜC€c6ai vgl. ^150 ovb' kri (pf)c6a
K61V0V dXeucecöai» oder von Menelaos a 286 Se Top beuiaioc fjXöev
'Axaiujv. so tsagt Nestor zu Telemachos T 184 ^<^ i'iXeov, qplXe
T€KVOV, (JireuÖtic (vgl 194) und b 82 Menelaos zu eben demselben
Öf^oäTUi ?TCi tJXOov, und )j 17 erzählt der held selbst oiib' dpa
KtpKnv il 'Aibeuj iX8övT€C ^XriOo^ev. Eurylocbos sagt zu Odysseus
IC 267 oÖT* auTÖc ^Xcuccm oöre xiv' fiXXov dHeic cujv dtapiuv, und
P 176 steht oiKttb' ^XeucccOat wie t 313 ofii' *Obyceuc ^xi oIkov
U€\JC€Tai. vgl. noch t 233. € 220. X 432. v 132. tt 453 uast,
pR&NZLiiu. Wilhelm Pökel.
SBrandt: über den Yerfaseer des buches de mortibtu perieeutorum. 121
15.
ÜBER DEN VERFASSER
DES BUCHES DE MOBTIBUS PEBSECÜTOBÜM.
In zwei abbandlungen 'über das leben des Lactantius' und ^über
die entstebungsverbältnisse der prosascbrifben des Lactantius und des
buches de mortxbus persecutorum\ die in den sitzungsber. der Wiener
•kad., phiL-hist. cl. bd. CXX (1890) abh. V und CXXV (1891) abh. VI
erschienen sind, habe ich mich in der Streitfrage, ob das buch de mor-
Uhus perseadorum von Lactantius herrührt oder von einem andern,
auf die seile derer gestellt, die sich für das zweite entschieden haben,
meine beweisführung hat neben völliger Zustimmung zu dem resultat
(so CWeyman litt, rundschau f. d. kath. Deutschland 1892 s. 139
und bist, jahrb. 1892 s. 331; Wölfflin archiv f. lat. lexikogr. VII
8.615; Wendland DLZ. 1892 sp. 1387; Crivellucci studi storici
1892 8.267) und neben beurteilungen, die wenigstens anerkannten,
dasz durch sie die erstere ansieht sehr fraglich geworden sei (von
einem anon. im theol. litt.-blatt 1892 s. 245; GKrüger tbeol. LZ.
1892 s. 325; Petschenig Berliner philol. wschr. 1892 s. 1107) auch
lebhaften Widerspruch gefunden, ich hatte dies nicht anders erwartet,
ftls ich mich gegen eine seit langer zeit so verbreitete und so be-
stechende hypothese erklärte, zuerst veröffentlichte pro f. Belser von
der kath. -theol. facultät in Tübingen eine ausführliche entgegnung
in der theol. quartalschrift 1892 s. 246 ff. 439 ff., dann folgte eine
rec. ebenfalls von einem theologen , prof. Jülicher in Marburg, bist,
ztschr. 1892 s. 319, die, in so freundlichem tone sie auch gehalten
ist, doch mit den werten schlieszt: Mch hoffe an anderm orte meine
bedenken ausführlicher erörtern zu können; fest übcfrzeugt von der
Identität des Lactantius mit dem vf. der mortes bin ich nie gewesen,
seit Brandts Lactantius -apologie bin ich fast mehr geneigt jene
zweifei zu überwinden als vorher.* prof. Jülicher hat mir auf eine
briefliche anfrage^ wann er die in aussieht gestellte kritik veröffent-
lichen werde, geantwortet, dasz andere arbeiten es ihm noch nicht
erlaubten eine bestimmte zeit anzugeben: ich musz mich also zu-
nächst an seine kurzen bemerkungen in jener rec. halten, endlich
gieng mir durch den vf., hrn. cand. th. Ad. Groscurth in Berlin, eine
'dissertatio philologica' zU; die jedoch nicht unter den auspicien einer
facultät veröffentlicht ist, 'de auctore libri qui est Lucii Caecilii ad
Donatum confessorem de mortibus persecutorum' (Berlin, druck von
Streisand, 1892), die gegen PMeyer und mich gerichtet, ebenfalls
Lactantius als vf. der mortes festhält, obgleich nun diese abh. im
august 1892 erschien , ist dem vf. die zweite und wichtigst« meiner
arbeiten, 1891 erschienen, ganz unbekannt geblieben, er bekämpft
nur die vorläufigen bemerkungen, die ich in der ersten gab, deshalb
ist dieser angriff von vorn herein höchst unvollständig, ich habe
nun die gründe welche meine gegner, sowie manche bedenken die
122 SBrandti über den Yerfatßer de» buches de mortibus pcrsectäorum.
andere recensenten angeführt hab<^ii, geprüft, bin Jedoch durch sie
in der Überzeugung, die ich mir seit jähren gebildet habe, keines-
wegs wankend gemacht ^ vielraebr noch befestigt worden, man hat
keinen für das bauptresultat entscheidenden neuen satz gegen mich
vorgebracht, die abwehr meiner arguroente aber erscheint rairnictit
als eine wirkliche abwehr. doch haben die angriffe für einige punkte
den erfolg gehabt, dasz ich bei nochmaliger unteräucliiing richtigeres
gefunden habe als früher, wenn nun diese erwiderung vielfach nega-
tiver art sein und manches aus den frühem arbeiten wiederholen
musz, so bringt sie doch auch neue gesichtsp unkte und ist eine fort-
setzung der Untersuchung, haupt^äcblich werde ich mich mit B eis er
auseinanderzusetzen haben, ich Bnib^ , dasz er sieb im eifer der dm-
eusgion die polemik gegen niicb zu leicht gemacht hat und dasz der
so siegesge wisse ton, den er anschlägt, durchaus nicht im Verhältnis
steht zu dem gewicht seiner gründe, ein leser seiner abb, wird sieb
über einen merkwürdigen mangel an einsieht und vorsiebt bei mir
wundern müssen» aber die schuld! davon trage nicht ich , ?ondem
Belsers auffassung und wiedergäbe meiner arbeit, doch es mögen
persönliche bemerkungen der debatte fern bleiben.
I. In meiner bekUtupfung der bypothese von Baluze, Lactantius
sei der verfast?er der morfes^ war ich in der zweiten der genannten
Untersuchungen s, 27 f* von dem chronologischen gesiebte-
punkte ausgegangen, dasz die moties nach den scbluszcapiteln (vgl.
48, 13. 49. 52, 4) jedenfalls nach der mitte von 313 geschrieben
sind, ist thnt&acbej ebenso ist allgemein nach 1, 7. 52, 1 aner-
kannt, dasz der vf. als augenzeuge für den inbalt seines buches auf-
tritt, so weit der Schauplatz der ereignisse Nikomedien ist, da nach
mehreren stellen (vgb s. 27) der vf, unzweifelhaft in Nikomedien
geschrieben hat. ich hatte nun nach P^Ieyer (programm von Jülich
1878) aus den beiden stellen itist. V 2, 2 ego cum in Bithynm ora-
torias liUeras accitus docerem usw. und 11, 15 uidi ego in Bithynia
usw» den schlusz gezogen, dasz Lact, diese stellen nicht in Bithjnien
geschrieben hätte, da nun die Institutionen, wie Ebert in dem be-
kannten aufsatze 'über den Verfasser des buches de mori.ptrs,^ (1870)
festgestellt hat, vor 311 , dem todesjahre des Galerius verfaszt und
veröffentlicht sein müssen, weil in dem fünften buche des Werkes
ganz unverkennVmr der schlimmste Verfolger der Christen, Galerius,
als noch lebend geschildert wird, so zog ich mit Mejer den weitem
scblusz, dasz Lact., als er jene beiden stellen scbrieb, sich nicht
mehr in Bithyaien befand, dasz er also nicht mit dem Verfasser der
mortes identisch sein könne, ich nahm an, dasz er schon vor 311
nach Gallien gegangen sei, um lehrer des Crispus, des sohnes von
ConstÄntin, zu werden (Hieron. de uiris ifd, 80; ad a. Abr. 2333).
hier in Gallien, genauer gesagt in Trier, seien die Institutionen ab-
geschlossen und veröffentlicht worden.
Der stärkste einwand gegen diese meine auf^tellung ist schon
früher von Sittl angedeutet, jetzt aber von Krüger in seiner rec,|
^Brandt: über den yerlaaser des bnches de martüms peneeutorum, 123
namentlich aber von Groscurth ao. s. 9 f. geltend gemacht worden,
man hat die so eben bezeichnete erklärung der beiden stellen inst,
Y 2y 2 nnd 11, 15 angefochten, und ich masz zugeben dasz ich diese
erklftrnng als notwendig nicht aufrecht erhalten kann , wenn ich sie
auch für wahrscheinlich halte. Lact, konnte, wie Groscurth aus-
föhrt, auch wenn er selbst noch in Bithjnien war, an den beiden
stellen in Biihi^ia schreiben, um überhaupt den Schauplatz der be-
gebenheiten und seine eigne anwesenheit auf diesem schauplat? zu
bezeichnen, mit diesen beiden stellen fällt jedoch mein satz selbst,
dasz Lact, die Inst, in Gallien, oder zunächst genauer gesprochen,
jedenfalls nicht in Nikomedien abgeschlossen hat, noch keineswegs,
ich begründe ihu jetzt in folgender weise und erweitere oder be-
richtige damit meine frühere Untersuchung. Lact, schildert im fünften
buche der Inst, an vielen stellen die yerfolgung der Christen als noch
andauernd und gegenwärtig; auch die stelle VI 17, 6 spedatae sunt
enim setnper spectanturque adhuc per orhem poenae cultarum dei
bezeugt dies, ebenso das schluszcap. 23 des 5n buches, in dem er
in gerechtem stärkstem zome eine künftige räche gottes den un-
barmherzigen Verfolgern ankündigt, nirgends in dem ganzen werke
findet sich auch nur die geringste andeutung von einem nachlassen
der bedrängnisse. es ist daher evident, dasz das werk noch während
der Verfolgung abgeschlossen und veröffentlicht wurde, ferner dasz
dies vor dem toleranzedict des Galerius geschehen sein musz, da«)
nach mort. 35, 1 den 30 april 311 in Nikomedien angonchlagen
wurde, denn gerade auf des Galerius wüten wird inst. V 11, 5 ff. (tfla,
üla est uera hestia) ganz unverkennbar hingedeutet, es wird in der
rückhaltlosesten weise verdammt, wie ja auch sonst an vielen stellen
dieses buches Lact, die Verfolger, allerdings immer ohne namen zu
nennen, heftig angreift, nach erscheinen des toleranzedicts von
G^erius hat demnach Lact, das werk nicht veröffentlicht, es wäre
ja ein unbegreiflicher anachronismus und ganz widersinnig gewesen,
damit aber ist zugleich erwiesen, dasz das werk nicht in Nikomedien
veröffentlicht worden ist. Nikomedien lag im gebiete Maximins;
dasz aber gleichwohl hier auch dessen ursprünglicher Augustus
Galerius zu gebieten hatte, beweist eben die Veröffentlichung des
edicts in dieser stadt. femer aber war ja gerade Maximin einer der
erbittertsten Verfolger, bis in das j. 311 sind nach Eusebios bericht
in den mart. Palaest., trotz mancherlei Schwankungen in der härte der
verfolgungsmaszregeln , gerade unter ihm zahlreiche hervorragende
martyrien vorgekommen und massenhafte Verstümmelungen und
bergwerksstrafen verhängt worden (vgl. die Übersicht bei Uunziker
*zur regierung und Christen Verfolgung des k. Diocletian' s. 129 ff.).
dasz während dieser jähre Lact, die Inst, in Nikomedien veröffent-
licht haben sollte, ist absolut undenkbar, es wäre eine tollkühnbeit
gewesen, als aber Maximin nach Galerius tode, der bald nach dessen
toleranzedict 311 erfolgte, alleiniger herr im Orient war, fieng er
kaum sechs monate nach erlasz des edicts wieder mit der bedrückung
124 SBrandt: über den yerfasser dee bBcbee de martibus persectttorumm
der Christen an (Eusebios h. e. IX 9), gerade in Nikomedien HesB
er 311 oder 312 den antiochenischen presbyter Lukianos binrichtea
(Eus. h. e. Vin 13, 2. IX 6, 3; vgl. Hunziker s. 282 ff.) und zu der-
selben zeit aller Wahrscheinlichkeit nach (vgl. Hanziker ao.) den
bischof von Nikomedien selbst, ÄnthimOB. erst gegen das ende seiner
regierong (313) erliesz er aus politik ein toleranzedict (uttö Ttic
dvCtTKTIC ^KßcßiaCjiivOC, &\y OÜ KQTä fVlOjUtlV TT^V atlTOÖ biaKeX€u-
cdp€VOC Eus. h, e. IX 9» 23), ja nach den mortes 46, 2 hat er noch
unmittelbar vor dem entscheidungskampfe mit Licinius (29 april 313)
Juppiter gelobt, ut si uidoriam cepisset, ühristianortim nomen ca>
Hngueret fundüusgue dderd, es ist also völlig ausgeschlossen, dasz
Lact, in dem macbtbereicbe Maximins die Inst veröffentlicht hat,
zumal da man weisz (darüber weiter unten noch besonders), dasz
er der Verfolgung eher auszuweichen ak ihr xum Opfer zu fallen
gesonnen war.
Ebenso wenig kann man natürljch annehmen, dasz Lact, nach-
dem er etwa vor 311 die Inst, irgendwo auszerhalb Nikomediena
veröffentlicht hätte, nach dem toleranzedict des Galerius wiederum
dahin zurückgekehrt wäre und dort weiter gelebt hätte, nach der
Sprache, die er im 5n buche gegen die Verfolger geführt hat, wäre
ja in Nikomedien seines bleibcns nicht gewesen, er selbst hätte
schon nicht gewagt sich dort zu zeigen oder zu halten^ als die be-
drückung der Christen nach sechs montiten unter Maiimin wieder
begann, und was hätte ihn nötigen sollen von einem sichern auf-
enthaltsorte wieder an ä^n mittel punkt der Verfolgung zurück-
zukehren?
Schon diese einfachen erwägungen hätten Belser vor einer ganz
unmöglichen bypothese bewahren missen, auch er nimt s. 463 jene
beiden stellen insi. V 2, 2 und 11, 15 in dem sinne wie Meyer und
ich früher, und da an der zweiten von einem cbristen die rede ist»
der nach zweijährigen quälereien seinem glauben entsagte, so schlieszt
er, wie zuerst ich leben des Lact. s. 27, dasz von dem allgemeinen
opferzwange an gerechnet (304) Lact, sich 306 noch in Bithyniea
befunden habe, dann aber erklärt BeLser weiter, nach jenen beiden
stellen sei Lact, 306 — 310, wo er an den Inst, arbeitete, nicht in
Nikomedien gewesen; auch sei es wabrschemlich dasz er, als die
Verfolgung unter Galerius sich steigerte, Nikomedien verlassen habej
auch erwähne er in den mortes kein ereignis aus diesen jähren, dessen
dcbauplatz diese Stadt gewesen sei; 310 sei er wieder dahin zurück-
gekehrt und von diesem jähre an beginne auch wieder sein beriebt
über nikoraedische ereignisse. wir fragen: wo hat s^ich denn Lact,
während der jähre 306—310 aufgehalten? auch Belser fragt so:
*wo begab er sich bin?' seine antwort ist: Vir wissen es nicht, über
▼ermutungen wird man in dieser frage niemals hinauskommen, nur
so viel darf mit Sicherheit ausgesprochen werden: er gieng damals
nicht nach Trier.* es ist dies eine Verkettung von unwahrschein-
lichen und unmöglichen dingen, was den letzten punkt angeht, dasij
SBrandt: über den Yer£uaer des bachef de wtortibut pentc^Uitrym, 12S>
Lact, damals nicht in Trier gewesen sei, so werden wir bald äehen,
dasz die von BeUer behauptete ^äicherheit' nicht vorhanden ißt. von
dem notbehelfe sodann, Lact, für die jähre 30t>— 310 vOUig ins Un-
gewisse zu schicken, wird Belser jetzt durch Groscurths von mir
angenommene bemerkungen über jene beiden stellen der Inst, be-
freit, denn auch sein grund, in den mortes seien keine nikomedischeu
ereignisse aus den jähren 306 — 310 berichtet, hätte nur dann einigen
wert, wenn er irgend ein hervorragendes ereignis aus dieser zeit,
das in Nikomedien stattgefunden, aber in den mortes fehlte, hfttte
angeben wollen, ich habe ein solches nicht auffinden können, über-
haupt hat Belser völlig übersehen dasz die mortes sich möglichst
wenig mit berichten von einzelheiten aufhalten, sondern allgemein
schildern, so ist es doch höchst merkwürdig, dasz in den mortes ein
ganz hervorragendes martjrium mit keinem worte erwUhnt wird,
dasdes bisch ofs Anthimos von Nikomedien, das mich Eusobios
h. e. Vni 6, 6 (vgl. 13, 1) in den anfang der Verfolgung 3015 fiel,
wo Lact, jedenfalls in Nikomedien war, nach Uunzikerä unti^rwuchung
aber unter Maximin in 311 oder 312 zu setzen ist, wo nach liolser
Lact, wieder in Nikomedien gewesen bcin soll, aber von diesen
dingen abgesehen, kann denn Belser im ernste daran denken, dasz
der in der Verfolgung sehr vorsichtige Lact, im j. .'HO, nach Ver-
öffentlichung seiner Inst., vor dem toleranzedict des (ilalerius, in
die hauptstadt Maximins, unter dessen äugen, so zu Kagon in dio
höhle des löwen zurückgekehrt sei? und ich wiederhole, die Inst,
müssen doch schon veröffentlicht gewesen »ein. Lact, hat doch wnhr-
lieh nicht das werk fertig abgeschlossen bei dich bf;halU;ny bis in
Nikomedien Sicherheit für die Christen eingekehrt war, und vh erHt
dann mit diesem fünften buche, mit dieser ankündigung n'int'H über
die Verfolger kommenden * gottesgericht't in das publicum g^^^^b^tn,
nachdem die meisten Verfolger schon gefallen warf;n. darin wllrd/t
er die etwa schon früher in den In^t. gf;.Hchrieben*;n derartig*;« st^dl^jn
doch natürlich den veränderten zeitverhältni.-tH^m *nritj<prft/ih';T»d nrn
gestaltet haben, wie er es in der Epitome 48, i f. g';thÄn hat.
£s läszt äich also bei unbefangener erwägüng d^.r r.KaUfi/^b^A
und der aus ihnen sich «ergebenden c^jr*:te<jiiftrjz^.n nicht an fU:f tbaf^
Sache rütteln, daäi Lact, äcbcn 7or dem t/, 1a, rar* z^/ii et .'/I I ^U-a O*
lerius die Inat. veroff-intlicht hat, <Iak-c er ^l^iCf^^u n.cht rri^rhr ,(, N»k^
medien -ein konnte, -idk-.z f:r na/^cir.er \R>.f Min.ff^.n u.<.\*\ 'U.fUt.u
larCckkehren kcnn^, di-.z *:r *iV/ 5-*r fl,f, ;ar.r«j MO '/,-* '-'A '» .^^ff»
Tcn. X^kcrri^ii-in war. 'laclai/^;f'iii -pr.cr.t. >,r it '>,r m^/rf^,^ J V *i4
ercer. :^ r i ^tlkz. i .* pro<vu, m/x * f^ß^rn i»< . 't f. . -i >, r '4' . «v . ,t. ir. f ^, tu a.u*\
126 SBrandt: über den verfaeser des buches de mortibus peraecutorum.
ersterer wie dieser selbst Eich m NikomedieB befand, au andere stel-
len, die auf Nikomedien als entsteh ungsort der mortes hinweisen, ist
schon oben s. 122 erinnert worden, niemand hat auch bisher meines
wiäsens bezweifelt, dasz die nwrtes in Nikomedien yerfaszt sind, es
folgte dasz deren Verfasser^ der nach 313 schrieb, in denselben jähren
310 bis 313 in Nikomedien lebte, in denen Laetantius sich nicht
mehr dort aufhielt^ mithin dasz die beiden antoren nicht
identisch sind, so bin ich unter verzieht auf die beiden stellen
inst, V 2, 2 und 11, 15 von einer andern seite wieder zu meinem
frühern resuitat gekommen, dasz aus chronologischem gründe
die mories nicht von Lact, verfaszt sind.
IL Ehe wir nun die frage weiter untersuchen, wo Lactantius
Bich aufgehalten haben kann, als er die mories abschlosz, und wo
nie veröffentlicht worden sind, ist gegen Belser über die ent
stehungöztiit der Institutionen — denn bibher wurde nur
der terminus ad cjuem ihrer entstehung besprochen — » Über die
der Epitome und der mories zu handeln»
1- Ebert bat aa* s. 127 als den Zeitpunkt, vor dem die Insti-
tntionen verfaszt sind, mit vollem rechte nicht nur das ende des
Gakriu» 313, sondern auch schon das des Maximian 310, jedenfalls
fechoo vor dem juli dieses Jahres (vgl. Schiller gesch, d, röm. kaiser-
zeit IX 18 1), bezeichneL Maximian hat die Christen in Italien, Africa
und Spanien verfolgen lassen, und in den mortes^ in denen er 15, G
ausdrücklich als Verfolger genannt ist, wird demgemisz c. 28 — 30
sein schmähliches ende ausführlich berichtet. Ebert hat durchaus
treffend darauf hingewiesen, dasz Lact, in dem schon mehrfach er-
wähnten schlüßzcapitel des 5n buch es das Strafgericht gotteg an den
Verfolgern nicht ausschlieszlich al^ ein nur zukünftiges erwartet
^Ätte, wenn er den elenden tod eines hauptverfolgera schon vor
äugen gehabt hätte, er hätte gewis seine leser auf diesen erweis
der göttlichen strafgerechLigkeit hingewiesen, der seiner Prophe-
zeiung eines unglücklichen ausgangs auch der Übrigen Verfolger
Bchon eine feste grundlage gegeben hätte, dasz Belser hei der stelle
inst. IV 27, 3 ff. mit unrecht an eine beziebung auf das ende Maii-
mians denkt, wird später noch gezeigt werden, die frage ist nun
die: müssen wir als endtermin für die abfassung der Inst, knapp
den tod Maximians mitte 310 annehmen oder können wir weiter
zurückgeben ? ich hatte das letztere in meinen beiden Untersuchun-
gen getban und hatte die beendigung der Inst, in 307 — 308, die
Abfassung der Epitome der&elben in 313 — 314 gesetzt und zwar
deshalb, damit zeitlich die möglichkeit vorhanden sei, dasz der vf.
der morifs nicht nur die Inst., sondern auch noch die Epitome be-
nutzen konnte. Belser nimi (s. 249. 266) für den abschlusz der
Inst. 310—311 an, will jedoch die möglichkeit einer frühem beendi-
gung nicht zugeben (s, 251 f.), die Epitome aber ist nach ihm 316
oder 316 vollendet worden, jedenfalls, erst nach abseblusz der mortes
(ß, 2Ö8), die im december 314 heraut^gegeben seien (s. 254. 256)*
BBnndt: fiber den TerfsMer des baches de mortibus peraecutvrum, ]27
in diesem falle kannten die übereinstimmuDgen zwischen der Epi-
tome und den mortes nicht auf benutznng jener schrift durch den
▼erfiftBser der mortes zurückgehen, es mOste vielmehr schon au«
diesem gründe identitSt der beiden autoren angenommen werden.
wenn mir nun Belser die möglichkeit bestreitet, dasz Lact, bis 307
oder 308 die Inst, habe zu ende bringen können , so ist zunttchst zu
entgegnen, dasz Lact, jedenfalls schon 303 infolge des edicts
Tom 24 februar seine stelle als öffentlicher lehrer verloren haben
mnaz, nicht, wie Belser s. 249 sagt, ^jedenfalls 304% ja dasz er schon
Tor 303 seine öffentliche thStigkeit eingestellt hat, wenn Hierony-
mns de wris ifd. 80 eine richtige angäbe macht, was ich freilich
kaom annehmen kann (leben d. Lact. s. 24). die vorarbeiten xu den
Inst, können demnach schon in das j. 303 fallen, im j. 304 entstand
die kleine schrift de opificio dci, die aus diesen vorarbeiten hervor-
gieng (entstehungsverh. s. 16), eine compilation aus wahrscheinlich
xwei werken (über die quellen dieser schrift s. Wiener Studien 1891
8. 255 ff.), und es bleiben für die Inst, immerhin, bis 307 oder 308
gerechnet, vier jähre arbeitszeit. dagegen bemerkt nun Beider s. 249
erstlich, nach den äuszerungen von Lact. inst. I 1 und de opif,
20, 8 habe er sich 'die arbeit nicht leicht oder blosz kurze zeit er-
fordernd vorgestellt*, jedoch sind beide stellen so unbestimmt ge-
halten, dasz ein schlusz darauf, ob Lact, nach mir drei bis vier, nach
Belser (s. 250) fünf bis sechs jähre — eine geringe differenz — zu
der arbeit brauchte, daraus nicht gezogen werden kann, auch ist es
natürlich, dasz Lact, vor oder zu anfang der arbeit, de opif. 20, das
ihm höchst wichtig erscheinende unternehmen als etwas groszes an-
sieht; an der andern stelle aber, inst, I 1, läszt er § 10 eher er-
kennen, dasz dessen formale seile ihm verhältnismäszig leicht wurde :
mtdtum tarnen nohis exerciiatio illa fictarum litium contuliiy ut nunc
maiare copia et facuUate dicendi causam ueritatis peroremus, darin
liegt schon eine erwiderung auf Belsers zweiten einwand s. 250,
dasz die form des werkes die annähme von fünf bis sechs jähren
arbeitszeit verlange, aber man bedenke , dasz er langjähriger lehrer
und redemeister war — (professio) oratoria, in qua diu uersatis&gi
er von sich inst, I 1, 8 — , dem die worte leicht dahinflössen: wie
sehr letzteres der fall ist, empfindet jeder seiner lesen mit dem hin-
weis auf die form verbindet Belser den auf den inhalt: 'es über-
rascht uns hier das hohe masz theologischer kenntnisse, welches
Lact., der frühere beide, langjähriger docent der rhetorik und laie
an den tag legt.' dasz jedoch die theologie von Lact, unbedeutend
ist^ zeigt ein blick in dogmengeschichten und patristiken, und Heu-
mann sagt in seiner ausgäbe, praef. fol. c: 'postremo fatendum in-
genue^ fuisse Lactantium perminutum theologum.' man weisz auch
nicht, wie lange zeit Lact, schon ehe er an die ausarbeitung der Inst,
gieng, mitglied der christlichen gemeinde war, wie viel von christ-
lichen lehren er durch hören und verkehr oder durch das studium
der schon so zahlreichen christlichen Schriften namentlich apologe-
128 SBrandt: über den verfauer des buches ä4 mmiibns persecutorwm^
tischen cbarakters kennen gelernt batte. zudem sind ea fast Bur die
bücber IV und VII, welche speciell cbristlicben inbalt baben, *^©vi-
deni ist die grilndliehkeit des mannes in der kenntuis der belügen
scbrift des alten teätaments« dessen Weissagungen über das leiden
und sterben Jesu er ihrem ganzen umfang nach mit groszem ge*
schick verwendet bat.' im binblick auf die mehr als 70 zum teil
sehr langen bibeleitate des vierten buchen ^ fa^t sämtlich aus dam
alten testament, musz nach Beizers Worten ein unkundiger leser
allerdings an sehr eingebende alttest am entliehe Studien von Lact.
denken, aber in Wirklichkeit steht die sache ganz anders. Belser
hat hier gan^ und gar vergessen dasz, wie schon Rönsch zs, f. d* bist,
theol. 1871 s. 531 ff. gezeigt und ich in den proleg. meiner ausgäbe
s. XCVII erwfibnt, auch an den betreffenden stellen im apparat be-
merkt habe , von jenen 70 citaten mehr als ÖU aus Gyprians Testi*
monien abgeschrieben sind, dahz Lact, sogar, wie ich proleg. s. XCIX
nachgewiesen habe^ die dogmatischen Überschriften bei Cyprian bis-
weilen aufgenommen und als faden der erzählung benutzt hat. dasz
auch die übrigen bibeleitate nicht von Lact, selbst aus der heiligeii
frchrift herausgesucht sind, kann man daraus schlieszen, dasz er instm^
IV 18, 22 eine gefälschte stelle aus Esra als ecbt bringt, die sieb
auch bei Justinus c. Tryph. 297 '^ findet, wie überhaupt in buch IV
sich viele berührungen mit Justinus, auch einige mit Theophilus
ad Autolycum, den Lact, itist, I 2.S, 2 sogar mit namen citiert, nach-
weisen lassen, dasz die apokalyptik des buchei^ VII auf andern
darstellungen dieser art beruht, ist an sich klar, wie auch aus
den von mir ange^hrten patristiächen parallelen, was sodann die
auhfübrungen über gegenstände der christlichen moral betrifft, die
auch ich fUr wohlgelungen und vortrefflich halte, so beschränken
f»ie sich fast ausscblieszlich nur auf buch VI, sie nehmen mehrfach
stellen von Cicero^ Lueilius, Seneca^ Horatius als ausgang;» punkte
an und sind mehr warm und wahr als gerade tieff auch kann die be-
faandlung derartiger fragen einem manne, der so »ehr wie Lact» durch
Cicerod und Senecas philosophimcbe Schriften geübt war, unmöglich
schwer gefallen sein, auch was ich sonst (ente<tehungsverh. s. 17)
angeführt habe, beachtet Belser nicht, dasz Lact, von 303 an volle
musze hatte (de opif, 1, 1), das2 auch Cicero in den zwei kurzen
jähren 45 und 14 jene grosze menge zum teil ausführlicher und
schwierigen fragen gewidmeter philosophischer bUcber hergestellt
batf dasz Lact bei der begeisterung, mit der er an so Arielen »ttfUen
von der aufgäbe seines Werkes spricht, und der ganzen raschbeit
seines wesens efich mit der fertigstellung des bucbes beeilt haben wird,
ich kann also nicht finden das^« wie Belser will, drei bis vier jähre
£U wenig gerechnet seien als arbeitszeit, vollends im Verhältnis zu
den von ihm beanspruchten fünf bis sechs jähren, drittens macht
Belser 8,251 geltend, dasz die inst, V 1 1, 10 erwähnte verbrennung'j
eines christlichen bethauses mitsamt den gläubigen in das j. 30t
oder 307, dasss die berichte des Lact in demselben buche Über dit
■1^ WS. 7" -T r:.
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liri J 11 i. - 1. _: n • ;.- -:: - i Z . i.-i. :~ i ;_- -;: -
130 SBrandt: über den verfa«s€r des buchee de mortihus persecutorum.
banden mit zeitweiliger geistiger Störung , hierauf abdankung und
erhebung neuer regenten gtgen seine wünsche und neigungen, ein
in freiwilliger verbatinung dahinschkichendes leben zu Salona^ wo
die ruhe des einsiedlers nur durch hiobsposten über die immer zu-
nehmende Verwirrung gestört wurde*; ferner aber sei mit jenen
ffrauissimae perseqtientmm poenae Maximians klägliches geacbick
Tvährend seiner letzten lebensjahre und sein scbimpfliches ende
{mortes 26 — 30) bezeichnet, da dieses ende nun 310 erfolgte, so
könnten nach Belser die Inst, nicht früher verfaazt sein, gegen
diese deutung Belsers ist 1) zu bemerken ^ dasz jenes saepe dabei
nicht zu seinem rechte kommt ^ sondern weginterpretierfe oder
ignoriert wirdj dasü 2) der plur. sacrificanfes domini von diesem
saepe aus zu erklären ist| nicht aber auf Diocletian und Galerius ge-
deutet werden kann, die zudem doch nur bei öinem und dem-
selben falle erfolglosen opferns zugegen gewesen wären j dasz
3) Belser den beweis nicht geliefert hat, sondern erst für später in
aussieht stellt, dasz Galerius bei jenem opfer zugegen gewesen sei,
meiner ansieht nach ist dies bei den ganz unbe^'stimmten zeitlichen
uud räumlichen angaben der mortes e. 12 unerweislich und auch
nach deren schweigen über Galerius völlig unwahrscheinlich, ferner
auch dejsbalb, weil mortes 10, 6 ff. für die verfolgungswut des Galerius
wieder ein ganz anderer yorfall als motiv angegeben wird* doch
wichtiger als dies ist der feblscblusz von Beläer, dasz, während nach
Ihm bei jenem opfer Galerius anwesend gewesen sein soll, er die
persequentium poenae auf da» ende Maximians bezieht, der doch
nirgends in Verbindung mit einem derartigen mißglückten opfer ge-
bracht wird.' aber auch nicht einmal auf Maximians ende kunn die
stelle gedeutet werden» da (vgl. oben s* 126) nach Eberts völlig ein-
leuchtender bemerk ung die faeaung von inst, V 23 die annähme
nicht zuläszt , dasz damals Maximian schon sein jammervolles ende
gefunden hätte. 4) bei einfacher betrachtung der obigen stelle ist
es evident, dasz die persequentes identisch sind mit jenen domini
oder malt reges (§ 3), für die oft die Wirkung des kreuzes bei opfern
der anlasz zur Verfolgung von Christen war* welches waren nun
aber jene wiederbolten derartigen fälle? einer ist sicher überliefert
bei Eusebios h. e. VII 10, 4, wo der kaiser Yalerian der schuldige
ist. obwohl ich diesen fall s, 118 erwähnt habe und in den mortes
c. 5 gerade das ende Yalerian s als göttliches Strafgericht an diesem
Verfolger ausführlich berichtet vrird, schweigt Belser darüber: und
diesen fall wird Lactanttus doch jedenfalls im uuge gehabt haben.
ich sagte nun s. HB, unter den Christen habe man sieh offenbar
mehrere fälle dieser art erzählt, wohl auch von barbarischen fürsten
{mcdi reg es) ^ und dies ist an sich völlig glaublich, es muste bei
* wenn ßeUer s. 284 tnit 'immö^Iich wlire es nicht* a§w. die ver-
iDUtunfT wAgt, selbst tialerius krsnkheit fiille noch unter jene strafen
der vcrfalgtsr, ao zei|;i aein eigner ansdrack, wie wenig sioherlieil er
dieser vermntung beilegt.
SBrandft: über den yerfapser des baches de morttbus persecutorum, 131
heidnischen opfern sehr nahe liegen und bequem erscheinen , deren
mislingen auf die anwesenbeit von Christen zurückzuführen, nach
allgemeinem antikem glauben musten die beim opfur anwesenden
rein sein, bei Antiphon in der rede über den mord des Herodes
§ 81 ff. will der angeklagte sogar unter Vorführung von zeugen
seine Unschuld dadurch erweisen, dasz, wie er sagt, önou lepoic
TTOp^CTT]V, OUK ?CTIV ÖTTOU CUXl KttWlCXa TCl tcpä dT^V€TO (83);
dann lepoic TropacTävxec TroXXoi bf| KaxacpaveTc dT^vovTO oux
Scioi ÖVT€C Kai biaKUj\uovT€C xd Upä pf| TWvecGai xä
V0fii2:öfi€va (82). so hat denn auch der betrüger Alexandres in
Lukianos gleichnamiger schrift c. 38 bei beginn seiner mysterien
den Christen befohlen zu entweichen, und aus nachdiocletianischer
zeit werden zwei fälle von störendem einflusse der Christen auf
Orakel und opfer berichtet (entstehungsverh. s. 119). ist es da nun
wunderbar, wenn ähnliche Vorkommnisse aus früherer zeit auch
unter den Christen erzählt wurden? ich bin demnach weit entfernt
meine interpretation , vor der Belser eine grosze Warnungstafel auf-
stecken möchte (s. 279), aufzugeben und die seinige, deren halt-
losigkeit so eben gezeigt wurde, anzuerkennen, die stelle der Inst,
enthält nichts, was uns nötigte die abfassung des werkes erst in
310 — 311 zu setzen, das einzige was ich Belser zugeben kann ist
dies, dasz unter der Voraussetzung, dasz der bericht der mortes ge-
schichtlich ist, Lact., als er die stelle der Inst, schrieb, auch an Dio-
eletians opfer gedacht haben kann, wie aber andere und ich über die
geschichtlichkeit dieser Voraussetzung urteilen, habe ich ao. gesagt,
natürlich gehe ich auch davon nicht ab, dasz der Verfasser der mortes
die stelle der Inst, jedenfalls stilistisch sich zu nutze gemacht hat.
Ich habe nun bisher immer für meinen frühern ansatz von
307 — 308 als entsteh ungszeit der Inst, gesprochen, ich verzichte
aber jetzt ohne umstände auf 307, weshalb, wird sich später zeigen,
ja ich will selbst 309 noch als möglich zugeben, auf dieses jähr
wird man ja allein schon durch die fast sichere thatsache hinge-
wiesen, dasz Maximian vor mitte 310 starb, wenn man also nicht
annimt, dasz Lact, gerade in der ersten hälfte dieses Jahres sein werk
veröffentlicht hat, so kommt man schon von selbst auf 309 zurück.
2. Die entstehung der Epitome hatte ich in das j. 313—314
gesetzt, indem ich darauf hinwies, dasz Lact, mit dem ausdruck iam
pridem^ mit dem er in dem prooemium der schrift auf die abfassungs-
zeit der Inst, zurückblickt (307—308), einen Zeitraum von vier bis
fünf Jahren bezeichnen könne ; dieser Zeitraum bleibt auch bei meinem
jetzigen ansatze 308—309. Belser s. 258 ff. rechnet für iampridem
fünf bis sechs jähre und verlegt die abfassung der Epitome in 315
oder 316, jedenfalls in die zeit nach publication der mortes und nach
Lact, aufenthalt in Nikomedien, der (s. 464) 316 sein ende ge-
nommen haben soll, wenn nun Belser zuerst versucht seinen Zeit-
raum von fünf bis sechs jähren gegenüber meinem ansatz als den
einzig richtigen zu erweisen, so brauche ich hierauf schon deshalb
132 SBraodt; über den verfasaer des buches de mariihus perseeutorum.
nicht weiter elnzugebetii weil zwischen diesem Zeitraum und meinen
vier bis fttnf jähren kamn ein unterschied bestehL zweittsns meiüt
Belser s, 261, es sei undenkbar, dasz Lact ^313 — 314 einen au^zug
aus seinen Inst, gefertigt habe, zn einer zeit wo das blutige dramftJ
eben definiti? zum abschlusz kam und zugleich die angedrohte rachfl
des himmeU am letzten Verfolger (Daja) zum Vollzug gelangt war,
ohne von alledem auch nur eine andeutung zu geben, ohne ein wort
des dankes gegen gott , den rächer nnd befreier seines volkes , viel-
mehr 80, das? er alle auf die Verfolgungen bezüglichen speciellen
ausführungen der Inst, wegläszt und nur in allgemeinen ausdrücken
Ton der Verfolgung spricht.^ aber wie konnte Belser diese werte
nur schreiben, da er doch alsbald selbst die stelle epU. 48 (53), 4 f.
bespricht: Imhemus enim fiduckim in dea, a quo expedamus sec
turam protinus uliionem. nee est inanis ista fiducia^ si quidem^
eorum omnium^ qui hoc facinus ausi sunt^ miscrabiles
exitus partim cognouimus partim uidimus nee ullus^
habuit inpune quod deum lae$it^ sed qui sit uerus deui
qui uerbö discere noluit, supplicio suo didlcit. mit diesea^
werten hat natürlich Lact, auch auf das ende des Daja (Maximin)
hinweisen können, jedoch nur unter der nicht erweisbaren voraus-
BetzuQg, die Belser stillschweigend annimt, dasz er an dessen Selbst-
mord glaubte» wie ihn die mortem c* 49 zu erzählen wissen, während
die übrigen quellen teils nichts darüber, teils das gegenteil (Äur.
Victor epit. 40, 8 nwrte simpUci perit , Eutropias X 4 foHuifa morte)
enthalten (entstehungaverh, s. 76). auch hat nach meiner noch zu
erweisenden annähme Lact, die Epitome fem von Nikomedien, über-
haupt fern vom Orient geschrieben , nm so ferner lag ihm auch eine
specielle beziehung auf Maximin. sodann aber vergis^t Belser, dasz
die Epitome sich möglichst objectiv auf wiedergäbe der Inst, be-
schränkt, daher denn Lact, in jenem cap. 46 sogar von den jetzt
gar nicht mehr V>esfeeh enden Verfolgungen im praesens , ganz wie in
den Inst. , spricht § 1 ff , 6 ff. für sein referat tlber den inhalt der
Inst, genügte jener kurze zusatz § 4 f , , in dem er mit wenigen
Worten auf die an allen Verfolgern vollzogene räche gottes hinweist,
nun fährt Belser aber fort, es sei unglaublich, dasz Lact, in der
Epitome den sieg über den letzten Verfolger nicht erwähne, während
in den mortes ein lautes jubeil ied dafür angestimmt werde, 'die
Verschiedenheit der Sprechweise hin sich tlicb der Verfolgung in den
mortes und der Epitome liesze sich nicht erklären, wenn beide un-
geftihr gleichzeitig geschrieben hätten.' das ist ein vollständiger
fehlschlusz. weshalb musz denn Lact, ftlr seinen /.weck in dem-
selben tone reden wie der Verfasser der mortes für seinen ganz
andern? man meint fast, Belser hätte hier in einer unbewnstenJ
petitio principii einen augenblick vergessen , dasz erst zu erweisen^
ist, dasz die beiden autoren identisch sind, so dasz in beiden schriften
über dieselbe sache in demselben tone geredet sein müste. drittens
spricht Belser nun über die so eben angeführten worte der Epitome :
SBrandt: über den Verfasser des buches de tnortibita perseeutorum. 133
da Lact, hier so ruhig über das ende der Verfolger rede , so müsse
die Schrift längere zeit nach demselben verfaszt sein, jedoch mache
ich auch hier geltend , dasz Lact, in der Epitome das subjective
element fast ganz zurücktreten Iftszt und sich überhaupt sehr kurz
und rasch ausdrückt, auch kann Belser selbst s. 262 nicht umhin
zuzugeben, dasz Lact, jene werte schon im j. 314 habe schreiben
können, viertens führt Belser s. 263 einige stellen der Epitome
aus cap. 61 und 68 an, die auf die bevorstehende Licinianische
Terfolgung hinweisen sollen, diesen grund hätte Belser am besten
gar nicht niedergeschrieben: denn hier excerpiert Lact, ja lediglich
nur die stellen ganz desselben inhalts, die in den Inst, stehen, wer
die anmerkungen meiner ausgäbe vergleicht, sieht dies auf der stelle.
in den Inst, aber geben diese stellen nur allgemeine ermahnungen,
wie die Christen sich halten sollen, wenn sie wieder einmal von
feinden des glaubens bedrängt würden.
3. Die entstehungszeit der mortes. ich hatte s. 106 ff. gezeigt,
dasz Yaleria, mit deren hinrichtung diese frage zusammenhängt,
nicht vor october 314 ihr ende gefunden hat und dasz der abschlu&z
der mortes in das ende von 314 oder in die ersten monate von 315
fällt, auf diese weise wurde ein etwas gröszerer zeitlicher Zwischen-
raum gewonnen, in dem der vf. der mortes die Epitome kennen lernen
konnte, da nun Belser mir diesen Zwischenraum möglichst zu ver-
kürzen , am liebsten ihn völlig zu beseitigen bemüht ist, gleichwohl
aber selbst die hinrichtung der Yaleria ebenfalls in den october oder
november 314 setzt, so erklärt er, die mortes müsten unmittel-
bar nachher abgeschlossen sein, sogleich nach dem eintreffen der
nachricht von jener hinrichtung. dies soll 'der besonders im letzten
capitel hervortretende lebhaft freudige ton' usw. sagen, als ob der
vf. im rückblick auf zehn jähre der Verfolgung diesen ton nicht auch
hätte anschlagen können , wenn er einige monate später sein buch
abschlosz! es ist doch wirklich der Sachlage nach ganz unmöglich
zu behaupten, der vf. hätte im october oder november 314 seine
Schrift so zu sagen schon fertig im pulte liegen gehabt und dann
im december, aber nicht später, die scbluszcapitel hinzugefügt, hier
müssen der natur der sache nach einige monate Spielraum bleiben ;
eine so haarscharfe festsetzung, fast nach tagen, wie sie Belser vor-
nehmen will, hat nicht die mindeste bürgschaft der richtigkeit für
sich, vielmehr nur das gegenteil.
III. Wir kommen nun zu der frage , w o Laciantius die Insti-
tutionen abgeschlossen und veröffentlicht hat. dasz dies ganz un-
möglich in Nikomedien geschehen sein kann , habe ich zur genüge
gezeigt, man wird nun am ersten an Gallien denken müssen, wo
nach zwei stellen von Hieronymus Lact, lehrer von Crispus , dem
söhne Constantins war. die beiden stellen des Hieronymus, die
ihrer Wichtigkeit halber nochmals angeführt werden müssen, stehen
de uiris ifd. 80: hie in extrema seneäute magister Caesaris Crispi^
ßü Constantini^ in GaUia fuit^ qui postea a patre interfeäus est^
134 SBrandt: über den verfafiser des bnchea de mortibus peraecutarum.
und in der chronik ad a. Äbr. 2333 (=^* 317 nach Ch.): Crispus et
Constandmis, filii Comtantini, ei Licinlus adulescens^ Lidni ÄuffusH
füiuSi Consiwntini ex sorore nepos, Caesar es appellantnr. quorum
Crispum Laäantius latinis liUeris eruäiuit , uir omnium suo tempore
doquefiimimus , scd adeo in hac uUa pauper, ut pUrumque eiiam
fiecessariis indi^ueriL ich hatte in meiner ersten abh. s. 32 ff. das
geburtsjahr von Crispus nmch Tillemont um 300, in der zweiteaJ
s. 18 f. noch erheblich früher, vor 295, angesetzt, so dasz Lact
schon 307^308 mit den bei nahe vollendeten Inst, nach Gallien
zur übernahmo dieser letrthätigkeit hätte tibersie>3eln können,
Crispus bei damals etwa acht jähre alt gewesen; dasz aber Lact, bei
dem knaben den Unterricht habe tibernehmen kdnuen^ werde da-
durch erwiesen, dasz sicher Äusonius als schon angesehener rhetor
der lehrer des acht- bi;^ neunjährigen prinzen Gratian , sein oheim
Arborius aber vielleicht bei dum noch nicht zehnjährigen Constans
kbrer wurde (leben des Lact. s. 33). die beweiskraft der ersten
parallele halte ich für unanfechtbar^ die vagen bemerkuugen von
Groscurth s, lö t, Crispus sei zuerst 'in militari bus et politiciä
rebus' gebildet worden und es sei weitaus am natürlichsten ('multo
videtur naturalissimum' schreibt Gr. I), dasz er erst später rhetorische
und philosophibche Studien bei Lact* gemacht habe, überlasse ich
den lesern zu beurteilen; überdies sagt Hieronymus nur latinis
lUteris, nichts von philosophischen Studien, desgleichen sind Belsers
bemerkungen s. 459 ohne grund. er meint, Crispus hätte als sieben-
jähriger knabe doch nicht 'den gefeierten professor der rhetorik*
zum lehrer brauchen können, aber ich wiederhole, dasz auch Auso-
nius als schon gefeierter professor der rhetorik den Unterricht bei
dem achtjährigen Gratian tibernahm, ferner spricht Belser von der
*einführung in die lateinische litteratur, in die rhetorischen und
philosophischen schriften Ciceros, dem systematischen Unterricht in
der rhetorik und philo&ophie', Criypus sei hierftlr noch viel zu jung
gewesen, aber selbst zugegeben, dasz alle diese fächer von Hierony-
mus in dem ausdruck latinis lUieris befaszt worden seien — mu^^z
man denn annehmen, dasz Lact, diesen Unterricht schon sogleich zu
an fang seinem schüler erteilt hat? bekanntlich lehnte sich der an-
tangsunterricbt an die L'cttlre von dichtem an: so wird e« Ausoniua
bei Gratian, Lact» bei Crispus gemacht haben, dann führte Lact, '
den Unterricht weiter auf immer höhere stufen und er blieb so ali*
lehrer bei Crispus, bis dieser Caesar wurde (317), vielleicht auch
noch länger, da Crispus auch als Caesar noch derartige Studien
treiben konnte. Belser läszt Lact, erst 316 nach Gallien gehen,]i
also kur^ vor dem Zeitpunkt, wo Crispus Caesar wurde, aber ab*^
gesehen davon, dasz dabei Belser nicht mit der von uus nachge*
wiesenen Unmöglichkeit rechnet, dasz Lact, die Inst, nicht in Niko-
medien veröfientlicben konnte und nach veröfifentlichung derselben
zunächst nicht in Nikomedien hätte bleiben können , abgesehen da-
TOn, sage ich^ darf man doch nicht den aasdruck von Bieronymua
8Brandt: über den Terfusei dee bacLefc dt mortiümt perteettU^ntm. 135
tmagister Caesaris Crispi bc prer&exi, öilez vr bCue b&g«D woIi^Of
Lact, sei bei Crig-pus er&T s&c-b dthbVL t-rzäemzufi? xlil Cb«BV lehrer
gewesen. Hieronjmufe folgte TJelmehr c«iil iL&iL«rxi nur deo ti^eJ biuziL
60 erklftren den an&dnsck &ueb PM^rtr osd G^robcunii bo. fc. 14.
dasz anszerdem Constanün mit der erzieLuitg beiner b?.'hne eilu:,
wird darcb ein autdrücklicbeB »eugiiife fetTgefutih. der iianegjrJker
Nazarins sagt in s^einer 321 g^biJi^xien rede vor Conb-tuctinb bobn,
dem 315 oder 316 geborenen j fingern Con^lAütin b. 24^, 2 ba»eLre&fe^ :
ef {i^ a«to5 adhuc ie awxxi al imit^stione viartiäih pat^mo^. iam i^mtn
ad pietiäem eins natura dedycä: iam maiuraio iliddio UHmt
AoM», iam fdix dexfera fruduosa mhMript-ione laetatur. snd ditm&lb
war der junge ConsUaitJn b5cheT*ns beche jähre a]t. nocL viel mebr
wird der yater ConEtantin cie aüb^iläung beine« £Jieet>en bobnet
Crispns, anf dem lange zeit allein d:e fond&uer der cynabtie be-
ruhte, beschleunigt haben, jedenfal]^ &lbO darf mein früherer an-
eatz festgehalten werden, ds^z Cn'j'Us bcbon alb acbij^briger knbbe
den Unterricht von Lact, erbalten konnte.
Noch wartet aber eine andere bier wicbiige frage der be-
sprechung, nemlicb die, ob Crispus wirklich, wie Tiliemont annabm,
schon 300 geboren ist: denn meinen andern ansatz, er bei rielleicbt
schon vor 295 geboren, las»e icb fallen, es war mir ent^aiigen, da^sz
Seeck zs. f. wiss. tbeoL 1890 s. 69 f. über die frage, wann Critpue
geboren sei, gehandelt bat. Seeck nimt für die erst« ebe Venn man
dieses yerb<nis so bezei ebnen kann; Con^tantinb mit Minervina
294 oder 295 an, dann f&brt er fort: 'doch kann Cri^pu^ kaum ror
304 geboren sein, da er im j. 320 seine Franken^iege noch als balbet
kind erfocht, im winter 320 21 wurde er aus Galiien an dab kaiser-
liche hoflager bescbieden und hier wabrscbeinlicb bald darauf Ter-
mShlt ; im herbst 322 bören wir von der geburt seines ersten kindes.'
die angäbe von der früben Jugend des CrispuB zu der zeit, wo er die
Franken besiegte ^320, vgl. Schiller ao. II 203 anm. 2, icb batte
früher nach Manso das j. 31 9 angenommen) stebt wieder bei Nazarius
8. 241, 27: facta Crispi^ Qicsarum mazimi. in quo udox uirtus
o/eUtiis mora non retardaiu pueriles annos gJoriis iriumphalibus
occupauii, auch s. 215, 19 sagt er: {Caesarum) in annis puhes-
Cent ih US non erupturae uirtutis tumens germen, non flos praecursor
tndoHs honae laetior quam uberior apparet^ sed iam facta granifera
et contra rationem aetatis maximorum quorumque fructuum
matura perceptio. doch hier spricbt er nicht von Crispus allein,
sondern auch von dem fünf- bis sechsjährigen Caesar Constantin.
die stelle s. 226, 28 . . u/ fortissimo Caesari (sc. Crispo) primitias
ingentis uictoriae daret iüt für unsere frage ohne belang, nimt man
nun pueriles annos an der ersten stelle streng wOrtlich, so w&re
Crispus, als er 320 die Franken besiegte, noch nicht einmal vier-
zehn jähre alt gewesen : denn für die Juristen der kaiserzeit ergab
sich nach mancherlei erörterungen als die grenze des knabenalters
das ende des vierzehnten jahres (vgl. Marquardt privatleben der B.
136 SBrandt: über den verfaBser des bttchea de mortis persecutorum.
I' s. 121 ff., besonders die Dachweise s, 122 asm. 3), es ist nun
offenbar kaum denkbar, dasz Crispus mit nocb nicht vierzehn j ab ren
auch nur der ehre halber mit einem militUnscben commando betraut
worden wäre, der panegyriker setzt offenbar die jähre herab, nm
die tüchtigkeit des prinzen entsprechend liöher erücbeinen zu lassen,
döber bat auch Seeck die geburt von Crispus nicht unter 304 berab-
gertickt, so daBz dieser 320 sechzehn jähre alt gewesen wäre, er
hätte dann 307 — 308 im alter von drei bis vier jähren gestanden,
und da konnte Lact, sein lehrer natürlich nocb nicht gewesen sein,
doch auch Seeck scbliesKt die möglicbkeit eines frühern Jahres
(^kaum vor 304^ nicht völlig aus. es wäre erwünscht j wenn man
big 302 zurückgeben dürfte, da man 309, das jabr in dem, wie ge*
zeigt, die Inst, schon abgeschlossen waren und veröffentliebt werden
konnten, für die Übersiedelung des Lact, nach Gallien annebinen
darf, indem t*r hier das werk ohne gefabr ausgeben konnte, so wäre
alsdann Crispiis damals sieben jabre alt gewesen und könnte schon
für den Unterricht bei Lact, fähig gewesen sein, fast eben so gut wie
Gratian mit acht jähren, auch darf man daran denken , dasz Cicero
an stellen, wo er den panegyrischen ton anschlägt, PML XIV 1, 3.
epist. XII 25, 4 , den damals schon neunzehnjährigen Octavian als
puer bezeicbnei* freilich musz man hinzufügen^ dasz er dabei viel-
leicht nach früherer weise das knabenalter (vgl. Marquardt ao. s, 121
anm. 1) mit sechzehn jähren als abgeschlossen denkt, will man die-
selbe rechniing bei Nazarius annehmen, so könnte man mit seinen
pueriles anni auf 302 zurückgehen, in diesem falle würde auch
Zosimos angäbe (II 20, 2) zu ihrem rechte kommen, dasz Crispus
bei seiner emennung zum Caesar (317) ^5ti veaviac war, dh. min-
destens ftlnfzehn jähre alt. doch ich gebe zu, d^&i diese ganze be-
reehnung nicht sicher genug ist, aber wir kommen auf einem
andern wege zu unserm ziele.
Lftctantius war 310 und 311 nach Veröffentlichung der Inst.
nicht mehr in Nikomedien. die einzige angäbe über einen wecbael
meines Wohnsitzes von Nikomedien aus ist die, welche Hieronymus
berichtet. t?r ist später in Trier gewesen, wann bat aber dieser
aufentbalt begonnen? man nimt allgemein an, und so auch ich bis-
her, Lact, sei infolge einer besondern berufung durch Constanlin
zur Übernahme des lehraints bei seinem söhne von Nikomedien nach
Trier gezogen, aber betrachten wir die stellen tles Hieronymus
genau, so finden wir, da^z von einer berufung nichts gesagt wird.
Hieronymus iiagt überhaupt gar nichts darüber, wann und wie
Lact, nach Gallien gekommen iht, er sagt weiter nichts als^dasz Lact,
in seinem önszersten greisenalter der lehrer von Crispus in Galhen
gewesen sei, es bleibt uns also freiheit die Übersiedelung von Lact
nach Gallien von 306 an gerechnet, wo er sieber noch in Nikomedien
war (vgl. 8. 126 über inst, V 11, 15), so früh anzusetzen, wie wir
wollen, betrachten wir die sacbe näher. Lact, hat sich zu beginn
der Verfolgung in Nikomedien in der peinlichsien läge befunden, er
SBk«Bdt: fiber den ranicer de* buolio« de M<»r^i? njp ftrstvHUHrHm \l\^
sagt w^hsi de cpif\ 1, 1 in .«UMiiNk« HfiYSsitatilms. vv Imt iu diriM«r
Schrift, die er gevris zuerst dem Deniotrianus nur untor \\f}v Imiul
flberrachte, nicht in das publicnm gab. allos gtMhan« um \vo\lor don
freimd noch sich als Christen erkennen ni htüsen : or spnvbt \on dmu
gemeinsamen glauben nur in andeutun^um § l\ «H/r//f5;f>' f^rof'rtio
qmid fo^wor, die Christen bezeichnet er § *J als phihK^o^^hi »uKitrur
sedae quam tuemur; ja am ende des buchos goKtoht er selbst . er sei
vielleicht zu ängstlich gewesen. 20, 1 hur ad fc, /VirnfriuMC, hitnim
jpaucis^ sed obscurius for fasse quam dccuit pro rrrum ur
iemporis necessitaie inroraui. nrnu kann sieh unter «heHeu
umständen denken, dasz Lact, sich so bald wie iiuVli^'^i ilieNer ihm
h(k:hst drückenden läge entzogen haben winl, -/.uinul ihn niolitH au
Nikomedien band, wo er sein amt als ötTentlirher lehrer ju nehou
verloren hatte, dasz er nun aber sich nicht im mindesten seheuto
der Verfolgung auszuweichen, zeigt die (sehon leben k\vh huet. h. :*H
hesprochene) stelle inst, IV 18, 2 qu<Hl cum (Christus) scirH futuf^tm
(nemlich seinen ausgang) ac subhide diarrt oportcrr sr pati «ifi/iir
Merfid pro salute multorum, sccessit tamvu nnn discipulis suis,
non ut uitaret quod nccesse erat pirpdi av sustinnr, scd ut ostrudnrt
quod ita fieri oporteat in omni pcrsvcutionr, ut sua
quis culpa incidisae uideatur, die otTenheii, mit der hier tlio
von Tertullian in einer besondern schrift unbeilingt verwnrlem«,
aber selbst von bischöfen gebilligte fuga in prrsecutionf nogiir iiuf
Christi beispiel zurückgeführt wird, Itts/t NO.hlieH/en (hiH/ jjuri., wenn
nur möglich, dieses beispiel selbst befolgt hiiben wird, aber gowlN
nicht nur um seiner persönlichen Sicherheit willon hat er Nikomedien
verlassen, man weisz aus den Inst. Kolbsi, wie iiuH/orordentlieh
wichtig ihm dieses sein lebenswerk (de opif, 20, H f.) war, welrh
entscheidenden erfolg er von ihm für den wieg doH gliiubenH hofl't«*.
er konnte es al)er nur vollenden fern von den v<Tfolgern, und weMunl.-
lich auch deshalb ohne zweifei hat er sich entschlossen Nikomedien
den rücken zu wenden, wohin aber hätte er eh«;r gehen können
als nach Gallien? hier hatten die Christen schon unter Constanliuri
Schonung gefunden^ noch viel mehr war dies der fall unter seinem
söhne Constantin. man könnte ja auch an Italien oder an Afrira
denken, die heimat von Lact., aber hier waren die verhUltniHM»
doch weit weniger einladend als in Gallien, in jenen beiden Hindern
liesz freilich nach Maximians abdankung 305 die Verfolgung nach
(Eusebios mart. Palaest. 13, 12), aber hie waren darauf der Schau-
platz kriegerischer Verwicklungen, Italien durch den kämpf zwi-
schen Severus und Maxentius (Maximian) 307, Africa durch die
empörung Alexanders gegen Maxentius 308 310; überhaupt aber
herschte in beiden ländem infolge des mehrfachen Wechsels thr
regenten nicht die gleiche ruhe wie in Gallien, aueh ist ja Con-
stantin selbst bi.s in das j. 306 in Nikomedien gewenen, bo dahz
sich hier beziefaungen zwischen ihm und Lact, bilden konuinn,
die dessen Übersiedelung nach Gallien wenigstens erleichterten.
138 SBrandt: über den Verfasser dea bacheB de mortibus persecutorum»
diese erklürung wird niemand weniger als Belser anfechten dürfen,
da er Lact, von 307 — 310 ebenfalls fem von Nikomedien, aber an
unbekannten orten weilen löszt. wenn er aber behauptet, man könne
'mit Sicherheit' sagen , dasz Lact, damals jedenfalls nielit in Trier
gewesen sei^ so ist darauf zu antworten, dasz Hieronymus nichts
über eine bernfung des Lact, nach Gallien und über den anfangs -
punkt von dessen aufenthalt dort sagt und dasz auch sonst keinerlei
anhält vorliegt, der zu einem so späten ansatz (316)^ wie ihn Belser
macht, nötigte* übrigens wäre es mir an und für sich einerlei, ob
man Lact, vor 311 in Gallien oder in Äfrica oder in Italien leben
ISszt: nur das ist festzuhalten, dasz wo er auch war, er in solcher
Sicherheit sich befinden miiste» dasz er die Institutionen hier ab-
schüeszen und veröffentlichen konnte, jedenfalls war aber Gallien
hierfür der geeignetste aufenthalt, nach 306, vielleicht schon 307,
zog er hierher, und hierunter demselben schütze Constantins stehend,
wie in dessen ganzem bereich die Christen überhaupt, konnte er sein
würk vollenden und 308 » vielleicht schon 307 oder erst 309 ver*
öffentlichen* es enthält keinerlei beziehungen auf Constantin^ es
scheint daher, dasz Lact, die Übersiedelung nach Gallien durch
diesen nicht in erheblicher weise erleichtert worden ist* seine be-
Bchäftigung hier wird /.unäcbst Htterari&cher art gewesen sein, bald
nach abßchlusz der Institutionen ist gewis das in diesen (II 17, 5)
schon versprochene buch de ira dei gefolgt, vielleicht hat er auch
UDterrieht erteilt, seine öuhsistenzmittel müssen schon in Niko*
medien nach verlust seines amtes sehr kärglich gewesen sein, und
vielleicht ist er auch damals schon in Gallien in der bittern not ge-
wesen, von der Hieronymus ad a. Ähr. 2333 redet, eine besser ung
seiner Verhältnisse trat selbstverständlich ein, als er lehrer des
Crispus wurde, da er sich in Gallien ohnehin schon aufhielt, war
nichts natürlicher als dasz Constantin ihn zu diesem amte, wenigstens
für dasi lateinische, erwählte, ist Crispui> auch erst 304 geboren, so
kann man hierfür 311 — 312 annehmen^ wie lange die lehrthätig-
keit bei Crispu» gewährt hat, ist nicht zu bestimmen, vielleicht bis
über die zeit binau^, wo dieser Caesar wurde, nachdem Crispus 326
durch den eignen vater umgebracht worden war, hat Lact wohl
diese katastrophe seines frühern schülers in d^r weise empfinden
müssen j dasz er in seint^m hohen alter noch äuszem enthebrungen
preisgegeben wurde, wie Hieronymus berichtet
' dasz die aoreileu au Constaatiiif die in eioi^-en handschrit'teo
Dach insi. 1 1, 12 und VII 37, 2 stehen, unecht äiud, hulje ich in der
ttbh&ndlting ^die kalaerredeD bei LactaDtiQa' (VTiODer BitziiDg^berichte
1S89) erwiesen, meiu resaltut ist, so viel ic)i w«tsz. Allgemein aoge-
nommen worden, nar Seeck zs. i\ deutsche g'eschichtswiss, VII a. 69
naro. 6. 97 anm. 2 häU an der frühern Vorstellung tetit, Liiut. habe
diese atetlen einer ^zweiten ausgrabe' der lDstituti{>neo zugefüg-t, die
»ich Caaslaotin bestellt hätte.
(der »chlasi folgt im nüchsten hefte.)
H£iDELBic&a< Samuel Beani>t.
ABehr: fragmente einer hs. der Macrobias- und Plinius-excerpte. 139
16.
FRAGMENTE EINER HANDSCHRIFT DER MACROBIÜS-
UND PLINIÜS-EXCERPTE.
Seitdem Detlefsen zu seiner Plinius-ausgabe, deren erster band
im j. 1866 erschien, für einzelne teile des zweiten buches der nat,
hist, die excerpte des cod. lat. Monac. 6364 (Frising. 164) benutzt
hat, aus welchem schon LvJan im j. 1848 Macrobius-excerpte für
seine ausgäbe des somnium Scipionis cum commentariis Macrohii
herbeigezogen hatte, ist man auf das astronomiscb-computistische
Sammelwerk aufmerksam geworden , zu welchem jene excerpte ge-
hören, auszer dem groszen culturhistoriscben interesse, welches
diese samlung bietet, hat sie auch für die hsl. Überlieferung des
Macrobius und Plinius ihre bedeutung. dennoch ist bisher eine um-
fassende Untersuchung der aus Macrobius genommenen teile noch
nicht angestellt worden, von den Plinius-auszügen dagegen hat
Karl Rück im programm des k. Ludwigs-gymn. zu München 1888
den text mit angäbe der lesarten der ihm bekannten zehn hss. ver-
öffentlicht, das gegenseitige Verhältnis derselben untersucht und den
nach weis geliefert, dasz die hss. von sehr verschiedenem werte sind.
Nach den angaben Rucks finden sich die Plinius- und Macrobius-
auszüge zusammen in folgenden hss.: 1) cod. lat. Monacensis 6364
(Frising. 164) (= ö bei Rück) membr. in 4, nach Jan s. LXIV
saec. IX, nach Rück s. XL 2) cod. lat. Monac. 6362 (Fris. 162*)
(sa ^ bei Rück) in folio, nach Jan s. X et XI, nach Rück s. XI.
3) cod. lat. Monac. 14436 (Emmer. E 59) (= £ bei Rück) in 4,
8. XI. 4) cod. lat. Bernensis 347 (= rj bei Rück) in 4, s. X. 5) cod.
lat. Bern. 265 (= & bei Rück) in folio , s. XI. 6) cod. lat. Monte-
pessul. H 334 (= y bei Rück) in 4, s. IX. 7) cod. lat. Paris. 8663
(= t bei Rück), nach dem catal. codd. mscr. bibl. reg., Paris 1744,
III 4 s. 481 saec. XI, nach Rück saec. X. 8) cod. lat. Paris. 12117
(Sangerm. 434) («= x bei Rück) s. XI. die auszüge aus Macrobius
fehlen in 9) cod. lat. Monac. 210 (= a bei Rück) in folio s. IX
und in 10) cod. lat. Vindob. 387 (olim Salisburg. 421) (= ß bei
Rück) in folio s. IX. endlich ist noch zu nennen: 11) cod. lat.
Monac. 14353 (D 78) (= E* bei Jan) s. XI, welcher die auszüge
aus Macrobius enthalt (Jan s, LXXXIV), aber von den Plinius-
excerpten nur die worte Inter celum et terram pendent Septem sidera
(Rück s. 3).
Die hss. bieten meist aus dem commentarius des Macrobius
I 14, 21 — n 9. der cod. lat. Monac. 6362 hat jedoch den ganzen
commentar, aber es läszt sich erkennen, dasz vor I 14,21 und nach
II 9 der text aus anderer quelle ergänzt ist (s. Jan s. LXVI). im
Monac. 14436 steht der commentar von anfang bis II 9, indem auch
hier der text bis I 14, 21 aus einer andern hs. genommen wurde
(s. Jan s. LXXIII).
14Ü ABebr: fragmente einer bs. der Macrobiue- und PUnins-ezcerpte.
Über den umfang der Plinius-eicerpte ist bei Rück s, 25 das
nötige susam menge stellt.
An mebreren stellen seiner arbeit spricht Rück die er Wartung
aus, dasz sich noch weitere bss. mit den nemlicben Plinius-auszÜgen
finden würden, schon bevor mir seine abbandlung bekannt wurde,
fand ich im j. 188 9 in dem archiv der stadt Köln 10 bisher un-
beachtete pargam en t blatte r^ deren inbalt ich als Macrobius* und
Plinius-excerpte erkannte, die hä., deren resie diese stark be-
schnittenen blätter darstellen T scheint mir dem elften jb, anzu-
gehören, die Plinius-excerpte sind von anderer band geschrieben
als die aus Macrobius; letztere sind durchcorri giert» zuweilen sind
abweichende les arten Übergeschrieben und einige scholien am ran de
eingetragen, die aber zum teil abgeschnitten sind,
1.
Die auszüge aus PlininSf von denen ich zunächst sprechen
werde, stehen auf dem letzten blatte, beginnend mit n. k, II § 35
quaHam pariem diei. auf § 35 folgen noch §§ 36. 38. 39. 40. 41.
42, 43* 44. 83. 84. 59. 60. 61. 69, 70, 63. 64. 62. 66. 67. 68—69*
71. 75. 76, 77. 78. 80, jedoch ist 69 und 70 bis in vespertim ab-
geschnitten, am schlusz ist die schrift fast völlig verwischt, so das2
ich von § 80 nur bruch&tücke lesen konnte, doch ist es möglich,
dasz andern die entzifferuEig vollständiger gelingt.
Es sind dieselben auszüge, welche in den von Rück behandelten
hss- erscheinen, auszer denjenigen aus dem 18n buche der n. /«., die
nur vier hss. (ceßyK) erhalten haben, da der anfang des blattes
mitten im satze beginnt, miisz das im codex ursprünglich vorher-
gehende blatt die in den übrigen bss. vorhandenen auszüge aus
II 12. 32 und 34 der «, h. enthalten haben, während am Schlüsse
nichtö darauf hindeutet, dasz ursprünglich noch die aus dem 18n
buche folgten, daraus läszt sieh scblieszen , dasz die Kölner frag-
mente, die ich mit X bezeichnen will, nicht zu der von Hück auf-
gestellten gmppe A {cc ß y i n) gehören, welche die auszüge aus
b, XVIII enthalten; auch zeigt die lücke § 67 medio fertur bis
fi/tOMOSOy welche sie mit gruppe B (dff»j^) teilt, dasz sie dieser
näher steht, mit 6 §7}^ teilt l % 60 die le^ai-t ascendantj mit d^fi^
% 70 minime statt minimeque^ % 75 exitu für exorlu, mit ö^^ das
einschiebst^ stellac § 61 ; rait f} hat 1 zwar die lesarten § 66 UUUu-
dinis und § Gl possini gemein^ aber die im folgenden anzuführenden
lücken sind in ij nicht vorhanden, wie 6^ hat l nemlich folgende
Itlcken : § 70 qu^niam bis adsunt und § 64 a bis centro, dagegen sind
die lücken § 42 et bis defedu und § 71 est bis austrumy § 78 partem
bis biSp welche in df erscheinen, in X nicht vorhanden, ebenso wenig
die lücken welche f allein hat. dagegen die beiden 6 eigentüm-
lichen lücken, § 66 hahiiatur bis quam und 59 rtguvUur bis a finden
&ich auch in X*
Besonderi^ die letztgenannte beweist eine nähere Verwandtschaft
i
ABehr: fragmente einer he. der Macrobius- und Pliniu8-excerpte. 141
zwischen S und X. in beiden ist nemlich der räum für die ausge-
lassenen Wörter, in A für in triquetro, in d für et in triguetro frei
gelassen, da X einige in d vorhandene lücken nicht hat (§ 42
eresoens bis modo^ § 66 excedü finis^ % 67 duabus bis tres^ § 77 räro-
ffradum bis et)^ so kann k nicht von ö abstammen; auch ist ö nicht
aus l abgeschrieben, welcher folgende lücken für sich hat: § 59
oocuMent bis qui (fehlt tUas), § 71 eadem bis vi (fehlt que), und auch
von der S eigentümlichen Umstellung intervaUo eodem § 61 und der
Sndemng § 70 minores frei ist. ferner weicht X von S in folgenden
lesarten ab: § 42 curvata {conviäa ^), eademque {eandemque d),
§ 44 eadem quae (idemque ^) , § 60 cetera {cäera d) , § 63 earum
{earum J), § 64 soli {sök 6\ capricorno (capricornio d), § 62 mutent
(teneni d) , aheantque (abeant d) , § 66 luna {lunam ö) , latitudinem
{magnüudini/ 6), laxissime (latissime ö\ § 67 super {supra d), § 76
occasu {hoc casu d), subierat {suggerat d), § 77 sidere (sidus d), § 78
die vd (ßierwn d).
Alle diese abweichungen sind jedoch derart , dasz sie der von
Bttck hervorgehobenen paläographischen Unkenntnis des Schreibers
der hs. d zugeschrieben werden müssen und der annähme gemein-
samer herkunft der hss. d und k nicht im wege stehen, dasz nem-
lich d und k aus derselben hs. abgeschrieben sind , scheint mir be-
sonders aus der lücke in § 59 hervorzugehen, an welcher stelle in
beiden räum für die fehlenden worte frei gelassen ist. dort war die
Schrift des archetypus offenbar unleserlich oder lückenhaft, da nun
die hs. i an dieser stelle vollständig ist , so scheint nunmehr trotz
aller Übereinstimmung zwischen d und ^die annähme ausgeschlossen,
dasz ii aus derselben hs. geflossen sind, anderseits aber beweisen
die ist^k gemeinsamen lücken , dasz die hs. (x*), aus welcher dk
stammen y auf einen in § 59 noch vollständigen archetypus (x) zu-
rückgeht, aus dem auch die übrigen glieder der gruppe B mittelbar
oder unmittelbar abgeleitet sind.
Beihen wir nun k der gruppe B ein y so ergibt sich für diese
groppe etwa folgende Stammtafel:
ad
In k steht § 84 dimidium Mercurium dh. ad steht — wie es
scheint von derselben band — über der zeile. da dieses ad in d^
fehlt, könnte man daran denken, dasz hier in k die band eines cor-
142 ABelir: fragmenfce einer bs. der Macrobius* und Pliniuä^excerpt«,
rectors zu erblicken am, welcher au« einer voUstäadjgem be, daa
wort nachgetragen habe, aber ein solcher corrector hStte sicherlich
auch den leeren räum in § 59 ausgefüllt, ich glaube vielmehr, das?.
ad schon in i und x' über der zeile stand und von den schreibeni
der hsä* x' und X sklavisch an derselben sielle wiedergegeben ^ von
andern in den lext anfgenommen («9') oder weggelassen wnrde (^fl.
ist diese annähme richtige so würden wir bei dem Schreiber der bs. k
immerhin einen gewissen grad von Sorgfalt anerkennen müssen«
wo£U auch der umstand stimmt, dasz l von all jenen naehtäsäigkeits-
fehlem frei ist, die d entstellen.
Von den excerpten aus Macrobius commentar zum somnium
Scipionis enthSlt das Kölner fragroeni folgende stücke- I 2j 1 sub
perUiae biB I 3, 4 dormienti animi\ 4, 4 vita tia est bis 6, 53 septenos
aequa\ 20, 3 vuU esse omnium bis 11 1» 16 iotum minorem \ II 15, 2
€perum rdtquentfU bis 15, 26 siare dkitur: qumpos-, jedoch sind
auch diese blätter unten beschnitten, so dasz folgende stücke fehlen:
I 20, 13 ut autetn hh dicenda suni; 20, 27 ut tanio bis citrrat qttanto\
21,14 qtmniUate positerunt bis 21, 16 mquas dwo; 21, 26 Venus bis
quod m\ 22, 5 aquae fluxum bis 22, 6 omni süvestri'^ II 1, 2 tanti
motus bis graviter ex.
Wie schon oben s. 139 bemerkt j bieten die meisten der dort
angeführten bss« nur I 14, 21 bis II 9 mit ausnähme des cod. lat.
Monac* 6362 (f), welcher den ganzen commentar enthält, doch auch
hier ist, wie oben ge^-agt, deutlich zu erkennen, dasz anfaog und
ende aus anderer quelle ergänzt sind, dasz nun auch die Kölner
blätter reste einer hs. sind, welche den ganzen commentar des Ma-
crobius enthielt, geht aus dem mitgeteilten inhalt der fragmente her-
vor, so dasz sich wegen der damit verbundenen Pliniusexcerpte der
gedanke aufdrängt, dasz auch hier anfang und ende aus anderer
quelle stammen als die mitte, aber während wir im cod. lat. Monac>
6362 durch äuszere zeichen die ergänzung angedeutet ßnden (vgl*
Jan ao, s. LXVI), hat es ein unglücklicher zafall gewollt, dasz von
der Kölner bs. gerade diejenigen blätter verloren sind, auf welchen
man diese zeichen erwarten könnte (I 14, 21 und II 9).
Die Plinius-eicerpte im Monac. 6362 (£) stehen ntm, wie oben
ausgeführt, in einem gewis^^en verwaodtschaftsverhäUnis zu denen
der Kölner hs. , die Macrobius- fragmente der Kölner hs, zeigen da-
gegen eine gröszere tibereinstimmting mit dem cod. Eehdigeranus
(K^ bei Jan), von dem aber weder Jan noch Rück angibt, dasz er
Plinius excerpte enthält, und doch musz derselbe, ganz abgesehen
von der Übereinstimmung seiner lesarten mit denen der Kölner frag-
mente, in einer noch näher zu untersuchenden beziehung zu dem
astronomisch coraputistibchen Sammelwerke stehen, wie ich aus den
Worten Jans s. LXYIII scbliesze: 'ubi mcipit codex C (I 14> 21),
solito maioT est littera initialis, sed in ipsa linea/
M Rubensoba : zu Schillers äbersetzuiig der Aeneide. 143
Ähnlich wird es sich verhalten mit Jans hs. T (Tegernseeensis
1471 nunc Monacensis, vgl. Jan s. LXIX), da Jan von derselben
sagt: 'nbi incipit codex C, in margine legitur: Nunc traäat de
astranamia.*
Mit diesen andeutungen möchte ich mich begnUgen, um andere,
denen die beiden hss. leichter zugänglich sind, zu einer Untersuchung
derselben in der bezeichneten richtung zu veranlassen , wobei sich
m^licherweise auch in diesen hss. noch Plinius - excerpte finden
werden, die lesarten der Kölner blätter zu veröffentlichen werde
ich vielleicht ein andermal gelegenheit nehmen.
Kreuznach. Arnold Behr.
17.
ZU SCHILLERS ÜBERSETZUNG DER AENEIDE.
Ihren zom über den raub des palladiums zu bekunden lüszt
Minerva, nach der trugerzählung des Sinon, aus den starren äugen
ihres bildes flammende blitze lodern , schweisz die glieder herab-
rieseln , ja
. . terque ipsa solo — mirahüe dictu —
emicuit parmamque ferens hastamque trementem {Äen. II 174 f. ).
Schiller gibt in der 29n stanze der im januar 1792 in der ^neuen
Thalia' erschienenen Übersetzung die angegebenen worte folgender-
maszen wieder :
und dreimal steigt, entsetzliches presicht!
mit Schild und speer und wütender gebärde
die göttin selbst aus der zerrisz^ncn erde.
wie man leicht sieht, ist hier Schiller ein arges misverstfindnis unter-
laufen: er läszt die göttin selbst aus der 'zerrisz'nen' erde empor-
steigen, während Vergilius natürlich nur von dem wunderbaren
emporspringen des palladiums spricht, bei der zweiten herausgäbe
im j. 1800 ist deshalb die fassung stark verändert und der gedanke
des römischen dichters richtig wiedergegeben worden , wenn sich
auch die verse nunmehr etwas matt ausnehmen :
und dreimal scheint (entsetzliches gesicht!)
die göttin sich vom boden zu erheben
und Schild und lanze schütternd zu erbeben.
durch die tilgung des wundersamen Versehens — welches unzweifel-
haft aus der verkennung der möglichkeit, das bild einfach als die
gottheit (daher hier ipsa) aufzufassen, entstanden ist — schwand zu-
gleich ein höchst auffälliger ausdruck. ^mit wütender gebärde' soll
die göttin emporgestiegen sein ^aus der zerrisz'nen erde'. Schiller
ist zwar der meinung, man müsse ^dem dichter im deutschen von
einer andern seite wiedergeben, was von der einen unvermeidlich
verloren geht', und so erklärt sich wohl, dasz er emicuü mit ^steigt'
nur ungenügend erläuterte, dies manco aber durch das epitheton
'zerrissen' nicht übel ausglich ; dagegen erscheint es unmöglich, auch
144 WPökel: miäceÜe,
die 'wütende gebärde' auf rechnung jenes übarsetzungsprlncips zu
setzen, da Schiller doch schwerlicb die zitternde bewegung der lanze
mit diesen werten andeuten wollte, wohl aber ergibt sich ohne
weiteres, dasz der zorn der hehren göttin wohl durch strenge, herbe
raiene, nicht aber in der von Scbiller angedeuteten weise sich äuszern
konnte, ^wütende gebärde' eignet menschlichem zorn und mensch-
lichen affecten. Schiller hat die Proprietät des ausdrucks auszer acht
gelassen, was gerade bei dem spraetgewaltigen dichter nur die folge 1
einer äuszern einwirkung sein konnte, er benutzte von einem andern (
zu ander ua zwecke geprägtes materiaL dieser andere war Bürger, '
mit dessen gedichten er ^ich ja kurz vor der abfaaaung der ersten
32 stanzen im frübjabr 1791 (Schiller an Körner, 24 oct. 1791 ?gL
10 april 1791) sebr eiDgehend beschiirtigen muste: die rccension
war im Januar nnd die antikritik nebst Sebillers antwort im april
desselben Jahres erschienen, bei Bürger nun heiszt es von Lenore,
die den geliebten unter den heimziehenden kriegern vergebens ge-
sucht hat (str. 4) :
als nun das ke^r vorüber war,
zerniiifto f^w ihr rnbenh^inr
und wiirf »ich hin zur erde
mit wütiger gebUrd«.
dasz eine reminiöcenz vorliegt, ist nicht wohl zu bezweifeln» da*!
gegen möchte es schwer sein zu entscheiden^ ob eti mehr als bloszer"
Zufall ist, dasz es eben Bürger war, mit dem Schiller im jähre 1789
*einen kleinen wettkauipf, der kunst zu gefallen, eingieng*. er sollte
darin bestehen dasz 'beide das nemüche sttick aus Virgils Äneide,
jeder in einer andern versart, übersetzten' (Schiller an Charlotte
von Lengefeld, 30 april 1789).
Berlin. Max Kübensohn,
18.
MISCELLE.
Von meinem mir unvergeszlichen freunde August Nauck
besitze ich ein kleines griechisches gedieht, welches derselbe mir
Übersandte, als er im j. 1852/53 am hiesigen gymnasiura unter-
richtete und mit mir in täglichem engstem verkehr stand, es lautet bo:
Xaipeiv KeXcüuj TToikiXov töv TToikiXou,
dvbpu>v ÖTtdvTUJV ävbpa TrpocqjiXecTaTov,
Kai Xicco^ai Tab\ ei Ö^X€ic ö^cöai x^P^v ,
XcKic CoqjoKX^ouc räc utt* ctvbpöc 'AöXiou
cuvriTpevac bdveicov €ic ^iKpov xpövov.
Td vüv bi xaip^ ' ical fäp ou Xötujv cxoXfi
oöö' fmiv elTreiv ecriv oöt€ coi KXüeiv.
NauKub^c.
(es bandelte sich um Ellen dts lesicon Sophoclenm.)
Prbnzlau. Wilhelm Pökbl,
ERSTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBAÜSQEQEBEN VON AlFBED FlECKEISEN.
19.
TnepeiAOY kat 'AeHNorENOYC.
Hjpereides fünfte, oder bei voranstellung der Karä OiXiiTTTibou
sechste rede , die berühmte gegen Atbenogenes, die entdeckung des
Aegyptologen Eugdne Bevillout in Paris , liegt seit anfang dieses
Jahres auch in facsimilierter ausgäbe vor', und es ist nunmebr an
der zeit sieb auch bei uns ernstlicb mit ibrer herstellung zu beschäf-
tigen, in Frankreich nemlicb hat bereits im vorigen jabre HWeil
einen durcbgearbeiteten text geliefert ^ unterstützt durch eigne ein-
sieht des papyrus an zweifelbaften stellen und durch eine von
ThBeinach nach demselben gefertigte neue abschrift; wir dagegen,
allein auf die erste publication' angewiesen, die von dem umfange
der lücken eine bestimmte anschauung nicbt gibt, musten uns bis-
her noch zurückhalten, denn die herstellung ist schwer, und wie
viel trotz facsimile zweifelhaft bleibt, wie viel vollends nicbt zu er-
gänzen, wird das unten folgende lehren.
Der papyrus, der sich durch Revillouts verdienst seit ende 1888
im Louvre befindet, der sodann durch denselben mann mit nicht
geringer mühe und gröster Sorgfalt aufgerollt, geordnet, wieder
zusammengesetzt ist, um dessen Vervollständigung endlich durch
weitere stücke sich derselbe Revillout nicht ohne erfolg eifrigst be-
müht hat, ist am Schlüsse leidlich vollständig, indem nach allem an-
schein hier keine columne fehlt, dagegen am anfang um mehrere
columnen verstümmelt, das format ist grosz, die columnen breit,
sehr viel breiter als in den Londoner Uypereides - hss. , auch die
* corpus papjrorum Aegypti a Revillout et Eisenlohr conditnm.
tome III fasc. I: le plaidoyer d*H. contre Ath. Paris (ELeroux) 1892.
19 8. fol. mit 16 tafeln. ' HWeil Hyp. prämier discours contre Ath.,
in revne des etudes ^recqnes, 1892, s. 157 ff.; s. auch dens. im Journal
des savants 1892 s. 299 ff. ' ERevillout memoire sur le disc. d'H.
c. A., aus der revue ^gyptologique t. VI n. III— IV u. VII n. I.
Jahrbacher für cUss. philol. 1893 hft. 8. 10
146
FBlaas; Tncpctbou kot* 'Aörivo^^vouc.
scbrift recht grosz und fast epigraphisch in ihrer regelmäszigkeit
und deptliehkeit, beinabo ohne alle ligatur dar bucbstaben. die
colli mnen enthalten 27^ — 28 zeilen — die ausnähme m coL VI, wo
Bur 26, ist dureb das lemma CYN8HKAI herbeigeführt — ; die zeilen
28 — 32, zum teil aueb bis zu 33 oder 34 bachstaben. die alters-
bestimmnng wird durch die aufzeichEungen und Urkunden der rllck-
Seite nicht wesentlich unterstützt « da bei diesen eine datierung
mangelt; nach der BChrift indessen setzt der entdeck er den papyrus
mit zuversiebt in die Ptolemäiscbe zeit^ und er wird darin recht be-
halten, wenn auch vom dritten Torcbriatlicben jb. nicht die rede sein
kann, nemlich das A zwar hat noch die gute epigrapbiscbe form, mit
geradem mittelstriche, das H besiebt aus drei iin verbundenen strichen j
aber andere buchstabenformen sind doch die jungem: G G Z G), und
entscheidend ist gegen das dritte jh. die Orthographie, die eine
TÖllige Unsicherheit bezüglich des i adscr. und keine völlige sicber-
heit bezüglich des ei — I aufweist, man kann also die entstehung
der bs. um 150 — ^120 vor Ch. ansetzen, wonach sie die älteste der
Hjpereides-bss, bleibt, die interpunction geschieht in der bekannten
weise durch freien räum nnd paragraphos , mitunter auch , bei ge-
ringerer trennung, durch einen kleinen freien räum ohne para
graphos; sie ist übrigens weniger sorgfältig als in der Londone
bs. der rede gegen Philippides, von zeichen finden sich die trennungs-
pnnkte über I zn anfang der isilhe: INA, 0YT0C1; Einmal auch
apostroph (III 3). corrigiert ist hier und dar in der zeile vom
Schreiber, oder über der zeile von diesem oder von verschiedenen,
sieb besonders durch die tinte kennzeichnenden andern bänden-
zur tilgung eines buchstabens dient ein (1 hergesetzter pnnkt. immer-
bin sind auch noch fehler stehen geblieben, da keine systematische
correctur erfolgt ist, und nicht blosz orthographische fehler.
Von den alten werden zwei reden des Hypereides Kai' *A9-
citiert, a'^ und ß\ die zu einander in demselbeti Verhältnis gestanden
haben werden wie bei Demosthenes Kaia *Aqpößou a' und ß'» Kaid
'OvT^TOpoc a und ß', Kaxd CTtcpdvoy a und ß'. auffaliend i:;t
immerbin, dasz unser papyrus nur die erste rede, nicht auch die
antwort auf Athenogenes Verteidigung enthalten zu haben scheint.
der Verfasser ncpi öipouc (c, 34, 3) zeichnet *die kleine rede gegen
Ath.* {tö KOT* *A. Xotiöiov) neben der rede fllr Pbryne unter
Hypereides werken besonders aus, als die art und das eigentümliche
talent dieses redners im gegensatz zu Demosthenes vorzüglich kenn«
zeichnend: wenn letzterer eine dieser reden zu schreiben versncbf
blatte, so würde der versuch mar zu gröszerer empfehlung des
Hypereides ausgeschlagen sein, in der tbat ist schon der eine wie
der andere dieser recbtsföUe derart^ dasz Demostbenes anstand ge-
nommen haben würde der anwalt (oder gar ftlrsprecher) darin zu
sein: denn auch der hier vorliegende ist keiner von den saabers ten,
unzweifelhaft nemlich hat Weil (und mit ihm ThBeinach) darin
recht geseheSi dasz der er^le anfang des streits zwischen dem kläger
(EpckrmfiEs f i. ixsol zu '*cL XL l^ fJ mi iüm T>;rkLw:«s Aiidskc-
gcBcs m €cs€r Ljdoac&af: zu foüääi i:S . £e i/^r rinsfr* 3ii: eiotfOL
juBgcm sklares iiss j*{:zreca. aazTi». e wlr^t jizies^AäSULi i<i mkosoL . Ji
welcher vei^e der kiS^er toh äjk&$eni äeiziem. Iptrc enliil^ . d^ft er
in dem erfcahegen nizr kurz ^zs-d loa« beae^ihnatg ii» gcg^atäCaades
erwiln: [Ip^c I 13: oi ^puhiTCC X 9 : nern'Vh &adi <ier iprwh«r
in LjBU 3r rede, «ier eine S2L!iL:<:ae ItfI<ieiksdtAf^ zn g^iCehea h:&c.
thal dies niefat liuie Khazn. j**iL<*r josge skL&T« ann U( einer tos
zwei söiuwii des §kläTe& Ml'ii^r ^ier fitr Adienogenes ein salb^fa-
geschftft fjiupoicuiXio^) am markte Ülkrte: Atheaogenes , mecC^k za
Athen und ÄgjpCer Ton nacfca. wir s^benfkbncant ron haas au^
und besasz nichc weniger »Li drri solcher geschälle: TgL col. IX 3 ff.
der geborene Ägypter mmz indes gründlich helleni:siert gewi^^n
sein: denn er achrieb aach processreden fUr andere, und Ton seiner
herknnft war ihm nur die besondere gehebenheit des Orientalen ge<
blieben, col. 11 1 f. ävOpurrrov XoroTpacpov tc koi äropaiov, tö 6i
liijicxoy AiTurmov. der klftger seinerseits ist ein miszig bemittelter,
in geschftften ganz unerfahrener junger mann, dem sein noch lebender
▼ater (X 25) die Terwaltung eines landgutes übertragen hat ^col.
Xn aa^. er suchte nun offenbar jenen söhn des Midas in seinen
besitz zu bringen und kam dartlber mit Athenogenes in streit und
feindschaft (II 15 ff.), indem sich dieser stellte, als wolle er sich
auf nichts einlassen, in wirklicbkeit war ibm der junge mann
eine willkommene beute: denn das salbengescbftft des Midas gieng
schlecht und war überschuldet, und hier bot sich eine gelegenheit
das gesch&ft mitsamt dem geschftftsftlhrer in yorteilhafter weise
loszuwerden, es wurde also dem klftger gesagt, dasz der söhn allein
ohne yater und bruder nicht käuflich wftre , und nachdem man ihn
zunächst so weit gebracht hatte, dasz er alle drei zu kaufen oder
yielmebr loszukaufen (diroXücacOai) bereit war, wurde er durth
Athenogenes betäre Antigona, die sich den anschein einer wohl-
wollenden Vermittlerin zu geben wüste, vollständig in die falle ge-
lockt, so dasz er die drei, statt des loskaufs, mitsamt den activa
und Passiva des salbengeschäfts in aller form rechtens durch con-
tract als eigentum erwarb, nun erst stellte sich die grOsze der
Passiva heraus, über die weder im contracte viel stand noch von
Athenogenes gesagt war: 40 minen war der kaufpreis, 6 talente
waren die schulden, und der kläger einfach ruiniert, da Atheno-
genes sich natürlich auf nichts weiter einliesz, so wird jetzt das
gericht angerufen, aber auf grund welches gesetzes, und in welcher
form der klage? der kläger sagt zwar (V 24): TTpocCKaXccdtMCGa
auTÖv elc ujLiäc Kaiä töv vöjliov, aber weder läszt er ein gesetz ver-
lesen , noch hat er eins, sondern durch analogieschlüsse nach ander-
weitigen gesetzen wird der nachweis geführt, dasz der erschlichene
contract ungültig sein müsse, also jenes Kara töv vö^gv bezieht
sich nur auf die art der TtpöcKXiicic. eine klagform aber wird in
keinem citate angegeben: immer nur kqt' 'AOrivoT^vouc. wenn in
10*
148
FBlass: Tircpciftou Kax' 'AÖtivot^vouc.
der TBde voo ßoiiXeucic (VIII 19), von InißouXri (in lö. XI 9),
^TTipouXcüeiv (XII 7. XVII 1? lOE?), dvebpeiieiv (V 13. VIII 17)
gesprochen wird, so ist damit keineswegs die klagform bezeiclinet,
wie auch aus Harpokration n. ßouXeuceuJC hervorgeht, der unsere
rede, aber nicht etwa ihren titel citiert. also ßXdßTiC wird der kläger
den Atbenogenes vorgefordert haben, mit emem TifiriMOt von 5 talenten,
und die vierzigmänner (oi TcrrapoLKOVia) nahmen die klage an.
wenn der kläger gewann » so wird es eben Athenogenes vorgezogen
haben, statt 5 talente zu bezahlen, das geschäft rückgängig zu machen,
dasz eine hohe summe auf dem spiele stand, scheint auch aus der
unten zu he^prechenden anspielung auf die dem kläger drohende
atimie, wenn er nicht den fünften teil der stimmen erhielt und die
epobelie bezahlen muste^ hervorzugehen.
Die rede enthält selber eine ziemlich genaue Zeitbestimmung:
aeit dem kriege des Xerxes sind mehr als 150 jähre verflossen
(XV 17 f.), also falls der redner richtig rechnet, stehen wir in den
nächsten jähren nach 330. es ist auch kein grund ersichtlich, wes-
halb man einen irrtum annehmen müste; im gegenteil wird von
dem kriege mit Philippos (XY 2) in der weise geredet, wie man von
einem schon etwas rückwärts liegenden ereignisse spricht.
Hypereides rede hat, soweit wir das beurteilen können, einen
sehr regelmäszigen und einfachen bau gehabt, es ist die erste baupt-
rede in einer anklage , die wir von diesem redner kennen lernen:
denn auch die rede gegen Philippides war nur eine unter mehreren
in dieser sache gehaltenen anklag ereden. das prooemium, und was
etwa zwischen diesem und der er/>ählung ^tand, tiad der erste teil
der erzähl iing sind verloren gegangen, etwa 2 — 3 columnen. die
sehr ausgeführte erMüung sondert sich ebenso scharf ab wie die
irtcieic; nach diesen kommen (von VIII 25 an) die iTpOKaTaXrii|*6ic,
deren abgrenzung gegen deo epilog sich allerdings bei dem zer-
störten zustande dieser coluraiier) nicht erkennen läszt. vom epilog
besteht ein groszer teil (col. XV. XVI) aus anderweitiger und ab-
schweifender btaßoXri des angeklagten, der als ein belfershelfer
makedonischer Unterdrückung geschildert wird; es war dies jeden-
falls vor gericht recht wirksam, und iür Hjrpereides waren vielleicht
diese antecedentien das motiv oder ein motiv diese sache als advocat
zu übernehmen.
Ich lasse nun den text des erhaltenen folgen.
eoL I [Tij inJvai|K[t], cIttövtoc hi ixov irpöc aöirjv xd t€ | TreTtpaT-
^i]i[v]a, icm ötl /joi *Aör|VOT^viric x^iXcIttoc] dr\, Kai oiibev dÖcXoi
6 TUJV M€Tpiu*v I cuT]x^pt»v, TouTov ptkv £(pn d€i Toioi}Tav II €lva]i,
i^k b* ^K^Xeue eappetv auifj y^p juoi | irdjvTa cuvatuüvuköai.
Die nicht bezeichoetco ergüDztiii^en siud voo R(eirilloutK der ge-
(lAnkenfltricli bezeichnet die parn^riiphoB. t juvatKi Bl — 2 it^Ttpa'ffÄiva
D(ieb): TrpaxÖ^VT]a R. vgL VI 5. — 3 €1 Hl - 6 cuvat- ^iD,
Pßlaaa: Tircpclftou kct' 'AerivoT^vouc. 149
Ka\ TaCr' ^Xerev | C7ro]uöd2:oucd tc twx ffi^i die £vi jiidXiCTa, | xal]
ö^vuouca Touc ^CTicTOuc öpKOuc, fj \xr\v | ^e]T* euvoiac rf^c i\xf]C
X^T€iv Kttl im B 7rdcTi]c dXriGeiac, i&ct' i\xk iB Svöpec öiKajcral 10
(€lp]r|C€Tai Tdp Trpöc ufidc TdXriOic) TaO|Ta 7r]€Tr€ic6ai. oötujc ibc
£oiK€V iEicTT]civ I dvGpüüTiou] q)uciv Iptuc, TipocXaßujv Twvai|KÖc]
.... lav. iKexwx] toöv qpevaKiCouca || äTiavrJa TaOia, TrpocTrepi^KO- 16
i|i€[v] aörfii I \xi t]i elc TiaiöicKiiv, xpiaKociac öpaxfidc | €uv]oiac
Evexa. Icuüc ^^v ouv (b ävöp€c bt|KacTa]i ou[b]iv [^cn] Oaufiacröv
^€ ÖTTÖ *Av|TiTÖv]a[c] TÖv ipÖTiov toOtov TraibaTW)itTilöfi]va[i], 20
Tuvai[K]öc f^ beivordiTi m^v | tujv i]ja\pwy &c qpaciv iq>' f|X[iKi]ac
dT^VCllO, öiaT]€TA€K€ bk TTOpvOßOCKOÖCQ | c] V |
ou oIkov toO XoXXeiöou €u||öaijLiova oöjjtu övia dviiipriKev. Kalxoi | 26
iVric Kae' teJuTfjv oöca Toiaöia öieTipdilrcTO, ti oTecGje auxfiv
vuvl [Troi]€Tv, TipoclXaßoOcav cu]vaTUJViCTf|v 'AGtivot^vtiv, | fiv- H
OpuiTTOV XoifOTpdqpov T€ kqi difopaTov, | tö bk jh^tictov AItutttiov;
— T^Xoc b' ouv, I !va ^i\ fiaKpoXoTuJi fi€Ta7refmja^iv[ri] Tdp | \xe
irdXtv öcT€pov elTiev, 6ti 7ro[XXou]c Xö||youc dvaXiwcaca npöc 6
[t]öv 'A8rivoT6vnv, | MÖXic cTn cufiTr€7r€iK[u]Ta aÜTÖv d7ro[X]öcai |
^ol TÖV T€ Mibav Ka[i t]ouc uleTc d|ui[q)]oTi|pouc TeTiapdKOVTa
^vdlV, Kai 4Ki[X€]ui jic | Tf|v laxicniv 7ropi2[€[i]v tö dpTupio[v],
irpiv n fieiaböEai ti 'AGrivoTfvei. — cuvaTOTibv I V dyiw iravTa- 10
XÖGcv, Kai TOUC (p[i]Xouc ivolxXrjcac , Kai 6€ic inx [ttjjv TpdiTcCav
Tdc I T€TTapdKOVTa Mväc, [fjjicov [ib]c Tf|V | *AvTi]TÖvav. —
KdK€[ivTi] c[uvr|Ta]T6V [i]\^äc \\ €]l[c] tö auTÖ, i^xi T€ koi 'AGnvo]- 16
T[i]viivi Ka[l I öir|[XX]aH€ , Kai 7rap€K€X€uc[a]T[o toO] Xomoö |
€Ö Tioieiv dXXf|Xouc. — Kai ^t^ t* i(f>r\y TaO|Ta Troirjceiv, xai
*Aeii[v]oTiviic ouTOci u|7roXaßiuv €T7r€[v, ö]ti t[üjv] 7T€7rpa[T]|Lii-
v[u)]v II b€[i] jLi€ x&piy ?X€iv 'AvT[i]Trd]vai, «Kai vöv» iq>r\ \ «TaÜTnc 20
?V€Ka fjbn coi ivb€i[£]o^ai, öca | c€ aT0i[6d] Troincuj. cu ^k[y ifdp]
?<pn [tö] dpTupiov I in' dXeuOepiai KaTaßdX[X€i]c t[ou Mib]a Kai |
13 i^MÖc Kaiä] <p. R, i^MUiv Tf|v] <p. D — 14 fw. Kap]6(av R,
al|iuX(av ci. W(eil). viell. dva(ö]€iav. — 16 t€ xajl clc R', 6u>pov]
€lc W (zu lang!), tue bi]] clc D (R*). irepiKÖTTTCiv kann doppelten
accusativ haben wie d(paipelc6ai, cuXöv usw. nach Trai6{cKr)v ist freier
räum. — 18 oö6£v[l €cTaiJ R (ders. auch oi)biy u. kxi). — 22 6iaT€T.
W (^Ea]Tro[XiiiJX€K€ R) — 24 XOAAIAOY, dann anscheinend OY oder
CY. — 25 . . vui W, dann dv^re]riK€V R; ich lese AN6IPHK6N, mit
neuatt. El =- Hl. — 26 Ka(TOi €1 KaO* k. W (zu fjxic vgl. Bern. 18, 187)
- 27 NYN?| (AYTIKA NYN EHA . . €IN R»). W: 6i€irp., xi xpn] aöxf|v
vOv iTTi[xeX]€lv Trpoc|boKdv, ^xoucav usw. vgl. Dem. 19, 342 u. a. st.
Col. II 3 ende . . . und übergeschr. FAP (RW lassen yäp aus). —
5 ANAAODCCA pr. - 6 €IHI wie I 3. — 13 [Q1C6ICTHN (€IC durch-
strichen?), emend. R — 17 €t»«T' RW — 18 [dj 'AO. R; der räum ist
da (loch). — oöxoc RW (OYTOCI, die punkte deutlich). — 22 C€ BID
— nOIHCöi — cu WD — 23 €A€YeePIA — KaxaßdXXcic D (cO M^
tue öqpXOiv dpT. i k. xaxdßaXXc W). — xoO W; xfl D — [MCöJou R;
der genitiv nur hier.
150
FßlaM: Tw€p€i5ou köt' 'AÖnvoT^vouc»
25 Tujv Tcaibujv* i^\li hi coi dTrobiju[c]o^ai au|TOiJc iuvfiiKaiTTpdc€[i],
— Tva [ttpiBtoJv )i€v /irilbek [TT]a[p€]vox[X]fli [juillbe biacp0eip[r|i]
TÖv M[i]bav, [eiT*] auioi [jurj ^]TXetpÄci [TTo]viip6[ue]c9at junb^v
inbid TÖV qpö[ßov"] TÖ b€ p%tcTöv, vuv fiev 5ev boEemv bi* i^k T€-
Yojv^vai iXeuOepor tdv be irpid^evoc cu ujvni 1 xai irpdcei» ei9*
öcT£p0V| Sie dv coi boKni j I d]<pf]ic ayioijc ^Xeuöepouc, bmXaciav
5 l£ou[|civ COI rfiv xapiv. — öcov juevioi dqjeiXouciv | d[p]Tüpiov,
jLiupou T^ Tivoc Ti^nv TTaYKdXu>t | K]oti TTpOKXei, Kcti ei ti aXXo Kaie-
öexÖ TIC im I TÖ pUpOTTUuXlOV TÜJV TTpOCqjOlTUbVTUJV, Ol |a TlTV€Tai,
10 TttUTa» ^cpT) tcu dvabeErii. — flcTiv hl |uiKpd KOpibfii, Kai ttoXXuji
irXeiuj I cpopTia kriv toutuuv €v iwi ^ptctCTripiuji, | ^upov Kai
dXdßacTpoi Kai I^upva», Km dX|X' Sttü övöpaia XeruJVi «öSev
16 TfdvTa Tau|Ta b[iaXu0]i]C£[Tai] ^aibitwc». — i^v bfe ai fivbpcc [) bi-
Kac[T]ai djc foi[Kj£v dvTOuöa f\ ^[tri]ßouXr| | Kai tö Ti[Xd]cjua t[6]
|i£T<^. — et pev Td[p] ^n' ^Xeu|0€piai K£tTaßdX[X]oi)uii aüiyjv tö
dpTupiov, I toOto ^övov dTT[ui]XXuov ö boir|V auTUJi, ] d[XX*] oubfev
20 beivöv firacxov ■ — cl hk Tipiaipiiv || ui]vfii Kai iTpdcei, öfioXofricac
aÜTu/i Td I XP^^ dvab^iacOa^ ibc ouOevoc diia ßvxa, | b[id] to
|iT] iT[po]€ibevai, diTdEeiv [m]oi fpeXXEV | öc[T]£pov touc xp[tlc]Tdc
25 KOI TOUC nXr|puü|Tdc tüuv ipdvujv» ^v öjioXoTiai Xaßübv, öi|iT€p
^TToirjcev. — die tdp £mdvTOc auTou | TaÖTa i^füs npocujju[oX]ö-
Tnc<ii etj6uc £K Tu»v | TovdTUi[v X]aßdjv [tujJv auTou tpöMMö-
IVt[€i|6v Ti [tö dT]T£Tpci^[M]^vov dveTiTVLUc[Kev | rjcav hk aijTai
cuv6iiKai TTpöc €|ie* il»v i^di dvaTi<T>va*CKOpevujv pfev tikouov,
f CTl€UbOV li^VTOl d<p' 6 f|KOV TOÖTO blOlKF], c]ac8aL [— ] Kttl CTlMOi-
6 veTai Tdc cuvföJriKac €u|,9uc Iv Tf\i [amf\]i oiKia<i>, iva ^Tib€[i]c
Td>v fiJ I qppovoüvTuuv [dKJoücai to eTT^TpciMMeva, | TTpoc£TTpdqjac
|i€T' djioö NiKUJva TÖV K?i|(pic<iya. — ^XÖövtec b* im tö (uupoirii-
10 Xiov, TÖ I itiv Ypa^pctT€[t]ov Ti0ejui£0a napd AuctJKXel AeuKovoei*
— Tdc bi T€TTapdK0VTa pvdc i^vj KataßaXdfv Tr]v djvfi[v] diroir||-
cd^riv. — ToÜTou hk T€voMtvou Kpocii<i>£|cdv Moi Ol xpqcTai, olc
üjqjeiXcTO irctpd tuji I M]ibaij koi ol iiXripuiTai imv äpdviuv, kol\
16 bi||e]XeT0VT6 pov [KJai iv TpicW piiciv dTTav|Ta] xd xp£tt (|>av[€]pd
iTtTÖV£i, I »IiCT* 6ivai MOi I cu]v tovc £pdvo[i]c, ÖTiep Kai dpTiujc
eltrov, TTe|pi Tr]^vT£ TdXavTa. — djc b* liicOdjjTiv ou riv KajKjoö,
20 TOT* fibr\ TOUC (piXouc Kai touc oIkciouc || ci/vriTaTOVT Kai Ta dvri-
Tpatpa TUJV cuv9t]k[iIiv | dveTKl^viucKO^ev» iv aic i^iypamo
25 TrpiI)TOV DR« (TU)fi](v) W) — 26 [ce €]voxX. E, ^[v]oxX, W,
^egeu den räum, — dlAa)06lPH wohl ohne I — 26 t MIAAC (em. R)
— 27 {ll^h'] aOxol WDR« ([kq]! aüxol [h^] R^) — , . . NXEIP (Öm' L
DR«, öf| ^vx. W), — irovnpeu€C0ai W — 28 (pö[ßov cou^ tJö W» qj.
TOÖ]to R; Aber es war erewis frel«f räum, ao liaaz 3 Imchst, g^enUg^eu.
Ill 3 €19^ — 9 reiN€T AI - €OHI — 14 b[mXueirjC€T[ai] ci. W, öiotKn-
C€IC (BDR — 15 6TTIB0TAHI — 21 besser dva.VE£C0m, vgl. 9. — 27 TpOM-
iMiTCtov D: TTPArMAT, |0N, doch T über TT übergeschr — 28 Ti W,
o[^ DR«; dünn i?poT]€TP. RW — AN€riN(*)C, was die r€gelmä«ige
BchreibUDg des pap« ist,
IT b aif]Tli\\] R, qOJtMi W.
FBiarnz TvcpcOou wrr* 'A6v)vot<vouc. 151
jikv I T* ToO TTcrpcdXou [K]ai xoö TToXukX^ouc övopa biappy\bnV|
Kat ön iivpuiv TiMai dxpciXov xo, S i\v ßpax^a t€ , Ka\ iEfJv aOxotc
clireiv, I 6x[i] xo pupov toov ctn xo[0| dptuptou x6 <v I x|d»i iiiv
d]pTacxTtf>iuir [— ] xd bk iroXXä xOüv xP^wv | Ka[l xjd |i€TKxa
ouK i^ejfifpawco ^[ir]' övolidxiuv, — dXX* iv TtpocB^KTic M^pti, V
liic ou|ö^v 6vxa «kqi ei xifj SXXui öqpciXci xi Miöac». | ko\ xiüv
ipdvuiv €ic M€v, 6v AiKQioKpdxTic 1 ivcT^TPoTHO , oö j\cav XoiTTWl
xpcic q>opai, | oüxoc ^^v inX xoO AiKOioKpdxouc övömujtoc |if\|v a
jefpOLßikiyoc, o\ V dXXoi Itp* olc | eiXriq)€i Tidvxa 6 Mlbuc, vto-
cuXXot[o]i ö' ?i|cav, xoüxouc ö* ouk dv^TPOH'CV iv xaic | Cüv()i\-
KQic, — dXX' d7r€Kpüi|jaxo. ßouX€uojLi^||voic 6* i]\n\ fboEtv Ttoptur« ui
c0ai irpdc xoöiX[o]v kqI biaX^T^cGai, Ka\ Kalxa|Xap6vT|t|c autAv
irpöc xoTc jLiupoTrujXioic i^p[iuxijü]fiev, el ouk alcxOvoixo i|itubA-
^evoc Ka[i dv]ebp€u|cac i\ix&c xaic cuv6/|Kaic, oö Kpotimbv xd || lA
Xp[^a. — 6 b' dTr€Kpivax[o] fmTv, ibc oöxe xd | xp^ci tKt>vi6ck<)1
S X^TOM^v, oöxe Trpoc^xoi ?||m[Tv] xov voöv, TpaMM«Tti6v x' tfn
aux[dii I K6[i|ui]€V0v npöc i^k 7r€p\ xoOMiüV. — 7To(XJXujv | b
d[v]9pdi7riüv c[uXX]€TO|Li^viuv kqI d7faK0u||öv|x]iuv xoO 7Tpd|tM|axoc, w
bid [xö ^]v xfl<i> dTolpdi [x]ouc Xötouc Ti<T>v€cOo( i , k(xI köx« )-
x€^vöv|xujv auxöv, k€X€uöv[x]iüv b' [dndtjciv ibc | dvbpanobi-
[c]xTifv, xoöxo |Lit]v ouk iuiÖM€|6a beiv ttouiv, Kp[oc€KaX€cd|piOa
bi auijxöv eic ujudc Kaxd [x6v vö^Jov. — Ttpurrov J \xly oöv v^ly aß
xdc c[üv6Ti]Kac dvatviulcexar d[E auxA]v tdp x[(jüv T|€TpalMM^vtüv|
ua8ric€c6€ xfjv i7rißouXf|v auxou xou|xou. X^t€ Tdc cuvOnKac. vf
lYNOHKAI
Td \xky x]oiv]uv TreTrpoTM^va iL dvbpec bi||Kacxal KaO* i^v ?k«cxov r»
dKTiKÖaxe. ^pei bk npöc ujiidc aöxiKa MdXa 'AOiivoT^vnc , i ü;c 6
vö^oc X6T61, — öca 6v ?x€poc dxiptüi b\xo\o^f]cr\^\/ , KupfiaJ
elvai. — xd t€ biKaia lö ßA|xicx€, xd bk ^f) xoövavxiov dna-
22 TTpoicX^otK nach III 7.
V 3 OYNAIK.; VV tilgt AncatOKpdrnc. die tinfaeMnU UM^nm^ SU
dv, Men Dik. (für sich) hatte eintraflfftn Un^n'; mun k/>nnU »n/'h
denken an ^<p' di A. inexi'fpaino. der «inn mn^^ n^in, d««« di^^^r
^. aaf den namen des D, gieng, aU de« ernten trXr)porrf|C. -- 4 A6itr<f)|
dh. noch nicht ao Midaa An»^ezMt. — 7 €0HOiC («U<r zn^mt ^f^;.
^<p' oic WDR* — 8 vcoctiXXoTOt] dh. frisch in der erinnernnpf. aAd^m
W, der Xotval rp, 9. ron der räckzAhlnnfj^ rer^teht» dan«Ah a^^r tHf
€Ur)q>€i Termnten mnsz dD^pciX«, Tgl. r>em. 2^>, l^V — II KAI) K H^i^r
geschr.; z^ierit H? — 16 f. irpoccxoiv) m'« RW p^p. nP^'XxOl^, dA/
aoriit Ut nnxaläsii^. — 21 vor 6MN0N iU da^ faA^iiv>. si*hr nrtd^at
lieh, aaaier daaz von T vor € ein re^t. RW Ur-ien 'K;Al üh«!f der ;?,
wo da« fa«. etw* . N , . , xeigt>, in der *. ^naei» ei»em fr*ieti raom.
KA — fir EOiTCuv. i.4t zu ?iel riam, fir iCftTfn, xn «revtiüf, wie ao^fc
B^ »gt. ^*llj nicht iai p*p. verwthiebnnif 'ler teikhen ««♦tcgre/'irwf^*
j<i.-:. va4 3Laa anrta na^.h z. 2*1 i%nnebmen k'finnui., witr^tv. Wt>H^
ju:>i\u bW^ TpoonZACi^u. Reiaa/ih. ^ IH YM€\^,
^l k t -zo&zoßi Ut W ».t Tinjxz an^t^vwiip — .S KA^>M pr.
152
Fßlass: Ttrepeföou Kar* 'AOrjvoT^vouc.
10 Yop€Ü€i II M^ Kupia elvQL d£ auTÜJV bi coi TÜJV vö|fiu>v i^w (pave-
pübicpo V noirjcuu. — kqI t^p | outuü pe biai^SeiKac xai Trcpicpoßov
Tt€|noiT|Kac, pf| dni5Am^a[i u]h6 coö xai Tfjc | beivönriTOc Tfjc cfjc,
15 uj[c]Te Touc te voüpouc IHral^iv »cai ^eXeiav vuKia | Kai ^jj^pav,
ndpepTa TfiX[Xa nJdvTa Troi|ticdjuevov. — 6 /itv toivuv €i[c]
vöjuoc K€|X6v[ei] äi;jeij[^]€jv ^[v] Tf|i dT[opai], TrdvxuüV | ol|ia[i
20 Tr]opg]TTtX]Ma KdX[XicTo]v Ttapati^T^'XXujv. cu [bfe HJeu]cd|j€vo[c
^v] pecrii Tfi<i^ 1 dTop[cti] cuv[0r|Ka]c Kai* ^|i[oO IO]ou" in^i i\av
^[ciHTiic 7ipoeiTf]djv ^|li[oI to]oc 4pdvouc | [Kai touc xP^ctüc iv
26 laic cuv]9TiK0ti[c], öjcouc [eöpoVi ouk^ti dviiXejTüJ coi, — dXllX*
öpoXot[w öcpeiXeiv, — M^td hk T]aÖTa l'|T€po]c v6po[c icii Ttepi
VII düv öhoXotouv|t€c dXXiiXoic cujußdXXouciv, öiav Tic | itujXiii
ävbpdTTobov, TTpoXtYEiv edv ti Ix^i | dppuücTrma' ei b[k ^]t), dva-
5 iriJ^TTI ToÜTOu kTiv. — KaiToi öttou Tu Hopd Tflc Tuxr|C vocrillygTa,
fiv lif] öriXujcTii TIC nujXuJV oiKeT[r|v, I dvdT€iv ££€Cti, thjuc to ye
Tiapd coO dbilKTi^ara cucKeuacOcvia om dvabeJKTeov coi ecTiv ; —
10 dXXd ^f|v TÖ iikv im\}iT]JtTOv dv^pditobov oö TTpocairoXXüiei tou
Tipiaji^vou Tfjv ouciav* ö bl Mibac» öv cu poi dir^boy, «[aji xriv
Tu>v q}iXtüv Tduv j €jiaiv dTToXiijXeK[e. — CKCipai b^ lü *A6T|vÖTe|v€c
\ir\ ^övov [iTeJpl Twv otK€Td*v, dXXd ] Kai Tiepi tujv eXeuBcpuüv
16 CUDMÄTUIV öv I XpÖTTOV Ol VÖjüOl fxO^ClV. olcOa tdp brjTIOy I KQl
cu Kai fiX[X]oi TtdvTec, öti oi ^k tujv exT^^ln^v TuvatKÜJV iTgi[b]ec,
ouTOi tvncioi I ck[i]v, dX[Xd] pfi[v oük d]TTf[xp]iice Tüut voj^o-
20 [O^TTii], TÖ ixy[\ir\Bf\]wm TtjV ti^vaka || utrd [tou naTjpöc [f| tou
db]€X(pou, dXX* €^pal^^€ bi[appr|]br|v ^y [tiüi vöpjuur [iiv] äv
dTTurilcTii T'[ic ^m biKaioic bdjuapTaJ ^k TaÜTric | €ivg[t Traibac
TViiciouc, Kai ou]k ddv tic | i|/euc[dfievoc die auTOu Ourax^pa
26 ^T]TiJncr|i tl fiX[Xo0€V oücav, dXXd Tdc jiiev bijKaiac exT^loc K[üpioc,
Tdc bi }Jif\ biKaiac dKÜpoucJ Ka8i[cTTi[civ 6 vo/ioc. -- ^ti hl Kai ö
11 TTOIHCGlJJ — 12 doch biaT^OfiKac — 17 t citiert von Hurpokr u.
KttTÄ xnv df, dy, (ö ^4v — dtopä^ doch ohne etc). — 18 f. tat wieder
Verschiebung eines BiückcheDs: fiir [A] Sst kein platz, für [NJ «ta viel,
datiAGii iBt nichts weiter zn ergäDzen vor ndvxuiv (npA tt. R, ^ttI it. W)*
— 1^ oT|jo[i '^]apa . . |i . . . . dX[f30€Ü€i]v W. twiaelieii APA mid M
ist die lücke ^rüszer ala sie scheint, entspr. wie in 18, und dafür ist
nachher keine. — 20 cu bi vp. W (cupH^. K)* dann W &6X0UC t' ^v ^.
(an vicL'J, R bi Kül iv ^. — 21 cuvfjdlac] xaT* i^loß ^<pnOp]ou W,
cuvfxdEaJc kqt* l^jio[i) ^vpcOÖJou DR* — 22 &(r|X€tJcn»c R» *>[€iEr|ic VV —
S3 Tale calc cuvö. RW — 24 öci^pov ^juaeov, o<} (jd^oMOi ^xdi coi D
— 26 [dvaö^£acGai* iropd bi T«i]ClTa D, dXXa bi TOi]aöta W « 26 fiir
IcTl RW KeXei3€i — iiepl iDv WD — ö^oX, RW,
VII 5 AHtAUCH (das falache I nach W ?ietL getilgt). br\Xü}CV}
WDR» — 8 f. eniAHMHION - 16 dXXoi RW — 18 so R (dXXd p^j
TOÖT* dir. W, mit fragtzeichen nach db€X(poO), A]TTe[XP]HIC€ p«p. —
21 vgl Dem, 46, 18. [i]dv st. [^v] öv Reinnch/w (wegen 2»). —
23 natöfac t^- ctvai R gepen Dem. und gegen das facs.j richtig W —
ical bf\ oöjic D R, dAX' oö]k W — 24 i^jcuc. riva itapä Td Mnaia ijf, H ^
25 4X(X4 TÖTE TOUC T€ Ttalöac vööouc] koI de K (Öi]Ka(ac Reinach) —
26 i\[TT^r)cev, dKOpoi>c irdcac (D) rauTacj koB. R — 27 €ti 6^ Kai (B1)R W
Fßlaaa: Tir€p€(6ou kot* 'Aenvor^vouc. 153
ircpi] Tdi[v] bmOrilKUJV vr6^o]c TraprajTrXricioc toutu)> iciiv | vm
K€Xeu€[t Top Ö€ivjai xd iauioö [öiajTi66|c8a[i ibc fiv] Tic ßou-
XriTQi, irX^v [f| Tnpiwc | ?ve[K€v] f^ vöcou f| fiavidiv f| Tw[vaiKi]
ir€i||86fi[€vo]v f\ [vnö] öecMOu f\ \)[nö dvd]T|KTic K[aT]aXri(pO[^VT]a. 6
— ÖTTOU bk oubt [irepi] twv | qutoO löiiwv a\ [\xi] bJiKaiai biaOfiKai
Kuptai clciv, TiOüC 'A6tivot6[v]6i t€ Ka[l irepi tujv] ipibv cuvGe-
fi^v[uji] TotaOra b6[i Kupi
k[tici]v T[a»]v au|ToO [tu
ÖKupoi lco[vTai]* — [er
a eljjvai; — kqI ^dv \xiy ti[c €l]c [bi]oi- lO
vaiKi TiciOöfievoc öia9iiKa[c TP<4]vn^ I
b* dtiw Tni 'A9rivoT[^vo]üc | iiaipai
d7r[€ic]0Tiv, TrpocaTToXijüXevai [^e bjei, | 8c fx^w M[€Tic]'niv ßorj-
6€iav rr\y iy tuji || vöjliiüi tCTPciMM^vriv, dvaipcacGeic u|7tö toutujv 15
raOra cuvS^cGai; — elia [cu] xaTc | cüve[r|]Kaic icxupiCni, Sc
dvebpeucavT^c | jue cu K[ai] r\ ^[Taipa] co[u ^c]ri)Lirivac9€ , Kai
u|7rö] ß[ou]X€uc€ajc ujiiqc 7T6[i]|c0eic c 20
civai ^m TouTOic TTpocIebeEdjLiTiv olc ifQa\\ta]T€, kqi ou[x Ijkqvöv
coi I fjv Tdc T€TTapdKOv[T[a fi]vdc eiXnqp^vai | uirtp toO fiupo-
iriüXiou, dX]Xd kqi Trevie [idlXavia] fie, öcTiep
UTTO . . B ^v TTobocTpdßni] ciXnMM^vov; [— ] [A^]£€l V d) 25
Svöpec biKQCTai ibjc ouk i^bu[vaTO | elb^vai] [^rpöc]
Mibav ab | [baveiJcG^VTa. d[XXd | dTÜJ IX
fifev eic rd iv dtopäi, dxpd^a | b' [?xiwv, ^v ipici] ^nciv
fiTravia T[d] XP^« koi | t[oüc ^pdvo]uc iiivQ6iir\y' out[oc] bt 6
Ik Tpi|To]viac [fi)v] MupoTrüüXnc , Ka9[ii^€]voc b* ^v || ifii] dTo[päi 5
8c]ai Wptti> Tpia [bfe fiu]po7rujXi|a k6kt[t]M€V0c], Xötouc hi KaT[d]
VIII 1 toOtwi D; TOUTOIC RW — 2 xeX. T^P BIWR«. vgl. Dem.
46, 14 — 3 f^ [ynlPWC R — 5 f^ 0[irö nvoc d. W, fj [nvoc d. R; der
buchst, nach H ist zweifelhaft. Dem. ao. ()ii* dv. f\ {^irö öcc^oO; § 16 in
der wiedergäbe f\ Otto dv. Tivöc. der ranm reicht nicht für öttö nvoc
d. f reicht aber auch z. 6 ende nicht, nnd reicht knapp für z. 4 ende;
8. anch zu 8 f. ist eine falte im pap.? — 6 s. zu 5; im facs. nur
OTTOYA undTQN zu erkennen; oöö^ [irepi] W, oOö^ iT€p[l] R — 7 al
^[XTuaJi Kai ol R, al [^m^a]» nal al W — 8 tJuiv R; räum sehr knapp.
— 9 6€t [xOpJia R (räum gänzlich knapp, wie auch D bemerkt). —
10 6i]o(khciv tuiv R (für HCl der räum zu knapp}. — 11 TpdM^ili D,
Tpdcpn» RW — 12 öt]€ h" iy\b RW gegen den räum. — GrCOI —
13 6TAIPAI, das letzte I durchstr. — |ie btX W, oö btX R(D) —
14 6XC0I — M[€T(c]Tnv W; M[(av] Tf|v R, m[övov] t. D - 18 cou WD;
f\ cou R* — 19 ÖTTÖ Tflc (jfiCT^pac ß. R, öirö y^vaiKciac ß. W: vgl.
Harpokr. u. ßouXcOcctüC Hyp. fr. 2 (^irl ^v^öpac xal ^TrißouXf^c Tf\c de xpn-
fAOTa) — irl€[ice€lc W, olöl^icvoc R — 20 €Övou]c W, dEioir(cTOUc DR —
21 JTpoc\r\Kämr\y otc ^O^X€]t€ W, irpoc£6€Hd^T]v d ^ßouX€uca]T€ DR —
22 t^v Tdc W, €öoH€V Tdc DR — 23 so DR — 24 dirccTcp^iKaT^ |i€ W,
^ßouXou cuXnOf^vai H€ R, iß. dcpcX^cGai ^ic D — öttö Ku|vT)T€Tdiv iv
iro6. €lX. ci. W (öirox€{|piov iy ir. kotciX. R). vgl. Harpokr. u. iroöo-
CTpdßr) Hyp. fr. 6 (^nxavfmaTd Tiva öttö tiIiv kuv^t. KaTacKCuaZdiicva).
— 25 f. dXX* I icuic ip€t Kai irpöc ö^iäc Oijc R — i^6. | clöivai öt* iirdiXci
Td TTpöc M. DR, f|5. ToOc I ipdvouc clö^vai toOc rrpöc M. W — 27 d6[i?|-
Xuic RW — 28 €k€V€xOivTa D, KOTaTfO^vTa W, dann f^ aÖTiJi 6av. R,
OÖTC (doch oö5i!) Td öav. W; dann d[XX' üDi TC DR
IX 1 c[TT0UÖf| oö6€^](a clc R (la auch W). — 2hi\ l[y\h iv Tpiclv R,
b[i\ iv Tp. W — 5 öcai (BID)RW— 6 K€kt. ffir]] RW, gegen den räum.
164
FBlass: TTr€p€(5ou kcit* *A9tivot^vouc*
lifiva [ Xa|aßdvuj[v, oiik] f|(i)bei la XP^«* ~- ^XX' iv piiv \ toTc
oiiK etb€v[ai, öc]a pfi ßoLiXetau — 6 51 toi|outo[c auioö] Xö^oc
uj fivbpec ?)[iKac]iai oujk dTroXotiot ECTiv^ dXV öpoXÖTriM« liic oub*
16 elJTTCv oub' f ^leXXev ^]peiv ■ öiav ^dp <pr|i Kn eib^v[ai [[ ärravTa]
Td öqpetXöpcva, ouk Ictiv auTÜöi bri|Trou [fipa] ciireiv, ujc rrpoeiir^
^01 TTcpi Tüüv xP^iuL'V* 6ca b* ouk] fJKOuca irapd tou tiujXouvtoc,
TaO|T[a ou biKQiöc] eifii biaXueiv. — Sri p^v ouv ijtlbeic Ä'ABrivö)-
20 T^y€C öcpeiXovTü M[ibav] T[d || xPnpotTa jaöiaji ol/iai Ttäciv elvai
bfiX[ov iE I dXXtJüv T€ TToXXjujv, Ktti EK TOU aiTciv [töv ] NlKUüVa
uTifep ^])ioO ^TTuTiT[n]v* ^! » •'.!•- T]d xpea ßvxa
25 iKavö[v ... I . . NO . oii ^Iv br\ ij(b . . . . !|
[tUül XÖ]tlüI COU T0Üt[u)1 . . I C Ktti OUK
€ib . . , , I NOC Kai TLU .... I
X * tJoutovi töv t[p67tov. t ei] cu plv bid tö m eib^vai
^i\ Tupoemdc | ^oi] Trdvxa Td XP^^^t^ €tüj hk Sca fJKOuca | Ta[u];Ta
(iovov oi6/i£voc cTvat Tdc cuvOrilKac ^O^^riv, KÖTCpoc biK0ci[6]c
6 kTiv dKT€i,ca]i ; 6 \ic[T]€poc TrpidjLi£v[o]Cj [f] ö 7T]aXai kcktii^m^voc,
Ö[t'] dbaveiZeTo; — ifm m^v ^ap oioJMaic^. el b* dp' ävtiXetom^v
Ttepl tOÜTOU, I biaiTflT^C flMVV TeV€c6lU 6 VÖ|iOC, 8V ou X] Oi ^pUJVT€C
IQ oub* Ol dmßouXeuovTec toTc || ctXX]oTptoK löecav» dXX* 6 btiiiOTi*
KübTa|TOc] CöXwv * 5c €ibmc ÖTi noXXal iLvat TKT)vov]Tat ^v Tfji
nöXci, fBriKC vöpov btKai ov, übe] Trapd TrdvTuuv ö|noXot[€]irai, Tdc
16 21ritM»öc äc av] ^ptdcuüviai oi oiK^iai Kai Td dJ^apTnp]aTa biaXueiv
TÖV bccTTÖTiiv nap* (ii | fiv ^pTdcJunvTai oi oiK^Tai , eIkotujc * Kai
9 auT[6c R (aÖTÖv oder aOroO D, aÖTlixa W) — 11 OYKHIAE pr.
(gl», fiifta). — 13 eo K; dTToX^Tnpa W — 13 f oöy tt^ÖTOc Cüvu>i&i
€Ö]pelv Dß*, oöb* cTxtv oifbk^f irik tiirletv W — 16 am Bl VV, &r\-
Trou[e€v] DR~ 17 so (o'ier bi) BIDWR* — cnrle für TAY (W) wenig
miira; | toöt' o6 R — 18 so BIDR, TaO]Ta nthc b, \V — 19 f. it[oX|XA
Kai M€T<äiXa R, 1 iroXXd troXXolc D, iioXjXoTc uoXXd cL W — 20 6qX[6-
Ta]TOV Ik t€ TiDv dXXjuuv li» 6nX[ov («o hucU D) ^k T€ 1 TToXX. ä. \V —
21 (. alT. [thv 1 dvaöox^v nap' i||ioO trjvm (CrfTHIT pap,) T[ai]v
l[pYtüv DR, alT. N{iciuva Kritpic^a ^€t' *]moö ^TT<JnT[fj]v €[!vai ci. W.
nach T{H]N ist etwas fi-eier rHUra. — 23 DR die TaOia irpöc xjd XP'
ö. t, ditin D ^v^lxupov dXriÖiJvMc] (aber NO liest 11). — 24 ff. R*
woHte hier ir, 5 (bei Harp. u. 6w3c€ l^vai) uiitürbringen: oö ^i^v bi\
lydi [dXXd 6(i6c€ poOXo^ai rmx X. cou (cou om. Unrp.) toütuu» iXeclv.
dies fiiUt so detj räum und entspricht dem einne vortreffik-h; aber ist
oö Jidv bi\ iy\h (iyusY) dXXd gii«cbi«ch?? anderweitige ergänzimg D
bei R» — 28 TOYTONi;
X I [«c|tuj]- cu R, d b^] \V — 2 MOiJ DR, fM W — 6 6c ib. ß,
de' iö. W. dna facB, zeisrt nichts. — 7 dp' dvTiX. (Bl) pap. corr. (N über
ier Seite) WR« — 9 o^x fUWR* — 10 f, 5nM. *I»v] gegen den räum
i(D)W~ 11 (ÜNAI corr., HAONAI pr, — 12 Ti(T)vovTai ßlW, HJc^ftovrai
DR, bei dem h-lutigen be«it«wech»el muste bestimmt neiii^ welcher herr
aufftiltommen hRtte — 14 Öc dv BIW, ^dv R — 15 dvaXtü^ata R, A^op-
Ti^l^iaTa W — AlAAeiN pr — TTAP cörr., eN pr, — 16 lpTdC]u*vTai R,
dpxdc. W, irap' 4« mmz sein: Uu deasen beelUe der sklave war, als* usw.
FBlass: TircpcC^ou kot* 'Adrivor^ouc. 155
Tdp I ddv Ti dT]a9dv TipdEiii f\ dptaciav €Öp[ni] 6 o[l|K^Tnc, to]0
[kJcktiim^vou avMöv T[n<T>v€T[ai. | cu öfe töv] v6^ov d<p€ic Trepl
cuve[nKÄv . . . i dvTiXcTjOfi^vujv biaX^Tn»- ^o\ 6 [juifev Cö|Xiuv oubi 20
TÖ biKatuJC Tpcicp^v ^lri<plc^a ou|Ö€vöc vö^ou] oTeiai öeiv Kupiui-
[T]e[pov elvar | cu bk oTei xjdc dbiKouc cuvGriiKac beiv Kpa|T€tv
irdvTuiv t]ujv vöjliijüv. Kai 7r[pdc toutoic | i5 dvbpec biKacTa]l 26
Ta»(i) T€ iraipi täi i^wx Kai | toTc dXXoic ^mTjnöeioic fX[€T€V,
djc I de^X[oi I
b]iup€dv I K€ . ., TÖV bk Miöav KeXeuofi XI
M^] ^[ä]v auTtüi I Kttl jLiT| düveicGai, — i^i b* ouk iG^Xeiv, dXXa
ßou|X€cGai Tidviac irpicicGai. kqI laÖTa Ka[l | npöc ujiac auröv
qpaciv M€XX€i(v) X^t^iv, iva | bx] boKO\r\ ji^rpioc elvai, fic[7T€]p 6
irpöc i^XiGijouc Tivdc öioXeHöfievoc koI ouk alcOricoj^^vouc xiiv
TOUTOu dvaiö[€ia]v. — tö bk T€|v6|i€vov Ö€i u^dc d[K]ouc[ar
<pav]Tic€Ta[i I Tdp] dKÖXouGov öv Tfii dXXii[i a]uT(Iiv ^7rißo[uliXfii. — ] lo
TÖV liky Tdp Tiaiba, 6v7r[€p dp]Tiujc €l7ro[v, | iT[e]\in4, fioi X^tovtq
ÖTi OUK [dv Ti] cTri fi[oi, Sv | ixr\ tuyjaifiai auToö töv 7ra[T€]pa
Kai TÖV [d|Ö€X(p]öv, f{br] b* i\xo\j ib^oX[oTn]KÖTOc [au|Ta»v KaJTa-
Gficciv Tpiüjv öv[Tiü]y TÖ dp[Tupi||ov, TTpojceXGibv ö 'A[G]rivo- 16
[T^vtic Tipöc [Ti|vac tOüv] qpiXtuv t&v iyiwy . . ßou[X]€ |
diiTiKpaTTic 7rpdT|Li[a]Ta ?x€iv . . . . | . . . Xa]ßövTi töv iraTba . .
HCO I Tfjv jLitv cuK0<pa[vTiav y . . . . 20
iJTlOieiTO, TUll bk\ I dJblKTlMdTiUV KCl . .
I 7T]iCT€Uca[i ib]c €T I .... .
TÖ]v \xkv naiba b\ | . '. v ouk *iG€Xo[v
17 i&y TIC R, KÄv Ti D, Idv Ti W — €Öp[ooO|cav (ö) 6oOXoc R*W,
€Öp. efl DR« — 19 cü ^i^vTOi TÖV D, cO TÖV W, toOto. 6v R«
— 20 6TrißouX€uo|i^u)v R, irapaßaivoKi. D, irapaxpouo^. ci. W — 20 ff. kqI
ö in. Z . . . cTvai BIW, vgl. Dem. 23, 87. €rPA0€N st. Tpaqp^v pap.
0ÖÖ6VÖC W — 23 cO bi KpQTClv tAc d. c. dEi|otc ir. t. v. W (irdvruiv
T. v. R') — 24 nach NOMQN freier räum; R^W) fährt fort Kai Tr[dv-
tuuv^tCöv öi]Ka{|u)v. dies KAI (und H z. 26 e.) müste auf einem beson-
dem Btückchen stehen, ist aber im facs. nicht aufzufinden. — 26 f. B\
— 26 ff. sinn (D): er habe mir den einen söhn des M. umsonst über-
lassen wollen.
XI 1 6lOl|K€pv] R — K€X€001 |1€ W, KeXeU€lV fA£ R — 4 )Ll^XX€l(v) W
— 9 so WDR — 10 öircp? s. unten zu X 24 — 11 OÖK [^^ol] ctTJi
VJva DR; [dv i^öc] (zu viel für den räum) dr] (6IHI wie I 3. II 6),
[dv W — 12 dfAtt div]. D, pii] div. W — töv äb€\q>, W, der vorher gegen
den räum [t€ kJqI. — 13 f. [tijüv iraljöujv kqJt. Tp. ö[|ioO ira]v tö d.
DR, [dvT* aölTüiv Ka]T. Tp. öm[oO öcoJv (zu viell) tö d. W — 16 ö *Ae.l
der artikel beim namen des gegners fällt auf. — Tivac D, ^viouc |
Tivdc W — 16 f. lircßoOXcucc (^ßoüXcTO D) die d)v ^irixp. irp. t DR.
vgl. über diese st. unten. — 17 f. Kai Tdp (ohne T<ip D) | ^loi Xaß. t. ir.
diri^vjTVicc R ganz gegen den räum; von T ist nicht vor H, sondern
nach AA ein rest. — 18 ff. sucht D bei R zu ergänzen, dieselben
nehmen als rest der col. XI bis (also eigentlich der col. XII) kleine frag-
mente, die ich in den anm. zu col. XII und XIII gebe; es ist nemlich
vollkommen möglich, dasz dieselben vielmehr zu diesen col. gehören;
vgl. unten zu col. XI.
156
FBIobb: TTr€pe(feou >caT* *A6iivoir^vouc.
26 , . II ouv T€T[TapdKOVTa pv . * I . * *
XU . , . . it€v]T€ TaXa[vT I des, versua II? [oö|t€ ^upo-
Tru;Xri]c cifii oöt' dXXriv [ij^xvnv ^[plT<iEoM«i » ctX]^' ÖTrep ö ttottip^
^01 [^]buJK€V I Ixujv] . . ► . . HITH YtuüpTu», y^[o] ^i- tou]tou tk
5 tfiv] divnv ivecekBnv. TioTEpa || t^p ekot ^ct]iv \h 'A6tiv6xcv€c
t^t Tf\c cf\[c \ T^xvnc dineju^ficai , f\c oö[k] fiv . . ipLmi\poc,^f\ ce
Kai T]f|v ^Taipav loic U]|ioic ^TiilpouAcöcai; i^\b ^Iv fäp oio|iai|
10 6piüc. bi|oTr€p ti dvbpeq biKactai i^ox ^ev öv ttl'KÖTuJC cuttvlö]jutivi
^X^itM ... - Oiivai I .......... . KOI dTuxficai T[oioü]Tyj[L |
dv6pumüüi irepJiTrecövTa, 'A0r|v[oT^vci | te] — — (des. versus XVI?)
Xin I €V€ TTjdvia i^o\ elvai, xd hl tnc d]TfdT[iic Kiphr\ auTjuj^i),
— Kql TÖy )i£v Miba[v] xöv | toX £ai, öy ökiuv <pi|dv
6 dfirojXucai, [ tout[o¥ ...,...*. feiv* tou be Tiaiboc, [öv] totc ||
7ipoiK[d ^oi qpiicivj bibövat, vuv auT[ou XJaßetv | dpifup[iov ttoKü
7TX€i]oy Tfic dfiac, oux tu[c]te ^^öv | €[Ivai, . * . - ifii
col. XII. die verbtndiiiig zweier getreniiter fragmeute, wodurch
diese col. tiberhaupt erst ergäiizbar wirff^ verdanken wir Dieb, —
1 oÖT€ DR, oO W — l f. ^iic^aönKetv R» g[xuJ dTopamv W — 3 f . l6u>Kf
fei|a9^^€voc ^v rf}]i y^» T^urpxiii (rtQPfGi}!) DR; aucli W denkt »n drro-
2[f|V iv T^ Yfli obwohl er (aiischeiimiid mit rei-Iit) nickt f »oudern T im
pHp. liest. — 3 T[f|]i hi toC»[tou \ ^xaipai elc t. lO, R. Otto hi ToifToul
i. T, IM. D, [t(] 0^ Toü TTwböc ^püjv clc TüdvTUJv üü. L; W — 6 mÖa- .
viüxeod L R, vt^ Aia €Iköc ^. W — 6 x^x^t^c W, ipraciac R — 6 f.
coö [örjXab]»'^ (oder Ko^iötl) ^Hirctlpuic fx^vroc xj^v DR, fjc oö[fta]^fJ?
IßTieilpwc tx^t ^ c^ Kai xjj^jv i. W — 7 f. ^mßouÄ. D, iirijcaveiv xpn-
puxav W — 8 t ölKfliiurc tu d, R, b. äv lli ä, W, es ist kein freier
räum vor AI. vgl. c. Dem. c, 20» 6.-9 dv€i|vai xd XP^CI W; cixö-
TUfC D — 11 f . XOÜXUUt I XÜUl HaVOypTUJl ^TTITTtC. li (lieplTT. D), ^(JtTTCC. W
— an diesem frafmente befand »ich znerst noch ein aaderweitifreB an-
geleimt, welches (mit lücke einer zeile) reate von z* 14 f, «u eutlialten
BcUienr — oc xpr\c&\x€volc — i x[d TT£TrpatM^v[a — . sodnnn gehören
vielleicht zu col. XII und XIII ^ie folgenden lofigelö*ten frapmente:
{b) — avTTic— ! — Ä.€ic€v aXXo— | — yxa ir^noveev t— | — u»v dvoXuj-
ilfdriuv (R) [. {c, mit tt zusHinroenhängend?) — dluaT[€X— | '— öjqjtt-
Xouc[i— I — 6tt6x€ diT^Aucev— | — üi dvö]p€C öiKacx9( — . hiermit
wohl sosammeDliängeud {ä), als forfietKKng der letzten z,t [oCr]&€ic
{^jjjiüüv] — r||Xou I — — Ktt. da» stück hat auch noch, gegenüber
den beiden letzten z., zeitenanftlnge der folgenden cot,: tbt<3t — | .^, — ,
äbolich beichafi'en {«); coL A — € | — T\y | — acav 1 -^Xc |, col. B
, . . — I . . , — I öoc Ka — I OTOU — ) , , , lü — , endlich ende einer
col. (/): — JJfVXl— .
coL XIII. die reste von coL XIII setzen sieb zusammen aus den
anfangen von z. l^Il^ erbattcn auf einem stücke, welches mit col. XII
ZU'^amiüeQhänt^t, und einem gröszern» die mitte und zum teil auch die
«eilonaupgänp-e gebenden, mit XIV ziisammenhüngfudeu stücke. —
1 ^v€[öp€ucac R, xA ^Iv xQKd tou ÖMöXoti^ | iv€[xo|j^vouJ it. cL W —
2 «o K (aöxtl»i); dann M(bav Öv R, Mfifctv) töv W, es scheint hier
eine talte im pap. zn aein, «o daiiz für ANT ranui, — 3 ttoX — W — für
ONAKCQN scheint OMANG)N dazustehen. — 4 xoÖ[xov R — xoö hi
jfaxböc [8v] (D)R, töv U ital\ba] W — 5 Trp. fcpacKC ö. R — awxoO D
— 6 Tf^c dEfac D — 7 <i(f\c clvai, dXX' üicxc 6m]o0 xfli i|i. Dj W tiodet
&u sechster stelle vor THI reste von O.
FBIabb: Tvcpcitou KOT* *A&r)voT^vouc. 157
q]VTiii i|ifiq>ui[i] dXeueejpov durfeenvai — trw ^^vroi ouic
d£iui I irpöc Toic £XXoic Kod aTi]miiöfiva[i ü]ir* *A9TilfvoT€v[ouc 10
Xtav Totp &v] b€tvöv cu^ßat;voi |i[oi (b ävbpec bticacjrai, ei jii . i . . oc |
V f]fiapTo[v .... by
.... via ou I icrpcev T€ |j iß
[dJbiKfjcac I
T]i)yiiifian b | xai iroXix }
ijib T I (des. versus X?) | kw- XIV
TttTOi T&v fiCTOiKuiv A4> | . ecOai. — iy l^ täi iT[o]X^|Liuit
Tiöi 7r[pöc <l>iXi7rjirov M^^pöv irpö ttjc ^dxnc äniblßa T]f|v | ttöXiJv,
Ktti iieff üjLiuJV }ikv ou cirv€CTpaT€ÜiC[aTo] €ic Xaipiiiveiafy], dEiiii- 6
KTice bk €lc TpoilCfjva, irapd töv vö[>i]ov 6c iceXcuet €v[Ö€i£iv |
€?y[ai] Kai diraTuiTTiy toö dEoncrjcavToc \iy \ täi noX^fiuiii ddv
iridjXiv ?X9fii. — Kai T[aÖTa dnoi ei [rfijv ixkv ^K€iviü[v] ttöXiv
dic Ioik[€ iT€pi^|!C€[c8]ai u7roXaMß[dviuJv, xfic V f|M€[T€pac Gdjva- 10
[to]v KaTaTVo[uc], koi rdc 6uto[t€poc, &c i\^f\[y] irap' ujiiiv ^Tb[i-
öö]vai iKOp[^]i|iai, I . . . . i£ib\iJK[ey]q ... € irdXiv f^[K€i
I TT . . . dpTacö^€[voc , ^7r]€i elpnvii t^[TOV€v . . J t . . . . a 16
tdp ufi . . . . K]aciv Ol xpnc I ojijTOi ttoi
Tfil CipriVTll IT I TTO dv TO[jC
I fitv ^[v] TTXaTa[iaic . . . j
ÖTJcavTec o | 20
*A8n]vOT[€V . .] TT I x^iv . . . vui
I u9 1 (des.
versus VI?) [rdc | KOivd[c] xfic nöXeoiC cuvGiiKac Tiapaßdc, | Ta(T)c XV
ibia[i]c Tipöc iixk lcxupi2[€Tai , ujcirep dv | xiva TreicGevTa, ibc 6
Ttüv Tipöc UMÄc öiKa[i|ujv KaTaqppovTicac, oiSroc av tujv irpöc
i^k'] ^cppövTiCev. 5c oötu; irovripöc den | Kai iravTaxoC 6^oioc, 6
tüCTC KOI elc TpoiCfJlvJa dX9u)v Kai Ttoiiicafievujv aöiöv Tpoi|2[Tiviujv
TToXiTTiv, uTTOTTccibv MvTiciav | TÖ]v *ApT€iov Kai uTT* dK€ivou Kaxa-
c[Ta6]€k II dpxiwjv, dE^ßaXev touc TroXixac ^k ttjc | ttöXcJwc, die lO
\>\x\y auTOi ^apTupricouciv • iv6]db€ tdp cpcutouciv. Kai öjicTc fitv
8 d<p€e. D, ders. iyih ^. — AHIOI. — 9 Bl (driM. ci. W) — 10 so
D; . . . b. &v cuMß. R W ~ 11 fAOi d» d. b, R, |i[oi irp]6c | xfii dTux^ai D
XIV 1 diroXcI^diTaToi D, dq)(KofvTo in\ t6 ^d;xec6ai R — 2 irp[d]c
[töv] (DijXiiTTrov falsch R(W), indem in 3 fiir AITT kein räum. —
3 ÄTitOXiirc [T]f|v RW — 6 €=OIK pr. — 9 irepUc. W, ircpiiroinjccceai
DR — 10 f. Bl nach c. Philipp, v. 113. - 11 f. Gut. oök i^rlTJ^nCcc]
irap* öiniv oOö^ [T^K]va(i) ^Kep^va[i IvOdb* i^HiJou, dXX* iUb. dfXXoclc W,
T. e. I ^Tinia oÖY öfAlv oöb' ö[Mdiv kUa iKQp. oöö^va, | dXXAl il. d]XXoJC€ D
— 13 irdXiv UlKUiv W, irdXiv h* (? ?) i^XBc Tf)v ^p;T[aclav] ipf. D —
15 T[d iroXXJd tdp ö^iftv eldiBajciv ol XPi^c[inoi aürolc a]ÖToi iro[X€M€lv
^v] T. €. ci. W; Td[xiCT]a ydp ö)Li[tv diropncjaciv ol xPncfiMtÜTalToi
o]ÖTOi iro[XtTai D — 17 ^v toIc Kivb[uvoic (ickiv6 invisible W). —
18 ^v TTXaT. R
XV 2 TAC und vielleicht lAIAC. — 3 AIKA|IQN RW gegen die
Silbenteilung. — 6 ^|m^ DR, €m' W — OYTCOI — 8 Mvnciqt T(ji 7^pT€{i|i
D, 8. aber Ar. Ri. 47 — 10 nÖA€ITAC
158
FBlasfl: TTicpftöou kot' *A0t)vot^vouc,
ÜD ävibp[cc öiJKacToi ^KTi[€]c6vTac outoijc [ii]n£l>^|£]a[c]0€ Kai
16 ^TtoXiTac ^Troii]cac0e Kai lujv u||jli€T^pujv dtaBüjv Trdv[Tuu]v |Li£T^boT€,
dino^vri^oveucavTec rriv cuepfcciijav [ tti]v npoc töv ßdpßapov
ti* ^Tuuv iTXe[i6]vu>[v I fl 7re]vTiiK0VTa K[aiJ ^[KJaröv, xai oiö-
20 [|jev]oi I beiv] Touc ^v xoTc Kivbuvoic vpdv x[p]i}dpiOvc [) t^vo-
^^]vouc, ToiiTo[u]c dTuxop[vTac] ^u|€ceai] ucp' iijuu>v' outoc hi ö
mapöc^ [6] dcpelc | y^dc Kd]K[€i] €TTpctqp[6i]c, [o]ötc ttJc noX[i]-
25 Tei[ac 1 oute ttjc €Üvo]tJC<Td>'n][c ttjöXeujc oubcv [d]TT€|bcKaTO
5Ei]ov, dX[X' oÖTJuiC ujjiujc TOic viTOübcEaptvoic ajuidv [^XP]n-
caio, UJCT€ . * . xa I * o ^v tfii eKKXT|cia[i ...... |
Tqia Tou I (deeat versas I?) |
XVI pav b€biib]c * . .V * . T . * TT . ev. Kai raOlia ÖJxi d[X]T]ei|
X^[tuj, dva]Tvi6c€xai u^vv irpyjxov 1 fi^v x6v vö[|i]ov [8c] ouk
Ml xoÜG ^cxoIkouc 1 ^foi[K€iJv i[v xuui TTJoXemui, — frrcixaxfiv
6 TpoiZTi[vrajv] pap[xu]plav» Hpöc bk xouxoic x6 | xüjv [Tpoi^nviujjv
ivr|(picpa, 5 4i|jT]<picav|xo xfji nöXei xfjt ujujex^pai, bi* 8 ii|Aek
aiiTovc I iiTTcbe^acSe] Kai [irJoXixac dtioiricacee. dvdlxvuüei»
10 IINOMOZ]. MAPTTPIA.
THOIIMA].
Aa[ß^ br| poi Kai xfi]v xoCi Kr|b[6Cx]oö aiixoö | p[apxupiav, wc x^v]
^^v oucia[vJ . . ci Xa[ß . . | TTa[pd [Kax]aXei(p[e] . y • ♦ •
16 II ab . . . , €£ric Tia . • | x . . . ,
* * 'AvxiT[övav I T€ ^- I (des, versus XI?)
XVII [Trpa|x0^vxa, Kai 8v [xp]6irov ^[TnßeßouXcuKev | ^loi 'A6r]V0T^vr|C,
Kai ujc ijjii[v TTpobÖTHC €Öpii|xai. xov hf\ Kai lbia[i] noviipdv, [koI
18 7r€VTr|KovTa oboe f\ KW, g^gcD den raam — 00[M€N]OI pr
— 20 ATYXON[TAC nach \\\ nicht richtig. — xö!pK]6f|vai] K, kou-
<p]lc[Ö. ci* W, dvTiTTa8€lv D. zn fjüccöai v^l. Epitaph, c. 3 (4), 16 ()[uo^dvn.
— 21 [ö] dcp. D, [ö h^] d<p. W — 22 6^. Kai i%€l H — iroXiTclac obno
klammer RW — rS YCTH[C pap,» oöxt ÖVTticp]uc Tf)C D, oÖT€ ToO
TtX^6o]vJC X. W, gegen den räum, lür die eCvoia ^er Troizenier vgl.
Dem. epi«t. 2, 18 ff. — oOÖ^v[a] TTCitpilfXaxe vöpjov D, oü6^v Ti€J(ppöv-
TiK€ ttX^Jov W — 24 OMCJC pr. — toIc TfiG | beEa^^viic aJOxdv f^xP« W,
xo6c jf^c I tröXcujc <)9* ajöxöv [l-noij^Qaio K — 25 ff. üjcxe [irdivjxa ( dcl
i^T|qpicav]TO (iyriqiiCovJTO D) H
XVI 1 T^v t)p€T^;pav [b]e6iub[c Timiipiajv diT|^]cT[r|]c€v R; VV er-
kennt nach der groüzen Jucke N . . T . . T * . ^NKAI — 2 TaO|xa
öi[exl]er| d€[( R* taöxa <öti dt>Xrjölri Xd[xuJ W, der Öti k\a übcrgcschr.
erkennt. — 3 [dcircpj WOR^ wegen eine« kleinen streifeni , der €P
enthält, desaeti sawelaong an diese atelte mir aber sweifelhaifl iitt. — >
i (OITT (?) aaf dem beaagfcen streifen» — 6 [Tp. aOxui]v gegen den raam
R, [tp. KOivö]v (desgl.) W — 1 9o D — rf\t [vmJex. RW; daa fites.
eeigt kein THL — 12 X. ^oi vöv Kai xi?|v R — Kn^ifcxoö xJoO aüxoO H W
(der das eine TOT «treicht)» gegen den räum. -^ 13 jiapT, üjc Tf\y DR
— tr^pyjci Xa[ßd;v DR (g«gen den räum). — 14 irafpA xoO irarpöc Kai
xjä X€Mp[6^]vTa ÖTTÖ xüuv aüToö j db[€X(paiv xaOxa itp€]lf\c DR, dann
15 D: iTdv[9'] ib[c adjpßaviv (Tiavuj auch W) Tt[p(>C xVjv Ixalpav]
'Avxixövav [dvnXuucfv.
XVII 1 ao W, itreßcßouXcOxct imol R ^ % npoh&n}C ^«i^paixai R,
cöprjxm (nöp.) (D)W
■>• *« »■
CT "rrocr^-E- -£•• Tii'.~m tti iu«n :uii: t^ *T-Ätio: Af-jutr» .r-*
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reruüt arauretL l^ix warei. r-Krei f!:r du o: i'ü. ZZ ••eiiÄ=TT£:5i.
ixuiisacxtäi zeuisiiäfif i^ejT^eL'ii:!:" - er^r m -"nL-.r -- J_ "• « rrrtst
ztjuxniistt II "luiTt: — " c vüiiti:^ die? iFea^ri: iLiji I"sui. 1 Enerx .
L Z'ior^sc't i ^-ei . "^c -eku'^ rmzairefiiir ir. — -. £ ica "rax zisw.'
-r% jujxjci TT ZT -i-E — : H'-uc£ To^.TDv: L i= a.'i!rn:t^ 1..
''K^ iia-ji L ; :. -::2f7: ..i:!:-:;- H t — i' L:z.::2*rt.;-ei -r^r'Jii^
rertiex. — < "TDHII/N*^^ ;•• — -:t'- tdidit.t« rrur: !• tdi-td^ kd^vc-
flirt ijiv;:- ii^'ijr s^i^ z: l'^rn. 2t r^:. Sri- — ' KC -rru— IL —
t €» TU iraiit'^^ in Trio .:-:* -! ..i^. L .^^;ijx i*;ü" i. c^tTii Z'^i^-ib-i"
tu- iL i;* — i- : T ^Kcr.ijji -z^ i ' . Tr-t.r-cra I — 1. iAt#£:^ ci
Tpt LTT. ^rt-^Tvo« Ti c; -u-viiBira. ; — 11 TTUiju ]^ crra/^ABt^nx. I —
:* --u c c^ cTTü^i— ^. ü D. rr^ kctttüd . n^ crn/Ai i'üa !• n'in}-
av€ L— n. V — li cTTü/*/ L'ua. L — -tttj. di tw b^ öi'^ tdl -ru** " tu'»
tue». LV" — 2t tffvcjL»: -££ o'-.- dn L
160
FBlasar Twcpcffcou Kai* *Aöt|vot^vouc.
hinter der scene wirkende XofOYpctfpoc in der that nicbt vorbanden.
— 7 vö^oc] Dem. Lept. 9 (Weil),
Yll 1 f. über die dvatu>Yr| sieb Lipaius-M.-Scb. att. proc. 716 f.
die zweifei , ob nicbt überbaupt bei jeder verkauften sacbe die
&vWiWff] zulässig gewesen sei, erledigen sieb nach unaerer stelle
Tollsiändig; sie galt wirklieb nur bei Sklaven , indem sonst Hyp«
es sagen würde. — 21 f. das gesetz bei Dem, c. Stepb. II 18 (W).
VIII 2 IF. Dem. ebd. 14. — 14 ff. inwiefern der ^precber st«tt-
gebabteB zwang belinupten katiO| und in demselben satze, in welchem
er das T^vaiKi TT€i96|ievoc auf sich anwendet, ist unerfindlich,
X 11 ff, dies Solonische gesetz, welches abweichend von dem
betr* römischen denjenigen herrn haftbar machte, der es zur zeit
der Schädigung gewesen war, eföcbeint hier zum erstenmal. —
24 ff. der hier eingeführte zweite einwand des Äthenogenes stützt
sich auf ein vorkommnisi welches dem erhaltenen teile der erzäblung
vorausliegen musz: Ath. will sieb erbeten haben den söhn des Midas
dem kläger umsonst abzutreten, dabei ist auffällig, dasz hier überall
von kauf, nicht von loskauf gesprochen wird, was nach II 22 tf. erst
im letzten stadiiim eingetreten zu sein scheint, natürlich aber
wird mit dem erstenj jetzt verlorenen teile der erzüblung volle Über-
einstimmung gewesen sein, und auf diesen teil bezieht sich, wie ich
meinen möchte, der redner XI 10^ indem dort ÖTT£p dplitJUC eTiCOV
statt ÖVTT€p d. €. zw schreiben sein wird,
XI 15 ff. die stelle ist zwar arg verstümmelt, scheint indes bis
zu einem gewissen grade noch aufztihellen. ^iitKpaTf|C als adjectiv
ist befremdend , und bei dem geringen umfange der lüeken schwer
durch ergänzung zu einem passenden sinn und in eine construetion
zu bringen; sollte also nicht *E7TiKpäTr]C uls eigenname zuschreiben
sein? und dann doch als eigenname des Sprechers, und wenn dies,
natürlich in direct angeführter rede des Äthenogenes; so gewinnen
wir : [ei] ßouX€T[ai | f cpi] 'e]niKpdiT|c npotT^aia Ix^iv . * . . nun
kam ein angebot betreffs des knaben, aber böswillig gemeint;
darauf musz dann Tr^v CöKoqpavTiav . . d7roi€iTO gehen , indem die
annähme für den Sprecher gefährlich und der anklage ausgesetzt
gewesen wäre, — 22 ff. sinn offenbar: wer könnte glauben (tic Sv
TTiCTeucai), dasz ich ein solches, ernst gemeintes angebot nicbt hätte
annehmen wollen, sondern darauf bestanden bätto den Midas nnd
die saibenfabrik dazu zu kaufen?
XIII 1 ff. ich gestehe , dasz mir in dieser columne sehr vieles
völlig unklar ist, bezüglich des [dTiJmJuOfJvai in z, 9 bemerkt Weil,
dasz, wenn der kläger verlor und infolge dessen zublen muste, wozu
er nicht im stände war, ihm ein process ££oOXr|C und damit die
atimio drohte, aber diese art von process ^SoyXT|C, mit busze auch
an den staat, fand doch nur dann statt, ötav Tic d<|)XuJV biKr|v ^i\
^KTivrj (Meid. 44), nemlich dem sieger, und mit gewaltsamer vor.
enthaltung; in unserm falle aber sind es ja forderungen dritter, die
den kläger bedrängen, während er den Äthenogenes längst bezahlt
EH aase: zu Xenophons Anabasis [IV 8, 10]. 161
hat. man wird also Demosth. c. Aphob. I 67 f. yergleichen, wo dieser
ebenfalls von der ihm drohenden atimie spricht, und zwar wegen
der epobelie, die er, wenn er nicht den fflnfien teil der stimmen
erhielt, an Aphobos zu zahlen hatte, die nichtbezahlung dieser busze
musz nemlich offenbar atimie zur folge gehabt haben.
XIV 6 v6jLiov] hier zuerst erscheinend.
XV 8 Mvriciav] Mnesias oder Mnaseas wird bei Dem. kranz-
rede 295 unter den Verrätern von Argos genannt, das hier erzählte
fällt natürlich einige zeit nach Chaironeia, und zwar berichtet auch
Ailianos ir. i. VI 1 (Schaefer Dem. III* s. 40) von widerrechtlicher
knechtung der städte der Akte (Epidauros und Troizen) durch
Philippos. Schaefer meint, Troizen könne damals nicht Argos unter-
geben worden sein, da es zur zeit von Demosthenes Verbannung als
selbständig erscheine; aus unserer stelle ergibt sich indes das gegen«
teil, und wir werden annehmen, dasz Troizen unter Alexandres wieder
selbständig wurde, wohl nach der zeit unserer rede, indem diese von
der noch andauernden Verbannung der attisch gesinnten Troizenier
spricht. — 15 ff. s. Herod. VIII 41 und besonders Plut. Them. 10 (W).
Halle. Friedrich Blass.
20.
Zu XENOPHONS ANABASIS.
Für Xen. Anab. IV 3, 10 bieten die neuern hgg. nach den hss.
dpiCTUJVTi Tui HevocpiIiVTi irpoc^Tpexov büo veavicKUJ, mit dem
cod. Guelf. und den altern hgg. schrieb KWKrtiger noch in der
3n aufl. (1850) seiner ausgäbe TrpocTp^x^TOV, in der 6n aufl.(1871)
steht Trpoc^Tpexov.
Ist biio veavicKUJ richtig überliefert, dann ist in dem vorauf-
gehenden pluralischen prädicat eine ausnähme von dem sprach-
gebrauche Xenophons zu constatieren. denn für ihn gilt die regel :
wenn in einem satze das subject (mit oder ohne buo) im dual steht,
tritt auch das prädicat in den dual : Anab. buiX^Triv tuj (päXaTT€
&n* dXXrjXujv 18, 17. xai toutuj dTre9av6TT]V . . fjcTTiv hk äficpuj
II 6, 30. büo TUJ TTpecßuTdTUi CTpaTT]Ydj dTrijLi€Xoic0T]V III 2, 37.
buo KaXu) T€ KdTa9u) ävbpe T^9vaT0v IV 1, 19. tuj AdKUive dXe-
T^TTiv VII 6, 7. Apomn. KttKÖv ^kcivoj xfiv iröXiv d7roiT]cdTTiv I 2, 13.
öpOüVxe Ktti ÖVT6, otuj 7rpo€(pT]c0ov § 15. TUJ b* dcpdTTiv § 34. Hell.
Tib fivbpe dT€V^c0T]v (püXaK€ . . tuj bfe elcT]TaT^TTiv Km direbeiEdTiiv
IV 4, 8. TUJ buo CTpaTTiTiw, S) cuvT]TncTdc9T]V V 4, 19. Kyrup. Wo
dcTÖv MJUxd VI 1, 41. wird dagegen das prädicat durch attribut-
Sätze von seinem subject getrennt: (&ciT€p ei TUJ X^^P^) de 6 Oeöc
^711 TÖ cuXXafißdveiv dXX/|Xaiv diTGincev, dcpefi^vuj toutou Tpd-
TTOiVTC und el tuj nöbe 9€ia fioipqi 7T€7roui|i^vuj irpöc tö cuvepxeiv
dXXriXoiv d|i€XricavT€ toutou dfiiToblCoiev dXXt^Xuj Apomn. 1 3, 18,
oder folgt auf einen satz, in welchem der dual eingeführt ist, ein
zweiter satz: dirixeipeiTOV fivbpe buo bmbüvTe bid xeiii&QQOx)
J&hrbftcher f&r cUss. philol. 1893 hft. 8. 11
FBlasB: Tirepel&ou Kat' *AÖtivot^vouc.
26 i ouv TeTfTapÖKOvxa ^v * . I , * .
XU ... * tt€v]t€ xaXafvT | des, versus II? [oöfre ^upo-
TriJuXnjc ei^i oöt* ä\\i]v [t]€xv?iv d[f»[Tailo^iai| dX]X' äirep ÖTratfip
poi [?]5iUK€v I fx*^v] HITH ycLupTU', V^[^] t>fe tou|tou eic
6 Tf|v] (ivriv ^V£C£ic0r|v. TTÖiepa | fctp eixöc kjjiv iJ& 'Aer|vötev€c
d|i^ Tflc cfi[c I Texvri^^TTiöJuiifjcaij iic 0ii[*cJ rjv , . I^Trei^poc, f\ ce
Köi Tjnv liaipav Tok [^]^oic dTn|ßouXeucm; ^t^ |uev tütp oio^iai
10 ifiäc. bijÖTTep lu övbpec] öiKacTal ^poi ^ev äv elkoTUJC cyTTvtij](Linv
fXOiT[€] .... erivai I * Kai dTuxflcai t[oiou]tuj{i |
äv6pübTTujl iT€pli7T€c6vTa, 'Aör|v[0T^vei | M] — — (des. versus XVI?)
XIII I eve irjavta epoi tivm, la hi Tf|c djirdtfiic K^pbri auT]uu(i),
— KCii t6v ^kv Mi?>a[v] tov | toX ...*.,.. Im, 8y ükwv cpiiclv
6 dfiroJAöcai, | toOt[ov * . . Eeiv* toö hk naiboc, [8v] töt€ ||
npotK[d Moi qpricivj bibovai, vöv aÜT[oO Xjaßtiv | dpiupfiov noXu
nXeiJoy xnc dfiac, oiix >Jj[c]Te ijiiöv | e[Ivai, Tni
col» XU. die verbindang^ zweier getrennter fragrnetite, wodurch
diese coL uberhuwpt erst ergütizbar wird, verdanken wir Diels. —
1 oÖT€ DR, Ol» W " l f. ^|^€^ia0nK€iv R, €Jxu> dTopafav W — 2 i\ ^biuict
i>i|aefMevoc ^v Tf|]i yf\i fcuupTÜJ (rECOPrOl) ÜR; auch W denkt an dtro-
Zf\y iy Ti^ tQ) obwohl er (außclietriGtid mit re* ht) nicht f «oudern T im
pjip. liest, -^ 3 Tffi]i b^ toi»[tou I ^Tflipai tlc t. iIj, R, Otto 5^ toutoui
l. T. vu. D, [ti] oi TOÖ traiftöc IpiDv ek TitivTUJv di. **; W — 5 mOa-
vuÜTcpd ^ K» vf) Aia eUöc ^. W ^ 6 T^x^n^ W, Ip-raciac R — 6 f* f^
eoö fbriXa&]f| (oder ko^xi^^) ^^ircilpoic ^xovtoc T]riv DK, fic oiifftaJMfli
i^ireijpujc ^X^* ^ «^^ itoi* tJt^v i. W — 7 f, ^TrißouA. D, ^Trixaveiv xPÄ-
Haav W — 8 f . ftiicaiujc i d. R, 6. dv d» Ö. W* es ist kein freier
ratim vor AI, vgl e. De na. c. 2i}, 6,-0 dvel('vai rä xp^ct VV; ciKÖ-
TUJC D — 1 1 f. TOÜTU>i I Tüji TTavoiPpTtwt inm^c. R (TTCpin. D), ijüiTitc. W
— an diesem fragraenle befand sich suerat noch ein iiuderweitipes an-
geleimt, welches (mit lueke einer r^eile) reste von z* 14 f, zu enthulten
ecliien; — oc xpTicd^€vo[c ^ j T[d tt£irpat^^v[a — . lodanii geboren
TieUeicht za eol. XII und XI 11 die folg'eDden loNj^elösteo frag-menle:
(6) — avTiic — ( — X€K€V aXXo-^ | — ura tt^ttovScv t— | — tjjy dvoÄuu-
^[dxujv (R) |. (r, mit b EUÄinnmeöhäogend?) — dXuciT[€X— f— öj^el-
Xouc[i— I — öirÖTC äitikvctv— | — d) dvö]p€C feiKacrgt — . hiermit
wohl zuaammeohiln^eud {d)^ als fortsctzfitig der letsten z.: [o{)]öclc
ö||iü>v] — — — TjiTou I — — K«, das »tück hat aoeh ncich, gegenüber
den beidett letzteD c, seilenanftlDge der fotgenden coL: ibi9 — | . ., — »
ähnlich be»chaffen (e): col. A — € | — tu j — acav j — Xe |. coL B
. . . — I . . , — 1 6oc Ka— I ciTOu"— I . » . uu— , endlich ende einer
col. if): — H€VTi— .
ool. XIII. die reste von coL XIII «etzen sich zuBsrnroen aas deu
anfüngen von z, 1—11, erhalten auf einem stückef wetohea mit col. XH
zusammenhängt, und einem gröazern, die mitte und zum teil auch die
ieilenau8gän(?e gebenden, mit XIV ziisammenhftngenden stücke. —
1 ^v€[6p€ucac R, Td ^^v KöKd TOÖ ö^oXoT^et | iv€[xo^i^vouJ tt. cI. W —
? io R (auTOii); dann Miftav öv H, Mi6[üvJ töv W. ^b scheint hier
eine falte im pap» zu sein, so dasz für ANT ranm, — 3 iroX ^ W ^ — für
ONAKfiiN scheint OMANG)N dazustehen. — 4 toö[tov R — töO U
i^mböc [övj (D)R, t6v 6^ irall&a] \V — 5 irp, lipacKC b, R — auTOÖ D
— 6 Tf^c dliac D — 7 nif\c €lv«i, dXX' ijIjctc 6m]o0 Tfji <p, D; W lindet
an B«chiter «teile vor THl reste von 0.
Fßlaes: Tncpciöou Kar* 'AGiivoy^vouc. 157
qJuTfii Miriq)tü[i] dX€u0e|pov (i(p[€0nvai — tfOj jli^Jvtoi ouk
diiuj I irpöc TOic fiXXoic Kai <iTi]jLiui0nva[i öjir* *A9iiI|vot^v[ouc. 10
Xiav T&p &v] beivöv cufißailvoi |üi[oi (b fivbpec biKacJrai, ei ji. i .. ocj
V fi|LiapTo[v .... bi|
.... via OU I KT]K€V T€ II Iß
[(i]biKr|cac j
T]l^ri^aTl b I Tai TToXiT j
tfd) T I (des. versus X?) | kiü- XIV
xaioi Tuiv ^€ToiKUJV AO ..... |. €c9ai. — iv bh. Tiiii 7T[o]X^jLimi
TüJi 7T[pöc ÖiXiTTiTrov fiiKpöv TTpö ific fidxnc dTT^b[pa t]?|v I Tr6Xi]v,
Kai M60* ufiujv fitv OU cuv€CTpaT6u||c[aTo] de Xaipibv€ia[y], dEuji- 6
KT1C6 bk €ic Tpoi|Cf]va, irapA töv vö[jli]ov öc KeXeuei fv[b€i&v |
€ty[ai] Kai dTraxuJTfiy toO dHoiKricavioc \iv \ tiöi ttoX^jliijüi, iäy
iridJXiv fX0T]i. — Kai T[aOTa d7roi|€i [xfijv yiiv dK€ivui[v] iröXiv
uic Ioik[€ 7r€pi^||c€[c0]ai u7roXa|Liß[dvuüJv, xfic b* fi|Li€[T^pac 0d|va- 10
[to]v KaTaTVo[iJc], koI idc 0uTa[T^pac, Sc i\lr\[v] rrap' ujuiv ^Tb[i-
böjvai dK0p[^]i|iai, I dH^bujK[€v]q ... 6 irdXiv fi[K€i
I TT • • • ^PTCic6jLi€[voc, ^7t]61 eiprivT] t^[tov6v . . || t . . . . a 16
Tdp 0)1 ... . K]aciv ol xP^c j . . . . o]ijTOi iroi
TT^l elpriVTll TT I TTO dv T0[JC
I . fifev ^[v] TTXaTa[iaic . . . |
br|cavT€C 0 || 20
*A0ri]vOT[€V . .] TT I X€iv . . . vui
I u0 I (des.
versus VI?) [idc | KOivd[c] Tf\c TTÖXeuüC cuv0r|Kac irapaßdc, j Ta(T)c XV
ibia[i]c Tipöc djLi^ IcxupiCeiai, aiCTiep dv [ xiva 7T€ic0evTa, djc 6
TUIV irpöc öjLiäc biKa[i|ujv Kaiacppovricac, ouioc av iiiiv irpöc
iMk] d9pövTiC€v. 6c oÖTUJ iroviipöc den | Kai TravraxoO öjlioioc, 6
uiCT€ Kai etc TpoiCfi|v]a dX0u)v Kai 7roiT]ca|Lidvujv auTÖv Tpoi|CT]viujv
iroXiTTiv, uTTOTiecdjv Mvriciav | tö]v *ApT€Tov Kai ött* dKCivou Kaia-
c[Ta0]€lc H fipxHv» ^HdßaXev toüc iroXiiac dK xf^c | 7töX€]ujc, ibc 10
öfiTv auTol fiapTupricouciv * dv0]db€ xdp cpeuTOuciv. Kai öfieTc fifev
8 dcpee. D, ders. drib jx. — AEIÖI. — 9 Bl (dTin. ci. W) — 10 so
D; . . . b. Äv cuMß. RW — 11 iLioi dl ä. b. R, |li[oi irp]öc | Tfli dxuxfai D
XIV 1 diroXcIiLidiTaToi D, d(p(Ko[vTO dirl tö ndlxccGai K — 2 irp[ö]c
[töv] OCIXiTinov falsch R(W), indem in 3 fiir AITT kein räum. —
3 &Tr[<]Xiii€ [t]i?|v RW — 6 6E0IK pr. — 9 ircpidc. W, ircpiiroinjccceai
DR — 10 f. BI nach c. Philipp, v. 113. — 11 f. Out. oök f|T|Tjön[c€]
Tiap* önlv oööd [TdK]va(i) dKepdMia[i dvOdb' f|E(Jou, dW iUb. «fxXoclc W,
T. e. I r^rpja oöx öjilv oöö* ö[|ia>v cTla IxOp. oöodva, | dXXdl dE. a]XXoJC€ D
— 13 irdXiv fJ[KWV W, irdXiv b" (? ?) f^XGc Tf|v dp;T[ac(avJ dpT- D —
15 T[d TToXXJd Tdp ö|üi[Iv €ld)6a]civ ol xpi?lc[i|Lioi aöxotc a]öxol iro[X€)Li€tv
dv] T. €. ci. W; xd[xicx]a x^p ö|üi[tv diropfic]aciv ol xPnc[iMd)xa|xoi
o]uxoi iro[Xixai D — 17 dv xolc kivö[uvoic (ickivö invisible W). —
18 dv TTXax. R
XV 2 TAC und vielleicht lAIAC. — 3 AIKA|I(Ä)N RW gegen die
Silbenteilung. — 6 dl^d DR, diM* W — OYTQI — 8 Mv^cic? xCfi^Apxeiqi
D, s. aber Ar. Ri. 47 — 10 TT0A6ITAC
164
EHasfte: der dualie bei Polybios,
sprechend nur iii\ büo xai TptTc f^^pac statt eic TÖ pAXov geschrie*
ben haben» da aber gerade die gröszo der von Hannibal nach dem
siege über die Altobroger gem achten beute hervorgehoben werden
ßoU, so glaube ich, dasz das überlieferte im buEiv Kai Tpek (ipiciv)
ft^cpaic eine von den nicht seltenen ^ den teit des Poljbios ent-
stellenden interpolatiooen ist. und somit ergäbe sieb für den spracb-
gebrauch des Polybios die regel: das zahl wort boo hat bei Polybios
dadurch, das^ es sich ausschlieszlich mit dem plural verbindet, seine
dualische natur vollständig eingebüszt. wie im attischen steht büo
auch ali genitiv und dativ. aber das den auflösungsprocess auch
fiuszerlich darätellende budv gilt nur für den genitiv, für den dativ
nur das nach analogie der pluralform gebildwte buciv.
Widerstandsfähiger in sich und stärker inbezugaufden nach-
folgenden artikel mit dem substantivum ist äp<poiv^ geblieben:
d^(poTv Toiv x^poiv Irr^cpu XTI 10, 6. hC ä^cpolv toiv x^poiv
XVIII 29» 4. i^ äiicpoTv ToTv X^P^^^v XXII 20, 5, hC dpcpoTv xoTv
fiT]potv II 69^ 2. Ott' ö^qpoiv toiv K€paTOiv III 73, 6. II d^cpovv
ToTv ^epoiv I 46, 9. II 29, 2. III 55, 9. VI 23, 7. XYI 3, 6. XVI
29, 13* fr, 96 (Hultscb), obgleich das voraufgebende participium
III 54, 2 (cuvBeujpoufi^vuJV djunpoiv) sieb schon dem einfluase des
ä^qpoiv entzieht, so dasz neben dpcpoiv und der communen artikel-
form toiv — vom dual des verbums ist bei Folybios keine spur vor-
banden — die ganze ausbeute an dualischen nomina besteht in X^poiv
|ir|poiv KCpdTOiv fi€pOiv.* denn auszer diesen und XVIII, 29, 3 TÖ
fiCTaEu Toiv X€poTv bidcinfna kommt bei Poljbios kein beispiel einer
eigentlichen dwalform mehr vor. cuvdptpuü nemlich ist in formaler
und syntaktischer beziebung kein dual, wie die beispiele beweisen:
q\ cuvdji^puj (Römer und Karthager) . , dvaujidxncciv I 63, 5, cü^-
^axoi )i£Ö* iKaiipKüv ^cav o\ ci>vdjncpu> 11 24, 4, cuvd|LKpu> k€Zäv
pilv trivie pupidöcc ebd. § IL tüjv irpoeipnMCvujv X6<puuv cüv-
dpcpu^ II 65, 9. TÖ ^iiKOC . * ^Xarrov toö cuvdiJiqpyj nie t€ Aißür|^
Km Tflc 'Aciac XXXIV 7, 8. iXaiTouvta tou cuvd^q>uj jirtKOuc
ebd. § 10.
Wenn daher Büttner -Wobst in seiner ausgäbe 1 80, 13 TÜü
CK^Ke* In stutt xd CK^Xri fri schreibt, so ist diese ünderaug deshalb
bedenklich» weil Polybios mit ausnähme von hvo cuvbuo cuvütjuqpuu
nie einen dnalischen nominativ oder accusativ gebraucht bat.
^ das adverbiale TTOp* Apapoiy steht I 45, 11, III 21, 4; 29, 6; 10;
69, 5; 73. 8. IV 16, 4. V 62, 8; 69, 8. VI 56, 5. IX 3, 9. XXI 1. 4, il
d^<po1v I 88, 6. U 26, 8; 49, 2j 69, 4, III 1, 7 j 51, 8 V 80. 6. VI 7, 3.
VlII 29, 6. X 12, 5; 8, XI S4, U XV 3. 3; 22. 3. XVI 29, 11. XVIIl 25, 1,
XXXI 26, 11. dutiv ist d^<potv XI 1, 8 KOiWtv d^(po!v irapclxovTO t^v
Xp€(av. > 5u€iv CTaMtüv steht IV 56, 5 und X 10, 6, aber 12, 6 schreibt
Htiltseh niit dem UrbiiiHS buclv CTCxblotv (Ddf, craMUJv). wcpcii des
svreiinaligen öucTv cxa&iuuv, wegen dar verbinc1un|r Tmv t>u€lv (IV 22, 7^
VI 82, 8, XIV l«, 5), und weil sich sonst kein diKtl bei bxjtXv finfle|
glaube ich, daix Poljbios nach X 12, 6 cxaöiufv gescbneben bat.
Babtenstbin ik OsTPESUszßN. EßNST Hasbb.
FReuss: anz. t. GJorio codici ignorati nelle bibL di NapolL fiuc L 165
22.
Giuseppe Jorio: codici ignorati kelle biblioteche di
NaPOLI. FASCICOLO I: UN CODICB lONORATO DELLE ElLBSICHE :
=€NO<DÖNTOC TA nAPAA€inOM€NA AHCP KAI 6AAHNIKA
€KAA€C€N €IC OKTQ BIBAIA AIAIP0YM6NA. Leipzig, O.Harrasao.
witz. 1892. 60 s. gr. 8.
In dieser abh. liegt uns eine sorgfältige ontersQcbnng des
italiänischen prof. GJorio über eine bisher unbekannte und un-
benutzte hs. der griechischen geschichte Xenophons vor.
sie bildet die erste lieferung von mitteilungen über hss-, die sich in
neapolitanischen bibliotheken befinden; ihr werden weitere Ver-
öffentlichungen über hss. des Eebes, Epiktetos, Thukydides, Aristo-
teles ua. nachfolgen, der besprochene Hellenikar codex wird auf-
bewahrt auf der bibliothek dell' Oratorio Napoletano und ge-
hört zu einer samlung (semif. 7—80), welche in dem hss. -index
der bibliothek folgen der maszen verzeichnet ist: 'Opuscula varia
diversorum Auctorum Graecorum', und über deren inhalt ein irivaS
dKpißfjC Tfic Tiapoucric iruKTiboc auf semif. 4 aufschlusz gibt, die
einzelnen stücke dieser samlung sind im fünfzehnten jh. nieder-
geschrieben, jedoch zu verschiedenen zeiten: während ein älterer
teil, darunter die Hellenika, schon in den ersten beiden Jahrzehnten
dieses jh. abgeschrieben zu sein scheint, gehören andere teile ^ wie
briefe des Gennadios (12 märz 1452 und 1459), bereits der zweiten
hSlfte desselben an. vor dem j. 1459 können die einzelnen stücke
nicht zusammengebunden sein, die samlung kann indessen, wie sich
aus den lebensverhältnissen des ersten besitzers ergibt, auch nicht
viel später entstanden sein, eine Unterschrift lautet: f) ßißXoc f[be
ToC ÄoKeiavoO ireXei. über die Stellung und lebenszeit dieses
rhetors, der am hofe der letzten Paläologen als erzieher einer kaiser-
lichen Prinzessin lebte, gewinnen wir durch die hs. neue belehrung.
mit recht sieht Jorio in ihm einen gegner der von Konstantin IX
begünstigten Vereinigung der griechischen mit der lateinischen
kirche. Dokeianos gehörte der von Gennadios geführten partei an,
welche Konstantin als einen Verräter am väterlichen glauben be-
trachtete und ihm die kirchliche krönung, nach seinem tode die
aufnähme in das herscherverzeichnis der Paläologen versagte (toO
dcT€(poCc). die letzte nachricht, die wir bisher über sein leben
hatten, bezog sich auf das j. 1451, nach der mitgeteiten Unterschrift
musz er indessen noch 1459 gelebt haben, viel später kann sein
tod voraussichtlich nicht erfolgt sein ; deshalb kann auch seine hss.-
samlung nur in den nächsten jähren angelegt sein, dieselbe gehörte
vermutlich zu den im j. 1726 durch Vermittlung Vicos angekauften
bücherschätzen des gelehrten samlers GValetta und ist erst mit
diesen in die bibliothek delF Oratorio Napoletano gekommen, unter
dem titel Opuscula usw. vermutete niemand die geschichte Xenophons,
werke des Aristoteles und Synesios zu finden, und so ist die existenz
166 FReuss : anz. v. GJorio codlci ignorati nelle bibl, di Napoli. face. I.
eines codex unbekannt geblieben ^clie puo portare non ßcarsi ausilii
critici al testo di aniicbi scrittori' (b. 13). nacb diesen mitleiltingen
Über die samlung wendet eich Jorio in cap, 2 der apeciellen be-
sprecbung des von ihm mit X bezeichneten Hellenika- codex zu,
dieser ist anfangs mit blasser^ später mit schwärzerer tinte ganz
von 6iner und derselben band geschrieben , von einer zweiten band
rühren einzelne teils glücklicte, teils verfehlte önderungen her*
zahlreiche versehen finden sich in X» sowohl in Verwechslung von
r| und i als auch in Verstümmelung nnd falscher accentuierung der
worle bestehend, interpunctionäzeieben, besonders das komma, sind
im übermasz gesetzt, das fragezeichen erscheint immer als pnnctniDx
iota subscr* ist von der ersten band regelmäszig weggelassen, X ge-
hört zu classell, welche in Kellers ausgäbe durch C und F ver-
treten ist. bewejs dafür ist die Überlieferung von V ], 5. tJ* 7. 8.
10. 13, die in den hss* der classe I ausgefallen sind, sowie die Zu-
sammenstellung der für el. II charakleristisoben lesarten, die auch
in X wiederkehren (ö* 19 — 22). als bessere lesarten bezeichnet Jono
die von Kelter in den text aufgenommenen, diese bezeicbnung ver-
dient m. e. nicht das IV 1,30 von cl, I ausgelassene, von cl, U über*
lieferte fvOa hr\, die worte Xenophons lauten bei Keller: iraptiv
&iwv TÖv 0apvdpaiIov eic cutKeijuevov xuJpiov, ^vBa bf\ 'ATHci-
Xaoc Kai Ol nepi auTov rpidKovia x^tMCti ^v itoo, tvvi KaT€iKel|ii€voi
(iv^|i€VOV, nach dieser interpunction würde mit ev0a hr\ eine rela*
tive bestimmung zu CUTKtijitvov x^^piov gegeben» Xen, braucht
dasselbe nur demonslrativ, um die aufeinanderfolge von begeben-
heiten zu bezeicbnen, besonders nach einem punctum : Hell. 111 4, 23«
IV 4, 3. 10. 15. 5, 4. V 2, 12. 42. 3, 4. VI 4, 4. VH 2, 9. Änabl
II 2, 10. IV 5, G* entweder bat man daher ander:^ /o interpungierei?"
oder es ist blosz fv6a zu lesen (Plut Ages. 12 ö 'ATnciXaoc ^X9djv
elc TÖ xujplov . . dvTau9a n€pi^jui€V€ tov ^apvdßaZ^ov). vielleicht
haben aber auch die angeführten worte gar keine berechtigung, nnd
hinter ^ATn^i^öOC ist 6e oder ein dem nachfolgenden bi entsprechen-
des p^v ausgefallen, aus dem gleichen gründe dürfte auch Cobeta
ergänzung ^KKXt|ciav ^iroiTicav in II 4, 40 nicht au billigen sein,
wenn man sich nicht zugleich entschlieszt hinter cxparriToi stärker
zu interpungieren und fvöa bf) demonstrativ zu fas^sen.
Die hss. F und C reprüsentit^ren zwei verschiedene familien
der classe II, F enthält viele conjecturen, die von zweikT band bei-
gefügt sind, nnd entstammt einer vorläge, in der schon ündurungen
des textes vorgenorameu waren, während C treuer den cbarakter
des gemeinsamen archetjpus bewahrt bat. X gehört der durch F
repräsentierten famiüe an; an 1 19 stellen gibt auch er die allein in
F überlieferte lesart, teilt mit F zahlreiche lücken, stimmt mit ihm
selbst in Wortverstümmelungen Überein nnd bewahrt mit ihm allein
den von andern bss. lückenhaft überlieferten und von C ganz aus-
gelassenen text in V 1, 10. mit Keller entscheidet sich Jorio gegen
napecKCudcavTO^ welches in BCMDV steht, für TiapeKeXeucavTO,
FBeass : anz. y. GJorio codici ignorati nelle bibl. di Napoli. fasc. L 167
welches F und X geben, die feldherm haben nicht nur den befehl
zur rettung der schiffbrüchigen gegeben, sondern auch die anord-
nungen und Vorbereitungen dazu getroffen , aber ihre Vorkehrungen
sind von den damit beauftragten nicht zur ausführung gebracht
worden, dieser gedanke hat mindestens die gleiche berechtigung
wie der in F und X ausgesprochene (vgl. Anab. lY 6, 10 toCto bet
7rapacK€udcac6ai öttujc djc Spicra fiaxoujieOa) und hat zweifellos
die bessere Überlieferung für sich, in Y 3, 2 schreibt Keller nach
Wyttenbachs Vorgang 6XiTT]V, während BFX öXiTnv Ti, M öXiTnv
Ti, C öXixnv Tflv, V öXiTT]V Tivot, D öXiTOV ti bieten, das über-
lieferte Ti läszt sich beibehalten, wenn man öXiYHV ^Tl schreibt:
^sie bearbeiteten nur noch einen ganz kleinen teil des landes', vgl.
II 3, 41 öXiTOV fn XPÖvov. in YII 1, 21 liest man in C bi€CK€-
bacfi^voi , wofür sich Keller entschieden hat. X überliefert wie P
bieCKaucfi^voi^ spricht also für die Überlieferung der andern hss-
biecKeuacfi^voi. zu den jahrb. 1892 s. 90 angeführten parallel-
stellen füge ich Polybios I 33, 5 hinzu: irapriTTCiXav Tifi irXrjOei
biaCK6ud2l€c6ai. bei dem thronstreite zwischen Agesilaos und Leo-
tjchides (III 3, 3) beruft sich Diopeithes auf ein altes orakel, das
Ljsandros mit den worten ujc ouk oioiTO TÖv Geöv toOto KeXeueiv
qpuXdHacGai juri irpocTTTaicac Tic x^^XeiJcai <Tr|v ßaciX€iav>, dXXd
^aXXov fif) oÖK luv ToO y^vouc ßaciXeiJceie anführt die gleiche
erzählung findet sich Plut. Ljs. 22. Ages. 3. Paus. III 8, 9 f. es
kann nicht zweifelhaft sein, dasz alle die gleiche quelle benutzt
haben, dasz diese aber nicht Xenophon ist, dessen bericht bei
Plutarch im Agesilaos erst mit ö b* 'AxiiciXaoc ifpx] einsetzt; es
kann daher auch die darstellung Xenophons nur von derselben vor-
läge ausgegangen sein, vielleicht ist daher der ganze § späteres
einschiebsei bis auf die worte TOiauTa bk dKOucaca f) iröXic ä|Liq)0-
T^puJV, die doch wohl auf die disputation der beiden thronpräten-
deuten bezogen werden sollen, die lesart x^i^^^^ai scheint mir
auch mit dem zusatze Kellers Tf)V ßaciXeiav unhaltbar zu sein, da
in der erklörung der X^Xri ßaciXeia nicht der zu erklärende begriff
(XUiXeueiv Tf)V ßaciXeiav) zu verwenden ist. bei Plutarch ist diese
Wiederholung vermieden: Ages. 3 el TrpocTTTaicac Tic TÖv iröba
ßaciXeuoi . . dXX* el jli?| Tvncioc, Lys. 22 Sv irpocTTTaicac Tic äpxq
usw. vielleicht hat in der gemeinsamen quelle unserer hss. x^Xeucac
statt xuiXeiJcai gestanden und hat als glosse zu irpoCTTTaicac in die-
selbe aufnähme gefunden, der ursprüngliche text würde also in
dieser fassung wieder herzustellen sein : ixi\ irpocTTTaicac Tic , dXXd
fiäXXov fifi ouK fiiv ToO T^vouc ßaciXeuceie.
In hs. F sind von einer zweiten band vielfach correctnren vor-
genommen worden ; es erhebt sich daher die frage , ob X etwa mit
F' nähere Verwandtschaft zeigt. Jorio hält dieselbe für ausge-
schlossen, da F im j. 1456 in Athen niedergeschrieben sei, X aber
einem frühern Jahrzehnt dieses jh. augehöre, nur an einer einzigen
stelle stimmt X mit F* allein überein; wo er sonst die gleichen les-
168 FEeuBB ! anz. v. GJorio codici ignorati uelie bibL di NapolL faec. L
arten wie F' aufweist, ist dieser von gelehrten des 15n oder 16n jh.
in Übereinstimmung mit der Überlieferung der hs8,-classe I gebracht
worden, solche gemeinsame lesarten fijiden sich allerdings zahlreich :
80 bietet X 31 mal die lesart von F*, der wir auch in BCDMV be-
gegnen (vgl. Jorio s, 32). mit Keller entscheidet sich Jorio YI 1, 15
für das von CP'X überlieferte irovetcOai, während in BMDVF'
iroiEicOm steht, bei Xen. indet eich so wohl das compositum bm-
TTOveicGai gebraucht, der mediale gebrauch von TTOveiv läszt sieb da-
gegen bei ihm nicht naeb weisen (vgl. index bei Keller udw., Anab,
I 4, 14. 9, 19. II 6,6. VII 3, 3L 6,36. 41). die stelle lautet kavöc
iCTl . . ÖTÜV CTTClli^rj, fiplCTOV Kai 5€ITTV0V TTOincd^eVOC ä^O TTOl-
CtcSatf Cobet ändert die letzten worte in TTOpeuOjüievoc öjuct tioi-
eicBai» Keller aus C in TTOiiicäpevoc dpa TiovekOai. gegen Cobets
Vorschlag spricht die Stellung von ä^a, welches zu TTOpeuojuevoc
geboren solL ich vermisse ein wort, welcbes die durch ctreubeiv
bedingte band! ungs weise des füldberrn bezeichnet, und schreibe
daher: \Kav6c icn . . orav crreübr}, öptCTOV küI bEiirvov ouk dva-
Tiaucd^evoc ä^a Troi€ic9ai ^^ das fipicxov und ^emvov mit 6inem
male abzumachen, ohne (einmal) gerastet zu haben (vgL Breiten-
bacb zdst.). passend sehlieszt sieb daran der folgende gedanke an:
oiciai bi Kai dvairauecöai XP^lvai usw.
Wie wir sehen, ist X aus der gleichen vorläge abgeschrieben
wie F', ist aber nicht identisch mit dieser bs. hat nun X treuer den
Charakter der quelle bewahrt, während P' durch cornipteleo ent-
stellt ist, oder finden wir in F ' ein treueres bild deriselbeu» während
X durch aufnähme von lesarten der andern classe und farailie sieb
von derselben mehr entfernt bat? Jorio entscheidet sich für letztere
annähme, indem er auf die zahlreichen stellen hinweist, an denen X
die lesarten der cI. I aufgenommen und die Überlieferung von CF
aufgegeben hat. zur Verbesserung der benutzten bs. haben wabr-
scheinlicb mehrere und nicht gleichzeitige exemplare gedient, aus
denen vielleicht auch MD V geflossen sind, daneben hnt X auch mit
C viele lesarten gemeinsam und entfernt eich durch die aufnähme
derselben von F. von den stellen, an welchen X sich der durch ch I
vertretenen tiberlieferuug anscblieazt (Jorio s. 34 ff.), seien hier fol-
gende besprochen : in IV 5» 7 schreibt Keller nach Saoppea Vorgang
mit B IbpÜJVTi Tuj \'TrnLö» während alle andern bss. IbpoövTi Tiji iirnifl
bieten, hier anders zu verfahren als Anab. I B, 1 und Kjrup.I 4, 28,
wo in unsern ausgaben ibpoijVTi rm itttthj beibehalten ist, liegt kein
grund vor; die autorität von B ('ahundat omni genere mendorum*
Keller) kann hier nicht entscheidend sein* ^unechtes ou wird im
alt- und mittel attischen, nicht selten auch noch In späterer zeit durcb
bloszea o wiedergegeben: ^icBovxa (670 — 560 vor Ch.), ivoiKÖv-
TUlv (378 vor Ch,)' (Meisterhaos s. 21). auch der sonst genügend
beglaubigte aor. 11 von fiXXo^ai wird in IV 5^ 7 kaum festzuhalten
sein, während in C und X Ka6aX6jLtevoc , in B KaGaXXöjuevac ge-
lesen wird , findet sich in den andern bss. KaGaXdpevoc auch an
FReoss: anx. t. GJoiio codici ignoimti nelle bibL di XapolL £uc. L 169
andern stellen sind C und B nicht feblerfrei : so schreibt B in IV 4, 1 1
^XovTO für ^XXovTO ond C in Vn 2, 9 äX6^€V0l ftlr äXXö^€vol.
Breitenbach bemft sich anf Anab. IV 2, 17, aber hier i»t von Hug
(gegen KrQger) die form dXd^cvoc hergesteUt und fOr den gebrauch
des aor. I bei Xen. zeugt auch Anab. VU 3, 33 dErjXcrro. ing&t-
liebes festhalten an der lesart von B bekundet Keller auch IV 8, 36,
wo er ävancirXcuK^vai Tf)C ^iri TTpoKOwrjcou in den text aufnimt.
dieser gebrauch des genitivs widerspricht der sonstigen Schreibweise
Xenopbons und iSszt sich nicht mit der hinweisung auf rnc öboö
oder ToO iTÖppu) uS. bei yerben der bewegung ('geh deines wegs'}
rechtfertigen ; die ftnderung in Tf|V scheint mir unbedingt geboten.
Die Zugehörigkeit von X zur hss.-classe 11 l&S2t sich auch durch
die vergleichung mit den von Keller nicht berücksichtigten, zur
iamilie C gehörigen hss. AEK erweisen, wenn Keller vermutete,
dasz III 1, 3 die lesart des cod. Par. A und £ ('Acta statt X^'^rpa)
aus der Aldina stamme, so wird diese Termutung hinfällig durch
die thatsacbe, dasz jene lesart auch in X aufnähme gefunden hat.
als resultat ergibt sich für Jorio aus den angefCLhrten beobachtungen,
dasz X der familie F der cl. 11 angehört, dasz diese hs. aber die Ver-
einigung der Überlieferung von cl. I und II darstellt und so mit
höherm rechte als F^ dem man bisher diese Stellung zuerkannte,
zwischen beide classen gestellt wird.
Was die zeit der entstehung beirifft, so scheint X jünger zu
sein als BML, gleichzeitig mit VCD, älter alä die andern, über
die gründe, die Jorio bestimmen F in den anfang des 15n jh. zu
setzen, während andere stücke der samlung erst später nieder-
geschrieben sind , spiicht er sich s. 7 folgendermaszen aus : *perch6
dal differente stalo di eonservazioni e dei dati grafici ho ragione di
ritenere che alcune opere come quelle di Senofonte, di Snida, di
Aristotile e qualche altre vi sono State copiate non piü tardi della
prima ventina del 1400.' mit diesen argumenten wird man diese
frage nicht als erledigt anzusehen haben. F ist aus einem stark ver-
besserten exemplare abgeschrieben (ärrö eubiopOuiTOu) ; mit hoher
Wahrscheinlichkeit , ja fast mit gewisheit darf man behaupten , dasz
X aus der gleichen quelle geflossen ist: vgl. zb. I 2, 5 nclöv, V 2, 2
TpiaK0VT€ic, 3, 20 ävTiTToX., 4, 38 ärrecTpaTeu^evov, VII 1, 21
biecKauc^^voi ua. weist X nun in noch höherm masze ah F die
spuren verbessernder gelehrter thätigkeit auf, so legt diese be-
obachtung es nahe, die niederschrift der hs. einer spätem zeit zuzu-
weisen, wenn Jorio an einzelnen stellen der Überlieferung von X
höhern wert beilegt als der der übrigen hss., so kann ich ihm hierin
ebenfalls nicht folgen. In II 1, 9 soll aus X Tf|V ouceiav ußpiv für
das sonst überlieferte Tf|v Xiav ößpiv hergestellt werden, statt Xiav
steht in CF*M und L Xeiov, wie X also zu oiKcicxv kommen konnte,
ist danach leicht erklärlich, den vorzug der lesart ouceiav sucht
Jorio ungef&hr so zu begründen : Hieramenes und seine gattin be-
zeichnen die ermordnng ihres sohnes, eines neffen des Dareios, durch
170 FRem»; anz. v. GJorio codici igüorati nelle bibl. di Napoli. I^tc» L
KyroB aU eine scbancie für das königliche baus. da dem könige die
ehre seines hauses böber steht als das Schicksal eines gliedes des-
selben, so ist es natürlicher ßnd wirksamer, wenn die eitern diesen
gesichtspunkt hervorheben , als wenn sie auf die Verletzung des
ceremoniels durch Kjroa hinweisen, dagegen läszt sich einwenden,
dasz zanfichst nicht ersichtlich ist, inwiefern man von einer be-
schimpf ung des königlichen hauses hier sprechen kann, sodann hat
der schriffsteller mit den vorausgehenden worten ö ttqioöci fiövov
ßaciXei die üßpic deutlich als Uberhebung bezeichnet, wenn auch
zb. IV 5, 10 unter TÖ OiKeiov rrdöoc das leidj das eine familie be-
troffen hat, zu verüteben ist, so ist doch f| okeia üßpK TOÜTOU ein
sehr dunkler ausdrackj wenn darunter die durch Kjros erfolgte be-
echimpfung des königlichen bauses verstanden werden soll, eine
ksart, die wirklich der sonst Überlieferten vorzuxiehen wäre, er-
halten wir somit durch X nicht, nicht besser steht es III 3, 2 , wo
Jorio die worte von X d\X* cittou iroXü xdXXiov usw. in dXX' eiTTCV
fl TToXu KdXXiov ^Keivou eilJuTa m^r\p mi vöv lix qp^civ ändert so
könnte Leotjchides dem Agesilaos erwidert haben, aber die worte
f| noXü KdXXiov dK€ivou ciöuia ^ritr|,p würden mit ihrem platze an
erster stelle auch an kraft und bedeutung verlieren. Vorzug ver-
dient daher auch hier nicht die corrigierte lesartvonX» ebenso
wenig wie nach Jorios eignem geständnis in III 5, 24 uod ¥11 5, 13.
hervorzuheben bleibt daher nur: IV 3, 12 bietet X das richtige
Kövujvoc dXXfiviKOu, IV 6, 1 auTiä, IV 8, 14 otacircp, V 4, 28
Eupoüta, IV 7, 5 bezeichnet er ab zweifelhaft ou iföppuj, er scheidet
allein von allen hss. streng zwischen aor. II und imperfectum. darauf
bescbritnkt &ich der ganze gewinn, den wir aus X erbalten; er ist
so geringfügig, dasz 8ich darauf eine besondere wertschätzting von
X unmöglich begründen läszt, mehr als ein spiel des zufalls darf
man auch darin nicht sehen, wenn II 3, 17 in X eine lücke ange-
deutet wird; *dbiivoiTOV depo ras. di circa 7 lelt,> hier hat Keller
KaiaX^Em ergänzt , und die notwendigkeit einer erg^inzung lilszt
sich aus den worten des Aristoteles erweisen: 'A9r|V. TioX. 36 ÖTi
ßouXö^€voi ;i€Tabouvai toic ^in€iK£ci TpicxiXioic Mdvoic pera-
blbdotciv. besondere beacbtung widmet Jorio dem titel und der ein-
teilung, welche Xenophon.s werk in dem irivaE beigelegt werden :
£€Voq>ÜL»VTOC id TrapaXciiröpeva dTtep Kai dXXFivixd dKdXccev, elcj
ÖKTub ßißXia biaipoÜM€va. diese worte beweisen nur» dasz man die
Hellenika als fortseti^ung des Tbukjdides betrachtete (vgl. Diod.
XIII 42^0) und sie daher als TrapaXemd^cva bezeichnete (vgl. titel-
blatt der Aldi na des Thukydides), neues erfahren wir dadurch auch
nicht; den titel, der für uns nur in betracht kommen kann, tiber-
liefert Biodoioa XV 89, 3 rnv tlüv *6XXr)viKÜJV cuvToEiv. die ein-
teilung in 8 btlcher kann nur auf einem versehen des Verfassers
des trivaE beruhen , da die b?. selbst nur 7 bücher kennt und bei
Harpokration nur an eine einteilung in 9 btlcber gedacht werden.
kann, wenn man dem 8n buch nicht eine un verbal tnismäszige aus-
FKeuss : anz. t. GJorio codici ignorati nelle bibL di Napoli. fasc. I. 171
dehnung geben will. Diodoros übrigens, der bei Thakjdides eine
verschiedene Zählung der bUcher erwähnt (XIII 42, 5), kennt eine
solche bei Xenophon nicht.
Lücken hat X noch weniger als C und F, die in dieser be-
ziehung schon vor der hss.-classe I sich auszeichnen ; wo sich solche
in X finden, sind sie meist hervorgerufen durch das abirren des ab-
schreibers von einem wort zu einem gleich oder ähnlich lautenden,
an correctheit stellt Jorio X über C und F, an Integrität und rein-
heit des textes über D und Y, ja er neigt sogar zu der annähme,
dasz X unter allen hss. die zweite (stelle gebühre, für uns hat in-
dessen m. e. X durch die aufnähme der lesarten von cl. I nicht ge-
wonnen, da er nur bekanntes bietet; C und F bleiben gerade da-
durch wertvoller, dasz sie den Charakter ihres archetjpus reiner
bewahrt haben, an keiner stelle erföbrt der text der Hellenika
durch X eine uns bisher unbekannte Verbesserung, und die ausgäbe
Kellers hat durch die nichtverwertung dieser hs. nicht die geringste
einbusze erlitten, hätte X den wert , welchen Jorio dieser hs. bei-
legt , dann müste dieselbe gerade da ergänzend eintreten , wo B uns
fehlt y also in dem letzten teile des 7n buches (VII 1, 38 ff.), aber
an nicht weniger als 37 stellen dieser partie ist der text in X ver-
schlechtert statt verbessert, annehmbar, wenn auch nicht not-
wendig könnte ¥1X4,22 cuvefißaXeTv statt cuvefißdXXciv erscheinen,
zu verwerfen ist VII 4, 29 ou KttirivTricav statt ouk dTrrivTT]cav, da
Xen. in den Hell, stets diravTäv gebraucht.
Von den von Jorio s. 51 ff. mitgeteilten lesarten seien noch
folgende besprochen: III 2, 10 hat X in Übereinstimmung mit den
andern hss. |Li€TpuüV, welches Keller mit Krüger in fierpov geändert
hat. diese änderung ist überflüssig, da bei riupe der genitiv hier
ebenso gut stehen kann wie er etwa bei elvai stehen könnte, un-
gern gibt man das part. fieTpdiv gegen jLi^Tpov hier auf; wäre eine
änderung notwendig, dann läge es vielleicht näher hinter riupev ein
wort wie eijpoc einzuschieben: inei fieipuiv iiöpev eöpoc toO
'IcGjHoO injä Ktti TpidKOVia crdbia = da die messung 37 Stadien
als breite des Isthmos ergab, aufzugeben ist III 5, 24 die von
Keller gebilligte Überlieferung des B UTToboTev statt dnoboTev, da
kein grund zu erkennen ist, weshalb Xenophon hier von dem sonst
feststehenden ausdruck dTrobibövai Touc V6Kpouc abgehen soll. *
Die besprechung von Jorios abh. gibt mir anlasz auch einige
andere in dieser nicht berührte stellen unseres Hellenikatextes einer
* VI 5, 28 ist X 'Ac^ac statt 'AX^ac geschrieben, die gleiche Ver-
wechselung liegt Paus. VIII 37, 3 vor und hat in unsern ausgaben auf-
nähme gefunden: 'AX^a, TTaXXdvriov, €ÖTaia usw. 'AX^a kann hier
nicht stehen: denn von diesem heiszt es VIII 23, 1 cuveöpiou fbi^v ToO
'ApToXiKoO |Li€T^xouca, während hier die erklärung raOrac fi^v ^K
MaivdXou nur auf 'Ac^a hinweisen kann, mit Cou|LiaTia, AOKOta, TTepai-
Dclc wird Asea auch VIII 3, 4 zusammen genannt, auf Asea bezieht
man VIII 37, 3 'iacaia, doch ist diese form für Asea sonst nicht nach-
weisbar.
172 FReuBs: anz. v. GJorio codici ignorati nelle bibi. di Nupoli. fasc. I.
kritischen bebandluDg zu unterziehen. I 1, 31 ist Keller mit recht
Brückner gefolgt und hat die worte KQTiiTOprjcac . . Tpir|p€ic als
glossem eingeklammert, damit ist noch nicht genug gethan , auch
die Worte ^v TOÜTi|) bk f\Kov o\ bidboxoi Tiöv CupaKOciuJV elc
MiXnTOV Kttl irap^Xaßov idc vaOc kqI tö CTpiieufia sind zu tilgen,
die ankunft der neuen feldherrn ist bereits § 29 erzählt: beofi^vujv
ffieivav ?ajc dcpiKOVTO o\ dvx* ^Kcivujv CTpaniTOi. mit diesen
Worten wird ein factum , nicht eine Verabredung berichte t^ Breiten-
bachs anmerkung : clujc dq)iKOVTO : die erfolgte ankunft wird erst
§ 31 berichtet» trifft daher durchaus nicht das richtige, auf die
entfernung des Hermokrates weisen auch die worte diröOricav Tf)v
dnifi^Xeiav usw. hin : denn vermissen kann man nur etwas, was man
nicht mehr hat. wäre in § 29 wirklich nur von einer getroffenen
Verabredung die rede, dann hätten hier auch nicht die namen der
neuen feldherrn genannt werden dürfen , vielmehr wären sie erst in
§ 31 bei der wirklich erfolgten ankunft anzuführen gewesen. —
Auch in der gestalt, welche Keller gibt, kann I 4, 13 noch nicht
genügen; die worte Kai fiövoc sind in dem satze Kai fiövoc ou
biKaiuJC (pÜTOl nicht recht verständlich , obwohl doch offenbar auf
ihnen ein besonderer nachdruck liegen soll , wie aus der gegenredo
ersichtlich ist: § 17 ÖTi tOüv TTapoixo)i^vuüv aÖToic KaKiIiv fiövoc
aliioc €iTi , Ttüv T€ (poßepujv övTUiv Tfj iröXei T€v^c9ai fiövoc kiv-
buveucai f)T€fiuJV KQTacTfivai. wie Riemann vermutet, haben die
abschreiber eine lücke des archetypus auf eigne band ergänzt, da-
durch sind wahrscheinlich ursprüngliche worte des textes verdrängt
und andere von ihrem platze verschoben worden, ich schlage dem-
nach vor folgendermaszen zu lesen : o\ fiiv übe KpdriCTOC eir\ tüüv
iroXiTiöv Kai fiövoc <ol6c t€ ctucai Tf|v 7t6Xiv> (vgl. § 20),
diTißouXeuGeic bk uttö toIv . . TroXiTeuövTUJV oö biKaiujc cpÜTOi.
eine fremde zuthat enthalten die worte ^Kcivou dei TÖ KOivöv
aöHovTOC Kai dirö täv auioO Kai dnö toO jfic ttöXcujc öuvaioO,
die das verhalten des Alkibiades noch einmal in scharfen gegensatz
zu dem treiben der gegner (und tüüv . . itoXit€UÖvtu)v) bringen
sollen, mit tö koivöv bezeichnet Xen. sonst die gemeine als leitungs-
behörde (II 4, 37. 6, 4. VI 1, 2. 5, 6. VII 1, 32. 4, 34. 35. 38. 5, 1.
Anab. V 6, 27. 7, 12); hier kann darunter nur der gesamte staat
verstanden werden, anstosz darf man wohl auch an der Zusammen-
stellung von dnö toO tt^c iröXeujc buvaTOU mit dnö tujv ^auToO
nehmen, danach kann es nicht in der gewöhnlichen bedeutung ^nach
kräften, nach möglichkeit* (vgl. I 6, 7 koto tö feuToO öuvaTÖv
p 6, 14 elc TÖ K61V0U buvaTÖv], Anab. IV 2, 23 ^k tüüv buvaTüüv)
gefaszt werden, sondern musz übersetzt werden : 'aus den mittein
der Stadt.* — I 6, 17 hat Keller mit recht an KaTaKUjXuGeic fest-
gehalten (Simon KaraKUKXujOcic, Portus KOTaKXeicOeic). Konon
wurde nicht eingeschlossen, sondern seiner flotte wurde die ein-
fahrt in den hafen verlegt, vgl. Demosth. 53, 13 KaT€Ku;Xu9r) toO
de CiKcXiav ttXoO, Xen. Anab. III 3, 3 i^v bi Tic fifiäc Tflc 6boO
FReuBB: ans. t. GJorio codici ignorati nelle bibl. di Napoli. fasc. I. 173
diTiKwXui). — I 6, 21 schreibt Keller mit Göller direiTÖfievoi für
dif€ipö|ievoi (HoflfmaDn dY€ipöfi€VOi), aber neben idc t€ ÄTKupac
ä7TOKÖTrrovT€C ist direiTÖfievoi zu farblos, auch wird der begriff der
eile schon genOgend durch das folgende TCrapaTfi^voi angedeutet,
ich nehme an, dasz ursprünglich der text lautete: Tdc T€ äxKupac
dTTOKÖTTTOViec Kttl <TOÜc kTouc> dTTaip6fi€voi dßoriGouv T€TapaT-
fi^voi, vgl. Xen. Hell. VI 2, 29 aipöfievoc touc IctoOc, Polybios
I 67, 7 t6 bi XoiTTÖv TrXfiGoc dirapdjLievGV toiic Ictouc direxu^pei.
war einmal ^Y€ipöfi€VOi (vgl. § 20 dveirauovTo) für diraipöfievoi
geschrieben , so wurde touc Ictouc unverständlich und wurde des-
halb von dem abscbreiber ganz beseitigt. — I 7, 14 scheinen die
Worte Td aöid, welche bei Athenaios V 117^ fehlen, keine ge-
nügende erklärung zu finden, mit Breitenbachs anmerkung crd
auTd verständlich durch das vorhergehende tQ auT^ M^H^H^ Kp(-
vecOai» ist nichts gewonnen, die worte müssen den inbalt des
KttTTiTOpeiv angeben , nicht die forderung des redners (elnövTOC Kai
TOÜTOUC T^ aÖT^ M^ncptp Kplv€c9ai). der redner erhebt nur seine
beschwerde, die aufforderung gegen die prjtanen einzuschreiten
spricht erst die menge aus: o\ bi. dßduiv KaXeTv touc du 9dcK0VTac.
entweder hat man Td auTd zu streichen: ^als die prjtanen sich
weigerten, sprach Kallixeinos gegen sie', oder man hat dafür TauTa
zu setzen: Varf Eallizeinos ihnen dies vor.'
II 3, 1 und U 3, 10 hat man ''€vbioc als namen des ephoren
hergestellt, die hss. überliefern an erster stelle €ubiou, an der
zweiten BCFM eöbiKOC, V ^KbiKOC, D TTpöbiKOC. der name
"Gköikoc kehrt auch IV 8, 20 ff. wieder; entweder "Gköikgc oder
eöbiKOC (V4, 39 Toiv 7T€pio(KU)V ?va, GöbiKOv) ist auch II 3, 1 u. 10
zu schreiben, einen ephoren ""Gvbioc erwähnt Thuk. VIII 6, 3 und
12, 2 (Diod. XIII 52, 2), bei Xenophon werden II 3, 10 nur die
eponjmen aufgezählt, dasz Endios, der anhänger des Alkibiades,
gerade im j. 404/3 als fqpopoc diT(JüVU|Lioc fungierte, hat wenig Wahr-
scheinlichkeit für sich. — II 3, 34 schreiben Dindorf und Cobet
dK€i, während Liebhold mit tilgung von t€ Tf|V dpxrjv statt ^Kcivi)
den acc. ^kcivtiv liest, am nächsten liegt m. e. die zufügung von
iv: ei b' dv iKcivq dh. t^ AaK6bai|iOviaJV iroXiTclqi* vgl. Aristot.
TTOX. *A0. 6 TOiaUTTlC TT^C TdECUJC OÖCT]C dv T^ 7T0XlT€l<jl. — III 4, 2
halte ich in den Worten o^i Tdc TraTpiouc iroXiTeiac TraprJTTCiXav
die ergänzung eines begriffes wie dnobouvai für erforderlich: cH
Tdc TraTpiouc iroXiTcCac <d7Tobo0vai> irapriTTCiXav. — III 4, 8
widerspricht der starke aasdruck ffirivc dem folgenden IbriXuJcev
ucTCpov, weshalb Übelen denselben in fbaxvc ändert. Plutarch
Lys. 23 schreibt: Trpoc90iTd>VTec . . i^viujv töv *ATTiciXaov. so
dürfte wohl auch bei Xen. zu lesen sein: TauTa fi^v oCv i^viace
töv 'ArnciXacv, vgl. V 4, 33 Kai i^viacc fifev €lc Td IcxaTa töv
*ApxibajLiov. — III 4, 5 sind die worte ificnep Kai Tdc iv t^ nap*
fULiiv *€XXd{)i als ein einschiebsei anzusehen. Agesilaos fordert:
aÖTOv6|üiouc Kai Tdc tv tQ ^Acicji nöXeic elvai, Ages. 1, 10 dcpeOfivai
174 FHeuss: anz. v, GJorio oodici ignorati Delle bibl. di Napoli. fasc. t.
aiJTOv6|iouc xdc ^v ttj *Aciqt ttöXcic 'GXXrivibac , Plut Agea. 9 ujc
Tctc TTÖXeic atiTii» tdc 'EXXrivibac a^ncovioc aÜTOvö/iouc ßaciX^ujc,
Poljainoa II 1, 8 öcai iröXi^ic 'EXAriviöec iv 'Acia, Kai hr\ aiiTO-
vö^ouc dqpeivai. wenn hier der zusatz '€XXr|vi2>€c den schriftstelleni
notwendig schien, wie kann Xen* 'Acici als einen teil von Gesamt-
hellas der '6XXdc nap* f^uiv gegenüberatellen? von einer auto-
nomie der hellenischen slädte kann vor dem Äctalkidas- frieden
nicht die rede sein; darum seheint auch in diesem Irrtum sich die
verbessernde band eines gloasators in offenbaren, möglicherweise
sind durch diesen zusatz Xenophona werte noch weiter entstellt
worden und diese lauteten ursprünglich: 6 bk elrrev (forderte)
auTOVOjiouc idc dv tq 'Aciot ttöXcic <;'6XXTivibac (i(p>eTvai. aus
Äges* 1, 7 dürfte auch Hell* III 4, 6 dvil toO eipr|VTiv ?x^iv in
dvti TOÖ eiprivTiv npdTT€iv /u verbessern sein. Tissaphernes bat
versprochen für den frieden zu wirken (?j pfjv irpdgeiv dboXuJC ifiv
eipiivriv), hält aber dies versprechen nicht, sondern betreibt die
rüstungen zum kriege* directo Feind Seligkeiten läszt er sich da-
gegen nicht zu schulden kommen, daher kann ihm nach dieser seita
hin (dvil TOÖ €ipr|vr|V Ixetv) auch kein Vorwurf gemacht werden. —
Ein fremder bestandteil hat III 5, 19 mit den Worten örrÖTepa p^v
OÖV • . *AXiapTiuJV in unserm texte aufnähme gefunden* scbon die
form des satzes erinnert an die ähnlich eingeführten glossen , die
sonst bei Xen, nachgewiesen sind (vgl, Anab, II 6» 4 öwoioic ^kv
Xötoic ua, , Wetzlarer progr, 1887 s* 8); sie erinnert auch an eine
in scholien (zb. IliasschoHen) nicht unbeliebte form ÖTTOTCpa , .
dbiiXov, in den überlieferten Worten wird auf zwei verschiedene
relationen bezug genommen, die eine (eiie Xaööviec) ist anscheinend
die auch von Plutarcb Lys. c. 28 vertretene. Plutarch und Pausanias
weichen in ihren angaben mehrfach von Xenophon ab : Hell* III 5, 1
dv Srißaic *AvbpOKXeibi5t kui 'IcprivEct xai raXagibaipuj » dagegen
Paus. 111 8,9 dv Grißaic 'AvbpOKXcibac kqi 1cpr|viac Kai 'Ap(p(9€jLiic.
Plut. Lys. 29 Tüüv TTcpi 'AvbpOKXeibav Kai 'Apcpi0€ov. Hell. III 5, 2
*A0T)vaioi bi Kai ov |i€iaXaß6vT€C toutou tou xpuciou usw. Paus,
ao, MeWcxe b^ Kai'AGr|vaioc Ktq)aXoc KarGTriicpdiric. Plut Ages. 15
TOCOÜTUJV Tdp €k *AOrivac Kai Önßac Ko^icOevTUJV Kai biaboOcvtiuv
ToTc bqpaTUJTOic. so Itann auch bezüglich der schlaiht eine doppelte
Version bestanden haben : nach der einen rückten die Thebaner nur
aus der Stadt, nach der andern faszte eine zweite auszerhalb der
mauern stehende abteilung die Lakedaimonler im rücken* über den
Bchlachtort selbst aber herscht keine meinungsverschiedenbeit, des-
halb ist die bemerk ung, welche in unsorm texte folgt: toOto b* oöv
cai|>€c» ÖTi napd tö leixoc f\ ^dxn iyiv^ro' Kai Tpöiraiov ?cttik€
Tipöc Tdc TTuXac TU)v 'AXiapTiu>v sehr überfiüssig. Xenophon, der
im nächsten jähre selbst in Boiotien im felde steht» konnte es nicht
einfallen, etwas selbstverständliches seinen Zeitgenossen durch den
Standort des rpOTratov erweisen zu wollen; solche angaben gehören
erst einer i^pätern zeit an.
FReu88: anz. v. GJorio codici ignorati nelle bibl. di Napoli. faec. I. 175
In IV 2, 10 widerspricht die von den hgg. gebilligte lesart
i£Qcav der folgenden rede des Timolaos, welche die kriegserklärung,
aber noch nicht den beginn der feindseligkeiten und der Operationen
voraussetzt, auch hier hat man, wenn diese Voraussetzung zutrifft,
an der Überlieferung des B festzuhalten und 1T6X€^ov zu derselben
zu ergänzen : inä bk dHriv€TKav jiifev <Tr6XejLiov> oi AaKebai^övioi
(III 5, 1. IV 8, 6. V 1, 34. 2, 34). — IV 3, 21 hat Morus toiv U
TTJc Xeiac in toiv Ik iflc 'Aciac geändert, nach dem überlieferten
texte würde man annehmen müssen , dasz die in Boiotien gemachte
beute gemeint sei ; nur aus Plutarch Ages. 19 Kai Tf)v bexaTTiv äir^Oue
TOIV ^K Tflc 'Aciac Xacpijpuiv ^kotöv raXdvTUJV Tcvcfi^viiv und Xen.
Ages. 1, 34 ujCT€ i\ buoTv ^toTv ttX^ov tujv ^Kaiöv xaXdvTUJV
Tifi Oeuj iv AeXcpoTc beKarriv dTToOCcai würde man den wahren
Sachverhalt sich erschlieszen können, die Verbesserung erscheint
mir so evident (ACIAC — A6IAC), dasz ich die bedenken der hgg.
dieselbe in den text aufzunehmen nicht begreife. Plutarch schreibt
Xen. hier wörtlich aus, daher ist man berechtigt noch weiter als
Morus zu gehen und auch XacpupuJV aus Plutarch herüberzunehmen :
bCKdinv TiLv ^K TTJc 'Aciac Xacpupuiv toi 0eiu d7r^0uc6v ouk dXdTTui
^KttTÖv TttXdvTUJV. — Während in IV 8, 15 BFMDV auTOVÖ^ouc
Tdc vrjcouc elvai bieten , ist in C zu xdc vrjcouc noch xdc iröXeic
hinzugefügt. Dindorf folgte der Überlieferung der bessern hss.,
Keller entschied sich dagegen für C. es werden die einzelnen punkte
besprochen, welche den vertragschlieszenden mächten besorgnisse
erweckten: Athen hatte nur für die untergebenen inseln, die Boioter
für die städte zu fürchten, da letztere für die Athener gar nicht in
betracbt kamen , so ist man nicht berechtigt die Überlieferung der
bessern hss. gegen die einer untergeordneten aufzugeben.
Mit V 1, 35 AaK€bai|ioviouc fifev bf\ . . (36) dK KopivGou ist
es nicht besser bestellt als mit V 3, 27 — 4, 1, deren beseitigung
Hartman mit recht fordert, es werden die vorteile, welche der
Antalkidas- frieden Lakedaimon brachte, aufgezählt, ohne dasz irgend
eine wesentliche neue angäbe gebracht wird, schon in den einleiten-
den Worten befremdet die gegenüberstellung der Lakedaimonier und
Athener, als ob es sich im boiotisch-korinthischen kriege in erster linie
um einen waffengang zwischen diesen gehandelt hätte, formell ent-
halten eine höchst eigentümliche ausdrucksweise die werte fierd
TÖv öcxepov TTÖXefiov rfic Ka0aipdceuüc toiv 'A0tiVTici t€ix»öv auiT]
irpiJüTTi elprjvT] dif^veTO, sachlich sind dieselben gleichfalls unrichtig,
da sie den frieden des j. 403 (II 4, 28 — 39) ganz auszor betracbt
lassen, auf die werte ^TriKub^CTepoi dT^vovTO ^K ttjc In* 'AviaX-
Kibou €lprivT]C KaXoufidvTic soll Isokrates paneg. 139 dmKubdcT€pa
Td TTpdTjUCtTa toutujv diroiiice bezug nehmen, indessen spricht Iso-
krates hier gar nicht vom Antalkidas-frieden , und seine angaben
sind viel zu allgemein, als dasz sie zu jener annähme berechtigten,
dem sonstigen gebrauche Xenophons liegen weiterhin ausdrücke wie
dvTippÖTTiüc TOic dvavTioic TTpdTTOVT€C und diriKub^ciepoi fem,
176 FRease: anz. v. GJorio codici igiiorati nelle bibl. di Napoli* fasc. I«l
letzteres gehört einer sp^tero zeit und ist besonders bei Polybiosl
sebr beliebt (I 39, 6, V 23, 2, 69, 11 uö.)- nachdem Xen. aus-
führlich die geschichte des An talkidas- Friedens erzählt bat, erscheint
mir auch die bezeichnung desselben ah f\ in* *AvTa\Kibou eipr)vr|
Kakoup€VT] verdächtig, so wird er voo spätem Schriftstellern bei
flüchtiger trwähnung kurz bezeichnet: Demostb. 20, 54, PoljrbioB
I 6, 2 Trjv dir* 'AvTaXxibou XetOM^vrjV £iprivT]V| IV 27, 5. die be-
deuiung von auTÖV0|i0C| das nicht identisch mit eXeüBepoc ist
(III 1, 20 TOüc TToXiiac eXcu0£pbuc küI aÜTOVÖpouc iäv), schliesit
den Zusatz diiö tujv önßctiuJV aus, weshalh auch VII 1, 36 dirö TUJV
AaKe6ai|iO villi V getilgt werden musz. an den werten ^iraucav * .
Kopiv6ou hat auch Hartman anstosz genommen, desgleichen Laves
an cppODpav <pf|vaVTec . * KopivGou, die sicher logisch nicht correct
sind und etwa dTTeiXricavTec oder TTpoemövt£C cpaveTv lauten müsten.
— VI 1, 12 können neben eyKaTfepTöCTOTepov die worte t&tii^koov
7roil^cac6at nicht stehen bleiben y da sie ganz dasselbe noch einmal
ausdrücken, vgl Plut. Pyrrhos 19 ujutiiiv UJC TTCtciv €UKaT€pfäcTUJV.
Die ermordnng des ijrannen Alex and ros von Fherai setzt Diodor
ins j, 357/56. diese datierung hatte ich jahrb« 1892 s. 94 als mit
Xenophon vereinbar hingestellt, diese annähme wird auch durch
Cic> de dip. I c. 25 empfohlen« an der Unternehmung Diona, die im
august 357 von Korkyra aus veranstaltet wurde, nahm Endemos,
der freund des Aristoteles, teil (Plnt. Dion 22). nach der erzllhlung
des Ari&toteles erkrankte derselbe auf einer reise nach Makedonien
in Pherai und hatte daselbst ein traumgesicht, das ihm selbst die
rückkebr in seine beimat nach fünf jähren, dem tyrannen aber bal-
digen tod ankündigte, dasselbe gieng in erfüllung, doch ßel Eudemoa
vor Syrakus. wir haben die erzählung nur unvollständig, dürfen aber
wohl voraussetzen, dasz sieb der träum auf ein bedeutsamei^s ereignis
als eine reise nach Makedonien bezieht » dh. auf die teilnähme des
Eudemos an dem kriegszugo Dions, der tod desselben müste dem-
gemäsz ins j. 353/62 gesetzt werden, vermutlich ist er um diese zeit
im kämpfe gegen Kallippos gefallen: Diod. XVI 36, 5 iv bi taiC
CupaKOucaic cidceujc T€vopivr|c toic Aituvoc cpiXoic npöc KdX-
XiHTiov und o\ plv ToO AIüjvoc cpIXci fimieiVTec fcputov 6ic touc
AccvTivouc. damit würden wir ein positives Zeugnis für die chrono** A
logie Diodors gewinnen* ■
Die fehler in der Überlieferung Xenophons sind zum teil sehr
alten datums ; wenn in unsern hss. V 4, 8 dvaTKaiov statt dvdKeiov
steht, so teilen sie diesen irrtum schon mit den hss. Harpokrations
(u* dvatKaiov). für die hersteltung des ursprünglichen textes ge-
winnen wir leider auch durch die hs* X nichts, da dieselbe nur die
uns schon bekannte Überlieferung vertritt» gleichwohl sind die unter»
suchungen Jorios nicht unverdienstlich und dürfen für ihre sorgftil-
tige und sichere bandhabung exacter methode anspruch auf unsere |
anerkennung erheben.
Tft^RBACB AN DEfi MOSSL. FRIEDRICH RsUBS.
JGeffcken: die gründang von Tarent 17?
23.
DIE GRÜNDUNG VON TARENT.
Die gründung von Tarent darf noch immer ein problem heiszen.
viele hjpothesen sind darüber aufgestellt worden, keine einzige
combination hat aber bisher eine wirklich befriedigende lösnng zu
bringen vermocht, so viel freilich sieht jeder anf den ersten blick
sofort: etwas musz zu jener, noch dazu schwer bestimmbaren zeit
faul im Staate Lakedaimons gewesen sein, wo nun dieser wunde
punkt gewesen , ob im eherecht oder in den socialen verhftltnissen
oder sonstwo, darüber wird hin und her gestritten, in dieser fülle
der meinungen ist denn auch schon die erklärung gefallen, dasz eine
lösung der aufgäbe überhaupt nicht möglich sei. ' solchen Pessimis-
mus halte ich denn doch noch nicht für angebracht, ich möchte
hier die behauptung wagen , dasz ein fortschritt über das reine ver-
muten hinaus im bereiche der möglichkeit liegt, philologie, sagt
Nietzsche, ist langsam lesen, wenn wir die vorhandenen quellen
noch langsamer lesen als bisher geschehen , wenn wir dann das er-
gebnis dieser arbeit in gröszerm zusammenhange, in Verbindung mit
der altem geschieh te der Peloponnesos überhaupt betrachten, so
läszt sich vielleicht ein resultat erzielen, das nicht gleich in die
rumpelkammer unzähliger subjectivismen , an denen die geschichts-
forschung so reich ist, geworfen zu werden braucht.^
Es gilt also eine erneute prüfung der Zeugnisse; sie soll uns
die Zuverlässigkeit der quellen selbst, soll uns die entstehung der
legende lehren, da zeigt nun eine kurze durchmusterung des Stoffes
gleich, dasz zwei berichte im Vordergründe stehen müssen, die er-
Zählungen des Antiochos und des Ephoros; was sonst vorhanden
ist, kann, wie sich bald herausstellen wird, nur eine nebenroUe
spielen, da nun beide darstellungen in ihren beziehungen zu einander
besser im zusammenhange behandelt werden, so lasse ich sie hier
ohne Unterbrechung auf einander folgen.
Antiochos (Strabon 278): 'als der messenische krieg ge-
wesen, wurden die Lakedaimonier, die nicht am heerzuge
teil genommen hatten, für sklaven erklärt und Heloten ge-
nannt, die kinder abor, welche vjrährend des feldzuges geboren wur-
den, nannte man TTapGcviai und erklärte sie für ehrlos.' die jedoch
1 Busolt griech. gesch. I 157. ' über die ganze geschichte Tarents
vgl. die sorgfältige abh. von Döble: geschichte Tarents bis anf seine
unterwerfang unter Rom (progr. d. Lycenms zn Straszburg i. E. 1877).
die abh. von Lorentz de origine yeterum Tarentinorum ist mir leider
nicht zugänglich gewesen und nur durch Dohle, der seine Vorgänger
eingehend würdigt, vermittelt worden. Lorentz schrift de civitate
veternm Tarentinorum hingegen habe ich benutzen können. ' für
das öcoic bk KaxA ti?)v cxparciav iralbcc ^t^vovto, TTapOcviac ^KdXouv
der meisten hss. lese ich mit zwei späten, die m. e. richtig conjicieren,
öcot bi, öcoic bi liesze nach grammatischer interpretation nur die er-
Jahrbficher fBr clast. philol. 1893 hA. 8. 12
178 JGeffckeu : die grüDduug von Taren t.
ertrugen das nicht — ihrer waren aber viele — und sannen schlimmes
gegen dievomdemos. da man dies nun merkte ^ stiftete man
heimlich einige an , die unter dem verwände der Freundschaft die
maszregeln der Verschwörung verraten sollten, unter diesen war
auch Phalanthos, welcher ihr (dh. der verschworenen) führer zu sein
schien, aber nicht in allem mit dem über die Verschwörung verab-
redeten^ einverstanden war. man hatte nun bestimmt, an den
Hyakinthien im Amyklaion, wenn der agon zu ende gienge,
in dem augenblicke, da Phalanthos den heim aufsetzte, den angriff
zu eröffnen, kenntlich aber waren die vom demosander
h aar tr acht, als aber Phalanthos freunde diese Verabredungen
heimlich gemeldet hatten' und der agon im gange war, da trat der
herold vor und sagte, Phalanthos solle den heim nicht aufsetzen,
nun merkten die Verschwörer dasz der plan verraten sei und liefen
teils auseinander, teils baten sie um gnade, man hiesz sie aber ge-
trost sein und übergab sie der bewachung, Phalanthos jedoch
schickte man zum gotte wegen einer colonie. der nun gab den
Spruch: Caiupiöv toi bujKa Täpavxd le niova bf^jüiov | olKficai
Ka\ TTf)|üia NaTTUT6CCi t^v^cOai die Parthenier giengen also mit
Phalanthos, und die barbaren und Kreter, welche vorher den ort
besetzt hatten, nahmen sie auf. das sollen aber die mit Minos nach
Sikelien gefahrenen sein, welche nach dessen in Kamikos bei Eokalos
erfolgtem tode sich aus Sikelien entfernt hatten , auf dem rückwege
jedoch hierher verschlagen waren , und von denen einige später zu
fusze den Adria bis Makedonien umwanderten und den namen Bot-
tiaier empfingen.'
Die darstellung des vielgelesenen Ephoros musz man sich
aus zwei auszügen zusammenstellen, aus dem bei Strabon 279 er-
haltenen fragmente und aus Trogus lU 4, 1 ; beide ergänzen sich in
durchaus notwendiger weise. ^ wir erhalten somit die erzählung:
klftmDg sQ, dass diejenif^en, welche im feldzuge kinder bekommen
hätten, Parthenier genannt worden wären, noch eine andere deutung
ist hier gleich von vorn herein absaweisen. Döble ao. s. 7 nnd
Bnsolt ao. I 156 na. glauben, dasz die Parthenier kinder der am feld-
zuge nicht teilnehmenden, später su Heloten gemachten seien, das
geht in keiner weise, die kinder der so degradierten wären doch natür-
lich wieder Heloten, dh. eo ipso dri^ot gewesen, denen hätte doch die
benennnng TTapOcviai keinen besondern schimpf mehr anthun können.
^ wie schon Oroskurd bemerkt, ist der text durch das fehlen der
bezeichneten subjecte entstellt, so fehlt s. 383, 1 Mein. oOtoi nach
alc66^€VOi, ebd. 12 musz man ergänzen et ^irißouXcOcavTCC , 14 besieht
sich das K€X€i)cavT€C natürlich auf die SpartiatfU. ^ Totc ircpi Tf)c
ßouXf^c övoMac6€Ui fast alle hss., nepl Tf)c ^inßouXf)c voMicOetct Korais.
• ^HaYTciXdvTUJv bi tivujv Xd6pa . . tcIiv irepi 0dXav9ov — ^Hair-
t€(XavT€c bi Xd6pa . . rduv ir. O. hss. ^EaTT^iXdvTUJv bi XdOpa . . Tubv
IT. <t>. Korais. Phalanthos freunde bezeichnen natürlich nicht die Ver-
schwörer, sondern wie oft eine nächste Umgebung. ^ aus dem um-
stände, dasz Ephoros bei Strabon nur von der tötung des Teleklos als
grund des messenischen krieges spricht, während Trogus von der
Schändung der lakonischen Jungfrauen redet, hat man mit unrecht auf
JGeffcken: die gründong Yon Tarent 179
*die Lakedaimonier bekriegten die Messeniery weil diese bei einem
messenischen feste lakonische Jungfrauen geschändet und dabei den
könig Teleklos erschlagen hatten, sie schwuren aber nicht eher
nach hause zurückzukehren, als bis sie Messenien yemichtet hätten,
oder alle zu fallen, als wSchter der stadt hatten sie nun beim aus-
zuge die jüngsten und die Sltesten bürger zurückgelassen, nach zehn
kriegsjahren aber kamen die frauen der Lakedaimonier zusammen
und schickten aus ihrer mitte einige zu den mSniftm, um diesen
vorwürfe zu machen^, dasz man nicht mit gleichen kräften gegen
die Messenier krieg führe ; diese nemlich blieben im lande, erzeugten
kinder und ersetzten durch der weiber fruchtbarkeit den abgang an
junger mannschaft ', wfthrend sie selbst ihre weiber als witwen leben
lieszen und im feindlichen lande lagerten, so wäre die gefahr vor-
handen , dasz dem vaterlande die mftnner mangelten, da schickten
die Lakedaimonier, indem sie zugleich den eid hielten und der
weiber Vorstellungen beherzigten , vom beere die kräftigsten und
jüngsten, die als kinder noch nicht am eide teil genommen hatten
und als ersatz gekommen waren. ^^ sie gaben diesen aber den befehl,
sie sollten alle den mädchen insgesamt beiwohnen, dann, glaubten
sie, würde es mehr kinder geben.'* dies geschah, und die kinder
hieszen Partheniai. — — (280) Messenien verteilten sie nun , zu
hause angekommen aber ehrten sie die Parthenier nicht gleich den
andern , da sie nicht aus richtiger ehe stammten, diese jedoch, zum
alter von dreiszig jähren gediehen , fürchteten den mangel , da kein
vater für sie vorhanden war, der ihnen ein erbgut vermacht hätte,
verBcbiedenheit der qaelle geschlossen, dasz beide gründe zu ver-
binden seien, ist mit beruf ung auf Strabon 257 und 362, wo gewis
Ephoros vorliegt, und Pausanias IV 4, 2 von Enmann in seinem vor-
trefflichen buche 'Untersuchungen über die quellen des Pompejus Trogns
für die griech. und sicil. geschichte' s. 124 ff., wie mich dünkt, er-
wiesen worden, auch deutet darauf hin Strabons T^iXckAcv €lc Mcccnvrfv
d(piKÖM€vov ktti 6uc(av in Verbindung mit Trogus in sollemni Messe-
ftionttn,
^ Strabon: ir^^ipai Tivdc . . Tdc ^c^MiOM^vac. Trogus: cum, . querellis
uxorum . . revocareniur. * Strabon : ol \it^ ydp ^^vovT€C TCKVOiroioOvrai,
oi ti xnp<ic dq>^vT€c Tdc T^vatKOc iy t^ iroX€^((]i kTparoir^cucv.
Trogns : quippe Ulis quantum iuventutis hello intercidat mulierum fecundiiaie
supplerif sibi et in bellis damna adsidua et fecunditatem uxorum ahscntibus
viris nuUam esse, ** das Strabonische b\ä TÖ irotl6ac ^Ti övrac cuvcH-
eXOCtv TotC ky i^XiKiqi ist unsinn, widerspricht dem oben gesagten
(pOXaKac . . Tf)c nöXcujc KaT^Xiirov . . toOc tc veujTdTouc Kai irpecßu-
rdrouc . . so eigentümlich es klingt, es musz hier eine negation aus-
gefallen sein, mit unbedingter notwendigkeit ergänzt an dieser stelle
Trogus Strabon zum ganzen Ephoros: Strabon hatte die Jünglinge als
besatzung zu hause bleiben lassen, nachher aber werden sie doch aus
dem lager entlassen; Trogus erzählt, sie seien später nach dem eide
zam ersatz nachgeschickt. ** Strabon: i^ToO^cvot iroXuT€KVi^C€iv
fidXXov =3 Trogus: maturiorem futuram conceptionem rati^ si eam singulae
per plures viros experirentur, übrigens ist Trogus ungenau, wenn er
von allen feminae spricht; dagegen redet ja schon der name der Par-
thenier.
12*
172 FReuBss ans. v. GJorio codici ignorati nelle bibl. di Nui
kritischen behandluDg zu untergeben. I 1» 31 ist Keller
Brückner gefolgt und hat die worte KairiTopricac . , xpil
glossem eingeklammert, damit ist noch nicht genug getbJ
die worte ^v TOÖTiu 6€ f|KOV oi bidboxoi tiXiv CupaKoj
MiXtiTOV Kol irap^Xaßov rac vaOc Kai t6 CTpdTtujia sind
die ankunft der neuen feldherrn ist bereits § 29 erzählt: b^
^^€ivav ?Luc ötpiKoVTO Ol dvT* ^iceivuuv CTpaTTiToi« niii
Worten wird ein factum , nicht eine Verabredung berichtet,
bachs anmerkung; «euuc d<piKOVTo: die erfolgte ankunft
§ 31 berichtet» trifft daher durchaus nicht das richtige,
entfernung des Hermokratea weisen auch die worte ^TtÖOil^
ini/iCXeiav uaw. hin: denn vermissen kann man nur etwas,
nicht mehr hat, wäre in § 29 wirklich nur von einer ge
Verabredung die rede^ dann hätten hier auch nicht die nad
neuen feldherrn genannt werden dUrfen , vielmehr wären siel
§ 31 bei der wirklich erfolgten ankunft anzuführen gewed
Auch in der ge&tult, welche Keller gibt^ kann I 4, 13 nocl
genügen; die worte küi ^övoc sind in dem satze Kttl jiOl
blKaiuüC q}UYoi nicht recht verständlich, obwohl doch offenl|
ihnen ein besonderer nachdruck liegen soll, wie aus der geg
ersichtlich ist: § 17 öii tüjv irapoixo^^vujv auTOic KaKÜüv|
aiTioc t(r\ , Tujv te cpoßcpuüv övtuüv ttj iröXei T^vecBai ^6vc
buvcücat ^Yepujv Kaiacifivai. wie Kit- mann vermutet, babä
abschreiber eine lUcke deä archetypuä auf eigne band ergänzi
durch sind wahrscheinlich ursprüngliche worte des textes verd
und andere von ihrem platze verschoben worden, ich schlagt
nach vor folgendermaszen zu lesen: o\ ^Iv Uüc KpaiiCTOC €.\i
1T0XlTU>V KOI ^övoc <oiöc TC cujcai rfjv TToXiv) (vgl. §1
iTrißouX€u0€k hi \)k6 tujv . * ttoXitcuövtijjv ou biKaiuJC
eine fremde zuthat enthalten die worte ^KCivou äei td K^
auEovToc Kai öttö xuiv auiou Kai qtto toö tiic ttöXcujc buv^
die das verhalten des Alkibiades noch einmal in scharfen gegc
zu dem treiben der gegner (uTtö tujv . . noXiieuövTUJV) brJ
aollen, mit TÖ KOivöv bezeichnet Xen, sonst die gemeine alsleitj
behörde (II 4, 37, 6, 4. VI 1, 2. 5, 6. VII 1, 32. 4, 34. 35. 38/
Anab. V 6, 27, 7, 12)^ hier kann darunter nur der gesamte (
verstanden werden, anstosz darf man wohl auch an der zusan
Stellung von diro toö ttjc noXeuJc buvaTou mit dnö tujv ifi
nehmen, danach kann es nicht in der gewöhnlichen bedeutung]
kräften, nach möglicbkeit* (vgl. I 6, 7 Kaid tö touTOÖ hxi
p 6, 14 eic t6 Ktivou buvaTÖv], Änab. IV 2, 23 iK TÜuv buvc
gefaszt werden, sondern musz Übersettt werden: 'aus den ml
der Stadt.* — ^ I 6, 17 hat Keller mit recht an KaiaKUiXuÖeicl
gehaUen (Simon KaxOKUKXu^Oeic» Portus KaTaKXeicSeic). Ki
wurde nicht eingeschlossen^ sondern seiner flotte wurde dtej
fahrt in den hafen verlegt» vgl, Demosth. 53, 13 KaT€KUjXu9r]
€tc CiKeXiav tiXoO, Xen. Anab. III 3, 3 f^v bi Tic fijidc Tflc
JGefifcken: die gründung von Tarent 181
geben nur dasz man sich bemüht auch hier einen unverstttndlicb ge-
wordenen namen zu erklftren. uns kümmern hier in erster linie die
Parthenier. man hat geglaubt durch Aristoteles (pol. 1306 ^ 29),
der die Parthenier Homoien nennt, anfschlusz über ihr wesen zu er-
halten, aber über Ephoros und Antiochos führt uns auch diese
notiz nicht hinaus, sie gibt nichts als die tradition, von der wir durch
die beiden historiker künde erhalten haben, dasz die Parthenier sühne
Ton freien waren, so kommt es denn ausschlieszlich auf das ver-
bSltnis der beiden an.*^ welche erzählung nun nicht nur an sich
schlechter ist, sondern auch die jtlngere entstehungsgeschichte zeigt,
das kann einem zwei fei kaum unterliegen, die hauptzüge von
Antiochos darstellung finden sich mehr oder weniger verändert auch
bei Ephoros vor. wir bemerkten nun oben (anm. 4), dasz Strabons
auszug aus Antiochos etwas defect sei , seine ganze fassung macht
den eindruck ziemlich flüchtiger arbeit, es ist denmach nicht aus-
geschlossen , dasz die erz&hlung von den während des krieges ge-
borenen kindem , deren eine grosze menge gewesen , nur eine Ver-
kürzung der ganzen geschichte von den Zuchtspartanern darstellt,
sei dem wie ihm wolle: vorgebildet ist dieser zug der Ephorischen
sage hier sicher: was Ephoros mehr hat, ist phantasie. sehen wir
dann Phalanthos. bei Antiochos klingt alles so weit ganz ver-
nünftig: Phalanthos ist nicht ganz einverstanden mit den Verab-
redungen der Verschwörer^ so bietet er eine handhabe für die gegner.
bei Ephoros steht barer unsinn. denn was will Phalanthos, der ehe-
liche söhn seines vaters , als anführer der jungfemsöhne , die ihre
erzeuger nicht kennen ? " dann haben wir bei beiden zeugen die sehr
tthnliche form , in der die behörden den empörern zeigen , dasz sie
Hesychios n. ^vcOvaKTOi und £trcuva(K)Ta( scbliesze ich mich Dindorf
im ThesAtiras tidw. an.
10 noch einige Zeugnisse mnasen hier erledigt werden, zaerst der
sonderbare bericht bei Dionysios Hai. XIX 1. Epborische züge sind anver-
kennbar. die ^ntfitSiai sind dbidKpiTOi, wie Trogus sagt: nulli enün pater
exUUhaty die kinder werden schlecht behandelt anderseits begatten
sich in gleichem misverstftndnis wie bei Trogus die abgesandten mit
allen weibern. dnnn folgt die sich völlig mit Diodor-Timaios deckende,
ja diese Version noch ausführende orakelgeschichte. ich kann die
quelle also nicht finden, zu dem orakelworte Kai irf^fia lanOrccct
T€V^6at vgl. noch schol. Ljk. 1378 KardHui m^^ara Kapci: es ist con-
ventionelle formel. — Herakleides Pontikos 26 scheint wie schol. Äen,
III &61 an eine erzengung mit sklaven za denken, vgl. schol. Hör.
carwu II 6, 12. über eine andere abieitang des Partheniernamens bei
den Vergilscholiasten wird noch geredet werden, ganz albern ist die
geschichte von der ihren gatten Phalanthos lausenden Aithra bei Pau-
ianias X 10, 6, die ßosolt 1 260 anm. 5 aus Antiochos herleiten möchte»
Dien Chrysost. VII 129 M. endlich und Mazimns Tjrins VI 8 sind
ohne selbständigen wert. '* Döhles einwendnngen gegen Ephoros
ao. «. 6 finde ich nicht stichhaltig, er meint, die Paräenier h&tteo
nicht durch ihre väter überredet werden können auszuwandern, die
unwahrscheinlich keit des ganzen berichieB zugegeben, konnten die
Parthenier in ihrer gesamtheit wohl von der gesamtheit der väter zum
auszöge veranlaszt werden.
172 FEeuBB: ftD2. V. GJorio codici ignorati nelle bibl. di Nupoli. fasc» I.
kritischen behaudlueg zu unterziehen, I 1, 31 ist Keller mit recht
Brückner gefolgt und hat die worte KatriTopilcac . , Tpir|p€ic als l
gloäsem eingeklammert, damit igt noch nicht genug gtitban , auch
die Worte ^v TOiiiuj bfe nKOV o\ biaboxoi tojv CupaKOciuJV eic
MiXT]TOv Kai TTöp^Xaßov idc vaöc Kai tö CTpdteuiua sind zu tilgen,
die ankunft der neuen feldherrn ist bereits § 29 erzählt: b€Ofievu*v
^fieivav 'iüjc d^piKovio oi dvi' Ikcivujv CTpatriToi- mit diesen
Worten wird ein factum, nicht eine Verabredung berichtet, Breiten-
bachs anraerkung: t^yuc dqpiKOVio: die erfolgte ankunft wird erst
§ 31 berichtet» trifft daher durchaus nicht das richtige, auf die
entfernung des Hermokratea weisen auch die worte ^TTÖGricav Tf|Vl
impLeXeiav usw. hin: denn vermissen kann man nur etwas, was man
nicht mehr hat* wäre in § 29 wirklich nur von eiuer getroffenen
Verabredung die rede, dann hätten hier auch nicht die namen der
neuen feldherrn genannt werden dürfen ^ vielmehr waren sie erat in
§ 31 bei der wirklich erfolgten ankunft anzuführen gewesen. —
Auch in der gestalt, welche Kellergibt, kann I 4, 13 noch nicht
genügen; die worte küI |iövoc sind in dem satze xai fiiövoc ou
blKOiuJC qpÜTOi nicht recht verständlich, obwohl doch offenbar auf
ihnen ein besonderer nachdruck liegen soll, wie aus der gegenrede
ersichtlich ist: § 17 ÖTi Tujv Trapoixo|i€vujv aOiok kqkiuv pdvoc
aiTioc ein , TUJV T€ qioßepujv öviujv Tfj ttöXei Y€V^c6ai jiövoc kiv-
buvcucai riTepu^V KOTactTivau wie Ritmann vermutet, haben die
ahschreiber eine lücke des archetypus auf eigne band ergänzt, da-
durch sind wabrscheinlich ursprüngliche worte des textes verdrängt
und andere von ihrem platze verschoben worden, ich schlage dem-
nach vor folgendermaszen zu lesen : Ol |ifev ihc KpütTictoc €ir| iwv
iToXiTÜJV icai fiövoc <oi6c t€ caicai if^v it6Xiv> (vgL § 20),
lwißouX€u6€ic bk imö Tmv . . TroXiTeuövTwv ov biKaiuJC cpuTOi.
eine fremde zutbat enthalten die worie ^Ktivou dei TÖ KOivöv
auSovToc Kttl diro tü5v auiou Ka\ diiö toO rfic KoXewc buvaTou,
die das verhalten des Älkibiades noch einmal in scharfen gegensats
zu dem treiben der gegner (vnö TÜüV * . noXiieuövTUJv) bringen
sollen, mit t6 koivov bezeichnet Xen, sonst die gemeine als leitunga-
hehörde (II 4, 37. 6, 4. VI 1, 2. 5, 6. VII 1, 32. 4, 34. 36. 38. 5, 1.
Anab. V 6, 27. 7, 12); hier kann darunter nur der gesamte ataat
verstanden werden, anstosz darf man wohl auch an der zusammen-
atellung von dnö tou ific nöXeuic buvaioö mit önö toiv ^auxou
nehmen, danach kann es nicht in der gewöhnlichen bedeutung 'nach
kräften, nach möglichkeit' (vgl. I 6» 7 Kaict tö ^auToO buvoTÖv
[I 6» 14 €ic TÖ K€ivou buvaTÖv], Anab. IV 2, 23 ^k tuiv buvaTuiv)
gefaszt werden, sondern musz übersetzt werden: 'aus den mittein
der Stadt/ — I 6, 17 hat Keller mit recht an KaTOKiüXuScic fest*
gehalten (Simon KQTaKUKXujOeic, Portus KaTaKXeicSek). Konon
wurde nicht eingeschlossen, sondern meiner flotte wurde die ein-
fahrt in den hafen verlegt, vgl. Deraostb. 53, 13 xaTtKiJuXuÖri toO.
eic CtKcXiav ttXoO, Xen. Anab. I]I 3, 3 f|v hi Tic f]^äc Tf)c öboÖj
FReoBs: anz. v. GJorio codici ignorati nelle bibl. di Napoli. fasc. I. 173
dTTiKiwXuri. — I 6, 21 schreibt Keller mit Göller dTreiTÖjüievoi für
dT€ipö|üievoi (Hoflfmann dT€ip6|üi€V0i) , aber neben idc le dTKÜpac
dTTOKÖTTTOVTCC ist dTT€iT6|üi6VOi ZU farblos, auch wird der begriff der
eile schon genügend durch das folgende T6TapaT|üidvoi angedeutet,
ich nehme an, dasz ursprünglich der text lautete: Tdc TC dTKUpac
dTTOKÖTTTOviec Kttl <TOÜc kToüc> dnaip6|üi€Voi dßoriöouv leiapaT-
jLievoi, vgl. Xen. Hell. VI 2, 29 aipöjiievoc toüc kioOc, Polybios
I 67, 7 TÖ bfe XoiTTÖv TTXneoc dTTapdjüievov touc Ictouc direxiOpei.
war einmal dT€ipö|üi€VOi (vgl. § 20 dveTrauovTo) für dTraipöjüievoi
geschrieben , so wurde toüc Ictouc unverständlich und wurde des-
halb von dem abschreiber ganz beseitigt. — I 7, 14 scheinen die
Worte Td auTd, welche bei Athenaios V 117*" fehlen, keine ge-
nügende erklärung zu finden, mit Breitenbachs anmerkung crd
aÜTd verständlich durch das vorhergehende tQ auT^ M^il(P4> Kpi-
V€c9ai» ist nichts gewonnen, die werte müssen den inbalt des
KttTTiTopeiv angeben, nicht die forderung des redners (etTTÖVTOC KCl
TOUTOUC T^ auTq Mir)(pqj KpiV€c6ai). der redner erhebt nur seine
besch werde, die aufforderung gegen die prytanen einzuschreiten
spricht erst die menge aus : ol bk dßöiüV KttXeTv toüc oü (pdcKOVTac.
entweder hat man Td aÜTd zu streichen: ^als die prytanen sich
weigerten, sprach Kallixeinos gegen sie', oder man hat dafür toOtq
zu setzen : 'warf Eallixeinos ihnen dies vor.'
II 3, 1 und II 3, 10 hat man ''Evbioc als namen des ephoren
hergestellt, die hss. überliefern an erster stelle eübiou, an der
zweiten BCFM cööikgc, V ^KbiKOC, D irpöbiKOC. der name
"Gköikgc kehrt auch IV 8, 20 ff. wieder; entweder ''Gköikgc oder
6öbiK0c (V4, 39 TUüV TTepioiKUüV £va, Gööikgv) ist auch II 3, 1 u. 10
zu schreiben, einen ephoren "Gvbioc erwähnt Thuk. VIII 6, 3 und
12, 2 (Diod. XIII 52, 2), bei Xenophon werden II 3, 10 nur die
eponymen aufgezählt, dasz Endios, der anhänger des Alkibiades,
gerade im j. 404/3 als fcpopoc dTTUüVUjüiGC fungierte, hat wenig Wahr-
scheinlichkeit für sich. -— II 3, 34 schreiben Dindorf und Cobet
dK€i, während Liebhold mit tilgung von T€ Tf|V dpxrjv statt dKcivi]
den acc. dKeivnv liest, am nächsten liegt m. e. die zufügung von
dv: el V dv dxeivij dh. Tq AaK€Öai|üioviu)v TroXiTeCiji* vgl. Aristot.
iroX. 'AG. 6 T0iauTT]C Tfic TdH€U)c oöcnc dv t^ TioXiTeicji. — III 4, 2
halte ich in den werten o^i Tdc TiaTpiouc TioXiTeiac TrapiiTT€iXav
die ergänzung eines begrififes wie dTioboCvai für erforderlich: ot
Tdc iraTpiouc TroXiTCiac <dTroboOvai> irapriTTei^civ. — III 4, 8
widerspricht der starke ausdruck l|üir)V€ dem folgenden fbiiXuiCCV
licTepov, weshalb Übelen denselben in £baKV6 ändert. Plutarch
Lys. 23 schreibt; irpoccpoiTiüVTec . . i^viiüv töv *ATTiciXaov. so
dürfte wohl auch bei Xen. zu lesen sein: TaÖTa jüitv oöv i^v(ac€
TÖV 'ATPlciXacv, vgl. V 4, 33 xal i^viace ixiv elc Td fcxaia töv
*Apxiba|üiov. — III 4, 5 sind die werte dlcTrep Ka\ Tdc dv t^ Tiap*
f))Liiv *€XXdöi als ein einschiebsei anzusehen. Agesilaos fordert:
aÖTOVöjiOuc Kai Tdc dv t^ 'Mq, ttöXcic eTvai, Ages. 1, 10 dqpeGflvai
184
JGeffckeut die gründung von Tarent.
Über die dorische Wanderung haben sich 'm der letzten zeit
zwei gelehrte veroehmen lassen, Wilamowitz und Deloch'^; nur ihrd
gtimmen dürfen hier gehört werden, beide verwerfen die bequeme
tradition der bandbücber, die daratellung gemächlicher gesehichts-
lectionen, aber in ihren zielen streben sie weit aus einander, denn
während Wilamowitz uns auf neuem wege die spuren echter ge-
schichte in der Überlieferung zu weisen sucht, will uns ßeloch nur
von der Wertlosigkeit jeder tradition überzeugen, uns zum resignier-
ten ^ignoramus' führen, nach Wilamowitz gieng die dorische Wan-
derung« von der Peloponnesos abgewiesen, eroberungs weise zunächst
gegen die inseln« besonders Kreta vor, um dann^ naeb dem angriffe
auf die peripherie das centrum zu gewinnen; nach Belocb^ der übri*
gens die ausführnngen von Wilamowitz nicht berückt-ichtigt hat,
wissen wir von dem ganzen vorgange nicht das geringste; die dar-
über vorhandt^nen sagen seien entstanden aus der empfindung des
gegensatzes zwischen dem Homerischen Griechenland und den spä-
tem zuständen ^°, aus sagen aber geschichte zu destillieren sei falsch
und habe schon za den allerbedenklichsten fehlschlUssen gefUhrL —
£s ist immer sehr interessant zwei so diametral entgegengesetzte
anschautingen so bald nach einander sich entwickeln zu sehen, wel-
cher ausführung die grössere Sympathie sich zuneigen musz, ist un-
schwer zu sagen, so wichtig für die Wissenschaft die abräumung
alter Vorurteile bleibt, so musz doch bei allen denen» die der altern
griechischen geschichte einen neuen tag nahen oder schon leuchten
sehen, derjenige, welcher im gewin'e der tradition die Vereinigungs-
punkte der sage mit spätem historischen realitäten erkennt, den sieg
davontragen über den, der wenn auch mit noch so scharfen gründen
den sagen alles leben absprechen will, aber mit der Sympathie allein
ists freilich nicht geth&n, gründe müssen sprechen* diese können
freilich eine directei schritt für schritt sich entwickelnde Wider-
legung der einzelnÜi Belochschen ansichten nicht enthalten: denn
ein« Widerlegung von principien ist nur in den seltensten fallen mög-
lieb; es gilt wesentlich die positive anschauung zu stüfzen. doch
möchte ich einen kurzen hinweis auf die bedenklichkeit einer der
grundansichten Belochs nicht unterdrücken, die sagen über die Wan-
derung sollen ihre entsteh ung dem wohlempfundenen gegensatze
zwischen Homerischem epos und Wirklichkeit verdanken* 'sagen*
heiszt es schön bei KOMüller (Dorier I 49) ^'geben fast immer nur
das denken über vorhandene zustände, deren wahrer Ursprung in
ihnen nur versteckt und angedeutet Hegt,' gewis, das denken; aber
in alter zeit kann dies denken nur ein naives sein; das denken, aus
dem Beloch die wandersagen ableitet, ist jedoch nicht naiv, sondern
iuszerst reflectiert, ja schon gelehrt zu nennen, Alt hellas darum
** WlUtDowits 'Euriptiles HerakUft* I 26& ff. Beloch tm rbein, maa.
XLV 554—598. ^^ äboUcb Nie«« ''die ent wie kl fing der Homer, poeaie*
a. 252 f.
JGeffcken: die gründang von Tarent 185
kaum zuzutrauen, zum denken über vorhandene zustände gesellt
sich aber noch die erinnerung , die , mag sie so dunkel sein wie sie
wolle, nicht selten doch richtiges enthält, dafür anstatt des hin-
und herredens nur 6in lehrreiches beispiel. keine wandersage kennen
wir so gut; in so manigfacher Überlieferung als die vom Ursprünge
der Schwjzer; keine läszt sich auch so gut controlieren.'* die
Bchwyzer wollen abstammen von Schweden und Friesen, das ist
natürlich unsinn, aber thatsächlich weist dieser mythus wie die
Schweden und Schwyz gemeinsame Tell-Eigilsage auf die gemein-
schaftliche Wanderung der germanischen stamme zurück. Wande-
rungen entwickeln wandersagen, and um über jene ins klare zu
kommen, musz man diese benutzen, darf sie nicht einfach über bord
worfen. "
Indem ich nun, um unserm tarentinischen problem ein besseres
relief zu geben, versuche im anschlusz an Wilamowitz ausführungen
ein bild der dorischen Wanderung zu entwerfen , will ich zuerst ein-
mal zeigen, wie der zug nicht gegangen sein kann, die bisherigen,
vor Wilamowitz und Beloch waltenden anschauungen stellten der
tradition, die im letzten gründe auf ein altes epos, die 'HpaKXeibdiv
*' Vetter 'über die sage ron der herkunft der Bchwyzer oni Ober-
hasler aus Schweden und Friesland* (1877). '^ auf einzelnes in dem
Belochschen aofsatze, der bei jeder neuen lectüre stärker fesselt und
anregt, möchte ich doch an dieser stelle noch eingehen. Beloch sagt
8. 659, die namen loner, Dorier und Aioler seien in den colonialgebieten
des westlichen Kleinasiens aufgekommen, dann erst nach Griechenland
auf die stammrerwandten europäischen Hellenen tibertragen, ich glaube,
dies läszt sich zunächst für die Dorier nicht beweisen, es bedeutet nichts,
dasz die dorischen einwohner der Peloponnesos sich nicht Dorier nennen,
den barbaren Asiens gegenüber behalten sie ihren Stammesnamen, sie
geben ihn auf unter den stammverwandten bewohnern der Peloponnesos.
haben die Normannen England je Normannia genannt, nicht vielmehr
immer nach den überwundenen Anglia, regnum Angliae, Anglicum?
dasselbe beispiel hilft uns auch zur b«antwortung eines andern Beloch-
schen einwandes (s. 566), dasz nemlich das kleine ländchen Doris nie-
mals die Peloponnesos habe erobern können, das braucht man ja auch
gar nicht anzunehmen. Doris war Station des Doriersnges, wie die
kleine Normandie doch auch nur die rolle eines rnhepunktes in der
groszen normannischen bewegung spielt, was ferner Beloch über die
schwäche dialektologischer beweise sagt (s. 575 f.), seheint mir nur zum
teil richtig, wenigstens was die ähniichkeit des kyprischen und arkadi-
schen dialektes angeht, von seinem Standpunkt aus hat Beloch natür-
lich recht, wenn er eine besiedelung der Insel durch Arkadien für un-
möglich erklärt, aber sehr treffend scheint mir OHoffmann (griech.
dialekte I 7 ff.) bewiesen zu haben, dasz diese ähniichkeit auf der Zuge-
hörigkeit der Arkader und Kyprier zum groszen aiolischen stamme be-
ruhe, der einst auf der ganzen Peloponnesos geherscht habe, von der
ans Kjpros besiedelt worden sei. auch über das fehlen eines dorischen
'stammescharakters' kann ich mich Beloch (s. 576) nicht anschlieszen ;
«oXOvoia an stelle der ircXuXcTÜi sagt doch auch Piaton den Kretern
nach wie Aischylos den Argeiern abneigung gegen lange reden (Hik. 191).
vgl. KOMüller ao. II 378. über die dorischen institutionen und phylen
werde ich unten das nötige zu erbringen suchen.
186
JGeffcken: die grundung von Tareni
KdOoboCi zurückgebt*^, folgend die sache etwa so dar. naeb ver*
geblichen versuchen über den Isthmos vorzudringen setzen die
Dorier bei Khion über die meerengOf zleben nach EÜden, zwängen
sich durch Arkadien hiDdurch und ergieszen sich dann über Messenien
ond Lakedüimon, Ärgos wird vom meere her besetzt^^, von da aus
schlieszlich Megaris genommen, die einwanderer müssen heftige
kämpfe führea, besonders Sparta kann nur dtirch die grausamste
knechtußg eines teilea der Ureinwohner zur macht gelangen, unaus-
gesetzt oiusz sich die atadt aber auch ihrer iiachbarn erwehren,
Messenier, Arkader, Ärgeier sind zu bekämpfen, gleichwohl ge-
lingt es Sparta noch colonien anzulegen: Kreta» Tbera, Tarent ua.
werden besiedelt. — Diese annähme vom gange der Wanderung ent-
" die eiHÄelnen züge der »mge sind clurchaas episch, der Zweikampf
de» HylloBj die eroberung des laudes durch die eptgonen der ersten äd-
gieifer, der Zweikampf des Pyraichmes tiod des Epeiera Degmeuoi
(Ephoros bei Strabon ^57. Paus* V 4, 1), die losüog um das Inud. wenn]
Busolt ao. I 61 anm. 2 eagt^ die ßage vom Ionen «ei durch die tragiker
aasgebildet, so läszt $ich erwidern, dtk&z auch dieae aus dem epos
Bcböpften! denn woher hat Earlpidea den Stoff seines KpEcq)6vTr]C|
Ti^ji€VOC| seiner Tn^icvifcai? zudem wissen wir ja durch Herodotos
VI ö2 von der existenz «her dicbtimgen über die dorische Wanderung,
diese dichter naiinle KOMüller (Dorier I 62) Kinaithon, Aaios, Eoraelo8;J
es können aber ebenso gut namenlose epen gewesen aeio, gleich deiiil
Aigimios, der auch die Dorier (fr, 8 K,) erwähnte, der inhalt des epos,
dns im gegensutz zu spartiatischer locaUradition den Aristodemos vor
dem eigentlichen zuge sterben liesz, liegt hei Apolluduros II B und
Pausaniüs V 3, 5. IV 3, 4. III 1. G Tor, die in den liauptsachen überein-
stimmen, ans dem epos gewauu unter einigen abänderuiigen Euriptdes
im Krespbontes und in den Temeniden seine dnrstellung. die hypo-
thesis dea erstem Stückes hat man io Hyginus fab. 137. 184 erkannt
(Nnuck ir* gr, fr. 497), die der Temeniden bietet Paus. II 19, l f. 28, S ff.
letztere stelle ist voll dramatischen lebons, Hyrnetho, des Temenos
tochter, und ibr manu Deiphontes sind den übrigen sölmen mit aus*
nähme des jüngsten Argaius miagünslig» sie wollen das chepHar aus-
einanderreiszcn , lassen die scliwester kommen, häufen vorwürfe gegen
ihren geniabl^ wollen sie nach Argos haben, einem bessern manne geben,
zornig erwidert Hyrnetho, bekennt sich zu ihrem manne als dem besten,
nennt ihre brUder inörder, nicht söhne des Temenos* da schleppen die
brUder sie foit. De'iphontes bort die geschiebte durch einen boten, er-
scheint mit den Epidauriern auf dem platze, aber der eine bruder tötet
die schwangere schweater, man nimt den leichnam auf und bestattet
ihn. die dramatisch lebhafte wechselrede werden freilich die Epidaurier
selbst dem Pausanins vorgeführt haben (U 28, 3)! Archelaos scheint
Euripides erst später um makedonischen hofe für Argaios (Agraios) ein-
gesetzt zu haben. — Da nun Ephoros, dessen darstellung bei Strabon
361. 389, Diod, VII 13. Niko!ao5 Dam. fr. 32—34, Skymoos 527 ff. vor-
liegti über Kresphontes nicht mit Hygln^ hypotheais, sondern eher mit
Apollodor stimmt, den Niese (Herme« XXVI 11) freilich aus Euripides
schöpfen läszt, so glaube ich seine quelle besser im epos als In deri
tragi>die finden au mnsien. in spHterer zeit ^ab es einen tans Tri|Li€vt6at, I
TpvnOdi (AP. XI 1951 und *HpOKXei6uiV KdBoboc (Lnkianos de salt, 40), 1
** tieloch ao. s. 569 leugnet die bedeutung des Temenion und Solyj
^^geion; was von beiden erzählt werde « sei nur auf mündliche, also be'«
reisunkraftige tradition zurückzuführen.
JGeffcken: die gründang von Tarent. 187
hftlt lauter unwahrscheinlicbkeiien. der Dorierzug beschreibt so
eine art von kreislauf^ von norden nach Süden, von Süden wieder
nach norden, eine bewegung deren sinn nicht ganz klar ist. zweitens
aber ist es ganz unglaublich, dasz die wanderer durch Arkadien hin-
durchkommen konnten, ohne das land zu dorisieren. sparten sie
sich das erst für Lakedaimon, Messenien, Argos auf, suchten sie sich
hier nur durch das gebirgsland auf gute art durchzudrücken ?'^ man
hat freilich versucht auf grund verschiedener sagen (Plut. Lyk. 2.
Folyainos II 13. Paus. V 4, 1) den durchmarsch durch Arkadien
oder vielmehr die langsame Überwindung des landes zu behaupten,
hat sogar durch die namen dreier könige, Prokies, Soos, Eurjpon
eine schöne Symmetrie in diesen Vorgang gebracht." leider aber
gibt es andere sagen , die genau das gegenteil beweisen könnten,
die my then von dem bündnis zwischen Eresphontes und dem Arkader
Kypselos (Polyainos I 7. Paus. VIII 5, 6 vgl. II 13, 1), dessen volk
nun vor der Vernichtung bewahrt geblieben sei. beide Versionen,
die eine wie die andere, sollen den zug von norden her etwas aus-
schmücken und haben darum ziemlich denselben, dh. keinen wert,
besser bleibt immerhin noch die letztere tradition : denn sie bringt
doch ein wirklich historisches Verhältnis wenigstens halbwegs zum
ausdruck. alle andern Völker der Peloponnesos, sagt Diodor VII 9,
wurden durch die Dorier dvacTaia, nur die Arkader nicht (vgl.
Paus. II 13, 1), die ganze Peloponnesos, bemerkt Strabon (333),
sprach vor der dorischen Wanderung aiolisch, nach derselben
redeten nur die Arkader, deren gebirgiges land nicht unter das
loos gefallen war, und die Eleier ihren alten dialekt unvermischt
weiter, wir wissen , dasz diese angäbe sich aus den inschriften be-
stätigt hat.^^ und endlich bleibt ja Tegea noch lange bis in histo-
rische zeit mächtig ; wer die Dorier, um dies Verhältnis zu erklären,
um diese starke Stadt herumbiegen läszt, der weicht damit selbst
nur einer Schwierigkeit aus , die durch die annähme des von norden
kommenden zuges nicht zu heben ist. nein, Arkadien bleibt in alter
zeit unabhängig, behält seine spräche und gewinnt erst mit den
Doriem fühlung, als die kämpfe Spartas gegen Tegea begannen,
mit andern werten: von norden kamen die Dorier nicht.
Zu dem gleichen ergebnis, zu seiner erweiterung führt die be-
trachtung der Verhältnisse zwischen Kreta und Sparta, die nach-
richten des altertums reden von einer besonders innigen Verwandt-
schaft kretischer und spartanischer Institutionen, man nahm, wenn
auch nicht ohne Widerspruch '^ die priorität der kretischen gesetze
an und gab dem einen ausdruck in der sage von Lykurgos auf Kreta;
'^ vgl. darüber auch Beloch ao. s. 569. ^ Gelzer im rhein. mus.
XXXII 259—266. Qatschtnids vorlesangen bei Busolt 'die Lakedaimonier
und ihre bundesgenosseD' I 37. vgl. griecb. gesch. I 62. Duncker gesch.
d. altert. IX 142 S. *^ O Hoffmann griecb. dialekte I 4 ff . «8 Ephoros
(Strabon 481) bekämpfte die meinung von der priorität der spartaniseben
gesetze.
188
JGeffcken: die gründung von Taren t
man nahm ferner an^ Kreta sei zum grdsten teil tob Sparta aus be^^
siedelt worden.'^ aber wer das glaubt, verwickelt sieb in einen be-
denklioben widersprucb, denn wenn Lykurgos, dh. Sparta seine
gesetzgebung dem von Lakedaimon aus besiedelten Kreta bätte ver-
danken mflsäen ^ so wäre ja gewissermaszen das ei klüger gewesen
als die benne, 6ine von beiden annabmen kann nur die ricbtige sein :
entweder glauben wir an die priorität der kretiseben gesetze , wie
leb micb vorlKnfig einmal ausdrücken will^ oder an die besiedelung
Kretas durcb Sparta, die wabl scheint mir bier nicbt scbwer. boren
wir, was Epboros (3 traben 481) über die gesetze beider Staaten
sagt, erfunden seien sie^ bericbtet er uns, von den Kretern, aus-
ge&cbaflVn von den Spartanern, darin steckt, wenn aucb nicbt die
ganze wabrbeit, &o docb ein teil der wabrbeit. war die kretiscbo
zucbt minder strafT als die fthnlicbe spartanisebe , so erkennen wir
daraus, dasz dieae die keime jener ira langen kämpfe, im mühevollen
dienste des standlagers am Eurotas weiter entwickelte , zur speci-
£scb spartaniscben verfasanng ausbitdeie, die später in so nnbeil-
voller weise dem erstarrungsprocesse erlag, vrie das specifiscb
preusziscbe ja aucb nur durch lange Vorbereitung auf den krieg
und durcb den krieg selbst geschaffen wurde und ebenso gut auch
die folgen der erstarrung bat tragen müssen, aber eine directe ab-
bängigkeit Spartas von Kretas gesetzen ist dadurch noch nicht be-
gründet* wir erkennen aus alledem nur, dasz die Dorier früher aufl
Kreta ansässig waren als sie in Sparta bei misch wurden, von Kreta!
aus beginnen sie die eroberung der Peloponnesos* ist dem nun so,
dann hat die nacbricbt von spartanischen colonieaussendungen nach
Kreta, Tbera und andern inseln wenig mehr für sich, aber noch
ein anderer grund erschüttert ihre Zuverlässigkeit, wenn Sparta so
schwere kämpfe mit seinen nachbarn zu bestehen hatte, so war wohl
weder zeit noch mannschaft vorhanden, um gröszere Unternehmungen
2ur see ins werk zu setzen, rühmten sieb aber die kretischen städte
spartanischer und argeüscher abkunft, so geschah das erst in späterer
zeit, als Argos und Sparta nach einander die vormöcbto der Pelo-
ponnes wurden.^" — Dazu kommt ferner noch eins» dorische phylen
haben wir auf Kreta und Tbera, nicbt aber in Sparta, wo nur locale
pbylen herseben, sollen wir nun annehmen, die Spartaner hätten
in alten zeiten die dorischen pbjlen nach Thera und Kreta ge-
bracht** und diese dann später im eignen lande wieder aufgegeben,
oder ist es nicht vielmehr so, das2 die dorischen pbylen der ge*
^ anders freilich Andron bei Steph. Bjz. u. Adipiov, vgl. 8trAbon 47&J
der Dorier von HiBtiniotis aus nach Kretn kommeo läszt. ^^ die
stellen über die sTgeüscben und sparUnischen eolonien auf Kreta bei
Busolt SQ. I 183, *' die rou Betoch ao. s. 683 angeführte (»ainni-
tiseUe) münslefreode n[tTo]vaTdv ircpi'VÖXufV hat mit tpartümschen phylen
IQ Tareni wohl kAum etwas zu tbun, wenn auch aatike scbriftsteller
lakonische cüvoiKot tn Samnium anaehmen and den namen TTiTavAT(it.J
auf diese weise 2u erklären suchen (Strabon 250}.
JGeffcken: die gründang von Tarent. 189
nannten Inseln mit Sparta direct nichts zu thnn haben, ans der zeit
vor der besetzung Lakedaimons stammen, das dann seinerseits die
dorischen phylen gegen eine andere landschaftliche einteilung ein-
tauschte?^' und schlieszlich kennt ja die Odyssee schon Dorier auf
Kreta ^\ kennt dorische Institutionen hier (t 175), hier herscht Minos
dvv^uüpoc, MinoS; der gesetzgeber, der seekönig. seine seeherschaft
ist nicht nur sage, sondern der ausdruck bestehender Verhältnisse,
sie weist auf die zeit zurück, wo die scharen dorischer Vikinge ihre
Unternehmungen nach Griechenland richten, denn wenn man Argos
und Korinth vom meere her hat erobert werden lassen , so darf das
gleiche für Lakedaimon gelten.
Aus allem diesem scheint mir Wilamowitz behauptung immer
mehr sich als die natürlichste und richtigste erweisen zu lassen, die
Dorier, vom Isthmos abgeschlagen, bauen schiffe, umfahren die Pelo-
ponnesos, nehmen zuerst die umliegenden inseln, die sich dann später,
als Sparta die erste macht wird , auf die herschende stadt als ihre
gründerin berufen/^ dann gehts gegen die Peloponnesos von süden
vor. man trifft auf den widerstand wohlbefestigter städte. Mykenai
wendet seine nach süden gerichtete front, einst zum vorstosze be-
stimmt, jetzt zur Verteidigung geeignet, den andringenden entgegen,
die Dorier nehmen Argos und Korinth: so ist Mykenai, das durch
treffliche straszen mit Korinth verbunden war, seines rückhaltes
beraubt, isoliert und ^llt in historischer zeit (Diod. XI 65), nach
den Perserkriegen. *^ die bewegung geht weiter , auch Megaris wird
in ihren bereich gezogen , da erlahmt sie endlich in ihrem vorwärts
dringenden zuge. Argolis aber wird nicht völlig dorisiert, das be-
weisen die phylen von Argos und Korinth.''" der adel Korinths ist
dorisch, darum haszt ihn das volk, das in Kypselos einen führer
gegen die Bakchiaden findet. ^^ tiefer noch ist in Sikyon die ab-
<* anders Gilbert gfriech. staatsalt. I 43 vgl. II 305. ^ wie die
Ilias B 655. 668 auf Rhodos, denn die dort angeführte phyleneinieilung
kann nichts anderes heiszen. ^* vgl. darüber das bekannte buch von
Steffen 'karten von Mykenai' (Berlin 1884). die anschaunng, welche
Beloch gegen Heibig geltend gemacht hat, dasz wir in Mjkenai 'Home-
rische luft atmen', musz wohl etwas modificiert werden, vgl. Schnch-
hardt 'Schliemanns ansgrabungen' s. 349 — 364. ^^ gegenüber der
nachricht von der einnähme von Mykenai nach den Perserkriegen (Diod.
XI 65. Strabon 877 vgl. 372. Paus. II 16, 5. VII 25, 5) kann jene knnde
von einer ersten einnähme durch die Dorier (Pind. Pytb. 4, 49. Strabon
372. 377 sa Apollodor) nicht bestehen, wäre ein regelrechter angriff anf
die sagenberühmte reiche stadt gemacht worden, so hätte sich davon,
wie in den legenden von Sikyons und Korinths einnähme ein mythos
erhalten müssen, was die angeführten zeugen geben, ist nichts als eine
notiz, die sehr den eindruck späterer zurechtlegung macht, man hatte
keine sage von Mykenais fall, aber genommen mnste die stadt doch
einmal sein. *^ vgl. Gilbert ao. II 77. 88. über die stellen. *^ aus
diesen Verhältnissen erklärt sich auch die vielberufene pietätlose hal-
tung Kerkyras gegen Korinth. wir haben eine anzahl thatsachen, die
zu ordnen sind, a) die besiedelung der insel durch den Bakchiaden
Cbersikrates; b) die Seeschlacht zwischen Korinth und Kerkyra im j. 664
JGeffcken: die gründuug von Tarent,
neiguQg gegen alles doriscbe, durch das nicht dorische volk ge-
lingt Ivleisthenes der Umsturz der Verfassung* er rächt systema-
tisch die tlherwundenen an den überwindern. end nicht anders
wirds in Megara gewesen sein, als Theagenes den adel der stadt
austrieb und gegen die schubiaks in ziegen feilen Theognis seine
zornigen lieder sang. *^ erst durch Spartas hiife kennte die reaction
erfolgen.
Auch in Lakedaimon haben die Dorier zuerst gelindere saiten
aufgezogen, das land war voller städte, ihre einwohner werden zu
perioiken, eine der grösten, Ämyklai, erholt reservatrechte, der
kämpf kann ein erbitterter nicht gewesen sein, eine Versöhnung
folgte* das drückt die sage symbolisch aus, wenn sie (Paus. lil 21,8)
Herakles und Apollon nach dem streite gemeinschaftlich Gythion
gründen läszt. ebenso scheinen von den vordorischen Lakedai moniern
nur wenige zu Heloten gemacht worden zu sein: denn warum fliehen
im sogenannten dritten messen ischen kriege die Heloten nach Ithome?
weil, wieThukydidcs sagt (1 101), die meisten Heloten von den früher
unterjochten Messeniern abstammten. ^'
Wie steht es nun endlich mit Messenien? ist es wirklich zu-
gleich mit Lakedaimon und Ärgos von den südwärts dringenden
Doriern besetzt und dann später nach langem Vernichtungskampfe
durch seine stammverwandten naehbam überwältigt worden ? darauf
gibt schon die sage an t wort : sie las zt Kresphontes Mesaenien zwa
einnehmen, seine herschaft im lande aber nicht von langer dauei
sein, er wird ermordet, und an seine stelle tritt Aipytos, der
mythische Stammvater der messenischen könige, die sieb nicht
Herakleiden, sondern Aipytiden nannten (Paus. IV 3, 8. 9, 4. 10,i
Nikolaos Dam. fr. 33 Ddf). mit andern werten, in Messenten waltet©*
ein nichtdorisches herschergeschlecht » und die Verbindung, die man
zwischen diesem und den Herakleiden hergesteUt hat, ist nur ein
ktlnstlicber versuch dorisches besitzrecht auf das land zu beweisen,
(Thuk, I 13); c) die vertrcibuDff der Bakcbiaden durch Kypselos; d) di«
grimduDg von Epidnmnos diireb KerkjrAier, die sich einen korinthischen
führcr QUibitten (Thuk, [ *J4)j e) Periatidroa zug ^gen Kerkyra » dual
ihm gehorte, aber Beinen söhn tu. töten wagte (Her. III 5:2 f. Nikolaoi]
Dam. 58). man hat ftemeint, die seeBchlacht habe mit dem stürze de "
Bakchiadenherschaft so than, der nach den Chronologen (die stielten be
Bnsolt ao. 1 446} am 657, also 7 jähre nach der Schlacht erfolgt setj
diese berechnungen aind aber in der altem ge»chicbte immer »ehr un^
aicfaer* ich denke vielmehr so. die Bakcbinden beaiedeln Eerkyra.
K^pselos kommt zur regierung', vertreibt den adel, der auf ieine colonie
sieh sEurückiieht. Kypselos sacht ihn auch hier anf, es folgt die ico-
schlacfat, Kerkjra gehorcht dem tyrnanen, gründet Epidamnos ante!
korinthischer flibrung. Periandros will «päter den heracheraitz wechseloi
mit goinem schnei der auf Kerkyra sitzt^ tauschen, da töten diesen dia
einwohuer und werden ?on dem tjrannen btsatmft, so ist das ver^
baitnis zwischen tocbter- und motteratadt gründlich serstört für all«
weiten.
<« über allei dies vgl KOMfiller Dorier I X61. <» vgl. Nieie
Hermes XXVI 18.
JOeffcken: die grfindung von Tarent. 191
die eroberung durch Sparta als eine art anderer KdOoboc darzu-
stellen.^ den mjthos unterstützen historische Verhältnisse, wenn
wir auch, durch mangelhafte quellen wie Tansanias schlecht be-
richtet, einzelheiten aus dem groszen kämpfe Spartas und Messeniens
kaum kennen , so wissen wir doch , können es aus der läge der ge-
knechteten Messenier (djcTTcp övoi )i€TaXoic fix^^^i T€ip6|Li€V0i
Tjrtaios) ersehen , dasz hier ein wütender vemichtungskampf ge-
führt worden ist. denn wie ganz anders streitet man mit Argos !
in ritterlichem massenduell begegnen sich die feinde, dreihundert
von jeder seite sollen die entscheidung herbeiführen (Herod. I 82).
wenn femer die Lakedaimonier später, wie wir eben hervorhoben,
wesentlich messenische Heloten zählten , so haben sie die Messenier
rechtlich einem teile der unterworfenen lakonischen Urbevölkerung
gleichgestellt, alles dies weist darauf hin, dasz hier ein rassenkampf
zum austrag gebracht, ein krieg gegen Nichtdorier geführt wurde. **
In die zeit dieses kampfes fällt nun, um zum eigentlichen gegen-
ständ unserer Untersuchung zurückzukehren, die bewegung der Par-
thenier. die Überlieferung bringt beide Vorgänge in chronologischen
Zusammenhang, wir dürfen jetzt auch den causalnexus herstellen,
während die Spartiaten im felde gegen den stammesfremden feind
stehen , regt sich in ihrem rücken die zwar nicht geknechtete , aber
doch nicht völlig beschwichtigte Urbevölkerung Lakoniens, gegen die
spartiatischen cavaliere meutern die achäischen rundköpfe. Sparta
ist in groszer gefahr, ein compromiss wird notwendig, man läszt die
Parthenier auswandern und hat nun die bände frei gegen den landes-
feind. vielleicht war man damit noch nicht am ende^ vielleicht be-
deutet der name der Epeunakten , von denen wir ja verschwindend
wenig wissen, eine neue bewegung gegen Sparta während der
Messenierkriege, der man ebenfalls durch eine concession die spitze
abbrach, eine lösung dieser nebenfrage aber scheint mir vorläufig
fast unmöglich, versuchen will ich jedoch hier noch zum Schlüsse
den namen der Parthenier zu erklären, ich möchte eine deutung
vorschlagen, auf die ich sonderbarer weise unabhängig von einem
Vergilscholion {ecl. 10, 57), das ich erst später fand, gekommen bin.
das gebirge Parthenion trennt Arkadien von Argos und der Ejnuria.
hierher mögen sich die meuterer zurückgezogen haben , hiervon be-
nannt worden sein.*' später erlosch dann die erinnerung daran, und
^ am stärksten hat Euripides (s. 497 Nauck*) die ursprüngliche
Überlieferung verändert: er hat aus Aipytos Eresphontes gemacht.
Epboros und Apollodors erzählung hält Kiese im Hermes XXVI 11 für
die spätere durch messenische tendenz entstandene Version, wenn aber
die messenischen könige Aipytiden hieszen, so ist doch wohl der mjthos,
der den Aipytos kennt, älter als der, welcher ihn nicht kennt, übrigens
ist auch Niese ao. s. 23 anm. 1 sich nicht sicher darüber, ob die Mes-
senier nicht doch ursprünglich Dorier gewesen seien. ^* die dorische
spräche der Messenier beweist ebenso wenig wie Tarents dialekt. vgl.
oben 8. 186. ^* in griechischen berichten heiszen die eropörer fast nur
TTapecvCai (Dion Chrys. VII 129 M. TTope^vioi im hinblick auf Homer
193
FSuaemihh tu AriatoteleB politii [II 8, 1267'' 22 C].
die freien ehe^iiten Spartas sowie die tendenz die verlegenbeit dea
Staates zu verwischen erzeugten jene legende, die uns Antiocbos
überliefert bat.
TT J80), ebenso bei Trogas; m den Yerg^ilscholien äoden sieli neben
Pariheniae {ecL \% 57) ancb Parthenii (uchol. Bern, ecU 10, 57), Par-
thenintae (Strviua %\\ Aen. III 661), Parlhew'dae (ProbuB %n georg. II 197),
Pariheniadae (ebd. IV 126).
Hahburg. Johannes Gbffcken.
24.
ZU ARISTOTELES POLITIK.
FDtimmler prolegomena zu Piatons Staat (Basel 1891) s. 7 anm.
tadelt es, dasz ich nach dem Vorgang von Fdlleborn und Congreve,
beiläufig beraerkt zwei mJtnnern von geschmack und urteil, diescbil-
derong des Hippodamo3 bei Aristoteles pol* 11 8, 1267^' 22—28 öc
bis ßouXöpevoc in eckige parenthesen gesetzt habe, und wirft mir,
kurz gesagt, vor dasz ich keinen 8p&8z verstehe, ich kann ihm ver-
sichern, dasz ich den leichten trockenen hnmor, der gelegentlich bei
AristotelflS erscheint, sehr gut kenne» und dasz mir auch der sati-
rische Charakter dieser Schilderung keineswegs entgangen ist* aber
diese satire ist hier übel angebracht, ob es des Aristoteles würdig
ist oder nicht, beim tibergange zu einer ernsten kritik der staata-
theorie des Häppodamos vorher das sonstige weaen und wirken
dieses mannes ins spöttische zu ziehen, darüber will ich mich mit
Bümraler nicht streiten* aber erstens war Hippodamos in seiner
eigentlichen berufdtbätigkeit als bäume ister ein wirklicher refor-
mator und keineswegs ein *sophist und charlatan*, wird auch von
Aristoteles selbst IV (VII) 11, 1330^ 21 ff. durchaus nicht als ein
aolcher behandelt; und zweitens ist die consequenz dieses spottes doch
eben die, es als sache eines 'sophiaten und obarlatans' erscheinen zu
lassen, dasz er zuerst einen idealstaat entwarf, dann aber f^llt dieaoj
Satire auf Aristoteles zurück, der im begriff steht dies geschäft for
zusetzen, die nnm5glichkeit, dasz der pbilosoph selbst diese ge
fichmacklosigkeiten begangen habe^ bin ich nun freilich weit ent
fernt zu behaupten, aber die Unmöglichkeit, dasz die sonstigen histo*
rischon excurse II 10, 1271 ^ 30—40. 12, 1274» 22— ^ 26. IV (VII)
2, 1329*» 3 ff, (nebst der ganzen Umgebung). 10, 1329» 40 — ** 39
von ihm selber herrühren könnten, glaube ich sogar bewiesen oder
wenigstens gezeigt zu haben, dasz auch der einzige noch tibrige
VIII (V) 12, 1315 •> 11— 39 nicht ganz unverdächtig ist, und so war
eswohlnichtzu kühn, wenn ich auch hier einen peripatetikereinschub
für das wahrscheinlichere hielt* wenn übrigens Dümmler noch immer
zu glauben scheint, dasz die poütik für das publicum und nicht blosz
für die schule des Aristoteles geschrieben war, so können wir beide
uns darüber freilich schlechterdings nicht verständigen.
OreIFSWALD. FbANSE SuSEMtHIi.
JLange: zu Plautus. 193
25.
ZU PLAUTUS.
1. Persa 139 ff.
post&iiis istnc tdmen potest. l sdn quam polest?
necümquam herde hodie hie prius edes, ne früstra sis^
quam te höc fadurum quöd rogo adfirmds mihi.
so hat diese stelle Scholl in seiner jüngst erschienenen ausgäbe ge-
schrieben, abweichend von den hss., welche numquam und edis bieten,
allerdings ergibt die überlieferte lesart nicht den gewünschten vers,
und es sind deshalb behufs heilung der stelle verschiedene versuche
angestellt worden , von denen wohl als der ansprechendste und der
Überlieferung am wenigsten gewalt anthuende die Umstellung hie
hodie anzusehen ist. doch wie wäre es , wenn die hsl. lesart durch-
aus richtig und nicht im geringsten zu ändern wäre? ich meine
nemlich, und darin stimme ich mit Scholl Uberein, dasz die cor-
ruptel im anfange des verses zu suchen ist, nehme aber, abweichend
von ihm^ einen ausfall des wörtchens ut an und lese mithin:
sein quam potest?
^uty numquam herde hodie hie prius ediSy ne früstra sis.
das blosze potest mit id ist bei Plautus gar nichts ungewöhnliches :
vgl. Stichus 593 f. immo imum höc potest: IT quid? IT uhi conuiuae
dbierint, tum ut uSnias, Men. 627 pötin ut mihi moUstus ne sis?
Pseud. 633 potest^ ut alii ita drhitrentur 4t ego ut ne creddm tibi.
übrigens gibt es eine menge von stellen, die der unsrigen ähnlich
sind und das von uns vorgeschlagene ti^ noch mehr rechtfertigen:
vgl. Men. 425 f. sdd sein quid te amdbo ut facias? . .pdUam iUam
. . dd phrygionem ut d6feras, ebd. 1154 f. scitin quid ego uös rogo?
IT quidV r praeconiüm mi ut ddis. Bud. 1216 f. sed sdn quid est
quod tduolo? \ quöd promisisti, üt memineris, Pseud. 276 sid sein
quid nos uölumtis? IT pol ego pröpemodum: ut male sü mihi, Bacch.
1178 at sdn quo pdäo me ad te intro dbdueas? [T mecum ut sis.
Persa 35 f. fdeere amicum t(bi me potis es simpiternum, IT quem dd
modum? f üt mihi des nummös seseentos. Amph. 1023 quo modo?
r eo modo, üt profedo uiuas aetatSm miser, Mgl. 1162 f. Truc,
918 f. auch bei Terentius findet sich diese construction : vgl. Hec.
78 f. audin quid dicam, Sdrte? si quaerä me, uii \ tum dieas.
2. In der eingangsscene der Menaechmi tritt der parasitPeni-
culus auf und stellt in einem monologe philosophische betrachtungen
an über die anziehungskraft eines reich besetzten tisches : man ver-
fahre unpraktisch , wenn man gefangene oder entlaufene Sklaven in
fesseln lege; auf irgend welche weise gelinge es ihnen dennoch die
fesseln zu lösen und wieder zu entfliehen, unsinn ! man versuche
es nur und setze solche leute an einen voUbeladenen tisch : das sei
der gröste magnet, der sie sicherlich und ewiglich an den tisch
fessele; da gebe es kein entrinnen mehr: (v. 87 ff.)
Jahrbücher fOr eiass. philol. 1893 hft. 3. 13
184
JLange: itu Plaatas.
quem tu ääseruare ride^ ne aufugiät^uoks^
esca Mqm potiöne wtnctW decel:
apud m^sam plenam (hamoy hdmini rostrum deliges,
da der letzte vers in der von den hss. überlieferten form einen hiatus
enthält und atiszerdem die in A noch vorhandenen spuren auf den
ausfall eines wortes in der ersten bälfte deseelben schlieszen lassen,
so hat Scholl hämo eingeschoben, Eitscb! den ausfall von tu vor
homini angenommen, was freilich, da es schon im anfange des Satzes
steht, hier nicht gar nötig wiederholt wäre, während Brii, ohne auf
das beglaubigte fehlen eines Wortes rückzieht zn nehmen, eich damit
begnügt homini in die archaistische form homoni zu verwandeln.
doch sollten nicht die werte apud mensam plenam ^ anstatt, wie 68
gewöbnlieh geschieht, auf das folgende, besser auf das vorher*
gehende zu beziehen und der sinn der sein: man tnusz den menschen
durch speiee und trank an einen vollbesetzten tisch fesseln ; s o kann
man ihn am schnabel festbinden? ich schlage deshalb vor mit ein-
schiebung von Ha zu lesen:
esca d^e potidne uindri decet
apud mensam plenam: <i/a> homini rostrum däiges*
3. Captivi 911 f. lesen wir in der ausgäbe von 8chöll:
dadis caiamUasque Memperies modo nastram aduenit domum.
quasi lüpus esuriens mäui ne <iueiy in me facerä impetum.
da der zweite vers offenbar um einen fusz zu kurz überliefert ist» so
ist hier uel eingeschoben worden, auch die andern verbesserungs*
vorschlage der gelehrten haben alle das gemeinsam, dasz sie ein
oder zwei worte inmitten des ver&es einschieben, indem auch ich
hiermit einen kleinen bei trag zur heilung dieser stelle beisteuere,
gehe ich von der erwägung aus« dasz gerade der anfang eines verses,
was ja natürlich und auch oben an einem heispiel zu erweisen ver*
sucht worden ist, am meisten der alteration unterworfen ist und es
daher nicht wunder nehmen darf ^ wenn gerade hier 6in oder zwei
vForte ausgefallen sind, dies^ glaube ich, und nichts anderes ist auch
an unserer stelle der fall gewesen, auszerdem stehen unsere beiden
yerse in einem so innigen zusammenhange von grund und folge,
dasz mau an dem fehlen einer verbindenden und vermittelnden Par-
tikel durchaus anstosz nehmen musz. ein solcher Übergang von
grund und folge wird aber von Plautus, und dies an unzähligen
stellen, vermittelt durch das wörteben ita, nur einige beispiele da-
von mögen hier ihren platz finden: AuL 408 f* neque ego u/mquam
msi hödie ad Bacckas u^i in Bacchanal coquinaium: j ita me
miserum et meös di$cipulüs füstihus male cdntuderunt, Trin* 28 f.
nam hie n4mium morbus mores innasit bonos: | ita piMque omnes
iäm sunt imtermMui, Stichus 209 f. damna iSuenerunt mäxuma
miserö mihi, \ ita mi mancupia mdserum adfeeerünl male. AuL 67 ff,
noenüm mecastor quid ego cro dicdm mco \ malairei euenisse quamue
insdniam^ \ queo c^mminisci: ita me mlseram ad hünc modum \
JLange: zu Plautos. 195
deci& die ano saSpe extrudU a^dibus. ich schlage also, um sowohl
den vers als auch den sinn zu heilen, folgende lesart vor:
^üa idmy quasi luptts esuriens metui neinme facerd impdum.
zur rechtfertigung unseres Yorschlages kommt noch hinzu, dasz die
Wortverbindung ita iam quasi oder üa quasi auch sonst bei Plautus,
und besonders im anfange des verses, beliebt ist: ygl. Trin. 835
ita iam quasi canis haud secus drcümstant nauem türbine uenti.
Amph. 158 ff. nee quisquam sU quin m4 malo omnes üse dignum
diputent. \ ita quasi incudäm me miserum \ hdmines oäo uMidi
caedant, Merc. 725 nonpdsstMn: ita instas ürges quasi pro noxio
(Qötz interpungiert nicht ganz richtig: nonpossum, ita instas: urges
quasi pro noxio). Poen. 398 itaque iam quasi östreatum t6rgum
uleeribus g^stito.
4. Trinummus 820 ff. lesen wir bei Hitschl-Schöll :
sdlipotenti mültipotenti Iduis fratri aetTierei Neptuno
laitus luhens laudis ago gratas grdtisque häbeo et flüätbus salsis^
quös penes mei fu4t potestas , hönis mis quid foret Ü meae uiiae ,
quöm suis me ex lods in patriam urhem üsque columem rSducem
faciunt.
es kommt hier auf die schluszworte reducem faciunt an , welche die
hgg. dem cod. B folgend bieten, wie ist aber die lesart redeunt
faciunt f welche in CD daftlr überliefert ist, zu erklären? dasz
redeunt für reducem yerschrieben sein sollte , scheint mir nicht sehr
annehmbar zu sein, meine meinung ist die, dasz im ursprüng-
lichen texte gestanden hat reducem reddunt\ jemand hat später
an den rand faciunt als nähere erklärung von reddunt beigescbrie-
ben , infolge wovon dann , mit auslassung eines wertes , welches zu
viel war, bald reducem fadwnty bald reddunt faciunt (das erstere
corrumpiert zu redeunt) in die hss. übergegangen ist. derartige Zu-
sammenstellungen zweier Wörter mit gleichen anlautsilben bilden,
besonders am ende des verses, ein sehr geschätztes kunstmittel der
alten komiker, wie dies unzählige beispiele beweisen, im folgenden
beschränke ich mich nur auf solche, welche zugleich einen vers-
schlusz bilden : Amph. 1094 continuo contonat. Merc. 470 diuarsus
distrahor. ebd. 870 lacrumaCy lamentaiio, Stichus 231 recondas reti"
quias. Poen. 537 contemptim conteras. ebd. 639 leniter lenonxbus.
Most. 205 oportere opsequentem. ebd. 387 medioaho metum. ebd. 406
trado^ Tranio. ebd. 931 oongerrones conferam. ebd. 1049 congerro-
num conuocem. ebd. 1116 exemplum expetis. — Ter. Hec. 587 restet
reticua. Ad. 283 perpäuo perierim. ebd. 299 consüia conferant.
Andr. 897 inpone, inpera. ebd. 964 solide solum gauisurum gaudia.
Eun. 1030 properans prosüit. dieses verfahren wird sogar mit augen-
scheinlicher, man möchte fast meinen allzu affectierter Vorliebe in
den cantica angewandt ^ wovon das unsrige einen klaren beweis
liefert, denn abgesehen von den fällen, welche im innem des verses
vorkommen , finden sich hier folgende bemerkenswerte beispiele im
versschlusz, in denen entweder die oben besprochene erscheinung
13*
198
J Lange: zu Flau tu s.
auftritt oder überliaupt ein gletcbklaug angestrebt ist: v. 825 morilms
commemorant. 826 opera experius. 8*29 damnare atque domare, 830
dis dignumst. unfi von diesem so beliebten kunstmittel sollte Plautus
gerade da, wo es sieb von selbst darbietet, ja beinahe aufdrängt,
keinen gebrauch machen und reducem faduni schreiben und nicht
vielmehr reducem reddmit^ was er ja auch sonst angewandt hat?
ygl, Oaptivi 922 f.^ eine stelle welche mit der unsrigen eine über-
raschende Ähnlichkeit besitzt:
loui disque ag6 graiids merUo mdgnas^
qmm U redducSm tuo patri reddid^runL
zwar ^11 1 hier im zweiten yerse die länge der erateE silbe von red-^
ducem aiif, besonders da bald in v. 931 r€dii€em wiederkehrt, aber
mit derselben regelrechten kürze der silbe re wie in der besprochenen
Btelle des Trinummus* doch ist in der that redducem nur eine ge-
lehrte conjectur» die Scholl in seine ausgäbe aufgenommen hat, wäh-
rend Fleckeisen die Schreibung reducem beibehält und nunc ein-
schiebt, indem er schreibt: guom ti reducem (^nünc} ttw patH
reddidSrufü, ich folge seinem beispiele mit folgender änderung, für
die ich mich auf unsere Trinummus-stelle stQtze:
quam 16 iuo patri <f»wwc> reducem reddid^rttnt,
man erhält durch diese lesart einen doppelten gleichklang: ie h$0
und reäucefn reddiderunt^ dem sich dann noch als drittes beispiel in
v, 927 fides firma anreiht.
Nbumabk in Westprkuszbh. Julius LANas,
Obige behandlung des verses Capt. 923 eriimert mich an eine
alte schuld, deren ich mich schon längst hätte entledigen sollen ; ich
will es jetzt versuchen.
Als ich im j, 1849/50 mit den vorarbeiten zu meiner Plautus-
ausgabe beschäftigt war, §ties£ ich im ersten bände von Konrad
Leopold Schneiders ekmentarlehre der lat. spräche (Berlin 1819),
einem buche das os wahrlich nicht verdient der Vergessenheit anheim-
zufallen, wie es heute allgemein der fall zu sein scheint, s. 588 1
auf folgende worte: 'redux läszt sich nur in zwei baccbeischen versen
des Piautas mit langer anfangssilbe nachweisen, nemlich Oapt. 5,
1, 2 [923]. Eud. 4, 2, 4 [909]: redducem (welche Schreibart auch Beiz
in der letztem stelle befolgt), in den übrigen stellen des Plautus
ist dieselbe kurz, wie bei Terenz und andern dichtem/ hierzu läszt
Schneider in der anmerkung folgende privatmitteilung von Philipp
Butt mann abdrucken: *ich hege das feste vertrauen zu der gefäUig-
keit Plautinischer metriker^ dasz auch diese beiden beispiele sich in
kundigen bänden irgendwie noch allen übrigen von rMux anschlieszen
werden ; um alsdann darin, dasz redducere so gewöhnlich ist wie redduz
ungewöhnlich , einen neuen beweis für das zu Enden ^ was ich aus
^EtsefiSMo: :zi.?jasnaiL. 197
öc beöenniiir altäx. ücnoL ikn^ ^bbciücskl . iwmlm öhk -s xce.
rsfluceTY suän nerkanrnn. wir wrmta. jl tkltt aas. ök s ninr. diobl
int jr ÖMff . ^?s UBW. Bffi -»"JTw^ TüriwmtT. f uas f i immii ^■■"**"
KüJiL ftn fiisL BaiflerTBciif: «nönnr is*. : djfr «iiiM: rot mvct ur. ,il xncst
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leheLT wk» imr ök ^TerbuiL äuesn niam Tamazuus. sc wiirat
r^^Twnr Tngngfmar sn. TWeikll emkoimilSL ÖaSZ J»C Wit ^OL fCTTff
TTUX. B£ TOL fWa «IBÖKff BXkaiaiXimi..' OlSaf: gllmCUlif iSlSIKl^ JEIT
«»*V:^ eJL . miC ici. IteSCiliOäl iv«*Tr gnn^ng^T lAiLUluanü . nsr ri»^^*^«'
scäiDr rwKziZiT iüirt un "wc . ckil lä: aber "na. juentsL afimu vuieek.
jbflT cutb lUfht "VfiTfiiirünr "frinnisi* di£ 'vol ""t -ervrsrbnt 'flfflly
kcr' ZL erweisBiL. hdc uif iCL qh: iieiöflL il isu^ jumizufinaa. etSiixt
GsjnzT: nnc ^tiüptk. nw- jx: äan -erBtsL ukiiiidifiL sMfZBer aqibuk 'SI«'
bfcJLBE wKrcL . ÖTZTciiBrueneK; erwiei £i=l nur Iiniiiiiazii' igra^inn^
üi i-bfissi unbtfweifiiJBr vjt ieicin grttllluc ihl £i ^üäzsr rar
ineiz €CiKaTrrwT. ■ ^ i£x. il öbl spifcter «rüdufliKiiSL amasKi^ex. tql
JLrfiiinr 1*T*. i^Jt*f miL TSiajöL üsiot sttLSKt J**?"" il iMSL
Ter!4t cter Cupirr. snci Jr öer Jkeusx. Zmosksre^asL 'eexian^BUK vos.
pnmreL sül. nw fiiuä: BunnxyQmf gieicnmif rtäusi rtäec ^^ mc
7flfy«r TTr.TTtfrmiT; imr^tiraj^ üeir Mii5L virx usl iol -waugncx ms
ibr Viwf'^CTTnrwT: iülif «r ssniliüi ai. sei&sr "vcir iwmzi jnrxoz.;^' somx
ix EjiscTiif iicxfc süL. pniiCi.. Lmt. Z^ l SlM 1. j&ii^nsprufiuezfta. aifr-
äcri Liier oh; errmüjupi vqx. t^^m; nusi. ihhiu ie^uioi'. .lSl ^^ituttu-
ZEJci h;Ö££ uraiif ^r ^leL 5i±ar üuä. uumuMMT. oji^ tobk; mr.
reäöiftCf TiinVitt zl ihm. übt . fiasüerr ^oicr n:" ^^ö« wem -»^ xuskn
IL."« öer mi'LrcambHyBi iiBniK*:. »"^c mmim>:li/ji'* zi/äBmxu^sixdai^ Ott
S£iin äf:r ü'x^greizifiimmt&ziiH: dj'm'ueruTBnci cht ^^iLiL^tej, jsi iitu-
r&rcr rar ^me^jiu kl irnc. 1*2^.' &. i'TT mh« rrM«9w2z» <a^Mf k
jdBrtam rSäu: du af l#[f?uiiur jmuoL. vum. 111 \ ac h fßwuffnmi
rßäud 'fasif wm reueri! tttic b«i ?j&xitii; -ejcnsr Tu*3EBiif n. «..j-ex
ssöerL icselJfiL i^c du won De. imL vcrvcnmin.. wh^ 21 Litp: '^STT.
6eit<. ^1 uici Ulli öezL ZiBsmiiammiücna. proio;^ utiHielDex. gtUstffi
^täihn iusrber t. 4; .. iei fi imL ^aiiiiiifiL oaic. cuwer 'V'^rr' mit
fyThf^pewmdasH: dicmer zwemial mit zwar i.l'.L,-.^ a. wsnr
beü'dbb bBBiäieE^äifiL lueinm. emer lüiNDex crrüjt lulieißt via. diWffsB.
fcJaCRTnflinflL briicT ü:i£¥Wi£i*eL een. «olne ^ i^rL t^euainnt iMra. nnc
^be Bii;.«.mmir bocl üBint uiicl ^DÜktimxuez. Ttt:x2: . wem. er tot
iD£!tir ihJLf Eksbzir iüirBL öarBii: irerSBXzK. miec bu£l omk; waoa, vt^
spiekr sici Jr kmiäisec ii&iiäeL iJisl üiincei. Üzr ^«nc; spivfiügiifMx
BpiTMcmeaL w:r ietz: na vriqsl ^erst «iwue ^reiauier. n. öei.
C&jiiT: t»ezris t. Pi± B^sül mii äemaL w^üer^^voaxtüUfSL «awt
T'k£jvpüJtBnjj& . öex er but öen. indsr niigiäjui: iia: qk: vümtt vatt.
hnim US il €3x äBiik?et>e; bl tut pütie: jx uü^cxietfsiiia: vsis^
198
AFleckeiBen: zu Piautua.
Iau( disque agö gratids merUo md^nas,
quom te reducem iuo patri reddideruiü
qitomque 4x miseriis plururms me exem^runt usw.
der mittlere vers lautet so in den hss. einschlieszlicb A (reddenmi
in B ifit reiner Schreibfehler) , nur dasz in A nach den noch siebt-
baren spuren möglicherweise patri tuo gestanden haben kann
(wovon freilich Studemund im ^apographum' nichts welsz). im
j, 1860 nun habe ich den vers durch einsetzung eines wörtcbens zu
heilen versucht: quom te reducem (nüncy tuo pcäH reddid&ufii.
aber — besser iijfc besser, schon im j. 1865 hat Julius Drix in
Beiner ersten ausgäbe der Captivi den vers durch Versetzung eines
einzigen wörtchens so hergestellt:
quam rMucem tuö te patri reddid&unt
(nicht, wie infolge eines Schreibfehlers in SchÖlls appendix gedruckt
fiteht, reducem ie tuo)^ und so lautet der vers auch in den drei fol-
genden ausgaben von 1870, 187G und 1884, im krit anhang der
letzten (vierten) s. 111 mit ausführlicher begründung der von ihm
gegebenen Wortstellung aus dem Plautiniscben Sprachgebrauch (und
zugleich mit Zurückweisung des irrtums von ASpengel» der 'reform*
vorschlage* s. 209 sich auf die 'bei Terentius auch handschriftlieh
verbürgte ßchreibung redducem^ beruft, ein« offenbare Verwechslung
mit irgend einer form von redduco^ das bei Ter. etwa fünfzehn mal
und zwar in den hss« meist richtig mit dd geschrieben vorkommt),
dieser herstell ung des verses durch Brix (statt deren man auch,
wenn in A wirklich patri tuo gestanden bat, schreiben könnte quom
riducem patri te tuö reddiderurU) gebe ich jetzt entschieden den Vor-
zug, auch vor der durch meinen geehrten mitarbeiter JLange ob«n
vorgeschlagenen: diese wäre ja an sich des dichters nicht unwürdig;
aber so arg iät Flau tu s nicht auf die allitteration erpicht, dasz
man sich ihr zu gefallen so weit von der Überlieferung entfernen
dürfte.
Je bereitwilliger ich mich in betreff dieser stelle gezeigt habe
eine frühere correctur zugunsten einer inzwischen gemachten bessern
zurückzunehmen, um so beharrlicher muaz ich an meiner emendation
der stelle des Rudens festhalten, und zwar aufgrund einer paraUel-
fitelle wie ich sie mir schlagender nicht wünschen kann, v* 900 tritt
der 6scher Gripus^ der eben mit einem reichen ertrag seines (isch*
2ug8 beladen zurückkommt^ mit folgendem dankgebet auf die bühne;
N^ohimo haaee agö groHäi meo pairöno^
gut sdisis locU incoUl piseidMiSf
quom me ^ 8uU lods pudere omoium expedduü
templis reducem^ pluruma praeda onustum,
80 lautet in der hauptsache die Überlieferung* im dritten verse ha
8chöU mit Guyet med geischrieben und mit Camerarius locis ge-
atrichen (um suis temp^^is verbinden zu können) und im vierten nüt
Beiz redducem geändert, mir war im j. 1850 zur guten stunde v, 413
des MUes glorios us eingefaüen; quae {Ephesia Diana) me in loeiB
AFleckeisen: zu Plautos. 199
Neptünüs tempHsque turbtMfUis \ senuiuU, und darauf hin schrieb
ich den vierten vers:
templis^quey reducSm , pturumd praeda onüstam.
an dieser emendation halte ich wie gesagt fest (locis tempUsque scheint
eine rituelle formel in solchen dankgebeten gewesen zu sein) and
freue mich sie bald nachher stillschweigend anerkannt gefunden za
haben von keinem geringem als Bitschi, der in einem 1857 ge-
schriebenen Bonner programm ^emendationum CatuUianarum triaa*
den voraugustischen dichterbrauch von templum bzw. templa ausführ-
lich bespricht und diese erörterung mit folgenden werten schlieszt
(opusc. III s. 598): 'nee enim, ut caelestia, ita etiam vel marina
vel infema vel terrestria templa dicta sunt simpliciter: quod etsi
minime rationem quominus fieret impedivisse dicam, tamen non
probasse consuetudinem reperio. velut non simpliciter templa tu/r-
bfdenta Plautus aequora maiis concitati vocavit, sed sie locutus est
Militis gloriosi v. 413: in locis Neptuniis templisque turhtdeniis:
eundemque Neptunum ex suis locis templisque expediuisse naufragom
dixit Budentis v. 908. nee alia ratio illorum est quae sunt Ächerusia
templa aUa Ord apud Ennium, scrupea saxa Baochi templa apud
Pacuvium^ Volcania templa apud Accium.' ich bitte freund Scholl
in einer neuen aufläge seiner Budens-ausgabe dieses citat nicht zu
vergessen , nicht um meinetwillen, sondern weil Bitschis name noch
auf dem haupttitel der ausgäbe steht und folglich jede auch nur ge-
legentliche äuszerung über irgend eine Plautinische stelle registriert
werden musz.
Hiermit hoffe ich die unform reddux, die seit 1789 (dem jähre
in dem die ausgäbe des Budens von FWBeiz erschien) fast alle
neuern texte der Captivi und des Budens verunziert hat, gründlich
ausgetrieben zu haben.
Dresden. Alfred Fleokbisbn.
26.
ZU TEBENTIÜS PHOBMIO.
Einen beweis dafür dasz die recension des Calliopius der des
Bembinus nicht immer nachzusetzen ist, liefert auszer vielen an-
dern der vers 368 des Phormio, dessen zweite hftlfte (nach der pen-
themimeres) im Bemb. lautet: narras, I i in malam crucem^ in den
übrigen hss. : narras, IT abi hinc in malam crucem. es ist dies die
einzige stelle bei Terentius, in der das bei Plautus gegen zehn-
mal (s. Luchs in Studemunds Studien I s. 18 ff.) in dem sinne 'scher
dich zum henker' gebrauchte i in malam crucem vorkommt. wSre
nun diese mit der Plautinischen wort für wort stimmende ausdrucks-
weise die vom dichter selbst herrührende, wiehfttte es da jemandem
in den sinn kommen können das i in abi hinc zu verwandeln? das
200
ÄFleckeisen: zu Tereutiue PLormio [368],
ist undenkbar, dazu kommt nocb ein anderer umstand, der aing.
crux kommt bei Terentius im ganzen nur dreimal yor : auszer unserer
steile Ändr. 621 quid meritü's? (T crucem und Phorm* 544 ni äiam
nunc me huius causa quaerere in malo iubeds crucem? also beidemal
ohne epitbeioD. was liegt nun niber als die annabme da^z Ter. auch
hier blosz in crucem geschrieben (was auch bei Plautus durchaus
nicht unerhört ist: s, zb. Asin. 940 i in crucem. Persa 855 ahi in
crucem) und dasz erst ein späterer abscb reiber in erinnerung an
das Plautinische malam crucem hier das maJam eingedickt hat? nun
wurde aber der vers wenn auch nicht zu lang, so doch durch die an
dieser stelle sehr mi sali che scansicn mdlam crucem mit recht ver-
dächtig, der diorthot vom archetypus des Bemb. verwandelte darum
das ahi hinc in einfaches t, und dieses i in malam crucem bat den
neuern bgg. so eingeleuchtet, dasz es seit Bentley in allen uDsern
(mir bekannten) ausgaben im texte steht, ich halte mich, wie schon
oben angedeutet, an die Calliopisehe recension und schreibe mit Ver-
besserung des geringHlgigen Schreibfehlers abi in ahin die warte so:
närras. IT ahin hinc in crucem? vgl. Ändr, 317 dhin Mnc in maMm
rem cum suspüione tstdc, sceUis? wo gleichfalls die meisten bas, ahi
bieten statt ahin» — Übrigens hatte schon Donatus die lesart des
Bemb, vor äugen , nur dasz das i in wie oft ein einfaches in gewor-
den war. er bemerkt zu unserer stelle: in malam crucem: aducrhia-
litery ut huc uiciniam: denn so musz statt des Lsl. huc uidniae ohne
zweifei gelesen werden, er faszte tV == isne und malam crucem als
Bcc. loci auf die frage wohin? nach analogie der stfidtenamen und
der wenigen appellativa donium rus uä.: ein Sprachgebrauch der bei
Plautus und Terentius wiederholt vorkommt, wie schon Bentley zu
Phorm. V 8, 37 in' hinc malam rem cum istac magnificentia? nach-
gewiesen hat (vgl, auch Eun. 536 malam rem hinc Ms? wozu Do-
natus ähnlich bemerkt: hoc aduerhialiier äiM, quemadmadum dicimus
domum ihis), dort also erklärt Donatug, wie Terentius Andr. 70 huc
uiciniam gesagt habe, so in unserm verse des Phormio malam crucem
^ in malam cruceni» hätte er^ wie die Überlieferung bietet, huc
uidniae geschrieben, so wfire die ganze bemerkung vollständig sinn-
los. ASpengel hätte demnach im kritischen anbang seiner ausgäbe
der Ändria zu v. 70, wo er daa huc uiciniam tiberzeugend als not*
wendig nachweist, auch diese Donat-stelle als bestätigung seiner
emendation anführen können.
Dresden. Alfred Flsckeisen.
€FWMüller: ante atmas, Tor jahreiu 201
27.
ANTE ANNOS, VOR JAHBEN.
Unter den vortrefiflichen beitragen zur kritik des Ammianus,
die Petschenig neuerdings im Philologus geliefert hat, finde ich im
letzten hefte LI (1892) s. 522 zu den worten XXVI 10^ 5 undepost
dies produdus . . inieriit die bemerkung: Tomelissen nahm den
ausfall einer zahl hinter dies an. einfacher und wahrscheinlicher wird
man schreiben können post dies <^paucosy,* hiergegen mich vernehmen
zu lassen würde mir nicht in den sinn gekommen sein , wenn mir
nicht vor kurzem derselbe irrtum bei einem andern sehr verdienten
kritiker entgegengetreten wäre. MajhofiP schreibt Plinius n. h.
XYIII 224 novem a coronae exortu coniinuis diehus, XX. 183 ae.
lade mulierum äuget aliquot coniinuis diehus sumptum^ XXII 129 ae.
suhvenit . . per coniinuos dies . . ., mox adiedo meUe, wo aberall die hss.
keine zahlangaben haben, und behauptet Pliniana (philologische ab-
handlangen MHertz zum 70n geburtstage dargebracht^ Berlin 1888)
s. 36, dasz XXVIII 224 praecedente vini ahstinentia et seguente con-
iinuis diehus 'hinter diebus eine lücke anzunehmen' sei, und dasz
XXIX 128 ciconiae puUum quiederit^ negatur annis continuis Uppi-
turus 'hinter continuis oder auch hinter fi^a^tir ausgefallen sein kOnne
irinis*. man sagt bekanntlich im deutschen ^stunden, tage, monate,
jähre lang, es hat stunden usw. gedauert' usw. ohne zusatz einer zahl,
um auszudrücken, dasz es sich nicht um (ein paar) minuten, stun-
den, tage usw. handelt, sondern um (ganze) stunden usw., so dasz
genauere zahlangabeu überflüssig sind, wer im unmut, dasz er eine
halbe stunde hat warten müssen , dies in die worte kleiden wollte,
er habe ^stundenlang' gewartet, würde arger Übertreibung geziehen
werden ; aber für eine einzige stunde ist derselbe ausdruck eine
hjperbel, wird aber gewis oft ohne das gefühl einer unzulässigen
entstellung der Wahrheit gebraucht, bezweckt wird stets die Ifinge
der zeit hervorzuheben, dasz die Römer, wenn sie von saecula
redeten, dasselbe dachten, ist bekannt (s. ua. Burman zu Val. Fl.
II 245, Plinius XVI 217 memaratur aedisÄuhde ekisdem deae saeadis
ante Troianum heUum exaedificata^ XXXIV 7 cum ante saecula fictores
nobües esse desissent)\ dasz sie bei horaCf dies^ anni von derselben
anschauung ausgiengen, glaube ich nicht; dasz sie aber so sagten
für ^mehrere (nicht pauci) stunden' usw., beweisen folgende stellen,
das bei Plinius beanstandete continuis diebus steht auch bei
Suet. Nero 20 post cenam canenti in muUam noctem assidens^ Vegetius
a. vä. 1 16, 7 dabis cocfdearia singula, Pelag. s. 74, 26 dabis poiionem;
continuis annis Sen. Tr. 68, Colum. IX 13, 13 plurimi florespro-
veniunty XII 46, 3 non cont. a. usurpanda; per continuos dies
Suet d. luH. 78 ae. nee destitü per c. d. quicguam pcUiceri, CaUg.
27 ge. in conspectu suo verberatum occidUf Frontinus strat. II 3, 4
üa ordinatum produxit exerdtum (= Livius XXVIII 14, 3 per dies
202
€FWMCÜler: ante tmnaSf Vorjahren«
aliquot), Amm. XX Y 10, 1 multa visehaniur äira; per continuas
noctes Suet. Nero 36 steUa crinüa oriri co€perat\ per continuos
mens es Suet. Aug, 23 ge. harba capiUoque summisso^ adiectis
diebus PliDtus XI M2 und XY 14 ae.; interpositis diebus
Plinius XXVI 110, Yeg. a. vet. I 17, 13. 22, 11. IH 18. 58, 5 interp,
diebus vel singulis mensihus ('an deest numerua?* Gesner), CaeL Äur.
cfir, 11 1 s. 120 aa, (Haller), Marc. Emp. s. 41, 14, wo Helmreich
ira texte anders achreibt, aber e. 415 corrigiert: si per triduum con*
tinuum Herum interpositis diebus accipiantur^ ebd. s. 216, 23 , hisi,
Ap.r, 24 aa, ed. 2; iniermissis diebus Plinius XXXII 70, Marc.
Emp. a. 157. 29; interiectis diebus Suet d* JuL 37^ Justiims
III 7, 5. 11. V 4, 3 und noch zehnmal (mit pauds XXIII 2. 3) , Caol
Äur. dir. 11 1 s. 119, Maic. Emp. s. 167, 6. 17ö, 23; posi interiedas
dies Quint. XII 9,16; interieäis mensibus Just. XXXYIII l,6;tn/«r-
missis horis Yeg. a, vet. V ö6, 1; interiectis annis CapiL Ver^
3, 3 (eonöt nicht bei den script. liistÄug.); interpositis annorum
spatiis Veg. a. vet, I 17, 5; horarum spatio hist, Äp. r. s. 113, 2,
Suet. Dom, 3 cofidie secreium sibi horarum sumere solebat. wenn
aber Suet. Nero 37 sagt mori iussis non amplius quam horarum
spatium dahat ^ so ist das offenbar das umgekehrte des detitschen
'stundenlang', posi dies schreiben auszer Aramian auch Just.
XLIY 4, 3, Lucifer s. 67, 29 in einem citat aus Genes. 4, 3, wo
die vulg. hat post multos dies, die LXX peG' fiiit^pac (anderwärts
aliquantum temporis für fm^pm). ante dies Just, VI 7, 7, Augast.
c. Fortun. 29 s, 110, 11 (Zycha), cum ante hos dies coniu^em et
fiUum amiserim CIL. VI 2120, 16, ante menses Just. XX 5, 4. Pelag.
8. %^f9post cttram spat tum dierum largiamur, '?or jähren* heiszt
bei Lucifer s. 1^2^X2 ante annos (susceptum furorem adhucräincs).
iJüsz man die singulare hora^ dies^ mcnsis^ annus ohne unus zu
gebrauchen pflegte, bemerkt Seyffert eu Cic. Lael^ s. 61 (vgl. ua.
Front, strat, II 12, 1 T, Quintius cohortem taniummodo in statione
deiinuii). man sagte aber auch tempus fQr 'einige seit'; Suet,
Tib. 9 ae. interposito {empöre^ rhet. 1, Tac. ab esc. IV 73. XII 57. Just
I 6, B usw. 17 mal, Sulp. Sev. chron. 3 mal inieriedo tempore^ Hyg.
fab. 126 cum iam tempus intercederet , wofür Barth *ex membranis*
wollt« tempus intens (xpövoc itTiTVCTai, XP^^^^^ öcrepov usw.),
Bictys VI 4 ß. 105, 14 transado tempore^ schol. Germ. a. 381, 18
Ey89.|>05f tempus^ CIL. VIII 2756, 16 iacuitper tcmpora muta. cum
tempore, cuv xP<^Vifi, kenne ich ans Ruricius s. 378^ 24. Marc.
Emp. s, 80, 24 sagt daftlr pa^ tempus. ad tempus und in tempus
sind bekannt,
Breslau. C. F. Wilhelm Müllbb«
SBrandt: über den TerfiAsBer des boches de marHlmB peneeutorum, 203
(15.)
ÜBER DEN VERFASSER
DES BUCHES DE M0BTIBU8 FEBSECUTOBÜM.
(scblasz von s. 121—138.)
Nach erledigung der wichtigsten punkte musz ich mich noch
mit einigen stellen meiner kritiker beschäftigen. Belser meint s. 464,
Lactantins könne deshalb nicht 307 — 310 am kaiserlichen hofe in
Trier gewesen sein, weil ihn sonst die pflicht der Wahrhaftigkeit und
dankbarkeit hätte veranlassen müssen, in den Institutionen bei der
Schilderung der Verfolgung wenigstens eine bemerkung einflieszen
zu lassen über das von dem wüten der übrigen regenten abweichende
verfahren des Constantius und Constantin. aber ich habe jetzt meine
annähme, Lact, sei schon 307 — 310 lehrer bei Crispus gewesen, als
notwendig fallen gelassen, sodann aber hätte die pflicht der Wahr-
haftigkeit wenigstens für ihn ja auch bestanden, wenn er in Niko-
medien oder sonst auszerhalb Galliens (so Belser) jene Schilderung
geschrieben hätte, so wenig er aber diese pflicht der Wahrhaftigkeit
empfunden und erfüllt hat — um so auffallender, weil er von Niko-
medien her Constantin kannte — , so wenig dürfte man von ihm eine
derartige erfüllung der pflicht der dankbarkeit fordern, selbst wenn
diese damals schon für ihn vorhanden gewesen wäre.
Wenn sodann Groscurth ao. s. 17 stellen anführt wie inst,
V 13, 18. 20, 9 f. VI 17, 24 f. VH 27, 2, wo Lact, den gedanken
ausspricht: 'wir Christen dürfen durch keine drohungen und strafen
uns vom glauben abbringen lassen' und ähnliche betrachtungen
äuszert, und wenn er daraus den schlusz ziehen will, Lact, habe
damit angesichts der Verfolgung an eignes martyrium gedacht, so
erlauben diese in rhetorischer unmittelbarkeit gehaltenen stellen
nicht im mindesten eine solche deutung. Lact, spricht hier keines-
wegs von sich persönlich, sondern überhaupt von den Christen, und
ein hinweis darauf, dasz sie in Nikomedien geschrieben seien, liegt
nicht darin.
Mit der bisher dargelegten, jetzt von mir neu aufgestellten
begründung meiner ansieht von dem Zeitpunkte, wo Lact, nach
Gallien übergesiedelt ist, steht meine Chronologie von dessen leben
nicht in näherem zusammenhange; gleichwohl kann ich es nicht
unterlassen sie gegen die angriffe von Belser und Groscurth zu
schützen, nach Hieron jmus de uiris ifd, 80 soll Lact, in extrema
senectute lehrer bei Crispus gewesen sein, ich bestritt die richtig-
keit des Zusatzes in extrema senectute. rechnet man für das äuszers te
greisenalter das achtzigste lebensjahr, wozu man alles recht hat, da
mit 60 Jahren bei den Römern das greisenalter beginnt, so wäre
Lact., wenn er den Unterricht bei Crispus übernahm, als dieser schon
Caesar war (so Belser), also 317 in diesem hohen alter gewesen, die
Inst, hätte er demnach als siebenziger geschrieben, wie wenig dieses
204 SBrandt: über den verfawer des buches de mortibus perBectUorum.
letztere wabtscbeinHch ist, habe icb leben des Lact, s, 36 ff. gezeigt,
desgleichee dasz man dann mit der cbronologie des Arnobius ad a.
Abr. 2343 in conflict kommt» wo es heiszt: Arnohiits rlietor in Äfrica
darus habetur. TeuSel glaubte, da das werk des Arnobius scbon
um 295 entstanden ist, man müsse diese notiz des Hieronymus auf
dessen todesjahr bezieben, ich bin nun allerdings früher von dieser
erklärung ausgegangen, wie icb auch, aber nur Vorschlags weise, ftir
die e^rema senedus auf 70 jähre heruntergegangen bin. allein gegen
Teuüels erklärung sind seither immer bedenken in mir aufgestiegen,
es wäre in der that höchst auffallend, wenn Uieronymus gerade das
todesjahr des Arnobius als dessen bltlte angesehen hätte» er hat
wohl irgend eine notiz über ihn für dieses jähr gewust, die er dann
bei den Worten clams habetur im sinne hatte, nun ist aber jenes
jabr 2343 Abr, = 327 nach Ch,, demnach ergibt sich dasz, wenn
Lact 317 achtzig jähre alt war, Arnobius zehn jähr später auf
seinem höbepunkte stand mit neunzig jabren , eine Unmöglichkeit.
Belser geht nun s. 456 ff. von jenen siebenzig jähren fUr die extrema
senedus aus» da aber diese altersstufe dem ausdruck des Hierony*
mus nicht gerecht wird, so bestreite ich die Sicherheit der von Belser
gezogenen consequenzen , ebenso auch seine benutzung der stelle
inst. I If 7f wo Lact» ^agt, er sei lange iehrer der bered^mmkeit
gewesen — was für uusern fall nichts beweist — desgleichen seine
deutung der stelle de opif, 20, 7 ff., die ich leben des Lact. s. 37 be-
sprochen habe , ferner Groscurths yersuch s, 1 5 die worte inst. VII
27, 8 auf Lact, leben zu beziehen: quanto quisque annis in senedu-
tem uergeniihus adpropinquare cernii iUum diem^ quo sit et exhac
uüa demi^andum , cogitd quam pums ahscedai , quam imwcens ad
iudicem ueniat, non ut faciunt quidam caecis mentibus nixi qui iam
deficientibus corporis uiribus usw. es ist dies eine allgemeine er-
mabnung; niemand ist genötigt das darin zu Bnden was Groscurtb
hineinlegt, der ausdruck extrema senedus ist nicht richtig fUr die
zeit, wo Lact, bei Crispua Iehrer war. Hieronjmus wüste, dasz Lact,
in Gallien das äuszerste greisenalter erreicht und auch dasz er^ ge*
wis im höchsten alter, in äuszerster not gelebt hat. so kam die
bemerkung in extrema scnedute bei ihm in einen unrichtigen Zu-
sammenhang.
Wie wenig nun aber Belser bei seiner Chronologie des lebens
¥on Lact, in Übereinstimmung mit sich selbst ist, zeigt seine chrono»
logie der schrift de ira dei, da Lact. inst. 11 1 7, 5 diese schrift in
aussieht stellt, schlosz ich dasz er möglichst bald nach beendigung
der Inst, dieses yersprechen erfüllt haben wird^ also, da die Inst.
307 oder 308 (Ich sage jetzt auch 308 oder 309) beendigt waren,
würde jene schrift in 310 oder 311 fallen. Belser nennt diese be-
hauptung unerwiesen und unerweislich, natürlich kann von einem
eigentlichen beweise hier so wenig die rede sein wie bei Belsera
eigner meinung. es musz in diesem falle die wissenschaftliche mög*
lichkeit genügen. Behex* selbst meint, die schrift sei 318^ — 320 ver-
SBrandt: über den Verfasser des buches de mortibus penecytorum, 205
faszt. da hStte ja Lact, acht bis zehn jähre gewartet, bis er sein in
den Inst, gegebenes versprechen gelöst hätte, wer kann dies glauben?
femer soll die schrift nach der Epitome geschrieben sein , weil sie
gegen die sonstige gewohnheit von Lact, in jeder seiner Schriften
auch andere zu erwähnen in der Epitome nicht genannt ist. aber
gerade die Epitome kann bei ihrer Unselbständigkeit als excerpt aus
dem hauptwerke hier am wenigsten geltend gemacht werden, und
dann hat ja Lact, in der Epitome auch nicht die inst, 11 10, 15 ge-
nannte schrift de opificio dei erwähnt, femer aber ist folgendes gegen
Belser zu sagen, nach diesem wäre Lact 248 oder 249 geboren
(s. 460), als er 318 — 320, kurz nach beginn seiner thätigkeit bei dem
Caesar Crispus , das buch de ira dei schrieb , 70 jähre alt gewesen.
Belser will auch s. 455 finden, dasz dieses buch schon die spuren
des eingetretenen greisenalters trage; ich habe diesen eindruck durch-
aus nicht , doch wichtiger als persönliche eindrücke ist folgendes,
wenn Lact, nach Belser 318 — 320 siebenzig jähre alt war, wofür
man aber nach genauer interpretation von Hieronjmus achtzig jähre
sagen musz, so ist ganz undenkbar, dasz er nachher noch die reihe
von Schriften verfaszt habe , die er nach Hieronjmus de uif, ifU, 80
verfaszt hat. zunächst trägt er sich in de ira dei 2^ 6 noch mit
dem schon inst. IV 30, 14 geäuszerten plane einer schrift gegen
alle häresien, dann aber (vgl. darüber entstehungsverh. s. 123 ff.)
enthielten die zwei bücher an Demetrian ausftihrungen christlichen
inhalts (über die lehre vom heil, geist) , höchst wahrscheinlich auch
die vier bücher briefe an Probus ebenso , und wohl auch die zwei
bücher briefe an Severus. nach Hieron. de uiris int 111 war ein
nachkomme desselben — de Rossi Bull, di arch. crist. IV (1888— 89)
8. 48 meint, vielleicht dessen söhn — ein christlicher Schriftsteller
und lebte in Spanien , daher wird auch jener ältere Severus Christ
gewesen , jedenfalls aber weit eher zur zeit von Lact, aufenthalt in
Gallien mit ihm bekannt geworden sein als zur zeit von dessen auf-
enthalt in Nikomedien. Lact citiert beistimmend inst. VII 4, 17
eine ihm gewidmete schrift von Asclepiades {Asdepiades noster) , in
der de prauidentia summi dei gehandelt war, Asclepiades war (vgl.
noster) also jedenfalls Christ. Lact erwähnt aber weder hier, wo es
so nahe lag, noch sonst irgendwo die zwei bücher ad Asdepiadem\
diese fallen also ebenfalls in seine spätere christliche zeit. Belser
erkennt, wie angeführt, selbst die gewohnheit von Lact, an, in der
einen schrift möglichst seine andern zu erwähnen, von diesen zehn
büchem nun ist kein einziges bei Lact, selbst genannt, sie sind aber
teils sicher^ teils höchst wahrscheinlich in seiner christlichen zeit
geschrieben^ sie müsten also nach Belser in die zeit nach dem buche
de ira dei fallen, es waren auch nicht etwa kleine Schriften : plurimae
epistiüae eius ttsque ad miUe spatia uersuum traduntur . . quo fit, ut
et legenti fastidium generet longüudo klagt der papst Damasus in
einem briefe (epist. 35 bd. I s. 157*» Vall.) an Hieronjmus. ferner
sagt er an derselben stelle, dasz die briefe des Lact, raro de nostro
206 SBrandt: ^ber den TerfasBer des bncliefi äe marHbus persecutorum.
dogmale dispuianty vielmehr de meiria et reffi^mum süu etphüosophis*
man sieht daraus, dasz diese briefbücher nicht mehr in die zeit
fallen, wo Lact, littei-arisch seinen glauben verteidigte, sie sind viel-
mehr geschrieben, nachdem ruhe fQr die kircbe eingetreten und bei
Lact, mit dem aufhören der kampfesf^timmung auch das Interesse
ftlr theolGgische und religiöse fragen etwas zurückgetreten war und
seinen frühem allgemein wisaenscbaftticben Interessen wieder platz
gemacht hatte, und nach Belser müste alle diese bücher ein greis
nach seinem siebensigsten lebensjahi-e geschrieben haben I nein, sie
stammen aus einer arb ei tsfris ehern zeit des mannos. Lact, ist um
260 geboren; etwa 50 jähre alt, zwischen 306 und 310 kam er nach
Gallien, damals sind die Inst vollendet worden, bald darauf die
Schrift de ira dei^ 310 oder wenig später, dann 313 — 314 die Epi-
tome. er war lehrer bei Criepus, bis dieser Caesar wurde, vielleicht
auch noch Ifinger, also bis zum beginnenden greisenalter» bis gegen
320. er erreichte nach Hieronjmus auch das äuszerste greisenalter,
etwa achtzig jähre , er starb also um 340. in die jabre gegen 320
und in die spätere zeit fällt die reihe der acht briefbücher und die
zwei bücher an Asclepiades, nicht etwa desbalh, weil sie in de ira dei
nicht erwähnt werden (denn bei dieser kleinen Schrift verlange ich
dieses nicht, wie Belser es bei der Epitome verlangt), wohl aber weil
sie sich nirgends in den kurz vorher veröffentlichten Inst, genannt
finden und aus den so eben angegebenen allgemeinen gründen.
IV. Dasz zwischen der spräche der mortem und der des Lact,
ein groBzer unterschied besteht, ist von jeher anerkannt worden, es
ist dies ein hauptgrund für diejenigen gewesen , die an der auior-
schaft von Lact, für die mories entweder zweifelten oder sie ganz
ablehnten, anderseits aber weist diese schrift eine anzahl eigentüm-
licher Übereinstimmungen mit den Inst, und der Epit. auf, sowohl
in einzelnen werten und Wortverbindungen wie in einigen langem
stellen, um nun die frage richtig zu beantworten, ob hier Wieder-
holungen desselben autors vorliegen oder ob der Verfasser der mortes
jene beiden schriften von Lact» zu stilistischen zwecken ausgebeutet
hat, gieng ich von den langem stellen aus und untersuchte, ob in
den mortes die sätze von Lact, in angemessener weise verwendet
seien oder nicht, als rosuttat ergab sich das letztere, und von diesem
Standpunkt aus folgte weiter, da&z die bei beiden autc»ren sich finden-
den Übereinstimmungen in einzelnen Worten und redensarten als ent*
lehnungen anzusehen sind, die der Verfasser der mortes bei Lact, ge-
macht bat. ich nahm an, dasz er ein früherer nikomedischer zuhörer
von Lact war, der die von Lact aus Trier an den alten freundes*
kreis nach Nikomedien gesandten bücher kannte. Belser ist nun
dem gauge meiner unterauchung nicht gefolgt^ er hat vielmehr deren
teile auseinandergenommen und anders gruppiert, die leser müssen
daher hier aus seiner arbeit ein falsches bild von der meinigen be-
kommen. Belser erwähnt zwar kurz mein verfahren, zuerst jene
langem stellen auf ihre angemessene einfügung in die mortes sn
Sfirandt: über deiiyeTÜumet de^hiusheB de wufrtämipenecuUfrum, 207
untersucheii, dann aber hat er einzelne dieser stellen und solche der
andern art in Verbindung mit einander bebandelt, und erst s. 292
kehrt er zu einer jener ersten zorQck. es ist die stärkste dieser art
Tcmd sie ist wie bisher, so auch nach Belsers erOrterong für mich
immer noch so beweiskräftig, dasz ich allein um ihretwillen nicht
daran denken kann den mortes Lact, zum Verfasser zu geben. Lact,
spricht inst. VI 23, 8 ff. von widernatürlichen lästern, nachdem er
in der spräche des grösten abscheus von der Päderastie geredet, geht
er § 11 zu dem gipfel der widernatürlichen Unzucht über und um-
schreibt in einigen fragen oder ausrufen , die sein entsetzen bekun-
den, dasjenige laster, für welches die Römer das wort inrumaiio
haben. § 12 fügt er dann hinzu: qmbus hoc uerbis aut qua indigna-
tione tantum nefas prosequar? uineit officium linguae sceleris
magnitudo^ dh. einer solchen scheuszlicbkeit gegenüber versagt
die zunge den dienst, man kann nicht davon sprechen, demgemäss
bricht er von dieser sacbe ab und geht zu einer allgemeinen er-
mabnung über, in den mortes 38, 1 zeigt sich nun, wie ich s. 30 f.
nachgewiesen habe, die unverkennbarste Übereinstimmung mit der
ganzen stelle der Inst., und es schlieszt auch die stelle mit den werten
uineit officium linguae sceleris magnitudo. in diesem capitel der
mortes wird nun ausführlich erzählt, in welch brutaler und scham-
loser weise die eunucben Mazimins frauen und jongfrauen für dessen
barem aussuchten und untersuchten, ich hatte gesagt, dasz diese
scfaändlicbkeiten doch noch nicht an das in^. VI 23, 12 gekenn-
zeichnete widernatürliche laster hinanreichen , Belser meint, ange-
sichts jener schändlicbkeiten könne der Schriftsteller doch auch
sagen: die zunge will den dienst versagen, aber Belser beachtet
einen auszerordentlich wichtigen punkt nicht, den ich doch nach
kräften hervorgehoben habe, dasz nemlich dort nach jenem satze
Lact das thema folgerichtig verläszt, dasz aber in den mortes nach
demselben satze gerade umgekehrt jetzt eine längere, in aller
ruhe so detaillierte bescbreibung des treibens der eunucben folgt,
dasz Übersetzer 'die obscönitäten des im urtezt berichteten' (so die
Kemptener Übersetzung) wiederzugeben sich scheuten, hier in den
mortes ist jener satz eine leere floskel , es schrieb ihn ein ezcerptor,
ein nachahmer ganz äuszerlicb aus den Inst, ab , dort war er wahr-
haft an seinem platze, den besten beweis für die richtigkeit meiner
ansiebt gibt kein anderer als derjenige gelehrte , der in neuerer zeit
die annähme , Lact, sei der Verfasser der mortes , am meisten wieder
zur geltung gebracht bat, nemlich Ebert. er nennt s. 121 im tezt
den satz phrasenhaft, in anm. 14 sagt er aber: 'im fall man Lact,
als Verfasser des buches de m. p, annimt, kann man meines erachtens
gar nicht umhin (man beachte den starken ausdruck) den satz uincü
usw. als interpolation zu betrachten.' ich kann kein besseres zeugnis
für mich haben als dieses, da es nun aber, wie ich ao. gezeigt habe,
nicht zulässig ist, hier das gewaltmittel den satz zu streichen anzu-
wenden, so schliesze ich jetzt wie früher, dasz nicht Lact, diese
208 ßßrandt: übeT den Verfasser des buches äe mortibus persecutorum.
stelle und überbaupt die mortes geacbricben hat, was die Übrigen
parallelen dieser art s. 32 ff. betrifft, so sind mir gegen die beweis-
kraft der einen oder andern aucb mündlich oder brieflich bedenken
geäussert worden , jedoch Yerweiae ich auch aaf die parallelen zwi-
schen den mortes und der Epitome s. 99 ff*, unter denen ich die
8. 102 f, angeführten in ihrem werte für den vorliegenden fall durch-
aus feathalte. ntir 6iue derselben musz ich noch berühren, da Belser
auch hier die hauptsache auszer acht \&sii und nur eine nebensacho
bespricht, nemlich mort. 2, 2 und epit. 42, 2. Belser bestreitet hier
meine erklö-rung der worte (mort,) quos mettis comprehenshnis eius
in fugam uerierati und ich gebe zu, dasz seine erkl&rnng möglich
ist , aber nicht mehr ; er fügt dann aber hinzu s. 268 : ^alle be trach-
tungen und folgerungen, welche Br. an die besprecbung dieser
parallele geknüpft hat, fallen darum gänzlich dahin,^ ich hatte
jedoch s. ICH} bemerkt: Moch dieser punkt (nemlich die anffassung
von eins) ist für die vorliegende frage ohne bedeutung*, was also
Belser sagt^ trifft mich nicht. Belser führt nun aber gegen mich
B* 265 ff« und 275 ff, parallelen aus der Epit, und den Inst* einer*
und aus den nwrtes anderseits an, die ^volle beweiskraft für die an-
nähme der Identität der Verfasser' haben sollen, aber diese stellen
erklirren sich mindestens ebenso einfach, ja noch einfacher (man
vergleiche zb. was Belser s. 272 ff. über den ausdruck bestiae für
die verfolgenden kaiser sagt^ mit meinen bemerk ungen s. 37) von
meiner ansieht aus, dasz ein leser von Lact., ein pbrasensamler sie in
die mortes aufgenommen hat. auch hat Belser hier ausdrücke, die
in den beiderseitigen Schriften vorkommen^ seinen lesern als beweis-
material vorgetragen, die absolut nichts beweisen, zb. (s. 266) nwrtes
2, 6 prosiluit ad cxcidendum cadesie templum. epü* 56^ 4 pro-
silitur ad inania fadnora^ mit der bemerkungi ^prosüire ein lieb-
lingsverbum des Lact.' ich kann im augenblick ans Lact, nur noch
die einzige stelle de ira 18, 1 1 nach Bünemanns index beibringen,
aber hätte Belser nur einmal Harteis index zu Cyprianns nach*
geschlagen, so würde er hier sogar gegen 10 stellen für dieses ver-
bnm gefunden haben, darunter 621, 13 ad fferendum proeUum pro-
süistis] 633» 5 ad sacrifwium nefandum prosüiuU^ und nach aus weis
der lexika kommt in den digesten prosilire ad accusatwnem mehr aU
Einmal vor. demnach liegt hier kein singulärer gebrauch bei Lact.
nnd in den mortes vor, noch viel weniger (s. 275) VI 18, 12 sedet
enim maximus ä aeptissimtis iudex ^ und mortes li^ A sedehat ipse
(JHodedanus) i wozu Belser bemerkt 'sedere ohne jede beifügung in
der bedeutung zu geriebt sitzen' ; ein blick in die Wörterbücher etwa
von Klotz oder Georges zeigt, dasz sedere in dieser bedeutung nicht
selten ist, auch steht ja in der ersten stelle ausdrücklich iudex dabei«
ebenso will BeUer die Übereinstimmung in dem ausdruck inst, VII
20, 6 sdre deum und mortes 10, 2 säre dominum für seine behaup-
tung geltend machen; dasz dieses beispiel aber hinfällig ist, geht
darans hervor, dasz schon nach einem so nahe liegenden hillamittel
SBrandt: über den Verfasser des buches de moHibus persecutorum» 209
wie Georges handwörterbuch scire <= nosse überhaupt in späterer
zeit, bei Apulejus, Tertullianus und den scriptores bist. Aug. vor-
kommt, dasz Cjprianus s. 387, 8. 790, 17 Christum scire^ die vulgata
nach Bönscb It. u. Yulg. s. 380 mehrfach scire in dieser bedeutung
und I Paral. 28, 9 gerade scire deum bat^ und dieselbe Verbindung
steht bei Claudianus Mam. s. 56, 11 (Engelbrecht).
In bezug auf meine erklftrung gewisser Übereinstimmungen zwi-
schen den mortes und Lact, durch die annähme einer benutzung des
letztern durch den Verfasser jener schrift musz ich nun noch einiges
hinzufügen, dasz die sache selbst keine Schwierigkeiten hat, liegt
auf der band, wenn wir uns in dem Verfasser, wie doch sehr mög-
lich, einen nikomedischen schüler von Lact, denken und uns zu-
gleich vergegenwärtigen, welch hohes ansehen dieser glänzendste
Stilist seiner zeit genosz , da ferner diese art der stilistischen aus-
nutzung bei einer menge namentlich späterer Schriftsteller nach-
gewiesen ist, da gerade auch Lact, dem Lucifer von Calaris schon
um 360 in dieser weise hat dienen müssen, wie ja auch er selbst die
von ihm gelesenen Schriftsteller, am meisten Cicero und dann wohl
Cjprianus, nachgeahmt hat ; namentlich bei Cjpr. findet man auszer-
ordentlich viele Wendungen und Wortverbindungen, die bei Lact,
wiederkehren, nun nimt Jülicher anstosz an ^diesem eiligen excer-
pieren und ausschreiben einer so eben erschienenen schrift eines
noch lebenden Schriftstellers', aber die Inst, waren schon vor
mehreren jähren erschienen, die Epitome allerdings kurz vorher,
allein der umstand, dasz Lact, in Trier, der Verfasser der mortes
in Nikomedien lebte, konnte den letztern über sein verfahren
leichter hinwegsehen lassen, auch ist das ^excerpieren und aus-
schreiben' doch nur ein sporadisches, und es handelt sich hier
keineswegs um inhaltliche stücke, sondern um kurze, selten um
längere phrasen. femer war man im excerpieren anderer autoren
keineswegs scrupulös. ich möchte fragen^ was stärker und auf-
fallender ist, dasz der Verfasser der mortes eine reihe von einzel-
heiten einem gleichzeitigen autor entnommen oder dasz Cjprianus
sich nicht gescheut hat die schrift quod idola dii non sint in das
publicum zu senden, in der abgesehen von Tertullians Apologeticum
der Octavius von Minucius Felix 'stark benutzt oder, ehrlicher ge-
sagt, halb abgeschrieben' ist (Wölfiflins archiv VIII s. 17)? und
seine schrift de lono patientiae wird bei TeuflFel-SchwabeBLG.* s. 968
ein 'abklatsch* von Tertullian depatientia genannt.
Auch einen andern einwand Jülichers 'die Seltsamkeit, dasz
gerade in Nikomedien in 6inem Jahrzehnt zwei lateinische rhetoren
für die christliche sache mit der feder thätig sein sollen' kann ich aus
mehr als ^inem gründe nicht anerkennen, in Nikomedien, einer der
hauptstädte des reiches, werden unter den Christen manche gewesen
sein, die mit der feder umzugehen wüsten (wie zb. auch Asclepiades,
vgl. oben s. 205), auch wissen wir nur von Lact., dasz er ein rhetor
war, der vf. der mortes war vielleicht advocat. femer verfolgen die
Jnhrbfieher flir das*, philol. 1893 hn. 3. 14
210 Sßrandt; über den verfaBeer de» buches de mortibus per$€cuiorum^
beiden sclariftsteller völlig verschiedene zwecker Lact, sclireibt ein&
philosophisch -theologische verteidigungs- und angriffsschrift , der
vf. der mories eine geschichtliche darstelluug. sodann könnte man
es mit demselhen rechte seltaam finden, da8z ganz zu deraelben
zeitf bei beginn der Verfolgung^ in derselben Stadt Nikomedien
zwei männer litterarisch das Christentum angegriffen haben {insi.
Y 2, 2 ff.), auch das liegt völlig im bereicbe des möglieben, dasst
die Inst, und die Epitome von Trier, wo sie veröffentlicht wurden^
bei Zeiten nach Nikomedien an den aJten freundeskreis kamen, will
man nicht annehmen, dasz die Inst* schon vor dem edict des Oalerius
unter der band befreundeten Christen in Nikomedien übermittelt
wurden, so war doch in den sechs monaten der ruhe zwischen dem
edict und der neu beginnenden Verfolgung Maximins für die Zusen-
dung zeit genug vorhanden, die Epit, aber, deren adressat Pen^adtt*^
frater (prooem. § 1) vielleicht sogar ein nikomedischer cbrist war
(vgL leben des Lact. s. 16 ff«), konnte nach Maximins ende (313)
ohne jede Schwierigkeit dort circulieren.
Aber noch einen andern punkt musz ich hier besprechen ^ anl
den ich früher noch nicht gedacht hatte, wenn der vf. der morte
Lact, wäre, so müsten sich jene Übereinstimmungen im ausdruG
doch auf s£Lmtliebe Schriften von Lact, he/iehen. nun liegen solcht'
Übereinstimmungen mit den mortes in den Inat. und in der Epit. in
ziemlich groszer anzahl vor: Bünemann, Kebrein, ich, auch Belser,
haben den nach weis geliefert, ganz anders aber steht es mit den
beiden gchriften de opificio dei und de ira dei, die einzige stelle aus
jener schrift, die ich bei dem doch sehr sorgsamen Bünemann ge-
funden habe, ist mort, 17^ 9 worte sapüus = de opif. 18, 3 morte
sapiatur und § 8 perpetua morte sopiru gerade aber eine so charak-
teri%^tische redensart, die in den wörterbüehem sonst nicht nach-» 4
gewiesen ist, konnte dem vf. der mortes aus dem zweimaligen vor-
kommen in de opif. dei im gedächtnis geblieben sein, da er die in
Nikomifdien geschriebene schrift von Lact, natürlich kannte, aus der
andvrn schrift de ira dei findet sich bei Bünemann ebenfalls nur öine j
stelle angegeben > c. 20, 13 guamuis sero nosdos punU (sc. deus) mai
paütur hngius procederey cum eos inemendahües esse peruiderit, vgUj
mort 1, 6, wo nach dem gedanken, die feinde gottes seien jetzt gM
etürzt worden, in den ausgaben steht : serius quidemt sed ^auiter ae
digne, distukrat enim poenas eorum dmts^ ut ederet magna et mira*
hÜia exen^pla usw.' es kann serins richtig für das hsl. semit con-
jiciert sein, aber sicher ist es nicht, zumal das vorhergehende wort
am ende -verstört ist. aber selbst Aerius als echt angenommen liegt
ja nur eine allgemeine Übereinstimmung des gedankens an beideul
stellen vor, nicht aber des Wortlauts, femer aber ist der gedanli
keineswegs so eigentümlich, dasz ihn nicht zwei Schriftsteller un««
* diese Stelle hat allem anicheine nach der interpolator der kaiser
anreden intt 1 I, 15 benutKt
SBrandt: über den Verfasser des bocbes de tnortibus perseeutorum, 21 1
abhängig von einander hätten schreiben kOnnen. Plaiarch hat ein
ganzes buch über die späte strafe der gottheit verfaszt, darin führt er
8. 549* ein fragment aus Euripides (979 Nauck) an, in dem es heiszt
(f) AiKTi) ßpabei irobi CTcixouca )idpi|i€i touc xaKOuc, örav ivxQ,
80 auch Tibullus I 9, 4 sera^ tarnen tacUis Poena uenü pedibus^
Juvenalis 13, 100 lU sü magna ^ tarnen certe lenta ira deorum est
und andere autoren , die Wjttenbach zdst. citiert. also kann diese
parallele nichts gegen mich beweisen, um so weniger als der vf. der
mortes ja auch ohne zweifei die scbrift de ira dei gekannt hat, jeden-
falls zeitlich kennen konnte, einige andere von Btlnemann ange-
führte stellen (vgl. s. 1377*». 1391*. 1461^) können nicht hierher
gezogen werden , da die betreffenden redensarten zugleich auch in
den Inst, vorkommen, es ist nun , nach dem material Bünemanns
zu schlieszen, nichts anderes anzunehmen als dasz der vf. der mortes
nur die Inst, und deren Epitome speciell für seinen zweck durch-
gelesen hat, die Inst., weil deren ganzes fünftes buch und manche
einzelne stellen von der Verfolgung handeln , die Epit. , weil er sie
als eine neue verkürzte ausgäbe des hauptwerkes ansah, wäre Lact,
wirklich vf. der mortes ^ so würde man doch um so eher parallelen
zwischen dieser schrift und jedenfalls dem buche de ira dei erwarten
dürfen, weil zwischen letzterm und der Epit. eine gewisse Verwandt-
schaft besteht (vgl. entstehungsverh. s. 10), woraus man auf ab-
fassung beider Schriften innerhalb desselben, nicht zu groszen Zeit-
raums schlieszen darf, ich sehe in diesem so eben ausgeführten
argument eine sehr erhebliche bestätigung meiner annähme, sollten
sich übrigens selbst einige parallelen der bezeichneten art nach-
weisen lassen, wozu der index der ausgäbe der richtige ort sein
würde, so wäre darum meine annähme selbst noch nicht umgestoszen,
da solche parallelen sich ja daraus würden erklären lassen, dasz der
vf. der mortes auch jene beiden Schriften gekannt hat.
Doch ich kehre jetzt zu Belser zurück, auch da, wo er gegen
mich den Sprachgebrauch der mortes im Verhältnis zu dem von Lact,
bespricht, vermisse ich das hier nötige philologische urteil. Eehrein
hatte in der diss. über die mortes nachweisen wollen^ dasz die spräche
der schrift so sehr zu der von Lact, stimme, dasz man ihn als deren
Verfasser ansehen müsse, ich habe nun s. 39 £f. ausführlich gezeigt,
dasz die arbeit von Eehrein keinen wert hat, weil sie 1) die sprach-
lichen differenzen zwischen beiden Schriftstellern fast gar nicht
in betracht zieht, 2) singulare Übereinstimmungen in grammatischen
und lezicaliscben dingen ohne genaue Untersuchung da annimt, wo
solche durchaus nicht vorhanden sind, so hatte Kehrein s. 13 be-
hauptet: 'magni momenti est, quod voz cupido^ quae inde ab
Horatii (I) memoria ab omnibus (I) scriptoribus usurpatur, apud
hunc quidem scriptorem (nemlich den v£ der mortes) non eztat' :
er habe 7, 8. 8, 6. 38, 1 cupiditas^ und nur dieses wort gebrauche
auch Lact, dieses letztere ist richtig, ich habe nun aus den zeit-
genössischen gallischen panegyrikern über 20 stellen für cupiditas
14»
212 Sßrandti über dan verfoeaer des buches de martibm pefsecutorum*
angeftibrt, nur Einmal findet sich bei ihnen cupido, bei dem einen
Nazarius, dessen rede 321, also wenige jähre nach Lact* Schriften
und den mortes geholisn ist, steht sechsmal cupiditas, nie mpido\ bei
Priscillianus (im vierten jh.) findet sich dreimal aipidUas, nicht ctipido.
damit ist, für einen philologen wenigstens, Kehreins behauptung
gebrochen und es ist bewiesen, dasz damals überhaupt ciipido durch
cupiditas sehr zurückgedrUngt worden war. Belser nun sagt .«♦ 274:
'der hin weis blosz auf die gallischen panegjnker, die übrigens
neben cupido auch atpiditas gebrauchen [NB. an einer einzigen
stelle], genügt nicht, um die bedeutsamkeit (1) dieser eigentümlich-
keit abzuschwächen.* da hört natürlich alle Verständigung auf, die
richtigkeit meiner ausftlhr liehen Widerlegung Kehreins haben übri-
gens Wölfllin , Weyman und andere meiner recensenten anerkannt*
dadurch, dasz Belser sich Kebreins annimt, wird dessen schrift nicht
besser.
Belser sucht nun auch an einigen beispielen die von mir s. 45 C
nachgewiesenen difierenzen im ausdruck beider Schriftsteller als nicht
vorhanden oder als nicht beweiskräftig anzfifechten. er sttltzt sich
tunücbst in einigen allgemeinen bemerkiingen s. 28ö auf die that-
sache, dasz Lact, selbst in seinem Sprachgebrauch schwanke, diese
thatsacbe verkenne ich natürlich keineswegs, aber in den meisten
fällen, die ich anführe, steht auf der einen seite eine grosze menge
von stellen bei Lact, die correct sind, auf der andern die abweichun*
gen zum vulgären in den nwrtes, ich habe femer, um möglichst
sicher zu gehen, manche kategorien ganz auszer acht gelassen
(s, 46 f,) und habe den kreis hier eher zu eng gezogen als zu weit,
um nun von den einzelheiten zu sprechen, die Belser behandelt, so
hatte ich dte stellen mortes 9, 2, 17, 2, 18, 5 für causales cum mit
indicativ, einen in späterer zeit häufigen vulgarinmus (die nachweise
s. Ö5) angeführt Belser bat nun insofern recht, als Halm zu de mort*
persec, s. 7 für 18, 5 als die Überlieferung der hss. cnt angibt, nicht
cw, wie sonst immer geschrieben ist; für cm aber liest Halm qtk
dh. quoniam, ich bedaurc dasz mir bei meinen aufzeichnungen aus
der oopie der hs. dieses versehen begegnet ist, das auch hr. director
dr. Laubmann mir als solches bestätigt, wenn aber Belser fort-
führt; Mer gleiche fall Hegt vor 9, 2, wo Dübner gleichfalls quonium
geschrieben hat', so schlieszt er eben nach Dübner; wie mir aber
hr. dr. Laubmann auf befragen mitteilt, ist hier und 17, 2 meine
aufzeichnung, das die bs. ctt hat, richtig, anderseits führt Belser
ifist, V 1, 4 und VII 9, 10 an, wo causales cum mit dem indicatiy
verbunden sei, an beiden stellen nehme auch ich causalen sinn an,
an der ersten jedoch hat der älteste codex B und der Pal. den coiy',
audeantf an der zweiten ist, was ich noch mehr bedauern muss ali
jenes versehen, in meinen apparat ein mir unerklärlicher fehler ge-
kommen, den ich noch in den corr. im siichluszteil der ausgäbe be-
richtigen werde, indem die hss, BS HP cadii haben, der Bonon.
aber cadant Ton erster band, woraus die dritte band cad^nt gemacht
SBrandt: über den yerfasser des bnchee de mortüma perseeutarum, 213
hat. an beiden stellen hätte ich nach dem sonstigen spraehgebranch
mit dem ältesten codex B den conj. setzen sollen, anstatt der mehr-
zahl der hss. zu folgen, ich füge jetzt noch selbst die stelle de ira
16, 6 hinzu, qui cum irMci deutn nolunt, gratificari uciufU^ wo Hea-
mann nolifU vermutet, ich glaube jedoch eher dasz dum zu lesen ist.
nach der ungeheuren überzahl der stellen hat man das recht diese
zu ändern, umgekehrt kann ich freilich auch nicht widersprechen,
wenn man die beiden stellen der mortes ändern will, um noch eine
thatsächliche berichtigung von Baiser anzuerkennen, so bemerkt er
s. 289 mit recht, dasz ich s. 57 bei aufzählung der correlativen sätze
quanio — iafdo mit ihren abarten die stelle inst. VU 27, 8 ver-
gessen habe, er hat aber darin nicht recht, dasz er sagt, das von mir
über die abweichende stelle mort. 33, 4 bemerkte fiele nun dahin:
denn ich habe nicht zu quanio curatur^ increscU, wie er sagt, sondern
wie ausdrücklich bei mir zu lesen steht, für quanio magiscircumsecatur^
latius saeuü eine parallele bei Lact, vermiszt , und diese bemerkung
ist auch jetzt noch richtig; femer aber habe ich schlieszlich den
geringern wert dieser notiz selbst bezeichnet mit den worten : 'allzu-
viel gewicht will ich dieser beobachtung nicht beilegen, aber sie
verdient doch eine erwähnung.' wenn ich nun diese berichtigungen
Belsers anzuerkennen habe, so darf ich doch anderseits sagen, dasz
meine sprachliche Untersuchung ao. auf einer sehr groszen anzahl
zum teil genau citierter stellen aus einem umfänglichen autor be-
ruht und dasz, da Belser mir nicht mehr versehen nachgewiesen hat,
meine angaben doch für zuverlässig gelten müssen. — Mein gegner
hat nun s. 287 auch den von mir getadelten gebrauch von prae
für praeter genannt, der nicht unter die von Wölfflin im archiv
VIT 129 bezeichneten fälle gehört; doch habe ich s. 58 ja selbst
gesagt , dasz hier *ein fehler der hs. nicht ganz unmöglich ist', die
präp. in mit abl. für^^er steht mort, 9, 8. 24, 4. 31, 2, Lact, kennt
diesen misbrauch der spätem zeit, für den ich s. 51 genug belege
angeführt habe, nicht. Belser sagt nun, mort. 24, 4 hätten 'die besten
ausgaben' et für in , aber in hat an allen drei stellen die hs. , und
frühere hgg. haben nur willkürlich den text correct machen wollen.^
Belser meint ferner s. 287 : 'wie nahe sich übrigens im spätem ge-
brauch ein solches in c. abl. mit per berührt, möge man aus inst.
IV 13, 1 erkennen: deus misit e caelo doäorem iustüiae, utnouam
legem in eo uel per eum daret.* aber es bezeichnet hier Lact, mit
per das mittel, mit in aber die i den ti tat: Christus ist selbst das
^ Belser empfiehlt mir einmal s. 286 'die äuszerste zarückhaltung,
bis der text der mortes nach endgültiger prüfun^ erschienen sein wird*,
ich kann darauf zunächst antworten, dasz hr. direetor dr. Laubmann,
der meine mitwirkung bei der heransgabe der mortes wünschte, und ich
von vorn herein in dem grnndsatz völlig einig sind, dasz der hs.
gegenüber ein möglichst conservatives verfahren inne za halten ist.
daher werden in der Wiener ansgabe die versuche früherer hgg. den
text der mortes möglichst von Vulgarismen zu reinigen, höchstens im
apparat eine berücksichtig^ng finden.
214 Sßrandt: über den verfafiser dea buchea de mortibus persemäorum,
neue geneiz, und so sagt er sdbst eininal IV 17,7 quod (iki4s) filium
suum id est uiuam praesentemque ledern missurus esset (vgl.
§ 3 Micheas enim nottam ledern datum iri denunUauU iind § 4).
auszerdem aber, da micb Beber s. 250 docb daran erinnert} dasz
mir yerscbiedene anspielungen auf stellen des NT, entgangep seien,
wie wäre es^ wenn Lact» bier an Rom. 11, 36 gedacht hKite^ wo die
Itala bei Cyprianus fest, III ö3 (s, 155, 20) quoniam ex ipso et per
ipsum et in ipso omnia (cic auiöVi vulg. in ipso) hat? das von
mir s, 51 scharf getadelte (mort^ 56, 6) ageniem in annis ocio dh.
'acht jähre alt', das übrigens ao. fUr die spÄte zeit als möglich er*
wiesen ist, jedoch für Lact mir unglaubiicb erscheint, ist nach
Beleer leicht «u erklären, es soll für uersantem in annis odo stehen
und dem achriftüteller für uersantem das geläufigere agentem in die
feder geflossen sein, so lange aber Belner für tiersantem in annis
octo keinen beleg beibringt, musz ich dies für ebenso 3cbk*ehtes
latein halten wie agetUem in annis odo* aus den bei spielen für die
bekannte Verwechselung von in mit acc. nnd in mit abL und um-
gekehrt, die Lact* fremd ist, greift Belser mort, 39 ^ 3 in matrimoniö
postulat Valeriam heraus: er erkennt an dasz dies ungewöhnlich sei,
sagt aber, es sei auf die grosze Unsicherheit 'der spätem zeit* im
gebrauche der präp. in hinzuweisen: 'spuren dieser Unsicherheit
finden sich auch in andern Schriften des Lact., so epit. 28, 8 daa
auffallende sunt in hominis potestatem und 40, 8 Pontitis PilatuSf
qui tum in S^am iudicubat*^ der leser musz meinen mit der stelle
sunt . . p<A€statem sei etwas von belang gegen micb gesagt, ich
hätte die stelle Übersehen, *aber ich selbst habe ja s. 53 geschrieben:
'die einzige derartige stelle bei Lact, ist eprt 28, 3 sunt , , poteda-
t€m\ dann aber hinzugefügt; 'aber gerade diese redensart hat schon
Cicero (vgl. Kühner ausf. lat. gr, II 432),' sodann in Stpriam iudh-
cahat beiszt 'über Syrien*, wie auch regnare i*o construiert wird,
auch bei Lact, epit, 13» 5. 14, 4, dagegen in terra (auf der erde)
sogt er inst, 1 11, 44. 13, 11 , in caelo I 11, 5. — Belser fährt fort
^consiUuU in medium in mort. 19, 4 ist gewis nicht auffallender als
inst, IV 27, 3 mentes furiatas in sensus pristinos reponehal^ , hätte
er nur bei Georges nachsehen wollen, so würde er manche beispiela
für reponere mit in und acc, gefunden haben, während Lact. Cim-
stUuere richtig mit in und abl. construiert und inst. III G, 6. IV 27, 14
gerade die Verbindung consiituere in media bat. — S. 47 f. habe ich
angeführt, das/ Lact nie das mort, 2» 6. 33, 5 vorkommende wort
idolum gebraucht, sondern an einer masse von stellen andere aus-
drücke {simulacrum, imago^ effigies) und Umschreibungen in menge
und dasz Kofmane gesch. des kirchenlat. I 6 ff. 16 dieses wort denen
einreiht, an denen er den 'kämpf der gräcisierenden und puristiscbea
elemente' veranschaulicht, Belser schweigt über diesen wichtigen
gesichtspunkt, er erklärt idolum in den mortts aus dem streben nach
kürze, aber wenn man erwfigt, dasz idolum ein von den kirchen-
Schriftstellern schon vor Lact* recipiertes wort war, dasz Tertultian
SBrandt: Aber den Verfasser des bnches de mortibua persecviorum. 215
«ine Schrift de idolölatria schrieb , in der es beständig wiederkehrt^
dasz C3rprian eine mit dem titel quod idola dii nan sint verfaszte, in
der er allerdings nicht idölum^ aber anch nur ^inmBl simtdacra s. 19, 5
und statuae atque imagines s. 24, 7 sagt, dasz auch in der Itala iddum
vorkommt (bei Cyprian s. 160, 7. 322, 2. 161, 7. 163, 17. 321, 13.
322, 12; fdr simulacra s. 160, 22 ist wohl nach der Überzahl der
hss. und mit s. 321, 13 idola zu schreiben), so bleibt es nach wie
vor höchst auffallend , dasz Lact, niemals diesen so bezeichnenden,
im kirchlichen gebrauche schon feststehenden ausdruck gebrauchen
wollte, der grund ist eben der von Eoffmane gezeigte. Belser fügt
hinzu : ^zudem möchten wir hier die gegenfrage aufwerfen : wie er-
klärt man sich die thatsache, dasz Lact, neben dem ihm ganz ge-
läufigen lat. ausdruck resurreäio für auferstehung Einmal anastasis
(nicht dvdcTQCic) anwendet (inst, VII 23, 2) und neben dem lat
regimen singularis imperii (VII 15, 16) Einmal monarchia (inst. 1
5, 23)?' aber Belser hätte finden können, dasz Lact, diese frage
selbst beantwortet, denn VII 23, 2 qua de anastasi philosophi quoque
dicere aliquid conati sunt tarn corrupte quampoetae geht er mit phüo-
sopM auf das griechische gebiet über, er nennt Pjthagoras und als*
bald § 3 mit einem griechischen citat Chrjsippus, dann kommen
§ 4 verse der Sibylle und § 5 heiszt es dann : quodsi non modo pro-
phetae^ sed etiam imtes et poetae ä philosophi anastasim mortuorum
futuram esse consentiunt: steht nun auch an den beiden griechischen
stellen das wort dvdcTacic nicht, so ist doch klar, dasz Lact, eben
in gedanken an diese Griechen das fremd wort gebraucht, ganz
ebenso sagt Lact, an der andern stelle 1 5, 23 PZa^o . . monarchian
plane aperteque defendü, — Es folgt dann bei Belser ein hinweis
auf 'im bessern Sprachgebrauch ganz ungewöhnliche Wörter, wort-
formen und constructionen , die sich nicht in den getadelten mortes^
sondern in den Inst, und in der Epitome finden* . so inaurire ^^ hören
machen epü, 40, 2 ; aber woher weisz man, ob das wort in dieser be-
deutung nicht schon früher bestand? es ist eine bildung wie in-
oculare. 'femer sölis deHiquium epit, 40, 10', aber bei Georges stehen
beispiele aus schon früherer zeit. *dann der auffallende comparativ
cordatior inst. III 20, 2'^ jedoch vergleicht man die lange liste com-
parierter participia perf. bei Neue formenlehre II* 119. 121 ff., so
verliert cordatior das auffallende; *aeternior epü, 63, 3', dies hat
auch Plinius n. h. (Georges und Neue II 131); *der barbarische (I)
Superlativ cupientissimus inst. III 1, 7' steht zweimal bei Sallustius
(Georges); Hnsanissimus inst. III 17, 29' hat Plautus und Cicero
(Georges); 'suUimissimus inst. V 19, 9' steht bei Tertullian und an-
dern spätem, den comparativ jedoch hat öfter schon Quintilian, dann
Tacitus und Plinius n. h, (Neue II 134). 'auszerdem precem facere
epit. 60, 3 und precem expromere inst. I 7, 9', aber der singular prex
ist nicht selten, precem kommt schon bei Plautus und Cato, dann bei
spätem vor (Neue II 474). 'dem classicismus ganz widerstrebende
construotionen wie: quod dari häberent] quod carne indui hdberet in
216 Sßrandii über den verfasBer des bucbes de mortibus penecutorum.
terrae quid habent äicer€\ quod pluritnae sedae haherent esdsien
fiDden sich sämtlich in den Inst (IV 20, 10. IV 12, 15. VII 6, 6.
IV 30, 2) und nicht in den mortes*^ erstlich ist qtM habent dicere
VII 6, 6, wie Belser schon ans dar besprecbung von habere mit
inf. bei Rönsch It» u. vnlg. s. 447 — ^449 (auch Kühner ausf. gr.
II 496) bäite ersehen können, schon aus Cicero zu belegen und ge-
hört nicht zu der in den drei andern fällen vorliegenden Umschrei-
bung des futurum s, von denen der fall IV 20, 10 nach auswei»
meiner ausgahe aus Cyprians Te&iimonien abgeschrieben ist. aber
diese drei stellen beweisen nichts, Lact, hat an der ersten und
zweiten den fehlenden conj. fut. pass., an der letzten dieselbe, für
existere fehlende form des activs in einer schon von Tertulltan sehr
häufig nnd auch von Cyprian ua. angewandten weise mit Habere
umschrieben, dies© stellen hätten nur dann hier einen wert, wenn
Belser gezeigt hätte , dasz Lact, selbst keine andern mittel gekannt
hat jene fehlenden formen wiederzugeben und zugleich , dasz diese
in den mortes in einer von jenen drei stellen und auch der sonstigen
weise des Lact, verschiedenen art umschrieben werden, mit den
zuletzt besprochenen stellen schlieszen die einzelnen von Belser be-
handelten fälle ab. ich glaube gezeigt zu haben ^ dasz seine beweis-
ftlhrung die meinige nicht umgestoszen hat und dasz ich mich durch
sie unmöglich für widerlegt ansehen kann, auch hat Belser keines-
wegs alle von mir beigebrachten sprachlichen differenzen zwischen
den beiderseitigen autoren erwähnt, ein volles bild dieser differenzen,
namentlich In lexicalischer hinsieht ^ wird sich aus dem index der
Wiener ausgäbe ergeben.
Belser behauptet; nun weiter, ich hätte die eigentümlichen
stilistiBchen Vorzüge der mofies völlig vergessen, es fällt mir natür-
lich nicht ein solche in abrede zu stellen, wie anderseits auch Belser
zugibt, dasz die redefülle der Inst, in dem geschichtsbuch der mortes
nicht vorhanden sei. aber auch von dem stil der kleinen Schriften
de opificio dci und de ira dei^ seihst von dem der Epitome ist der
der mortes verschieden, in allen Schriften von Lact, findet man, ob-
gleich sie zu verschiedenen zeiten verfaszt sind, dieselbe so zu sagen
ausgeecbriebene, flicözende band des autors wieder, in den twoj^e»
tritt uns eine kürze, eine knappheit, eine unvermittelte aneinander-
reihung der einzelnen glieder entgegen, in der man selbst Unklar-
heit und dunkelheit gefunden hat. Belser spricht freilieb immer,
als ob ich der einzige wäre , der daran anstosz genommen hat , aher
die Sache steht ganz anders. Le Nourry in seiner ausgäbe der mortes
(1710) handelt e. 134 — 145 über diese eigenbeiten, die ihn dazu
veranlaszten das buch Lact, abzusprechen, er sagt s. 134: 'ei
certe pluribus in locis tanta obscoritate est involuta (sc. sermonia
brevitas), ut ii qni tenebiicosos eins modi locos aut suis animadver-
sionibus aut Galileis Anglicisque interpretationibus explicare volue*
runt, a se invicem omnino dissentiant,* allerdings ist die dunkel*
heit nicht so grosz, wie Le Nourry sagt, aber der wackere alte
SBrandt: über den yerfasBer des buches de morttbus persecutorum. 217
Manriner hat hier sein befremden über den stil der mortes im Ver-
hältnis zu Lact, nur in nicht adäquater weise zum ausdruck gebracht,
und wenn ein Gibbon sagt: 'every reader of taste must perceive
that the style is of a yery diflferent and inferior (I) cbaracter to that
of Lactantius*, so gibt dies doch zu denken ; und ähnlich urteilte
Glericus. desgleichen hatte Fritzsche in dem stile der schrift den
hauptgrund gesehen, weshalb Lact, sie nicht geschrieben hätte.
Heumann, der ein sehr entwickeltes stilistisches gefUhl hatte, war
zwar (Lactantii Symposium, 1722, s. 220 ff.) gegen Le Nourrys
kritik aufgetreten, die in der that bisweilen neben das ziel trifft,
jedoch in seiner ausgäbe (1736) erklärt er praef. (s. 3 nach b 5):
*illud ad ultimum celare meos lectores nolo, nondum videri mihi
librum hunc satis emendavisse et exasciasse Lactantium . . ac hanc
ipsam esse causam ezistimo, cur huius libri Stylus non ubique aequet
elegantiam ceterorum Lactantii librorum' usw., und schlieszlich
meint er: 'quod haud dubio sustulisset auctor, si extremam manum
operi adhibuisset' darin schlieszt sich Groscurth nach allerlei
allgemeinen betrachtungen über die spräche der mortes an Heumann
an. einen unglücklichem ausweg kann man sich nicht denken.
Lact.; ein rhetor von langer praxis, nach Hieronymus der beredteste
mann seiner zeit, derselbe der Tertullian und Cyprian wegen ihres
stilistischen Ungeschicks streng kritisiert {inst Y 1, 23. 28), der für
den erfolg seines eignen apologetischen Werkes wesentlich auf seine
kunst der darstellung baut (inst. I 1, 10 vgl. V 1, 14 ff.), er soll
sich nicht gescheut haben die mortes, die doch nach 1,7. 52, 1 eine
geschichtsquelle für die zukunft sein sollten, ohne genügende durch-
arbeitung dem publicum, der nachweit zu übergeben ! kurz gesagt,
ich kann mir nicht denken, weshalb Lact, von seiner gewohnten
spräche in den mortes abgewichen sein sollte, weder der geschicht-
liche Stoff noch im Verhältnis zu den übrigen Schriften ^die ganz
verschiedene tendenz und das verschiedene leserpublicum' (Jülicher),
noch gar Eberts meinung, Lact, habe nach dem christlichen Cicero
nun auch als christlicher Tacitus sich versuchen wollen — ein
wunderliches kunststück — können eine genügende erklärung
bieten.
V. Belser s. 452 ff. und Groscurth s. 18 ff. bringen nun noch-
mals einen von Baluze hervorgehobenen grund vor, den schon
Le Nourry beseitigt hatte, der Ebert jedoch wieder so überzeugend
schien, dasz, wer nicht daran glaubte, fast an wunder in der litte-
raturgeschichte glauben müsse, die mortes sind einem Donatus ge-
widmet, ebenso die schrift de ira dei: diese Übereinstimmung soll
auch für denselben Verfasser sprechen, wer ohne Voreingenommen-
heit zu werke geht, wird meine beweisführung s. 61 ff. billigen,
der Donatus der mortes wird cap. 16. 35, 1 f. als ruhmvoller con-
fessor hoch gefeiert, der unter drei Statthaltern und neunmaliger
tortur seinem glauben treu geblieben war, der sechs jähre im kerker
geschmachtet hatte, es wird 1, 1 und 52, 5 voll Verehrung zu ihm
218 Sßrandt; über den verfasaer des buchea de mortihus peraecutoruvi.
binaufgeschaiit und seine fürspraobe bei gott für die kirche ge-
priesen tind weiter erbeten, der Donatus der scbrift de ira soll fast
wie ein scbüler nacb 1, 2. 22^ 1 darüber belebrt werden^ wie er den
philosopben entgegen zutreteo babe^ die leugneten dasz gott zfimen
könne, kein wort in ilieser scbrift von dem confessor, nicbts von
dem preise und der ebrerbietung , die ibm in den martes ganz über-
ßcbwänglicb gezollt wird, von der Verfolgung, auf die doch gerade
'der zorn gottes* bütte ftibren müssen, dagegen bekämpf uug nament-
lich der lehre Epikurs vom wesen gottes, ein lieblingsthema von
Lact, es bleibt also eine Unvereinbarkeit beider Schriften bestehen,
keine gemeinsamkeit findet »ich als der name Donatus. erwägt man
aber nun noch^ dasz dieeer name sehr häuEg war^ so f^Ut alle be-
weiskraft dieses vermeintlichen arguments dahin, mögen Belser und
Groficurth auch ein resteben davon zu retten versuchen, nach Gros*
curth B, 20 soll die scbrift d€ ira vor den mortes verfaszt sein , als
die Verfolgung unter Maxirain aufa neue begann (313), so dasz das
undenkbare sich ergibt, dasz in der scbrift de ira Lact, kein wort
Übrig gehabt hätte für den confeaaor Donatus, während er dessen
todesmut und gottgef^lligkeit bald nachher in den mortes so be-
geistert gepriesen hat, Belser s. 454 setzt die entstebung des buchs
de ira dei in 318 — 320, so dasz Lact, dem Donaths , der sich jetzt
einer Unterweisung bedürftig gezeigt habe, diese zu teil werden
lieaze: wie dies Belser als möglich zu erweisen sucht, möge man bei
ihm selbst nachlesen, da nun aber nach Belser Lact, 316 nach
Gallien gegangen sein soll, möste er also doch von dort aus die
scbrift an den confessor Donatus, der doch nicht ebenfalls nach
Gallien gegangen sein wird, nach Nikomedien geschickt haben:
das würde eine vorhergegangene correspondenz zwischen beiden,
äuszerungen , anfragen von Donatus oder mitteilungen anderer von
Lact, über seine unter weisungsbedQrftigkeit voraussetzen, wovon
keine spur in dem bucbe sich findet* Belser bewegt sich s. 452 — 456,
wo er meiner abweisung des Donat- arguments von verschiedenen
Seiten bei zukommen sucht, nur in den allervagsten möglich keiten,
die nichts beweisen, er sagt übrigens selbst s. 454 : 'es ist gar
nicht daran zu zweifeln, dasz gerade diese ausführung Brandts auf
manche, welche vielleicht andere partien seiner abhandlung für ntcbt
gelungen erklären, einen eindruck machen.* man wird ja sehen, ob
Belsers erörterungen mehr eindruck machen, was Belser über die
entstehungszeit der scbrift de ira dei sagt, ist bereits s 204 f. be-
sprochen.
YL Am wenigsten zulftjs^ig erscheint Belser dasjenige, was ich
8. 64 ff. über gesinnung und charakter der mortes im unterschied
von den Schriften des Lact, gesagt habe, und mit besonderer Vor-
liebe greift er einzelne scharfe ausdrücke, die ich gebraucht habe,
heraus, die, wenn man nicht meine ganze darstellung liest, leicht
übertrieben erscheinen müssen, dasz in dieser hinsieht nun, wo per-
sönliches gefQhl und urteil mehr mitsprechen als bei den sonstigen
SBrandt: über den Terfiuser des buchet de wtorübrng penendorwm. 219
differeupnnkten swischen Belser and mir, eine Terstindigang noch
weniger leicht ist, liegt aaf der hand. indem ich daher mnf den be-
treffenden teil meiner untersochung Terweise, erwihne ich hier nur
einige einzelheiten , erklärend oder aach berichtigend. Belser sagt
8. 444, ein schriftsteiler, der das stra^richt an den nnbarmhenigen
Verfolgern alsbald nach dessen eintreffen schilderte , h&tte anden
natürlich sprechen mfissen, als wenn man 'eine soldie zeit naek
vielen Jahrhunderten bei kaltem blate in der gelehrtenstnbe ftber-
denke und beurteile', das klingt, als ob ich dem natOrlichen mensch-
lichen empfinden den greueln gegenüber keinen ranm gelassen hätte,
während ich doch s. 67 f. ausdrücklich henrorgehoben habe, dass
ein gef^hl der genugthuung in diesem falle bei den damaligen
Christen durchaus berechtigt war und begreiflich isl — Ich hatte
femer gezeigt^ dasz die beurteilung der Verfolger in den imartes eine
ganz andere ist als in dem fünften buche der Institutionen, wo Lact,
ohne allen rttckhalt spricht, und Belser selbst leugnet nicht s. 449,
dasz die verfolgenden regenten in den tmortes 'einseitig* beurteilt
werden, er will nun aber diese einseitige, wie ich sage vielfach
fanatische und unwahre darstellung der mörtes auf den zweck des
buches zurückführen , das die gerechte bestrafung der frevler nach-
weisen wolle und daher ihren gottlosen Charakter schildern müsse,
ich erwidere von meinem Standpunkt aus, dasz es mir nicht denk-
bar ist, wie aus 6iner und derselben persönlichkeit heraus eine so ver-
schiedene darstellung kommen soll, in den Inst, eine gerechte, offene,
in den morles eine ungerechte, tückische, für letzteres bitte ich die
von mir aufgezählten einzelheiten nachzusehen, deren manche frei-
lich Belser mit hilfe von bibelcitaten und theologischen und sonstigen
erwägungen abzustumpfen versucht, aber man musz die mortes mit
Lact, nicht mit andern instanzen vergleichen. — Belser findet
s. 450 'ein bedeutsames moment' für den nachweis der identität des
Verfassers der schrift mit dem der Inst und der Epit darin , dasz
^nofi. 7 die Zerstückelung des römischen orbis in vier teile getadelt
werde, und dasz Lact. insi. 13, 18 f. und epU. 2, 3, wo er beweist,
«s könne nur 6inen höchsten herm und gott geben, sagt, es könne
keine höchste gewalt geben , wenn nicht ^iner das Steuerruder hält
usw.; hier denke Lact, unzweifelhaft an die Diocletianische tetrarchie.
allein Lact, benutzt hier einfach nur Minucins Felix 18, 5 ff. ni forte
. .inquirendumputaSy uirum unius itnperio an arhitrio pluri-
morum caeleste regnum guhemetur . . quando umquam regni
societas aut cum fide ooepit aut sine cruore desiU? (folgen beispiele.)
rex tmtis opibus^ dux unus in gregibus, in armentis redor unus
(s= Cjprian quod id, d, n. s. 8). — Zu Belser s. 452 : ich habe nicht
unglaublich gefunden, dasz Oalerius nach mort, 21, 5 menschen von
baren habe auffressen lassen, sondern die zusätze quos (ursos) Mo (!)
nnpmt sui tempore degerat, und nee umquam (I) sinehumano
eruore cenabat. Belser hätte beachten müssen, dasz ich diese worte
gesperrt geschrieben und mit ausrufungszeichen versehen habe,
220 SBrandt; über den Terfaeeer des buchefl de mortitus persecutarum.
dann bätte er sieb wobl weniger über mich entrüstet. — In der be-
urteilong der angäbe der mories^ zwischen Domitian und Deciua
b&tten nur gute kaiser regiert, als einer lüge habe ich geirrt, wie
ich aus 0 verbeck Studien z. gesch. der alten kirche I (1875) s» 93 ff»
ersehe; auf diese stelle hat mich GKrüger in seiner rec, aufmerkBam
gemacht. — Ich kann nun aber auch diesen abschnitt meiner ent-
gegnung nicht schlieszen, ohne auf das bestimmteste daran zu er-
innern, dasz die von mir gegebene Charakteristik der mortes nicht
mir allein eigen ist, wie es nach Belser scheint, sondern dasz ge-
lehrte, deren ruf feststeht, schon längst ebenso genrteilt haben, das
bild Yon Lact* nach den wirklich von ihm Yerfadzten Schriften j^tebt
vor uns als das eines trotz mancher einseitigkeit und auch starker
befangenheit (s. 67) humanen, ehrenhaften, wahrhaften maunes, um
nur allgemein menscblicbe eigonschafteti zu nennen und von seinem
christlichen Charakter abzusehen» diesen Lact, findet man in den
mortes nicht wieder. Manao hatte über den Verfasser der schrift
geurteiit: 'selbst den edelsten bandlungen weisz er niedrige be-
wegungsgründü unterzuschieben und die reiusten absiebten zu be-
flecken, am stärksten offenbart sich sein durchaus uDchristliches
gemüt, wenn er auf die Unfälle heidnischer fürsten oder auf den
Bcbmtiblicben tod eines von ihnen zu reden kommt, dann verweilt
er mit vorzüglicher liebe und mult mit sichtbarer Schadenfreude.*
Teuffei nannte die mortes fanatisch wie keine andere schrift des
Lact.; Burckhardi hatte in der ersten aufläge seines Werkes über
Consiantin geschrieben: *dem namen des Lact., von dessen bildung
und tiefe nicht«* darin lu fiuden ist, macht es eine hdchst wahrschein-
lich unverdiente schände'^ in der zweiten aufläge liesz er durch
Eberts autorität diesen seinen ersten und wahren eindruck be-
schwichtigen. Overbeck ao. s. 157 sagt: 'nun findet nichts vor einer
feasellosen wut gnade, deren reifste und giftigste frucht die brand-
schrift des Lact, ist* — ^ indem auch er Ebert glauben schenkte — j
GKrüger: Mieses büchlein ist ein pamphlet, man kann fast sagen
eine brandscbrift von unangenehmster art, voll von fanatismus»
Übertreibungen und bäszlicher detailmalerei ekelerregender vor-
gänge'; in bezug auf nur 6inen punkt Harnack medicinisches aus der
ältesten kirchengesch. (1892) s. 60 anm- 2: 'mit raffinierter kunst
und nicht ohne pathologische kecntnisse^ aber auch nicht ohne roheit
und Schadenfreude hat der vf. der schrift de mortihus persemtorum
(o. 33) eben diese krebskrankheit des Galerius geschildert.' man
erw&ge solche urteile und vergleiche damit Belsers ^einseitig', ßelaers
auffassung von dem geiste der mortes, auch von deren so vielfach
schon angefochtenen geschichtlichen treue ist bei weitem nicht die
allgemeine, und die entgegengesetzte bei weitem nicht nur die
meinige. juriTi i\ iriiTn ^^ thc aiiTnc öirnc ßpuei lö ^Iuku Kai tö
TTlKpöv; heiszt es im Jacobusbrief , um auch einmal ein bibelcitat
anzuwenden, und so lange die antwort 'nein' lautet, ist es mir un-
möglich in den mortes den cbarakter von Lact, wiederzufinden*
socsüv Tcöse TOE Lbcl res^Sfici. wäsr er Ü£ rl. äsr «urar •»^M'^^'tf
beisz. Sek su» ziess izf iil« «öif frtiwrx «äfifi«;. jäwr mcx löiäa
cnsml Ms£ €öt Ibül. rra^rwnnBt ifti«K sci^at. & 2£S man öbütvc:.
daa dersfclbe sttrjf^suQs- crr:^ ök rtxat ^sf^ tmä ur JikKL. ins-
duu ££ «XI äca- rerkCKr nzi giLfäifor säii&erT i3c azcx s^äSLläkBCi
jukä Tcx'iHZLsi xsi M-TtPT Oft» l£zJi^ piiZsespürjÖE: tzc^is ^rscsAfr-
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den lescr scgir siii sEiBen artiEhspjSjkca f& u rLkrzf: xisÄmS
(Mjtf. n 17, o. IV », 14. TH 1. ±tL df in ±. f . — Aiiä: äasr £»
perscn o«s t1 der BMrteF säd im •aaters^ix. tck L&cl. üt rfarSfir
in duckel Lflilt. ist za. X£:«scr zvk^cb asäl ^ Si ^isiiLsati aar-
gethui worden.
Vli. Die s^bwierigkeii. d3e der usätti, a&x » luirsaF xifttS
Ton Lact, ge&chhebea seien. CEtgc^cc^»^ las wo^l x^ss&isii sLrker
geltend gemachl als ich selb»i, icdez: ittk aätti z:Lr » i-uü» ä«
Hieronjnms dr irirü M. M fcaifiijt Ätf Af fssraeemmme iämtm
umtm im unterscLfeie xcn anderes rStckiah^os asf ije mutna
deutete , sondern a;:ek naehwxs. dasi 6*t tL 5er tLinenxTtoss^ iäe
wohl schon im Timai jh. den Inst, xx^cflfi wcräsK ffi>i, aZjer
Wahrscheinlichkeit nach acch die nurä? ail$ efx werk ira LifS. de^
natzt hat. gleichwohl habe ich sic^ czr^ «wSf-zxz ixüer £rl3fde
nicht zu einer andern ansicLi k-TsDea tie^ii^^z.'*« Jasfez. lüs, baise
die erkllnmg &L.fgesteIi; . die »dinfi -=d rca «=. -rf.. A*r TCff
dem pubiicun mit neszung «eine» ejuetcS^ f£r ieiaK- «dsiesx^üie
darstellung nicht eintrrien mochte, ascnjs a=.S£c«»£ wcjriem
und man habe ihr wegen der :i2: Ter kenn t«re£ ankücge an Liiss.
dessen namen gegeben. Jfilicher cnd der rec. des ibecL ^tL^ila-i««
fanden es befremdend, dasz eine anonjme schrifi cc<c£ ei&es: zifi
namen genannten adressaten gewidmet seL Seh kann dies jio^ück
nicht als immGglich ansehen, zumal der rf. der muriei fiberkacpt ja
geine person, im unterschied xcn Lact.. rSllig zcr&ck:7eten xisz«.
der gegenbeweis ist freilieh nicht za ftükren. da man h^ ancnim
oder mit spiier hinzugeftigten falschen atuomamen f&berliefersea
schr^fkEB ass dem altertnm, die eine persönliche widmcng tiagen,
iaab*7 mn der m5glichkeit zu rechnen hat . dasz der ui^pTllrglidia
axuonasmt Tcrloren gegangen ist, wie bei dem anctor ad Hereoninm.
es bleibt aber immerhin die andere möglichkeit. dasz der t{. der
Schrift wirklich Lucios Caecilius hiesz, wie der name im cod. Colber-
tinus lautet, und dasz man aus diesem unbekannten autcmamen
wegen der Shnlichkeit mit L. Caelius Firmianus Lactantics und
der stilistischen Übereinstimmungen, vielleidit auch im hinbliek auf
Donatus, den adressaten der schrift de ira det^ schon sehr frfih den
namen des allbekannten Lactantius machte, eine solche hs. bitten
222 SBrandt: über den Verfasser dea bncbeß de morübus perseciäorum^
dann Hieronymos und der vf. der kaiseränreden vor sich gehabt.
kaum weniger merkwürdig ist es, wie ich schon früher sagte, das£
1) schon Hieronymus die Epitome ?ob Lact, nur verstümmelt kannte,
dasz 2) der in das fllnfte^ vielleicht schon in das vierte jh. zurück*
gehende arcbetypus des Bononiensis (VI — VII saec.) und des Pari-
sinus 1662 ebenfells nur diese verötümmelte form enthielt und
3} der Taurinensia (VII saec.) der Epitome ebenfalls dieses frag-
ment mit besonderer Überschrift bietet, dem der weit gi^öszere an-
fangsteil der schrift erst vorgesetzt ist. es brauchte nur ein mUszigei
mensch in seinem exemplar der mortes den namen de» ganz unbe-
kannten autors in den des grasten Schriftstellers ^ den die kircbe in
der ersten hälfte des vierten jb. hatte ^ zu ändern oder nur bei dem
titel eine randbemerkung zu machen des inhaUs, L, Oaecilius oder
mdge man auch einen vollem iiamen annehmen ^ sei vielleicht iden-
tisch mit L, Caelius Laetanlius, und es war die falsche tradition
hsL begründet und konnte sich weiter fortpüaDzeu. aber wer kann
mit gewisheit sagen, welches das eigentliche verfahren bei dieser
ersten Uberschreibung der schrift auf Lact, war, wo absiebt und Zu-
fall (mau denke zb* an eine äuszere beschädigung oder Verstümme-
lung der Überschrift), Vorwitz und thorheit in der verschiedensten
weise wirksam sein und ineinandergreifen konnten? dieses rätsei
wird wohl niemand lösen» ab^r wird auch über da^ wie kaum jemals
ein licht verbreitet werden können, dasz es so ist, dasz die schrift
schon sehr früh auf Lact. lUlschlich übertragen wurde, ist mirwenig*
stens seit jähren eine immer festere Überzeugung geworden, und
andern ist es ebenso ergangen.
Die mortes haben in der that seit ihrer entdeckung auf nicht
wenige, die Lact, genau kannten, einen ganz fremdartigen ei nd ruck
gemacht, es wäre ja sonst gar nicht denkbar, weshalb einer so
höchst ansprechenden hypotbese, wie die von Baluze es ist, teils
mit völliger teils mit geringerer bestimm theit der glaube sollte
versagt worden sein, schon wenige jähre nach der Veröffentlichung
des buches durch Baluze (ll>79) hat der hg. Columbus (1684) an-
gedeutet, dasz ihm die ansieht von Baluze nicht ganz sicher vor-
komme^ in der ausgäbe von Le Brun-Lengletll 356: ^nequeo tamen
dissimulare usque et usque oggessisse auribus sese veterem Epi-
charmi cantilenam v?\(pe Kai ^^fivac' dmcTeiv . . obversabantur
animo etiam cogitationes aliae huc fere ducentes: illam orationis
Lactanti&nae imaginem forsitan labore summo adombratam' usw.
doch dachte er irriger weise an eine spätere fälscbungi dann gab
1710 der Mauriner Le Nourry die mortes heraus mit dissertationes,
in denen er sich durchaus gegen Lact, als Verfasser aussprach , die
er dann auch 1715 in seinem apparatus ad bibh max. veteram
patrum II wiederholte, seine argtunente sind vielfach ungenügend,
aber seine stimme ist doch von groszer bedetitnng, weil er, wie man
%m jenem apparatus ersieht, die ältesten lat kirchenscbriftsteller
and auch Lact, in der genauesten weiae durchgearbeitet hatte, ein
SBrandt: über den yer&sser des baches de mortibus persectUorum. 223
solcher kenner also hatte man mOchte sagen instinctiv den be-
stimmten eindrucke dasz die mortes nicht von Lact, geschrieben
seien, es folgten dann von De la Crose ua. angriffe auf Le Nourrj,
femer von Heumann und Lestocq, und man beruhigte sich allmäh-
lich bei der ansieht von Baluze. aber ein kritiker wie Gibbon trat
ihr nicht bei , nach langem schwanken, wie er sagt (I have often
flactuated), entschied er sich dafür, den Verfasser wer er auch sein
mochte (whoever he was), mit der hs. Caecilius zu nennen, wiederum
erhob Fritzsche Widerspruch, der als hg. des Lact, mit dem geiste
des autors völlig vertraut geworden war; auch Bemhardy und an-
fangs Bnrckhardt konnten sich nicht von der autorschaft des Lact.
Überzeugen. Eotz6, der vf. eines 'specimen historico-theologicum de
Lactantio' (Utrecht 1861), das jedenfalls von gründlicher kenntnis
des Schriftstellers zeugt, erklärte s. 105: 'liber de mortibus perse-
cntorum Lactantio abnegandus est.' Eberts arbeit brachte dann
viele wieder auf die entgegengesetzte Seite , manche, wie Hunziker
und HSchiller, gaben jedoch den zweifei auch jetzt nicht vOllig auf.
PMejer hat darauf wieder den beweis zu führen begonnen, dasz
nicht Lact, das buch verfaszt habe, diesen Vorgängern schliesze ich
mich an. ich habe sie hier nochmals nennen müssen, damit die er-
innerung an sie und ihren Widerspruch lebendig bleibe, zumal nach
Belsers darstellung es scheinen mOcbte, als hätte ich in unbegreif-
licher Voreingenommenheit oder leichtsinnig eine vOllig feststehende
ansieht angegriffen, der erste, der eingehender den beweis für
die Verfasserschaft von Lact, begründen wollte, war Lestocq:
seine schwächlichen gründe hat Ebert durch grosze wärme und ein-
dringlichkeit verstärkt und auch einige neue hinzugefügt, dasz
aber auch diese unmöglich durchschlagend sind, habe ich, wie
ich glaube, in meiner zweiten abh. gezeigt, ebenso wenig bat
Kehrein die sprachliche begründung des satzes von Ebert geliefert,
nur gelegentliche bemerkungen, bisweilen aber über alles masz
heftig, gibt der Übersetzer des buches in der Eemptener Übersetzung,
PH Jansen (1875). nun sind Belser und Qroscurth aufgetreten, dasz
ihre argumente nicht im stände sein können meine Überzeugung zu
erschüttern, ergibt sich aus vorliegender arbeit. Belser gedenkt,
wie er sagt , ein gröszeres werk über die mortes zu veröffentlichen,
in dem er seine ansieht über den Verfasser noch weiter begründen
und die schrift nach form und Inhalt Lact, vindicieren und gegen
ausstellungen und angriffe rechtfertigen will, ich musz annehmen,
dasz er die nach seiner ansieht entscheidenden, seine besten gründe
schon jetzt gegen mich ausgespielt hat, ich kann daher von der in
aussieht gestellten schrift eine wirkliche Verstärkung seines angriffs
nicht erwarten, ob ich mich darin teusche oder nicht, wird ja die
versprochene apologie selbst zeigen.
Heidelberg. Samuel Brandt.
224
ThStangl: zu CiceroB dialog HorteasiuB.^
ZU CICEROS DIALOG H0RTENS1Ü8.
Das von der atoiscbeE dialeictik handelnde firagment 99 bei
CFWMüUer Cic. scr, IV 3 s. 326, 5 tf,. aus Äugustiaus de diakä,
c» 9 entnommen, ist folgendermaszen zu lesen: Uagus reäissime a
äialeäicis diclum est amhiguum esse omne verhum; nee moveai quod
apud Ciceronetn calumniatur Hortensius Jwc modo: 'ambigua se aiimi
videre acute^ esplware dilucide. Odem omne verhum amhiguum
esse dimnt. q\w modo igitur amhigua amhiguis explicahtmt? nam
hoc est in tenehras extincium turnen inferre,^ statt amhigua se aiuni
videre acute haben die Benedictinerausgabe und die von HHagen in
diesen jabrb, 1872 s. 763 besprochenen zwei Berner hss. amhigua
se ahmt audire acute] Müller mit Crecelius ^unzulänglicher' aus-
gäbe (progr. V* Elberfeld 1857 s. 15, 17) amhigua se audere aiunt^
ohne acute, auf den ^unsinn' der zweiten lesart bat neuerdings
HUsener in den Gott. gel. anz* vom 15 mai 1892 n, 10 s. 379 hin-
gewiesen* ah er auch die vulgata audire acute — 'die (stoischen)
dialektiker beanspruchen ein Bcharfes ohr für Zweideutigkeiten, wen&
andere sie zu trugschlÜBsen benutzen wollen' erklärt Usener — ist
unhaltbar, denn zwar wurde acute videre in eigentlichem und
in übertragenem sinne gebraucht , acute audire hingegen nur
in eigentlichem, ad ociUos proprie 'videre^ pertinet, utimur autem
hoc verhö etiam in ceteris sensibus, cum em ad cognoscendum inten-
dimus sagt Augustinus conf. X 35 und erläutert seine behauptung
an beispielen ; auch das wort Quintilians et inteUego et seniio et video
saepe idem valent quod scio gehört in gewissem sinne hierher, ein
so freier gebrauch wurde nicht audire eingeräumt (vgl. Georges),
wohl aber videre ^ und gerade von Cicero mehrmals in Verbindung
mit acute i de or. I 116 adeM fere nemo quin acutius miia in dicenie
quam recia videat. Brut, 35 nihil acute inveniri potuit quod Demo-
sthenes non videriL 227 rem videbat acute. 275 ""qua de re agltur*
iäud uhi essä videhat (dagegen 202 acute inveniehat. 221 acufior
rebus inveniendis)* 239 remprudenter videhat. acad.pr* 11 77 Zeno^
nem mdisse acute nuUum esse viaum quodpercipi posset, si usw. de fin,
Y IB si est quisquam qui acute in causis videre soleM quae res agatur,
de off, 1 16 actitissime et cekrrime potest et videre et explicare rationem,
ein metonymischer gebrauch des subst. vistts ist bis jetzt nicht nach-
gewiesen, jener von visio ist nicht blosa bei Cicero, sondern in der
ganzen latinität ein beschränkter, es treten dafür gewöhnlich in-
teUegentia^ cognitio und ähnliehe substantiva ein, zb. acad. pr. II 92
dialedica tradit ekmenta loquendi ei ambiguorum inteUegentiam con-
dudendique raiionem,
MtjxcHeN. Thomas Stanql.
ERSTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBAÜSQEQEBEN VON ALFRED FlECKEISEN.
29.
DIE ZINSURKÜNDE ZU OL. 88, 3 — 89, 2 (CIA, I 273).
Die attische Inschrift lA. 1 273 (in Dittenbergers sjUoge n. 29),
in welcher über die von ol. 88, 3 = 426/6 vor Ch. bis 89, 2 — 423/2
aufgelaufenen zinsen der teils in diesen vier teils in den sieben voraus-
gegangenen Jahren vom staat entlehnten tempelgelder rechnung ge-
legt wird, ist dadurch von besonderer Wichtigkeit, dasz sie unserer
kenntnis des attischen kalenders jener zeit zur grundlage dient, an
ihr bewies Böckh in den abhandlungen der Berliner akademie 1846
8. 370 ff. 1853 s. 557 ff. \ dasz Metons sjstem damals wenigstens
noch nicht vom Staate angenommen worden war: in diesem ist
ol. 88| 4 ein Schaltjahr, aber der Urkunde zufolge ein gemeii\jahr;
Meton gab den vier jähren 354 384 354 355, zusammen 1447 tage,
Böckh findet 355 354 384 355 , zusammen 1448. mehrere bruch-
stücke der inschrift hat Böckh teils noch nicht gekannt teils spätem
Jahren zugewiesen ; ihre Zugehörigkeit erkannte Eirchhoff, der auch
die Ordnung sämtlicher stücke hergestellt hat. durch eines von den
neuen (fr. c) ist Böckhs berechnung des vierten jahres hinfällig ge-
worden , und die spätem hgg. haben sie nicht durch eine andere er-
setzt, dieser aufgäbe hat sich erst Eonrad Eubicki 'das Schaltjahr
in der groszen rechnungs Urkunde lA. I 273', 2r teil (progr. Batibor
1888)' unterzogen, zugleich aber auch über das erste und dritte jähr
(die zahlen des zweiten waren in unzweifelhafter weise festgestellt)
neue rechnungen vorgelegt, welche von denen seines Vorgängers
bedeutend abweichen; die tagsummen, welche er findet, sind 371
^ verbessert und vermehrt in Böckhs kleinen Schriften VI 89 ff. 211 £f.;
nach diesen wird unten citiert. die zeilen der inschrift geben wir nach
Dittenhergers gesamtzählung, in welcher z. 64 mit fr. o z, 13, z. 57 mit
fr. d 1 und c 16, z. 67 mit fr. f 1, endlich z. 116 mit fr. h 10 fortfährt.
' im ersten teil (progr. Katibor 1885) gibt er die schluszergebnisse
ohne hegründung und zieht weitgehende folgemngen ans ihnen.
Jtthrbacher für class. philol. 1893 hrt.4 a. 6. 15
226
GFÜDger: die ziDsurkunde zu ol. 88,3 — 89,2,
355 367 371, zusammen 1464. die summen 371 und 367 sind
monstrosit&ten , die mit allem was wir von dem mondjahr der
Athener wissen in grellstem Widerspruch stehen ; aber die gesamt*
summe 1464 hat Kubicki fUr eine bisher vernachlässigte partie der
Urkunde unwidersprecMich erwiesen, und eine gewisse Unordnung
bat damals im attischen kalender bezeugter maazen geherscht. trotz-
dem darf behauptet werden, dasz an Btlckbe ergebuiääen nichts zu
ändern ist: die für das erste jabr massgebende ergänzung läszt sich
nur unter yorauasetzung eines gemeinjabres machen , und da das
zweite anerkannt dieselbe eigenschaft hat, drei gemeinjabre aber
nicht auf einander folgen dürfen, «o ergibt sich dasz das dritte
(ol. 89, 1) und das dem ersten vorausgehende (ol. 88, 2) Schaltjahre
gewesen fcind; das vierte rousz^ da zwei Schaltjahre nicht an einander
stoszen können, wieder 12monate enthalten haben, die tagsummeii
der drei gemeinjabre gerade so zu bei^timnienj wie er gethan bat^
wurde Böckh durch unhaltbare gründe veranlaszt; dasz er gleich-
wohl das richtige getroffen bat, Iftszt sich für das erste jähr (355 tage)
und für die gei^amtsumme der vier jähre (1448 tage) erweisen, für
das zweite (354 tage) und vierte (355 tage) wenigstens wahrscbein-
lieb machen.
1. Die 1464 ta§e. während Böckh die Untersuchung über die
gesamtdauer der 4 jähre auf das bauptstück der Urkunde, die ab-
recbnung über die erst in diesen jähren entlehnten heiligen gelder
beschränkte ^ gebt Kubicki von den wenig beachteten angaben über
die während derselben erwachsenen zinsen für die altern^ in den
7 vorausgegangenen jähren erhobenen anleihen aus: sie betreffen
die gelder der Athenaia Nike und die gemeinsam verwalteten der
^andern götter'; die angaben über die altern darleben der Athenaia
Polias sind nicht erhalten, über den zinsfusz ist in den re&ten der
inachrift keine angäbe zu ßnden; wenigstens für die neuen, erst in
den 4 jähren gemachten anleihen steht er auf täglich Vaoooo ^^®
capitata (V& drachme = IV5 obol für 1 talent «= 600Q drachmen;
1 drachme für 5 taL) fest: ihn hat ein früherer berauegeber der
Urkunde, Bangab^ (antiquit^s Hell^niques n- 115) aus den zahlen
des zweiten /insjabres (ob 88, 4) für Athenaia Polias ermittelt und
Böckh an denen des vierten zinsjabres (oL 89, 2) für die 'andern
götter* bestätigt betrachten wir nun die für diese 4 jähre berech-
nete Verzinsung der altem, in oh 86, 4— 88, 2 erhobenen anleihen,
fio geraten wir in ein dilemraa: entweder ist sie auf denselben zins-
fusE (VsöMD ^^^ capitals für jeden tag) gestellt wie die Vergütung
fUr die neuen darlehen, dann sind der vom anfang bis zum ende der
4 jähre laufenden zinstage erhebticb mehr als die von Böckh ge*
fundenen 1448; oder es werden ebenfalU 1448 tage vorausgesetzt,
dann musz der zinsfusz hier ein anderer gewesen sein als der fllr
die Zinsen der neuen capitaüen zu gründe gelegte von täglich Vaoooo
des eapitals* für den zweiten fall schien der umstand zu sprechen,
dafiz nach z. 108 zu schlieszen bis zum ablauf der 7 jabre für die im
GFÜnger: die zinsarkunde zu oL 88, 3—89, 2. 227
laufe derselben entlehnten gelder der Athenaia Polias in der that
ein höherer zinsfusz gegolten hat , und das gleiche ist ohne zweifei
auch bei der Zinsberechnung für die altern darlehen der Athenaia
Nike und der 'andern götter' der fall gewesen, dieser frühere zins-
fusz ist aber um ein bedeutendes höber gewesen als der von Bangabe
und Böckh für die in den 4 jähren gemachten anleihen ermittelte:
er hatte nach Kirchhoff eine mehrfache, nach Kubicki wahrscheinlich
die fünffache höhe desselben ; dagegen könnte ihn die hier zu erwar-
tende höhe im besten falle nur um ein geringes überstiegen haben,
dies beweist Kubicki s. 15 ff. ausführlich in überzeugender weise;
auf einem kurzem wege ISszt es sich folgendermaszen darthun. der
4jährige zins für die altern darlehen der Athenaia Nike betrug laut
z. 106 ein talent und 592 drachmen 2 obolen; die summe jener dar-
lehen 22 talente und mindestens 148, höchstens 5068 drachmen
2 obolen, z. 105 f. eiKOCi laXavTCic buoTv TaX[dvTOiv 15 — 20
stellen' KOv]Ta bpaxM[aTc] öktö [bpax]fiaic buoiv ößoXoiv. der
tägliche zinsfusz würde hiemach bei 1448 tagen im niedrigsten fall
ca. Vsoio?» ^^ höchsten V29024 ^^^ capitals betragen; auch bei ab-
minderung der 1448 auf 1446 tage würde man ihn nicht höher als
auf V2S107 bringen, es erhellt hieraus, dasz der für die neuen dar-
lehen der 4 jähre berechnete zinsfusz von V30000 *"C^ ^^^ ^^^ ^^®8e
jähre berechneten Verzinsung der altem anleihen zu gründe gelegt
ist. unter dieser Voraussetzung findet sich keine andere ergänzung
der lückenhaften capitalangabe als die von Kubicki aufgestellte:
TaX[dvTOiv xpicxiXiaic dTbo^KOv]Ta bpaxM[aic] ; 22 talente 3088%
drachmen liefern in 1464 tagen einen zins von 1 talent 592 drachmen
1, 864 = rund 2 obolen.
Bestätigt wird dieses ergebnis durch die entsprechende Zins-
rechnung für 'die andern götter' z. 100 — 103. als zins lesen wir,
in Ziffern ausgedrückt, 27 tal. 2338 dr. 2^^ ob., doch kann in der
vorausgehenden, zu T^TTapci[v ^reciv] ergänzten lücke am ende
noch eine die zinszahl beginnende ziffer gestanden haben ; ja wenn
wir (allerdings gegen den brauch der inschrift) ^T€Ci schreiben,
könnten sogar zwei Ziffern verloren sein. 6ine ist mindestens an-
zufügen: denn auch bei 1446 — 1448 tagen würde schon der unvoll-
ständig überlieferte capitalbetrag (706 tal. 1095 dr.) mehr als 27,
nemlich 34 talente usw. zins erfordern, setzen wir die ziffer für
50 talente hinzu, so müste das capital bei derselben tagsumme mehr
als 1600 talente betragen; bringen wir den zins durch zusatz von
^4 auf 47 talente, so würde dasselbe unter gleichen Verhältnissen
auf ungefähr 970 talente kommen; sein voller betrag erreicht
3 die Schrift ist bis z. 91 genau CTOixr)^öv: 75, zuletzt 74 buch-
stabenstellen auf der zeile; dann stellenweise ungleich (71 — 76 buch-
staben, wo eine sichere ergänzung möglich); s. Kubicki s. 13 ff., welcher
(hiermit im Zusammenhang] bewiesen hat, dasz in der zweiten hälfte
der inschrift die ergäipungen des verloreneu ausgangs der Zeilen 2 buch-
stabenstellen mehr, die ihres anfangs 2 weniger erbalten müssen als
bei Kirchhoff.
15*
228
GFÜnger: die ainsurkunde zu oL 88, 3—89,2.
aber höcbstens 7[9]6 taL 1096 dr. [SV^] ob. bei 1464 zinstagen
würden 27 tal. usw. zißs ein kleineres capital voraussetzen, das aber
immer noch weit über 800 talente binansgienge. es ist also mit
Kubicki durch zysatz eines ^ der zins auf 37 tal. 2338 dr* 2*/2 ob.
XU bringen* die angäbe des capitals lautet TTe]vTaKOcioiC laXavTOlC
öiaKocioic T[ak(ivTOic 3—6 Btdlen kovtq TaXdviotJc hcxc TaX[dv-
Toic xiXi]aic ^vev^KOVTa bpaxMOic tt€vt€ bpcix[fiaic 15—18 stellen
^V To1]c T^TTapc[iV fteciv usw. ZU dem räum, welchen der talenten-
zehner eingenommeE haben kann, passen nur TpiÄKOVia, TievT^-
Kovia, H€xc€KOVTa^ ÖTbo^KOvia^ ivev^KOVta; der talente warea
also 736 oder 756 766 786 796. der zins 37 taL 2338 dn 2V2 ob.
würde bei 1448 tagen ein capital von 774 tah 3895,37 dr., bei 1446
ein solcheß von 775 tal. 4323,99 dr. voraussetzen, beides unpassend;
dagegen bei 1 464 tagen erhalten wir 766 tal. 1098 dr. 4,21314 obolen.
da 736 756 786 796 tal. usw. ganz unbrauchbare zinstagsummen
liefern, so läszt sich nur HCXC^KOVTa einsetzen, die Verschiedenheit
der drachmenzabl (1095 st. 1098} erklärt sieb aus abrondung der
zinsobolen: 766 tal. 1095 dr. ohne obolen liefern in 1464 tagen
37 tal. 2338 dr. 1,416 ob. zins; fügen wir dem capital 5*/^ ob, hinzu,
so steigt die obolenzahl des zinses auf 1,6844. zwar gibt der tert
2^2 obolen zins an, aber diese ab weichung erklärt sich, wie Kubicki
bemerkt , aus der eigen tümliuhkeit der bei den 'andern' göttem ge*
machten anleiben, diese setzten sich au.^ einer menge von einzel-
darleben zusammen, zb. das zweite darlehen derselben im letzten
der 4 jähre bestand aus den guthaben von 28 tempel schätzen,
deren zins für jeden wegen der rUckiablung besonders berechnet
werden muat© (z. 77 — 91); durch die vielen abrundungen, welche
dabei stattfanden, kam es, dasz der geaamt^tinb nicht, wie man nach
der gesamtsurome der ein zel darleben erwarten sollte, 81 dr. S'/j
(eigentlich 3,5932) oK, sondern 82 drachmen betrug (Böckh s. 232).
so wurde denn auch fQr die alten, aus den 7 ersten jähren herrühren-
den darlehen der andern götter der zins nicht unmittelbar aus ihrer
gesamtsumme, sondern zunüchst für jeden tempelschatz besonders
aus der summe seiner guthaben berechnet; aus den abrundungen,
welche ohne zwei fei bei den zinsen vieler von den 28 oder mehr
gutbabensummen stattfanden, erklärt es sich, dasz die gesamtsumme
des ganzen zinses um 1 (oder Yj) obol mehr beträgt als man unter
gewöhnlichen umständen zu erwarten hätte. Kubicki ergänzt die
letzte lücke der capitalangabe zu 7r^VT€ bpax[Möic Ttcvie ößoXoic
oder buoiv 6ßoXoiv tökov iv toiJc T^TTapc[iv iitav ' da die stellen-
zahl der lücke einer kleinen Schwankung unterliegt, so lassen sich
auch andere obolenzahlen denken. .
2. 1464 die iagsumme wn 4 jähren? da, wie Kobicki bewiesen
hat, bei den alten darlehen der Ätbenaia Nike und der 'andern g5tter*
die 4 jähre zu 1464 tagen genommen sind , so liegt der gedanke
nahe, dasz diese genau die tagsumme von ol. 88,3 — 89,2 bilden und
demzufolge B^kh sich geirrt habe, wenn er in der abrechnung über
GFÜnger: die zinsorkande zu oL 88, 3— 89, 2. 229
die neuen darleben der Atbenaia Polias z. 1 — 51 als tagsumme jener
4 jähre 1448 zu erkennen glaubte, so denkt Eubicki in der tbat und
macbt eine neue recbnung mit neuen ergänzungen, welcbe geflissent-
lieb darauf ausgebt als tagsumme der 4 Poliaszinsjabre 1464 zu
liefern und sie denn aucb wirklieb zu liefern scbeint. die mittel
freilieb, welcbe er zur erreicbung dieses zieles aufbietet, sind böcbst
bedenklieber natur: gewaltsame deutungen und unstatthafte er-
gänzungen der textangaben über das erste und ^ vierte jabr (s. ab-
schnitt 6), willkürliche abweichung von dem überlieferten anfangs-
tag der 4 jähre (abschn. 3), unnatürlicher anfang der zinstagzäblung
(abschn. 5), endlich wilde hypotbesen über den attischen und lakoni-
schen kalender, ebenso über die prytanienverteilung. von diesen ist
zunächst zu sprechen.
Dasz die griechischen monate auf den mond gestellt waren, er-
kennt Kubicki an , gibt aber doch dem ersten und dem vierten jähr
371, dem dritten 367 tage, obgleich 12 mondmonate wegen ihrer
durchschnittsdauer von 29% tagen und fast % stunden nur 354
oder 355 , die 13 monate des Schaltjahrs aber 384 (selten 383 oder
385) tage liefern, dem ersten monat des ersten Jahres legt er blosz
17 tage bei und läszt ihn mit dem voUmond anfangen ; mit dem
zweiten tag nach neumond aufhören; umgekehrt zählt der bo6dro-
mion des dritten jabres bei ihm 42 tage, unter ihnen 12 Schalttage,
eingelegt zwischen dem 13 und 14 bo6dromion, der erst« Schalttag
trifft auf Vollmond, der 16e (bei mitzäblung der Schalttage der 28e)
bo6dromion auf neumond. infolge dessen beginnen die nächsten
neun monate wieder mit vollmond. der bekatombaion des 4n jabres
bekommt gar 46 tage, darunter 14 Schalttage; in seinen lauf fallen
2 neumonde; noch 6inen tag mehr, so würde er auch zwei Vollmonde
haben, dem dritten jabr ist, da bei Kubicki auf dessen munychion
gleich der skirophorion folgt, der zwischen beide fallende monat
thargelion ganz abbanden gekommen : die sühnung des Volkes samt
der darbringung des erstlingsbrotes (GdpYTlXoc), der ansputz des
scbnitzbildes der burggöttin, die waschung ihres gewandes und
andere alljährliche gottesdienste wären denmach ganz verabsäumt
worden, zur erklärung dieser Ungeheuerlichkeiten verweist Eubicki
darauf, dasz im dritten zinsjabr ol. 89, 1 der attische kalender nach-
weislich in Unordnung gewesen ist (Aristoph. Wolken 615); der
fehler kann aber nur wenige tage betragen haben, die nach mond-
monaten rechnenden Völker lesen (im rohen wenigstens) ihren
kalender am bimmel; der ^scheinbare' neumond zeigte dem Griechen
ungefähr den 2n, das erste mondviertel den 7n, der vollmond den
14n oder 15n, das letzte viertel den 22n oder 23n monatstag an;
wenn es demnach nicht wahrscheinlich ist, dasz sie den monat mit
vollmond begonnen oder ihn über die Wiederholung einer mond-
phase hinaus erstreckt hätten, so waren doch abweichungen von
* die angaben über das zweite sind am besten, die über das dritte
am schlechtesten erhalten.
230
GFÜngeir: die zinsurkunde zu oL 88, 3—89, 2.
der genauigkeit Eicht ?u vermeiden, und sie konnten, weil der
hieroamemon nur ein jähr lang diente, leicht mit der zeit anwachsen ;
aber mit gutem gnind bat Ideler erklärt, dasz eine ab weichung von
mehr als 5 tagen undenkbar sei* übrigens wissen wir auch (s. ab-
Echnitt 6 B. 244 f«), dasz sie in jenem jähre dieses maximum nicht
erreicht hat. eben zur zeit, da die Wolken zur aufführung kamen,
wurde zwischen Athen und Sparta der einjährige wafifen still stand
abgeschlossen, am 14 eläphebolion, nach lakonischem kalender am
12 gerastios (Thuk. IV 118 f.); der attische kalender lief also um
2 — ^3 tage vor. der fehler ist durch zugäbe von 2 — 3 fr Über verab-
Bäumten scbalttagen verbessert worden : zwei jähre später entspricht
der 2ö elaphebolion dem 27 artemisios (Thnk. V 19). um diesem
einwand zu begegnen, erfindet Kubicki ähnliche Seltsamkeiten für
den kkonischen kalender: in dem achtjährigen Schaltkreis desselben
habe das 3e, 6e und 8e jähr, dh. jedes Schaltjahr mit dem vollmond
angefangen, das dritte habe 369 tage, mancher monat 45 tage ent-
halten ndgL; er will also eine unhaltbare deutung durch eine aus
der luft gegriffene hypothese stützen.
Weiter nimi Kubicki (s. progr, 1885) an, der hekatombaion
habe erst spät, frühestens seit ol 93, 1 ^ 408/7 vor Ch. die erste
stelle im attischen kalender eingenommen, von 89, 2 ^= 423/2 bis
dahin sei sie dem nachmals letzten monat skirophorion, vor dem
Jahre 89, 2 aber dem Vorgänger desselben, dem thargelion zuge-
kommen^ und die Fanatbenaien seien immer im ersten monat ^ also
in den drei ersten zinsjahren im thargelion, im vierten im skiro-
phorion gefeiert worden, die zweite behau ptung verstöszt gegen
den brauch jedem fest ein sich gleich bleibendes kalenderdatum anzu-
weisen ; aus ihm erklärt es sich , dasz die moiiate in der regel nach
festen benannt sind , und dies gilt insbesondere auch vom hekatom-
baion: er verdankt seinen namen der panathenaischen bekatombe
(Meier in Hall. encycK sect. III bd. 10 s. 292. AMoromsen beortol.
8* 105), hat also von jeher die Panathenaien gebracht wäre die
andere behauptung zutreffend, so mUste Metons beobachtung der
sonnwende des 27 juni 432, geschehen (was auch Kubicki anerkennt)
am 13 skirophorion (Diod. XII 36), in den zweiten monat des
arcbonten Pjthodoros oL 87, 1 , nicht in den letzten seines Vor-
gängers Apseudes gefallen sein,* aber die Zeugnisse nennen ein-
stimmig Apseudes. als schriftlich beglaubigt bezeichnet dieses
datum Ptolemaios im Älmagest III 2 dvaypdfpcTai T^T^vriii^VT) ini
*Aipeubouc; die Vermutung Kubickis, Hipparchos der gewährsmann
des Ptolemaios habe den arcbonten namen eigenmäcbtig geändert
(dh. gefälscht: dvarp^^^^'^ct^ 0 1 ^^^ ^^^^ ausflucht der Verlegenheit
Diodoroa ao. gibt die notiz über Meton im jabr des Apseudes; die
Htterarhis torischen noti/en Diodors, zu welchen sie geh()rt, stammen
aus attischer quelle (Apollodoros) und sind überall genau auf die
* IQ folge desaen begintieD ihm die jähre ol. 88» 8 — 89p 3 mit dem
26 tnai 426 31 mai 425 Sl mai 434 23 mal 423 29 mai 4S2.
GFUoger: die zinsurkunde za oL 88, 3— 89, 2. 231
ihnen zukommenden archontendata gestellt, s. Philol. XL 83. end-
lich nach Philochoros hat Meton nicht, wie sich Eahicki progr.
1885 s. 7 ausdrückt, schon unter Apseudes seine beohachtungen
begonnen: wann er dies geth an hatte, war schwerlich überliefert;
vielmehr heiszt es im scholion zu Aristoph. Vögeln 997 : <t>iXöxopoc
auTÖv 0€ivai dirl 'Anieubouc fiXiOTpÖTTiov irpöc Tifi xeixei iv t^
TTVUKi. war f)XiOTpÖ7Tiov ein apparat zur beobachtung der sonn-
wenden, so bezieht sich die notiz über die aufstellung desselben auf
der Pnyz auf die von ihm sei es überhaupt zuerst oder zum ersten
mal mit, wie es schien, vollkommener Sicherheit beobachtete; das
ist aber eben die des j. 432, mit welcher seine schrift ihren anfang
nahm, dasselbe ergibt sich, wenn man f)XiOTpÖTTiov, wie früher ge-
schehen ist, als sonnwendenverzeichnis auffaszt. andere beweise
gegen die neue lehre s. abschn. 6 s. 244. 247. 249.
Auch hinsichtlich des ausmaszes der prytanien sieht sich Eubicki
zu auffallenden bestimmungen genötigt, im ersten jähr zfthlen ihm
die prytanien 26 48 39 36 36 38 38 36 48 26 tage, im dritten 35
35 35 47 35 und 5 mal 36, im vierten 38 38 37 37 35 35 36 39
39 37. regelrechte Verteilung der prytaniedauer findet sich zwar
nicht immer beobachtet, wohl aber stets ; wie von ernsthaften und
verständigen mfinnem zu erwarten, eine gewisse planmttszigkeit.
von einer solchen ist in den genannten Verteilungen keine spur zu
entdecken.
3. Verschiedene hegreneung der vier jähre, obgleich 1464 tage
nicht der eigentlichen dauer von 4 jähren entsprechen , konnten sie
trotzdem unter der benennung ^ vier jähre' zusammengefaszt werden,
wenn Böckh recht hatte, den vier jähren ol. 88, 3 — 89, 2 die tag-
summe 1448 beizulegen, so entsprechen 1464 tage genau gesprochen
4 Jahren und 16 tagen, und es bestreitet niemand dasz man wie
einerseits 3 jähre 11 monate 14 tage, so anderseits auch 4 jähre
16 tage abrundend in dem kurzen ausdruck *4 jähre' zusammenfassen
kann, mit andern werten: in der Zinsrechnung für die neuen dar-
lehen der Athenaia Polias sind die 4 jähre als eigentlicher und
genauer, in der für die alten darlehen der Athenaia Nike und der
^andern götter' als runder zahlausdruck zu fassen, der einzige ein-
wand, welchen man gegen diese auffassung vielleicht erheben könnte,
der Vorwurf der Zweideutigkeit wird von vorn herein dadurch aus-
geschlosseu; dasz in geflissentlicher weise für femhaltung derselben
gesorgt ist. wenn, wie feststeht, der zinsfnsz in den 4 spätem jähren
ein anderer und bedeutend niedrigerer ist als in den 7 frühern , der
anfangs- und schlusztermin der 4 jähre dagegen, also ihre dauer sich,
wie man glaubt, überall gleich bleibt, so ist es unverständlich, dasz
zwischen den angaben über beide fragen gerade das entgegengesetzte
Verhältnis herschen soll, über den zinsfusz , der doch jetzt , in den
4 Jahren , ein anderer ist als in den sieben vorausgegangenen , lesen
wir nirgends eine angäbe, dasz gar keine gemacht worden sei, ist
nicht wahrscheinlich, und da sich in den lücken der Inschrift nirgends
232
GFÜBgerj die zmetirkunde au oL 88, 3—00, 2.
eine solche unterbringeii läszt, ao darf vermutet werdeiit daBZ sie am
scblusäe des verlorenen, die 7 ersten jähre umfassenden teiles der
Urkunde beim Übergang zu den 4 jähren ihren platz gefunden hatte :
dasz von diesen schon dort die rede gewesen war, folgt aus dem
an fang unserer inßchrift, vorausgesetzt dasz in idbe TO TÖKo ^Xo-
ticav]TO Hoi XoTiCTa[i €V toTc T€T]Tapciv Ixcciv der artikel Toic
mit recht eingesetzt ist, ist hiernach der hiosz für die 4 spätem
jähre gültige zinsfuBz, wenn überhaupt, nur Einmal erwähnt, so
musz es wunder nehmen, dasz die nach allgemeiner annähme den
spätem jähren mit den frühern gemeinsame anfangs- und endepoche^
deren erwähnung infolge dieser yermeintlichen gemeiusamkeii hei
den 4 jähren völlig tlberflüsdig gewesen wäre, hei diesen nicht blosz
wiederholt, sondern auffallend oft hervorgehoben wird, für dte
neuen darlehen der Pallas Äthenaia wird der terminus a quo und
ad quem sowohl in der Überschrift der rechnung z. 1 als bei der
summierung der capitalien z. 49 und bei der summierung der Zinsen
z. 50 angegeben; weniger räum nehmen wegen ihrer weit geringem
htSbe die ueuen darlehen der Äthenaia Nike und die der 'andern
g^tter' weg: für letztere ist die zeithegrenzung auf z, 55 ergänzt;
die für Nike kann in der lücke z, 53 untergegangen sein, die ge-
flissentliche hervorhebung des anfangs- und endtermins würde voll-
kommen unbegreiflich sein» wenn die über ihn herschende ansieht
begründet wäre; sie findet ihre erklämng nur in der annähme» dasz
die 4 jähre nicht überall die gleiche begrenz ung gehabt haben.
Dieser schlusz läszt sich aus der inscbrift zu vollster gewisheit
erheben, die vier zinsjahre liefen für die gelder der Äthenaia Polias
laut z, 1 Ik TTavaOevaiov de [TTavaöevaia, ebenso nach z. 49 iK
TTavaOcvaiov ic TTava6^v[aia und laut z. 50 ^[k TTav]a©evaiov ic
TTa[va6dvaia ; dagegen für die ^andern* götter bis zum ablauf des
vierten kalenderjahrs : vom datum ihres zweiten darleheos, nach
U 76 f, dem 20n tag der zehnten (dh. letzten) prytanie dieses jahres
verlaufen f wie Böckh aus dem Verhältnis zwischen capital und zins
z, 78. 83. 84. 86 erwiesen hat, 17 tage bis zum endtermin; diesen
bildet also nicht das Panathenaienfest, sondern der schlusz des
kalenderjabres, der letzte skirophorion. hieraus erhellt einerseita
die Unrichtigkeit der herkömmlichen ergänzung des tächlusztermins
für die rech n ung über die neuen darlehen der ^andern götter^ z. 55
tv TOIC T^rrjapciv {t[€CI Ik TfavoBevaiov' k TTavaöevaia; statt
ic TTavaOdvaia ist ic i%CiTipxa (bis zur 8cbhii?/:feier des archonten-
jabres) und der nötigen stellenzahl wegen JT[€Ctv an die stelle von
?T[€a zu setzen; die längere form wird für dieses wort an all den
vielen stellen angewendet, an welchen es teils erhalten teils mit
sicberheit ergänzt ist ebenso unberechtigt ist anderseits gegenüber
der dreimaligen angäbe Ik TTovaOiivaiuJV ic TTavaOi^VQta die her-
kömmliche, auch von Kubicki (trotz des schönen grundsatzes den er
* bis Bü diesen waren die xinseo für die alten darlebeo der 'andern
^5iter' berechnet worden, s. den sohlass dieses abscbnitts.
GFÜnger: die zinsnrkunde zu ol. 88, 3— 89, 2. 233
ausspricht, die Urkunde nur aus ihrem eignen, allein maszgebenden
Inhalt zu erklären und wiederherzustellen) beibehaltene erstreckung
der 4 Poliaszinsjahre vom beginn des ersten bis zum ende des vierten
kalenderjahrs. angesichts jener ausdrücklichen angäbe l&szt sich
von vom herein erwarten , dasz den von Böckh s. 97 für die mis-
achtung derselben vorgebrachten gründen wenig bedeutung zu-
kommt 'obgleich' schreibt er 'nach der Überschrift die rechnung
von Panathenaien zu Panathenaien gieng, ist sie eben auf die
archontenjahre gestellt' diese behauptung, im Vordersatz (wie z. 49
und 50 lehrt; oben s. 232) nur teilweise richtig, ist im nachsatz
geradezu falsch, von den 4 archonten Euthjnos, Stratokies, Isarchos,
Amjnias wird jeder nur Einmal , nemlich am anfang des zinsjahres
genannt , gleich den prytanien und ihren tagen blosz der nötigen
datierung wegen ; die rechnung selbst über jedes der 4 zinsjahre ist
auf die amtszeit der Schatzmeister der Athenaia Polias gestellt: so
z. 14 K€q)]dXaiov to öpxaio dvaXö^[aTOc] ^ttI t?c *Avbp[oKX^oc
öpxec Ktti xcu]vapxövTOV; femer z. 15. 16. 23. 34. 35. 46. 47.
diese dienten aber bekanntlich eben von Panathenaien zu Panathe-
naien. 'und da die zinsen' f&hrt Böckh fort 'gewöhnlich monatlich
bezahlt wurden (schol. Ar. Wolken 17), oder wenn man lieber will
bei staatsgeldem prytanienweise , so waren die zinsen der tage des
j. ol. 89, 3 bis zu den Panathenaien noch nicht fällig.' da der
scholiast nur von privatzinsen spricht, so ist sein zeugnis, wie Böckh
selbst zugesteht, nicht durchschlagend; für die Urkunde kommt es
aber auf den gewöhnlichen termin der Zinszahlung und deren f&Uig-
keit überhaupt nicht an : denn die zinsen dieser tempelgelder wurden
weder monat- noch prjtanieweise bezahlt, sondern vorläufig blosz
berechnet und festgestellt, um dereinst, sobald die nötigen mittel
vorhanden waren, abgetragen zu werden; eben deswegen werden
sie von tag zu tag berechnet: wenn für den dem entlehnungstag
vorausgehenden teil der prytanie kein zins berechnet ist, so wurde
offenbar auch für den auf den zurückzahlungstag folgenden teil keiner
bezahlt.
Die entstehung dieser Verschiedenheit der rechnungstermine
ist unschwer zu begreifen, die tempelschatzmeister traten an den
Panathenaien ins amt und legten an den groszen Panathenaien vor
den logisten rechenschaft ab; diese dagegen wechselten gleich den
archonten und andern beamten mit dem kalenderjahr, und so liefen
auch die ebenfalls von ihnen geprüften rechnungen dieser beamten
bis zum kalenderjabrwechsel. zwischen beiden terminen lagen nur
ein paar wochen ; wie nahe lag es da, auf letztern auch die rechnung
eines tempelschatzamtes zu stellen, wenn sie zwischen neujahr und
Panathenaien keinen posten aufzeigte ! so konnte es leicht kommen,
dasz zb. der logist, welcher die rechnung über die neuen darlehen
der 'andern götter' prüfte, den zins bis jahresschlusz berechnete,
während der mit den neuen guthaben der Athenaia Polias beschäf-
tigte ihn bis zu den Panathenaien führte, die Zinsberechnung konnte
234
GFÜnger: die zinsuTkunde zu ol. 88^ 8 — 89» 2.
80 eine vierfache begrenzung gewinnen, von Panatfaenaiun zu Pana-
Ibenaien geführt ergab sie für die 4 zinsjahre dieselbe tagsumme
wie 4 arcbonten- und kalenderjabre; von neujabr (i^ dciTT)piuJv)
zu jabresscbluBB (de dEiTTipia) gebend deckten sieb die zinsjabre toU-
ständig mit diesen; recbnete der togist von den Panathenaien als
scblusztermin des Torgängers bis zum ende des arcbonten- und
kalendeijabres I so wurde die tagsumme der 4 zinsjabre um so viel
tage kleiner als y/wiecben den Panatlienaien und dem ibnen vorauf-
gegangenen neujahre tage verlaufen waren ^ batte der frühere logiat j
die ainsen bis zum kalenderjabrwecbsel berechnet und rechnetij
der jetzige bis zu den Panathenaien, so wurde die tagsuofime um[
ebenso viele tage gröszer. diese vierte berecbnungsweise liegt den
von Kubicki ermittelten 1464 zinstagen des alten guthabend der
AtbenaiaNike und der alten t»chuld an die ^andern götter' zu gründe:
die Zinsen beider waren an den Panathenaien des j. ol. 8B, 3 = 426
ohne zweifei nur bis zum ablauf von ol. 88, 2 ^ 427/6 berechnet
worden; jetzt werden sie, wenigstens für die *andem götter' (die
rechnung für Nike ist nicht erhalten), von da bis zu den Panathe-
naien von 89, 3 = 422 geführt
4. Zinsneujahr für Athenam Folias : der 17 hekatonibahn. was
wir mit den von Kubicki nachgewiesenen 1464 tagen gewinnen, ist
dem ßo eben gesagten zufolge nicht die eigentliche tagsumme der
4 kalenderjabre oL 88,3 — 89,2, sondern die summe der vonibreni
anfang bis zu den Panathenaien von 89, 3 verflossenen tage^ dem-
nach entspricht, wenn Böckb auf die 4 arcbonten jähre mit recht
1448 tage gezählt hat, dem 1464n oder letzten tage der 16 hekatom-
baion oU 89^ 3, nnd der anfang des nächsten zinsjahrs, der 17 heka-
tombaion 89, 3 ist ein Panathenaien tag. die Panathenaien selbst
haben zwar erst einige tage später ihren anfang genommen (abscbn. 6
6, 246); aber die reeben schafts abläge hat ofienhar nicht am feste
selbst, sondern vor ihm stattgefunden, und der name der mit
groszen kampfspielen verbundenen feste wird in weiterm sinne auch
auf die zu ihnen in bezug stehenden (besonders auf die ihrer vor*
bereitnng gewidmeten) benachbarten tage ausgedehnt: er umfaszt
die dauer des gottesfriedens (iK^xeipia)^ welcher mit ihnen ver*
bunden war, ganz oder zu einem guten teil, vgl. abschn* 6 s. 258.
ßo Thnk. VIII 9 KopivOioi oü TTpO€0u^r|Öncav Su^nXeiv nplv xd
''Icdiiiia, S TÖre fjv, bieopidcuJClv : das fest selbst fand erst später
statt (Thuk. VIII 10 iv bi. tqutlu xd ^'tcö^ia ^TiTVtxo), femer
Tbuk. V 1 al iviauciai CTTOvba\ bicXcXuvxo ^€xpi riuöiyjv icai ^v
TiQ iK€X€lpiqi Ar|Xiouc dv^cxricav, db. der am 14 elaphebolion ol. 89, 1
auf ein jabr vereinbarte Waffenstillstand galt vom 14 elapheb. 89, 2
an nicht mehr, bis mit dem pjtbischen gottesfrieden ein neuer Waffen-
stillstand anhob, in dessen lauf sie die Delier vertrieben, die eine
der zwei j{Lbrlichen ampbiktyonenversamlangen fand in demaelben
monat bukatios statt wie die pjthischen spiele, vermutlich unmittel*
bar nach oder vor ihnen; im dritten Jahr der Olympiaden, welches
GFÜnger: die zinsurkande zn ol. 88, 3 — 89, 2. 235
die spiele brachte, wurde den beschlüssen derselben als datum nicht
wie sonst TiuXalac d7Ti)üpivf]C, sondern TTuGioic beigesetzt (CIÖ. 1689.
1689 ^). der früheste tag, auf welchen der Panathenaienname weitem
Sinnes anwendung finden konnte, ist wohl eben der 17 hekatombaion :
am 16n wurden die EuvoiKia; am 12n die Kpövia gefeiert.
Dadurch dasz der anfang der 4 Poliaszinsjahre in die Panathe-
naien (weitem sinnes) föllt wird die bisher übliche, auf den 1 heka-
tombaion gestellte berechnung der zinstage hinsichtlich der drei
ersten jähre keineswegs hinfällig : denn die zahl der tage zb. vom
17 hekatombaion ol. 88, 4 bis 16 hek. ol. 89, 1 ist dieselbe wie die
vom 1 hek. 88, 4 bis 30 skiroph. 88, 4 ; jedem der drei ersten jähre
folgt noch ein der laufenden zinsperiode angehöriges, dagegen beim
vierten jähre kann man nicht als letzten zinstag den letzten skiro-
phorion behandeln, weil auch die 16 ersten tage von ol. 89, 3 noch
zur laufenden zinsperiode gehören: hier musz das kalenderdatum
und die dauer der einzelnen prytanien anders als bisher geschehen
ist behandelt, die ganze rechnung auf neuer grundlage geführt
werden, sie wird denn auch die probe auf die richtigkeit der auf-
gestellten Sätze bringen.
5. Der erste tag der einzelnen zinstagsummen. auszer den
archontennamen gibt die Urkunde kein kalenderdatum an: sie datiert
der sitte jener zeit entsprechend nach prjtanietagen ; die zahl der
für jeden posten berechneten zinstage ist nicht angegeben , sondern
aus dem Verhältnis zwischen capital, zins und zinsfusz zu erschlieszen.
jeder zins läuft, so weit es sich um die neuen, erst im lauf der 4 jähre
nach einander erhobenen anleihen handelt, natürlicher weise nicht
vom 17 hekatombaion ol. 88, 3 als anfang der 4 jähre, sondern vom
datum der erhebung des darlehens , dh. vom tage der auszahlung
des capitals. man sollte denken, dies sei so selbstverständlich,
dasz niemand es bezweifeln könnte, und Bangab6 ao. hat denn
auch ohne ein wort darüber zu verlieren ; so gerechnet; dennoch
legt Böckh seiner rechnung den satz zu gmnde , dasz der zahlungs-
tag von ihr auszuschlieszen sei , und die Zählung der zinstage erst
mit dem auf ihn folgenden beginne; ihm haben sich die spätem und,
abermals (vgl. s. 233) inconsequenter weise und ohne auf die frage
einzugehen , sogar Eubicki angeschlossen , obgleich Böckh an einer
der zwei stellen, an welchen er sich hierüber ausspricht, deutlich
genug zu verstehen gibt, dasz jener satz nur eine ausgeburt der Ver-
legenheit ist, in welche ihn die zahlen des vierten jahres brachten
(und wegen seiner in abschn. 4 besprochenen falschen Voraussetzung
unter allen umständen bringen musten), ein notbehelf, zu welchem
er erst griff, als er auf dem andern wege nicht zum ziele kam : aus-
drücklich erklärt er dort (s. 119), dasz er dieser neuen ansieht, bei
welcher er für das vierte jähr einen tag mehr und damit die ge-
wünschten 355 tage gewann, erst dann sich zugewendet
habe, als er sah, dasz bei einem 354tägigen jähr kein
befriedigendes ergebnis zu finden sei. das neue fragment c
^6 GFÜDger: die zmiiurktmde 2U ol. 88,3^69,2.
belehrte die nachfolger, d&st trotzdem sein ergebnis nicM befriedigeili
konnte; statt aber die erkünstelte theorie bei seite zu lassen, folgten
sie der begründung^ welche ihr Böckh 3. 100 tu geben versucht hat.
^oft mochte' schreibt er *erst gegen abend (dh. kurz vor Sonnen-
untergang, mit welchem ein neuer kalendertag anhob), nachdem
Senat oder der ekklesia bezahlt werden, und selbst wenn morgens
benahlt wurde, war bis zum abend kein tag verflossen, der Zahltag
konnte daher, wenn die zinsen wie natürlich bis zum letzten tage
der finanzperiode einsehliesKlich berechnet wurden, nicht als zinstag
gerechnet werden.' Bdckh nimt also an, für den aus zahl angstag sei
deswegen kein zins berechnet worden, weil dieser nur für ganze tage
gezahlt worden sei , die aus Zahlung aber erst in der zweiten h&lÄe
des bürgerlichen tages stattgefundeD habe, man konnte aber doch
auch am abend, hei künstlichem licht sogar in der nacht geld aus-
zahlen, und Böckh selbst sagt nur 'oft', nicht 'immer' oder ^meistens*
möge in der zweiten hälfte des bürgerlichen tages die auszahlung
stattgefunden haben, überdies stellt er auch dies 'oft' nur als Ver-
mutung hin. hätte also wirklich der grundsatz bestanden, nur volle
tage zu berückiüichtigen , so würde es nötig gewesen sein zwischen
verzinsbaren und unverzinsbaren ausz ah Inngs tagen zu unterscheiden,
und die Urkunde hätte dann nicht blosz den prjtanietag, sondern
auch die stunde oder tageszeit der auszahlung angeben müssen, da
sie dies nicht gethan hat, so läszt sich nur annehmen, dasz der
zahlungstag überall als erster zinstag bebandelt ist. wollten wir
mit B5ckh das gegenteil annehmen, so würden sich seltsame con-
Sequenzen ergeben, ein minder bemittelter speculant konnte dann
zb., wenn er wüste dasz ein grundslück gegen sofortige baarzahlung
wohlfeil zu haben war, am morgen oder mittag von einem capitalisten
das hierzn nötige geld und von einem andern einen ebenso hohen
betrag entlehnen, mittels des einen capitals den kauf abschlieszen
und noch vor Sonnenuntergang mit dem andern die schuld ohne zins
zurückzahlen ; oder er konnte im laufe eines einzigen tages ein capital
behufs ankauf einer getreideladung entlehnen, diese mit vorteil ver-
kaufen und mit einem teil des erlöses die schuld ohne Zinszahlung
abtragen, die frage nach der tageszeit hätte aber Oberhaupt gar
nicht aufgeworfen werden sollen : es liegt in der natur der sache,
dasz die Verzinsung einer anleibe mit dem auszahlungstag anfangt.
die rechtli<;be begrUndung des zinsempfangs fUr gelddarlehen ist
eine dreifache : indem der eigen tum er vorübergehend auf den be-
sitz eines ihm gehörenden capitals verzichtet, läuft er gefahr das-
selbe ganz zu verlieren; er beraubt sich femer der gelegenheit mit
demselben unterdessen einen gewinn zu enielen; endlich setzt er
umgekehrt den schnldner in den stand ein vorteilhaftes geschalt zu
machen, jeder von diesen drei fallen kann schon am erstan tage des
besitzwechsels und in jeder stunde desselben eintreten, die ent-
lebnung und ein solcher fall noch in der letzten stunde vor Sonnen-
untergang vor sich gehen, diesen maszgdbenden gesichtspunkteAj
GFÜnger: die zinsarkande sn oL 88,8—89, 2. 237
gegenüber hätte Böckh einen conoreten fall anf&hren müssen , wel-
cher die ihm selbst erst in der not gekommene meinong erhärtet,
ein wenigstens analoger ist vorhanden; er bestätigt aber den sonst
allgemein anerkannten grundsatz. nach [Demostb.] gegen Theokrines
§ 1 ist der vater des anklägers, auf eine anzeige des Theokrines hin
zu einer busze von 10 talenten verurteilt, wegen Zahlungsunfähig-
keit staatsschuldner geworden und damit zugleich der atimie ver-
fallen, die schuld aber durch die seitdem aufgelaufenen Zinsen auf
20 talente angewachsen, die zahlungspflicht begann gesetzlich mit
dem tage der Verurteilung, in den kein urteil erheischenden fällen
mit dem des vergebens, ebd. § 49 TÖv vöjiiov Sc öcpeiXeiv KcXeuei
dir* ^KcivTic Tf^c fm^pac, dcp* fic fiv öcpXi] f\ TrapaßQ xdv v6)liov
f{ TÖ i|irj(piC|Lia, ebenso im folgenden noch zweimal und vorher § 21.
der Zusatz dir' ^Keivric tt^c fm^pac d(p' fjc dient offenbar dem zweck
den anfangstag der Verzinsung zu bestimmen: diese sollte bei den
einer aburteilung nicht bedürfenden vergehen nicht erst mit dem
tage der anzeige beginnen , sondern schon mit dem oft viel frühem
des vergebens; die eigentliche busze, das schuldige capital wurde
durch die zeit weder vermehrt noch vermindert, es betrug im yor-
liegenden fall ein für allemal 10 talente. der eintritt einer solchen
Verzinsungspflicht ist analog dem einer durch darlehen entstehenden ;
die anzeige aber geschah immer, das vergehen sicher sehr oft in der
zweiten hälfte des griechischen kalendertags.
Die folge der irrtümlichen ausschlieszung des zahlungstages
von der Verzinsung ist, dasz mit dem ersten zinstag jedes darlehens
auch alle folgenden um eine stelle im kalender zu spät fallen , zb.
die 17 zinstage des am 20n tage der letzten prytanie des 4n jahres
bringen diese prytanie auf 37 statt auf 36 tage, wie denn auch die
dauer der 4 jähre durch sie um einen tag zu lang wird, demnach
würde Kubicki, auch wenn seine behandlung der Poliasrechnung im
übrigen unanfechtbar wäre, mit der gebührenden einschlieszung des
zahlungstages in die reihe der zinstage für die 4 jähre nicht die ge-
wünschten 1464, sondern nur 1463 tage erhalten haben, und fiöckh
hätt« ihnen aufgrund seiner rechnung nicht 1448, sondern 1447 tage
geben müssen , wenn er die Verzinsung wie sich gebührt mit dem
zahlungstag hätte beginnen lassen, dasz er mit der auf falschem
wege gefundenen summe 1448 dennoch das rechte getroffen hat,
wird sich im nächsten abschnitt (s. 256) herausstellen.
6. Die vier zinsQohre der Athenaia Folios,
I. Ol. 88, 3 — 426/5 vor Ch. 355 tage.
zahlang datum captUl
1 pryt.114 20tal.
2 II [16] 50t.
3 IV 6 [28t.6078d.]
4 VIUö 4[4]t.8000d.
6 VIII [6] 100 1.
6 X7 l[8t.8562d.]
summe: 261t.66[40d.
ZtDB
ziniUge
[Ö63j6dr.
1409
2 t. 1970 d.
1397
lt. 1719 d. 2 ob.
1838
[lt.4662d.lo.]
1198
8t. 6940 d.
1197
4172d.[2VtO.]
1122
llt.]99d.[6VtO.]
238
GFÜQger: die ziDBurkunde zu ol. 88/3^69,2»
so ntich BSckh; Eabickl gibt folgende zablen:
lahluDg
(Hat um capilal
Zins nosU^«
1 pr
.UA 20t,
[673] 6 d. 1434
2
U[41] 50 t.
2t.l970d. 1397
3
IV b [281. 4050 d.l»/,o.]
VIII 5 [u. 6] 4[4jL3000d.
VIII [6] 100 t.
lt. 1719 d. 2 o. 1346
4
[lt.46CliL 2Vt0.1 1198«* 11
6
3 t. 5940 d. 1197
6
X7 l[8t.4&66d0
4172 d. [2 Vi 0.] 1112
aumme: 261t.56[15d. tViO, llt. Ij99d. lo.
N» 1. prytanieBummer II; uame der phjle (s. u* 2) verloren;
tag 4. capital 20 taleEte. aus den zinstagen, welche vorausgesetzt
sind, ergibt sich die gesamte tagsumme der 4 jabre bis auf ein
schwanken um 1 tag. die hierfür ma^^zgebende zinäangabe z. 5 f, er-
glinzt Bßckh mitRangabe zu tdkoc t[oütoic i^eveio : PPHAAjAPh;
diese 5636 drachmen setzen , da 20 talente täglich 4 draehmen ab-
werfen i voraus, dasz vom 4n tag der II prytanie bis zum ende des
vierten Jahres 5636 : 4 ^= 1409 tage verlaufen sind, dasz oL 88, 3 ein
gemeinjahr gewesen iät, erweist Böckh s. 113 f, mittels einer recb-
nung, welche wir ihrer Weitläufigkeit wegen nicht wiederholen; das
gleiche ergibt sich aus dem sicher ergänzten datiim der 5n Zahlung:
prytanie VIII tag [6] im zusammenhält mit den 100 talenten ihres
betrags und den 23940 draehmen des zinses: da für 100 talente
täglich 20 draehmen gezahlt werden, so laufen von da bis zum ende
1197 zinstage; die 1092 — 1095 tage* der drei folgenden jähre voaj
ihnen abgezogen und die 5 ersten tage der VIII prytanie hinzu- 1
gezählt finden sich för die drei letzten prytanien zusammen 105 — ^f
110 tage; im Schaltjahr mtlsten sie 114 — 117 enthalten» bleibeaj
wir demgemäsz beim gemeinjahr, so ergeben sieb aus den (11971
und 5 ==) 1202 zinstagen von pryt. VIII 1, da auf die sechs vonj
pryt, II 1 bis dahin laufenden prjtanien210 — 214 (mit schal Ltag 215) 4
tage kommen, forden ersten tag der II prytanie 1412 — 1416(1417)| I
für den 4tt tag also 1409 — 1413 (1414) tage, welche einen zins von
5636 oder 5640 5644 5648 5652 (5656) draehmen liefern; von
diesen zahlen stimmt blosz 5636 zur Überlieferung, der zinstage
sind also 1409. hierzu die 3 ersten tage dieser und die 35 oder 36, [
mit Schalttag 37 tage der ersten prytanie gezählt erhält man alij
tagsumme der 4 Jahre 1447 — 1449; llber die eigentliche zahl s. n. 7,
Der anerkenniing dieses ergebnisses steht » wie es scheint , ein ^
hindemis im wege: die oben angeführte ergänmng liefert eine buch-
atabenstelle zu wenig« dieser mangel haftet der ergänzung Kubiekia
nicht an, welcher noch ein H einsetzend den zins auf 5736 draehmen,
die zinstage also auf 1434 bringt, die 1472 — 1474 tage indes« auf j
welche ihre gesamtzahl durch die 38 — 40 von prjt. I 1 — II 3 ge-f
* die überliefertet! fahlen der anleihe von pryt. IV 3 des xweiteii|l
aDerkannt 12moiiiitlicheD jnbrea ergebet! 98& zinstAge bis zum eiid#l
dea 4x1 juhrcs; die 2 ersten tage dieser prytanie and dio 105^ — 108 voal
pryt. I— 11 hinzugezählt erhalten wir 1092—1095 für jähr U— IV.
GFÜnger: die zinsarknnde zu oL 88, 8 — 89, 2. 239
bracht würde, entsprechen keines&lls der daaer von 4 jähren, am
zu der vermeintlichen gesamtsumme Ton 1464 tagen zu gelangen,
nimt Kubicki an, die erste prytanie habe blosz 26 tage enthalten, zu
welchen noch die ersten tage der zweiten prytanie kommen, dürfte
man eine so willkürliche und unverständliche prytaniebemessung
annehmen, so könnte man auch behaupten, die erste habe blosz
11 tage enthalten: diese und die 3 ersten tage der zweiten zu 1434
hinzugefügt würde sich die summe 1448 ergeben, die Unmöglich-
keit der zahlen 1464 und 1434 wird sich aber, von dem bisher
gesagten abgesehen auch aus den bemerkungen zu n. 2, n. 4 und
jähr lY herausstellen, die von Böckh und Kubicki ergänzte formel
TÖKOC TOÜTOic ^T^veTO oder toütoic tökoc ^t^vcto ist nicht die
einzige, welche in den angaben über die einzelzinse für Athenaia
Polias vorkommt: ebenso oft findet sich tökoc toütov oder TOÜTOV
TÖKOC ; an andern (verstümmelten) stellen kommen auf die formel
teils mehr buchstaben als TÖKOC TOUTOiC ifivexo (vgl. s. 252), teils
weniger^ als tökoc toutov enthält^ und es ist daher hier ebenso-
wohl die an wen düng einer andern formel wie das vorkommen eines
textfehlers annehmbar, schreibt man tökoc t[outoic dXoTicOe, so
ist die verlangte stellenzahl gewonnen; der ausdruck schlieszt sich
an den der unmittelbar vorausgehenden Überschrift [rdbe TO TÖKO
^XoTicavjTO an.
Im datum der Zahlung schrieb Böckh in\ T€C KcKpoTTlboJc
TTpuTOveiac beuT^[pac irpuTOveuöcec T^rrapec ^jn^pai ica . . . €[X€-
XuOuiac, indem er vermutete, der Steinmetz habe aus versehen
£caTÖC€C gesetzt und dann die buchstaben atoc getilgt Bitten-
berger erinnert, dasz von spuren einer tilgung nichts gemeldet wird,
und schreibt passend T^rrapec ^|i^pai2ca[v k]e[XeXu9uiac. Kubicki,
dem diese Verbesserung unbekannt geblieben war, will €ca[v ^c]€[X€-
XuOuiai; aber ^cievai in solchem zusammenbang verlangt ein per-
sönliches subject, darum ist auch seine ergänzung ^ceXeXuOfaci
z. 10 (vierte Zahlung) statt des participiums ^C€X€Xu6[uac (ver-
schrieben st. dceXeXuOuiac) , das der Sprachgebrauch der Urkunde
verlangt, zweifach unzulässig.
2. Capital 50 tal. (also tageszins 1 drachme); zins 2 tal. 1970 dr.
(zusammen 13970 dr.), was 1397 zinstage ergibt; vom datum ist
nur name und zahl der prytanie (Kekropis, II) erhalten ; wurden für
n. 1 richtig 1409 zinstage angenommen, so fällt die zweite Zahlung
12 tage später, auf pryt. II 16. die in diesem sinne von Böckh vor-
genommene ergänzung beuT^pac irpirraveuöcec [T]oi[c auToTc hcxc-
Kaib€Kd]T€i TTpUTOveiai ist sprachwidrig; nach dem muster von
lA. IV 179 *» z. 12 dJjLi^pai Xoiiroi ecav ökt[ö] schreibt Dittenberger
[X]oi[iTOV Jti eiKOCi djicpov] Tel irpuTaveiai, was zu der in n. 7 auf-
gestellten prytaniedauer passt. Kubicki, dem die zweite Zahlung
(1434—1397 =) 37 tage später fällt als die erste, gibt infolge
so in o. 6, wahrscheinlich infolge eines textfehlers.
24f)
GFUnger : die sdnBurkunde tu ol. 88, a — 89, 2.
des Sien der zweiten prytanie die ungeheure zahl Ton 48 tagen und
schreibt, in der form ebenfalls nach dem muster der citierten in-
Schrift [X]oi[Trai icav HerrToi ^^^pai] tIi irpuTOveiai.
3. Datum: pryt. IV Pandionis, tag 5; vom capital nur der an-
fang A erhalten; zins T[Xr»]HHAP>»-»-HI. da auf pryt, II— VII je
35 tage kommen (s. n. 7), so sind wegen n, 1 und 2 auf die dritte
Zahlung 1338 zinstage zu rechnen; diese würden für den zins 1 tal.
1719 dr. 2 ob. eigentlich ein capital von 28 tal. 5079 dr, 1 ob.
-voraussetzen f aber die 2 obolen können auch auf abrundung eines
bruches beruheu. Böckhs ergänzung 28 tal. 5078 dr. ergibt einen
zins von 1 taL 1719 dr. 1,6728 ob, (vgL n, 4 und 6); sie ist zwar
um eine bucbstabenstelle zti lang , aber auslassung eines bucbstaben
kommt in der inschrift öfters vor, sie kann auch durch nachtrftg^|
liehen einschub verbessert gewesen sein oder es waren drei leicheii
auf dem räum von zweien ^uäammengedräDgt, Kubickis ergänzung
vermeidet diese Schwierigkeit, hängt aber mit seinen irrigen voraus-
tietzungen zusammen.
Das datum entspricht dem 22 pjauepsion ^ 24 nov. 426; o\
die Zahlung den kosten der reinigung von Dolos galt, läszt sich des*
wegen nicht sagen, weil Thukydides III 104 diese nnr allgemein in
das Winterhalbjahr setzt, die zwei ersten Zahlungen könnten für
früher ausgeschickte £otten bestimmt gewesen sein, vgl. Thuk.
III 91, 99 ua, man kann auch an die bedürfnisse der flott^nstation
in Naupaktos denken, vgl, zu n, 5 und 6,
4. Prytanie Akamantis (laut n, 5 die achte), tag 5; capital
AA4A[T]TTTXXX (das von den übrigen zahlen verlangte T will
Pittakis noch gelesen haben); zins verloren, wegen der 35tägigeiiä
dauer der vorausgehenden prytanien sind 1198 zinstage anzunehmeiigl
welche einen zins von 1 tal, 4662 dr. 1,2 = rund 1 ob. ergeben,'
durch diese abrundung wird der in n, 3 bei dem abrun dun gs verfahren:!
der logisten*** gemachte zusatz von 0,3272 ob. auf 0,1272 ob, herab'|
gemindert, vgl. n. 6 und jähr IV s. 255. Kubicki hält solche com*
pensationen, wo sie nicht, wie bei den zinsen aus den collectiv.
darlehen der ^andern* götter, notwendig seien, für unstatthaft;
gerade aber bei diesen laasen sie sich weniger annehmen als bei des
andern: schon Böckh hat s. 232 bemerkt, dasz man das einer de
^andern' gottheiten zu viel angerechnete nicht einer andern abrechnen
konnte, warum aber bei mehrern auf einander folgenden darlehe
' dmss, wie BÖokh meint, der obol nahe an die draehmencifirern
berangeachriebeo g'ewesen sei, braacht man niohl anKunefamen; an das
ende dloioa poflteoB kann auch der anfan^ des nächatett obne leere
awUchenatelle gegTenii haben, wie n. 4 an n, 3. *^ an den aonder-
vinsen fär die einzelnen teilgnthaben der ^'andern^ götter hat Böckb
geseigt, dasz nicht blo«B die über die hälfte des i wischen der klein c>rn
und der grossem runden zahl bestehenden anteracbiedes, sondern icboaJ
die über das viertel deaaelben hinausgehenden brüche der gröazern zm^
gerechnet wurden. Kubicki, der jede abwerfung eines obolenbruches fil
nugebräuchlich erklärt, scheint Böckbs darlegnng übersehen an haben
GFÜBger: die srntorkruide zu oL 86, 3 — 89, 2. 241
6mer und derselben gotiheit ein Bolcbee verfahren onfultong i
solle, hat Knbieki nicht gesagt, nnd BOckh s. 109, den er dtiert, ist
▼ielmehr der entgegengesetzten meinnng. einen zur Idire Ton den
1464 tagen passenden zins für das fiberlieferte datum ans 44 V^ taL
zn finden ist unmöglich; sie scheitert schon an dieser einzigen stelle.
Kubicki Termntet, das capital sei in zwei raten zur aoszahlnng ge-
kommen, am 5n piytanietag 40 taL 3500 dr., fOr welche 1198 zins-
tage, also 1 tal. 3723 dr. 4,6 ob. zins bereclmet worden seien, nnd
am 6n tag 3 tal. 5500 dr., welche in 1197 tagen 937 dr. 3, 9 ob.
liefern mästen: der zins für das ganze wfirde demnach 1 tal. 4661 dr.
2^2 o^- betragen haben, diese kfinstliche hjpothese vertrSgt sich
nicht mit dem text, nach welchem das ganze an einem einzigen, dem
5n ta^ zur auszahlnng gelaugt ist; der begriff Ton raten Zahlungen
Iftszt sich hier fiberhaupt nicht anwenden, weil sie gleiche oder
wenigstens gleichm&szige grösze der teilsummen Toraussetzen : waa
Kubicki aufstellt, wfirden einfach auszahlungen Ton betrtgen sein,
welche wegen ihrer yerschiedenen zeit als verschiedene eapitalien
gelten mtlsten; von vom herein scheitert aber der ganze Ter^udi
daran, dasz nicht die 'raten' selbst angegeben sind : denn der zweck
der Urkunde ist, die richtigkeit der Zinsberechnung darzulegen, an
dem zusammenstimmen von zeit, capital, zins nnd zinsfosz sollte
sich jeder bfirger von ihr fiberzeugen können ; das wfirde aber un-
möglich gewesen sein, wenn von den auszahlungstagen nur der eine
und Ton den raten gar keine genannt wäre: der leser wfirde ja diese
Zahlung in derselben weise berechnet haben wie alle andern und
dadurch auf einen ganz andern zins gekonunen sein.
5. Piytanie Vm Akamantis; capital 100 taL (welche tiglieh
20 dr. abwerfen); zins 3 Ul. 5940 dr. (zusammen 23940 dr.); zins-
tage also 1197. auf den prjtanietag konunen 4 stellen (h^x^, örrö,
b^Ka); mit öktö (= 1204 zinstagen ffir pr. Ylll 1) wfirde, die
7 ersten prytanien zu 245 — 249, bei ^chalttag 250 tagen genommen
die tagsumme der 4 jähre auf 1449 — 1454, mit öeica («» 1206 z.
ffir pr. Vin 1) auf 1451—1456 steigen, aber ihr höchster betrag,
wenn wie hier nur 6ines den schaltmonat gehabt hat, steigt auf 1446
(s= 354 384 und zweimal 355). also ist Hixc einzusetzen, der
hohe betrag des capitals ISszt Termuten dasz es ffir die ausrfistnng
zu einer gröszem neuen Unternehmung bestimmt gewesen seL
prjt. VlU 6 => 15 elaphebolion entspricht dem 13 april 425: die
Sendung des Euijmedon mit 40 schiffen nach Sikelien, welche zur
einnähme von Pjlos führte, geschah unö Touc auTOVc" xpö^ovc
ToO J)poc irpiv TÖv ciTOV dv dx^q elvoi Thuk. IV 2, also nach be-
ginn der getreideblfite, welche durchschnittlich bei der gerste um den
4 april greg., bei dem weizen um den 18 april eintritt, s. AMommsen
mittelzeiten s. 6; julianisch sind diese data ffir jene zeiten um 7 tage
zu erhöhen, möglicher weise bezieht sich auch die vierte Zahlung
" bezieht sich auf IV 1 «cpi ctTOU iKßoXifV.
Jahrb&eher fir das». phUol. 1S9S hfl. 4 u. 5. 16
242
OFÜngef ; die ^insurkunde zu oL 88, 3 — (
(wenn sie nicht wie n. 1 und 2 zu i^rkläreii ist, s. n. 3) auf diese
unternehmang: ol. 91, 2 «^ 414 vor Ch. wurden am prytanietag
Vill 3 für das Leer in Slkelien 300 tal und 13 tage später für die
schiffe y weleiie das geld überbringen sollten , 3 tal. 2000 dr. ange-
wiesen, CIA, I 183.
6. Prytanie X Erechtbeis, tag 7; vom capital nur der anfang
4FT vorhanden I vom zins faßt der ganze betrag in XXXXHPAAI-H,
folgt eine Iticke » . . K€Cpd]Xatov usw., deren anfang Böckh mit IC:
ausfüllt, dem niedrigsten oboltjnbetrag, welcher sich ergänzen läs^t.
von pryt» VIII 6 (= 1197 zinstagen) zu pryt. X 7 führen 2 prjtanie-
längen und 1 tag; zwei prytanien zu 35 oder 36 tagen enthalten
eigentlich 70 — 72, wenn ihnen aber die über 350 hinausschieszen-
den tage des gemelnjahrs ganz oder zum grüsten teil zugesclilagen
öind^ 73 74 oder (bei tchalttag) 75 tage; auf pryt» X 7 können alao
1121 — 11 2G zinstage gerechnet sein, auf lll'2 — ^1125 wird der
Spielraum dadurch beschränkt» dasz die letzte prytanie 35 oder 36|
bei Bcbalttag 37 tage enthalten haben kann, von pryt* X 7 bis zum
Jahreswechsel also 29—31 tage laufen, welche mit den (1448— 354
oder 355 ^) 1094 oder 1093 tagen der drei andern jähre zusammen
1122 — 1125 zinstage liefern» mit 1125 tagen würden wir aua
4172 dr. 27^—572 ob* ein capital von 18 tal. und ca. 3260 dn er-
halten, mit 1124 ein solches von 18 tal, und ca, 3362 dr., mit 1123
eineä von 18 tat, und ca. 3463 dr. ; zu der summe der 6 darlehen
des Jahres passen blosz 1122 tage und die ergänzung der zinsobolen
auf 2^/2* damit bekommt Böckh ein capital von 18 tah 3562 dr.,
welches einen zins von 4172 dr. 2,6128 ob. liefert; durch den ab-
wurf von 0»0128 ob, bei der abrundung auf 2^/^ wird der bei n. 4
noch 0,1272 ob» betragende zuaatz auf ca. 7^ obol (= 0^1144)
herabgemindert. Schwierigkeit macht die zinsformel, von welcher
nur tfivejo erhalten ist. von den 17 stellen der vorausgebenden
lücke entfallen 10 auf die verlorene gröszere hälfte des eapitals;
bleiben 7, für welche sich keine andere ergänzung alsTOUTOic bietet,
B5ckh, dem Kirchboff und Dittenberger zustimmen, nimt daher an^
vor TOUTOic sei aus versehen wegen der Identität der zwei anfangs-
buchstaben tÖkoc weggelassen worden, eine bei den zahlreichen
ungenauigkeiten der inschrift unbedenkliche annähme. Kubicki
konnte in seinem sinne die ergänzung so gestalten, dasz zur formel
nur 6 stellen der lücke nötig sind; demgemäsz ergänzt er, aber
gegen den Sprachgebrauch, tökoc ^ttJct^vcto ; durch seine 1112 zina-
tage bekommt er für die letzte prytanie blosz 26 tage und für daa
ganze Jahr ein wunderliches conglomerat vonprytaniellngen: 26 4S
39 36 38 38 38 36 48 26 tage.
Das datum pryt.X 7 «=> 2 skirophorion entspricht dem 27juni42^:
nm diese zeit wurden 20 neue schifife und bald danach Kleon mit dea
hopliten von Lemnos und Imbros, ferner mit peltasten und schlitzen,
400 an der zahl, nach Pylos geschickt (Thuk IV 23. 28). einer von diesen
swei Sendungen kann die Zahlung gegolten haben; vgl indes zn n» 3.
GFÜoger: die zinsurkimde za oL 88, 3—89, 2. 243
7. Die summiemngen. die schlaszziffem des gefeamtzin&es, mit
welchem die rechnung des Jahres ahscfalieszt , ergehen 99 dr. 1 ob.,
womit Euhickis samme stimmt; aber dasz der ranm zwischen dieser
nnd der zweiten jahresrechnang, welcher ganze 6 stellen einnimt,
von anfang an so vollständig leer gewesen sei, wie es jetzt der fall
ist, hält Böckh, dessen rechnung auf 99 dr. 5% ob. föhrt, mit recht
für anwahrscheinlich , da an vielen stellen der inschrift teils ganze
buchstaben oder zeichen teils stücke derselben vollständig unsicht-
bar geworden sind und der mit Sicherheit ergänzte fibergang vom
2n zum 3n jähr nur 4 freie stellen zählt, einen Zwischenraum von
3 stellen bekommt Böckh durch die ergänzung I [III IC; drängen wir
die 5 obolenstriche auf 2 stellen zusammen (vgl. s. 258), so kommen
auch hier auf den leeren räum 4 stellen.
Prytanielängen. von pryt. VIII 6 bis X 7 laufen (1197— 1122 =)
75 tage, auf YIII und IX zusammen kommen also 74, auf jede von
beiden 37 ; hat das jähr 354 tage enthalten , so folgt hieraus dasz
von den 4 über 350 hinausschieszenden tagen nicht auf vier prj-
tanien je 1 , sondern auf zwei je 2 tage mehr als 35 tage gezählt
worden sind; alle übrigen prytanien sind dann 35tägig. Böckh
kommt zu 36 tagen für die letzte prjtanie und damit wegen der
1409 tage von n. 1 zu 355 für das ganze jähr und 1448 für die
4 jähre , indem er unrichtig den auszahlungstag von den zinstagen
ausschlieszt. beseitigen wir diesen fehler, so bleiben der letzten
prjtanie blosz 35 , dem ganzen jähre 354 und den 4 jähren 1447 ;
aber für letztere ergeben sich aus j. IV 4, s. 256 doch 1448. daraus
folgt dasz die erste prjtanie durch ausstAttung des hekatombaion
mit einem Schalttag von 35 tagen auf 36 gebracht worden ist. die
hierzu nötige Voraussetzung, dasz jener monat ursprünglich nur
29 tage enthalten habe , trifft wirklich zu , s. Zeitrechnung der Gr.
u. B. § 34 in IMüUers handbuoh II' s. 749.
n. Ol. 89, 3 = 425/4 vor Gh. 354 tage.
Zahlung datum capital zins zinstag«
1 pr. IV3 80 t. 5910 d. 986
2 IX 1[6] tOOt. [2 t. 3900 d.] 796
summe: 1[30 t. 3 t. 3810 d.J
So Böckh s. 115, nachdem Redlich einen kleinen fehler seiner
ersten rechnung verbessert hatte ; ebenso die spätem.
N. 1. Capital 30 tal., zins 5910 drachmen. das datum prjt. IV
(name der Aigeis oder Oineis verloren) tag 3 entspricht, wie aus der
zahl der zinstage hervorgeht, dem 11 nov. 425 = 21 (beim voraus-
gehen eines Schalttags dem 20) pjanepsion, gehört also dem Winter-
halbjahr des Thukydides (IV 50 ff.) an, welcher von einer thätig*
keit des hier erwähnten Demosthenes nichts meldet- aus den werten
cxpaTCToTc Trepp TTe]XoTTÖvvecov AcjiocG^vei 'AXkicG^voc 'Acpi-
b[vaioi ist geschlossen worden , derselbe sei nach der zu ende des
Sommerhalbjahrs erfolgten heimkehr des heeres (Thuk. IV 39) bei
16 •
244
Gfünger: die zmeurkunde zu oi 88, 3—8^, %
den 10 Pylos zurückgelassenen Naupaktiem (Tbuk. IV 41) geblie-
ben; dann wöre er aber der einzige Stratege gewesen i welcher das
geld bätte verwenden können , während die inschrift von mehreren
spricht, diese müssen sich bei Demostbenes befunden haben und er
der oberan führet gewesen eein. es iKt also an einen TicpiTrXouc zu
denken ; Thnkydides hat ihn wahrscheinlich deswegen nicbt erwähnt^
weil er lu keiner nennenswerten Unternehmung geführt batte, die
wähl der zu Seefahrten wenig geeigneten Jahreszeit hatte ihren grund
vielleicht in der absiebt die Peloponnesier unvorbereitet zu treffen*
durch die winterstürme kann die Unternehmung auch gehindert, ab-
gek(lr£t oder ganz vereitelt worden sein.
2* Pry tanie IX Pandionis ; die ergänzung it^fittiei Koi] beKdtet
^|i€pai ist wegen der stelLenzabl der lücke notwendig; dasselbe gilt,
wie Böckh zeigt, von der ergfinzung des verlorenen zinses für diese
Zahlung, capital 100 talente. die hieraus entspringende zahl von
795 zinstagen führt auf den 20 mal 424 ^ 4 (bei vorausgegangenem
Schalttag 3] tbargelion. laut der von Böckh gefundenen ergänzung
CTpaTexoic [NiKtai NiKCpdto Kuba]vTibei koI xcuvdpxo[civ ist die
fahrt des Nikias, Nikeratog und Autokles mit 60 schiffen, 2000
bopliten und einigen reitern nebst truppen auti Miletos und andern
bundesst&dten gegen Kythera gemeint, welche den dritten Vorgang
des äommerhalbjahrs Tbuk. IV 52 bildet; der erste war die Sonnen-
finsternis des 21 märz 424. z witschen dem ersten und zweiten, ebenso
zwischen diesem und der fahrt des Nikias musz längere zeit ver*
flössen sein, weil von den im andern fall gewöbnlicben Zusätzen wie
URO TOUC aÖTOUC XPÖVOUC ndgh bei Thukjdides keiner zu lesen ist,
Kubicki bringt die Zahlung auf den 24 m&rz, nur drei tage nach der
finsternis,
3. Die drei ersten prytanien enthalten zusammen 10*i tage, die
differenz zwischen den {1448 — 365 =) 1093 zin^tagen von pryt,
I 1 und den (2 + 985 ^) 987 von pryt. IV 1 ; auf zwei kommen
also je 36, auf 6iöe 36. von prjt. IV l («^ 987 z.) bis IX 1 (= 809 z.,
die summe von 14 und 795) laufen 178 tage; von den fünf pry-
tanien IV — Vin zählen also zwei je 35, drei je 36 tage, für IX
und X verbleiben je 35, wenn das jähr 354 tage enthielt, dagegen
für eine von beiden 36, wenn ein Schalttag hinzugefügt war. die
frage, ob der zweite der 2 scbalttage, durch welche die tagsumme
der 4 jähre auf 1448 gebracht wird, dem zweiten oder dem vierten
beizulegen ist, läszt sieb aus der Urkunde selbst nicht beantworten;
für das 4e jähr sprechen erwögungen anderer art.
Im jähr 432 gieng der attische kalender 2 tage zu früh : der
1 faekatombaion traf auf den 14 juli, er hätte aber, wie es bei Meton
der fall ist, auf den 16 treffen sollen« man hatte also zweimal ver*
sttumt einen tag einzuschalten , was in je 1 6 jähren 3 mal geschehen
muste. neun jabre später ist die Unordnung noch grßszer: in den
Wolken des Anstophanes, aufgeführt im elaphebolion ol. 89, 1
^m 423, zürnt laut v. 615 — 626 Selene den Athenern, insbesondere
GFÜMcr; &t ■■■iHUffi i.iAt ix <;i. flk S~ gl 1. 345
dem hSeroMifw Hjpnio^. v>e£I oe? küsBAcr &S£±i izs »^flim
stimmt; toensf wird im ehfiäiebc'Bca ^^. 2 «» 4^1 ü «xf eänoL
der TCfgaBgeBkäf aBccbSrcBi«» isfiULi kia^rviescs Ar. FTätoe
406 — 415 i. in der zvis^ttesudi wem &}««• isitkjre:^ i<hau7SM^ ä.-
gekgt worden, nach Uck. IT 11^ f. T l&i^«c^I5es<s rär: cl. ^«1
entsprach der 14 elapbtbclica dem 12a m.:a«fUg d« lakcKssüien
kalenders, dagegen ^9, S der 25 el&pbetcüc« ces. 27n mi'WTrrig
der Lakedaimonier. doch var einer Tcn dSeaen sci^ihtagen vzr cm
uneigentlidMT, nemück der li^i 2<» tSgigem bek&icmbakn des scb&h-
jahres mr nominellen fessibaltiüif bestbidigen wecLsiels bctier cnd
Toller monate bei einem der kehlen angebnchle scbein'taiY Tcn
oL 89, 1 (leitrechnang d. Gr. c. EL § 14\ bei anderer abfei^ der
bohlen und Tollen monate konnte der lakonische k^cnder jeiieneit
nm 1 tag Ton dem attischen abweichen, ohne dasi der eine rem bei*
den fehl^haft gieng. die zweit&gige di^erenz oL 8*9. 1 im jxsammes-
halt mit der Tiert&gigen oL 89, 3 beweist , dasi der fehler des atsi*
sehen im jähr oL 89, 1 iD Wirklichkeit 3 tage betrag, sollte das
jähr ol. 89, 4, wie es der mond Terlangte, mit dem 14 jnli 421 an-
fangen, so mästen aosxer den 2 schon ol. 87. 1 rerabsiiamten schah-
tagen bis (labin noch 2 , im ganzen also 4 hiniogeftlgt werden : der
erste Ton ihnen ist der des ersten dn^jahres ol. 88, 3. wSre nun der
zweite schon in nnserm jähre ol. SS. 4 hinzugekommen, so wfirde
der fehler im nächsten nar noch 2 tage betragen haben, eine fftr das
aufbeben, welches im D&chsten jähre Aristophanes Ton der sache
macht, zn geringf)igige abweichong; dasz sie 3 tage ausmachte, ist
aas Tbnkjdides gezeigt worden, wir geben daher den nichsten Schalt-
tag dem vierten zinsjahr.
m. OL 89, 1 = 424,23 Tor Ch. 384 tage.
Hier zeigt sich der text so mangelhaft , dasz Tor Kabicki keine
erg&nznng der zahlen versocht worden ist und jeder Tersnch nnr
wenig ansprach auf Sicherheit machen kann, wir geben unter vor-
behält:
BShlong' datun capital zint sicttag«
1 pr.[I]26 [ca.32t.4043d.8*,o.] 4666d.5o. 714
2 [II] 12 33 [od. 24 L 0-5999** „d. 3169d. 2* ,o.— S450d.] 690od.e89
8 V[I9od.lO 5t.43]00d. 632d. l^o. 55S
4 [Vm]30 [ca. 60— 63 t ca. M72- 5783,6 d.] 457 od. 456
ramme: [ca. 123t. ca. 2t. 2339,5— 253 1,5 d.]
Kubickis entwurf ist folgender :
1 pr.[Il]26 [34t.2757d.5o.] 4665d.5o. 677
2 [III] 12 23t. [5397d. 3o. 3135d. 4o.] 656
8 V[I6 5t.48]00d. 632d. 1* ,o. 545
4 [IX] SO [8 t. 5045 d. 730d. l' ,o.] ^413
summe : [73 1. 2 d. 1 1. 3164 d.]
N. 1. Zahl und name der prytanie verloren; ebenso das capital.
zins 4665 dr. 5 obolen. der zusatz HeXXevoTajLiiaic H^voic lehrt,
246
GFÜnger: die «naurkuDde kq ol. 88, 3—89» 2.
wie Rircbhoff bemerkt, dasz das geld im vorjabr von den Helleno-
tamien geliefert worden war und jetzt an sie zurQckgezablt wurda
wenn, wie wabrscbeinlichf die zweite Zahlung in der zweiten prytanie ^
geleistet worden i^t, so läszt sieb die erste nur in die I prjtanie
setzen'*; trifft dies zu, go kann man den antrittstag der tempel^chaiz*
meiater etwas genauer bestimmen als es bisber muglicb war. er*
miltelt istj dasz er nicht auf den 1 hekatombaion, 8ondern ein paar
Wochen später, in die Panathenaientage (vgl. lA. I 32) fiel: lA.
I 189 1 6 zahlen sie noch nach dem 20 bekatombaion aus^ haben
also frühestens am 22 hekatombaion des Yorhergehenden kalender-
jahres das amt angetreten; lA. I 88 dienen die alten Schatzmeister
noch in der zweiten hälfte dieses monats, lA, 1 179 noch am
13 bekatombaion- JA. I 180 z. 4/5 finden wir die neuen entweder
&cbon am 22 hekatombaion oder am 2 (3) metageitnion im omt:
HCMepai b£UT[^pai Kai eiKOciii itc TTpuiavciac schreibt Bockb, Kai
TpiaKOCxii ergänzt Müller- Strtlbing. cultushaupttag und ursprüng-
lich, db. vor Peisistratos einziger tag der Panathenaien war der
28 bekatombaioti ; gichon die in je 3 von 4 Jahren gefeierten ^kleineii'
waren, wie das bekatombenopfer, die ausstaitung mit spielen nnd
der name TTava9r|vaia lehrt, ein groBzes, mehrlagiges fest, deoi
AMommsen mit 2 tagen vielleicht eine um 1 — 2 tage zu kurze daue
beilegt; die *^gro8zen* wurden alle 4 jähre 4m TroXXac fj^epac ge*^
feiert (schoL Eur* Hek, 465; die 4 tage schol. zu Aristeides b. 98.
196. 197 gelten wohl den ärmlichen verbäHnissen Athens in der
kaiserzeit); AMommsen heortoL s. 204 findet als maiimum def
beraten zeit Athens 9 tage, während das peloponnesi^chen kriegee'
begannen sie am 22 bekatombaion oder an einem der zwei an-
grenzenden tage: der 418 mit Argos, Mantineia und Elia ge-
5cblosi»ene bund sollte alle 2 jabre und zwar bald in diesen Städten
30 tage vor den Olympien (416 412 408 usw.) bald in Athen
10 tage vor den groszen Panathenaien (414 410 usw.) von neuem
beschworen werden (Thuk. V 47); die Oljmpien begannen damalii
am 12n tage des dem metageitnion entsprechenden eleischen monata,]
B* Zeitrechnung in lÄIüllers handb, I* 772, demnach sind die tempel*,
Schatzmeister frühestens am 22n und, wenn diese Zahlung der I prj-
tanie angeh($rt, spätestens am 26 hekatombaion ins amt getreten;
fraglich bleibt auch, ob sie im dritten oljmpiadenjahr, dem jähre de
groszen Panathenaien , nicht früher antraten als in den drei andern
Wenn das vierte jabr 355 tage enthalten hat, so kommen auf
das dritte und vierte zusammen 739; für prjt. I 26 ergeben sichl
hieraus 714 zinstage, welche für den angegebenen zins, falls die
obolenzabl nicht abgerundet ist, ein capital von 32 lal. 4043 dr. 2 '/j ob.j
voraussetzen; seine Ziffern füllen 18 — 19 stellen, zwischen h^kt€
Kai eiKOCiei xec TTpuTav€l[ac und tökoc toüJtoic iyivero ist ein
^* bei irpdtcc trpuTavCu]dC€C kommen auf deo namen ihrer pbjl«]
18 stellen, welche nur voa HiwiroOovri&oc ausgefüllt werden«
GFÜnger: die zinsorkiinde za oL 88, 3— 89, 2. 247
lücke von 42 stellen, von welchen 32 ihrer hesetzong harren.
Kubicki füllt sie nach dem master von z. 20 mit ^x^ ömcGoböjLio **
und den 19 ziffem seines capitals aas; wir setzen dceXeXuBuiac (vgl.
z. 22 Tt^jiTTTCi KQi] ly€KdT€i iji^pai TCC 7t[puTav]€iac ^ceXeXuOuiac);
ffir das capital bleiben dann 20 stellen, welche zb. von 32 tal.
4043 dr. öy.^ ob. (zins eigentlich 4665 dr. 5,0713 ob.) gefüllt wer-
den, falls die 5 obolenstriche 3 stellen einnahmen; vgl. s. 256.
2. Name und nummer der prytanie verloren; tag 12. vom
capital ist der anfang ^A"!"!"!* erhalten, der rest und die zinsangabe
füllten 35 stellen, wenn nach ihnen behufs absonderung der nftch-
8ten Zahlung eine leer gelassen war. die erste Zahlung hat einem
zweck des vorhergehenden Jahres gedient; von ihr abgesehen ist die
zweite die weitaas bedeutendste der 7 ersten prytanien. die in
gleichem masze kostspieligste Unternehmung dieser 7 prytanien
war die Sendung des Demosthenes nach Naupaktos mit 40 schiffen
am ende des Sommerhalbjahrs bei Thuk. IV 76 f. 89; auf sie hat
denn auch wohl mit recht Kubicki die Zahlung bezogen , nur ist das
datum 10 angust^ welches er bei seinen ausätzen (pryt. III 12; neu-
jahr 1 thargelion «=» 21 mai 424) erhält, für den ausgang des Thu-
kydideischen Sommerhalbjahrs zu früh, umgekehrt würden wir mit
pryt. III 12 «a 10, 11 oder 12 october ein zu spätes bekommen:
der 15 boödromion, mit welchem das Wintersemester im Schalt-
jahr anfängt, entspricht 424 dem 26 September, und auf diesen
tag setzten auch Meton und Euktemon die nachtgleiche, welche von
den meisten für den anfang des Thukydideischen Winterhalbjahrs
gehalten wird, so bleibt uns pryt. [II] 12 «s 3 oder 4 September,
ein datum welches sich passend zu den angaben des geschichtschrei-
bers fügt; die lücke findet ihre ergänzung durch AeuT^pa b[öc\c
inX T€c AlTctboc oder Olvetboc irpuTavclac beuT^pac Trpuxavcujöcec.
die Athener beabsichtigten an 6inem und demselben tage sich an drei
von einander weit entfernten grenzplätzen Boiotiens festzusetzen:
Demosthenes sollte mit der flotte unterstützt von Verrätern Siphai
den hafen von Thespiai am korinthischen meerbusen, Hippokrates
mit dem hauptheer das heiligtum des delischen Apollon an der
tanagräischen küste und eine anzahl (zum teil vertriebene) Oroho-
menier mit söldnem Chaironeia, welches zu Orchomenos gehörte,
wegnehmen ; der dazu bestimmte tag fiel in den beginn des Winter-
halbjahrs (Thuk. IV 89 ToO ^TTiTiTVOji^vou X€i|iUüvoc €Ö6üc dpxo-
in^vou), also in ende September. Demosthenes brach einige zeit früher
auf, weil er die Peloponnesos umfahren muste und in Naupaktos
ein beer von Akarnanen und andern verbündeten jener gegenden
sammeln sollte, um mit demselben Siphai anzugreifen, die 3 — 3^2
Wochen, welche vom 3 oder 4 September bis zum vorher bestimmten
tage des dreifachen einfalls verliefen, waren offenbar vollauf zur aus-
*' Böckh 8. 92 bemerkt, dasz aasser z. 20 wohl nar noch an unserer
stelle räum für diesen zusatz sei.
248
QFDtiger: die smeurkunde zu oL 88, 3 — 8d, 2.
fübrung dieses planes au«reicheDd. Demostbenes fand Omiadai von
den Äkarnanen mit gewalt dem bimde einverleibt, bot die ganze
dortige bundesgenot^senscbaft auf, zog mit dem beer gegen den
Agraer Fürsten, der alsbald seinen beitritt erklärte, und macbte dann
die noch nötigen Vorbereitungen für die Unternehmung gegen Sipbai
(Tbuk. IV 77), — Der zinstage sind entwedtjr 739 — 39 — 1 1
= 689 oder 739 — 38 — 11 = 690; der capitaltalente entweder
23 oder 24, das capital hat also im niedrigsten fall 23 tai. Odr. 0 ob.,
im höchsten 24 tal. 5999 dr* d'/V ob. betragen und in 689 zinatagen
mindestens 3169 dr. 2»4 = 2% ob., in 690 höchstens 3449,98
«^ 3450 drachmen geliefert.
3, Prytanie Erecbtheis; von ihrer nummer ist der anfang HE
erhalten; auf die tagnummer und das capital zusammen kommen bei
h^[kt€c 15, bei H€[ßböfi€c 13 stellen; beide bestanden also nur aus
wenig zeichen, vom capital ist die letzte zifFer H erlialten^ es endigte
demnach auf 100 oder 200 300 400 600 700 800 900 draclimen.
von pryt. VI 1 bis YTl 30, dh. von frühestens 563 bis spätestens 494
zinstagen finden sich nur 4 zinstagsummen, welche ein die ange-
gebene eigenschaft besitzendes und 632 dr. V/2 ob. abwerfendes
capital voraussetzen, nemlich 553 (cap, 5 taL 4300 dr., zins 632 dr.
1,58 ob.)» 545 (cap, 5 tal. 4800 dr.. zins 632 dr, 1,2 ob.), 514 (cap.
6 tal. 900 dr., zins 632 dr. 1,32 ob.), 494 (cap. 6 tal. 2400 dr., zins
632 dr, 1,392 ob.)< mit 545 zinstagen würden wir den 2Un jahres*
lag =* pryt VI 17^21, mit 514 den 242n = pryt. VII 10—14,
mit 494 den 262n ^= pryt. VIT 30—34 erhalten, lauter daten deren
lagnummer mit dem capital zut^ammen zu viel etellün erfordern;
passend ist einzig das früheste: 553 zinstage = Jahrestag 203
■B= pryt VI 9 — 13 und zwar entweder pryt, VI 9 oder VI 10:
beKäT€i füllt die 7 stellen, welche das S^teUige capital 5 tal, 4300 dr.
übrig läszt, und iv&TU konnte stehen, wenn der capitalzahl wie
öfters die interpunction 1 vorausgieng* auf pryt I — V kommen
demnach 193 oder 194 tage, db, drei oder vier prytanien zählten
39 tage; vgl. n, 4. das jul. datum ist der 17 Januar 423; aus dem
Winter 424/3 findet sich bei Thukydidea keine Unternehmung ver-
zeichnet, vielleicht ist an die vom »chol, zu Ar, Wespen 715 Tf|V
Gößoiav biböaciv upiv angegebene (ircpuci Totp in* Icdpxo^ icipa-
T€ucav in* ainf|V \hc OiXöxopoc) gemeint; die niederlage von Delion
und die Verluste im norden hatten die feinde Athens in den ab-
hängigen stüdten ermutigt, und das schweigen des gesehichtschrei-
bers erklärt sich , wenn ihr plan ein äbnlicbes schickKal gehabt hat
wie der gleiche auf Samos im folgenden jähre (s. 255).
4. Von der prytanie blosz die tagnummer, der 30e erhalten;
auf capital, zini!»formel und zins kommen, wenn der Übergang zu den
Bummierungen durch eine leere stelle angezeigt war, 29 stellen der
zweiten lücke. zieht man von ca. 123 taU der capitaliensumme des
jabred (s. n. 5) die drei ersten capitalien ab, so verbleiben für die
vierte zahlnng ca. 60 — 63 talente. die anleibe galt, wie Böckb und
GFUDger: die zinsnrkunde zu ol. 88, 3—89, 2. 249
Rubicki mit wahr8cheinlichkeit annehmen, der belagerung von Skione
und Mende, welche bedeutende ausgaben erheischte. Nikias fuhr mit
50 schiffen (darunter 10 von Chios), 1600 attischen hopliten und
600 schützen zunächst nach Potidaia, wo er peltasten aus den chal-
kidischen städten und 1000 Thraker in sold nahm (Thuk. IV 129).
Skione war 2 tage nach dem beginn des einjährigen Waffenstillstands
(Thuk. lY 122), dem 14 elaphebolion abgefallen, dh. am 7n oder
8n tage der VIII prytanie (vgl. nr. 3); die auszahlung kann erst
nach der rUckkehr des attischen gesandten geschehen sein, welcher
mit einem spartanischen zur mitteilung des Vertrags in die Chalki-
dike gereist war und die künde vom abfall Skiones heimbrachte;
alsbald kam auch eine botschaft aus Sparta mit dem an trag auf be-
stellung eines Schiedsgerichts; er wurde abgelehnt, schleunigste er*
öffiiung des feldzugs beschlossen und mit den Vorbereitungen be-
gonnen (Thuk. IV 122); zu diesen gehört unsere Zahlung, auf den
14 elaphebolion des Schaltjahrs kann der lOe — 13e oder, wenn es
wie dieses jähr mit hohlem monat anfängt (vgl. s. 245) und der dann
notwendige scheinbare Schalttag später fällt (Philol. XLIII 612),
der 9e — 12e tag der VIII prytanie treffen; unsere Zahlung geschah
also in dieser prytanie, und ihr 30r tag fügt sich passend zu dem
mutmaszlichen zeitabstand zwischen abschlusz des Waffenstillstands-
Vertrags und Zahlung, da auf name und Ordnungszahl (ötböec)
der prytanie zusammen 17 stellen der ersten lücke kommen, so ist
für jenen der einzige 11 stellige 'AKajbiavTiboc einzusetzen, was aus
einem andern gründe schon Kubicki gethan hat: er ergänzt £vdT€C.
zur IX prytanie ist er durch seine neujahrhypothese (s. oben s. 230)
gekommen; ihr 30r tag fällt ihm auf den 18 elaphebolion, nur
2 tage nach dem abfall von Skione , eine zeit zu welcher die zwei
gesandten kaum dort angekommen und von dem ereignis unterrichtet
worden waren.
Auf pryt. VIII 30 trifft der 299e oder 300e Jahrestag, ent-
sprechend 457 oder 456 zinstagen, weil von dem 203 n Jahrestag
(a=s 553 zinstagen) der vorhergehenden Zahlung (pryt. VI 9 oder 10)
bis hierher zwei prytanieläugen (= 76 oder 77 tage) und 20 — 21
tage verlaufen sind und bei 455 zinstagen (Jahrestag 301) von den
sieben ersten prytanien fünf je 39 tage enthalten würden, vgl. n. 3.
aus 60 talenten erhält man in 456 tagen einen zins von 5472 dr.,
aus 63 tal. in 457 tagen einen solchen von 5783 dr. 2,4 obolen.
5. Die summe der 4 darlehen nimt 7 oder (wenn die letzte leer
war) 6 stellen ein. das gesamtdarlehen der Athenaia Polias aus den
4 jähren betrug laut z. 48 f. 7]47 tal. und über 1000 dr. (auf X
folgen noch 7 stellen, deren letzte leer gewesen sein kann), ziehen
wir davon den zum teil auf ergänzung beruhenden betrag der drei
andern jähre: 624 tal. 1282 dr. 2^/2 ob. ab, so verbleiben für das
dritte ca. 123 talente. auf die zinsensumme und den zum vierten
jähr führenden räum kommen 13 stellen: nehmen wir diesen zu
3 — 4 stellen, so verbleiben für die zinszahl 9—10.
250
GFUnger: die sinBurkunde zu ol. S8, J — 89, 2,
IV. OL 89, 2 = 423/2 vor Cb. 355 tage.
Das richtige verhältniä zwischen prjtaniedatam und zinatag*
summe wird hier nur dann gefunden, wenn man festhält, dad2 die
4 zinsjabre sich nicht, wie die Yorgänger geglaubt haben, mit den
4 kalenderjahren oL 88, 3 — 69, 2 Tollsiändig decken, sondern um
16 tage später anfangen und enden, also vom 17 bek. 88, 3 bis
16 hek. 89, 3 laufen, TgL oben a. 235. unter dieser Voraussetzung
erhalten wir folgenden entwurf :
dftlum
[IVlloa. 12]
[ V 2^
rvi]4
[viii] am
X[»0
59t. 4720 d.
3]t, ö&OOd.
t4lL&122d. 2VtO.
100 1.
g6t. 43004]
siiit
[3025 d. V^oA
l6üd.[4VtO.]
I]ö82d, lo.
l[92]0d.
l22d.(5)VtO>
summe: [2S]il. ie4^d. 2VtO, lt. 81(4) d. V,o.
Eubickiä rechnung ist folgende :
pr.
iiia7u,ivi]
;vi2
ivi4
'Vin]2[2]
XLso
59 t, 4720 d.
a]t.6öood.
[31t. 871 d, 27,0.
lOOt.
87 t. 2551 d,]
[S084d. 5 Vi 0.1
163d.[47tO.J
l]582d. to.
][86]0d.
122d.2VtO.
aumtne: [28]2t. 1642 d. 2VtO- 1 1. diad. V/^o.
N. 1. Prytanie Akamantis; zahl und tag verloren, auf beide"
zusammen kommen 17 buchstaben; capital 59 tal. 4720 dn (ergibt
täglich 11 dr. 5,744 ob. zins); zinsiahl verloren, die anleibe ist
spätestens in der IT prytanie gemacht worden: denn die zweit«
Zahlung, welche in die III oder V prjtanie Mit, gebort dem namen
der pbjle zufolge einer andern prytanie an. die sechsstelligen prj-
tanieitahlen TrpÖT€C und TpiT€C würden eine tagzabl von 11 steUea
erheischen, eine solche gibt es aber nicht; so bleibt für die prytanie
die wabl zwischen 6cuT^pac and T£TdpT6C, für den tag zwischen
dvbeKCtTCl (vgl. fvbCKtt z. 114. 115) und bobCKCtTCl. die zweite pry-
tanie wird durch folgende erwägung ausgeschlossen, als summe der
5 zinse ist 1 taK 813 dr. V/2 ob. angegeben; durch abzug der 4 an*
dern zinse von ihr musz sieb der er^te finden, der zweite beträgt
163 dr. 4V2 oder 5*/^ ob.; der vierte 1640 oder 1680 1720 1740
1760 1780 1820 1860 1920 1960 dr.; an der stelle des dritten und
mnften lesen wir 582 dr. 1 ob. und 122 dr. 2V2 ob^ ^och folgt die
eine wie die andere zahl auf eine locke, deren inbalt mit der 1000
drachmen bezeichnenden Ziffer gCHchlossen haben könnte^ und jeden-
falls ist der eine von beiden Zinsen um 1000 dr. zu erhöhen, wenn
diese nicht im ersten zins mitenthalten sind, summieren wir obige
betrage und ziehen sie von dem gesamtjahreszins 6813 dr. 17.^ ob.
ab, so haben wir für den ersten zins^ wenn wir dem dritten oder
fünften 1000 drachmen hinzusetzen, zwischen 2984 3024 3084 3124
3164 3184 3204 3224 3264 3304 dr. nebst 4V2 oder 5V2 ob. zu
wählen ; behalten wir dagegen beim 3n und 5n zins die vorhandene
GFünger: die zinsorkonde zu oL 88, 3— 89, 2. 251
zahl, so erhöhen sich die zehn fQr den ersten in frage kommenden
drachmenzahlen aaf 3984 4024 4084 4124 4164 4184 4204 4224
4264 4304. die höchste derselben samt 4(oder 5)V2 ob. entspräche
fast genau dem ertrag von 360 zinstagen (4304 dr. 3,84 «» 4 ob.),
und in betreff der abweichenden obolenzahl liesze sich erinnern, dasz
an den überlieferten zahlen des fünften und des gesamtjahreszinses
eine kleine ftnderung vorzunehmen sein wird; aber 360 zinstage ent-
sprechen dem prytaniedatum 112, von welchem zwar die tag-, nicht
aber dieprytanienummer zur ergftnzung brauchbar ist; hierzu kommt,
dasz pryt. I 1 — 16 von ol. 89, 2 noch in das dritte zinsjahr fallen,
die andern 9 zahlen liegen, da 357 tage einen zins von 4268,768 dr.
und 333 tage einen solchen von 3981,792 dr. abwerfen, in dem be-
reich von pryt. 1 15 — 11 3 oder 4, welche data sämtlich wegen ihrer
tag- , zum grösten teil auch wegen der prytanienummer (die zwei
frühesten zugleich wegen ihres Jahres) unbrauchbar sind ; überdies
entsprechen von den 9 Zinsbeträgen nur zwei im ungeföhren ** einem
product aus dem tageszins 11 dr. 5,744 ob., die andern weichen um
nicht wenige drachmen ab. auch von den zehn um 1000 dr. niedrigem
zahlen bildet keine ein product aus dem genannten tageszins; am
nächsten kommen einem solchen die zweite, dritte, siebente und
neunte: 253 258 268 273 tage liefern 3025 dr. 1,232 = IV2 0.
3084 dr. 5,952 0. = 3085 dr. 3204 dr. 3,392 = 3^/^ 0. 3264 dr.
2,112 = 2 0.; die andern entfernen sich um 3^/4 und mehr drachmen.
alle diese betrage fallen in die IV prjtanie; auch zum tagdatum
(11 oder 12) brauchbar ist blosz der zweite: 253 zinstage treffen
auf den 119n Jahrestag «» pryt. IV 10 — 12. die 2 oder 3 obolen
betragende abweichung ihres zinses von der oben gefundenen zahl
(3024 dr. 4Y2 od. 5^2 ob.) kann seiner anerkennung aus drei grün-
den keinen eintrag tbun: 1) vom anfang bis zum ende dieses zins-
Jahres ergibt überhaupt der tageszins der ersten anleihe kein product,
dessen drachmenzahl auf . . 04 oder . . 24 , . . 44 , . . 64 , . . 84 dr.
nebst 472 oder 572 ob. ausgienge: der einzige auf den ersten blick
diese eigenschaft tragende, nemlich 3144 dr. 4,672 ob. aus 263 tagen
(«B pryt. IV 1 — 2) ist der regel^* gemäsz zu 3144 dr. 5 ob. abzu-
runden, entweder in dem gesamtjahrzins oder in einem einzelzins
oder in beiden ist also die Überlieferung fehlerhaft. 2) im fünften
zins ist in der that die Überlieferte obolenzahl nachweislich falsch.
3) weun der erste zins in 3025 dr. V/2 ob. besteht, so ist unter den
20 für den 4n zins zur Verfügung stehenden betragen der zweit-
" 350 zinstage (» pryt. I 22) liefern 4186 dr. 0,4 ob., 346 taffe
(s» pryt. I 27) ergeben 4126 dr. 1.68 ob. zins. ** nur der unter V4
des Unterschieds zwischen den 2 nmg^benden runden zahlen stehende
brach ist abzustreichen, zb. 1,12 ob. wird zu 1 ob., dagegen 1,13 ob. zu
iVt ob. abgerundet; folgen noch mehr der gleichen casse gebührende
zinsbetr'age mit obolenbracb, so wird das zuviel der frühern abrandang
dnrch abzug compensiert, immer aber der gedanke festgehalten, dasz
durch die abrundung des ganzen im zweifelfall der gottheit nicht zu
wenig, sondern zu viel gezahlt werden soll. vgl. s. 240.
252
GFUnger: die zmstirkimde au ol 88, 3—89» 2,
böcbste in der 1000 drachmen weniger zählenden abteilung, der von
1920 dracbmen zu wählen, in n. 4 wird sich zeigen, d&sz der 4e zins
in der that 1920 drachmen beträgt/'
Zwischen tö[koc und Aeui^Jpa böcic ist die auffallend grosze
zahl von 35 stellen zu besetzen, fär die zinsformel also wie in jähr
I 1 ein längerer ausdriick als tökoC TOÜTOtc il^vexo oder gar tökoc
TOÖTOV anzunehmen, etwa tö[koc toutoi toi dvaXöfiati^^ ^Y^vexo
XXXAAPIC . . AeuT€p]a; einen leeren räum von 2 stellen beim
Übergang finden wir auch auf z. 20. den gewöhnlichen von ^iner
stelle erhält man durch einsatz der interpunction vor der zahl wie
2, 9. 111 ua. oder mit dXoYicOe st ^t^V€TO. Kubicki schreibt tÖ[koc
TOUTOV, bringt dann auf 14 stellen seine zinszahl und beginnt,
ohne leeren Zwischenraum, den zweiten posten mit HeXXevOTa|iiaic
HtTCpJa bÖcic. aber die bundesschatzmeister werden in der Ur-
kunde nur aus besondem gründen genannt: j. I 1 als unmittelbare
empfänger des capitals neben den mittelbaren (Hippokrate?^ und
seinen mit^trategen) , j. IIl 1 und laut der passenden ergänzung
Kubickis (s. unten) IV 1, weil von den Hellenotamien des Vorjahres
zu reden ist^ auch ist Überall der name ihres obmannes und (ohne
Damen) die erwähnung der collegen hinzugefügt^ tlberdiea würden
sie ihre stelle nicht an der spitze des postens, welche vielmehr der
Ordnungszahl des darlehens gebührt, gefunden haben , und Htiipa
bdcic findet sich nur im zweiten jähr, ohne Zweifel deswegen, weil
dieses blosz zwei Zahlungen bat.
Die Schwierigkeit, welche die Unvereinbarkeit der den andern
Zinsen und der zinsensumme gemäsz zu erwartenden zinszahl mit
einer zum capital passenden macht, sucht Eubicki abermals durch
die raienbypotbese zu heben: am 37n tag der III prjtanie (zins-
tage 258) sei der grOste teil des capitata, am In der lY prytanie
(zinstage 257) der rest, bestehend in 36 dr« 3 ob. ausgezahlt worden,
zn den s. 241 gegen diesen kunstgriff geltend gemachten gründen
kommt hier noch, dasz das urkundliche datum dem spätem tage und
dem winzigen t ungefähr Viooau ^^^ ganzen betragenden rest gelten
Follf während er es dort der weitaus gröszern von beiden raten
und dem ersten tage gibt, das ergänzte dattim gelbst passt hier
nicht einmal zum text: statt 9 stellen liefert TTpÖTCt nur 6. Kubicki
schreibt daher in Widerspruch mit dem constanten Sprachgebrauch
bei ordinalien T€l npÖTCl, was durch lA, I 179 ii\ T€X€u[Taiai nicht
entschuldigt wird.
** halte das liusjahr mit dem kalenderjahr an^e^gen and anf*
fehört, Bo würden 255 siusUge einem um 16 stellen frühern jabreatagi
eoi I03n (bei 351tifcgi^er jabresdauer den) lO'in, bei Dichtversiaiuti^
des zabluDi^Atafrep dem 102ii oder 101 d) entsprecbeDt also einem der
letsten iuge von prytame III j die«e sind aber uiich abfreaehen von der
unpassenden prjtaoienQmtiier we^en ihrer groBscD bachstabeniahl von
▼orn berein attfigeacblossen. '^ in der nrkande aonst der gewöhn-
liche AUüdruck Hir die oapitatiensninine des gau&en jabrea (K€<pdXaiov
To dpxaio dvoXd^axoc ini tIc . . äfi%tQ).
GFUnger: die nnsozkuBde in oL 8S, 3—8», 2. 3ä3
Das datam pryL IT 11 oder 12 entspricbt dem 119ii Jahrestag
SS 30 HOT. 423. weder um diese xeit noch Qberhaiq>t in diesem
jähre erwShnt Thnkydides eine neue nntemehmong ; da- einjihrige
waffenstilLstand lief am 14 elaphebolion ab. dasz die lahliing einen
Torschnsz der firQhem bondesschatzmeister ersetzen sollte, gebt ans
der glQcklichen ergSozong Kubickis ^[pofi^äTEUC, H€XX€VOTa^ialC
H^oic 12 stellen Muppjivocioi Koi xcuväpxoa berror: man kOnnte
ausserdem nur an CTpoTCToTc irepi TToTitaiov (?) Nuciot denken,
aber Nikias war ein Kjdantide. der vorscbosz war entweder bei der
absendnog des Nikias oder gegen ende des TOijahres fllr das be-
lagerongsheer geleistet worden.
2. Prjtanie der Pandionis, ihre zahl und die des tages nicht
erhalten; capital 2 tal. 5500 dr., zins 163 dr. 3 ob., doch können
beide zahlen, jene am anfang, diese am ende yerstümmelt sein, weil
eine lücke vorausgeht und nachfolgt, wie Böckh erkannt und
Eubicki ausführlich erwiesen hat, betrug das capital entweder 2 tal.
5500 dr. mit 163 dr. 5^/2 ob. zins oder 3 tal. 5500 dr. mit 163 dr.
4^2 o^- zins; jener setzt 281, dieser 209 zinstage Toraus. gegen
281 sprechen die 253 der ersten Zahlung; auch wQrde der 91e tag
des 355 tSgigen Jahres, welchem jene entsprechen, auf prjt. lU 16
— 21 führen, aber bei der prjtaniezahl TpiTT)C aaf die tagzahl 10
(mit interpunction vor dem capital 9) st«Uen kommen, w&hrend
eiKOCTei nar 8, die andern tagzahlen aber 13—18 buchstaben ent-
halten, der 162e Jahrestag, welchem 209 zinstage entsprechen, kann
auf pryt. V 17—22 treffen; die nötigen 9 zeichen liefert eucocrei
nebst interpunction vor der capitalzahl. Kubickis boÖ€KdT€i würde
zum räum passen : es nötigt ihn aber den 4 vorhergehenden pry*
tanien des gemeinjahrs, das auch er annimt, 38 38 37 37 tage zu
geben, hätte, wie er annimt, das zinsjahr mit dem kalendeijahr an-
gefangen und aufgehört, dieses aber eine annehmbare prytanien-
verteilung gehabt, so würden 209 zinstage auf den 146n Jahrestag
= pryt. V 1 — 6, nicht auf pryt. V 20 oder V 12 gefallen sein.
3. Von der prjtanie ist das ende der zahl (-T€c) und der tag
(T€TdpT€i) erhalten; das capital verloren; die zinszahl 582 dr. 1 ob.
folgt auf eine lücke , könnte also am anfang verstümmelt sein ; in
anbetracht der zinsensumme des jahres ist entweder hier oder in
n. 5 verlast eines X (1000 dr.) anzanehmen, s. n. 1. von der prj-
taniezahl hat Boss noch 4 buchstaben gesehen; aber seine lesung
T€Td]pT€C ist wegen n. 1 und 2 unmöglich, vielmehr wegen n. 4
h^k]t€C zu ergänzen. Boss hielt, wie Böckh bemerkt, ein durch
schwinden des untern armes verstümmeltes K für ein (oben durch-
brochenes) P. demnach ist, da auf name und zahl der prjtanie zu-
sammen 19 buchstaben kommen, HiTTTToGcvTiboc einzusetzen.
Die fehlenden 1000 drachmen sind hier anzubringen, da prjt.
V 20 mit 209 zinstagen zusammentrifft, so kommen auf prjt. VI 4,
je nachdem die V prjtanie 35 36 oder 37 tage enthielt, 190 189
188 zinstage, welche für 582 dr. 1 ob. zins ein capital von sei es (un-
254
GKÜDger: die dußiiTkuiide 211 ol. 88>, 3 — 89, 2.
gefÄhr) 15 tftl. 1921 dr, 0,316 oK oder 15 tal. 2407 dr. 2^444 ob.
oder 15 tal. 2849 dr. 5,36 ob. voraussetzen, von der capitallen-
summe dee, Jahres ist nach einer lücke der ausgang 2t? taL (4 ATT)
1642 dr, 272 ^^' erbalten, der verlorene anfang besetzte die letzten
4 oder (wenn ihn die interpnnction : einführte) 3 stellen; im ersten
fall kann die ganze zahl der taten te 192 242 282, im andern 182
232 272 betragen haben, ziehen wir daa le, 2e und 4e capital, zu-
sammen 163 taL 4220 dn davon ab, so bleibt fUr das dritte und
fanfte zusammen die wähl zwischen 18 28 68 78 108 118 talenten
nebst 3422 dr. 272 ^^' ^^^ ^^^ ^' ^ ermittelten 23 zinstage würden
ans (ca.) 1122 dr. 27^ ob. auf ein capital von ca. 244 tal, 21 dr.
4,234 ob. schlieszen lassen, mehr als das doppelte der höchsten summe
beider capitalien. bleiben wir demgemä;*z bei 122 dr* 2(?)y2 ob.,
welche ein capital von ca. 26 tal. 3 07 3 dr. 5,478 ob. voraussetzen,
so erhöht sich der dritte zins auf 1582 dr. 1 ob«; dieser passt bei
190 zinstagen auf ein capital von sei es genau oder ungefähr 41 tal,
3815 dr. 4,737 ob., bei 189 zinstagen auf ca, 41 taL 5137 dr. 3,4 ob.,
bei 188 tagen auf ca. 42 tal. 473 dr. 2,425 ob. aus jeder von diesen
drei capitalzahlen erhalten wir in Verbindung mit den 26 tal. usw.
des 5q capitaU annähernd die dritte der 6 für beide zusammen wähl-
baren summen; am nächsten kommt ihr die bei 189 tagen des 3a
zinses im ungefähren anzunehmende von 68 tal. 2811 dr. 2,378 ob*;
sie entfernt sich von ihr nur um ca. 610 dn, bei 190 tagen weicht
sie um ca. 1930, bei 188 t, um ea. 720 dracbmen ab. die 188 tage
sind aber von vorn berein deswegen auszuscblieszen, weil bei ihnen
auf pryt. VI — VII nur 69 (^ 34 und 35) tage kommen würden,
weiter folgt, da das 3e und 5e capital zusammen 68 taL usw. be-
tragen, dasz als talentensnmme der 5 darlehen des Jahres 232 an-
zusehen ist.
Zwischen dem datum und der capital zahl zeigt die inschrift
einen sichtlich nur wenig stellen einnehmenden zusatz: TeräpTei
T€C TTpUTa[v£iac 4 steUen]ca^[30 stellen XJPPAAAI-K; den grösten
teil der 30 stellen besetzten wahrscheinlich die capitalzahL und die
zinsformeL vielleicht gehörte jenes ca^ zu irgend einem casus von
Cdipoc oder Cdfiiot, der 183e Jahrestag^ welcher 189 zinstagen ent-
spricht, trifft auf den 5 oder 6 gamelion. an den Lenaien, welcbd
im gamelion stattfanden, wurden in diesem jähre die Wespen des
Aristophanes aufgeftllirt, welche auf einen gefährlichen Vorgang in
Samos anspielen , v. 283 i&xa 6* fiv bid t6v xöiCiVÖv fiv9paj7rov,
8c fiiiäc biebuer* dEaitaTuiv Kai X^t^v die qpiXaOrivaioc i^v Kai idv
Cd^uj TrpujTQC KaieiTTOi, bid toöt* öbuvnOclc dj' icuüc K€iTai ttup^t-
TUJV. die deutung auf den aufstand der Samier im j. 440, aufweiche
die alten erklärer verfallen sind, haben die neuem mit recht abge-
wiesen : was jene aus der geschichte desselben beibringen, läszt sieb
nicht auf die stelle anwenden; es ist ein Vorgang der jüngsten zeit
gemeint, bei dem ungltlck lieben ausgang jenes aufstands Hessen
sich die entschiedensten teil nehm er desselben auf der gegen Aber-
GFUnger: die zinsurkonde zu oL 88, 3—89, 2. 255
liegenden festlandkttste in Anaia nieder, von wo sie während des
peloponnesischen krieges im offenen bände mit den Peloponnesiern,
im geheimen mit ihren freunden auf der insel fortwährend das
regiment der attisch gesinnten partei bedrohten (Thuk. III 19.
IV 32. 75). in Athen war demnach, etwa im poseideon oder anfang
des gamelion ol. 89, 2 die anzeige von einer Verschwörung auf der
insel eingetroffen und der beschlusz gefaszt worden, sofort mit aller
kraft einzuschreiten: das schnelle erscheinen der flotte oder schon
die nachricht von dem beschlusz hat nach dem schweigen des Thu-
kjdides zu schlieszen den plan nicht zur ausftlhrung gelangen lassen;
vgl. s. 248. hiernach schlagen wir als ergänzung vor: TrpuTa[v€iac
TTpÖc] CaflpOC : ^^^^TPHAAhHIC TÖKOC TOUTOV : XjPPAAAhH.
das capital 41 tal. 5122 dr. 2^/^ ob/^ liefert in 189 tagen einen zins
von 1582 dr. 1,243 ob.; durch die abrundung von 1,243 zu 1 (statt
1^1 ^ ob. wird die von 1,232 zu lYj o^« iß ß« 1 ^wt vollständig com-
pensiert (vgl. s. 240).
Eubicki hält sich an die Boss'sche lesung der prytaniezahl und
läszt infolge dessen die dritte Zahlung vor statt nach der zweiten
stattfinden; ein anachronismus welcher allein schon im stände ist
seine ganze rechnung zum fall zu bringen, das versttlmmelte cafi
ergänzt er zu H€T€]cajLi[^voic, womit angedeutet werden solle, dasz
diese Zahlung der zweiten voraufgegangen sei. andere werden in
einem so abgerissenen zusat^ weder diesen noch überhaupt irgend
einen sinn finden; selbst wenn jenes möglich wäre, würde es unbe-
greiflich bleiben , dasz man die im concept gestörte Ordnung nicht
vor der eingrabung verbessert hätte.
4. Prytanie Aiantis; ihre zahl (VIII, wie Earchhoff erkannt hat)
und der anfang der tagzahl verloren: vor elKOcreT sind 11 buch-
staben für ihn zu ergänzen, db. beuT^pai Kai oder T€TdpT€i Kai,
H6ßböjLi€i Kai. capital 100 tal. (also 20 dr. tageszins). von der zins-
zahl ist der anfang XPH erhalten, nach ihm gehören noch 5 stellen
zu diesem posten. war für den Übergang zum fünften , wie in der
regel, eine stelle leer gelassen, so steht die wähl zwischen 1640
1680 1820 1860 drachmen; bei 2 leeren stellen (wie z. 20) zwischen
1720 und 1760; bei besetzung aller stellen mit ziffem (wie z. 9)
zwischen 1740 1780 1920 1960. Kirchhoffs 1740 und Kubickis
1860 samt der wähl des 22n prytanietags , in welcher sie überein-
stimmen, beruhen auf der irrigen ansieht, dasz sich die zinsjahre
mit den kalenderjahren decken und der auszahl ungs tag nicht ver-
zinst worden sei. da die letzte prytanie 36 tage enthält (s. n. 5), so
würden wir von pryt. VIII 22 bis ol. 89, 3 pryt. I 16 incl. eine
zahl von mindestens 101 zinstagen, also 2020 drachmen und von
pryt. VIII 24 bis ebendahin mindestens 99 tage^ mithin 1980 oder
mehr dr. zins erhalten; aber die höchste zulässige zahl der zins-
drachmen ist 1960. als prytanietag ist also der 27e anzusehen, von
^ mit 26 tal. 4800 dr. (n. 6) vereinigt liefert es die gemeinsame
snmme 68 tal. 3122 dr. 2Vt ob.
256
GFUnger: die Äinaurkunde äu ol. 88, 3 — 89, 2.
diesem bis zum ende des zinsjabres laufen im geringäten fall « db.
pryt. VIII — IX zu je 35 t. genommen, 96 tage, welche 1920dracbmen
liefern; mehr als 70 tage aber dtlrfen wir auf prjt VIIl — IX nicht
reübnen: denn nacbdem pryt. V 20 ^ 209 zinstage «^ 163r tag
des 3ö5tägigen Jahres für pryt. I — IV eine aahl von 143 tagen er-
geben hat, welche in 35 und 3 mal 36 zerfallen, kommt mit prjt. V
schon die vierte^" 36tSgige hinzu, da pryt VI 4 = 189 zinstag© ^
^ Jahrestag 183 itlr pryt, 1— V 179 tage, dh, 35 und 4 mal 3S
voraussetzt, bestätigt wird die zinsdrachmenzahl 1920 durch n. 1,
Hier findet dch auch die bestätigung der von Böckh auf einem
falschen wege gefundenen zahl 1448 für die tagsumme der 4 Polias-
zinajahro. betrüge sie 1447, so müsten wir diese von 1464 ab-
ziehend zum anfangstermiti derselben den 18, nicht den 17 heka*^
tombaion nthmenj von pryt, VIII 27 bis pryt, I 18 excL verlaufen
aber 97 tage, welche die unstatthafte ergönzung 1940 liefern würden*
Der hohe betrag des darlehens lä^zt auf vorbereitiing zu groszen
unternebmungen schlieszen: der bedarf für die geringen Streitkräfte
vor Skione, in Pylos, Kythera und andern orten konnte wohl aus
den vorhandenen mittein bestritten werden, zumal wenn die bei der
dritten Zahlung angewiesenen nur zu einem kleinen teil verbraucht
worden waren, das datum pryt. VIII 27 entspricht dem 10 oder
9 munychion ', der einjährige Waffenstillstand war am 14 elaphebolion
abgelaufen, vielleicht glaubte man jetzt^ nach fast vierw ächten tUchenn
zuwarten, sicher zu sein, dasz die Lakedaimonier nicht geneigt seien '
frieden zu schlieszen, und beschlosz die nötigen Vorbereitungen zu
treffen, um Amphipolis und die andern im norden abgefallenen
Städte zum gehorsam zurückzuführen; das einlaufen einer dem frie^
den günstigem nacbricht mag dann zum aufscbub der Unternehmung '
geMhrt babeo, möglich auch, dasz die rüstungen blosz dem zwecke
dienten, die Lakedaimonier nachgi biger zu machen, auch ohne rttck-
sicht anf diese Zahlung musz man annehmen, dasz es beweggründe
solcher art gewesen sind, welche den versuch die stIEdte im norden,
wieder zu unti^rwerfen bis in den hocbsommer verschoben haben,
6. Prytaniezahl X, der name verloren (laut z. 76 die Leontis)}]
tag entweder 4 oder 30 : erhalten ibt als anfang T und der senk«
rechte strich eines buchstaben, welcher ebensowohl P als E g^*
weaen sein kann j In jenem fail waren, da * .... €i folgt, von ipia-
KOCtii die mittlem buchstaben enger zusammengedrängt oder einer
von ihnen ausgefallen, in diesem einer von T€TäpT€i zweimal ge*
schrieben; an sieb wahrscheinlicher ist der erste von beiden fällen.
Capital verloren; auf die lücke, welche dieses und die zinsformel
verschlungen hat, folgt die zinszahl 122 dr. 27^ ob., welche dem*
nach am anfang verstümmelt sein kann, von den zwei anleheii|,j
welche in diesem jähre bei den 'andern' göttem gemacht wurden»
ist das zweite (die angaben über da'i erste sind sehr lückenhaft) laut
» di« fiinfie ist pryt X«
GFUnger: die zinsorkonde za oL 88, 3— 89, 2. 257
z. 76 f. am 20n tag der X prjtanie erhoben worden , und die voll-
st&ndig, nach capital and zins erhaltenen zahlen einiger teilbetrftge
setzen y wie Böckh gezeigt hat, 17 zinstage vorans, welche demnach
nur bis zum ende des kalenderjahres laufen, vgl. abschn. 3 s. 233.
statt 37, wie seit Böckh in der irrigen meinang, der zahlungstag sei
nicht verzinst worden, angenommen worden ist, müssen wir 36 tage
auf pryt. X zählen , woraus sich für das bis 1 6 hekatombaion incl.
berechnete Poliasguthaben entweder 23 (nicht 7, wie seit Böckh an-
genommen wird) oder 49 (nicht 33) zinstage ergeben.
Es läszt sich erweisen , dasz die zinszahl nicht verstümmelt ist
und dasz man nicht 7 oder 33 oder 49, sondern 23 zinstage be-
rechnen, also T[piaKOCT]ei ergänzen und den 17 hekatombaion als
zinsneujahr nehmen musz. bei 49 zinstagen würden 122 dr. 2^/^ ob.
ein capital von genau oder ungefähr 12 tal. 2948 dr. 5,874 ob.
voraussetzen^ welches mit keinem der für das dritte capital annehm-
baren betrage zusammen zur summe beider: 18 oder 28 68 78 108
118 tal. (s. n. 3) nebst 3422 dr. 2^/^ ob. führen: mit 41 tal. 5138 dr.
(in 189 tagen) oder 41 tal. 3816 dr. (in 190 tegen) bei 158276 dr.
zins würde sie auf 54 tal. usw. kommen, schreiben wir als fünften
zins 1]122 dr. 273 ob. und nehmen dafür als dritten 582 dr. 1 ob.,
so würde die summe beider capitalien 1 29 tal. usw. betragen : denn
das dritte capital würde auf 15 tal. 2407 dr. (bei 189 zinstagen)
oder 15 tal. 1921 dr. (bei 190 tagen) kommen, wollte man an-
nehmen, die 122 drachmen seien aus 222 oder 322 422 622 722
822 922 verstümmelt, so würden diese nebst 2 V2 ob. für das fünfte
capital (um von den drachmen und obolen abzusehen) 22 32 43 63
73 83 94 tal. ergeben, welche mit keinem der für das dritte capital
annehmbaren betrage zusammen einen der 6 für die summe beider
möglichen liefern: der am nächsten kommende: 63 tal. 3071 dr.
2V2 ob. ergibt mit 15 tal. 2407 dr. 2^^ ob. oder 15 tal. 1921 dr. V2 ob.
zusammen 78 tal. und 5478 dr. 5 ob. oder 4994 dr. 3 ob. lassen
wir das zinsjahr mit dem kalenderjahr zu ende gehen, so setzen
122 dr. 2Y2 ob. zunächst in 7 tagen ein capital von ca. 87 tal.
2642 dr. 5,143 ob. voraus, welche mit den 41 tal. usw. des dritten
capitals (aus 1582 dr. 1 ob. zins) eine summe von 128 tal. usw.
bilden würden; bei 222 dr. 272 ob. zins würde das fünfte allein
schon 158 tal. 5214 dr. 1,71 ob. ausmachen, anderseits erhalten
wir in 33 tagen mit 122 222 322 422 622 722 822 dr. 27, ob.
zins capitalien , welche ohne die drachmen und obolen zu rechnen
18 33 48 64 94 109 124 talentehalten; mit keinem der aus 15827^
oder 58276 ^^' zins in 189 oder 190 tagen zu erschlieszenden capi-
talien zusammen würden diese betrage einem der für die summe
beider statthaft gefundenen entsprechen, so bleiben uns nur die
23 zinstage, diese setzen für 122 222 322 422 622 dr. 272 ob. ein
capital von ca. 26 tal. 3674 dr. 48 tal, 2105 dr. 70 tal. 543 dr.
91 tal. 4978 dr. 135 tal. 1848 dr. voraus; nur das erste bringt in
Verbindung mit dem bei 189 tagen für 1582 dr. 1 ob. voraus-
Jahrbücher fUr dass. philol. 1898 hft. 4 a. 6. 17
258
GFÜDgar: die zinfiarkunde zu oL. 88, 3—89, 2.
tu Bettenden capit&l eine annehmbare summe, an dies^jn ergebnissen
wird weder dadtirehf dasz die obolensahl des ftlnften wie des dritten
Zinses abgerundet, das capitai also um eine anxahl dracbraen gröszer
oder kleiner sein kann, etwas geändert» noch dann wenn, was sieb
in n« 1 ab notwendig herausgestellt hat^ der fünfte zins um einige
0 holen erhöbt wird.
Für capitai und zinsformel verbleiben nach TpiaKOCxJei tIc
tTp[uTütveiac noch 23 stellen der lücke. die kürzeste der in den
pO£iten der Poliasrechnung vorkommenden zinsformeln und zugleich
nächst t6koc toütoic dT^V€TO die häufigste ist tökoc toutov (nur
bei den teilguthaben der ^andern' g5tter, dort aber conötant findet
sich TÖKOC TOÜTo)j mit recht hat sie Kubicki eingesetzt: denn selbst
bei ihr bleiben für die capitalziffern nur wenige fitellen, nemlicb 12
oder» wenn sie durch die interpunction ; eingeführt werden» 11.
letztere ergeben sieb bei dem capitai 26 tal. 4300 dr., welches in 2S
tagen den zins 122 dr. 6,38 = rund ö^/j ob.'*' abwirft, jetzt zeigt
der stein die zinsziffern HAAPhHC, in welchen jeder obolenstricb eine
atelle besetzt; in der mebrzabl der fJllle sind dort 2 oholenätriche
auf tjiner zusammengedrängt; auf 5 obolen kommen so in z. 29 drei
stellen, es können aber auch 5 striche 2 stellen eingenommen
haben ^ wie zb, auf lÄ, I 324 z. 42. 44. 45 (während z. 52 sie drei
einnebmen)> vgl, s. 243. dies nehmen wir auch hier an: durch
schwinden von 3 strichen entstand die jetzige lesart, in ähnlicher
weise wie die von z. 14; vgl. auch s. 240. 247. 266.
Das datum pryt. X 30 entspricht dem 17 juli (Kubicki: 21 mal)
422 ^= 23 oder (bei nachfolgendem Schalttag) 24 skiroph. 89» 2.
nach dem erlöschen des einjährigen Waffenstillstandes im elaphe-
bolion wurde, wie Thukydides Y 1 erzählt (s. abschn. 4 g. 234),
während des pjthischen gottesfriedenjs die bevölkerung von Deloö
ausgetrieben und nach diesem frieden (ohne zweifei , weil man auf
seinen ablauf hatte warten müssen , sogleich) unter Eleons führung
endlich die grosze heerfahrt nach norden angetreten, die scblacht
von Ämphipolis wurde nach Thuk. V 12 im ausgang des Sommer-
halbjahrs (letzter tag der vorletzte •> 28 metageitnion =" 19 sept.
422) geschlagen, nach Eratosthenes bei d. schob zu Ar. Frieden 48
acht monate vor der aufführung des Stücks (elapheb. 89, 3), aha
im metageitnion oder bo&dromion. die pjthiaohen spiele fanden im
delphischen monat bukatios statt, und zwar im anfang desselben:
nach der scblacht von Koroneia, welche am tage nach der sonnen-
fin^temis des 14 ang. 394, normtü also am 1 bukatios vor hieb
gieng, liesz sich der verwundete Agesilaos nach Delphoi bringen»
wo gerade die spiele im gange waren (Plut Ages. 17 f.); der vater
des Olympioniken Xenophon hatte in Fytho zwei laufsiege an einem
tag und in demselben monat (finvöc tuiutoO) in Athen drei davon-
*>* diete oboleti<afal würde sncb jeder andere beirag ergeben, wet-
oheo man durch abzug dca dritten eApilAls von der gemeinftameD Bumme
f^r daa fünfte erzielen kaoo.
GFÜnger: die niMiirkQiide m oL 88» S-— 89, 9. 2S9
getragen (Pind. Ol. 13, 37), die PinathenaieB beginnen aber (wenig-
stens im j. 418, Tgl. s. 246) um den 22n monatstag; als attisdier
tbeore xn den pjthischen spielen wurde Thrasjllos 354 im skiro»
phoiion noch Tor den wählen, also spfitestens mitte des monats ge-
schickt (Isaios 7, 15 f. 24. ASchmidt handb. d. gr. chronoU s. 343 ff.),
jene feier mnsz also in der ersten hälfte des damaligen hekatombaion
(beginn 24 joli) stattgefunden haben. wSre sie, wie Köhler aus
lA. II 545. 551 entnehmen will , in das letzte drittel des bukatios
gefallen , so hStte Kleon frflhestens erst gegen mitte des nfichsten,
am 25 august beginnenden monats ausfahren können, was sich mit
der darstellung def Thukydides nicht vertr> über die grundlosig*
keit jener meinung s. Philol. XLIII 610. rechnen wir ?om beginn
des gottesfriedens bis zu seinem ende ca« 40 tage (so Tiele gibt
Pausanias IV 19 dem der Hyakinthien) und auf die dem fest voraus-
gehende zeit etwas mehr als auf die ihm folgende *\ etwa den
10 apellaioä bis 20 bukatios, so fuhr Kleon ungefähr am 21 bukatios
(23 hekatombaion) «= 15 august ab. die 26 talente 4300drachmen
sind zu viel für die sendung nach Delos, einer kleinen insel mit wehr-
loser einwohnerschaft; dagegen die Unternehmung nach norden war
sehr kostspielig: Kleon führte 30 schiffe, 1200 hopliten, 300 reiter
von Athen und eine noch gröszere zahl bündischer Streiter, welche
bei Zeiten herbeigeschafft sein musten. hierzu passt es , dasz obige
summe ungef&hr einen ganzen monat vorher den bundesschatz-
meistern ausgezahlt worden ist. sie erscheint für eine solche auf-
gäbe nicht bedeutend; aber von den 100 talenten der vorhergehen-
den Zahlung hat wohl der grÖ8te teil noch zur Verfügung gestanden ;
hierzu kommt das zweite darlehen der ^andern' götter.
6. Zur capitaliensumme s. n. 3. die jetzt auf dem stein sicht-
bare Zinsensumme 1 tal. 813 dr. iVj ob. stimmt nicht zu den oben
ermittelten posten, welche vielmehr auf 1 tal. 814 dr. Y, o^* führen,
diese erhalten wir durch die nichts weniger als kühne annähme, von
der letzten drachmenziffer h sei der rechtsseitige ansatz geschwunden,
wodurch sie in den obolensirich 1 verwandelt wurde.
Die prytanielängen findet man durch abzug der letzten zu
ol. 89, 3 gehörenden 16 tage von den zu grund gelegten zinstag-
summen. auf pryt. V 20 treffen 209, auf pryt. Y 1 mithin 228 zins-
tage, auf pryt. V — X kommen also (228 — 16 •») 212: von diesen
ist pryt. Y, wie aus der gleichung von pryt. YI 4 mit 189 zinstagen
hervorgeht , und pryt. X (s. n. 5) 36tägig , mithin YIII^IX 35tägig,
was für VIII~IX durch die gleichung von pryt. VIII 27 mit 96 zins-
tagen bestätigt wird, die gleichung pryt. lY 11 oder 12 mit 253,
pryt. lY 1 oder 2 mit 263 zinstagen führt auf 247 oder 248 tage
für pryt. lY— X, also (bei Verminderung dieser betrage um 212)
** der attische mysteriengottesfriede dauerte 64 tage, vom 14 oder
16 metageitnioD bis 10 pyanepsion (die mysterien selbst füllten min-
destens das dritte viertel des boedromion) und vom 14 oder 16 gamelion
bis 10 elapbebolion (lA. I 1).
260
WB5hme: zu Xeuophons AuabasiB [I 4, 16].
ftlr IV auf 35 oder 36; auf pryt, I — IV, wenn (vgl. s. 244) das
jähr 355 tage entbalten hat, (355 — 212 =) 143 tage, also drei
36 tägige prytanien und eine von 35; enthielt es 354^ so sind 142 tage
zu reclinen, zerfallend in zweimal 35 und zweimal 36. die oben auf-
gestellten ergSnzungen und teständeruBgen werden von dieser frage
nicht berührt.
Würze OKO. Georg Friedrich Ünoer.
(20.)
ZU XENOPHONS ANABASIS*
Die rede^ welche Menon bei Xenophon Anab. 14, 13 ff. an seine
sdldner hält, um sie zu bewegen zuersjt den Euphrat zu überschreiten
und sich so einen berechtigten ansprucb auf die besondere dankbar-
keit des Kyros zu erwerben ^ scblieszt § 15 mit der Versicherung
ö^iv - . xp^ccTOi ek (ppoüpia Ka\ elc Xoxatictc . . . was heiszt
cic «ppoüpia xpricerm? das lexicon Xenop honte um von FWSturz
bd, IV 8. 497 gibt (ppoupiov an unserer stelle wieder mit prae-
sidium , kann aber nur diese 6ine belegstelle aus den Xenophonti^
sehen Schriften beibringen , während das wort an allen übrigen
Stellen bei Xenophon nur die übliche bedeutung locus munUtt^
zeigt, bei Thukydides bedeutet es an den 25 stellen « an denen es
vorkommt, nur 'fester punkt, schanze', niemals hat es die bedeutung
*besat2ung*. zum ausdruck hierfür gebraucht Thuk. regelmäszig,
und ebenso Xen. auszer an unserer stelle, qppoupä, qppoijptov in
der bedeutung 'besatzung* scheint nur dicbteriBch zu sein: Aisch.
Prom. 801 toioöto jüi^v coi toOto cppoupiov Xeftw, vgl. Eum. 919,
aber auch angenommen , Xen. gebrauche cppoOptov gleichbedeutend
mit praesidiumy so dQrfie der sinn der stelle dieser bedeutung wider-
sprechen, offenbar muäz Menons versprechen, Kyros werde seine
Söldner eic cppoupia verwenden, etwas ebenso verlockendes an sich
gehabt haben wie die aussieht auf das einrücken in bauptmauns-
stellen. ein griechischer s^ldner dtlrfte aber wohl kaum in der ein-
reihung in die besatzungstruppe eines festen punktes ein erstrebens-
wertes ziel gesehen haben (Rüstow • Köchly cap, 5), während der
doppelte öold der locbagen ihn wobl locken konnte, es scheint uns
nach allem hier ein fehler in der Überlieferung vorzuliegen : nach
meiner ansiebt schrieb Xen. eic 9poupapxvac Kai elc Xoxatiocc.
für die richtigkeit dieser annähme scheint auch die ganz ähnliche
stelle Apomn. IV 4, 17 xqj b' Sv ^dXXov oi cu|i^axoi iTiCT£iJc€tav f\
flT^MOViav f| qppoupapxiav fj ndXeic; zu sprechen, aus der
gleichzeitig hervorgebt ^ dasz die stellong des q>povpapxoc eine ge*
achtete war. die commandanten fester platze waren natürlich höher-
stehende ofßziere, aber die phrurarchen kleiner forts dürften im ränge
den hauptleuten gleichgestanden haben, so dasz die beförderung
eines gewöhnlichen Söldners sum qppotjpapxoc wohl möglich war.
SCHLBIZ. W^LTB£E BdHll£.
ThMatthias: urteile griech. prosaiker über die stellang der fran. 261
30.
URTEILE GRIECHISCHER PROSAIKER DER CLAS8ISCHEN
ZEIT ÜBER DIE STELLUNG DER GRIECHISCHEN FRAU.
Mit dem folgenden aufsatze löse ich ein versprechen ein, das
ich am Schlüsse meiner dem letzten osterberichte des Zittauer real-
gymn. beigegebenen abhandlung (^zur Stellung der griech. frau in
der classischen zeit' Zittau 1893, 28 s. gr. 4) gegeben habe, in
dieser glaube ich durch die Zeugnisse der classischen dichter be-
wiesen zu haben , dasz die Stellung der griechischen frau auch der
classischen Jahrhunderte eine viel günstigere war, als es nach den
rechtsquellen scheinen könnte und als bei deren einseitiger berück-
sichtigung allgemein angenommen wird, es gilt also noch darzuthun,
dasz auch die Zeugnisse der prosaiker des fünften und vierten jh.
dem von mir entworfenen günstigem bilde nicht widerstreiten.
Herodotos berichtet zunächst aus sagenhafter zeit eine grie-
chische weibertreu- erzählung (IV 146): in Sparta eingebürgerte und
mit Spartanerinnen aus den ersten häusem verheiratete Minyer sollten
wegen manigfacher übelthaten hingerichtet werden, den abend vor
der zur hinrichtung bestimmten nacht begehrten ihre frauen einlasz
und erhielten ihn zu einer letzten Unterredung mit ihren mftnnem.
drinnen tauschten sie mit diesen die kleidung und blieben an stelle
der übelthäter zurück, während diese in frauenkleidung hinaus-
giengen und die freiheit wiedergewannen. — Herodotos kennt auch
schon die sitte, welche die culturhistoriker gern als bezeichnend für
den gesteigerten einflusz der frau in der alexandrinischen epoche
hinstellen (zb. ERohde d. griech. roman s. 63), dasz nemlich die
gemeinsamkeit politischer interessen durch verschwägerungen be-
siegelt und gesichert wird, gerade wie dann die tragiker diese natür-
lich auch zu ihrer zeit noch bekannte sitte in die heroenzeit zurück-
verlegen : dem verwitweten Peisistratos bietet sein zur aussöhnung
bereiter gegner Megakles seine tochter an (I 60) , und Miltiades
heiratet auf der thrakischen Chersonnesos die tochter des Thraker-
königs (VI 39). Herodotos führt uns feiner Artemisia vor, wie sie
krieg führt, mitberät und plane entwirft (VII 99. VIII 68 f. 87),
und er meldet von einer Pheretime, die in Eyrene für ihren ab-
wesenden mann und unmündigen söhn zu rate sasz , die Verwaltung
fahrte und zu felde zog (IV 165. 202).
Selbst die gewöhnlichen Athenerinnen der Perserkriege, er-
zählt er IV 5, empfanden so national, dasz sie in der wut der ent-
rüstung frau und kinder des einzigen Atheners steinigten, welcher
die antrage des Mardonios anzunehmen geraten hatte und selber
von dem erregten volke gesteinigt worden war. deshalb ist es ja
auch für den kriegsfall nach ihm (VIII 106. 142) die erste und
wichtigste sorge der Griechen gewesen, die frauen mit ihren kindem
zu bergen, auch bezeugt er III 119 und VIII 39 (aiiQ T^vaiKl),
262 ThMatthiaa: urteile griechiflcher pro&aiker der claBsischeu seit
da&z man damals allgemein empfand, der frau müsse ibr mann, dem
manne die fraii das teuerste sein; und gewis konnte er die innig-
keitf die schon damals auch in der hUtte hergehen moelite, aus seiner
anbchauung zurück verlegend nicht seli^ner schildern ^ als es I 111
von dem vor Barpagos be^chiedenen hirten und dessen ihrer nieder-
kunft entgegeBäehenden frau heiszt : *sie waren beide in sorge um
einander, er voll angst wegen der schweren stunde seiner frau, die
frau darüber, weshalb nur Htirpagos in so ungewohnter weise nach
ihrem manne geschickt habe.' er weisz denn auch nicht nur, dasz
es der mädchen erster und sehnlichster wunach war das gl tick der
ehe zu genieszen (III 124), sondern er berichtet auch von einem
spartanischen könige freilich etwas früherer zeit (560), Anazandri-
das, dem vater des Kleomenes, der sich der forderung der ephoren,
weil seine erste ehe kinderlos blieb und so die Eury^itheniden aus-
zusterben drohten, eine zweite ehe einzugehen, deshalb widersetzte,
weil es nicht sittlich schön sei eine frau aus dem hauae zu stoszen,
die von jedem fehl gegen den mann rein sei ; und wenn er auch dem
Staatsinteresse das opfer bringen muste einen zweiten bausstand cn
gründen, that er es doch erst, nachdem ihm zugestanden war, d&Jiz
er der ersten frau die alte Stellung und liebe wahren dürfe (V 39)* —
Für Athen sind vielleicht die Staats mann i seh ruhigen worte des
Perikles ^grosz sei der rühm d^r frau , von welcher unter mlLonern
im guten oder schlimmen sinne am wenigsten zu hören sei' (Thuk.
II 45) eine leise andeutung, dasz die frauen damals anders zu denken
anfi engen.
Unsem ans Euripides und Aristophanes gezogenen schlusz, dast
gegen das ende des fünften jb. die frauenfrage immer wichtiger und
der ruf nach emancipation immer lauter geworden sei, bestätigt jeden-
falls ein anderer geschicbtschreiber : Xenophon, der im «weiten
Jahrzehnt des vierten jh. mehrfach das wort dazu ergriffen hat, bes.
im Gastmahl, das wohl ins j. 384 gehört, im Oikonomikos, der mit
den vor 384 verfaszten Denkwürdigkeiten zusammenhängt, und
in der Kyrupaidie, die wohl auch Älter ist als ihr (nachträglicher)
epilog. und dieser mann, dessen gedankengang so niedrig unter
PJatons ideenfiuge hinzieht, verrät eine so hochsinnige auffassung
der ehe, wie man sie von ihm nicht erwarten sollte, mit eitern*,
kindeS't geschwister- und freundesliebe wertet er auch die gatten-
liebe gleich (Hieron 3i 7), in der er neigung und herzensfreundschaft
hoch über die genüsse der Sinnlichkeit st-elit (ebd. 4] ; wie er denn
zugleich die frau zur freien äuszerung ihrer empßndung berechtigt
nnd den mann durch eine der Würdigung seines wertes entkeimende
liebe der frau stolz beglückt zeigt, wenn er sagt, die liebesdienbte
hachsinnigster, zu einem kräftigen eigen willen berechtigter frauen
seien am herzerquickendsten (ebd, 1, 28),
Auch die im Gastmahl ^eilich veräuszerlicht wiedergegebene
erörterung über das wesen der liebe, obgleich sie hauptsächlich von
dem Verhältnis zwischen dem mann und deinem lieblinge ausgebt
über die Stellung der griechitchen frau. 263
und als dessen zweck die von der macht des schönen geförderte ein-
ftthrung des jtinglings in das reich des guten und wahren hinstellt,
veranlaszt Xenophon trotzdem zu manchen Seitenblicken auf die
liebe in derefae. Sokrates hat nach seiner erklftrung (2, 10) die
ehe mit Xanthippe geschlossen, um sich in ihrer fahrung für den Um-
gang mit den menschen überhaupt zu bilden, hat also seine frau als
daeu geeignet vorher genau gekannt, nach dem, was 4, 8 von Char-
mides frau gesagt wird, ist auch diese von dem wünsche beseelt, dasz
ihr mann ihr ganz und allein angehöre. Xen. Iftszt überhaupt den
Sokrates (2, 9) die männliche und die weibliche natur ganz gleich
setzen, auszer in dialektischer erörterung und stärke des körpers
(YVuijiT], Icx^c), und bezeichnet als den berufenen ehestifter den-
jenigen , welcher die einander nützlichsten (4, 64) naturen erkennt
und einander zu liebender Vereinigung, mann und frau zu ^würdiger,
inniger' ehe (TaM^uc dTTiTTibeiouc) zusammenführt; darin wird dann,
wie es (8, 3) von der des Nikeratos heiszt, die liebe des mannes von
der frau erwidert, indem aber eine solche liebe zugleich eine seelische
ist (8, 12) , gilt auch von ihr, dasz sie für immer nach innerer Ver-
einigung der herzen verlangen und bis ins alter treu bleiben läszt
(8, 18 vgl. mit Oikon. 7, 42). auch der schlusz des Gastmahls (9)
enthält im scherzhaften spiel eine ebenso feine wie edle mahaung
zur einebe, wenn sich die teilnehmer am gastmahl durch den mimos
von Ariadne und Dionysos mit dem, was irdische schlacke am
himmlischen feuer der liebe ist, an ihre schon heimgeführten oder
zu suchenden frauen gewiesen fühlen ; sie sehen Ariadne erst in stiller
erwartung des Dionysos, dann, als ihn verkündende klänge er-
schallen, von der freude auf das wiedersehen durchbebt; die wieder-
vereinten finden kein ende der bewillkommenden worte und küsse,
und als sie gar auf des gottes frage, ob sie ihn liebe, dies unter Um-
armungen so innig und überzeugend beteuert, dasz alle Zuschauer
geschworen hätten, mädchen und Jüngling liebten wirklich einander,
da eilen die Zuschauer von dannen, die männer in die arme ihrer
frauen, die ledigen mit dem schwur sich zu verehelichen.
Auszerdem verdienen einige ausdrücke für verschiedene grade
des Verliebtseins beachtet zu werden, 'sich vor liebe verzehren'
wird gar schon in beziehung auf sachen gebraucht (8, 13). eine
person 'entbrennt heftig' für eine andere (rrpoceKauOii 4, 23) , die
ihr dann stete Sehnsucht (ttöOgc) verursacht: für eine solche geliebte
person *gienge sie durchs feuer* (4, 16); und wenn sie mit ihr ver-
einigt ist, wird sie nicht eher glücklich, als bis sie 'köpf an köpf
und Schulter an Schulter gelehnt hat' (4, 28) ; sie 'grollt der nacht
und dem schlafe« die ihr den an blick entziehen, und dankt voll innig-
keit dem tage und seinem Sonnenlicht, das ihm ihr liebes antlitz
wieder zeigt' (4, 13). selbst in beziehung auf das Verhältnis des
mannes zu seinem lieblinge gebraucht sind diese Wendungen gleich-
wohl auch für unsere frage von wert, weil ähnliche ausdrücke auch
in den darstellungen des Verhältnisses zwischen mann und frau im
264 ThMatthiaB: urteile Neckischer prosaiker der clasBischen zeit
Oikon. und in Kjrup. IV 7 vorkommen : denn diese Übereinstimmung
beweist, dasz je noch Stellung und bildung in beiden Verhältnissen
dieser selbe empfindsame ton ange^cb lagen wurde.
Der OikoDomikos ist ein bericbt über ein geapräeb» das Sokrates
mit Kritobalos und Iscbomachoa über die fretiden und aufgaben eines
rechtt^n landwirts geführt bat. darin macht aber einen guten teil
(7 — 9) aus des Ischomachos, eines vortrefiFlicben hausvaters , mit-
teilung darüber I wie er seine frau zu dem ideal erzogen habe, das
Sokrates vorher von der rechten hausfrau entwirft, dasz sie als mit-
arbeiterin (cuveptoc 3, 10) des mannes und gute mit Verwalterin des
hsuses (koivoivÖC (iTöGn '^ 15) gleich wie dieser für des hauses
wohl wirkt, es mehrend und erhaltend, nach der Vermählung haben
sie mit einander gebetet (T, 8)» er dasz es ihm gelingen möge sie in
allem zur rechten Führung des bausatandes nötigen zu unterweisen«
sie dasz ihr die götter die kraft geben möchten nach des mannes
lehre eine gute bausfran zu werden, sie sind sich auch alsbald klar
geworden: ^nun ist uns alles gemeinsam, als gröstes glück kinder^
die uns etwa geschenkt werden, die bebten helfer und stützen in
epStem jähren (12), beide ?find wir einander gleich nötig (13)^ jedes
müssen wir nehmen und geben und dafür dem andern danken und
dafür sorgen (26); wir haben nun uur für einander zu leben, ich,
die frau, wie die mutter mich gelehrt^ in gehorsam gegen meinen
mann; ich, der mann, wie der vater mich ermahnt, in liebe und
treue nur zu ihr (14 f.); und unsere gemeinsame aufgäbe ist es, uns
in ehren zu erhalten und unser gut mit gebühr und recht möglichst
s^u mehren/ willig hat die junge frau alle die fast unzählbaren
(7, 22—9, 17) aufgaben auf sich genommen, bei deren erfüllung er
ihr freilich dieselbe gewait im hause zugesichert hat, wie der weise!
sie im bienenstock übt (38), und vor allem die ewige dauer seiner
Verehrung für sie, welche ja nur wachsen könne, wenn sich mit den
Jahren die glieder und guter der familie mehren und die aufgaben
sich steigeru (42). ja nicht nur hat sie seine Weisungen willig
hingenommen und seine befürchtungen , er mute ihr mit seineu
Vorschriften zur crhaltung und mehrung der gemeinsamen habe
wohl zu viel zu, fa^t kränkend gefunden; sondern immer mehr an*
Weisung, wie sie ihm wirklich gefallen könne, hat sie verlangt
(10, 9). dabei bat sie durch die art, wie sie ihm zu liebe von &n-
fang an auf die anwendung von schminke und sonstigen toiletten*
kUnsten als etwas unwahres verzichtet hat, zugleich ihr ganzes, liebe-
bereitea innere erschlossen, er hat sie nemlich gefragt, ob sie ihn
ihrer liebe für werter halten würde, wenn er sein vermögen nicht
gröszer angebe als es sei^ oder wenn er es gröszer hinstelle und un-
echte Schmucksachen für echte ausgebe« sogleich ist sie ihm in die
rede gefallen, er solle doch nicht so garstiges reden; im zweiten
falle würde sie ihn ja nimmer^ wie öie doch machte, ^aus vollem
herzen' lieben können.
Wenn hier Xenophon die wertschfttzong der galten und da«$
fiber die stellnag der griechischen fraa. 265
glück der ehe, von dem der biedere landmann selber nicht viel worte
macht, lediglich auf dem für den nüchternen mann am nächsten
liegenden gründe des gegenseitigen nutzens emporwachsen Iftszt
(7y 11. 28. 20, 29), so hat er in die Eyropaidie, dieses romanhafte
fürstenbuch, in manigfachen bildem ganz verschiedene erscheinungs-
formen der liebe selbst eingewoben. fELr den unter seinem ideal-
herscher k&mpfenden krieger ist es der köstlichste lohn, dasz er sich
durch den sieg die möglichkeit erkaufen kann an den herd der heimat
und zu dem beim auszuge zurückgelassenen weihe zurückzukehren
(IV 4, 10). wie die gewöhnlichen kneger urteilen die Hirsten, und
dasz ihnen weib und kind in knecbtschaft und schände geraten , ist
diesen immer die erste und gröste furcht (III 1, 26. 29). wie Ejros
den Eroisos durch die Wiedervereinigung mit seiner gemahlin zu be-
glücken überzeugt ist (VU 2, 26), so erklärt der Armenierkönig,
dessen weib und kinder in Eyros bände gefallen sind, als auch er
selbst in dessen gewalt ist und begnadigt werden soll, 'so viel er
habe und geben könne, wolle er für die Wiedervereinigung mit seiner
familie hingeben' (III 1, 35). sein söhn Tigranes, *der noch nicht
lange verheiratet ist und sein weib über alles liebt', ist sogar bereit
sein leben hinzugeben, wenn er dadurch nur die geliebte frau von
knecbtschaft und dienstbarkeit befreien kann (36). diese beiden sind
auch dieselben, von denen der eine (III 1, 39 vgl. Hieron 3, 3) das
weitgehende recht der Selbsthilfe, das dem manne gegen den ehe-
brecher zusteht, aus dem innerlichen gründe erklärt, dasz dieser
jenem 'das kostbarste gut, die liebe und Zuneigung' seiner frau ent*
ziehe, und der andere von seiner frau auf die frage, ob auch sie wie
alle andern den Eyros wegen seiner vielen Vorzüge bewundert habe,
die antwort erhält: 'nicht ihn, sondern den der meine freiheit mit
seinem leben zu erkaufen bereit war', eine antwort für welche sie,
'wie sie es verdient', mit zärtlicher umarmung belohnt wird (41).
bei solcher Schätzung der eignen frauen ist es natürlich, dasz sie
die Verheiratung ihrer kinder mit denen anderer mächtigen als ein
sicheres mittel betrachten mit diesen gutes einvernehmen zu unter-
halten (IV 6, 9. VIII 5, 19). sie erziehen daher die töchter in der
voraussieht dasz jede die frau eines bestimmten begehrenswerten
fürsten werde, wie denn des Eyaxares tochter auf die frage, wen sie
einmal heiraten werde, jedem geantwortet hat: 'den Eyros.'
Eyros selbst liebt diese gattin, die er mit Zustimmung seiner
eitern heimführt, gleich seinen kindern und freunden und dem vater-
lande, wie er denn auf dem Sterbebette für sie so gut wie für diese
alles glück von den göttem erfleht (VIII 7, 3). wenn trotzdem das
buch keine Schilderung seines ehelebens enthält, so erklärt sich dies
daraus, dasz das buch die Wirksamkeit des königs für das ganze
schildert und deren trefiflichkeit aus seiner trefflichen erziehung er-
klärt werden soll, wohl aber hat er, darin ein echter Sokratiker,
eine erkenntnis vom wesen oder doch von den erscheinungsformen
der liebe, und kraft deren steht er über ihr. beim gastmahl zb.
266 ThMatthias : urteile griechischer prosaiker der clasBiaclieii seit
spottet er ttber die liebestheorie , wonach gleichgestaltete personen,
wie klüin und klein, oder einander ergänzende, wie hohl- und spitz-
bttuche, stumpf- und babichtsBasen , vor andern zur Vereinigung
geschickt seien (YIII 4, 18 ff,), er wird belebt von der liebe zum
edlen und groszen , das er fdr sein ganzes reich znr Wirklichkeit
machen möchte, und erntet dafUr die liebe aller unterthanen bis zu
der schwärmerischen Vergötterung, die ihm jener Meder beim ab-
schiede vom hofe des groszvaters verrfit (I 4, 27 ff*): als dieser den
könig zum abschied alle verwandten küssen sah, erschien zuletzt
auch er und gab sich als solchen aus^ um des verehrten kiisz zu ge*
winnen ; dann fragte er ihnj ob auch in Persien die sitte bestehe die
verwandten zu küssen^ worauf Eyros antwortete: ^gewis, wenn sie
sich nach einiger zeit wiedersehen und wenn üe von einander gehen.'
darauf ist der Meder verschwunden , nach einiger zeit aber wieder
vor dem reisenden prinzen erschienen, sich einen kusz einmahnend,
da jene erste bedingung erfüllt sei ; als aber Kyros die zeit der tren»
nung zu kurz gefunden, bat der Meder erklärt, schon die zeit, welche
er ihn beim blinzeln nicht sehe, dünke ihn eine ewigkeit. — Kyros
kennt die liebe, und zwar, wie der Zusammenhang (V 1^ 1 ff.) ergibt^
auch zwischen mann und frau als eine allen widerstand brechende
nnd die zeit überdauernde leidenschaft. er will e^ nicht nur erlebt
haben, wie die menschen aus liebe in ewiger trauer klagen, sondern
auch, wie leute, welche die gröste ungebundenbeit Hebten^, knechta
der geliebten person geworden seien, wie sie opfer Über ihre krSfte i
gebracht und um erlöaung aus den banden gefleht und sie doch nicht
haben zerreiszen mögen (V 1, 12). er selbst geht dieser macht aus
dem wege (16), da den berscher keine leidenschaft, sei es welche ea
wolle, vom pfade den rechten abziehen darf; aber er freut sich, wena '
er glückliche paare machen (VIII 4^ 24) oder wieder vereinigen kann
(III 1, 37); und vor allem ist er voll bewundernng für den auch von
uns noch zu würdigenden hochsinn und die liebe Pantheas, die keine
anfechiung erschüttern und selbst der tod nicht lösen kann.
Panthea, die schönste aller frauen Asiens (lY 6, 11), die ge-
mahlin des herschers Abradatas von Susa, ist allein in Kyros ge*^
fangenschaft geraten ^ und der ihr bestellte büter, der junge Araspos,
ist von ihrer Schönheit und liebenswürdigen dankbarkeit und ftlr-
sorglichkeit bald gefesselt (V 1, 18). er hat ihr nicht nur antrage
gemacht; welche sie, die ihren gatten innig liebt, zurückwies, über
welche sie aber edel genug war zu schweigen ; sondern er hat ihr
auch mit gewalt gedroht, bis sie sich gezwungen sah dem könige
diese drohungen des zudringlichen zu melden (VI 1, 31). sogleich
hat ihn der köntg schonend auf einen andern posien verschickt,
Panthea aber darf den Abradataa zu sich entbieten, bei dem so un-
^erhofften wiedersehen ist des innigen umarmens kein ende, dann
aber treibt sie den gatten des Kyros edelmut und zartes mitgefUhl
durch eine tapfere that zu lohnen (47). er stellt ihm hundert sichel-
wagen zur Verfügung und baut sich selbst zum kämpfe für den könig
fiber die steUmig der griecliischeii fnxu 267
einen gewaltigen strüttnrmwagen (50). als er spftter damit in die
Schlacht gegen die Ägypter aosrackt, bringt ihm die gattin einen
Waffen- und helmsehmnck, den sie, ihm heimlich masznehmend
und ihren eignen schmuck hingebend, hat herstelleo lassen
(4,2 ff.); und zum abschiede sagt sie: 'wenn je ein weib ihren mann
höher als ihr eignes leben achtet, dann, weiszt du, bin auch ich ein
solches; und wie dir mein leben dies bezeugt hat, so schwöre ich es
dir auch ausdrücklich bei unserer liebe: lieber will ich, wenn du in
tapferm kämpfe Kjros edelmut vergeltend f&llst, mit dir sterben
ala ehrlos an eines undankbaren und dadurch bloszgestellten seite
weiterleben' (5 f.). ihr haupt berflhrend fleht er darauf zu Zeus,
dasz er ihn solch einer gattin und der königlichen gnade würdig er-
scheinen lasse. Paothea aber *küszt', als er hinter dem thore des
turmwagens verschwunden ist, *da sie ihn anders nicht mehr lieb-
kosen kann*, seinen wagen; und wie sich dieser in bewegung setzt,
folgt sie ihm heimlich, bis sich Abradatas noch einmal nach ihr um-
dreht und , sie erblickend , ihr ein letztes lebewohl und den wünsch
umzukehren zuruft (9 f.). im kämpfe bald von allen Volksgenossen
allein gelassen fällt der tollkühne unter dem widerstände der sich
tapfer wehrenden Ägypter, da hat ihn Panthea dann aufgehoben
auf ihren eignen wagen, ihn in den fluten des Paktolos gewaschen
und mit allem was sie hat geschmückt, und während sie ihm auf
einer höhe ein grab schaufeln läszt, starrt sie in das geliebte antlitz,
das sie in ihrem scbosze gebettet hat (YII 3, 4 f.). so findet sie
Kyros noch , der auf die künde davon zu der Jammerstätte eilt, er
hört von der jammernden auf seine tröstende teilnähme freilich nur
leise vorwürfe gegen sich selbst, dem zum danke jener in diesen auf-
opfernden tod getrieben worden sei. kaum ist er aber mit dem ge-
löbnis für das ehrenvollste begräbnis des beiden und für die erfttllung
aller ihrer wünsche in zukunft sorgen zu wollen und voll mitleid
'mit der frau die einen solchen mann, und dem manne der eine
solche frau nicht wiedersehen sollte' von dannen gegangen, so ent-
fernt die unglückliche alle diener bis auf die amme, der sie ihren
entschlusz mit dem gatten zu sterben erklärt und befiehlt sie 'mit
dem gatten in 6in gewand zu hüllen', dann stöszt sie sich den doloh
in die brüst und bricht über dem geliebten zusammen, 'das haupt
an seiner brüst zur ruhe bettend' (8 ff.), mag der kern der erzäblung
immerbin geschichtlich oder orientalischer sage entlehnt sein, wenn
Xenophon für sie bei griechischen lesem Würdigung voraussetzen
und sie so ausschmücken konnte, so muste er wissen dasz seine leser
daheim von gleichen empfindungen beseelt waren, und vollends diesen
ton kann er nicht durch verstohlene blicke in den neidisch gehüteten
harem persischer groszen, sondern nur im griechischen frauengemaohe
gelernt haben.
Auch der geniale Sokratesschüler Pia ton bietet die schätz-
barsten Zeugnisse für die hohe achtung, mit welcher zu seiner zeit
der frau begegnet wurde , und zwar thatsächliche. denn die forde-
ThMatthiae: urteile griechisclier prosaüer der claeßiBchen xeit
rüBgen, die er in seinem ideal st&ate aufstellt, kommen bier höcbsiei
als beweis dafür in betrachte bis zu welcbem grade aticb auf dem
boden Griecbenlands bebtrebungen zur — emancipation der frauen
gedeiben koonten. es sei darauf nur hingewiesen.
Obwohl auch nach Piatons fechöpfungsgeschichte der mann etwas
höher steht und in die fraüenkörper erst die seelen eingegangen
sind , welche nach ihrer ersten existenz in mÄnnerleibern noch nicht
gewürdigt werden können das glückselige sternenleben zu führen
(Tim. s» 42), so wird doch im Staate mann und frau durchaus gleiche
föhigkeit und berecbtigung zugesprochen und für beide geschlechter
gleiche geistes- und kßrperbildung verlangt (Staat s. 456. 618'
nähere bestimmcingen, wie der untemcht der mftdchen einzuricbtei
sei, und über viele einzelheiten, in denen mann und frau gleich be-
handelt werden sollen, enthalten die Gesetze (bes. s. 764. 771 £f,
7B1 ff. 603. 810 ff. 828 fiT ); und wenn man die nachricht würdigt
wonach sich mehrere Staaten von Platon wirklieb ge setz entwürfe er-
beten haben (Christ GLG,* 8. 390), so würe es sehr falsch, in diesen
manigfachen bestimmungen lediglich ausgeklügelte theorie und gar
keine Widerspiegelung der wirklicbkeit zu finden. Athen betreffend
entspricht es nicht nur für die vornehmen häuser, sondern gewis bis
tief herab in den niedern bürgerstand dieser Wirklichkeit, wenn ge*
fordert wird , dasz roädchen wie knaben bis zum zwölften jähre not-
dürftig lesen und schreiben {^* 809 f.) und bis zum 15n jähre das
spiel der lyra lernen sollten, dazu auch das Verständnis der chor*
gesftnge und die fähigkeit sie vorzutragen (s. 812); entspricht doch
dieses verlangten nur der folgerung, die ich in der erwähnten pro-
gram mabh. aus mancher tragikerstelle ziehen muste.
Ebenso stimmt es zu den schlössen, die sich uns ebd. auf- i
drängten, und beiszt also auch nur ein von verstfindigen und rUclo^^H
sichtsvollen Vätern und bräutigamen beobachtetes verfahren alsgeset«^'
formulieren, wenn von den drei Sprechern in den Gesetzen gerade
der Athener folgende forderungen erhebt: 'viele feste müsten ge-
feiert werden in den einzelnen bezirken wie im gesamtstaate, sowohl
um der götter gunst willen als auch wegen gegenseitigen annäbems,
bekanntwerdens und befreundens: denn auf diese weise müsse zur
rechten Vorbereitung ehelicher Verbindungen beiden teilen die un-
bekanntschaft benommen werden; auch müsten zu demselben zweck«)
gemeinsame belustigungen der jungen mädchen und männer mit spiel
und tanz und sittsamer Schaustellung der Schönheit stattfinden, damit
sie so mit geschmack und urteil wählen und von altern zuschauem
nnd ihren eitern gewählt werden könnten (s. 771 f. vgl. mit s.649 ae.).
denn der schritt der Verheiratung, ^dieser gewaltige Umschwung in
der gesamten lebensfübrung' (Ges, s. 775), sei zu ernst, als dasz ihn
jemand 'sein liebstes, söhn oder tochter, so thun lassen möchte, dasz
es ihn gereut, wenn es zu spät ist' (ebd* s. 649). ja a* 924 wird es
ausdrücklich ausge^^prochen , dasz der vater auf mehr sehen kani
aU der staat bei seiner fürsorge für nachgelassene erbtöchter, ans;
über die stellciDg der griechischea frau. 269
auf die ftoszem yerhältnisse nemlich auch darauf, dasz der Schwieger-
sohn ihm ein willkommener söhn und der tochter ein ge-
nehmer gatte sei; und ohne verwandte dastehenden erbinnen wird
(s. 925) ausdrücklich die freies te wähl nach eignem urteile gewahrt.
Auch durch das im Staat aufgestellte ideal der weibergemein-
Bchaft wird Piaton nicht gehindert das glück der einehe zu schätzen.
er, der alle sinnliche liebe auszer der zwischen mann und frau in
der ehe verurteilt (Ges. s. 636. Staat 372. Phaidros 250 f.), er, der
wie kein anderer wieder besonders im Charmides und im Symposion
die begeisternde macht auch körperlicher Schönheit, wie er sie selbst
empfunden, darzustellen gewust hat, stellt sogar in seinen idealsten
gedankengSngen im Staate (s. 468) als eine belohnung für den
tapfersten im felde die erlaubnis hin, sich küssen zu lassen und zu
küssen, soviel er will, schöne knaben und mädchen. er kennt die
fördernde und störende gewalt der Schönheit auch für die ehe (Ges.
8. 636. 722) und spricht auch von der ehe in der zartesten weise,
bes. unter dem bilde des 'eignen nestes' (Staat s. 548 aa. Ges.
8. 776). darum stützt er auch seine unbedingte forderung unver-
brüchlicher gattentreue vor andern gern mit dem hinweis auf die
treue, mit welcher die pärlein bei der unvernünftigen creatur ein-
ander lieben und ihre kleinen beschützen, 'auch die schwächsten
sind bereit für ihre jungen mit den stärksten zu kämpfen, für sie zu
sterben und selbst von hunger abgezehrt zu werden , wenn sie nur
jene aufbringen' heiszt es im Gastmahl (s. 207). 'wir dürfen doch
nicht schlechter sein als die tiere, welche bis zur reife in groszen
herden vereint jungfräulich, unvermischt und keusch dahinleben,
dann aber, männlein und weiblein ^ sich in liebe paaren und bis an
ihr ende in heiliger treue mit einander leben und festhalten an dem
ersten bunde der liebe' steht in den Gesetzen s. 840, wo dann eine
reihe bestimmungen gegen diejenigen folgt, welche der wild aus-
schweifenden leidenscbaft derbarbaren auch in Hellas fröbnen wollen.
da mit Piatons ganzer theorie über den grund des liebes- und freund-
Schaftsverhältnisses im wesentlichen nur die übereinstimmt, wonach
in ihm entgegengesetzte naturen einander zu ergänzen suchen und
jedenfalls die auf die Vereinigung solcher naturen abzielende Ver-
bindung leidenschaftlicher und inniger wird (Ges. s. 837) , so ist es
nur natürlich, wenn er als die glücklichste ehe nicht diejenige
empfiehlt, wo beide teile im vollgenusz äuszerer guter diese und
sich selber nur zu genieszen braueben, er empfiehlt vielmehr haupt-
sächlich auf die innern Vorzüge sehend eine Verbindung zu schlieszen,
in welcher man für sich und die seinigen sorgen musz: denn wenn in
der ehe gegenseitiges bedürfnis und verlangen empfunden werde, so
kitte und binde das die ganzen Charaktere an einander (ebd. s. 776).
Was aber die bauptsache ist, wenn einem alle bisher angeführten
äuszerungen Piatons über die Schätzung der frau mehr ideale forde-
rungen und Vorstellungen als bestätigung bestehender tbatsachen
scheinen sollten, so fehlt es durchaus auch an solchen über jeden
270 ThMatthiag; urteile ^iechischer prOBftiker der claesiscben zeit
zweifei erbabenen tbats&cMicben angaben bei ibm nicbL welch
ebreßde zeugni8se stellt nicbt aueb er der wirklieb yorbandeneii
bildung seiner zeitgeoossiöoen aiisl maji darf scbou nicht, wie ge-
wöhnlich geschieht, zu gering anschlagen, was auch er von ihrem
fabulieren' sagt (Gorg. s, 627. Staat s. 350 f.)j endigt er doch
manchmal in einem ähnlichen fabulieren, und will er doch, dasz
auch die mütter des ideait^taates die jungen seelen durch ähnliche
erzähl ungen bilden (8. 377). er stellt durchaus die ganze grosze
menge der männer, alle nicbtpbilo&opben ^ in ihrem trachten und
denken auf 6ine Btufe mit den frauen» dh. also diese nicht unter
jene (Staat s. 431). ganz zu Bchweigen von der Mantineierin Dio-
tima, die tm Gastmahl den tiefsten aufscblusz über das wesen der
liebe gibt, oder von den weisen frauen und pries ter innen im Menon
(s» 81) I die sich über die gründe ihres lehrens und wirkens auch
wollen recbenechaft geben können, so weisz Alkibiades (Gastm.
8. 215 ae.) auch davon zu melden, dasz sich frauen des Sokrates ge-
sprÄcbe wiedererzählen lassen; und in den Gesetzen (s. 6ö8) ist von
^gebildeten' frauen die rede, die in Übereinstimmung mit der mehr*
zahl der athenischen Zuschauer von allen dich tun gen die tragOdien
am liebsten m($gen, wie denn auch die rhapsoden mit rührenden
frauenrollen , einer Andromache oder Hekabe, am meisten glück
haben (Ion 535). auch erhält bei ihm (Gorg* 8. 471 ae.) die fran
60 gut wie der mann das auszeichnende urteil der geistigen und
körperlichen harmonischen durcbbildung (KaXoKüTfaOia),
Wenn man sich damalige Griechinnen so vorstellen darf» wird
es nicht wundernehmen, dasz er auch grosze Innigkeit des ebelebens
als etwas natürliches bezeugt, selbst Sokrates, dieses klaren ver»
stand es menschen, Verhältnis zu der viel verlästerten Xanthippe musz
ziemlich innig gewesen sein nach dem, was Piaton im Phaidon (s« 60
und 116) erzählt; wie sie die letzte nacht mit einem kinde bei dem
gatten im kerker geblieben ist, einige stunden vor dem tode mit
andern frauen und zwei kindem nochmaU erscheint, seine letzten
auftrage in empfang nimt und nur schwer unter klagen und seufzem
entfernt werden kann. — Piaton weisz auch von männern , die nu
6in ziel kennen , gerade die begehrte frau zu gewinnen » wie er
(Krat. s. 395) von Pelops, wegen dessen unredlichen verfahren
freilich tadelnd, erwähnt er hat gehört, wie in glücklicher eh€»1
lebende frauen ihre braven männer ^mein himmlischer' anreden
(Menon a. 99). dasz in treuer liebe auch gatten für einander das
äuszerste wagen, selbst für einander starben, das weisz er nicht nur
durch die sage von Orpheus und von Alkestis zu belegen, wie in
Gastmahl (s. 179) Eryxtmachos; sondern er bestILtigt auch, dasz
im leben wirklich so ist, wie es auf der bühne dargestellt wird, dasz
die liebenden in verzehrender Sehnsucht und klagender trauer um
dahingegangene eine unbeschreibliche freude finden (Philebos s. 47 f.),
und weisz aus erfahrung, dasz im leben solche trauer wirklich bis
in den tod die treue hält: 'wenn ihnen ein liebes (sagt er im
über die stelluDg der griechiBchen fraa. 271
Phaidon s. 68), fraa oder söhn gestorben war, dann wollten scbon
▼iele gern freiwillig in den Hades steigen, von der boffnnng getriebea
dort wiederzuseben nach denen es sie verlangt und wieder mit ibnen
▼ereint zu sein.' immer bat der mann zuerst sorge um weib und
. kind (Staat s. 578 ae.) ; und nocb aus den gräbern scheinen ge-
fallene männer an ihre eitern die mahnung zu richten, 'diese wür-
den sich am besten über ihren verlast trösten and am würdigsten
und den gefallenen söhnen am meisten zu dank leben , wenn sie für
deren weiber und kinder sorgten.'
Wenn aber der Menexenos, in dem (s. 248) diese worte in der
angeblich von Aspasia vorgetragenen leichenrede vorkommen, ebenso
wenig von Piaton selbst ist wie der Alkibiades I, in dem den Staats-
bürgern die zwischen eitern und kindem, gesehwistem und gatten
waltende liebe als muster hingestellt wird (s. 126)^ so liefern die
beiden Schriften gerade dadurch um so mehr den beweis, dasz das
ideal liebevoller wechselseitiger fürsorge und anhänglichkeit der
gatten nicht nur einem geistesgewaltigen vor dem seiner zeit voi*aus-
eilenden geiste schwebte, sondern von allen wackem Zeitgenossen
zu erreichen gesucht wurde.
Der nüchterne Aristoteles läszt bei seinem unentwegten
fragen nach zweck und Ursache, nach dem nützlichen, dem gemüte
und der phantasie so wenig Spielraum, wie die neuem pbilosophen
auszer etwa denen ; die in hinwendung zu Schelling in der art
EHases oder ganz neuerdings Drummonds alle erscheinungen im
leben des tages und der natur zu einem hymnus auf die allwirkende
liebe verweben; zwischen den Zeilen ist gleichwohl auch bei ihm
dann und wann, ausnahmsweise auch darin einmal eine bestätigung
der oben gezeichneten, von seinem Vorgänger heller beleuchteten
bilder zu lesen.
Noch entschiedener als Piaton (Ges. s. 805 f.) spricht er (Pol.
I 1, 5 OB 1252^ 1) aus, dasz die griechische frau nicht wie die
barbarische auf der stufe der sklavin, sondern dem manne näher
steht, mag er immerbin die geistige Veranlagung der frau durch-
schnittlich etwas niedriger anschlagen, so dasz der mann, der als
vater dem söhne, als herr dem sklaven gebietet, die frau leitet,
wie in der aristokratie die besser die schlechter unterrichteten (Eud.
eihik VII 9 = 1241 »> 24 vgl. mit Pol. I 1, 5 = 1259 »>); mag er
die tugend des mannes und die der frau als führende und folgende
gegen einander stellen (Pol. I 5, 8 »» 1260^ 20); mag er die ehe
zunächst aus nützlichkeitsrücksichten erklären, aus dem natürlichen
bedürfhis beider teile sich zur gründung und erbaltung der familie
und angenehmen führung des lebens zu ergänzen (Nik. etbik VIII 14
•»1162, 16 ff.) : er selbst vergleicht ein andermal das verhalten des
mannes zur frau mit dem der regierung zu den regierten in frei-
staaten und sieht den vergleichungspunkt auch darin, dasz hier
wie dort der zur herschaft berufene teil seine rolle sehr oft an den
andern, ebenso der mann an die frau abgeben musz (Pol. I 5, 2
272 ThMattbias : urteile griechischer prosaiker der clasaiächea zeit
^ 1259 ^ 4). damit ist aber gewis nicht bloss die I 6, 6 ff. für
Sparta behatipteite weise gemeint, die sich daraus erklärt, dasz dort
ein drittel alles besit^es in frauenbände übergegangen war; sondern
es müssen verblültniöse gemeint sein^ wie sie auch in Athen und
andern Staaten häufig waren, in deren erläuterung ein von Platon
(Staat s. 549) gezeichnetes treffliebes bild dienen kann: ich meine
jene mutter, welche den die pßicbten ge^en staat, haus und ihre
person nicht achtenden und daher selbst von niemand geachteten
galten ihrem söhne als warnendes beispiel vorhält imd ihn ihrerseits
zu einem dem Staate zu dienen beflissenen, betriebsamen und ehr-
geizigen manne erzieht,
Aristoteles sagt vor allem anch(Nik. ethik VlII 14 = 1162, 26),
dasz zwischen zu einander passenden und tüchtigen (dmciKek) gatten
auch die höchste, idealaLe gattung der liebe, die der tugeud halber
bestehe u könne, was er in der er^rterung der freundscbaft von iIot
engern Vereinigung der menseben im gegensatzzu der der tiere sagt,
dasz sieb jene besonders durch die gemeinschaft geistiger genUsse,
gemeinsame beredung und gesinnung von dieser unterscheide (ebd,
IX 9 c= 1170^ 10), das gilt aUo auch von einem solchen ehebunde. '
er verlangt auch stswitlicbe ftirsorge für die erzieh ung der frauen, die
ja intereaae für ihn haben sollen (Pol* I 5, 12 = 1260^ 15); frei-
lich in dem die erziehung betreffenden teiie^ auch den unvollständigen
einzelvorscbriften darüber in büch lY und V ist nicht im besondera
angegeben» ob und wie weit diese auch für mädcben gelten sollen. —
Jedenfalls schreibt der scharf unterscheidende Stagirit den frauen
die innigere empfindung der liebe zu, wenn er sie mehr liebespen*
dend als liebebeischend nennt (Eud. ethik VII 4 = 1239* 27), in-
sofern sie schon glücklich sind lieben zu dürfen, auch wenn ihre
liebe nicht begehrt und erwidert wird, ihre liebe ist darin gleich
derjenigen edler menschen zu ihren verstorbenen ; als die zärtlichste
form dieser liebe aber rühmt auch Aristoteles (ebd. VIII 9 ==
1159^ 30) die Hebe der mutter, die alles und sich selbst hingibt,
wenn sie auch ohne dank bleibt oder selbst darüber zu gründe geht
Endlich müssen zu unserer frage noch die redner gehört wer-
den, trotz des von mir in meiner programmabh. über sie gesagten,
deshalb nemhcb, weil die vor gericht gehaltenen reden am
wenigsten die individuelle, seiner zeit vorausgeschrittene ansieht
eines einzelnen, sondern vielmehr die anschauung des athenischen
durchschnittsmenschen widerspiegeln (vgl* UMeuss in diesen jabrb,
1889 s. 445). dasz freilich nicht ihre einzelnen angaben über die
civilrechtlicbe Stellung der frauen hier erörtert werden könne&i
ist ebenfalls ao. begründet, hier kommt es nur darauf an einige der
durchblicke anzudeuten, welche auch die redner gewähren auf ein^
innerliches nähertreten der gatten, zum teil schon vor der Vermahlung.
So bat der Sprecher in Isokrates Aiginetikos die schwchter eine$
unzertrennlichen freundes erst nach langer bekannischaft heimgeführt
(§ 8). der von Demosthenes erkorene Schwiegersohn erhält von ihm.
fiber die Stellung der griechischen frao. 273
schon ehe er seine tochter heimführt, zwei talente ins geschäft (Dem.
27, 45). bei der ersten wähl ist oft die Schönheit der firau bestim-
mend: hat doch nach Aischines 2, 112 selbst der ernste Demosthenes
das weih als das schönste unter allen werken der natur hingestellt.
der vater des Sprechers seiner 39n und 40n rede zb. hat anfangs
einen herzensbund mit einer vor andern schönen Athenerin ge-
schlossen, freilich wohl ohne die nötigen gesetzlichen förmliohkeiten
(39 hjpoth. vgl. mit 40, 27). dies hat es ermöglicht, dasz er später
eine andere, legitime heirat schlosz ; aber jene hat ihn nie freigegeben,
80 wenig als er die neigung zu ihr bezwingen konnte (40, 27); und
nach dem tode der legitimen frau haben sich beide alsbald wieder
genähert. — Bei Hypereides wird es (f. Lykophron 6, 5 ff.) für
ein zeichen von gefühllosigkeit erklärt, wenn einer eine frau zur ehe
mit sich nötigen wollte, die erklärt sich einem andern versprochen
zu haben, nur dem herzens wünsche seiner frau und seines gescbäfts-
ftlhrers hat auch Pasion entsprochen , wenn er in seinem testamente
beide mit einander verlobt hat; und diese in solcher wechselseitigen
neigung geschlossene ehe hat der söhn des verstorbenen , so sehr er
sich durch dieses testament benachteiligt und zu einer trennung der-
selben aufgefordert glaubte , ernstlich doch nicht stören mögen ; so
zärtlich bat seine mutter, so demütig auch dieser mann selber, ihr
glück nicht zu vernichten ([Dem.] 45, 4). — Der Sprecher der lOn
rede des Isaios weisz gar von seinem vater zu rühmen, dasz er lieber
auf die ihm zustehende erbschaft seiner frau , die ihm deren oheim
mit seinem anhange vorenthielt, verzichtete und selbst wenn sie
zweimal so grosz gewesen wäre^ verzichtet haben würde, als dasz er
sich mit jenem in einen process einliesz , in welchem ihm nicht nur
jenes erbteil, sondern auch die geliebte frau abgesprochen werden
konnte (§ 18 f.). auch in der rede 50 des ps.-Demosthenes gegen
Polykles, der den Apollodoros genötigt hat fünf monate über die
pflichtmäszige zeit auf see zu bleiben, beleuchtet der kläger die
schuld besonders rührend dadurch, dasz er ausführt, jener habe ihn
so von einer todkranken mutter und von seiner frau fem gehalten,
die er über alles liebte und auch kränkelnd daheim liegend wüste,
'den süszesten dingen, die es für einen menschen gebe und ohne die
er um nichts in der weit würde leben wollen' (§ 60 ffl). an der be-
weiskraft dieser stelle ändert es nichts, wenn diese Weichheit nach
[Dem.] 36, 45. 45, 74. 59, 122 gemacht erscheint: denn auch so
zeigt siO; was die allgemeinheit von dem Verhältnis des mannes zu
seiner frau als das rechte voraussetzt.
Gute gatten gehen in gegenseitigem vertrauen und wechsel-
seitiger fürsorge auf. einer verständigen frau vertraut ihr mann bei
lebzeiten alles hab und gut und alle geschäftsgeheimnisse an (Lysias
Ij 6. 32, 5. 7. 17. Dem. 38, 6), und noch über seinen tod hinaus über-
läszt er ihr oft die Verfügung über einen guten teil seines Vermögens
(Dem. 41, 9. 11. 21. 45, 74). sie erscheint dem manne sogar ge-
nügend ihn bei einer erbschaftsordnung zu vertreten, wenn er selbst
Jahrbacher für cUss. philol. 1893 hfl. 4 u 5. 18
274 ThMatthias i urteile griecbiscber prOBaiker der claMiachen zeit
keine zeit bat (Dem. 41^ 17), und wahrt selbst noch nach des mannes
tode das recht der geroeinsamen kinder, wie nach Lysias 32, 10 fF.
die witwe des Diodotos, die in einem familienrale sogar gegen den
eignen vater redete und alles zu thronen rührte, — Aber noch mehr
als blosz die geschäftlichen sorgen teilt die frau mit dem manne,
ein sterbender ieht zb. die frau an ihm den söhn zum rächer an
seinem feinde zu erziehen (Lysias 13, 39 ff/j, andere gatten ver-
bindet gleiches Interesse für die mysterien (Dem. 21, 158), auch
die Vorgänge im Staate und namentlich vor gericht erregen der
franen teilnähme | und sie erlauben sich von ihrem Standpunkte
darüber zu urteilen ([Dem.] 59, 110. Lyknrgos g. Leokr. 141). sie
wissen wobl^ dasz de^ mnnnes glück und des Staates gesicherter be-
stand auch ihnen glückliche tage ^ beider stürz aber auch ihre er-
niedrigung herbeifübil ([Dem*] 67» 45» 59, G. 11). daher sind sie
denn auch bereit in kriegsnöten den sonst so geliebten schmuck
einschmelzen zu lassen (Dein* 1, 69). — Zärtlich nimt der gatte in
tagen des Unwohlseins rücksicht auf die gattin, wie Eupbiletos
(Lysias 1, 9) seine frau^ als sie ihm ein kind geschenkt halte , in
seinem zimmer zu ebener erde schlafen llesz statt wie sonst im
ersten stock, damit sie den schädigenden weg treppauf treppab
nicht zu machen habe« der nur scheinbar von seiuer frau geschie-
dene Aphobos eilt heimlich an ihr krankenlager (Dem. SO« 34),
ebenso sind die trauen die besten püegerinnen des kranken mannes
([Dem*] 59, 56) ^ und sie yergessen selbst kränkungen, wenn diese
pflicht sie ruft (ebd. 21 — 25), auch zum tode verurteilte sehen noch
die letzte nacht im kerker am treusten ihre frauen bei sich aus-
harren und vertrauen am sichersten diesen ihre letzten wünsche und
Verfügungen an (Ändok. myst 48. Lys» 13, 39 ff. uö.). die ihren
mann geliebt hat, läs2t es sich auch nimmer nehmen ihm noch im
tode die letzten dienste soweit möglich selbst zu erweisen, mag diese
ihr der Jammer^ der ihr bald das herz bricht, auch noch so schwer
machen (Isaios 8, 21 f.).
Durch solche innige anhänglichkeit der gatten an einander
wachsen schlieszlicb nicht nur diese selbst zu einem nnzertrenn*
liehen engern, sondern beider Verwandtschaften zu einem grcözen
bunde zusammen* denn noch manche rednerstelle erweist den stand*
punkt als den gewöhnlichen, der zb. [Dem,] 48, 6 eingenommen
wird: 'ich wollte dies lieber dem klfiger freiwillig einräumen als
mit ihm vor gericht gehen und so gegen einen verwandten pro-
cesaieren und dabei dem bmder meiner frau und obeim meiner
kinder etwas bitteres sagen und von ihm wieder hören.' dem
Sprecher der rede Antiphons Über den choreuten ist i^ein scbwieger«
söhn als zuverlässigster Vertreter erschienen; und Andokides ist su
Beiner anzeige besonders dadurch bestimmt worden, dasz er nur so
die seinen, namentlich den vater und den Schwager, den mann der
einzigen seh wester, zu retten vermochte (myst. 50). zum äuszern
zeichen aber, wie auch die frau und ihr anhang der männlichen
über die BteUong der griechischen finui. 275
linie gleich geschSizt wird, erhSlt ein knabe wohl gar auch den
namen des groszTaters mütterlicherseits (Dem. 43, 74).
Bei solch innerlicher auffassung des ebeverh<nisses erscheint
der ernst selbstTerstSndlich, mit welchem man Störungen des ehe-
lichen glfickes vorbeugte und entgegenbangte und etwa eingetretene
ahndete und beklagte, jedes frühere yerhältnis eu hetären oder gar
knaben wird Tor dem eintritt in die ehe abgebrochen ([Dem.] 59, 30) ;
und ward schon vorher der nach weis eines verhSltnisses der zweiten
art als eine schände aufgefaszt und mit der entziehung verschiedener
bürgerlicher rechte bestraft (Dem. 22, 29. ep. 4, 11), so war von
da an auch das erstere ein schwerer sittlicher makel. wenn Ljsias
schwach genug ist solchen Umgang trotz der schäm, die er darüber
vor frau und mutter empfindet, doch weiter zu pflegen ([Dem.]
59, 21 ft), so weist es der bei aller Jugend wohlgesetzte reiche
Ariston (54, 14 ff.) entrüstet zurück, dasz man ihn in ein solches
treiben verwickeln will, nur wenn das eheliche verhSltnis im all-
gemeinen so gewissenhaft gewahrt worden ist, erklärt es sich auch,
dasz eine frau, welcher ihr mann durch gegenteiliges verhalten
ftrgemis bereitete, beim Staate schütz suchte und fand, wie die
gattin des Alkibiades ([Andok.] g. Alkib. 13); oder dasz die frau
des in Andokides mysterienrede angefochtenen Kallias sich lieber
erwürgen als ihres mannes herz mit einer andern teilen wollte
(§ 124 ff.), nur bei solcher auffassung kann auch freiwillige Schei-
dung und schnelle Wiederverheiratung einer frau ernstlich zum vor-
würfe gemacht werden (Dem. 30, 33). nur wer weib und kind über
alles, man möchte sagen, bis zur blindheit liebt, kann so thöricht
sein wie Autolykos (bei Lyk. g. Leokr. 3), der sich lieber der be-
strafung aussetzte, als dasz er bei der kriegsgefahr trotz Staats verbot
nicht weib und kind auszerhalb des landes geborgen h&tte. aus der-
selben auffassung heraus bangt überhaupt der soldat vor dem kriege,
der ihn vielleicht für immer von weib und kind trennen wird ([Dem.]
11, 9); gilt als ehrlos und dem tode verfallen, wer sich dem kämpfe
für 'den eignen herd' (Lyk. g. Leokr. 131) entzieht; hat selbst
Aischines beim anblick von dreiszig olyntbischen frauen und kin-
dem , die Atrestidas als ihm von Philippos geschenkt dahergefUbrt
hat, die thr&nen und klagen nicht unterdrücken können, dasz Hellas
zu ohnmächtig sei solcher schmach zu wehren (Dem. 19, 305 ff.).
dasz Aischines trotz solch besserer erkenntnis dann doch Griechen-
land verraten und so sehr vielen bundesgenossen und freunden
der Athener ein ähnliches Schicksal bereitet hat, wie es schauder-
erregend vorher von einer solchen Olyntherin erzählt worden ist
(§ 196 ff.), das vor allem werden nach Demosthenes erwartung
die Athener ihn verurteilend rächen, gegen feige, Verräter, un-
glückliche Politiker und drohende tyrannenherscbaft wird stets die
Stimmung der volks- und gerichtsversamlungen erbittert, indem an
die schmach erinnert wird, welcher durch sie das teuerste der
bürger, weib und kind, preisgegeben werde (Lyk. g. Leokr. 131. 141.
18*
276 £Biiasler : die reihenfotge der tragödieB io Akchjloe Prometbeia.
Dem* 14,32* 19,309* Dein. 1, 65. 99. [Dem.] 17, 3 vgl. mit Thuk.
ym 74, 2 f.).
Endlieb das letzte mittel mitleid zu erregen, das die redner
vor den ricblem anwend<?n, ist gewöhnlicb, dasz der angeklagte
weib und kind auftreten läszt oder dasz die richter bei ibren frauen
und kindem bescbworen werden, entweder würe jenes zb. eine
Bcbttuspielerei auch bei — Demostbenes, den man ihrer nicbt föhig
balten wird, und das andere eine so verfeblte berecbnung, wie man
sie den griecbiscben meistern der redekunst überhaupt nicbt zu-
trauen wird; oder bei dem gröszern teile des athenischen Volkes
muBte sich die frau einer berzlicben Schätzung und liebe erfreueji|
die über ihre durch den bucbstaben des gesetzes geregelte Stellung
weit erhaben war. und so führt alles in allem das angestellte ver-
hör der prosaischen Zeugnisse ^u demselben ergebnis, zu dem in
meiner programmabb. allgemeine erwägungen und die befragung
der classischen dichter geführt haben*
Zittau, Theodoe Matthias.
DIE REIHENFOLGE DEE TRAGÖDIEN IN AISCHYLOS
FBOMETHEU,
Mit recht bat man aus dem Verzeichnis der Mediceiscben hs,
geschlossen, dasz die Aischylibcbe trilogie Proioeiheus aus den
tragödien TTp. l)€CpiiiTT]c, ITp. 7TiJp<pöpoc und TTp* Xuöptvoc be-
standen habe, und in dem bei Pollux erwähnten TTp. TTupKaeuc das
satyrdrama erkannt, welches zu der trilogie 0tV€uc, TTcpcaii TAauKOC
gehörte* Bergk (GLG. III s. 319 anm.) ua. sehen zwar in dem
TTUpKaeuC nur eine Variante für Trupqpöpoc und halten diesen daher
für ein satyrdrama, auf welches auch die notin des schol lasten zu
becfiiuTnc 94 ^v T«P Tip nupcpöpuj Y ^upiÄtac q>r|c\ feebecöai aurov
hindeute; aber dies scheint mir durch nichts begründet, ebenso
wenig wie ich mit Westphal und Wecklein annehmen mischte, dasz
der TTp. iTupqpöpoc das schluszstück der trilogie gewesen sei, wie es
jener zuerst in seinen prolegomena zu Aisch. trag, (Leipzig 1869)
8. 207 ff., dieser in der einleitung zu seiner ausgäbe des Prometheus
(Leipzig 1878) s. 18 f. als sicher hinzustellen verbucht hat. viel-
mehr scbliesze ich mich, was die reihenfolge der stUcke betri^»
durcbaas der zuerst von Welcker aufgestellten und neuerdings von
ChMuff in dem Vortrag *zwei Titanen, Prometheus und Faust' (Halle
1883) wieder aufgenommenen ansiebt an, dasz der Ttupq)6poc da6
erste , der b6cpuiTT]C das zweite und der Xudpevoc das dritte dr&mA
gewesen, d&sz also wirklich in dieser weise dem zuschauer schuld,
strafe und sübue des beiden auf einander folgend vor äugen geführt
seien, sei es mir gestattet kurz darzulegen, durch welche inneren
und änszeren gründe ich zu dieser anscbauung gelangt bin.
Zwar können wir nicht mehr den in halt der einzelnen ^cenen
EBnssler: die reihenfolge der tragOdien in Aiscbylos Prometheia. 277
des irupqHSpoc fttr sich beschreiben, aber man kann wohl annehmen,
dasz die wichtigsten das furtum Lemnium darstellten , die übrigen
aber znerst das einvernehmen des Titanen mit Zeus, dann sein
schuldig werden und seine völlige ab Wendung von ihm durch diesen
eingriff in die rechte desselben und schlieszlich das trotzige pochen
auf sein eignes vermeintliches recht gegenüber der gewaltigen macht
des neuen gOtterfürsten sowie den hinweis auf das geheimnis ent-
hielten, dessen enthüllung allein den höchsten gott vor dem verlust
seiner herschaft bewahren könnte, (eine genauere und weitergehende
reconstmction des inhalts gibt Muff ao. s 9 ff.; ich will mich hier
mit dem wichtigsten, das die entwicklung des b€C)iiüTiic voraus-
zusetzen scheint, begnügen.) Westphal hält es zwar für nötig dasz^
wenn man dieses stück an den anfang der trilogie stellen und in
dasselbe die darstellung jenes furtum verlegen will , dann auch das
bei wort iTupq)6poc mit 'feuer raubend' übersetzt werden müsse,
was doch unmöglich sei — er sagt nemlich (ao. s. 220): 'der
&€C)ii()TTlC bildet den anfang der trilogie, das darauffolgende stück
ist der Xu6)ievoc, und somit stellt sich der 7Tupq)6poc als das schlusz-
stück heraus, was soll uns denn auch zwingen das wort TTpo)ir)6euc
irupq>öpoc mit < feuerholender » oder « feuerraubender Prometheus »
zu übersetzen? der beiname TTupqpöpoc wird ja auch andern göttern
gegeben' usw. — ; indessen notwendig ist eine solche Übertragung
oder deutung jenes wertes hierzu keineswegs, weder in bezug auf
die obige inhaltsangabe noch im hinblick auf die Stellung dieses
dramas in der trilogie kann das beiwort 7Tupq)öpoc im titel irgend
welche Schwierigkeiten bereiten, man möge ohne bedenken bei der
natürlichsten und einfachsten Übersetzung desselben 'der feuer
bringende' stehen bleiben ; ja man wird sogar bald erkennen dasz,
wenn auch ein furtum des beiden dargestellt wird, dem namen des-
selben im titel der tragödie kein passenderes adjectivum als dieses
hinzugefügt werden konnte, eben weil die that des Prometheus von
zwei Seiten betrachtet werden musz, als eine gute den menschen,
als eine böse dem Zeus gegenüber, und weil derselbe nicht von an-
fang an als mit schuld beladen auftreten, sondern im lauf der band-
lung gezeigt werden sollte, wie er schuldig wurde, wollte der dichter
offenbar nichts weiter damit sagen, als dasz der Titane das feuer
den irdischen gebracht, nicht aber sogleich damit andeuten, dasz er
es gestohlen , also ein unrecht begangen habe, und dies würde dem
Wesen des Aiscbylos als eines so frommen mannes durchaus ent-
sprechen, um so mehr wenn wir bedenken, dasz Prometheus in
Attika als culturgott verehrt wurde, wir würden also , wollten wir
dieses wort mit einem ausdruck wie ttupokX^tttt]C odgl. identi-
ficieren und somit mehr hineinlegen als damit gesagt ist , nicht nur
durch das misverstehen der eigentlichen bedeutung des Wortes an
sich einen fehler begehen , sondern auch die grösze des poetischen
genies verkennen , welches auch hier in der wähl gerade dieses bei-
wortes gelegenheit gefunden hat sich recht deutlich kund zu thun.
EBntsler ; die rethenfolge der tragddien in Aiechjlos Frometheia.
Um deg titeis willen mag man also den Tiup<pÖpOC immerliin
an den anfang der trilogie stellen; denn er passt vortrefflich zu dem
infaalt dieses Stückes^ den wir ibm bei einer reconstruction desselben
zu geben genötigt sind, es fragt sich nur, ob denn überhaupt eine
solche inhaltsangabe möglich bleibt^ wenn wir sie mit dem ver-
gleichen, was uns der b€C^iujTT|C und der Xuöjuievoc bieten, man hat
es durchaus geleugnet, so sagt Westphal (ao. a. 216): 'die Vertreter
dieser ansiebt konnten freilich der groszen inconvenienz nicht ent-
gehen, dasz dann das zweite stück der trilogie, der uns erhaltene
b€C|iUJTiiC, noch einmal alles das in breitester erzählung wiederholen
würde, was bereits im aufangsstücke der trilogie als handlung dar-
gestellt wäre*» und Wecklein (ao. s. 18) sagt sogar von der exposi-
tion und der erzlihlung der vorausliegenden ereignisse, sie seien d^r
art Masz eine vorhergehende darstell ung derselben begeh enheiten
als ästhetische Unmöglichkeit erscheint', diese bebauptungen zeugen
von grOBzer Sicherheit, man soll aber doch nicht vergessen, dasz wir
hier überhaupt keine unumstöizlichen beweise für die eine oder die
andere ansieht vorbringen und nur darlegen können, welche uns
wahrscheinlicher ist. der phantasie jedes einzelnen ist eben hier ein
sehr groszer Spielraum geboten, immerhin aber glaube ich nicht die
grenzen der nötigen vorsieht zu Überschreiten , wenn ich annehme,
dasz Aischylos die thaten, auf welche im bec^uJTflc hingewiesen wird,
in ganz anderm lichte dargestellt haben mag, als sie dort geschildert
werden, dasz also die bei den thaten ausgesprochenen worte im
7Tup<pöpoc sogar ganz andere sein konnten als diejenigen, welche
wir nachher beim hinweis auf sie lesen, weil er eben beide male
völlig verschiedene Wirkungen auf den Zuschauer erzielen wollte,
weiter unten werden wir an einem besondern beispiele sehen, dasz
hiermit nicht zu viel von mir gesagt ist. — Was aber den TTp. Xuö-
/icvoc betrifft, so glaube ich sieher, dasz sein räum grosz genug
war, um die lösungen aller jener tragischen confficte zu bringen^
die sich im lauf der handlung des TTUpcpöpoc und des b€CpuJTr|C
entwickelt hatten, als solche aber musten darin enthalten sein: die
daratellung der quälen des nun an den Kaukasos geschmiedeten
dulders, seine befreiung durch Herakles, der stellvertretende tod
des Cheiron, die Verkündigung des geheimnisses des Prometheua
an Zeus in betreff der ehe desselben mit Thetis und endlich die da-
durch erlangte aussöhnung beider, dies sind die notwendigen züge
des dramas; auszerdem aber lehrt uns Athenaios XV t^74*^ : AicxuXoc
y ^v TOI Xuo^evui TTpo^rjOei caqpOüC q)Ttciv, Öri M tiJ tim^ tou
TTpo|ir|0^u)c Tov cT^<pavov Tiepinöepev -rij KccpaXrl avTiTioiva toö
^K6(vou becgDÜ , dasz das stück auch einen hinweis auf die ein-
Setzung der TTpOjLir|6€ia enthielt, eine solche scene ist ja auch nach
der Versöhnung der parteien recht gut denkbar: Zeus mag dem
Titanen den anspruch auf göttliche Verehrung bei den menschen
gestattet und diesen ritus ihm zu ehren bei den festen gefordert
haben« vollkommen stimme ich also Westphal bei, wenn er, in der
EBosfller: die reihenfolge der tragödien in Aischylos Prometheia. 279
fiberzeugung dasz die trilogie durch jenen hinweis in national-
patriotischem sinne geschlossen hahe, ähnlich wie dies in der Oresteia
durch den cnlt der Eumeniden geschehen sei, in bezug aaf die
Ssthetik des schluszdramas die forderung ausspricht (ao. s. 218 f.):
^der gott muste aus seiner emiedrigung zum vollen alten glänze
znrttckgeftihrt werden, ihm muste nicht nur die verzeihnng des Zeus,
sondern auch die anerkennung seiner macht im cultus der menschen
zuteil werden.' nur war eben das schluszstück , welches mit einer
Bcene dieses inhalts endete, nicht der TTupq>6poc, sondern nach
Athenaios der Xuö)i€VOC. die andeutungen aber über den aufbruch
der götter zur hocbzeit des Peleus und der Thetis mögen dieser
schluszscene unmittelbar vorausgegangen sein, ich glaube nicht
dasz man diesen inhalt, wie ich ihn hier angegeben habe, für den
ramn eines einzigen stOckes zu weit halten werde; aber auch wenn
man ihn mit dem der beiden andern tragödien vergleicht und somit
die trilogie als ganzes betrachtet, wird man nichts anstö&ziges finden.
Sehen wir nun, wie sich zu den bisherigen ergebnissen unserer
eombinationen die betreffenden verse der tragödien selbst verhalten,
ob sie die Wahrscheinlichkeit derselben beweisen helfen, ob sich
nichts aus ihnen gewinnen läszt, oder ob sie zu einem umstosz jener
resnltate nötigen, leider sind hierbei nur wenige verse im b€C^urrr)C
von bedeutung, und Suszerst gering ist, was wir von den fragmenten
der beiden andern stücke heranziehen können.
Für den TTp. TTupqpöpoc kommt zunächst in betracht das scholion
zu np. bec^iüTTic 94 biaKvaiö^evoc töv Mupicxöv xpövov äGXeücui,
welches also lautet: dv TOip T{\) TTupqpöpu) rpeic fiupidbac (pr]c\
behicQai aÖTÖv. Westphal sieht einen sichern beweis in dem hier
gebrauchten perfectum dafür dasz *die Situation des TTUpqpöpoc nicht
vor die zeit der strafen , nicht in die zeit des feuerraubes , sondern
in die zeit, wo die strafe erduldet ist', gehört (ao. s. 217), und
betont ausdrücklich, dasz dieses beb^cOai, welches dem futurum
äOXcOciü gegenüberstehe, seine bestätigung bei Hyginus astr, II 15
finde, wo es von Prometheus heiszt : quem äUigatum ad triginta müia
annarum Aeschylus tragoediarum scriptor aü] auch habe offenbar
Hyginus hier dieselbe quelle wie der griechische erklärer des Prome-
theus benutzt, jene folgerung Westphals aus dem scholion würde
sich von selbst ergeben , wenn wir wüsten dasz dasselbe richtig ist
— und zu einem zweifei hieran sind wir doch immerhin berechtigt,
der gelehrte fährt zwar wiederum mit groszer bestimmtheit fort:
'gegen dies klare zeugnis wird sich schwerlich etwas einwenden
lassen, und das von Welcker gewählte gewaltmittel das in den
scbolien feststehende wort TTupqpöpuj in Xuo^^viu zu verändern
wird . . bei umsichtigen wenig beifall finden können.' für ein ge-
waltmittel kann ich allerdings diese änderung nicht halten: denn
gar leicht ist eine Verwechselung beider worte möglich, da beide die
gleiche zahl von buchstaben haben , die am anfang nicht allzu ver-
schieden und am ende gleich sind, so stimmt dieser conjectur auch
280 EBufisler: die reihenfolge der tragödien in Aißcbyloi Promeöieiii.
Dindorf bei, welcher sie höchst ansprechend folgend er maszen be-
gründet (AkxüXou dTTOCirac^oma s- 114): *nam cum numerus an-
norum, per quos rupi alligatuö fuerit Prometheus, vix silentio
praeteriri potuerit in Prometheo soluto, probabilis est Welckeri
coniectura* usw. noch eher aber möchte ich mit Kvi^ala für b€6€-
c6ai das futurum b€?)r|cec0ai schreiben : denn wenn auch jen«sperfec-
tum durch das alligaium des Hyginus bestätigt sein mag, so scheint
mir diese bestätigung doch völlig bedeutungslos, da der autor diese
notiz nur in indirecter rede gibt und, um nicht umat&ndlich bzw.
schwerfällig zu werden, ganz gut in allgemeiner form als geschehene
thalsache vorbringeii konnte, auch diese Änderung ist nicht schwierig;
das scholion aber würde in dieser form erstens ein dem dOXeucui
entsprechendes tempus bieten und zweitens uns nötigen in dem-
selben eine drohung des Zeus zu erkennen, und dem wird gewis
niemand widerstreben , da eine solche zu dem ganzen charakter des
TTUpipöpoc — soweit wir den inhalt reconstruieren können — wo
der göttliche sieger fortwährend seine macht beweist , recht wohl
passen würde, wem also dieses gegenüberstehen von Ä9XeücuJ und
b£b€c6ai bedenken erregt und deshalb das scholion als der corrector
bedürftig erscheint, der wird darin einen directen beweis dafür
finden , dasz die scenen des TTp* irup^öpoc dem erdulden der strafe
Yoransgiengen.
Das zweite fragment aus dem mjpcpöpoc ist der bei Gelliu»
XIII 19, 4 erhaltene vers citu;v 0* ÖTfou bei Kai Xet^v tot Kaipia.
mit recht sagt Westphal (ao. s. 217): 'im bccmiitric nemlich war es
zeit das geheimnis über Zeus ehebund zu verschweigen', und weiter:
€der rechte augenblick zu sprechen, wovon der vers bei Gelliiis redet^
war in demselben stücke der trilogie herbeigekommen, #0 die strafe
ihr ende erreicht hatr denn die enthüllung dea geheimnisses bringt,
wie Prometheus sagt, das x^p^a ^6x6ujv.« aber es ist doch keines*
wegs notwendig anzunehmen, dasz der Titane diese worte erst dann
gesprochen habe, nachdem er das geheimnis dem Zeus mitgeteilt
hatte, er konnte offenbar ebenso gut bei der ersten aufforderung
es zu sagen, eine antwort wie vielleicht in der weise gegeben haben:
*ich will nicht reden, da ich wohl weisz, wann ich zu sprechen und
wann ich zu schweigen habe' — worte welche nicht nur wieder
seinen titanischen trotz, sondern auch gewisse dunkle drohungen
für die zukunft enthalten würden, indessen muste sich dieser vers
denn einzig und allein auf jenes geheimnis beziehen? könnt« sich
bei dem fortwährenden widerstände des Prometheus gegen Zeus
nicht mehr als Einmal gelegenheit bieten ihm mit solchen Worten
zu antworten? vielleicht ist dieser vers gar nicht einmal von
ihm selber, sondern von irgend einer nehenperson der tragödie ge-
sprochen worden, also ohne jede bedeutung gewesen, denn da fast
genau dieselben worte Aisch. Cboüph. 582 ciTÖv 0' öiroü bei xal
X^T^tv TOt Kaipia wiederkehren, da ferner der scholiast des Aristeides
bd. III s. 501, 17 aus dem TTp. b€CfiUJTT|C den vers anführt: ttoXXoiC
EBnssler: die reihenfolge der tragödien in Aischylos Prometheia. 281
f&p icix Kipboc f| ciTfl ßpoTiöv (wozu Dindorf allerdings bemerkt:
'quae non legantur in Prometheo vincto'), da sodann auch aus der
Ino des Euripides die worte erhalten sind: ciTOiv 6* Öttou bei Kai
X^T€lV W &cq)aX^c, so sind wir durchaus nicht berechtigt jenem
verse des Aischylos eine so grosze Wichtigkeit beizulegen, wir dürfen
wohl kaum mehr darin suchen als eine allgemein beliebte, um nicht
za sagen sprichwörtliche andeutung gewisser tugenden, wie der be-
sonnenheit, der selbstbeherschung udgl., und wirklich bilden auch
jene worte des Euripides den anfang für die erklärung des aus-
Spruchs iTiicTaiLiai bi irdvO* öc* cutevfi XP^iiv. der bei Gellius an-
geführte yers des Aischylos kann also ebenso gut im ersten wie im
letzten stücke der trilogie gestanden haben ; und wenn jener auch
bemerkt, dasz er iv T(jfj Trupq)6p(|) TTpO|Lir)6€i gestanden habe^ so
dürfen wir doch nicht mit Westphal daraus schlieszen, dasz der
7rup9Öpoc die letzte tragödie gewesen sei , weil nur in dieser jene
worte einen platz hätten finden können.
Wenig sicheres bietet uns ferner der TTp. becjutbuic. zwar
müssen wir in demselben öftere Wiederholungen aus scenen des
ersten Stückes annehmen, aber dasz wir dies ohne bedenken thun
dürfen, habe ich oben gezeigt — im gegensatz zu Westphal, welcher
nach den dort citierten worten also fortfährt: ^denken wir an die
weitläufige motivierung, die Prometheus im b€C|LiuiTT]C für seinen
feüerraub gibt, so müssen wir allerdings gestehen, dasz Aischylos
sich hier in lauter Wiederholungen ergehen würde.* es ist richtig,
dasz der Titane seine im 7Tupq)6poc dargestellte that hier sehr aus-
führlich begründet, wenn wir aber bedenken , dasz der dichter sie
dort nur von der 6inen seite auffaszte, nur die beeinträchtigung des
Zeus deutlich machen und auch jeden schein des rechts, mit der sie
der thäter zu umgeben versuchte, zurückweisen wollte, so ist eine
derartige darlegung hier recht wohl möglich, vielleicht war für eine
solche im ersten stück gar nicht die gelegenheit vorhanden; der
Titane mag, sei es freiwillig sei es gezwungen, alsbald von seiner
Verteidigung abgestanden und geschwiegen haben, und erst nach
seiner fesselung legt der dichter ihm jene inhaltreichen worte in den
mnnd, damit sie nun um so mehr auf den Zuschauer wirken, hier soll
ja die schuld möglichst zurückgedrängt , Prometheus den menschen
wieder näher gebracht und gezeigt werden , dasz er nur um ihret-
willen die that begangen habe und nun leiden müsse, wohl knüpfte
Aischylos also wieder an an die Stimmung , die den beiden vermut-
lich am schlusz des ersten Stückes beherschte, an seinen gewaltigen
trotz und sein selbstbewustsein ; aber von einer Wiederholung der-
selben worte braucht hier absolut keine rede zu sein. — Nicht
anders aber wird es mit den übrigen sogenannten Wiederholungen
sich verhalten: sie werden weit mehr neues bringen als vorauf-
gegangenes noch einmal vor äugen führen.
Möglich bleibt also diese Stellung des 7Tupq)öpoc vor dem
becfiuinic , ich wiederhole es, durchaus; aber ich musz gestehen,
282 £Btii8ler: die reibenfolge der tragödien in Aiscbylofi Ptometheia.
dagz es schwer halten wird worte in dem 2weiten stücke zu finden,
welche eine Bolche direct verlangen und nur unter der annähme
Toraufgegangener scenen zu verstehen sind, vielleicht findet es
beifalli wenn ich dies von den versen behaupte: (61) üva | |id8q
CO(piCT^c ut)V Aiöc vujOecTepOC. hier bezeichnet der dichter den
Prometheus als einen cocpicific; dies aber wäre unmöglich ge-
wesen, wenn er nicht sicber hätte voraussetzen können^ dasz
jedermann wüste, weshalb er diesen ausdruck gewählt hatte, denn
dasz er sich desselben absichtslos bedient hätte, nur um ein all-
gemeines Scheltwort obne specielle be^iehung zu gebrauchen, ist
nicht anzunehmen, besonders da eben dasselbe später in der anrede
des Hermes wiederkehrt, der den Titanen in folgender weise begrüszt:
944 ce TÖv cocpiciriv, töv ttikpuic iiii^pmKpov,
TÖv dEafiapTOVT' €c Oeouc ^cpnMtpoic
TTOpÖVTa Tl^dc, TÖV irupÖC KlCTTTriV XifVJ.
auch ist zu beachten, dasz der götterbote, nachdem er den auftrag
des Zena in betrefiT der enthüll uag des geheimnisses ausgerichtet hat,
warnend hinzufügt:
949 Kai Tauia /i^vioi \ir]hi.v aiviKtiipiujc,
dXX' aö9* ^KacTCf qppdCe * pir\hi jiioi biirXdc
öbouc, TTpo^T|0€O, TTpocßdXric* öpac b* ÖTi
Zeuc TOic ToioÜTotc ouxi juaXOaKiCeTau
oder will man etwa in ausdrücken wie biTrXaT 6boi (950) oder td
TOiauTO (952) nur inbaltsleere worte des dichters erkennen? gewis
wird Prometheus am scblusz des uupcpöpoc sich — vergeblich —
bemüht haben deine that mit allerlei winkeizügen zu verteidigen,
und zwar besonders mit dem gründe, dasz er nur habe für die
menschen sorgen wollen; Zeus aber mag ihm, sei es nun selber sei
BS durch den mund eines Vertreters , ein weiteres reden verboten
höben, unwillig noch mehr derartige faseleien mit anzuhören, erst
nachdem jener Im zweiten stücke durch seine fesselung erkannt hat,
dasz diese seine versuche vergeblich gewesen, mag er es selbst zum
ersten mal eingestanden haben, dasz er gefehlt habe: denn hier sagt
er selbst I 109 vapÖTiKOTrXripiwTOv hk ÖT]puJMai irupöc | ittit^v kXo-
Tiaiav und 266 iKthv Ikwv fifiapiov, ouk dpviico^ai, so behr auch
beide male dies Zugeständnis hinter das bewustsein zurücktritt, dasz
er den menschen nur gutes gethan habe, und sein herz immer von
der Überzeugung erfüllt ist, dasK er ungerecht leide, soweit also
keine wichtigem gründe vorliegen , sehe ich nicht ein, weshalb man
von der alten ansieht Welckers abgehen und die durch die innere
Sachlage gebotene reihenfolge der einzelnen stücke in der trilogie
aufgeben will, man möge ruhig bei derselben stehen bleiben, sich
f^chuld , strafe und sühne nach einander dargestellt denken und so
die natürliche, einfache anordnnng der stücke jeder künstlichen,
mit einseitiger rücksicht auf irgend welche momente versuchten
vorziehen.
F&EIEMWALDE AN DER OdBK. ErIOH BuSSLBR,
OApelt: za Piatons Philebos. 283
32.
ZU PLATONS PHILEBOS.
15^ TipOüTov jLitv el Tivac bei Tomuiac etvai jiovdbac ötto-
XajLißdvciv dXrjGOüC oöcac* clxa ttCjc aö lauiac, jiiiav ^Kdcniv
oScav dei Tfjv au-rfjv kqi juriTe t^veciv jniiTe öXeGpov tipocbexo-
jLieviiv, öjLiujc elvai ßeßaiÖTaia iniav Tauxriv jueid bk toOt' i\
ToTc TiTVO|Li^voic au Ka\ direipoic cTie biecTracjn^VTiv Ka\ iroXXd
T€TovuTav Gct^ov, €i9' öXriv auTfjv auific X^P^c, ö bi\ TrdvTUiv
dbuvaiiJÜTaTOv q)aivoiT' fiv , tqutöv kqi Iv &|Lia dv dv( t€ Kai ttoX-
Xoic T iTV€c6ai. die stelle kommt Yollständig in Ordnung, wenn für
das sinnlose öfnujc geschrieben wird 6vTU)c, eine Verbesserung die
iSngst gemacht ist und zwar von Georgü in der Stuttgarter Über-
setzung, da sie indessen unbeachtet geblieben oder vergessen wor-
den zu sein scheint, wie ua. die zweite ausgäbe des Philebos von
Badham zeigt, so ist es nicht überflüssig wieder an sie zu erinnern,
schon um weitere verkehrte änderungen zu verhüten, wie sie Badham
vornimt. zugleich sei das dvTUJC in seiner hier vorliegenden Function
durch folgende treffende parallele erläutert: Rpl. 585^ oukoCv tö
TiBv jLidXXov övTwv 7TXr]poÜM€vov Kai auTÖ jiiäXXov öv övtujc
jLidXXov TiXTipoöiai f^ tö tüjv firrov övtujv Kai auTÖ fJTTOV öv.
genau das nemliche Verhältnis der begriffe, eine ähnliche Verwechs-
lung findet sich übrigens in unserm dialoge noch einmal 40^, wo
o8tujc und 6vTU)C vertauscht sind.
22* Kai TTpöc TOUTOic fe oux 6 ^dv, 6 b' ou. die mehrfach an-
gefochtenen Worte erklären sich vielleicht aus der häufigen Wendung
irpöc Tivi eivai *bei etwas sein, es ganz womit halten' Phaidon 84 *^.
Phaidros 249*=**. das oöx 6 ji^v, 6 bl erklärt Stallbaum durch reich-
liche parallelen, also: ^und damit hält es jedermann.'
24*. die Worte des Sokrates bringen hier zweimal den aus-
drnck tö tr^pac fx^v, der später noch mehrfach wiederkehrt, in
beiden fällen streicht Badham das ^x^v , ein tilgungsei fer der hier
wie an mancher andern stelle nicht ganz gerechtfertigt sein möchte,
denn tr^pac fxov ist gar nicht notwendig so viel als 7T€Tr€pac|Li^vov.
es ist ^das was die grenze mit sich bringt', vielleicht ist der aus-
druck blosz einem formellen bedürfnis nach deutlichkeit entsprungen^
da TÖ TTcpac bekanntlich auch adverbial gebraucht wird, durch die
fassung TÖ Trdpac ^X0\ ward einer möglichen Verwechslung vor-
gebeugt.
26 <* Kai |Lif|v TÖ fe tr^pac oöt€ troXXd eTx^v oöt' dbucKoXai-
V0JL16V d)C OUK fjv Iv q)iJC€i. den Widersinn der worte oÖT€ TToXXd
€Tx€V, nachdem zuvor gerade das gegenteil dargethan worden war
durch kennzeichnung der zahlreichen arten des TT^pac, wagt nur
Stallbaum zu verteidigen, ich überhebe mich der mühe die ver-
schiedenen besserungs versuche einer prüfung und beurteil ung zu
unterziehen u^d bemerke nur, dasz Badham der Wahrheit am nach-
284
OApelt: zu Platons Philebos.
Sien gekommen ist mit seinem vorBüblag öxi TtoXXä eTxev oCtoi
^bucKoXaivo)i€V uswt das richtige aber ist 5t6 noXXd €lx€V, OUK
dbuCKoXaivo|i£V usw. 'als wir die viellieit des ircpac behaupteten^
waren wir nicht ongehalten darüber^ dasz es sich Dicht als §ines dar-
stellte', das ist klar und sinngemäsz und schmiegt sieb eng an die
Überlieferten ztige an. das öxe eTxev zeigt den bekannten und häu-
figen Platonischen gebrauch des imperfects in hinsieht auf früher
in dem nemlichen dialoge verhandeltes 5 es ist gleich 6t6 iX€TO^€V
ßn TToXXct ix^u so kurz vorher 2S« voncai nx} iroit i^v aumv ^v
Kai TToXXd ^KctTepov dh* tttj itot^ £ctiv , die iXl'fOjx^v , ^Koiepov
usw., wie Stallbaum richtig erklärt, reiche belege findet man bei
Stallbaum zu Kriton 47** und besonders zu Ges. 628*.
38 ^ *• ouKOÖv ^K fivriiiric t€ koI akörjccüüc b6la f|niv kqI t6
btaboSdCeiv ^tXeipeiv fiTVcÖ' ^Kdcioxe; dieser Schreibung das wort
reden kann nur der, welcher um jeden preis die Überlieferung retten
will denn biaboEdi^civ, ein ÖTraH elpr||iievov von an sich sehr zweifel-
hafter berechtigUDg, nimt sich hier höchst wunderlich aus, und das
hinzugesetzte ^TX^ip^iv mindert nicht, sondern erhöht noch das auf-
fällige des ausdrucks. den fingerzeig zum richtigen geben einige
hss. , die für dxx^iP^^V bieten ^tX^P^^V. denn daraus scheint mir
gewonnen werden zu können, was dem Zusammenhang und sinn
hier allein frommt: Kai tö bt* 8 boi,att\v ^TXWJp^i ^^^^ ^^^
jenige, wodurch uns das urteilen möglich wird', nemJich vor allem
die begriffe, deren beide quellen ja thatsächlich alc8r|cic und ^vi^ptrj
sind, in formeller hinsieht vgL das kurz vorhergehende TÖ i<p* i&
XuireiTm 37*, wie häufig nach einem infinitiv sich bei einem ver-
bum finitum die infinitivendung eingeschlichen hat, ist bekannt, aus
unserm dialoge vgl. 54 ^ X^Jpiv f X^iv beiv in den besten hss, für
Xdptv ?X^iv bcit dazu Badhams und Stallbaums note. der Vorschlag
Badhams zu unserer stelle gibt auch dem ixX^P^^'V den Vorzug,
scheint mir aber im übrigen nicht haltbar.
38 *. das richtige für das hsL ircpl toutuüV dürfte nicht sein
7T€p\ TOUTO^ wie Badham schreibt, sondern irepl toOtov^ worauf
das vorhergehende klar genug hinweist
39» KQi ÖTQV pilv ä\r]Oi\ TP<iv»3i toOto tö nd6Ti^a böHa t€
dXr|e#|c Ka\ Xötoi dir* auioö ^uiußaivouciv dXnöeic iv f\p.iv j\f\6-
^evot. ich lasse es dahingestellt, ob nicht, um das fehlende subject
zu gewinnen, für TpöH^'^l '^^ schreiben ist TPCKpiä, wenigstens halte
ich es für schlechthin unstatthaft toöto tö rrdOrma zu dem Vorder-
satz mit ÖTav zu ziehen als dessen subject. aber auch zum folgen*
den gezogen scheinen mir die worte toOto tö TrdBTipa unnatürlich
und kaum erträglich, sie einfach mit Badham zu streichen wÄre
freilich die leichteste cur* aber das beiszt den knoten zerhauen,
nicht ihn lösen, ich möchte eher glauben, dasz toOto ankündigend
auf das folgende hinweist, dasz also nach ixäQri^a durch ein kolon
tn iiit.erpungieren und das folgende in bekannter manier as/ndettsch
angefügt ist: toöto tö TtdOripa' bo£a T€ . • tiTVÖpevot 'folgendes
OApelt: zu Platons Philebos. 285
ist das erlebnis, folgendes trägt sich zu : es entstehen wahre meinung
und wahre begriffe*, vgl. 52« ouTU)ct biavori6(I))Li€V ' TrpoeXöjiievoi
irpdiTOV auTUJV ?v ti biacKoirOüiLiev. in solchen fallen ist zwar toi-
oOto üblicher als toOto , doch ist auch das letztere statthaft und
darum kein hinreichender grund zu ändern, vgl. Gorg. 491'' tÖ
blKttlOV TOOt' dCTlV, TTX^OV ix^lV TOUTOUC TUJV fiXXuJV. Rpl. 332«
Sri TouT* cTt] biKQiov, TÖ TipocfiKOv iKttCTiu diTobibövai.
40® vielleicht irovTipdc böHac KdxprjcTOUc.
41** f. Tic oöv iLinxavn laÖT* öpGOüc Kpivecem; TTp. TT^ bf|
Kttl TIUJC; Cu). 6l TÖ ßOuXTlILia f\^l\ Tfjc KpiCeUJC TOÜTUjV i\ TOl-
otiroic Ticl biarvujvai ßouXcTai Ikölctotc, tic toutwv trpöc äXXrjXac
^€iZu)V Kttl TIC dXdTTU)v Kttl TIC |LiäXXov Ktti Tic cq)obpoT^pa, XUTTTI
T€ npÖC f)bOVf|V Kttl XuTTTl TlpÖC XuTTTlV Kttl f)bOVf| TipÖC fjbOVriv.
es wird nach einem kriterium gefragt, das uns in den stand setzt
die häufigen teuschangen bei Schätzung von leid und freude oder
auch von verschiedenartigem leid oder verschiedenartiger freude
gegen einander zu berichtigen, zu dem ende wird gezeigt, dasz es
der contrast von gleichzeitiger freude und leid ist, der das eine oder
das andere über gebtthr grosz erscheinen läszt, und demgemäsz ge-
folgert, man müsse, um zur wahren Schätzung zu gelangen, das
überschüssige scheinbare abziehen (42 ^«). darin besteht das öpOOuc
xpivecOai, nach dessen möglichkeit 41^ gefragt wird, wenn Pro-
tarchos darauf zunächst fragt mji bi\ xai ttuic ; so bezieht sich dies
auf KpivecOai, und es ist nichts zu ändern, also nicht mit Bekker
iTOia für 7T^ zu setzen. Bokrates aber musz doch nun auskunft geben,
worauf die Kpicic hinaus will, und das thut er , indem er zunächst
feststellt, was die Kpicic beabsichtigt, um dann zu zeigen, welche
umstände bei ausführung dieser absieht als maszgebend in betracht
kommen und wie demgemäsz die richtige Schätzung schlieszlich ge-
wonnen wird, wenn nun 42 ® die hss. bieten €1 TÖ ßoüXr))Lia usw.,
so kann man damit nicht zurecht kommen : denn wäre hier eine in-
directe frage am platze, so dürfte sie nach dem vorhergehenden
nicht blosz auf die absieht der Kpicic gehen, sondern auf das wesen
dieser Kpicic selbst, es handelt sich hier um die Vorbereitung der
eigentlichen antwort. danach scheint es mir ratsam das ei mit
f c T i zu vertauschen , eine Verwechslung die durch das folgende TÖ
sehr leicht herbeigeführt werden konnte, dabei kommt es auf das-
selbe hinaus , ob man die werte des Sokrates als directe frage oder
in affirmativem sinne fassen will, die folgende antwort des Pro-
tarchos dXX* f CTiv f\ ßouXiicic ttjc Kpiceujc aÖTTi bestätigt diese Ver-
mutung, denn das bekräftigende dXXd vor ^CTi läszt auf ein vor-
hergehendes f CTi schlieszen. vgl. Gorg. 449 * dtctööv el bf\ ßouXci
jLie KttXeTv. Cu). 'AXXd ßouXojLiai (ebenso Rpl. 429^). 476^ el öjno-
XoTcic. TTuj. *AXX' 6|LioXoYa). Symp. 199*'7rdp€cjLioidpdceai. 'AXXd
Trapiri)Lii. aber auch weiter stöszt man bei der jetzigen fassung der
werte auf allerhand unbegreifliches, worauf Badham hinweist, doch
glaube ich, dasz man mit einfacher änderung der interpunction helfen
286
OApelt? zu PlfttoDB Phüebos.
kann, nemlicb : *'€cii TÖ ßoüXnMO f^iv Tfjc Kpiccujc toutujv iv toi- ^
ouTOic Tici' öiQTvüjvai ßo^Xeiai (sc. f| Kpicic) ^KdcTore, Tic uswi|
''die absieht eines urieils Über diese dinge besteht in folgendem: da
urteil will erkennen, welches' usw. (oder fragend : 'besteht die ab-
sieht' osw.) wir haben dann einen klaren gedankenfortschritt, der
auch formell sich ohne anstosz vollzieht das ankündigende toioOtoc
oder TOlOÖTOC Tic (vgl. die bemerkting äu 39*) mit asyndetischer
fortsetzung ist ganz Platonisch : vgL Gorg, 497^ dXX' d€i TOioÖTÖc
Ttc ^CTi CyüKpctTiic' c^iKpa Kai öXi^ou a£ia ctvcpuuTa. Hipp. mai.
288'' TOlOÖTÖC TIC (kxiv), W "iTTTTia- OV KOjiTVOC, öXXd cupqp£TOc.
ßyrop. 113"^ iv |i^v Top tok XÖTOic de\ toioutoc el* cauioö t€
Kai Tok dXXoic dtpimveic. Ges. 769^ dp' ou toioutov boKei coi
TÖ Tou vo|Lio0€TOu ßouXr|^a elvai; tipmov m^v tpdipm usw.
44*** oT^ai tdp Toiövbe ti \iyuy auToiic, dpxo^^vouc iroöevj
ÄvujOev, die, ei PouXt)0€Tm€v ötouoöv cTbouc ti^v cpuciv ibeiv, oloi ^
TtjV tou CkXiIPOÖ, TTÖT€pOV EIC TQ CKXrjpÖTÜTa dTTOßX^TTOVTEC OUTUiC^
Sv fiäXXov cuvvor|cai^iev f) tipöc Tct TiaXXocTd ckXiipöttitu ein©
wunderbare satzfügung, wenn man die worte von ei ßouXr]8€i|iev
ab als abhängig von uic ansieht 'ordttur enim sermo* wie Stall-
bäum bemerkt *^ab UJC, sed mox exit in interrogationera TTOTCpov
€k Ta ktX.* nichtsdestoweniger beruhigt sich Stallbaum über daa
nnge wohnliche dieser construction mit berufung auf die bekannteol
Worte Suph. Antig. 2 und OT. 1401. diese bekanntlich nicht un-
Timsti ittenen dichterstellen hätte er nicht zur rechtfertigung des
classikers der griechischen prosa heranziehen sollen, die sacbe klärt
sich auf, wenn man annimt, dasz ibc hier wie sonst öxi als an-
führung Speichen für die eignen worte eines andern dient aber ist
diese annähme statthaft? nurßn, nie diC, dient als anführungs-
zeichen, sagt ua* Krüger spr. § 65, 1, 2. das ist sehr zuversichtlich
gesprochen, ob aber auch richtig? man sehe sich zb. an Rpl. 424^
ÖTav nc \ix^ die *Ti\v doibfjv ^dXXov iTTi<ppov€ouc* övöpiwnoi,
i^TiC nsw, doch läszt sich hier noch zweifeln, nicht zweifelhaft aber
sind folgende fälle: Ges, 777" UTf^pTOÖ Aioc dtoptütwv, d>c «T^fiicu
ydp T€ vöou, cpiiciv, dna^ieSptxai eupucTia Zeuc» csw. Arist de
caelo 294 ' 26 biö xal '6|LiTT€boKX?ic ouroic ^n^TiXii^ev , €iTTU>v » die
tct TT€p dneipova y^c tc ßdön xai banJiXöc a\Bf\p, thc bid noXXuiv
hf\ rXubccTic (ir|6€VTa ^aTaiuuc ^kk^x^tQ» cTOjtidTuuv, dXitov toö
navTOC ibövTUJV.» Theophr. n€pl akOrjC. 10 (iJiels doxogr. 502^10)
biapiö^ficd^evoc Totp ihc Ikoctov ^KdcTii/TVLUpi£ofi€v ^tti TAciirpoc-
^9tik€v ibc «^K TOUTUJV Tdp TrdvTa nenriTaciv dp^ocöevxa» usw,
ps,- Arist. de Mel X. G. 976 *• 25 'EjiiiTebOKXfic KivckSai ^^v dei (pn«
cuTKpivöpeva Td dvTa TrdvTa ivbeXexuic, Kevdv bk ovbkv etvai»
Xe'Tujv ijbc €Tou TTQVTÖc b' oub€v K€V£Öv, TtoOev oijv Ti K* dnAOoi;»
47*^ Trcpi bfe Tu>v iv ipux^, cui/iaTi Tdvavxia iupßdXXcTai»
XuTTTiv Te äfia Trpöc fibov^v xai fjbovfiv irpöc Xuirriv, ODct' eic H^av
d^iCpÖTCpa Kpdciv Icvai, TauTalpTTpocScv pev birjXöojiev, dicötrÖTav
au KCvujTat TiXi^puiccu^c ^niOupet, Kai dXTTi2[u>v ^4v x<^ip^^ Kevou-
OApelt: zu Piatons Philebos. 287
jLievoc b€ ÄXteT, laOra bk töt€ jifev ouk ^iiiapTupdjicGa, vOv bk
X^TOjLicv, ibc H'wxflc Trpöc cüüjna bmqpepoM^viic dv näci toutoic
nXfiGci djLiiixcivoic oöci fiTEic |Liia Xuiriic t€ Kai f)bovfjc EujuiriTTrei
Y€VOjLi^vii. der lahmen satzfügong wird wohl am einfachsten auf-
geholfen durch ein hinter dv ^f\JXfji eingeschobenes ei, das wegen des
vorhergehenden ^ leicht ausfallen konnte, also : ^die frage aber, ob
die seelenzustände dem körper entgegengesetzte gefUhle hervorrufen,
nemlich schmerz gegenüber der lust und lust gegenüber dem schmerz,
haben wir vorher so weit abgehandelt, dasz wir die entgegengesetzten
empfindungen des Schmerzes über die leerung und der begierde nach
füllnng durchgiengen; das aber haben wir noch nicht festgestellt,
holen es aber jetzt nach, dasz in allen diesen unzähligen fällen, wo
seele and körper mit einander in streit liegen, unlust und lust sich
in eins vermischen.' dies zur Übersicht des ganzen, im einzelnen
bleiben noch die schwierigen worte ibc ÖTTÖiav aö Kcvonrai ttXt]-
puiC€U)C diTiOuiLieT zu ordnen , die die manigfachsten heilversuche
hervorgerufen haben, mir will es das einfachste und natürlichste
scheinen zu schreiben ibc 6 ttiiüv, Sv aö Kevüürai usw. vgl. 34 •.
52« ouKOÖv ÖT€ |Li€Tpiu)C f[br] biaK€Kpiji€Ga x^Jp'ic idcTC Ka6a-
päc f)bovdc Kai rdc cxeböv dKaGdpiouc öpGwc Sv XexGeicac, tipoc-
8ijj|Li€V Tilü XÖTiu laic jüifev C9obpaic f)bovaic d)i€Tpiav, rate bi
lir\ TouvavTiov d^MCTpiav Kai tö jh^t« ^ai tö C9obpöv aö, Kai
TToXXdKic Kai öXitdKic TiTVO)i^vac TOiaurac, ific toO
dneipou t' dKcivou Kai fjTTov Kai inäXXov bid t€ ciiiiaTOC Kai
\{fvxf\c qpepOMdvou TrpocGwjuiev auiaic etvai t^vouc, xaTc bi tujv
dmLieTpUJV. so die besten hss. ich glaube diesen locus conclamatus,
an dem sich zahlreiche ärzte vergebens versucht haben, durch ganz
einfache mittel mit Sicherheit herstellen zu können, der satz ver-
Iftuft anstoszfrei bis dji)i€Tpiav. von da geraten wir in undurch-
dringlich scheinendes gestrüpp. das glied Kai TToXXdKic . . TOiauTac
läszt sich weder von seilen des sinnes noch von Seiten der con-
struction rechtfertigen: denn das öXitdKic widerspricht in der jetzi-
gen fassung geradezu der tendenz der ganzen ausführung, und der
accusativ verträgt sich durchaus nicht mit dem folgenden dativ
aÖTaic; vor allem aber schwebt Tf)C völlig in der luft, weshalb es
die hgg. meist einfach streichen, auch Badham in seiner letzten aus-
lassung über die stelle Mnemos. VIII 405, nachdem er in seiner aus-
gäbe schon einer ganzen anzahl anderer worte aus unserer stelle den
todesstosz versetzt hatte, gerade dies verstoszene Tf)C hätte die kri-
tiker vorsichtig machen sollen: denn bei ruhiger betrachtung musz
man sich sagen, dasz dies wort nicht so von ohngefähr in die hss«
hineingeschneit sein kann, das dunkel lichtet sich, der unsinn wird
sinn, sobald man schreibt Kai tö ixdfa Kai tö C9obpöv aö, Kdv
TioXXdKic kSv ÖXitdKic TiTvo)i^vac ToiauTac Gflc, toö dtreipou
T* dKeivou usw. ^wir wollen den Charakter des starken und heftigen,
magst du nun annehmen dasz die lüste sich oft oder dasz sie selten
sich zu solcher höhe steigern, ihnen zurechnen als zu dem geschlecht
288
OApelt: zu Platons Philebos.
dea unbegreDzten gehöreml* so rechtfertigt Bicb auch sofort das
auxaic der hßs., das durchaus nicht in auictc m verwandeln ist,
zugleich auch der schlu^z laic bk tül>v ^mn^ipuiv, wie ihn der Bodl.
bietet zu der ftigung Kßtv — kSv vergleiche man, wenn ee der
parallelen bedarf, zb. Polit. 296 '^ köv it€icac kSv |ur| Titicac Tic bpql
xd lü^qpopa, toötov bei usw. Demosth. g< PhiL I § 15 kSv U|i€ic
Iva KÖV nXeiouc köv töv beiva Käv övtivoöv x€ipoTovr)CTiTe cipa-
TT)TÖv, g. Aiistog» I § 15 kSv lacTöMv ttöXiv oiküüci köv piKpäv.
52^ xt iToxe xpn «pctvai irpöc dXrjeeiav eivai t6 KaGapöv xc
Ka\ elXiKpiv^Ci f\ TÖ cqjöbpa xe Kai xö noXO Kai xö ixi^a koi xö
kavöv ; so geleden gibt der satz keinen rechten sinn, de&ihalb t^ilt
ihn Stallbaum und macht ein frage^eichen hinter tivau dann dürfte
es aber nicht heiszen xi, sondern 7TÖX€pov. darum i^cheint es mir
richtig 80 zu interpungieren : xi ttoxc xP^ qpdvai; irpöc dXrjOtiav
elvai usw. vgl. Epl. 328^ mit Stallbaums hemerkung* was mit dem
letzten worte kavöv ^u machen, weisz ich nicht man könnte auf
fJiaviKÖv oder so etwas raten ^ doch bleibt das unsicher.
65= yevvaiujc W, ei irrj xi caOpöv fx^i ttüv 7T€piKpouuü^€V,
lujc ö XI KaÖopiLiaxov £cx' auxujv cpuc€i, xoiixo Kaxibövxec ctc
xfiv Kptctv xp^^tOa xfjv KOiVT|V usw. um hier der grammatik ihr
recht zu lassen, dürfte es notwendig sein luuc in das finale die
zu verwandeln, dann verläuft alles glatt, viel gewaltsamer hilft
Badham.
63^ Kai TTUuc, ili CibKpaxec; qpöTev öv, oTt' iMT^obic^ax<i tc
pupia iiixiv IxotJCi, xctc wuxdc, dv alc oiKOu^ev, xapdxxoucai bia
jiavmdc fibovdc» Kai tiTvecOai x€ fiiudc xnv dpx^iv ouk idjcv xd xe
YiYVÖM€va i]ixwv x^kv« uüc x6 ttoXu, hC d|i^X€iav XriOriv d^7^oioöcal,
TTavxdTTaci biacpGcipouciv ; dXXac b^ nbovdc dXqÖeic xai Kaöapdc
6c €Itt€C, cxeböv oiKeiac f|^Tv vöjui£€, Kai irpöc xaüxaic xdc ^£0*
uifieiac Kai xoO cujcppovelv usw. so die ausgaben seit Fischer ^ nur
dasz Badham wohl mit recht die worte bld paviKdc fibovdc streicht
allein die hss. bieten nicht dXXac bk, sondern dXXac xe. beachtelaH
man nun die sttJrende Unbestimmtheit des dXXac hk^ so liegt ea nab^^H
den hss. zu folgen in der form dXX* äc xe fjbovdc dXriOcic xal
Ka6apdc elneCi mit Streichung des de nach KaOapdc, das, wenn ein*
m&l falsch dXXac sich eingeschlichen hatte, als natürliche folge sich
ergeben muste. das xe aber hat sein complement in dem folgenden
Kai npöc xatixaic usw. zu dem npöc xauxaic neben xe — Kai vgl.
Phaidon 110" xr|v be fflv aOxriv KeKOc^ficÖat xoüxoic xe dTtact Kai
Ixi xpt'ctp Kai dptüpip.
65* ouKOijv ei ^i\ \i\ä. byvdpcOa iblq. xö dtaööv Oripeöcai,
cüvxpic» Xaßövxec» xdXXei Kai Eu^^expla Kai dXnßelqi, Xetujpev
ibc usw. so der Bodl. mit seinem auhang. die andere clasao der
bs^. hat 8r|caupicat für OrjpeOcau Badham tilgt $Tlpeöcat als un-
paasend. aber dUrfte die ursprüngliche lesart nicht gewesen sein
Ocuipf^cai?
Weiiiar. Otto äpelt.
CfcCIliPii; kotiBdie bemerkungen zur gescbidite ToMÜeoBt. 289
33.
KBITISCHE BEMERKUNGEN ZÜB GESCHICHTE
TMOLEONS.
(icUiin TOD jahrgmng 1886 s. SIS— 319 und 1888 8. 161—170.^
Die bedingungen des zwischen Timoleon und den Karthigent
geschlossenen friedens lanten bei Diodoros und Plutarchos folgender-
Diod. XVI 82 Plut. Tim. c. 34
|i£Tä hi, ToOra Turv Kapxiiboviuiv ix hi. toutou Kapxnbövioi m^v
biairp€c߀\KaM^v(uv xai TToXXä eiprjvnv diroiyicavTO irpöc aurdv
bGf|0€VTiuv arv€xu>piic€v auToic öctiOcvtcc, uicre Tf|v Ivtöc Aukou
Tf|V€ipTivT)v, uicTeTäcfi^'6XXii* x^P^^v ^x^iv, ^ai toTc ßouXo*
ySbac iröXeic äirdcac ^euO^pac fi^voic iE a\rn\c ficroiiceiv irpöc
elvai, TÖv bk "AXukov koXou- CupOKOciouc xpnM<2Ta kou x^veäc
lievov iroTOMÖv öpiov eivai Tfic äirobibövrcc Kon toic Tupawoic
&aT^puAr^mKpaT€iac*fif|^€ivai dTremdjievoi tPjv cufifiaxiov.
hk Kapxn^vioic ßoriOf)cai toTc
Tupawoic iToXcjLioOa irpoc Cupa-
Kociouc.
die zom teil wörtlich übereinstimmenden darstellongcn weisen auf
eine gemeinsame quelle , den Timaios ; auf denselben sind auch die
eingangsworte bei Diodoros, die sich bei ihm fast bei allen friedens-
Schlüssen in ähnlicher form wiederholen, zurückzuführen (vgL Diod.
XI 26. Xin 114. XV 17. XVI 82). anderseits beweist die erste be-
dingong Diodors, die bei Plut. fehlt, dasz jener hier auch eine zweite
quelle eingesehen hat, nemlich Theopompos. es fragt sich zunächst,
was es heiszt: Tdc 'EXXiivibac iröXeic dirdcac dXeuO^pac eTvai.
^€u6€pta bedeutet in staatsrechtlicher beziehung nicht nur ilie
freiheit von der herschaft eines fremden , sondern es wird auch , be-
sonders in der spStem zeit, im sinne von biifiCKparia gebraucht im
gegensatz zur tyrannis und königsherschaft *die suvetSnitSt in repu-
blicanischer form', während die auTOVOjLiia das communale selbstregi-
ment ist und sich mit jeder staatsform wie auch mit der hegemonie
innerhalb einer sjmmachie verträgt (Busolt griech. Staats- und rechts-
altertümer s. 208. 211. 215. 218 ff. ThMommsen röm. Staatsrecht
in 1 8. 658 ff.), auch Diodoros gebraucht diese ausdrücke in der-
selben bedeutung, so zb. dXeuOepia im gegensatz zur tyrannis X 16.
XIV 7. 8. 10. 14. 45 usw.: auTOVO|Liia und auTÖvojiOc XTV 7 Cik€-
Xoüc Touc auTOVÖMOUc Ö9' teuTÖv TTOirjcacOai. XIV 17 von den
Eleiern, die nicht selbständig, sondern von den Spartanern abhängig
waren. XV 28, wo vom athenischen bunde die rede ist: trdcac öndp-
X€iv auTOv6)iouc, f)T€)iöci xpwJ|Li^vac 'AGiivaioic, dh. alle mitglieder
des bundes sollten ihre Verfassung einrichten wie sie wollten^ Athen
der leitende vorort sein, auch in der geschichte des Timoleon tritt
bei Diodoros dieser unterschied hervor: c. 72, 3 TrapeX6u)V hk Trpdc
J.nhrbQeher für clast. philol. 1893 hfl. 4 a. 5. 19
S90 ChClaEen : IrritsBche bemerkungen zvlt gesduchte TiaioleonB«
TTÖXiv *£yt^ov, Tupavvou|ievfiv uttö AeTTiivou, irpocßoXdc cuvexcic
^TToieiTo ßouAö^evoc tov fi^v AeiTTivriv ^KßaXeiv ^k Tf|c nöXeiuc,
Tok h* *6yT^^voic t^v ^Xeuöepiav dnobouvai und § 5, wo er von
ApolloDia und ihrem bisherigen abhäDgigkeitsverbältniä zu Engjon
spricht: TiapaXaßdüv Tf)V 'AwoXXuJvSav Tauiri t€ Kai Tfj tüüv 'eTTy**-
vuiv ÄTT^byüKe Tf|v auTovofiiav. c, 82 touc dXeuOcpuuÖ^vTac CupaKo-
douc ^TToiricei dK die von dem tyranuen befreiten Agyrier machte er
zu Syrakusiern, nahm ihnen also die autonom ie, dXeuöepia bedeutet
nicht, wie Meltzer meint, die Selbständigkeit der stUdte zu einander
und namentlich zu Syrakus: dem widerspriclit nicbt nur der erwähnte
fall von Ägyrion und die Verpflanzung der Leontiner nach Syrakus,
sondern dann hlbtte auch Diodoros das wort auTÖvo^OC gebraucht,
wie in den friedensbedingungen des j. 405 (XIII 114 AeovxiVOUC
bi Küi MeccTiviouc Kai CiKcXoiic äiiavTac auiovö^ouc eivai),
in denen bestimmt wurde, dasz die Sikaner den Karthagern unter-
tban, Selinus, Akragas, Himera, Gela und Kamarina ihnen tributSr,
Leontinoi, Messene und die Sikeler selbständig sein sollten, ebenso
im frieden mit Agatbokles, nach welchem Herakleia, Selinus und
Bimera wie bisher den Karthagern unterthan , alle übrigen griechi-
achen städte autonom sein sollten und zwar unter der begemonie
von Syrakus fXIX 71 tdc b* dXXac ndcac auxovö^ouc etvai Tf)V
flXe^iioviav ^XO'^^t'^V Cupaxociujv). wie aus dieser stelle und XV 28
(s. oben) hervorgeht, ist die auTOVO^ia mit einer fiyeiiovia verein*
bar : dasz durch Timoleon im osttn eine cufijiaxici gegründet wurde,
&agt Diodoros c. 82, und es wird durch die münzen bestätigt; wir
dürfen annehmen, dasz Syrakus der leitende vorort war, wenn
auch die begemonie von den Karthagern nicbt förmlich anerkannt
war. das wort dndcac ist nicht, wie Meltzer meint, irrtümlich von
Diodoros hinzugefügt, sondern nachdrücklich hervorgehoben ; die
Karthager wollten, dasz alle städte ohne ausnähme republic&nische
Staatswesen sein sollten, um dadurch auch Timoleon zu verhindern
eine mächtige dynastie wie die Dionysische zu gründen, um ihn
zu verpflichteÄ nach ausrottung der tyrannis und Ordnung der ver*
hältnisse auf eine eigne herschaft zu verzichten, damit soU nicht
gesagt sein , dasz Timoleon etwas derartiges beabsichtigte , aber die
sikelische geschichte belehrte die Karthager hinreichend, dasz ein
tüchtiger feldherr oft nach siegreichem kriege sich zum all einh erscher
machte; und dasz Timoleon eine zeit lang eine solche inne hatte, be-
zeugen die werte Plutarchs übe b* ^TravfiXöev ek CupaKOucac, euöiic
dTro9^c6ai rfiv fiovapxiav usw. damit gaben die Karthager und zwar
im eignen interesse dem Timoleon eine viel gröszere aufgäbe als ihm
von anfang an gestallt war, die beiden hauptbedingungen des frie«
dens waren also folgende: 1) derHalykos bildet die grenze des kar-
thagischen und griechischen gebietes', 2) alle Östlich von diesem
* diu Karthago behielt seiaen frühem besite eiu seht ieazt ich Himera,
ßelinui und auch des ÖBtUcb vom Hutyko« gelegenen Herakieia.
ChClMep; kritische bemeikimgen tor i^eschichte Timoleont. 291
floaae gelegenen griechischen sUdte sollen freie repabliken sein, der
tTTumis fiberall durch Timoleon ein ende gemacht werden, und
dmbei sollen ihn die Karthager (wenigstens durch neutraliUt) unter-
stfltxen. wie letztere bestimmung nur eine clausel zur zweiten be-
dingnng war (als solche auch sprachlich bei Plutarchos und Diodoros
erkennbar), so hatte auch die erste bedingung eine clausel, die Dio-
doros als unwichtig weggelassen hat (vgl. Plutarchos), dasz es allen
Griechen freistehen sollte ans dem karthagischen gebiet nach Sjrakus
ttDSznwandem. dasz dabei nicht an einzelne aus Wanderungen tu
denken ist, liegt auf der band; Timoleon beabsichtigte vielmehr
eine umfassende Übersiedelung der Hellenen nach Sjrakus, er wollte
wo möglich alle griechischen elemente dem westen, den er nun doch
einmal nicht gewinnen konnte, entziehen und in Sjrakus ein starkes
bollwerk des sikelischen Griechentums schaffen, sein augenmerk
richtete er daher hauptsächlich auf die hebung dieser stadt, hier
musten die auswanderer aus der dirixpaTeia sich ansiedeln; spftter
steckte er auch hier das ziel höher und veranstaltete eine allgemeine
hellenische colonisation in Sikelien. dies ist das einzige Zugeständnis,
das er den Karthagern abnötigte, sonst sind die friedensbedingungen
letzteren durchaus gttnstig trotz der niederlage am Krimisos; der
sieg des Timoleon ist überhaupt von Timaios und seinen nachfolgem
in seiner bedentung sehr übertrieben worden. Timoleon hatte zwar
durch einen entschlossenen, glücklichen Überfall bei dem über-
schreiten des fiusses ein karthagisches beer zurückgeworfen und
demselben empfindliche Verluste beigebracht; wenn wir aber be-
denken, dasz trotzdem die unerschöpfliche macht der Karthager ihm
ungebrochen gegenüberstand , dasz die kleine Söldnertruppe , die er
zurückliesz , bald yemichtet wurde und ihm keine armee zu geböte
stand , um auf die dauer in offener feldschlacbt mit erfolg den Kar-
thagern entgegenzutreten , so ist es begreiflich , dasz der friede den
Karthagern nur günstig sein konnte, zu demütigen concessionen
werden die Karthager so wenig geneigt gewesen sein wie Peter der
grosze nach der schlacht bei Narwa, mit welcher Arnoldt diejenige
am Krimisos vergleicht, daher ist die erklärung Amoldts und Holms,
dasz die griechischen städte westlich vom Haljkos frei sein
sollten von karthagischer herschaft, nicht vereinbar mit der wirk-
lichen läge der dinge: wir kehren vielmehr zu der interpretation
Grotes zurück (griecb. gesch. VI s. 133). dasz die Karthager die
herscbaft über jene städte infolge der schlacht am Krimisos abge-
treten hätten, ist undenkbar; ebenso verbieten die andern friedens-
Schlüsse eine solche auffassung. nach dem siege bei Himera erkannte
Gelon , der den krieg nicht fortsetzen wollte , den karthagischen be-
sitzstand auch ferner an (Diod. XI 24); im j. 405, wo Dionysios
bedeutende nachteile erlitten und mehrere städte an die Karthager
verloren hatte, im beere derselben aber eine seuche ausgebrochen
war, die sie dem frieden geneigt ipachte, erkannte Dionysios als
zum karthagischen reiche gehörig an die alten Phoinikerstädte sowie
19*
292 ChClasen: kritiscbe bemerkungen zur gescliicbie Timoleons*
die Eljmer und Sikaner (Diod, Xlll 114), fünf Griecbenstädte sollten
abgaben an die Kartbager zahlen, die Sikeler autonom sein; nach
seinen groszen erfolgen erlangte Dionysios im j. 392 Tauromenion
und die berschaft über die Sikeler, den Karthagern blieb ihr altes
beaitztum unverändert , die altphoinikiseben colonien, die Eljmer
ued Sikaner, dh. die grenze bildete der Halykos^ der das gebiet der
Sikaner und Sikeler ungeMir geschieden haben wird; vermuten läszt
sich, dasz jene fünf griechischen städte wieder frei wurden (Diod.
XIV 26)* im j. 383, als Dionysios eine colossale niederlage bei
Kronion erlitten hatte , blieb der territorial besitz unverändert, dazu
erhielten die Karthager Selinus und das westlich vom Halykos ge-
legene gebiet von Äkragas; dieser flusz wurde nun vollständig die
gi*enze zwischen der karthagischen provinz (mit einschlusz der grte-
cbiscben atädte) und dem gebiet des Dionysios (Diod* XV 17). über
den frieden, den Diony&ioä 11 mit den Eartbagern schlosz, sind wir
nicht genauer unterrichtet, wir können aber ans spätem Verhält-
nissen schlieszen, dasz er Himera und Herakleia Minoa abtreten
muste , um sich den frieden zu erbalten, die grenze war also seit
392, ja seit 405, im süden der Halykos ^ im norden der Himera,
daran hatte weder Dionysios etwas zu ändern vermocht noch ver-
mochte es später Agathokles ; die Karthager hatten innerhalb dieses
gebietes die griechischen städte erworben und auazerdem Herakleia.
diese Stadt war 357 karthagisch und war es auch noch im j. 314,
wie aus Diod. XIX 71 hervorgeht, also kann durch den frieden Tlmo-
leouti an diesem thatbestande nichts geändert worden sein,* —
Fragen wir endlich, aus welchem gründe Timaios dieae wichtige
bedingung dei Medens weggelassen bat^ aO ist es nur zu erklären
durch die annähme, dasz er Timoleon nicht nur als befreier der
helleniäcben städte von der tyrannis, sondern auch als befreier
Sikeliens von den Karthagern darstellte (vgL Plut. Timol. c. 29),
und zu dieser auffassung pauste es allerdings schlecht, dasz grie-
chische Städte noch fernerhin den Karthagern gehorchten und die
andern freie republiken sein ^^ollten. anderseits könnte diese be-
dingung dem vernichter der tyrannia den rühm schmälern und den
ftbgang desselben als einen unfreiwilligen erscheinen lassen, was
mit der tendenziösen darstell ung des Timaios ebenso wenig har-
monierte.
Während Diodoros, natürlich nach Timaios, erzählt, dasx das
karthagische beer sich mit mühe nach Lilybaion gerettet und aus
furcht vor dem zorne der götter nicht gewagt habe sich einzuschiffen,
f)CbweigtPlutarchos ganz Über das verbleiben des geschlagenen beere«;
wir dürfen mit Sicherheit annehmen, dasz dasselbe, welches trotz der
* al« Dlon 357 In 8tk6U«n landete, war H^raklein kartbagücb
(Diod. XVI 9 KöTä bi touc önoKei^i^vouc xatpoüc i*| |i^v Tr6Xic athri
Totc Kapxn&ovloic {iirr|»cou£v. v(fl, Diod, XIX 71 tu»v "CXXrjviÖuiv irdXcuiv
Tüjv KOT 4 CiKcXlav 'HpdKXciav ji^v kqI CeXivoüvra Küi irpöc xaOTatc
'l^pav {in^ Kapxn^ovioic TCTdxöo»! Kaedirip Kai trpoünripxov.
ChClasen: kritische bemerkongen zur geschichte 'Hnioleoiis. 293
Yerlaste an zahl nicht so anbedeutend gewesen sein kann, sich nach
Liljbaion und den andern stSdten im westen zurückzog und ruhig
in der epikratie blieb, nach dem übereinstimmenden berichte Plu-
tarchs und Diodors kehrte Timoleon bald nach der schlacht mit
der hauptmasse des beeres nach Sjrakus zurück und liesz nur eine
kleine Söldnertruppe, wahrscheinlich als besatzung von Entella,
zurück, die aber, mehr einer räuberbande als einer disciplinierten
truppe Shnlich, sengend und brennend im lande umherzog und bald
von dem karthagischen beere aufgerieben wurde. Plutarchos erzählt
weiter, dasz die tjrannen Hiketas und Mamerkos, die Timoleons
bnndesgenossen im kriege gegen Karthago gewesen waren, aus neid
oder furcht von ihm abgefallen seien und mit den Karthagern ein
bttndnis geschlossen hätten zum gemeinsamen kriege gegen Timo-
leon ; nachdem aber Timoleon diese beiden tyrannen fast vollständig
vernichtet habe, hätten die Karthager flehentlich um frieden ge-
beten , der ihnen gewährt worden sei. nach Plutarchos ist also der
friede eine folge der glänzenden siege Timoleons und wird daher
auch erst geschlossen nach beendigung des krieges gegen die tyrannen.
allein dann müste derselbe für Timoleon, der in der that eine ^glän-
zende machtstellung' inne hatte, unannehmbar gewesen sein; dann
wäre ein unerklärlicher Widerspruch zwischen den bedingungen des
friedens und den umständen , unter denen er geschlossen, sowie der
veranlassung zu demselben, die siege Timoleons über die tyrannen
als bundesgenossen der Karthager können unmöglich der grund des
überlieferten friedens sein, wie Plutarchos es darstellt. Holm setzt
daher auch den friedensscblusz etwas früher, nemlich nach dem ersten
siege Timoleons 'ehe noch die tyrannen vollständig besiegt waren,
sonst wären die günstigen bedingungen, die Karthago erhielt, schwer
erklärlich', doch wozu ein abschwächen der Timäischen tendenziösen
darstellung, das doch den causalen Zusammenhang nicht genügend er-
klärt, wenn die darstellung Diodors diese Schwierigkeit ohne weiteres
hebt? nach der niederlage am Krimisos rufen die Karthager den
Giskon aus der Verbannung zurück, um die armee zu reorganisieren;
zugleich — also bald nach der schlacht — senden sie gesandte nach
Sikelien, um mit Timoleon über den frieden zu verhandeln und den-
selben unter annehmbaren bedingungen abzuschlieszen. auch ist es
nicht unmöglich, dasz sie eine landung Timoleons in Africa befürch-
teten und daher den abschlusz des friedens beschleunigten, daher
ist der friede nicht mehrere jähre nach der schlacht geschlossen wor-
den , sondern noch in demselben jähre , wie Diodoros angibt, doch
nicht nur der friede selbst zwingt uns zu dieser annähme , sondern
auch die geschichte der tyrannen. diese fallen nach Plutarchos so-
fort nach der schlacht von Timoleon ohne irgend eine veranlassung
ab, schlieszen ein bündnis mit den Karthagern, die mit einem groszen
beere ihnen zu hilfe kommen, von einer wirklichen hilfeleistung
hören wir jedoch nichts, wie ist es zu erklären, dasz Timoleon nach
Syrakus zurückkehrt und da fern von seinem beere bleibt, wenn er
294 ChClafien : kritiBche bemerkun^eti zur geBchicbte Timoleotia.
noch im kriege gegen K&rthago lag? auszer Andromacbos vonTauro-
menion ist Mamerkos einer der ersten, der sieb dem Timoleon
anschliesÄt (Diod. XVi 69 TTpOuTOV pfev tap Md|iepKOc 6 tujv Kaia-
vaiüjv TÜpavvoc bOva/Jiv dSioXotov fx*J^v npoc€'6eTO iqj Tt^io*
XcovTi (vgl. Plut Tim, 13). kurz vor seißem züge nach dem westen
scblieszt er aucb mit Hiketas' frieden und nimt dessen contingent
in sein beer auf.
Dasz er diese tyrannen wie aucli zabireicbe andere * als bundes*
genossen nur gewatin unter der bedingung^ dasz er sie in ihrer ber*
scbaft anerkannte^ wie er es auch bia dahin bei Andromachoü und
Mamerkos gethan hatte. Hegt auf der band, was konnte dieselben
nun bewegen nach einer siegreichen schlacbt ohne weiteres von Timo-
leon abzufallen? wenn Plutarehos sagt: €IT€ q>Gövii» tujv Katop-
9oup€vu>v UTTÖ Ti^oX^ovToc etie (popoupevu>v aüiöv d»c fimcTOV
Kai iScTTOvbov npöc TOÜc lupävvouc , so ist das leere pbrase, wie
konnten .sie die Karthager bitten beer und Feldherren zu senden, da
ja doch noch ein nicht unbedeutendes beer zurückgeblieben war,
dem Timaleon nach Verlust dieser starken buudesg^nossen' erst
recht nicht gewach^sen gewesen wäre, zumal da der rest zum groszen
teil aus ungehorsamen, stucbllosen Söldnern bestand? wir sehen, die
Plutarchische darateUung ist auch hier widerspruchsvoll und uner-
klärlich; nach Timäischer auffassung musten die tyrannen mit dem
erbfeind ein verräteri^iches bdndnis schlieszen, und Timoleon erschien
als der besieger dieser trf»ulosen verbündeten, die tyrannen sind
also nicht von Timoleon abgefallen, sondern dieser ist der mit ihnen
abgeschlossenen bundesgenossenschaft untreu geworden und hat zu
ihrer Vernichtung mit den Karthagern frieden geschlossen, wenn
die Schlacht am Erimiaos oL 110, 1 (340/39) stattfand ^ so ist der
' auch liier int Diodors darstelluog vorzosieheti, nach welcher Timo*
leon den krieg mit Miketati beileg-te, um ibn als buDdeagenossen gegen
die Kiirtbager miUnnehmen (XVI 77 ^X^^ TiöXcfiov irpöc iK^rav bieXü-
CQTo irpöc auTÖv icai TTpocXaßöjuevoc touc ^€t* oütoO cTpaTnjüxac oö
M€Tp(iUC T]ö£i]C€ Tf)v tMav öuva^iv). ditss Hiketas in dem HU^eoblicke
oder kurz vorber als die KarttiAErer im weaten eracheinen , nicht die
heracbaft niederlegt und als priratmano lebt, Ul klar (Flut. Tim. 24);
aucb erscheint er in deti spätern kämpfen so gut wie früher als mäch-
iiger tyrann, und di« abdankunj^ desselben wiire eine sehr überäüasige
maszreg'el gewesen, wHhrend Timoleon sich der andern nnterworfeiien
tyrannen besser «u entledigen wüste. * Diod. XVI 73 al p^v *6XXt|*
viÖ€c iröXeic al Kaxd tV^v CiKcXiav äiracai Trpo0upu>c (nrcidTTicav t^»
TijLioX^ovTi b\ä TÖ Tfdcaic rdc aörovoMiac dttoöiöövoi, tiüv hi CitteXtüv
Kai Cmavu»v Kai tujv dXXujv tuiv (mö touc Kapxifi?>ov((>uc TCiatlJ^vujv
TfoXXat 5i€irp€cß6üovT0 nöXcic cittvboucai iTapaXT|^f|vai irpöc xf^v ci>|yi-
^axiav. ^ Hiketaa hatte in der schlacbt bei Halranon 6U00 rnajin,
Mamerkoa wird ebenso viele gehabt haben; aäblen wir dazu die koriotbi-
«eben hilfatmppeo, die von Dionjsios übernommenen söldner und die
bnndeigenosseii aus Syrakus und den andern Städten« so sehen wir, dasa
Timoleon in der »chlacht am Krimiaoi wenigstens 15—20000 mann gehabt
hat, und dats die zahl 12000, die Diodoros aus Timalos schöpft « zu
niedrig itt. dass sein beer nach einem ab fall der tyrannen nicht im
Stande gewesen wKre g^g^n beide gegner zu kämpf eii| bt einleuchtend«
ChClasen: kritische bemerkungen sur geschichte Timoleons. 295
friede spfttestens ol. 110, 2 geschlossen worden; beide ereignisse
fedlen in das j. 339. ol. 110, 2 begannen sodann die kämpfe gegen
Hiketas nnd Mamerkos, die von Timoleon mit treulosigkeit begonnen
und mit barbarischer grausamkeit geführt und beendet wurden.
Als erwiesen — soweit das überhaupt möglich ist — dQrfen wir
folgende hauptdata aus Timoleons letzten lebensjahren betrachten :
abfahrt Timoleons . . . ol. 108, 4 = Frühjahr 344'
einnähme von Ortjgia . • - 109, 2 »» 343
Schlacht am Erimisos . . - 110, 1 »» 339
friede mit Karthago . . . 339
tod Timoleons .... - 110, 4 «=. 336
vom frühjahr 344 bis zum sommer 343 haben sich die kämpfe mit
Dionjsios und Hiketas hingezogen , bis zur völligen einnähme von
Sjrakus (I. Plut. Tim. 12 — 22. Diod. XVI 67—70), deren dar-
stellung bei Diodoros aus einander gerissen auf 3 — 4 jähre sich ver-
teilt während Timoleon die stadt Syrakus restaurierte , mit neuen
ansiedlem zu bevölkern und die Verhältnisse der stadt zu ordnen
suchte (II. Plut. Tim. 23. 24. Diod. XVI 70), dauerte der krieg
gegen Hiketas, dem sich Leptines angeschlossen hatte, fort, die ge-
setzgebung des Timoleon zerfällt wie die colonisation in zwei ab-
schnitte: nach der einnähme waren es die civilrecbtlichen Verhältnisse
(Trept Tiüv ibiWTiKOiv cujußoXaiuiv), nach ausrottung der tjrannis in
den andern städten, bei der begründung der cufifiaxioi und der Ord-
nung der Städte in ihren beziehungen zu einander waren es die
staatsrechtlichen Verhältnisse (trepi tijuv bii)iOciu)v) die er regelte.
Diodoros erzählt unter ol. 109, 3 nur die sikelischen angelegenheiten,
nemlich die kämpfe gegen Leptines und Hiketas sowie die einnähme
von Entella, während er ol. 109, 4 ganz von Sikelien schweigt und
die belageruDg Perinths durch Philippos berichtet; er ist klar, dasz
Diodoros die sikelischen ereignisse von zwei jähren in 6ines zu-
sammengezogen hat.
Nach Diodoros nötigte der karthagische krieg, den Timoleon
durch besetzuDg von Entella, welches die Karthager nun zum zweiten
male erobern musten, heraufbeschworen hatte, den Timoleon dazu
den krieg gegen Hiketas beizulegen; nach Plutarchos war dieser
krieg schon früher beendet, Timoleon hatte den Hiketas völlig be-
siegt und ihm erlaubt als Privatmann in Leontinoi zu leben; wir
haben bereits bemerkt, dasz Diodors bericht glaubwürdiger ist. der
krieg gegen Hiketas zog sich unter einfallen und Scharmützeln ohne
entscheidung bis ol. 109, 4 oder ol. 1 10, 1 hin ; Timoleon versuchte,
nachdem Leptines bezwungen war, Leontinoi zu nehmen, muste
^ Timaios bat die abfahrt Timoleons wahrscheinlich erst ins früh-
jahr 343 gesetzt, da er von der landnng bis znr einnähme von Ortygia,
die auch nach ihm ol. 109, 2 stattfand, nur 50 tage annimt. setzen wir
den tod in den sommer 336, so ist er nach Timaios nur V/^ Jahre in
Sikelien gewesen: vgl. Plut. Tim. 87 xfjv CiK€X(av ^v oW ÖXoic €t€CIV
ÖKTii; usw. Diod. XVI 90 CTparriTncac l-zrx ÖKTiti.
296 ChClaaen: kritiscbe bemerk aügen ziar gescliichte Timoleona.
aber UDVerricbteter dinge abziehen» nnd auch dem Hiketas gelang
es nicht gegen Sjrakus etwas auszuricliten. wenn wir die zahl der
truppen Timoleons nicht so niedrig schätzen , wie es nach Timaioa
gewöhnlich geschehen ist, zumal da ihm hier ein tyrann wie Mamer-
kos beistand, so konnte Timoleon recht wohl lOCK) mann entbehren
auch als Hiketas noch nicht besiegt war (Arnoldt Timoleon s. 142),
zumal es geldnot war, die ihn dazu trieb sich der sÖldner zu enU
ledigen, die dann wahrscheinlich ol. 109, 4 auf auf Forderung der grie-
chisch gesinnteu partei sich der stadt Enteil a bemächtigten, es ist sehr
unwahrscheinlich » dasz Karthago dieselbe längere zeit in der band
Timoleons liesz, es muste Karthagos bestreben sein dieselbe so bald
als möglich wieder zu gewinnen^ um gröszere Verluste zu vermeiden.
im nächsten sommer zog Timoleon dem heran rllck enden beere der
Karthager bis an den Krimisos entgegen, der in der nähe von EntoUa
vorbeiflieszt (IIl. karthagischer krieg, Plut* Tim. 25 — 29. Diod,
XVI 79. 80). die rtisttxngen der Karthager sind von Timaios weit
übertrieben worden; nach Magons abberufung, der ein beer von
ÖO — 60000 mann in der epik ratio zurllckliesz, handelte es sich viel
mehr nur um einen Wechsel im obercommando als um neue gewal-
tige rUstungen; die feldherrn Hasdrubal und Hamilkar haben haupt-
sächlich mit dem schon in Bikelien vorhandenen beere operiert, nach
der Schlacht am Krimisos und dem abschlusz des friedens begannen
die kämpfe gegen die tyrannen (IV. Plut Tim. 30—34* Diod, XVI 82);
Über die dauer derselben sind wir nicht unterrichtet, doch können
sie schwerlich länger als l—V/^ jähre gedauert haben, da Timoleon
noch die cujiinaxia gründete, die Verfassung ordnete und die fort-
setzung der colonisation betrieb (V. Plut. Tim. 35. Diod.XVI 82.83),
eine so schnelle Unterjochung mächtiger und zahlreicher tyrannen
verdankt Timoleon einerseits seiner geschickten ausnutzung der
örtlichen Verhältnisse und seinem energischen vorgehen gegen die
feinde, die er getrennt anzugreifen und zu überrumpeln verstand j
sie ist aber auch anderseits ohne ein starkes beer kaum denkbar,
80 dasz die vermutuog berechtigt ist , dasz dem Timoleon in diesem
kämpfe karthagiscbe bundestruppen zur seite standen* Timaios be-
richtet zwar das gegenteil, weisz aber nicht mitzuteilen, woher Timo-
leon die truppen hatte, um gegen die durch 70 schiffe unt^r Giskon»
ftthrung verstärkten Karthager und ihre mächtigen bundesgenoseen
Hiketas und Mamerkos zu kämpfen, zu denen noch hinzukommen
Nikodemos von Kentoripa, Apolloniadea von Agyrion und Hippon
von Mesfiene.
Von den beiden Schriftstellern, aus denen wir die Wirksamkeit
des Timoleon in Sikelien kennen, zeichnet sich Plutarchos durch
eine zusammenhängende, wohl disponierte, klare darstellung und
einheitlicbkeit in der auffassung vor der zerrissenen, teilweise lücken-
haften und ungleichartigen erzählung Diodors vorteilhaft aus; allein
trotzdem ist dieser für die historische kritik von groszem werte, da
er neben Timaios, der die einzige vorläge Plut&rchs bildete, Theo-
ChClasen: kriti&che bemerknngen zur geschiclite Tiinoleoxis. 297
pompös benutzt und beide quellen in einander verarbeitet hat, doch
80 dasz durch vergleichung mit Plntarch die spuren Theopomps noch
erkennbar sind , da die auifassung der beiden historiker , die bis in
details sich kundgibt, eine völlig verschiedene ist. Theopompos be-
trachtete Timoleon mit nüchternem sinne, wie einen andern menschen,
mit fehlem und schwächen behaftet^ mit erfolg und mit miserfolg in
seinen werken ; Timaios dagegen sah in ihm eine ideale gestalt, einen
götterliebling , dem überall die TUXil folgte, der im auftrag und mit
unmittelbarer hilfe der götter die insel von dem erbfeind befreit
und durch ausrottung der tjrannis allen griechischen städten die
ireiheit wiedergebracht habe, die infolge dessen tendenziöse dar-
stellung des Timaios, die Plutarchos in edler begeisterung für
seinen beiden treu wiedergegeben , ja vielleicht noch schärfer aus-
geprägt hat, und die bis jetzt fast durchweg die herschende in
nnsem geschichtsbüchem war, vermochten wir in manchen wich-
tigen punkten durch die mehr objective erzählung des Theopompos
zu controlieren , zu ergänzen und zu berichtigen , und uns ein bild
Ton Timoleon, das der Wirklichkeit näher kommt, zu construieren,
und so die richtige mitte zu halten zwischen Timaios, der den Timo-
leon über gebühr erhebt, und Poljbios, der in das andere extrem
Terfllllt und demselben alle geschichtliche bedeutung abspricht.
Plutarchos hat die ereignisse im groszen und ganzen in seiner bio-
graphie chronologisch richtig geordnet , wenn er nicht von der Zeit-
folge abweicht, um den materiell zusammengehörigen stoff nicht aus
einander zu ziehen; anderseits vermochten wir, wo er die auf der
Timäischen auffassung und darstellung beruhende, von Theopompos
abweichende Chronologie zeigte, dieselbe in manchen punkten durch
letztem bis zu dem erreichbaren grade von Wahrscheinlichkeit zu
berichtigen.
Timoleon ist nicht der grosze edle Charakter, nicht das muster-
bild antiker tüchtigkeit und das tugendideal, als welches er gewöhn-
lich hingestellt wird^; nicht nur hat er sich in seinem engherzig
aristokratischen verurteil zum brudermord, der auch vor antiker
ethik nicht besteht , hinreiszen lassen , sondern er wird auch selbst
seinen principien untreu, indem er in Sjrakus eine völlig demo-
kratische Verfassung herstellt und demokratischen grundsätzen hul-
digt, und anderseits verfuhr er mit Leontinoi, dessen bewohner er
nach Syrakus verpflanzte, nicht besser als ein tjrann. nicht nur
zeigte er sich gegen Dionysios und die verbündeten tyrannen ver-
tragsbrüchig und treulos, während er in ungerechter bevorzugung
den Andromachos in seiner herschaft beliesz, sondern auch im kriege
gegen Entella und Aitne zeigte er unnötige grausamkeit, und be-
sonders wütete er mit unglaublicher roheit gegen die besiegten
tyrannen und ihre unschuldigen familienglieder. Timoleon ist ein
' vgl. Uonigsheim der Eorinther Timoleon s. 1. ähnlich wiederholt
sich das Timäische urteil über Timoleon, vermittelt durch Platarchos,
in den geschichtsbüchem bis auf unsere tage.
298 ChClaBen! kritiBcbe bemerkungen zar gescliichte Timoleons.
tapferer sold&t und ein tücbtiger feldberr^ der den ricbtigen augen-
blick 2u benutzen verstand , um dem meistens viel starkem feinde
eine schlappe beis&ubnngen, indem er denselben beim überschreiten
eines flusBes oder tm lager überßel; diesem fnrcbtlosen draufgehen
und geschickten angreifen verdankt er seine kriegerischen erfolge.
jedoch dürfen wir ihn auch als feJdherrn nicht zu den grösten zählen,
und es kann nur als ein nailitärischer fehler bezeichnet werden, wenn
er nach eroberung von Syrakas die citadelle auf der vf|Coc schleifen
liesSi wozy ihn der blinde basz gegen die Dionjsier und ihre werke
binrisz. Timoleon gehört nicht zu den führenden geistern in der
geschiebte f die einer neuen zeit die bahn brechen, auch darf seinen
kriegestbaten keine weltgesebt cht liehe bedeutung beigemessen wer-
den, aber doch bildet auch seine Wirksamkeit ein wichtiges moment
in dem kämpfe , der das ganze altertum hindurch um Sikelien zwi-
schen Hellenen und Semiten geftibrt wird, er hat durch umfang-
reiche ansiedlungen von Hellenen das sikeliscbe Griechentum ge-
stärkt und befestigt und zu einer widerstandsfähigen gesamtmacht
znsammengefaszt, ihm verdankt der griechische geist wenn auch
keine Wiedergeburt, so doch eine neubelebung, und wäre dieser nach
selbst lebenskräftig und die Verhältnisse der folgenden zeit günstig
gewesen, so war dyrch Timoleon der boden gesebaGFen, auf welchem
derselbe in Sikelien neue bluten hätte treiben können. Timoleons
weltgeBcbichtlicber beruf liegt wie derjenige eines Gelon , Hieron,
Dionjsios und Ägatbokles in der erhaltung hellenischer cultur gegen
den andrängenden semitismus,
HaDAMAR. Cfi&tSTIAN CLAfiBN.
34.
ZUR KOSMOGONIE DER STOIKER.
Nachdem Kleomedes im eingange seiner schrlft kukXik^ Beuipta
^eTCiJypuüv das Vorhandensein eines auszerhalb des kÖCjljioc beÜnd*
liehen K£v6v erwiesen hat , will er weiter darlegen , daaz sich diese«
Kevöv nach jeder ricbtung bin ins unendliche erstrecken müsse, und
schreibt (I 1, 6 t) nach den beiden bs^s. ML: iräv TÖ Tt€Tr€pac|i^vov
CIC ^T€pOT€Vtc 7T€paT0ÖTai Kttl Ö icCWf eT€pOV TOÖ TT€paTOU^l^V0U.
ofov €uOuc iv ToTc öXoic 6 dfip TtepaToü^evoc ek diepOTevr) Kara-
Xritcii t6v t€ al8^pa Kai tö vbvjp' Kai öpoiojc 6 aiefip etc t€ töv
d^pa Kai TÖ >c€VÖv , xai tö öbujp cic tc Tfjv (der artikel fehlt in M)
tfiv Kül TÖV (der artikel fehlt in M) iipa , Kai f\ yf\ clc tö öbuip.
die vulgata lautet aber anders: sie enthält zwischen den werten elc
T€ TÖV d^pa und kqI tö kcvov den zusatz Kai töv oüpavöv, Kai 6
oupavöc elc T€ töv atöcpa. weil dieser zusatz in M und L fehlt,
bat ihn der jüngste hg. des Kleomedes HZiegler in klammem ge*
seist und auszerdem aufgrund einer Vermutung von KManitius am
AH&bler: zur kosmogonie der stoiker. 299
Schlüsse hinter elc tö öbiup noch die worte hinzugefügt ^Kal TÖv
d^pa^. alle angeführten er Weiterungen des ursprünglichen textes
sind daraus entsprungen, dasz man diesen nicht recht verstand, weil
man nicht auf den gedanken kam die stelle in Verbindung zu bringen
mit den kosmogonischen anschanungen der stoischen schule^ der
Eleomedes bekanntlich angehört, es handelt sich hier zweifellos
um die begrenzung der demente ; nun hat zwar niemand daran an-
stosz genommen, dasz die luft blosz begrenzt sein sollte durch den
ftiher und das wasser — warum denn nicht auch durch die erde? —
dagegen wollte es schon dem Schreiber des Norimbergensis nicht in
den sinn , dasz der äther begrenzt sein sollte durch die luft und das
leere; deshalb wurde der himmel zu hilfe genommen, und so ent-
stand der in ML fehlende zusatz. noch wunderbarer muste es aber
erscheinen, dasz die erde nach dem überlieferten texte nur durch das
wasser begrenzt sein sollte, deshalb verfielen Manitius und Ziegler
auf den zusatz Kai töv d^pa.
Alles wird jedoch sofort aufgehellt , wenn wir uns vergegen-
wärtigen, wie sich die stoiker die weit entstanden dachten, wir
haben für die beantwortung dieser frage ein sehr wertvolles zeugnis
an einer stelle, wo man es gar nicht erwartet : nemlich im 1 7n buche
Ton Strabons geographie, wo die lehrreiche darlegung (1 § 36 s. 809 f*
Gas.) in die beschreibung des Moirissees eingeschoben ist; damit hat
man zu verbinden , was über die lehren von Zenon und Chrjsippos
bei Stobaios und Achilleus Tatios berichtet wird (ekl. I 19, 4 [406]
s. 111 Mein, und I 21, 5 [446] s. 125; isag. in Petavii uranol.
s. 126^ f.). daraus gewinnen wir folgende anschauung von der ent-
stehung der weit.
Zunächst trat in Wirksamkeit die naturkraft (f) qpucic), die eine
Scheidung der demente bewirkte und zwar in der weise, dasz sie sich
ordneten nach dem Verhältnis ihrer schwere: erde und wasser strebten
nach unten ^ nach dem mittelpunkte des Weltalls (f) qpopd eic TÖ
fx^cov), dagegen die luft und der äther bzw. das feuer nach oben,
im centrum des Weltalls sammelte sich das schwerste der demente,
die erde, und nahm die gestalt einer kugel an, um die sich dann
concentrisch die kugel des nächstscbweren elementes, des wassers,
legte; wer die entwicklung der physikalischen anschanungen im alter-
tum auch nur einigermaszen kennt, der weisz dasz die stoische schule
diese annähme von Aristoteles entlehnt hatte (vgl. HBerger gesch.
der wissensch. erdkunde der Griechen II s. 87. 98). während nun
dieser weiter annahm, dasz sich um die innere erd- und wasserkugd
ebenfalls kugelförmig gelagert habe zunächst das dement der luft
und dann das element des feuers — so dasz also vier concentrische
kugeln zu denken sind, um die sich schlieszlich der unveränderliche
in ewig gleichmäsziger kreisbewegung begriffene äther legt — hat
Chrjsippos nicht von einer kugel der luft und des feuers gespro-
chen, sondern von einer dritten kugel der luft und einer vierten
kugel des äthers, wie man aus Stobaios und Achilleus Tatios ganz
300
AHäbler: zur kosmogonie der etoiket«
zweifellos erkennt, wenn wir nun die stoische anschaunng von der
nrgprünglicben anordnung der vier grandstoffe (yH, ubaip, diip,
aiSi'ip) in vier concentri.schen kugeln festhalten, so ist natürlich die
ijinerste erdkogel nur begrenzt vom wasser, das wasser nur begrenzt
von der erde (einwärts) und von der luft (auawärts), die luft nur
begrenzt vom w asser und vom atber, der ätb er von der luft und dem
leeren — ganz genau wie es in den bss, ML steht ich sprach so
eben von der ursprünglichen reihenfolge der grundstoffe in
einem der frühesten Stadien derweltscb6pfung(ich vermute, im texte
weisen noch die worte euÖüc Iv ToTc ÖXoic daraufhin), die wirk-
Hcbkeit zeigt uns natürlich ein anderes bild. der Vollständigkeit
halber will ich darum aus Strabons bericht noch mitteilen, wie sich
die Stoiker nun den weitern verlauf der dinge vorgestellt haben,
nachdem sich nemlich unter dem einiusse der naturkraft ((puctc)
die vier concen tri sehen kugeln gebildet hatten, trat nunmehr die Vor-
sehung (TTpövoia) in thätigkeit, um lebende wesen (£tua), vor allem
menschen und g5tter zu erzeugen, den göttem wurde der himmel
als aufenthaltsort angewiesen, den menschen die erde; da aber die
erdkugel jetzt noch überall vom wasser bedeckt war und der mensch
im wasser nicht leben kann, sondern fe?tland^ kft und lieht für ihn
ganz unentbehrücb sind, so führte die Vorsehung in dem Verhältnis
von wasser und erde in dtr weise eine Änderung herbei, dasz sie
an der innersten erdkugel erhöbongen (dSoxai) und Vertiefungen
(eicoxcti) ausbildete, jene ragten nun als festland über das wasser
bis zur Inftschicht empor, in diese stürzte das durch die bildung des
jetzt bewohnbaren landes verdrängte wasser hinab; indem so durch
die Vorsehung die erd- und wasserkugel gleichsam in eins ver-
schmolzen wurden, waren die bedingungen für die künftige ent-
wicklung des menschen entstanden.
Nachträglich will ich noch darauf hinweisen, dasz der im
Norimb. sich ßndende zusatz Kai tov oupavöv , Kai ö oupavoc ctc
T€ TOV aiO^pa allenfalls auch veranlaszt sein könnte durch eine stelle
der isagoge des Äcbilleus Tatios, wo in cap* 4 Chrysippüs lehre vor*
getragen wird mit den werten: TÖv hk alBcpa Kai oupavöv,
t\ T€ 6 auTÖc €1 T€ bidtcpopoc, KiuScv €lvai ccpatpiKÖv qcf\iitt
fxovia* lieia bi toötov 4vtöc auioö töv depa eivai usw. danach
darf man vielleicht annehmen^ dasz bei Chrjrsippos das Verhältnis
von himmel und ätb er nicht ganz klar bestimmt war, worüber
Stobaios allerdings nichts berichtet; wer aber einmal, gleichviel mit
welchem rechte» sich beide nur getrennt und verschieden vorstellen
konnte, dem lag es dann nahe genug zwischen dem äther und dem
leeren den himmel einzuschieben.
LSIFZIO, AlBIM HiBtiEB.
WSchwarz: Juliopolis und Nikopolis. 301
35.
JULIOPOLIS UND NIKOPOLIS.
OCrusius hat oben s. 34 ff. gegen meine ausfuhr ungen jabrb.
1892 s. 635 f. zu beweisen gesucht, dasz Juliopolis und Nikopolis
identisch seien, er geht dabei aus von dem durch ihn edierten büch-
lein ^Plutarchi de proverbiis Alezandrinorum libellus ineditus' (Tü-
bingen-Leipzig 1887), in dem s. 13 n. 24 die stadt Juliopolis erwähnt
wird, aus dieser stelle geht so viel hervor, dasz meine Vermutung,
Juliopolis sei unter Nero angelegt worden, unrichtig ist; aber nicht
hierzu hat Crusius das von mir übersehene alezandrinische Sprich-
wort benutzt, sondern als ausgangspunkt für den beweis, den er er-
bringen wollte, dasz Nikopolis und Juliopolis verschiedene namen
für 6ine stadt seien, ich hatte darauf hingewiesen , dasz Juliopolis
nach Plinius VI 102 zwei milien oder höchstens 3 km von Alexandria
entfernt war, Nikopolis dagegen entweder 20 Stadien dh. über 3,5 km
(losephos jüd. krieg IV 11) oder gar 30 Stadien dh. über 5,3 km
(Strabon 795). nach Crusius meinung habe ich verkannt dasz
die duo müia pcissimm des Plinius und die eiKOCi • . cräbioi des
losephos 'rundzahlen seien, die ganz dieselbe entfemung appro-
ximativ ausdrückten und sich gegenseitig aufs überzeugendste be-
stätigten ; ein abweichender ansatz bei Strabon berühre unser pro-
blem überhaupt nicht, sondern gebe lediglich ein neues problem
auP. wo käme man aber hinaus, wenn man alle zahlen, die sich
nicht decken, für rundzahlen ansehen wollte? selbstverständlich
leugne ich nicht, dasz die griechischen Schriftsteller die summe der
Stadien abgerundet haben können und oft abgerundet haben werden ;
aber wir müssen uns sehr hüten jede kleine summe für nach oben
abgerundet anzusehen, bei den römischen Schriftstellern war über-
dies das abrunden weit miszlicher, da eine milie 1,48 km dh. so lang
wie mehr als 8 Stadien war. Plinius strebt aber genauigkeit an, da er
zb. V 60 die entfemung der stadt Abydos vom Nil zu VIIMD pass,
angibt, wenn er in diesem falle bruchteile der milien in anrechnung
bringt , so hätte er dies für die weit kleinere entfemung Juliopolis-
Alexandria ebenfalls thun müssen, wir dürfen also bei der kürze
der distanz den unterschied zwischen der angäbe des Plinius und
losephos nicht vernachlässigen, da er fast 0,6 km beträgt, weit
gröszer aber wird derselbe, wenn wir an Strabons entfernungs-
angabe (30 btadien) festhalten wollen ; er wächst in diesem falle auf
2,3 km. an. Crusius hat die angäbe Strabons auf eine ganz unmög-
liche weide erklären wollen, er faszt nemlich die werte NlKÖTToXlc
. . Ixouca KaioiKiav im GaXäTTij ttöXcujc ouk dXdTTUJ so auf, als ob
darunter eine am meer gelegene vorstadt von Nikopolis zu verstehen
sei. die eigentliche stadt Nikopolis -Juliopolis setzt er dagegen an
die kreuzung der canäle Alexandria-Eanobos und Alexandria-Schedia.
302
WSchwarz: Juliopolia und Nikopolis»
er berechnet nun die entfernung zwischen der genannten vorstadt^
und Alexandria Über das verraeintliche Nikopolis-Juliopolis zu 5 km
(nach dem plane von Kiepert* Mahmud in 2s. d» ges. t erdk. VII)
tind glaubt daaz diese 5 km die 30 Stadien Strabons seien, nach
der karte von Nerutsos (U'ancienne Alexandrie*, Paris 1888) wQrde
diese entfernung wenigstens 6 km betragen* jedoch verschlägt dies
ziemlicli wenig; die bauptsache ist, dasz man niemals in der von
Crusius angenommenen weise eine distanz berechnet haben kann:
es ist dies ebeui^o unmöglich , als es einem unserer mitlehenden ein-
fallen könnte zh, die entfernung Wiesbadens von Prankfurt über
Mainz zu berechnen, auszerdem ist es ganz unmöglich die 30 Stadien
nur auf den vermeintlichen Vorhafen von Nikopolis zu beziehen, da
bei dieser auffassung auch die folgenden worte (toötov hi dri^riCCV
6 CeßacTÖc töv töhov , öti dviaOSa iviKa tq iiax^) ^^^^ »uf den
Vorhafen geben könnten, sodann weist Crtisius (s, 36) darauf hin^
dasz Titus nach loöephos jn Nikopolis sein beer eingeschifft habe,
nach Pliniue- die handelsscbiÖe von Juliopolis aus Nilaufwärts fuhren,
femer dasz diese Stadt nach Plutarcb vielbesuchte penteterische spiele
gehabt habe wie Nikopolis nach Strabons bericht. daraus zieht er ,
den schltisZf 'zwei stUdte, von denen aus ganze flotten den Nil binaul
zu segeln pflegten und in denen vielbesuchte penteterische feste ge-
feiert wurden, könnten nicht c. 3 km Östlich von Aleiandria gelegen
haben', das letztere ist ebenso wenig stichhaltig, wie wenn heut€
jemand aus dem umstände dasz zb, Elberfeld und Barmen je eial
Stadttheater haben den schlusz zöge, beide städte seien identisch, [
sowohl Juliopolis als Nikopolis konnten besondere penteterischaj
feste haben, da, wie Strabon mehrfach hervorhebt (s. 800 t), die be-
Völker ung Alexandrias sehr vergnügungssüchtig gewesen ist und
selbst in dem entlegnem Kanobos sich zu vergnügen pflegte, so*
dann lag Nikopolis in einer andern gegend als Juliopolis: dies#l
Stadt befand sich, wie auch Crusius annimt, an dem canal der voal
Alexandria nach Kanobos führte, Nikopolis aber musz am meere ge*
legen haben, da dies Strabons worte besagen ^ und da sie sich nicht an
dem genannten canal befunden baben kann, dessen Umgebung Stra*
bon 3. 80<3 aufs ausführlichste beschreibt, ohne der Stadt Nikopolis als
einer canalstadt erwithnung zu thun, beide orte lagen also keines-
wegs bei einander, dasz aber losepbos sagt> Titus habe von Niko*
polis aus sein beer eingeschifft (KOKeiOev ^TrißncüC ttiv CTpaTidv)
1 wenn Btmbon s, 795 eagt: b\ä bi toO lirirobpÖMOu bicX^övti f\
NiKÖTToXic ^CTiv, ^xoyc'* KUToiKiav Inl öoXdTTfj it6X€U>c oüx ^dTTUi, so
kaDti die« ttntnö|:ltch^ wie Crusius will, bedeuten, dasx mnn von Aleimn-
dria ans suuächst nach Nikopolis gelang^t sei und dasE diese •ladlj
noch obendrein eine ^i'orstadt am meere, nicbt kleiner als eine stadi*'
besessen habe; iStmbon hätte in diesem falle lx<>uc<^ ^^^ icaTOiicfai^*^
sagen mUssen. infolge dessen können seine worte nnr bedeuten, Niko*
poUs sei eine stadtähnliche anläge am meere. ni. \^\. e. S1&,
wo er Myos bonnoa al« nöktc Ix^^ca tO vauctaeMov Tüfv irXeEo^^vuJir
«harakteriiiert
W Schwarz: Juliopolis und Nikopolis. 303
und sei dann Nilanfwärts gefahren, ist gar nicht auffällig , auch
wenn die stadt an der meeresküste lag, an der man die Überreste
eines ortes wirklich gefunden hat. die bewohner von Nikopolis sind
zweifellos häufig stromaufwärts gefahren : zu diesem zwecke werden
sie aber keineswegs nach Alexandria gegangen sein, sondern sich
an dem punkte des canals eingeschifft haben, welcher ihrer stadt
am nächsten lag. weshalb ist aber Titus nach Nikopolis gegangen ?
doch wohl nur deshalb, weil er das grosze römische lager im nord-
osten Alexandrias inspicieren und von hier truppen mitnehmen
wollte, in der nähe dieses lagers , das , wie seine Überreste und in-
Bchriftenfunde (CIL. III 6578—6582) beweisen, am meerelag, finden
sich ruinen , die nur von Nikopolis herrühren können, vielleicht ist
hieraus auch der grund dafür zu entnehmen, dasz losephos von 20,
Strabon aber von 30 Stadien entfernung spricht , falls nicht, was
ebenso leicht, ja sogar noch leichter möglich ist, eine von diesen
zahlen verderbt ist. nach Nerutsos findet sich nemlich Ostnordost von
Nikopolis ein römischer türm , der rund 30 Stadien von Alexandria
entfernt gewesen sein musz; nehmen wir nun an, dasz Nikopolis
ursprünglich in seiner nähe angelegt worden i^t, dasz die stadt
sich aber später nach dem römischen lager zu ausgedehnt hat, so
haben wir auch die 20 Stadien bei losephos erklärt: denn ungefähr
80 weit ist nach Nerutsos karte Nikopolis von Alexandria entfernt
gewesen.
Am meisten gegen Crusius annähme spricht natürlich dasz die
stadt Nikopolis keineswegs zugleich Juliopolis geheiszen haben kann,
er hat diesen einwand dadurch zu beseitigen gesucht, dasz er ver-
mutete^ Nikopolis sei Mie officielle römische bezeichnung' gewesen,
da es nur bei historikem (Strabon und losephos) erwähnt werde,
'die besiegten hätten dafür das weniger verletzende Juliopolis ein-
gesetzt, das nur an zwei stellen (Plinius und Plutarch) auftauche,
hinter denen einheimische gewährsleute ständen', hat aber nicht
hinter Strabon ebenso gut wie hinter Plinius eine einheimische
quelle gestanden? hätte der geograph, der unser ausführlichster
gewährsmann ist, nicht den doppelnamen erwähnen müssen ? dazu
kommt dasz der name Nikopolis für die Ägypter gar nichts schlim-
mes bedeutet. Antonius ist hier geschlagen worden, also ein Bömer
und kein Ägypter, die bewohner des pharaonenlandes hatten gar
keinen grund den namen Nikopolis in Juliopolis zu verändern , was
für sie übrigens kein milderer name gewesen wäre , falls das wort
Nikopolis für sie überhaupt einen unangenehmen beigeschmack ge-
habt hätte, auszerdem ist es unrichtig, wenn Crusius glaubt, durch
den namen Juliopolis hätten die Ägypter ^die beziehung zum ktictt]C
der Stadt festgehalten' : denn dieser name hat für sie niemals die
Stadt des Augustus bezeichnen können, in den griechischen in-
Schriften des landes heiszt dieser kaiser stets Kaicap, seine Stadt
hätte demnach Kaicapoc (iröXic), höchstens noch Kaicdpeia heiszen
können. Juliopolis bedeutet nur entweder stadt des C. Julius Caesar
304
W Schwarz: Juliopcilis und Nikopolis,
oder Stadt eines Juliers* * nach dem Stifter der dynastie ist es nicht
benannt worden , da es keineswegs von Augustus in Nikopolis um-
genannt worden sein kann; der name kann also nur das letztere
bedeuten : man hat demnach einem kaiser mit Überlegung eine ehre
erwiesen, indem man nach ihm eine stadt Juliopolis nannte, da in
dieyem namen eine anerkennung seiner abstammung von der ^ens
lulia lag^ auf der allein sein anrecbt auf den kaiserthron beruhte.
Zu allen diesen gründen, die gegen die identificierung von Jnlio*
polis und Nikopolis sprechen, können wir noch einen weitem bintu»
fügen. Flinius bezeichnet Juliopolis als ausgaogspunkt des handels
mit Indien ; hätte es nun, wie Crusius meint, 'eiue Vorstadt am meerei
nicht kleiner als eine stadt^ gegeben, so hätten die Indienfahrer nie*
mals Älexandria zu berühren brauchen: in dem vermuteten Julio*
polis-Nikopolis hätten sie aus- und eingeladen, über die genannte
Vorstadt wäre die directe Verbindung mit dem meere hergestellt ge-
wesen, eine solche stadt hätte aber mindestens ebenso wichtig wie
Alexandria sein müssen, ja sogar noch wichtiger, da sie den be-
deutendsten handel, nemlich den mit Indien, der hauptstadt aus
den händen gewunden hätte, dies ist aber einfach undenkbar, da
kein Staatsmann auf die idee hätte kommen können, neben der stadt
Aleianders des gro^zen eine von der natur in bezug auf die meeres-
küste stiefmütterlich behaDdelte concurrenzstadt anzulegen. Julio-
polis kann aho nur ein BussLhafen Alexandrias gewesen sein, der
diese stadt keineswegs ersetzte; mit Nikopolis kann es nach allem
nicht idenii^^ch sein.
Dasx Juliopolis aber nicht unter Nero, wie ich früher vermutete,
angelegt worden ist, geht nicht nur aus dem erwähnten sprich wo il,
sondern auch aus Plinius hervor, sein bericht über die In dien fahrten,
in dem er Juliopolis namhaft macht (VI 101 — 106), gehört nem-
lich einer weit frElhem zeit an als man bisher annahm. Pliniua seist
VI 106 den 6 Mechir den Iden des Januar gleich; der 1 Thotb ent-
sprach demnach damals dem 11 august: dies war der fall in den
jähren 48 — 51 nach Ch. aus diesen jähren, der teii des Claudiufi,
stammt demnach der bericht des Plinius, und spätestens unter diesem
kaiser ist Juliopolis angelegt worden, vielleicht ist es bereits früher,
unter Tiberius oder Caligula, entstanden.
* Juliopotts kÖDDte Auch noch stüdt der Jtilier hedcutcrtt da 'louXiö-
iroXic aus louXtou ir6Xtc oder ans 'louXttuv ttÖXk hervorgegangeD «eia
kaDD, wie man zb. TTavuüv iröXic» TTav6c ttöXic und TTavöiroXic tür ^ioe
find die^^elbe stadt nagte; jedoch ist die anwecdmig des ploralis hei
Btädtenamen iu Ägypten seltener als die des siogulftm.
Neuwied. Wilhelm Schwabs.
ThOesterlen: die reihenfolge der briefe des ersten buchs von Hör. 306
36.
DIB REIHENFOLGE DEB BBIEPE DES ERSTEN BUCHS
VON HORATIUS UND DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN
H0RATIU8 UND MAECENAS VOM JAHR 21 AN.
Wem Horatins es angethan hat, dasz er nicht von ihm lassen
kann, ohne möglichst in die geheimnisse seiner person and seines
geachicks einzudringen , für den liegt ein dunkler punkt vor in der
seit nach der abfassung der epistel I 7, hinsichtlich des Verhältnisses
zwischen Hör. und Maecenas, wie es sich nach jener 'krisis' gestaltet
bat. dasz hier von einer krisis gesprochen werden kann oder musz,
habe ich in meinem artikel des württembergischen correspondenz-
blatts vom jähr 1882 n. 7 und 8, wieder abgedruckt in meinen
^Studien zu Verg. und Hör.' ausgesprochen und in 'komik und humor
bei Hör.' HI s. 15 ff. weiter ausgeführt, ich habe dabei an einigen
beispielen nachgewiesen^ wie die zu gründe liegende Situation von
einzelnen seitherigen erklärem (Schütz, Krüger, L Müller) entweder
schief anfgefaszt oder wenigstens nicht in ihrer ganzen schärfe er-
kannt worden sei. seitdem nun AEiessling in seinem commentar
zu den episteln des Hör. (1889) im wesentlichen dieselbe auffassung
ausgesprochen hat , wird sie wohl künftig weniger anstosz finden,
es ist mir eine wahre befriedigung festzustellen, dasz Kiessling in
seiner inhaltsübersicht zu I 7 ungeföhr denselben gedankengang
herausfindet wie ich, dasz er bei brief 10. 11. 16 auf 7 verweist und
bei 1. 11. 17 geradezu auch von einer 'krisis' im Verhältnis zwischen
Hör. und Maecenas redet.
Allerdings meint er nun , der erste brief mit seiner widmung
an Maecenas besiegle den völligen abschlusz der krisis, welche uns
I 7 vor äugen stelle, hier liegt der punkt, wo meine auffassung von
der Eiesslings gänzlich abweicht, und hiervon soll der folgende artikel
handeln, ich sehe nemlich auch jetzt noch wie in meinen frühem
besprechungen der sache in dem scblusz von 1 1 trotz des humoristi-
schen tons nichts weniger als eine die vorhandenen differenzen ver-
söhnlich ausgleichende spräche, sondern ein fortklingen einer ge-
wissen verstimmtheit und bitterkeit, einen ernst, der nur nicht alles
wieder aufrühren will, sondern rasch abbricht, einverstanden damit,
dasz der brief ^höchst wahrscheinlich von haus aus lediglich zu dem
zweck gedichtet worden sei, als Vorwort und zugleich widmung dem
buch vorangestellt zu werden , gleichzeitig mit dem im zwanzigsten
brief enthaltenen nach wort' (eine weniger wesentliche abweichung
von dem letzten punkte s. u.) frage ich mich, wie man in diesem ab-
schlusz des buchs soll einen abschlusz der krisis finden können, oder
wie man andernfalls sich den gang der sache zu denken hat.
Zur weitern Untersuchung der frage ist es geboten , die reihen-
folge der briefe des ersten buchs einer neuen durchsieht zu unter-
Jahrbücher fQr olass. philol. 1S93 hft. 4 u. 5. 20
306 ThOesterlen: die reibeufolge der briefe de« ersten bachB von Hon
werfen, in den 'studien' wie in ^komik und humor' habe icb diese
frage als weniger dringlicb dahingestellt gelassen; für den jetxigen
fall iöt sie unumgänglich nötig, und ich nehme sie vor hauptsScblich
im anechlusz an C Frankes ^fabti floratiani* (Berlin 1839) und au
Kiesslings öuszerungen, die zum teil eben auch auf Franke verweisen
und in denen überbatipt die neuern aubicbten zusammenlaufen.
Eg handelt äieb um die Verteilung der zwanzig briefe auf un-
gefUhr 372 JB^^i^^* kaum besteht ein streit darüber, dasz die drei
ersten odenbüeher im jähr 23 vor Ch. erschienen äind (ich gebrauche
durchweg die Zeitrechnung nach jähren vor und nach Chrii^ti geburt,
weil sie sicher dem gröszern teil selbst der philoIogen geläufiger ist
als die nach jähren der Stadt); Franke sagt s. 80; 'fine anni 20 ant
initio proximi coniunctim evulgati sunt'; Kiessling öden s. 24 nimt
an: 'unmittelbar vor der herausgäbe im sommer 23.' das erste buch
der episteln aber ist sieber im j. 20 erschienen, nach Kiessling im
Spätherbst^ jedenfalls, wie Franke unter hinweisung auf den scblu^z
des 20n briefs bestimmt, ^ante diem natalem Horatü' 8 december.
somit können wir rund SVjj»^!*^ rechnen: denn e& ist kein hin-
demis vorbanden anzunehmen, dasz die epidttildicbtung unmittelbar
nach dem abschlus^ der odendicbtung begonnen hat, wie auch Kiess-
ling bei 14 s. 33 sagt: 'man könnte an den sommer 23 denken,
wo sieb Hör. noch im voUgefdhl der eben erfolgten Tcröffentlicbung
seiner öden in behaglichster Stimmung befand.^
Stellen wir nun weiter die Übersicht her tiber die reihenfolgo
der briefe, wie sie sich nach Kiessling gestalten würde.
In das j. 23 vom sommer ab fielen die episteln 4 (an Tibullus,
obwohl nach K, auch ein späteres jähr, 20, nicht undenkbar wäre;
wir kommen darauf zurück) und 13 an Vinnius Asina. für diesen
brief ergibt sich die abfassungszeit aus der zeit der veröfitentlichung
der öden: denn Äugustus, dem die öden zugesandt wurden, befand
sieb damals in Italien^ vielfach krank und leidend (v. 3 si validus^
H ladus erU)^ und Vinnius erreichte ihn also auf dem landweg (t. 10
per clSpos flumina latnas)^ während er sich im sommer 22 nüch
Sicilien und von da nach dem Orient begab.
Dem j. 22 dagegen weist Kiessling die briefe 2 und 6 zu, den
ersten bestimmter dem herbst dieses jahres. der entscheidungs-
grund ist bei beiden derselbe, die noch weniger entwickelte fertig*
keit in dieser kunstgattung: 'als Hon anüeng solche ethische er^
Grterungen poetisch zu gestalten und der form dafür noch nicht
ganz herr geworden' heiszt es bei 2, und: ^in den anfang der episteU
dichtung, ehe Hör. der erforderlichen tonart vdllig meister geworden*
bei 6.
Nun käme aus dem j. 21 die epistel 3, im Spätherbst Terfaezt^
indem Auguslus nach Asien, zunächst nach Samos gegangen war,
und Tiberius ihm auf dem landweg Verstärkungen zuführte, aa
Julius Florus aus dem gefolge des Tiberius ist der brief gerichtet,
sodann T^ ohne specielle be^ründung: 'als abfassungszeit ist wohl
und dat Yerhftltnis swischen Hör. und Muecenas vom j. 21 an. 307
21 anzQsetasen.' weiter 9 , empfehlungsbrief für Septimias zum ein-
tritt in die cohors des Tiberius, also ungefähr au^ derselben zeit
wie 3. ebenso 10 *mir ist wahrscheinlich, dasz der brief in das-
selbe jähr föllt wie 7.' dann 11 an Bullatius, eine epistel die 'in ihr
rechtes licht erst rückt^ wenn wir annehmen dürfen, dasz sie in der
seit der krisis sommer und herbst 2 1 geschrieben ist.' 15 an Nnmo-
nios Yala gerichtet im Spätherbst 21, indem Hör. die ankündigung
seines siebenten briefs zur Wahrheit macht, endlich 16 ^geschrieben
im September auf dem landgut, also wahrscheinlich 21, als Hör.
ganz besondere Veranlassung hatte sich die annehmlichkeiten seines
besitzes und zugleich die erfordernisse zum glücklichen leben vor
die seele zu stellen'.
So würden denn nach Eiessling für das j. 20 noch übrig bleiben
5 'verfaszt wahrscheinlich 20: September 22, wo Hör. in Born
gewesen sein kann, möchte ein hinweis auf Augustus genesung
kaum gefehlt haben.' 8 'dei: brief an Albinovanus Celsus mit dem
ansdruck tiefer Verstimmung, deren grund wir aber nicht erfahren:
ist der brief im sommer 20 verfabzt , so kann das schwankende ver-
hSltnis zu Maecenas schwerlich im spiele sein, da wir jedoch nicht
mit bestimmtheit wissen, wann im sommer 21 der aufbruch des
Tiberius und die bildung seines hauptquartiers erfolgt ist, so ist
auch 21 nicht völlig ausgeschlossen.' weiter 12 Messen abfassungs-
zeit sich aus den schluszversen ergibt : im sommer 20 huldigte der
Partherkönig Augustus.' dann 17 Mie abfassung musz in eine zeit
fallen, in der das Verhältnis des dichters zu Maecenas felsenfest
stand , also in die zeit nach Überwindung der 21 zum ausbruch ge-
langten krisis, nicht zu lange vor der herausgäbe des buchs.' 18 Wer-
faszt, wie aus v. 57 erhellt, im jähr 20.' ferner 19 'durch einord-
nung des an Maecenas gerichteten briefs an letzter stelle — denn
der folgende ist als epilog , als suhscriptio zu fassen — hat Hör. die
verheiszung prima dicte mihi^ summa dicende camena eingelöst, das
setzt die lösung der in I 7 zu tage getretenen Spannung voraus : die
abfassungszeit ist daher wohl in die zweite hälfte 20 zu setzen.'
1 und 20 betrachtet Eiessling ohnedies, wie schon bemerkt,
da sie vorwort und epilog des buchs bedeuten , als unmittelbar vor
der herausgäbe im Spätherbst 20 gedichtet, unbestimmt bleibt 14:
'wäre uns bekannt , wann der bruder des Aelius Lamia gestorben,
so wüsten wir die abfassungszeit. so läszt sich nur so viel sagen,
dasz der brief keinesfalls in dem jähre verfaszt ist, in welchem Hör.
seiner gesundheit wegen schon anfang august aufs land gieng (I 7).'
dieser Eiesslingschen Ordnung gegenüber habe ich nun meine mehr-
fach abweichende ansieht geltend zu machen, stelle aber zu dem be-
huf die gesichtspunkte voran, die mir für die entscheidung masz-
gebend scheinen.
1) Die sicherste entscheidung geben natürlich geschichtliche
andeutungen oder anspielungen auf bestimmte gleichzeitige ereig-
nisse, oder wenigstens indirecte aussagen, die zeigen, dasz ein brief
20*
308 ThOeätetlen : die reihenfolge der briefe des emten boehs von Bor.
nicht vor oder nicbt nach eiDem bestimmten Zeitpunkt entstanden
sein kann.
2) Geltend gemacht werden kann für eine frühere oder spS*
tere abfassung die geringere oder gröszere ferligkeit in der hand-
habung pWlosophischer themata, dabei ist aber zuzugeben, daaz
damit ein ziemlich subjectiver maszstab angelegt wirdj indem fein
kritiker dasselbe gedieht für mehr oder weniger mangelhaft erklären
kann, an dem ein anderer gröszere Vollendung findet, und dasz, auch
wenn die urteile darüber einig wäreni derselbe dichter nicht immer
gleichjöäszig fortsch reitet ^ sondern in spJttern dicbtungen möglicher-
weise infolge weniger glücklicher Stimmung nicht dieselbe höhe er-
reicht , die «r in frühem schon erreicht hat. das lieaze sich leicht
bei jedem modernen dichter nachweisen, und in den satiren und
öden des Hör. tritt sicher die gleiche erscheinung zu tage: manche
dieser gedichte zb.» die wir nach bestimmten fingerzeigen möglichst
früh ansetzen müssen, zeigen einen glücklichen wurf, eine frische
der auffassung und durchflihrung , die bei £;pätem zu vermissen ist«
3) Ein nicht unwichtiges moment ist aber zu sehen in dem ein-
flusz, den die aufnähme des kampfes mit Maecenas um gröszere &ei-
heii des dichterst die abfassung des 7n briefs auf die Stimmung des
Bor. und die haltung seiner briefe haben konnte oder muste. dasz
briefe wie 1.8» 11. 15 nur von diesem gesichtspunkt aus richtig auf-
gefaszt werden können , sofern in ihnen eine mehr oder weniger
starke störyng de^i innera gleicbgewicbts zu spüren ist, seheint mir
wie zum teil auch Eiessüng auszer zweifei. aber zuzugeben ist auch
hier, dasz ein ganz sicherer schlusz daraus nicht möglieb ist: denn
der 7e brief selbst, mit welchem Hör. den kämpf aufgenommeil, ist
mit solch geistiger klarheit und Sicherheit geschrieben, scheint eine
solche selbstgewiaheit zu atmen , dasz man fragen könnte, wie denn
Hör. später zu so unruhiger Stimmung habe kommen können , wie
sie sich zb. in 8 zeigt, aber Einmal ist psychologisch denkbar, dasz
er für die endliche aufnähme des kampfes so viel geistige Spann-
kraft besasz^ 80 allen mut zusammennehmen konnte, dasz er die
schwierige aufgäbe mit scheinbarer ruhe durchführte; und sodann
konnte der eindrucke den er damit auf Maecenas machte, sich nach-
träglich als tiefer gehend herausstellen, als er ursprünglich ange-
nommen hätte, so dasz ein herabsinken zu zweifei und kleinmnt
oder neue kampfstimmung sich geltend machte, besonders bei einem
so leicht erregbaren temperament mit seiner senfentia aestuan»
(1, 97 — 99), seinem auf- und abwogenden empfinden und denken,
wie wir uns das unseres dichters vorstellen müssen , dessen ae^ua
mens nicht ein sicherer besitz, sondern ein angestrebtes gut war*
jedenfalU aber, wenn auch nur der eine oder andere der briefe anf
I 7 zurückweist, ist damit die bedeutung dieses dritten moments
für die fest Stellung der reihenfolge aufgezeigt.
Hier setze ich nun ein, um nachzuweisen, wie die abfassung
des siebenten briefs auf spätere eingewirkt, welche spuren er för
und das Terhältnis zwischen Hör. und Maecenas vom j. 21 an. 309
das ganze Verhältnis zwischen Hör. und Maecenas zurückgelassen hat.
Voraussetzung ist dabei, dasz 7 im j. 21 verfaszt ist; daran ist wohl
nichts zu ändern, es musz bei den oben angenommenen 3V2 jähren
im ganzen räum bleiben für frühere und spätere briefe. wollte man,
wie Franke ao. s. 204 gestützt auf Masson , Kirchner ua. sagt , die
abfassung schon ins j. 23 setzen, und zwar mit rücksicht auf brief 15,
der wegen v. 3 nicht früher als da verfaszt sein könne, so würde 7
mit seiner krisis mitten unter alle andern briefe hineingeworfen,
die zum teil weit von dieser Stimmung abliegen; die doch buchstäb-
lich vorliegende bedeutung desselben müste geleugnet oder abge-
schwächt werden, wie das seither meist geschehen ist.
Ich will diese bedeutung als die eines ernsten ringens um Selb-
ständigkeit, sogar *auf die gefahr eines bruches hin', gegenüber von
Maecenas, den er doch liebte und verehrte, nicht ausführlich wieder-
holen, sie läszt sich nicht bestreiten, wenn man nicht ein ganz
blasses , sentimentales freundschaftsverbältnis zwischen beiden an-
nehmen und Hör. zu einem des selbstbewustseins baren subject
machen will , wobei wie in artigen kindermärchen der eine als der
edle geber, der andere als der dankbare empfänger erschiene, ich
verweise nur noch besonders auf v. 79 sibi dum requiem^ dum risus
undique quaerit: in das bild des Philippus ist damit ein zug egoisti-
schen strebens nach befriedigung seiner zu allem spasz aufgelegten
lanne aufgenommen, was Kiessling in der Übersicht mit den werten
ausdrückt: 'weil Philippus mit dem armen teufel sich einen spasz
machen wollte.' man braucht bei der von dem dichter beabsich-
tigten deutung der anekdete nicht notwendig diesen zug mit her-
überzunehmen: der erzähler hat ja die freiheit seine fabel mit
weiteren, nicht durchaus nötigen zügen auszuschmücken; aber man
kann es, und gerade diese möglicbkeit, die Hör. nicht abwehrt, läszt
die annähme einer bei aller scheinbaren heiterkeit bittern Stim-
mung offen.
Der brief ist in den ersten tagen des September an Maecenas
abgegangen {Sextüem totum mendax desideror)^ aber wohl gleichzeitig
nach der sonstigen gewohnheit des dichters (20, 4) auch einzelnen
freunden mitgeteilt worden.
Gehen wir nun von da auf den ersten brief über, der ja unter
allen umständen auf 7 bezug hat, ob man darin einen abschlusz der
krisis sieht oder nicht, wir kämen damit hinweg über 1 — ^4 Jahre:
der brief ist sicher als vorwort für die ganze samlung anzusehen,
und eben deswegen nimt sich der dichter die freiheit sich um 372 j&hre
zurückzuversetzen an den anfang des eifrigem Studiums der Philo-
sophie und der episteldichtung, welche damit dem groszen publicum
vorgeführt werden soll, philosopbie und episteldichtung fallen für
Hör. eng zusammen, sofern er bei seinem Studium doch noch dich-
terische bedürfnisse hatte, daher die praesentia quaeris v. 2, est,
personet v. 7, curo^ rogo usw. v. 10 ff. nur ist es ihm dann er-
gangen , wie das so leicht möglich war , ähnlich wie bei ode I 32
310 TbOeateden: die reihenfolge der briefe dea ersteo baoliB von Hör,
(vgl. *studien* s. 95), dasz gich ibna, indem er sich in einen frübeni
HiOTOpnt zurückversetzt, zugleich die Btimmung der spätem zeit beim
abscblusz des bucbs aufgedrängt hat.
Es ist nun gar nicbt nötig den ganzen brief durch zu nehmen,
über dessen gedankengang bis v. 93 kaum eine diflerenz vorliegen
kann, selbst der arme^ es ist zum lachen» sagt Hör., so wenig er
dazu eigentlich in der läge ist^ nimt an dieser unruhigen sucht nach
Veränderung I an dieser inconsequenz teil, ja auch ich. dasz er nun
mit V. 94 si curaius den Übergang zu seiner eignen person , seiner
inaequalitas und inconstantia mache, dasz demgemäsz auch bei riäes
y. 95 Maecenas persönlich angeredet sei, während in frühern veraen
mit der zweiten person der ]eser Überhaupt gemeint und in ride
Y. 91 auf Maecenas übergeleitet ist, das bestreitet auch Kiessling
nicht; aber bei den »stufen im haar, bei dem schäbigen oder zer*
knitterten Unterkleid und der scbiefsitzendwn toga, dh. den zeichen
Ton gleichgültigkeit gegen das äuszere, meint er, sei nicht daran zu
denken, dasz Hör. damit auf bestimmte Vorkommnisse des eignen
lebena anspiele; das seien nur ^typische belege für inconvenienzen
der äuszern erscheinung'^ und erst im folgenden treten die be*
stimmten züge des dicbters hervor warum denn aber das, wenn
doch jetzt wie nachher die erste person steht, wenn doch bei mea cum
pugnai senfentia secum und dem folgenden jedenfalls an Hör*, wenn
auch vielleicht unter sprichwörtlichen wendtingen zu denken ist,
und wenn doch v. 104 mit ei prave sedum stomacheris oh unguem usw.
gerade an Hör. eine der äuszerlichkeiten genannt ist^ über die Maecenaa
sieb ereifert? auch das lachen , das ja an sich einen sehr veracfaie*
denen sinn haben kann, ist in diesem Zusammenhang nicht ein drolHg-
ünden und gutmütiges gewähren lassen, sondern ein tadel. es scheint
mir durchaus willkürlich hier den 6inen satz auf Hör. bezieben zu
wollen, den andern nicht, während doch beides auf ihn passt und
nur 80 ein voller sinn herauskommt.
Wenn aber auch nur pram sedum ob unffuem sich auf Her. be-
löge, so wftre ihm damit eine ftuszerlichkeit vorgehalten, deren be-
krittelung ihm empfindlich werden konnte, besonders wenn solche
dinge öfters vorkamen, und wenn bei Maecenas das kein Verständnis
fand, was ihm altmählich das wichtigere geworden war, die innere
samlung, die reinigung des gemüts von aufregenden neigungen und
leidenschaften, die erreich ung philosophischen gleichgewicbts. dabei
sind die ausdrücke, mit denen er den ihm lästigen mangel der innern
ruhe bezeichnet, allerdings zum teil typisch, wie mutet qtmdrata
roiundis^ was ein sprichwörtlicher ausdruck des gemeinen lebens
sein kann; dagegen möchte ich bei diruity aedificcU nicbt .sagen: 'was
beides ihm natürlich nicht einfällt', ich erinnere an scU. II ^, 308 ff.,
wo Hör, sich von Damasippus, wenn auch in übertreibender wdisfi,
ein (tedifkarey hoc est lonffos imUari vorwerfen und sagen läszt : tafh
tum dissimiUm et tanto certare minorem^ worauf dann die wenig
ach meichel hafte vergleich ung mit dem frosch folgt, der so grosz wie
und das TerhUtnis zwischen Hör. und Maecenas vom j. 21 an. 311
das kalb werden mOchte; und erinnere an meine schluszbemerkungen
zu sat, II 7 in 'komik und bumor'. dort läszt sich Hör. ähnlich von
■einem Sklaven eine predigt halten , die er nicht als durchaus un-
irabr zurückweisen kann.
Wenn dann Hör. in den letzten 3 versen von epist, I 1 einen
heitern scblusz anhängt, in welchem er das thema ^praktische Philo-
sophie allein kann mich fortan befriedigen' zusammenfaszt , aber
auch die philosophen, also auch sich wieder als den elendigkeiten
des lebens unterworfen darstellt, so kann das nur geschehen, um
den eindruck obstinater rechthaberei zu verwischen und Maecenaa
trotz der vorausgehenden minder angenehmen bemerkungen ein
iBcheln abzugewinnen; aber das vorher gesagte bleibt darum doch
bestehen, Maecenas kann die differenz nicht überhören, und wie
soll nun in diesem schluszwort oder dieser widmung ein völliger
abschlusz der krisis im Verhältnis der beiden gegeben sein? da
hätte doch Hör. seine sache sehr ungeschickt angegrififen , da dürfte
▼or den letzten versen nicht eine art wiederaufwärmung der streitigen
punkte stehen.
Nun handelt es sich darum , welche andern briefe etwa noch
die spuren einer trübung des Verhältnisses an sich tragen, vor allem
15, der in das gleiche jähr wie 7 gehört, dann 11 und 8 aus dem
jähr 20, aber vor 1 entstanden.
Wenn nach 1 — ^4 j&bren bei widmung des buchs an Maecenas,
die Hör. nicht unterlassen konnte noch wollte, womit er aber zu-
gleich das lesepublicum so zu sagen zum zeugen des ganzen pro-
cesses machte, die frühere verstimmtheit wenigstens teilweise wieder
zum ausbruch kommt, so ifit nicht zu verwundem, dasz die da-
zwischenliegenden briefe in inhalt und ton groszenteils daran an-
klingen, wie Maecenas den 7n brief aufgenommen, darüber wissen
'wir nichts bestimmtes; zweierlei aber war möglich: ein offener aus-
bruch des zorns gegen den undankbaren , der alle rücksicht auf das
bedürfnis des gönners vergesse , oder ein vornehmes ignorieren mit
innerm grollen, und das letztere ist wahrscheinlicher. Hör. aber
war sicher von der Umgebung des Maecenas aus so gut bedient, dasz
er wüste wie es stand, für ihn war der weg vorgezeichnet: wollte
er nicht unmittelbar nach dem ersten energischen versuch seine frei-
heit zu erringen klein beigeben , so muste er von Rom fernbleiben
und im winter ans meer gehen, und das zu erklären dient der fünf-
zehnte brief, der gewis weniger an die adresse des Numonius Vala
als an die des Maecenas gerichtet ist. dann erklärt sich auch der
immerhin auffallende groteske ton des briefs. ich habe in *k. u. h.'
in 8. 33 ff., wie viele andere, auf die monstreperiode v. 1 — 25 auf-
merksam gemacht, bei der Hör. einen besondem zweck verfolge,
und die bemerkungen Kiesslings s. 100 haben mich nicht ganz über-
zeugt, dasz hier gar nichts besonderes vorliege, freilich 'schreibt
Hör. für erwachsene römische leser, welche den sinn der worte nicht
erst dann aufzufassen im stände sind, wenn sie dieselben in schüler-
?12 ThOesterlen; die reibenfolge der briefe des ersten bucbB von Hör.
bafter weise sicli yorconfitruiert haben.' aber selbst die Freiheit 'des
behaglich schlendernden gangs einer periode' zugegeben^ so schreibt
niemand ohne büsondere abäicht, ohne den wünsch komisch zu wirken^
und selbst den erwachsenen gebildeten leser zu nötigen die sache
zweimal zu lesen, bis er sie versteht, solches spiel mit dem leser
ist dem komiker erlaubt und kommt in allen witzblätteni bis auf
den heutigen tag vor ; und dem gleichen zwecke dient der zweite
teil, die heitere vergleichung mit dem Schmarotzer Maenius, dessen
gegenteil ja der genügsame dichter ist, der am meere nur sibiparce^
contraämque leget, der ganze brief zeigt eine gewisse forcierte
lustigkeit, von der fraglich igt, ob sie die eigentliche Stimmung des
Hör. darstellt; und eben in anbetracht des Schlusses von 1 kann ich
dem nicht beistimmen: ^der humoristische ton in 15 zeigt , daäz der
gefürchtete bruch mit Maecenas nicht erfolgt war/ es bestand kein
bruch^ aber die Spannung dauerte fort.
Nun kommt meiner ansieht nach der jedenfalls auch nach
Kiessling etwas eigentümliche elfte bnef an BuUatius, der in die
zeit der kriais sommer und herbst 21 fallen soll« ich gebe gern zu,
dasz ich in 'k» u. h.' III s. 24 ff. in betreff dieses stÜcks fehlgegriffen
habe, besonders mit der annähme, dasz v. 7 — 10 nicht fortsetzung
der gedanken des Hör , sondern citat aus schriftlichen oder münd-
lichen äuszerungen des Bullatius seien: es ist richtiger anzunehmen,
dasz alles äugzerung des Hör. ohne gegenrede ist. vf^nn nan aber
Hon in diesem brief mehr eine selbstbetrachtung anstellt als eine
paränede an die zufällige person des B. richtet, so glaube ich dabei
doch, dasz die wähl eines nicht fingierten, sondern aU wirklich vor-
banden zu denkenden, mit gott und weit unzufriedenen reisenden»
der Überali seinem glücke nachjagt, aber es nirgends findet, weil er
es nicht in sich seihst trägt, zum adressaten des briefs daher rührt,
dasz Hör. in diesem augenblicke selbst nicht in der heimat, nicht in
Rom und nicht auf seinem gut, sondern in der fremde^ in Vetia oder
Salernum ist. dann erklärt es sich auch, wie ihm beim täglichen
anblick des meeres v* 10 Neptunum procul e terra speäare furetUem
einfällt, was ja eine remini scenz aus Sophokles sein mag, aber dann
durch die eignen umstände des dichters vermittelt ist, und solche
zeitliche und örtliche Vermittlung ist doch für den gedankengaug
des dichters von grösteir bedeutungl ist er zu ende decembera 21
oder zu anfang Januars 20 (nach ca* HI 18 iat ja 5 december in den
Sabinerbergen noch ein angenehmer herbsttag, und erst mit dem
winter wollte er ans meer gehen) nach Yelia oder Salernum ge-
gangen, so passt alles zusammen^ Hör. ist teils seiner gesundheit
wegen, teils zum zweck einer demonstration, seine freiheit zu sichern,
in die fremde gezogen und möchte in manchem augenblick wünschen
fem zu bleiben, ''alle die seinen verge.^send und auch von ihnen zu
vergessen*, aber er musz hich überzeugen, dasz er damit nicbtä ge-
wonnen bat; er corrtgiert sich seihst dahin, dtuiz das glück nirgends
«usw&rts, sondern nur in der gewinn ong des animus aequus (v. 50)
und das yerh<iiis zwischen Hör. und Maecenas vom j. 21 an. 313
zu holen ist. der brief , der sicher seinen weg auch zu Maecenas ge-
fimden hat, scheint mir während des aufenthalts am meere geschrie-
ben, ehe Hör. seine für den anfang des frübjahrs beabsichtigte rück-
kebr ausgeführt hat (I 7, 12 f. te, dulcis arnke, reviset cum zephyris^
8% eancedes^ et hintndine prima).
Ob und wann dieser besuch bei Maecenas ausgeführt worden
ist, wissen wir nicht; doch ist ohne zweifei das programm des dichters
eingehalten worden, eine Verständigung jedoch , eine völlige aus-
gleichung der kritischen punkte scheint dabei nicht erreicht worden
za sein, fällt der achte brief wegen der anspielungen in v. 4 — 6
non quia grando . . agris in den sommer des j. 20, so kann ich nicht
zustimmen, wenn Eiessling sagt: 'welches der grund dieser hypo-
ehondrie sei, erfahren wir nicht; das schwankende Verhältnis zu
Maecenas kann dabei schwerlich im spiele sein', und wenn er meint,
das j. 21 sei als abfassungszeit nicht ganz ausgeschlossen, da wir
nicht genau wissen, wann im sommer 21 der aufbruch des Tiberius
erfolgt sei. was das letztere betrifft, so macht doch entschieden der
8e brief verglichen mit dem 3n den eindruck einer antwort aus
weiterer ferne und nach längerm auseinandersein, nicht so, dasz der
adressat etwa noch in Italien und im stände wäre aus nächster nähe
anskunft über Hör. zu bekommen, mit der zeit der abfassung des
7n briefs kann er nicht näher zusammengerückt werden , da dieser
und der lOe (s. u.) ja ruhe und Sicherheit, der 15e, der sich daran
anschlieszt, sogar eine forcierte heiterkeit zeigt, ich glaube, dasz 8
ins j. 20 gehört, und im hinweis darauf, dasz bei der herausgäbe
des buchs in 1 eine volle Verständigung mit Maecenas nicht erreicht
ist, scheint es mir dasz 8 uns in die Stimmung des Hör. in dieser
richtung hineinsehen läszt. er fühlt sich nicht sowohl körperlich
als gemütlich krank, apathisch, zu keiner geistigen arbeit aufgelegt,
weisz nicht was er will, und ist unleidlich gegen seine Umgebung,
ob man nun unter medici sich wirkliche ärzte denken will, die ja
bei dem eigentümlichen zustande des dichters doch auch gemeint
sein könnten, oder seine sonstigen tröster, die philosophen. dasz
der grund der Verstimmung nicht angegeben ist, wäre sonderbar,
wenn es nicht etwas wäre, das er seinen freunden gar nicht zu
sagen braucht, das alle nur zu gut wissen, aber zu weit iät die Sache
doch nicht gegangen: die feine wendung am schlusz: werde mir nur
in deinem glück nicht zu übermütig! und schon der umstand, dasz
er seine Stimmung in versen auszudrücken vermochte, beweist, dasz
die Verstimmung nicht allzusehr herr über ihn geworden war. auch
ihm 'gab ein gott zu sagen, wie er leide'.
Und so darf es uns nicht wundern, dasz wir aus demselben j. 20
noch briefe aus ganz anderer tonart finden, hierher gehören ja noch
18. 12 und 20; 18 wegen v. 56 f. da Augustus gerade in diesem
jähre den feldzug gegen die Parther zu eröffnen gedachte und dann
die huldigung des Phraates empfieng; 12 wegen der anspielung auf
die gleichen ereignisse v. 27 f., wohl etwas später, im august oder
314 TliOeaterlen : die reHienfolge der briefe des ersten bucb« von Hör.
September abgefaszt {defundU oder defudit?) und 20 als scblusz«
gedieht.
Nur ^inee habe ich wegen der genauem bestimm ung der ent-
gt^bungszeit von 20 ncch zu bemerken, man bat es von jeher auf-
falleod gefunden, dasjt Hör. in diesem schluszwort sein alter nach
dem vorausgebeaden jabr angebe, wo er 44 alt geworden, während
man meinte, der brief müsse ende des Jahres 20 unmittelbar vor
dem erscheinen der saralung» und zwar vor 8 december verfaszt sein,
das letztere halte ich nicht für durchaus nötig, wenn Hör., der sich
ja doch mit dem gedanken trug seine episteln demnSchßt heraus*
zugeben, gelegentlich bei günstiger Stimmung sieb nach einem ge-
eigneten Schlüsse umsah f wie er einen solchen ja auch am ende des
dritten odenbucha angebracht hatte, so konnte ihm der artige ein-
falle sein buch als einen von haus scheidenden söhn oder haussklaven
darzustellen, ganz unabhängig vom moment der herausgäbe aach
schon früher kommen, und er konnte erfaszt von der freude an dem
gedanken ihn alsbald fixieren^ wie das wohl jedem dichter begegnen
könnte, wenn dann das gedieht im winter 21/20 verfaszt ist, so er-
klärt es sich von seihst, dasz die consuln des eben abgelaufenen). 21
genannt »ind, und Bor. hat bei der berausgabo die sache unverändert
gelassen.
Diese drei gedicbte aber, 18. 12 und 20 tragen den Stempel
freier, heiterer, selbstbewuster Stimmung, die uns zeigen mag, dasz
er, das leichtbewegliche gemüt, wenn auch immer wieder aufgeregt
oder niedergedrückt von dem getrübten verhfiltnia zu Maecenas,
doch auch immer wieder sieb ins gl eich gewicht zu bringen wüste.
bei 12 an Iccius hat er eine seiner besten stunden humoristiscben
plauderns gehabt, bei 20 das groteske spiel zwischen mensch und
buch gar nicht übel durchgeführt, besonders bemerkenswert ist in
dieser hinsieht brief 18, ist es nicht, als ob Hör. hier von dingen
spräche, die ihn persönlich gar nichts angiengen? als ob er seine be-
merkungen über den Umgang mit der hohen weit aus heobacbtung
und nicht aus eigner erfahrung schöpfte, bis er mit me quotiens
V. 104 ff. unmittelbar auf sieb zu reden kommt und zu verstehen
gibt, dasz er selbst in allen diesen Verhältnissen gestanden? aller-
dings zeigt dieser schlusz auch, dasz bei aller Verstimmung, die noch
1, 94 C vorhanden war, von dem cunda resigno^ dem inspict m
possum donaia r^^onere ladus des 7n briefs nicht mehr die rede
war, dasz Maecenas wohl aus wertscbätzung der pei*son des dichters
und aus röcksicht auf die meinung der weh trotz aller empfindlieb-
keit jeden gedanken daran abgeschnitten hatte, und Hör. sah, dasz
er, ohne seiner ehre etwas zu vergeben, in anbetracht aller umstände
das geschenkte behalten konnte, bei der art und weise, wie sie zu
einander gestanden , konnte er, wie er im fall der not sich nicbte
daraus gemacht hätte um mehr zu bitten (ca. Hl 16, 38), jetzt, wo
die umstände ihn genötigt hatten sich eine gröszere Selbständigkeit
zu sichern , sich frei fühlen das was er hatte zu behalten, aber ^ wie
nnd das Yer!UUiai8 zwischen Hör. und Maecenas vom j. 21 an. 315
sich in 1 zeigt , die nene Stellung konnte nicht alle empfindlichkeit
auf der 6inen und befangenheit auf der andern seite aufheben.
Kehren wir nun vom ende des j. 20 zurück zum j. 21 , um zu
sehen, welche der noch nicht besprochenen gedichte etwa noch dort-
bin zu weisen sind.
Jedenfalls der zehnte brief, von dem ich schon in 'k. u. h.'
in 8. 22 bemerkt habe, dasz ich ihn in enge beziehung zu 7 setze,
es wftre möglich, dasz freunde aus dem engern kreise des Maecenas,
wie Aristius Fuscus, um dem drohenden conflict {mendax desideror v . 2)
Torzubeugen^ Hör. zur rückkehr gemahnt hätten und dasz dieser
schon Tom gedanken an den brief an Maecenas erfüllt diese antwort
gegeben hätte, in der er seinem entschlusz auf dem lande zu bleiben
an mehr als 6iner stelle des ersten teils sogar einen lyrischen aus-
druck verliehen hat (v. 6 ff. 21). oder, wie mir wahrscheinlicher,
ist der brief, der in seiner zweiten hälfte die sittliche auffassung des
landefl als einer schule der einfachheit und genttgsamkeit darstellt
nnd in y. 44 — 48 einen ernsten ton anschlägt , unmittelbar nach
dem abgang des 7n briefs geschrieben , ehe noch Hör. kenntnis von
der aufnähme der sache von Seiten des Maecenas hatte.
Ebenfalls ins j. 21 gehören der neunte und der dritte brief,
beide mit dem zug des Tiberius nach Asien zusammenhängend ; 9 die
empfehlung des Septimius zur aufnähme in die cohors amicorumt also
wohl im Sommer vor der abreise des Hör. aufs land in Rom ge«
schrieben; 3 an Julius Florus einige zeit nach dem abzug des
Tiberius, als Hör. denken konnte, dasz er mit seinem beere etwa
im Übergang nach Asien begriffen sei (v. 3 ff.), also immerhin wohl
2 monate nach dem aufbruch. ich setze den letztem brief zwischen
10 und lö.
Dagegen kann ich den neunzehnten brief nicht ins j. 20,
nnd zwar in die zweite hälfte versetzen , vor allem nicht bei der be-
grflndung, die Eiessling der sache gibt, durch einordnung an letzter
stelle , meint er (denn der zwanzigste brief sei epilog) , habe Hör.,
die verheiszuDg prima dide mxhi^ summa dicende camena auch für
das vorliegende buch eingelöst, aber dide ist doch part. perfecü,
nicht praesentis, kann nicht sein «s den ich jetzt nenne, dh. durch
Widmung auszeichne, wobei camena dann die jetzt an die spitze der
samlung gestellte epistel bezeichnet, summa die letzte, dh. hier 19e;
sondern nur s» 'den ich seither genannt habe', und camena bedeutet
in diesem Zusammenhang die gedichtsamlung, und in diesem sinn
ist richtig, was Hör. sagt: das erste buch der satiren beginnt mit
gut fit^ Maecenas \ bei der möglicherweise gleichzeitigen herausgäbe
der epoden und des zweiten buchs der satiren war dann wohl ihis
Libumis inier aUa navium usw. als widmung vorangestellt; das
erste odenbuch trägt die widmung Maecenas atavis edite regibus,
und das erste buch der episteln prima dide mihi^ summa dicende
weist auf eine etwa später kommende samlung hin ; aber erfüllt hat
sich die sache nicht : das vierte odenbuch , von anderer seite her-
316 ThOeaterlen: die reihenfolge der briefe des ersten buch» von Hör,
vorgerufen, trägt keine widmung an Maecenas, überbaupt keine an
der spiUe,
Aber nocb aus einem andern gründe scbeint mir der brief
altern datumä« wenn Hör. bier seinem unmut über sklayische nach*
abiner, ivl denen man am ende aucb ihn zu reebnen drobte, und Über
b^lmiBcbe gegner luft macben wollte (es scheint mir übrigens weder
sein unmut nocb das Basco, das er gemacbt baben soll^ so bedeutend
wie KieBsling es darstellt : sein unmut ist ja mebr ein komiscbe^
poltern, das nicbt so gar ernst in nebmen ist, und die üble auf-
nabme gebt nur von litterariijcben coterien aus» denen er derb genug
mitäpielt)i so wftre es docb sonderbar, wenn dieser gedanke ibm erst
jetzt f mebr als 3 jabre nacb dem erscbeinen der öden käme, nimt
man dann vollends dazu, dasz die Versetzung von brief 19 ins j. 20
nacb Kiessling Mie lösung der in I 7 zu tage getretenen Spannung
voraussetzt^ bo wird man im gedanken an 8 und 1 den 19n brief
hier nicbt unterbringen können ; er pasät besonders aucb mit seinem
etwas burschikosen ton gar nicbt in die von I 7 an gegebene Situation,
ich setze ihn ins j, 22, wenigstens ^in jähr vor der krisis (s. u.)»
Und nun zurück auf den anfang der episteldicbtung. gibt es
einen oder den andern brief, der mit Sicherheit in den sommer 23^
in die zeit unmittelbar nach dem erscheinen der öden zu setzen ist?
entschieden der dreizehnte an Vinnius Asina, oder eigentlicli
AugustuB, wo ich ganz Kiessling zustimme, wenn Bor. die hl^flich-
keitö Verpflichtung fühlte dem princ€^s eine abachrift der drei bUcber
zuzusenden f so durfte das nicht zu spät geschehen; der brief an
Vionius aber war das liebenswürdige begleitscbreiben , das eigent-
lich dem Augustus galt.
Ebenso setze ich den vierten brief an Tibullus hierher und
möchte binznfttgen, dasz mir die Verlegung desselben in das j. 20,
die Kiessling offen läszt, als undenkbar erscheint. Hör,, der in diesem
briete den dicbterfreund aufrichten, erheitern, trösten will, wäre in
der that ein 'leidiger tröster' in einer zeit, wo er zwischen Stim-
mungen wie in 12 und 8 ^freudvoll und leid voll' bin- und herscbwebt;
er kannte sich am wenigsten aufgelegt fühlen TibuUus zu £^ich ein-
zuladen, was doch in vises liegt, um ein scb weineben aus Epicurs
herde zu sehen, das er sich zum muster für sorglose existcnz nehmen
soll, also lassen wir 23!
Daher reebne ich nun aber auch den fünften, den artigen
einladungfibhef an Torquatus zur vorfeier des hoben geburtsfestes
in Born, gerade von der lyrik, unter anderm von sjmpotischen dich-
tungen herkommend konnte ihm auch für die sermonenform der
preis des weines naheliegen, und für die wiederaufnähme dieser
kunstform empfahlen sich kleine scberzbillete , wie auch 13 und 4
solche waren, wenn dann weder das jähr 22 (nach Ktessling) noch
nach den sonstigen Verhältnissen 21 ujid 20 möglich sind, so bleibt
ja ohnedies nur das j, 23 übrig.
Aber freilich der wiederanf&ng der sermanes sollte sich nicht
nnd das TerhÜtnis zwischen Hör. und Maecenas 7om j. 21 an« 317
auf Qolobe litterarische kleinigkeiten beschränken, sondern einen
reichem, tiefem inhalt bekommen durch behandlang philosophischer
fragen; wie ja Hör. in dem zwar später verfaszten, aber anf jene
zeit zurückweisenden ersten brief eben die philosophie als seine neue
beschäftigung darstellt, der er alles hintansetze: mit nunc Uaque
1, 10 will er eine neue philosophische ära eröffnen (s. das nähere
*k. u. h.' ni 8. 98). da wäre es nun eigentümlich, wenn aus dem
anfang dieser zeit kein philosophisches product vorhanden wäre,
nnd wenn nun natürlicherweise die handhabung dieser anwendung
der sermonenform auf philosophische fragen einer gewissen Übung
bedarf, so möchte ich briefe , in denen nach dieser seite noch eine
ungewandtheit zu spüren ist, eben dieser zeit zuweisen, das aber
ist auch nach Eiessling in den briefen 2 und 6 der fall.
In *k. u. h.' in 8. 7 habe ich am zweiten brief ausgestellt,
dasz nach der angedeuteten ableitung philosophischer motive aus
Homer der dichter mit v. 32 diese ausbeutung Homers , allerdings
mit einem Übergang von den schlafseligen Phaiaken aus fallen lasse
und seine eigne philosophische anschauung entwickele ; sodann dasz
er darin eine fast übermäszige häufung von Sentenzen anbringe, am
sechsten brief kann man finden (s. auch Eiessling), dasz Hör. mit
V. 27 die ausführung des philosophischen themas nü admirari «»
aeguiis animus hätte abschlieszen können, aber in satirischer laune,
die mehr die tonart früherer sermonen , zb. II 3 anschlägt , auf er-
götzliche darstellung einer reihe menschlicher thorheiten übergeht.
Demnach teile ich dem j. 23 vom sommer an die kleinen
briefe 13. 4. 5 und die gröszem 2. 6 zu, und zwar so dasz 13 und 4
unmittelbar nach dem erscheinen der öden auf dem gut, 2 in Präneste
{rdegi perfectum des briefstils), 5 und 6 sodann in Bom geschrieben
sind, in 6 weisen alle die hübsch gefaszten bilder, zb. der handels-
mann Mutus, der groszbändler, LucuUus dem theater gegenüber,
der nomenclator, Gargilius usw. auf das leben in der hauptstädtischen
atmosphäre hin.
Somit bleiben noch unterzubringen die briefe 14. 16. 17. 19,
für die keine bestimmtem fingerzeige vorhanden sind oder die von
Ejessling angenommenen nicht als zutreffend erscheinen, während
keiner der einfügung ins j. 22 widerstrebt, es ist ja auch natürlich
anzunehmen, dasz die episteldichtung des Hör., die erst im sommer 23
begonnen hat, nicht schon 22 ganz pausiert haben kann.
Vom neunzehnten briefe ist schon die rede gewesen; vom
siebzehnten ist zu sagen, dasz äuszere anzeichen die abfassungs-
zeit in keiner weise bestimmen, dasz der brief aber auch mit keinem
woi-t an die krisis des j. 21 erinnert, dasz Hör. hier, wie ich in
'k. u. h.' III s. 41 bemerkt habe, unbefangen auf seine Stellung zu
Maecenas hinschaut und mit ruhe und heiterkeit über der heikein
frage steht , die er behandelt, wenn aber Kiessling meint, die ab-
fassung müsse deshalb in eine zeit fallen, in der das Verhältnis des
dichters zu Maecenas felsenfest gestanden, also in die zeit nach über-
318 ThOesterieu: die reihenfolge der briefe des ersten bncbs yon Eor.
wmdting der krisis von 21, nicht zu lange vor herausgäbe des buchs,
so kann dag nach allem bisherigen nicht richtig sein, ^feisenfest'
ist überhaupt zu viel gesagt: im privaüeben wie im öfiTentlichen bat
8chon £0 manche freundächaft ''fei&enfei^tf turmhoch* dazustehen
geschienen , und doch bat sie mit der zeit leichte risse bekommen
oder schwere ersthülterungen erlitten, so war es nach Tacitus ab exe,
III 30 zwibcben Maecenas und Augustus» wenn Tacitus zunächst von
Sallustius Crispuö redend sagt: aetate proveda spedem magis in
amicUia prindpis quam vim tenuUy und dann fortfährt: idque d
Maeeenati dcciderat^ fato potent iae raro sempUernaey an satias capU
atU ^os^ cum omnia inbuetiifit^ atU hoSy ami iam nihä rdiquum est
quoä cupiant; und fihnlich wenigstens war es zwischen Hör* und
Maecenas vom j. 21 an, und in die zeit von da an passt der brief
durchaus nicht, aber vortreSlich in die zeit vorher ^ 22, und zwar,
wie ich annehme, in dessen erste hälfte. von krisis war damals
äuszerlich wenigstens noch keine spur vorhanden.
Der zweiten hälfte nemtich scheinen der vierzehnte und
sechzehnte brief anzugehören , welche beide den preis des lebans
auf dem lande singen, zugleich aber in keiner silbe einen Zusammen-
hang mit der conflictszeit verraten, ä,o viel scheint sicher, dasz der
iod des bruders von Äelius Lamia, welcher Hör. in Rom zurückhält,
in einer zeit erfolgt ist, wo er sonst unfehlbar auf dem lande ge-
wesen wäre; sonst hätte die klage Über die entfernung von dort
keinen rechten halt» also kommen wir damit in den sommer; in
den Spätsommer weist dann in 16 scptemlrünis horis, eine Zeitbestim-
mung die nicht reine phantasie, sondern die Wirklichkeit zur grund*
läge hat« wenn nun Kiesäüng meint 'wahrscheinlich September 21,
als Hör. ganz besondere Veranlassung hatte sich die annehmlich-
keilen seines besitzes und zugleich die erforde misse zum gldcklichen
leben vor die seele zu stellen^, so bemerke ich, dasz der brief nach
der kurzen, aber schalkhaft ironisch gehaltenen Schilderung des guts
hauptsächlich den zweck verfolgt, einen scheinbaren gönner, der
Hör. wegen des viel wesens^ das er aus seinem gute macht, hänseln
will, in die schranken zu weisen und ihn lieinerseits wegen seines
nur vor den äugen der weit bestehenden glucks zu katechisieren,
da liegt noch keine spur von den gedanken vor , die ihn in 7 be-
wegen.
Somit möchte ich zusammenfabsend und mit der ausdrücklichen
bemerkung, dasz im ganzen die Verweisung in die jähre 23 und 22
weniger sicher ist als die in die 2 folgenden, die reihenfolge der
episteln so bestimmen :
jähr 23 vom sommer an; 13. 4. 2. 5. 6
- 22: 19. 17. 14. 16
- 21:9.7.10.3.15
- 20: 20. 11, 8. 18. 12. 1.
zu bedauern ist natürlich, dadz Hör. bei der herausgäbe sich ent-
fernt nicht an die Zeitfolge, sondern an ein im einzelnen nicht
und das Terh<niB zwischen Hör. und Maecenas Tom j. 21 an. 319
erkennbares princip gehalten hat oder auch rein willkürlich ver-
ehren ist
So yiel scheint mir durch die bisherige Untersuchung festge-
stellt, dasz am ende des j. 20 das Verhältnis zwischen Hör. und
Maecenas nicht in seiner ursprünglichen gestalt wiederhergestellt,
dasz eine noch ungelöste Spannung vorhanden war, ohne dasz der
Ton Hör. nicht gewünschte, aber als möglich angesehene und unter
omstSnden als nötig erkannte bruch eingetreten wäre, das konnte
nor das verdienst des Maecenas sein.
Und wie nun weiter? geben uns die von Hör. selbst gelieferten
oder vpn anderer seite vorhandenen notizen darüber klare auskunft,
dasz das Verhältnis sich auf irgend welche weise in seiner alten stärke
wiederhergestellt, dasz Hör. oder Maecenas nachgegeben, oder dasz
sich ein compromiss zwischen beiden gebildet habe ? nein.
Dasz im Carmen saeculare für eine hindeutung auf Maecenas
kein räum war , sondern hier alles hinter der uirhs Borna in erster,
Augostus und Vergilius in zweiter linie zurücktreten muste (s. 'k.
n. h.' HI s. 121 f.), ist selbstverständlich, anders steht es schon im
vierten odenbuch. zwar ist hier Hör. gewissermaszen gebunden
durch die ihm von Augustus auferlegte nötigung den preis der
Neronen und damit auch den des Augustus zu singen: eine Wid-
mung an Maecenas, eine anknüpfung an prima aide mihi, summa
tkcende camena war ausgeschlossen , und Hör. hat überhaupt keine
Widmung angebracht , vielmehr mit dem nach meiner ansieht (s. ^k.
XL h.' ni 8. 54 ff.) scherzhaften eingangsgedicht eine entschuldigung
vorgebracht, dasz er, der alte überhaupt noch einmal zur leier greife.
aber wenn er nun doch alle möglichen stoff'e zusammensucht, um
seiner neuen samlung möglichst das aussehen der manigfaltigkeit
und frische zu geben, so kann es doch etwas auffallen, dasz der ein-
zige und letzte klang für Maecenas das elfte lied ist, dessen ab-
fassungszeit unbestimmt bleiben musz, aber wahrscheinlich nahe an
die zeit des erscheinens des vierten buchs hinanreicht.
An herzlicbkoit zwar scheint es nichts zu wünschen übrig zu
lassen , wenn es da nach der Schilderung des muntern treibens in
seinem hause heiszt: Idiis tibi sunt agendae . . iure soUemnis mihi
sanäiorque paene natali proprio j quod ex hac luce Maecenas meus
aäfluentes ordinat annos, aber bemerken wir wohl : das lied ist nicht
an Maecenas gerichtet, wie früher so viele satiren, epoden, öden und
episteln, sondern redet von ihm, der sieher nicht persönlich an-
wesend ist, in der dritten person, und die zweite hälfte nimt die
geschichte mit Phyllis ein , offenbar darauf angelegt , das interesse
des lesers nach einer andern seite zu lenken und mit der gewinnung
der trauernden Phyllis und dem scheinbaren geständnis der ^letzten
liebe' einen heitern eindruck zu machen. Hör. will es sicher an fest-
licher begehung des tages wie sonst nicht fehlen lassen und will
das mit seinem lied auch nach auszen bezeugen; aber ein beweis,
dasz alles wie früher gestanden, ist aus diesem liede nicht zu ent-
OÄpeltr zu Piatont Philebos.
nebmen. stünde alles wie froher, frei und unbefangen, so müste
man in diesem gedieht etwas mehr, und wohl im vierten bnch etwas
mehr als dieses gedieht erwarten, könnte es nicht scheinen, dasz
um diese 2eit Maecenas fdr Hör. etwas hinter Angustus zurttckge-
treten sei?
Auf ähnliche gedanken kommt man , wenn in den drei groszen
briefen des zweiten buchs Maecenas überhaupt nicht genannt ist^
weshalb wir auf die abfassungszeit der einzelnen auch gar nicht
einzugehen brauchen, ob man dieselben nun wie früher meist in die
zeit nach dem vierten odenbuch verlegt oder wie Kiessling etwa in
die jähre zwischen 20^ — 14. trotz der adresse an Augustus, Julius
Florus und die Pisonen wäre irgend eine bezugnahme auf Maecenas
(ähnlich wie etwa scU, I 10, 81) als kiinstkenner besonders in II 1
nicht unmöglich gewesen, wenn Hör sie für passend gehalten hätte.
Und nun Suetonius? er bringt zwar einzelheiten, die wir
sonst nirgends erfahren, aber nichts gerade über die frage, die uns
hier beschäftigt, das citat der verse ni te tyiscerihus mm, Horcttij
plus iam diligo usw. bestätigt, wa^« wir sonst Über die steigende
intimitfit zwischen Hör. und Maecenas in früherer zeit wissen; von
der geschichtlich feststehenden knsis nimt er keine notiz, also auch
nicht von ihrer lösnng oder nichtlösnng. und wenn er das wort des
Maecenas an Augustus anführt: Horatii Flacd ut mei memor esto^
80 ist das wohl aus dem testament des Maecenas genommen, von
dessen abfassungszeit wir nichts wissen und das unverändert ge-
blieben sein kann bei dem bleibenden interesse des Maecenas fto
den dichter.
Es mag sein , dasz meine ausfuhrungen über die zeit nach 20
von manchen in das gebiet der conjectur verwiesen werden; für die
zeit vor dem schlusz des ersten buchs der episteln glaube ich einige
beachtong in ansprucb nebmen zu dürfen,
Stuttgart. Theodor Oesterlen*
(320
ZU PLATONS FHILEBOa
49 • TTuiC oöv T^pvo^ev bixa X^ync; einige geringere hss. haben
T^|iVU»^ev. sonst keine Variante, dasz die werte ^ wie sie dastehen,
nicht haltbar sind, leuchtet ein. ich glaube, T^|iV0]Liev ist der rest
des participiums T€fiv6|i€V0V *inwiefern nennst du es ein zwiefach
geteiltes?' zu dem part. vgl. PhiU 12* xaöÖ* outujc 6^oXoYOUM€vd
<paT€ i\ 7TUIC (wo übrigens Bodl, und sein anhang auch hat ö^0•
XoTOÖf4ev ä cpate). 22* oub* av tüjv beuxepeiuiv i]hov^ pctöv
dXriOtuc öv X^YOiTO. 34 ^' biacp^poucav X^tomcv- Ges. 893 *• \if\u
Yctp ouv tauta oötujc ^x^via. 900* 6€oTc oßre }x4^a oötc CjitKpdv
TU)V TOIOUTÜJV M€TÖV ipOÖ^ltV*
Weimar. Otto Apelt.
ROehler: die häfen von Karthago. 321
37.
DIE HÄFEN VON KARTHAGO.
EINE TOPOGkRAPHISOHE STUDIE.
Bisher nahm man fast allgemein an , dasz die zwei südlich von
der colline de Saint-Louis in der niederung an der küste liegenden
teiche die reste der beiden häfen des alten Karthago seien ; und zwar
sah man in dem krummen, nördlichen den Kothon oder kriegshafen,
während der langgezogene, südliche teich als der handelshafen der
panischen hauptstadt galt da veröffentlichte von Tunis aus hr. C eci 1
Torr in der *classical review' von 1891 (V 6 s. 280 — 284) eine topo-
graphische Studie über die häfen von Karthago, die bis jetzt, so viel
mir bekannt, keinen Widerspruch erfahren hat, obwohl sie die obige,
znletzt von ChTissot vertretene ansieht vollständig über den häufen
wirft, der gedankengang der Studie ist kurz folgender:
1) Wenn die nach dem brande 368 vor Ch. neu erbauten 220
Schiffsschuppen die grösze der ungefähr aus gleicher zeit stammen-
den athenischen schiffsschuppen hatten , so müste der Kothon ein-
schlieszlich der in ihm liegenden insel einen umfang von mindestens
5638 engl, fusz (= 1718,5 m) gehabt haben; nun stehen aber nach
Torrs rechnung nur 3500,5 engl, fnsz (== 1067 m) zur Verfügung * ;
wenn also die karthagischen schiffsschuppen nicht viel kleiner waren
als die athenischen , so kann der nördliche teich nicht der rest des
Kothon sein.
2) Nur wenn die häfen von Karthago künstlich durch aus-
grabung geschaffen waren , könnten die teiche die reste derselben
sein, nun sagt zwar Vergilius Äen, I 427, dasz die ersten ansiedier
in Karthago häfen ausschachteten, und Servius erklärt seine worte
portus effodiunt durch Cothona facitmt und fügt noch hinzu: Gartha-
^ Torr hat überall schuppen von gleicher länge und breite ange-
nommen; dagegen sprechen die seitens des deutschen archäologischen
Instituts in Munychia und Zea und die seitens Cavallaris in Öjrakus
angestellten messungen, sowie die aus den alten Schriftstellern (zb. Appian
VIII 121 — 123) hervorgehende thatsache, dasz die Karthager auch kleinere
schiffe als penteren und trieren hatten, wir sind weiter zu der annähme
berechtigt, dasz die kürzesten schuppen auf der insel lagen, schon um
räum für das commando- bauschen zu gewinnen, ferner hat Torr die
länge der schuppen mit 150 ft («» 46, 7 ra) zu hoch angesetzt, legen
wir dagegen die längenraasze der schuppen von Munjchia und Zea
— 40 m für die längsten, 21,2 m für die kürzesten (auf der insel) —
der rechnung zu gründe (vgl. Dörpfeld in den irpaKTiKd Tffc dpxaioXo-
TtKf\c ^Taipiac 1885 s. 63 ff. und von Alten in den ^karten von Attika'
I 14), so erhalten wir bei einer durchgängigen breite von 5,90 m (ein-
schlieszHch der Zwischenmauern, Tgl. anm. 17) schon 198 schiffsschuppen.
nehmen wir aber für die schiffsschuppen auf der insel, im Verhältnis
zu ihrer geringern länge, nur 3,10 m breite (so breit sind die schmäl-
sten in Syrakus: vgl. Lupus Stadt Syrakus im altertum s. 26) an, so
«rhölit sich die summe der schuppen auf 225.
JahrbQcher für class. philol. 1893 hft. 4 u. 5. 21
322
ROehler: die hafeti toq Karthago.
ginienses Cothone fossa utuntur^ non naiuraliportu \ aber dem wider-
spricht Peatus u. Cothonesi CotJwnes appeUantur portus in mari
interiores arte et manu facti*f küß^tlitht} häfen iiB meere können aber
nur durch molen gebildet werden,
3) Der Kothou war ohne frage der auiazenbafen in Karthago :
wenn Feätus das wort interiores gebraucht, so schein l er damit i;her
einen yom meere umgebenen hafen ak einen bafen innerhalb eines
andern zu meinen, allerdings nennt Strabon XVII 3, 14 unerklär-
licherweise' die Insel in dem innem hafen Kolhon, wenn die lesart
richtig ibt, aber in § 15 spricht er richtig von der mündung des
Kothon I indem er dieselbe einfahrt erwähnt» welche Appion im ein-
zelnen altä die einfahrt des auszenhafens bei^ehreibt. Appian^ an-
gäbe hier (YIII 121 vgl. 96)» dasz die einfahrt ou Tidvu iroppui tflc
ff^C gewesen sei, ist unerklärlich, wenn sie nicht wirklich in einiger
entfern ung vom lande und deshatb zwischen zwei molen lag«
4) Der einzige hafen auszerhalb Karthagos, der auch den namen
Kothon hat, ist der von Hadrumetum. dieser um&tand deutet gewia
darauf, dasz er dem von Karthago ähnlich war. nun wird die nord-
und sadaeite dieses hafens durch 2wei geradlinige molen gebildet ;
seine ostseite durch einen mit der convexen Seite nach dem meere
zu gekrümmten dämm/ wenn aUo der Kothon von Karthago
wi rklich diesem hafen Ühnelte, so muste er aus molen, vielleicht aus
geraden und gekrümmten gebildet äsin. als beweis für seine an*
sieht führt Torr die stelle des Appian Vni 127 an, wo derselbe be-
richtet^ dasz es in Karthago einen viereckigen und einen runden teü
des Kothon gab.
5) Die häfen von Utica ähnelten sehr wahrscheinlich denen von
Karthago* die bisherige annähme, dasz die frühere küstenlinie durch
den rand des siimpfes be2eichnet werdCi an dem die ruinen von Utäca
liegen, ist unrichtig: denn der sumpf läuft gerade in die orchestra
des theaters*, und da^ bisher al» Kothon geltende becken ist kein
hafen : denn eine ähnliche Vertiefung in Karthago , in deren mitte
sich ähnlich wie in Utica ein bau werk auf einem kleinen hUgal
erhebt y i^t nach einer dort gefundenen inschrift der rest einer
thermenanlage« auch die aus derselben zeit stammenden Lhermen
(des Caracalla?) in fiom zeigen ähnlichen grundribz.^ demnach ist
auch für TJtica anzunehmen , das2 die häfen durch molen gebildet
waren.
' vielleicht wurde Strabon durch den zweimal vor komm enden
griechischen Insel namen Rothon dtiEU bewog-eo. ' so lang« keio«
umfasjiendeo antgrabungen in Hadrnmetnm angestellt sind, bleibt ei
unsicher, ob der von Torr beschriebene hafen der einzije;e und somit
der Kothon war. * aber sümpfe können sich dodi mit der zeit ver-
gr^ii/eml ^ aus der Ähnlichkeit des grundrisses allein i^t kein zwingen»
der beweis til>r,u1eiten : hier können nur umfassende a»8;:rrMbungen ent^
scheiden, wie findet sich ührlffens Torr mit der tliatKAohe ab, dasi in
einem der so hiffs schuppen ein Tierarmiger antiker »nker gefunden
worden ist (vgl. 0aux les emporia philniciena e. 171 unten)?
ROehler: die h&fen von Karthago. 323
6) Der innere hafen Yon Karthago mag ganz oder teilweise
durch aossehachtung hergestellt gewesen sein, wenngleich der
ftnszere hafen durch molen gebildet war.
7) Die einfahrt zum ftuszem hafen Ton Karthago lag nach
Appian YIII 121 in der nähe der landzunge, welche den bee von
TnniB vom meere trennt, und zwar nach Süden, nicht, wie Appian
sagt, nach westen.* der hafen selbst erstreckte sich längs der ost-
koste des Vorgebirges, möglich iät, dusz der viereckige teil des
Kothon auf der sQdseite lag und die linie der befestigungen fort-
setxte, welche den winkel (xtuvia) bildeten, während der runde
teil auf der nordseite lag und die rückwärts nach der Byrsa ziehende
bogenlinie der hügel fortsetzte.
8) Der zu ende des letzten Seegefechtes und später eine rolle
spielende damm^ berührte nur mit einem ende das ufer; er lag
aoszerhalb des auszenhafens , auf der süd- oder viereckigen seite
desselben.
9) Die ruinen im meere gegenüber dem südlichen teicbe ge-
hören gewis zu einem sehr umfangreichen molo.
10) Der auszenhafen bestand aus ^dem ersten hafen' und 'den
eanftlen' und umgab beinahe den innern (das wort iruXai bei Appian
YIU 96 ae. übersetzt Torr durch 'canäle' und belegt diese bedeu-
tong durch drei stellen), für seine ansieht macht Torr Piatons be-
schreibung der häfen der Atlantis imKritias (s. 113^; 115^ — 116*;
117^') und Diodors bericht vom hafen Charmuthas (III 44) geltend.
jene beschreibung gründet sich nach ihm auf berichte , die Piaton
in Syrakus von den bäfen Karthagos erhielt, und diesen hafen, der
nach Diodor dem hafen von Karthago vollständig glich, findet Torr
in dem hafen Sherm Yenbo\ 'dem unvergleichlich besten hafen
zwischen Ras Muhammed und Dschidda* (diese worte sind eni-
nommen dem Bed Sea Pilot) wieder.^
* MDusgate hat versucht eine erklärung dieser abweichuog zu
gehen bei Dureau de la Malle recherches sur la topographie de
Carthage s. 10 anm. 2. "^ Torr scheint mir hier zu irren, wenn er
meint, die reiterei habe in dem gefecht auf dem dämme mitgewirkt:
von Appian VIII 124 ae. wird berichtet, dasz infolge des nächtlichen
angriffe der Kurthager die zum schütze der belagerungsmaschinen auf-
gestellten Römer fliehen, und dann heiszt es weiter: 'die raserei dieser
nackten feiode veranlaszte überhaupt durch das ganze lager der Römer
eine bestürzung, eine Unordnung, eine furcht, wie sie sonst nie darin
stattgefunden hatte, iäcipio selbst geriet hierdurch in solche besorgnis,
dasz er mit einer anzahl reiter auszen (um das lager) herumritt
und diesen den befcbl gub auf ihre eignen leute zu schieszen, wenn sie
das fliehen nicht aufgäben.' unter dem lager kann hier wohl nur das
grosze, auf der schmälsten stelle des isthmos aufgeschlagene gemeint
sein: denn vom dämme sind ja die Römer bereits verjagt, jedenfalls
hat die reiterei nicht am gefecht auf dem dämme teil genommen.
^ der hafen von Sherm Yenlio^ ist nicht ein durch molen gebildeter,
künstlicher, sondern allem anschein nach ein natürlicher hafen ; die im
Kritias beschriebenen häfen der Atlantis sind künstliche, aber auf dem
lande ausgeschachtete , mit dem meere durch canäle in Verbindung ge-
21»
324
ROehler: die Häfen von Karthago.
Die hauptresultate seiner erörterung faazt dann Torr folgender-
maezen zusammen: 'der auszenhafen war durch dämme im meere
gebildet, er lag an der ostseite des Vorgebirges von Karthago; seine
einfahrt lag am stidende nahe der landzunge zwischen dem see von
Tunis und dem meere. am südende zwischen der kQste und der
einfahrt kg ein sehr breiter dämm, wo schiffe ihre ladang löschen
konnten , ohne in den hafen einzufahren, die ruinen dieses dammes
sind sichtbar im meere gerade im norden der landzunge. von der
andern seite der einfahrt lief ein schmalerer dämm parallel der küste
eine strecke weit und krümmte sich dann einwärts zum ersten Vor-
gebirge im norden, das ende des dammes wird wahrscheinlich durch
die trttmmer im meere unter diesem Vorgebirge bezeichnet, der
innenhafen war nahezu vom auszenbafen umgeben» aber seine läge
ist sonst unbekannt die teiche haben nicht das geringste mit den
httfen zu thun.'
Unter den genannten zehn punkten sind nur wenige, mit denen
ich mich nach eingebender beschäftigung mit der einschlägigen litte-
ratur ganz einverstanden erklären kann, so nehme auch ich an^ dass
die einfahrt zum äuszern hafen zwischen zwei molen in der nähe der
landzunge nach stlden lag, dasz der viereckige teil deg Kothon der
südliche, der runde der nördliche war, femer dasz der innere bafen
von Karthago durch ausschachtung hergestellt war, während der
äuszere durch molen im meere gebildet wurde, weiter dasz der
dämm oder quai nur mit dem ^inen ende das ufer berührte und end-
lich , dasz die ruinen im meere gegenüber dem südlichen teiche zu
einem sehr umfangreichen molo gehören.
Aber diese teilweise Übereinstimmung mit Torrs ausführnngen
beschränkt sich, wie man siebt, nur auf nebensächlicbe umst&nde,
in der hauptfrage dagegen bin ich zu ganz andern ergebnissen ge-
langt, ich habe aber nicht die absieht Torr im einzelnen zu wider-
legen, sondern eine ganz unabhängig von ihm geführte Untersuchung
soll darthun, wie wenig steine aufstellnngen gegründet sind, die-
selbe wird zunächst feststellen, was die nachrichten der alten Über
die häfen Karthagos ergeben, und dann weiter fragen, ob sich das
80 gewonnene bild mit den topographischen verhSltnissan ver-
einigen läszt.
Unter den berichten der alten Schriftsteller über die häfen ist
der ausführlichste der Äppians; derselbe ist um so wertvoller, als
er aller Wahrscheinlichkeit nach auf Polybios zurückgeht, die haupt-
stelle VllI 96 lautet: 'die häfen lagen so, da^sz man aus dem einen
in den andern fahren konnte; die einfahrt in dieselben vom meere
her war 70 fusz breit und wurde mit eisernen ketten geschlossen,
der erste hafen, welcher den kanfleuten überlassen war, war voll
MUte häfcD. unter diesen iim»tilnden ist e« mir unkUr, wte Torr dazn
kommt, aua der grejsUlt dieser beiden häfen rückschlüese auf die gtist^itt
des tkeiuir h^pothese nach aus inoleD gebildeten hufen« von Karthago
z\t machen.
EOehler : die häfen von Karthago. 325
zahlreicher anlegestellen manigfacher art.^ in der mitte des innern
hafens lag eine insel, und diese war wie der bafen selbst mit groszen
boUwerken eingefaszt. diese boUwerke waren bedeckt mit schiffs-
schuppen, die für 220 schiffe eingerichtet waren; über den schiffs-
schuppen lagen zeugkammern zur aufbewahning der gerate der
kriegsschiffe. an der Vorderseite jedes schiffsscbuppens standen zwei
ionische seulen, welche das aussehen des hafens und der insel in das
bild eines rundumlaufenden ^° seulenganges verwandelten.** auf
der insel war ein commando-häuschen für den admiral erbaut: von
hier aus hatte der trompeter die Signale zu geben, der herold die
befehle zu verkünden , der admiral die aufsieht zu führen, die insel
lag nemlich|der einfahrt gegenüber und war so sehr hoch angelegt,
damit der admiral alles beobachten konnte, was von der hohen see
her sich näherte, während die von auszen heransegelnden nicht deut-
lich wahrnehmen konnten, was im innern vorgieng. und selbst wenn
sie einliefen , hatten die kauffahrer die schiffsbäuser nicht geradezu
im gesiebt, denn eine doppelte mauer umgab dieselben , und thore
führten die kaufleute direct in die stadt, ohne dasz sie die schiffs-
bäuser zu passieren brauchten.'
Eine zweite stelle desselben Schriftstellers gibt uns einige an-
haltspunkte über die gestalt des Eothon. hier heiszt es (VIII 127):
^zu beginn des frühjahrs griff Scipio die Bjrsa und denjenigen von
den häfen an, der Eothon hiesz. Hasdrubal aber steckte nächtlicher-
weile den viereckigen teil des Eothon in brand. während er aber
(hier) einen neuen angriff Scipios erwartete und die Earthager ihre
ganze aufmerksamkeit nach dieser seite richteten, erstieg Laelius
unbemerkt auf der andern seite den runden teil des Eothon. das
geschrei, welches seine leute erhoben, als wäre der sieg schon er-
fochten, setzte die Earthager in schrecken, und nun stiegen die
Bömer von allen Seiten, ohne sich um die feinde zu bekümmern, mit
gewalt hinauf, indem sie balken, maschinen und bretter über die
Zwischenräume legten . . . nachdem die mauer um den Eothon
herum erobert war, besetzte Scipio den nahe gelegenen markt-
platz.'
Verbinden wir mit diesen beiden stellen noch eine des Strabon
8. 832, 14 ae. , wo es heiszt : 'unter der bürg liegen die häfen und
der Eothon , ein rundes , von einem panal umgebenes inselchen , zu
dessen beiden Seiten ringsum schiffsbäuser liegen', so kommen wir
zu folgenden ergebnissen :
1) Earthago hatte zwei mit einander in Verbindung stehende
häfen mit einer gemeinsamen einfahrt von 70' breite.
2) der erste hafen dh. der auszenhafen — denn der andere
'Dareau de la Malle recherches aar la topographie de Car-
thage 8. 15 anm. 1 legt das wort ireicfiaTa, wie ich jetzt sehe, ebenso
aus. >• vgl. Beul^ fouilles k Carthage s. 91. " dh. hafen und
insel sahen aus wie ein sealengang, in Wirklichkeit war aber kein
sealeng an g da. vgl. Beul^ ao. s. 91 u. anm. 14.
ROehler: die büfen von Karthago*
wird im gegen satz zu ihm ak der innere bezeicbnet — war der hau-
delshafen. **
3) Der innere war der kriegsbafen nnd biesz Eotbon; er lag in
der näbe des tnarkt^platzes.
4) Der dem mark tpl atz und der Byrea zunSehstHegende teil
des Kothon war kreisrund, in seiner mitte lag ein kreisrundes, von
einem canal umgebenes inselchen j der entgegengesetzte teil war vier-
eckig, hafen und in sei waren von groszen boll werken eingefaszt,
welche ecbiB^Bbäueer für 220 schiffe bedeckten; diese hatten an ihren
Vorderseiten je zwei ionische seulen.
5) Auf der inael erhob sieb das commandohäuschen desadrairals,
dasselbe hatte eine so bobe läge, damit der admiral alles beobachten
konnte^ was sich von der hohen see her näherte.
6) Der kriegahafen war mit einer doppelten mauer umgeben,
welche den einblick in das innere selbst dann erschwerte, wenn man
in den han delshafen einlief.
7) Die kaufleute gelangten dorch tbore direct in die atadt« ohne
den kriegshafen zu betreten.
Das bild, welches wir uns danach vom Kothon zu machen baben^
wird noch vervollstfindigt durch folgende stellen, die sich gegen-
seitig ergänzen: Festus udw. Cothünes appeUaniur portus in mort
mteriores arte et manu faäi. Verg. Aen. I 427 hk porius alii effo*
diunt- und dazu Servius erleuterung: i. e. Coihcna faciunt. et vere aü^
nam Carthaginienses Cothone fossa ufuntur^ non naturali poriu* aus
diesen stellen geht hervor, dasz die alten unter Kothon ein am
meere gelegenes, künstlich im u Ter ausgeBcbacbteteB
bafenbecken verstanden, eine deutung die durch eine bisher
noch nicht als beweis hierfür angezogene stelle Appians bestätigt
wird: dieser erzählt VIII 121 von dem dämme, den die Römer von
der landzunge aus ins meer hineinbauten und in gerader richtung
bis an die einfahrt der bäfen ausdehnten, um dieselbe zu sperren.
die Karthager kümmerten sich anfangs wenig um den dämm , weil
sie ihn für ein werk hielten , das lange zeit erfordere, vielleicht un-
möglich sei, wie er aber weiter fortschritt, beiszt es dort weiter,
*da gerieten sie in furcht und gruben nun auf der andern seite des
hafens eine neue mündung, mitten ins meer hinaus« dorthin
konnte kein dämm geführt werden teils wegen der
tiefe des meeres, teils wegen der gröszern heftigkeit
der winde, weiber und kinder musten an der arbeit des grabena
mit teilnehmen , die sie von innen heraus begannen und h(kib^t ge*
heim nis voll betrieben', aus diesen worten, meine ich, ergibt sich
deutlich , dasz der Kotbon ein durch ausscbachtung im meeresufer
** da« scheint auch aus Appian VIII \%1 hervorca geben: denn weoo
dar! gesagt wird, dass die karthagischen, am einlaufea gehiodertea
ftohiffe an oltiem dämme anlegtet}, wo die kanfleute ihre waren ani-
safttelten pflegten . so spricht auch dies wohl dafür, dass der anaien-
hafen der baudeUbafen war.
BOehler: die h&fen von Karthago. 327
künstlich hergestelltes hafenbecken war: denn wenn die Bömer
wegen der tiefe des meeres und der heftigkeit der winde keinen
dämm dorthin führen konnten, so konnten die Karthager ans dem
gleichen gründe dort keinen molo anlegen, auch hätten beim durch-
brechen eines künstlichen und hier jedenfalls besonders fest gebauten
molo weiber und kinder höchst mangelhafte dienste geleistet, wäh-
rend sie beim durchbrechen einer zum gröszern teil aus erde be-
stehenden schiebt ganz gut zu gebrauchen waren.
um nun zu sehen, ob diese allein aus den schriftquellen ge-
wonnenen ergebnisse mit den topographischen Verhältnissen im ein-
klange stehen, wollen wir dieselben an dem groszen plan des däni-
schen kriegsschififscapitäns und generalconsuls in Tunis, CT Falbe
prüfen, einer arbeit die von allen fachmännem als äuszerst gewissen-
haft bezeichnet wird. '' auf diesem plane sehen wir südwestlich von
dem als Bjrsa bezeichneten hügel, der heutigen colline de St. Louis
(n. 52 auf dem plane) , in der niederung zwischen dem hügel und
der küste zwei grosze teiche; der südliche hat langgezogene, der
nördliche runde gestalte in letzterm liegt^ durch eine schmale zunge
im norden mit dem lande verbunden, eine runde insel*^, auf der
sich deutliche mauerspuren erhalten haben, mauerspuren umziehen
auch beide teiche in geringem abstände von der Wasserfläche, nur
an drei stellen fehlen dieselben : östlich von dem runden teiche (n. 50
auf dem plane)^ südlich von ihm auf der grenze zwischen dem runden
und dem langgezogenen teiche und am südende des letztem (n. 42).
die lücke n. 50 ist nach Falbe recherches s. 21 ungefähr 200 Par.
fusz (= 65 m), die lücke n. 42 ungefähr 150 Par. fusz (= 49 m)
breit, die breite der lücke zwischen den teichen ist von Falbe nicht
angegeben; nach Beul6 fouilles k Carthage s. 113 beträgt sie unge-
fähr 23 m; südöstlich von n. 42 treffen wir auf die ruine n. 41,
welche nach Falbes beschreibung ao. aus zwei parallelen mauern be-
steht, die je nach 10 — 12' entfernung durch quermauem verbunden
sindy welche gewölbe tragen, die trümmerspuren gehen bis zu der
lücke n. 42, die nur sand zeigt; unmittelbar darauf begegnen wir
wieder resten von mauern, ähnlich denen bei n. 41, und diese ziehen
dann von dem punkte n. 44 die küste entlang zuerst in nördlicher,
*^ recherches aar remplacement de Carthage parCTFalbe, Paris
1883, mit Rtlas in fol. *^ es ist eine insel, keine halbinsel: denn
wie Benins ansgrabangen ergeben haben, zeigt der die insel mit dem
lande verbindende, 9«60 m breite dämm in der mitte eine unterbrechnng
von 4,55 m breite; resie von halbsealen ionischer Ordnung, die bestimmt
waren in die mauer eines gebäudes eingelassen bu werden, sind auf der
insel und nnter dem groszen, ringsamlaufenden quai gefunden worden
(Benl^ fouilles k Carthage s. 100 u. 108). wenn man nun mit Ben\4
aus diesen fanden Rchlieszt, dasz es keine sealen, sondern halbsealen
waren, die einst an den Stirnseiten der die schiffsschappen trennenden
Zwischenmauern standen, so versteht man erst den aasdruck Appians
Vin 90: 'welche das aussehen des hafens und der insel in das bild
eines randumlaufenden seulenganges verwandelten.* vgl. anm. 11.
328
EOehler: die häfen voe Karthago.
Ton ß. 50 an in nordöstlicher richtuiig, das gelände zwischen dem
meere und den beiden teiehen liegt auf dieser strecke (n. 44 — 50)
nach Falbe 20—25 Par. fusz (^«^ 6,5 — ^8 m) über dem meeresspiegel^
bei m 50 senkt es sich plötzlich auf eine strecke von 200 Par. fnez
(b^ 65 m), um dann wieder zu der anfänglichen höhe emporzusteigen«
der niedrige , sandige räum , welcher hier bei n. 50 den nördlichen
teich n. 48 vom meere trennt, zeigt wie der bei n. 42 keine spur
von den trümmem, mit denen die übrige küste bedeckt ist. auch
liegen hier nur wenige felsen und tief unter wasseri währeud sonst
die felsen mehr oder minder dicht unter dem Wasserspiegel vor der
ganzen kUste lagern.
Wenden wir uns wieder nach n« 44 zurück, so sehen wir, daee
die antiken trümmer hier eine trapezartige figur (nr. 44. 45* 46. 47)
bilden^ sie bezeichnet die reste eines gewaltigen dammes. die mäch*
tigen felsblöcke, ans denen er besteht, liegen nur zum kleinem teil
Über Wasser, zum gröszern 12 Par, fusz (ca. 4 m) unter wasser.
ebenso erstreckt sich von der ruine n, 41 aus in gerader richtung
auf n. 45 die spitze des genannten dammes, ein noch längerer,
gleichfalls aus mächtigen felshlöcken bestehender dämm, der fast
ganifi unter wasser steht, seine masze betragen nach Tissot I s. 611 :
160 m bei n. 41 und 90 m bei n. 45. diesen dämm hielt man bis anf
Torr fast allgemein für den von Äppian (VIII 121) beschriebenen,
durch welchen Scipio die hafeneinfahrt zu bperren suchte, dem steht
aber entgegen , dasz die von Äppian angegebenen masze (24 fnsa
über, 96 unter wasser) viel zu klein sind im Verhältnis zu den 90
bzw. 160 ra, die er in Wirklichkeit miszt. wenn es aber Scipios
dämm nicht sein kann, so bleibt nur die deutung übrige dasz es ein
molo ist. wir hätten demnach hier eine künstlich durch zwei ge-
waltige molen gegen nord , nordost , stidost- und süd winde geschützte
bucht, deren landseite ruinen trägt, die das ufer in gleich mäszigem
abätande begleiten, eine derartige bucht wird aber jeder einen hafen
nennen und in den am ufer h in zi iahenden ruinen die reste seiner
bollwerke sehen, welchen von den beiden häfen Karthagos wir hier
vor uns haben, darüber kann wohl kein zweifei sein: schon Appians
ansdruck npujioc Xi^irjv entscheidet» auch würden wir vergebens nach
der insel suchen, die in der mitte des kriegshafens lag. '^
*^ Tennailioh war der umfnng dea hafent etwaa gr'öszer &1b der der
jeUigen bucht: auf deoi plane von Falbe sehen wir Dcmlich an der
»tellef wo die landzuoge ao den iathmos von Karthago ansetzt, eine
kleine mit dem Bee von Tnnii« in Verbindung dtehende lagune, deren
öütliche canalartige fortsetsungr fast die franse landziinge durchschneidet
und. nur durch einen ca. th m breiten sandatreif^n vom meere getrennt,
hinler dem fuazpunkt des molo endigt, auch die bollvf^erkruineu n. 41
liegten aum teil hinter diesem fnBspnnkte, mlUsen aber doch einst, Ihrer
bestimmung nach, unmittelbar am wasser geleiren haben, diese topo-
graphischen thatsachen le^en den gedanken nahe, dasz der handels-
bafen nicht nur einst grOszer war als die heutig'e bucht, sondern da»s
«r vielleicht eine direele Verbindung mit dem see Ton Tnxiia hatte.
ROehler: die häfen von Karthago. 329
Man könnte nun einwerfen, dasz dieser hafen im Verhältnis zu
der ausdehnung des karthagischen handeis und der dadurch be-
dingten gewaltigen grösze seiner handelsflotte doch wohl zu klein
sei. dieser einwand würde schwerwiegend sein , wenn dieser hafen
die einzige stelle in der nächsten Umgebung von Karthago wäre, wo
schifife vor wind und wellen geschützt ankern könnten; so aber be-
sasz Karthago auszer seinen künstlichen häfen noch drei natürliche
reeden. *•
Nachdem wir somit, wie ich glaube, den handelshafen von Kar-
thago gefunden haben, bleibt noch übrig den kriegshafen, den Kothon,
za ermitteln, und da bieten sich fast ungesucht die beiden teiche
dar. nun erst gewinnt die lücke n. 42 in den den südlichen teich
umgebenden trümmerzügen eine bedeutung: wir haben hier den 49 m
breiten verbindungscanal zwischen dem teich und dem handelshafen
vor uns. nun fand sich aber, wie wir oben gesehen haben, eine
zweite derartige lücke zwischen dem langgezogenen südlichen und
dem nördlichen runden teiche von ca. 23 m breite und eine dritte,
65 m breite bei n. 50, welche letztere sich sogar bis ans meer fort-
setzte und zu Falbes zeiten in deutlich erkennbarer Senkung die
sonst ununterbrochen auf dem uferrande von n. 44 — n. 99 fortlaufen-
den mauerreste plötzlich unterbrach. — Wir haben also zwei waaser-
becken in der uferniederung^ von denen das südliche^ langgezogene
mit der als handelshafen erkannten bucht sowohl wie mit dem nörd-
lichen, runden in Verbindung stand, während man in dieses eine runde
insel umschlieszende beckenauch unmittelbar vom meere aus gelangen
konnte, wenn wir nun annehmen, dasz beide teiche zusammen
den kriegshafen bildeten, eine annähme zu der wir durch die
Scheidung in einen viereckigen und einen runden teil bei Appian
berechtigt sind , so glaube ich , sind die meisten der oben aus den
Schriftstellern entwickelten eigenschaften des kriegshafens vorhan-
den : denn die beiden teile unseres Kothon sind am meere gelegene.
welche später absichtlich oder durch natarereignisse verlef^t wurde,
heute ist das gelände darch den eisenbahnbaa vollständig verändert.
^^ChTissot gdographie compar^e de la province Romaine d'Afrique
I 8. 611 unten: 'outre les ports proprement dits, arte et manu facti^ Gar-
thage possedait trois vastes rades oü pouvaient ancrer des milliers
de b&timents. Tune de ces mouillages 8*^tendait entre le promontoire
de Sidi-bou-Öaid et celui de Kamart. le rivage desäine entre ces deax
Caps nne courbe abritte par le premier contre les vents de nord-est, par
le second contre ceax de nord-ouest. tonte cette partie de la c6te porte
encore aujonrd*hui le nom d*EI-Mersa, € le port, la rade», et le littoral
est convert de vestiges de quais et de constructions antiqnes. an second
mouiliage existait k Pouest da massif da Djebel Kamart et du Djebel
Khaoui, repr^sent^ aujourd'hui par les lagunes de Soukara, 11 ätait
compldtement prot^gd contre les vents de nord-est par le promontoire
qai forme le Djebel -Khaoui, et offrait Tabri le plas sür pendant la
Saison d'ätd. le lac de Tunis fournissait enfin, en toute saison, an
rdfuge assurd et an mouiliage assez vaste pour contenir les flottes les
plus nombreuses.'
330
HOahler: die liäfec von Karthago.
allem atiBchein nach ktlDstlich ausgeschachtete becken; beide su-
sammen" kÖDnen noch mehr als 220 scbiffsschuppen '* fassen;
kriegsbafen und handelshafen stehen mit einander in Verbindung,
feie haben eine gemeinsame einfahrt bei n, 45 zwischen den köpfen
der beiden molen; der handelshafen ist hei unserer annähme im ein-
klang mit Appian der auszenhafen, der kriegshafen der innere^ der
runde teil des letztern liegt der Byrsa zunächst; in seiner mitte sehen
wir die kreisrunde insel mit den deutlichen spuren eines gebäudes;
die kauffahrer kennen unmittelbar in die stadt gelangen, ohne den
kriegsbafen zu berühren, dazu kommt noch, dasz wir für die oben
B. 323 unter 6 aufgeftlhrte eigentümlichkeit bei unserer annähme
volles Verständnis gewinnen: erst dann, wenn man die läge der bei^
den teiche zu der bucht betrachtet, begreift man ohne weiteres,
warum die kauffafarer selbst dann nur wenig vom viereckigen teile
und vom runden teile des Kotbon iast nichts zu sehen bekamen,
wenn sie an der einfahrt n, 42 vor üb erfuhren.
Bei unserer annähme ^llt auch neues licht auf die schon oben
angeführte stelle Appians VIII 127, wo von der ersttirmuog des
Kothon durch Scipio die rede ist Scipio hatte das jähr zuvor den
bafendamm n. 44, 46. 46. 47 genommen; von doH aus richtete er
im frühjahr 146 einen Scheinangriff auf den viereckigenteil, wÄb-
rend der wirkliche angriff durch Laelius von der nördlichen Ver-
längerung des bafenboll Werks (n, 50 — n, 99) auf den runden teil
erfolgte, femer war es bei der frühem annähme ganz unerßndlich,
warum nur das nordbecken Kothon heiszen sollte, während doch das
südliche genau dieselben von Festus und Servius genannten eigen-
schaften besasz. ^' hei meiner annähme dagegen erscheint sowohl
'7 aueh iD Athen aod ßjraktis sind die eohifls schuppen auf mehrere
hafenheckeß verteilt. ^^ vielleicht hat Beul^ reste von einigen dieter
tchiffa sc huppen gefunden: dieaetben liegen reobts und Hnka von dem
die insel im nioden bafen mit dem festlande verbindenden dämme; sie
Bind 5^90 m breit, eiiificbliesEHcb der zwijichenmauern; die at&rke der
letztera scheint nacb Beulea auudruvk (fouiDefl k Carthage a, 106: *'ea
donnant au niur 30 cm d'epaisseur, on vuit* usw.) nicht meszbar ge-
wesen zu iein, eine atfirke yon nur 30 rm, wie Beule sie ibneo geben
will, ist zwar für manem, die aus Werksteinen errichtet sind, nicht un*
tnöglicb, besonderfl da es sich um zwtscbenmatiern handelt; indessen
m&obte Ich mit rücksicht auf die m&sze der oben (&nm. 14) erwi&hntd&
halbseulen 47 cm stürko annehmen ^ es blieben dann noch 5,43 m für
die schappen, was nicht anzufechten ist: denn die athenischen maszen
nar 7cm mehr. ^* BeuUs ansnihrnngen e. 91 ff. sind «ehr lehrreich!
sie zeigen, wie nahe er der Wahrheit war. er sagt dort: ^Appien en
transcriTant Pol^be, a commis uno errenr que je ne crains pas d'io-
diquer k Tavanoe. il dit d'abord que Scipion reut attaqaer un sent
port, celui qui s^appelle Cotbon, miiis il ajoate qu^une partie de ce port
^iait circutaire et Tantre carree. de deux choses l*une: oa le nom de
Cothon s*appliquait k Temjembte des deur ports, car nons verrons paf
lei fouilles que le port mtlitaire ^tait rond et le port marehand oarr^
on il i*appltquait geulemeut au port militaire, el alors Appien u*aiirail
paa du consid^rer comme deux parties da mftme tout le basain rectan*
BOehler: die häfen von Karthago. 331
das wort interiores wie das wort fossa in der erklärung des wortes
Eothon als wohl begründet.
Dasz wir in n. 50 endlich die neue mündung des Kotbon zu
sehen haben , welche die Karthager gruben , alsScipio die ein-
fahrt bei n. 45 durch einen bis jetzt nicht nach zu weis en-
den dämm sperrte, darüber wird wohl nach Falbes werten kein
zweifei sein, er sagt recherches s. 21: ^j'ai cru pendant plusiears
ann6es que lä se trouvait la vöritable entr6e da port, parcequ'il y
existait une coupure dans la ligne des möles de n. 47 ä n. 51 ; et
qne , tandisque sur le reste de cette ligne les roches sont plus ou
moins ä fleur d'eau*^, lä le fond est sablonneux et les roches plus
rares et plus enfonc^es sous les eaux. cependant aprds avoir examin6
et relev^ ces restes submerg^s , je fus convaincu que ce point n'^tait
pas assez prot6g6 par les möles contre Taction de la mer'^; qu'il
fallait donc aller chercher Tentr^e du port dans une direction teile
que la töte du möle n. 45 put la couvrir. aussi lorsqu'en poursuivant
mes recherches j'eus reconnu le point n. 42, il me parut 6yident que
la mdme se trouvait la v6ritable entr6e. en mdme temps je fos
frapp6 de Vidäe que le n. 50 ^tait le point oü les Carthaginois
avaient rompu les möles pour faire sortir leur flotte , quand Scipion
eut 6tabli la digue qui barrait Tentröe du port.'
Wir sind also, um das gesagte nochmals kurz zusammenzufassen,
zu folgenden sichern ergebnissen gelangt:
1) Die beiden südlich von der colline de St. Louis in der niede-
rung an der meeresküste liegenden teiche sind die reste des aus zwei
teilen bestehenden kriegshafens.^' der nOrdliche teil war rund, der
gulaire da port marchand et le bassin circalaire da port roilitaire.
Asdrabal s^attendait natorellement h ce qae le port ext^riear ffit attaqa^
le premier, et il brölait toat ce qai poavait g^ner les d^feDtear» oa
servir reonemi. le port int^riear paraissait moins menac^, et c'ett ponr
cela qa*il fat mjm6 k L^lias de 8*en emparer par torpHse, tandi^ que
8cipion dirigeait ane faa«8e attaqae contre Asdrabal, enferm^ daot le
port mareband; car noa« savont qae des cldtores contid^rablet s^paraieot
ran de Taatre les deoz bassint, paisqae les ^trang^ers ne poavaient voir
ce qai se passait dans l^arsenal^ et qae la d^6ance la pla« wkvkr^ avafi
poarra aa seeret des armements. il «st donc n^eessaire de reetifier les
expressions d^Appien poar ce qai conceme la forme d^u porU: il e«t
plas difficile de savolr comment le nom de Cotfaon leor doit ^tre ap-
pliqa^. les Cartba^ois appelaientila Cotbon la r^anion des deux portt
oa sealement le^ port militaire? on ne fera de r^pon«e plaasible k e«tte
qaeation qae le joor oa Ton aara d^coovert one ^tjmologie ineontestable;
malheoreasement la science b^lte encore/
*• vgl. Appiao Tm 120 zeile 14 (Bekker). *i aU leb za aofaii|:
december 1892 bin. dr. EAssmaon meine ansieht mitteilte, macht«
der»e!be mich daranf aufmerksam, dasz aach aaf dem plane des ver*
rtorbenen penerah Perrier Corpus inscriptionam f^emiticanim I in
a. 243, beide teiche sasammen als Kothon bexeicfanet seien, diese
nberemstimmon^ ist mir am so wertroller, als ich i^bx onabbiafif
daron nttr aaf ^rand der berichte cer alten und der wurdif^iuig der
i^elukdererhiltnieK: za a.einer ansiebt i^ekomn^en bin. obri^ens gfibt
oer enribnte plan nicht an, wo der hmodeUbafeD ra aachen ist.
332 AFleckeieen : zu Terentius HautoBtimoruinenos [v. 937],
südliche rechteckig, die ursprüngliche einfahrt befand sich aaf der
Südseite des rechteckigen, die neu gegrabene einfahrt auf der Oßt-
seite des runden teils, in der mitte des letELem lag eine durch einen
dämm mit dem festlande yerbundene kreisrunde insel.
2) Südlich von dem rechteckigen teil des kriegsbafens lag der
darch zwei molen gebildete auszenhafen, welcher für die handels-
fahrzeuge bestimmt war.
3) Zwischen den zwei molen lag die beiden häfen gemeinsame
einfahrt.
4) Alle genannten anlagen waren zu Falbes 26ii deutlich in
ihren regten erkennbar, dagegen ist der dämm des Scipio nicht mehr
nachzuweisen,
Kicht ganz sicher ist es, ob die von Beul^ am nordrande des
nördlichen teiches entdeckten mauerreste wirklich überbleibsei der
6chi£[&&chuppen sind , obwohl ort und masze dafür sprechen.
Vermutet wurde^ dasz der handebhafen einst wohl eine gr^szere
ausdehnung hatte und vielleicht durch einen canal mit dem see von
Tuniä in Verbindung stand.**
" um den lesern dieser atudie eine nachpriifung meiner ergeboisse
zn erleichtern, hat sieb der hr. Verleger atif meine bitte in danken 8 vB-erter
weise entscbloeaen dieser übhaDiitung eine photographische rednction der
südbiltfte des (selteoen) Falhesehen originalplaueä bebug^eben.
Obosz'Licbterfelde. Kaimund Oehlbr.
38.
Zu TERENTIÖS HAUT0NTIM0RÜMEN08,
Im prooemium des Göttinger inde^ ßcholamm für den sommer 1890
'variae lectiones' beipricht der Nestor der piiilolo^n Hermann Sauppe
Ausser vielen andern stellen s. 14—16 aaeh mehrere aus Tereatius^ Andr.
439 f. Haut. 484 f. 841. 937. 1065 f. mit einer ausnähme sind alle seine
emendationen so Überzeugfend, dagz sie m« e. aiiroHbrne in den text Yer-
dieneQ. jene einzig-e ausnähme bildet Haut. 937 quid dötU dicAm ti
discUae füio? wo b^auppe das letzte wort in ßiae >4ndert. aber wozu be-
durfte es hier überhaupt der erwähnuDjjr der tochter? wer anders als
diese bekam denn die mitgift? wohl aber muste Meuedemus denjenigen
nennen, in dessen interesse er diese frage an Chremes richtete, und
dies war sein sohni zu dessen yermäblung mit Chremes tochter er so eben
die einwillig^ung ihres Vaters erhalten hatte: ^'was soll ich in betreff der
summe der von dir ausgesetzten mit|;ift meinem söhne sagen?* zum aus-
druck dieses gedankens bedarf es a1Ierdin|^s einer kleinen wortverseifung:
quid döiiM te dixitse dicam filiof
aber jeglicher anstosz ist dadurch beseitigt, die dietio doiiä war be-
kannttieb neben der datio und promuno datü eine der drei bestellungS'
arten der mitgift (vgl. Fuchta-Rudorff instiU UI § 292).
DeESDEN* AlFBED FL£0K£t8EN.
OStange: zu Ovidius Metamorphosen. 333
39.
ZU OVIDIÜS METAMORPHOSEN.
Bei einer wiederholten prüfung derjenigen stellen, die PoUe im
register zur 15/12n aufläge seiner Schulausgabe als noch nicht geheilt
oder erklärt bezeichnet, glaube ich, gestützt auf die beobachtung des
Ovidischen Sprachgebrauchs, wenigstens für drei verse hinweisungen
geben zu können, mittels deren es vielleicht möglich ist der ur-
sprünglichen lesart auf die spur zu kommen.
In erster linie sei hingewiesen auf die verse X 183 fif. :
toUere Taenarides orhem properahat. at ülum
dura repercusso suhiecü verhere teUus
in vuUus^ HyacifUhSj tuos.
so bei Korn, Magnus, Zingerle, Polle und ARiese', dasz die stelle
von jeher Schwierigkeiten bereitet hat, beweist die nicht geringe zahl
von Vermutungen, die dazu vorgebracht worden sind, und auch die
eben angeführte lesart leidet, wie das wohl auch Polle durch seinen
zweifei hat andeuten wollen , an einer gewissen unnatürlichkeit des
ausdrucks , hervorgerufen durch die Verbindung verhere repercusso^
die auf einer Vermutung Merkels beruht, für die sich aber meines
Wissens ein ganz entsprechender beleg anderwärts nicht hat finden
lassen, nun steht aber weder im Marcianus noch im Laurentianus
repercussOj sondern repercussum^ während sich an stelle des jetzigen
verhere im letztem in aera^ im erstem inhere mit rasur des letzten e
und übergeschriebenem a findet, demgemäsz lesen wir denn auch
schon bei NHeinsius den vers in derjenigen gestalt, die man sich
um der hss. und besonders um des inhalts willen nicht gern wird
rauben lassen: dura repercussum suhiecit in aära teUus. wenn es
aber bei Heinsius dann weiter heiszt: in vuUus, Hyacinthej tuos^ so
fehlt jede Verbindung , die die beiden verse neben einander erträg-
lich machte, vielleicht dasz er dies selbst schon hat andeuten wollen,
wenn er in seinem commentar sagt: Hum lege et vuUuSy Hyacmthe^
tuos'^ ohne jedoch diese Wendung in den text aufzunehmen, aber
wie? kann die discusscheibe durch rückprall von der erde zugleich
in die luft und in das angesicht des Hyacinthus geschleudert werden?
ich meine, hier liegt ein besonders beachtenswerter fall der epexegese
vor, die ja von Ovidius mit groszer Vorliebe angewandt wird, es sei
nur hingewiesen auf stellen wie met. VIII 157 f. destinat hunc Minos
. . multiplicique domo caecisque indudere tedis\ XIII 678 quipelere
antiquam matrem (mutterland) cognataque iussü lUora\ XY7 patria
Curihusque reliäis; XIV 86 Hippotadae regnum terrasque calenti
sulphure fumantes ua. ist nun auch die epexegese, wie in den beiden
zuletzt angeführten stellen, zumeist von der art, dasz sie zu dem
ersten begriffe nur einen zweiten ziemlich gleichbedeutenden hinzu-
fügt, so ist es doch bekannt, dasz eben durch diesen zweiten begriff
häufig eine schärfere Umgrenzung des erstem bezweckt wird, wie
334
OStange: zu Ovidius MeUmOTplioeeii.
wir sie im deutscben durch ^und zwar' anzuknüpfen pÜegen* in
dieser wei^e, glaob© ich» ist nun aucb hier in tmlius zu dem weitem
begriff m a^a hinzugefügt, bei dem ich jedoch nicht, wie Heinßiua
wollte, die präp. in durch ei zu ersetzen, sondern an das hsl. in
vuUus ein que anzuhängen vorschlage, das vor dem eigennamen
HyacintM leicht genug übersohen werden konnte* alsdann wttrde
mit fast vollMtäBdiger wahru-ng des in den besten hi^s* überlieferten
Wortlautes die ganze stelle lauten:
dura repercussum subiecU in aera ieUus
in vuUusque^ Eyadnthe^ tum.
Zweitens erwähne ich die stelle XV 364, die sich ebenfalls schon
seit des alten KHeinsius zeiten mancherlei änderungsvorsehläge bat
gefallen lassen müssen und gegenwärtig bei Korn in folgender gestalt
vorliegt:
*, scrohe deieäo mactatos obrue taaros.
wenn Polle diesen vers, den er übrigens selbst in einer etwas andern,
fassung gibt {in scrobe dekdos usw.), gleichwohl ebenfalls unter den
noch nicht geheilten stellen aufzählt, so wird man ihm darin geml
beistimmen, denn 6iDmal ist zu beachten, dasz in den für den inha
des versea in betracht kommenden parallel stellen — ich hebe be-
sonders Ov. fast. 1 376—380 und Verg, ge. IV 281—314. 538—568
hervor — von einer grübe gar nicht die rede ist, mithin auch das
von Heinsius herrührende scrobe mehr oder weniger in der luft
schwebt* nebenbei bemerke ich, dasz es wohl nar auf einem ver-
sehen beruht f wenn es nach der aufzählung der lesarten bei Korn
den anschein hat^ als fände sich scrobe in den bessern bss.; vom gegen-
teil belehren uns die übrigen kritischen ausgaben, darunter die noch
immer unentbehrliche von N Heinsius. erweist sich aber das erste wort
scrobe als nicht hergehörig, so fällt damit zugleich Madviga Ver-
mutung deieäo, und das überlieferte dileäos oder dekäos tritt wieder
in den Vordergrund, endlich wird man auch paläographisch be-
trachtet die Worte i scrobe dciedo doch nur als einen etwas gewalt-
samen ersatz für überliefertes i quoque düedos ansehen können.
Solche und ähnliche gründe mögen wohl auch Biese bestimmt
haben, in beiden auflagen den vers nach dem Wortlaute der Über-
lieferung beizubehalten, freilich nicht ohne ihn in dt^r kriti sehen vor-
rede als *corruptus' zu bezeichnen, der eindruck der Verderbnis aber
wird hervorgerufen Einmal durch das zu beginn der nun folgenden
aufzählung vollkommen unpassende quoque^ sodann durch die un-
vermittelte, dem Sprachgebrauch Ovids durchauä nicht angemessene
nebeneinanderstellung der beiden part. düedos (oder deUdos) und
madatos. fragt man nun, wie diese Verderbnis entstanden sein
könne, so läszt sieb vielleicht auch hier aas der beobacbtung der
Ovidischen aosdrucks weise ein aufschlusz herbeischaffen, unser dichter
liebt es sehr zwei ver^chiedene formen ^Ines und desselben verbums
neben einander zu stelleUi von denen die zweite ein participium ist.
OStange: zu Ovidius MetamorphoBen. 335
als beleg führe ich nur aus den Metamorphosen folgende stellen an,
die sich leicht vermehren lieszen : 1 33 secuü sedamque^ IX 74 domm
äomUamquey VI 234 frena dahat ^ dantem, IV 64 tegUtir^ tecttts, 713
Visa est, visam^ IX 215 dicU, dicentem. hiervon ausgehend möchte
ich annehmen, dasz auch vor tnaäatos^ was ja beim abschreiben leicht
genug geschehen konnte, der imperativ macta ausgefallen sei. war
das einmal geschehen, so muste der nächste abschreiber, nm das
volle masz des verses wieder herzustellen, an irgend einer stelle
etwas einflicken, und diesem bestreben glaube ich das zweifelhafte
» quoqtie zuschreiben zu dürfen, vielleicht lieszen sich auch dafür
gründe anführen, warum dem abschreiber gerade diese ergänzung be-
sonders nahe gelegen habe, doch ich bezweifle, ob es von wert wäre sie
aufzuzählen, jedenfalls entspncht die hier vorgeschlagene fassung des
verses deleäos macta, maäatos ohrue tauros am ehesten dem, was
man hauptsächlich nach den angeführten parallelstellen auch für
unsere stelle erwarten darf, ohne dasz die änderung eine besonders
gewaltsame behandlung des überlieferten textes voraussetzte, ob
man dabei noch einen schritt weitergehen und für deleäos die der
Ovidischen ausdrucksweise vielleicht noch besser entsprechende Wen-
dung i, lectos einsetzen solle, möchte ich zunächst noch unerörtert
lassen.
Die dritte der hier zu behandelnden stellen steht VII 836 and
lautet bei Korn und Magnus also:
egredior süvamque peto vidorque per herhas
^aura venV dixi *nostroque medere Idbori*,
statt vidorque per herhas^ wie es sich übereinstimmend in den besten
hss. findet, schreibt Polle mit Merkel vidorque pererrans, Biese*
aber lucosque pererrans nach seiner eignen Vermutung, um mit
letzterer zu beginnen, so kann ich mich von der notwendigkeit den
begriff vidor zu beseitigen und durch einen acc. wie lucos zu er-
setzen nicht überzeugen. Polle erläutert vidor (ähnlich wie MHaupt)
unter beruf ung auf Verg, Am. I 192 mit den werten *der erreicht
hat wonach er strebte, hier etwa «nach glücklicher jagd»'; das
scheint mir für den ersten teil zutreffend, weniger für den letzten,
denn aus den vorhergehenden worten egredior süvamque pdo kann
man doch schwerlich herauslesen, dasz Cephalus bereits der jagd
obgelegen habe, um nun *nach glücklicher jagd' umherzustreifen.
wohl aber halte ich den ersten teil der anmerkung 'der erreicht hat
wonach er strebte' für vollkommen angemessen und auch genügend,
wonach verlangte es denn den einsamen jäger vor allem , sobald er
den wald betrat? was ist es, das ihn froh macht, so oft er in den
wald gelangen kann? er ist verliebt in das kühle waldeslüftchen : tu
me refidsque fovesque, tu fads ut süvas, ut amem loca sola (v. 818 f.).
so ist er denn auch an jenem verhängnisvollen morgen schon glück-
lich , als er den wald erreicht hat , und ich denke, dieses Vollgefühl
der freude, an den ort seiner Schwärmerei gelangt zu sein, wird eben
ansprechend genug durch vidor gekennzeichnet, am passendsten
336
OStange: zu Ovidius MetamorphoBen»
glaube ich auf Yerg. Äen, X 409 verweisen zu dürfen » wo der birt
die trift angezündet hat und nun sieb über das gelingen seiner ab-
siebt freuend dasitzt: UU sedefis vidor flammas despedat avantis*
aber auch andere stellen der Aeneis, wie II 329» VIII 50 und 61,
XI 565 sowie das Horazische vidor propositi {ep> I 13, 11) sind
meines eracbtens geeignet das überlieferte vidor im angedeuteten
sinne hinreicbend zu schützen.
Schwerer sind die bedenken, denen die letzten werte desselben
verseejjer Iwrhas unterliegen, denn so anmutig es erscheint, wenn
sie in Siebeiis - Polles wörterbach und bei Magnus durch hinzu-
zudenkendes stratus oder iacens erläutert werden, so wenig wird
man sich entsclilieszen können, diese erggnzung aus den vorhandenen
Worten selbst herauszulesen, das empfand wohl auch PoUe selbst,
wenn er es vorzog im texte statt dessen Merkels pererratis beizu*
behalten, wie wenig aber auch das zu befriedigen vermag, beweist
wiederum das verfahren Rieses, der, wie erwähnt» um dem bedürf
nis des Inhalts gerecht zu werden, sein lucoscjue einsetzte, nicht ohn€
der Überlieferung damit ziemlich stark gewalt anzuthun. dasz man
aber auch nicht ohne weiteres per herhas mit dixi verbinden dürfe^
lehrt wohl das komische der Situation, die sich ergeben würde, wen
man sich Cephalus den geliebten namen durch das gras hinrufend
vorstellen wollte, statt alles dessen scheint es mir angebracht darauf
hinzuweisen, wie Ov. seiner auch sonst bevorzugten gewohnbeit fol-
gend gerade an dieser stelle besonders behaglich mit den werten
spielt, unsere stelle gibt nur einen besondern fall der von 809 bis
815 geschilderten allgemeinen Situation wieder, wie nun dort daaj
Wohlbehagen, das Cephalus an dem kühlen lüflchen findet, durch*
die vierfache Wiederholung des Wortes aura gleichsam zum leben-
digen ausdruck gebracht wird , so ist es als müste auch hier der zu-
erst angeschlagene ton, wenn auch schwächer, noch einmal erkUngen
das wird erreicht, wenn man si&it per herhas schreibt per aurai
die nebeneinanderstellung vidorque per auras *aura veni* dixi ergib
dann zugleich einen ähnlichen anklang, wie ihn der dichter selba
schon zwischen aa/ra veni (836) und aura venias (813) einerseit
nostroque medere läbori (837) und requies erat tüa lahari (812) ander
seits wohl nicht ohne absieht gesucht hat. für die verbindnng dk
per auras woisz ich zwar ein vollkommen entsprechendes beispie
nicht anzuführen, doch glaube ich, dasz Verg. Äen. II 768 au
quin eliam voces iadare per umbram und IX 112 tum vox horre
per auras excidÜ nicht gar zu weit von dem gesuchten entfernt sind,'
Dresden. Otto Stanoe,
CHofiias: zn den handsohriften des Lncanns. 337
40.
ZU DEN HANDSCHRIFTEN DES LUCANUS.
Da ich in meiner ausgäbe des Lucanas zum grösten teile mich
auf die handschriften der Paulusrecension gestützt habe , so wähle
ich diesen ort^ um mein verfahren zu rechtfertigen und besonders
die geringscbätzung des bis dabin so hochgestellten Yossianus I zu
begründen, über alle streitigen stellen zu reden kann mir nicht
einfallen'; zu viele gibt es , bei denen eine einigung nicht zu stände
kommen wird, da beide parteien die gewichtigsten Zeugnisse für sich
in anspruch nehmen können : so, um einige beispiele anzuführen, bei
I 687 erinys^ — enyo^, II 346 sociam^ — comüein*y 429 exeipU^ —
aspicU^, IV 304 mäaUis'' — meduUis^ 490 conferta — conserta^
620 sustulit^ — extidit^^ V 158 irnjoroha^' — impia^\ 163 inuUo
— inatiäOy VI 384 fregere^^ — ruperc", 683 inspuit — inhuüy
Vn 262 gladiosqtce exs. culpa^^ — gladiisque exs. culpam^^^ VIII 27
piget" — pudety 402 audä — hovrety 615 praebere — monstrarey
IX 40 rapinas — ruinös, 213 fac — da, 777 textura *® — iunätira ",
935 potens — tenens, X 94 thalami^ — thalamos^ 261 profundunt
— refundunty 488 hixuriosa*^ — ambUiosa^* und sonst noch an
vielen orten, solche stellen fallen dem sieger in den übrigen zu.
dasz der Montepessulanus furchtbar verderbt ist; sieht man auf den
ersten blick; aber gerade die hss., deren text am meisten von der
nachlässigkeit der Schreiber zu leiden hatte , geben oft die sicherste
grundlage zur textesrecension , da man vor beabsichtigter inter-
polation, die am schwersten zu entdecken ist und den unbefangenen
leser so gern blendet, sich sicher fühlen kann, bei Lucan geben B
und C, weniger U für M den prüfstein ab , um die urspüngliche les-
* vgl. Ov. her. 6, 46. culex 246. Octav. trag. 23. 936. CUad. rapt.
Pros. I 226. Coripp. loh. Vin 136, bes. Verg. Aen, II 337. » vgl. Stat.
Th, V 156. VIII 666. XI 84. Mart. VI 32, 1. spect. 24, 3. Val. IV 604.
Sil. X 202. Petr. 120, 62. » vgl. Sen. üerc. für. 904. Val. I 165.
V 118. Stat. Th. XII 208. 382. Sil. VI 372. Alcimus Av. HI 99. * vgl.
VIII 190. Verg. Aen. IX 277. Ov. met. III 674. Sen. fferc. Oet. 604. 968.
* vgl. VI 676. X 318. Cland. cans. Hon. IV 442. « vgl. Ov. meU
Vm 330. Sen. Phoen. 68. Sil. III 418. Verg. Aen. I 420. » vgl. VI 34.
Stat. 8. 11 2, 86. Avienus descr. 376. Tiberianas (PLM. III s. 266) II 2.
® von uenae silicis spricht Verg. georg. I 136. II 166. ^en. VI 7.
Ov. am. I 11, 9. 8. auch Cat. 68, 111. » vgl. VIII 346. Verg. Aen.
IX 127. Fun. pan, 11. «<> vgl. Val. VII 639. Sil. XI 492. " vgl.
Verg. Aen. IV 386. Sen. Med. 340. Sil. VII 639. Stat. XI 834. Coripp.
Joh. IV 211. » vgl. Val. IV 13. " vgl. Verg. g. 1 94. II 400.
'< vgl. Ov. am. m 10, 32. *^ vgl. X 97. «• vgl. VIH 617.
Verg. g, III 468. Sil. XI 199. Claud. Get. 663. *' vgl. Auson. XIV
tetr. 6, 28 (s. 188 F.). ^^ vgl. Ov. her. 16, 110. met. XII 370 Frndent.
apoth. 1016. »« vgl. Verg. Aen. XII 274. Ov. met. II 376. 823. XII 288.
Alcimus Av. IV 260. " vgl. Ov. am. III 11, 46. her. 9, 169. 16, 284.
Claud. Stil. III 262. «* vgl. Fhaedras IV 6, 44. Sen. suas. 2, 14. « vgl.
Ov. trist. I 9. 18. Mart. XII 66, 4.
Jahrbflcher f&r dass. philol. 1893 hft. 4 o. 6. 22
338
CBosius : zn den bandscbriften des Lucanua.
art der PaalusreceBsioB in den meisten versen mit ziemlicher sicfaer-
laeit feststellen zu IsönneD. diese hss. , besonders in ibrer gesamt-
beit, überragen den Vossianus I weit, der teit dieser ha. Ut «war
glatter, geMliger, weniger dunkel, aber das mindert gerade den
glauben an seine uisprUnglicbkeit, manche uneben lieit des au;**
drucks, manchen Widerspruch darf mtm dem jugendlicb hitzigen,
dabei sehr schnell schaffenden dichter schon zutrauen, in V Hoden
sich seltnere oder ant den ersten blick wenig verständliche worte
beseitigt und durch andere ersetzt, so IV 399 /ijM^r", VI 32 metatur^
109 turgmtihus, ¥11 32 rapere{is^\ IX 762 iUo, besonders deutlich
tritt das streben nach klarheit zu tage XU 347 ff. man kann hier
allerdings anstosz nehmen, das fehlende verbrnn, das aus v. 344
herbeigeholt werden musz, die auffüllige Verbindung Ä^mV?a cem»
foedaque continffi, die wiederholeng desselben worteb coniingi —
attingere^ das sind gründe genug, um hier zu stocken, doch *firroa
valent per se nullumque Machaona quaerunt*. die richtige ergfinzung
des verbums sah schon der scholiastC zu v. 345 und 348; auf ähn-
liche weise zieht sich dasselbe prfidicat durch eine reihe von versen
I 423 ff,, III 184 ff., 199 f., 230 ff. jene singulare Zusammenstellung
ist dem oheim entlehnt, der nat, qtmest^ III 19,1 h^rridam aspici sagt
(vgl. Hör. c. IV 2, 59 niuetts uideri)^ Herc, für. 719 Acheron tnutus re-
nauigaru Stat. Th* VI 731 (706 j immanis cernu endlich der dritte
grund verliert seine berechtigung bei vergleich mit I 45 acta — per*
ada, VIII 462 transuerso ueriitur ae^tUy Sil, V 65ß ohruÜur,,nimboque
ruente^ VII 421 ohiectis reiectat hier hat also ein Interpret ge wirt-
schaftet, und den erkennt man noch manchesmal an den stark nach
glosse schmeckenden lesarten, so bei II 292 campressaSt III G6 pluB,
124 mstro, 598 tela, IV 104 $tihi€da'\ 407 imd^, V 375 rdinere^
VI 15 lUore, 178 di^ecat, 211 e^raque", 292 obsessum, 330 con-
uertit^ 354 sagUHs^ AdQpotuere, 504 inferretquey 585 atieriere^ VII 58
perdere, 530 pubeSy VIII 617 possU, 818 faäorum, X 106 Caesare ua.
dahin gehört auch das oft zugesetzte «s#* auch wohl VI 214 uenii*
den gleichen Ursprung verrät X 329 moitbus — quieiis : moribus —
rccepiis ist ein glücklich gewähltes bildj von mores des himmeU
spricht Verg. ^y. I 51 , des fiusses Lucr* I 296, des meeres Stat, s,
III 2, 87, bei diesem lesen wir Ach* I 858 leo mores accepii, ithnlich
Sil. XIV 87 accepit regia mores, Sen, Fhaedr, 1205 recipe iam mores
iuo$. manches mal mag auch die schuld am Schreiber liegen, der die
»* vgl zu diesem treffenden wort IT 447. IX 228, Petr. 119, 4«.
Vftl. IV 669. Sil. XI 608, auch Ov. her. 18, 196. »^ vgb Val. H 25S,
HÜ. XI 197. XII 478. Ben. diai, VI 10, 4, *^ zu tuhifjtta v«l, Se».
Phaedr. 964. «tat. Th. I 346. II 627, «ar construclion Ov, meu XIV ;t68.
" zvL alit vgl. Ov, her, 10, 86. Öeo. Fhaedr, 914. Stüt. j. II 7, 18*
8iU 1 289. Clund. Get. 136. »» m citra v^L IV 728. Ben. <fp, 108» 18.
tte t'teui, l 26, 1. Tue. Agr. SS ttira $anguinem, Stat. TL VU 74! uuimera
dtra •* 10 I 462. U 10*. lU 268. JV 618. V 808. VI 60«. 671. 811.
VU 303. VUl 293. 386: Ul 673 i^ab das fehleude mujU den attstoat,
concretus M&nguis 6udet @ioh auch Ov. met. XIII 492.
CHosiue: zu den handschriften des Lucanus. 339
glosse in den text setzte, wie 11 71 bei dem metrisch unmöglichen
humidi.^^ ein peinlicher beobachter grammatischer regeln spricht
ans änderungen wie I 50 iuimt^ V 616 iUe, VII 217 cornu^ 818 /br-
ttMUij IX 430 päiuimus orhe^-^ IV 771 steterant verrät den ängst-
lichen metriker. übrigens kann man das lob geschickter interpolation
dem Urheber dieser recension nicht abstreiten ; seine lesarten decken
sich häufig mit andern Lucanstellen , sind vielleicht auch durch er-
innerung an solche beeinfluszt, so entstand I 429 poUtUfis sanguine^^
aus VI 307, II l^Spararent aus II 68. VI 783, VI 166 classica comu^
aus I 238. VII 476, Vü 68 perdere cunäa aus 666", VII 246 sperare
secundos aus 349. IX 243, VII 693 pars maxima turhae aus 656. 844,
Vni 134 Caesarü arma aus VI 285. VII 196. VIII 325, VIII 505
ciuüibtis armis aus 351. III 313, IX 446 sentire procdlas aus VI 470,
X 398 non segnis ÄchiUas aus X 115, X 490 tanta est fiducia tnentis
aus IV 538. VIII 447. IX 898. X 427, X 532 discrimine nuUo
Caesaris aus IV 218, vielleicht so auch II 296 das metrisch unzu-
lässige Bacos aus der Zusammenstellung mit Chtae (II 54. III 95)
und VII 746 necplura locutus^^^ das dann noch den folgenden vers
nötig machte, aus 615. II 490. FV 544. VIII 453, endlich noch
IV 131 madefado rohore . . texüur^y das das Zeitalter dieser recen-
sion vor Priscian sicher stellt, aus 419 contexunt rohora oder II 125
maduerunt rohora. reine flüchtigkeitsfehler und daher wohl dem
Schreiber zur last zu legen sind I 388 in aus 391, II 365 uuUiis aus
361 oder 373, HI 547 rostris aus 544, IV 632 rohore aus 633, IV 675
destinat^y VII 330 sutnpta aus 331 , VIII 53 fläus aus 54, IX 349
Utora aus 348, IX 1032 si aus 1031, X 11 signa aus 10, auch wohl
m 672 tortum aus 671. 679."
Von den andern stellen greife ich die heraus, welche einer be-
gründung bedürfen, indem ich zugleich in aller kürze die haupt-
varianten der übrigen hss. bespreche, über die notwendigkeit der
aufnähme wird man auch so noch hier und da streiten können, über
die möglichkeit, hoffe ich, nirgends mehr.
I 101 male 'nur schlecht', ganz ähnlich Stat. Theh. I 120
geminis uix fluäihus ohstüit Isthmos — 209 vgl. Trampe de Lucani
^ auidus ist ähnlich gebrancht Ov. met, IX 172 sorbeni caddae flammaCt
Sen. dial, VI 17, 1 auidissimum maris ueriicem, Stat. Th. VIII 132 auida
ruina. ^ zu peiXmus ygl. Trampe de Lucani arte metrica s. 10 ff.
^1 dadurch beseitigte er zugleich den ihm dunkeln ausdruck pol-
ItUus foedere\ es ist rupto zu ergänzen, wie I 41 peremptus zu Caesar,
III 286 laesi zu amoris^ IX 233 occisus zu Pompeius. •'• zu cantu vgl.
Verg. Aen. VI 165. Sil. IV 170. Coripp. loh. I 425. " zu uertere vgl.
Verg. Aen. II 652. ^ das sie milite iusso scheint Stat. Th. X 84 im
äuge zu haben, wo er in ähnlicher Schilderung sagt : praedam adserualis
opesque iam uestras. sie ille truces horlatibus implet Labdaddas. ^^ uimine
ist sicher richtig, vgl. Tib. II 8, 15. Verg. g. II 446. Val. II 108. Isid.
or. XIX 1 und über dies selbe ereignis Caesar b. c. I 54, 1 f. ^ zu
distinet vgl. Ov. her. 8, 69. Avien. or. mar. 305. ^ totum passt besser
zu ualidis; ^viribus enim opus erat ad aplustre totum . . in hostes iacien-
dum' Gudendorp etwas nüchtern, aber richtig.
22*
340
CHokIub: zu den handBchrlften des Lucanus.
arte metrica b, 45 — 246 gelidos proleptisch, vgL die praef. der aus-
gäbe ß, XV, auch Verg. Am. III 259 — 2ö4 rueniem wie 308. IV 27S*
Ov, meL XIII 83. VaL I 850. SIL H 110. IV 652. V 29. VI 672;
furentem aus 250 oder 255 — 305 U4ilidus paset schlecht «u üro]
uaUdae ist prolep tisch zu fassen, etwas anders Olaud. cona, Hön,
TV 120 u^üidum deuoto milUe rohur — 320 s, praef* 8. XV — 300
expfomere wie Verg. Aen. II 280. Stat. Thth, II 101 — 389 mhi-
fertJte thut nichts zur sache ; die wSlder beugen sich vor dem eturm.
also trefflich i^mi/erac, s. Sen. jä^atw, Ml pinif er Olympus. Val. VI 393.
Alcimus Av. IV 516 pinig^ Othrys. Stat. Theh. Vm 79 frondem
Ossa, vgl. auch Verg. Äen^ IV 248 f. Sil. V 613 — 416 äucai r<m
dem der von oben her an sich zieht, unten IV 81 raptos — flt*ctas,
VII 5 attrasüy auch X 252; tüJlai ist entstanden aus den zahlreichen
gleichen verfesch lüssen der art, bes. Verg. Aen, T 103 vgL IX 16. 637.
X 262. XI 878, Petr. 122, 147. VaL IV 555. Stat. Theh, X 336.
Sil. VI 101. IX 168. Mart. IX 13,7. -- 419 mihi — lateim gegensati
EU guaeriie einzig richtig, wie in v. 420 Aiuri^ bei Aus. Mos- 468 Tar-
heHmis Aturrns'j die kürznng der zweiten sübe ähnlich im namen
Sabhura (IV 722) , der bei Caesar b. c. H 38 Saburra , bei Appian
Caßoüp(p)a heii^zt; vgl. I 675 Ed^nis — 427 Sidon. Ap. cp. VII 7, 2
{Aruerni) audebant se qitondam fratres Lotio dicere — ^531 denso hielt
Oudendorp nach Seneca nat quaest.. VII 21, 1 placel ergo nostris
eomdas siciU faees . . denso aere creari. doch Seneca» abweichende
meinung steht im folgenden capitel und bes. II 57, 1 fulgurat , . ubi
aBr in ignem eaienuatts nubibus uertUur^ ebenso der neffe tenso a€re
— 567 sanguinemt/^que besser nach Stat. Thtb, X 173 sanguineosque
roktt crine^y Val. IV 235 sanguineosque rotat orbes; s. auch Verg.
Aen. IV 643. VII 399 — 579 umbris kann ich nicht erklären; an
manen ist hier noch nicht zn denken ; aurae sind die winde : Ov. met,
VII 187 sagt ähnlich silet umidus aer, Coripp. loh, 1211 uentisque
süentibus — 588 errare oft von tieren: Verg. ed. 2» 21. 6,40. Aen.
I 185 Vn 493. Ov. met. XV 14. Sil. VII 438, vgl. auch Stat, Theb,
V 604 errantes per capia cubüia plumae ; U'Oliiantis schmeckt nach
glo&8e, obwohl bei Ausonius II 202 (Peiper) uoliio super aärapimUf
— 615 mgrum ist an sich trefflich am platze ; doch das vorbild fOr das
ganze opfer, Senecas Oedipus hat 141 nee criwr ferrum maculauU
ater\ iurpis c plaga sanies profusa \ dem turpis entspricht hier mehr
dintm, so unten VI 501 nnd Hör. epod. 5, 61 dira uenena; aur^h ist
IX 810 uirusprc sanguine nicht ntgrum^ sondern rutüum — 642:
sicher geben MV den sinn des Schriftstellers wieder, und aus diesem
gründe habe ich ihre lesart In den text gesetzt, woher dann aber
jene corruptel der andern hss., die Prise, nach verteidigt? sollte
dem hastig arbeitenden dichter eine ähnliche sprachwidrigkeit in die
feder geflossen sein wie' Lessing in der bekannten stelle der Kmitia
Galotti; Masz der prinz diuh nicht ohne miszfallen gesehen habe*?
zahlreiche derartige heispiele hat zur bekräftiguug des Liviani&cheii
kaud impigre WHeraens in diesen jahrb. 1886 s. 173 und 1891 s, 501
CHosiuB: zu den handachriften des Lucanus. 341
gesammelt — 687 halte ich JEnyOy für das auch die glosse in B
spricht, für richtig: so spricht Mart. VI 32, 1 von der beUi dwUs
Enyo, Stat. Th. V 155 von der Martia testis Enyo, s. ebd. VIII 666.
XI 84. Petr. 120, 62 {fercUis Enyo). Val. IV 604. Sil. X 202. den
Schreibern mochte der verssohlusz tristis JErinys aus Verg. Aen.
II 337. Culex 246. Ov. her. 6, 45 im obre klingen — II 13 s. praef.
8. XV — 126 aus der Variante Vestae blickt zu deutlich das scholion
zu deaCy als dasz mir ihre echtheit glaublich erscheinen könnte;
negledu wäre eine leichte heilung, wenn ich nicht schon durch inter-
punction helfen zu können glaubte, eigennamen liebt Luc. durch
Zusätze zu erklären, so I 214 ptmiceus Bubicony VI 674 puppim
räinens echeneis und bes. die schlangennamen in buch IX. daher
fasse ich auch hier uiolatae dextrae gleichsam als interpretation von
Scaeuola und ziehe negleäutn zu templum ; nicht unähnlich ist in der
construction VIII 223 aäerni Martis Älanos, 245 placidi Colophona
maris , im ausdruck Sil. I 641 fatiferae iuuenem dextrae, der enkel
führt dadurch die ruhmreiche that des ahnherrn aufs hellste vor
äugen, wobei infolge der erstrebten kUrze eine kleine ungenauigkeit
mit in den kauf genommen werden musz. auch Sil. VIII 383 nee
dextra indignus axwrwm Scaeuola zeigt eine gewisse gedrängtheit der
Sprechweise — 162 latei wie Anth. Lat. 724, 3 cunäis iä sü co-
gnoscere promptum^ quidquid uhique lotete s. auch Ov. fast, I 494.
mä. XV 72. Stat. s. I 6, 68. Sen. Herc. für. 286 — 195: an eine
niedermetzelung der Praenestiner zur nachtzeit , von der auch kein
autor berichtet, kann nach dem ganzen Zusammenhang Luc. nicht
gedacht haben; will man nox als todesnacht auffassen, wie Verg.
Aev^. VI 828. Ov. tMt. I 721 ua., so stört tempore^ keinem bedenken
unterfiegt dagegen unius — mortis^ wie VII 89 una ruina^ Verg.
Äen. IX 453. Stat. Th. I 109. X 469. Sil. V 498. XVII 500 —
218 redduntque MB, doch nicht die ufer werfen die leichen hinaus,
sondern die wellen; also reddüque mit dem aus amnem zu. entnehmen-
den subject amnis'^ ähnlich IV 206 cognüa Fetreio seque . . uidet sc.
FäreifAS. zum ganzen vgl. VIII 438. Sil. X 320 Äufidus imdas ekdat
reddüque . . corpora ripis^ auch VIII 669 — 383 läszt auch toto als
dativ sich belegen; die corruptel aus mundo liegt aber zu nahe —
389 rigidi verteidigen Ennodius epigr. 13, 1 und die Inschrift —
426 : der Silarus liegt von Salemum zu weit ab, als dasz tecta zulässig
wäre, mag der dichter auch manchmal in der geographie irren, in
Campanien, wo seine familie besitzungen hatte, wo er auch selbst
längere zeit geweilt haben musz , da unter den titeln seiner werke
briefe aus Campanien aufgeführt werden, möchte ich ihn von diesem
Schnitzer freisprechen, es ist also cuUa zu halten: vgl. III 210. 271.
Verg. g. IV 126. 372. Äen. VIII 63. X 141 - 473, eine stelle deren
Schwierigkeit gleich bleibt, ob man Luceriae oder Nuceriae liest.
Luc. beschreibt die flucht der Pompejaner aus Etrurien, Umbrien,
Picenum. aus Luceria soll Scipio geflohen sein , eine thatsache die
ich sonst nicht erwähnt finde, jene stadt liegt dazu in Apulien, und
342
CHosiuB: 3$u den bftudsclirifbeD des Lucanus.
Ton ihr aus begibt sich Pompejns auf die nachricht von der ein-
Babme Corüniums aacb Brundiüium (Caea* &. c. I 24, 1, Appian
II 38). damals aber war er Bocb in Capua, und Scipio batte keinen
grtind zur flucht. Nüceria beiszen zwei etfidte: die gröszere, östlich
von Salernum, passt nicht; die andere, nordöstlich von Asisium in
Ümbrien, reiht sich trefflieb hierein; aber die zwei legionen , die
Caesar zum Partberkriege abgeben muste und auf die der dichter
hier anspielt, hatten nach Caesar b, c. I 14^ 3. Cic. ad Ätt, VII 20
ihre quartiere in Apulien. auf jeden fall abo haben wir hier eine
Verwechslung zweier städte — öö3 ori$ las schon VaL, wenn er
lY 589 ficbreibt remeat qui uictor ah om; s, auch Ov. met. V 649.
trist IV 9, 17. Sil. XIV 152. Stat. Th.YU 566 — 609 conscendU
mag aus III 59 entstanden sein: denn concessit wird sicher ge-
stellt durch Stat. s. III 3„ W3 JJiomedeas concedere iussus in arces,
Curt. EuL V 3, 11, VIII 10, 33 -- 624 (u, X 545) nur Epidamnos
entspricht der geographischen Schilderung — 650 ein hübsches bei-
spiel für vertauschung des ursprünglichen wortes mit der glosse.
über segnis steht in D pro se^niciei^ in V pro S€gniiie\ es ist klar,
dasz das die erklSrung zu pacis ii^t^ also dies die echte lesart. so
sagt auch Martialis speä- 4, 1 turba grauis päd placidaeqm inimica
quidif Statins TÄ. I 443 pacem somnumque pati , und Hannibal ist
Sil. XII 726 indocUis pacisque modiquc. 'iam Vitium in duce non
esset, impatientem esse segnis longaeque quietis; at vitium est in
Caesare pacis impatientem esse' Kortte — 654 : nach Vertreibung der
feinde sind die arces doch nicht mehr infestac] oppressae malt die
ecbnelligkeit der Operationen Caesars, wie rapfa und praeceps —
III 23 Vorbild war wohl Ov. meL VII 856 ihalamis innubere nostris^
j», auch XII 195. Liv. I 34, 4 — 235: Einmal wäre der ausdruct /crr«
pontum ungewöhnlich, dann ist hier nicht die rede vom meere,
sondern von der wassermenge des Indus, der trotz einer teilung
des Stromes keinen sichtbaren Zuwachs von dem hinzu flieszenden
Hydaspes erhält; anders VaL I 357. dem interpolator gab anstosz
fons, das hier für welle überhaupt steht wie IV 117, V 337. Verg.
Am. II 6t^6. Xn 119 und bes. Sil. IV 639 (Trebia) totum propmu
gurgite fontem — 347 s. oben s, 338 — 427 s. praef. s. XV^469'ubi
sazum emittitur, nondum est ictus, sed actus' Burman. ausserdem
hat auch Vergilius in der von Luc. nachgeahmten stelle XII 684 ff,
€tctu — 484 incerta ist hinlänglich von Oudendorp und Burman ge*
schützt — 571 maUiqut ergäbe einen h flehst nüchternen gedanken.
der dichter will aber sagen, dasz bei dem nahkam pf mit dem Schwerte
die getroffenen proni m aduersas idus nicht auf die eignen schiffe
niederfielen, sondern auf das verdeck des gegners — 586 Tagus ist
bei Silius I 152 der name eines fipaniiscben Soldaten, Cattts wie hier
der eines Römers (IV 139); aus Luc bat jener auch den namen
Teh entnommen (XIV 443) — 600 erumpere pe^st schlecht ru sada
puppis^ erepere gut, wie VIII 39* Sil. XV 614 ercpit suspema ferm$
uestigia — ^683 carinas liesze sich vielleicht halten durch verglei*
CHosius: zu den handschriften des Lucanus. 343
chuDg mit Verg. Äen. IX 536 flammam quae . . corripuü täbidas^
Juvencas praef, 21 rapiant incendia . . opitSy Stat. Theb. V 685;
dem gewöhnlichen Sprachgebrauch entspricht jedoch mehr carifUbe^
vgl. 504. X 499. Verg. Aen. I 176. Ov. met. XV 350 — 702 Mani-
lius V 610 summas . . remeauü ad rmdas. Auson. Mos, 99 swmmas
referuntur in tmdas — 724 Stat. Th. 1 134 ceruix descendü in armos
— IV 13 Auson. Mos. 33 placidis praelapsus aquis. Val. I 657.
Stat. Ach, I 57 — 67 s. unten zu VII 452 — 102 Sil. I 592 uer-
tidbus torqihet rapidis mare und VIII 448 rapidasqvie sonanti
uertice contorquent undas sichern sowohl uerticihus (vgl. III 631.
IV 460. Verg. g. IV 529. Ov. ex P. IV 10, 48. Sil. III 475) wie
(tquas — 129 und 142 vgl. jahrb. 1892 s. 350, zu der ersten stelle
auch Stat. Th, IV 706 fumant deserto gwrgüe udUes^ zur zweiten
Sil. IV 645 (Trebiam) . . lacerum per GäUica riuis dispergam ntra —
284 fugit habe ich vorgezogen , da cadU 5 verse vorher sich findet ;
sonst ist freilich cadit ira die stehende Verbindung Ov. am, IL 13,4.
Sen. Med, 997. Persius 5, 91. Stat. Th. VII 801. Coripp. loh. VI 361
— 372: auch c^ läszt sich halten, so Sen. ep. 59, 17, 83, IS plus
sibi ingerere quam capiat (Curt. Ruf. VIII 8, 12 pllus habemi^ quam
capimus aus conjectur), doch ist posdt an sich gefälliger, und die
stelle berührt sich nahe mit Ov. rem. am. 535 bibe plus etiam quam
quod praecordia poscunt — 562 s. praef. s. XV — 600 Verg. Aen,
I 214 uidu reuocant uires, Ov. met. IV 247 gdidos artus in uiuum
reuocare calorem — 634 undis wie Sil. VI 182. Stat. Th. 1 385.
IX 341 ua. — 662 Sil. VI 307 Martem regere, VII 47 resHsses beOa,
vgl. auch Verg. Aen. XII 405 uiam fortuna regit, Sen, ^igr. 73, 19 B.
fortuna, regas semper ciuüia beUa — 719 ohne das adjectiv incautus
wäre timeri vorzüglich. Juba fürchtet, dasz Curio aus angst vor
seiner Überlegenheit sich nicht in eine feldschlacht einlassen werde,
so ganz gleich paneg. lat. X 18 nihü magis timuisti quam ne time-
reris, XII 35 qui {exerdtus) nihü magis timuerat quam timeri, und
eine ähnliche gegenttberstellung noch Sen. Agam. 73. Claud. Stü.
I 341, Luc. selbst V 317 f.; aber dann passt nur ein cautus oder
etwas ähnliches, der incautus hostis aber ist hier wie Ov. met.
XIII 104. E. lat, 119. Coripp. loh. 1 538 ua. der gegner, der
keine Vorkehrungen gegen die drohende gefahr trifft, der um das
nahen des feindes sich nicht kümmert, von furcht ist bei ihm keine
rede : denn furcht und Sorglosigkeit gehen nicht zusammen, jenes in-
cautits fordert uideri, den mangel an behutsamkeit auf selten Curios
kennt Juba und fürchtet nur^ dasz trotzdem vielleicht aus zufall seine
ankunft bemerkt werden könnte — 762 iUe elegant: 'das war kein
anlauf, so Verg. Aen. III 173 nee sopor iUud erat und sein nachbeter
Silius III 198 neque enim sopor iUe, ebd. XVI 70 f. Plin. ep. IV 2, 4
— V 52 : wenn M recht hat, so hat Luc. uetus mit dem genitiv ver
bunden , wie die Schriftsteller der silbernen latinität öfters thun, so
Sil. IV 530 uäeres läborum, XVII 292 uetus armorum\ vgl. Heraeua
zu Tac. hist, IV 20 — 55 zu den namen vgl. Mommsen ephem. epigr.
344
CHoaias: zu den handecbrifteu des Lacunufi«
II 250 ff. — 89 die leichügk&it der änderung beweist mundoque aU
daä urBprüngliehe ; conscius mit dem dativ verbundeE I 20 u6,, ftäurvm
fai- sich alleinstehend V 179* 199. Stat. Th. III 547 ua* — 137 vgl. die
erklär uag Burmunb — lo5 limitia aucb in der vorbildlichen darstel-
lung Verg, Aen. III 90 tremcre omnia uisa repente Uminaqne laurusqtte
dei totusque moueri^ unten 520 — 328 : ^chon im dritten buche sind
die truppen des Pomptgus aaigezßhlt; das praesens U% also hier am
platze — 372 wenn man timet liest, dann unterbrechen die wort©
Uicit . , enscs störend den Zusammenhang; gut wdrde dieser sat«
äicb au ipse pauet Caesar anreiben, so aber mus2 tenet, wie auch
Bentley wollte» gele&en werden, subject ist dann pcrdere atqueperire
— 363 : vielleicht bat auch hier M die wahre lesart gerettet onge-
wöhDlicb freilich bleibt sie und wird kaum durch beis^piele wie Val.
Max, VII 5, 6 non Caloni tunc praetura^ sed praeturae Caio ne^atus
est oder Sen. dem, I 4» 3 äc induü rci puUicae Caesar gerechtfertigt
werden können, besser könnte man vielleicht heranziehen die ahn-
liehe Umdrehung des verhültnisöes bei Luc. VI 311 caruissd uUa
Colone statt caruissd Caio uiiaj auch VIH 717 ille . . uidum pietate
iimorem compulU läszt &ich unter solche beispiele einreihen, vgl.
Verg. Aen, VI 229, Ov. md, IV 711. X 198 — 419: die Soldaten
e^ßerits pelagi konnte Caesar kaum zur fahrt ermutigen, wenn er
einen kräftigen stürm erflehte, es genügt ihm und ibnen ein uetUus
ferens, s. Verg. Aen. 111 473. IV 430. Ov. irisL l 2, 13. arU U 64.
Val, I 266. VI 327. furens mag aus V 578. 586. 599 oder auch aus
ni 94 furor incubuU entstanden sein — 456 zu dies vgl. J7. W. 117
cum crasthia primum extulerü TUana dks^ auch Verg. Aen. VII 148
prima lustrahat lampade ierras orta dies, dkm wäre das g^bi^uch-
lichere (s, VI 333. 571, X 434, Verg, ff. I 249. 458. Aen, V 64. Hör,
c. $aec. 9. Sen. Phaedr. 787. Herc. Od, 491. Med. 298. Val. U 76.
Stat. Th. III 440. IV 680) und konnte leicht dem von der gewohnten
bahn nicht gern abweichenden ficholasticua in die feder kommen —
474: auch IX 1049 spricht Luc. nur von einem kinde der Julia —
481: der dativ (hier mundo) ist in dieser Verbindung, so viel ich
sehe, ausschlieszlicb vertreten: s. I 84. Verg. Aen. XI 361, Ov» met«
I 736. Iier. 17, 73. irisL IV 3, 33. Val VII 37. Stat. Th. lU 159
— 524 1 die Variante von U acheint das richtige zu bieten : denn auf
solche weise pflegten, wie es ja nur natUrlicb ist, die E(^mer die glut
:tu erhalten; so sagt denn auch Ov. fast, V 506 iffnis in hestemo
$ii^e paruus erat^ danach mordum 8 — 569 : da derselbe wind gleich
ala notus wiederkehrt, müssen wir hier austros lesen, allerdings
nennt Val« Flaccus, der I 640 zu unserer stalle ein gegenattick liefert
(puppern nunc iorquens uerbcrat eurus^ nunc stridens js^ph^ris auf tri
notus: undüiuc feruent aequora) nicht den auster^ sondern ausz«r
dem noius den euru&\ zu den aus gerade entgegengesetzter rieh tu ng
webenden tcphyri eurique würde zugleich undlque bet^ser passen*
allein aucb in der nicht unähnlichen stelle II 454 ff. wird der ausier
nachher durch den notus wiedergegeben, ebenso Sil. XVII 207. 210.
(4r
'^ Z.- .. ~I -■- — _V-. HCT*^:^
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yj^.HL busa. b-jr^ I^i. II l4i «a« ü-Mm «wnyvmv/» ••k>v»-v*- -'«v^^^^v*
Umttem aptL %. ui: ü e'&i. IV 4^ lt.-- '^< 4 : So«) «ji««; \ ) ; , :( «"»t« «i!^
formäas huwutnam fadem }^erkiMisi>fi. AfiHn% y)\\ \'\\\\ \\\\\ \ \\\ M. 1 1
— 237 tremens^ ein hSuti^^os opithoton \\\^v \Mii(>itvii>^iw«ti. mi' «Uu
Schwertes; es hier aus der scbwftoho Soaovhn« iI«m luoht wwAw Aw^ liinh
^ T^l. Sen. Mfd, 824. ^frv. ()<»/. ViU. Aftern. \X\ «iihilhH Ol. U't
64, 93. Sil. XVII 294.
346
CHosiusi 2ü den handschriften des Lucanus.
besessen häile das ächwert mit ruhiger band zu halten, zu erklären
wäre ein dürftiger notbehelf. auch fenentem ist nur Interpretation des
richtigen prementem, s. IV 706. Sil. II 615. XIV 534 — 293 bei
Hennaeis mtifrte man einen geographischen irrtum Lucans annehmen:
denn Henna westlich vom Aetna in ziemlicher entfemung gelegen
hat von einem ausbrach desselben nichts zu fürchten, am wenigsten
noio spirante, daun ist mit dem corrector von B notum tu ticb reiben
(oder auch wie VII 364, IX 695. X 243 noton)*^ spirare, zwar äuiszerst
häufig vom winde gebraucht, kommt aber auch dem Volcanus zu.
Vorbild scheint für diese stelle gewesen zu sein Verg, Äen. III 579
fatna est Enceladi . . corpus mcie urgueri hac ingentemque . . ruptis
ftmmnam exspirare caminis, s. auch Ov. fast, I 573 spirare Ttfphoea
credas et rapidum Äetnaeo fulgur ab igne iad^ Ckud. rapt, Fros^
I 155 {Encdadus) . , spirat inexJiamtum sulphnr — 401 Sil. XI 469
Pagasaea raiis cum caerula nonditm cognUa terrenae ponionque
mtrare negaret^ wo unsere stelle vorschwebt, gibt augenscheinlich
ignotaSy nicht nouas wieder, und so meist» Ov. mei. 1 134. VI 721,
Manil. I 88. Val. V 150. VI 482, Luc. selbst HI 194. 247. 310.
IX 372 — 492 pauor dreht den sinn vollständig um; labor steht
auch an der ähnlichen stell© V 655 , dann Verg. Äen, IV 379. Ov.
ex P* IV 10, 82. Stat. s. V 3, 92 — 581 ein poUido caniu con-
spersos Philippos wird man dem dichter kaum zutrauen, mag er auch
509 von poUuta ars, 682 von infandum eurmcn^ 706 von ospoUtdum
sprechen: der fehler entstand wie V 725 remota dtirch die beziehnng
auf das nächststehende wori. wie Luc. spricht Ov. met. II 793 ad-
flaiuqm $uo populos urhesque domosque poUuit^ Stat, TL II 64 poUu-
tarn Fhocida busto, BiL I 22 — 604 uulgato wie 257, SiL XI 140
aeterno nomine famae — 681 da Luc. fast bei dem ganzen inbalt
des Zauber kesseis sich an Ov. met, VII 266 ff. hält» so musz, da jener
275 his ei miUe aliis postquam sine nomine rebus sagt^ auch Luc. nee
habentes geschrieben haben (doch vgl. EFritzsche quaestiones Lu-
caneae^ Gotha 1892, s. 31); vg\, SiL VIU 508 cetera in obscuro famae
ä sine nomine uulgi^ XII 317, Verg. Aen, IX 343 — 700 auch hier
hat wie V 524 die zweite band in U das richtige bewahrt, die er-
klÄrungsversucbe des nostraeque Hecaies pars uUima sind sämt-
lich höchst gezwungen und unwahrscheinlich; durch aufnähme von
nostrique und, was Bü unterstützen, von Hecnte ist alles klar; Ov.
sagt her, 10, 58 pars nosin maior^ aw. I 15, 42 pars mei muUa^
Sen. epigr, 55, 4 (Baehr.) pars optima meij Claud. beU, Get, 309 pars
nulla md — 709 dedi et ist bedenklieb, s. Trampe ao. s. 17. deo
kann man abhängen lassen von pilena als ablativ wie I 675 u5. ; dann
mu8Z plena^ da pectora pkna deo keinen sinn gibt, nominaüv,
zum subject (ego) gehörig, i^ein. aber da die zauberin doch nicht
selbst Seherin ist, was jener ausdruck bedeuten würde, kann ich auf
die frage nach dem gott eine antwort nicht geben, und an dieser
frage scheitert auch die auffaasung von deo als dativ, abhängig von
laut, die ganze corruptel scheint aus dem anstoaz an dem asyndeton
CHosiufi: zu den handscbrifben des Lncanns. 347
entstanden zu sein, doch wie hier auch IV 706. VIT 244. ähnlich wie
Luc. peäora plena dare sagt Ov. mä. XV 176 plenaqt^ uentis uda
dedh Manilius IV 561 peäora clara ddbü heUo — 757 semd *auf ein-
mal' noch III 296. VII 234. 543; in gleicher gegenüberstellung mit
patdatim Sen. nat quaest. ü 9, 1 lumen non paulatim prorepit , sed
semd uniaersis infundUur — 778 : der Orcus ist die statte des Schwei-
gens, und seine ströme flieszen ohne laut; aber das ufer, wo die
schatten den fiLhrmann flehend umringen , wo Cerberus saeuis terret
latratibus umhras (Sil. III 35. Verg. Äen. VI 401), wo die Furien mit
den zischenden schlangen sitzen , und bdiia Lernae horrendum stri-
dem (Verg. Äen. VI 281. 287. 313 ff. 417. Ov. md, IV 460. Stat.
Th, II 51), verdient das bei wort tacita nicht, wie hier der tote tadae
ab aggere ripae zurückgerufen wird, so kehrt Mart. VII 47, 4 der ge-
nesende um gustata Ldhes paene aqua — 797 der häszliche klang
der drei mit -is schlieszenden worte wird durch die lesart von B ver-
mieden; vergleichen kann man mit unserer stelle Stat. Th. IV 174
ifmumero chalybum suhfemine thorax, Sid. Ap. 11 431 — VII 77 tua
richtig, denn über die Signa verfügt der feldherr, s. 83. V 349. 358.
IX 379. Sen. dem. I 4, 1 imperatoris sui signa. Sil. XVII 561 —
130 in ore mors uentura est faciesque simiUima fato ist eine unerträg-
liche tautologie. stellen wie Verg. Äen. IV 644. VIII 709 paüentem
morte futura, Val. I 824. Ov. md. Xm 74. Stat. Th. HI 547. Sil.
Vni 658 sichern die lesart der hss. BU. die gleiche construction
hat Juv. 4, 74 i« qtiorum fade miserae . . sedebat paUor amidiiae —
1 56 typhon ist nach Plin. n. ^. 11 131 f. uibratus ecnephias . . abruptum
e nube gelida conuoluens . . praedpiui nauigantium pestis, die auch
Gellius XIX 1, 3 erfahren hat; dazu passt ausnehmend der zusatz
auidos aquarum, sonst kann man mit Plinius ebd. II 91 auch an eine
feuererscheinung denken, s. auch Val. III 130 typhon igne simul uen-
tisque rubens. pythonas weisz ich nicht unterzubringen; vielleicht
h8ktpüh{e)ij eine art kometen, vorgeschwebt, die vulgata siphonas
als himmelszeichen finde ich ebenso wenig — 179 f. der zusatz ante
oculos suos macht die richtigkeit von uolitare sehr wahrscheinlich,
so Ov. Ib. 155 ante os octdosque uolabo, am. I 6, 13. md. XIV 411.
Verg. Äen. X 641. Stat. Th. HI 75. Sil. I 97; von nodurnae uoces
hat Luc. auch schon v. 175 gesprochen, damit ist anch für den
vorhergehenden vers die unechtheit der lesart von VU bewiesen —
363 compressum wie III 253. Ov. md. I 48 — 406 f. possd wider-
spricht den geschichtlichen thatsachen ; nehmen wir aber possü auf,
dann hat zu dem praesens der ausdruck tanto in tempore keinen sinn
mehr; also corpore, wie X 416. Verg. Äen. XI 313. toto corpore regni
Ov. trist, n 231. in tanto . . corpore imperii Sen. dem. II 2, 1. Sil.
IV 734 — 421 arma sind die waffenthaten, fast gleich pugna oder
bdlum, so V 285. VIII 100. Verg. Äen. I 1. V 262. VII 441 uö.;
annis stammt aus 426 — 452 inpulü drückt wie das folgende subitis
die plötzlich eingetretene finstemis aus; das wort findet sich in glei-
chem sinne I 235. IV 331. Sen. Phaedr. 963 atra ueniis nubüa in-
CHoiIu&$ 2ti den bandschriften de» Lacanuß.
peUentihus und musz auch IT 67 beibehalten werdeo — 462: die
titelle ibt infolge der bsh Varianten ein kreuz für die Interpreten, die
aufgenommene lesart gibt den b«äten sinn, sobald man tempvs richtig
auffaäzt. die truppen einander nabe gerückt schauen die scbar sc«
der feinde ; es ist die zeit, wo sie ein ziel für ihre ge^cbosse zu suchen
beginnen, wo 8ie gegen das von den gegnern drohende gesebick vor-
kehniDgen zu treffen suchen, aber auch die zeit wo sie noch eingeben
können, was für frevel {monstra wie IV 252) sie zu begeben im be-
griff sind; sie erkennen auch ihre ?&ter und brüder, aber gleichwohl
non lihuit mutare locum, dasz tenipus . • forent eine art parentbe^e
bildet, entgieng den Urhebern jener andern Varianten, und sie
Binderten daher mit ziemlicher kUbnbeit, wobei v. 793 iUe hcuSy
uoUtis ex quo fadesque iacentum agnoscat die worte hergegeben haben
mag. zu tempus ist wie so häufig erat zu ergänzen, so Plin. ep, VHI
14, 10 hreue tempus^ quo Übet scire^ quid simus* II 13, 2 longum
praeierea iempus, quo , .poiuisiL Verg. Am. VI 46. X 512. Ov. mä^
X 6Ö7. Sil XVII 355. Stat. s. V 1, 135. 5, 43. Th. X 196, der vers-
schlusz quae noscert pcssent Endet sich Cic. Ärat, 190 — 488 ff. zur
Umstellung vgL praef. s. XX — 503 ccUere a sanguine wäre eine
zwar nicht gewöhnliche, aber nicht unmögliche Verbindung, so
IV 153 gelidos a gurgUe artus, Liv. XXV 39^ 9 calenies a recenii
pugna, aber gleichwohl unterliegt es für mich keinem zweifei, dasz
der Zusatz a sanguine von einem Interpreten herrührt, der zu dem
calere die angäbe des grundes vermiszte. nötig ist er aber durchaus
nicht, vgl. IV 511. Sil. I 309 uidori morkns tepefactam retitdit kastam,
IV 182, Verg. Äen. IX 701, X 486, 570. Bor. 5. II 3, 136. ich gebe
daher a Caesare den vorzug, ähnlich spricht Luc* I 59 absterU a Cae-
sare nubes* damit fällt auch indc, das den gkichmäszigkeit erstre-
benden interpolator auch schon an sich verrät; omne verschärft den
gegensatz der beiden parteien noch mehr — 513 tempore V 'argute,
sed non vere' Oudendorp; ich kann auch keine arguiiae entdecken,
denn ich finde keine ungezwungene erklärung. zum überflasz be^
legt pondere in seiner nachahmung dieser stelle noch Valerius III 96
saxa facesque atras et tortae pondera fundac^ s. auch Sil. I 523.
Coripp. loh, V 383 ff. sollte tempore entj^tanden sein aus Verg. Äen^
IX 588 liquefado tempora phtmho diffidii'^ — 560 ebenso Btat. Th.
IV 135 inspicU enses — 594 zu humanum columen vgl. Gurt. Ruf.
IX 2, 28 gloriam , • qua humamtm fastigium esecedUU. 10, 24 animo
$upra humanum fastigium elato, ein ausdrock den Seneca von Curtius
entlehnt zu haben scheint ep, 108» 13 iUum,,aÜiorem huma$u) fastigio
eredidi] premufUur dann ist kräftiger und ausdrucksvoller als reguntur^
obwohl auch bei Manilius 127 quo cuncta reguntur — 598 commixia
bestechend^ bes. nach vergleich mit II 101. Ov.fast, IV 293. Ale. Av.
V 275; aber Caesar in pUhem uetat tre manuSy und seine truppen
haben den befehl befolgt, permMa secundo ordine nobilUas (581)
und patriae omne decus (597j, gerade die clari uiri fallen; der Sach-
lage enUprieht aUo fwn miacta — 621 f. ganz analog III 590 cruor
CHoBiQs : zu den handschriften des Lncanos. 349
expuUt hastaSj Sen. Oed. 1063 ferrumque . . eiecU cnior, Ov. mä.
XTTI 393 teUm exptUü ipse cruor. anima zu mariens gezogen liesze
sich verteidigen, wenn man es mit bezug auf Verg. Äen. IK 349
purpureatn uomü tue animam als blut auffaszt — 734 conficU wie
VI 131, Claud. fesc. 39 beüumque sölus conficeret decofy Anth. Lai
722, 16 ludus conficU urbes — 755 vgl. praef. s. XV — 870 ahsd'
uU%8 ist der terminus technicus und kehrt auch in der inhaltlich
gleichen stelle Mart. XII 52, 10 ahsoHuü Phrygium uestra rapina
Farim wieder — VIII 40: zieht man conscia curarum zu lüara^ dann
ist secretae zu schreiben ; aber von der augenblicklichen sorge weisz
Lesbos und die dort weilende Cornelia noch nichts; es gehören also
jene worte zu uda. die weite trennung zusammengehöriger worte
durch zwischenschachtelung anderer ist beim dichter nicht au^llig,
vgl. I 637. II 172 f. VI 564 f. 652 f. VIII 343. IX 822 f. zugleich
wird die starke elision beseitigt (doch s. v. 74. 243. 418. 508), und
die gleiche Verbindung wiederholt sich V 376 secretaque litoraLeucae^
8. auch V 230. IX 32. Ov. met. XII 196 -> 265 nicht einen anfang
sucht Pompejus für seine läge (man würde, wenn meis richtig wäre,
fOr exordia eher einen ausdruck erwarten im sinne von Vettung^
Verbesserung'), wohl aber sucht er einen anfang zur erneuerung
seines geschicks, richtig daher fumis wie I 121. V 487. VI 660.
IX 545. das Possessivpronomen wird aus der glosse sehr leicht
zur lesart, vgl. die Varianten zu v. 624. VI 193, auch IX 449 —
314 sat wie V 660. Val. VI 548. Sil. V 375. IX 140. X 366 —
539 exuUare kommt von leblosen wesen nur dem zu, das doch einen
schein von leben hat, wie kochendem wasser uä. so Verg. Aen,
III 557 von der Charjbdis: eoouUantque uada atque aestu miscentur
harenae. vielleicht ist das verbum aus dieser stelle auch hier fölsch-
lich eingedrungen, oder auch aus Stat. s. I 2, 213 extiUauü harenis
pastor. zu excurrere vgl. IV 405. V 380. Ov. md. XDl 724 — 567:
noch eben apptUeratj deshalb hier besser aduertere wie Verg. Äen,
V 34. VII 35. Ov. trist. I 2, 89. Val. IV 733. Coripp. loh. 1 348 —
655 Ov. met. X 381 aptahat paOenti uincula coUo. Auson. XIX 14, 4P.
aptauü coUo laqueum, noch wörtlicher übereinstimmend , aber in an-
derm sinne Sil. VI 353 intartos aptare mdentes — 693 sororis ent-
standen aus dem gleichklang der endung in sceptris. der Sprach-
gebrauch fordert den dativ, so V 168. Mart. VIII 18, 7 Vario cessU
laude, V 48, 3. Sen. hen. VII 12, 3. Sil. VII 491 huic Carthago armis,
huic Africa nomine cedet. V 250. Cicero p. Mit. 27, 75 — 716 Icario
Cyreneae ist sachlich und metrisch unmöglich — 741 extremo . . funere
ohne busti wäre untadellich , so Stat. Th. VIII 737 cura supremi
funeris. Sil. X 520 funere supremo. Ov. met, III 137. 27. lai. 1047
supremaqtie funera; jener zusatz aber macht die Verbindung un-
haltbar, von dem honor rogi spricht Luc. IX 62 (nach Verg. Äen.
X 493), etwas anders Silius II 264 miseräbüe humandi mtmus^ Val.
V 13 extrema munera und so Verg. Äen. XI 25. Ov. eo; P. 17, 29.
Stat. Th. XII 54 — IX 67 iusta wie Prop. III 7, 9. Ov. fast.
350
CHobiub: 2u den hand&cbrifteu des Lacaniis,
III 560. VI 492. trist, IV 10, 80. Sen. Med. 1007. dial, XI 17, 4.
Vah ni 367. V 6. Stat. Th. VI 169. IX 517. XII M. Auson. IV
30, HP. — 219 Tarcondimoius der herscher Ciliciens, 8. v. 222,
Cic. episL XV 1, 2. Flon IV 2, 5. Cass. Dion XLI 63, 1. XLVII 26, 2,
L 14, 2* den Urhebern der variaute scheint der aus Verg, letzten
Ijüchern bekannte Tarchan im sinne gelegen zu haben — 332 zu
prementcm vgl. I 390. Sen, Fhoen, 429 ratis premenie uenio rapUur.
Val. V 73 premenU nöto\ frementem wird aus v. 320 herrühren —
385 1 einen weg ad pcUriae ruentis amorem verstehe ich nicht; das
richtige bietet C; que steht für sed^ wie schon zu V 617 bemerkt,
der satz mit si quihus reiht sich etwas ungeschickt an; ähnlich kt
aber auch v. 401 si giu) usw.; s, auch V 610 — 406 cakntes könnte
nur proleptisch erklärt werden^ da hon^t ein ttki^fidere überflüssig
vfäre^ auch die so eben den gefabren des meeres entronnenen
triippen kaum viel begeisterung und geneig theit zur ertragung neuer
Schrecknisse verspürt haben werden, aber auch dann gefällt die
Verbindung wenig; ganz anders ist II 324 iuuenisque calorem excücU^
denn des Brutus unerschrockenes herz hatte der dichter schon 234
gerühmt, oder Sil. XII 351. Stat Th. X 487. Claud. inBuf, U 173;
pauente^ verdient in jeder btziehung den vorxug, vgL I 262. IV 474*
Coripp. loh, VI 553 irepidantia pectora firmat VIII 440 incendens
dubios mentes — 454 Verg. Äen. V 662 furü inmissis Volcanus
häbeniSy Sil. IV 339 totis ferretur hahcnis — 580 quoctmque V, doch
der vers gibt die gelehrsamkeit des oheims wieder, s. nat. quaest*
n 45, 3 {luppiter) est hoc qmd uides iotum^ I proL 13 quid est dem?
t^uod uides toium — 588 labores aus 88 1, uapores wie IV 305* Ov.
met, II 301, XI 630. Claud. Prob, ä Öl 131. (Coripp. loh. VI 256) —
592 cogatur Jaikes potare V; aber wer zwingt denn die truppen zu
trinken } da der feldherr selbst zögert? den passenden sinn gibt
certare, wenn das durstgequälte beer die quelle entdeckt, dann ent*
stebt zwischen den einzelnen ein kämpf um den vortritt, einen 80l*
eben tumult beschreibt Stat. Th, IV 808 ff., wo das gleiche verbum
wiederkehrt v. 820 agmina hello decertare puies — 605 qu^ hängt
ab von dem comparati vischen ultra. Bentley verglich 766 qua non
tdla cruentae tantum mortis habet, s. auch 867 — 692 polum wie
377. 867, X 275 — 722 ^mantia, wie VI 719 spumantia ora,
aber der zusatx musz wie bei den meisten andern Schlangenarten den
namen erklären, zvl prester von irifiTTprijUi, TTpnÖciv gehört fumatUia^
unten 790 torridus — 821 die welche uirgas mentita Sabacas taxicsk^
carpunt können nicht gut selbst Sab&er sein, die Varianten der bs
MB führen auch auf die lesart von C Saitae. zunäobtit denkt man'
mit dem scholiasten an die bewobner der ägyptischen Stadt Sais, und
giftkräuter Ägyptens kennt schon Homer Od. b 230, wie denn dies
land sie in der arzneikunde, worin seine bewohner weit berühmt
waren, vielfach verwandte, es ist aber auch nicht unmöglich, dassi
Luc, der gern mit seltenen, aus weitester ferne herbeigeholten geo-
graphischen namen um sich wirft, an den volksstamm denkt, der
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sncpcietiE. MsezDOf^. XTin [IBS^^J &. 5 £ nicbt. -cad k^ f&TYbt^ m
wii^ sieb nicirx eiiiBch4*ideD lasBen. eme uiz&hl ist jm sxilrM' «ittf<!bt
wie I 45« iL TI 152- 207. TIH 124 be.. Eber sftn>t wird b«^
seUtzQZLg oder ^rermgacbtimg da* dicfaieruirlteB flÜhigkcQl Lucaatt,
schüfe oder milde l»eiirteiliziig podtiiicbeT üoeniseii nL bei TfTKhie-
deaeB zneiiBcibai die estBcbeidusg sehr reifidiiedeD Aosfülen l»ss>is.
miiBdrfieke wie bei Francken e. 17 über IX 4 £^4 *9etd aciB eoBtendenv
fieri Bon posBe, nt ipse poeta Bcsripserit et delereril postoa* s«a^!«ft
in üzrer nnBcklllsBigkert die gef&hr eines definitäTeii «teils.
MCxBTER IS Westfalxx. Casl Houl».
41.
zu TACITÜS AGBICOLA-
Nachdem Tadtos im anfange des cap. 9 davon berichtet hat,
dasz Agricola, als er auf befehl Vespasians die Verwaltung Aquitaniens
ttbernommen hatte , sich auf dem gebiete der bürgerlichen recht«*
pflege vermöge der ihm angeborenen klugheit bald turecht geAinden
habe, föhrt er folgendermaszen fort: iam vero t^mpora enrarum
remissionumque divisa: ubi c(mvent%is ac MUeia po9oerent^ gravis^
intentas^ seventSy et saepius miserieors; uhi officio satis factum^ nüUa
uUra potestatis persona: tristUiam et adrogantiam H avaritinm
exuerat. Bacmeister in seiner Übersetzung gibt dies durch folgernde
Worte wieder: 'sodann unterschied er Ewisohen geschäft und <>r*
bolung: wo Sitzung und genchtshof rief, da war er ernst, gt^nau,
streng, noch öfber aber nachsichtig; war der pflicht genüge gethan,
so war vom beamten keine spur mehr, finntoron wesen, hochmut,
habsncht war ihm durchaus fremd.'
Es kann nicht auffallen, dass versohiodono erklltrer an dorn
Worte avarüiam anstosz genommen haben , da Ja eino gunnuere l>o-
Jahrbtteher fQr cUtt. philol. 1898 hfl. 4 u. 6. SA
352
CHoBiuB : zü den band seh riften des Lucanus,
willi ist aoB 402 oder aus dem gleichen vetrsscblost II 227« 655.
V 286 entstanden — 492 uda ist mir unerklärlich, trefflich dagegen
bella wie Verg. Äen. XII 735 in prodia iundm , . equos — 512 ff.
zwei vorteile , sagt der dichter , brachte die beaetzung von Pbaros
dem Caesar, aber aus dem text, den M VU überliefern, ergibt sich
nur der 6ine: abstulü exatrsus et fauces aequoris hostii denn excursus
und fmices aeqtwris als verschiedene gesichta punkte auszugeben gebt
nicht an* der zweit© vorteil rausz also in v* 514 stecken, und das
ist nur der fall, wenn wir die lesart von BG adoptieren: dem feinde
entrisz Caesar die freie ausfahrt ins meer, den bundesgenossen ge-
währte er die bequeme möglichkeit sich mit ihm zu vereinen, auch
die Verbindung fatum poenasque fneriti Fothini jener hfls. bat etwas
ungemein schlaffes und unschönes an sich ; selbst in diesen letzten
bücbern möchte ich sie dem dichter nicht zutrauen ; ganz anders ist
natOrlich die stelle VJI 771 exiffü a merüis poenas — 53$ zusubUus
haben die interpreten bereits mit glück Verg, Aen. VIU 465
Aeneas se matuUnus agehat verglichen; ähnlich auch oben III 499
nodurni^ IV 732 nocturnum.
Von den besprochenen etwa 120 stellen fiel die entscheidung
für M im ge^ensatz zu V aus in etwas über 60 versen, für V in
kaum 20, der rest verteilt sich auf MV im gegensatz zu Bü und
auf diese beiden bss. vereint oder auch einzeln, die vorzüglichkeit
von M, dem hauptvertreter der Paulusrecension, ist damit hinläng-
lich bewiesen* mag auch zu jenen stellen, wo V die prioritÄt be-
hauptet hat, noch ©ine reibe anderer kommen, wo seine lesart aach
ohne weitere beweisführung sieb als richtig herausstellt, wie II 303
pro$tq\AaT''\ 614 ltng\iam, IV 329 ora tarnen, 487 ahest^, V 107
noia6^\ VI 112 folüs'\ 425 pyihia, VII 641 uindmur, IX 165 saeuus,
760 cruorey 795 poUente^ Bl8 Bodos ^ X 225 iahe ua., so neigt die
wagschale deshalb noch nicht auf jene seite, da einmal auch M noch
solche stellen bat, bei denen ich einer begründung überhoben zu
^in glaube, wie I 198 {cHua ==) Alba, 600 cißchm, 11 406 sapU^
244 non, IV 283 miicmdae . . mortis, V 681 inmmt, VI 508
mmiae, VII 451 Cassim, 495 iim€hai'\ Vni582 surda, IX 451 liqui-
das ua. , und auszerdem fast stets 6ine oder mehrere der bss. dieser
classe mit V übereinstimmen, die abweichungen des Montepe*flu-
lanus also vielleicht dem schrei her zur last gelegt werden können*
der wert von V ist so allerdings tief gesunken; entbehrt werden
kann dieser codex freilich ebenso wenig wie einer der andern, wenn
irgendwo, so musz im Luc. bei der wähl der lesarten ein eklekti-
Bches verfahren angewandt werden- da die verschiedenen recensionen
schon sehr früh durch einander gemischt sind (und es ist kein wun-
der bei dem eifrigen Studium, das dem dichter zu teil wurde) ^ so
*^ vgl. Ov, iruL I 8, 14. Seil. diaL IX 12, 4. Sil* H 612. *• VfL
Verg, Aen. W 14. Ov. am. l 10, 9. Anth. Lat. 6^3, 12, Äuion. 11 234 F,
*' vgl, Miiniliu« 11 778.
liehe Bchilderang IV 778 f.
** mOTSu aas v. 114* *• vgl. dl« ihn-
KHachtmann : zu Tacitas Agricola [c. 9]. 353
kann an zahlreichen stellen eine einzige hs. den ursprünglichen Wort-
laut gerettet haben, während die übrigen ein gleichmäsziges , aber
gleichwohl unechtes kleid erhalten haben, jede der streitigen stellen
bedarf einer genauen prüfung, mag auch das gewicht des Monte-
pessulanus seine lesart schon an sich empfehlen und somit an stellen,
wo eine feste entscheidung unmöglich ist, die grössere Wahrschein-
lichkeit ihm zukommen, ist das wahrscheinlichere vielleicht hier und
da auch nicht das richtige, einen andern Standpunkt können wir
nicht wählen , ohne dann ganz im ungewissen zu tappen.
Über die verdächtigen verse zu sprechen habe ich unterlassen;
entschieden haben diese schwierige frage auch die letzten bearbeiter
AKindler (de Lucani Pharsaliae versibus qui desunt in codicibus
Montepessulano et Vossiano altero, Münster 1882) und CMFrancken
(de Lucani versibus propter Montepessulanum et Vossianum alterum
suspectis, Mnemos. XVIII [1890] s. ö ff.) nicht, und ich fürchte, sie
wird sich nicht entscheiden lassen, eine anzahl ist ja sicher unecht
wie I 436 ff. VI 152. 207. VIII 124 ua., aber sonst wird hoch-
Bchätzung oder geringachtung der dichterischen fähigkeit Lucans,
scharfe oder milde beurteilung poetischer licenzen uä. bei verschie-
denen menschen die entscheidung sehr verschieden ausfallen lassen,
ausdrücke wie bei Francken s. 17 über IX 494 'sed non contenderim
fieri non posse, ut ipse poeta scripserit et deleverit postea* zeigen
in ihrer unschlüssigkeit die gefabr eines definitiven Urteils.
Münster in Westfalen. Gabl Hosms.
41.
ZU TACITUS AGßlCOLA.
Nachdem Tacitus im anfange des cap. 9 davon berichtet hat,
dasz Agricola, als er auf befehl Vespasians die Verwaltung Aquitaniens
übernommen hatte , sich auf dem gebiete der bürgerlichen recht«-
pflege vermöge der ihm angeborenen klugheit bald zurecht gefunden
habe, fährt er folgendermaszen fort: iam vero tempora curartim
remissionumque divisa: übi conventus ac mdicia poscerent, gravis^
interdusy severus, et sa^us misericors; uU officio satis factum^ nuUa
uUra potestcUis persona: tristitiam et adrogantiam et avaritiam
exuercU. Bacmeister in seiner Übersetzung gibt dies durch folgende
Worte wieder: 'sodann unterschied er zwischen geschäfb und er-
holung: wo Sitzung und gerichtshof rief, da war er ernst, genau,
streng, noch öfter aber nachsichtig; war der pfiicht genüge gethan,
so war vom beamten keine spur mehr, finsteres wesen, hochmut,
habsucht war ihm durchaus fremd.'
Es kann nicht auffallen, dasz verschiedene erklftrer an dem
Worte avaritiam anstosz genommen haben, da ja eine genauere be-
Jahrbttcher fQr cUtt. philol. 1898 hft. 4 a. 5. 23
354
KHachtmann: zu Tacitus Agricola [c. 9],
tracbtuug der stelle dazu führten musz, da&2 die erwäbnung der
avaritia an dieser stelle und in diesem zusammenbange durchaus
unpassend ist* denn eine unbefangene prüfung führt 2U dem resultat
dasz Tacitus von der gemütsstimmung spricht, in der sich Agri^
Cola befand, sobald er die amtlichen, specieH die richterlichen ge-
scfaäfte erledigt hatte, und dasz er dabei als wahrheitsliebender ge-
schieh ts ehre i her auch härten In dem auftreten seines scbwieger^
Vaters nicht verschweigt, die sich bei seiner richterlichen thätigkeif
geltend oiacbten, dat^z letzterer von solchen härten, die aber Im
gründe nur al« ein ausflusz seiner durchaus ehrlichen, alles gemeine
hassenden natur angesehen werden müssen, nicht frei gewesen, wird
von Tacitus auch sonst bezeugt; zb* c. 22 sagt er: apud quosdam
acerhior in conviciis narrahaiur, et erat, ut comis honis^ Ua ad-
versus malos iniucundus, durch die zuletzt angeführten worte
wird auch der weg zu einer richtigen Übersetzung des verbums exuerat
gebahnt, dessen erklärung den auslegern nicht geringe Schwierig-
keiten bereitet hat. es widerspricht nach meiner ansieht durchaus
dem zusammenhange, wenn Tücking in seiner ausgäbe Übersetzt:
'er hatte nicht an sich, er besasz nicht'; einzig zulässig ist vielmehr
die erklärung 'er hatte abgelegt*: denn Agricola besasz thatsÄchlich
die eigenheit in seiner amtlichen thätigkeit nicht selten tohroff auf-
zutreten*
Aus diesem grunde kann ich auch der erklärung Drftgers nicht
beistimmen f der sich an CPeter anscblieszt und in seiner ausgäbe
zu eocMerat^ ohne eine Übersetzung des wertes beizufügen, folgendes
bemerkt : ^insofern die anläge dazu in der menschlichen natur vor-
handen ist und durch Selbstüberwindung abgelegt wird/ es ist an
und fUr sich kein richtiger gedanke, dasz die eigenschaften der
irisiiiiay adrogantia^ avaritia oder die anläge dazu in jeder mensch-
liehen natur vorhanden sei; auszerdem weisen die folgenden worte
nee iUiy quod esi rarissimumf aut facüitas audorUatem aut severitas
amoreni deminuit aufs deutlichste darauf hin, dasz hier nur von
speciellen eigenschaften in dem wesen des Agricola gehandelt wird»
— Ausführlich bat sich über unsere stelle CPeter in seiner verdienst-
vollen ausgäbe ausgesprochen^ aber indem er an dem worte avaritia
keinen anst^isz nimt, gibt er eine erklfirung, die als irgendwie h%4
friedigend nicht bezeichnet werden kann, er sagt: 'der sinn dieser^
worte kann nicht sein, dasz Agricola auszer dem dienst diese eigen-
schaften (m (irrisches wesen, anmaszung und habsucht) abgelegt, sie
also im dienet bewiesen hätte, da Tacitus besonders mit der at^arilia
den schwersten Vorwurf gegen seinen Schwiegervater aussprechen
würde, ebenso wenig kann von der eigentlichen bedeutung von
exmrat abgesehen werden, so dasz dasselbe nur so viel wäre wie
€er war davon frei»» es rausz daher auf der einen seite die be-
Ziehung auf den gegensatz zwischen dienst und nichtdienst auf*
gegeben werden (?), so dasz also in den worten ein allgemeines lob
für Agricola gefunden wird} auf der andern seite aber musz die
EHachtmann: zu Tacitus Agricola [c. 9]. 3ÖÖ
eigentliche bedeutung von exuerat festgehalten werden, und dies
wird durch die annähme ermöglicht, dasz auch nach Tac. meinung
die anläge zu den fehlem des Charakters in der menschlichen natur
vorhanden und die befreiung von denselben also ein ablegen der-
selben durch Überwindung jener anläge sei. dasz dies wirklich die
ansieht des Tac, geht aus stellen hervor wie ah exe. VI 25 Agrippma
aequi impatiens^ dominandi avida^ virüibus curis feminarum vUia
exuerat ; hist, IV 6 etiam sapientibus cupido gloriae novissima exuUur.*
damit vergleiche man was Knaut in seiner ausgäbe (bibl. Gothana)
zu exuerat bemerkt : * exuerat <» er hatte sich freigehalten. Agricola
hatte diese fehler nicht etwa früher gezeigt und sie dann abgelegt ;
vielmehr hatte er neigung und anläge zu jenen eigenschaften , die
man bei jedem Statthalter voraussetzen konnte und die gewisser-
maszen am amte hafteten (daher eQiMere\ gar nicht auf kommen lassen,
von vorn herein überwunden.' ich glaube nicht, dasz die genannten
gelehrten zu jenen mehr oder weniger gezwungenen erklärungen ihre
Zuflucht genommen hätten^ wenn sie nicht mit dem in den hss. über-
lieferten Worte avarüiam zu rechnen gehabt hätten, ist aber die Zu-
sammenstellung von avarüia mit tristüia und adrogantia schon an
und für sich im höchsten grade auffällig, so erscheint die er wähnung
der avarüia^ mag man sie als einen fehler ansehen, den Agricola
glücklich überwunden hatte, oder als eine eigenschaft, die er über-
haupt nicht besasz, geradezu rätselhaft, wenn wir unmittelbar darauf
in der Schilderung seines Charakters bei Tac. lesen: integritatem
atque ahstinentiam in tanto viro referre iniuria virtutum
fuerU, Peter sucht aus den nicht geringen Schwierigkeiten sich
herauszuwinden, indem er zu den werten integritatem atque ahsti"
nentiam bemerkt: 'jenes hauptsächlich die Unbestechlichkeit, dieses
die enthaltsamkeit von Veruntreuungen ; die diesen beiden tugenden
entgegengesetzten fehler sind also mehr als die vorhin erwähnte
avarüia, sofern darin zugleich der begriff besonderer verbrechen,
insbesondere des pecülatus, enthalten ist. (?) diese tugenden zu be-
richten dürfte nach der ansieht des Tac. eine beleidigung der tugenden
des Agricola dh. bei dessen hohen tugenden unwürdig sein.' wenn
Tacitus bemerkt, dasz ein besonderes hervorheben der tugenden
der Unbestechlichkeit und enthaltsamkeit schon eine beleidigung für
den ehrenwerten Charakter des Agricola in sich schliesze, so kann
er unmöglich das diesen tugenden entgegengesetzte laster ausdrück-
lich erwähnen, selbst wenn er nur betonen wollte, dasz er *frei da-
von war', ich stimme deshalb aus voller Überzeugung AESchöne
bei^ der in seiner ausgäbe (Berlin 1889) mit recht sagt: 'codicum
lectionem avarüiam nullo modo ferri posse docent verba quae
paulo post sequuntur : integritatem atque ahstinentiam eqs.' Tücking
liesz sich von einem richtigen gefühle leiten, als er die worte et
avaritiam in klammern einschlosz. eine radicalcur wendete Peerl-
kamp an, indem er die ganze stelle tristüiam . . exuerat als unecht
bezeichnete; und in einer ähnlich freien weise verfuhr Eussner, in-
23*
866
KHachtmanü : zu Tacitus Ägricola [c 9].
dem er zu lesen vorscblug: mtUa ultra tristUia; poteMatis pers&nam
emitrat, behutsamer ibI Schöne vorgegangen, inilem er alle Übrigen
Worte beibehält, für das ungehörige avarüiam aber alia (^= rdiqua)
vttia einsetzt, wie der genannte gelehrte exuerat erklärt, darüber
verlautet in den adnotationes leider nichts; mag man aber die er-
kl&rnng billigen : *er war frei davon* oder ^er hatte abgelegt*, es
lä»zt sich nicht wobl annehmen, dasz Tacitus an einer stelle, wo er
den Charakter seineä Schwiegervaters so eingehend schildert, so zu
sagen ins detail geht, so unbestimmt sich gehalten und im allge-
meinen nur alia vUia hinzugefügt haben sollte, man erwartet vieU
mehr mit rückzieht auf das vorhergehende eine ganz bestimmte
eigenachaft, die mit den vorhergehenden ausdrücken tristitiam et
üdrogantiam in einklang zu bringen ist stünde für avaritiam im
texte severitatem oder acerbiiatem (vgl, die aus c, 22 angeführte
stelle) y so würden alle die angeführten mehr oder weniger ge-
zwungenen auslegungen überflüssig sein aber es wfire damit auch
keine erklärung gegeben, wie das ungehörige avaritiam überhaupt
in die hss. gekommen isl diese aber wird gegeben , wenn wir an*
nehmen, dasz ein seltneres, an avaritiam anklingendes wort ur*
sprünglich in dem teite gestanden hat, das mit dem gelSuügen aus-
druck avaritia später verwechselt worden ist: ich vermute daher,
dasz Tac. geschrieben hat: tristitiam et adrogantiam ei amaritlem
€Xuerat. vielleicht bat er sogar die form amaritiam gewählt, die
nach den angaben der alten gloasarien neben amaritiem üblich war.
das wort selbst läszt sich zwar bei Tac. nicht nachwt;iseB, aber wir
finden es bei Catullu^ 66, 18 muUa satis lusi: non est dea ni$da
ncstri^ \ quae dukem curis miscet amaritiem, es ist aber bekannt,
dasz unser Schriftsteller viele poetische ausdrücke verwertet hat,
jedenfalls bietet das lesicon genug beispiele davon, dasz das ad-
jectivum amams (vgl. im griech. triKpöc und iriKpöiric) häufig von
demjenigen gebraucht wird, der seine gereizte Stimmung gern an
andern auslä^zt, der empfindlich, reizbar, heftig ist. dasz aber diese
eigensohaft dem wesen des Agricola nicht fremd war, geht ans
der Zusammenstellung mit tristitia und adrogantia^ sowie aus den
aus c. 22 augeführten worten unzweideutig hervor, nehmen wir
dieses wort in den text auf, so erledigt sich die erkläning des ver*
bums exuerai von selbst; die stelle ist alsdann folgend er maseen zu
übersetzen: *so oft ihn Verhandlungen auf den land- und gerichts-
tagen in anspruch nahmen, trat er mit ernst auf und zeigte eifer
und strenge, öfters freilich auch mitleid; hatte er seiner pflicht ge-
nügt, so war von amtsmiene nichts mehr an ihm zu bemerken: das
abstoäzende, anmaszende und empfindlicbe (durch herbigkeit ver-
letzende) wesen (^ TTixpOTHc) hatte er abgelegt' exuerai passt nun-
mehr auf das vortrefflichste zu dem unmittelbar vorhergehenden aus*
druck fHr$ima*
Bt^fiNBURo. Kabl Haghthask.
JLange : zu Caesar de bello Gallico. 357
42.
ZU CAESAR DE BELLO GALLICO.
1 . VII 78, 1 f. lesen wir : sententiis diäis constUuttnt^ ut n, qui väk-
tudine aut aetate inutües sunt heUo^ appido excedant atque omniaprius
experiantur^ quam ad Critognati sententiam descendant; iUo tarnen
potius Uten dum consüiOj si res cogai atque auxüia marentur^ quam
aut deditionis aut pacis suheundam condicionem. schon Doberenz,
Eraner-Dittenberger und Waltber bemerken zu dieser stelle ricbidg,
dasz die beiden verba excedant und experiantur verschiedene sub-
jecte haben, indem experiantur auf das hauptsubject des satzes (die
kampffähigen Gallier) gebe, dieser Wechsel des subjects ist an und
für sieb schon sehr auffällig (man wäre mindestens berechtigt atque
ipsi omnia prius experiantur zu erwarten), anderseits construiert
Caesar sonst die verba statuo und constUuo bei gleichem subject nicht
mit uty sondern mit dem bloszen infinitiv, wenn man sich nicht etwa
berufen will auf die stelle II 10,4 consüio convocato constituerunt
Optimum esse damum suam quemque reverti, et, quarum in fines pri-
mum Eomani exercUum introduxissent ^ ad eos def endendos undigue
convenirent, ut usw. hier ist aber schon längst und, wie ich
weiter unten zeigen werde, mit recht die lesart convenire vorge-
schlagen und von Prammer in seinen text aufgenommen worden,
ferner, wäre es denn nicht erforderlich, da&z auch weiter in der-
selben construction fortgefahren und gesagt würde: ühtamen potius
utantur consüio . . quam aut deditionis aut pacis suheant con-
dicionem? doch gerade die formen utendum und suheundam sollen
uns als führer dienen zur herstellung der richtigen lesart. ich glaube
nemlich, dasz es ursprünglich geheiszen hat: cUque omnia prius ex-
peri(^enda arhitryantur. ich stütze mich dabei auf die ganz
ähnliche stelle VII 21, 2 statuunt^ ut decem miUa hominum dUeäa
ex Omnibus copiis inoppidum mittantur^ nee solis Büurigibus com-
munem sdLutem committendam censent (es heiszt also nicht
committant). vgl. übrigens noch ebd. 36, 1 de ohsessione non prius
agendum constituity quam rem frumentariam expedisset, VI 5, 5 haec
prius iUi därahenda ausilia existimahaty quam ipsum heUo lacesseret.
ganz besonders aber wichtig für unsere stelle ist h. c, 11 31, 8, wo
es ebenfalls heiszt: atque omniaprius experienda arhüror.
2. III 24, 2 f . i22i . . tutius esse arhitrahantur ohsessis viis com-
meatu intercluso sine uHo vtdnere viäoria potiri^ et^ sipropter inopiam
rei frumentariae Bomani sese recipere coepissent^ impeditos in agmine
et suh sarcinis infirmiore animo adoriri cogitahant. die ähnlich-
keit dieser stelle mit der oben bereits citierten II 10, 4 leuchtet auf
den ersten blick ein. wie nun aber oben darauf hingewiesen worden
ist, dasz statt des zweiten, von constituerunt Optimum esse abhängigen
inf. convenire mit unrecht der conj. convenirent sich in den text ein-
JLaoge; zu Caesar de bello Gallico.
gescblkben bat, so ist aucb hier, glaube leb, dem zweiten, von tutitis
esse arhUräbantur abbängigen inf. adoriri obne not und fölscblicb
das verbum cogiiäbmvt hinzugefügt worden, eines nähern böweises
daffir wtirde es roeißes eracbtens nicbt bedürfen, da sieb ja die beiden
stellen behufs wied erberstell ang der ursprünglichen lesart gegen-
ßpitig stützen; doch mag bei dieser gelegenheit noch bemerkt wer-
den, dasz das verbum cogiiare in der bedeutung '^gedenken, beab-
sicbtigen' bei Caesar sonst mit tU {ne) construiert wird : vgl* VII 59,4
neque iam , ut aliquid adquireret proeUoque hostes lacesseret , sed ut
incolumem exercitum Agedincam reduceret, cogUahat. V 57, 1 tte
quam occasionem rci hene gerendae dimittcret^ C4)gitahat* wenn es
aber vereinzelt in b, c, l 61, 'i beiszt: hie magnos eguitedus magnaque
auxUia exspeäahant et suis loois hdlum in hmnem ducere cogUabantj
BQ können wir nicht umhin diese stelle als verdächtig zu bezeichnen
und al« ursprüngliche lesart zu vermuten : et (iiiy suis hds heüum
in hiemem ducere^nt^ cogitahant. die corruptel ist wahrscheinlich
BO entstanden, dasz der durch die Ähnlichkeit mit et veranlaszte aus-
fall des ut die weitere finderung von ducerent in ducere zur folge
gehabt bat.
3. 141, 1 hac oratione hdbiia mirum in modum conversae sunt
omnium mentes summaque alacriias et cupiditas belli gerendi innata
est, das ist die lesart der bss. und der meisten ausgaben, ich für
meinen teil kann mich trotzdem mit dem verbum innata est nicht
befreunden I da es mir den geforderten sinn der stelle nicht wieder-
zugeben ßcbeint. dieser ist nemlicb zweifelsohne der, dasz durch die
rede allen Soldaten der höchste grad von mut und krieg&lust ein-
geflÖszt wurde, witbrend doch nach dem Sprachgebrauch CaesariS
innata est den sinn des natürlichen angeborenseins enthält, was sich
sehr deutlich aus folgenden stellen ergibt: VII 42, 2 temeritas, quae
maxime Uli h^miinum generi est innata. b, c. III 92, 3 e&t quaedam
animi incilatio atque alacrttas, naturaUter innata (nnnibus. Obri*
gens gibt es eine der unsrigen £;ehr ähnliche stelle in I 46, 4, wo
aber die wähl det^ verbums dem sinne viel angemessener erscheint:
mülio maior cUacrUas studiumque pugnandi mäius exerdiui in-
iecium est. von dieser erwägung scheint auch Prammer geleitet
worden zu sein , wenn er in seiner ausgäbe anstatt des überlieferten
innata in obiger stelle inieda bietet, an und für sich ist freilich
dagegen nichts einzuwenden, wofern nicht eine andere lesart. die
ich hier vorschlage and die sich viel enger an die Überlieferung an-
scblieszt, eine grössere Wahrscheinlichkeit für sich zu beanspruchen
berechtigt ist: dies ist neralich inlata est. der gebrauch von •«-
ferre in dieser bedeutung ist bei Caesar ziemlich häuüg; beisptels-
halber verweise ich nur auf II 25» 3 cmus adventu $pe inlata mUi'
tihus* VI 43, 5 spe consequendi inlata, ja der gebrauch von infero
wechselt bei ihm mit dem von inicio ab, wie dies der vergleich fol-
gender beiden stellen zeigt: VII 8, 3 quam maximum hösttbus tefTd-
rem inferant. b, c. III 23, 2 magnumque noäris ierrorem ini$€it
JLange: zu Caesar de bello Gallico« 359
4. III 17, 2 his (sc. VeneUis) praeerat Vindavix ac summam
imperii tenehat earum omnium civüatum quae defecerant, ex quibus
exercitum magnasque copias coegerat. die worte exercitum
mcignasque copias verursachen eine grosze Schwierigkeit, anscheinend
bedeuten exercUus und copiae dasselbe^ so dasz eins von ihnen eigent-
lich überflüssig wäre, denn wie Eraner-Dittenberger zu dieser stelle
richtig bemerkt, Vorräte kann hier copiae nicht heiszen, teils
wegen c. 18, 6 {inopia cibariorum, cui rei parum düigenter ah iis
erat provisum), teils weil cogere copias CaeS&r nur von menschen ge-
braucht, um die Schwierigkeit zu umgehen, werden die erwähnten
worte von demselben hg. in Übereinstimmung mit Doberenz, Eöchly-
Büstow und Walther erklärt: ein reguläres, eingeübtes beer und
(andere) grosze Streitkräfte, dh. mannschaften , die er, wenn der
exercüus nicht ausreichen sollte, zu verwenden gedachte (land-
sturm). diese erklärung steht jedoch im Widerspruch mit § 5
Sahinus idoneo omnihus relms loco castris sese tenehat, cum Viridovix
contra cum duum müium spatio consedisset cotidieque produäis copiis
pugnandi potestatem faceret, wo man ja, wenn die erklärer recht
hätten, producto exercitu erwarten sollte, da an den landsturm
hier beim beginn der feindseligkeiten nicht im geringsten gedacht
werden kann, doch auch davon abgesehen, sollte eine solche erklä-
rung nicht allzu gezwungen sein? der unterschied zwischen beiden
Worten, exercütis und copiae, ist ja sonst bei Caesar d6r, dasz das
erstere allerdings den engern sinn eines schon constituierten, regu-
lären, taktisch gegliederten und eingeübten heeres hat, während
copiae als der weitere begriff alle arten von truppen umsohlieszt.
auf keinen fall können also die worte exercüus und copiae als zwei
besondere, von einander verschiedene begriffe zusammengereiht wer-
den, da exercüus in copiae schon mit enthalten ist. ferner ist es nach
dem gesagten erklärlich, dasz Caesar unterschiedslos und in 6inem
atem sagen kann (I 50, 1) Caesar e castris utrisque copias suas
eduxü und (ebd. 2) exercitum in castra redtmt. hingegen kann
nicht gesagt werden exercüum ex civüatihus cogere: denn wenn man
auch an exercüum durchaus festhalten und für den vorliegenden fall
etwa annehmen wollte, dasz schon vor der ankunft im hauptquartier
das beer in den einzelnen cantons constituiert und taktisch geglie-
dert worden sei, was sehr unwahrscheinlich ist, so müste man dann
einerseits vielmehr den plur. exercüi^ erwarten , anderseits würde
das verbum coSgerat (<« er hatte aufgeboten, zusammengebracht)
ganz und gar nicht zu exercüus passen, wie auch in der that die Ver-
bindung exercüum cogere sonst bei Caesar meines wissens nicht vor-
kommt (wiewohl andere Schriftsteller, zb. Sallustius, in dieser be-
ziehung nicht allzu ängstlich sind, da sie das wort exercüus in der
allgemeinen bedeutung von Hruppen' auffassen), vielmehr müste
man dann erwarten : ex quibus exercüus evocaverat magnasque copias
coägerat; vgl. h. c. III 108, 2 exercitum a Pelusio dam Alexandriam
evocamt. nun lehrt uns aber der Sprachgebrauch Caesars, dasz das
860
J Lange: zu Caesar de bello Gallico.
wort copiae, wenn es allein gebraucht wird (ohne nähere bestim«
mutig mittela eguUutn oder peditum), vornehmlich die fu8£tnip[jen
bezeichnet und dann der reiterei entgegengestellt wird; vgl. VI 9, 5
reliquas copias equitatumqiie tradtwit. ebd. 41, 3 ut . . ddetis Omni-
bus copiis equitatum se ex fuga recepisse dicerent. III 20» 3 magnis
copiis coactis equitatuque (Köcii)y*RUstow übersetzen nicht ganz zu-
treffend 'groBze truppenmassen und bebonders rellerei' ), hauptsäch-
lich auf grund des letzten beispiels ist nichts wahrscheinlicher als
dasz auch an unserer stelle zu lesen ht: ex quibus equitatum
magnasque copias coeget^ai. auf diese vertauschung von eqxiUa;t%tm
mit exercitum scheint der dem geiste unbewust vorschwebende ge-
danke an die kurz vorhergehende präp. ex nicht ohne nachwirkenden
ttinEusz gewesen zu sein, dasz aber im folgenden der reiterei nicht
besonders erwähnung geschieht^ das kommt daher, weil bei der er*
ibtUrmung des römischen lagers^ das auf einer anböhu gelegen ist^
von einer irgendwie erwähnenswerten action der reiterei selbst-
verständlich nicht die rede sein kann.
ö. III 23, 3 mUtuntur diam ad eas civitcUes legati^ quae suni
cUerioris Hispaniae ßnUumm A^üafi^e: indt auxüia ducesque
arcessufUur, quorum <idventu magna cum auctoritate et magna
cum hünunum muliiiudine bellum gerer e conaniur. duces vero ii
deliguntur^ qui una cum Quinta Sertorio omnes annos fuerant sum-
mannque scientiam rei milUaris habere exisiimahantur, also aus dem
diesseitigen Spanien erbitten sich die bar baren hilfstruppen und an*
fUhrer. wie stimmt dies aber zu dem folgenden duces vero ii deU-
guntur usw.? denn wenn man anfübrer herbeigeralen bat, wozu war
es denn nötig sie zu wählen ? und in der that sind es auch keine
anfübrer gewesen, die man herbeirief « sondern es waren nur leute,
die (gleichviel ob als anfübrer oder als guwöbnlicbe Soldaten) längere
seit unter Sertorius mitgefocblen hatten und, weil sie über eine viel-
seitige kriegserfahrung zu verfügen hatten, erst nach ihrem eintreffen
bei den barbaren zu führern ernannt wurden, dies wird denn auch
durch die partikel vero angedeutet, durch welche die duces als ein
ganz neues und bis dabin noch nicht erwähntes moment in den gang
der erzählung eintreten, es bleibt uns also nichts weiter Übrig als
das erste duces für eine cormptel zu erklären. Yi^A aber an dessen
stelle in den text zu setzen ist, kann meines erachtens nicht im
geringsten zweifelhaft sein, wenn wir erwägen, dasz dasselbe, was
oben über die bedeutung von copiae sich ergeben bat, nicht minder
von auxÜia gilt, dies bedeutet nemiich, wofern es nicht durch ein
atlribut näher bestimmt ist (vgl. VI 10, 1 ui auäcüia pediiatua equi-
iaiusque mutant, h* c. II 26, 2 magna auxUia equUum pedUumque%
im engern sinne hilfstruppen zu fo^ und wird alsdann den equUes
entgegengestellt: vgl. III 20, 2 auxiVm equiiaiuque comparaio (nem-
lieh in Aquiümien, auch Doberenz und Waltber erklären hier
aiusMia als 'fubztruppen'). ^. c. I 61, 3 hie (sc. in Celtiberia) magnas
squiUUm magnaque auxüia exspeäabanl, ebd. 29, 3 auxi^ja, «^utto*
JLaDge: zu Cae&ar de bello Gallico. 361
tum parari (nemlich in Spanien), ebd. 38, 3 equites auxüiaque toti
LusUaniae a Färeio, Celtiberiaey Cantahris harharisque amnibiMy
qui ad Oceanum pertinent, ah Äfranio imperantur (Köchly-Eüstow
übersetzen hier ganz zutreffend 'contingente von hilfstruppen zu rosz
und zu fusz'). bemerkenswert ist, dasz an allen diesen stellen von
solchen hilfstruppen an fuszvolk und reiterei die rede ist, die in
Aqoitanien und Spanien ausgehoben sind; und um diese gegenden
handelt es sich eben auch an unserer stelle (vgl. auch III 26, 6 quae
ex Aquitania Cantahrisque convenisse constäbat). man wird also,
denke ich, zu dem Schlüsse vollkommen berechtigt sein, dasz zu
lesen sei: inde auxüia equitesque arcesstmtur. eine weitere be-
stätigung für diese lesart finden wir in VII 76, 3 coactis equüum
VIII müibus et peditum drciter CCL haec in Aeduorum finihus
recensehantur^ numemsque inihatury praefecti constituehantur^
wo ebenfalls von den führern erst nach eintreffen der reiter und fusz-
truppen die rede ist. aber noch in einer andern beziehung ist die
zuletzt angeführte stelle von besonderm werte für uns. denn wenn
es da weiter (§ 5) heiszt : omnes alacres et fiduciae pleni ad Alesiam
profidscuntur, neque erat omnium quisquam, qui aspedum modo
tantae multitudinis sustineri passe arbüraräur^ so glauben wir
daraus mit Sicherheit entnehmen zu können , dasz an unserer stelle
weiter zu lesen ist: quorum adventu magna cum alacritate (statt
des überlieferten auctoritaie) et magna cum hominum muUitudine
beUum gerere conantur. Doberenz, Kraner -Dittenberger, Walther
übersetzen zwar die worte magna cum auctorüate ^mit groszem ge-
wicht (nachdruck)% Köchly 'mit groszer regelmäszigkeit', doch musz
zugestanden werden , dasz auctorüas in dieser bedeutung einzig bei
Caesar dastehen würde, hingegen ist auctoritaie als Schreibfehler
für cdacritate sehr wohl zu erklären, vgl. auch III 19, 6 od heda
susdpienda GaUorum alacer ac promptus est animus. ebd. 24, 5 cum
. . hostes nostros müites alacriores ad pugnandum effecissent. I 41, 1
summaque älacritas et cupiditas heUi gerendi inlata est,
6. III 21, 3 qua re impetrata arma tradere iussi faciunt. auf-
fällig ist hier trotz der Verteidigung von Eraner-Dittenberger der
absolute gebrauch von faciunt] derselbe läszt sich durch den Sprach-
gebrauch Caesars nicht im mindesten rechtfertigen, die ihm in diesem
falle eigentümliche rede weise und somit eine richtigere lesart ergabt
sich aus der analogen stelle Y 37, 1 iussu^s arma ahicere impera-
tum fa cit. es ist also mit notwendigkeit zu lesen : qu<i re impetrata
arma tradere iussi ^imperatumy faciunt, auf den ausfall von im-
peratum ist das ähnlich lautende impetrata gewis nicht ohne einflusz
gewesen.
Neuma&k in Westpreuszbn. Julius Lanqb.
362 WKooh: qadien zu dea feldziigeD JuliunB gegen die Germanen.
43.
ÜBER DIE QUELLEN ZU DEN FELDZÜGEN JÜLIANS|
GEGEN DIE GERMANEN.
Im Hermes XXVH (1892) s. 170-209 iat ein artikel von
EvBorries in Straszburg erschienen über *die quellen zu d*^n feld-
zügen Julians des abtrünnigen gegen die Germanen', worin das Ver-
hältnis der quellen nochmals auseinandergesetzt wird, welches also
den nemlichen gegenständ behandelt wie meine, auch von dem ge-
nannten gelehrten benutzte dissertatioo *de laliano imperatore scrip-
torum, qui res in Gallia ab eo gestas enarrarunt, auctore disputatio*
(Amheim 1890). da aber derselbe auf aoderin wege auch zu einem
andern rej^ultate gekommen ist als ich, so hat mich das angeregt
wenigstens teilweise nachzuprüfen, wer von uns beiden recht hat.
sei es mir also vergönnt den lesem dieser Zeitschrift , welche schon
1889 8. Ö9 — 80 einen artikel über *die Alamannensch lacht bei Strasz-
burg' von HHecker veröffentlicht hat, die gedanken vorzulegen, wozu
der oben genannte aufsatz von EvBorries mich veranlaezt hat. so
wird hoffentlich im streite der meinungen das bei^sere zum Vorschein
kommen, zuvörderst aber bringe ich diesem gelehrten den dank da-
für dar, dasz er unter teilweiser anerkennung der von Hecker nnd
mir gewonnenen resultate den blick wiederum auf diese Äuszerst
schwierigen quellenuntersuchungen gerichtet bat. man vergiszt so
leicht^ dasz es auch anders gewe^^en sein kann als man sich gedacht,
und nimt obne weiteres als festbtehend an, was doch immer nur eine
Vermutung war.
Vieles von dem, was in jenem artikel vorgebracht ist, übergehe
ich hier mit stillschweigen , nicht weil ich alles gutheisze oder ver-
werfe, sondern weil es jetzt nur mein vorsatz Ist, die frage nach de
sog. 'common tarien Julians', so viel mir möglich, zu erledigen, zm^
erat verweise ich deshalb auf die recension meiner arbeit in der
Wochenschrift für class, pbil. vom 22 april 1891 n. 17 s, 462—455,
welche aus Heckers feder stammt, er beendet seine sehr ausführ-
liche beurteil ung mit folgenden Worten j 'wie einen mathematischeaj
satz kann man eine frage wie die vorliegende' (über die commen
tarien Julians) 'nicht beweisen» so weit aber hier ein beweis mög
lieh ist, kann man ihn, nach den ausfQhrungen Kochs, als erbracht
betrachten.'
Eli mar Klebs dagegen stellt in vSybels historischer Zeitschrift
1891 8. 289 f, die von Hecker und mir gewonnenen resultate in ab-
rede, obwohl er zugibt, dasz eine schrift über die schlacht bei Strasi*
bürg exisiiei*t hat. nicht allein wird das letztere von Borries zu-
gegeben, sondern er beweist auch, dasz sowohl Ammian als auch
LibanioB davon gebrauch gemacht haben, ich halte denn auch jetzt
nach seinen nähern ausfuhr ungen für erwiesen, dasz eine 'absonder-J
liehe schrift' (Iber die Alamannenschlacbt vorhanden gewesen iat«
WEoch: quellen zu den feldzügen Julians gegen die Grermanen. 363
Weshalb sollte aber Julian seine aufzeicbnungen nicht auch
später fortgesetzt haben? die schrift musz doch (vgl. Borries ao.
s. 206 f.) schon früh, wenigstens teilweise, am hofe des Constantius
bekannt gewesen sein, wie hätte man ihn sonst im j. 358 loqtuicem
tälpam usw. nennen können? und doch fragt noch im j. 362, wie
ich in meiner diss. bewiesen habe, Libanios nach der von Julian ver-
faszten cuTTPOt^H seiner thaten.* wie reimt sich das zusammen?
sollte man annehmen können, dasz die hofleute, die feinde Julians,
eher als sein bester freund Libanios in den besitz der denkschrift
über die Schlacht gelaugt seien? oder sollte Julian, wenn er seine
memoiren nicht fortgesetzt hat, so lange mit der Veröffentlichung
des doch ziemlich kleinen büchleins über die schlacht gezaudert haben?
bei seiner groszen eitelkeit ist dieses ganz undenkbar, nein , er hat
fortgefahren zu schreiben, und Libanios ist wohl der erste gewesen,
der einsieht von diesen spätem aufzeicbnungen bekommen hat.
Woher sollte er auch sonst alle die nachrichten haben , welche
wir im epitaphios vorfinden? aus den briefen Julians hat Libanios
gewis nicht geschöpft, das kann nur derjenige behaupten , welcher
die echten briefe Julians nicht kennt oder wenigstens nur flüchtig
gelesen hat. die uns erhaltenen briefe sind ganz privater natur und
enthalten fast gar keine kriegsereignisse. auszerdem hat Libanios
den einzigen groszen an ihn gerichteten brief (27) gar nicht benutzt,
worin Julian nachricht gibt über die persische reise.
Wie die briefe, so haben auch die philosophischen und theologi-
schen Schriften Julians und die andern uns unbekannt gebliebenen
Streitschriften desselben Verfassers, wie die epistulae ad Lacedae-
monios, ad Corinthios, nicht so viel kriegsgeschichte enthalten,
dasz Libanios daraus eine geregelte beschreibung der kriegsthaten
Julians hätte zusammenstellen können, weshalb sollten auch alle
übrigen mitteilungen nach der schlacht bei Straszburgin briefform
verfaszt oder mündlich gegeben worden sein ? und hat Julian sich
dennoch der brieflichen Überlieferung bedient, wie bei dem uns un-
bekannten brief an Eyllenios (vgl. m. diss. s. 14 — 16), so macht doch
der inhalt und die Veröffentlichung derselben sie zu memoirenähn-
lichen, historischen werken, welche man (vgl. Heckers recension)
unter den allgemeinen namen XÖTOi zusammenfassen kann, solche
XÖTOi müssen dann im j. 362 festgestellt und ausgegeben worden
sein und werden jetzt in dem Schema von Borries s. 209 an stelle
der 'übrigen Schriften Julians' gesetzt werden müssen, die XÖTOi
(oder ÖTro|Livti|LiaTa) aber haben den uns erhaltenen XÖTOi panegjri-
rischen oder satirischen oder auch philosophischen inhalts nicht ähn-
lich gesehen : denn in keiner von diesen , auszer in den zwei ersten
reden panegyrischen inhalts*, werden kriegsgeschichtliche Sachen be-
* vgl. aach Libanios epist. 525 ToO bk xal \i€ilw TCv^cOai XÖTOV,
cd 6f|irou KOptoc, €l öoiiic, äq>* iBv äv t^voito fieiZIujv. • auf
diese beiden spielt Zosimos III 8, 2 an , vgl. Mendelssohn zdst. (s. 122).
Borries (s. 204 f.) hat also vollkommen recht, wenn er behauptet, dasz
364 WKoch : quelleti zu den feldzügen Julians gegen die GennsDeiL
bandelt, nur in der uns erlialtenen epistula ad Atbenienseä werden
ganz kurz einige facta mehr angedeutet ak erzählt, wie man das zu
tbun pEegt, wenn man den lesern bekannte sachen ins gedächtnia .
zurückrufen wilL
Im folgenden aber glaube ich beweisen zu können, dasz dem
Libanios nicht bokbe kurze andeutungen , sondern aubfilhrlicbe be-
richte vorgelegen haben, ich fange natürlich da an, wo, wie ich
jetzt überzeugt worden bin, das ßißXiblOV über die schlacht bei
8traszburg aufgehört hal
Libanioä s. 545 1) er&ie expedition Über den Rhein = Amoi.
XVII 1. ganz unwesentliche unterschiede sind: Kai xd {y€vbpa OUK
£KibXu£ X Amm, XVII 1, 9 und tüüV GTTOvburv XPÖVOC 6 x^l^div
ftövoc X Amm. XVII 1, 12. 2) expedition gegen die Franken
= Amm. XVII 2, 1 — 3. der bericht des Libaaioä ist beeinfluszii
von der epist. ad Atb. deshalb spricht er von 1CK)0 Franken, unter* i
schied: Libanios schreibt von hinein q)pot)piov Iprmov, Ammian
von zwei munimenia quae olim exinanita sunt, im Übrigen völlige
Übereinstimmung; XiMtu Xaßiuv ^ ineäia et vigiliis ei desperat hne
postrema lasiati spofite se propria äederuni JTrep^/e bebc^^vouc
xqj pEtZIovi = siaümque ad comUalum Augusti sunt missi ly ptv
TOivUV TOÖTO TOCOUTOV fpTOV XtljiCplVÖV* ?T€pOV b* OUK fXaTTOV,
^8voc Yctp öXov ^HaicpvTic KataB^ov rr^v x^P^v, ?G€i ^^v auTÖCj
übe iHeXüüv, peid tijüv q>uXdTT€iv i^jaf^iywv lö icieW^evov, ol hi
(oi TTieZöjuevoi utiö täv ßapßdpiuv Reiake) aic9ÖM€V0i tou bpöfjou
(p0dcavT€c aÜTOi loiic noXepiouc ^E^ßaXov, dTToßaXöviac ouk öXi-
Touc* oÜTuucößaciXeüc irapuiv t€ Kai ptXXuiv öpoiaic £viKo = Amm,
XVII 2, 4 ad quos eximendos peticulo midiitudo Francorum egressa^ j
cum capios comperisset et asportaios^ nihil amplius ausa repedavit ad
sua, hier scheint der bericht , welcher dem Libanios zu geböte ge-
standen, ausführlicher zu sein als die auf zeich nun gen, woraus Am-
mian geschöpft hat. jedoch ist es mögUcb das^ Ammian gekürzt
bat* 8, 546 z, 11 ter maclite Touc id TToXtjiiiuv XriCT€UOVTac,
drv KpaTTjCaiev, becTrÖTac. » dieses findet man bei Ammian so wenig
wie das balsabscbneiden , w^ovon er ^. 5^7 spricht, es musz also
Wühl dem Oreibasios entlehnt sein (vgl. Zobimos III 7« 2 die ge-
schichte von Charieito — Zosimos schöpft aus fiunapios, and Enna-
pios gibt als quelle Oreibasios an). z. 25 toO KOtpoO TÖ CllM^^^V
a!povTOC, €ueüc CTpateuei usw* =* Amm. XVII 8» 1—4. folgen-
des ist nicht bei Ammian zu finden, wohl aber bei Zosimos: s. 547
anfang: Kai ßapßdpoic ^m ßapßdpouc ixpt\TO, ttoXu KdXXtov iytov-
p^voic M€Td TOUTOU biüJKeiv f\ ^€T* ^Kelvujv (puTeiv «^ Zosimos
III 7i 5 ciivd^iac T£ auToic tuiv CoXiujv ttoXXouc s. 547 yvoöc
hk TiäXiv biaßaiveiv nsw. =« Amm. XVU 10.
hier von comra^titnnen über den Peraerkrie^ nicht die rede Ut. dlmi
Btelle l»t Aber niclit ann Kiitifipios entlehDi — einen so groben f«hler*
vrUrde dieiser nicht gfemacbt haben — tondem er Ut dem Zotimos 8«tb«t
siLSraschreiben.
WEoch : quellen zu den feldzügen Jnliaus gegen die Germanen. 365
unterschiede sind : cirdvei nXoCiüV f nnouc T€ Ka\ önXdac veiv
dvaTKÄcac X Amm. XVn 10, 1 contexto navälipante und: xd
lifev irpÄTOv aÖTOöc drijUiüc dir^Trejuipe , übe V aöGic fJKov, aÜToiic
ÖTOVTCC k^rac toöc ßaciXeic usw. hiervon schreibt Ammian nichts ;
wohl aber erzählt er ausführlich , wie Suomarius (§ 3 und 4) und
spttter Hortarius (§ 5 — 7) unterworfen worden sind.
Völlige Übereinstimmung bei: ÜJvetcGai TfjV elpt^vnv dK^X€U€
Tnc Idceujc Tüjv KttKoiv, TTÖXeic M^v dYcipovrac, ciLjuaTa bi
dTCVtac und: Kai iKO\x\teTO ixkv EOXa t€ Kai cibiipoc elc
dvdcxaciv oIkiujv, ^X^Xuto bk irdc elc dndvobov alxMd-
XujTOC = Amm. XVII 10, 4 und speciell 9 tä^ quoniam consent
taneum erat. . . civitates quoque reparari vi barbarorum exdsaSy
carpenta et materias ex opibus suis suorumquepraeberet (Hortarius)*
Ammian ist aber viel ausführlicher, eine von den fluch tigkeiten des
Libanios ist: o\ bk d)^oXÖTOUv T€ Ka\ oök dipeübovio X Amm.
XVn 10, 7 däentisque plurimis reddidit paucos.
In ausschmückender weise erzählt Libanios noch folgendes, was
man nicht bei Ammian findet: uttö toO juaCTtToCvTCC irpÖTepov
GuJiT€u6|Li€V0C, ÖTTUJC USW. rhetorisch gefärbt ist auch die erzählung
von der rückkehr der gefangenen s. 548. nur was am ende steht
befremdet: oÖKOUV oöbek ?Ti tOüv ßapßdpujv x^iMÄvoc dneXGövTOC
dirl xdc eliuGuiac XqcieCac dH^TrXcuccv (natürlich wird dieses von
den Franken [Chamaven] gesagt), bei Ammian wird mit keinem
Worte von raubfahrten gesprochen; auch nicht in der epist. ad Ath.;
nur Eunapios berichtet hierüber (fr. 12): XajudßiUV Tdp |Li#| ßouXo-
jidvujv dbOvaröv icix ifjv dK xflc BpeiTaviKfic vrjcou ciTonoiLiTriav
iiii xd TiüjLialiKd q)poOpia biairdjiTrecGai (vgl. auch Eunapios fr. 11
[aus Suidas] Xapidxxiuv . . dveixe dnö Xijcxciac Srravxac, was
auch von diesem winter [358—369] gesagt wird), vgl. auch über
die Schiffahrten der Quaden (Chamaven) Zosimos III 6, 2. hier musz
also dem Libanios eine andere quelle vorgelegen haben als dem
Ammian, wahrscheinlich Oreibasios.
Was folgt (s. 549) ist lückenhaft überliefert, zuerst wird ge-
sprochen von Britannia, dann von den unterschleifen der Offiziere,
die Julian verhindert hat, dann von der komzufuhr, wo wieder
eine nur bei Libanios sich findende stelle (schon von Borries s. 185
herangezogen) : öXKdbec a\ ndXai jLifev dvciXKucjudvai Kaxecdmicav,
6XlTai bk €7rX€ov, «Lv dv XijLidci xöv t6|liov dEaipcujuid-
vujv, djLidHac dxpfjv dvxl xoO iroxaiiioö xiu cixtu T€vdcGai,
xal xö TTpfiTjua fjv f) jucticxti ba-nikvr]. dann folgt s. 549 f.
der streit mit Florentius(vgl. Amm. XVIII 1, 1 vd iudicum quisquam
ab aequitate deviaret impune und Jul. ep. ad Ath. 282« xai jniKpöv
öcxepov Ka\ ct)Xujpdvxioc fjv dxGpöc djucl bid xdc iiXcovcHlac, alc
i^vavxioOMTiv), welcher sehr ausführlich erzählt wird, und wie dieser
die zurückrufung des Sallustius bei Constantius erwirkte, was bei
Julian 282^« dem Pentadios zugeschrieben und bei Ammian über-
gangen wird.
366 WKoch : queEen zu den feldzügen Julians gegen die Germanen.
Mit den Worten ndXiv Toivuv toötov ijiixr\C€. XÖTOic, oi TJJv
im Tiö TÖTE x^pi^MLU KripuTTOuci XuTtTiv Iti spielt er an auf die
acbte rede Julians s. 240 — 252 ; dann kehrt er nacL einigen phraseu
mit den worten KQT^ßaive jlA^v in* auxöv uJKeavöVt ttöXiv hi 'Hpd-
KXeiav» 'HpoKX^ouc Iptov (vgl. Ammian XVIII 2, 4 castra HetculiSt
eine festung Wi Hujasen» Arnheini gegenüber) dvicxTi, tu irXoia
bi tk TÖV *Pf|vov €icnx€ USW. (s. 551) XU seiner aucb dem Ammiaa.
vorliegenden quelle zurück* vgl. ö bk ^x^P^^ tisw, mit Amm«.
XVIII 2, 7—12.
Natürlich ist Ammian ausftibrliclier. der einzige unterschied
ist unwesentlich, wie bekannt (vgl. Mannert alte geographie: Ger»
mania 3. 295) zieht Julian von Mainz erst EheinaufwSrtä and führt
dann seine triippen über den Rhein« Ammian erz&hlt nun (§ 12),
dasz Julian 300 mann den flusz hinab sendet, um das andere ufer]
zu benutzen und danti die brücke zu scblageo; LibanioS| dasz er^
mannscbarten und schifiTe dafür zurückläszt, was auf ein and
dasselbe hinausläuft. Libanios hat aber seine vorläge nicht ver-
standen, denn er fügt ganz l^innlos hinzu: laÖTa xoTc ßapßdpoic
b6Eav TTXeiovojv t^qpupiBv dv^ßaXe.
Alle namen, wovon Ammian spricht, übergeht Libanios und
schlieszt dann ab wie Ammian: biaXXdTTtTm. Ktti TidXlv alxMO-
XujTuuv Xüccic Ktti läXXa ndvia &XQi tuiv baKpuujv doiKÖta
ToTc TTpiUTOic ^ Amra, XVIII 2» 19 inter qtms (sc. condicumes) idlJ
feslinatum (Cornelissen liest destinatum) est maxime^ ut captivQ9^
restiiuereni omnes, quos rapaerant exairsibus crebris.
Hiermit ist bei Ammian die bescbreibung der kriegsthaten
Julians vor seiner erbebung zum Aiigustus zu ende; nur wird noch zu
anfang des j. 360 berichtet (Ämm. XX 1, 1), daaz Julian den magister
nrmorum Lupicinus nach Schottland schickt , um gegen die Pictea
nnd Scoten aufzutreten, was Libanios übergeht, denn bei Libanios
folgt unmittelbar auf die olxMaXiwTUüV XijC€lC s. 552: fjXÖev in'
aÜTÖv cpOövoc Tiapd xou cx€cpdvouc öq)ciXovxoc, was bekanntlich J
Ammian auch berichtet (XX 4, 1) : properantem Constaniium orienii*
ferre suppdias . . urebant luUani vir(iUe$, was folgt, ist sehr ge-
hässig gegen Constantius, vgl. ^natotTd'V auxui X€ xai xoic ÖXiTOic
Koi caTTpoTc CTpaxiuixaic xfjv xujv ßapßdpu/v veöxr|Ta, was ganz
im tone der epist. ad Ath. und der andern epistulae aus dieser «eitj
(361) geschrieben oder aus diesen letztern entnommen ist, also
sich nichts besonderes bat, hierher gehört auch s. 553 der ausdruekl
önXixac eöEacBai ^dvov Z^uva^cvouc, der natürlich au» den scbriften^
Julians uns erhalten ist, wie Bornes s. 186 richtig bemerkt hat^
aber — und dies ist hier die hauptsache — aus den schriften des
j. 361, wo er sehr geb&ssig über Constantms sprach (vgl, meine
diss. 8. 51 f.).
Der anfang s« 554 ist der epist. ad Ath. 284* entlehnt:
WEoch: quellen zu den feldzügen Julians gegen die Germanen. 367
Libanios : Julian :
ToOia übe fJKOucev 6 ßaciXeöc, dcKonoOjLicv dvraOGa iroiav
nap^vei toic Ö 'IraXiac fiKOuciv 6böv aöiouc XP^ ßabiCeiv bix-
(den legaten des Constantius) tt]C oöctic. iffh jLifev i^Hiouv
^T^pav äY€iv Touc CTpa- ^i^pav rpaniivai, o\ bk aö9ic
TiüJTttc. dvaTKoZouciv dKCiviiv l^vm.
Aber genug hiervon, es wird jetzt wohl deutlich sein, welche
verschiedenen quellen Libanios benutzt hat. zunächst und meistens
eine quelle, die ihm mit Ammian gemeinsam ist, die er aber seiner
natur als rhetor zufolge anders benutzt hat. wir werden diese haupt-
quelle, um mit den Ä- und J^-quellen, von denen Borries redet,
nicht in Verwirrung zu kommen, H nennen, dann hat Libanios, wie
wir gesehen, ausgibigen gebrauch gemacht von der epist. ad Athe-
nienses und andern schriften Julians (vgl. CTpariÜJTac eöEacOai
jLlövov buvajLi^vouc) aus der zeit seiner Feindschaft mit Constantius ;
wir werden diese quelle / nennen ; und drittens hat er hier und da
anklänge an Eunapios, was mich zu der ansieht geführt hat, er habe
auch schon die memoiren des Oreibasios gekannt (in den vorigen lob-
schriften auf Julian ist von solchen anklängen nichts zu bemerken).
Die stellen , wo dergleichen Übereinstimmungen mit Eunapios
sich finden; sind m. e. folgende:
1) das halsabschneiden s. 527 vgl. Zosimos III 7, 2. 2) Jalian
liesz jedermann die beute behalten, die er gemacht hatte s. 546 z. !!•
3) s. 547 aa. Kai ßapßdpoic diri ßapßdpouc ^XP^to = Zos. III 7, 5
cuvdipac T€ auToTc tüjv CaXiuJV iroXXoOc. 4) vielleicht s. 547 ae.
vnö Toö jLiacTiYoOvToc irpötepov 9u)Tr€uö|Li€Voc öirwc usw. und die
erzählung von der rückkehr der gefangenen s. 548. 5) oubelc in
TU)V ßapßdpwv x^iMiJövoc dTreXGövTOc im idc €liü9uiac XijCTeiac
dHeirXeucev (s. 548). 6) der unterschleif der Offiziere s. 549. 7) viel-
leicht die geschichte der kornschifPe s. 549. hier ist jedoch Libanios
von der ep. ad Ath. beeinfluszt (279^ — 280'); vgl. Hecker gymn.-
programm (Kreuznach 1886) s. 37. 8) s. 549 f. der zwist mit
Florentius.
Wenn nun — ich lasse weiter alle c7-n achrichten bei Seite —
das, was Libanios mit Eunapios oder Zosimos gemein hat, sich bei
Ammian nicht oder anders vorfindet, das aber, was er mit Ammian
gemein hat, bei Eunapios oder Zosimos nicht vorkommt, wie ist es
dann möglich dasz H (die hauptquelle sowohl des Libanios als auch
Ammians, in den spätem büchern Ammians also identisch mit der
quelle B von Borries) Oreibasios sein kann ? nein : hier musz eine
andere schrift sowohl dem Libanios als dem Ammian vorgelegen
haben, eine schrift die sehr ausführlich die kriegsthaten Julians
behandelte, wahrscheinlich hat sich die schrift angeschlossen an das
ßißXibiov über die schlacht bei Straszburg, entweder gleich nach
der Schlacht, also bei Ammian XVII 1, oder nach dem ersten Rhein-
Übergang, also bei Ammian XVII 2. im erstem falle vermittelt bei
Ammian XVI 12, 67—70 den Übergang, im zweiten feile XVII 1, 14.
368 WKöch: quellea za den feldaögen Julians gegen die Germanen.
Wie weit in dieser schrift die beschreibung der thaten Jolians
fortgeführt wird, kann icb jetzt noch nicht sagen; es kommt mir
aber vor, da8z aucb die tbronerbebung Julians dann behandelt war:
denn eben hier sind uns wieder neben //- und /-nachrichten (aas
der ep. ad Athen.) eigentümliche nachrichten (bei Zonaras) erhalten,
die einen Julian freundlichen Charakter zur schau tragen und weder
mit IT noch mit / ÜbereinsUmmen, also der 0 (Oreibasios)- quelle ent-
nommen sein können, ist aber etwas aus Oreibasios uns erbalten,
was sich nicht oder anders hei Ammtan ündet, so kann Ammian
diese 0- quelle nicht benutzt haben.
Diese ^-quelle also ist nicht identisch mit J noch mit 0
(Oreibasios). die einzigen andern Zeitgenossen, von denen wir
wissen dasz sie die thaten Julians beschrieben baben ^ oder wenig-
stens beschrieben haben könnten, sind Julian selbst und
Magnus Carrenus.
Zwischen diesen beiden wage ich nicht zu entscheiden, obwohl
icb, wenn auch nicht so fest wie früher davon überzeugt, noch immer
zu der meinung neige, dasz Julian selbst diese quelle ist. mathema-
tiBcb beweisen kann man ja dergleichen sachen nimmer; es genüge
aber, dasz wir wissen mit einer tüchtigen und ausführlichen, hier und
da etwas parteiischen quelle zu thun zu haben.
Was Zosimos betrifft, so hat derselbe — wie Mendelssohn nach-
weist — für diese epoche (356 — 361) gar keinen wert, wenn man
die partie über die niederländischen kriege aussondert, wo er aus*
führlich wird und aus Eunapios geschöpft hat
Ober die quellen zur geschichte des Perserkrieges Joliims will
ich mich vorläufig lieber jedes urteils enthalten.
Dies sind also die hetrachtungen , wozu mich Borries aufsati
über die quellen in den feldzügen Julians angeregt hat. auch ich
füge jetzt ein schema hinzu, um meine meinung über das Verhältnis
dieser quellen zu veranscbnulicben.
A J HO
(Julian (Julian ep, ad Ath. (Julian? (Oreibaaioi)
Alamannen- nnd andere oder
fichle^ht) Schriften Magnus
au» dem j. 361) Catrenua?)
Libanios
epitaphioa
Ennapioa
TiRL (Holland).
Zotimoi
Wilhelm Koob.
EESTE ABTEILUNG
FÜE CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON ALFRED FlEGKEISEN.
44.
STEINHAUFEN ALS FLÜCHMALE, HERMESHEILIGTÜMER
UND GRABHÜGEL IN GRIECHENLAND.
Ein noch heute in vielen gegenden der griechischen lande , am
häufigsten, wie es scheint, im Peloponnes geübter, schon mehrfach
von wissenschaftlichen reisenden erwähnter brauch ist die Verfluchung
eines menschen unter abwerfen eines Steines an einer eigens hierzu
bestimmten stelle, ich habe über diese sitte, weil sie mir das zeichen
hoher altertümlichkeit an der stirne zu tragen schien, auf meinen
eignen reisen möglichst genaue erkundigungen eingezogen und kann
darüber folgendes als zuverlässig mitteilen, das verfahren kommt
in anwendung gegen solche personen, welche nach der auffassung
des Volks durch ein groszes verbrechen an der gesamtheit sich ver-
gangen haben, mögen sie nun bereits verstorben oder noch am leben
sein, wer zb. durch verrat, brandstiftung, Verbreitung einer krank-
heit usw. einer ganzen gemeinde geschadet hat oder in diesem rufe
steht , den beschlieszt die betroffene gemeinde in der angegebenen,
sogleich näher zu beschreibenden weise mit einem öffentlichen fluche
zu belegen, es wird nemlich entweder da, wo das wirkliche oder
vermeintliche verbrechen verübt worden, oder, was die regel ist, an
einem viel begangenen wege, mit Vorliebe an dem kreuzungspunkte
mehrerer pfade eine anzahl von feldsteinen gleichsam als grnndstock
für das zu errichtende fluchmal abgeworfen, jeder, der in der folge
hier vorübergeht, wirft nun unter dem ausruf ävdOejLid tov, dh.
'fluch über ihn !' einen stein hinzu, und so bildet sich bald ein hoher
häufe von steinen, den man selbst auch dvdOejLia oder mit davon ab-
geleitetem namen dvaOejLiaTOupio nennt, auf meiner reise durch den
Peloponnes im herbst des j. 1878 sah ich auf dem ritte von Aigion
(Vostitsa) nach dem höhlenkloster Megaspilaion hoch oben im gc-
birge an einem kreuzweg ein solches ävd9€)Lia, das mein agogiat un-
gefragt mit diesem namen bezeichnete , und ich erfuhr nachher im
JahrbQeher fQr clftss. philol. 1888 hft. 6. 24
370
Bernhard Schmidt: steinliaufen als flacbmale,
klostefi dasz ee infolge eines grenzstreites zweier dörfer von dem
unterlegenen teile sei aufgerichtet worden » also entweder gegen
aämtliche hewobner des siegreichen dorfes oder wenigstens gegen
dessen demarehen , möglicherweise auch gegen denjenigen welcher
den richterspruch gefüllt hatte» ein zweites traf ich an beim auf-
stieg von Ändritsena nach dem Apollontempel von Bas&ai, gleich-
falls hoch im gebirge, da wo der weg znm alten heiligtum und der-
jenige^ welcher hinunter nach dem dorfe P4vlttsa (Phigaieia) fuhrt,
sich begegnen, welchem anlasse letzteres seine entstebung verdank te,
habe ich nicht in erfahrung gebracht, zu erwähnen Ut aber noch,
was ich in dem dorfe Mesorügi in der nähe des Styxfalles hörte, da^K
die bauem diese art der verfluch ang gern gegen reiche und mächtige
leute in an Wendung bringen» welche ihrer Ortschaft schaden zugefügt
haben, und denen sie sonst nichts anhaben können, man musz sich
hQten diese fiuchmale zu verwechseln mit jenen Steinhaufen, die hier
und da im hochgebirge an weit sichtbarer stelle errichtet sind » um
dem Wanderer zur Winterszeit als pfadzeichen zu dienen, wie ich deren
einen, aus dessen mitte ein hoher viereckiger pfabl emporragte, auf
der passhöhe des arkadischen Chelm^s gesehen habe, welcher bis in
den monat juni hinein mit scbneo bedeckt zu sein pflegt.
So viel ergaben meine eignen nach forsch ungen. ich füge jetzt
hinzu, was ich m der mir bekannten litteratur über die Sitte ge*
funden habe*
Zur zeit der Türkenherschaft war es^ wie es scheint, sehr ge>
wohnlich, dasz das volk seine Unterdrücker in der beschriebenen
weise verfluchte. Fouqueville sah eine anzahl solcher gegen türkische
grosze aufgerichteter ßuchmale in der nähe von Patras und berichtet
darüber in seinem vojage de la Grdce IV* (Paris 1826) s. 386 fol-
gendes: 'en avani^ant nous arrivämes aux anathömes^ troph^es d'un
genre nouveau, que les Grecs ^lövent a leurB oppresseurs. c'est
lorsqu'ils ont 6pui86 les moyens de r^clamation et les supplicationä,
que ce peuple qui na ni tribune ni journaux ni hustings, pour
ionner contre ses tyrans , prend le parti de les d^vouer aux g^nies
infernaux. pour accomplir lanath^me, on donne le nom d'injure
Ä quelque coin de terre qu'ou maudit en j jetant la pierre de r6pro-
bation* chaque assistant fait la m^me chose, et les passants ne
manquant pm dans la suite d y joiodre leor suffrage , on ne tarde
pas k voir s'6lever un tas de pierres dans le lieu anath^maUs6, la
consequence de cette excommunication porte quo Tennemi du peuple
devient vricolaoas ou revenant apr^ sa mort; son corps ne
peut se dissondre dans le tombeau , et ^e& enfants sont afflig^s d'in*
firmit^s« j'^coutai aveo une sorte de complaisance ces histoires
racont^es par les paysans qui renouvelörent en ma pr^sence la
c6r6monie de l'anath^me contre un codja-bachi de Patras« ils mau-
dirent en cons^quence ses anc^tres, son äme et ses enfants, en gros-
Bissant d'une grele de caüloux le monument de leur vengeance,' in
der anmerkung hierzu wird der Wortlaut der fluchformei mitgeteUti
Hermesheiligtümer und grabhügel in Griechenland. 371
deren man sich bei diesem act bediente : dvdO€|Lia CTOUC TOV^ouc,
CTfjV ipuxnv KQi CTCt TTaibia TOuJ was aber den von Pouqueville
angeführten Volksglauben betrifft, dasz der also verfluchte nach
seinem tode zum wiedergSnger werde , so ist derselbe sicher weder
allgemein noch ursprünglich , sondern es ist hier offenbar die nach
verbreiteter Vorstellung aus der kirchlichen excommunication sich er-
gebende folge (vgl. Volksleben der Neugriechen I s. 161) auf nnsem
gänzlich profanen brauch übertragen worden, eine verquickung welche
ja wohl in der seele jener landleute , deren erzählungen der bericht-
erstatter mitteilt, sich konnte vollzogen haben, vielleicht aber auch
nur auf rechnung des letztern zu setzen ist. — Camarvon nahm auf
seiner reise durch die landschaft Mani in Lakonien mehrere fluch-
male derselben art am säume des weges wahr, und es besteht nach
seiner angäbe dort die Vorstellung dasz, je schwerer der steinhaufe
werde, desto sicherer und schneller die seele des Verbrechers zur
hölle niedersinken werde. Hhe roadside' so bemerkt er in seinen
reminiscences of Athens and the Morea (London 1869) s. 160 'was
sometimes marked by a huge heap of stones piled up in execration
of some unhappy wretch who, though long departed, had incurred
populär resentment. each passer- by, Ignorant as he often might be
of the offender's name, or even of the nature of the offence, would
throw a stone and increase the pile , in the belief and hope that the
heavier it grew, the more surely and swiftly would the sinner's soul
be weighed down to Hell.' — Auf der höhe des Pamongebirges, am
wege von Hagios Petros nach Sparta , führt eine stelle den namen
CTOUC q)OV€U)üi^vouc : drei zusammengesunkene tumuli aus erde and
rohen steinen, die zu einander im dreieck liegen, und von denen
jeder etwa fünfzehn schritt im durchmesser hat, bezeichnen die-
selbe.^ höchst wahrscheinlich haben wir es auch hier mit fluch-
malen zu thun.'
Der brauch ist auch den inselbewohnem nicht unbekannt, für
^ man erinnert sich dabei bekannter aitgriechischer flochformeln
gleichen oder ganz ähnlichen inhalts, wie dTTÖXXuc6ai Kai aÖTÖv xal
Y^voc Tö K€ivou, ^EcüXcic elvai xal aöroOc xal olx(ac xal y^oc tö ^k€(-
vujv usw. ' Ross reisen im Peloponnes s. 178, welcher geneigt war
in isn drei tumuli die von Pausanias II 38, 7 erwähnten Hermen zu
erkennen, die auf dem punkte, wo die grenzen der Ar^eier, Arkader
und Lakedaimonier zusammenstieszen, errichtet waren, mit vorschneller
Zustimmung von ECurtius Pelop. II s. 262 und 321 anm. 66. denn Ross
selbst hielt es doch zugleich für nicht unwahrscheinlich, dasz diese
Hermen ein wenig nördlicher sich befanden, und äuszerte daher in be-
treff jener drei Steinhaufen noch eine andere, zu ihrem namen besser
stimmende Vermutung, nemlich dasz dieselben dassieg^smal des Herakles
über Hippokoou und seine söhne seien (Paus. HI 10, 6). ' man
könnte auch an gräber erschlagener denken: vgl. unten 8. 390. aber
im namen selbst liegt das nicht ausgedrückt: CTOuc q>ov€U)üi^vouc ist
nach vulgargriechischem Sprachgebrauch einfach die stelle, an der einige
menseben getötet worden sind, wie der gleich i\^ohher zu erwähnende
rhodische ortsname CTÖv Karapajüi^vcv die statte bezeichnet, wo jemand
verflucht worden ist.
24»
372
Bernhard Scbmidi: Bteinhaufeo als flucbmale,
Ejpros beeeogt ihn Sakellarioä KuTipiaKOt II s. 445 der neuen be-
arbeitiing {iv *ABT]vmc 1891): dva66€^aTo0piv, xö* dväO€Ma
KOIV. f\TOl CUJpÖC XiOuJV CXTlUaTlC6|J6VOC UTt6 TÜJV XtWpiKiUV ^V TOlC
Tpiööoic TTpöc aiujviov dvaÖE/iaTicjLiöv toü dbiKr[cavToc auTouc, —
Im sQdlichtn teile von Rhodos heiszt eioe stelle cröv Karapaji^vov *»
ein name der deutlich auf ein ehemals hier befindliches Äuchmal
binweiiät. — Auf der insel Imbros unweit des dorfes Skinudi sah
Conze am vfcge einen auffallend groszen häufen von ateinen, hier
dvaSc^aricTpa genannt, welcher einem demarchen des genannten
dorfes galt , der mit den Türken gegen seine glau bensgenossen ge-
meinsames spiel sollte gespielt haben. ^ — Von den Kretern ward
frtlber und wird unter umständen wohl auch noch beute dieselbe art
der Verfluchung gegenüber ihren zwingberren angewandt. FvLöber
kretische gestade (Bielefeld u, Leipzig 1877) s. 160 f. sagt von ihnen
mit bezug auf das ende des siebenjährigen aufstandes von 1821
— 1827: 'wo die ihrigen geblutet hatten, da errichteten sie Stein-
haufen, und jeder vorübergebende warf noch einen stein hinauf mit
einem fluch auf die blutigen Türkenbunde.* ein solcher steinhaufe
war, wie der vf. weiter berichtet, lange zeit zu sehen im thale des
Mylopötamos, unweit der berühmten und berüchtigten troplstein-
höhle beim dorfe Melidoni, in welcher im j. 1824 einige hundert
Griechen durch die Türken unter Kussein Bej einen schrecklicben
erstickungstod gefunden hatten.
Auf den ioniächen inseln ßcbeint der brauch, vielleicht Kytbera
ausgenommen (vgL unten s. 373), nicht vorzukommen, von Kepbal-
lenia und Zakyntbos glaube ich dies sogar mit bestimmtbeit sagen
zu können, aber auf letzterm eilande ist doch im volksmunde eine
redensart üblich, welche die Vermutung rechtfertigt, dasz er vor
Zeiten auch bier bestand, ich habe den ausdruck lppi£a TT^Tpaic
ÖTTlcu; jiOif ('ich habe steine hinler mich geworfen*) anwenden hören
mit bezug auf das raube bergland der insel , welches dem redenden
mit^fallen hatte und das er infolge dessen nicht wieder zu besuchen
entschlossen war, und von einem eben verstorbenen sagt man hier
und da fppiHc fiaupri trexpa öiricuj xou ('er hat einen schwarzen
stein hinter sich geworfen*) in dem sinne: *er kehrt nicht wieder,
er hat der weit auf immer lebe wohl gesagt.' ich wüste nicht, woraus
diese sprichwörtliche redensart entstanden sein kannte, wenn nicht
aus dem hier bebandelten brauche, eigentlich und ursprünglich wird
sie nichts anderes bedeuten als *verflucben* oder 'verwünschen*, ihre
anwendung auf einen ort, an den zurückzukehren man nicht vermag
* Rosa reiseo auf den grriech. loieln TV 9, 65, ^ reUe auf den
Inseln de« thrakisdien meerea 9. 97, mit der berichtiguDg' und ergäocung
im PhUologaa XIX (1853) s. 165 f. an letzterm ort erwühnt Conie Auch
tiocb ein pelopooneHiscbeB dvd0€fia, ao welchem er tmt der wnuderatig
von Troisen tiiich Ueriiiione bei einer kreuzang dea we^s vorüberkum.
Übrigens schreibt er auch hier noch faUcb dvaOfmaTkTpa und dvd8Y)Ma«
über die uamensform vgl, unten 1. 374,
Hermeeheiligtümer und grabhügel in Griechenland. 373
oder nicht willens ist , konnte sehr leicht zu dem begriff der absage
auf ewig fuhren.
Nach dem bisher zusammengestellten darf man es wohl als
sicher betrachten, dasz die sitte der Verfluchung eines menschen
unter abwerfung eines steins einst überall in den griechischen landen
bekannt und verbreitet war. aber wie erklärt sie sich ?
Es kann zunächst keinem zweifei unterliegen, dasz das stein-
werfen ein Symbol ist für die wirkliche Steinigung, dies dürfte schon
die auf der insel Eythera übliche redensart toO irp^irei XiOocuipöc
('ihm gebührt ein steinhaufe') zeigen, welche der berichterstatter
(Pandora XIII s. 529) durch die worte t. Ttp. vd Xi9oßoXriOi5 TtapÄ
TrävTUiV erklärt, aber auch die bedingung, an welche die vornähme
des actes geknüpft ist, beweist es. ich habe oben bemerkt, dasz ein
vergehen gegen die gesamtheit vorliegen musz. eine ' Ver-
letzung der interessen der gesamtheit' war es aber vorzugsweise
schon im hellenischen altertum, welche Men augenblicklichen Un-
willen des Volkes mit oder ohne befehl der oberen bis zur Steini-
gung' steigerte (KFHermann-Thalheim griech. rechtsaltertümer § 18
s. 121). insbesondere erschien der verrat, also eine derjenigen ver-
gehungen, durch welche die griechischen bauern von heute zur auf-
rieb tung eines dvd06|Lia sich veranlaszt sehen, von jeher als ein des
todes durch Steinigung würdiges verbrechen, so zb. erlitt Pala-
medes diese strafe nach den scholien zu Eur. Or. 432. die Eyloneier
wurden von den Athenern gesteinigt nach den scholien zu Aristoph.
Bittern 445. die Arkader steinigten ihre beiden könige namens
Aristokrates, den altem wegen Schändung einer Jungfrau im heilig*
tum der Artemis, deren priesterin sie war, den Jüngern wegen hoch-
verräterischen einverständnisses mit den Lakedaimoniem (Paus. YIII
5 ge.). im peloponnesischen kriege begannen die Argeier ihren feld-
herrn Thrasyllos wegen eigenmächtiger Unterhandlungen mit dem
feinde zu steinigen (Thuk. V 60, 6); wie denn auch Dikaiopolis in
Aristoph. Acharnern 285 ff. aus dem gleichen gründe mit derselben
todesart bedroht wird."
Symbolische Steinigung ist auch bei andern Völkern mit Sicher-
heit nachzuweisen, so bei den Arabern, von denen eine dem griechi-
schen brauche zwar nicht völlig entsprechende, aber doch sehr nahe
kommende und im gründe gewis auf gleicher anschaunng beruhende
volkssitte berichtet wird, als AbuRighäl, der dem beere des äthiopi-
schen königs Abrahaa als Wegweiser gedient hatte, gestorben war,
ward sein grab von ihnen gesteinigt, 'und das thun die leute bis
heute', sagt Ihn Ishäq (f 769) im leben Mohammeds.^ also auch
^ diese ond andere beispiele von Steinigung aus mythischer und
historischer zeit hat bereits WWachsmuth bell, altertamskonde II*
8. 793 f. zusammengestellt, vgl. auch die sage vom Lykier Skylakens
nnten s. 378. ^ Gildemeister bei FLiebrecbt -zur Volkskunde* (Heil-
bronn 1879) s. 283, wo diese arabische sitte noch durch einige weitere
beispiele aus dem mittelalter belegt wird, das älteste zengnis für die
ßemhard Schmidt: Steinhaufen ale üachmaie,
hier hi es das Yt?rbrecheii des Verrats, das auf solche weise geahndet
wird, die Maravi am Zamhesi pflegen auf gi^äber von Zauberern, die
tiberführt und verbrannt worden sind, beim vorübergehen einen stein
2U weifen (Waitz anthropologie der naturvölker 11 s. 325 ^ vgl. ebd.
s. 524)» ein brauch der ohne zweifei ebenso aufzufassen ist.
Die von einer ganzen gemeinde und weiter auch von vielen
auszerhalb derselben stehenden fortgesetzt geübte symbolische Steini-
gung mag nach der anschauung des Volkes ebenso geeignet sein,
früher oder später das verderben desjenigen, gegen welchen sie ge*
richtet ist, herbeizuführen, wie die in Griechenland und anderwärts
vorkommenden symbolischen menschenopfer bei grundsteinlegungen
(vgL Volksleben der Neugriechen I s, 11>6 f,). eigentlich aber dient
die ceremonie nur zur nöchdrucksvollen Verstärkung des gleichzeitig
ausgesprochenen feierlichen fluchs, welchem nach dem glauben alter
nnd neuer zeit schon an sich eine magische gewalt innewohnt* ^ aber
damit ist noch immer nicht der letzte grund der sitte aufgedeckt,
offenbar soll durch errichtung des fiuchmalB der mensch, dem es gilt»
oder, wenn es sich um einen bereits verstorbenen handelt, dessen
Seele den unterirdischen mächten zur räche Überantwortet werden,
das geht besonders deutlich aus der oben nach Camarvon mit*
geteilten Vorstellung der Maniaten hervor, und auch schon der name
der ceremonie weist bestimmt darauf bin, wenn man die geschieht*
liebe entwicklüng seines begriff's ins äuge faszt. denn das wort
dväOejLiai eigentlich nichts anderes als die hellenistische form von
övctBrijua, bezeichnet in der biblischen Graecität etwas der gottheit
zur Vernichtung geweihtes, ihr als opfer verfallenes*, ganz wie das
lat. adj. saceTy und erst aus dieser unter bebräi^jchem einflusz ent-
standenen bedeutuDg ist dann die noch im heutigen griechisch ge-
wöhnliche bedeutung 'fluch' hervorgegangen, es verdient erwähnt
zu werden, dasz auf den von Newton im be/irk den heiligtums
der Demeter und Kora zu Knidos aufgefundenen » im 2n teile des
2n bandee seiner 'history of discoveries at Halicarnassus, Cnidus and
»teinigtui^ des ohen crwühnten grahes isl ein vert des 'Giirir (etwa
um 700): *wenn Famsdak g-e^torben ist, «o steiniget ihn» wie ihr tteinig^et
das grab des Abu Rl^hAP, nemllch l^cim vorübergebeu durch daraDf-
werfen eine» «itetues. — Liebreclil hnt in dem 9o eben angofülirten buche
s, 267—284 einen toerat in der Germania XXII :il erschienenen anfsats
*di6 geworfenen steine' anni Wiederabdruck gebracht, auf welchen ich
in dieser abli. mehrfach werde «u verweisen haben.
* ». bicriiber besonder« Latanlx 'der fluoh bei Griechen und Hömem*,
«tadien des class, altert, s, 159 ff,, nnd JGrimm deutsche myth. II*
s. 1026, vgl aach ÄWuttk© 'der deutsche Volksaberglaube** s. 163 f.
sieht mati von dem bloAx ByrnboHseben der handlung ab, so deckt sich
dieae unter flücben vor «steh gebende Steinigung durch das volk genau
mit den hi^^opptqictc XfOci^oi dpai^ die bei Aischytos Agam. 1616 der
chor dt>m Aif^i^tbon in anhiebt stellt. * \'g\. Stepbanus thes^turns
ndw., befondcrs aber Cremer worterbnch der oentestatneDtlicben Graecität*
(Gotha 18B9) u. tiOnM^ »* ^^t sowie Grimm lexicon Oraeco-Lat in Hbro«
KT.« (Leipzig 18S8^ n* äy&Qi^a «, 26.
UermeBheiligtümer und grabhügel in Griechenland. 375
Branchidae' veröffentlichten bleitäfelchen mit verfluchnngsinschriften,
deren spräche, wie CWachsmuth im rh. mus. XVIII (1863) s. 573
richtig bemerkt hat, mit der GraecitSt der Septuaginta nahe Ver-
wandtschaft zeigt, die tiberantwortung des übelthäters oder be-
leidigers an die götter der unterweit wiederholt durch das verbum
dvaiiG^vai (neben dviepoOv) ausgedrückt wird, so in n. 85. 86. 93
(e. L l bei Wachsmuth ao).
Der eigentliche zweck der fort und fort sich wiederholenden
Steinigung und Verfluchung geht also ohne zweifei dahin ^ die ge*
walten der hölle gegen den davon betroffenen aufzuregen.
Wenn wir nun die naheliegende frage aufwerfen, ob die im
vorstehenden beschriebene merkwürdige sitte schon im hellenischen
altertum möge bestanden haben, so scheint die antwort auf den
ersten blick verneinend ausfallen zu müssen, zwar fühlt man sich
durch die heutigen fluchmale unwillkürlich an die SpjLiaia oder
£pjLiaK6C der alten erinnert, welche ja nach den uns vorliegenden
nachrichten vielfach, ganz wie jene, in bloszen am wege und be-
sonders an kreuzwegen aufgeschütteten Steinhaufen bestanden, und
zu denen gleichfalls die vorübergehenden einen stein hinzuzuwerfen
pflegten. '^ allein die bedeutung dieser war ja bekanntlich eine ganz
andere : sie dienten der Verehrung des Hermes, und manche mjtho-
logen wollen in ihnen geradezu die ältesten darstellungen desselben
in seiner eigenschaft als schutzgott der wege erkennen. " ein Zu-
sammenhang beider arten liegt also jedenfalls nicht klar vor äugen. '*
aber wenn wir uns die erkl&rungen näher ansehen, welche die alten
über Ursprung und entstehung der Hermaien aufgestellt haben, so
finden wir allerdings eine spur, die mit deutlichkeit darauf hinweist,
dasz sie fluchmale in gestalt von Steinhaufen nicht nur gekannt, son-
dern auch mit den dem Hermes geheiligten denkmSlem derselben
art in Verbindung gebracht haben, diese erklSrungen sind zum teil
von den Homer-exegeten zusammengestellt zu dem ''GpjLiatoc X6(poc,
10 B. die weiter unten angeführten stellen, dasz die fpfiiaia auch
^pjiQKec p^enannt wurden, zeigen die scholien zu Nikandros ther. 160:
f\ ^pnaKQc XCGouc cccuipeuM^vouc elc Ti)if|v toO '€p)ioO. ** vgl. zb.
Preller-Robert griech. myth. I s. 386 anm. und 401. anders Welcker
gr. götterlchre II s. 456 >' ich will hier beiläufig erwähnen, dasz
das wort Sp^aS in der vulgarform 6pjLiaKÖc bis auf heute sich erhalten
hat, und zwar in der alten bedeutung 'steinhaufe*. s. Protodikos l6iUJTiK&
Tflc v6U)T^pac i\\r\y. fXibccric s. 14 (auch schon Philister IV 225), dessen
bemerkung sich wohl auf seine heimat Paros bezieht, aber auch für
den Peloponnes ist es bezeugt, woselbst man die anhäufung der aus den
bebauten f eidern zusammengelesenen steine damit bezeichnet: '€q>r||üi.
TfSjv q)tXo)ia6uiv 1858 s. 634 (vgl. s. 596 und 626). ebenso heiszt es ebd.
1859 s. 987 ohne ortsanpabe: &p|iaKÖc (6), töttoc Öttou CU)pc\3ouci ToOc
Xiecuc ToOc ^HaTOfLi^vouc dnö t& Ka6api2:6)i€va xu)pdq)ia, xal ÄTrXdic cwp6c
XiOujv. man erwartet eigentlich dpjiaKac. aber ebenso xoxXaxdc = KÖxXaE
(Protodikos löiuiT. s. 83). der accent ist wohl auf die endsilbe vorgerückt
worden nach der analogie von Wörtern wie q>aYdc, Kcpardc ua. wichtig
wäre es nun zu wissen, ob etwa irgendwo dieser au.sdrnck auch von
den flncbmalen gebraucht wird, allein da versagen die nachrichten.
376
Bernhard Schmidt; ftteinhanfeE als fluchmate ,
den die Odyssee rr 471 am wege über der stadt Ithake erwähnt, in
den schollen zdst. faeiszt es unter anderra (II s. 633 Ddf.): '€pjuific
Kaid Aiöc K^Xeuciv dveXujv "ApTOV töv ttic ^Ioöc (poXciKO rixOn
UTtö biKTiv» "Hpac auTÖv kqi to^v aXXu/v dYQTÖVTUüV Beoiv elc
Kpiciv ön TTpujTOc dTT€ßeßXyiK€i bai^övtiiv övnxujv mdcjiaTi töv
''ApTov Kai dvTiprjKei. Kpivoviac hi touc Beouc eiiXaßeicöai ^kv
TÖV Aia h\ä TÖ uTTÖbiKOV ftT^vficSai töv '6p/if)v xaic auxoö
TTapatT^Xiaic, äpa hl diq)UJCiuj|i€VOuc tö ötoc Kai ttjc dvbpo-
q>oviac dnoXüovTac aic eixov öpt^tic rrpocßaXelv auxui
idc *+»Tiq)ouc, KaioÖTUJC^TTicuüpeuOfivaiTrpöcToUnocl
Toö '6p|ioö i|/r|<puuv TrXfieoc. ö9€v Kai touc dvöpujTrouc fixpi
Tou vOv ek Tijuriv 'Gp/ioö KaTd tüc öbouc, bid tö töv 9eöv eivai
toOtov Ka9r|t€növa Kai dTTixpoTTov tuiv eKbimoüvTUüv , cujpouc
TTOieiv Xi9u>v Kai bidTovTac trpocßdXXeiv X(9ouc, Kai toutouc
KaXciv '€p^aiouc Xöqpouc. fcTi bfe Xocpoc näv tö €k uqioG
^eieuupov* f) iCTopia nap' 'AvTmXeibrj. ^* dieselbe erklärung gibt^
nach vorausBchickung anderer, Eustathios mit folgenden Worten
(s. 1800 ed, Rom.): dXXoi bt eiitov, 'EpjLirj dveXövTi löv *'Aptov,
i^ ou Kai dpxei(p6vTr|c ^KXii9ri, dvdYKnv T^vecöai bouvai biKOc toö
cpdvou* ^Tr€i hl All TT€ic0ek ^TiXr|^^e\qc€ tö koköv Kai iökvouv
auTÖv Tkacöai, irpoc^ppitiiav xdc n/riqpouc ö Ka9^va tüuv KpeiTXÖ-
vuiv i^p^pa Tuj 'Epfifj, ßdXXovxec olov ^k€ivov Xi9oic'\Kal
ouTO) tf)v TOÖ 96VOU Troivrjv dtpoiciuJcavTO. Kai ol tujv ipricpoiv
^Keivtiiv Xiöoi dvaßdvT€c xrj cgupeitjt tk Xötpov ek Tipfiv ucrepov
fnecov TUJ 'Eppi^* ^VTcOOev ydp ol cuupeud^evoi ttou Xi9oi Tqj
*€ppq KOTd Tf|V ^vTaö9a 'Opnp^xifiv qppdciv ^iruJVOMd^ovTO. die
nemlicbe geschichte wird endlich im sog, Etym. M. u» *€p^aiov
s* 375f 57 Gaisf. aus ^Xanthos^ aber offenbar in stark verstümmelter
fassnng, mitgeteilt: X^T€l hl TTCpi auTÜuv (nemlich über die Hermaien
oder die dvöbioi XiÖoi) ^dvSoc, öti dTTOKTtivavToc '€ppoO töv
^Aptov Kai biKac eicTTparro^^vou Kai inrexovTOC ^v toic G€oic bid
TÖ TTpajTOv ä\|iac9ai touc Xomouc dcpociou^^vouc tö dtoc Kai
ÖTioXuovTac ToO (povou TTpocßdXXciv auTi^ rfiv njf^90v* ö8ev bia-
|i^v€iv in Kai vOv. ''^
Hiemach wurde also der oraprung der Hermaien von einigen
aus der legende hergeleitet, dasz die g5tter den wegen der tötung
^* BattmHiiQ denkt jedenfnlU mit recht an dns iEr]tr|TiK6v den Anti-
kleidet , welchem denn auch CMüUer scrlpt. rer. Alex, M. «. 151 n. 19
gefolgt ist. den vöcTOt woUtd aeltsamer weise MHEMeier optisc, II s, 57
Atim« 131 dus frai^meDt Eaweiaen. ** so ganz richtig in der Botnischeo
ausgäbe« in dem iicderUch^n Leipziger abdruck derselben steht sinnlos
ßdXXovToc otov ^KCtvov XiOouc. '^ CMüller h»t darHufhio dieses brach-
stUck den Aubiaxd des Xanthos xtige wiesen (FHO. I s. 38 n. 9). es mag
dnbingestellt bleiben, ob es wirklieb dem alten logographen ang^ebört^
ei«en zwingenden gnind aber ihm dasselbe abznsprechen sehe ich ebensa
wenig wie Weleker kl. Schriften I s. 437, und ein schon von diesem
tum vergleich berangesogenes fragnient de» HelUnikos, von dem ich
gleich nachher ban^lcln werde, l&sit sich sogar für seine eehtbeit geltentl
machen.
Hermeeheiligtümer und grabhügel in Griechenland. 377
des Argos , des ersten von einem unsterblichen begangenen mordes,
vor gericht gezogenen Hermes aus scheu vor Zeus, in dessen auf-
trag er gehandelt hatte, zwar freisprachen, aber der blutschuld oder
der durch den mord verwirkten strafe wenigstens zum schein genüge
thaten — denn das ist dcpoctoOcOai tö Stoc oder, wie es bei Eusta-
thios heiszt, d. ifiv ToO cpövou Troivriv — , indem sie ihre steine
zu seinen füszen niederwarfen, als ob sie ihn wirklich
steinigten: der auf diese weise entstandene steinhaufe des Hermes
sei nachmals bei den menschen zu einem zeichen der Verehrung dieses
gottes geworden, ich glaube nicht leicht einem Widerspruche zu be-
gegnen, wenn ich behaupte, dasz diese legende den bis heute er-
haltenen volksbrauch voraussetzt: wer immer sie erfunden hat, der
musz die durch symbolische Steinigung errichteten fluchmale ge-
kannt haben und zugleich eines Zusammenhangs derselben mit den \''
dem cultus des Hermes dienenden Steinhaufen sich bewust gewesen
sein, wie hätte er denn anders auf seine an sich so seltsame erkltt-
rung des Ursprungs der letztern verfallen können? und dasz er die-
selbe nicht rein aus der luft gegriffen, sondern einen bestimmten
grund dafür gehabt hat, wird man doch wohl einräumen wollen.
Von hier aus scheint auch licht zu fallen auf ein merkwürdiges
bruchstUck des Hellanikos n. 138 M. (aus Tzetzes zu Lykophron 469) :
'GXXdviKOc icTopeT öti, irpö toö 'HpanX^a elceXGeiv ^v t^ Tpo(()i,
6 TeXaiuiuiv jiiepoc toO tcixouc KaiaßaXuiv clcfiXOe • cttwjli^vgu bi
in* auTÖv 'HpaKX^ouc tö ri90c 6 TeXajiiujv Trapaiiipricac toütou
?v€Ka bucx€pdvavTa töv *HpaKX^a XiOouc irepl auTÖv ^cub-
p€U€v. ToO be q)a|Li€VGu «ti toöto;» TeXaiuiujv l(pr\ «^yeipciv
füi^XXuj ßuj|uidv 'HpOKX^Guc *AX€HiKdKOu. » kqI oötu) iflc öpTf\c
'HpttKXfic TTaueiai usw. es darf als unzweifelhaft betrachtet wer-
den und wird von Welcker ao. in der that ohne weiteres angenom-
men, dasz Hellanikos damit eine erklärung von dem altar des
Herakles Alexikakos aus zusammengehäuften steinen liefern
wollte. '^ die geschieh te selbst steht auch bei Apollodoros bibl. II
6, 4, nur dasz hier Herakles Kallinikos an stelle des Alexikakos ge-
treten ist: d)c be eOedcaTo ('HpaKXnc) TeXajLiiüva irpiöTov elccXri-
XuGÖTa, c7Tacd|uievoc tö Eicpoc in* auTÖv fjei, luirib^va O^Xujv dauToO
KpeiTTova vofiiCecOai. cuvibujv bfe toOto TeXajiiujv TrXnclov XI-
0OUC K€l|Ll^VOUC CUVt^9pOlZ€. TOO hk ^pO|Ll^VOU Tl TTpdTTOl,
ßujjLiöv elTT€v 'HpaKXeouc KaTacKCudZciv KaXXiviKOU. man wird
nun schwerlich fehlgehen , wenn man im hinblick auf die oben an-
geführte erklärung des Ursprungs der Hermaien durch eine ähnliche
legende den sinn dieser erzähl ung so versteht, dasz Telamon durch
anhäufen von feldsteinen um Herakles eigentlich ausdrücken wollte,
dasz dieser für sein benehmen verdiene gesteinigt zu werden — r-
'^ Müller hat dies fragraent unter die TpU)iKd gestellt, an die man
natürlich zunächst denken mnsz. aber es könnte auch aus der 'At6(c
sein: Yg\. unten s. 384 anm. 32.
378 Bernhard Schmidt: Steinhaufen als fluchmale,
hatte er doch in feindeslande aus schmählichem neide auf eine
ruhmesthat seines eignen waffengenossen denselben mit dem tode
bedroht — , aber gegenüber dem gereizten beiden selber seiner hand-
lung kluger weise eine andere deutung gab, durch welche dessen
zorn mit 6inem male beschwichtigt wurde, es ist gleichsam der
Xdivoc xiTUüV (II. r 57), welchen Telamon um Herakles hüllt und
dann auf die verwunderte frage desselben für einen zu seinen ehren
bestimmten altar ausgibt.
In diesem zusammenhange wird passend auch die sage von dem
Lykier Skylakeus behandelt, welche uns durch Quintus Smymaeus
X 147 — 166 überliefert ist. dasz ich auf diese stelle aufmerksam
geworden bin , verdanke ich meinem collegen Studniczka , der sie
auch selbst schon in seinen beitragen zur geschichto der altgriechi-
schen tracht s. 62 anm. 20 herangezogen hat. Skylakeus wird vor
Troja durch den lokrischen Aias schwer verwundet, aber nicht hier
ist ihm bestimmt zu fallen, sondern das Verhängnis erwartet ihn
unter den mauern seiner Vaterstadt, nach der zerstGrung Ilions ge-
lingt es ihm zu entkommen , und er kehrt allein von allen Lykiern
in die heimat zurück, vor der stadt umringen ihn die frauen und
bestürmen ihn mit fragen nach ihren gatten und söhnen, und er er-
zählt ihnen das verderben aller, da überschütten sie ihn mit einem
hagel von steinen, und aus den Wurfgeschossen der wütenden, denen
er erliegt, ersteht ihm sein grabhügel 'neben dem heiligen bezirk
und mal des gewaltigen Bellerophon'. '^ aber hinterher wird der
also umgekommene auf Apollons geheisz wie ein gott geehrt, *and
niemals schwindet seine Verehrung'.*" aus dieser erzähl ung ergibt
sich mit völliger Sicherheit, dasz in Lykien ein grabhügel oder ein
altar des Skylakeus aus zusammengehäuften feldsteinen sich befand '*,
auf welchem ihm als landesheros noch in späten Zeiten geopfert ward,
und es kann ferner auch kein zweifei darüber bestehen, dasz die sage
von seinem schrecklichen tode den zweck hat die entstehung des
'' al 6* dpa x^PMCt^^otci ircpicTaööv dv^pa xctvov bd|LivavT*, oöö*
dTtövr)To |ioXd)v ic ixarpiba v6ctou, dXXd i Xäcc OircpOc ^i-^a CT€vdxovTa
KdXuHiav KoC {>& ol ^k ßcX^uiv öXoöc ir€pi TOMßoc irOxOn wdp t^jicvoc
Kai cf^iia KparatoO BcXXcpoqxSvrou, TXqj CviCso vortrefflich Albert Zimmer-
mann, der zugleich auch, nicht unwahrscheinlirh, an Ku6aX{^n denkt,
T^i ^vi die hss.), Ku6aX()üir)C TiTiiviboc dtX^^Ö» ir^TpT)c. *'* dXX* ö m^v
atciMOv i^iiap dvaTcXficoc ön* 6X^ep4) (JcT€pov 4vv€ciqciv dYauoO AiiTotbao
xCerai üJc re Bcöc, q)6ivtje6i bi ol oö ttotc Tifi/|. " der Hteinhaufe kann
das eine oder das andere oder auch beides zugleich ([gewesen oder der
urbprüngliche altar kann hinterher auch als grabhügel anff^efaszt wor-
den sein, dies zu entscheiden hindert uns das dunkel, in welches diese
mythologische gestalt sich einhüllt, nicht bedeutungslos scheint mir,
daAz die cultstätte des Skylakeus neben dem temenos des Bellerophon
sich befand, dessen bekannte hohe Verehrung in Lykien doch wohl nur
aus der Verschmelzung des korinthischen heros mit einer einheimischen
gottheit sich befriedigend erklären läszt. so könnte auch der von
Quintus ausdrücklich hervorgehobene göttliche rang des Skylakeus
thatsilchlich älter sein als der heroische, vgl. im allgemeinen Deneken
in Koschers rayth. lexikon u. ''heros' sp. 2446 ff. und 24S6 f.
UermeBbeiligtümer und grabhügel in Griechenland. 379
Steinhaufens zu erklären, an welchen sein cultus sich anknüpfte, sie
ist offenbar eine stiftungsiegende, wie die im vorhergehenden be-
sprochenen legenden von Hermes und Herakles Alexikakos auch,
mit welchen sie sich ihrem kerne nach sehr nahe berührt, nur dasz
sie nicht, wie jene, von einer blosz symbolischen^ sondern von einer
wirklichen Steinigung meldet, ein unterschied der lediglich durch
die Wesensverschiedenheit der cultgestalten veranlaszt ist.'^
Wenn man nun aber auch auf grund der angeführten stellen
zugibt, dasz die alten Griechen fluchmale in gestalt von Steinhaufen
gekannt und einige von ihnen eine Verwandtschaft derselben mit den
Steinhaufen des Hermes vermutet haben, so ist damit freilich noch
immer nicht erwiesen, dasz wirklich ein innerer Zusammenhang zwi-
schen beiden obwaltet, und doch föllt es, bei der völligen gleichheit
der gebrauche an sich bis in die einzelheiten hinein, auszerordent-
lich schwer sich des gedankens an einen solchen zu entschlagen, die
Sitte der Verfluchung durch steinabwerfen geht jedenfalls in ein sehr
hohes altertum zurück , ihr vorkommen auch auszerhalb Griechen-
lands und selbst bei naturvölkern kann darüber keinen zweifei lassen,
wenn thatsttchlich ein Zusammenhang zwischen den fluchmalen der
beschriebenen art und den Hermaien vorhanden ist, so läszt sich
derselbe nur in d6r weise denken , dasz die letztern aus den erstom
sich entwickelt haben , nicht umgekehrt ; wie denn auch diejenigen
von den alten, welche den Ursprung der Hermaien auf die oben be-
sprochene legende von einem gericht der götter über Hermes zu-
rückführten , den Vorgang in dieser abfolge sich vorgestellt haben.
Nun kennen wir ja den vielgeübten brauch des griechischen
und italischen altertums, feinde durch besondere Veranstaltungen
den göttem der unterweit zur Vernichtung preiszugeben, und in den
zahlreichen inschriftlichen Zeugnissen, die uns hierüber nähern auf-
schlusz geben , erscheint wiederholt der chthonische Hermes unter
denjenigen, deren räche in anspruch genommen wird, sogar ganz
in den Vordergrund tritt derselbe in der inschrift eines von Dodwell
in einem attischen grabe gefundenen fluchtttfelchens GIG. I n. 539
= Kumanudis 'AxTiKnc ^TTiTpaq)ai iiriTUfißioi n. 2582 = Wachs-
muth ao. s. 561 B, auf dessen einer seite (a) z. 4 ff. wir lesen: KarabiD
aÖTOucc[oi], I 'Ovr|ci|ui€^'- Träviac toutouc | auTou[c] Kai räc toü-
'^ die sage von Skylukens gehört zu der groszen zahl von legenden,
nach welchen der gewaltsame tod eines menschen, besonders eines un-
schuldig ums leben gekommenen, durch einrichtung eines heroendienstes
gesühnt wird. vgl. die von Deneken ao. sp. 2488 f. zusammengestellten
beispiele. wohl in den allermeisten fällen dieser art ist die legende
erst aus dem schon vorhandenen cultua entstanden, die übliche herein*
Ziehung des delphischen Orakels spricht nicht dagegen, wenn aber
auch Skylakeus vielleicht ursprünglich ein gott (etwa ein chthonischer?)
war, 80 musz er doch zu der zeit, da die oben mitgeteilte legende auf-
kam, bei aller Verehrung thatsächlich bereits zu einem heros herab-
gesunken gewesen sein, sonst wäre eben die legende anders ausgefallen.
" ^OvT^cijiOC ist sicherlich mit Akerblad als beiname des Hermes
380
Bernhard Sclumdt: steiubaufeD ale fluchmale,
TuüV ^Tt' i}xo\ I irpdEcic coi TTapaKaTaTiÖe^ai \ iripeiv. *€p^fi KUTOxe,
KOtTOXOC I ic8l TOÜTUJV TU)V ÖVO|täTUJV, | KOI TUJV TOUTLUV irdVTUJV, |
['€]p^fi Kai rfj, \KeT€uuj upäc tripeTv | Toöia, Kaiioiiioüc KoXdleTC,
vgl* ferner CIG. I n» 538 = Kumünudis n. 2581 ^ Wachsmuth
8. 560 A und Kumanudis n. 2590. dasz gerade Hermes bei den de-
votionen des griechischen altertums eine grosze rolle gespidt haben
mu8£) läszi sicli auch aus einer glosse des Hesjchios schlleszeiii
welche lehrt^ dasz seine priester KOtTOXOi R^Q^^nt. wurden.^ tu
der oben angeführten in&chrift CIG. n- 539 z* 8 heiszt Hermes selbst
KdioxoCi und n. 638 z* 1 liest man '£pfific xöövioc» Tri Kdroxoc,
im commentar zur erstem bemerkt Böckh sehr richtig: 'haud dubio
Terra et Mercurius Kdioxoi dicti, quod necessitate irrevocabili de*
tinent defunctos . . sed a praestigiarum sacerdotlbus yocis vis ad
Kaiab^cjLitwv raiionem translata videtur, ut iam KdTOXOi 0€oi essent
ii qui defixos a magis homines detinerent/ um so weniger hatte er
zweifeln sollen, ob das wort als beiname der Hermespriester passi-
visch C^deo pleni') oder acüvisch ('qui detinent homines defixionum
artibus') aufzufassen seit man kann, glaube ich, nur an die letztere
hedeutuDg denken, die iiischriftHch uns erhaltenen griechischen
devotionen an die unterweltsgöiter gehören gröstenteils den spätem
Zeiten des altertums an, keine von ihnen reicht über daa vierte vor-
christliche jh. hinauf: die ältesten sind wohl die beiden oben an-
geführten CIG. ü. 538 und 539, deren erstere Böckh , da sie durch-
gehends O für ou darbietet, um oL 100 (380 vor Ch.) setzt *^ es
mag sein, dasz die specielle sitte bleitafeln mit defixionsin^chriften
in grfiber zu legen oder in einem heiligtum der nnterweltlichen götter
(wie in dem der Demeter und Kora in Knidos) aufzuhängen über-
haupt nicht viel früher aufgekommen ist. aber die sache an sieb,
dh. die überantwortung eines bitter gehaszten menschen an die
chthonischen mächte durch einen flach, i>t sicherlich so alt wie deren
cnltus selbst, und es steht auch nichts der annähme im wege, dasz
schon in sehr früher zeit besondere brauche sich ausbildeten» die
darauf abzielten das fluchende worfc wirksam zu unterstützen, wenn
nach der Ilias I 568 Altbaia in wildem t^chmerze über den verlust
des von Meleagros band gefallenen bruders A'fdes und Persephoneia
anrief ihrem söhne den tod zn geben und dabei oftmals die erde mit
Ihren bänden schlug, so wollte sie dadurch die aufmerksamkeit der
(■« "Cpioiivioc) imfaufAisen, nicht, wozu Döckh hinneigt©, als name doe
verstorbenen, ^cui una cum diU «acrenttir UH dtfizi*. ebenso urteill
WachBfntith ao, n, 566 antn. 28 (nur dass er irrttimlich die erklämog'
hI^ cliü Böckbsctie ausieht). vgl, aach BUchelcr im rheio. ma». XXXIII
(1878} ä. 17,
** Heaycbioa IX 9 449 Schm.: KÜTOXor XlBoi ot iti\ ^vY^^aci n-
d^^CVOL Kai ol Upttc CpMoO« (di« erstere hedeatuDfr (^grabstein* tat,
beilSnfig' temerki, u«nerdiuga durch die intchrifc einer attt&chen grab*
Btele bestätigt wor<len: 8. Jo\k Schmidt initletfung^en d. d. arch. Init.
in Athen VI 340). *' als untere zeitgrenze darf man daa j. B&O an^
sehen: vgl. Meisterhana gramm* der att inschrifteu* s. 5 f. und 21.
HermeBheiligtämer und grabhügel in Griechenland. 381
unterirdischen gottheiten erregen, im wesentlichen denselben zweck
hatte es offenbar, wenn in Athen bei der verflachung des Alkibiades
die priester und priesterinnen ^Kard TÖ v6|lii|üiov tö TiaXaiöv kqI
äpxotiov» gegen abend gekehrt, dh. eben den unterirdischen zuge-
wandt, tticher von purpurroter färbe schüttelten (ps.-Lysias g. Andok,
§ 51 vgl. mit Plut. Alkib. 22). in den speciellen culten der chthoni-
sehen gottheiten hat man sich ohne zweifei in gleicher absieht seit
uralten zeiten manigfaltiger, nach der eigenart der Verehrung und
nach der natur der den fluch bedingenden vergehungen verschiedener
ceremonien bedient.
So fügt sich alles, wie mir scheint, zusammen, um die Ver-
mutung zu begründen , dasz die eigentliche und ursprüngliche be-
deutung des durch anh&ufen von steinen gebildeten fluchmals die
ist; dasz dadurch der mensch, welchem es gilt, für ein nach der volks-
auffassung des todes durch Steinigung würdiges verbrechen dem
chthonischen Hermes zum Untergang geweiht wird, es ist oben be-
merkt worden, dasz die neugriechischen anathemata mit Vorliebe an
stellen aufgerichtet zu werden pflegen, wo zwei oder mehrere pfade
zusammenstoszen. wenn auch die wähl solcher platze heutzutage
vielleicht ausschlieszlich durch den zweck bestimmt wird, eine mög-
lichst häufige Wiederholung des fluches seitens der vorübergehenden
Wanderer herbeizuführen, so ist doch ehemals ohne zweifei ein tiefer
liegender grund dafür maszgebend gewesen, die kreuz- und drei-
wege gelten bei fast allen Völkern als orte, an denen die geister be-
sondere macht entfalten, im griechischen altertum wird, wie Hekate,
so auch Hermes als x^övioc vorzugsweise an solchen orten waltend
gedacht und verehrt worden sein, es verdient beachtung, dasz im
arkadischen Methydrion beide gottheiten thatsttchlich im cultus mit
einander verbunden waren , indem ihnen gemeinsam an jedem neu-
mond geopfert ward.*'
Hier ist nun auch der geeignete ort eine wichtige stelle Piatons
ins äuge zu fassen , deren betrachtung ich absichtlich bis zu diesem
'* Theoporopos bei Porphyrios de abstin. II 16 TÖv bi KX^apxov
qpdvai iTriT€X€tv Kai CTT0u6a(u)c öu€iv Iv Totc irpoc/)Kouci (Ka6f)K0UCi
Nauck) xP<ivoic, kotA nf]va ^KacTov tqIc vou)ir]v(aic CT€q)avoövTa Kai
qpaibpOvovTa töv *€p)if^v Kai T]?|v *€KdTr)v Kai ri AoiTrA tüüv UpOüv, &
bi\ ToOc irpoYÖvouc KaraXiTrclv, Kai Ti|iäv XißavwToic Kai i|iaiCTotc Kai
iroTrdvoic. die hier erwähnten opfer sind nichts anderes als die aach
sonst bekannten 'EKarata, welche der Hekate an den xpiaKdöec oder an
den voujLir)v{ai zumeist auf den dreiwegen dargebracht wurden, woher
sie den beinamen TpioMric führte, dieselben galten aber eben der
X6ov(a, wie aus unsern quellen mit Sicherheit sich ergibt (Plut. qnaest.
conv. VII 6, 12. Bekkers anecd. I 247 u. '€KaTata, ua.). vgl. Preller-
Robert gr. myth. I s. 325. hiernach kann unter dem in Methydrion
mit Hekate zusammen verehrten Hermes schlechterdings nur der chtho-
nische verstanden werden, wie dies auch Immerwahr kulte und mythen
Arkadiens I s. 96 anerkennt, der freilich ebd. s. 210 f. seltsamer weise
den wert des ganzen Zeugnisses, übrigens vergeblich, herabzudrücken
sich bemüht.
382 Bernhard Schmidt: steiDhaufen als fluchmale,
punkte meiner darätellung aufgeschoben habe, der philosoph schreibt
in den Gesetzen IX 12 s. 873^ als strafe des eitern-, geschwister-
oder kindermörders vor, dasz die diener des gerichtshofs ihn hin-
richten und sodann nackt auf einen hierzu bestimmten drei-
w eg auszerhalb der Stadt hinwerfen, und dasz sämtliche obrigkeiten
in Vertretung des ganzen volks den staat dadurch entsühnen sollen,
dasz jeder einen stein auf das haupt des getöteten wirft,
worauf derselbe an die landesgrenzen geschafft werden und unbe*
stattet liegen bleiben soll: ddv b€ Tic öcpXij q)övou TOioÜTOU, TOÜ-
Tujv Kieivac Tivd, ol ixkv tujv biKacTüüV uTiripeTai kqi fipxovTCC
dTTOKTeivavTec elc TeiaTinävTiv ipiobov ßuü ific iröXeiJüc dKßaXXöv-
Tujv T^MVÖv, al bfe dpxai iracai uir^p öXric iflc ttöXcwc Xi9ov ?Ka-
CTGC q)€pujv im ifiv K€q)aXfiv toö v€Kpoö ßdXXiüV dcpociouTU) -rtiv
TTÖXiv ßXriv, jueid bfe toöto elc id Tf\c xiipctc öpia q)^povT€C dK-
ßaXXövTUüV TOI vö|Lii|j fiiacpov." dasz diese merkwürdige Vorschrift
altem ; auf religiösem glauben beruhenden herkommen entnommen
ist, darin dürften wohl alle einig sein.*^ wir sind völlig berechtigt
aus ihr den schlusz zu ziehen, dasz in sehr frühen ^ rohen zelten die
Urheber besonders schwerer verbrechen, durch welche die ganze ge-
meinde sich befleckt erachtete, zur sühne des begangenen freveis
vom gesamten volke auf dreiwegen thatsächlich gesteinigt worden
sind*^, und dasz, als nach milderung der sitten diese grausame todes-
*^ der überlieferte text bietet mancherlei aDstoaz. ma^ anderes
darauf zurückzuführen sein, dasz diesem werke Piatons die letzte feile
nicht zu teil geworden ist, so scheinen doch die worte xal dpxovT€C
hinter OTTr)p^Tai durch Verderbnis entstanden: dieselben sind vielleicht
aus einer randglosse eingedrungen, die ursprünglich auf al bi dpxai
sich bezog und durch die nachfolgenden mmsculina Skoctoc qp^puiv . .
ßdXXu)v veranlaszt war. Badham, der die stelle in der Mnemosyne XII
(1884) 8. 53 behandelt hat, worauf MSchanz mich aufmerksam macht,
Undert kqI dpxovTCC in KttTdpxovTCC, für mich nicht wahrscheinli« h. zum
glück thun die mängel der form der deutlichkeit des inhalts keinen
eintrag. *^ vgl. Steinhart einleitung zu den Gesetzen s. 287. KFHer-
mann disp. de vestigiis instit. veterum, imprimia Atticorum, per Piatonis
de Leg. libros indagandis (Marburg 1836) s. 66. *' eine erinnerung
au die einstige Vollstreckung peinlicher strafen seitens des volks auf
dreiwegen liegt offenbar auch der Schmähung zu gründe, welche Enpolis
in den Af^jiiOi gegen einen verhaszten Staatsmann oder feldherm richtete:
6v xP^v €v T€ rate Tpiö6oic Kdv rote öEueujuicic itpocTpöiraiov xf^c iröXeuJc
xdecOai TCTpixöra (Harpokr. u. öEu60fAia » Meineke FCG. II 1 s. 469
n. 20 =i Kock CAF. I s. 290 n. 120). die etwaige Vermutung, dasz der
gedanke des komikers durch die Verbrennung der 6Eu6uMia an solchen
platzen veranlaszt sei, würde aus unsern quellen sich nicht begründen
lassen, welche nur von einem hinwerfen dieser reinigungsopfer auf die
dreiwege, nicht auch von ihrer Vernichtung durch feuer melden, wenn
es bei Photios ndw. im zweiten artikel beiszt: 6Eu60Mia* tä diro-
KaOdpfiaTa tuiv Mucapwv ol bi rd dtXoviMola EOXa' oi b^ toOc töitouc,
^v otc Tä ToiaOra KaT€Kai€TO, so geht der dritte teil dieser glosse,
ganz ebenso wie der zweite, auf die falsche erklämng Aristarchs und
anderer (bei Harpokr. ao.) zurück: öiDOO^ia XirccOal qpact rd EOXa d<p'
ibv dirdxxovTai tiv€C, dirö toO ÖE^uic tiji Ou^d» XP^^^^' raOra b*
^kköhtovtcc ^Eop(2:ouci xal Kaiouct. Kaber II s! 21 hat dieses sach-
Hermesheiligtümer und grabhtlgel in Griechenland. 383
strafe einer humanem gewichen war ^ doch noch zum ersatz für den
ehemaligen brauch eine Steinigung wenigstens der leichen der zu-
vor getöteten an denselben orten stattgefunden hat. was aber kann
die gerade auf einem dreiweg vollzogene, sei es nun wirkliche oder
blosz symbolische Steinigung des übelthäters im gründe anderes be-
deuten als die überantwortung seiner seele an die hier verehrten
mächte der unter weit?*' diese Piatonstelle scheint mir in der that
die richtigkeit meiner bisherigen ausführungen auf das vollkom-
menste zu bestätigen und überhaupt den Schlüssel für die erklärung
der bis auf den heutigen tag in Griechenland erhaltenen volkssitte
darzubieten.
Trotz der groszen Schwierigkeiten, die gerade Hermes wegen
seines ungemein vielseitigen wesens der mythologischen forschung
bereitet; dürfen wir doch das 6ine als sicher betrachten, dasz er von
haus aus ein chthonischer gott, dh. ein gott des erdsegens und der
toten ist: eben sein beiname x^<^Vioc im cultus und seine ithy-
phallischen cultbilder können hierüber unter einsichtigen keinen
zweifei lassen.** es ist nun sehr wohl denkbar dasz, als die Sphäre
des Hermes sich erweiterte, als der x^övioc zugleich auch ^vöbtoc
wurde ^"; aus den ursprünglich die weihung von feinden an den
erstem symbolisch darstellenden Steinhaufen altäre dieses gottes
sich entwickelten.^* denn als solche sind die der verehmng des
Verhältnis verkannt. •— Die ögu60)iia sind im gründe dasselbe wie die
*€KaTata, mit denen sie auch schon die alten identificiert haben: vgl.
Didymos bei Harpokr. ao. Bekkers anecd. 287, 24. Etym. M. 626, 44 ff.
wie der name zu deuten, zeigt Rohde Psyche s. 252 anm.
'"^ dasz die dreiwege als flachstätten galten, kann auch ein brach-
stück des Hypereides aus der rede gegen Demades zeigen, wo mit be-
zug auf die für den Olynthier Euthykrates beantragte proxenie gesagt
wird : ircpl oö TioXXip öv biKaiÖTepov ^v Tok öHueujiCoic i^ CT/|Xr] CToeclT]
f^ ^v Totc i^)H€T^poic Upoic (Harpokr. ao. = Sauppe FOA. s. 288, 3*» —
Hyper. ed. Blass' s. 86, 82). denn der sinn dieser worte ist kein anderer
als der: Euthykrates verdient nicht öffentlich geehrt, sondern vielmehr
verflucht zu werden. •• vgl. die gegen Roschers bekannte hypotbese
gerichteten treffenden bemerkungen von FBack in Bursians jahresber.
LXVI 8. 373 f. ^ bekanntlich ist auch Hekate sowohl x^ovia als
^vobia, eine von den mythologen, wie mir scheint, nicht genügend be-
achtete thatsache, welche die Wesensverwandtschaft beider götter am
deutlichsten erkennen läszt, wenn aber bei Hermes der chthonische
Charakter das primäre ist, wie nicht bezweifelt werden kann, so wird
er es auch bei der ihm entsprechenden weiblichen gottheit sein, hierzu
stimmt ihre so eben erwähnte gemeinsame Verehrung als chthonischer
mächte in einem weltentrückten arkadischen bergstädtchen, in dessen
culten wir am ehesten die erhaltung des ursprünglichen erwarten dürfen.
3* dasz die Hermaien dem Hermes als beschützer der wege und
der Wanderer geheiligt waren, steht durch das übereinstimmende Zeug-
nis unserer quellen fest, auch diese sitte hat ihre parallelen bei an-
deren Völkern, so sieht man in Palästina häufig denkmäler von über
einander aufgebauten steinen auf den höhen aufgerichtet, besonders in
der nähe einer heiligen Stadt wie Jerusalem und Hebron, sie stammen
von dankbaren Wanderern und werden von andern nicht umgestoszen,
sondern pietätsvoll bewahrt, bis sie durch irgend einen zufall selbst
384
Bernhard Sctimidt: ateinhaufen ak flachmule ,
Hermes dienenden steinmale an den wegen jedenfalls aufzufassen«^'
verwunderlich auf den ersten blick iat dahei nur das, dasz der brauch
des steinabwerfens seitens der vorübergehenden sich erhielt, auch
nachdem die bedeutung der fiteinbaufen selbst die von mir ange-
nommene Umbildung erfahren hatte, aber hier ist vor allem darauf
hinzuweisen j dasz auch diese Umbildung schon in sehr früher zeit
sich vollzogen haben musz. dafür kann zunächst schon der ^'Epjiiatoc
Xöqpoc der Odyssee» mag er auch an einer stelle des epos vorkommen^
die zu den jUngätan teilen des ge d ich ts gehört , immerhin gellend
gemacht werden, welchen wir keinen grund haben für etwas anderes
zu hallen als die später häufiger erwähnten ^p^aia oder l'pjüiaKCC.
aber andere erwägungen weisen in viel weiter zurückliegende zeiten.
es ist oben nachgewiesen worden, dasz die sitte durch Steinhaufen
am wege der gottbeit seine Verehrung zu bezeigen bei den verschie-
xDflATomenBtürzen (LScbneller kennst da das land? bitder aus dem ge-
lobten hitiile^ [Jerusalem 1890] s. 242). in der Mongolei wird fast jede
betrÜchtÜühc höbe mit einem ^obo' oder bügel der anbetaag geschmückt,
dh. es wird ein haafe vo& steiDeo, von «and, erde oder holic gebildet,
2U wekhetn jeder i^oräberrei sende etwas hinjtutegt, indem er dabei sU'
gleich seine andacht verrichtet* diese obos dieneti auch al« Wegweiser
und aU grenzmale (Stubr religionssysteme der heidn. Völker des Orients
6. 254 f. nach Tirakoffflky). ühaliches berichtet JJvTschudi Peru
(St- Gallen 1&46) II s, 77 f. aus diesem lande, weitere beispiele aus
Chorassan, TennesBee, Spanien bei Liebrecht a. 279. auch die von
Everard Otto de tutela viarum pubh s. 92 (nach Schild de Chaucia)
erwähnten, einst zwischen Bremen und Verden be6odUchen hohen stein*
häufen, denen jeder vorüberkommende einen stein biozufiigte, scheinen
hierher zu gehören (anders aufgefaszl von Liebrecht s* 276). vgl. noch
KFHerrannn di«p,de termiuis eorumque rcligione apud Graecos (Göttingen
1846) 8. 29. hier und da ist diesen deükmäletn im laufe der zeit eine
andere bedeutung untergelegt worden, wie man aus Stubr und Tschudi ao.
ersehen kann.
ä' dergleichen kunstlos bergerichtete altäre, die in den ältesten
Zeiten gewis die regel waren, lassen sich auch noch später und in
andern cuUen nacbweisen, wie denn Pausanias VII 22, 5 in dem hain
der Dioskuren hei Pharai in Achiüa einen ßui^öc XCOu^v Xotd^ujv er-
wähnt, dasz Herakles Alczikakos altüre aus znsümmengehäuften steinen
gehabt habe, mästen wir aus der von Hellanikoa überlieferten legende
(oben s. 377) schliesEen^ und es scheint solche auch Kuriptdes im
Herakles v. 1331 f< anzudeuten, wenn er Theseus zu seinem freund«
»ftgen litszt; Sav^vra h\ €Öt' dv etc 'Aibou MiiXijc, ÖvKimci Xalvotct t*
^EoTKtü^aciv Timov dvdEci iräc* *A9T]vaiuiv itöXtc. ich weis« wohl, dasz
man unter den Xciiva ^Eotküj^oto gewöhnlich den grahhügel versteht,
wofür man sich auf £ur. Cr. 402 m^t^P^ ^Euütkouv rduptp berufen kann,
aber die worte Ti^iov dvdtEct TT&c* *A8rivaiu)v it6Xic passen zu dieser
erklärung herzlich schlecht. Wilamowitz scheint das gefühlt su haben :
denn er meint, Euripides lasse Theseus undeutlich reden, weil er jetzt
nur von totencult roden ktinne, während thatsi&chlich die göttliche Ver-
ehrung des Herakles in tempeln bezeichnet werde* — Dasz die Hormaien
wirklich als «Itäre anzusehen sind, lehrt nicht nur der vergleich ihrer
Stiftungslegende mit der auf den cultus des Herakles Alexikakos sich
besiehendeDf sondern auch die thataacbe ihrer salbung mit ol, welche
Tbeophr. char. 16 bezeugt, woselbst die Xiirapol XiOoi oliv Tale Tpi66oic
gewia nichts anderes bedeuten als die Steinhaufen des Hermes.
Hermesheiligtümer und grabhfigel in Griechenland. 385
densten Völkern sich wiederfindet, schon diese thatsache verbürgt
ein hohes alter der Hermaien^ femer kann der steinwurf des an
einem fiermesmale vorübergehenden schlechterdings nur eine dem
gotte dargebrachte huldigung bedeuten, wo finden wir denn aber
in den gottesdiensten der Hellenen etwas tthnliches? ich wüste
nichts aus ihnen anzuführen, was diesem ritus auch nur annähernd
sich vergleichen liesze. derselbe weist vielmehr deutlich auf einen
ganz andern culturzustand hin. wer das treffliche werk Tylors ^pri-
mitive culture' gelesen und aus ihm gelernt hat, wird im stände
sein sich darüber ein richtiges urteil zu bilden, hier ist bd. 11 cap. 18
sehr schön gezeigt, welche Umwandlungen die opfergebrttuche im
laufe der religiösen entwicklung erfahren haben , wie die ursprüng-
lichste form des opfers , das geschenk , allmählich und fast unmerk-
lich, aber im allgemeinen schon frühzeitig in eine blosze ceremonielle
huldigung übergeht, bei welcher nicht mehr der wert des darge-
brachten gegenständes, sondern einzig und allein der gute willeund
das ehrfürchtige gefühl des gebers in betracht kommt, der Guinea-
neger gebt stillschweigend an dem heiligen bäume oder der heiligen
höhle vorbei und wirft ein blatt oder eine muschelschale als opfer
für den localgeist hin. ^ so ist ohne allen zweifei auch der stein-
wurf der Hermes Verehrer aufzufassen, die entstehung dieses brauches
war aber nur bei einem volke möglich^ in dessen religiöser anschau-
ung die entwicklung des opfers vom geschenk zu ceremonieller hul-
digung bereits vollständig sich vollzogen hatte, ein auf dieser stufe
der opferidee stehendes volk nun konnte bei der Umbildung von
fluchmalen in altäre sehr leicht auch den steinwurf, ursprünglich
das den fluch begleitende Sinnbild einer furchtbaren todesart, in
veränderter bedeutung, als Verehrungsförmlichkeit, beibehalten,
der nachmals im alten Griechenland, wie es scheint, allgemein ver-
breitete brauch beim vorübergehen an einem Hermaion einen stein
abzuwerfen ist nach dem gesagten als Überrest aus einer andern,
altern und rohem cultur anzusehen, der in neue, von ihr wesentlich
verschiedene Verhältnisse mit hinübergenommen worden ist ; er ge-
hört zu derjenigen groszen gruppe von erscheinungen , für welche
Tjlor den ausdruck 'survival', überlebsel, eingeführt hat. es
liegt nahe diese sitte von den Pelasgern abzuleiten, sofern man unter
ihnen die älteste bevölkerung Griechenlands versteht und die früheste
cultur auf sie zurückführt, um so mehr als^ wie bekannt, Hermes
von Herodotos II 51 ausdrücklich für einen diesem stamme zuge-
hörigen gott erklärt wird, aber angesichts des gerade jetzt wieder
neu entbrannten Streites über die Pelasgerfrage (ich denke dabei in
erster linie an Eduard Meyers einschneidende behandlung derselben
in seinen forschungen zur alten geschichte) thut man besser den
viel misbrauchten namen aus dem spiel zu lassen, für den hier von
'> Tjlor II 8. 396 der d. übers, andere beispiele ähnlicher mrt
unten s. 390. 392 f.
JahrbBeher fttr dass. philol. 1S98 hft. 6. 26
386
BerchaTd Schmidt: sieiiiiiaufen als flachmale,
mir verfolgten zweck ist es auch im gniode gleichgültig , welchem
Volke oder volksstamme man die ausbildung des braue he s zuschrei-
ben will : en genUgt zu wissen (und das glaube ich durch meine dar-
legung gezeigt zu haben), dasz derselbe aus einer sehr alten, jeden-
faÜB vor hellenischen epoche herrührt, die grosze menge wird den
überkommenen ritas weiter geübt haben» ohne sich viel um seine
entßtehuog und bedeutung zu kümmern, die gelehrten des altertums
dagegen haben um so ernstlicher über denselben nachgedacht, je
eigentümlicher und fremdartiger er ihnen erscheinen muste. aber
wenn sie auch in dem abwerfen des Steins beim vorübergehen an
einem Hermaion ganz richtig eine huldigung für den hier verehrten
gott erblickten, so ist docb wohl keinem von ihnen deutlich zum
bewustsein gekommen, dasz die eeremonie ihrem ursprünglichen
sinne nach nichts anderes als eine opl'erhandlung sei* beim nicht-
Vorhandensein dieser erkenntnis aber mußten sie sich notwendig
die frage vorlegen, wie denn nun eigentlich die seltsame art der
huldigung zu erklären sei , und da boten sich mehrerlei deutungen
dar* es konnte angenommen werden, dasz der stein wurf ein Suszerer
ausdruck dafür sei, dasz man des gottes beim vorübergehen an
seinem heiligtum gedenke (eine auffassung die der opferidee noch
am Dtichsten steht) ^ oder dasz man auf solche weise zur erhöhung
des ihm geweiheten altars beitragen wolle, oder endlich dasz man
durch sorge für die wegereinigung ein dem '6p^nc ^vöbioc wohl-
gefälliges werk zu verrichten glaube, dasz eine jede dieser verschie-
denen auffassungen im ultertum wirklieh ihre Vertreter hatte, kann
man besonders aus Cornutus c, 16 s, 24 L. ersehen: Trpoccujpeuouci
bi Touc XiGoue toic '€p^aTc ^KäcTou tujv irapiöviuiv ?va tivd
aUTOlC TTpOCTIÖ^VTOC T|TOl WC Xpr]Ci}l6v Tl t6 Tiap* aÜTÖV ^KdCTOU
Kai KOivujviKOV TTOioövTOc Öiä ToO KoOaip€iv ii\v 6böv eiT£ ^af>'
TupoTTOioupcvöu TÖv *6p^f^v EiTC ujc ^mcr|Jualvo^^vo^J Ti?|v eic
ouTÖv Ti^iiv, ei piibiv fiXXo ^x^* Trpoc€veTKeiv aurdj'^ €iTe iic-
bTlX6T€pov TOIC Ttaptouci TÖ dq>ibpu^a noioövTOC usw. die er-
klSrung des steinwurfs aus der bedacbtnahme auf die Säuberung
der wege, welche die meiste Verbreitung gefunden haben mochte,
gibt auch Eustathios zu Od. TT 471 s, 1809 ed. Boro, mit folgenden
Worten: *€pMnc T<ip, qpaci, irpiuTOC ola Kf\p\jl Ka\ biOKTOpoc ica-
Sripac idc öboOc, ei ttou XiGouc eOpcv, dircriöei f^uj öboö. ÖScv
TOUC ToioöTÖv Tl TToioGviac kqI Tdc öboüc Ttp '6pM^ uic biaKTÖpip
^KtcaOaipovrac €ic ri^nv *6pnou touc tu)v toioutujv XvOujv cujpouc
"Cppaia ft 'Cpfiaiouc Xö(pouc KaXciv. d&s nemücbe in kürzerer
Fassung in den scbolien BHQ zu derselben stelle (11 s. 633 Ddf.),
künstliche deuteleien von philosophen oder philosophierenden mytho-
logen, die man sowohl bei Cornutus wie bei Eustathios findet, über*
gehe ich mit verdientem stillschweigen.
^ dieses dritte ist keine ei^entUcbe erklärong de« steinwurfs, und
sohwerltGb kommt bier das bewustsein von der darbringun^ eines opfert
Hermeabeiligtümer und grabbügel in Griechenland. 387
Neben den Hermaien als den dem wegegott geheiligten altftren
müssen nun auch die fluchmale, aus denen jene nach unserer ansieht
erst hervorgegangen sind, in der sitte des Volkes sich behauptet
haben , wie eben ihre fortdauer bis auf den heutigen tag beweist,
man wird das vielleicht auffällig finden und ist jedenfalls zu der
frage berechtigt , wie denn nun beide aus einander gehalten werden
konnten, es ist anzunehmen , dasz die Steinhaufen des Hermes von
vom herein, db. gleich beim aufkommen dieser verehrungsart, mit
einem auf den gott hinweisenden, wenn auch noch so flüchtig an-
deutenden Symbol versehen wurden, welches eine Verwechslung mit
den fluchmalen ausschlosz. am nächsten liegt es an einen aus der
mitte des steindenkmals aufragenden hölzernen pfähl als Sinnbild
der zeugungskraft zu denken , an dessen stelle in weiterer entwick-
lung öfters ein pfeiler von holz oder stein mit dem bilde eines wirk-
lichen phallos getreten sein mag. aus dergleichen pfeilern sind
nachmals bekanntlich die sogenannten Hermen im engern sinne her-
vorgegangen'^, und es läszt sich nachweisen , dasz dieselben in den
spätem Zeiten nicht selten mit den dem Hermes geheiligten Stein-
haufen verbunden waren, so heiszt es im eingang der bekannten
fabel des Babrios 48: dv 6bifi Tic 'Ep^flc TeipdTiwvoc eicTrJKei,
XiGuJV b' U7t' auTijj cujpöc fjv. das gleiche ergibt sich aus den
werten des Cornutus ao. Trpoccuipeüouci bk Touc XiGouc ToTc '€p-
jLiaTc. anderseits wird auf dem lande, zumal in den vom groszen
verkehr abliegenden gegenden, die älteste und einfachste form der
Hermaien vielfach sehr lange, ja bis zum ausgang des altertums,
sich erhalten haben, darauf weist auszer den oben angeführten
stellen der Homer- exegeten der umstand hin , dasz man nach dem
Zeugnis des Tzetzes chil. XII 591 "* und des Hesychios II s. 193, 67
Schm.^ auch die Steinhaufen selbst schlechthin 'Hermen' nannte,
diese denkmäler konnten sogar jedes auf Hermes deutenden sym«
bols entbehren und dennoch als dem schutzgott der wege heilig sich
zu erkennen geben in dem falle , wenn sie, wie sonst häufig die
Hermenbilder, mit einer inschrift versehen waren , welche die an-
gäbe der entfernung eines bestimmten ortes enthielt, vgl. das
epigramm Anthol. Plan. 254 (II 16 s. 579 Dübner), in dem der
steinhaufe selbst redend eingeführt wird: lepdv '€pjiAe(q jiA€ iTOpa-
CT€ixovT€c f x^uav fivGpiuTTOi XiGivov ciupöv • 6 b* dvr* 6X(imc ou
jLieTCtXnv auToTc €tviwv x<ip^v, dXX' öti Xomd Alyöc ^ttI Kprjvnv
^TTTÖi X^T^ CTdbia.
** vgl. Preller- Robert griech. myth. I 8. 401 und CbScberer in
Roschers myth. lezikon I 2 sp. 2392, welcher letztere übrigens eiseii
zweifei in dieser hinsieht äuszert, der mir gänzlich anbereehtigt
scheint. '« *CpMflc xal cOjiTTac dvöpidc xal ö cwpöc twv X(8uiv.
" ToOc ciupouc Tuiv X{6wv 'Epfidc, ToOc iy Tttic ööotc Tivojx^vouc clc
T\\ii\y ToO 9€o0' ^vööioc ydp. vgl. noch die XiGtiXot^cc *£pixi\u töpOciec
in dem epigramm des Krinagoras Anth. Pal. VI 253 (Crinag. epigr. 9
s. 71 Rabensohn). •
26 •
388
Bernhard Schmidt: ateinbftafen als fluchmale,
Auch heutiges tages noch werden in Griechenland Steinhaufen
sowohl als wegezeichen wie als Huchmale aufgerichtet , und es ist
ohen (s. 370) bemerkt worden, dasz erstere von letztem durch vier-
eckige , aus ihrer mitte emporragende pfeiler sich zu unterscheiden
pflegen: in ihnen mögen die Hermaien der alten ein schwaches
dasein fristen, die fluch male sind im modernen Griechenland viel-
leicht häufiger oder allgemeiner verbreitet als sie in den hellem
weiten des altertums gewesen, es läszt sich sehr wohl vorstellen»
dasz sie durch die aus ihnen hervorgegangenen^ allmählich über
ganz Hellas sich ausspannenden Hermebheiligtümer zurückgedrängt
worden und erst in der zeit des sinkenden beiden tums wieder mehr
in den Vordergrund getreten sind, ein solcher Vorgang würde zu
denjenigen erscheinungen gehören» welche Tjlor (ao. I s. 17 u. 141)
als 'Wiederaufleben in der cultur' bezeichnet, und in diesem beson-
dern falle um ao eher zu begreifen sein, als die flucbmale weniger
denn die Hermesaltäre von dem lebeudigen glauben an den gott |
abhängig waren , an dessen stelle hier leicht ganz im allgemeinen
die ge walten der b5lle treten konnten, übrigens ist zu berück sich*
tigen, dasz die sitte der Verfluchung durch aufrichtung eines stein-
haufens^ gleichwie sie heutzutage nur unter der ländticben bevölke*
rung Griechenlands vorkommt ^ so auch schon im altertum, von den
frühesten Zeiten abgesehen , vorzugsweise in den niedern schichten
des Volkes wird geübt worden sein, auch die hier und da in den
gräbem und im knidischen heiligtum der Demeter und Kora gefun*
denen fluchtÄfelcbeu rühren , wie die spräche ihrer inschriften zeigt, ,
zum weitaus gröiten teile von leuten der untern stände her. J
Wenn also oben da« Vorhandensein der besprochenen fluch-
male im alten Griechenland nur aus gaoz wenigen, übrigens meiner
Überzeugung nach sichern HtterarischeD spuren erscblossen werden
konnte , ^o ist das durchaus nicht auffallend, dagegen müste man
sich schon eher wundem in dem werke des periegeten Pausanias
nirgends ein denkmal erwähnt zu finden, welches, wenn auch von
ihm seihst nicht als fluchmal erkannt und bezeichnet, doch ohne
zwang alb ein solches sich deuten liesze, ich glaube nun in der tbat
ein paar stellen bei diesem Schriftsteller nachweisen zu können , an
denen aufhäufungen von feldsteinen angemerkt werden, in denen
man mit Wahrscheinlichkeit flucbzeichen der beschriebenen art er-
blicken darf, ja an der einen dieser stellen bin ich zum glück im
stände die blosze Wahrscheinlichkeit zur gewisheit zu erbeben, nem
lieh II 36, 3 erwähnt Pausanias einen landeinwärts vom Vorgebirge
8truthus in Argolis gelegenen platz BoXeoi und fügt hinzu; o\ bk
BoXeol ouTOi XiBujv eld cuipoi Xot(ibu>v. das wort ßoXcöc be*
zeichnet offeubar, gleich poXciuv**, einen ort an welchem irgend
etwas abgeworfen wird, jener platz hatte al«o daTOQ seinen namen,
" v^l. Ftarpokr. u,
poXcÜJv KaXctrat.
ßoXcOivcc* t Töiroc difou i\ KÖirftoc ßdXXrrai
Hennesbeiligtümer und grabhügel in Griechenland. 389
dasz man steine daselbst abzuwerfen pflegte, das völlige schweigen
des periegeten über die bedeutung der so entstandenen Steinhaufen
zeigt, dasz er nichts darüber zu sagen wüste, da sonach der ge-
danke an Hermaien hier völlig ausgeschlossen ist, so liegt die Ver-
mutung, dasz wir es mit fluchmalen zu thun haben, in der that nahe,
wer sollte nun meinen, dasz ein neuerer bericht aus einem lande des
hohen nordens mit 6inem male ein helles licht auf diese bisher un-
aufgeklärte stelle des alten griechischen reisebeschreibers werde
fallen lassen? und doch ist es so. MBLandstad ^norske folkeviser'
(Christiania 1853) s. 722, angeführt von Liebrecht s. 274 f., be-
richtet aus Tellemarken in Norwegen: Warp heiszt «wurf», auch
ein häufe steine, der zur erinnerung an irgend eine begebenheit
zusammengeworfen wird, besonders an stellen wo etwas schreck-
liches vorgefallen ist. jeder vorübergehende musz einen stein
hinzuwerfen und darf dies nicht unterlassen, wenn ihm nicht etwas
böses zustoszen soll, solche varp finden sich an vielen orten.' ich
werde unten noch einmal gelegenheit haben auf diese nachricht
zurückzukommen, aber es springt schon jetzt in die äugen, dasz
diese norwegischen varp ganz genau sowohl der sache als dem aus-
druck nach den ßoXeoi im alten Griechenland entsprechen. — Eine
zweite für uns in betracht kommende stelle des Pausanias ist
YUI 13, 3. hier wird unterhalb des arkadischen Orchomenos eine
anzahl Steinhaufen erwähnt, welche, wie der reisende sich sagen liesz,
für männer, die in einem kriege gefallen, aufgehäuft waren, jedoch
wüsten die Orchomenier selbst nichts näheres über diesen krieg an-
zugeben: CtüpOl bk UTTÖ TfjV TTÖXlV X(9lUV cld bt€CTTlKÖT€C dlTÖ
dXXrjXiuv, direvriGTicav bk dv ttoX^juiij TrecoOciv dvbpdciv. olc ticI
bk TTeXoTTOVVTiciujv dTioX^juncav tujv fiXXiuv f| *ApKcibujv auxdiv,
oÖT€ diriTpaMMöTtt ^tti toTc T<iq)oic kri|LiciiV€V oöxe o\ 'Opxoju^vioi
^VTiJiOveuouciv. diese Steinhaufen , welche man noch heute in der
von Pausanias bezeichneten gegend sieht ^^ dürften nicht wirkliche
gräber, sondern denkmäler derselben art sein, wie sie die modernen
Kreter an der stelle errichteten; wo die ihrigen im kämpfe mit den
Türken geblutet hatten (oben s. 372).
Diesen zwei stellen des Pausanias füge ich eine dritte desselben
Schriftstellers hinzu , welche geeignet ist unsere Untersuchung nach
einer andern richtung hin weiter zu führen , die aber einer ausführ-
licheren erörterung bedarf. X 5, 4, wo die berühmte Cxicni in
Phokis beschrieben wird , heiszt es von den gräbern des La^tos und
seines dieners, dasz sie sich gerade auf dem punkte befinden, wo die
drei wege zusammenstoszen , und dasz feldsteine auf ihnen
aufgehäuft seien: kqI rd ToO Aatou jbivrjjLiaTa Ka\ oIk^tou toO
^TTOiLidvou dviaöGa icTiv iv juecaiTdiiij xfic xpiöbou, Kai in* auiujv
XiOoi XoTdbec C€CU)p€U^dvoi. es ist ein ungemein verbreiteter, in
^ Leake travels in the Morea III s. 100. Curtins Peloponnesos (
222. Bnrsian geogr. v. Griechenland II s. 205.
390
Bernhard Schmidt: Steinhaufen als fluchmale,
europäiBchen und auszereuropäischen ländern vorkommender brauch, ■
beim vorübergehen an gräbern y und zwar insbesondere an gräbern
von erbchlagenen oder überhaupt solchen, die nicht eines natürlichen
todes gestorben sind, einen stein auf dieselben zu werfen, so dasz
infolge dessen bald ein steinhaufe über ihnen sich erhebt, Liebrecht
hat ao, s, 267 f. eine grosze anzahl von beispielen dafür zusammen-
gestellt, die sich übrigens noch vermehren lieszen, die stelle des
Pausanias hat er nicht gekannt, würde sie aber, wäre dies der fall
gewesen, sicherlich als einen willkommenen beweis dafür angesehen
haben, dasz die von ihm behandelte sitte auch dem hellenischen
altertum nicht fremd war. es kann in der that keinem zweifei unter- ■
liegen» dasz die anhäufung von feldsteinen auf den gräbern der durch ^
Oidipud band gefallenen aus ihr zu erklären ist, dasz dieselbe sitte
auch im alten Italien bestand, lehrt die schon von Liebrecht s. 273 ■
angeführte erzöhlung des Servius oder vielmehr pseudo-Servius zu I
Verg* Aen. XI 247 von den gräbern zweier im wechselmord ge- "
fallenen brüder : sed in Gargani mmmUaie duo sepulcra esse dictifitur
fratrum duorum^ quorum cum maior tnrginem quunäam sibi (das
pron. refl, hinzugefügt von Thilo) äespondisset et eam mifwr frater ^
conardur auferre^ armia inter $e decertati sufU ihiqm ad memoriamm
invieem se acciäentes sepuUi: quae res admirationrnn habet tUam, qua^ "
si qui duo inier ipsam süvam agentes Her uno impttu vd eodem mo-
mento sctxa adverstsm sepulcra kcerint , vi nesdo q\m saxa tpsa sepa-
rata ad s^tkra singula deddunt, denn die hjpothetiäche tussung
des schluszsatzes spricht keineswegs dagegen , dasz es sich hier um i
Übung eines volksmäszigen brauches handelt, sondern ist offenbar j
nur durch den bericht über das wunder veranlaij^^t. dieses wunder]
selbst aber zeigt, was der steinwurf zu bedeuten hat: keiner der
beiden toten brüder mag geschehen lassen, dasz der andere an
ehrung etwas vor ihm voraus habe, noch deutlicher und völlig
Überzeugend beweist eine anzahl der weiter von Liebrecht zu-
sammengestellten beispiele, dasz die seitens der vorübergehenden
auf grttber abgeworfenen steine aufzufassen sind als den Seelen der
hier ruhenden toten dargebrachte opfergaben, wenn es vorzugsweise
erschlagene oder Überhaupt eines gewaltsamen todes gestorbene sind,
die auf diese weise geehrt werden, so erklärt sich dies wenigstens
zunächst daraus, dasz nach weitverbreiteter, auch aus dem griechi-
schen altertum (vgl. Volksleben der Neugriechen I s. 169 fS,) durch
zahlreiche xeugnisäe zu belegender Vorstellung die Seelen solcher
toten besonders reizbar und unruhig in ihren gräbern sind. maQ
darf zuversichtlich annehmen, dasz die sitte des stein wurfs erst
hinterher auch auf gräber anderer als ermordeter übergegangen ist.
Wir finden also hier genau dieselbe art der huldigung, die dem ]
gotte Hei mes als dvö^ioc erwiesen ward , auch Blr die seelen ver«
storbener in anwendung, und nach dem oben ausgeführten kann der
letztere brauch nicht wesentlich jünger sein als der erstere, da ebeia '
beide auf der nemlichen anschauung einer besonderu, rohen oad
HermeBbeiligtümer und grabhügel in Griechenland. 391
niedrigen cultur beruhen, gleichwohl sahen wir uns zu der Ver-
mutung hingedrängt, dasz der steinwurf zu ehren des Hermes erst
aus der sitte des steinabwerfens an fluchstätten sich entwickelt habe,
ist diese Vermutung richtig, so liegt es schon an sich sehr nahe an-
zunehmen, dasz auch der brauch die seelen ermordeter in dieser
weise zu ehren den gleichen Ursprung habe, aber es gibt für diese
annähme noch eine anderweitige stütze, wer die von Liebrecht ge-
sammelten nachrichten kritisch prüft (was dieser selbst verabsäumt
hat), der findet unter denselben nicht wenige, die zwar das Vor-
handensein von Steinhaufen an mordstätten melden , aber nichts da-
von wissen, dasz der ermordete unter dem steinhügel begraben liege
oder auch nur dasz dies vom volke vorausgesetzt werde, ja in
Schweden wird der gebrauch des steinabwerfens nicht nur an sol-
chen stellen beobachtet, wo jemand auf gewaltsame oder ungewöhn-
liche weise umgekommen ist, sondern auch da, wo unerlaubter
beischlaf oder andere unreine handlungen am wege stattgefunden
haben. ^° in den zuletzt genannten Wien nun ist der gedanke an
die darbringung eines Opfers völlig ausgeschlossen , und der stein-
wurf kann, wenigstens nach dem ursprünglichen sinne der gegen-
wärtig vielleicht gar nicht oder nicht vollkommen mehr verstandenen
sitte, nur dem vollbringer der unthat gelten, wir haben also auch
hier eigentlich flachmale vor uns , ganz entsprechend den neugrie-
chischen anathemata , welche ja ; wie wir oben sahen , nicht nur auf
kreuz- oder dreiwegen, sondern auch auf dem Schauplatz eines
groszen Verbrechens selbst errichtet zu werden pflegen, von der-
selben art sind auch die norwegischen Warp', die ich bereits oben
zur erklärung der altgriechischen ßoXeoi herangezogen habe.^' ge»
stützt auf diese thatsachen hege ich die Überzeugung^ dasz auch die
*^ Liebrecht ao. s. 274 nach Hylt^n-Cavallius Wärend och Wirdarne
(Stockholm 1868) I 486 f. *^ wenn nach der volksmeinnng in Nor-
wegen der an einem solchen denkmal vorübergehende nicht unterlassen
darf einen stein hinzuzuwerfen, soll ihm nicht etwas böses zastosseOi ,
80 spricht dies nicht, wenn es auch vielleicht auf den ersten blick so
scheinen kann, gegen die auffassnng des varp als eines fluchmals nach
seinem arsprÜDglichen Finne, auch der griechische bauer von heate
musz wohl beim vorübergehen an einem dvd6e)ia in seinem innern eine
gewisse Verpflichtung zu gleichem thun verspüren und von einer Ver-
nachlässigung derselben etwas übles für sich selbst erwarten, da ja
mancher den stein abwirft und den fluch ausspricht, ohne bu wissen
wem das fluchmal gilt oder um welches Verbrechens willen es auf-
gerichtet worden, vgl. den oben angeführten bericht Carnarvons und
Conzes bemerkung Philol. XIX (1863) s. 166. es scheint also die an-
schauung zu bestehen, dasx man nicht ungestraft dem allgemeinen
Volksurteil sieh widersetze, indessen kann der erwähnte glaube der
Norweger auch secundUr sein, dh. erst hinterher von den gräbem er*
mordeter wiederum auch auf die varp als fluchmale übergegangen sein,
dann würde das böse, das dem den steinwurf unterlassenden wider-
fährt, eigentlich als räche des über die Vernachlässigung erzürnten
geistes aufzufassen sein (vgl. unten], und die Vorstellung hätte in ihrer
Übertragung auf einen änszerlich gleichen, aber im gründe ganz ver-
schiedenen brauch überhaupt keinen sinn mehr.
392 BerDhard Schmidt: ateiubaufen aJe fluchtnale,
über den gräbern erschlageiier aufgeworfenen Steinhaufen « gerade
bo wie die Hermes^alt^re^ erst aus flucbmalen sich entwickelt haben,
mit andern worten, dasz der stein wurf der an der stÄtte des Ver-
brechens vorübergebenden ursprünglich nicht dem gemordeten, son-
dern vielmehr dem mörder gegolten hat, welcher durcb diese oero-
monie den götlern der Unterwelt überantwortet werden sollte.
um nunmehr wieder zu den Steinanhäufungen auf der phoki*
sehen Schiste, von denen ich ausgegangen bin, zurückzukehren, so
halte ich dieselben wirklich für alte« aus uns unbekannten gründen
an dieser vielbegangenen statte errichtete fiuehmale, welche erst im
laufe der zeit und verhültnismÄszig gpät für die gräber des LaTtos
und seines dieners sind ausgegeben worden, ich kann dafür dio
thateache geltend machen, dasz der Schauplatz des Vatermordes des
OidipUB in der übtrliüferiing ächwankt und nach der altern ein-
leimischen sage nicht der phokische engpass, sondern vielmehr die
Umgebung des Kithairou ist. ^* noch Aischjlos gibt als ort der un-
tbat den drei weg bei Potniai südlich von Theben an (schol. Sopb.
OT. 733). ertit seit Sophokles berühmtem tratierspiel i^t die sagea-
form , welche das verhängnisvolle zusammentreffen de» vaters mit
dem söhne in die Schisle von Phokiä verlegt, die berschendo ge-
worden, der sowohl Euripides (Phoin. 38) aU Seneca (Oed. 772)
folgen, es ibt daher sehr wahrscheinlich, dasz erbt von der zweiten
bfilfte des fünften jb. an die gräber dt*s La^os und seines dieners an
dieser statte gezeigt worden sinü.^^
Äuszer steinen werden den seelen verstorbener und besonders
gewaltsam getöteter in verschiedenen ländem auch andere wertlose
oder ganz geringwertige gaben dargebracht, wie erdscbollen, zweige,
reisig und dergleichen (beispiele bei Liebrecbt ao. s. 269- 272,
** i. Schneide win in den abh. der k. ge», d. wi§g. sa Göttin pen V
(1851^52) hist^phüol. cl. s. ISl ff. uori Eßetbe tbeb»iiiBche heldeu-
lieder (Leipzig- 1891; a. 6 flf. und 169 f. diete form der sage war, wie
Betbe gezeigt hut. in der Oidipo^lic bearbeitet^ einem allem anschelo
nneb in ßoiotien seibat entstandenen epos. eine andere» offenbar eben-
falls einheimtflche Überlieferung Hess Laio« am berge Laphyation nnweil
Lebadeia« ermordet und bestattet sein (äcbneidewin s. 174 ff.), endlich
muflz es auch eine rentiou gegeben haben, nach welcher sii;b sein grab
in Theben aelbst befand, wie ich f^laube icbliessen zu dürfen aut
Apollodoros III 15^ 7, wo leichenspiele de^ Laios in dietior Stadt er-
wähnt werden: Ivioi bl aOröv (nemlich Audrogeos) X^TOUci Tropcud^cvov
tU 0f|ßac ^irl Töv Aatou dTtüva itpöc tiLv dyujvicTÜJv ivcbpeuO^vTa bid
cpOövov dtroX^cOai. denn Meur^^iut« emendation 8rißac (dt9rivac die bas.)
ist durch Diodor jV 60 ae. vollkommen gesichert. ** iietbe ist darch
seine unterktucUunpen £ii dem ergebnii gelangt, daas Sophokles den
Stoff sn seinem Oidipus Tyrannos aus der Thebaia genommen, und dasa
dleaet epoa unter anderm auch tcbon den mord des Latoa in die
phokiscbe Schiste verlegt habe, ich will das keineswegs bestreiten,
aber Eur endgiihigen fixierung dieser örtlichkeit kann die TbebaYi«« wie
popnlür sie ancb gewesen «ein mag, nicht beigetragen haben, das be-
weist die abweichende angäbe des Aischyloft. den einflusf des Sopbo-
ktet&cben drarnns hierauf wird wohl niemand darum leugnen wollen«
UermeBbeiligtümer und grabhflgel in Griechenland. 393
274 ff.), auf Island wirft man ihnen wohl auch einen schuh oder
schuhfleck, einen handschuh, ein Strumpfband, eine gerte, zuweilen
auch ein kleines geldstück zu (Liebrecht s. 273). darbringung eines
geldstücks kommt auch in Westmanlag in Schweden vor (ebd. s. 274).
es ist klar, dasz diese gaben gleichfalls symbolischer ersatz für wert-
vollere opfer sind, aber falsch ist es jedenfalls anzunehmen, wie
Liebrecht, ich weisz nicht ob selbständig oder seinem berichterstatter
folgend , thut , dasz man hierzu in ermangelung von steinen und an
deren stelle greife, vielmehr hat man in jenen darbringungen noch
den schwachen rest einer frühern stufe des seelencultes zu erblicken,
das hinwerfen eines wenn auch noch so geringen geld- oder klei-
dungsstückes auf die grabstätte stellt doch immerhin noch die ent-
äuszerung von einem besitze dar. und selbst jene nicht dem eigen-
tum des vorübergehenden entnommenen andern gegenstände, wie
erdschoUen, zweige, reisig, dürften schwerlich auf gleicher linie
stehen mit den steinen: man hat den eindrucke als komme bei dar-
bringung derselben doch noch ein klein wenig pietät zur äuszerung.
das daiTeichen eines harten kalten steins ist offenbar das allerletzte
glied in der kette dieser abwärts gehenden rituellen entwicklung.
hier ist das ursprüngliche opfer am vollständigsten zur ceremoniellen
form herabgesunken, der steinwurf ist freilich immer auch noch
eine huldigung, aber doch eine huldigung von so eigentümlicher
art -— eigentümlicher als selbst das hinwerfen einer muschelschale
seitens des Ouinea-negers — , dasz es kaum vOllig befriedigen kann,
wenn man denselben lediglich aus dem allgemeinen entwicklungs-
gange der opferriten heraus erklären will, man sieht sich gern noch
nach einem andern, wenigstens accessorischen gründe dafür um.
und da bietet sich wieder wie von selbst die schon oben von mir
geäuszerte , dort auf ganz andere erwägungen gestützte Vermutung
dar, dasz die sitte des steinwurfs erst von den fluchmalen auf die
gräber erschlagener und von da weiter auch auf andere gräber über-
gegangen ist, nachdem an stelle der den seelen der verstorbenen ehe-
mals dargebrachten wertvollen opfer bereits seit längerer zeit geringe
gaben von blosz symbolischer bedeutung getreten waren.
Als dieser Übergang sich einmal vollzogen hatte, konnte es
leicht geschehen, dasz nun auch umgekehrt gewisse bisher den toten
zur huldigung dargebrachte, an sich nutzlose gegenstände anstatt
der steine auf fluchstätten geworfen wurden, daraus erklärt es sich,
weil nach der darstellung dieses Stückes Oidipus nicht nur La'ios und
seinen herold, der zugleich sein wagenlenker ist, sondern auch noch
zwei von den drei dem wagen folgenden männern erschlägt (y. 118.
752. 813). denn die letztern treten doch völlig zurück hinter den beiden
erstem, welche durch ihren thätlichen angriff auf den von Delphoi
herabkommenden wanderer überhaupt die ganze katastrophe herbei-
führen, der olK^Tric des Pausanias ist ohne zweifei der Kf^puS und
Tpcxn^dTTic des Sophokles, und es kann aus dem hervorgehobenen
gründe nicht im mindesten auffallen, dasz nur dessen grab neben dem
seines herrn auf dem phokischen dreiweg zu sehen war.
394 Bernhard Schmidt j steinhaufeD als fluchmide naw.
da82 man hier und da häufen von reisigi spänen und dergleichen aa
stellen findet, an denen zwar ein mord verübt worden ist, aHer der
ermordete nicht begraben liegt ^ wo also nur an fluchmale gedacht
werden kann.^'* überhaupt iSLszt dich beobachten , dasz in mancheii
l&ndem beide brauche mehr oder woniger zusammengefloasen sind,
oine natürliche folge davon, dasi ihr eigentlicher sinn dem bewust-
sein des Volkes al! mählich abhanden kam. demselben gründe ist es
zuzuschreiben» dasz die sitte des steinwerfens wohl auch ab und 2u
an einer stelle haftet, die weder ein grab enthielt noch auch als eine
fluchstätte im eigentlichen sinne gelten kann, zb* da wo jemand,
vom pferde gestürzt, den hala gebrochen hat**"^ der geworfene fetein
kann hier weder ein der seele des verunglückten dargebrachtes opfer
noch such der üuszere ausdruck einer Verfluchung sein. *• der braach
ist also auf einen fall ausgedehnt, auf den er eigentlich gar nicht
pasBt: an stelle des durch mord umgekommenen ist überhaupt der
eines nicht natürlichen todes gestorbene getreten.
Es war ein langer und besohwerlicber weg^ den wir zurück*
legen mußten » um durch die spätem Verdunkelungen hochaltertüm-
lieber volkssitten hindurch zur erkenntnis des ursprünglichen vor-
zudringen, der noch heute in Griechenland an fluchstätten geübte
brauch des steinwerfens, von welchem wir ausgegangen, leistete
dabei vorzügliche dienste, weil er sichtlich reiner und unverfUtscbter
ist als die entäprecbenden brauche anderer Völker. Liebrecht ist in
seinem zu wiederholten malen von mir angezogenen aufsatze zu
wesentlich andern ergeboissen gelangt er hält das steinwerfen auf
grab er für das erste und will sogar in den zu ehren des Hermes auf.
geschütteten Steinhaufen ursprünglich alte grabdenkmliler erkennen
{h, 271). aber gerade die ausschlaggebenden Zeugnisse der altgrie*
chi^chen litteratur waren ihm unbekannt, und in betreff der nea-
griechischen fluthmale sah er sieh lediglich auf den auch in seiner
sptttern gestalt nicht hinlänglich klaren bertcht Conzes angewiesen.
^ eise Holche stets von reisig bedeckte Btello befindet sich ?b. in
einem walde nahe bei Schüssburg' 1» Sit.'beubilrgen: Schulter volkstüml.
glaube und brauch bei tod und begrtibtih itn Siebenbürger Sachsen-
lande II 6. 67 (progr« de« ev. gjrmn. au ScUisaburfr 1865), andere bei-
»piöle bei Liebrecht s. 272. 27* 27ö. ■** MüUenhoff sageo, mJirchen
und Heder der hersEo^ttioier SeblcKwig, Holstein und Lauenbarg:, 8> IW
u. 161. ^* wir mußten dc^nn die suche »ü erklären, dasz man durch
den sieiawurf die unglUeksfitätte sülbit verÜuchen oder dasz mau au«
furcht vor dem umgeben des toten an dem orte, wo er sein leben ciu-
gebäszt hat, deoselben auch hier, nieht nur an seinem grabe, durch
opfer versoboeD wolle, icdetisen halte ich weder das eine noch daa
andere für wahnieheinlichf wiewohl man tut das letztere geltend machen
könnte I was Liebrecht a. 274 nnch HylteU'Cavallius ans Schweden an-
führt, aber der dort vorkommende glaube dasz, wo etn mensch auf
l^ewaltaame oder ungewöhnliche weise umgekommen, derselbe als ge*
»penst dem vorübergehenden etwaa boaea antbun könne, scheint eben
auch auf vermengong des wirkticben oder vermeintlichen grabe« mit
dem oite der tötung zu beruhen.
RPeppmüller: Theognidea. 395
die fülle der von dem ungemein belesenen gelehrten aas den ver-
schiedensten ländem zusammengestellten, wenn auch nicht immer
sorgfältig gesichteten nachrichten hat mich im einzelnen sehr ge-
fördert, was ich dankbar anerkenne, aber der wert seiner arbeit
besteht eben ausschlieszlich in der fieiszigen materialsamlung.
Freiburo im Breisoau. Bernhard Schmidt.
45.
THEOGNIDEA.
I. Joh. Lucas will in seinen ^studia Theognidea' (Berlin 1893)
s. 12 f. einen engem Zusammenhang der verse 79 — 86 unserer sam-
lung nicht anerkennen, sondern 83 — 86 vom vorhergehenden trennen,
das thaten auch frühere kritiker, bis Bergk die verse zu 6inem ge-
dichte vereinigte, er hatte darin recht: ja ich meine dasz nicht nur
diese partie zusammengehört, sondern dasz auch das vorhergehende
distichon mit ihr zu 6iner elegie zu verbinden ist. der dichter be*
ginnt mit einem gedanken allgemeinerer art, den er aber gleich auf
die politischen Verhältnisse seiner zeit und seine eigne erfahrung an-
wendet, 'ein treuer freund ist goldes wert' heiszt es im Sprichwort:
aber weder in schwerem bttrgerzwist noch überhaupt in schwierigen
Verhältnissen findet man viel treue freunde, die im glück und Unglück
ausharren, so gering ist die zahl derer, die sich durch eigennutz nicht
zur untreue verleiten lassen, dasz es nicht eines einzigen schiffes be-
dürfte, um sie alle auf der ganzen weit aufzunehmen, man hat nach
V. 79 nur bk einzuschieben und v. 83 statt toutouc oux eöpoic teil-
weise mit Härtung Töccouc b* oü x' (öpoic zu schreiben, um
diesen sinn zu erhalten, allerdings weist die Überlieferung, bei der
jede Verbindung fehlt, darauf hin, dasz man die drei bestandteile, aus
welchen sich die elegie zusammensetzt, als drei gesonderte kleine
gedichte betrachtet und so wohl auch hin und wieder in den schulen
eingeprägt hat; aber gerade die deutliche beziehung, welche die
werte iTicTÖc dvrip . . ävbpac iiaipouc TricTOuc, Kupv€ . . ITcXu-
TToibT], iy X^XeTiQ bixocTacli] . . ^v xciXeiToTc npr\fixacx und schliesz-
lich die beiden relativsätze 81 und 85 zu einander haben, spricht für
die einheitliche conception der stelle, in den letzten beiden distichen
findet der hauptgedanke eine wirkungsvolle, steigernde veranschau-
lichung und zugleich seine begründung: die treue ist darum so selten
auf erden, weil der menschliche eigennutz stärker als sie ist. man
lese also :
ITiCTÖcdvfip xpwcoO T€ Kai dpTupou dviepucacGm
fi£ioc ^v xoXcTTfl, Küpve, bixocTacir)-
iraupouc b* euprjceic, TToXuTraibT], dvbpac draipouc
80 TTICTOUC iy XaXetTOXQ lipr\fliaQX TWOfl^VOUC,
RPeppmüller ; Th tj o gnidea.
oVtiv€C av ToX^ujcv, opötppova 0um6v fx^viec»
ICOV TÜL)V dTöBÜUV TlüV T6 KaKlUV H€T€X€VV*
TÖccouc b' ou x' eupoic bi^^i^iuevoc oub* im TidvTac
dvOpuiTTOuc , oDc vauc jurj ^ia Ttdviac fitoi „
86 oiciV ^TTl T^^CCT) T€ Kai 6<|>0tlX|iOlclV f7T€CTlV
aibLüc, oüb* aicx(>öv xpfl^' ^ni KepboG &-xeu
die nameii Kymos und Polypaldes sind in dem gedlclite verbunden
wie in den elegien 19 — 26. 53 — 60 und 183—92 (s. auch n, IV
dieses aufsatzes) und tragen das ihrige dazu bei, das ganze zusammen-
zuhalten.
II. Dasz mau einzelne diötichen guomist^hen Charakters aua
einem gröszern ganzt^n losgel5ät und mit kleinen änderungen zum
auswendiglernen in den schulen zureeht gemacht hat^ hat Lucaä
s* 18 an V. 175 f. wahrscheinlich gemacht, die zahlreichen autoren,
welche dies disticbon für sich anführtn, bedienen sich" der form
XpT] ireviriv cpeuTovia Kai ic ßa9uKriTea ttövtov
^ITTTClV, Kdl Tr€Tp^UJV, KupV€, Kai' nXlßdTUJV
während die häs. des Theognb f^v hr\ xp^ (pcut^vra lesen; nur
eo aber wird ein befriedigender anschlusz an das vorhergehende
disticbon yarmittelt« indes nach 173 f. ftlgi sich 177 f. schlecht in
den Zusammenhang, und die darstellung ist eintönig; viel mehr ist
das didtichon hinter der inhaltlich verwandten partie an seiner stelle,
wo es Siobaios onftlhrt (nach 652 f ). ich vermute dasz es hierher
gebracht worden ibt von jemandem, der 175 f, von 173 f. trennen
wollte: denn ohne diese verse ergibt sich ein vollkommen befrie-
digendes ganze*
Das diatichon 179 f.
XpT) Top ÖMüüc in\ Tfjv t€ koI etip^a vüjTa OaXdccqc
bilri^Öcti xotXeniic, KupV€, Xuciv ireviric
gesteht Lucas s. 19 nicht zu verstehen, 'quomodo enim paupertatem
quisquam fugere potest per mare terrasque erraus?' fragt er. nun,
von irrfabrten zu wasser und lande ist auch gar nicht die rede: nur
der armut soll man auf alle weise zu entgehen suchen » durch arbeit
sowohl auf dem lande als durch Seefahrten zum handelserwerb«
diesen doppelten weg zu erwerben gibt auch Hesiodos an ^ wenn er
in seinen Werken und Tagen zuerst von der ländlichen tbätigkeit
spricht und dann mit den werten eOt* fiv in* ^junopiT^v Tplt|fr)C
decicppova öupöv , | ßouXrjai bk xp^a npoqjuTetv koi Xi^öv diep-
Tiea, I b€i£uj bri TOt n^rpa TToXuq)Xoicßoto GaXdccTic (646 C) auf
den zweiten weg näher eingeht, den^^elben auf dem einst sein und
des thörichten Perses vater — ßtou K€XPnM^voc ^cOXou 634 — ge-
winn nach hause brachte — OUK d<p6V0C q)€utujv oubfe ttXoötöv
T€ Kai ÖXßov, I dXXd küktiv irevinv (637 f.). wenn nun mit
dieser erklärung Lucas' gründe für die Verdächtigung der stelle be-
seitigt sind, so bleibt der anfang XPH tdp doch auffällig: denn
durch die von mir in der besprechung von Christs litteraturgescbichte
in der Berliner philoL Wochenschrift 1802 s. 1002 herangezogenea
KPeppmaller: Theognidea. 397
Btellen würde er kaum za rechtfertigen sein, ich erblicke in jap
eine correctnr, die es erm5glichen sollte das disÜchon als begrOn-
dung der aus 173 — 176 bestehenden verspartie anfzuCassen: aber
weder 177 f. noch 179 f. haben hiermit direct etwas zu tban, wohl
aber erhält man einen guten zasammenhang, wenn man die Terse
177 f. hinter 179 f. stellt; auch das folgende distichon Bchlieszt sich
diesem gedankenkreise vortrefflich an. am anfang der elegie aber
schreibe man xpr) TOi: denn gerade diese partikel findet sich oft
zur einftthrung sentenziOser sätze, zb. iKi\. 372 mcncc dp TOt
öjLiujc Kai dTTicTiai djXecav ävbpac. die beiden kleinen gedicfate
lauteten also :
1. "Avbp' dTciööv TteviT] Trdvrujv bd^viici jüdXtcra
KQt iTJpujc judXiovS Kupve, kqi i^mdXou,
175 f^v bf| xpn 9€ÜT0VTa KOI de ßctOmarrea ttövtov
^iTTTeTv Kai Trerp^uiv, Kupve^ Kcrr* t^Xtßdruiv.
2. Xprj TOI öjiuic in\ yf\yf t€ Kai eupda vurra OoXdccnc
180 biZricöai xciXcTific, Kiipvc, Xiiciv n€vific
177 Kai Tdp dv^p Tcevii) bebpir\piiyoc oöt€ ti eineiv
oÖ8' fpEai büvorai, T^uicca ti o\ biberai.
181 TcGvdjievai, (piXe Kiipve, Trevixp«?» ß^Xrcpov dvbpi,
f\ libew xo^^TT^ T€ipö|ievov Tr€viq-
III. V. 323 ff. wird dem Kjmos der rat gegeben einen freund
nicht auf geringftigige Teranlassang bin aufzugeben: denn w<rfie
man bei jedem fehler der freunde zürnen , so wfirde et (IberliMipi
keine freundschaften geben :
327 d|iapTUjXai Top ly dvOptimoictv lirovrai
OvTiToic, Kupve' 6eol V ovk dO^Xouci qi^peiv.
die kritiker sind ziemlich einverstanden, da«z der zweit« balbverf
des Pentameters verdorben ist. aber eine genügende beiloDg bat
man — auch Hillers fragend vorgetragene« dipcXcfv niebi auf'
genommen — bisher nicht gefanden, ja Lncas t, 14 IL verzweifelt,
dasz eine emendation überhaupt mOglicb »ei, und nimi daher den
ausfall eines distichons an, das mit den worten tm j&p dtvaS Kfiö'
\lbr\c geendigt und den Übergang zu ^97—900 g^nhiidtii habe, der
gedanke die beiden stellen 323—328 und 897—900 mit einander
zu vereinigen ist neu ; aber die art der benU^Uung folgt den ttpureo
Bergks , nur dasz Lucas die anrede Kvpv^ ci . . um jeden prei« halten
will, ich gebe ihm zu , dasz die beiden versreihen sehr gut zu ein-
ander passen, und stimme auch darin mit ihm überein (s. 15), dasz
man v. 328 entweder den gedanken erwartet: 'delicta soli dei non
committere solent' oder: *dei nolunt peccatahominum omnia punire.'
im erstem falle würde Oeol b* oök dOAouc' dXireiv passen, aber
der Vorschlag würde von der Überlieferung zu stark abweichen; auch
* 8o habe ich im Beehäaser programm von 1HH7 ». A ftlr iroXtoO
vorgeschlagen.
398
BPeppinäller: TheogmdeÄ.
wire eine Vereinigung der getrennten verse bei dieser annähme
außgeBchlossen. nun liegt aber tias für den schlusz des verdorbenen
balbverses geeignete verbuni, vorausgesetzt dasz der zweite von
Lucas erwartete gedanke im texte seinen ausdruck fand, gar nicht
ßo fem. wie Antinoos p 486 ff. gewarnt wird: 8€oi Eeivoiciv
ioiKÖTtc dXVobaiToiciv * . ^Tricipujcjxlici nöXnac | dvGpiuTTUJV ößpiv
T€ Kai €uvojiiliv dqpopuiVTec, ^o w(lns*cht Odysseus den Phaiaken,
von denen er sich goteuscbt glaubt, v 214 f : Zeuc cq)€iac ricmÖ*
\K€Tr|Cioc. öc te Kai öXXouc | dvBpujirouc dq)op^» Kai livurai
ÖC TIC ä|idpTir|/' ich verbessere also, v. 897 ff beraufnebmend:
d|iapTiuXal tdp ^v dvöpu/Troiciv gnovTai
S28 9 V II T o T c , Küpvc * 6 € o i b* ouK ^ÖeXouc* e qp o p d v.
897 ZeOc b* €1 TTdvT* dvbp€cci Kataev^ToTc xaXlixaiv^v
tiVüucKu>v Kai vouv, olov ?KacTOC fx^^
aÜTÖc €vi CTfiOecci Ka\ IptinaTa Td»v t£ biKaiujv
Tüwv T* dbiKoiVi lii'xa Kev Tifipa ßpOTOkiv ^Tiiiv,
es ist der gegensatz zwischen den ewigen göttem und den sterb-
lichen menschen, den der dichter hervorhebt und benutzt, um zu
aeigen dasz, wenn die götter ihren geschöpfen so viel 'nachsehen*,
auch diese gegen einander duldsamer sein sollten.
lY. S. 21 bemerkt Lucas ttber die verse 541 f. und 1103 f.:
^e% una eademque elegia mihi tracti esse videntur plura superbiae
exempla exbibente.' an ihre Zusammengehörigkeit scheint auch
van der Mey studia Theogn. s. 31 gedacht zu haben, welcher 1103 f,
-f- 541 f. als Vorbild fQr 1231- — 34 ansiebt, nach meiner meinun^
bilden die beiden disttchen eine kleine elegie fUr sich, in derTheognia
seine Vaterstadt vor Übermut warnt: er beginnt mit dem clas^tl-
sehen beispiel von den Kentauren und fügt dann an einer reihe von
stKdten, die er aufz&hlt, wamungsbeispiele hinzu, die nur allzu
sehr den Untergang der eignen stadt befürchten lassen, was v* 542
die lesart betrifft, so haben die beiden besten hss. öXccev: die da-
durch in dem objecUsatze entstehende breviloquenz ist allerdings,
wie Bergk zeigt, nicht unmöglich; aber gehören die beiden disticba
in d^r folge zusammen, welche ich vorgeschlagen und begründet
habe , dann empfiehlt sich zu TrdvTUJC dnoXci vorher ein correspon-
dierender conjunctiv öX^cr|, ich lesa also:
541 Acipaivuit m jrivbe iröXiv, rToXunaibri, ößpic,
f\Tt€Q Kcvraupouc d;poq>dtouc» 6X^cr}.
1108 ößptc Ka\ Mdtvfirac dtriuXccc kqI KoXocpuiva
Kai Cpüpviiv* irdvTü)c, KOpvc, Kai ö^^* dtroXel
die zweite person ist nicht geradezu verwerHieh, obwohl ich Welcktn
dpp* diTöXei vorziehe.
> »aB vgl. Sofili* OK. 1636 f. Ocol T&p cO filv, Öt^ b* €tcoptI>c^
Ärav I Td 6€!^ d<pc(c -nc de tö ^aivccSai Tpaitfl.
STaALsuKD. Rudolf F£fpmull£&.
BUelm : de Amtophanin Avium t. 686. 399
DE ARIST0PHANI8 AVIUM VER8U 686.
Aristophanis Ayibus quotquot operam dedere in Tersu 686
emendando sndarunt, quem quin corrupium ezhiberent libri nemo
fere dubitavit. legitur enim quo loco Pithetaerus ut deos se oredant
avibos persuadere conatur, versus neglectis quibusdam leotionibui
levidensibus in omnibus libris sie :
i\v 5* fiTwvrai ci Gcöv cfc ßiov cfc bi v\v et Kpövov ck TToccibdi,
dtdO' auToTciv TrdvTa Trap^crai (sc. deis ipsis).
quibus in verbis nescio an tres sint res in quibus offenderint viri
docti, primum quod ßiov inter deorum enumerationem interponiiur
— nam etiam ffiv deam esse putarunt — , deinde particula quae est
bl , tertium quod ordo verborum rationem decere non videtur. sed
talibus in enuraerationibus homines non semper rationem certam
sequi, sed congerere quidquid in meniem venit^ plerique oredo oom-
pertum habent. quare non mirum est quod ßiov interposuit poeta,
cum dicere sibi proposuisset aves in potentissimis numerandas essa
et quibus plurimum deberetur. voz autem ßioc quod tali in sen*
tentia adhibetur eo minus mirandum est, quia apud poetas Roma-
nos hie usus vocis quae est vita saepissime ezstat ut significetur
mnlier amata, scilicet qua mortua sibi quoque vitam ademptam esae
poeta fingit. quam ob rem nego Aristopbanem eodem modo vooa-
bulo ßioc uti non potuisse, ut ezprimeret omnia bona deis non fore
nisi avium auxilio, quibus mortuis illos ipsos quoque vita decessuros
esae. ita rem interpretandam esse quae sequitur voz ff\y demon-
strare mihi videtur, quam recte litteiis minusculis soribi puto, ut
intellegatur tellus omnia gignens et creans, qualem Homems dicit
Zelbuipov et Statins libro Thebaidos VIII v. 303 sqq. non pauois
versibus laudavit. comparantur igitur aves , quia cibum et victum
praebebunt deiS; cum terra; ut Catullus c 68, 167 verbis quipTtn-
cipio nohis terram dedü sibi faoultatem vere vivendi oblatam esse
ezpressity cum vita amore carens non vera esset vita. quodsi ßiov
et T^v ita interpretamur ut aves ßiov et ff\\ dici oredamus, qoia
tanta est earum potentia ut terram viiamque deis auferre possint,
nihil offensionis restat in voce ßiov , quam iniuria expulerunt scri-
bentes: i^v V fjTwvTOi cejuvöv ck 0€Öv vel cfc Gcdv ccfivöv vel et
Oeöv 4>oißov vel quod optime et ingeniosissime protulit Velsenns
Ta Oeuiv Xfipov, qua conieotura non modo ßiov sommovetur, sed
etiam sequen^ particula bi ut non inusitata sit effici videtur. verum
enimvero ne haec quidem particula tali offensione digna est, quam-
quam Reiskius quia non intellegebat *quid sibi vellet inscite inserta',
coniectura locum sanandum putavit propositis verbis: ci, K6pr)V aut
TUXTIV aut *P^T]V ; sed Tflv recte commemorari verbus qui antecedunt
468/9, ad quos poeta sine dubio respezit, mea quidem sententia
demonstrant, qui sunt hi:
400
EHelm: de Aristopbanis Avium v. 586.
iräVTUiV ÖTTOC* fcTlV, i\lOV TrpiJjTOV. TOUbii Kttl TOÜ AlÖC aÖTOÖ,
dpXaiÖTepoi npöiepoi t€ Kpövoii Kai TiTdvuiv ^f€V€c6€
Kai Ync.
particula autem quod um enuntiati parti additur, ex eodem consilio
ortum est qu€ totam baue eiiuEneratioBem dectares, ut scülcet copiae
species praeberetor. quod fit primum miiltis rebus sine ordine con-
Bertis, deinde interrupto ita tenore verborum » ut tamquam novas
incobari videatur: nam qui aiidit dkentem m medio verborum
conexQ quasi respirantein ut ad seqiientem eoumerationem novas
vires pulmoni addai^ in eam inducitur opitiiouem ut copiosissiinam
enumerationera esse credat. qtiare non vituperandum est qaod
Arintopbaues, cum ei liceret aut omues enuntiati partes particula
hi inter se coEiungere aut nuUaiBf bas duas dieendi rationes ita
miBCuit, ut tamquam duae exstent enumerationes quarum alteri
addittir particula. atqui ordo vocabtilorum quae deinceps namt-
nantur magis turbatus videtur quam ut poetam eum constituis&e
credibile sit: nam primo loco Beöv legimus, extremo dei singuU
afferuutur; medium autem substantivom quod dicimu^ abstractum
ßiov immixtum est. qua in re doUid magis offendatur^ quia exemplis
talis dieendi ubus non earet Euripides enim scripsit Herach 229 sq.
TtvoO bk Tokbe cuTTevnc, f €Vou qjiXac | irat^p dbeXtpöc bccrrÖTTyc,
ubi non modo verbum XEVOu repetitum similem vim praebet atque
particula hi loco Aristopbanis, sed etiam vox cuTT^vrjC quae proxime
pertinet ad vooes TraTTip döcXcpÖc separatur ab üs interposita vooe
CpiXoc neque minus hue referri potest eiusdem Euripidis Hec. v- 280,
ubi legimus: f\b' dvTl noXXarv dcTi ^0l 7TapaA|/üXri | nöXic Ti9rivn
ßüKTpov ^T^pduv öboO. quo loco et eubstantivum abstractum irapa-
i^vxh eodem modo interpretandum est quo supra ßioc, et ordo minime
servatur, cum personis quae sunt TiÖr|vr] et f|Y€mbv öbou medium
interponitur ßdKTpOV. simillimus autem et quo demonstrotur tale
genuB dieendi omnibus poetis esse commune Sbakespeani locus mibi
videtur qui exstat in Contumaci domanda {the taming oftheshrew
V 2, 146/7): thy hushand is thtf lord^ ihy life^ ihy kccper, \ ihy head^
ihy sovereign (maritus tuus est tibi dominus, vita, salutis auctor,
Caput, rex)» en idem usus vocabuli life^ en idem ordo turbatus, cum
T0C6B hrdy kct^per^ sovereign, quibus similes significantar boraines,
segregantur interpositts nomine abstracto life et concreto illo qui-
dem, ut aiunt, sed quo persona non significatur head, quibus de
CAUsis spero viros doctos desituros esse laborem conferre in locnm quo
nullus vulgarem usum dieendi magis decet aut sanior traditus est
BfiKOLim. BUDOLPHUS HSLM.
PMeyer: za Platons Gorgias [484*]. 401
47.
ZU PLATONS G0RGIA8.
'Das einzige wirkliche gesetz ist das natnrgesetz vom rechte des
stSrkem', so führt Eallikles in leidenschaftlicher rede aas, *nicht aber
derjenige vö^oc 8v fljieic TiXarroviec toüc ßeXxicTOuc kqI dppui)Li€-
VCCXdTOUC flJLHJJV aUTOlV ^K V^IJÜV Xa^ßdvOVT€C UJC7T6P X^ovTac
KaT€7T(jibOVT& T€ Kttl T011T€U0VT€C KaTabOuXoU^€0a X^TOVT€C, ibc
TÖ TCOV XP^ ^X^IV KQl TOÖTÖ dCTl TÖ KQXoV KQl TÖ blKaiOV. ddv bi
T€, ol^ai, cpuciv iKQvfiv T^viiiai (xidv dvrjp, ndvia laOia dTio-
C€icd^€VOC KQl biapprjHac kqi biaq[)UTU)v, KaTairaTiicac xd f||Li^T€pa
Tpd)Li)LiaTa kqi juaTTOveujuaTa kqi ^TTipbdc kqi vö^ouc toüc Tiapd
qpuciv fiTiavTac, dnavacrdc dv€q[)dvn becirÖTTic fifikiepoc 6 boöXoc,
Kai dvraCOa i£(\a}x\\fe tö Tfjc cpüceuüc biKaiov. die staatlichen ge-
setze haben denselben wirklichen wert wie die Veranstaltungen der
beschwGrer: sie sind nur für die dummen da' (Gorg. 483*. 484*).
dieser vergleich ist hauptinhalt der ausgeschriebenen stelle, man
kann verlangen , dasz er leidlich klar durchgeführt ist. das ist aber
nicht der fall; wenn man bei der bisherigen erklär ung von YpdjUjLiaTa
stehen bleibt. Heindorf (1829) bemerkt dazu: «Tpd^^ara h. 1. de
psephismatis accipe, ut de leg. IX p. 858 • 6coi bi\ vo^oO^iai T€VÖ-
^levoi TpdM^axa fTpaipav», Stallbaum (1840): « ipdfifiaia non de
psephismatis intellegenda sunt, quod voluit Heindorfius, sed omnino
de formulis, in quarum numero sunt psephismata, ut vere monuit
Schaeferus ad Demosth. t. IV apparat. p. 260», Deuschle (1869):
«TpdmiaTa ktX. absteigende klimax. die TP* sind die geschriebenen
gesetze, im gegensatz zu den ungeschriebenen, von natur dem men-
schen eingepflanzten», Deuschle-Cron (1876): «TpdmuaTa Krd. die
fp* sind die geschriebenen gesetze im gegensatz zu den ungeschrie-
benen, von natur dem menschen eingepflanzten; also Vorschriften,
die den eigenwillen beschränken ; ^al^TCtveujiaTa ^blend- und zauber-
werke', die den verstand umstricken ; diTiubai besprechungen, die die
leidenschaft beschwichtigen . . alle drei ausdrücke dienen aber doch
nur, die Verwerflichkeit naturwidriger gesetze von verschiedenen
Seiten darzustellen und werden daher schlieszlich in diesem aus-
druck zusammengefaszt. » man sieht, dasz erst Cron auf die unmög-
liche Wiederholung von TpdjLijLictTa vorn und vöfiouc Touc Tiapd
q)tJCtv &7TavTac hinten aufmerksam geworden ist; allein sein er-
klärungsversuch schafft, selbst wenn die von ihm aufgestellte bedeu-
tung von ^aTTCtV€u^aTa und dTTifjbai richtig wäre — was sie aber
durchaus nicht ist — doch das lästige der Wiederholung nicht fort:
denn was haben fiaTT- und-6iiübai mit ^naturwidrigen gesetzen* zu
schafl'en ? entweder gehören TpdMM^*^^ ^^^ |LiaTT<^V€U|LiaTa kqi dTTiijbai
eng zusammen, und Kai vojliouc t. it. q). fi. bringt zu diesem ver-
gleich dasjenige was gemeint war, oder die stelle ist verdorben,
letzteres nahmen an Yalckenaer der iT€pid|Li|LiaTa, Cobet der TrXdcjiiaTa
JahrbQcher f&r class. philol. 1893 hfl. 6. 26
402
PMejet: za Platonii Gorgiae [484*],
schreibt, und AThCbrist (Leipzig 1890) welaber ypäji|uiaTa Kai
ausläazt.
Hält man an der gleich anfangs gebrachten bemerkung fest,
dasz hauptiDhalt der stelle ein vergleich zwischen den staatlichen
gesetzen und den Veranstaltungen der beschwörer aei, so ist gar
keine änderung oder gewundene erklärung nQtig, wenn man nur
dem werte TpütMM^'^^ seine richtige bedeutung gibt, welche seine
Umgebung ihm an dieser stelle beilegt* wir sind durch Karl Wesseijs
Untersuchungen (Ephesia graminata, progr. d. k. k. Franz Joseph -
gymn. , Wien 1886. zu den griech. papjri des Iiouvre und der
bibliothötjue nationale, progr. v. Hemals» Wien 1889. 1890) und
die öich daran anscblieszende litteratur und jüngst noch durch
BHeim incantamenta magica graeca latina im 19n suppi.-bd. dieser
jafarb. (1893) s. 463 — 576 genügend über die veransültungen der
alten bescbwörer belehrt, um diese Platoustelle sofort richtig zu ver-
stehen, sie bedienten sich in der that dreier arten von Veranstal-
tungen: geheimniBvoll wirkende^ werte wurden auf allerlei unter-
lagen geechrieben und diese xpoi^^ara dann in manigfacher weise
verwertet: es wurden allerlei handlungen (betasten, bestreichen
usw*) vorgenommen (jutotTTCiveij^aTo) und schliesslich beschwörungs-
formein über den leidenden oder gefährlichen usw. ausgesprochen
(^TTipbai). so sind hier unter tpcc/i^aTa nicht ge setze oder dgh zu
verstehen, sondern es sind ^geschriebene Zauberformeln', dieses con*
crete ;&aubermittel steht zuerst hinter Kaxairaiiicac : die Ypd^paia
konnte man thataächlich noch mit füszen treten; dann folgen die-
jenigen Wörter, wo der Übertragene sinn des Zeitwortes eintritt, auch
die vorhergehenden participia passen zu dieser erklärung, nur musz
man keinen genauen paralleltämus verlangen, denn den scheint die
ganze stelle absichtlicb zu umgehen t es ist der leidenschaftliche
Kallikles, welcher redet, nicht der Gorgianer. diTOCeicäfievac : die
amulete (mit oder ohne Ypd^gaTO); tiappt|£ac: wenn äTTOceicocOai
nicht ausreicht, oder bei fesselungen im verlauf der beschwörung;
biacpuf iIjv : den ^Trqjbai oder auch dem ganzen, selbstverständlich
spielen auch alle sonstigen Vorstellungen, welche die verba erwecken,
mit hinein , so dasz ich auf diese letztere bemerkung wenig gewicht
lege; 'Xp&pL^axa aber nehme ich für 'geschriebene Zauberformeln* in
ansprucb. beispiele für ypdcpciv in diesem sinne sieh bei Wesbelf
Eph. gramm, n, 340—390 (s. 30—32), Heim ao. n. 151. 156—158,
178—180. 189. 193 — 196. 197. 199, 202 — 205 207—217. 221
—225. 229, amulete 234—240,
MüKOHSN • Gladbach. Pstbb Mbtrb,
GThiele: som griechiBchen roman. 403
48.
ZUM GRIECHISCHEN ROMAN.
So berechtigt die bemerkungen yon ERohde im rhein. museum
XLVIII (1893) 8. 136 ff. gegen meine in der festscbrift 'aus der
Anomia' (Berlin 1890) s. 124 ff. vorgetragene erklärung von Cicero
de inv, I 19, 27 anf den ersten anblick auch scheinen mGgen und so
wenig mir daran liegen kann das allgemeine urteil des besten
kenners der griechischen erzähl ungslitteratur Über die existenz psy-
chologischer romane in der hellenistischen zeit irgendwie modi-
fioieren zu wollen, so halte ich es dennoch für meine pflicht ausza-
sprechen, warum ich meine interpretation der betreffenden stelle
seinen einwänden gegenüber aufrecht erhalte.*
Nachdem Cicero die beiden rhetorischen gattungen von erzäh-
langen definiert hat , fügt er eine dritte art folgendermaszen hinzu :
tertmm genus est remotum a cwilibus catisis, quod deleäationis caiMa
non imUüi cum exerciiatione dicUur et scribitur, eius partes sufU
duae^ quarum altera in negotiis^ altera inpersonis maxime versatm'
nsw. wenn Rohde nun sagt, Cicero rede hier ausdrücklich von pro-
gjmnasmatischen Übungen, so kann ich das nicht zugeben, da Cicero
diese erzählongsarten sämtlich von der rednerischen thätigkeit fern-
hält und sogar als ihren hauptzweck die delectatio hinstellt, quod
ddeäaiionis causa non inutili cum exercUatione dicitur et scribitur.
darin liegt doch, dasz die delectatio sich hauptsächlich auf das scribere
bezieht und nicht auf das üben : denn im üben besteht keine delec-
tatio. trotzdem will ich auf diese werte Ciceros gar kein besonderes
gewicht legen oder Schlüsse daraus ziehen, aber an und für sich ist
man durchaus nicht berechtigt in den drei gattungen fabuta^ historia^
argumentum nur rhetorische Übungen zu suchen, zb. die definition
Mstoria est gesta res ab aetatis nostrae memoria remota^ passt auch
auf jedes historische litteraturproduct man darf nur nicht diese
ganzen definitionen in dem zusammenhange von Ciceros rhetorischen
compilationen beurteilen : ich glaube doch gezeigt zu haben, dasz sie
aus den lehrbüchern pergamenischer grammatiker stammen. Rohde
thut immer noch, als ob Cicero sich das ganze System von erzählungs-
gattungen samt definitionen selbst ausgedacht habe; dasz Cicero
sich dergleichen überhaupt nicht ausdachte, sondern nur ausschrieb,
darf jetzt doch nicht mehr zweifelhaft sein, für Rohdes Standpunkt
in dieser hinsieht ist es bezeichnend , dasz er die auffallende wört-
liche Übereinstimmung zwischen Cicero und Cornificius und ihre nach-
gewiesene benutzung einer gemeinschaftlichen lateinischen quelle
* die mangelbaftigkeit der einwände Bürgers im Hermes XXVII
(1892) 8. 345 ff. und Posnanskys in der Wochenschrift f. class. phil. 1891
8. 457 hat überzeugend Susemihl in diesen jabrb. 1892 8. 752 ff, dar-
gelegt.
26*
404
GThielei zum griechiBchen roman.
mit einer anmerkuDg von 6iner zeile einfach für unhaltbar erklärt,
aus einer derartigen überachützung Ciceroa erklärt sich dann auch,
dasz er es gar nicbt für möglich hält, dasz die narratio quae in per-
sonis vcrsatur schon mit in der vorher gegebenen dreiteilung fahula^
historia, argumentum enthalten sei; er verkennt damit den eompila-
tori&chen Charakter solcher aysteme.
Als beispiel mag folgendes dienen« Hermagoras hatte für die
gestaltung des prooemiuma sämtliche redestoffe unter vier kate-
gorien gebracht, die er cx%otTa nannte ( Augustinus de rhet, 8. 127
Halm): fvboHov, TrapdboHov, äboEov, dji(piboEov* zu diesen vier
fügte ein gedankenloser rbetor später das buCTtapaKoXoüÖTiTOV
(Cic. 1 16) 21. Qaint. IV 1, 40). dasz dies in das festgebchlasgene
System des Hermagoras nicht hineinpasst und jedenfalls schon mit
im notpdboEov oder äboHov enthalten ist^ leuchtet ein. doch
der betreibende rhetor könnte sich immerhin damit rechtfertigen
wollen, ihm sei daran gelegen gewesen noch eine besondere ntlan-
cierung von cxn^a damit zu markieren, so denke ich mir auch
■die entstehung der narratio^ quae maxime in personis versatur^y
der roman gehört gewis mit unter die argumenta ^ dh. die TiXac-
paiiKCt oder TTepiTTeTiKCt biTiTilMQTa , aber unter diesen tritt er be-
sonders hervor und soll in seiner eigentOmlicbkeit besonders ge-
kennzeichnet werden aU narratio, die es mit den personen, ihren
Schicksalen, Charakteren ^ reden zu thun bat: iUa auiem narratia^
qwie versatur in personis , eiusmodi est^ ut in ea simul cum rebus
ipsis personarum sermofies et animi perspici possinif hoc mcdo : (folgt
das beiiipiel aus Ter. Adelphoe 60 ff,), hoc in genere narrationis
mulia dehet inesse festivitas confeda ex rerum varidate ^ animorum
diBsimilitudine y gravitate^ levitate^ spe^ metu^ sti^itione, desiderio,
dissimulatione^ errore, misericordia, fortunae commutatione, insperaio
imoommodo^ subita laditia, iucundo exitu rerum, zunächst, meint
Eohde, hätte ich den gegensatz zwischen personae und res nicht ver-
standen, bei scharfer und sorgfältiger interpretation kann derselbe
jedoch gar nicht anders Yerstanden werden, als dasz in jenen drei
arten von erzählungyn, in der historischen, mythischen, dramatisch*
novellistiächen gattung, mehr auf die dinge und erzählten begeben*
heiten ankommt , in der nun folgenden erzfthlungsart , quae in per-
sonis versatur, dagegen der Schwerpunkt in der Schilderung der
Personen, ihrer Charaktere, stimmnngen, leidenschaften liegt, ohne
dasz davon die erzähtung von begebenheiten getrennt zu denken ist,
darum steht bei Cicero eben simui cum rebus ipsis^ und auch in der
definition des Cormficius (I 8, 15) stehen die rerum variäates, die
nicht etwa nach Friedrich in seiner ausgäbe einfach zu tilgen sind.
Eohde erklärt den gegensatz bo : die narratio in personis ist die affeet-
volle, ethische und so zu sagen persöuliche art deis erzählens, die
der redner notwendig beher^chen musz. dabei iit mir jedoch ab-
solut unverständlich, wozu der redner in dieser erzählung dier^mm
variekUes und den iucundus exitus rerum nötig hat ferner ist mir
GThiele: som griechischen roman. 405
ganz miYerstftiidlich , wie Bohde zur erklärusg dieses gegensatses
folgende stelle aas den TTpOTUfivdc^aTa des Nikolaos (III s. 455
Spengel) heranziehen kann: tüjv biiiTilM^i'^^v rpeic tqc Tidcac Tipöc
dXr|6€idv q>aciv elvai biacpopdc • id ixky f&p icny dq[)T]TilMaTiKd,
Td 5i bpa^anKd, rd bk jniiad* d(piiTilM<2TiKd fi^v 6ca änö jliövou
ToO dTTOTY^XXovTOC TTpocuiTTOu dcTiv, oIq id TTQpd TTivbdpi(i • bpa-
fiOTUcd W, 6ca dir' auTuiv tOjv u7tok€1|li€vujv ttpociüttujv icrl
pövov, \ii\ irapcfiqpaivofi^vou toG cuvtiO^vtoc irpociliirou,
ola (elTa hss.) rd KUJfiiKd ndvTa Kai rpatiKd * fiiKid bk id iE d^qpoTv
ToO T€ cuvnWvToc Kai toiv u7roK€ifi^vuiv cuTKcfjLieva TTpocuüirujv,
ola Td 'HpobÖTOu Kai 'Ofxrjpou- laöia tdp m\ fi^v dn* auToO toO
dirctTT^ovTOC dKcpepeiai, ttt] bfc d£ ^T^pou irpociIiTTOU. hier ist
die objective und sabjective und die zwischen beiden liegende dar-
stellungsweise gemeint, subjectiv (äq[)TiTilM^''^^KÖv) ist die lyrik,
zb. die Pindarische; objectiv, dh. die auftretenden porsonen spruchon
lassend, nicht sein eignes herz, ist der dramatische dichter. gemiNcht
ist die darstellungsart im epos, sowohl in dem in vorsen wie dorn in
prosa, Homeros und Herodotos. beide geben ihren eignen godanken
und empfindungen ausdruck und lassen auch zugleich ihre perioueu
die ihrigen ausdrücken, dasz das ein ganz anderer gogunHaix iitt alu
bei Cicero, kann doch kein unbefangener erklärer der stelle lougnon.
ohne zweifei ist auch diese hübsche hier eingesprengte tunieiluug
sehr alt und wird vielleicht denselben pergamenisohen philologen
Terdankt wie die unsrige.
Wiederholt führt Rohde gegen meine erklärung ins fold, dun»
bei Cicero und Cornificius ja gar nicht von litteraturgattungon diu
rede sei, sondern von rhetorischen Übungen, und immer wiodor nuiN»
ich die notwendigkeit einer solchen erklärung in abrede Htullon ; im
gegenteil , die beschreibung der narratio quae in personis vcf^miur
widerspricht sogar direct dieser erklärung. vorfolgen wir diese de-
finition mit ihrer beabsichtigten fein angelegten Steigerung bis zum
iucundus exüus rerum, die gewis nicht von Cicero erfunden und von
Cornificius ungeschickt verdorben ist, dann gerät man am aller-
letzten darauf, dasz hier nur eine blosze Übung progymnasmatisoher
art beschrieben sei. wozu, musz man sich fragen, braucht man einen
iucundus exüus rerumj einen lustigen schlusz in einer sohulübung?
nähme man an, ein gelehriger rhetorenschUler hätte alle die in der
definition aufgezählten bedingungen, sermonis festivUas (Cornif.),
rerutn variäas, animorum dissimilUudo^ gravitas, Icvitas, spes, metus
usw., fortunae commutatio^ insperatum incommodumf subita laetitia^
iucundus eocitus rerum in einer seiner Übungen erfüllt, so hätte
er dies kunstwerk nicht in seiner rhetorenschule verkümmern zu
lassen brauchen, sondern es getrost als interessante lectüre vor
das grosze publicum bringen können; wir müsten vor den rhetoreu-
schülem der hellenistischen zeit grosze achtung haben, wenn sie der-
gleichen geliefert hätten. Bohde hält es freilich wenigstens nicht
für so ganz absurd, an no vollen als Vorbilder für diese leistungen
406
GThiele: zum gnechiscbeD romaG.
der rbetorenscbüler zu denken; ich glaube aber kaum, dasz Hohde
selbst fUr die novelle rerum varietates und einen fr5blicben scblusz
als bedingutix aufstellen würde.
Ein weiterer einwand von ibm ist^ dasz eine ähnllcbe deGnition
in Ciceros j?arf* erat. 9,32 Torkommt. allerdings sind mehrere aaa-
drücke, in denen Cicero dort die r\b€\(x biritiicic {stiauis narratw)
beschreibt, fast dieselben wie in seiner jugendscbrift; aber damit
die fjb€ia bir|Tr|Cic charakterisieren zu wollen ist verfehlt, wie Robd«
selbst anerkennt, kein vei*n (luftiger rbetor würde jemals f^ die
gericblspraxis eine solche be&chreibuug der f|?>€Ta biritT|Cic gebe» ;
suavis autem narratio est, quae hahet admirationes, arspectatiamBt
exUus inopinatoSf inierpositos nwtus animorum, coUoquia personorum^
dolores, iracunäias, meUis^ l^aetitias, cuptditates^ denn das passt doch
nicht allee auf die gewöbnlicben narrationes der gerieb tsrede, um
so näher liegt daher der schlusz, wenn man einmal die teilweise
übereinätimmung dieser stelle mit der in de inventione betont, dasz
Cicero hier» wie so oft, sich selbst ausgeschrieben hat. was dort dio
definiiion der fibeia bii^YTicic kot' ^Eox^v, dh, des roraajis ist» nahm
er für eine rhetorische vorscbrift für die fiarratio der g'erichtsrede,
auf keinen fall darf uns diese stelle der part. orat, , dieser wüsten
compilation, irre machen, {de inpentione I 6, B ist zb» benutzt auch
in den part. 1, 62.)
Übrigens musz man doch auch einen unterschied machen zwi-
schen der art zu erzählen bzw. einer eigenschaft der erzähl ung wie
dem f]hiüic bir|t€Tc9ai und der erzÄblung selbst, der narratio. dasz
aber in de inventione nicht blosz von der art so oder so zu erzählen
die rede ist, sondern von ganzen abgeschlossenen erzählungen, er-
gibt doch folgende erwägung: wie könnte bei Cicero und Corni-
ficius das iertium ^enus narrationis als nicht zur gerichtsrede ge-
hörig bezeichnet werden, wenn, wie Rohde will, entweder das fjb^u)c
bitlTn^icOai oder, wie er ein andermal sagt, die mehr persönliche
ethische art zq erzählen gemeint wäre? ist denn nicht diese art zu
erzählen gerade sehr oft in der gerichtsrede zu verwenden? —
Rohdes einwände gegen meine erklärung der Cicerostelle er-
weisen sich also durchaus nicht stichbaUig; er ist jedoch der an -
sieht, dasz ich nur durch die einteilung der bir)TilC€ic beim anonymua
Seguerianus tu meiner Interpretation gekommen sei und dass mit
der deutung jener auch diejenige der stelle in de inventione falle.
das ist, wie ich eben gezeigt zu haben hofife, durchaus nicht der
fall, obwohl es bei der synthetischen beweisführung dort ('aus der
Anomia' s. 128) so scheinen könnte, gegen eine identificierung der
einteilung des anonjmus mit denen bei Cicero und Comificius er-
hebt Rohde auf das entschiedenste einsprach , dabei interpretiert er
jedoch den anonymus willkürlich und falsch, ich musz nunmehr die
ganze stelle aasscbreiben: Spengels rhet. gr I s. 435, jetzt in der
Sonderausgabe von Graeven (Comutus) e. 12 § 63 (ci\ bk TÜliv
iiilTiIceuiV €\br\ laöia- m ^^v rap öOtuiv €iciv <iXi)9€ic, al l>i itc-
GThiele: zum griechischen roman. 407
TiXacfidvai, Ka\ al iiky im xpiToiv XeTÖ^cvai, a\ bk KaG* iavT&c. kqI
Tüjv kqG' ^auxac a\ ^^v elci ßiiuTiKai, ai be kiopiKai, al bk fiu-
GiKai, al bi 7r€pnT€TiKa(. täv b* im KpiT&v al iikv Kaiä tö dfiq[)ic-
ßflTOÜjLievov auTÖ cuvicraviai, al bk Tipöc Ibiac biriTnceic xf^c uiro-
O^ceujc X^TOvrai (soll wohl heiszen al bk npöc Ibiac uTroO^ceic
buiTTJceic X^TOVTai, wenn in einer rede mehrere ÜTioG^ceic und also
auch noch einige neben erzähl ungen nötig waren), al bk Trap€fi-
tt(7ttouci mcT€UiC 2v€K€v f\ a\)lf\ctwc f\ biaßoXfic f\ fiXXou tivöc
TOiouTOU, äcTivac Kai TiapabniYnceic rivk KaXoOciv. an dieser
stelle setzt dann ein anderes excerpt mit einer besondern classi-
fioierung der gerichtlichen bir)Tilceic ein , wie überhaupt der ganze
anonymus , was im einzelnen Graeven in seiner ausgäbe ausgeführt
hat, nur ein cento von stücken aus den verschiedensten rhetoren ist.
darum schon durfte Bohde durchaus nicht die worte al \xky yäp
auTÜJV eiciv dXnOeic^ al bk TiCTiXacfi^vai mit dem folgenden in 6in
System bringen und die einteilung dXriOeTc und TTeTiXacjn^vai ver-
teilen auf die vier classen ßiUJTtKai, IcTopiKaf, jiiuOiKai, TrepmeTiKai,
so dasz die beiden ersten äXr)6€Tc, die beiden letzten TreTiXacfi^vai
sein sollen, das ist ganz willkürlich: denn beim anonymus ist diese
Bubsumiening durchaus nicht gemacht; es müsten dann ja auch die
dazwischen stehenden im KpiTÜüV X€T6^€val biiiT^^ceic mit inbe-
griffen sein, und es müste heiszen : Kai dXT]9€Tc \xky al in\ KpiToiv
XcTÖ^icvai Ka\ al ßiu)TiKai Kai al IcropiKaf, 7T€7TXac|Li^vai bk al ^u-
OiKoi Kai al TrepmeTiKai. davon steht jedoch nichts da, sondern
dXriOetc und TreTiXacjn^vai ist eine einteilung für sich von allen
narrationes ohne rücksicht auf gerichtliche oder auszergerichtliche.
wenn die beziehung, welche Bohde hineinträgt ^ stattfinden sollte,
80 konnte man höchstens den sinn herauslesen^ dasz dXriOeic alle die
iii\ KpiTÜüv XcTÖfievai wären, TreTrXacjLi^vai dagegen die übrigen
vier gattungen, was ja auch mit Rohdes ansieht von den ßiuiTiKa(
in Widerspruch stände; aber auch das ist der sinn nicht, denn die
IcTOpiKai kann man nicht TT€7TXac|Li^vai nennen, ziehen wir nun die
von Bohde falsch verstandene einteilung in dXriOeic und TT€TrXac*
^^val am anfang ab , so ist der unterschied vom System des Cicero
und Cornificius nicht mehr so grosz: alle erzählungen sind in solche
^Tri KpiToiv und Ka6' daurdc geteilt, dem entspricht genau bei Cicero
und Cornificius die definition der dritten art als einer, qtiae a citn-
Ulms catisis remota est; aus der andern art, dirl KpiTtXiv sind bei
Cicero und Cornificius zwei hauptteile gemacht, während sie beim
anonymus 6in gent^ mit zwei und noch einer ^ wahrscheinlich
später eingeschobenen (vgl. Graevens ausgäbe) abteilung ausmachte,
das ist aber nur ein geringfügiger äuszerlicher unterschied: denn
die definitionen der beiden abteilungen, welche bei Cicero und
Cornificius stehen, stimmen fast wörtlich mit der des anonymus
überein.
1) Cicero: unum genus est^ in quo ipsa causa et omnis ratio
controversiae continetur.
408
GThiele: zum griecbi&Ghen romaD.
Cornißcias: tmum est^ cum exponimus rem gcsiam et unum
quiägue irahimus ad utilitaiem nostratn vincendi cattsa^ quod
pertinet ad cas causas, de qiiihus iudidum futurum est.
monymu&: xüüv b' im KpiTiijv al ja^v Katd td d|iq)icßr|TOu-
^evov auTÖ cuviciavTai,
2) Cicero : cdterum , in quo digressio aliqua extra causam aui cri*
minationis aut simüUudinw aut delectationis non älienae ab
€0 negoiio, quo de agUurj aut amplificationis causa
interponitur,
CorniEcius: aUerum genus est narrationis^ quod iniercurrit
non numquam fidei atU criminationis aui iransitionis
aui alicu ius apparationis causa .
anoDymus: ai bc irapcjuiTTiTTTOUci TricTCUic ^V€K€V fi
avlr]C€W€ f| biaßoXT]C f^ öXXoi/ ti vöc toioutou, äcxivac
Kai TTapabiTifilceic xivtc KCtXouciv.
Wer sich der beweiskraft dieser wörtlichen ühereinstimmung
nicht absichtlich entzieh t^ must ztigeben^ dasz diese hälfte der ein-
teilung, welche sich uuf die btrJTilcic irt\ KpiTuiv bezieht^ in letzter
linie auf dieselbe quelle zurückgeht wie die bei Ctcero und Comi*
ficiuß, die andere hälfte» die bififiicetc Ka6* 4auTdc XetifAevai wer-
den nun beim anoDjrouH in vier classen geteilt; bei Cicero und
Corntficiuä stehen tbatäächlich, das ISszt sich nicht beötreiteDi auch
vier classen, nur äind dieselben allerdings nicht hinter einander auf-
gezählt, sondern in zwei genera gruppiert: unum quod in negoHis^
altcrum quod inpersonis versatur-y das ergte genus hat drei classen,
welche mit 2, 3, 4 des anonymus Qbereinstimmen : denn dasz TT€pt-
TTCTlKm dasselbe sei wie das argumentum der Lateiner, gibt auch
Rohde zu. es bleiben nur noch die ßiuJTtKal übrig, und es fragt sich
nun, ob wir diesen namen lieber auf die aus der definition bei Cicero
erschlossene litteraturgattung oder mit Rohde auf jede im leben vor-
kommende erzählung wirklicher ereignisse, also etwa berichte tlber
einen mord, einen brand, eine festfeier, Qberhaupi jede zeitung be-
ziehen will* ich gestehe allerdings Rohde zu, dosz man hierüber
zweifelhaft sein kann; mir ist es aber wahrscheinlicher, dasz ein
rhetor bei solchen einteilungen die litteraturgattungen im äuge hat
und nicht die Zeitungsnachrichten.*
' das 80 eben von UWilckeu im Hermes XXVIII a. 161 — 193 publi-
eierte fragroent eiuei bistomcheD rorojina auf einem Berliner pap/nia
habe ich ab&ichtllcb in meine d&rlegang^ oieht hineingezogen.
MÜNCHEN« Georg Thj^lb,
BVäri: Oppiani Cilicis codicum series. 409
49.
OPPIANI CILICIS CODICÜM IN BIBLI0THECI8 HODIE
ADSERVATORtJM SERIES.
Cum editionem Oppiani Halieuticornm paraturns essem, pri-
inam de codicibus qui extant certior fieri debebam. libros manu-
Bcriptos ergo , quos aut ipse quidem in bibliothecis repperi ant quo-
rom notitiam ex aliorum operibus hansi, lectoribus huius ephemeridos
benevolis enumerare studeo.
1. Ambrosianus C 222, pari, inf., bomb, in folio, foll. 362,
saec. XIII ineuntis, miscellaneus ; omnimodo insignitaie praestans,
continet Halieutica cum scholiis et hypothesi vita praecedente inde
a folio 256 '^ usque ad fol. 299 "" duabus in columnis. particulae
scholiomm in particulas ad quas attinent textus poetici succedunt.
liber primus suis cum scholiis legitur a fol. 258^—267'', secundus
a 267^—275'", tertius a 276 '•—282^, quartus a 282^— 291 ^ (fol.
289 scriptura caret, 290 desideratur), quintus a 291^ — 299^. quae
insuper hoc de codice noiatu digna sunt, vide apud Guilielmum
Studemund: Anecdota varia gr. I (Berolini 1886) p. 212: ^in codice
celeberrimo Ambrosiano C 222 ord. inf. (qui olim «fuit ex libris
Georgii Merulae et coUegii Chalcorum [Mediolanensis]») fol. bombyc.
miscellaneo, de quo conferas Henricum Keil in Mus. Bhen. vol. VI
(a. 1847) p. 108 sqq. et Christophorum Ziegler in Theocriti editione
tertia (Tubingae 1879) p. VI sq.* conferas et Ziegleri: codicis
Ambrosiani 222 scholia in Theocritum (Tubingae 1867) p. V sq.
optandum est ut codex totus quam primum accuratissime descri-
batur. contuli.
2. Ambrosianus L 38, part. sup.^ chart. in 8^, foll. 113,
saec. XV. complectitur Oppiani Halieutica cum vita praecedente,
glossis interlinearibus primum rubris, mox inde a folio 17 cum
rubris tum nigris, demum a fol. 69 tantummodo rubris. scholia
marginalia omnino paene desunt.
3. Ambrosianus E 112, part. sup., chart. in 4^ maiori,
foll. 117, saec. XVexeuntis. continet fol. 1 — 22*^ Nicandri Theriaca
cum scholiis et gloi^sematibus ad finem gradatim paucioribus, fol.
22' — 30 "" Nicandri Alexipharmaca sine scholiis vel glossis. folia 31
et 32 scriptura carent. fol. 33^—83^ Oppiani Halieutica passim
cum scholiis interlinearibus modo rubris modo nigris adornata
patent, fol. 83^ finitur Halieuticon liber tertius. folia 84 et 85
scripturam non praebent. fol. 86' continuatur Oppianus cum scholiis
nigris.
4. Ambrosianus J 47, part. sup., chart. in 4^, foll. 212,
saec. XV, miscellaneus. continet Oppiani Halieutica fol. 1' — 70';
deinde folio 72'incipit vita Euripidis, fol. 73' — 73^ legitur diss.
de metro iambico Euripideo, fol. 74' — 97' Euripidis Hecuba; fol.
410 RV&ri: Oppiani Cilicia codicum aeriea.
97r__97v tragoediae illius hypothesis; fol. 98"^ — 126^ Euripidis
Orestes, cuius tragoediae hypothesis extat fol. 125'' — 126''; fol.
126^—152^ Euripidis Phoenissae, fol. 153«^— 153^ Aeschyli vita;
fol. 154»^— 174«^ Aeschyli Prometheus, fol. 175»-"192^ eiusdem
Septem ad versus Thebas, fol. 193^ — 212' Persae. opera haec
omnia scholiis uberrimis cum marginalibus tum interlinearibus
adornata vidi.
5. Ambrosianus H 18, part. sup., chart. in 4®, foU. 167,
saec. XV f miscellaneus. continet fol. 1 — 7*^ excursus de piscibns,
fol. 7'— 8^ vitam Oppiani, fol. 9'^— 94^ Oppiani Halieutica. littera
initialis pulcherrima est , pictura finalis in circulo mare inlustrat.
habet' scholia nigra et glossemata interlinearia rubra, praebet titu-
lum : 'GirTriavoö dXieuTiKiöv Trpanov. fol. 95' — 127 "^ Orphei Argo-
nautica ; 1 28 ' — 165 ' hymnos Orphicos. pagina 1 65 ^, item folia 1 66
et 167 scriptura omnino carent. fuit e libris Octaviani^Ferrarii. co-
dicem ad Orphica inspexisse videtur beatus Eugenius Abel.
6. Ambrosianus G 48, part. sup., chart. in 4^, foliomm 270
integrorum , 18 magna ex parte scissorum , saec. XV exeunte exa-
ratus, miscellaneus. complectitur fol. 3 — 120"" Oppiani Halieutica
paucis cum scholiis et glossis interlinearibus nigris. praecedit in
foliis duobus primis vita, succedit inde a folio 122' (folium 121 scrip-
tura yacat) usque ad finem Achillis Tatii opus de Clitophontis et
Leucippae amoribus.
7. Taurinensis gr. C. VII 1 (antea sign. b. VI 16), chart. In
8 *^, foll. 56 , saec. XVI. continet tres priores libros Oppiani cum
vita praeeunte fol. 1 — 45\ contuli libri primi vv. 1 — 322. 'fol.46
sunt Theognidis sententiae, deficientes tarnen, fol. 53 Phocylidis
poema admonitorium' (cf. Codices mss. bibl. Begiae Taurinensis
Athenaei, rec. losephus Pasinus, Taurini 1749, sub n. 235).
8. Venetus Marcianus gr. 468, bomb, in folio, foll. 190,
saec. XIII, miscellaneus. continet Oppiani Halieutica multis cum
glossis interlinearibus fol. 1 — 32"^ dnabus in columnis: scholia mar-
ginalia extant paucissima. cf. Tttselmann: zur handschriftlichen
Überlieferung von Oppians Kynegetika, Nordhausen 1890, p. 10.
contuli.
9. Venetus Marcianus gr. 466, chart. in 4 ^, foll. 207, saec.
XrV, miscellaneus. continet Oppiani Halieutica inde a folio 127'
usque ad folium 206"^ (207 scriptura caret), uberrimis cum scholiis
interlinearibus, marginalibus contra paucioribas. in singulis foliis
extant 40 — 42 versus, contuli.
10. Venetus Marcianus gr. 480, membr. in folio, foll. 446,
saec. XV, miscellaneus. habet Oppiani Halieutica fol. 1 ' — 80^ cum
scholiis interlinearibus. in columna extant 44 versus, cf. TQsel-
mann 1. 1. contuli.
11. Mediceus-Laurentianus plut. 31, cod. 39, membr. in
4<^, foll. 106; saec. XII. continet Hesiodi Opera et Dies fol. 1—20''
et inde a folio 21 ' Oppiani Halieutica cum glossis inierlinearibas.
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412
BV^i: Oppiani Cilicifl codicum serieB.
16« MediceuB-Laurentianus plut. 86, cod. 21, chart. in
4^ folL 122, saec. XV. habet Oppiam Cilicis Halieutica fol. 1 — 78^
et Cjrnegetica fol. 79^ usque ad finem libri. Halieutica ßchoUis in-
strocta sunt, Cynegetica m carent cL Tüselmann L 1. p* 10 aq.
17. Vaticano-Ürbinas gn 148, chart. in 4**, folL 80, saec.
XV, continet Oppiani Halieutica, finitur codex vita Oppiani. textud
incipit fol. 3^ in unoquoque folio 21 -|- 21 (= 42) versus leguntun
contuli.
18. Vaticano- Palati nus gr, 131, chart, je 4^ folL 116,
saec. XV, miscellaneus. continet Oppiani Halieuticorum librum pri-
mum (cuius desunt vv. 337 — 462 et 681—797) inde a folio 116
usque ad folium 131. cf. HStevenson : Codices tnss, Palatini Graeci
bibl. Vaticanae descripti praeside I. B. CardiDali Fitra, epi&copo
Portuensi (Eomae 1885) p, 63.
19. VaticanoPalatinus gr. 96, chart. in 8^ foll. 129*
foHa 1 — 52 anno p, Ch, n, 1481, posteriora tria saec. XVI scripta
sunt, eontinentur in hi» quidem foliisallegatis Oppiani Halieuticorum
libri III priores cum scholiolis passim in margine atque glossis inter
lineas. est codex Schneiden Palatinus alter, P 2. cf. Stevenson
l l p. 48.
20. 21. quod ad duos Codices Vaticanos graecos attinet,
legas notitiam quam Henricus Stevenson maxima cum liberalitate
mihi per litteras nuper aperuit:
■Cod. 119, miscelianeus in 8**, chart» foll, 125, praeter alia con»
tinet Oppiani Halieutica f. 78, librum H f. 97, III f. 109, IV f. 121.
descripta manu saec, XV incipientis (fortasse etiam XIV exenntis)*
glossae in marginibus ampliseimae nigro ütramento et Inter lineaa
subrubro evanido. vitam Oppiani non repperi.
Cod. 43| chart. in 8^, foll. 198, una manu conscriptus (deruptia
foliis 1 — 4) continet inter alia Oppiani Halieuticorum libros tres
priores t 116. 147* 173 ""^ praemiösa f. 115 vita Oppiani, quae ine,
*OiTTTiavöc 6 TTOiTiTfic. f. 198* suhßcnptio librarü i. e. cuiusdam
loannis toO TapxoiviiüTOU, qui pluries subscripsit aliunde in eodem
codice et fuit anagnosta magnae ecclesiae i* e. Constantinopolltanae.
manu saec. XV glossae inter lineas rnbro colore, item in margi-
nibu$, sed initio tantum, videlicet foliis 116^ et\ 117*^ et 116%
deinde de^iderantur spatio vacuo rellcto. glossae interlineares di>
versae ac in cod. 1 19. marginales priores fere e&edem, sed breviorea»
postea videntur pleromque diversae. dabam Bomae XV kal. Not»
1892.'
22. Borbonico-Neapolitanas 11 F 17, chart. in folio,
foll. 231 nnaque cbarta crassa, nitida, est miscellanL^us, duplici
cbaractere oxaratus saec. XIV secundum Cyrilliuro (catal. bibl. Bor-
bonicae codjcum graecorum, Neapoli 1826, sub n, 174), saec, XV
teste Abelio (Collüthi Lycopolitani Carmen de raptu Helenae [Bero-
lini 1880] p. 9: 'ab eadem manu qua Quinti Smymaei codex Par-
rhaeianus praestantisaimus*). habet Oppiani Halieutica foK 1 ' — 118'
BY&ri: Oppiani Cilicis codicum series. 413
'cum scholiis inter lineas et ad margines. seorsum vero in foliis
interpositis exbibentur scbolia nberiora, quae ab aliis Tzetzae ; ab
aliis Diacono Qaleno tribuuntur.' 'in calce libri primi leguntur epi-
grammata.' pertinuit ad lanum Parrbasium et deinde ad Cardinalen
Seripandam. contuli.
23. Borbonico-Neapolitann8nF18cbart.in8^ foll.64,
saec. XY ineuntis. 'si ezcipias priora octo folia, cbarta est crassa,
füsca, rudis. glossae inter lineas rubrica distinguuntur. complectitur
codex priores tres libros Oppiani de piscatione et initium quarti
nsque ad v. 46 cum glossis inter lineas et perpaucis scboliis ad mar-
gines.' cf. Cyrilli 1. 1. sab n. 175. inspexi hunc codicem.
24. Borbonico-Neapolitanus II D 4, bomb, in 4®, foU.
242, saec. XIII, miscellaneus 'pluribus in locis corrosus a tineis.
Bcriptnra est varia, ut plurimnm subrubra, nexibus implicata, lectn
non semper facilis. continet Lycopbronis Alexandram [cf. Ed. Scbeerii :
Ljcopbronis Alexandra I (Berolini 1881) p. IX] et alia poetamm
opera, quae in sectione de poetis describentur' (Cyrilli 1. 1. snb n. 100
et 166). fragmentum carminis Oppiani de re piscatoria bic codex
a y. 253 usqne ad 487 libri primi foliis 238 ** — 242 "" continet. nno-
quoqne in folio lectn nbique difficillimi extant 15 -|~ 1^ ("^ 30)
versus, contuli fragmentum.
25. Parisinus Begius gr. 2735 (olim Boistallerianus)
bomb, in 8®, foll. 200, miscellaneus, saec. XIY. continet Oppiani
Halieutica — vita praecedente — cum scboliis plurimis marginali-
bus et glossis magna ex parte minio scriptis f. 1 — 82^. cf. indicem
codicum Dionjsii periegetae in edit. Bernbardyi (Lipsiae 1828)
p. XXXIV. contulit iam Rieh. Fr. Pbil. Brunck^ cuius collatio ani-
madversionesque adservantur in codice suppl. gr. 392 bibliothecae
Nationalis Parisinae, ubi bunc codicem inspexi. est Scbneideri
Begius secundus :R2. contuliipse.
26. Parisinus Begius gr. 2861, papyraceus in 4^ foll. 120,
saec. XVI. continet fol. 1*^—88^ Oppiani Halieutica cum scholiis
marginalibus et interlinearibus, fol. 89 usque ad finem epinicia
Olympiaca Pindari. est ex Scbneideri sententia codex Tumebi,
apud Schneiderum ipsum Begius primus: Bl. contuli. contulit
etiam Brunck, cuius collationem una cum codicis prius allegati in
libro ms. suppl. gr. 392 extantem, cum Lutetiis Parisiorum a. 1890
commorabar, inspexi.
27. Pari sin US, bibl. Nat. suppl. gr. 498, chart. in 8®, foll.
111, miscellaneus, saec. XV. continet Halieuticorum duos priores
libros et tertii vv. 1 — 641 cum notulis marginalibus et glossis minio
pictis interlinearibus, fol. 43' usque ad fol. 111. unoquoque in folio
30 versus leguntur. contuli.
28. Parisinus, bibl. Nat. suppl. gr. 166, chart. in 8^ foll. 91,
saec. XVI secundum Henricum Omont (inventaire sommaire des
mss. du suppl. grec. de la bibl. nat., Paris 1883), saec. XVII mea
sententia; pessimae notae. complectitur Oppiani Halieutica (ine.
414
BYä^! Oppiani Cilicis oodicum aeriee.
foL 5, expL foU 91} cum glossis et scbaUis marginalibus laiinis, vita
praeced eilte* inapexi*
29. LondinenBis (ßutleriaiias) n. 11890 (plnt 286 B),
Chart, in 8^ folL 110, saec, XV. *contmet qaattuor priores Hbros
Oppiani com glossia rubris, scbolits atramento scriptis paucis&imis/
cont uli.
30. Oxoniensis-Bodteianus 243 gr., cbart. in 4^^ foIL
187, saec> XV, miscellaneus, manu Francisci Byrenaei exaratus.
continet (fol. 3 — 183) Oppiani HaJieutica cum scbolüs uberrimis et
glossis inter lineas minio in&ertii. cf. Coxe: catalogas codd. tnss,
bibL Bodleianae» pars I (Oxonii 1853) p. 800 sq. cont uli,
31. Middlebillenäis, in Inbliotbeca Tbomae Fblllippsii ba-
roniS) quae quattuor milia codicum continebat, describitur apud
Haenelium (catalogi librorum mss. qui in bibL Galliae etc. asser-
vantur» Lipsiae 1830) p. 840 sub n. 1560 : 'Oppiani Halieuticon
(seu de piscatione) versibus hexametris libn IV^ qnorum primus
cum glossiSf saec« XVI^ e Ubris bibliotbecae Meermanl/ codex uuno
est Berolinensis, ut testanttir verba Maximilian! Treu in comm.
*Mazarig und Holobolos* (bjzant. zs. I [1892] p, 86 — 97) p. 86:
*aus GHaenels catalogi librorum mscr. s. 841 wüste tcb Ittogst, daas
nocb eine andere bs. des totengesprächs in der Pbillippsscben bi-
bliotbek zu Middlebill existiere, durch meinen freond Leopold Cohn
erfuhr ich nun, dasz eich diese unter denjenigen hss« befinde, welche
aus jener jetzt in Thirlestaine House in Cheltenbam aufgesteUten
bibliotbek für die Berliner k, bibliotbek vor einigen jabren angekauft
worden sind, es ibt dies der codex Pbiilippicus 1677 und wird von
Leopold Cobn bescbrieben in dem 1890 zu Berlin gedruckten, aber
noch nicht herausgegebenen katalog: Codices ex bibliotbeca Me^r-
manniana PhiUippici Graeci nunc Berolinensea descrip^erunt Guilei-
mus Studemund et Leopoldus Cohn s. 75 ff/
32. Vossianug mlscell. 16, cbart. in folio (7), saec. XV,
foil. (?) continet ^ecundum catalogum bibl. publ. univ. Lugduna-
Batavae (Lugd. Bat. 1716) p. 402*» 'Plutarcbi TTXaxuiviKa InTfi-^
^OLia^ dbv oiix eup^On f\ dpxTJ. ircpi ttjc olxobo^iic Kai dvoKTiccuic
Tfjc CoÄpiac Basilir Magni ^KKXnciacTitcfi xai pucTiKfj irpoöeujpio,
per interrogaUones. anonymi qna^stiones physicae. Oppiani vitii
et halieutica. rragmenium de gestis Hercolitf/ quibus praefectua
bibliotbecae Leideni>is inlustrissimus G. N. du Riea a meper titteraa
rogatus liberaliter a conservatore mse. Lugdono-Batavorum 8. G.
de Vries baec addenda curavit: 7olia 29 — 36^ continent Oppiani
vitam et Halieut. I vv. 1—169. fol. 29 — 29^ Bloc ömavou (vita
prima Westermanni in eins biograpbis graecis minoribna , Bruns*
vigae 1845, p. 63), tum duorum versuum spatio relicto vacuo se-
qunntur 2 vv.: *OTiniavdc ceXibecctv .... 6\^o\ dircip^ciov (Weater-
mann p. 6^). nulJa aubhcriplio. fol. 30 — 36'' Oppiani Halieut. X
l — 109, inecrib. : ömovoO dXi€\JTi»cdv ßißXiov a. desinitin: ^bk
bpcXKOVTCC (v. 169) in imo foUo 36*; «ed subscriptus est «cuatoa»
£Täri: OppiBiü Cilicis oodicoB Mms. 415
qni didtar qnateniioiiis olim sequentis: d^oi T€ (t. 170). scholia
aliquot mbro eolore inier linea« sunt adscripta, sed non ultra t. 59.'
33. Heidelbergensis Palatinus 40 gr.» bomb, in 4*
fonnae maioris, foU. 501, miscellaBeas, saec XIV. complectiUur
Oppiani Halieotica cum scholüs ritaque praecedente fol. 87^ — 115^
duabns in oolumnis. eontuli. excussns est cum a Rittershusio (ut
es eiua editione a. 1597 typis excusa sparet), tum a Scbneidero,
cuiQS est codex Palatinus primus^ Pa. cf. etiam F. Wilken: gesch.
der bildung, beraubung und Temichtung der alten Heidelb. bflcber-
■amlung (Heidelberg 1817) p. 276.
34. Dresdens is Da 26. 'Oppiani Halieuticorum libri V, sed
mutili; desunt enim libri I tt. 413—592 et libri Y tt. 658—680.
aecednnt scholia graeca interlinearia et marginalia. cod. cbart. 113
fbliornm in 4*^ min. saec XV ineunte scriptus. fuit quondam mo*
liaaterü Iberorum montis Athonis. lectiones conspirant cum illis
quaa Schneiderus in ed. anni 1813 dedit ex eo codice quem
Mosqnenaem vocat. [constat quosdam libros mss. Mosquenses a
F. C. Matthaei anno 1788 bibliothecae Dre^densi Tenditos esse.]*
F. Schnorr von Carolsfeld: katalog der handschriften der kGn. 5C
bibliothek zu Dresden (Leipzig 1882) vol. I p. 289.
35. Dresdensis Da 27. ^Oppiani Halieuticorum libri III
priores, cum scboliis graecis interlinearibus et marginalibus. prae-
eedunt vita Oppiani et crixoi Tzetzae. cod. chart-. 75 foliorum in
4*^, saec. XV. a loanne quodam exaratus. alia manu saec. XVI in
fine snbscriptum est constitiese eum sex aureis. fuit deinceps F.Sjl-
buigii et C. Bittersbusii (cuius conferatnr editio L. B. 1597) et ad
Begiam bibliothecam accessit e bibl. Ch. Gli. Schwarzii, prof. Altorf.
pretio 6 florenorum.' (F. Scbnorr y. Carolsfeld 1. 1. p. 289.)
36. Vindobonensis philol. Qr. 135, membr. in4^ foll. 197,
miscellaneus , saec. XIV. continet Oppiani Halieutica cum scboliis
marginalibus et interlinearibus (yitaque praemissa) fol. 4'' — 141 \
cf. Nessel: catalogus omnium codd. mss« Graecorum (Viennae et
Norimbergae 1690) partis IV p. 78.
37. Vindobonensis pliilol. Gr. 241, chart in 4® minori,
foll. 286, miscell., saec. XV (teste subscriptione a. 1445) exaratus.
complectitur Oppiani Halieutica cum scboliis marginalibus atque
interlinearibus vitaque praecedente fol. 1*" — 132''. in folio 132*
legitnr subscriptio: dTcXeiuiBr) tö irapöv ßißXiov dv ^iiiv\ ^apT(l|i
Clc TQC r tr" u-^ToO Q^"* D^"" v^ t"" «touc. cf. Nessel 1. 1. p. 130.
38. Vindobonensis philol. Gr. 137, chart. in 4^ foll. 161,
miscellaneus, saec. XVI. continet Oppiani Halieutica fol. 7 1"^— 151 \
sequuntur vita et h/pothesis. cf. Nessel 1. 1. p. 78.
39. Vindobonensis philol. Gr. 265, chart in 4«, foll. 78,
saec. XIV exeuntis. continet Halieutica cum glossis minio piotis.
cf. Nessel 1. 1. p. 133.
40. Vindobonensis philol. Gr. 243, chart in 4^ foll. 133,
miscelL, saec. XV. continet Oppiani Cilicis Halieuticorum libri I
416
EV^ri: Oppiani Cilicia oodiotim series.
vv, 1 — 99 cum vita praecedenie. ante folia papyracea est unum
folium membraneum, quo litterae latinae extant, sicut toto in codice
inde a folio 73 usque ad finem, quaedam folia omoino scriptura
carent: 4^, 5—13, 24 \ 27—28, 47—48, 69—72, 84 % 88—92,
93^— 112'^, 117% 118^-^124^ 128^— 12^^ 132—133. ex Aeso*
picifi fabulis continentur (foL 14 — 24^) editionia Halmianae, sed
aliquotieB alterius recensionis: 45» 39, 9, 14, 22, 47^, 59, 55, 24,
74, 90, 111, 221, 301, 144 ^ 169, 232, 248, 286, 296, 308, 351,
370, 169, 392, 202, 25, 421, 398, 336, 333, 110. 129, 192, 303,
289, 86, 328, 4, 401, 374, 214, 1S\ 231, 343, 329, 323 •>, 412,
260, 246, 275, 135, 247, 49, 66, 157, 96^ 386, 179 ^ 171, 276\
in fine; ouk €Öpov (!) ttXciouc puBouc alcuiTTOu. ex pseudo-Pho-
cjlidis carroinibus (foL 25 — 26) editionis Bergkianae ?t. 1 — B2
leguntur, deinde fol. 29 — ^46 scbolia quaedam rhetorica^ quae in-
cipiunt: Kai Ictl tou TravTiT^piKoO ibiov to ip^ytiv Kai ^TTöiveivi
69ev TÖ ^YKtli^iov Kai 6 ijiöxoc Ka» f] cuTKpiciC eqs,, finiuntur: TrriXl-
KOiaiov " olov )iiya xö ^tyovöc * tö npöc it, öti peiZov, f[ & trpo-
ßdXXerar tou tdc vaöc f| m reixr\ rrpobouvar dvTiXrni^ic. foL
49—68 legitur: ^p^oT^vouc ttepi ^eOdbou b€iv6rT|T0C. contuli
hunc codicem.
41, Pragenäis, cbarL, saec. XIY* continet Halieutleorum
duos libroä priores secundum FPasäOvrium, qui in indice lectionum
Vratifllaviensium a. 1824 (= opusc. acad,, Lipsiae 1835, p. 203— 214)
varias lectiones edidit. ubi liodie lateat, nescltur; Aloi&ius Rzach,
quamvis strenue quaereret (etiam in monasterio Strachoviensi),
meurn ad usum reperir© codicem non potuit, falUtur ergo PreuBS,
cum in libello, qui 'zum spracb gebrauch der Oppiane. II. Liegnitz
1883' inscribitur, p, 2 haec scripsit: 'die von Passow verglichene bs.
der gedicbte der Oppiane, welche gich im Prftmonstratenserstift
Stracbov bei Prag befindet, ist nicht zu verwechseln mit dem in
derselben bibliotbek sich befindenden griechischen midcellancodexp
welchen Kvicala aufgefunden hat.*
42, Pragensis Strachoviensis, msc. n. 30 (X II 10a),
cbart in folio, foll. 175, miBcelL, saec, XV* complectitnr Oppiani
Halientica quibusdam in partibus mutila cum vita praecedente. est,
ut ait Aloiäius E^ach, unicua codex graecus monasterii Stracho*
vienais* codicem descripsit Fridericus Schubert: eine neue band«
schrift der Orphischen Argonautika (Wiener Sitzungsberichte d. phil-
hist. classe d. kais. akad. d. wisd. 1881 vol. XCVm p. 449—486)
p. 449—455,
43, ConstantinopoliianuSf extat in bibliotheca Caesarea^
Conatantinopoli , teste Eugenio Abel, qui per litteras mihi Venetiat
missas huius codicis mentionem fecit (a, 1889 die XXVI m. Sep-
tembris), cum iussu et impensis Aeademiae Utteraram HungarioM
bibliothecam Caesaream perscrutatus eat.
BuDAPßSTiNi, BuDOLFca VXri,
ThBreiter: zu Manilius. 417
50.
Zu MANILIUS.
Die meines wissens noch unbenutzte handschrift des Manilins
in der nationalbibliotbek zu Madrid, früher im Escorial, aus dem
ende des vierzehnten, spätestens dem anfang des fünfzehnten jb.
(vgl. über sie sitzungsber. des pbil.-hist. classe der k. akademie der
wiss. 113r bd., Wien 1886, 215 ff.) bietet mir anlasz zu den nach-
stehenden bemerkungen. ich bezeichne ihre lesarten mit e, und mit
m^ die verschiedenen spätem bände aus dem 15n jh. weitere mit-
teilungen über diese hs., welche — das erste blatt ist herausgerissen .
— auf f. l'^ mit I 82 beginnt, behalte ich mir an einem andern
orte vor.
I 87 L et uagus in caecum penetrauit nauita pontum,
fecU et ignotis itiner commercia terris.
iiiner ist durch glcvW^p* zu fest bezeugt, ihnen schlieszt sich e
an, welcher tnter bietet, dagegen kommt nicht auf, wenn m* —
wohl die jüngste aller hss. des Manilius, und vielleicht ist sie aus
einem der ältesten drucke abgeschrieben, nicht vor dem anfang des
16n jh. — Her et gibt. Bentley verschönert hier, wie so oft, den
dichter, indem er iter in aus dem sehr jungen cod. Yen. aufnimt.
wer inter festhalten will , kann damit auch eine plausible conjectar
leisten.
I 97 f. quam caelum ascendit ratio cepüque profundam
ncUuratn rertfm causis^ uiditque quod usqu^tm est.
profundam haben gle; profundum cvW^, profundis mp (M**: aV
profundam). casus M.: aV causis p. causis die übrigen, nur e bietet:
rerumA causis. dies führt auf:
cepüque profundam
naiuram rerum et causa s.
I 171 ictaque contra actis consistunt corpora plagis.
contraäis alle auszer e: contra ediSy was für contra ictis spricht.
I 272 post hunc infleocam defundit aquarius urnam,
piscibus assuetas auide suheuntihus undas.
diffundit gl c m p , infundit v^ v^. defundit schrieb Scaliger; aber eben
dies bietet e und daneben inflexa und urna^ so dasz mit hinweis auf
IV 259 nie quoque inflexa fontem qui proicit urna ich empfehlen musz :
post hwnc inflexa defundit aquarius urna usw.
I 320 ff. . . Corona
luce micans uaria: nam Stella uincitur una
circulus in medio radians, quae maxima fronte
candidaque ardenti distinguit lumina flamma.
* p =s cod. Paris, nach einer collation Dübners; m s» Monacensis.
♦* M = margo im p.
Jahrbücher für class. philol. 1893 hA. 6. 27
ThBreiter: zn M&mlitiB.
neben g bat ixnr e mediu: e allein bietet radiaL es ist demnach £ia
schreiben ;
nam $tdla uincUur una
circidus^ in media radial quae maxima fronUf
wie Bentley vermutete,
I 389 fiec mintis extento sur^entetn sidera passu.
*8%trgentem sidera omnes' sagt Jacob* aber ad sidera bietet e (und
dasselbe findet dch in m und p),
I 539 ff, ipse autem quanium conuexo mundus Ol^mpo
ohtincat spatium , quantis bk sefia ferantur
finibus astra , docet ratio,
das asyndeton hat hier keine berecbtigung« ganz richtig bietet e
et quaniis.
I 557 f. nee mirere uagos partus eadem esse per astra
et mixtum ingetiti gener is discrimine faium,
der dichter wiederholt den gedanken des ersten verses im zweiten
in anderer fassnng. zu tiagos partus ist aber nicht mixtum fatum
eine Variante^ sondern was e bietet: mixtum — fctum,
I 682 proximtis hum ulira hrumalis nomine dngens
uUima dcsignat fulgentls lumina solis.
eingem schreibt Jacob nach cvWp und m {cign€ns)\ er meinte
♦ cingens
wohl cingens sei = drculus, in 1 findet sich tmgens » in g tangens.
zu Bentleys uQih^h^M gaudens braucht man nicht zu greifen: die
redite spur zeigt e tlmens (einschiebung eines n vor s findet sich in
den hss. oft, zb. II 316 uolens 1, noUns g statt uoles), es ist tu
lesen:
proximus hunc uUra hrumalis nomine lim es,
Umes ^= drculus y orhis^ vgl, v, 609. 711 usw.
I 589 f. unus ah his supcrest exiremo proximus axi
drculus austrinus^ qui stringit ä ohsidet ardos,
*ausirinus omnes* sagt Jacob, die vnlg, austrinas stützte sieb nur
auf m und p. aber e hat a strin s und erst von späterer band ist u
eingefügt, ich ziehe at/^trinas vor.
I 628 posieriora pedum ^nosurae perierit astra.
^perterÜ omnes' Jacob, die vulg, protcrit stammt aus m und p.
richtige bietet e : preterU , und so erhält Bentleys Vermutung il
bsl. bestätigung.
l 819 nuhüa cum longo cessant depuisa sereno.
dispulsa^ was nur e bietet, dürfte vorzuziehen sein.
I 842 ff. txaequai dolia ftammis
procere distenia utero pandosque capellos
mentUur.
in 843 bietet e procero (so auch l^c,) uieros (so auch gl,) spar*
iasque capeUas^ wa«i für procero distenia utero sparsasque ca-
pellas spricht.
H 9 omnis posteritas lutices in camiina df4xU.
ThBreiter: zu Manilius. 419
lances bieten alle hss. auszer e. hier steht von erster hand loHtts^
und c aus dem zweiten t änderte nij.
n 46 f. quin etiam tenebris immersum tartaron atrum
in lucem de nocte uocani,
e bietet: inmesum tartara nacta {nairä g), c und t^ r und t sind in
e unzählige mal verwechselt, seine vorläge hatte wohl: inmersttm
tartaron atra in lücem de nocie twcant.
II 171 f. tf^ capricomus et is qui intentum dirigit arcum
iundus equo; pars huic hominis ^ sed nuüa priori.
V. 171 ist lückenhaft überliefert : tU capricornus qui intentum d. a.
hat 1,. in e fehlt auch qui. die abschreiber ergänzen nun den vers
pro captu. also ui^ Ij, ut quae e; contentum m, ^t tentum p und die
bei Ellis NM. 34 genannten, ich halte die ergänzung in g et hie qui
intentum auch nur für eine willkürliche und wegen der harten eli-
sion für unstatthaft, aus e : ut quae capricornus intentumque dirigit
arcum erschliesze ich als älteste Überlieferung : ut capricornus et in-
tentum qui dirigit arcum. in v. 1 72 bietet e hominis und priori.
II 218 ff. quin etiam sex continuis dixere diurnas
esse uices casfriSy quae sunt a principe signo
lanigeri; sex a chelis noäuma uideri.
a chelis setzte Bentley für a lihris in allen hss. nur e bietet lanigeris
ex alibra (er trennt und verbindet worte nach zufall, gibt so eine
treue nachbildung einer unverstandenen vorläge*, und damit ist
a Ubra gesichert, dasz in 219 m Castoris esse uices ^ p Castoris esse
uires bieten, sei der curiosität halber erwähnt.
n 277 in tria partitus quod ier cadit angulus astra,
partüus findet sich nur in e. alle übrigen hss. haben partUur.
U 287 ff. nach aufzählung der trigona geht Manilius über zu
den quadrata:
at qtiae diuisa quaternis
partibus aequaJi laterum sunt condita ductu^
quorum designat normalis uirguta sedeSy
haece ferit libram, tortus capricornus et iUam
conspicU^ hunc aries, atque iUum partibus aequis
Cancer et hanc laeua subeuntis sidera librae.
so Jacob, musterhaft schlecht, weil er aus v^ schöpft, mit den worten
tortus capricornus soll eine anspielung auf Tiberius gemacht sein
(welche wohl?) — ähnlich soll oben 253 Tiberius gemeint sein mit
prone, iaces: wohlgemerkt, dies prowc, iaces] ist Jacobs erfindung; er-
findung ist es, dasz dort der Steinbock lu den liegenden Sternbildern-
gerechnet werde. Manilius ua. kennen nur drei liegende Sternbilder
(krebs, scorpion, fische), der Steinbock gehört zu den sitzenden (stier,
* ähnlich iät die lesart in 1 entstanden: lanigeris exaiibris. auf eine
tuno
gemeinsame vorläge deutet auch II 195. hier hat 1 ueritus, aber es ist
radiert, die vorläge gab uernis, was e allein bewahrt hat.
27*
420 ThBreiter: za Manilias.
wage, Steinbock), hält man folgende lesarten fest: 290 hec tage
ferit e m , iUum o , hinc nur e , ipsum a g 1 e , so ergibt sich
haec ^quadrdyta ferit: libram capricomus et illum
cofispicU hinc aries atque ipsum a partihus aequis
Cancer^ et hunc laeua subeuntis sidera librae.
zu ferit ist linea subject (vgl. oben 274 in tris aequalis discurrU Unea
duäus . . ä quaecumque ferit dicuntur signa trigona),
II 314 f. 52 tarnen extremum laeui primamue priaris
inter se conferre uoles,
dh. wenn Signum a signo^ non pars a parte notetur (v. 312), gibt es
fehlerhafte rechnung; statt 120^ erhältst du 150^, und diese zahl
transibit formam^ finisque sequentis consumet ductus (v. 317; wes-
halb da Jacob einen neuen abschnitt beginnt, «ist unverständlich),
wird also kein gleichseitige» dreieck geben, was soll da die dis-
ve
junction in primamue'^ 1 h^i primam . das richtige |>rimamgu«
gibt e. und so wird man auch extremem (sc. partem) schreiben
müssen.
II 375 ff. et quae succedit conexa et linea cado est,
singüla circuüu quae tantum transeat astra^
uis eius procul est,
conuexo linea cado bieten gle, das zweite ei (»= diam) stammt von
Jacob, es ist aber mit e statt quae zu lesen quia, weil die v. 360 ff.
beschriebene linie näher an die peripherie des kreises tritt, so ist
ihr (der signa exagona) einflusz auf die nativität geringer.
II 564 f. at quos adernis perfundit aquarius undis
ad pugnam Nemeaeus agit,
der gleiche anfang beider verse ist bedenklich, e bietet : in pugnam.
. II 902 f. beUaque morborum caecis pugnantia tdis
per tanta pericula mortis,
diesen halbvers verdankt man dem v', und nicht blosz Jacob, son-
dern auch EUis s. 73 rechnen ihm das zum Verdienste, woher hat
nun v^ diesen halbvers? in e findet sich vor v. 903 als Jemma
TEll TANTA PERICULA MORTIS^ , und dies stammt aus einer sehr
alten vorläge, wenn Jacob sagt : 'in 1 unius versus spatium relictum
est', so ist diesfo thatsache richtig, die sache verhält sich aber fol-
gendermaszen : auf den ersten blätteni der Leipziger hs. stehen die
lemmata in rot zwischen den zeilen, und die initiale des neuen ab-
bchnittes Ist rot nachgezeichnet, der Schreiber ist damit nicht weit
gekommen; daher sind die für Überschriften bestimmten zeilen frei
geblieben , die lemmata finden sich von junger band (saec. XIV) am
raude nachgetragen , aber als sicheres merkroal bleibt die fehlende
initiale des nächsten verses und das zeichen y am rande , hier also
hinter tdis (v. 902), v. 903 gibt ]iribus. am rande ist das lemma
nicht nachgetragen, der corrector des 14n jh. fand in dem von ihm
zu seiner correctur benutzten codex überhaupt kein lemma an dieser
stelle, nicht einmal eine lücke. hieraus scbliesze ich: die vorläge
ThBreiter: za Manilius. 421
von 1 enthielt bereits die worte per tanta periaUa mortis als lemma,
aber der Schreiber von 1, ist nicht mehr dazu gekommen die lem-
mata einzutragen, bzw. einzumalen. e benutzt die gleiche quelle und
copiert sie mit einer durch keine kenntnisse getrübten Unbefangen-
heit nun aber v^: in den bisher aus e gemachten mitteilungen wird
man keine spur einer Verwandtschaft mit e entdecken, diese Ver-
wandtschaft beginnt etwa von 11 674 und tritt dann immer klarer
hervor (674 partihus ev^, 692 inferens e v', 702 numeros ev^, 728
fulgent om. ev^, 750 cuncta om. ev^ usw. usw.). ich behaupte nun,
soweit ich aus Jacob , ferner aus den mitteilungen bei Bechert und
EUis den v^ kenne, dasz diese hs. aus zwei verschiedenen teilen be-
. steht, deren erster (etwa bis II 674) völlig wertlos ist und keine
einzige brauchbare lesart eigentümlich hat; dasz aber in dem zweiten
teile sämtliche gute lesarten des v^ sich in e bereits vorfinden , und
dasz demnach dem v^ ein eigner wert überhaupt nicht zukommt,
und um dies gleich anzuschiieszen : e stimmt, wie auch schon be-
merkt, sehr häufig mit 1^, und so mögen l^ev^ als eine besondere
familie gelten, während e immer noch manches wieder ganz für sich
hat. ich bemerke nur noch, dasz urbinas 1 u. 2 mit e eng verwandt
sind, doch dies bedarf einer weitern ausführung an anderem orte,
ni 5 f. non ego in excidium codi naseetUia heUa
fuiminis et flamtnas, partus in tnatre sepuUos.
das asyndeton ist unberechtigt, aber partusque bieten nur späte hss.
(m p). Bentley beseitigte es, indem er flamma schrieb, das richtige
a
bietet e und Ij (flammis), also: fulminis^t fl am mis partus in maire
s^puUos.
III 120 ff. quintus coniugio gradus est per signa dicattM,
et socios tenet et comiieSy hie hospUis una
iungitur et simüis coniungens foedus amicos.
e ten>€it committem hospitiSy v^ comitem^ womit freilich nichts zu
machen ist. iungitur haben alle hss.; dafür schreibt Bossberg j>an-
gitur, Ellis ducitur] ich empfehle icitur {foedus), so miszt auch
Lucretius.
III 127 septima censetur saeuis horrenda peridis,
censetur finde ich nur in e und m. alle übrigen hss. haben censentur.
III 323 ff. at simul ex iUa terrarum parte recedaSy
quidquid ad extremos temet praeverteris axes
per conuexa regens gressum fasiigia terrae —
328 ergo uli conscendes orhem scandensque rotundum
degr ediere simul ^ fugiet pars altera terrae,
die Überschrift des abschnittes (vor v. 301) ist de indinationihus
mimdi, von 304 bis 322 werden die erscheinungenau f dem äqualer
behandelt; von hier aus wandert der beobachter zu den polen hin.
in 324 ist ad extremos bezeugt durch IjCv^gj; ah extremo g] und
die jungem von c an , aber axe haben alle (auch 1 nach meiner ver-
gleichung). regens stammt von Jacob , trahens setzte Bentley ein.
422
ThBreiter: zu Manilias*
1 bat graäum gressum , gc v^ m p gradtis gressum* aber e gibt grauis
gressum und so wobl auch v^ (EUis 3. 90). endlich findet sich
fastigia zwar in ev'^c; aber das richtige uesilgia haben g (trotz
Thomas — ich habe bei wiederholter vergleich ung nur ucstigia ge-
funden) und 1, auch mp. der beobachter wendet sich vom Äquator
zu den polen, auf der Oberfläche der kugel steigt er an — per con-
uexa uesiigiu terrae — das ermüdet — aber gleichzeitfg steigt er ab
(329), diesen sinn trifft Bentleya (rahcns gressum. andere answege
zählt Elliß auf ä. 91. ich empfehle:
quidquid ad extremes iemet praeuerteris axes
per conueza graul gressu uestigia terrae — -,
III 332 et modo quae fuerant surgentia Umite rccto.
so mpb und ox» die altern: limiiet odo {limifis odo g), die quelle
der corruptel zeigt e limiter actoi und dasz dies auch v^ hat, sagt
Elliss. 91,
IV 490 damnanda est dedmae succeäens pnma peradae
tertiaqtie et quinta et numero quae condUa nono est.
statt quinta est und non est in den übrigen hss. bietet e quintu e nu-
meroque condUa nono — was flir et numero quae condUa nona est
Bprieht,
IV 742 d certis descripta nitent regionibtts astra*
rtiiünihis im v"' geht zurück auf recionibus in e, und daraus ent-
wickelt sich rationibus in den übrigen hm, (seihst in g und 1). da-
neben bietet aber e discripta, und dies hattei so scheint es mir, auch
1| (es ist da corrigiert), dtscribere bietet aber e aUein auch V 670
discribitur usus und V 734 per ingentis populus discribUur orbes*
IV 759 Phrggia, Nemeaee ^ potiris.
die form potiris habe ich bereits früher beanstandet, g h&i potiri^
und dasselbe steht in e, aber potiri bietet auch 1^ da c^tand poAiri'i
von zweiter haud ist ein s zugesetzt, aber man bieht hinter dem f
das punctum am s noch Vorscheinen; aUo die älteste Überlieferung
spricht nur für potiri, potiris beginnt mit cod. c.
IV 933 f. ne dubites homini dimnos credcrc uism:
iam facit ipse deos mittüque ad sidera flauten.
/ t
facis bietet e (1 facis)y daraus macht v^ fatis. aber e bietet aaeb
mittisque. die zweite person ist hier gan« angemessen, der dichter
redet seine römischen leser in dem ganzen abschnitt an» dessen
thema nach g und e ist: fatorum rationem perspici posse (1 $110111
poBsim' fatorü raiione pspkerey
V 221 ff, irarumque dabit ftetm odiumque mäum<iue
totius uulgi. praecun^nt uerba; loqucntis
ante os est animus. f^c magnis concita causis
cor da mtcant et lingua rabä latratque hqumäOi
morsibus et crebris denies in uoce reiinquU.
e bietet procurrunt^ eine gute lesart; er gibt rabit mit v^ und 1,,
während alle Übrigen rapit bieten (oben v. 208 haben ev* ropel«
ThBreiter: za Manilius. 423
1 rapide g c rapit), wunderlich ist dentes in uoce relinqmt^ denn eine
metapher wird man nicht wohl darin finden dürfen. Firmicus um-
schreiht die stelle: {hdbent) uocem uero crescentihus {hiscentihns?)
faucilms ccmum latratus imitantem ita ut saepius impetu d furore
commoti aut dentes quatiant aut attritos semper exacuant. da
g reliquU bietet^ empfehle ich relidit zu lesen (dentes in uoce rdidit
B» ^läszt die Zähne ertönen, knirscht beim sprechen').
V 260 f. caeruleumue öleis uiridemue in germine coUem
conseret,
caeruleumque foliis e v^. okis hat m {cerüleutn f öleis). aber merk-
würdig ist es, dasz Jacobs coniectur germine statt gramine in e sich
vorfindet.
V 327 ff. qua quondam sonüumque ferens Oeagrius Orpheus
d sensus scopülis d siluis addidit aures
d Diti lacrimas et morti denique finem,
dem gesetze der concinnität entspricht Bentlejs Änderung men-
temque feris : hsl. beglaubigt ist aber somnumque für sonitumque (so
* sdnumq,
Ellis 8. 183). schon c bietet sonum statt sonitum^ 1 sonitumque,
e endlich somnumq.
V 684 ff. die anläge eines salzteiches schildert Manilius an-
schaulich :
et ponti secernere uiruSy
cum solidum certo distendunt margine campum
adpelluntque suo deduäum ex aequore flu>dum
daudendoque regunt; tum damnum susdpit unda
aeris d posito per solem humore nitescU.
hier bietet e wenig abweichendes von g (discendant — ad beUumq,
— didudum d — negant — demum — u/ndas) ; er hat aepad ponto
i i
(g Aepa et, ebenso l, a pa c, area tum pontus mp). nicht annehm-
bar ist tum demum suscipit undas area (Rossberg): das wasser ist
schon zugeleitet, dann erst wird der teich gegen das meer abge-
schlossen, V. 686 f.; nun musz die luft und die sonne wirken, aber
epoto schreibe ich gern mit Kossberg (vgl. Plinius n. h, XXXI 73. 74),
und die beiden verse so: cLaudendoque rigant (sc. campum, halten
das feld unter wasser); tum demum susdpü unda \ aä'ra et epoto
per solem umore (so e) nitescit.
V 691 f. pdagique uenenum,
quo perit usus aquae,
die lesart der alten vorläge qtu>d erit (mit willkürlicher trennung
der Worte und Verwechslung von P und D) haben e und v' ; schon g
,e.
hat quodq. erü, c qtt qrit, m und p quodque erat, während 1 noch
quod erit bietet.
Hannover. Theodor Breiter.
424 WSterokopf : aber zwei briefe Ciceroa aa C« Trebonius.
ÜBER ZWEI BRIEFE CICEROS AN C. TREB0NIÜ8.
Von den vier aus der corresponden^ zmscben Cicero und C. Tre-
boDius erhültenen briefen — epiM, X 28. XV 20. 21 : Cicero an
TreboBiüsj XII 16: Trebouiub an Cicero — ist einer, der des TrB-
bonius^ am Bcbtusge datiert; ein zweiter, epist, X 28, gebort un-
streitig dem febrnar des j. 43 an; die beiden briefe des XV buobes
aber bedürfen erneuter unters ucbung. zwar setzen die bgg* über-
einstimmend brief XY 20 in den mal 44 und brief XY 21 an das
ende des j. 47 \ docli bat Ruete in seiner die briefe der jähre 44 und
43 behandelnden diss, (die correspondenz Ciceros in den jähren 44
lind 43, Marburg 1883) süllschweigend jenen auszer betracbt ge-
lassen, und diesen mui>te ich in meiner programmabh., die sieb
mit den briefen der jähre 48 und 47 beschäftigt (Dortmund 1891),
gleichfalls von der bebandlung auBächliesi^en. indem ich nun die
zeit dieser beiden briefe richtig zu be^itimmen »uchte, ergaben sieb
mir historische resultate, die wichtig genug schienen, um sie an
dieser stelle zu veröffentlichen,
Kacb brief XV 21 hat Cicero vor kurzem von dem in der ge*
scbichte als Caesarianer und Caesarm(jrder bekannten C. Trebonius
einen freondschaftlicben brief und ein buch zugewandt bekommen ;
das bitch enthielt eine ^amlnng von witzwortun Ciceros, die Trebo-
nius mit ges^chniaek und aus wähl zusammengestellt und mit den
nötigen erlenterungen versehen hatte. Cicero dankt in seinem schrei-
ben für das buch und beantwortet den brief. dabei wird deutlich,
duhz die seuduDg von Trebonius aufgegeben wurde, als er unmittel-
bar vor einer reise statidr vgl. § 1 ei cpistulnm iuam legi Ubefüer et
lihrum libentissime ; sed kirnen in ea voluptate hunc accepi dolorem^
quadf cum incendisses cupidi(a(em meam consuetuäinis äugendem
nostrae — nam ad amcrem quidt-m nihil poterat acccdere — tum
discedis a no6i«usw. daher ist piceros brief zugleich ein abächieds*
schreiben: rdiquum est^uttuamprofectionem amore proscquar^
reditum spe exspedemj absentem memoria coUxm usw, (§ 5).
Nun steht in § 2 — Cicero zählt daselbst alle liebesbeweise
auf, die er bisher von Trebonius empfangen — : nam ut illa amU'
/ow, quae dvitatc teste fedsti^ cum mecum inimicitias cümmunuiaviiH^
cum me c&niionibus tuis defendisii . ,^uthaecrcceni%a, quae memt-
nero semper, ohlimscar^ quae tua scUicitudo de me in armis^ quae
laetUia in reditu^ quae cura, gui dclor^ cum ad te curae et dohres mei
perferreniur^ Brundisium denique te ad me vtnturum
fuisse^ nisi subita in Bispäniam misauß eases; ui haee
igUur omUiam . . Über iste, quem mihi miaisti^ quaniam habä dedet'
faiiomm amoris tuif also unter den haec recentia wird ah jüngster
liebe« beweis aufgeführt die absieht des Trebonius nach Brundisium
- W Sternkopf : über zwei briefe CiceroB an C. Trebonias. 425
zu kommen, die aber durch seine plötzliche Sendung nach Spanien
vereitelt wurde, man meint demnach, dasz dies die reise ist, von
der in § 1 und § 5 gesprochen wird, es würde dann also unser,
brief mit dem antritt dieser reise gleichzeitig sein.
Wir lassen zunächst unerörtert, ob die in § 2 erwähnte Sendung
nach Spanien mit der in § 1 und § 5 angedeuteten reise identisch
ist^ und fragen: was war das für eine mission, die Trebonius ver-
hinderte Cicero in Brundisium zu besuchen, wo dieser sich von ende
706 bis gegen ende 707 aufhielt? Trebonius war im j. 706 praetor
urbanus ; nach seiner praetur wurde er von Caesar zum nachf olger des
Q. Cassius Longinus in Spanien ernannt; wir wissen mit Sicherheit,
dasz er im anfange des j. 708, während des africanischen krieges,
in seiner proyinz war. offenbar ist es also der abgang des neu er-
nannten Statthalters in seine provinz, der mit den worten subito in
Hispaniam missus bezeichnet wird, es fragt sich nun, wann dieser
abgang erfolgte, die ansichten der gelehrten differieren um. ein jähr:
nach Drumann und Mommsen trat Trebonius sein amt im winter
47/46, nach Lange und andern im winter 48/47 an. Judeich (Caesar
im Orient, Leipzig 1885), der die frage neuerdings eingehend unter-
sucht hat, entscheidet sich mit guten gründen für den winter 48/47.
wenn die sache hier nochmals erörtert wird, so geschieht dies, weil
ich die controverse durch einen zwingenden beweis endgültig er-
ledigen zu können glaube.
Sicher ist folgendes: 1) Q. Cassius war nach dem 9 sextilis
706 noch in Spanien, denn er erhielt hier die nachricht von der
Schlacht bei Pharsalus (h. Alex. 56). 2) C. Trebonius war im j. 706
praetor urbanus (Caesar b. c. III 20); sein amt lief also erst am
'29 december 706 ab, und jedenfalls war er ende november 706 noch
in Rom {ad Ait, XI 6, 3). 3) Trebonius wurde von den spanischen
truppen verjagt, als die nachricht von Caesars sieg über die Pom-
pejaner in Africa nach Spanien gelangte (Cassius Dion XLÜI 29, 3),
also etwa im juni 708. 4) Trebonius kam bei beginnendem
winter in Spanien an; denn nach b. Alex, 64 verteilte Cassius auf
die nachricht von seiner aukunft die truppen indiewinterquar-.
tiere, eilte nach Malaca, gieng dort adverso tempore nauigandi zu
schiffe und fand, progressus secunda^ ut hiberna^ tempestate, cum
in Iberum flumen noctis vitandae causa sc conttUisset, in den wogen
seinen tod.
In die zeit von ende 706 bis etwa juni 708 fallen zwei winter;
aber man würde irren, wenn man den beginn dieser beiden winter
auf ende 706 und ende 707 setzte, denn die jähre d. st. 706 und 707
entsprechen nicht genau den julianiscben jähren 48 und 47. der
1 Januar 707 ist gleich dem 23 october 48 ; folglich fällt der beginn
des ersten winters (48/47) in den anfang des j. 707, etwa in den
februar («= 21 nov. bis 18 dec. jul.). der 1 Januar 708 entspricht
dem 13 october 47; folglich fällt der beginn des zweiten winters
(47/46) in den anfang des j. 708, ebenfalls etwa in den februar
WSternkopf : über zwei briefe Cicero« an C. Trebouius.
(s=a 11 nav* bis in den dec. jul.).' Trebonius ist also entweder gegen
februar 707 oder gegen februar 708 in Spanien angekommen.
Nun etebt aber fest» dasz bei der ankunft des Trebonius der
Statthalter von Hispania citerior, M. Äemillns Lepidus, nocb in
Spanien war (Jb. Alex. 64). ebenso steht fest, dasz Lepidus am
1 Januar 708 sein consiilat antrat (Dion XLIII 1). er war aus
Spanien zurückgekehrt und hatte in Rom triumphiert; dann war er
mit Caesar zum consul gewählt worden, dicäe wähl hat in einem
der drei letzten monate des j. 707 stattgefunden, jedenfalls vor dem
17 december: denn an diesem tage traf Caesar bereits in Liljbaeuuj
ein (b* Afr, 1). daraus folgt dasz Lepidus spätestens ende 707 aus
Spanien zurückkehrte; dann war er aber im anfaugdea winters 47/46,
dht im februar 708 , nicht mehr in Spanien, Treboniujä musz also
im w int er 4rH/47 dorthin gekommen sein.
Dies wird bestätigt durch unsem brief. wenn es in demselben
heiszt, Trebonius sei durch seine plötzliche ab Ordnung nach Spanien
verhindert worden Cicero in Brundisium zu besuchen, so ist klar^
dasz er zu einer zeit abgieng, als Cicero noch in Brundisium wa
dieser verliest Brundisium im September 707: am 1 october 707^
schrieb er bereits de Venusino (ep. XIV 20). Trebonius ist folglich
zwischen dem 1 Januar — als dem ersten tage nach ablauf setnef
praetur — und ende september 707 abgereist, dh, juliöDiBch zwischen
dem 23 october 48 und dem 15 juli 47. er ist angekommen in
Spanien im winter. folglich musz seine abreise in den an fang
dieses Zeitraums, in den januar 707 = oct./nov. 48, gesetzt wer-
den: denn sonst kam er nicht im winter in seiner provin^ an. selbst
wenn wir den fiuszersten termin nehmen , ende September 707 =
mitte juli 47, so muste Trebonius doch noch im aommer oder spftte-J
stens frühherbst nach Spanien gelangen , man milste denn glauben'if
er habe mehr als 4 monate für die reise gebraucht. Trebonius reist
also unmittelbar nach ablauf geiner praetur , im januar 707, ab|^
wozu das subito misms vortrefflich passl. dasz diese pK^tzliche ab«
Sendung dnen besuch in Brundisium binderte, hat nun im streng*
sten sinne seine richtigkeit: bis zum 29 december 706 war Tre*
bonius praetor und durfte die stadt nicht länger als auf 10 tage
verlassen, was für die hin- und herreise von Bom nach Brundisium
nicht reichte; im januar 707 kam die ordre Caesars hemmend da-
zwischen.
Kehren wir nun zu der frage nach der abfassungsieit unsere
briefes zurück, die bgg. setzen ihn in den december 707, weil si«
' die angeg'ebenen daten für die jithrnnfünge aind sicher, das j. 70S,
in welchem die julianiscbe ausgkicbang erfotg-te, hatte bekaunÜich
446 tufEc; ii!iß anfitng reicht atso um 80 tA^e über du« jutlanisch ge*j
rechtiet« JÄlir 46 zurück« dh. fallt suf den 13 october 47. dns 355tiigigf
j&hr 707 begJinn demnneh am 23 oct, 48. wintersAnfiiiig liel übrigen
nach der anoetzun^ in Cae&nrs kalender^geiuiu auf eleu 11 novemberi
diesem datum ciitsf>rJich im j. 707 der £0 junuar, im j. 706 der 1 febmarJ
WStemkopf : über zwei briefe Ciceros an C. Trebonias. 427
Yon der irrigen ansieht ausgehen , Trebonius sei im winter 47/46
(also anfang 708) nach Spanien gelangt, wir wissen jetzt, dasz Tre-
bonius von anfang 707 bis gegen juni 708 Statthalter in Hispania
ulterior war: jene ansetzung des briefes ist also sicher unrichtig,
war es der abgang des Trebonius in seine provinz, der unsern brief
veranlaszte, so gehört dies schreiben in den januar 707.
Nun erheben sich dagegen freilich gewichtige bedenken, im
Januar 707 sasz Cicero ganz verzweifelt in Brundisium , ohne einen
aus weg aus seinem elend zu sehen, so dasz er sogar den tag ver-
fluchte, an dem er geboren war {ad AU. XI 9, 3, geschrieben am
3 Jan. 707). war es nicht abgeschmackt von Trebonius, ihm in dieser
zeit eine samlung seiner eignen witze zu übersenden? und ist es
wohl denkbar, dasz Ciceros in fast behaglichem tone gehaltene ant-
wort in diese zeit gehöre, wo er an Atticus so verzweifelte briefe
schrieb? es ist schwer zu glauben, selbst wenn man noch so sehr
berücksichtigt, dasz es ein Caesarianer ist, an den Cicero schreibt,
das war denn wohl auch mit ein grund , weshalb die hgg. den brief
lieber dem ende des Jahres zuwiesen, wo Cicero aus seiner pein-
lichen läge erlöst war. indessen dieser ausweg ist abgeschnitten:
der brief gehört entweder dem januar 707 an, oder er hat mit des
Trebonius reise in seine provinz Spanien überhaupt nichts zu thun.
und alles wohl tiberlegt wird wohl das letztere der fall sein, es
nötigt nichts dazu anzunehmen, dasz die reise, von der Cicero in § 1
und am Schlüsse des briefes spricht, identisch sei mit der sendung
nach Spanien, deren er in § 2 gedenkt, war sie das aber nicht, so
gehört diese reise und mit ihr unser brief in eine beträchtlich
spätere zeit: erst nach seiner Vertreibung aus Spanien, die, wie wir
sahen, etwa in den juni 708 fUllt, kann Trebonius diese neue reise
angetreten haben, welchen zweck sie hatte und wohin sie gieng,
geht aus dem briefe nicht hervor, genug, sie fällt nicht ins j. 707,
sondern frühestens 708, vielleicht noch später.
Es ist nicht viel, was wir über Trebonius aus der zeit erfahren,
die auf seine spanische Statthalterschaft folgte, indessen hören wir
doch noch von zwei reisen, die er von Rom aus antrat, die letztere
derselben — zugleich die letzte für Trebonius — ist die nach Asien
im j. 44. im october 45 war er consul geworden; bald nach der er-
mordung Caesars begab er sich in die ihm noch von diesem be-
stimmte provinz Asia. schon im april 44 schreibt Cicero {fld AU-
XIV 10, 1): itane vero? hoc mcw5 et iu/us Bruiusjegit . . ut Trebo-
nius itinerihus deviis profidsceräur in provindam? — und am 22 mal
kam er in Athen an {^ist. XII 16, 1). natürlich kann unser brief
sich auf diese reise nicht beziehen: unmöglich kann Trebonius in
der zeit der aufregung und Verwirrung, welche zunächst auf die iden
des märz folgte, jene witzsamlung verfaszt und Cicero überreicht
haben (wenn er auch auf der fahrt nach Athen bereits wieder musze
zu etwas derartigem fand, ^ist, XII 16, 3); und ebenso wenig kann
Ciceros brief so bald nach Caesars ermordung geschrieben sein; es
428 WSterukopf: ober awei briefe Ciceros an C. Trebonia«,
würde dann nicht jede spur emer anspielung auf diesig ereignl»
fehlen*
Aber wir wissen, wie gesagt« noch von einer andern reise, einer
reise nach Spanien, nach Cic. Phil II 14, 34 war es in Narbo, wo
TrebüDiud im j. 709 mit Antonius über eine Verbindung gegen
Caesar verhandelte, Druraann GR. III 716 läszt, um dies Zusammen-
sein der beiden Caesarianer in Narbo zu erklären, den Trebonius
mit Antonius und vielen andern im seitilis 45 nach Gallien^ reisen,
um Catsar nach dem f^paniscben kriege zu empfangen, dies ist jeden-
fallä unrichtig. Antonius trat, wie Drumann I 76 richtig angibt»
zweimal eine rei^e nach Spanien an: das er^te mal, um noch am
kriege teil zn nehmen; da^j zweite mal, um den sieger zu empfangen
(Plut. Ant. 10, IL 13 unterscheidet die zeiten nicht j er läszt An-
toniusi beide male dem sieger entgegengehen), das erste mal er-
reichte er sein ziel nicht, angeblich weil die wege unsicher waren;
er hielt sich eine Zeitlang in Narbo auf und kehrte von dort nach
Rom zurück (Cic. PhiL II 30, 75 f). wie weit er das zweite mal
gekommen Ist, erfahren wir nicht: es heiszt Phil. II 32, 78 nur;
C. Cae^ari ex Hispaniu rcdeunti obiiam longissime processistu ob er
aläo auf dieser zweiten reise in Narbo gewesen ist, steht ganz dahin;
es liegt also doch am nächsten anzunehmen, dasz jene Verhandlung
während seiner ersten reige vorfiel, wo er nacbweiälich längere zeit
in Narbo war (PiuL Ant. 13 ist aus dem oben ange Ehrten grnntle
nicht entscheidend), auch im übrigen Ist es wahrscheinlicher : zur
zeit der ersten reise war Antonius notorisch mit Caesar in einem
gespannten Verhältnisse, wie denn dies auch wohl dazu beitrug,
da&2 er nicht ins kriegslager gelangte; bei der zweiten reise suchte
er die aussöhnung mit dem sieger, die aach sofort erfolgte (Cic.
phu. n Qo.).
Die erste reise des Antonius musz ende 708 oder anfang 709
angetreten worden sein; Caesar selbst war ende 708 lum kriege auf-
gebrochene die Schlacht bei Munda fand am 17 mitrz s^tatt, in den
anfang des j. 70U wird also auch die Verhandlung in Narbo fallen.
nun fragt es sich: wie kam Trebonius nach Narbo? Trebonius war
aus seiner provinz Hispania uUerior vertrieben worden, als die
boldaten erfahren hatten töv T€ CKtniwva dTTOXujXÖTa Km t6v
Aibiov ^nmX^OVTd C(pici. Didius wurde von Caesar nach Spanien
geschickt mitte juni (nach dem 15) 708, wie aus Dion XLIII 14
vgl. mit h, Afr, 98 her vorgebt, seine Vertreibung wird also noch
in den juni 708 fallen, anfang 709 finden wir ihn nach dem obigen
in Narbo. es wäre nun möglich, dasz er sich in der zwiscbenteit
etwa in Hispania citerior oder in Gallien aufgehalten hätte; jeden-
falls sagt uns kein beriebt , dasz er nach Born zurückgekehrt war«
wenn Drumann ihn von Rom nach Narbo reisen läszt, so ist das
eine Vermutung, für die er den beweis ^chuldig geblieben ist. die
Vermutung ist aber richtig, und der beweis für ihre richtigkeit läsit
Äich führen.
W Sternkopf : über zwei briefe Ciceros an C. Trebonius. 429
Zu 'diesem zwecke ist aber erst eine chronologiscbe Unter-
suchung über epist. XV 20 anzustellen, dieser brief , ebenfalls an
Trebonius gerichtet, wird von den hgg. in den mai 710 gesetzt,
also in die zeit, wo Trebonius sich auf der reise in seine provinz
Asia befand, es ist merkwürdig « wie sich dieser irrtum bis heute
hat erhalten können, doch nein , Ruete (s. o.) hat ihn offenbar be-
merkt, da er den brief m seiner arbeit stillschweigend übergieng.
indessen ist meines wissens der brief bisher noch nicht richtig datiert
worden, die hgg. sind irre geführt worden durch den satz in § 2 :
quamquam duae causae sunt^ cur tu frequentior in isto officio (nem-
lich lüterarum mittendarum) esse deheas quam nos:primum qtiodoUfn
solebantj qui Bomae erant^ adprovinciales amicos dere publica
scribere, nunc tu nobis scribas oportä, res enim publica istic est;
deinde usw. zu den worten res enim publica istic est führt Schütz
die erklärung des Manutius an: *in vobis rei p. liberatoribus, te,
Cassio, M. ed. D. Brutis, quibus provinciäs senatus decreverat. nam
in urbe dominantibus consulibus Antonio et Dolabella res p. non
esse videbatur.* da Trebonius als provincialis amicus bezeichnet
wird, so deutete man dies auf seine provinz Asia; und da es in § 3
heiszt: nunc haec primo cupio cognoscere : iter tuum cuius modi
sit^ ubi Brutum nostrum videris, quam diu simul fueris; deinde
cum processeris longiuSy de bellicis rebus, de toto negotio, ut
eodstimare possimus , quo statu simus^ so muste er sich auf der reise
dahin befinden, so kam man auf den mai 710: denn am 22 dieses
monats gelangte Trebonius nach Athen.
Dagegen ist zu sagen:
1) Wie kann Cicero fragen: ubi Brutum nostrum videris^ quam
diu simul fueris? dasz M. Brutus bei Lanuvium gesehen worden
sei, hatte Cicero bereits am 15 april gehört {ad Att, XIV 7, 1); am
19 april weisz er^ dasz jener in Lanuvium ist und dasz Trebonius
sich üineribus deviis in seine provinz begibt {ad Att. XIV 10, 1);
Brutus war ende mai noch in Lanuvium, im juni in Antium, im
juli auf der insel Nesis bei Puteoli. wie kann also Cicero den Tre-
bonius fragen, wo er Brutus gesehen? waren die beiden etwa von
Kom bis Lanuvium zusammengereist oder hatten sie sich in Lanu-
vium gesehen, so konnte das Cicero viel besser von Brutus, der in
seiner nähe war, erfahren als von- Trebonius, der nach Asien reiste,
in der that ist er ja auch seit mitte april über den aufenthaltsort
des Brutus unterrichtet, braucht also im mai nicht mehr zu fragen,
wo Trebonius ihn gesehen. (anD. Brutus kann man gar nicht denken;
der reiste im april von Rom in seine provinz Gallia cisalpina, ad Att.
XIV 13, 2.)
2) Wie kann Cicero im mai 710 an Trebonius schreiben: res
enim publica istic est? war Trebonius der staat? waren nicht
Brutus und Cassius in Italien ? und was war das für ein krieg, über
den Trebonius' berichten sollte, wenn er weiter vorgerückt war?
damals war noch keiner, und Cicero will danach beurteilen, quo
130 WSternkopf: über twei briefe dceros an C. Trebonias,
statu simtisl damals wurde der Status omnium rerum noch durch
die römischen vorginge bedingt, wie kann also Cicero weiter schrei*
ben: ego tatüum me scire putaho^.quantum ex tuis liiieris hahebo
eogn'dum ?
3) Am anfange des Briefes steht: Oratorem meum~sic enim
inscripsi — Sabine tuo commendavi] sollte Trebonins 710 noch
nicht gewuüt habeu , wt^chen titel das buch hatte» das Cicero 708
bekannt machte {epist. XII 17, 2. VI 18, 4)? man sieht^ fragen in
menge, deren beantwortung unmöglich ist, wenn der brief in den
mai 710 gesetzt wird, alles aber wird klar, wenn man ihn auf die
reise bezieht, auf die er bezogen werden musz, auf die reise des
Tiebonius nach Spanien ende 70H oder an fang 709. denn 1) auf
dieser reise muste Trebonius durch Gallia cisalpina, welches 708
und noch die ersten monate 709 von M. Brntus verwaltet wurde
(Drumann IV 27). nach ihm also erkundigt sich Cicero (vgb od Att,
in 14, 4. 19, 3. 27^ 3). 2j die worte res enim publica istic est sind
klar: Trebonius reiäte nach Spanien zu Caesar« der krieg, Über
den er berichten soll, ist eben der spanische, dessen ausgang man in
Korn mit der grösten Spannung erwartete (vgK ad Alt, XII 7, K 8,
23, 1, epist. VI 1, 2. 2» 2. 3, 2. 18, 2. 21, 1. XllI 16, 3. XV 17, 3.
18» 2)* 3) es ist verstSndUch, wenn Cicero ende 708 oder anfaag
709 dem Trebonius ein exemplar seines vor wenigen monaten be-
endigten Orator nacbechickt: die abschreiber sind damit fertig, und
Cicero ist über den titel schlüssig geworden: sie enim inscripsi* vgL
aus derselben zeit epist, VT 18, 4.
Es kann demnach kein zweifei mehr sein , dasz unser brief an
den nach Spanien reisenden Trebonius gerichtet ist; darum heiszt
er pr&vincialis amicu^^ wenn es auch nicht oder nicht mehr seine
provinz ist, in die er reist, der s atz j>rtmtim , quod olim sokbant^
qui Ilomae erant, ad provinciaks amiccs scribere usw. beweist,
dasz Cicero in Rom war, als er schrieb, die zeit ist entweder ende
708 oder an fang 709* Trebonius musz also im lanfe des j. 708 aus
Spanien , wo man ihn vertrieb, nach Rom gegangen sein, von wo er
dann nach Caesars abmar^ch abermals nach Spanien sich begab»
Nun können wir zum ausgangspunkt dieser Untersuchung zurück-
kehren. Cicero ächickte also den eben behandelten brief XV 20 dem
auf der reise nach Spanien befindlichen Trebontui?> nachj wie, wenn
er ihm bei der abreise den brief XV 21 geschrieben hätte, der
in das j, 707 so schlecht passt? in der that, wenn man sich mit
den bedenken, die gegen die abfasüung dieses briefes im Januar 707
sprechen^ nicht abfinden kann — und ich gestehe, ich kann es nicht
— so bleibt keine andere wahL und ich sehe nichts was aiob mit
grond gegen diese ansetzung einwenden liesze.
Cicero nennt dann allerdings ende 708 die ereiguisse von ende
705 bis anfang 707 haec reccntia; ?gb % 2 ui liaec recentia , . öWi-
viscar, quac tua sollicäudo de me in armis {= ende 705 bis august
706), quae laetUia in reditu (— oct. 706), quae cura^ qui dolor, cum
WStemkopf: über zwei briefe Ciceros an C. Trebonios. 431
ad te curae ä dolores mei perferrentur (ende 706); Brundisium de-
nique te ad me ventumm fuisse, nisi subito in ffispaniam missus
esses (anfang 707). aber dies sind recentia im gegensatz zu den Tor-
her erwähnten geächehnis&en aus dem j. 694 {cum tribuno plebis
guaestor non paruistf). es liegt darin also gar nichu auffälliges.
man vgl. epist. XIII 17, 1, wo es von M/ Curius hei^izt: nam et amt-
eitia pervetus mihi cum eo est^ ut primum in forum venit, instituta^
et Patris cum aliquotiens antea (zb. 50), tum prozime hoc miser-
rimo bello domus eius tota mihi patuit, dieBproxime hoc miserrimo
beüo bezieht sich auf sept. 706, und der brief ist im j. 708 ge-
schrieben.
Nehmen wir aA, dasz Trebonius etwa im quintilis 708 nach
Rom zurückgekehrt war, so bleibt in diesem 15 monate langen jähre
(nach dem november wurden noch zwei scbaltmonate eingeschoben)
zeit genug für die anbahnung eines vertraulichem Verkehrs zwischen
Cicero und Trebonius, sowie für die ab fassung jenes werkchens über
die witze Ciceros. in diese zeit passt in der tbat ein solches werk-
chen ganz gut. es hat nichts anslösziges für Cicero , der sich in die
Verhältnisse gefunden hat, nichts für Caesar, der seit Thapsus der
herr ist. in dieser beziehung verdient eine stelle aus einem briefe
an Paetus {epist, IX 16, 3 f.), der in den quintilis 708 gesetzt wird,
angeführt zu werden: de lüo autem^ quem penes est omnis potestas^
nihil Video quod timeam , nisi quod omnia sunt incerta . . sed tarnen
eius ipsius nuUa re a me offensus est animus: est enim adhibita in ea
re ipsa summa a nobis moderatio; , . effugere autem si vetim nonnüUo-
rum acute aut facete dictorum famam, fama ingenii mUii est abi-
cienda, quod, si possem, non recusarem; sed tamen ipse Caesar habet
peracre iudicium, et . . audio Caesarem, cum volumina iam confecerit
d7tog>&€yfjLccT(ovj si quod afferatur ad cum pro meo , quod meum non
sU, reicere solere; quod eo nunc magis facit, quia vivunt mecum
fere cotidie illius familiäres; incidunt autem in sermone vario
mtUta, quae fortasse iUis, cum dixi, nee inlitterata nee insulsa
esse videantur ; haec ad illum cum reliquis actis perferun-
tur — ita enim ipse mandavit — ; sie fit, ut^ si quid praeterea de me
audiat^ non audiendum putet. hier sieht man also, dasz Cicero in
dieser zeit sich wieder auf witzigen bemerkungen betreffen liesz und
dasz die Caesarianer dieselben colportierten. das mag Trebonius zu
seinem werkchen angeregt haben.
Endlich: Cicero stellt in unserm briefe die Übersendung dieses
büchleins als einen ganz hervorragenden liebesbeweis des Trebonius
dar: § 1 nam ad amorem quidem nihil poterat accedere . . nuUam
enim apud me reliquisti dubitationem, quantum me amares'^ § 2 Über
iste quem mihi misisti quantam habet dedarationem amoris iuif
§ 3 cum vero ea quae scriptura persecutus es sine summo amore cogi-
tare non potueris, non possum usw. nun lesen wir in XV 20, 2: fu,
mi Treboni, quoniam ad amorem meum aliquantum discedens addi-
disti] beziehen wir dies auf XV 21, so ist discedens nicht *durch deine
432 JLange: zu Plautus [Stichus 145 f.].
abreise', sondern *beim abschied', und Cicero weist dann noch ein-
mal auf die dedication zurück , die er bereits in XV 21 so über-
scbwSnglicb gepriesen hatte.
Als Trebonius ende 708 oder anfang 709 abreiste, befand Cicero
sich auf einem seiner landgttter; hier hatte er die Sendung des Tre-
bonius erhalten, und von hier schrieb er ihm den abschiedsbrief
XV 21.' er kehrte dann nach Rom zurück und schrieb nicht lange
nachher XV 20.
* ist der brief richtig^ datiert, so braucht der dichter Calvus (s. § 4)
nicht schou im j. 707 gestorben zu sein.
Dortmund. Wilhelm Sternkopf.
(25.)
ZU PLAUTUS.
Stichus 145 f. liest man in der ausgäbe von Götz gemSsz der
hsl. Überlieferung:
curate igitur familiärem rem, üt potestis, öptume.
IT nüncplaces, quom riete monströs: nunc tibi auscuUdbimus.
bedenklich scheint mir hier die Verbindung der werte tU potestis
optume zu sein; dieselbe wird sich schwerlich sonst bei Plautus nach-
weisen lassen, in diesem falle verlangt bekanntlich der lateinische
Sprachgebrauch in der regel nicht ut^ sondern quam, wie Ter. Eun.
74 f. quid agds? nisi ut teridimas captum quam queas \ minumö,
aus dieser ungewisheit hilft uns jedoch, wenn ich mich nicht irre, der
vergleich mit einigen andern Plautinischen stellen leicht heraus : vgl.
Merc. 224 nS te opprimeret inprudeniem atque ikdaret. \ öptume.
Stich. 668 f. proin tu lauare pröpera. IT lautus sum. IT öptume: \
sequere Srgo hac me intro. Amph. 965 hdbui expurigdtionem: facta
pax est. ^ öptumest. Capt. 706 nunc falsa prosunt. T dl tibi oh-
erunt, [f öptume st, Asin. 785 ff. membri commoueat quicquam in
tenehris, ^ öptumest*:\ita scilicet fhäüram. in allen diesen stellen
wird mit optume (optumest), das am ende des verses steht, eine neue
person redend eingeführt, und wir können daraus mit ziemlicher
Sicherheit schlieszen, dasz auch in unserer stelle die worte folgender-
maszen zu verteilen sind:
curate igitur familiärem rem , üt potestis. T öptume.
nunc places^ quom ride monstras: nunc tibi auscuUdbimus,
* 80, nicht op(umum$t, ist ohne zweifei ancli hier mit DE (B hat
opiüxt) zu lesen: denn dafls ein ndverbinm, nicht ein adjectlTiun in
derartifiren fällen verlangt wird, ersieht man am besten ans Capt. 698 f.,
wo ich mit Fh>ckeiäen lese: m^us iodatit Philocraies \ in Übertatest äpud
patrem in patrid. bene»t,
Neumark in Westprbüszen. Julius Lange.
ERSTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON AlFBED FlECEEISEN.
52.
DER BEGRIFF UND DIE AUFGABE DER LITTERATÜR-
WISSENSCHAFT.*
Wenn ich mich Ihnen mit meiner heutigen antritts Vorlesung
als privatdocent für classische pbilologie vorzustellen habe, so lag
mir bei der wähl eines themas für dieselbe kein gedanke näher als
dieser: ich glaubte Ihnen eine Vorstellung von meinem wissenschaft-
lichen Standpunkt geben zu sollen und von meiner auffassung von
den aufgaben der Wissenschaft, die ich zu vertreten die ehre haben
werde, aber nicht allein meine persönliche Überzeugung, dasz ich
auf diese weise dem zweck einer antrittsvorlesung am besten gerecht
werde, ein äuszerer umstand ist vor allem bei der wähl meines
themas maszgebend gewesen: Sie können von vom herein nicht
wissen, was Sie von mir zu erwarten haben werden, classische pbilo-
logie ist eine althergebrachte bezeichnung der auf das classische alter-
tum gerichteten wissenschaftlichen thätigkeit, ein name der heute
in ganz verschiedenem sinne gebraucht wird, man spricht von clas-
sischer philologie im gegensatze zu orientalischer, romanischer, ger-
manischer und sonstiger philologie und unterscheidet gewöhnlich
mit diesen namen die beschäftigung mit gewissen Völkergruppen,
ohne die frage aufzuwerfen, ob dieselbe auf das gleiche ziel ge-
richtet ist, und ob diese verschiedenen philologien vielleicht eine
geschlossene Wissenschaft der philologie ausmachen, betrachten wir
weiter allein die classische philologie, so treten uns die verschieden-
sten auslebten von der aufgäbe derselben entgegen, man versteht
darunter bald altertumswissenscbaft , bald geschichtswissenschaft,
bald nationalgeschicbte. andere beschränken ihr gebiet auf die her-
stellung und erklärung der schriftstellertexte und machen ihr den
* antrittsvorlesang gehalten bei der habilitation in der pbilosopbi«
sehen facultät der univ. Berlin am 3 mai 1893.
JahrbQcher f&r class. philol. 1898 hft. 7. 28
434 OFroebde : begriff und aufgäbe der litteraturwisaengchaft..
rang einer Wissenschaft streitig, philologie sei eine kunätübimg und
dienerin der geschieb ts Wissenschaft, sie i^ei nichts anderes als eine
grundlegende methode der letztern.
Als dip heute b ersehende auftassung betrachte ich diejenige der
altertumäwissenschaft, deren begründer Friedrich August Wolf ist,
und zu welcher sich heute die namhaftesten gelehrten bekennen»
deutlichen ausdruck findet dieselbe in dem von Iwan von Müller
herausgegebenen band buch der classischen altertumswissenschaft.
dasselbe umfaszt das gesamt« auf Griechen und Romer bezügliche
wissen und enthält auszer einleitenden und bilfadisciplinen die das*
sische sprach wissenachafti die geographie und politische gescbichte,
die altertümer, die geschichte der naturwissenschaft und philosophie^
die mythologie und religionsgeschicbie, die kunfitarcbäologie und
endlich die litteraturge schichte, diese altert ums wisöen^chaft stellt
ak ihre aufgäbe das Verständnis der antike hin oder die erkenntnia
des gesamtlebens der beiden classischen Völker, die erkenntnis der
antiken cultur. sie macht einen unterschied zwischen formellen dis-
ciplinen wie kritik und hertneneutik und materlalen dlsciplinen wie
geographie, geschichte, alterttimer, mythologie, archäologie, philo-
Sophie und litteraturgeschichte und rechnet auch die hilfs wissen«
Schäften wie bücherknnde i h and sc briften künde ^ paläographie, epi-
grapbik, meirik und grammatik als zum System gehörig hinzu, diese
verschiedenen disciplinen sollen zusammen ein geschlossenes System
bildeni in welchem zwischen reiner, historischer und philosophischer
oder ästhetischer philologie unterschieden wird.
Bei meiner auffassung von dem wesen der Wissenschaft mns«
ich auf das entschiedenste bestreiten, dasz diege Zusammenfassung
eine hystematische ist. es fehlt ihr wenn nicht in der tbeorie so
jedenfalls in Wirklichkeit die einheit der idee oder de* zieles. nur
wo diese in verechiedeDen disciplinen gleichmä^zig durchgeführt er-
scheint, sind wir berechtigt dieselben als glieder eines geschlo^^äenen
Systems, als teile einer von andern unterschiedenen wiaüenschaft an-
zusehen, lassen Sie mich Ihnen dieses an dem bei spiel der sprach -
Wiesenschaft zeigen , mit welcher ich mich eingehender beschäftigt
habe, das handbucb der classischen altertumswisi^enscbaft enthält
eine griechische grammatik, welcher die methode der modernen ver-
gleichenden Sprachwissenschaft zu gründe liegt, eine auf genau der-
»elben methode beruhende vergleichende grammatik des altgriechi-
sehen finden Sie aber auch in der bibliolhek indogermanibcher
gramniatiken. gehört nun die griechische grammatik — und zwar
diese — in die aitertumswissenschaft oder in die sprach wjsseniichaft?
wenn wir fragen: was hat die griechit^che grammatik neben einer
Sprachlehre des keltischen, deutschen » slavischen oder sanskrit /u
Buchi-^n? so antworte ich: diese verschiedenen disciplinen »ind glieder
^iner Wissenschaft und werden in derselben durch die einheit der
idee auf das engBte zusammengehalten, die aufgäbe der sprach*
Wissenschaft ist nemÜoh die erkenntnie des wesens der äpracbe^
OFroehde: begriff uod aufgäbe der litteraturwisBenBcbaft. 435
welche in der erklärang ihres wandeis oder ihrer geschichte be-
steht, da nun die grammatiken der einzelnen indogermanischen
sprachen dasselbe ziel in gleicher weise verfolgen, so sind sie durch
die einheit der idee zu gliedern öines Systems verbunden, was ver-
bindet aber die griechische grammatik im handbuch der altertums-
wissenschaft mit der alten geschichte oder kunst? nichts als der
name der Griechen und Römer, denn wie es sich in dem der Sprach-
wissenschaft gewidmeten bände um die erkenntnis der spräche han-
delt, so erstrebt die darstellung der alten geschichte die erkenntnis
der politischen ereignisse. eine jede disciplin hat hier ihr besonderes
ziel und verfolgt dasselbe in anderer weise, man hat aus den ver-
schiedensten Wissenschaften das die classischen Völker betreffende
herausgenommen und glaubt durch äuszere nebeneinanderstellung
ein neues System geschaffen zu haben, das handbuch der classischen
altertu ms Wissenschaft ist eine samlung vortrefflicher handbücher,
welche uns über den augenblicklichen stand der auf Griechen und
Römer bezüglichen fragen in den verschiedenen Wissenschaften auf
das beste unterrichten , ein System der altertumswissenschaft ist es
jedoch auf keinen fall.
Ich bin weit davon entfernt die möglichkeit einer altertums-
wissenschaft in abrede stellen zu wollen, gewis kann man die antiken
sprachen oder die antike kunst auch zu anderm zwecke studieren als
zu dem der erkenntnis des wesens der spräche oder des wesens der
kunst. was dieselben mit einander gemein haben , ist die idee des
antiken, sucht man das wesen des antiken in gleicher weise in
spräche, kunst, litteratur und geschichte der alten, kurz in jeder
äuszerung des menschlichen geistes im altertum, so werden diese
verschiedenen disciplinen durch die einheit der idee zur altertums-
wissenschaft vereinigt, über die idee des antiken gibt uns die all-
gemeine altertumslehre auskunft, wie sie Böckh seiner be-
sondem altertumslehre vorangeschickt hat. das wesen des antiken
kann nur im gegensatz zu dem des modernen erkannt werden, in
der antiken bildung herscht die natur, in der modernen der geist
vor. die antike cultur trägt den Charakter der notwendigkeit , die
moderne den der freiheit. indem man nun die charakteristischen
Züge des altertums in gleicher weise im antiken Staats- und Privat-
leben, in der antiken kunst und religion, in der antiken spräche
und Wissenschaft nachweinst, treibt man wahre altertumswissen-
schaft. ihre aufgäbe ist, die gründe der eigenart des antiken wesens
zu erforschen, darüber finden Sie im handbuch der classischen alter-
tumswissenschaft kein wort, die begründung einer altertumswissen-
schaft kann aber erst dann erfolgen, wenn diejenigen Wissenschaften,
welche sowohl den antiken wie den modernen geist in seinen ein-
zelnen äuszerungen zu erforschen haben wie die kunstwissenschaft^
Sprachwissenschaft , rechtswissenschaft ua. die geschichte der kunst,
der spräche und des rechts vom altertum bis zur gegenwart in ihrer
gesamten entwicklung dargelegt haben werden, davon sind wir aber
28*
436 OFroehde: begriff und aufgäbe der Utteraturwisdenschafb.
noch weit entfernt, was bei dem jungen alter der modernen sprach-
und kun st Wissenschaft kein wunder iät. ein sjstem der altertums-
wifisen^chaft ist deshalb heute eine reine Unmöglichkeit,
Wenden wir uns nunmehr ^u der geistreichen consiruction
der geächichtswissenschaft von Augost B(jckh. in meinen in den
jähren 1809 hh 1865 gehaltenen Vorlesungen über encyclopädie
und methodologie der philologischen Wissenschaften hat Böckb die
Philologie als erkenntnis des erkannten dh. dm vom mejiachlichen
geiste pro du eierten definiert und dieselbe als identisch mit der
geschieh ts Wissenschaft im sinne von geistesgeschichte hingestellt,
ßcharfsinnig ist seine Unterscheidung der formalen ibeorie der philo-
logischen Wissenschaft und der materialen discipÜnen der altertuma-
lehre, der formale teil enthält die methode der philologischen for-
schung oder das philologische organon dh. die tbeorie der kritik und
hermeneutik, dagegen hat der materiale teil seiner philologie die
gesamte geihtige entwicklung der classischen Völker zum gegenstände.
die bauptfäcbt'r dieser culturgesubichte sind staatsleben oder öffent-
liches leben I familien- oder privatleben, kunst und äussere religion,
wiäsenschaft und religionelehre.
Ohne eine vol Iständige kritik dieser hohen, eigenartigen schöpf ung
des genies geben zu wollen» möchte ich nur mit ein paar worten auf
den formalen teil eingehen , um meinen eignen Standpunkt zu ge-
winnen, dieser teil stellt ^un^chst vier arten philologischer berme-
neutik dar: die grammatische, historische, individuelle und gene-
rißcbe interpretation. diese lehren die erklärung eines Schriftwerks
1) aus dem grammatischen wortsinn ^ 2) aus den in demselben ent-
haltenen beziehungen auf die historischen Verhältnisse^ 3) aus der
Individualität seines Verfassers und 4) aus dem Charakter der gattung
welcher es angehört, diesen vier arten der hermeneutik entsprechen
die vier arten der grammatischen, historischen» individuellen und
generischen kritik. der formale teil Böckhs ist also nichts anderes
als die tbeorie der hermeneutik und kritik litterarischer denkmäler.
dessen ist sich Böckb selbst deutlich bewust gewesen, ich möchte
Ihnen seine eignen worte anführen , da mir auf diesen punkt alles
ankommt, er sagt am ächloäz der darstellung der kritik: Hn der
that sind auch die vier von uns erörterten arten der kritik in ihrer
gesamtbeit nichts anderes als das» was man im gewöhnlichen Sprach-
gebrauch litterarieche kritik nennt und als aufgäbe der recan-
sionen im modernen sinne ansiebt,* ist nun — so frage ich Sie —
die litterarische kritik und hermeneutik wirklich die iheorie der
gesc hieb tfi Wissenschaft? mit der verneinenden anlwort dieser
frage stürzt das Böckhsche System zusammen« Böokh entwickelt
im praktischen teil die geschichte der classiscben litteratur » welche
fraglos gewisse beziehungen zur tbeorie der litterarischen methode
hat. er entwickelt femer die geschiebte der alten kunst, sollte diese
dieselben be 7 1 i zur litterarischen kritik und hermeneutik haben
wie die littL liichteV sollte ihr nicht vielmehr die arcb&o*
OFroehde : begriff und aufgäbe der litteraturwisBenscbaft. 437
logische kritik und bermeneutik, die metbode der kunstwissen*
scbaft, entsprechen ? Böckb bat absichtlich auf eine bebandlung der
letztern verzichtet, weil er nur die allgemeine theorie geben will,
und weil er die archäologische metbode als eine abzweigung der-
selben betrachtet, wie kann denn aber die archäologische metbode
eine abzweigung der litterarischen sein ? warum ist dem entspre-
chend im praktischen teil die kunstgeschichte nicht als eine ab-
zweigung der litteraturgeschichte übergangen worden? Böckb ent-
wickelt weiter die politische geschichte. sollte auch für diese die
litterarische metbode in betracht kommen, und nicht vielmehr die
historische kritik db. die kritik der thatsachen? denn jene histo-
rische kritik, die uns im formalen teil begegnete, ist nicht kritik der
thatsachen, sondern litterarische kritik der litteraturdenk-
mäler, soweit sie historische thatsachen berühren, unmöglich durfte
Böckh die litterarische metbode als solche darstellen, er durfte aber
auch nicht etwa die archäologische und andere metboden daneben
stellen, sondern er muste eine den verschiedenen disciplinen seiner
geschichts Wissenschaft gemeinsame geschichtliche metbode erfinden,
wie die kritik und bermeneutik der kunstdenkmäler zur methoden-
lebre der kunst wissen scbaft gehört, soist die litt er arische kritik
und bermeneutik die theorie der litteraturwissenschaft. Böckhs
formaler teil gehört in diese, die materialen disciplinen aber finden
in der kunstwissenschaft , Sprachwissenschaft, litteraturwissenschaft
und andern ihren platz : sie enthalten je eine der verschiedenen auf-
gaben dieser Wissenschaften, nemlich die geschichte der kunst, die
geschichte der spräche oder die historische grammatik und die ge-
schichte der litteratur.
Hiermit, meine herren, habe ich Sie so weit geführt, dasz Sie
meine aufstellung einer besondem, selbdtändigen litteratur-
wissenschaft begreifen werden, ich entwickle Ihnen den begriff
und die aufgäbe derselben im zusammenhange.
Die litteraturwissenschaft ist eine geisteswissenschaft, insofern
sie diejenige äuszerung des menschlichen geistes zum gegenstände
hat, welche uns in der form des in der schrift niedergelegten sprach-
Werkes entgegentritt , insofern sie es mit den dem menschlichen
geiste entstammenden gedanken zu thun bat, welche in der spräche
verkörpert sind und uns durch das zeichen der letztern , die schrift,
faszbar werden, die geisteswissenschaften in ihrer gesamtheit haben
die erkenntnis des menschlichen geistes zur aufgäbe und haben zu
derselben auf dem wege der gleichen psychologischen metbode zu
gelangen, wenn wir das Verhältnis derselben erkennen wollen, so
müssen wir uns durch die geschichte aller Völker und zelten, welche
die entwicklung des menschlichen geistes darstellt, quer> oder längen-
durchschnitte gemacht denken, bei einem querdurchschnitt werden
die verschiedenen äuszerungen des geistes in einem bestimmten
Zeitabschnitt oder in einem einzelnen volke zusammengefaszt wie zb.
durch die altertumswissenschaft oder die nationalgeschichte, welche
438 OFroehde: begriff und aufgäbe der litteratarwissenschafL
den geist des altertums oder einer nation aus allen riebt angen geisti-
ger thätigkeit, kunst, spräche, litteratur usw. erforschen, ein längen-
durcbscbnitt hingegen entsteht, wenn wir eine einzelne äuszerung
des menschlichen geistes durch die ganze länge der geschichte ver-
folgen , also zb. die entwicklung der litteratur aller Völker von den
ältesten erreichbaren Zeiten bis zur gegenwart. das ist das gebiet der
litteraturwissenschaft. dieselbe entstehung zeigen ihre Schwestern,
die Wissenschaften der spräche, des glaubens, der kunst ^ der sitte
und des rechts, des Staates und der gesellschaft die litteratur-
wissenschaft ist eine von den andern geisteswissenschaften durch
die Verschiedenheit der idee getrennte selbständige Wissenschaft,
zwar trifft der litteraturforscher mit dem Sprachforscher oder histo-
riker auf dem gebiete der litteratur zusammen, da es ja tote sprachen
gibt, die nur der litteratur ein weiterleben verdanken, und da der
historiker die güi^chichtlichen Vorgänge früherer Zeiten nicht selbst
erlebt hat und für ihre erkonntnis wie auch ftlr die der gegenwart
auf die litterarischen denkmäler angewiesen ist. aber man würde
sehr irren , wenn man hieraus auf die einheit ihrer Wissenschaften
schlieszen wollte, studieren sie doch die litteratur zu ganz ver-
schiedenem zweck, dem Sprachforscher und historiker ist das Studium
derselben nur mittel zum zweck, beide benutzen die litteratur als
quelle , um aus ihr für ihren zweck zu schöpfen, der in der erkennt-
nis des wesens der spräche und der geschichtlichen thatsachen be-
steht, dem litteraturforscher ist die litteratur Selbstzweck: er
will aus ihr nicht das wesen der spräche oder der politischen Vor-
gänge, sondern das wesen der litteratur selbst ergründen,
dies ist die der litteraturwissenschaft zu gründe liegende idee,
durch welche sie von allen andern geisteswissenschaften geschieden
wird, die erkenn tnis des wesens der litteratur dh. die erforschung
der bedingungen, unter denen die litteratur entsteht, der Ursachen,
weshalb ein litteraturwerk so und nicht anders beschaffen ist, das
ist die aufgäbe der litteraturwissenschaft. die bedingungen der ent-
stehung eines litteraturproductes sind nun doppelter art. sie sind
erstens individueller natur, da ein jedes werk einen Verfasser hat
und rücksichtlich der spräche, des inhalts und der composition den
Stempel seines geistes trägt, sodann aber allgemeiner natur, da nicht
alles, was in einem buche steht, geistiges eigentum des verfasseis
ist, sondern derselbe in spräche und gedanken von den Verhältnissen
seiner zeit, seines volkes und Stammes, seiner heimat und gesell-
schaft abhängig ist und in hinsieht des innem Zweckes seiner schrift
den gesetzen der gattung, der sie angehört, bewust oder unbewust
folgt, zu dem ihr eigentümlichen ziel der erkenntnis des wesens der
litteratur gelangt die litteraturwissenschaft mit hilfe der ihr eignen
methode der litterarischen kritik und hermeneutik. wird
diese selbst zum gegenstände wissenschaftlicher Untersuchung ge-
macht, wozu Bobortelli im sechzehnten jh. den anstosz gab, so haben
wir zwei hauptteile unserer Wissenschaft zu unterscheiden: 1) die
OFroehde: begriff und aufgäbe der litteraturwiBsenschaft. 439
formale theorie oder den theoretischen teil oder die allgemeine
litteraturwissenschaft und 2) die materialen disciplinen oder
den praktischen teil oder die besondere litteraturwissen-
schaft. den alten Vorwurf der forraalphilologie darf man ihr nicht
machen, eine jede sich ihrer selbst bewuste Wissenschaft sollte neben
dem eigentlichen materialen teil einen formalen aufzuweisen haben,
in dieser beziehung kann die litteraturwissenschaft andern Wissen-
schaften geradezu als muster gelten, die allgemeine litteraturwissen-
schaft entwickelt den begriff und die aufgäbe der litteraturwissen-
schaft und untersucht weiter die gesetze der litterarischen kritik
und hermeneutik, weiche die litterarische forschung regeln und mit
gewissen modificationen fQr die litteraturwerke aller Völker und
Zeiten gelten, an einem besondern entwurf der litterarhistorischen
methode fehlt es uns noch, in diesem teil findet auch die geschichte
der litteraturwissenschaft ihren platz, dieselbe hat nicht den zweck^
daten tiber das leben der forscher und über ihre schriftstellerei auf-
zuspeichern, sondern allein d6n, den fortschritt der litterarischen
methode darzulegen und zu erklären, hierbei kommt das leben eines
litteraturgelehrten nur insofern in betracht, als die beschaffenheit
seiner methode in seinem bildungs- und studiengang eine erklärung
findet, und seine schriftstellerei verdient nur so weit berUcksichti-
gung, als sich in ihr die entwicklung seiner methode widerspiegelt,
die besondere litteraturwissenschaft entsteht durch die anwendung
der allgemeinen gesetze auf das object der forschung, die litteratnr.
die classische, orientalische, romanische, germanische und slavische
litteraturwissenschaft ergeben sich als besondere disciplinen. ganz
ähnlich ist die Sprachwissenschaft, deren theoretischen teil die allge-
meine Sprachwissenschaft oder Sprachphilosophie bildet, deren prak-
tischer teil im wesentlichen die orientalischen, classischen, romani-
schen, keltischen, germanischen und slavolettischen sprachen umfaszt.
Gehen wir von dem begriff der litteraturwissenschaft zu der
aufgäbe derselben über, sie ist, wie ich schon sagte ^ eine einheit-
liche: erkenntnis des wesens der litteratur, wird in der praxis aber
auf einem dreifachen wege gelöst: 1) durch die herstellung der
litteraturdenkmäler auf grund des Studiums ihrer Überlieferung,
2) durch die erklärung der beschaffenheit eines einzelnen werkes
aus seiner entstehung, 3) durch die darstellung und erklärung der
geschichtlichen entwicklung der gesamten litteratur. dieselben drei
aufgaben hat die kunstwissenschaft, welche von allen der litteratnr-
wiissenschaft am nächsten steht.
Die erkonntnis des innern wesens der litteratur ist unmittelbar
nicht möglich, wenn uns die werke im original nicht mehr vorliegen,
dies ist bei der classischen litteratur abgesehen von Inschriften stets
der fall, wir verdanken die Überlieferung derselben handschriften,
von denen einige wenige zwar in das altertum hinaufreichen , die
meisten aber dem spätem mittelaltcr angehören, hunderte von
Jahren liegen zwischen den ältesten zeugen der Überlieferung und
440 OFroehde: begriff und aufgäbe der litteraturwisseöschaft
dem original des Verfassers, zwischen welchen jede YerbiDdung fehlt,
wir haben uns die lücke durch eine lange reihe stufen weis gemachter
abschriften ausgefüllt zu denken^ von denen die wenigsten fehlerfrei
geschahen, die uns erhaltenen handschriften zeigen uns die t«xte im
zustande trauriger Verwahrlosung, äuszere schaden verursacht durch^^
staub, moder, wurmfras«, brand, gewaltsames zerreiszen oder ah
wuschen alter schrift eines pergaraents zum zweck der aufnähme^
einer neuen erklären ihn nicht allein, hinzu kommen zahllose fehler|
welche auf irrtum der abschreiber oder willkürlicher Verbesserung
von Schreibern, correctoren und lesem beruhen, dictier- und Schreib-
fehler, lücken und falsche zuthaten , Verstellung von Wörtern und
Sätzen« falsche wortabteilung und Zeichensetzung entstellen den text.
besonders verdient die falsche Überlieferung von titeln und ver-
fassernamen hervorgehoben zu werden, welche anonymen und Pseudo-
nymen Schriften aus Unkenntnis des Ursprungs oder mit absichtlicher
fÜlschung beigelegt worden sind, auszer den handschriften dienen
uns als quellen der Überlieferung alte drucke, welche den wert von
handschriften haben, wo diese verloren gegangen sind, und weiter
nachahmungen, erklärungen und citate der alten, welchen viel ältere
handschriften als die unsrigen zu gründe liegen, aber als indirecten
zeugen eine geringere bedeutung zukommt, bei einer solchen be-
schaffenheit der Überlieferung hat die herstellung des textes, um zu
ihrem ziel, der ausgäbe der schriftsteiler zu gelangen, eine doppelte
aufgäbe zu lösen , die man seit Lachmann ah recension und
emendation bezeichnet, die recension geschiebt mit hilfe der
diplomatischen oder urkundlichen kritik und hat die Überlieferung
auf ihre äuszere beglaubigung hin zu beorteilen. sie ist am einfach-
sten , wenn ein schrift steller nur in einer handschrift tiberliefert ist.
die meisten sind indes in vielen, manche in hunderten von hand-
schriften erhalten, es gilt das Verhältnis derselben aus ihrem alter
und ihren ab weichungen zu bestimmen, wenn letzteres bei mecha-
nischen fehlem nicht eben schwer ist, so kann die echtheit der les«
arten in andern fällen nur aus innem gründen erkannt werden, die
recension setzt also die bekanntschaft mit dem schriftsteiler, zu
welcher wir auf dem wegeder erklfirung gelangen^ schon voraus.
dies ist der ^ine grund, weshalb das Studium der Überlieferung oder
der änszem geschichte der litteratur von dem der entstehung der-
selben nicht getrennt werden darf, das resultat der vergleichung
der handschriften ibt bei den einzelnen Schriftstellern ein versobie-
denes. entweder lassen sich alle handschriften auf eis uns erbaliene«
exemplar zurückführen oder auf ein zwar nicht erhaltenes aber recon-
stniierbares archetjpon, oder sie gliedern s^ich in mehrere classeDf
von denen jede einen gemeinsamen Ursprung bat. ist mit der fest*
Stellung der ältesten Überlieferung die gmndlage Für die herstellung
des textes gewonnen, so wird die recension durch die emendatioo*
abgelöst, welche den text mit hilfe der textkritik in die gestalt xu
bringen sucht « welche das original den verfaasers hatte, auch die
OFroehde: begriff and aafgabe der litteratnrwieseDBcbaft. 441
ältesten bandschriften leiden an fehlem aller art und braueben nicbt
in jeder beziebung die besten zu sein, sie sind weit davon entfernt
den text in reiner gestalt zu bieten, weicht derselbe Ton andern
zeugen der Überlieferung ab , so erhebt sieb die frage : was hat der
Schriftsteller geschrieben? die entscheidung bei der wähl der les-
arten musz zunächst aus innern gründen getroffen werden, ist diese
oder jene wendung und der damit hergestellte gedanke der Indivi-
dualität des Verfassers und dem allgemeinen Charakter, insbesondere
dem zweck der schrift angemessen? darüber erteilt uns die erklä-
rung des Schriftstellers, welche also auch bei der emendation
vorausgesetzt wird, auskunft. läszt sich aus innern gründen die ent-
scheidung über die richtigkeit einer lesart nicht fUllen^ so kommt
weiter die autorität der bandschriften in betracht: die besser be-
glaubigte lesart verdient den vorzug. auch ist auf die frage rück-
sicht zu nehmen , ob sich eine lesart aus der andern herleiten läszt.
bietet die Überlieferung eines nur in öiner handschrift erhaltenen
autors, oder bieten die lesarten aller bandschriften, sei es dasz sie
variieren oder übereinstimmen, etwas falsches, so gibt die divinato-
rische oder conjecturalkritik auskunft auf die frage: was würde der
Schriftsteller geschrieben haben? man hat sich in die Sprech- und
anschauungsweise des Verfassers zu versetzen, um das seinem zweck
angemessene zu finden, doch ist die conjectur nur dann überzeugend,
wenn sich aus ihr die fehler der Überlieferung erklären lassen, ist
endlich der name des Verfassers aus versehen oder absieht falsch
überliefert, oder fehlt jede Überlieferung über ihn, so ist derselbe
aus dem Sprachgebrauch, dem inhalt und dem masz der schrift-
stellerischen kunst zu erschlieszen. für diese seite der conjectural-
kritik hat man den besondem namen der höhern kritik oder der
kritik des echten und unechten. — So gelangt die litteraturwissen-
Schaft auf grund des eingehendsten Studiums der Überlieferung und
mit bilfe freier combination zur herausgäbe des textes. der laie ahnt
nichts von der manigfachen geistesarbeit, welche der ausgäbe eines
Schriftstellers vorangegangen ist, die er fertig in gebrauch nimt.
und ist dies nun das werk , so wie es aus der band des Verfassers
hervorgieng? welcher herausgeber könnte dies von seiner ausgäbe
behaupten? vergleichen wir nur den text eines Schriftstellers in den
ausgaben zweier gelehrten: kaum eine zeile, in der sie nicht ab-
weichen, eine ausgäbe enthält nicht den text des Schriftstellers son-
dern nur die Vorstellung, die ein gelehrter sich aufgrund des Stu-
diums der Überlieferung von der ursprünglichen beschaffenheit des
textes gebildet hat. oft ist es unmöglich, von der zeit, welcher der
letzte zeuge der Überlieferung angehört, bis zum Ursprünge zurück-
zugehen, besonnene kritiker nehmen dann mit dem sicher erreich-
baren vorlieb, während kühneren nichts unerreichbar erscheint, wer
könnte sagen, dasz er den text des Homeros in der ursprünglichen
gestalt liest?
Wenn die herstellung des textes, welche auf dem Studium seiner
442 OFroebde: begriff uoü utifgube der litteratorwissenacbaft.
ftU8%€rn geschichte beruht , die erkenntnis des innern wesens des«
selben voraussetzte, so kann man zu dieser selbst nicht gelangen,
ohne daBz der text hergestellt ist. die erkenntnis des innem wesens
der lifteratur aus den bedingungen der entstehung derselben ge*
wiunt man nun, indem man entweder ein einzelnes werk oder die
gesamtheit der litteraiur ins äuge faszt.
Wir betrachten zunächst die erklärung des einzelnen Werkes*
man stellt als ihre aufgäbe das verstÄndnis desselben bin- man
solle so verstehen , wie der Verfasser von dem leser, an den er sich
wandte, verstanden sein wollte, man solle denken und fühlen, wio
der Schriftsteller gedacht und gefühlt hat. dazu gehöre vor allem
kenntnis der spräche und der realen, historischen Voraussetzungen
einer schrift. gewis ist dieses Verständnis» bei einem In alter zeit,
unter uns wenig bekannten Verhältnissen und in fremder spräche
geschriebenen werke eine schwere aufgäbe, man musx der spräche
völlig herr sein, und ist eine litteratur gar in einer spräche ge-
schrieben, die erj>t enträtselt werden musz, i?o kann die litterariijche
forschung nicht eher beginnen als bis dieses der Sprachwissenschaft
gegltickt ist. man musz, um eine classische gerichtsrede oder ein
drama oder eine ki'iegsgeschlcbte zu verstehen ^ die rechts-, bühuen-
und kriegsaltertflmer zn rate ziehen, da nun die litteratur alle
fragen des lebens bertlhrt, so macht ein jeder autor seine besondern
anspräche an das Verständnis des lesers. aber mit hilfe der so*
genannten grammatischen und historischen Interpretation gelangen
wir zu nichts underm als zum laienverständnis des text es, das
einem gebildeten bei einem in der mutters*prache geschriebenen
und auf modernen Verhältnissen beruhenden werk© sich unmittelbar
mit der lectüre ergibt- ein solches verstÄndnis setzt die gebchtchis-
Wissenschaft für ihre Studien voraus, und wenn die litteraturwissen-
Schaft sich mit diesem begnügte, wäre sie in der that nur eine
dienerin derselben unil überhaupt keine Wissenschaft* das ziel der
Wissenschaft ist nicht Verständnis» sondern erkenntnis, welche
nach den Ursachen der erscheinungen fragt, nicht was ein teil ent-
halt, sondern warum er so beschaffen ist, das ist die von der litteratur-
Wissenschaft zu lösende frage, dazu sind kenntnisse aller art^ die das
laienverständnis des textes bedingen, die notwendigste Voraussetzung.
Die erklärung eines Schriftwerkes hat sich auf form und inhalt
zu beziehen, welche beide von dem zwecke desselben abhängig sind,
form, inhalt und zweck sind aus den individuellen und all-
gemeinen bedingungen der entstehung einer schrift zu er-
klären, sprachliche und historische bemerkungen sind nur dann
zulässig, wenn sie nicht um der spräche oder geschichte willen ge-
schehen, sondern wenn sie uns die entstehung des Schriftwerkes er-
klären helfen, an dem sprachlichen ausdruck erkennt man den Ver-
fasser, ein jeder bchrifti^teller von selbnlündigem Charakter hat einen
individuellen stil, der in wähl und Stellung der worte von dem all-
gemeinen Sprachgebrauch abweicht und in d^m grade zurücktritt,
OFroehde: begriff nnd aufgäbe der litteratnrwissenschaft 443
als die Freiheit der individaalität durch Suszere einwirkungen be-
schrSnkt wird, ein jeder ist ein kind seiner zeit und nation und
wird sich im allgemeinen des nationalen und zeitstiles bedienen,
aber auch die gattung, der ein werk angehört, kann einen eignen
etil ausgeprägt haben, wie die epische und die lyrische kunstsprache
der Griechen lehren, auch der sachliche Inhalt oder die ideensphäre,
welcher der Inhalt angehört, übt auf den stil einen einflusz aus. dazu
kommt die bewuste nachahmung eines Vorbildes und die rUcksicht
auf den künstlerischen zweck der schrift, sowie auf den geschmack
und die bildung des publicums, für welches sie bestimmt ist. was
von der spräche gilt, läszt sich ebenfalls von dem inhalt sagen, der
in einer schrift behandelte stoff kann schon von Vorgängern des Ver-
fassers dargestellt worden sein, ja sogar durch den Charakter der
gattung nach jeweiligem kunstgesetz als der einzig mögliche vor-
geschrieben gewesen sein, im andern falle findet er in der freiheit
des Verfassers seine erklärung, welche zur wähl eines noch nicht be-
arbeiteten s^toffes geführt hat. die den stoff durchdringenden sub-
jectiven gedanken werden entweder eine originelle denk- und an-
schauungsweise des Schriftstellers verraten oder aber allgemeiner
natur sein dh. anschauungen enthalten, welche derselbe mit seinen
Zeitgenossen , seinen Stammesbrüdern , seiner gesellschaft und Um-
gebung t^ilt. sie werden ferner bedingt sein durch die rücksicht auf
das publicum, da der autor von seinem leser verstanden sein will
und von ihm nicht anschauungen und kenntnisse verlangen wird,
die dieser nicht haben kann, von gröstem einflusz auf die entwick-
lung der gedanken ist endlich der innere zweck eines Werkes, fassen
wir diesen selbst, dem form und inhalt dienen, etwas näher ins äuge,
jede Schrift hat den zweck gedanken mitzuteilen, je nachdem diese
für die auffassung mit dem verstände oder der phantade bestimmt
sind, sprechen wir von darstellung in prosa oder poesie. nach dem
verschiedenen Verhältnis, in welchem der dargestellte stoff und die
ihn beherschenden subjectiven gedanken zu einander stehen, ergeben
sich als hauptgattungen der poesie das epos, das drama und die Ijrik,
denen die drei arten der historischen, rhetorischen und philosophi-
schen prosa entsprechen, die Verschiedenheit der gattungen erklärt
die beschaffenheit des ausdrucks und Inhalts, die spräche der prosa
ist sehr verschieden von der poetischen ausdrucksweise, da beide
verschiedene mittel der darstellung anwenden wie reim und vers-
masz oder periodenbau und rhythmus. die Verschiedenheit des in-
halts bei Schriftwerken verschiedener gattung wird weniger in dem
Stoff an sich als in der art der behandlung desselben zu suchen sein,
wenn in dem epos die gedanken des Verfassers ganz hinter dem dar-
gestellten gegenstände zurücktreten, so beherschen die subjectiven
gefühle des dichters in der lyrik den behandelten stoff vollständig,
liegt dem inhalt einer schrift eine einheitliche idee zu gründe, welche
durch dieselbe zur darstellung gebracht werden soll, so dasz alle ge-
danken von einem höchsten zweckgedanken abhängig sind, so nennen
444 OFroehde: begrifi* and aufgäbe der litteraturwiaflenacbiiit,
wir dieselbe ein kunstwerk. die erklärucg bat die einbeit des in*
balts aus dem rerbältnis der einzelnen teile oder dar composition
nachzuweisen, sie bat weiter zu prüfen, in wie weit die äuazere
apracbliche und rbythmische oder metrische form dem zweck an-
gemessen istf ynd erkennt ans der dem zweck entsprechenden con*
gruen^ zwischen inbalt und form die Schönheit des kunstwerk». sie
bat endlicb die knnstleistung an der Originalität des künstlers und
dem grade der abhöngigkeit desselben von andern Vertretern der
gattung zu messen.
Wenn die erklärung die bedingungen der entstehung der litte-
ratur fUr einen bessondern fall oder ein einzelnes Schriftwerk unter-
such t| weist die littei-at Urgeschichte dieselben für die gesamtbeit der
litteratur nach* sie bat die entwicklung der litteratur ans den be-
dingungen der entatehung derselben zu erkennen, da wir diese so
eben kenneu gelernt haben , kann ich mich hier ganz knrz fassen.
die litteraturge^chichte setzt die einzelnen werke in Verbindung, um
die fäden /.u entdecken, welche sieb unsichtbar durch die entwick-
Inng der litteratur hinziehen, der litterarhistoriker betracbtet die
verschiedenen werke eines verfa&sers und sucht die individualität des-
selben unter manigfaehen bedingungen wiederzuerkennen, er verfahrt
synchronistisch I indem er die werke eines Schriftstellers mit denen
der Zeitgenossen vergleicht, gleichgültig welcher gattung diese ange-
hören, und findet auf diesem wege den cbarakter der zeit in gleich-
zeitigen leiötungen wieder, er faszt die Schriftwerke einer nation
zusammen und erblickt in ihnen ein Spiegelbild der geschichte und
cultur derselben, er studiert endlich die werke derselben gattung
von Verfassern verschiedener Völker und zelten und gelangt mit
eidograpbischer metbode zur erkenntnis der entwicklung der kunst^
gesetze, mit besondern Schwierigkeiten hat die litterarhistorisobd
forschung auf dem gebiete der classischen litteratur zu kämpfen^ da
bei dem vertust« des grösien tetles derselben der Zusammenhang in
der entwicklang und der einiusz der einzelnen werke auf einander
schwer nachweisbar ist.
Wir haben die aufgaben der litteratur Wissenschaft mit einander
betracbtet, die berst eilung der litteratur oder das Studium der tlber-
lieferung der texte, die erklärung des einzelnen Werkes und die
litterat Urgeschichte^ welche beide die entstehung litterari^cher
denkm&ler zn erforschen haben, alle drei stellen nur verschiedene
wege dar, auf denen man zu dem Sinen einheitlichen ziel der
litteratur Wissenschaft, der erkenntnis dee wesens der litteratur
gelangt, auf keinem einzigen dieser wege kann man allein da^ tw\
erreichen, die herstell ung setzt das studinm der entstehung eines
Werkes voraus, da man das unechte vom echten nur mit seiner hilf»
scheiden kann, das studium der entstehung setzt äeiner^ücits die her-
utellung der litteratur voraus, da man nur einen gegebenen text auf
die bedingungen seines Ursprungs hin untersuchen kann, die erkltt-
mng einer einzelnen schrift set^t ferner die titterat Urgeschichte
OFroehde: begriff uod aufgäbe der litteratorwissenschaft. 445
voraus , da man die entstebung eines Werkes obne prflfung der be-
ziebungen desselben zu andern nicbt erkennen kann, die litteratnr-
gescbichte setzt endlieh die erklärung der einzelnen werke voraus, da
die erkenntnis der entwicklung des ganzen obne kenntnis der ent-
stebung der einzelnen Schriften nicbt möglich ist. hiermit ist der be-
weis für die einheit der aufgaben der litteraturwissenscbaft erbracht.
Fragen wir zum scblusz, meine berren, nach dem Verhältnis der
litteraturwissenscbaft und pbilologie. wenn man seit Eratosthenes
den namen pbilologie an den besitz vielseitiger, grammatischer, litte-
rariscber, historischeir, antiquarischer ua. kenntnisse geknüpft hat, so
werden wir beute mit recht die gesamtbeit der geisteswissenschaften
als pbilologie bezeichnen, zu ihr verhält sich die litteraturwissen-
scbaft ebenso wie die Sprachwissenschaft und die kunst Wissenschaft
db. wie die teile zum ganzen, die classiscbe pbilologie umfaszt den
auf das classiscbe altertum bezüglichen teil der pbilologie: die clas-
siscbe Sprachwissenschaft , die classiscbe archäologie , die classiscbe
litteraturwissenscbaft usw. und stellt, wie sie heute ist, nicht eine
durcb die einheit der idee geforderte einheitliche Wissenschaft , son-
dern einen studienkreis der altertums künde dar, der sich als wahre
classiscbe altertums Wissenschaft oder als nationalgescbichte der
Griechen und Römer einmal zum ränge einer Wissenschaft erheben
wird, von den verschiedenen zweigen der classiscben pbilologie
stand die classiscbe litteraturwissenscbaft von jeher im Vorder-
gründe des interesses: jene stolze Wissenschaft, die seit den zeiten
der Alexandriner im Wettbewerb aller gebildeten nationen getrieben
worden ist: jene stolze Wissenschaft, die einen Aristarchos ihren
vater nennt, die einem Bentley ihren höchsten rühm verdankt, die
in einem Gottfried Hermann, einem Friedrich Ritscbl ihre kühnen
Verfechter fand: jene stolze Wissenschaft, deren beispiel eine reihe
jüngerer Schwestern ins leben rief, und blicken wir von der Ver-
gangenheit derselben in die Zukunft, des bin ich ganz gewis: der
litteraturwissenscbaft ist eine grosze zukunft beschieden, wenn sie
auf dem von Lach mann und Haupt gewiesenen wege sich fernerhin
zur vergleichenden litteraturwissenscbaft entwickeln wird, wenn die
verschiedenen Schwester- litteraturwissenschaften mit der gleichen
metbode ihrem gemeinsamen ziel, der erkenntnis des wesens der
litteratur, vereint entgegen gehen werden, so lange das streben der
menschheit auf bildung und Wissenschaft gerichtet ist, so lange wird
litteraturwissenscbaft eine notwendigkeit sein, beruht nicht die bil-
dung des laien neben der mündlichen rede vor allem auf der lectüre
des geschriebenen wertes? und schöpfen nicht geschieh tsforscher
im weitesten sinne des wertes: historiker und nationalökonomen,
Sprachforscher und archäologen, Juristen und theologen aus dem quell
der litterarischen denkmäler ? sie werden es mit um so gröszerem
gewinn für ihre aufgaben thun, je höher die litteraturwissenscbaft
dasteht.
Berlin. Oskar Frobhde.
446
VPiugel: zu Sophokles Aatigone [v. 1 — 4].
ZU SOPHOKLES ANTIGONE.
tfnter den zahlreichen stellen der griechischen tragiker, die uns
in verderbter gestalt, verunstaltet von fehlem gegen spräche, metrik^
ötil oder gesunden sinn tiberliefert sind, hat keine, glaube ich^ eine
&o traurige berUhmthtnt erlangt als die anfangszeilen der Antigene,
es ist peinlich, dosz eben diese Tollendetste aller griechischen tra-
gödien an ihrem eingange den make! der disharmonie und des un-
sinnä tragen solU und es macht einen entmutigenden eindruck auf
den Terehrer d^r altertumswissenschaft, dasz die gelehrsamkeit und
der scharf üinn, welche die bgg. und t^rklärer in reicher fäDe auf diede
stelle verwendet haben, bisher fa,st ohne erfolg gewesen sind, auch
ist keine boffnung vorhanden, dasz die etwaige anffindang eines
ägyptischen papynis uns aus der not helfen dürfte, denn wir wissea
ja auä den scholien , dasz Didjmos in seinem commentare bemerkt
hatte» dasz die worte firric dxep in v. 4 gerade das entgegengesetzte
bezeichnen von dem ^ was sie nach dem zusammenhange bezeichnen
sollten, nun war aber Didymos bekanntlich der erbe der gesamten
aleiandrinischen gelehrsamkeit , und wenn schon er den fehler vor-
&nd, 80 können wir mit Sicherheit schlieszen. dasz auch die groszen
grammatiker in Alexandreia Stt^c äT€p gelesen haben, und dasz also
wenigstens dieser hauptfehler der stelle bis weit in die attische zeit
hinaufreicht, einem so eingewurzelten Übel gegenüber möchte es
fast vermessen scheinen eine beilung zu versuchen, und die neuesten
mir bekannten hgg. Mekler (1887) und Bellermann (1892) geben
auch %virkltcb die sache als hoffnungslos auf. dem erstem ist die
stelle ein 'locus desperatus, cui Oedipus nondum exstiterit', und der
letztere nimt zu der verzweifelten annähme seine Zuflucht» dasz der
dichter selbst sich durch die fülle negativer bestimm ungen teuschen
liesz und selbst die sinnlosen worte schrieb.
So schlimm sieht die sache doch glücklicherweise keineswegs,
ja ich w^age zu behaupten, dasz eben diese verrufene stelle, bei der
80 mancher gelehrte in alter und neuer zeit unmutig den köpf ge-
schüttelt hat, einer methodibchen und sichern beilung überaud
günstige bedingungen darbietet* nur musz man den parallel ismus,
der die ganze stelle beherscht, ja nicht anszer acht lassen* In den
werten oiibtv Tctp out' dXteivöv out' äm]c ÄT€p out* alcxpöv oöt*
äri^öv dcÖ*, 6noiOV ou usw. haben wir nemlich nicht nur ein vier-
gliedriges system von coordinierten bezeichnungen^ sondern ein sol-
ches, wo dikß erste und dritte glied positive, da> »weite und vierte
negative form haben, dies bemht gewis nicht auf vergehen und tu-
fall, sondern vielmehr auf dichterischer absiebt, und folglich ist in
zweiten sinnlosen gliede nicht die negation (äTCp) in entfernen, son-
dern der fehler in ÖTqc tu suchen, das überÄehen dieses Verhält-
nisses hat zu einer menge verfehlter conjecturen geführt (ÄttjC T^^OV,
VPingel: r.u Sophokles Antigone [v. 1—4]. 447
ÄTiici^ov usw.; Bellermann führt nicht weniger als 17 an), nur der
Neugrieche Korans hat die wunde stelle entdeckt; aher seine emen«
dation äfr\c drep ist mit recht von den neuem hgg. als ganz un-
brauchbar befunden worden.
Sammeln wir nun, nachdem die wunde bloszgelegt ist, was wir
aus dem Zusammenhang über das von dTr]C verdrängte wort lernen
können, nach der bedeutung musz es den gegensatz bilden zu dem
im ersten gliede enthaltenen dXxoc, ebenso wie ti^t] und aicxuvr)
im dritten und vierten als gegensätze correspondieren. mithin musz
das gesuchte wort freude, Wohlbefinden, angenehmes geftlhl oder er-
langung bzw. Wiedererlangung solches gefühls bezeichnen, es musz
femer ein kurzes , zweisilbiges wort sein , es musz leicht mit &rr\
verwechselt werden können, und es musz der offenbaren allitteration
wegen mit d- anfangen, endlich ist es wahrscheinlich dasz, wenn
der stamm des gesuchten wortes mit dem d privativum ein adjectiv
bildete, dieses adjectiv am Schlüsse des trimeters unanwendbar war:
denn sonst wäre drep mit dem Substantiv in coordination mit drei ad-
jectiven eine recht auffällige erscheinung an unserer stelle, wenn die
Griechen ein groszes, überwältigendes unglück bezeichnen wollten,
sagten sie bekanntlich oft dvrjKecxov kqköv. dieses adjectiv würde
vortrefflich neben dXyeivöv passen; auch würde es am Schlüsse des
trimeters unanwendbar sein, versuchen wir also mit drep und den
aus diesem stamme gebildeten Substantiven! dK^C€U)C dtep ist un-
möglich ; dKOUC dT€p wäre möglich aber ganz unwahrscheinlich, weil
niemand Skouc mit dTr]C verwechseln könnte, dagegen würde dKr]C
drep allen den gestellten forderungen genügen, und die lösung des
Problems wäre gefunden, wenn es sich beweisen liesze, dasz die
Griechen ein wort &Kr\ mit der bedeutung ^heilung' gehabt haben,
glücklicherweise läszt sich dieser beweis mit voller evidenz führen,
erstens schreibt Hesychios : dKrj* alxM^ cibrjpou f\ f|cuxia f\ OepaTteia
f| idjuara. zweitens führt das Etjm. M. u. vdKT) als substantivische
doppelformen folgende an : vdKOC vdKT] , ßXdßoc ßXdßr) , dKOC dKT}
und CK€7Tac ck^ttti. endlich kommt das wort zweimal vor in der abh.
über verrenkte glieder, die unter dem titel ^oxXiKÖv in der samlung
Hippokratischer werke steht: cap. 20 (Ermerins) Kai olciv OUK dien
TOUTOu" Ktti olciv TToXXdKic lK7Ti7tT€i , lT]cic TOUTOU und 39 Ka\ &Kr\
TOUTUiV. leider ist der text dieser schrift gerade an den angeführten
stellen arg zerrüttet, aber Struve hat doch gewis recht, wenn er be-
merkt, dasz dKT) bei einem ionisch schreibenden Verfasser nicht die
pluralform von dKOC sein könne, sondern vielmehr jenes von den
alten lexikographen angeführte feminine dKT) sei mit derselben be-
deutung wie iTicic*
Wenn das hier entwickelte richtig ist, wird das unheilbringende
wort dir] künftig aus den anfangszeilen der Antigone verschwinden,
* sämtliche vier belegstellen verdanke ich dem artikel äKr\ von Fix
in Stephanus Sprachschatz (Didotsche ausgäbe).
•448
VPmgel: lu Sophokles Antigene [t. 1—4].
und eine der älteste o und pemlidisten aporien der griecbischen philo-
logie wird gehoben sein, aber damit ist die eteUe nooh keineswegs
geheilt; noch iramor enthalten die verse 2 — 3
5p' oicö' 6 Ti Zeuc tüuv dir' OibiTtou KaKujv
ÖTToiov ouxi vt&v It\ ZluOcaiv TeXei;
in der Verbindung von ö Ti (oder 6ti) und öttoiov in demselben
satze eine so ohrenzerreiszende und ßinn verwirrende anakoluthie,
dasz kein gebildeter Grieche, geschweige denn ein groszer dichter
am eingange einer kunstvoll gearbeiteien tragödie solches hätte
schreiben können, die verbeäsenmgsvorschläge sind denn auch hier
sehr zahlreich , aber gr Osten teils gewaltsam und sehr unwahrschein-
lich, weshalb Mekler auch diese verse ^versus conclamatos* nennt.
neben den conjecturen, die dieser gelehrte anführt, verdiente auch
ein Vorschlag meines groszen landhTnanns und lehrers JNMadvig
(adv. crit. I 214) genannt zu werden, denn obwohl die Madvigscbe
lesart &p* okOd Tl eine üuszerst schwierige Wortstellung gibt (Zeüc
aus dem relativen satze, dessen subject es ist, herausgerissen und
zwischen xi und tuiv Ätt* Olbiirou kqkojv eingekeilt) , so empüehlt
sie sich doch durch die fast vollständige ttbereinstimmung mit dem
überlieferten, aber es gibt eine andere beinahe noch leichtere ände-
rung des ön, die geprüft zu werden verdient — die Änderung in
f Tl. in der fassung
Sp' oicG' In, Z€uc Ttjüv dir' OlMirou kükijüv
ÖTTOIOV ouxi vtpv li\ Ciucaiv Ti\t\;
ist ÖTTOTov interrogativ, und die »tellung des subjects vor dem frage-
Worte gibt keinen verstosz gegen den Sprachgebrauch, was den sinn
anlangt , würde ixx sich auf den gegen satz beziehen von früher und
jetzt früher war doch eine möglichkeit da, dasz Zeus einige von
den entsetzlichen folgen der schuld des Oidipus für kommende ge-
schlechter aufsparen würde, jetzt aber fragt Antigone zweifelnd die
Schwester, ob sie noch ein einziges unglück wi^se, das Zeuä nicht
schon bei ihren lebzeilen vollziehe, sie selbst weisz keine«: denn es
gibt nichts schmerzliches und unheilbares, nichts beschämendes und
entehrendes, das sie nicht unter ihren gemeinaamen leiden schon ge-
sehen hat, und nun meldet man wieder neues nnheil (v. 7). es
kommt mir vor, dasz eine solche andeutung von einer Steigerung des
elends seit dem grauenvollen tode der brüder ganz an ihrem platze
wKre, und ich sehe keine sprachliche oder stilistische Schwierigkeit,
die das in herbeiführen könnte, die frage dp' oIc9' lii enUpricht
ja genau einem oukcen olba^ und die Wiederholung des In in dem
folgenden verse gibt doch wohl nach acht trennenden wdrtern keinen
mislaut. ich wage also die Änderung von ÖTi in In in Vorschlag zu
bringen, indem ich noch hinzufüge, dasz ein In nach oIc9a der
grösten gefahr ausgesetzt wäre mit On verwechseU zu werden.
KOPBKHAQBK. VtCTOEUNUB PtStOEL.
HvArnim: der angebliche streit des Zenon und Theophrastos. 449
54.
DER ANGEBLICHE STREIT DES ZENON UND
THEOPHRASTOS.
Die aus dem schluszteil der pseudo - Philonischen schrift Trepi
ä(p6apciac köc^ou herausgesponnene Vorstellung von einem wissen-
schaftlichen streite ; der zwischen Zenon und Theophrastos über die
frage der weltewigkeit soll stattgefunden haben, ist neuerdings von
ENorden (^beitrage zur gesch. dergriech. philosophie' im 19n sup-
plementband dieser jahrb. s. 440 ff.) , zum teil mit neuen gründen,
verteidigt worden. Nordens behandlung dieser frage zerfUllt in zwei
teile : im ersten sucht er (gestützt auf die Übereinstimmung der bei
Philon vorgebrachten gründe für die zerstOrbarkeit des Weltalls mit
Lucr. V 235 — 415) den nachweis zu liefern, dasz schon Epikuros
diese gründe von einem stoiker entlehnt habe, der um der Chrono-
logie willen kein anderer als Zenon sein könne, im zweiten teile
sucht er die in meinen ^quellenstudien zu Philo von Alexandreia'
s. 41 ff. vorgebrachten bedenken gegen den Zenonischen Ursprung
der beweise zu entkräften, ich wende mich zunächst zu dem zweiten
teil und suche zu zeigen, dasz meine bedenken durch Nordens gegen-
bemerkungen nicht widerlegt sind.
Ich habe zuerst auf die auffallende thatsache aufmerksam ge-
macht, dasz die vier beweise gegen die ewigkeit des Weltalls, welche
s. 35, 17 — 39, 13 vorgetragen werden, dem voraufgeschickten Theo-
phrastischen Schema nicht genau entsprechen. Theophrastos soll
nach s. 35, 13 gesagt haben, die gegner der weltewigkeit hätten sich
durch vier beobachtungen oder thatsachen hauptsächlich teuschen
lassen: 1) die Unebenheit der erdoberfläche , 2) das abnehmen des
meeres, 3) die auflösung der elementarstoffe des alls, 4) das aus-
sterben ganzer tierarten. ich charakterisierte diese vier Überschriften
auf s. 41 deutlich genug, wie folgt: 'sie wollen die thatsache an-
geben, die der beweis zum ausgangsp unkte nimt.' eine andere auf-
fassung ist in der that für einen aufmerksamen leser nicht möglich,
jene vier dinge sind empirisch gegebene, auch von Theophrastos an-
erkannte thatsachen, deren falsche deutung nach seiner ansieht die
gegner irre geführt hat (touc T^veciv Ka\ (pGopdv ToO KÖcjiou Karr]-
YOpoOvTac ÖTTÖ T€TTdpU)v diraTTiGrivai tujv |i€TicTU)v). dem ent-
spricht nun zwar die ausführung der drei ersten beweise, nicht aber
die des vierten : denn in diesem ist ja das aussterben einzelner tier-
arten keineswegs die gegebene empirische thatsache, von welcher
ausgegangen wird, die treffende bezeichnung dieser beweisführung
wäre gewesen: Tfjv tiüv tcxvujv Ka\ ^KiCTiimöv ou Trpö ttoXXoO
cuciaciv. ich hatte ferner constatiert, dasz in dem beweise von
einer (pOopd ganzer tierarten überhaupt nicht die rede ist. Norden
hat sich diese meine behauptung nur durch die annähme zu erklären
Jahrbücher ffir cUss. philol. 1898 hH. 7. 29
450 HyArniin : der angebliche streit des Zenoa und Tbeophrajstos.
gewust, dasz ich den griechiscben text, den ich behandelte , nicht
einmal gelesen habe, ich selbst musz wenigsttfBS das Zugeständnis
machen» dasz ich das richtige zwar klar^ aber nicht ausführlich genug
gesagt habe.
Wag ich meine ist, dasz von der naturwissenschaftlichen er-
fahr ungsthatsacb e des auBsterbens einzelner tierarten in dem be-
weise nicht die rede ist. daran können die worte, auf welche Norden
mich hinweisen zu müssen glaubte (Et ^fj äibioc dvOpiUTTOC, oiib*
äXXo Tt lujov), nichts ändern, denn wenn überhaupt, so kommt
doch hier die tiiiwv q}9opä nicht als erfahrungsthatsacbe Tor, auf
welche der beweis sich stützt ^ sondern als eine selbst erst durch
schluszverfahren gewonnene behauptung, die im gang des beweises
ein noch dazu entbehrliches mittelglied bildet, es ist aber ferner für
die entscheidung unserer Streitfrage gewicht darauf zu legen, dasz
selbst in dieser beiläufigen weise nicht die qpBopä Twv Zi^wv er-
wähnt wird, sondern nur dasz sie nicht dibia sind, da der begriff
des ä\h\ov die merk male des dY^vrjTOV und äq^Baptov trögt, so liegt
in der bestreitting der dibiÖTTic logisch noch nicht die behauptung
der (pöopa: denn ein ^f\ dibiov könnte ja t€VTiTÖv Kai aq)GapTOV
sein« wie nach dem Timaios das weltalK dasz es nach stoischer an*
schaunng ein solches balbewigea nicht gibt^ sondern entstehen und
vergehen als unzertrennliche, sich gegenseitig bedingende merkmale
eines gegenständes aufgefaszt werden, thut hier gar nichts zur sacbe.
die (p6opd Tujv Z^diujv ist in diesem beweise nicht nur nicht das dna-
TtliV, sondern sie kommt überhaupt nicht vor, weder mit ausdrück-
lichen Worten , noch im logischen sinn implicite. nur das i&ine ist
zuzugeben ) dasz aus der nicbtewigkeit die cpOopd Tom stoischen
Standpunkt aus gefolgert werden konnte, wie es für den
kosmos gleich darauf in der that geschieht.
Noch ein punkt hätte Norden stutzig machen können, in der
Theophrastischen aufzäh lung ist ja nur von den X€pcata 2!q)adie rede.
dieser zusatz wäre YoUständig sinnlos, wenn die Theophrastische
Überschrift im hinblick auf den vorliegenden beweis und als Schlag-
wort für denselben ursprünglich gedacht wäre, denn wenn feuer
luft erde wasser sich auflösen , wohin sollen sich da die wassertiere
retten? so zeigt dieses ^ine wort mit aller deutlichkeit, dast in den
Worten des Theophrasios etwas ganz anderes gemeint ist als in dem
beweise selbst, dies allein genügt um zu zeigen, dasz die beweise
und ihre Widerlegung nicht aus Theophrastos geschöpft sind« ea
würde im höchsten grade unmethodisch Rein^ die nachgewiesene dis-
crepanz aus ungenauer wiedergäbe der werte des Theophrastos
durch pseudo - Philon herzuleiten, denn wie ich schon damals an-
deutete, stehen die vier ^irreleitenden' thatsachen^ auf welche Theo-
phrastos den irrtum der gegner zurückführt, ganz auf ^iner linie
und passen vortrefflich zu einander, es sind lauter thatsachen , in
denen eine schon beginnende <p8opd xoö köc^ou uns gleichsam an-
schaulich entgegentritt, während die nachher folgenden beweise
Hv Arnim: der angebliche streit des Zenon und Theophrastos. 451
eine schwankende auffasi^ng bezüglich des demonstrandum kund-
geben, insofern bei 1 die anfangslosigkeit , bei 2 — 4 die unzerstör-
barkeit als Zielpunkt des beweisfahrcns erscheint — eine incon-
sequenz die wohl dem compilator zur last zu legen ist — lassen die
Theophrastischen schlagworte eine consequente und einheitliche
deutung zu. es kann sich, nach meiner festen Überzeugung, bei
allen vier schlagworten nur um die auf q)6opd unmittelbar hin-
deutenden thatsachen handeln, die nur mittelbar auch für die zeit-
liche entstehung verwendet werden konnten, der augenschein trügt:
man sieht die erde ihre vollkommene mndgestalt durch zerstörendes
wirken elementarer gewalten einbtiszen, man sieht das meer zu-
sammenschrumpfen, man sieht ein jegliches der elemente in fort-
währender auflösung begriffen, man sieht im reich der lebewesen
nicht nur die individuen sterben, die durch neue individuen ersetzt
werden können , sondern ganze gattungen für immer vom erdboden
verschwinden, kein wunder, meint Theophrastos, wenn sich die
menschen , die nicht das ganze des naturlaufs zu überblicken ver-
mögen, durch diese isolierten thatsachen zu dem voreiligen schlusz
auf die zerstörbarkeit des ganzen Weltalls verleiten lassen, dieser
schlusz liegt dem natürlichen menschen so nahe, dasz Theophrastos
mit recht von einer äLTi&Tt] sprechen konnte, welche jene thatsachen
der beobachtung ausüben, nun versuche man einmal die entgegen-
gesetzte auffassung ; man lasse Theophrastos sagen , dasz jene vier
beobachtungen irre^hrend sind bezüglich der weiten tstehung: kann
mit einem Schimmer von berechtigung behauptet werden , dasz jene
beobachtungen auf die Vorstellung einer zeitlichen weltentstehung
im natürlichen vorstellungsverlaufe führen? ist es nicht klar, dasz
man von ihnen aus nur über das mittelglied der zerstörbarkeit durch
ein philosophisches raisonnement zur Überzeugung von der zeit-
lichen entstehung des Weltalls gelangen kann? konnte der im ersten
argument vorliegende gedanke, dasz der fortbestand der erde, trotz
sichtbarer unaufhörlicher arbeit sie zerstörender kr&fte, nicht erklär-
lich sein würde, wenn sie von ewigkeit her bestanden hätte, konnte
dieser gekünstelte gedanke als eine von der beobachtung an die
band gegebene teuschung von Theophrastos bezeichnet werden?
mir scheint dies ganz ausgeschlossen, ich habe deshalb in den
'quellenstudien' eine discrepanz von dem Theophrastischen Schlag-
wort auch für den ersten beweis constatieren zu müssen geglaubt —
Norden sucht sich meine ansieht durch die annähme zu erklären,
dasz ich die worte übersehen habe, in welchen ausdrücklich gesagt
wird, dasz Theophrastos seine schlagworte auf touc y^veciv xal
(pOopdv ToO KÖcfiou KOTTiTopoCvTac gemünzt habe, aber auf diese
Worte hatte ich ja selbst bezug genommen in dem satze s. 41 : *es
werden hier, unter nennung Theophrasts als zeugen, vier gründe
der gegner für die ansieht, dasz die weit geworden und ver-
gänglich sei . . dargestellt . . und widerlegt.' allerdings sind
meine worte: ^offenbar dachte derjenige philosoph, welcher die vier
29*
452 Hv Arnim : der angebliche fitreit des ZeüOn und Theophrastoa.
beweise so benannte, nicbt an die anfangglosigkeit, sondern nur an
die uDzeratörbarkeit des Weltalls' in mehrfacher hinsieht anfechtbar J
und unklar« denn wie ich so eben gezeigt habe , handelt es sich ii
den Worten dea Theophrastos gar nicht um beweise und ihre be
nennungf E^ondern um beobachtungsthatsachen, von welchen sich dia
tnenschen irrefUbreiL lassen, durch die anwendung jenes tbörichten
Husdrucks habe ich selbst zu Nordens mis verstehen veranJassungj
gegeben, von unverzeihlicher Unklarheit ist auch der ausdruck/
jener philosoph habe nur au die nnzerstörbarkeit, nicht an die an-
fangslos igkeit des Weltalls *gedacht^ mir schwebte dabei vor, was
ich in der so eben gegebenen auseinandersetzung klarer gesagt habe:
dasz jene beobachtungäthatsachen nach Theophrasls meinung un-
wissenschaftliche beobachter zunächst auf die annähme des weit
Unterganges geftlhrt haben, was natürlich in keiner weise aus'>^^
schlieszt, dasz jene beobachter leute waren, die zugleich auch eine
weltentstehung annahmen.
Noch jetzt halte ich meinen damaligen schlnsz ftlr zwingend,
dasz die auäfQhrliehen beweise samt Widerlegungen nicht aus einem
werke des Theophrastos entnommen sind* denn wie können wir
einem Theophrastos zutrauen, dasz er sich selbst so stark misver-
standen haben sollte?
Es kommt nun hinzu ^ dasz die Überlieferung auch gar keinen
anbalt für die zurück führung des ganzen abschnittes auf Theo-
phrastos gewährt, denn 35^ 16 steht KaTaCKeudilet , was jedenfalls
verderbt ist. wenn wir dafür mit üsener KaiaCKeudleiV zu schreiben
hfttten, 80 wäre damit allerdings die berkunft des ganzen abschnitts
aas Theophrastos erwiesen, da aber in den eingingen der übrigen
beweise 36, 7 qpaciv, 37, 8 xpti)VTai, 39, 4 wieder qpaciv üborliefert
isty so kennen wir für KaiacKeüdZici ebenso gut KaTacK€ud£ouc
schreiben, wodurch die direete beziehung des Theopbrastischen zeug»
nisses auf die ausführlicben beweise und Widerlegungen verschwin-
den würde, es steht also hier nicht Vermutung gegen Überliefe-
rung, sondern Vermutung gegen Vermutung, auszer dem bisher
entwickelten, in welchem schon der bündige beweis meiner auf-
fassung enthalten ist, hätte man noch den gesamteindruck de«
excerptes zur entscheidung heranzuziehen, dieser spricht nun
meiner Überzeugung sowohl gegen den Zenonischen Ursprung der b€
weise als gegen die Vermittlung des berichtes durch Theophrastos.
denn wenn ich auch Norden gern zugebe, dasz der compilator es gut
verstanden bat die stilistischen unterschiede der eicerpierten antoren
durch seine bearbeitung zu verwischen, so mtiste doch die benutzung
einer so alten und vortrefiflichen quelle sich sachlich und stilistisch
fühlbar machen, was zunächst die angeblich Zenonischen beweiso
betritt, so vermiszt man in ihnen völlig die für Zenon charakte-
ristische Vorliebe für Syllogismen, überhaupt die strenge der metbodo
und die schärfe in der fassung der begri^e. kein originaler denker
konnte seine gründe Olr die nichtewigkeit der weit in dieser form
Hv Arnim: der angebliche streit des Zenon und Theophrastos. 453
vortragen, dasz er vier beweise ohne Zusammenhang in sinnwidriger
reihen folge neben einander stellte, denn sinnwidrig ist es doch, dasz
der allein den kern dersache treffende, allein wirklich philosophische
beweis an dritter stelle steht, w&hrend die betrachtong zweier special-
fölle als erster und zweiter beweis ihm voraufgeht. oder liefern etwa
die beiden ersten beweise etwas anderes als einzelfälle der im dritten
beweise für die demente im allgemeinen durch andere einzelfälle
bewiesenen zerstörbarkeit? so wie sie dastehen freilich sind sie über-
haupt durch kein geistiges band mit dem dritten beweise verknüpft,
ich bin der meinung dasz in jeder von einem originalen denker her-
rührenden darstellung der hier an dritter stelle stehende beweis
voranstehen , die an erster und zweiter stehenden als beispiele und
erfahrungsbelege ihm folgen musten. denn ob der stein am wege
durch Verwitterung sich auflöst oder der gewaltige berg dem boden
gleich gemacht wird, ob das wasser einer pfütze zu schlämm erstirbt
oder das Weltmeer an luft und erde teile seines gebietes abtritt, das
macht für den philosophen keinen unterschied, er sieht darin, wenn
er Stoiker ist, nur den 6inen nie rastenden naturprocess des Stoff-
wechsels , der öböc dvu) Kdru) , durch welche die ewige materie in
fest bestimmter reihenfolge verschiedene formen annimt. man wird
einwenden , dasz ja die reihenfolge und Zusammenstellung der be-
weise Theophras tisch sein könne, ich meinerseits traue dem Theo-
phrastos ein solches schülerhaftes verfahren nicht zu ; ich traue ihm
zu , dasz er coordination von Subordination der beweismomente zu
unterscheiden vermochte.
Aber, wird mein gegner einwenden , ist nicht dieselbe falsche
coordination schon in den vier schlagworten des Theophrastos ent-
halten? bleibt sie nicht dennoch auf ihm sitzen, auch wenn wir die
ausführliche darstellung der beweise ihm entziehen? meine antwort
ist die, dasz jene vier schlagworte durchaus nicht den ansprach er-
heben, einen einheitlichen gedankengang in seine momente zu zer-
legen, sondern sich höchst wahrscheinlich auf die aufstellungen ver-
schiedener vorsokratischer denker beziehen, von denen der eine dies,
der andere jenes beweismoment besonders betont hatte, dies würde
genügen um den mangel fester gliederung und sinngem&szer reihen-
folge in dem Theophras tischen Schema zu erkl&ren; es würde histo-
risch , wenn auch nicht rationell für berechtigt gelten können.
Ein anderer wichtiger gesichtspunkt ist folgender, höchst auf-
fallend ist mir in den beweisen selbst das schwanken zwischen der
Widerlegung der dibiÖTTic und der der d(p6apcia. der erste beweis
will der erde die dibiÖTTic aberkennen, aber er scheint diesen doppel-
seitigen begriff ausschlieszlich im sinne der anfangslosigkeit zu fassen,
wenigstens führt der gang des beweises direct nur auf diese hin. der
zweite beweis ist soweit klar, als er sich auf das abnehmen des
meeres bezieht, was von eigentlich philosophischen folgerungen
dann noch hinzugefügt wird , ist mit dem stoischen Standpunkt un-
vereinbar und überhaupt unsinnig, was ist das für ein schlusz: €i
454 Hv Arnim : der angebliche streit des Zenon iiad Theophrft&tas.
hr\ |i€ioOTai fi edXaTxa, |U€iuüer|ceTai jutv fi yf\ usw.? wie kann von
dem ulnthmtn des meeres auf das abBehmen der erde geschlossen
werden, wie von diesem aut das der luft? dasz das aufgehen der .
übrigen elemente im feuer durch dTTOKpiOr|C£Tai nicht bezeicbnell
werden koante^ braucht kaum hervorgehoben zu werden, sehen wir
von diesen gewagten schlüs&en ab, die sich nur daraus erklären,
daäz der compilator um jeden *prei3 einen selbständig zum ziele
führenden beweis herausbringen wollte, welches ist denn das ziel
des be weises? ofiiinbar die Widerlegung der dcpOapcia. dasselbe) J
gilt von dem dritten beweise* der vierte hingegen ist wie der erste J
auf die dibiÖTTic angelegt, er widerlegt direct nur die anfangslosig-
keit der weit, wird aber mit den Worten abgeschlossen: li «Li
cpOapTÖV elvat köc^ov bnXöv dcTiv. mit demselben rechte könnt«]
auch der erste beweis in diese folgerung auslaufen , und mit dem-
selben rechte wie der erste konnte auch der vierte als Widerlegung
der dlblÖTTic und speciell des dif^viiTDv elvai gelten, natürlich wird
man diese ganze confiisioji auf die unglaubliche dummheit des be-
rühmten Schriftstellers Philon von Aleiandreia schieben wollen;!
denn wie es scheint war in jenen zeitläuften diese dummheit gerade
diejenige eigenschaft, durch welche man ein berühmter Schriftsteller
wurde und mit Piaton verglichen zu werden würdig schien, ich
meinerseits kann mir selbst bei einem obscuren scribler, für welchen
ich den verfertiger des tractates halte, diese incongruenzen nur
durch die annähme erklären, dasz er die erörterungen seiner quelle
in elue inadaequate form umgosz. er hatte nun einmal für seil]
elaborat die form gewählt, lauter selbstfindige beweise ohne enL-1
wickelnden Zusammenhang neben einander zu stellen, das hat ur
auch hier durchzuführen gesucht, wo es gar nicht recht gehen wollte*
60 ist die Zuspitzung der jedeämaligen folgerung sein eigenstes werk
und schon deshalb mit der ihm eigentümlichen unklatheit und un*
ffthigkeit zum Verständnis philosophischer gedanken behaftet, weder
Philon noch Tbeophrastos noch Zenon waren solche leute. ein phüo-
soph würde entweder das dt^vriTOV und das dq>0apTOV gesondert
bewiesen haben, so dasz die beweise für dieses und jenes coordiniertj
neben einander standen; oder er würde» wenn er der meinung war"
dasz beide eigensuhaften sich gegenseitig bedingen , sie in dem ein-
heitlichen begriff der dibiÖTT]C zusammengefaszt und auf diesen alle
beweise hinausgespielt haben, nie aber konnte diblötnc und ucpBap-
cta coordiniert werden, wenn nun nicht alle folgerungen gleich^
lauteten, sondern das 6ine mal auf Weltuntergangs das andere ma
auf welteotstehung geschlossen werden sollte, so durften wenigstens
nicht die beweise, welche die w eltentsteh ung beweisen, für den Welt-
untergang benutzt werden, dies thut aber unser compilator in seinem
vierten beweise.
Sollte nun jemand einwenden dasz all diese ausstellungen nur
die uns vorliegende form und zu«$ammenstellung der beweise bo-
treffen, also immer noch die m5glichkeit bliebe, dasz sie Ursprung*
UyAmim: der angebliche streit des Zenon und Theophrastos. 455
lieh von all diesen mttngeln frei und echt Zenonisch waren, so würde
ich erwidern, dasz der einzige grund diese beweise mit Zenon in
Verbindung zu bringen eben auf dieser bestimmten Zusammenstel-
lung von vier beweisen beruhte , insofern dieselbe durch das Theo-
phrastische Schema als ursprünglich erwiesen zu werden schien,
brechen wir diese schwanke brücke ab, so fehlt ein zureichender
grund überhaupt an Zenon zu denken, im ersten beweis ist gar nichts
stoisches enthalten; im zweiten beweis beschränkt sich das stoische
auf die sinnlos angeflickten folgerungen am schlusz, die nur zur
üuszern abrundung und verselbständigung des beweises dienen
sollen; dem dritten beweise liegt die stoische Vorstellung vom Trv€U-
jaariKÖc tövoc zu gründe, von der es bekanntlich sehr zweifelhaft
idt, ob sie sich schon bei Zenon fand, seit Stein wahrscheinlich ge-
macht hat, dasz diese lehre auf Kleanthes zurückgeht; so viel ist
jedenfalls sicher , dasz sie durch keine gültige belegstelle für Zenon
selbst erwiesen werden kann, dasz der dritte und vierte beweis
echt stoisch ist, wird niemand leugnen, ob aber Zenonisch, läszt sich
nicht entscheiden, die mCglichkeit ist für den vierten bedingungslos
zuzugeben.
Norden glaubt nun eine bestätigung für die zurückführung
dieser beweise auf Zenon darin erblicken zu dürfen, dasz Lucretius
im fünften buche y. 235 — 415 zum teil ähnliche beweise verwendet,
er meint, schon Epikuros habe diese beweise von Zenon entlehnt,
diese seien nemlich dadurch, dasz sie vortrefflich zu dem stoischen,
sehr viel weniger gut zu dem Epikureischen lehrgebäude passen, als
entlehnungen der Epikureer von den stoikern erwiesen und zwar
Epikurs von Zenon^ da bereits Epikuros nachweislich mit bezug auf
die stoische lehre die frage des Weltunterganges behandelt habe,
Epikuros aber keinen andern stoiker als eben Zenon habe berück-
sichtigen können.
Um eine solche entlehnung von Seiten Epikurs im allgemeinen
glaublich zu machen, verweist Norden auf die bekannte gewohnheit
Epikurs in der erklärung der naturerscheinungen verschiedene mOg-
lichkeiten gelten zu lassen, und dabei, wie Usener gezeigt hat,
groszenteils nicht eigne neue erkläimngen aufzustellen, sondern von
den altern physikem erklärungen der naturerscheinungen zu ent-
lehnen , die mit seinen phjsicalischen grundanschauungen vereinbar
sind, dieses verfahren hat seinen tiefern grund bekanntlich darin,
dasz es Epikuros vor allem darauf ankommt die möglichkeit
natürlicher erklärung und die unnötigkeit übernatürlicher erklä-
rung darzuthun. es scheint mir, dasz wir uns für die vorliegende
Streitfrage auf diese eigentümlichkeit Epikurs nicht berufen dürfen,
etwas ganz anderes ist es, als erklärungsmöglichkeiten irgend
welcher naturerscheinung sätze fremder naturphilosophien gelten
lassen, etwas anderes zum erweise cardinaler sätze des eignen
fetystems solche fremde philosopheme als beweismomente gebrauchen,
mir ist das letztere sehr viel weniger wahrscheinlich, jedenfalls
456 HvArnim: der angebliche streit des Zenon und Tlieopbraiitos.
kann es siebt durch bertifang auf jen^s ganz andersartige yerfabren
glaublich gemacht werden, es kommt hinzu dasz die feindlicbe Stel-
lung» in welche die jüngere schule von vorn herein als rivalin zu
der Altern getreten war, es entschieden unwahrscbeinHcb machte
dasz das baupt der altern bei dem der jungem eine gedankenanleihe
gemacht haben sollte, doch um die wabrscbeinlicbkeit der ganzen
hypothese zu unt ersuchen, ist es zun&cbst erforderlich, dasz wir uns
die Übereinstimmung zwischen pseudo-Philon und Lucretius, von
welcher Norden ausgeht , etwas genauer ansehen.
Da ist nun zuniichst zu constatieren , dasz nicht etwa alle vier
beweise der schrift irepi dtqpSapciac, sondern nur der dritte und vierte
beiLucretiuB ibre parallelen haben, für den ersten gibtNorden seibsi
zu, dasz er bei Lucretius nicht wiederkehrt, den zweiten meint er
in etwas abweichender form wiederzufinden, aber erstens ist der
abscbnitt, den er mit dem zweiten beweise parallelisiert, bei Lucre-
tius ein teil des dritten beweises, und zweitens stimmt er auch im
gedanken nicht überein. der dritte beweis bei pseudo-Philon folgert
die zerstörbarkeit der weit aus der zerstörbarkeit ihrer elemente.
diese wird der reihe nach für jedes einzelne element nachgewiesen,
eine sehr ähnliche auseinandersetzung findet sich bei Lucretiu
y:235 — 305. in dem das w asser betreffenden teil wird gesagt, dasi
quellen , flüsse und meer in fortwährendem Stoffwechsel befindlich
sind* immer neues wasser strömt durch die Strombetten hinab» das
setzt voraus dasz das frühere verschwindet, denn sonst würde eine
Überfülle von wasser eintreten {sed primum quidquid aquai toUitur^
in mmmaque fit tä nil utnor abundct), dieses verschwinden des
frühem Wassers wird durch Verdampfung erklärt, die im gegensatz
zur stoischen 6b6c ävuj hier auf die mechanische einwirkung der
winde und der Sonnenstrahlen zurückgeführt wird, dieser ganze
beweis hat mit dem zweiten bei pseudo-Philon nicht das mindeste
zu thun , ebenso wenig allerdings mit dem entsprechenden teil des
dritten, mit dem zweiten nicht, weil ja dort die durch beobachtung
festgestellte thatsache der abnähme des meeres den ansgangspunkt
bildet^ während bei Lucretius das gleichbleiben der in quellen,
Bussen und meer enthaltenen wassermenge beweisen soll, d&sz diese
wassermenge fortwElbrend vergebt und wieder neu entäteht. das
neuentsteben des wassers in den quellen ist hier der empirische
ausgangspunkt, das vergehen wird durch scblusz gewonnen, die
ansieht Über den tbatbestand ist die entgegengesetzte, der gang des
beweises der umgekehrte, ich denke , auch Norden wird nicht im
ernst die anBicht aufrecht erhalten, dasz der zweite beweis bei
pseudo-Philon die quelle dieses Lncrezischen beweises bildet, übri-
gens steht auch diese ansieht mit der von Norden vorgetragenen
bypotbe«« in Widerspruch, denn es mü&te doch eine eigentttmlicbo
art von Übereinstimmung sein , welche den Lncrezischen beweis mit
zwei unter sieb verschiedenen momenten der pseudo*Pbilonischen
beweisreihe gleichermaszen verbände, dies ist also der erste punkt^
HvArnim : der angebliche streit des Zenon und Theophraatos. 457
der festzuhalten ist : von dem ersten und zweiten beweise der schrift
7T€pl dqpGapciac findet sich bei Lucretius keine spur.
Sehen wir nun zu, wie es mit den beiden andern steht, der
grundgedanke des dritten beweises ('ein ganzes musz vergänglich
sein, wenn alle seine bestandteile vergänglich sind; die elemente
sind alle vergänglich; also auch die weit') findet sich an beiden
orten ganz übereinstimmend, aber die ausführung der einzelnen
beweise ist eine grundverschiedene, eine durchgängige Verschieden-
heit aller vier beweismomente ^ die auch Norden anerkennt, liegt
darin, dasz bei pseudo-Philon nicht wie bei Lucretius die redinte-
gration der aufgelösten elemente gelehrt wird, am meisten ähnlich-
keit zeigt verhältnismäszig noch das erste , auf die erde bezügliche
stück der beweise. Lucretius beruft sich darauf, dasz wo die erde
von der sonne verbrannt ist und zahlreiche füsze sie treten , fort-
während Staubwolken aufzusteigen pflegen, indem der wind die
Staubwolken entführt, wird ein teil der erdsubstanz in die luft zer-
streut und so die erdmasse vermindert, andere teile der erdsubstanz
werden durch regengüsse in schlämm aufgelöst und durch die flüsse,
die ihre ufererde benagen , mit fortgerissen, während so der Epi-
kureische autor die Verminderung der erdsubstanz — mit welcher
er eine fortwährende neuerzeugung derselben gleichen schritt halten
li&szt — ganz seiner gesamtanschauung entsprechend auf mechanische
Ursachen zurückführt, erscheint bei dem stoiker die Verwitterung
und zerbröckelung des gesteins, von dem er als von der härtesten
gattung erdartiger Substanz allein redet, als ein spontaner process,
der aus dem nachlassen des TTveu^ttTiKÖc tövoc sich ergibt, es wird
hier — und so auch in den folgenden teilen des stoischen beweises
— nur die abhängigkeit der speciellen elementarform von dem als
SEic und TÖVOC in ihm wirkenden nveO^a geschildert, wenn zb.
nachher das versumpfte übelriechende gewässer als ein ^sterbendes'
bezeichnet wird, so liegt bierin eine deutliche beziehung auf das be-
kannte wort des Herakleitos , in welchem der Übergang einer jeden
elementarform in die nächstniedere ihr Hod' genannt wird. — Von
der speciellen ausführung über wasser und luft bei Lucretius wird
Norden selbst nicht behaupten, dasz sie mit den entsprechenden
stellen in Trepi dqpOapciac eine ähnlichkeit zeige, die besprechung
des Wassers bei Lucretius wurde schon oben kurz charakterisiert,
was hat mit ihrem gedankengang der hin weis auf stinkig gewor-
denes wasser bei pseudo - Philon zu thun ? die besprechung der lufb
bei Lucretius ist der des w assers parallel gearbeitet, da nach Epi-
kureischer ansieht von allen dingen fortwährend die oberflächen-
schicht sich ablöst und in die luft verflieszt, so müste ja alles zu luft
werden, wenn nicht die luft ihrerseits wieder zur bildung der übrigen
elemente bestandteile abgäbe, das ist ganz derselbe gedanke , den
wir vorher in seiner anwendung auf das wasser kennen gelernt
haben, statt dessen hat pseudo-Philon die q)6opd d^poc, welche
Seuchen und epidemien verursacht, vom Standpunkt des stoicismus
HvArmm: der angebliche streit des ZeDon uud Tbeophrsatos«
läszt sich diese nur als eine Verminderung des tövoc der luft« als
ein entweichen des durch atmung uns fortwährend 2uflieszenden
lebenspneumas, als ein antreten der öboc KdTUJ seitens der luft auf-
fassen, am meisten von allen weicht das vierte beweisstück ab.
denn während Philon nur kurz hinweist auf das erlöschen des feuers,
\\'eon es geine nahrung aufgezehrt hat^ nm dann diesen nur schwer
vorstellharen Vorgang durch die der allgemeinen an 9 cbau ung n üb er-
liegende wundergescbichte von den indischen elephanten mit der
ihm eigentümlichen j neuerdings entdeckten dummheit und albern-
heit zu verBnschaulicben, ^etzi Lucretius in seiner besprechung bei
der sonne an, als der gewaltigsten mas&e feuriger bubstanz. erzeigt,
ganz nach dem schema der vorigen beweise, dasz die fortwährende
Verschwendung feuriger Substanz, welche dieses gestirn betreibt^ tu
seinem ruin ftihren müste, wenn nicht diese Substanz sich fort-
während in ihm erneute, wie das wasser in der quelle, also auch
sonne, mond und gestirne sind in unaufhörlichem vergehen und ent-
stehen begriffen.
Ich bin in dir besprechung der beiderseitigen argumente viel-
leicht zu ausführlich gewesen, aber ich wollte zeigen 1) dasz keinerlei
Verwandtschaft zwischen beiden besteht» und 2) dasz die Lucrezischen
beweise ebenso vortrefflich zu dem Epikureischen Standpunkte passen
wie die in der schriftirepl dcpBapciac» wenn man ein wenig zwischen
den Zeilen liest, zu dem stoiachen.
Was bleibt also am ende von Übereinstimmung übrig aU da«
einfache schema des bewei^es: das ganze, dessen elemente alle ver-
gänglich biud, ist selbst vergänglich; die elemente der weit sind
vergänglich; al^o auch die weit' wird jemand im ernst bebaupien
wollen, dasz in diesem schlusz etwas specifisch stoisches liegt, was
nur von Zenon zu Epikuros könnte gekommen sein? kann man die
möglichkeit ausschlieszen, dasz auch schon Demokritos, dessen weiten
doch auf dieselbe weise wie die des Epikuros untergehen sollten»
sich dieses argumentes bedient habe? die q)GiciC seiner weiten ist
ja bekannt, üud dasz er das meer durch Verdampfung austrocknen
lieaiz. jedenfalls passt dieser scblusz zu dem Standpunkt des Demo.
kritos so gut wie zu dem des Epikuros: denn auch für ihn sind die
atome das einzige ewige, das im Wechsel der dinge unverändert
bleibt, weil die elemente nur durch bestimmte, dem Wechsel unter*
worfene verbindungsarten der atome zu stände kommen^ so können
sie auch nicht unvergänglich sein , und ebenso wenig der aus ihnen
geformte kosmos. man möchte fast sagen, da^z Demokritos ^^ich
dieses arguments bedient haben musz; aber darum braucht es nicht
von ihm zu Zenon gekommen zu sein: denn es enthält Überhaupt
nichts für einen bestimmten philosophischen Standpunkt bexeich-
nendes.
' ich bemerke noch, dasi die sohulmäfisige form des «x11<>^1*^^b*
ttie man ala charaktent tisch für die fttaa ansehen kSniite, hei Laeretia«
nicht wiederkehrt.
HvAmim : der angebliche streit des Zenon nnd Theophrastos. 459
Es bleibt uns nun nur noch das vierte argument der scbrift
7T€pi d(p6apciac, welches bei Lucretius in den versen 324 — 350
seine parallele hat. übereinstimmend wird von beiden autoren aus
der relativen Jugend der künste und Wissenschaften auf die Jugend
der weit geschlossen, es verdient hierbei hervorgehoben zu werden,
dasz Lucretius dieses argument wirklich nur für die weltentstehung
ausbeutet, wie es ja in der natur dieses argumentes liegt; während
pseudo-Philon schlieszHch mit einem salto mortale auf den Welt-
untergang hinauskommt.
Femer ist zu beachten, dasz der eigentliche philosophische
kern des vierten beweises, der auf der stoischen anthropocentrischen
teleologie beruht, wie natürlich von dem Epikureer nicht reprodu-
ciert wird, überhaupt gehört die betrachtung über die Jugend von
kunst und Wissenschaft bei Lucretius nicht zu dem eigentlichen be-
weise, vielmehr wird aus dem mangel einer weiter hinaufreichenden
geschichts- oder sagenüberlieferung direct auf die novUas der weit
geschlossen, dann erst wird darauf aufmerksam gemacht, dasz sich
hieraus auch erklärt, warum die entwicklung der künste noch nicht
zum endgültigen abschlusz gelangt und auch die abschlieszende ge-
stalt der naturerkenntnis in der Epikureischen philosophie erst
kürzlich erreicht worden ist. die anknüpfung mit quare v. 332
zeigt, dasz diese betrachtung von Lucretius nicht als eigentlicher
beweis, sondern nur als ein corollarium des voraufgehenden be-
weises angesehen wird, wie wenig wert Lucretius selbst auf diese
betrachtung legt, geht aus dem folgenden hervor (7. 338 — 350). er
gibt nemlich unbedingt die möglichkeit zu, dasz gewaltige natur-
umwälzungen durch feuer und wasser den faden der Überlieferung
und der entwicklung der künste könnten abgeschnitten haben, aber,
meint er, wenn dies der fall gewesen ist, so musz man gerade um
deswillen erst recht die zerstörbarkeit des kosmos zugestehen.
Es könnte nun scheinen, als ob es doch immerhin auffallend
wäre, dasz zwei der beweise aus Tiepi ä(p6apciac bei Lucretius
parallelen haben, man könnte in dem gemeinsamen auftreten zweier
ähnlicher beweismomente eine erscheinung erblicken, die nicht durch
Zufall, sondern durch Zusammenhang der quellen erklärt werden müste.
aber hiergegen spricht die genauere Untersuchung des gedanken-
zusammenhangs in dem abschnitt bei Lucretius. es läszt sich nemlich
leicht darthun, dasz Lucretius verschiedene quellen neben einander
benutzt hat und es ganz unmöglich ist den abschnitt v. 235 — 415
als wiedergäbe einer zusammenhängenden erörterung Epikurs an-
zusehen, einheitlich ist v. 235 — 305, der nachweis des unauf-
hörlichen entstehens und vergebens der elemente. dann kommen
V. 306 — 350 drei kleinere abschnitte, von denen sich der erste
306 — 317 und der dritte 324 — 350 als parerga und einschiebsei
deutlich zu erkennen geben, es ist nemlich leicht einzusehen, dasz
der zweite abschnitt (v. 318 — 323) die gerade fortsetzung des
groszen vierteiligen beweises für die Vergänglichkeit der elemente
460 HvArüim i der angelblfcbe streit des Zenati und Theophraötos.
bildet, es ist dieser abschnitt ein aupplement zu der bebandlung
des feuers in v. 281 — 305. während dort nur für sonne, mond und
gestirne der fortwährende verbrauch und die neuerzeugung feuriger
subfitanz bewiesen wurde, wird der beweis nunmehr ganz nach dem-
selben Schema für den feurigen äther geliefert, der nach Heraklei ti-
scher und stoischer anschauung die weit aus sich erzeugt und durch
die dKTTUpu/cic wieder in sich aufnimt. denn bei dem hoc circum
supraque qitod omnem continet amplexu tcrram^ welches wie eine Um-
schreibung des griechischen TÖ nepi^X^^'V aussieht, kann offenbar nur
an den feuerSther gedacht werden, mit quidam memorafU sind also
Herakleitoa oder die stoiker gemeint hat man diesen durch form
und Inhalt der beweisführung gesicherten Zusammenhang von v. 318
— 323 mit dem v. 30ö endenden abschnitt einmal erkannt, so ergibt
sich unmittelbar, dasz v. 306 — 31 1 eine an unrechter stelle ein-
gefügte abschweifung des Lucretius bilden, sie enthalten nicht so-
wohl ein philosophisches rttsonnement als eine rhetorische ausfüh-
rung des locus communis: vergILnglichkeit alles irdischen in natur
und kunst. nur gegen ende nimt dieser abschnitt eine wissenschaft-
liche Wendung, indem gesagt wird: die steine, die sich plötzlich von
den gipfeln der berge loslösen und herniederpoltem , kdnuLen dies
nicht jetzt mit Einern male thun , wenn sie schon von ewigkeit her
allen stürmen der zeit trotz geboten hätten, dieses räsonnement
erinnert ja unleugbar an den ersten beweis in TT6pi dq>9apdaCt den
einzigen von dem Norden constatiert, dasz er bei Lucretius keine
parallele habe, allgemeiner kehrt derselbe gedanke v. 376— 379 als
abschlusz eines langem heweises wieder, man wird also nicht für
unsere sonst ganz inhaltleere einlage v. 306 — 317 nach einer be-
sondern quelle suchen, sondern einfach annehmen» dasz sich Lucretius
hier proprio Marie ergeht*
In gleicher weise möchte ich auch den abschnitt 7. 324 — 350
als eine einlage ansprechen, weil er zusammengehöriges von <jinander
trennt und als fremdartiger bestandteil zwischen gleichartige ein-
geschoben ist. oder ist es nicht eine offenbare schwäehe der dis>
Position, wenn die betracbtung des weirgebäudes selbst und seiner
ewigen bestand ausschlieszenden eigentümliehkeiten durch eine be-
tracbtung unterbrochen wird, die sich auf dinge des menschlichen
lebens bezieht? drei beweise bilden den eigentlichen grundstock
der Lucrezischen beweisführung: 1) alle einzelnen elemente ent-
stehen und vergehen (v. 235 — 305. 317—323); 2) von den eigen-
schaften, welche vor Untergang schützen, besitzt der kosmos keine;
3) der kämpf der elemente kann wieder, wie schon früher, zum sieg
des feuerte oder wassers und damit zum Untergang des kosmos führen.
Die mehrbeit der quellen, welche ein nicht originaler autor be-
nutzt, faszt man am leichtesten durch beobachtung des Zusammen-
hangs und der abfolge der gedanken. denn bei einem originalen
autor musz der Zusammenhang wenn nicht rationell« so doch psycho-
logisch erkläi bar kein ; bei dem nicht originalen kreuzt eine äuszere
HvArnim: der angebliche streit des Zenon und Theophrastos. 461
causalität die innere, so habe ich in der schrift irepl d(pdapdac die
benutzung zweier dem philosophischen Standpunkte nach verschie-
denen quellen nachgewiesen, für deren Scheidung neben der Ver-
schiedenheit der tendenz besonders die durchbrechung der natür-
lichen gedanken folge als kennzeichen dient. Norden freilich ist
anderer ansieht, er ist ganz sicher, dasz der compilator diese durch-
brechungen der natürlichen gedanken folge mit absieht bewirkt hat,
um eine gröszere anzahl von argumenten herauszubekommen« wenn
er nemlich ein genügend langes argument fand, so dachte er 'halt:
daraus könnten wir zwei machen.' er teilte es in der mitte und
schob ein anderes in die so entstandene lücke , damit sich die zu-
sammengehörigen teile nicht wieder vereinigen könnten; ein ver-
fahren durch das zunächst aus zwei argumenten drei und bei metho-
discher anwendung aus jedem vielfachen von zwei jedes vielfache
von drei gemacht werden kann, geht nicht Norden etwas zu streng
mit mir ins gericht, wenn er mir zum Vorwurf macht, dasz ich diese
Vervielfältigungsmethode des Philon, die an Jakobs kunstgriff mit
Labans lämmern und an die kunst suppe aus einem wurstspeiler zu
kochen erinnert, ^nicht beachtet' habe? thatsachen soll man freilich
'beachten', aber kann man schon im voraus alles ^beachten' was von
den unglücklichen compilatoren künftig einmal behauptet werden
wird? ich denke^ Nordens auffassung ist so gut wie die meine eine
hypothese zur erklärung des thatbestandes, für die man ^beachtung'
erst fordern darf, wenn sie bewiesen ist. ähnlich liegt die sache in
dem besprochenen abschnitt bei Lucretius: dem beweis, v. 306 — 317
müste Lucretius eingeschoben haben, um die enge Zusammengehörig-
keit des beweises in v. 318 — 323 mit denen in v. 247 — 305 zu ver-
decken und ihn als einen neuen selbständigen beweis erscheinen zu
lassen, denn was dem Philon recht ist, das ist dem Lucretius billig,
da doch wohl Lucretius im punkte der Originalität bei weitem nicht
an Philon hinanreicht, und ebenso müste die einschiebung des be-
weises V. 324—350 aus dem absichtlichen streben nach unordent-
licher manigfaltigkeit gedeutet werden, ich werde mir erneute
vorwürfe zuziehen, wenn ich auch hier nicht durch jenes verviel-
fältigungssystem , sondern durch nachlässige benutzung mehrerer
quellen die Unordnung zu erklären suche.
Von den drei argumenten, die ich oben als den eigentlichen
kern der beweisführung bezeichnet habe, hängt besonders das dritte
mit dem ersten ganz eng zusammen, denn das erste enthält implicite
die Schilderung eines kampfes der demente, in welchem das streben
jedes einzelnen dementes, die oberhand zu gewinnen, vorläufig noch
durch ein gleich starkes streben aller übrigen aufgewogen wird;
aber im ersten argument wird nur das entstehen und vergehen des
einzelnen elementes geschildert, welches auf diesem kämpfe be-
ruht, im dritten werden die möglichen Wirkungen dieses kampfes
für das weltganze ins äuge gefaszt. es ist klar dasz diese drei argu-
mente eine in sich geschlossene beweisketto bilden : erst wird jas
462 HvArtilm : der angebliche ati-eit des Zenon uad Theopbraatos.
verhalten jedes elementes fdr sich betrachtet, dann das ganze selbst
ohne rücksicht auf die bestandteile ^ endlich die teile in dlrectar he»
Ziehung auf das ganze.
Das ergebnis dieser analjse dos Zusammenhanges der Lucrezi-
schen beweis ftihrung ist für mich, dasz die beiden beweise, welche
Norden mit pseudo-Phüon in parallele stellt, nicht auf gleicher stufe
stehen, der eine gehört zum echt Epikureischen bewei sapparat;
nichts spricht bei ihm für entlehnung; was an ihm mit itcpt
äqpOapciac übereinstimmt, ist an sich so wenig charakteristisch,
dasz es ebenso gut von Demokritos wie von Zenon zu Epikuros ge-
kommen sein kann, dagegen gehört der andere beweis nicht zu dem
eigentlichen kern der bewei.sfübrung- er wird von Lucretius ohne
rechten ernst behandelt und durch die folgenden Zugeständnisse
seiner giundJagen beraubt; er unterbricht ferner den Zusammen-
hang der eigentlichen bewetsfUbrung und gibt sieb so als eine ein-
läge zu erkennen, unter diesen umständen gebe ich Norden gern
zu, dasz der beweis nicht ursprQnglich Epikureisch ist, sondern von
der stoa entlehnt sein kann, aber dasz der entlehnende bereits Epi-
kuros, also der iirheber des beweises bereits Zenon war, halte ich
für ganz unwahrscheinlich oder doch für nicht beweisbar.
Ich kann mich auch nicht mit dem gebrauch einverstanden er-
klären, welchen Norden von dem Epikurfragment n. 305 (üaener)
macht, die bei A^tios II 4,'10 8. 331, 24 D. erhaltenen worte lauten
bei Stobaios: *€iTiKOiipoc nXcicToic TpÖTioiCTÖv KÖc^ov q>0£ip€CÖar
KCri Top UJC liboy Kai die cpuxöv kqi noXXax»ic; bei Plutarchos:
*6mKOiipoc (peaptöv, äxi kqI T€vr|TÖv, uic lütov d>c cputöv. es ist
ja bekannt, daas im allgemeinen Stobaios den Atitioa genauer wieder-
gibt, hier, wo die ssche höchst zweifelhaft liegt, versagt leider Theo-
doretos. es fKllt auf, dasz Norden bei einer so dunkeln, offenbar
nicht richtig überlieferten stelle, auf die er so weitgehende hjrpo*
thesen bauen wollte, es gar nicht für nötig gehalten bat die Piutar«
chische fassiing zu berücksichtigen, die doch üsener zu Epic. fr. 30S '
im apparat anführt, ich meinerseits glaube, dass hier die Plutar*
chische fassung zur herstellnng des ursprünglichen nnentbehrlich ist.
in dem worttaut bei Stobaios vermag ich nur den völlig unangemessenen
sinn zu entdecken, dasz nach Epiknrs meinung der kosmos auf sehrJ
viele weisen zu gründe gehe ; er sterbe ja wie ein L^tov und wie ein!
ipuTÖv und noch sonst auf viele weisen, dies ist offenbarer unsinn» I
denn mit den Tpöiroi k£$nnen doch nur die Ursachen dee Untergang»
gemeint sein, in den voraufgehenden angaben bei A§tios findet sich
auch der TpÖTTOC thc (pBopdc jedesmal ausdrücklich bezeichnet:
Stoiker Kax^ dKTTvpuucw » Empedokles Kaict x^v dvieTtiKpäTemv toO
veiKOUC, Demokritos toö ^eiilovoc töv juiKpöxepov vikoivtoc. eine
entsprechende angäbe erwartet man auch hier, dasz aber die worte
KUl T^P ^c Iipov Koi diC cpuiäv eine solche im sinne Kpikurs nicht
enthalten, steht auszer zweifei. es konnten nur angeführt werden
X) der Demokritiscfae zosammenstosz mehrerer weiten, 2) die zer-
HvArnim: der angebliche streit des Zenon and Theophrobtos. 463
Störung durch fener, 3) die Zerstörung durch wasser; auszerdem viel-
leicht die Demokritische cpOicic. darüber ist auch , wie ich glaube,
mein gegner ganz einig mit mir, dasz die worte nicht als eine be-
Zeichnung des TpÖTTOC Tfjc cpOopäc im sinne Epikurs gefaszt werden
können, denn für Epikuros ist der kosmos weder ein 2IiDov noch ein
9Ut6v. aber die stoiker sehen ja die weit als ein ZtjjOV XoTiKÖv kqI
(ppövijLXOV an. so möchte denn Norden in den worten Epikurs bei
A&tios (Stobaios) eine beziehung auf die stoische lehre und den ge-
danken finden , dasz der kosmos auf jeden fall untergehen müsse,
auch wenn man ihn mit den stoikern für ein Ifjjov oder für ein
9Ut6v erkläre.* dasz die griechischen worte dies nicht besagen
können, brauche ich Norden wahrhaftig nicht erst zu sagen, es
müste etwa heiszen: 'GiTiKOupoc TTOtVTUJC TÖv KÖCjiiov cpdeipecdar
Kai fäp e\ Iwov eXr\ Kai ei 9ut6v. so zu schreiben kann mir gar
nicht in den sinn kommen, denn TrXeicTOic TpÖTTOic ist durch die
parallelen der voraufgehenden paragraphen bei A^tios, wie wir
sahen , gesichert, ich komme also zu dem ergebnis , dasz die auf-
zählung der einzelnen TpÖTTOi Tfjc cpOopac durch oberflächliches
excerpieren ausgefallen ist und nun die worte d)C 2IijJ0V Kai ibc
cpuTÖv , die bei A^tios selbst einen ganz andern sinn haben musten,
für die bezeichnung dieser TpÖTTOi irrtümlich gehalten wurden und
deshalb auch, weil die zweizahl mit TrXeicTOic in Widerspruch zu
stehen schien, den zusatz Kai TToXXaxuJC erhielten, welches der ur-
sprüngliche sinn dieser worte war, zeigt ja Plutarch. der schlusz
von der zeitlichen entstehung der weit auf die zerstörbarkeit wird
empirisch durch die beispiele des tCtov und des q)UTÖv belegt, die-
jenigen dinge, deren entstehen wir beobachten können, sehen wir
auch wieder zu gründe gehen.* es passt vortreflFlich zu dem Epi-
kureischen empirismus sich für solche dinge auf die alltägliche er-
fabrung zu berufen, der ursprüngliche text könnte also etwa so ge-
lautet haben: 'eTTiKOupoc TiXeiCTOic tpöttoic toüc KÖcjaouc (pGei-
pecGai • Kai t^P <dvTiK07raic Kai irpocpoEeci Kai KaTaKXuc)Lioic Kai
TTupöc diriKpaTeiqt •> (pGapiöv <öfe> 6ti Kai t^vtitöv ibc Zijjov <Kai>
(bc cpuTÖv. ein hypothetisch von stoischen prämissen ausgehendes
räsonnement würde der Verfasser der placita schwerlich als gesamt-
charakteristik der lehre Epikurs über diesen punkt benutzt haben«
wir würden ihm wenigstens einen so schweren misgriff nur dann
zutrauen , wenn sich durch diese annähme alle Schwierigkeiten der
stelle auf einfache weise heben lieszen, was, wie ich gezeigt habe,
* warum druckt Norden die Seneca-stelle nat, quaest. III 29 mit dem
sinnentstellenden fehler anima für animal ab? zu begründen brauche
ich diese änderung wohl nicht. ^ der sache nach findet sich daa-
selbe argument bei Lucretius II 1105—1174, wo das wachsen und ab-
nehmen der weit ganz nach der analogie eines 2It{iov oder 9UTÖV ge-
schildert wird, die stoiker haben sich dieses arguments natürlich auch
bedient: vgl. La. Diog. VII 141 dp^CK€i hi aÖTOlc xal cpeapröv elvai.
TÖV k6c|L40v, ötc if€VT)T6v, dvd XÖTOV (ti?i XÖTiy die hss.) tOüv 61' alc6/i-
CCUIC VOOU^^VUJV.
464 HyArnimi der angebliche streit des Zeuon und Theoplj raste b.
nicbt der fall ist. mag man nnn über meinen lösnngs versuch tir<
teilen wie man will» so viel ist jedenfalls klar, dasz diese stelle nicht
verwendbar ist , um ein eingeben Eplkurä auf die stoische lehre im
punkte des weltuntergaoges zu erweisen.
Alles in allem hietet also der abschnitt bei Lucretius keinerlei
bestätigung für den Zenoniscben Ursprung der beweise* nur das
^ine ist mir bei genauer vergleichung der beiden abscbnitte klar ge-
worden, dasz der erste beweis in nepl dqpOapciac mit viel gröj^zerer
Wahrscheinlichkeit auf eine Epikureische als auf eine stoische quelle
zurtickge führt werden kann, der sacbe nach ist ja völlig mit ihm
identisch die betracbtung, welche Lucretius v. 313 — 317 vortrÄgt.
charakteristisch für den Epikureischen Standpunkt ist an dieser be-
tracbtung, dasz die Wirkung der mechanischen gewalt betont wird,
welcher nichts irdisches für eine ewigkeit zu troUen fähig ist. die
weltausicht, die alles geschehen auf druck und stosz der atome zu-
rückfahrt, läszt auch die weiten durch druck und stosz, sei es den
Innern ihrer teile sei es den äuszern anderer weiten, untergehen, der
Epikurei^sche kosmos trägt seinen namen ohne berechtigung: denn
in ihm herscht nicht Ordnung und Vernunft; das wirken der natar-
kräfte zerstört die gebilde des kosmos ebenso zufällig wie es sie ge*
schaffen hat der erste beweis der schrift Tiepi dqpBapciac ist ganz
von dieser art. aber ganz und gar nicht passt dieser beweis in das
stoische System, denn in dem providentieU regierten und vernünftig
eingerichteten kosmos der stoiker kann unmöglich die Zerstörung
kosmischer gebilde als selbstverstündliche folge des Vorhandenseins
bedrohender gewalten angesehen werden* wofür wäre denn da die
gottheit vorhanden? nur aus dem eignen vernünftigen und gesetz*
mZLszigen verhalten der das all durchwohnenden göttlichen kraft
kann hier die auflösung kosmischer gebilde als notwendig erwiesen
werden, es kann deshalb mit voller bestimmtheit behauptet werden,
dasz der erste jener vier beweise in irepi dqpöapciac
nicht stoischen Ursprungs sein kann.
Die stoische und die Epikureische beweisführung für die nicht-
ewigkelt der weit gehen unleugbar eine strecke mit einander, dies
ist der wahre kern der Nordenschen hjpotbese^ den ich gern an-
erkenne, die stoischen beweise in der allgemeinen form, wie sie bei
La. Diog. VII 141 dargestellt werden, enthalten eigentlich nichts,
was dem Epikureischen Standpunkt weniger angemeseen wttre. aber
diese Übereinstimmung ist nur eine scheinbare und ftuszerliche: denn
sowie man den tiefern philosophischen kern der Argumentationen
ins äuge £&S2t, scheiden sich die wege. die Übereinstimmung der
argumente geht nur so weit als die Übereinstimmung der gesamten
naturansicht geht, dasz diese Übereinstimmung auf dem von Norden
angenommenen wege einer entlehnung von Seiten Epikurs zu stände
gekommen ist, wird sich schwer nachweisen lassen, da wir weder
für Zenon noch für Epikuros nachweisen können, welche dieser
argumente sie bereits verwendet haben, und da wir auch nicht
Hv Arnim: der angebliche streit des Zenon und Theophrastos. 465
wissen in wie weit schon die ältere naturphilosophie ihnen vor-
gearbeitet hatte.
Ich kehre nun zu dem capitel 23 der schrift Trepi ä(p6apciac
zurück, denn nachdem ich oben die zurückftihrung des ganzen ab-
schnittes auf Theophrastos mit zwingenden gründen widerlegt habe,
bleibt mir noch die aufgäbe , meine ansieht von der wirklichen ent-
steh ung des eigentümlichen und irreführenden Sachverhalts zu be-
gründen und gegen einwände zu verteidigen, dasz die discrepanz
zwischen den Theophrastischen schlagworten und den beweisen selbst
nicht, wie Susemihl (alex. litt.-gesch. II s. 326 anm. 434) will, durch
unVollständigkeit des auszuges erklärt werden kann, ist wohl durch
meine scharfe präcisierung dieser discrepanz erwiesen« wenn auch in
einer vollständigem fassung des vierten beweises mehr von der 2Ii|juJV
(p6opd die rede war, so kann doch dies moment nie den empiri-
schen ausgangspunkt dieses beweises gebildet haben , und nie kann
in ihm von den x^pcaia l(\}a ausschlieszlich die rede gewesen sein,
man müste vielmehr auszer der un Vollständigkeit der beweise noch
überdies unvollständigkeit in der aufzählung der Tbeophrastischen
Schlagworte annehmen, um eine ursprüngliche Übereinstimmung
glaublich zu machen, betreten wir aber diesen weg , so haben wir
keinen festen boden mehr unter den füszen.
Was ist denn nun eigentlich unglaubliches an der annähme,
die ich in den 'quellenstudien' vorgetragen habe: dasz der jüngere
peripatetiker, dem notorisch ein sehr groszer teil der beweise unserer
schrift entnommen ist, das Theophrastische, ursprünglich auf vor-
sokratiker bezügliche Schema seiner Widerlegung Epikureischer und
stoischer beweise zu gründe legen wollte? dasz diesem peripatetiker
Schriften späterer stoiker wie Chrysippos Diogenes Bo^thos Panai-
tios bekannt waren, steht auszer zweifei. er brauchte also keines-
wegs über die gründe der von ihm bekämpften gegner sich aus
Theophrastos zu orientieren, wenn es ihm darauf ankam sich über
den Standpunkt seiner zeitgenössischen gegner zu unterrichten^ so
standen bequemere und maszgeblichere quellen ihm zur Verfügung,
wohl aber konnte er glauben zur verherlichung des Theophrastos
durch den nachweis beizutragen , dasz noch bei seinen Zeitgenossen
dieselben punkte als irrtumsquellen verwirrend und teuschend ein-
wirkten, auf welche schon Theophrastos als auf die hauptsächlichsten
irrtumsquellen hingewiesen hatt«. und wirklich fand er für alle vier
punkte etwas ungefähr entsprechendes bei seinen Zeitgenossen , für
den ersten bei den Epikureern, für den dritten bei den stoikem, und
für den vierten glaubte er wenigstens etwas gefunden zu haben, so
wenig es denkbar ist, dasz Theophrastos jemals den vierten beweis
durch das Schlagwort xepcaiujv q)8opa Kaid fivx] CdiUJV sollte be-
zeichnet haben, so glaublich ist es anderseits dasz sich jener jüngere
peripatetiker bei seinem miszlichen geschäft in diese Unklarheit ver-
wickelte, ein ohne hemmende rücksichten aus stoischen und Epi-
kureischen quellen geschöpfter sachlicher bericht über die beweis-
JahrbQcher für class. philo). 1898 hft. 7. 30
466 Hv Arnim! der angebliche streii des Zenon und Tbeophrastot,
führung der beiden scbulen blitte natürlicb ganz anders ausfallen
müssen, gröszere Vollstfindigkeit, rieb tigere anordnwng, Unterschei-
dung coordinierter und subordinierter beweismomente würde sich
in diesem falle ganz von selbst eingestellt haben, man mag sich
immerhin den Widerspruch zwischen den beweisen und den Theo-
pbrastischen scblagworten in der peripateti sehen quellenscbrift weni-
ger crass hervortretend denken, als es bei pseudo-Philon der fall ist:
voUstindig fehlen konnte dieser Widerspruch auch in der quelle
nicht, und nur in dem letztern falle könnte diese eine schrift des
Theophrastos gewesen sein* hfilt man also an der eben vorgetragenen
hypothese fest, welche die Zusammenstellung der beweise mit den
Theopbrastischen scblagworten dem peripatetiscben quellenschnft-
steller in die schuhe schiebt, dem auch sonst die besten bestand-
teile des tractats verdankt werden , so müste man eine weitere ent-
stellung durch den compilator bzw. Philon annehmen, ich bin aber
jetzt, im gegensatz zu meinem frühem Standpunkt, mehr geneigt die
ganze Zusammenstellung als werk des compilators zu betrachten* es
ist klar, dasz die möglichkeit, die ich für den peripatetiker erwiesen
habe, auf ihn nicht minder zutrifft.
Pearson ^fragments of Zenon and Cleanthes* a» 114 bemerkt
gegen mich: ^if this theory is correct, tt is certainly an extraor-
dinary coincidence that Theophrastus should bave seleeted from
the older pbilosopby four particular Statements, which go to prove
the destructibility of the world, and that the Stoics should have
unconsciously takon up identically the eame ground in support of
their own theory,* diesen einwand würde icb als berechtigt aner-
kennen, wenn die vier gründe bei pseudo-Philon alle stoisch wSren
und wenn sie eine vollständige und correcte daratellung der stoischen
beweisfUhrung enthielten, da sie aber nur eine aus wähl bilden, deren
mängel sich aus der absieht erklären, jenem schema genugzutbun^
so liegt nichts wunderbares oder unwahrscbeinliches in dieser Über-
einstimmung* der peripatetiker oder der compilator, wen man nun
immer als den schuldigen teil ansehen mag, hat eben zusammen-
gerafft, was ihm zu jener äuszerung Theophrasts zu stimmen schien,
die er nicht einmal aus eigner lectüre Theopbrasts geschöpft zu
haben braucht, dasz sich bei den spätem philosophen beweise ban-
den, die jenen alten, von Theopbrastos bezeichneten ähnelten, i^
auch nicht wunderbar, namentlich bei dem dritten beweis begreift
man ohne weiteres dasz er sich erhielt, beim ersten und vierten be-
weis hat der Verfasser vorbeigegriffen, es ist ihm nicht gelangen
beweise aufzuzeigen, die ganz den von Theopbrastos gemeinten ent«
sprächen, in zweifei bin ich^ was von dem zweiten beweise zu halten
sei, der sonst, so viel mir bekannt ist, in stoischen quellen nicht
vorkommt und überhaupt stoisches nur in den sinnlosen folgerungeo
enthält, die ihm angeflickt sind.
Zum schluäz: wir haben es in dieser ganzso sehrift mit einer
quelle zu thnn, die eine äuszerst vorsichtige benutsmig erfordert^
GHelmreich: zu Galenos. 467
mit einem trüben wässerlein , das seine ursprüngliche herkanft ans
dem reinen ström der echten Überlieferung kaum noch zu erkennen
gibt, der Verfasser ist ein mann^ der es wohl hat läuten hören, aber
nicht weisz wo die glocken hängen, wir müssen uns also hüten, wie
schon Diels hervorhob, ihm eigne lectüre des Theophrastos zuzu-
trauen und den wert des ganzen berichtes zu überschätzen, aus an-
dern Partien der schrift lassen sich wirklich gröszere zusammen-
hängende beweisreihen herausschälen, so dasz man eine ahnung von
der beschaffenheit der peripatetischen hauptquelle bekommt, in
unserm schluszabschnitt ist offenbar der compilator sehr leichtfertig
zu werke gegangen , wenn nicht gar das ganze sein eignes aus un-
klaren reminiscenzen zusammengelesenes mach werk ist.
Rostock. Hans von Arnim.
55.
ZU GALENOS.
1. Dasz die letzte gesamtausgabe der werke Galens vor ihren
Vorgängerinnen nur den Vorzug des bequemem formates voraus hat,
dasz sie aber an innerem wert hinter den beiden ersten , der Aldina
und Baseler, bedeutend zurücksteht, ist eine bekannte thatsache. wer
sich daher sei es mit einer ganzen schrift oder mit einer einzelnen
stelle dieses autors näher beschäftigen will , musz neben der Eühn-
schen die eine oder andere der genannten ausgaben zu rate ziehen,
dies hat zb. von den wenigen, die sich in neuerer zeit mit Galenos
kritisch beschäftigt haben, Cobet in seiner bekannten weise auszer
acht gelassen und deshalb in der Mnemosyne unter andern die stelle
Gal. VI 641 kSv iir\Te Tp6)ui|LiaTa )LirJT€ voOv diricTUiVTai verbessert
in |LiTiT€ veTv dTricrwvTai, wie es auch bei Piaton Ges. 689 ** heiszt,
auf welche stelle Galenos sich ausdrücklich bezieht, aber die auf die
besserung dieser stelle verwendete mühe war eigentlich unnötig;
die altem ausgaben wie die Baseler (IV 333) haben bereits das rich-
tige veTv : voCv verdankt dem Unverstand der neuem hgg. seine ent-
stehung. in ähnlicher weise ist die ältere tradition durch die neuem
ausgaben verschlechtert worden in den schluszworten Galens zu
einem seiner hauptwerke, zu 7T€pl XP€i<>c fiop(u)V XVII 3 (bd. IV
8. 365 K.). sie lauten bei Kühn: TaOia Tocauia Kai TTiXiKaOia
XPncid Tfic b€iKVU)Li^vTic f||Liiv TTpaTMOTeiac 6 Xötoc oiStoc dJctrep
dTCtOöc TIC dtripböc ÖilTeiTai usw. an stelle des befremdlichen part.
b€iKVU|Li^viic bietet die Aldina biKVucjii^viic : daraus aber läszt sich
leicht mit einer ganz geringen änderung das richtige biiivuCfi^VT]C
herstellen, dasz damit die ursprüngliche lesart gefunden ist, be-
weist die lateinische Übersetzung, die, wie in der editio luntina
octava ausdrücklich bemerkt ist , auf den bekannten Galenos-Über-
setzer Nicolaus von Beggio in Calabrien (Nicolaus Beginns Calaber)
zurückgeht ; dieselbe lautet : haec tota ac tanta huius, quod ad finem
perduximusy operis commoda liier iste vel/ut honus quidam iitcodog
30*
GEeltnreicb: zu Galenos.
expUcaU dasz aber Galenos von der Vollendung eines Schriftwerkes
gern ävuuu und composita verwendet, dafUr will ich statt anderer.
nur die mir gerade gegenwärtige stelle VI s. 777 anführen: aÜTt}'
Top h Xp€i€t Toö vOv i\u\v dvuo|i^vou Xötou ckottöv Ixovtoc
€ÜxiJM*ctv }iiv ^ptdlecGai, ^eüfetv hk KaKOiexviav (gemeint ist die
Schrift ncpl euxufiiöc kqi KaKOXUpictc ipoqpujv). die gleiche Ver-
wechslung von r| und k findet sich in de libr, propr. bd, XIX 9, 10 K,
^ scripta min. U ed, IMüller s. 92, 1 fipTiTO ^lev oöv f[ lOiaÜTllI
^Cjibiouptia Tipö TToXXiwv diiöv, von Cobet mit recht verbessert in
flpKTO usw,
2. GaL V 2, 13 K, = Galeni scripta min. I ed. Marquardt s. 2, 3
ist überliefert: ^vioie pfev Yctp ^(^ ^ep'^ juövuüV tüjv naSrnv auToO
ö XÖTOC TiTveTOL dasx statt des gen. aiitoO der dativ aurur her^
zustellen ist^ zeigt der constante Sprachgebrauch des autors, bei dem
es an unzähligen stellen beiszt 6 Xotoc kii Tivi irepi nvoc oder
TiTveiai tivi trepi (iir^p) xivoc ich führe nur einige belege an:
I 94, 3 TiTvecÖui h* fmiv 6 Xotoc irpöc 6K€ivouc npoTtpov» XVIU B
23» 1 ÖTi ptv ouv 6 Xotoc aüiu) nepi tüjv öHcoiv vocri^dTUJV iv
Touiiu Tvj ßißXitw T^T^vrixai caq)ijuc ^briXuucev. 111, 4 ctXXä nepi
tOjv iltfic dndvTUJV T€TOV^vai töv Xötov auT^j. 296, 10 irepi tüüv
^K jueTOTTTübceuuc TouTuiv eic xpovou ^fjKcc ^KT€ivo|ievujv 6 Xotoc
aÜTUj T^TOV€v, 324, 6 ^v toutoic b\io ßißXiotc 6 Xötoc auTtu
Tiv€Tai. 432, 14 6 Xötoc autu) T^TveTm paKpÖTepoc. 793, 6 6
XÖTOC auTLp TiTvCTai vöv die im napabciTpaTOC. XVII A 674, 11.
874, 18. 989, 15. B 300, 1. 324, 5. 360, 16. VI 759, 2 iv olc ö
XÖTOC |iOi T^TOve Ticpi Td»v ^v xmc ipocpaic buvd|i€u>v.
Der gleiche fehler der Überlieferung findet sich noch an einer an-
dern stelle, nemlieh V 807, 17. hier bieten die ausgaben ^i^ ttoU CU
pikv UTT^p fiXXuJV irpaTiidTuiv dKoOciv iröOqc, ifih V iinkp äXXujv coi
biaX^Tu^^iai Kfineiia npöc Touvo^a jxövov 6 Xötoc imu>v, oO npöc
auTÖ tItvtitüi tö npdTliCt, aber der von mir zu der schrift TTÖicpov
lafpiKfic f[ T^MVCtCTiicfic ^ti tö lÜTieivöv » der diese stelle entnom-
men ist, verglichene codex Laur. 74, 3 hat das richtige fmiv be-
wahrt, ebenso heiszt es III 528, 8 Ötqv öirfep dTidvTiüV TuJv ZIauujv
6 XÖTOC fiMW T^vriTau II 638, 1. I 246, 4 die im napabeiTMciToc
6 XÖTOC i\iiw TiTVCcOuj. VI 235, 8 ö XÖToc f^iv iT^vexo,
3. scripta min, II ed. Müller s. 64, 13 (-« IV 805 K.) ttc Top
oüx ÖP<3^ "TÖ ca>^a Kai Tfjv U'uxnv dirdvTUJV tüüv uttö toTc (1. xaic)
fipKTOtc <dvepobmuv> Iwayruhraja biaKeijueva toic ^tt^c xfic bia-
KCKau^fvnc l\bvr\c; die bss» lassen dvSpuJTiuJV weg; es einzuscbaltea
ist unnötig , wie die parallelstelle I 90, 9 (= acta semin. Erlang.
II 272) f\ TTdvTUJC öv rimaacBe touc fitv vnö TaTc äpxToic ou
cp^poviac xdc dOpöac toö mVaroc Kcviuceic lücncp oubt touc küt*
AtTUiTTÖv tc Kai ÖXtjv t^v Mecr^^ßpiav beweist wenn die tiber^
setsung des Nicolaus Reginas hominum bietet, so wird damit bloss
der griechische artikel wiedergegeben.
AuQSBURO. Georg Helicreioq.
FSkutsch: ad Statu siluas symbolae. I. 469
56.
AD STATU SILVAS SYMBOLAE.
I.
Eis quae una cum Friderico Vollmer amico de nonnuUis silua-
rum Statianarum locis expositurus sum , pauca quaedam de crisis in
siluis factitandae subsidiis praeludo , non quo quaestiones quae huc
spectant intricatissimas partim profligem , id quod nee copiae meae
admittunt et spes est a uiro quodam docto largissimis copiis in-
structo propediem factum iri, sed ut tentaminibus nostris tamquam
fundamentum substruam et occasione oblata res nee scitu indignas
neque explicatu nimis difficiles in publicum proferam. sunt autem
Codices siluarum quiue codicum munere funguntur libri qui mihi
accurate pemotuerunt hi:
a editio princeps, cuius exemplari Corsiniano Angelus Poli-
tianus permultas notas aspersit, quas ex codice Sangallensi a Poggio
inuento iam deperdito transcriptas esse partim Politiani ipsius testi-
monio notis singulis adscripto constat partim uulgo sumitur. atque
illas quidem Baefarensium secuti nos nota A*, reliquas littera A in-
signiuimus. contulit meum. in usum C. Hosius amicus, praeter quam
collationem mihi praesto sunt Beitzensteinii testimonia ad I praef.
et carm. 1 et 2 et Studemundi ad I praef. , 1 et 2 usque ad u. 193,
II praef., IV 1, 1—26. 3—8. V 2, 3 usque ad u. 33 spectantia.
denique in quibus Hosius et Studemundus discrepabant ea denuo
accuratissime inspexit Guil. Kroll amicus.
Ij codicis Laurentiani 29, 32 Carmen II 7 continentis apogra-
phon mihi dono dedit Reitzensteinius , cum codice iterum contulit
Maximilianus Consbruch amicus, ut quae deL infra proferam dubi-
tationi omni exempta sint.
B olim Budensem, nunc Vindobonensem 140 (antea philolog.
142, apud Endlicherum 252 insignitum) anno 1891 huc comiter
transmissum ipse quam potui diligentissime contuli.
R Behdigeranum 125 bibliothecae urbicae Vratislauiensis iden-
tidem excussi. ^
* praeterea Reitzensteinii comitati notitlam codicis Vaticani ac-
ceptam refero, qui hncasqne uirorum doctorum ocalos uidetur effagisse
nee tarnen magno detrimento, cum proprium codicis pretium nuUnm
sit. id quod excerptis eis quae in carmine IIa Baebrensii textn ab-
horrent statim apparebit. est autem codex Vaticanus 6390 post Per-
sium neque interstitio facto neque nouo titulo addito inde a fol. 19
siluas exhibens. I 1, 1 inposito — gemmata — 3 conftrmaia — 4 tep-
sum — 10 Dindymus — ida — 16 bellis — 18 haustis — 23 asserte — 27 cati
— 28 casiris — 29 templa (pro tecta) — 32 capud -— 37 pugnas leuam
tritonia pallas — 38 praetendit — 40 si (pro sie) — 42 Et queis se thae-
mese — 43 clamis — queto — 46 equmtres corr. m. 1 in equesiris —
49 laiae — 51 Aenea — tegit — 52 uisus — 68 laedeus — 54 mtäamt
abhenas — 55 perpetuis — 66 infessaque — 58 Sed — 59 polar at corr,
m. 1 in portaret — 60 atrita — athlantis — 63 strepet — 64 continuus
470
FSkut»cht ad Statu äüuas symbolae. L
Codicum B et B archelTpum communem Mi Baebrensius fecit
littera C notabo,*
Ex codke Matriteiisl M quae babco, epitbalamii editioni a
Herzogio curatae (Lipsiae 1881) et Ooetzii commentaiiom mox
commemoraudae debeo,
Ac primum quidem ut notas A* Bummi pretii esse inter omnes
constat, ita notis A paulatim detrabi coepta est auctoritaa. ut alia
taceam Goetziaa in programcoate lenensi hieme a. 1884/5 emisso
notaB A, 'si aliorum non sunt', adscnptas esse censuit a Politiano
*tamqi2am comuientani quem pollicitus erat fundamentum* i. e. esse
meras Politiani coniecturas (p. YII). attamen banc sententiam ut
olim improbaui (de nom. lat. comp, thes* IX) ita argumentatiose
apta niti ne hudc quidam possum concedere. uertim id accuratius
nun perscquor, cum iam ab aliis argumenta magis idonea pro lata
esse uideam et post anntim b. s. LXXXVIII accuratam Politiani no-
tarum collationein nactus ipsö sententiam mutauerira.
Sunt certe ut multae notae A quae aliunde atque ex libris manu-
senp tis fluxisse non poäsunt &iue coniectura non inueniondae siue uitiis
inquinatae^ ita nonnullae quae quin ex ipso Sangallensi oriundae
6 int uix dubitandum est. prioris generis exempla quaedam affero
ut primum in manus mihi uenerunt: I praef. 9 quid n* quoque
(sie!) a, 0 in lactinae initio addidit A (om. BB); ib. 3,71 archanüB^
h deL, 0 in fine suprascr. A {arcano BB); II 1, 227 ades huc etnissus
ah airo Limine a, supra atro add. s A ut iam idem quod in B le*
gatur astro sensu plane cassum {atro recte B); It 2, 140 blanäamq^
quietctn a, pladdam com A (^ BB); III 5^ 46 iUacas äomos a,
iliacos{l) A {tfliacos B, iliacas Kg); IV 8» 15 dulcis a^ dulcia A*
{quod raetro opertissimc repugnat, J«?mBB); V 1, 230 Siccatam a,
Siccattim{l) A(BB) etc.^ plura si exbcriberemf quod&ane factu facil-
' — moniis — 65 fingit — 67 Famoitiuaue locus — Meruai — 71 Ai(f) —
aöitui — ad lucem adacriptum est uelut Zucem in qtio primain litteram
disceroere non potnit Reitzetuficinias — 73 trepitfuft — 77 Inmortale —
78 autor — 82 {entasten — profunda^ — 8J (acut ted — 86 (raderin
or$u» — 86 lüyppe — 87 Aurata — 92 horrent — 103 Ora feratf nun —
107 tftura.
> qufim arto coirnailonia umculo B et B teneaDtur, öptime apparet
ex libri U praefatione. Ibi enün uerba a B pnmum omiasa, deiade
aupra litieam stippletii Irado I condicio sie pasiia « ut toiut hie alter tiber
(IIa. 3 sqO unnm uersum efficiant in B. eodem trahendum ett qtiod
quae in medio Qer«a a litteria maiascuUs incipioatla habet uocabulaB
PülH (corr. e PorH)^ Vel^ AmimM, Quem (tin, 13 aqq.) ab eis nouaa »eratia
fnctpit in B. ' hoc uolutaRe PoliUaDum contra Baefarensiuiu et
Studemandum (dulci) affirmant Hosiaa et Krolliofi. * interdum nel
notae adscriptae sunt quae quid sibi uelint omnino non poaaij diuinare,
ntsi statt]»« Politiannm bic illie notis A ipaoa codicis coHati ductus
itnitart uoluisso. sie IV 6» 65 iu a iropressus eat Nine acitM uicior ttmper
Ttarrattat opimos, ibi Politianum omues teste» niei Uinc m iinic cor-
rejiisse et uerba idctor iemper siipra ecriptis Itttcm b a inuertitse »cri-
liunt, dissentiunt tiu vo quod suprn tioca^uli aciet litterai» m quam
lineoia deleuit scripsit« ac Studeiuutidus quidem e Htteram dispicere
FSkntech: ad Statu siluas symbolae. I. 471
limum, uix operae pretium facere mihi uiderer, praesertim cum addo
titulos quoque carminum in a a Politiano adscriptos et uersus ab
eo suppletos^ neque ulla codicis nota signatos plerumque egregie
cum BR conspirare. ubique apparent aut exquisitiora aut corrup-
tiora quam quae de suo ingenio Politianus depromere potuerit
quaeque quo magis cum BR concinunt, eo certius est non coniecta,
sed ex codice uel uno uel plus uno cum BR arto cognationis uinculo
coniuncto hausta esse, hunc autem codicem cur non uno alteroue
loco saltem Sangaliensem fuisse dicamus, ego non magis causam in-
uenio quam F. Leo (ind. lect. Gotting. 1892/3 p. 12) uideorque
mihi uel in contrariam partem argumentari posse. namque III 4, 84,
' ubi a coma saucia nisi habet , Politianus in margine adiecit t ätiq
Faucia 'sine dubio errans in tanta P et f litterarum similitudine'
ut recte a Baehrensio adnotatum inuenio/ eandem autem uarie-
tatem habes I 1, 44 ubi ad S{ecurum) in margine adscriptum est
at P. tu num dubitabis quin haec nota A ex eodem codice ex quo
III 4, 84 nota A* fluxerit? eodem spectat quod uel in minimis
rebus consentiunt A et A* uelut Y 2, 153 ubi ül/umqi a exhibet,
supra quod Politianus uaUü scripsit (A), in margine legitur i antiq
uaUü (A*).^ adde locos quibus praeter A et Politiani et Domitii
coniectura adscripta est ut FV 3, 20 seuis a, corr. in senis Poli-
tianus (A), adscribens c scenis (sie potius uidetur esse quam secnis)
et ceno hie populeo (sie esse debet ut est in Domitiana, quamquam
Hosius et Krollius enotarunt Ceno no {ne?) poptUeo] Do Politianus
uidetur omisisse); ceterum seuis B, sceui R.
Sed iam ille ego qui hucusque notarum A defensorem egi , ad
aduersariorum partes transire cogor. etenim uel in exteriore harum
sibi uisus est ita ut corrector hnnc uerborum ordinem esse uoluerit
semper uictor acies, at non c sed s suprascriptam esse testatur Hosius
idque unice uerum esse contra Studemundum affirmat Krollius. equi-
dem quid aciei sibi uelle dicam nescio nisi s litteram in codice a
Politiano collato hoc loco non adscriptam, sed supra scriptam fuisse
idque accurate reddere uoluisse Politianum. neque enim alteram con-
iecturam admitti posse in quam incidas, alio tempore s impressam
deletam, alio s scriptam additam esse, Hosius me certiorem fecit. in
praefationis primae titulo Politianus stellae inter scribendum correxit
in stelle etc.
^ nolo premere uersus I 2, 36. 3, 67 sq. ab a omissos, a Politiano
suppletos, quibus in margine nunc abscisso codicis antiqui notam
additam fuisse suspiceris. sed idem non ualet de HI 2, 22 et IV 3, 130.
uerum ne bis quidem tantum tribuo quantum titulis, quoniam uersus
illi ex Domitii editione hausti esse possunt, cum qua littera tenus con-
spirant, titull non item, in quibus saepe Domitiana a BR discrepat.
^ confirmatur id eo quod Matritensis haoet faucia^ idem B* (corr.
in faucia B^^); sanucia (sie!) R. ^ Politianum in codicis nota colla«
tioni apponenda haudquaquam sibi constitisse et nos infra ubi de
codicis Ij collatione Politianea agetur demonstrabimus et alii uiri docti
in aliis scriptoribus animaduerterunt (uide e. gr. de Columella Haeuss-
uerum 'Überlieferung des Columella' progr. Caroliruh. a. 1889 p. 13).
472
FSkutßch; ad Statu siluas tymbolae. L
notarum habitu iDsunt qoae aucioritatem earum minuant. nam
notas A* omnes ab ipso PoHUano scnptas esse consentiunt quorum
collationes noui, at in ootis A diuersae manus agnoscuntur, qua in
re saepius illi diffioillimum esse praedicant diiadicatu, quid a Poli-
tiano prouenerit quid non prouenerit, ' cuius rei baec sunto exempla
pauca ax multis: I 1, 42 thetnes edidU a; *in temese dcdit corr. P(oli'
tianua)' Ho&ius; 'i^ebr fraglich, ob P.s band, scheint mehr eioe andere
wenig jüngere zu sein' Studemund; ^äebe keinen grund zu zweifeln*
Kroll. — ib. 2| tl duxit a; c suprascriptam esse testatur Hosius de
Politiano non dubitansj 'nicht gagbar, ob dies c wirklich von P. über-
geschrieben ist' Sttidemund; ^etwas dunkler, aber möglicherweise
von P/ Kroll, — ib. 1, 159 quf a, in quam 'corr. Pol.' Stude-
mund, 'a Pol,?' Hosius, ^kaum von Pol.* KrolL — IV 6, 5 mamnt a,
supra scriptum n€t *a Pol.?' Hosius; neque Studemund neque Kroll
dubitauit -* ib. G, 25 E^c a, i supra scriptum ^a Pol.?' Hosius,
'wohl von Pol.' Kroll, non dubitat Studemund. — ^ lY 8, 15 de boc
loco uide quae dixi in adn. 3 ; de Politiano correcturae auctore dubitat
Hosius, nix dubitat Kroll, non dabit^t Studemund. — ib. 8» 51 lam*
pade mixtae a correctum in lumpada mtistae, correctura num a PoL
oriunda sit, dubitare se non signißcat Hosius; 'scheint nicht von
Pol.s band* Studemund, 'wohl sicher nicht von Pol/ Kroll. —
Vi des quam anceps interdum de notarum orlgine sit iudicium. ac
iam fac inuentum iri qui re non cogiiita Politiani fidem in omnibus
noLis assenint; quis tandem uiros illos ignotos, quos ut notas quas
in adn. 8 congessi ita dubiarum qnoque partem scripsisse conicias,
fide dignos esse spondeat?
Sed hoc sane quod in oculorum nostrorum acie deficiente posi-
tum est non ualet ad Politiani fidem eleuandam, quae quantilli
aestimanda sit aliis argumentis euincamus necesse est. unum iam
Baehrensiua perspexit (p, YII sq,): multas editionis principis lec-
tiones quas in Sangallensi reuera extitisse numquam tibi pei'suadeas
Bilentio a Politiano praeteritas esse, en babes aliquot exempla;
I 6, 15 cannas a (errat Baebrensius; Cannes H» camws B; Sang.
quin cannos uel caunos habuerit dubitari nequit); ib. 35 seueriorque
omisso est a {est habent B B) ; ib. 46 quando etiam 9k{quin äiam BB) ;
II 1^ 160 murmura a, Dü{miHus) munera adscr. PoL {munera BB)*;
* Don prouenisse a Politiano fere contentinot e. ^r. notas I 1, 58
Suö genio a, tn marg, Sed adecriptam; 2, tOO aut e^irtma a, mtt in kttud
eorr, ; IV 7,8 Pyndit a» in mar^. pindare; ib. 19 talieemue motu» a, corr.
in Udcenue notui^ adscr. MüenuM; ib. 20 amui* a corr. in armtM\ ih. 26
ei^ciaiu a, corr. in -ta etc. qnae attulr, nt ne hacc qoidem ex Sangal*
lensi hauBia esse — id qaod auBpicantur Baehrensiua p. VI et Qoetains
p. V ^ — appareiit, nam qnater refragfantur Codices nostri cum a con*
sentientes de uera lecttone I 1. &d {Sfd apparet lemere coniecinm esie)
et 2, 100 iaui €^UrnalS.W rcotes pocta sitie saos »tue aliortim amorea
cantt; de boc nocta ta^iemu9 nan Staliano cf. e. gr, VS^TO; haud'B^'EL\
de corruptelis IV 7, 19 et 20 {amnit B. tmmt* B). * otnsmodi malto
plura afferre poterain , ubi PoliUaniis non teMatur nlsi ex DomitH
editione, qnod quin Songallcnsb habnerit dubitoii nequit
e
FSkutsch: ad Statu siluas symbolae. I. 473
170 Tu modo a {Bum modo cum B legendum esse infra demon-
strabo); 2, 69 et 9k {ac BB); 3, 6 Carmen a {causas B, cöä B);
41 iusta a (iuxta BB) ; 6, 33 traiecit a {deprendit B, deprehendü B) ;
in praef. 5 felicüer a, Do fidelüer adscr. Pol. (fidelüer BB)»; 1, 131
cü a (nee BB); IV 2, 40 Ipsum nee cupido a, Do Ipsum ipsumy ego
c {pum met adscr. Pol. (Domitii scripturam unice ueram esse ex
Sangallen»! scire poterat: Ipsum ipsum "BB^^^ 3,66 linterna palus ^
{lUerna pälus BB); 153 nam a {iam BB); 4, 27 possesso a (pos-
sessa BB); 5, 16 hyems a, 2> lyetis adscr. Pol. (?yet*5 BB)»; ib. 65
formosa a {frondosa BB); 8, 39 ponere a (powere BB); V 3, 24
tibi a (^M BB); 209 templa a (^e^wipe BB); 5, 12 plausibus a, 2) pZaw-
^i&w5 Pol. {plantib' B, pälantihus B). *
Haec pauca nee tarnen grauissima exempla ex mnltis habeto;
restat quod eodem spectat argumentum firmissimum : nam si ubique
a non correctam Sangallensis imaginem reddere uoluisset Politianus,
cur tandem hie illic lectioni editionis principis non correctae disertis
uerbis idem in uetere codice legi adscripsisset? id quod fecit I 4, 23,
ubi impressum legitur in a Quis^ in margine adnotatum Pog. Quis^
Do. Quij et similiter II 2, 116 {Hinc a, suprascr. u Do^ adscr. ant (?)
Äic), IV 3, 106 {Prime carbasa uentilantis aure a, adscr. Sic M
atiqus codex)y V 2, 137 {coniuge a, suprascr. ant.)^ 5, 58 {rependis a,
suprascr. sie atiq) '°, ut locos mittam quibus lacunas in a extantes
ex antiquo codice firmauit.
Verumtamen noui aliquid bac disputatione non lucramar: nam
id quidem iam ab aliis perspectum est uel in accuratissimis cetero-
quin Politiani collationibus nusquam silentio eius fidem babendam
esse'* idemque facillime cognosci potest, si collationem codicis L a
Politiano et ipsam ad II 7 in a adscriptam perlustramus. ** inde
quoque scripturas discrepantes omnes enotare supersedit neque mi-
nutias tantum ortbographicas omisit '^ sed talia quoque : 9 Laetae a]
tae L; uittas a] in L litterae u dimidia pars deleta est; 20 ista a]
iste L; 26 uides a] ui in in corr. uid. L'; 28 fertiles cUhenas a] fer-
Ulis atheras L; 29 Unctis a] uindisla] 30 potes a] potes/// {t erasa)
^^ incertissimum I 4, 60 ubi precidem a {precidem "EL, pretiwn B),
^in margine legitur aerbum ex quo cognosco pr et forsitau d^ uidetur
suprascr. pog,^ Hosius. simile quiddam ualet de I 4, 66 ubi plebeiam a,
h
i Hb pog plebeam (? sed incertis litteris nonnullis) Pol. {plebeiam B,
phoebeiam B). ceterum cf. Goetzius p. V, quamquam is de nonnullis
errauit. *^ cf. Keilius praef. ad Catonis de agri cult. p. XIV: 'in-
certior excerptorum fides est in iis quae Politianus non mutata in prin-
cipe editione reliquerat quam in iis quae adscripsit.' *' ea quae ex
codice Ij hausit plerumque littera D siue O (non A ut legitur apud
Baehrensinm praef. p. Xl) insigniuit. qua de re infra nccuratius dicetur.
iB quamquam in minutiis quoque aliquotiens accuratissimum se prae-
buit et in u. 49 et in u. 60 codicis Ij correcturas {reducas corr. in -eis
m. 2, ßuminibus corr. in fulminibus) ductibus suis imitatus. semel in
conferendo codice peccasse uidetur 103 ubi sepulris {?) enotauit, sed
sepulcris est in Ij.
474 FSkutsch: ad Statu siluas sjmbolae. I.
L; 34 mdethe (h del. Polit.) a] meide L; 36 atq; a] a ^ue L (nid
fortasse in a aliquo modo huc spectat atq quod in marg. ad 34 ad-
scriptum esse notat Hosius); ipsam a] ipsum L; 47 senatum a]
sanatum L'^*, 49 ulyxis a (coniectnram aspersit Politianus (^ ei)]
ulxxias L corr. in uJxxis m. 2; 51 uatibus a] uotibus L^; 52 me-
morque a] niemorque ex inemarque corr. L'; 56 aurum a] aurtm L;
79 ti>5a a] tp^e L; 83 ingenio tuo a] ingenUuo L; 87 |>05^ a]
potes IUI L (^ erasa) ; 89 grauesque a] grauesq^ {q^ in ras. a m. 2) L ;
90 nung a] fmm^; L; 105 fata a] /acfa L; 112 tenes a] ^enis L;
121 diem aj dium in (2iem corr. L^ ; silentum a] süentium L ; 126 /Ve-
quentat a] /reguenf L. igitur etsi in hoc codice conferendo for-
tasse ea tantam omisit Politianus quae corrupta in L leguntur'^
certe accurationem eius pro nostro iudicio haudquaquam laudabilem
neque ex silentio eius quicquam coUigendum esse hoc quoqne
exemplo cognoscimus.
Bestat ut de eis notis A, qnas a Politiano ipso scriptas esse pro
certo exploratoque est, iudicium feramus. atqne in his quoque in-
sunt quae e uetere codice non fluxisse partim probabile partim cer-
tum est. pauca quaedam et quae certa mihi uidentur exscribo :
I 5, 38 lucenHhus BRa, liuentibus A. de quo loco haec mecum
communicauit F. Vollmer: 'malam coniecturam fecit Politianus.
liuentibtis non potest eundem habere sensum ac purpureis, ut uoluit
Marklandus. qui quod nos reuocat ad racemos liuentis Properti et
Horati, errat; res ibi plane aliter habet, cf. Kiessling ad Hör. c.
II 5, 12. lucere autem dicit Statins rupes rubicundas I 3, 36 pidurata
hicentia marmora uena et II 2, 92 hie Nomadum luceni flaueniia
saxa, cf. etiam Culicis uersum 171 caput (jserpentis irati)^ cui crista
superne edita puipureo lucevis mactdatur amiäu. nimirum quod ne
Leo quidem uidetur intellexissOi crista purpureum lucens ir& in liui-
dum mutatur colorem , quod in gallis gallinaceis et melius etiam in
gallopauonibus qui hodie dicuntur cottidie conspicitur.'
IV 4, 98 Mole humeri circa magno a, circa del. A nihil adscri-
bens neque quicquam ut uidetur curans nisi ut metrum restitueret ;
Mole humeri an magno BR recte.
IV 8, 59 sqq. huius loci quasi duas recensiones praebent A et C ;
utramque propono subiuncto apparatu critico :
BR: 59 Quippe et opes et origo sinunt hanc lampade prima
60 Fairicias intrare fores, hospuhe sub ipsa,
61 Si modo prona honis inuiäi Caesaris adsint
62 Numina , Bomulei Umen pulsare senatus,
69 hac BR 60 intare B 61 inuictis B
^* ad eloquente u. 46 qaod nihil adnotauit Politianus recte factum
est, hoc enim ipsum habet Ij, non quod testatur Baebrensius elonquente.
*' cf. quae Ouidii Tristibus subscripsit (Qu. Tristia ed. Merkel,
Herol. 1837, p. XXXIII): 'contuli .... cum uetustis duobus codd. . .
obseruaui autem quod soleo, ut de meo nihil adicerem atque ne illa
quidem omitterem interdum (I!) quae mendosa esse liquebat.'
FSkutsch: ad Statu siluas eymbolae. I. 475
apparet omnia egregie se habere. lulii Menecratis filiolae(^anou. 59)
felices nuptias^® praedicit poeta, paeris dignitatem senatoriam, id
quod ad totius carminis indolem perbene quadrat (cf. e. g. u. 27).
sententiam foede corrupit Politianus :
A: 59 Quippe et opes et origo sinunt: hac lampade prima
60 Patricias intrate fores^ his pube suh ipsa
61 Si modo prona honis inuicti Caesaris adsint
62 Numina, Bomülei Urnen ptdsate senatiis.
distinxi. 60 inirare a, / supra r alterum add. A fores a,
super 8 uelnt / adscriptum uidetar quod qaid sibi uelit non satis per-
spicitar; abhorrere a Politiani scriptura Krollio, uncns casu f actus esse
Studemundo uidetur hos a, i suprascr. A 61 bibis a, supra ib
adscr. on A 62 Nomina a, u suprascr. A pulsare a, super r extat
littera una quae quin / fuerit uiz dubitant Hoslus ei Kroll, non dubitat
Studemuud.
Equidem quae hoc loco A exhibet non ualeo explicare nisi ut
sumam Politianum forma hac^ quae pro hanc iam in Sangallensi
uidetur fuisse, in errorem inductum in reliquis coniecturas infelicis-
simas siue excogitasse siue adsciuisse.
V 1, 181 lAnquo equidem thälamos säluo tamen ordine noctis
Quod prior a. pro noctis uocabulo nihili mestos habet A. quod
tamen prolepsi satis inepta dictum esset et aliud plane in Sangallensi
infuisse ex B (mostis) et B {motiSy cf. ifmauiq^ I 2, 92, mecihus
II 1, 73, capiturY 1, 150 B, cöpus III 4» 70 Polit, et sim.) concludo.
cum enim in codice uetere r et 5 facillime permutari potuisse aliis
quoque exemplis appareat", mihi unice uere scribi uidetur sahio
tamen ordine mortis , quod multo certe exquisitius quam illud dic-
tum esse apparet neque fraudi nouiciae deberi ipsa ratione palaeogra«
phica euincitur.
V 3, 181 Monstrastis (A*) aliis B; Monstratis aliis Ba. illud
quin in Sangallensi fuerit fieri non potest, nam si ab interpola-
tore inuentum esset pro eo quod Politianus adscripsit siue Mon-
strastis (Jl*) hälis (A) siue Monstratis (a) hälis (A), cur tandem in-
uentorem inuentum egregium {Monstrasti Säliis) mala uerborum
diuisione obscuraturum fuisse putas? at Domitius scripsit iKfon^ro^i^
älis, quod de augurio intellegi uult, idque aspiratione male addita
in exemplar suum transtulit Politianus. ^®
^* de lampade prima post Oronouium diatr. I p. 446 egregie dispu-
tauit ESchwartz ind. lect Rost. aest. 1889 p. 6. ^^ III 3, 18 Tpli-
citor li^ pog, A*, implicitos E, implidtor B' (* suprascr. m. 2); V 6, 8
t ant, lacescis A*, lacestis B, om. B. cf. IV 5, 10 crinitua BB, ubi cn-
nitnr rectc A. *^ addi possunt multa et certa et incertiora ut II 1, 191
(effigiem A, effigies BBa), V praef. 7 sqq. (pietas . , , et morum iuorum
pars ei nuUi non conciliare te . . . polest BB; pietas , , . et morum pars
4- nulli cum concitiare ie . . . polest a, ubi Politianus tuorü addidlt, cum
in nö correxit et <f* ante nulli deleuit cum Domitiana concinens, quae
uel 710 hoc ipso modo scripta exhibet; qiii consensus etiam IV 8, 59 sqq.,
licet ibi Domitiana intrare recte seruauerit, et plena pro prona exhibeat,
476 FSkutsch: ad Statu silaas symbolae. I.
Verum quid ego ezempla coUigo de quibus alii haud scio an
aliter iudicaturi sint, cum rem ipsam loqui in carmine II 7 nuper
egregie perspexerint F. Leo p. 12 quamuis de Baebrensii in codice
L conferendo fide immerito dubitans et M. Bomietus rev. de pbil.
XVI (1892) p. 185 sq.? miro enim modo interdum illic C et Ii ut
inter se consentientes ita ab A dissentientes uidemus: tit. oppiam
LBB, poUam F (in a titulus haec tantum habet Genodiacon [sie!
corr. A] Lncani); u. 3 concUauü LBBa, concUatus A.^' iam nisi
cum Baehrensio eum qui C ezarauit ipsum L in hoc carmine ad-
bibuisse statuis, quomodo Politiani fidem defendas non habes. istuo
autem ut statuas, facere non potes, nam ut sunt in quibus AC contra
L conspirent*^, ita nullam omnino probabilitatem habet codicem
lunii Nipsi (quem carmen Statianum continere quis suspicabitur ?)
ad codicis Sangallensis apographon C emendandum adhibitum esse,
quid dico emendandum? cui, siquidem duae illae quas supra dixi
lectiones ex L fluxerunt, boni nihil, sed corruptelae manifestissimae
inde illatae sint. manifesto puto fiirti uel , ut uerius dicam , negle-
gentiae tenes Politianum qui e libri II praef. lin. 25 eque ipsius car-
minis uersu 120 titulo uerum Lucani uxoris nomen coniectura in-
et V 1, 181 et alibi agnoacitur), V 3, 237 {labat incerto mihi limine rur-
SU8 a, Hmite cursus BB; lünite uersus^ Do cursus adscr. Politianas, cf.
ann. 9); 5,37 (puero mortuo pudeat Thebasque nouunique Aeaciden: nil
iam piacidum manabat ob ore BB; pro manabat quod intellegi nequit
manabit exbibet Politianas idemqae Domitiana). de talibus certe locis
notas A castigatissimam prae se ferro speciem non immerito prae-
dicavit Qoetzius p. VII. quod tarnen neque in nniuersum aalet neqae
ex sola specie oastigatiore , nblcumque A et C discrepant, contra
A concladere licet: nam mirum non esset multa emendatiora legi
in notis a Politiano niro docto ex ipso archetjpo exscriptis quam
in codicibus recentioribus et scribarum indoctissimomm partim manns
perpessis (explicatur magna pars discrepantiarum uitiis leuissimis in
scriptura minuscula sescentiens obuiis; permutantur m et in, n et u,
a et 7/, r et « et similia multa) neque interpolationis labe immnnibus.
atque quod haeo non satis pependit eo maxime Qoetzius peccasse mihi
uidetur.
*^ aliter comparatus est u. 59 ubiBBIia consentiunt in pro/W*ff/z<r
nee tamen e solum supra o adscriptum est a Politiano, sed Do quoque,
cuius editio reuera praeferetur exbibet, ut falsum sit Baehrensii de A
testiraonium. at adhibere fortasse poterimus u. 49, ubi reducis BBIia
(in Ii t ex a correctum esse nee tamen a m. 1 ut uult Baehrensius,
sed a m. 2 testatur Consbruchius), reduces A. Politianus recte quidem
locum intellexit (retinendum est tardi librorum ut V 3, 148 quoque
Vlixes tardus dicitur, reducem autem uiam Statins dixit ut irreducem
Lucanus IX 408), sed cur accusatiui formam usitatiorem reduces libris
IiC inuitis reponamus nil uidetur causae inueniri posse. *® u. 55
Ludes Ii, Laudaa AB, Landes Ba. Ludes ex ? quoque enotauit Baehren-
sius. neque igitur archetjpi C scriptor hoc loco codicem Ii adhibuisset,
sed is qui deteriorum codicum archetjpnm confecit. u. 128 Ac ABB,
Ad Iia. u. 108 in a nihil legitur nisi leuatum suprascriptis in fino
litteris s D{omitb{s); ergo hie locus e multis illis est ubi Baehrensius
neglegeutia haud facile excusanda, de qua ipse dixit praef. p. VIII ann.,
litteram A addidit.
FSkutsch: ad Statii Bilaas symbolae. I. 477
iulerit itemque uersu tertio uerum coniectura ut necessaria ita in-
uentu facili restituerit.
Quid autem de eis locis dicemus ubi AL contra C conspirant
quosque iam appono: 40 et 99 orpheos BBa, orfeos AL; 59 Orpheus
BBa, orfem AL; 63 allocutione Ba, aUoqutione'B,^ adlocutione AIm]
107 Ät BBa, Äc AL. eritne qui has quoque Dotas contendat ex
Sangallensis collatione fluxisse? an non necesse erit concedi has
quidem lectiones ex Laurentiano oriundas esse omisso tan tum a
Politiano coUatore neglegenti distinctionis signo D quod aliis locis
scripturis e Laurentiano depromptis appinxit?
Atque ut in eis quae antea Politiano obiecimus sie in hac quoque
re disertis paene uerbis Angelus ipse declarat notas A non ubique
ex Sangallensi haustas esse, nonnullis enim locis adscripsit quidem
lectionem Sangallensis praeterea tamen alteram scripturam nullis
siglis insignitam addens. buc pertinet 1 4, 88 ubi Politianus ei quod
habet a latea deleta t littera ec suprascripsit'* et in margine sinistro
addidit t co pog' lacera {lacera BB). inde iudicium faciendum de
Y 3, 105 ubi cmeremqy a, suprascr. a Politiano crimen^ sed postea
deletum et in margine additum t ant crinetn (crinem BB). sed gra-
uissimum eius generis exemplum est III 4, 70, ubi iorpens in textu
impressum deleuit et corpus suprascripsit, addidit uero in margine
i antiq sie e corpeus c* " cöpus. conclamata res est : reus ipse con-
fitetur notam A suam ipsius esse coniecturam a lectione Sangallensis
diuersam."
Demonstrasse mihi uideor notas A esse uastam congeriem lectio-
num e fontibus diuersis a Politiano haustarum , cum ex Sangallensi
et Laurentiano tum ex ipsius ingenio*^; alios fontes fortasse alii in-
uestigabunt.^^ neque igitur nego notarum A partem optimae ori-
ginis et indolis esse, uerum eam ita commixtam et confusam esse
aio cum fucatis et uilibus, ut tuto iis insistere haudquaquam possis,
ubicumque euinci non poterit — id quod ut euincatur rarissime con-
tinget — eam ipsam de qua agitur notam ex Sangallensi exscriptam
esse, paucissimis bis exceptis notarum A ubi a codicibus nostris
dissentiunt in crisi Statiana non magis rationem habendam esse
censeo quam coniecturarum quae ad textum emendandum hie illic
adscisci possunt.
2^ hoc quid sibi nelit sane nescio. nisi Hosii mei accuratioDO
dubitationem uix admitti crederem, Politianum ei supra scripsisse et
IcLeta uoluisse suspicarer. '* i. e. conice sine conied, quam notam con-
iecturis suis saepe appinxit. falsa de A* testatur Baehrenslos. Corpus
BB. '^ cf. I 5, 41 ubi in textu Politianus disdnctu in distindu corr.
et in margine adscripsit c^ distindu, ^ nam quod Hosins mens Poli-
tianum coniecturas cum suas ipsius tum aliorum uirorum doctorum nota
c^ uel similibus adscriptis significare solitum esse dicit (mus. Rhen.
XLVI p. 584 ann. 3), hanc consuetudinem haudquaquam constanter
Angelum seruasse non solum nos ipsi demonstrauimus, uerum ab aliis
quoque in aliis collationibus ab eo factis dudum perspectum est (Gato
ed. Keil praef. p. VII). '^ uide quae de Domitiana monui ann. 18.
478
FSkutech: ad Statu siluas ajmbolae. L
Eine consectarium est de codicum nostrornm pretio iudiciam
Botis A* solis comparatis 6en debere. confirmatur hoc modo id
quod Codices B et B solos perlustrans statui in uninersum quidem
B' sinceriorem testem esse quam B^ et B qui persaepe concordant
(cf. Baehrensiuä p, IX)." etenim com LX^II locis nisi qaid me
fugit ueteris codi eis testimomum Politianus aduocauerit^ prorsus cum
BB testimonia consentiiint , si a mmutiis ortbographicis uelut
e e, a on, ü um commutatis et uocabulis per compendium scriptia
recesseris (ut ms pro cüiasos K II 6, 58), locis his*^: I 2, 44 Sedisses^
84 fodi*\ 147 uiridis*^; 3» 63 demet, 84 lucrineque^ 4, 23 Quis,
88 lacera\ 6^ 20 pregnätes; II pr. 26 constderemtis^ 1, 72 turho.\
(notara A* male om. Baehrensios), 88 Megisse^ 229 Qlaucia m-
ÄO«to(?)^; 2, 116 hinc^^; 6, 3 accedere (pote&t tarnen aa^ere esse
•• pAiicfi* qaaedara ex primis canuiniba« exempla subscribo: 1 1, 1 molea
BS seäex B*B; 2 per actum B*, per mtras B*R; 81 qtif>d Mi te B», ^uwi H
modo B<H; ib. 2,63 dulce BK uoce B*H; 95 Ute B\ ire B*B (om, Herzog);
212 AjiTiuil B\ Adiuuat B»B; 234 phebeio MB^ (om. Herzog)» pUbew
B'R; S» 41 nuth B^, in Wo B*K etc, noo ubique Urnen» etsi plerumqtia \
ita factum est, uerum sernaoitB*; siue rectum sine nestigia rectt extaal
In B^B uelut bis locts: I 1, 15 equo9 B^B, honoM B*; 2, 221 nisa B*B,
uiga B'; 3, 96 petiis&e B^B, pecu9 es^se B\ et alii» locia (cf. imprimis
I % 203 et 4. 23 de quibus infra dicetnr). interpotationis tu B extantiso
eiiam Tibi in B nihil manus secunda adscripsit atint documetita granis-j
Bima e. gr* I 4, 97 pueri sonuere ministri {pueri sonuütin in oitro [corr,
ex astro m. 1] B); III 2, 87 Quos (com in Quas) tibi currenü precepM
ferai adria moras {Quo* t, c, p» gerat kadria mores B'; morex in mc^r^tl
corr. B*); III 4 tit. Capilli flmii erini {Capilli FlauiJ lerinj B); IV 6, 4TJ
etfclopes (thelcine^ B) al. ne B* quiiiem ex B descriptus est; uide e.
I 2« 128 hinc iuda BS hinc uincla B» huic uda Wi 161 ad fata Wl
a/fata B*; 222 hinc ex Huic ut uid» corr. B*, Mü R; IV 5, 17 lau
A'^B^B» leuanl B^ *'' nou recte notam A* Baehrensius bis locis ad-
scripsit: I 3, 20 ubi autem a, anien supra sct. A; ib. ae ubi tuna a, in
mar^. adacr. Do (?) ttena enotauit Hosius; II pr. 5 ubi ejopectet a, adacr»!
nihil nisi Do expecietur eecundum Hosium et Stailemundum; V 5, 68]
ubi iummitm a, sqprascr. of et in margine additum alt nmium Do nöpba»
ergo tribus locifl ultimis ne A quidem nota admitti debebat. — Signum!
0 siae c (I 5, 15 o adueriite; II 1^ 64 c adqt) coniecturatn potius quam
codicem uidetur significare, quoniam utroqne loco BB cum a factuut
(auertite [a uertice aH*], atque). ^ fodi in cod. ant^ in exemplari
Corsiaiauo legit lloaiua; male A adscribunt Baehrensius et Stcdemundus
apnd Herzogtum, *^ extra dubiam uidetur positum esse quin sie Ban-
gallensis babuerit. legitur enim in exemplarU Corsimam margine amt^i
ulridis litteris a Politiano non abfaorrentibns et atramento fueciore sane,
ted quod alibi qaoque a Politiano adhibitum est (e. gr. In adootatione
quam babes apud Haebrensiom p. 5 »q.)- uernm quid ea sibi uelint
quae praeterea Polittanus adacripdit, non constat, deleuit enim quod
in a erat uiridut et aupra id haec fere uidetur iicripaiasa (oam de iit
Unt'} ut? a/V] et litteria nlH plus minuaue dubttaut Hoiioa et KroUiu«;
Studemundum autem in eis quae apud Herxogiam protulit certum e«|
erraiae): 'l /i/ ui niiidis, in re ancipiti nolo coniecturai pffutire»
*" 6(auciax insonles a; in marg. legitur Do addit nh i Hh, pog, . . ♦ . ,
noqae qnicquam ampliaa diapicitur niai 8 loco quiato tine aexto.
*• hU A', fÜHc R» fiin^ B (corr. m. l puto).
FSkutdch: ad Statii siluas symbolae. 1. 479
in A"^), 48 ptidor unde (falsa do A^ testatur Baehrensius), 58 causas^
104 habüure^ lOö amori*^ 7, 134 festus (male om. Baehrensius);
ni 1, 86 coüus^ 144 pumceis'^ 2, 124 mmine-^ IV 2, 27 lacuna inter
nitet et muUa^ 5, 17 lauant (de B* cf. adn. 26), 42 arto om. lacunae
signo nuUo ; 6, 35 artus^ 52 tälee (in ras. scripsit B minoribus litteris),
87 Orndbat^\ V praef. 17 inuenisse-^ 2, 137 coniuge^ 153 uMü\
3, 105 crinem^ l^Opröhaiur^ 241 siitmgere; 5, 14 cniminay 24 sqq.
lacunae in mediis uersibus (de singulis uide infra), 38 quotiens^
53 5i, 58 r^endis, 76 tmum om., 77 inde om., 84 cadentes om.
nihil diiudicari potest de locis II 4, 3 {murmura BB; munera a, in
marg. Do murmura adscr. Politianus, iuxta uidetar extare lectio
libri antiqui) et II 5, 8 {Nam [non A] grege mcissüio [i posterius
del. A] curuaque indagine clcmstis; in marg. adscr. Politianus jto^.
quod quo pertineat nescio; BB «= A).
Reliquis locis non saepe BB conspirant contra A*: I 6, 10 Jam
uelaria linea {lanea?) A*, lam ueUaria linea BB"; HI 4, 70 cor-
petis A*, corptts BB; IV 3, 81 seruüusque A*, stmäusq^ BB'*; 106
uentüantis A*, uentüatis BB; V 2, 153 subihis A*, sub iUis BB ; 3, 219
Quam tuus A*, Quamuis BB; praeterea duobus locis quibus A*
duplicem lectionem habuit, alteram uterque omittit: II 3, 55 umhris a,
in marg. adscr. humeriSy uiq^ t li poggi (male om. Baehrensius),
umbris BB; IV 1, 23 ans a, in marg. haec adscripta sunt quae
egregie expediuit Hosius, Studemundus hie illic frustra tentauerat
utnqi ht codex poggii aris uf astris, aris BB.
Deinde raro A'^B consentiunt contra B: 12, 203 nüidae A*
(sie clarissime legitur) B, mtiade MB (in nüiqde corr. B*); 4, 23
numine A*B*B, carmineB^^ 60? cf. ann. 10; post 86 inculcatur
hie uersus in aB (et in margine codicis B a manu recentiore)
AttoUam cantu gaudet trasimenus (thrasymennus B) et älpes, omit-
tunt A* (cf. Baehrensius p. VI ann.) B'B*; II 3, 3 iiadis A*B,
nadis B* (corr. in nodis a manu nescioqua [2?]); III 4, 81 crinis
A*B, trinis B; V 5, 31 nee eburno A*B, nee hebuno B (® et
prima litterae n hasta in rasura scripta sunt ; antea hebuUo uel
simile quiddam fuisse uid.). interpolationis igitur suspicionem B
ter tantum habet in uno carmine 1 4 ; reliqua uitia et leuissima sunt
et ex scriptura minuscula fere facilem explicatum habent.
'* t ntiq^ /) ^bo (sie coli. A V 5, 68 [ann. 27] conieceram legeodam
esse pro eo quod Hosius enotaaerat ifibe idqae iam nerum esse con-
firmat Krollias; nihil expediuerat Studeinandasj Omabat A.^^ sed ab ipso
Politiano deletnm» Coenabit a. deleuitne quod improbabat? ut oodiois
Ii aliorumque lectiones improbandas eum omisisse snpra cognonimus.
'^ quoniam bellaria unice uerum est, peccauit fortasse Politianus.
^ Sed grates ego strictiusq^ ianti a, in marg. sin. adscr. pog, Sed
graies ago seruiiusque tanti est. uerum seruitus in Poggiano non per-
spicue scriptum fuisse inde discimus quod in marg. dextro haec antea
scripserat Politianus: Do strictus atque tanti e poggi strictusque (?) tanti
est c^ seruitus quae postea deleuit.
480
FSkutsch: ad Statu siiaas eymbolae. I.
At B refellitur lectiombaa A*B (siue B') loeis hiace: 1 4, 66,
ubi tarnen de A* non certo constat, cf, atm. 10; II 1, 218 init A*B
(in quo sane in e correctura m. 2 legitur), inter B; 3, 10 kec A*,
htc B, cf: B; III 2^ 56 Seuus et A^, in B 5 d supra lineam scriptum
est a m. 1 , quae et Sexm ex Seuit nidetur correxisse, Seuus uhi B;
III 3, 18 cf. ann. 17; '32 aonias A*BB*, aoninasW:, 114 YuUibus
et sihinici shnilis natorum gratia monstrat A*B, sibimä om. B;
ö, 57 in tracm A* B, infratiu B; IV pr. 8 se quam qttod quaria A*B\
nisi quod quaria B*B; V 1, 82 rotage A*, rotagae B, rogatf B;
2, 48 neniea A*, ne-mea B, nemee B; 3, 181 Jülonstrastis A*B,
Mcnstratis B; 263 uouit A*B, nouitB.\ 5,2b tmmü ttdusA^B;
cui nul natus (pro t fortasse c incohauerat) B. eodem üalent
illi uersus in quibus inier A* et B quoque discrepantia interoedit,
uenim longe illa minor ea quae est inter A* et B; 14, 90 ueldei a
(pro Vekdae et) ^ quod totum deleuit PoUlianus adscribens f U* pag
Yeldne^^ Do Veleäe, ueJd4Ji^ et B (m. 2 nid. expnnxisse), uelddB.;
II 2, 82 Uman (sicI/a*, Umau B'^\ Umam B'B ; III pr. 17 metiumA*,
mecium B. meum B; 4,84 cf* ann, 6 ; IV 3^ 169 ahnues A*, ahimos B
(corr. m. 1), annucs B"; V 3, 209 Suota A***, Mola es luoc{t?)a
corr. B', inoia B; 5, 8 cf. ann. 17 ; 6, 27 /y ü est A* (errat
Bachreiisius), l^ est B, r^ B (omisso Iif),
MuUo igitur saepius quam B' codicem B neglegentiae et fraudis
reum esse apparet, ut nbicumque B et B differnnt, si 6en potesU
B dux eligenduü sit. quamquam ne hie quidem interpolationibns
ubique immunis est, sed B^B, etsi saepe in fallaciis conspirant (cf.
imprimis IV pr. 8)» tarnen bic ilHc uerum quoque seruarunt, id quod
dilucide apparet I 2, 203 aL unde, ut saltem nnum exemplum lllius
rei proferam, aequitur III 1, 12 0 fdix pietas^ quod ex Rebdigerano
A. Otto mus. Rben. XLII p, 535 commendauiti abiciendum esse, cum
in Budensi baec lectio a manu spcunda demum incnlcata &it pro ea
quam prima scripserat 0 uelox picetas (sie), atque uelox prob um
esse etiam ipsum carminis argumentum satis declarat, quod in cele*
branda PoUii in aedificando Uerculie templo celeritate uersatur.'*
>^ fortAsse Ijic qaoqae nliqua Politianl neglegcntia subest obllti te
ueldet impreMiLin totutn deleuisse. quamqa&ni Domiüana baec tantnm
habet Capiiuaeq\ prects ueleäae quae maxima nuper^ *• qtmmqtiam de
mana ilJa quae imatt scripsit alibi fosttia dicendum ertt. *^ In eodem
uefsii quod B Sandes, B Scandett habet, dolendnm est ex A* margine
abscisjo nll iam uideri superetse ciai , . . . et litiera«. *> liiterae I
formam typographuB ut potuit imitatus est. uide» quoroodö fieH potoerit
ttl ideotidem l et Ä in banpallensi perniiiUrentur (I 4, 66 cf. ann« 10;
I S, 2S4 pleöeio B*B, phebeio MB<), >* M ad A* propius aecedere
quam B et B demoostrant quae inde Goetiius p. VII eaotaait, cai et^ii
C a Baebrenaio male consarcinattts IXI 4, SI et V 3, 209 ei falsa de
A* adnotatio V 5, 68 fraiidi fueriiDt (atque omnmo neqne qoac de
AA* neque quae de C adnotauit Baehrensius eiusmodi ffunt ut ianiti
eis GoetsiiiH debnerit), Umefi loci« IV 1, 23. 8, 106. 15^; V 2, 15d, qai-
bus contra BB prorsas cum A* facit, praestantiam aliquam MatriteusU
{
FSkutsch: ad Statii siluas symbolae. I. 481
Notas A* postquam proposui omnes abiectis notis A , uidetor
quaeri posse cur Ulis LXXXII locis potissimum Politianus lectiones
disertis uerbis ad Sangaliensem relatas adscripserit. quod respon-
deam certi nihil habeo. neque tarnen temere prorsus conicere mihi
uideor id spectasse Politianum ut notis A* Domitium Calderinum
refelleret. etenim eis locis quibus ea ipsa quae in a leguntur ex
Sangallensi Politianus firmauit reete Goetzius p. V suspicatus est
praeter A* a Politiano lectionem Domitianam adscriptam esse^;
Goetzii autem uestigia secutus ego inueni simile quiddam fere in
omnes locos LXXXII cadere. nam praeter eos uersus in quibus quid
Politianus uoluerit non constat I 4, 60 et II 5, 8 locis triginta
Septem praeter notas A* Domitii lectiones adscripsit, triginta tribus
non adscripsit quidem, uerum ei omnes ita comparati sunt, ut id quod
in a Impressum legitur cum Domitiana prorsus concordet. uidentur
adnumerandi esse V 2, 48 [uectUa a, nemea A*, nemeea Domitiana),
ubi in a adscriptum est nemeea Domitianum , uerum adferri uidetur
tamquam coniectura ab ipso Politiano facta (c nemeea) , et I 4, 88
QMea a, lacera A*^ laeta Domitiana), si in adn. 21 recte conieci in a
suprascriptum esse laeta ; omisisse autem Politianum interdum notam
Do aliis puto exemplis satis docuimus. sex locis sane lectiones Do-
mitianae adscriptae non sunt quamuis ab a abhorrentes , uerum ne
illic quidem cum A* coeunt: lU 3, 32 aut anitnasque a, aontasgii A*,
aeternasque D(omitiana); 4, 81 soVus uiäor a, crinis A*^ uertex
solus D; lY 3, 159 öhuius a, ahnues A*, ohuios D ; 6, 87 CoenahU a,
Ornahat A* (sed cf. adn. 32), Coenabat D; V 5, 24 cum in ter-
dena a, lacunam confirmat A"", cum medüor terdena D; 27 .... es^ a,
ly . . ,ü est A*y dolor prohibä D. denique duo tantum loci restant
quibus lectiones Domitianae notis A* confirmantur non adscripta a
Politiano II 3, 10 (d a, hec A*, haec D), adscripta HI 1, 144
(puniiceis a^ Politianus in margine adiecit c [? cum] Do pog pu^iceiSy
puniceis D).
Coniectura quam notis A* et editione Domitiana inter se col-
latis periclitatus sum aliunde confirmari uidetur. nam in epistula
illa quam de adnotationibus 'domestici exemplaris marginibus ad-
scriptis' eo ipso quo obiit anno (1494) Politianus ad Philippum
Beroaldum dedit (epist. VI 1 = Politiani opera ed. Basileae 1553
p. 73 sqq.) non solum illas se adscripsisse testatur ut Domitium
refutaret *offensus iam tum** quod multa ille parum perspecte pro-
didisset quae fere omnes tamen quasi coelitus demissa mirabantur*,
sed etiam multa quae inde excerpsit ad locos notis A* insignes per-
tinent: I 3, 84 'conquerimur et quod apud eundem pro Lucrinis
domibus Laciniae sint nuUo idoneo sensu contra exemplarium fidem,
apparere concedimus. optandum igitar nt collatio Loewiana tandem
aliquando edatar.
*^ non debil itatur hoc modo argumentam quo no8 sapra p. 473 usl
sumas. ^^ 'uiaente adhuc Domitio.'
Jahrbücher f&r eUss. philol. 1898 hfl. 7. 31
FSkutgch: ad Statu eiluas s^mbohie* I,
reclamantibiis et pjllabis dtiabus'; TI 1, 72 et B8 'in Glaucta . . im-
probaoms * . hirba catastae^ sed et illud Ät kglsse iunaV \ III 3, 32 'in
Hetrusci lacrymis male illud Ad^nasque nitro sacrauimus umhras*;
4, 70 et 81 ^nec con€us$um uidnere torpens ipsi legitnus, imo corpus^* i
aicuti crinis apud nos qui est apud illum «^er*; IV 3, 81 'üersicu-
lum qaoque illum Sed graJtts ago stridus atquc t^titi est sie equi-
dem in exemplaribus inuenio Sed graies ago seruttusquc ianti est*;
6, 62 'illud Aut eleae lucis ipso refellitur syllabarum uitio*; V 2, 48
'respuo Nemeam*] 3,219 Hegit ibidem Qualis et ille dies: at egoQuafn
iuus üle dies* ; ö, 8, 24 sqq., 84 'multa in epicedio quoque pueri nel
notaui uel emendaui* puta illud Quis error? quem luimus fafUis
moeroribus ecce lacertis . . et quae multa parum cohaerenter intercisa
fiupplet . . praeterea nUantes nibili uocem\ *'
Denique caue puteB quae de PoHtiani in adscribendis noUs A*
con&iiio coniecimus pugnare cum eis quae exemplari Corsiniano sub-
scripsit (cL Baehrensius p. V sq.). quae quomodo Noblias (wocb.
f. claBs. pbiL 1885 p, 48) contra Goetzium adbibere posse sibi uisua
sit non capio. illa enim subscriptione id tan tum praedicat Politianna
cautionem sibi fuisse nequid 'in corrigendo hoc nostro (Corsiniano)
ab iUo (Sangallensi) mutaret'. quot locos autem correierit, omnea
an paitcos, non magis dicit quam qno consilio correxerit aatis habens
fidem suam in omnibus quae exscripsisset asseruisse.
ADDITAilENTVM.
Dum nuper Yindobonae pbilologi luculentissimoB degimus dies,
contigit mihi ut codicem Salisburgenaem (nunc biblioth. Palat. 76)
Statii Tbebaida Acbilleida Siluas coutinentem inspicerem. is autem
Behdigerano et Budensi accuratius in libri secundi praefatione uer-
&uum dlFtinctionem quae erat in arcbetjpo äeruauit, in quo bexa-
metrornm modo praefatio scripta erat, inclpinnt autem singuli
nersus ab liia uerbis Et Nee Colore Trado Mens Habet
Qmdem CompUscus YyJl/nm Tt excusandam Nee nunc Jndico
Esoamvnei Cum pene PoUi mei Vd in Amious rf* psUacum
Loco Bcriptos Mansuetua Frigidum Traderem Candidis*
8mü Scriptum Que ipsi Eius tibi Lucani ffunc dktii Ego
non Beuereniiam Exametros MeUor Accipiant, quocum Bu-
densis non solum de primarum linearum initiia (usque ad Quälern)
consentit, nerum nbiqoe fere etiam de litteris maiuscnlis; dlffert
enim In big tantum looo 17, mansuetus 18 (pro quo Quem in posnit
^' boc loco qDoniftm in exemplari Cor»iQlaDO nota Politiaoi «sl
r aniiq^ sie e cor^eus e^ c5pu$^ uiddi in epistnlam PoHtUimm non San*
gaÜensis tunttitn lectionei — id qaod innuere uidetar eis quae de I 3^ 84
et IV 3, Sl ad Beroaldam scripsit — sed comecttir«s qooque rettalivse
neque igitnr notis A Tilhtm preüimi inde acceüere quod eamm atioque
pars ia epittula commemoratar. neqae ntquiun ift epistnla 'exeiDplanana
ßde' qutcqoani ex eis firraaiur qua« notae A babeat. *' baac ia
fine uersus 84 anppleuerat Domititta,
FSkutsch: ad Statii silaas symbolae. I. 483
minus recte), traderem^ candtdissimum y scriptam^ que ipsi^ eius tibi
(pro quo male Exdudit posuit) 20 sqq., accipiant 30. Behdigeranum
cum bic illic tantum litteras maiusculas seruauerit {CüpeneeiPoUi mei
1. 13, Ego non 1. 26), tarnen et ipsum eundem archetypum eandemque
uersuum discriptionem referre alia uia demonstrauimus supra adn. 2.
Salisburgensis autem etsi in hac re arcbetjpi speciem reliquis codici-
bus meis accuratius exbibet, a notis A* tarnen saepius quam illi
recedit, licet in bis quoque interdum diligentiorem se praebeat**
(11 1, 218 Quicad inü, 2, 82 liman, III pr. 17 Mdium, 2, 56 Seuus
d: e puppig 3, 18 implicUor [us suprascr. manus multo recentior],
IV 6, 52 talee, V 2 48 nemea^ 5, 8 quem l[I?]unius tantis morienti"
tus ecce latescis^ etsi ne hoc quidem cum A* prorsus congruit).^* in
quibus differt baec sunt: I 2, 203 inhade, ^,QOpräium, QQpheheiam^
86 uersum spurium exbibet, de quo diximus supra p. 479, 6, 20
PregnaceSy II 1, 229 Glaucias insontes^ 3, 10 6^, 55 umbriSy 6, 3
assurgere^ III 3, 114 d; simüis uoto^iy 4, 70 torpens^ 84 saiuna, 5, 57
in thrada , IV pr. 8 se quam qtt martia (sie) ad honorem tuum per-
iinetj 1, 23 am, 3, 81 Sed grates ego straäusq^ tanti esty 106 uenti-
Mis, 159 Sandes heUiger ahimesq^, 5, 17 leuanty V 1, 82 roteue^
2, 153 suh iUiSy 3, 181 Monstratis^ 209 Mostq^ (+ in marg.), 219
Quam Lmis (+ in marg.), 5, 8 (uide supra), 25 näus^ 27 U ... est
atq^. in quibus sane foeda scribentis socordia et ignorantia apparet,
interpolatio quae huic codici soli propria sit fere nulla. nam I 4, 60 S
= B, II 6, 3 asswrgere error est ex surgentesque antecedenti natus;
restat igitur illud Glaucias II 1, 229 ut uidetur solum. codex igitur
non infimae notae.
Inspexi praeterea Vindobonae eiusdem bibliotbecae codicem 3160
miscellaneum saec. XVI quem Carmen Statianum V 1 continere cata-
logus ab Academia editus uol. II p. 219 fidem fecerat. at spes misere
fefellit. non enim Carmen codex continet , sed praefationis tantum
uerba usque ad sacerdotis lin. 15. uerba saepe per compendium
scripta a Baebrensii contextu sie discrepant: suprascr. Stacü poete
eximij epVa ad ahascantum, Omibus etc. ; lin. 7 z n^o'A tuo'A pars
miUi (omisso altero et cum A et Baehrensio) , lin. 8 pdpuo merüo^
lin. 9 huic.operi om., lin. 10 adsüiui corr. ex adsilAAi*^ ^ lin. 12 post
hoCy lin. 13 sq. Praeterea usque ad conitor in lacuna circ. 12 littera-
rum om.; in fine (lin. 15) sacerdotes et ^. habes excerptum ex
codice nescioquo (non sane optimo, cf. et omissum lin. 7) sat negle-
genter factum.
Denique addo nullius pretii uideri siluarum codicem Oxoniensem
ab Ellisio journ. of philol. XX (n. 39) p. 17 sqq. e meritis tenebris
protractum. ex eis locis quos EUisius collatos exbibet duo tantum ad
*^ unde Deque ex B neque ex B eum descriptam esse satis apparet.
^^ I 4, 90 et 6, 10, ubi de A* parum mihi liquere dixi supra adn. 88
et 35, 8 habet uel dae <^ qui et lam uelaria linea pluebant, quorom
ntrumque fortasse ad A* proxime accedit.
31»
484
FBrälli in CiccroniB or, Pompeiauam [J SS],
A^ spectant : 1 6, 10 ueUaria horea et n 6« 48 pudor nude quorum alter
suflficit ad demonstrandum codicem pessimae notae esse. V 1, 181
etiam Oxoniensis mostis exhibet (itemque S) in quo mortis latere
Ellisius quoque perspexit. [neque maioris pretü est codex Lauren*
tianus 38^ 13 cuius lectiones cum A* coUataä in tempore mihi ex-
bibet GuiL KrolL uide e. gr. I 2, 44 DmsseSy 203 tumiäae (sed tum
e corr. ut uid.); 3, 63 damnet; 6, 10 iam uelaria horea; II 2^ 82
limen'y 6, 58 creas (pro camas)] III pr, 17 Nouium celerem] 4, 81
uiäor\ TV pr. 8 sequUur guarta quae ; 6, ö2 tüiae; V 3, 209 htoMa^t ;
241 subiung€r€*y 5, 76 in fine oew, 77 ips€ sdditum.]
Vratislaviae. Fhanciscvs SkVT3CH,
IN CICEEONIS ORATIONEM POMPEIANAM,
Logo Pompeiauae corrupto qui erat iUud parvi refcrt nos puhU-
canis amissls vedigalia posiea vidoria recttperare (§ 18) post varias
doctorum virorum coniectuiaa CFWMueller lenissima mutatione ita
medebatuti ut omissis pro ammis scriberet eodem genere corrigendi
usuä § 33 eiusdem orationid emendavisse mibi videor particula nam
in iam mutata. mirum sane est, quod nemo adbuc dubita?jt, quid
tandem particula nam äignificaret in illo s^ententiarum nexu; ged
iam cuiv^is iterum perlecLo loeo apparere confido et opus ibi e^se
correctura et veram fecripturam a me eböe restitutam, quare cetera
legentium iudicio relinquens oculis locum emendatum &ubicio: dU-^
dam aui Colophonem aut Samum ^ fwbüimmas urbes^ immmerabi'
lesque alias captas esse commcm&rem , cum vesiros parim aique $0$
portus, quibus vUam ac spirüum ducUis, inpraedonum fuissepoiestaie
sciatk? an vero ignaraiia porium Caiäae cdeb^rrimum ac plmksi-
mum namum inspeäante pradare a praedonibm esse Sreptumf ex
Miseno autem eius ipsms Uberas^ qm cum praedofiibm aniea M heir
hm^ gesseraU apraedambus esse subkUüS? iam quid cgo Ostknse in-
commodum aique iUam labem aique ignammiam m publicae querar^
cum prope in^^aniibus vobis dassk <a, eui conmü po^ndi Itomam
praepä»Uus essä^ a praedambus capia at^ie eppnsaa estf pro di in*
moriales! iafUamne umus homims mcreditßis ac divma virius tarn
brevi tempore lueem adferre rei publieac potuU, ui «or, qui m^ ofite
ostium Tiberinum dassem hosHum viddHäis^ H mmc fUiUam Mra
Occani ostium praedonum fiavcm esse audiatis?
Aktbnaci ad UuBNtM. Fblix Brüll.
EScbweder : über Ursprung u. ältere form der Peutingerschen tafeL 485
58.
ÜBER DEN URSPRUNG UND DIE ÄLTERE FORM
DER PEUTINGERSCHEN TAFEL.
I.
Die wichtigen fragen , welche sich an die Peutingersche tafel
knüpfen, die fragen, wo und wann das urbild dieser karte entstanden,
wie es beschaffen und wozu es bestimmt gewesen sei , haben schon
lange den Scharfsinn gelehrter forscher beschäftigt, aber eine end-
gültige, allgemein befriedigende beantwortung noch nicht gefunden.
Das auf uns gekommene, jetzt in der kaiserlichen bibliothek
zu Wien befindliche .exemplar der karte ist, wie ÜEist allgemein an-
genommen wird, eine im dreizehnten jh. angefertigte copie einer
altern karte, und das urbild der karte ist, ebenfalls nach allgemeiner
annähme, im altertum entstanden, aber schwer ist zu entscheiden,
unter welchem kaiser jenes urbild entstanden, wie es beschaffen und
wozu es bestimmt war, ferner in wie fem es mit der copie des drei-
zehnten jb. übereinstimmte oder von ihr verschieden war. denn in
mehr als 6iner wichtigen hinsieht ist die tabula Peutingeriana ein
werk das sich mit nichts anderm vergleichen läszt, und für dessen
richtige beurteilung es daher an den nötigen anhaltsp unkten ganz
fehlt, daraus erklärt es sich , dasz die ansichten über die tab. P.
noch beute so sehr aus einander gehen.
Jedem beschauer der tab. P. fällt zuerst ihre seltsame form auf.
eine karte , welche den ganzen , den alten bekannten arhis terrarum
in der form eines 21 fusz langen, einen fusz breiten bandes^ dar-
stellt, ist gewis eine seltsame erscheinung, und es liegt keine künde
von einem ähnlich beschaffenen kartenwerk des altertums vor. eine
andere merkwürdigkeit dieser weitkarte ist ihr ausgedehntes Wege-
netz , gegen welches die darstellung der gebirge , flüsse und meere
so sehr zurückzutreten scheint, dasz der karte von ihrer auffindung
an die bezeichnung tabula itineraria' beigelegt worden ist. diese
beiden eigenschaften haben die frühern beschauer der karte ganz ge-
fesselt und ihr urteil über dieselbe ausschlieszlich bestimmt, aber
auch noch heute haben die meisten gelehrten nur für diese erschei-
nungen angen und erwarten einzig von ihrer erklärung aufschlusz
über die karte, die altem forscher bewunderten am meisten das
ausgedehnte Wegenetz, und schon früh drängte sich ihnen die an-
sieht auf, die karte sei von anfang an eine blosze straszenkarte ge-
* zum begriff des orbvf terrarum gehört nicht notwendig eine ge-
rundete form; vgl. RFriedrich ^materialien zur begriffsbestimmnng des
orbis terrarum!* (progr. des kön. gymn. zu Leipzig 1887) s. 10. wo im
nachatehenden von der form der karte die rede ist, ist zuntichst stets
an die von dem änszern umfange der oekumene auf der karte gebildete
figur zu denken.
486 ESchveder: über Ursprung u. ältere form der Peuüngeräcbeti iafeU
wesen, weiter nichts,^ darüber bmaus gieng man freilieb nocb nicbt,
böcbateüs mocbte man sieb YOrstellen, das urbild der karte babe im
kriege rOmiscben feldberrn dien sie leisten sollen, anders beute, in
unserm jabrb ändert baben sieb die Verkehrsmittel in früber nie ge-
ahnter weise vervollkommnet und vermehrt, und fast alle wege sind
von reisenden belebt, daher sind jetzt reisekarten, eiraszen karten
der posten und eisenbabnen entstanden und schon unentbehrlich ge-
worden, und dies hat nun zu der annähme gefllbrt, dasz es im alter-
tum ähnlich gewesen sei, dasz es auch damals schon wegekarten» die
eimig zum gebrauch auf reisen bestimmt waren, gegeben babe, und
dasz die tab. P. selbst ein zufällig erhaltenes exemplar der alten
reisekarten sei. ^ diese römischen reisekarten sollen aber schon selbst
die form der tab* P. gehabt haben, zu welcher *das übliche roUen-
format der antiken büchcr nötigte » sobald bequeme handlichkeit er-
zielt werden sollte' (HNissen itaL landeskunde I 25).
Eine ganz andere ansiebt bat sieb aber in unserm jh. bahn ge-
brochen. Konrad Mannert (in der vorrede zu seiner ausgäbe der
tab, P.), FRitschl (im rhein. mus. n. f. I [1842] s. 481 ff. «= opuac.
pbiloL III 743 ff.) uam. erinnerten an die von dem altern Plinius
n* h* III 17 Überlieferte nachricht, der kaiser Augustus babe an
einer seulenballe in Rom ex dcstifuiHone ei commeniariis M. Agrippac
eine grosze weitkarte entwerfen lassen* ein solches werk müste von
groszer bedeutung gewesen sein, die abbitder dieser karte müsten
sich lange fortgepflanzt baben, und da anderseits die Peutingersche
tafel offenbar dem rdmischen altertum entstamme, so sei sie selbst
für ein sehr entstelltes abbild jener römineben weitkarte anzusehen
(Ritflcbl ao» s, 514 [777]), verschärft und tiefer begründet wurde
diese ansiebt sodann in den wichtigen arbeiten von ThMommsen (be.
richte über die verh. der fificbs.ges. der wiss. in Leipzig 1851 8. 80 ff,)
und KMüilenhoff 'über die weltkarto und chorographie des kaiser
Augustus*! Kieler univ.-scbrift von 1856, und im Bermes IX 183 ff*
diese forscher nahmen an, daszabbilder der weitkarte Mes Augustus
* vgl. Nie. Bergier Me vits piiblicls et militaribus imperii Romant'
(in Grue viua the^^. aotiq. X 233): ^nequo enim aniinas eius tuUt dure
taliiilAm geographicatD aot dcpingere Imperium Romanum eiusque pro-
vinciHS, sed Boluni in isto imperio et per i»tai provinciaa couspcctui
e^tlitbere Viaa pnbUcas. hoc yoIuU, hoc egit, aliud nihiL* ' auch
Kuapar ZeuAs ^dic DeuUcben und ihre nnehbaTsilmme' nennt die tab, P.
wiederholt ^die römische reUekarte*. * mit nnrecht h^ben einige
nettere forscher die karte des AugnatuR eine 'retchakarte* genannt, diu
reste der karte (di« lab. p, , die koamographio des anonymus von Ha*
venna und die schrlft des Julius Ilonorlns) lehr<'U, dasx das nrbild den
orbi$ lerrmum daratelUn sollte und wirklich darstethe, und die worte
des PUniug n* k. Xll 17 Agrippam « * emii orbem t er rar um urbi tpectan-
dum proposituruB es$et sind dafür das beat€ aeugnia, ebenso gewichtig
wie unsweideutig. endlich aber ist in der Termesstmgsnachriclit de«
Jaliua Honofias immer von einer vermeaating des orhU ierrarnm, niemalt
von der des römischen retchei die rede (i. unten) i so nahe doch daa
letztere läge.
EScbweder: über Ursprung u. ältere form der Peutingerschen tafel. 487
mit genauer Verzeichnung der straszenzüge in den ersten Jahrhun-
derten nach Ch. sich in jeder stadt des römischen reiches befanden,
die auf bildung anspruch machte, ein solches abbild, auf papier
übertragen, ist auch die Peutingersche tafel, freilich ein sehr zer-
rüttetes : denn nicht nur der Inhalt der originalkarte ist sehr um-
gearbeitet worden und liegt oft sehr entstellt vor, sondern auch die
ursprüngliche form musz gänzlich umgestaltet sein, da die original-
karte nicht die bandform der tab. T. gehabt haben kann, zum ge-
brauch für feldherni oder für reisende war die karte im altertum
nicht bestimmt, in die bandform ist sie erst später gebracht wor-
den (Mommsen ao. s. 102) ; diese form ist etwas zufälliges, nur dem
uns erhaltenen exemplar der karte anhaftendes.
Um den Ursprung der tab. P. zu erforschen, stehen uns zwei
wege offen, 6inmal nemlich die Untersuchung dieser karte selbst,
sodann aber die ermittelung verwandter karten aus älterer zeit, die
Prüfung der tab. P. selbst scheint sich uns zunächst zu empfehlen,
zwar sind gerade für die beiden merkmale, welche uns auf der karte
zuerst in die äugen fallen, nemlich für ihre bandform und für das
Wegenetz, litterarische Zeugnisse des altertums nicht vorhanden, und
so ist auch dieser weg schwierig und verheiszt noch keineswegs
sichere positive aufschlüsse; aber wenn es nur gelänge, aus der be-
trachtung der karte überzeugend darzuthun, dasz eine der beiden
oben bezeichneten ansichten über den Ursprung und den zweck der
originalkarte unrichtig ist, so würde auch dieses negative resultat
wertvoll sein, da alsdann die entgegengesetzte ansieht sehr an Wahr-
scheinlichkeit gewinnen müste. und zu einem solchen negativen er-
gebnis wird eine unbefangene, vorurteilslose prüfung der karte ge-
wis führen , wir werden uns dabei hinreichend überzeugen können,
dasz das urbild der tab. P. nicht bestimmt war irgend einem prak-
tischen gebrauche zu dienen.
Was zunächst die form der karte betrifft, so berücksichtigt man
m. e. zu wenig, dasz die tab. P. im dreizehnten jh. gezeichnet ist.
aus der form eines so spät entstandenen Werkes sollte man nicht
übereilt Schlüsse auf die form des dem altertum angehörenden Ur-
bildes ableiten, und man würde dies gewis nicht so schnell gethan
haben , wenn man sich nur vergegenwärtigt hätte , wie mittelalter-
liche Zeichner und copisten groszer weitkarten zu verfahren pflegten.
es ist nachweisbar, dasz im j. 787 der spanische Benedictiner Beatus
eine grosze weitkarte zeichnete, für die er neben secundären hilfs-
mitteln als vorläge eine mit der tab. P. und besonders mit der
itinerarkarte des kosmographen von Bavenna eng verwandte karte
benutzte, so dasz er wesentliche elemente des kartenbildes, gebirge,
flüsse und meere, meistens nach jener vorläge zeichnete (Hermes
XXIV 596 ff.), und zugleich lehren die erhaltenen abbilder der spa-
nischen karte , dasz dieselbe die form einer von norden nach süden
gestreckten ellipse hatte (vgl. Hermes ao. s. 589 f. und d'Avezac
Ma mappemonde du YIII^ siöcle de Saint B^at de Liebana' in den
ESchweder t ober Ursprung u. ältere form der Peutiagergcheö tafeL
annales des vojages, de la g^ographie, de Thistoire et de Varcb6o-
logie, Juin 1870« s. 11 f.). wenn nun wirklich ^ wie man annimt,
die alten iÜnerarkarten die form eines von osten nach Westen ge-
zogenen schmalen banden gehabt hätten , so müste offenbar der spa-
niäche mönch die form seiner kartenvorlage so nmgestaltet haben,
dasz äich eine radicalere umformuDg gar nicht denken liesze. aber
mir scheint, die der tab, P, oder vielmehr der Altern itinerarkarte
entlehnte Zeichnung der gebirge und flüsse in der von norden nach
Süden gestreckten karte des Beatus lehre vielmehr, dasz seine karten-
Vorlage gar nicht die bandform der tab. P. gehabt haben könne, aber
wenn sie auch nur die form einer von osten nach westen gebtreckten
ellipbe hatte» wie ich glaube (vgl. meine abhandlung 'Über die weit*
karte des kosmographen von Bavenna% Kiel 1886), so i&t ihre um-
formnng schon auf^lig genug, von der karte des Beatus stammt
wieder zweifellos die im zwölften jh. gezeichnete Weltkarte von Turin
ab (vgl. Hermes XXIV 588, d'Ävezac ao. b. 6 L, Pasini 'codices
manuacripti bibliothecae regiae% Turin 1749, bd, II s.27 — 29), aber
der Zeichner der letztern hat die ellipsenform gan^ aufgegeben und
daftir willkürlich die bequemere kreis form gewählt, einen andern
beleg für die Veränderlichkeit der kartenform im mittelalter liefert
die weitkarte von Eereford. sie ist beinahe kreisförmig und stammt«
wie schon Santarem (essai sur Thistoire de la cosmographie et de la
cartographie pendant le mojen-flge III 466 u. 486) mit recht ange-
nommen hat, von derjenigen groszen weitkarte ab, die im j. 1106
der canonicus Heinrieb v. Mainz für den kaiser Heinrich V zeichnete*
aber die letztere wird gewis die form einer von osten nach westen
gestreckten elUpse gehabt haben, da die älteste erhaltene (verkleinerte)
copie derselben diese form zeigt, * der Zeichner der karte von Here-
ford wählte aber willkürlich anstatt der ihm vorliegenden ellipsen-
form die kreisform, wer diese Vorgänge kennt, wird wohl bedenken
tragen auf grund der tab. P. den antiken itinerarkarten die form des
langen schmalen bandes zuzuschreiben, die mittelalterlichen Zeichner
scheinen es wohl geliebt zu haben ihre groszen weitkarten mit reichem
farbenschmuck auszustatten , sie mögen auch oft die m ihren vor*
lagen gegebenen details mit treue und sorgf< copiert haben, aber
man hat keinen grund anzunehmen , dasz sie sich anch immer an
die form der ihnen vorliegenden karten gebenden hätten, vielmehr
scheinen sie gerade mit der kartenform recht willkürlich und frei
geschaltet zu haben, von der Peutingerschen tafel hat man gemeint^
si^ sei eine höchst sorgfältig angefertigte copie einer altern karte^
sie sei ihrer vorläge getreu nachgemalt (OHirschfeld in der ßerU
philol. Wochenschrift 1888 sp. 626). dasz dieses für die einzelbeilen
der Zeichnung richtig sei, meine anch ich und glaube selbst daftir
• iDedlaeviil g:eo^aphj. ao etsaj in iHustrntloa of tb« Horeford
Mappa Mmidi, hj Bevati and PhiJlot (London anH Hertfor*! 1874)
I, XXXVI r iäantarem ao. und ceulralblatt f bibHoUiekaweeeo (Leipii;
1884) 1^.116.
ESchweder: über Ursprung u. ältere form der Peutingerschen tafel. 489
belege beigebracht zu haben (Hermes XXIV 594 ff.); allein daraus
folgt noch nicht, dasz der copist nicht etwa die form der karte ganz
umgestaltet habe, und gesetzt auch, er habe es nicht gethan, so kann
sehr wohl einer seiner Vorgänger es gethan haben: denn zwischen
der herstellung der Peutingerschen tafel und der urkarte liegen
mehr als tausend jähre, und während dieser zeit mag die karte oft
copiert worden sein.
Wenn also aus der form unserer tab. P. an sich noch nichts för
die form des Urbildes geschlossen werden kann, so müste man mittel-
glieder beider karten aus dem altertum nachweisen, welche die band-
form hatten, für ein solches könnte die itinerarkarte gelten, welche
der kosmograph von Ravenna ausschrieb, und behauptet hat man
freilich vielfach und oft recht bestimmt , diese karte habe die band-
form gehabt, aber eine solche behauptung könnte nur aus den an-
gaben der kosmographie bewiesen werden, und diesen beweis hat
noch niemand zu liefern versucht; vielmehr schlieszt man die band-
form der karte des kosmographen wiederum aus der form der Peu-
tingerschen tafel. was bewiesen werden sollte, nemlich dasz die
bandform der karte aus dem altertum stamme, setzt man dabei als
bewiesen voraus.
In Wirklichkeit bleibt also von allem , was bisher zu gunsten
der annähme bandförmiger itinerarkarten im altertum vorgebracht
ist, nur die noch durch keine thatsache gestützte Voraussetzung
übrig, es habe schon im altertum itinerarkarten, die zu einem prak-
tischen gebrauch bestimmt waren, gegeben, und diese müsten wegen
des roUenformats der antiken bücher die bandform der tab. P, ge-
habt haben, wäre die Peutingersche tafel nicht im dreizehnten, son-
dern etwa im vierten jh. gezeichnet, so könnte sie zwar das vorkom-
men bandförmiger itinerarkarten im altertum bezeugen, aber zu
einem praktischen gebrauche könnte sie, so wie sie ist, auch dann
schwerlich jemals gedient haben.
Auffallend ist es, wie flüchtig die meisten die Peutingersche
tafel betrachtet haben, man hat nicht einmal bemerkt, dasz sie eine
weitkarte ist, man liebt es sie für eine straszenkarte des römischen
reiches auszugeben, und doch erstreckt sich ihr straszennetz bis zum
östlichen ocean , bis nach Sera maior und über Palibothra hinaus,
aber man muste wohl die Verzeichnung der wege des fernen Ostens
ignorieren ; da man sonst die Voraussetzung eines praktischen ge-
brauchs der karte im altertum gewis hätte aufgeben müssen, denn
die behauptung, dasz jemals ein Eömer in den fall gekommen sein
könne diese karte für reisen oder feldzüge in Persien oder Indien zu
benutzen, würde schwerlich glauben gefunden haben, was aber auf
der karte nicht wirklich benutzbar ist, widerstreitet dem voraus-
gesetzten zwecke und würde deshalb in eine solche karte nicht hinein-
gehören.
Man übersah also stets gern die darstellung des Ostens und
machte die karte zu einer straszenkarte des römischen reiches, allein
490 ESchweder: über Ursprung u, ältere form der Peutfo gerech en ta£e
dftbei entstand noch die scbwieriglceit anzugeben, für welchen
prakÜBchen zweck die karte im alterttim bestimmt gewesen sei» an-,
gaben alter Schriftsteller über die praktische benutzung solchef
karten fehlen, je weniger nun die tab. P, selbst auf diese schwie-
rige frage eine antwort gab i nm so mehr Spielraum bot sich hier
der Phantasie der erkläret dar. man konnte eben mit gleich gutei&d
gründen sehr verschiedenes aus dieser karte machen. * jedoch sind
2wei erklärungsarten bevorzugt worden, zuerst hat man der ka
schon früh einen militärischen zweck zugeschrieben; in unserm jähr- '
hundert aber bestimmte man sie vorzugsweise zum gebrauch der
reisenden und verglich sie mit den heute benutzten post- und eisen-
bahnkarten.
An einen militärischen zweck der karte hat noch in unserer i
2eit FPhilippi gedacht (de tabula Peutingeriana , diss. inaug., Bonn
1876)., und er war es auch, der ihre bandform zum ausgangspunkte
der beweisfühning machte, natürlich muste er sich auch nach an-
dern gründen für seine ansieht umsehen und berief sich deshalb auf
eine öfters citierte angäbe des Vegetius', welche das vorkommen,
und die praktische benutzung dieser karten im altertum darthuuj
sollte, man biehi aber zunächst» dasz sich Vegetius über die form der j
karten nicht ausspricht, und schlieszlich müssen die karten, die ihm
vorschweben, von der tab. P. gewis sehr verscbieden gewesen seini
denn die Uifieraria provinciarum in quihus necessUas gerehalur piäa
Bind nicht karten des orhis terrarum^ sondern karten eines kriegs-
Schauplatzes f dh* specialkarten, und solche specialkarten für den
gebrauch der feldherrn sind freilich auch sonst, selbst aus viel älterer
ateity bezeugt: denn wenn Piinius «. A. VI 40 eagt: vofriffendus est
in hoc locö etror niuUorum cUam qui in Ärmenia res proxime cum
Carhulom gessere. namque hi Caspias appeüavere parias Bibmae,
quas Caucasias diximus vocari, sUtisque äepidi et inde missi hoc nomen
inscriptum liabeni uaw«, so wird doch gewis niemand dieäo situs
depidi für weitkarten ausgeben wollen, die feldherrn haben sich
also im altertum der specialkarten bedient» und mit dem citat aus
Vegetius treibt man mis^brauch/ und wenn weiter derselbe gewährs-
iiiann der geschriebenen itinerarien gedenkt, die der feldherr be*
' man siebt dies besondere bei Konr. Miller 'einldtender text sur
^Pcutirigcr«chen lafel* s. 77 ff. ' epü, rei miL ITI 6 primum ittnerariä'
lOtttnit*»i rryionum, in quibuM btltum gtritur , ftteniMsime dcbet [dyj:] habere \
prracripia ^ ita ut tocorum iniervuUa nun »tihtff^ .,....*,. »i numero^ scd eU
viarum tfuatiUite perährat^ compendia, dtver(> i, flumimt ad fid
ficicripta vonsidtrei^ usquf ro ut fcUlertktrrs rmitt protHncitrrum^'t
in ifuibus fiereii/tUft* gerebatur^ non tantmn adnotnta itfr^ eiiam picia haAuixit« |
ßrmentur ^ ut non sotum contitio menii», tterum axpeciu octthrum vimn pra-
/t>eturHM € tigeret, •ein forscher, der selber eleu antiken itinerarkarteii
die bandform zuschreibt, bat doch den miäbrüUch, den man mit dem
Vegetiiis-citAt treibt, erkannt und (jerügl: 'dmsz Vegetins für den feld*
hcrrn doch etwas ganz anderes verlang <Us unsere tab P, ^hK^ wiirdo
ich nicht iiniiierkeu, wenn ich es nicht dcirchgüng^ig Tertuscht s&be.'
GinrscLfeld in der Herl. philol, TTocbenaclirifl \m% sp. 633.
ESchweder: über ursprang u. ältere form der Peutingerschen tafel. 491
nutzen soll, und die ihm auch die beschafifenheit der wege angeben
sollen , so können doch auch diese itineraria omnium regianum in
quihtts bellum geritur sicher nur specialitinerarien, jedes für ein be-
sonderes land, gewesen sein, auch für diese angäbe des Vegetius
bietet schon Plinius VI 141 eine parallelstelle: hoc in hco genüum
esse JDionysium terrarum orhis sUus receniissimum audorem, quem ad
commentanda omnia in orientem praemiserU divos Augustus ituro in
Ärmeniam ad Parthicas Ärahicasque res maiore ßiOf non me praeterU
usw. die aufgäbe des Dionysius bestand darin eine genaue beschreib
bung des voraussichtlichen kriegsschauplatzes anzufertigen (vgl.
EMüller geogr. gr. min. I s. LXXXVI). man sieht wohl, die Zeug-
nisse des altertums schweigen davon ^ dasz ein feldherr eine karte
(oder ein geschriebenes itinerar) des orhis terrarum benutzt habe
oder benutzen solle , sie reden aber bestimmt von specialkarten und
von itinerarien oder beschreibungen einzelner länder für militärische
zwecke, und dies ist wohl sehr erklärlich, eine Peutingersche tafel
hätte in einem kriege dem feldherrn wohl nicht viel nützen können,
er besasz gewis viel genauere hilfsmittel, die technik der herstel-
lung von landkarten ist heute, gegen die zeit des altertums, unend-
lich vervollkommnet, aber wenn etwa im j. 1870 ein deutscher Stabs-
offizier zu praktischem gebrauch für den ein marsch in Frankreich
sich mit einer weitkarte oder auch mit einer karte der östlichen erd-
hälfte hätte ausrüsten wollen , so würde dies gewis staunen erregt
haben.
Für eine Vertreterin antiker Verkehrs- und reisekarten, ent-
sprechend den heutigen post- und eisenbahnkarten, hat HNissen
(ital. landesk. I 24) die tab. P. erklärt, jedoch beruft er sich für
diese ansiebt gewis mit unrecht auf Vegetius, da dieser ja so be-
stimmt wie möglich von militärischen karten redet, auch darf
man die tab. P. nicht mit unsern reisekarten vergleichen: denn eine
alle Stationen darstellende post- oder eisenbahnkarte der ganzen erde
zu praktischem gebrauch gibt es nicht, die tab. P. stellt aber das
straszennetz des orhis terrarum von Gades bis zum östlichen ocean
dar, und dasselbe musz auf der straszenkarte des Ravennas der fall
gewesen sein, nur mit dem unterschiede dasz diese für den äuszersten
Osten eine noch viel gröszere zahl von orten, also wohl auch viel
mehr straszenzüge enthielt, heute wird , wie schon die grosze Ver-
vollkommnung der Verkehrsmittel beweist, mehr gereist als im alter-
tum, aber für eine post- oder eisenbahnkarte, welche das grosze auf
der tab. P. dargestellte gebiet umfaszte, wäre auch heute noch kein
bedürfhis, und deshalb existiert keine solche karte, soll dies früher
anders gewesen sein? sollen wir uns etwa die wege in Iran und
Indien von römischen Wanderern belebt vorstellen ? die karte soll,
meint man, durch das praktische bedürfnis hervorgerufen sein, wozu
also die darstellung des nichtrömischen Ostens auf der karte?
Litterarische Zeugnisse des altertums für das vorkommen der
vorausgesetzten reisekarten des orhis fehlen, wie kaum gesagt zu
492 Eßchweden über arsprung u. ^t€re form der Peutingerächen tafel.
werden braucht, ganz, man setzt sich aber darüber hinweg und be*
ruft sich auf die überlieferten geschriebenen itinerarien, wie das
iün. Antonini, das itin. Hierosoljmitanum , die in Vicarello auf-
gefundenen und ähnliche; diese seien , behauptet man, ganz dem-
selben Wesens wie die tab. P.f und da sie ofifenbar zum reisegebrauch
gedient babeu^ so mü^se dasselbe auch von der tab. P. gelten, aber
von allen diesen würde nur das erste mit der tab. P. einigermaszen
vergleichbar sein: denn die übrigen sind ja für ganz specielle, sehr
beächräukte zwecke bestimmt allein je genauer man nun das itin.
Ant, und die tab. P. mit einander vergleicht, um so mehr wird man
ihre teils charakteristischen teils tiefgebenden unterschiede gewahr, i
und man erkennt Äiiletzt deutlich^ dasz gerade diejenigen nierkmale,
welche die wirklich stattgehabte praktische benutzung des itin. Ant»
verraten, der tab. P. durchweg fehlen, es ist für letztere schon recht
charakteristisch, dasz sie in Italien noch die orte Herdaniumj Stahios^ ,
Pompeis (diese Ortsnamen hat auch der Ravennas erhalten) mit den
sie verbindenden straszen verzeichnet, ja für Pampeis ist sogar die
sog, colonialvignette angewendet, das Vorhandensein dieser orte und
straszen auf der tab. P. und bei dem kosmographen beweist schon
schlagend, dasz man die itiuerarkarte als reisekarte, für Italien wenig-
stens, nicht benutzt hat: denn in diesem falle wären jene irreführen-
den namen und straszen gewis aus der karte ebenso ausgemerzt
worden, wie dies im itin. Ant. geschehen ist.'
" denen, welche die herkunft des wegeneUes auf der tab. P. von
der weitkarte des Angustus leugnen, hnben diese drei namen scliwierig-
keitea bereitet, und nie haben thr vorkoDomen auf befriedigende weise
noch nicht erklären können. F'hillppi meinte (no. s. 22 aum.), die kferte
aei im zweiten jh. entstanden, und ihr Urheber hnbe immer das neueste
roateriül (^novlsBima quaeque quae de vViß comperisaet^) xu benntzen
gesucht, aber ''illuin nihilo tarnen aetius viaa oppida Veaaiii obmta
cineribns Pompeios, Herculanum, 6tftbiAs cum Neapoli coniungentes
dcpiuxiaHe te^timonio eat novisaima qujie inveniret saepe ipso vetuatiora
fuiasej sod non confirmant haec oppida tnbnlam ante annum 79 com-
positHm ©aee.' aollte wohl Phtlippi aclhst aich von dieser erklaruog be-
friedigt gefühlt babeu? KMilter (einleitender text xur tab. P. a, 74)
aagt dag^egen: ^ea fehlt tbatfiUchlich uteht an anachroniamen, welche
man oft als beweise für eine frühere entatebnngaseit angeführt h&i,
als solche nennen wir suersi Pompeji, Hercultintim und Stabitte (IV 4/'5);
diese hat Castorius offenbar mit wissen aufgenommen und das erstere
als colonie beieichnet; man könnte fragten, ob nicht über den ▼er-
schütteten Städten neue wohnsitEe sich jrebildet haben' usw. — JN8ee*
frieü aber (oberbayr* archiv bd, XLVI s. 189) hiilt es sogar für sieher« das«
die drei namen nicht die alten ^ im j. 79 verschütteten Städte, sondern |
spliter neu erbaute orte bezeichnen; er hat nemlich aus Snetonins (Titus
c. 8) kühn berausifeleaen, die siüdte «eien durch Titas wieder aufgebaut
worden, andere werden dies freilich bei Suetoniua vergeblich suchen. —
Aber der merkwiirdif^ste, von diesen drei forachern gar nicht beaehtete
umstund ist hier überhaupt nicht das vorkommen der orte auf der
tab. P. und bei dem kosmographen ^ aondern ihr fehlen im itin. Ant.
da das it^n. Ant, mit den beiden karten eng verwanrft, aber jedenfalls
später als die origricmlkarte entatanden ist (man schreibt ea dem vierten
jh. £u)| so kiiun dtc^üd fehlen nnr d<irch ub«iebtliche au^mertnug der
ESchweder : über urspruDg u. ältere form der Peutingerschen tafel. 493
Man reiste femer schon im altertum nicht blosz zu lande , son-
dern auch zur see, und die meere mit ihren inseln sind auf der karte
dargestellt, warum fehlt denn nun die angäbe der seewege auf der
karte durchweg? dasz diese angaben, zumal für das mittelländische
meer, dem reisenden unentbehrlich waren, ist schon an sich klar,
und es wird dies auch durch das itin. Ant. bewiesen, welches nicht
nur in einem zweiten teile die seewege besonders angibt, sondern
auch schon im ersten teile die Überfahrten über meeresteile von
wichtigen hafenplätzen aus vielfach berücksichtigt (vgl. itin. Ant.
W. s. 9. 126. 139. 272. 317. 323. 329. 333. 364). sollte da nicht
eine tiefgehende Verschiedenheit beider werke hinsichtlich ihres
Zweckes sichtbar werden? wir meinen doch.
Aber vielleicht erinnert hier jemand, der sich die tab. P. genauer
angesehen hat, es sei ja auch auf ihr wenigstens 6in rest eines See-
weges vorhanden, die darstellung der Peloponnesus (VIII 1 Miller)
hat die Zeichnung des messenischen meerbusens erhalten, und in
diesem meerbusen steht geschrieben traiedus stadiorum CC. daraus
darf dann vielleicht geschlossen werden, dasz das Urbild der tab. P.
auch für die übrigen meerbusen der Peloponnesus ähnliche angaben
enthielt, das glaube ich freilich selbst, aber war dem wirklich so,
dann spricht die notiz auf der tab. P. sehr bestimmt gerade gegen
den vorausgesetzten zweck der karte, denn unter dem traiedus eines
meerbusens kann an dieser stelle unzweifelhaft nur der geradlinige
abstand der beiden den meerbusen begrenzenden Vorgebirge von
einander verstanden werden, in diesem sinne haben die geographen,
hat auch Plinius (IV lö — 17) das wort hier gebraucht, für den
reisenden dagegen bezeichnet traiedus ^ wie die angaben des itin.
Ant. (W. 8. 139. 272. 317. 323. 333 uam.) lehren, stets die ent-
femung eines hafenplatzes von einem andern (über das meer hin),
die angäbe traiedus stadiorum CC kann daher nur für den geo-
graphen, oder etwa noch für den Schiffer bestimmt gewesen sein,
und da doch die karte ursprünglich unmöglich eine schifferkarte ge-
wesen sein kann , so musz sie wohl als eine rein geographische an«
gesehen werden.
namen erklärt werden, die namen bezeichnen daher nicht neu ent-
standene, sondern die alten städte. wie aber sollen nan 60 oder
70 jähre nach dem untertrang der städte (so nach Philippi), oder gar
mehrere jahrhanderte später (nach Miller und Desjardins] diese orte
mit ihren wegen in die karte hinein gekommen sein? soll etwa der
Urheber der karte, welcher doch nach Philippi eine karte zu prak-
tischem gebrauch zeichnete und deshalb nicht existierende städte nicht
aufnehmen durfte, wirklich nichts von dem untergange der drei städte
erfahren haben? die tab. P. erregt durch ihren reichtum an orts- und
entfernungsan gaben erstannen und bewunderung, und das exemplar des
kosmographen enthielt noch viel mehr solcher angaben, der Urheber
der originalkarte müste aber, wenn Philippi recht hätte, ungewöhnlich
unwissend gewesen sein, aber wer möchte wohl einem solchen Igno-
ranten die herstellung dieser groszen und bewunderungswürdigen karte
zuschreiben?
494 ESchweder: Über arapriing u. ältere form der Peutingerscheo tAfeU
Einen tiefgehenden unterscbied zwischen der tab. F. nnd dem
itin. Änt. begründet ferner der umstand, daaz letzteres sich auf die
wege des römischen reiches beschränkt , jene aber das straszennetz
des ganzen den alten bekannten orhis terrarum darstellen will, auch
hieraus ist zu schlieszen, dasz wohl das itin. Ant. praktischen zwecken
gedient hat, nicht aber die karte.
Aber nicht einmal fflr das gebiet des römischen reiches ist daa
itin* Ant. vollstiindig, die der ausgäbe von Parthey und Pinder bei-
gegebeBB tlbersichts karte der straszenzüge weist für einige länder
grosze iQcken auf. die Peloponnesus und Greta haben keine straszen-
züge, der westliche teil Kleinasiens^ die BalköBhalbinself das mittlere
Gallit^n enthalten wenige j^traszen* aber zugleich sieht man doch,
dasz auch in solchen ländern haupt Verkehrslinien nicht fehlen, der
wichtige straszenzug von Konstantinopel quer durch Kleinasien ißt
vorhanden, und zwar besser erbalten als in der tab. F., ebenso die
wichtigen Verkehrslinien von Konstantinopel nach westen (wo die
tab, P. wieder eine unvollkommene und zerrüttete darstellung
zeigt '^) und nach nordwesten, ebenso die wichtige, längs der küste deij
Mittelmeeres von Oberitalien durch Gallien nach Spanien führend»^
strasze. auch diese erscheinung bekundet bestimmt die rücksicht-
nähme auf den praktischen gebrauch d&r scbrift. es erschien zu am-
ständlich, für praktischen gebrauch in nicht sehr verkehiTeicbeii i
gegenden daa vollständige straszennetz aufzuschreiben, man hätte
davon wenig nutzen, aber verhfiltnismftszig viele mühe gehabt, daher
begnügte man sich oft für solche gegenden nur die vielbenutzten
hauptstraszen aufzuschreiben, die tab. F. kennt diese rücksicht
nicht: sie verzeichnet mit gleicher treue und gleicher Umständlich-
keit die wege, mochten diese viel oder wenig begangen sein, das
schärfste auge wird auf der karte nicht eine einzige
bevorzugung stärker benntzter gtraszenzüge vor den
Übrigen entdecken, schon im vorigen jh. bemerkte ein treff-
licher forscher (JBHeyrenbach: anmerkungen über die Peutingersche
tafel 8. 7): *man musz der Pentingerschen tafel zum lobe nach-
sagen, dasz die topographie in allen den l&ndem, die sie uns vor-
stellt, gleich stark besetzt ist/ dem iün. Ant. gegenüber erscheint
*" swischen Lignido nnd Nicea ist die wegolrme unterbrocheo : hier
fehlen «fine oder scwei Dtationen. auf der wegetinie hinter Lignido steht
die zfthl XV i t während doch Nicta^ welchem nach der karte wie nach
dem itin. Ant. XI m. p. von Beraclea Lynei entfernt Ug^ mehr «Is
XV'l m, p, von Lignido {Lgcknidu») entfernt gewesen sein inuss. auf
der karte dei Rav. kosm. scheinen zwischen LyehMdu$ nnd yirea dio
Stationen ad fine* und praesidium gelegen zu haben« weiterhin führt
ftttf der karte der weg von Syraceile nach Byrne fäUchlich über Zor~
lanii^ CöUa and Atmo* (ebenso anch beim Kav. kosm.}; zwischen Apriä
tmd Perinthus fehlt auf der tab. P. wie beim Rav. kosm, di*» «i'i. ♦■''*?
Station Retistos^ und zwischen Perinihu» und ConMimUinap&iis
wei^elinie gans; doch verraten die den iftattonen ad ttatüof, M f
und Reffio beigesehrieheneQ sableii, duz hier de? weg urspriingUch
gezeichnet war.
ESchweder : über urspniDg u. ältere form der Peutingerechen tafel. 495
dieser ausspruch berechtigt, wenn schon in den meisten ländern
Asiens, besonders da wo die karte wegen ihrer bandform zur Unter-
bringung aller straszenzüge nicht genügend räum bot, viele Stationen,
ja sogar straszenzOge ausgefallen sind , die auf der ganz anders ge-
formten itinerarkarte des kosmographen von Ravenna noch vor-
handen waren, auch hieraus ist zu schlieszen, dasz die tab. P. und
ihre Vorbilder nicht zu praktischem gebrauch gedient haben.
Wer noch ohne Voreingenommenheit der tab. P. gegenüber-
steht, wird hiernach wohl anerkennen, dasz man von dem zwecke
des itin. Ant. nicht auf den zweck der karte schlieszen dürfe. "
Die tab. P. enthält vieles was in eine blosze straszenkarte , die
zu praktischem gebrauch bestimmt war, nicht hineingehört, sie ver-
zeichnet die gebirge, was die heutigen straszenkarten gewöhnlich
nicht thun. dasz sie viele inseln enthält, möchte man sich gefallen
lassen, wären es nur gröszere inseln. aber auch die kleinsten inseln,
zuweilen winzige felsklippen, sind verzeichnet und benannt, wie
etwa neben Sardinien (III 5 Miller) ins. Boaris, ins. Bovenna^ ins,
Bertula (vgl. kosm. Rav. V 25 ins. Boaris, Bohenia^ Pertum)^ heute
die winzig kleinen unbewohnten inseln ü TorOy la Vacca und Vitello.
die karte enthält ferner viele namen von Völkern, provinzen und
landschaften, und zwar, innerhalb der grenzen des Augusteischen
reichsgebiets, gewöhnlich namen einer sehr alten, etwa der Augusti-
schen zeit. Philippi fühlte wohl, dasz das vorkommen vieler solcher
namen mit dem behaupteten praktischen zweck der karte schlecht
verträglich sei; er meinte (ao. s. 12): ^pictorem viarum tractus ante
omnia depingentem ea sola membranae spatia, quae non a viarum
lineis occupata essent, nominibus figurisve montium, fluviorum,
gentium, provinciarum implevisse apparet, neque enim certa ratione
procedens, sed fortuito eligens res illas addidit, omittens maiora
minora adiciens.' wir müssen diese ansieht gänzlich bestreiten,
wäre sie richtig, so würden gewis da, wo das straszennetz reich ent-
** ein ausgezeichneter forscher bemerkt: Titineraire d* Antonin est
un recaeil de routes choisies nUndiquant en g^n^ral que les gites
d^^tapes, les «mansiones» que le voyageur rencontrait au boat de la
journee de marche. 11 omet an certain nombre de routes importantes
et passe sous silence la plupart des stations interm^diaires (mutationes).
on peut le considerer comme un livret de postes, muet sar certaines
parties du reseau . . la table de Peutinger est con^ue k an toat aatre
point de vue. eile est avant toat an «itinerariam pictam>, one carte
descriptive en meme temps qu'ane carte roati^re. eile trace le reseau
gdneral des routes militaires, eile nomme toutes les stations ^che-
lonn^es sar la m^me voie, eile Signale les temples, les thermes, les
entrepdts, eile dessine les principaax accidents du terrain, montagnes,
fleuves, lacs, sinuosit^s da littoral, eile indique enfin an certain nombre
de divisions politiqaes ou ethnographiques. ce n*est plus un simple
recaeil dUtindraires, c^est une v^ritable carte, reproduisant uussi fidMe-
ment que le permet le Systeme de projection qu'elle adopte, la con-
figaration et le detail topographiqae du terrain.' ChTissot gdogr. comp,
de la prov. Romaine d^Afrique II s. 51.
496 ESchweder: üLer Ursprung u, ältere form der PeutiugerscbeQ tafeU
wickelt war, die namen und bilder der berge und fiüsse, die namen
der Völker und provinzen am seltensten eingescbrieben sein; aber
die namen von volksstämmen, provinzen und landscbaften treten
zuweilen gerade da am häuBgsten auf, wo das straszennetz beäonders
engmaschig ist und wo es ohnehin an räum für die Unterbringung
der zahlreichen, Bicb vielfach kreuzenden straszenzüge und ihrer
Ortsnamen gebricht» wie in Italien und Gallien, was sollten denn
auf einer bloszen straszenkarte die namen Britthis {ager)^ Calahria^
Saleniinii Luccania, Capania^ Apulia^ Mauruceni^ Picenum, Eimra,
Tuscif Sengauni^ regio Traspa(dana)^ Tnimpli, Xnsuhres (zweimal),
Mesiates, Cenomani^ Veliate^ Liguria^ Tauriani^ Nahumi^ NarUuanii
Bagitenni, CoHi regnum^ Mauraci^ Caturiges^ SeUeri^ Cavares, Bo-
cmüüy G^^eilüy BUurigeSy Mediomatrici und ähnliche; namen die, so*
weit sie Überhaupt sonst nachweisbar sind, ein hohes alter verraten
und deshalb auch die annähme späterer hinzufUgung ganz unwahr-
scheinlich machen? diese namen tragen eine politisch -historiäcbe
f^rbung, dem behaupteten praktischen zweck der karte wider-
sprechen sie durchftue, weisen vielmehr auf den schon ursprünglich
geographischen cbarakter der karte hin* — Wir müssen ferner in
abrede stellen , dasz es dem Zeichner der tab. P. besonders auf das
straszennetz angekommen sei, dasz er dasselbe zuerst gezeichnet
habe, dasz die bilder und namen der gebirge und ÜÜsse der Zeich-
nung des straszennetzes untergeordnet, und dasz sie in die maschen
des schon gezeichneten straszennetzes, etwa um letzteres angemessen
auszufüllen, eingetragen seien, vielmehr hatten zweifellos gebirge
und fiüsse für den Zeichner selbständigen wert und waren ihm nichts
weniger als untergeordnete, nebensächliche elemente des karten-
büdes; das lehrt nicht blosz die grösze und grosze zahl dieser dinge,
sondern auch der umstand , dasz gebirge und ÜÜsse mit einander in
engem zusammenhange stehen, insofern auf der karte die flüsse fast
immer auf den geblrgen entspringen, endlich aber und am bestimm-
testen der fernere umstand, dasz den fiüssen, selbst den kleinsten,
gewöhnlich die namen — urt^prüngHch wohl immer neben der flusz-
quelle — beigeschrieben sind, sicher würden auf einer bloszen
straszenkarte die namen kleinster flüsse und inseln fehlen, die an-
eicht ^ der Zeichner der originalkarte habe planlos und aufs gerate-
wohl gebirge und flüsse in die maschen des straszennetzes ein-
getragen, oft gröszere, wichtigere objecte ausgelassen und nach
Willkür kleinere, unwichtigere eingezeichnet, beruht nur auf dem
välligen verkennen der auf der oft copiertan karte im laufe von
mehr als tausend jähren mit notwendigkeit eingetretenen grossen
Zerrüttung, das straszennetz ist nicht besser erhalten als gebirge
und fiüsse; weshalb aber wird von dem kläglichen zustande des
straszennetzes auf der tab. P, so wenig gesprochen ? sicher wird die
darstellung der inseln, gebirge und fiüsse auf der karte im laufe der
zeit ebenso sehr gelitten haben wie diejenige der wege; die« be-
weist schon der umstand, dasz auf der itinerarkarte des kosmo-
ESchweder: über urspruDg u. ältere form der Peutingerschen tafel. 497
graphen von Bavenna Inseln und flüsse viel zahlreicher ^' und ebenso
das straszennetz und seine Stationen viel besser erhalten waren als
auf der tab. P. daher wird auch die darstellung der flüsse ursprüng-
lich ebenso vollkommen*' gewesen sein wie diejenige des straszen-
netzes. die karte wird in jeder hinsieht gleichmäszig und stark ge-
litten haben: denn wenn sie im classischen altertum entstanden ist,
wenn sie durch die Jahrhunderte des tiefsten Verfalls der Wissen-
schaften im mittelalter sich fortpflanzte , vielleicht während dieser
zeit öfter copiert wurde, schlieszlich aber als eine copie aus dem
dreizehnten jh. vor uns auftaucht, so kann sie in ihrer gegenwärtigen
gestalt wohl nichts anders sein als ein 'nur zu stark entstelltes excerpt'
(HKiepert in den her. über d. verh. der Berl. akad. 1884 s. 51) der
originalkarte, wir können zwar aus der art und weise, wie die tab. P.
hergestellt ist, noch nicht sicher auf die herstellungsart und be-
scbaffenheit des Urbildes schlieszen, doch so viel darf behauptet wer-
den, dasz auf unserer tab. P. nicht das straszennetz zuerst gezeichnet
ist, sondern die gröszern gebirge. die gleichmäszige richtung, die
der Zeichner dem Taurus, den Apenninen, den Alpen gegeben hat,
verrät nirgends das bestreben etwa schon vorhandenen straszen-
zügen aus dem wege zu gehen ; dagegen sieht man mehr als Einmal
recht deutlich an der art und weise, wie die straszen in krümmungen
oder in absätzen über diese gebirge geführt sind ", dasz die gebirge
schon gezeichnet waren, als das straszennetz eingetragen wurde, ob
auf der tab. P. die flüsse früher gezeichnet sind oder die wege, ist
^' die gebirge seiner karte zählt der kosmograph nicht auf; daraus
ist zu schlieszen, dasz dieselben dort ebenso wie auf der tab. P. und
auf der karte des Julias Honorins in der regel keine namen trugen,
von Aussen nennt der kosmograph nach der karte etwa 300; eine be-
deutende zahl auf der karte vorhandener namen wird er nicht genannt
haben, zb. alle flüsse der Westseite Italiens, viele auf seiner karte
gezeichnete flüsse werden die namen nicht mehr bewahrt haben, wie
dies aach auf der tab. P. der fall ist. — Inseln nennt der kosmograph
aus der itinerarkarte etwa 260, während die tab. P. nur etwa 120 be-
nannte inseln erhalten hat. ^^ die karte des kQsmographen gieng
nach Müllenhoff auf eine im fünften jh. vorgenommene Überarbeitung
einer altern karte zurück, und auf ihr waren winzig kleine inseln ver-
zeichnet und benannt, während wieder gröszere und wichtige (zb. Euboea)
fehlten, wir dürfen aber daraus schlieszen, dasz das urbild eine er-
. Btaunlich grosze zahl von inseln enthielt, von denen nur die wenigsten
erhalten sind, einen ähnlichen eindruck empfangen wir aus der be-
trachtung der flüsse. die tab. P. hat für Italien nicht wenige flüsse
erhalten (freilich oft ohne die namen), die etwa ^ine bis drei deutsche
meilen lang waren, die originalkarte wird daher für Italien allein
wohl über 400 flüsse, im ganzen aber vielleicht 2000 benannte flüsse
enthalten haben (vgl. Jahrb. 1892 s. 118 fif.). eine karte mit tausenden
von kleinen inseln und Aussen wird aber etwas anderes gewesen sein
als eine blosze straszenkarte. ^* vgl. die straszen von tn a/pe Co^/ia —
Gadaone (III 3), in alpe Grata — Ariolica (III 3), in summo Pennino — •
Eudracinum (III 4), Brigantio — Clunia (III 5), Avodiaco — Coveliacas
(IV 2)^ ad calem — ad ensem (V 2), in Cilissa — Comana Capadocia
(X 4), Saba — Dascusa (XI 1) und ähnliche.
Jahrb&cher für class. philol. 1893 hfl. 7. 32
498 EScli weder: über ursprang u. ältere form der PeutingerBchen t&feL
freilich nicht sicher zu entscheiden, doch ist die Zeichnung der wege-
linie von Diotaei nach Berta (XI 3 Miller) offenbar von der Zeich-
nung des Sumpfes neben dem Euphrat abhängig und später als
letztere erfolgt, und ebenso scheint der Orontes früher gezeichnet
zu sein als das bild der stadt Antiochia (X Vs)^ woselbst einige
pfeiler der Wasserleitung nur wegen der schon vorhandenen flusz-
zeicbnong unvollständig geblieben sind, eine abhängigkeit der flusz-
zeichnung von dem Wegenetze kann in keinem falle nachgewiesen
werden. — Nachdem gebirge, fiüsse und wege (letztere nebst den
Städtebilde rn) gezeichnet waren, wurden die namen eingeschrieben;
es ist aber nicht zu entscheiden, ob dabei einzelne kategorien von
namen vor andern eingetragen wurden; wahrscheinlich herschte hier
keine feste regeL Völker- und ländernamen scheinen zwar oft später
eingeschrieben zu sein als die namen der städte , aber zuweilen ist
auch das gegenteil der fall, so ist das wort NORICO frtlher ein»
getragen als ad pub Ucanos (V 2), ASIA früher als die zahl X XV
hinter Pergamo (IX 4) und als PeUa (X 1), GALATIA früher als
Nitaio (IX 5). ob die namen der Süsse früher oder später ge*
schrieben seien als die der städte, läszt sich nicht entscheiden, dasz
aber die Zeichnung der flüsse überall ausgeführt war, als ^ie städte-
namen des Wegenetzes eingetragen wnrden, llesze sich an sehr zahl-
reichen beispielen erweisen-
Die tab* P, enthält femer hunderte von Vignetten" in groszer
manigfaltigkeit; gebirge, meere und flüase sind in färben dargestellt,
überhaupt hat sie reichen färben seh muck, «die colorierten dar Stel-
lungen verraten auch, wie wohl allgemein anerkannt wird, ein hohes
alter, aber solche dinge gehören wieder nicht in die wegekarte zu
praktischem gebrauch hinein, oben (s. 494) wurde schon darauf
hingewiesen, dasz derjenige, welcher für reisegebrauch das itin, Ant.
achrieb, bei vielen ländem die mühe gescheut hat sämtliche wege
aufzuschreiben, dasz er sich begnügte die hauptstraszen anzugeben,
diese freilich mit der durch den zweck der sobrift gebotenen sorg-
*^ KMilUr widmet in leiner einletiang zur t«b. P. (s. 89—97) den
vi fetten eioen besondern abschnitt, deshalb Hillt e& auf, da»s «r du«
wichtigste hier nicht erwähnt, Dcmlich den umstand, dasz alle perspeo-
tivisch gezeichneten ^ebünde ihre front nach links (für den beschaiier)
kehren, daher sind nicht nur die bilder für Aquileja, Rarenna, Thesaa*
lonice» Kicomcdia, Nicaea und Ancyra nicht ursprünglich^ sondern attch
die Zeichnung der tempel bei Rom {ad sü. Fetrwn) und bei Antiochi*
ist hiernach ganz sicher eine späte, ungeschickte hjnzufägtmg. — Di«
sog. colonialvignette soll wahrscheinlich nicht zwei türme , sondern eis
doppelthor darstellen und wurde ursprünglich ^ewis nicht fUr rdmisehe
colonien (sie kam schon ron anfang an auf der karte in allen nicht*
römischen gebieten vor, wu^e freilich wohl schon im beg^inn des
fünften jh. von dem unwissenden scbüler des Julius BoDorius für das
eoloniezeichen gehalten), sondern wahrscheinlich für alle diejenigen
orte angewendet, bei denen ein wej? sich teilte. — Es ist anzunehmen^
dass die ortsbilder auf der weitkarte des kaiaers Auguatus den an f der
tab. P* erhaltenen echten bildern ziemlich Ehnlieh waren*
ESchweder: über ursprang u. ältere form der Peutingerschen tafeL 499
*falt. das bestret)en alle unnötige mühe zu sparen, welches hierbei
so deutlich hervortritt, steht in auffälligem gegensatz zu der art und
weise wie der Zeichner der karte verfuhr, dieser hat zweifellos die
zahlreichen colorierten darstellungen seiner kartenvorlage mit ganz
besonderm Wohlgefallen, mit unendlicher mühe, mit ausdauerndem
fleisz und mit möglichster treue copiert, und von den altern copisten
der karte wird dasselbe gelten dürfen, eine allgemein verbreitete
wegekarte, bestimmt zum reisegebrauch, würde aber, wie das.itin.
Ant. lehrt, nicht mit so vielem ganz überflüssigen luxus ausgestattet
sein, wie die tab. P. ist, und wie nach dem eben bemerkten schon
ihre Vorbilder gewesen sein müssen. '•
Nach dem vorstehenden kommen wir zu dem ergebnis, zunächst
dasz aus der im dreizehnten jh. gezeichneten Peutingerschen tafel
nicht geschlossen werden dürfe, die Vorbilder der karte hätten schon
im alter tum die form eines langen bandes oder Streifens gehabt,
sodann aber auch^ dasz unsere tab. P. durchaus nicht dafür spreche,
die karte habe einst zu irgend einem praktischen gebrauch dienen
sollen.
n.
Unsere prüfung der tab. P. hat bisher ergeben, welche form
und welche bestimmung dem antiken urbilde der karte nicht zu-
geschrieben werden dürfe ; sie lieferte also nur ein negatives resultat.
um nun aber auch positiven aufschlusz zu gewinnen, müsten wir
über andere, der tab. P. eng verwandte, jedoch dem altertum an-
gehörende oder ihm zeitlich nahestehende weitkarten etwas be-
stimmtes zu ermitteln suchen, diese Untersuchung würde zunächst
die weitkarten des kosmographen von Bavenna und des Julius
Honorius betreffen, welche beide selbst zwar nicht erhalten sind,
deren inbialt aber in Schriften zum teil vorliegt, die Untersuchung
betreffend die karte des kosmographen kann hier nicht mitgeteilt
werden, da sie umfangreich ist, auch die Vorlegung einer eignen
gröszem karte wünschenswert macht; über die karte des Julius
Honorius aber hat schon im j. 1856 EMüllenhoff in der oben öfter
citierten Kieler univ.-schriffc so treffend geurteilt — namentlich
richtiger als in neuerer zeit WEubitschek (^kritische beitrage zur
kosmographie des Julius Honorius', prpgrammabh. des gjmn. von
Oberhollabrunn 1882 und 1883; sowie ^die erdtafel des Julius
^^ deshalb kann ich auch Müllenhoff nicht beistimmen, wenn er
sagt (weitkarte s. 3): 'beide (die karte des Ray. kosm. und die tab. P.)
gehen von derselben recension aus, nur ist die karte in der Peutingeriana,
offenbar zam reisegebranch , aus der kreisform in die streifenform ge-
bracht.' ich meine vielmehr: 'offenbar nicht zum reisegebranch.'
weshalb oder wozu einmal die karte in die streifenform gebracht ist,
weisz ich zwar nicht; aber da dieser Umformung möglicherweise ein
ganz zufälliger, unberechenbarer und uncontrollierbarer umstand, viel-
leicht eine laune eines copisten zu gründe liegt, so scheint mir die
streifenform der karte überhaupt kein gegenständ der forschung mehr
500 KSchweder: über urdprnng u« ältere form der Peutmgerscheti tafel.
Honorius* in den Wiener Studien VII von 1885) — dasz es fär diese
karte nur noob 6iner bemerkung (s* unten) bedürfen wird, dagegeal
feblt bisber nocb eine erklärung der auffallendeoi in der schrift des'
Julius Honorius entiialtenen nacbricht von einer zur zeit des Julius
Caesar und des Octayianus Augustus ausgeführten yermessung des
erdkreises. scbon mehrmals, aber noch immer vergeblich bat man
zu ermitteln gesucht , was von dieser an'gabe zu halten sei , was ihr
zu gründe Hege und was aus ihr für die tab. P. zu entnehmen sei,
dieses problem erscheint mir wichtig, und seine I5sung wird uns,
wie ich glaube , direct zu dem Ursprünge der tab* P, führen-
Auf dem kreisförmigen , innern rande der weitkarte von Here-
. ford (herausgeg. von Jomard *les monuments* de la g6ographiö',
Paris 1861, und in dem oben s. 488 genannien werk von Bevan und
Pbillot) sind die vier bimmelsgegenden und die zwölfteilige Wind-
rose verzeichnet , und dieser rand wird von einem zweiten äuszem,
geradlinigen von portalähnlicher form umgeben* der osten steht
oben, in diesem äuszern rande liest man in verkürzter fassung jene
angäbe Über eine Vermessung des ötEhs itrrarum^ die sonst nur aus
der zweiten und dritten recension der . kosmographie des Julius
Honorius bekannt ist. der beriebt lautet auf der karte: a lulio
Caesare orhis icrramm mäiri cepit> a Nkoäoxo omnis oriens dimcn'
stis est. a Teoäoto septenlrion et occidem dimemus est, a PolidUo
tncridiana pars dimensa esi. diese angäbe ist mit der karte noch
dadurch in beziehnng gesetzt, dasz ihre einzelnen abschnitte über
den erdteilen stehen, von denen sie handeln, in dem winkel, links
unten zwischen dem äuszern, eckigen und dem innern, runden karten-
rande, sitzt auf einem tbronsessel eine figur, die den kais er Augustus
darstellt, dessen gewandung freilich nichts römisches verrät der
kalsar hält mit beiden hünden vor sich eine schrift, welche lautet:
itc in orhem Universum et de omni dus coniinentia referte ad senatum^
et ad istam confirmandam huic scripto siffiUum meum apposui, das
Siegel hängt an einem breiten bände von der Urkunde herab, es trfigt J
die insöbrift; S. Äugusti Caesaris imperatoris. die schrift aber isft'
an drei männer gerichtet, die vor dem kaiser stehen und denen die
namen Nichodoxua^ Theodotus^ Polidiins beigeschrieben sind, un-
mittelbar über dem haupte des kaisers steht geschrieben: Lu4Xis i
evangdio: cxiU edktum ah Äugtisto Caesare ui descrihereiur univer»
orhis, man erkennt sogleich, das2 sich der bibelspruch auf das kaise
bild und auf die zu diesem gehörende schrift, also auch auf die veif
mesäungsangabe bezieben solK wie sind nun aber der Vermessung
bericht, das kaiserbild und die bibelatelle auf diese karte gekommen 1
soll etwa der vermessungs bericht aus der zweiten recension der schrif
dos Julius Honorius verkürzt in die karte übertragen und das übrige
TOn dem Zeichner der karte selbst hinzugefügt sein? wenn auch die
karte ihrem inhalt nach zu einer solchen Übertragung des borichts,
der, wie schon bemerkt, auch mit der Zeichnung der erdteile auf der
karte in beziebung gesetzt ist, keine Veranlassung zu bieten scheint^
ESchweder : über ursprtmg u. ältere form der Peatmgerschen tafeL 501
so ist doch zunächst eine solche Übertragung nicht unmöglich, jedoch
auch das gegenteil ist nicht ausgeschlossen ; nemlich dasz die bilder
und angaben , die wir heute auf der karte von Hereford sehen , aus
altern karten stammen, dasz auch der vermessungsbericbt zuerst auf
der karte; nicht in der schrift des Julius Honorius sich befand, und
dasz er aus der karte in die schrift hinübergenommen wurde ebenso
wie der übrige inhalt der schrift. welche dieser beiden annahmen
die richtige sei, wird sich vielleicht nicht mehr ganz sicher feststellen,
wohl aber wird sich zeigen lassen, dasz der Vermessungsbericht, das
kaiserbild und die bibelstelle schon sehr früh auf den groszen Welt-
karten vorhanden waren , und dies wird von Wichtigkeit sein, ein
Zeugnis dafür liegt bei Lambert, canonicus von Saint Omer, vor, "
der im j. 1120 den über floridus schrieb.*^ zwar sind die karten,
welche die manuscripte des Uher floridus enthalten , nur klein , aber
in dem Pariser codex (s. 34) sieht man eine figur dargestellt mit
einer kröne auf dem haupte , einen degen (scepter ?) in der rechten
band und eine kleine Weltkugel mit der dreiteilung des orbis in der
linken haltend, die figur, der kaiser Augustus, ist selbst von einem
kreisförmigen gürtel, der den ocean darstellt, umgeben, zwei weitere
äuszere kreise stellen den horizont dar , und zwischen ihnen steht
geschrieben : exiü edidum a Caesare Augusto , ut describeretur uni-
versiis orbis, in der ecke des blattes, oben links liest man Octovianus^
rechts Augustus^ unten links Till Idus lan^ rechts lani clausü
portas, Santarem fand hierin eine hinweisung auf das senatuscon-
sultum , nach welchem angeblich Julius Caesar die Vermessung des
römischen reiches anordnete, das bild des kaisers Augustus mit der
Weltkugel in der band '^ sei, meinte er, der darstellung Koms auf der
^^ yg\, Wattenbach Deutschlands geschichtsqaellen II ^ s. 122. Grässe
allg. litterärgeschichte II 3 s. 892. — Das folgende nach der beschrei-
bung des cod. Par. suppl. lat. 10 bis bei Sanfarem 'essai' II 160 f. —
Der in Wolfenbüttel befindliche, von Ebert in Pertz archiv VI 5 be-
schriebene codex des Lambertus aus dem 12n jh. enthält nach gütiger
mitteilang des hrn. oberbibliothekar OvHeinemann kein ähnliches bild.
*^ HWuttke (öerapeum XIV 232) gedenkt einer antiken münze, auf
welcher der kaiser Augustus, *die dreifach geteilte Weltkugel in der
band haltend, dargestellt ist. ich bin dem nicht weiter nachgegang^en,
möchte aber daran erinnern, dasz auch mittelalterliche Zeugnisse dem
Augustus die dreiteilung des orbis terrarum zuschreiben, so heiszt es
im eingango der divisio orbis (bei ARiese geogr. Lat. min. s. 15):
terrarum orbis dividitur tribus nominibus: Europa Asia Libya vel Africa,
quem (oder quod) divus Augustus primus omnium per chorographiam ostendit,
und im itin. Ant. (bei Parthey und Pinder s. 256, W. 630) findet sich
ein Zusatz, herrührend von (dem falscher) Annius von Viterbo: divus
Augustus, quamvis totum orbem recte diviserit ubi ait: orbis totus dividitur
in partes tris, Europam Africam et Asiam usw. diese dreiteilung bild-
lich darzustellen waren die kleinen radkarten des mittelalters bestimmt
(vgl. GMarinelli ^dic erdkunde bei den kirchenvätern', deutsch v. Neu-
mann, s. 76, sowie Bevan and Phillot ao. introd. s. XIV f.), deren einer
beigeschriebeo ist (Bandini catal. libr. mss. bibl. Laur. I 645 nach
Santarem): lulius imperaior divisit totum mundum particulatim.
502 E8cliweder: über Ursprung u, ältere form der Peatingerschen tafeL
tab.P. enÜebni, während er für die bibelstelle auf den kosmograpbeii
von Eavenna Verwies, auch wir glauben , dasz sich hier wieder die
existenz einer groszen weitkarte herausstellt — mag sie auch dem
Lambertus selbst nicht vorgelegen haben — auf welcher der kaiser
AugQstus mit dem Vermessungsbericht in Verbindung gebracht war,
und besonders eng ist hier mit dem kaii^erbilde die angäbe des Lukas
verbunden, das kaiserbild in Verbindung mit der bibelstelle wird
also keine erfindung des Zeichners der karte von Hereford sein, dieser
wird es zunächst aus der im j\ 1106 gezeichneten Weltkarte des
Hein rieb von Mainz haben ; Lambert aber oder ein abs oh reiber des
über ftoridus wird es wieder auf einer andern karte gesehen haben;
das kaiserbild in Verbindung mit der bibelst^lle wird also auf den
groszen weitkarten des zwölften jh. öfter vorgekommen sein, aber
wir glauben dasz es schon auf viel altem weitkarten vorhanden war.
Der kosmograph von Ravenna hat schon im ersten buche seines
Werkes eine grosze weltkaitö benutzt, und bie allein war es die ihn
zu den betrachtungen anregte, in denen er sich dort ergeht, diese
seine karte stimmte mit derjenigen von Hereford tunächst darin
überein ^ dasz der osten oben stand ^^, aber auch die vier himmels-
gegenden und die zwölf winde waren auf ihr verzeichnet, schon im
eingange seines werkes bat er sie vor äugen; er sagt (I 1): Ucd ifl
India genUus non sim neque alitus in Scotia neque perambukipmm
Mauritaniam smul nee persa^uiatus shn Sq/thiam aui per quadri*
gines amhulaverim fmmdit attanien itüelleduali dodrina imhui M%tm
mundum diversarumque geniium hahitatiotus , sicut in earum Kbris
suh tmtUorum imperaiorum temporihit^ mundus iste descriptus est. sie
enim ait quidam phUosophorum ^Eomani (am per mpieniiam plurimos
ampUdentes quam mufhcribus ohkdantcs seit armis deh^dmtes totum
mundum $ihi suhdUum muUis fccerc iemporibus,* qucd ei ksiatur
mM Bundum Christi dei no$tri evangeUum dicens *€xiit edidum ab
Augusto Caesarc ui deseriherdur universus orbis/ nach der kart4; be*
zeichnet er India Scotia Maurdania und Sci^hia als die quadrigif^s
mundi (auf Bavenna bezogen, vgl. diese jahrb. 1892 s. 115 anm.),
dann beruft er sich auf die libri muJtörum philösophcrum ^ hinter
denen stets die karte steckt , und erinnert an die tcmpora muU^rum
imperaiorum f was ihm wohl der anbUck des kaiserbitdes auf der
karte eingibt, sehr bestimmt kennt er den römischen Ursprung der
karte, da er botont das« die Homer den erdkreis erobert hätten; er
iiimt wohl an, dasz die Römer den erdkreis bildlich dargestellt
haben, weil sie ihn erobert haben, sodann aber citiert er die Lukas*
stelle* sie passt hier wenig in den Zusammenhang, da von einem
eenstts nicht die rede ist ; gewfs entnimt er also die angäbe der karte.
kofinogranbeD von ,
bflnalio Kf
*' vgl. meine abh, ^tiber lU« Weltkarte de«
BaTOnna' «. 17, die karte von Hereford ut «war belnalio kreismad,]
wKhrend die des kosmographen eUiptUrb war« allein jene int, wie «cboii.i
oben (e. 4S8) bemerkt wttrde, aaeh einer karte reo ellip Itaehe r foroi r
gexeichoet.
ESchweder : über Ursprung u. ältere form der Peutingerschen tafel. 503
wir schlieszen aber daraus, dasz die bibelstelle und das zu ihr ge-
hörende kaiserbild sich schon früh auf den groszen weitkarten be-
fanden, und wenn die bibelstelle die vermessungsnachricht zur
Voraussetzung hat, da sie diese, wie wir sehen werden , bestätigen
sollte , so wird ^ch die vermessungsnachricht schon auf der karte
des kosmographen gestanden haben.
Hiernach scheint der Vermessungsbericht sich schon sehr früh
auf den groszen weitkarten befunden zu haben, er tritt sonst be-
kanntlich zuerst in der zweiten recension der kosmographie des
Julius Honorius auf, und Müllenhoff hat vermutet, er sei eine erfin-
dung des Urhebers der zweiten recension (Hermes IX 183). jeden-
falls ist er nicht später, vielleicht aber in einfEUiher form schon frühei;
sogar als die erste recension entstanden. *^ für die zusätze der zweiten
recension lag nach Müllenhoff, Biese und Eubitschek die ursprüng-
liche karte oder eine ihr ganz ähnliche zu gründe, es ist anzunehmen,
dasz damals der Zusammenhang der karte mit der schrift , auf den
der Verfasser der Urschrift in dem nachwort dringt, noch bestand
(bei Biese ao. s. 55 et ut haec ratio ad compendia ista deducta in
nuUum errorem ca^ai . . hie l%ber excerptorum ah sphaera [von der
karte] ne separetur). wer also auch den Vermessungsbericht erfunden
— wenn man so sagen darf — haben mag, er wird wohl die karte
des Honorius oder eine copie derselben vor äugen gehabt haben ; die
frage ist nur, ob etwa die karte ihn zur erfindung des berichts ver-
anlassen konnte, um aber diese frage zu entscheiden , müssen wir
zuvor feststellen, was von dem kaiserbilde in Verbindung mit der
bibelstelle und der Vermessungsangabe zu halten sei, namentlich ob
die angäbe glaubwürdig oder, wenn nicht, wie sie entstanden sei.
Die nachricht von der Vermessung des orhis tritt bekanntlich
*•* schon in der ersten recension wird beschrieben die continentia
des östlichen, westlichen, nördlichen und südlichen oceans, nnd der
titel lautet da excerpta eins sphaerae vel continentia, das wort continentia
ist hier etwas auffallend gebraucht, und deshalb verdient es beachtung,
dasz dasselbq wort in der Urkunde, welche auf der karte von Hereford
der kaiser Augustns in den bänden hält, vorkommt, und hier scheint
das wort besser an der stelle zu sein als in der schrift und besonders
als im titel der schrift. daher glaube ich, dasz schon der Verfasser
des ursprünglichen schrifttextes die Urkunde und das kaiserbild auf der
karte vorfand und von hier das wort continentia entlehnte, in dem titel
der ersten recension ist aber auch das wort eitts auffallend und un-
gehörig, aber es scheint ebenfalls aus der Urkunde, und zwar zugleich
mit dem wort continentia^ ohne viele Überlegung herausgenommen zu
sein: denn in jener Urkunde heiszt es: et de omni eius continentia referte*
. ad senatum, hier ist eins ganz angemessen gebraucht, zwar finden sich
diese worte fast gleichlautend in der dritten recension am ende der
einleitung wieder, aber von hier kann natürlich der Verfasser der Ur-
schrift nichts entlehnt haben, sind aber die ausdrücke continentia und
eins wirklich jener Urkunde entnommen, so musz auch die Vermessungs-
angabe sich schon auf der karte des Verfassers der Urschrift befunden
haben, alsdann stand die angäbe zuerst nicht in der schrift des Julius
Honorius, sondern auf seiner weitkarte.
504 ESchwederi über Ursprung u. Ult^re form der Peutingerscheti tafeL
erst in der zweiten recengion der echrift folgen dertnaszen auf: a Iidia
Caesare et M, Antonio consulibus omnis orhis peroffratus est per sa-
pientissimos et eltdos viros quattuor^ Nicodemo orientis^ Didpmo ocd-
dentalis, Theodoto septentrionalis , PoUdUo meridiani * . a consulihus
. , oriens difmnsa est et a cmisidibus . . accidm pars dimensa est usw.
in der dritten recension ist der bericht sejir erweitert; nach einer
einleitung heiszt ea hier: ergo a lulio Caesare et Marco Antonio con-
sulibus orhis terrarum metiri cepit. am acblusse heiszt es: ac sie
omnis orhis terrae inira annos XXXII a dimensorihm peragratus
ed et de omni eius cantinentia perlatum esb ad senatum» man sieht
bieraus, das2 der bericht der karte von Hereford sieb eng an die
dritte recension der scbrift anschlieszt, und wie die jtingere hss.-
familie der dritten recension den Didjmus, den -vermesser dea
Westens , wegläset (s. KPertz de cosmographia Ethici s. 56 f.)t ^^
thut dies auch die karte.
Cb Petersen (rhein. mus* n, f. bd. VIH 178) bemerkte, dasz auch
Albertus Magnus die Vermessungsnachricht gekannt habe, jedoch in
auöftthrlicherer fassiing als wir sie bei Julius Honorins lesen. KPerta
und andere haben dem keine beachtuug geschenkt, aber es verdiente
doch bemerkt zu werden, dasz der dem Albertus vorliegende bericht
sich enger an die karte anschlosz als der des Honorius. Albertus
gibt, wie mau wohl erkennt, seine vorläge sehr frei wieder, aber
dabei wird doch bestimmt ersichtlich^ dasz er> wie es in der karte
von Hereford der fall ist, zugleich mit dem vermessung&bericht auch
die bibelstelle vor sich bat, die sich bei Honorius nicht findet, auch
kennt er nur drei vermesser, wenn er auch gleich der karte von
Hereford von der Vermessung der Yier partes habitahiks spricht» die
Vermessung des westens, so erkllbrt er dies, sei unn5tig gewesen:
occidentaJes autem per Uineraria sua scwerunt Bamani eo quod in
occidenie praecipu^ eranl d&minia eorum ei viae^ man sieht hieraiia,
dasz er nur an eine wegeve'rmessung denkt, und dies ist wohl
zu beachten- Petersen weist auch darauf hin(ao. s. 183), dasz Felix
Malleolus (Heromerlin) die angäbe des Lukas, wie die karte es thut»
mit der nachricht von der vei^messung in Verbindung bringt, frei*
lieh wird dieser Schriftsteller nicht gerade seibist eine weitkarte vor
sich gehabt haben.
Aber ungeachtet aller späten Zeugnisse kann die vermessungs-
nachricht auf glaub wtlrdigkt?it nicht anspruch machen, und alle
mdhe, die man sich gegeben ihre Wahrheit zu erweisen, ist verloren.
. GHirscbfeld (geogr. jahrb, v. 1884 s. 407) meinte, kein urleihföhiger
glaube wohl heute noch an die Vermessung des römischen reiches
(vgl. auch JPartsch *die darstellung Europas in dem geographischen
werke des Ägrippa', 187ii, s. 75 ff.), gewis ist wenigstens dasz die
nachricht schwerwiegenden bedenken unterliegt.
Unter diesen bedenken ist uns die confusion in den acahlen*
angaben für die Zeitdauer der vermessungsa^beiten noch das geringste.
mag es immerhin mCJgUch sein diese confusion so, wie Rttschl (rhein.
ESchweder: über Ursprung u. ältere form der Peutmgerschen tafeL 505
BOLUS, 1842 8. 489 f. = opusc. III 7ö2) es versuchte , oder auch an-
ders, durch eine einfache emendation der textzahlen zu beseitigen,
so wird doch dadurch der bericht nicht glaubwürdiger, wir erinnern
zuerst an den unsinn einer Vermessung des orhis terrarum] niemals
ist von einer Vermessung des römischen reiches die rede, sodann aber
musz es gewis anstosz erregen, dasz die Vermessungsarbeit gerade
nach den vier haupthimmelsrichtungen geteilt von vier männem
ausgeführt sein soll, auch dieser zug verrät die ungeschickte er-
finduDg einer späten zeit, weiter aber, was soll überhaupt unter
der Vermessung, verstanden werden ? diejenigen , welche die Wahr-
heit der nachriebt verteidigten, dachten an eine geodätische landes-
aufnabme, allein sie unterschätzten wohl die Schwierigkeiten der-
selben; im mittelalter dachte man an eine wegeverm essung, aber eine
solche wäre unnötig gewesen, um sodann alles, was die Vermessung
beweisen könnte, in Zusammenhang zu bringen, hat man behauptet,
die Vermessung habe die grundlage der geographischen arbeiten
des Agrippa gebildet, und die maszangaben der commentarien des
Agrippa, wie sie uns in der dimensuratio provinciarum , in der
divisio orhis und mehrfach auch bei Plinius vorliegen, seien aus
dieser Vermessung hervorgegangen, aber Partsch hat ao. gezeigt,
dasz diese zahlen auf andere weise gewonnen worden sind, der um-
stand endlich, dasz die nachricht erst an der schwelle des fünften
jh. auftritt, als die antike cultur schon der hereinbrechenden bar-
barei zu erliegen begann, dasz der berichter statter unbekannt, wahr-
scheinlich aber ein mann von geringer bildung war , ist am aller-
wenigsten geeignet ihre Wahrheit zu verbürgen.
Ich halte also diesen Vermessungsbericht für unglaubwürdig,
aber zugleich meine ich doch, dasz ihm irgend eine thatsache zu
gründe liegt : er wird ein misverständnis späterer zeit , nicht aber
eine reine erfindung aus dem nichts heraus sein, wir jnüssen aber
die umstände, unter denen er auftritt, ins äuge fassen, der schrift
des Julius Uonorius hat ihn der Urheber der zweiten recension ah
einleitung vorangeschickt, wer dies auch gethan hat, er musz dem
bericht bedeutung zugeschrieben und das büchlein ohne den bericht
für unvollständig gehalten "haben , er musz also den bericht als zur
schrift gehörig angesehen haben, aber er wüste auch, dasz die schrift
nur ein auszug aus einer groszen weitkarte ist: er selbst hat die
schrift durch neue dnga\)en aus ddr karte erweitert, anderseits sahen
wir auch, dasz der Vermessungsbericht in Verbindung mit dem kaiser-
bilde und der bibelstelle schon sehr früh auf den groszen weitkarten
vorhanden war. daher weist alles daraufhin, dasz ursprünglich eine
enge und wichtige beziehung zwischen dem Vermessungsbericht und
den römischen weitkarten vorhanden war*^, und mit dieser erkennt-
'' der umstand, dasz im vermessuDgsbericht die vier himmelsgegenden
in derselben Ordnung auf einander folgen wie in der schrift des Honorius,
scheint diesen Zusammenhang ebenfalls zu bezeugen; doch möchte ich
diesem umstände kein entscheidendes gewicht beilegen.
50? EScbweder: über urspruiig a. ältere form der Feutingeraclien tafel*
nis wird uns auch der weg zur deutung des vermessungäbericbts
8cboQ geebnet sein ^ und die erkl&rang scheint mir recht nahe zu
liegen* wie leicht mis Verständnisse gerade in unserer sache eintraten,
löszt sich an manchen beispielen zeigen, die oben angeführten worte
des Albertus Magnus lehren^ dasz man im mittelalter an eine wege-
Vermessung dachte; es ist schon ein mis Verständnis der neuern, wetm
ßie an eine vermassung ganz anderer art ^ an eine lande&aufnahme
glauben, und wie entstand der glaube an eine wegevermessung?
Martianus Capella sagt VI 634: lon^Uudo {Gaüiae Narhofiensis) sicut
Agrippa dhnemns est CCCCLXX m, p, nicht als . ob er eine that-
gache, die er tiberliefert gefunden, weiter berichtete : er fand in seiner
quelle nur viele maszaugaben des Agrippa citiert und schlosz daraus
irrtümlich auf eine durch Agrippa ausgeführte Vermessung ; Bitschi
aber (ao. s. 483 <= 746) schlo^z hieraus nun weiter, dasz auch Agrippa
an der groszen reichsvermessung ^beteiligt gewesen sei. etwas ahn*
liebes liegt beiDicuil vor; aus den oft irrtümlich dem dichter Sedulins
zugeschriebenen 12 versen der missi Theodosii, die in dem von DicuÜ
benutzten codex mit der dwisto orhis verbunden waren, schlosz ent-
weder Dicuil oder (wahrscheinlicher) sein gew&hrsmann^ dasz unter
dem kaiser Theodosius (1 oder II?) eine verniessujig der länder des
orbis terrarum nach länge und breite stattgefunden habe^*, obwohl
die 12 verse selbst etwas ganz anderes, nemlich die anfertigujig einer
groszen weitkarte berichten, sobald dann später die lab* P, auf-
gefunden war, urteilte M Weiser, der sich zuerst ernstlich mit ihr
beschäftigte: ^chartam hanc esse a metatore quopiam qualiam
creber apud priscos Romanos in castris usus (er verweist auf Vegetios
cpU, rei mil. II 7) descriptam et dirigendis militiae itineribus . . ac-
commodatani,' ^^ noch lehrreicher ist für unsere frage vielleicht ein
anderer fall. JBHeyrenbach meint« ao. s. 7, aus der gleichmäszig
gut durchgeführten topographie auf der tab» P, sei zu scblieszen^
dasz das original von einer auf hohe Veranstaltung durch die
ganze monarchie vorgenommenen abmessung der römi-
schen heerstraszen entsprungen sei. wäre etwa in einer ecke
der karte noch ein kaiserbild and neben ihm der name des Auguatua
vorhanden gewesen, so würde Heyrenbach ohne zweifei gesagt
haben, diese Vermessung aller römischen heerstraszen habe der
kaiser Augustus ausführen lassen; ein anderer aber, welcher be-
achtete dasz die wege auch in deA nicb trümischen gebiet, im fernen
Ostasien angegeben sind, würde dann von einer Vermessung des
orbis terrarum durch den kaiser Augustas gesprochen haben, auch
Mausert (vorrede zur tab. P.) glaubte, das itinerarium Antonini und
die tab. P, seien aus der römischen Vermessung hervorgegangen^ und
»ein glaube an jene Vermessung ist erst durch das Vorhandensein der
'^ bei Dicuil (Ltir* prol. s. 5) böÜKl e« i tu fuifdo dadm/k emmo regni
imperaiorü Theodofii praecepU iUe wU missis proubteiM» 9rH$ terrae (n
iongiiudinem et latiiudinem mensurarL " dieio mUtentmg tit entoommeix
ttua JGLotter de tabula Peulin^erUß« ^Leipsig l7Sf) ». Säl
.ESchweder: über Ursprung u. ältere form der Peutingerschen tafel. 507
tab. P. und des itin. Ant. befestigt worden, ebenso würden auch die
spätem gelehrten, Ritschi, Petersen uam., dem vermessungsbericht
allein schwerlich glauben geschenkt haben, aber die tab. P. und das
itin. Ant. schienen ihnen die annähme einer Vermessung notwendig
zu machen, und selbst Müllenhoff (weitkarte s. 1) meinte im j«. 1856,
die thatsache, dasz eine reichsvermessung stattgefunden habe, werde
durch die weitkarte bewiesen, die der kaiser Augustus herstellen
liesz. später (1875) hat Müllenhoff hierüber freilich ganz anders, viel
richtiger geurteilt, man sieht aber wohl; die angaben von einer reichs-
oder Weltvermessung sprieszen überall wie pilze hervor, sobald nur
ein einigermaszen günstiger boden für sie vorhanden ist.
Wer sich nun diese beispiele und die ganze Sachlage unbefangen
vergegenwärtigt, wird nicht mehr im zweifei darüber sein, wie der
vermessungsbericht entstand : er wird erkennen, dasz der bericht aufls
engste mit der itinerarkarte zusammenhängt, und dasz er nur aus
diesem gründe schon so früh auf den groszen weitkarten erscheint,
was sonst schwer zu erklären wäre, der vermessungsbericht
existierte nicht, so lange noch der Ursprung der groszen
itinerarweltkarten allgemein bekannt war, er muste
sich aber mit notwendigkeit sogleich bilden, als der
Ursprung dieser karten in Vergessenheit geriet, dies ge-
schah wohl am ende des vierten jh., als die exemplare der römi-
schen itinerarkarte noch häufig waren, mit erstaunen sah man dort
die vielen wege- und entfemungaangaben ; ebenso sehr wie heute
wünschte man schon damals zu wissen, wie die karte entstanden,
und besonders wie der Urheber der originalkarte zu den Wege- und
entfemungsan gaben gekommen sei. man hatte hierüber keine litte-
rarischen angaben, man blieb also auf die betrachtung der karte an-
gewiesen, so drängte sich nun dem beschauer mit notwendigkeit
die ansieht auf (wie es noch Heyrenbach geschah) , dasz die vielen
wegeangaben nur durch eine allgemeine Vermessung der wege ge-
wonnen sein könnten, die meinung aber, welche heute so viele
forscher von der tab. P. und ihren Vorbildern hegen, diese karten
seien für einen praktischen zweck , nemlich zum gebrauch der feld-
herm oder (nach andern) der reisenden bestimmt gewesen , konnte
sich damals nicht bilden, ^a jene karten nicht die bandform der
tab. P. hatten, nun aber sah man auf den karten auch ein kaiser-
bild mit dem namen des Augustus. dasz dieser kaiser einst in Bom
eine berühmte und wichtige weitkarte hatte herstellen jlassen, wüste
man nicht mehr, doch muste wohl des bildes wegen die karte jenem
kaiser ihren Ursprung verdanken , und da nun die annähme einer
Vermessung notwendig schien, so war der schlusz unvermeidlich,
dasz unter dem kaiser Augustus eine allgemeine Vermessung der
wege stattgefunden habe, und dasz auf grund dieser Vermessung die
karte hergestellt sei. doch bedurfte und suchte man noch ein litte-
rarisches Zeugnis für dieses factum , man glaubte es in der angäbe
des Lukas zu finden , die nun zur beglaabigung der vermessungs-
508 ESchweder; über Ursprung u. ältere form der Peutingeracheii tafeL
angäbe neben das kaiserbild in die karte hineingeschrieben wurde,
weil man aber auf der karte die wege auch im Üuszersten osten^
überhaupt in gebieten die nie römisch gewesen angegeben sah, so
sprach man nicht von einer reichsvermessungi sondern von einer
Vermessung des orhis ierrarum. diese Vermessung mäste aber wohl
von vier männern, die das ganze gebiet nach den vier himmeis-
gegenden unter sich geteilt hatten , ausgeführt sein : denn auf dem
rande der aus der Vermessung hervorgegangenen karte sah man ja
in besonders gro^szer schrift die vier himmelsgegenden angegeben,
die reibenfolge der letztem in dem bericht des Honorius entsprach
der darstelliing auf der karte; der osten wird zuerst genannt, weil
er auf dieser karte oben stand.'* so entstand der bericht, und zwar
zuerst wobl in einfacher form , etwa so wie er noch heute auf der
karte von Hereford vorliegt, es ist aber anzunehmen dasz er, sobald
er sich einmal gebildet hatte, beständig erweitert wurde wegen des
groszen Interesses das ihm entgegenkam, so wurde er bald mit
hilfe spanischer consularfasten ** weiter ausgesponnen: denn man
wünschte nun die merkwürdige tbatsache der Vermessung auch
genauer festgestellt zu sehen, ob der bericht zuerst in die karte
oder in die schrift des Honorins eingetragen wurde, ist nicht ganz
sicher zu entscheiden, docb wabrscheinlicher ist das erstere, da er ja
zur karte geborte, er konnte aber auch von anfang an in die schrift,
ja auch in diese zuerst, aufgenommen werden, so lange noch die
schrift mit der karte verbunden war. später muste dann der beriebt
etwas modiüciert werden , namentlich konnte sich die annähme von
vier veritfessern des orbis nicht allgemein behaupten, wohl war man
sich des Zusammenhanges des berichts mit der karte noch bewust,
aber man hatte doch eine künde, dasz der kaiser Augustus den orbis
terrantm in drei teile geteilt habe (s. ohen), man muste also schlieszen,
da&z gerade dieser kaiser nicbt vier, sondern nur drei vermesser ans-
gesandt baben könne, und als endlich mit dem nennten und zehnten
jh, die kleinen radkarten mit ihrer dreiteilung so häufig wurden
(s. Marinelli *die erdkunde bei den kirchenvätem', deutsch von Neu-
mann, s. 76), muste auf den karten wie in der schrift (in einer bas,-
classe der dritten recension: s, KFertz de cosmographia Ethici r, 5t f*)
die vierteilung der dreiteilung weichen: unter oriem verstand man
^* dieser schlusc lle^t wenigstens n&be; er kann auch mcbt über-
raschen, da wir wiesen , dass die Weltkarte des kosmographen von Ra
venna ebenso orientiert war daraus ist freilich noch nichts sicher«
für die orientierang der origioalkarte des Augustus zu schliesseii, die
bleibt noch zweifelhaft, abzuweisen ist der 1891 von AEiter gemachte,
auf Willkür beruhende versuch, auji der notitia äiffmiatum för die weit-
karte des Angustn« eine stidUebe Orientierung abzuleiten. •- vgl
MülleuhoiT im Hermes IX 183 f, schon Mullenhoff hat an einen ur«
sKchKchen Zusammenhang der weitkarte mit der vermessung^Dachricht
gedacht, er hielt die naehricht Hir eine erfindung des urhebert der
zweiten recension der schrift des Julius Honorius, ^soweit nicht die
Weltkarte selbst zu einer aolchen annähme nihrte\
ESchweder: über Ursprung u. ältere form der Peutmgerschen tafel. 509
nun Asien, unter meridies Africa^ unter septentrio Europa; aber die
vierte himmelsrichtung , occidens, fiel aus oder wurde unter Europa
mitbegriffen (weil Gades nicht auf dem westpunkt der itinerarkarte,
sondern wie bei dem kosmographen von Bayenna bedeutend süd-
licher lag), der name des vierten vermessers, Didymus, fiel aus. be-
sonders interessant und lehrreich ist es, aus diesem späten Übergang
der vierteilung in die dreiteilung zu sehen , wie lange man noch im
mittelalter sich des Zusammenhanges des berichts mit der karte,
sowie der bedeutung und entstehung des berichts bewust blieb*';
auch dieser umstand bestätigt, dasz der bericht so entstanden ist,
wie von uns angegeben wurde.
Aus dieser erklärung des Vermessungsberichts ergeben sich nun
einige wertvolle folgerungen für die beschaffenheit der groszen
itinerarweltkarten im anfange des mittelalters. diejenige karte,
welche zur entstehung des Vermessungsberichts anlasz gab, musz
eine grosze itinerarkarte gewesen sein, aber zugleich auch eine karte
des orhis terrarum^ und ihr straszennetz kann sich nicht auf das
römische reich beschränkt haben, da man in diesem falle an eine Ver-
messung nur des römischen reiches gedacht haben würde, die karte
kann auch nicht die band form der tab. P. gehabt haben, da man auf
grund einer solchen karte unmöglich auf die annähme einer teilung
des Vermessungsgebiets nach den vier himmelsgegenden verfallen
wäre, ebendasselbe geht freilich auch mit groszer evidenz aus der
dars teilung in der schrift des Julius Honorius hervor, in welcher
die ratio quattuor oceanorum so streng festgehalten und dem leser
in der nachschrift vom Verfasser noch besonders empfohlen wird.-*^
die karte wird also wohl die elliptische form der weitkarte des kosmo-
graphen von Bavenna gehabt haben, auf den endpünkten der beiden
kartenachsen waren mit groszer schrift die vier haupthimmelsrich-
tungen verzeichnet, und da im Vermessungsbericht wie in der kosmo-
gi*aphie des Honorius der osten vorangestellt wird, so darf man
schlieszen, dasz auf dieser karte wie auf derjenigen des kosmo-
graphen von Ravenna der osten oben stand, obwohl auch in den
schematisierten angaben des Agrippa bei Plinius (n. h. lY 71. 105.
V 102. VI 37. 137) und bei den kleinen geographen {dimensio pro-
vinciarum nnd divisio orhis) die himmelsrichtungen in derselben Ord-
nung wie bei Julius Honorius auf einander folgen, endlich aber
musz die karte auch ein bild des kaisers Augustus oder eine andere
hinweisung auf diesen kaiser enthalten haben, aus welcher man^ ohne
SB oben s. 500 wurde bemerkt, dasz auch auf der karte von Here-
ford die Zusammengehörigkeit des berichts und der karte noch erkenn-
bar gemacht ist, indem die einaelnen abschnitte des berichts über den
erdteilen stehen, von denen sie handeln, der Zeichner der karte wird
dies aber vielleicht gar nicht mehr beachtet haben, er wird hier viel-
leicht mechanisch seiner kartenvorlage gefolgt sein, dasz der ver-
messnngsbericht in eine karte ohne wegeverzeichnong eigentlich nicht
hineingehört , hat er nicht bemerkt. " bei ABiese ao. s. 66 : quattuor^
ut üerum dicam, oceanorum ratio non praetermittenda.
510 ESchweder: Über arepruD^ u. ältere form der PeatingerBckeu tnfeU
den wahren ursprang der karte zn kennen, bestimmt schlieszeti
konnte, dasz dieser kaiser in irgend einer art der u rbeb er der original -
karte sei. dieser umstand ist für uns vielleicht der wichtigste: denn
er beweist dasz die grossen itinerarweltkarten wirklich abk5mmlinge
der weitkarte des Augustus sind» worauf freilich schon die worte des
panegyrikers Eumenius^- (pro restaur, sdiolis c. 20) sowie die Sach-
lage** überhaupt scblieszen lassen.
Dtirch die nachricht von der Vermessung des arlyis ierrarum
wird also ^ wenn wir sie richtig gedeutet haben, dargetban, dasz die
filtern itinerarweltkarten abkömmlinge der berühmten weitkarte dea
Augustus waren , und dasz sie im vierten jh. eine gerundete form
hatten^ so dasz auf dem kartenrande die vier ha upthi mm eis rieh tun gen
angegeben sein konnten, deshalb musz auch die Peutingerscbe tafel,
das einzige uns erhaltene exemplar der itinerar karte, aus einer ge-
rundeten form hervorgegangen und gleich allen andern itinerar karten
ein (sehr entstelltes) abbild der römischen weitkarte des Augustus
sein, die ursprünglich gerundete form der tab. P. hatte schon
TbMommsen (ber. über die verh. der sächs. geg. der wiss. in Leipzig
• 1851 8. 101) behauptet mit hinweis auf die runde itinerarkarte des
kosmographen von Eavenna, und wenn später andere forscher da-
gegen einwandten, der kosmograph habe zwei karten benutzt, im
ersten buche eine rundkarte ohne Wegenetz, später eine itinerarkarte
von der form der tab, P. , so hat doch noch niemand dafür aus der
Schrift des kosmographen einen beweis beibringen können; ein ein*
gehen auf die angaben der kosmograpbie wtlrde vielmehr zu dem
zweifellosen resultat führen , dasz die itinerarkarte des Eavennaten
eine gerundete form hatte,
Müllenhoff, welcher fast überall sehr scharfsinnig und tretend
über die schrift und karte des Honorius urteilte^ ist doch, wie ich
glaube » in einen groszen irrtum verfallen, indem er (weitkarte 1656
s« 46) annahm, in den vier continentien des oceans bei Julius Honoriua
liege die Eratostheniscbe vierteilung des arbis ierrarum vor, und
dieser irrtum ist um so mehr zu bedauern« als später andere forscher
gerade bei diesem punkte in seine fusztapfen getreten sind.*^ es iat
hier nicht der ort auf die vierteilung der karte des Julius Honorioa
einzugehen, und auch künftig werde ich schwerlich eine gelegenheit
dasu finden» doch möge noch jeder, welcher sich einmal mit der karte
*9 0r empfiehlt die itioerarkarte an einer iealenballe antubriiig^ni
damit soll wohl das eioft vom kaiser Augustus in Kom g-egebeue bei-
gpiel naebgeabmi werden. ^' man vgL die Eutre€fende bemerkung
Kitsobla über den urspruoir der tab. P. (rhein. mm. J843 s. 514 «» opuae.
III 777), — Die ansteht von De«j&rdios/dav wegeneti sei erst im viertea
jb. in die karte eingejsekboet, bedarf nun der Widerlegung ttiebt mehr.
aus der angab« des Eumenias geht hervor, das« es am ead« de« dritten
jh. scbon auf der karte war, and der wohl am ende des vierten jb- eat*
standene vermeasun gäbe rieht schreibt gerade die hersteUnng der straaten-
karte dem kaiser August as su. ** nur Riese ao. a. XXIV hat Müllen*
hoffs ansteht mit recht surückg^ewioseo«
ESchweder : über ursprang n. ältere form der Peaüngerschen tafel. 511
des Honorius beschäftigen wird, gewarnt sein der autorität Müllen-
boffs hier voreilig zu vertrauen, ich wenigstens bin zu det erkennt-
nis gekommen, dasz man, um über die anläge dieser karte (und
der römischen itinerarkarten des dritten bis fünften jh. überhaupt)
weitern aufschlusz zu gewinnen > vor allem sich von dieser ansieht
Müllenhoffs lossagen musz. es ist eine wichtige und völlig gesicherte
thatsache , dasz auf den itinerarkarten der spätem kaiserzeit Gades
nicht den westpunkt einnahm, sondern bedeutend südlich von ihm^
auf dem südwestlichen kartenrande'* lag. war dies auf der original-
karte des kaisers Augustus etwa anders'^, so musz auf den abbildem
der weitkarte eine Verschiebung jenes punktes (Gades) nach süden,
und zugleich damit vielleicht auch eine Verschiebung des diaphragma
von Gades, eine drehung desselben um seinen mittelpunkt (etwa
Rhodos) eingetreten sein, die ansieht, die teillinien der vier con-
tinentien auf der karte des Honorius seien zwei rechtwinklig sich
schneidende gerade linien gewesen, ist durch nichts zu begründen.''
— Freilich hat auf der bezeichneten falschen basis Kubitschek die
karte des Honorius wiederherzustellen versucht (Wiener studien VII);
aber sein entwuif konnte nun nicht mehr glücklich ausfallen; man
wird ihn unannehmbar finden, wenn man sich nur das mittlere niveau
der geistigen bildung im vierten jh., dem die karte angehört, ver-
gegenwärtigen will, denn eiue karte, auf der die südostspitze Italiens
nahe der Nilmündung, Griechenland östlich von Ägypten liegt, würde
im vierten jh. für ein monstrum gegolten haben und kann im ernste
diesem Zeitalter um so weniger zugeschrieben werden, als sie auf ein
original aus classischer zeit, welches selbstverständlich gerade die
B* wenn dann auf spätem mittelalterlichen karten Gades stets wieder
den westpunkt einnimt, so ist dies vielleicht dem einflusz der inzwischen
häufiger gewordenen radkarten, welche Gades in dieser läge daratellen
musten, zuzuschreiben. ^* da nach den angaben der römischen choro-
graphie bei Plinius (IV 113 f. und VI 199) und. Mela (III 12 f. und
III 100) der atlantische ocean sich vom promunturium Celticttm in Gallaecia
bis zum Hesperu Geras in Africa erstrecken soll und seine mitte jeden-
falls mit dem westpunkt der k»rte zusammenfiel, so scheint Gades auf
der karte des Augustus allerdings auf dem westpunkte oder doch dem-
selben sehr nahe gelegen zu haben. '^ die vierteilnng der karte des
Julius Honorius hat m. e. mit irgend einer lehre des altertums ebenso
wenig zu thun wie etwa die Stundenteilung auf der weitkarte des ano-
njmus von Ravenna (vgl. litt, centralblatt 1887 sp. 888). dasz einzig
durch so trübe, so bedenkliche quellen wichtige lehren oder erkennt-
nisse des altertums, welche seit vielen Jahrhunderten in Vergessenheit
geraten waren, wieder entdeckt, verbreitet und einer spätem zeit über-
liefert sein sollten, scheint mir eine sehr gewagte annähme zu sein«
doch war es auch meine meinung nie, dasz der Ravennate durch die
betrachtung einer Sonnenuhr auf die Stundenteilung geführt sei; ich
sagte (s. 10): ^nachdem der kosmograph die teillinien gezogen hatte,
muste er . . wohl notwendig an die ganz entsprechende teilung auf
dem ziflferblatt der Sonnenuhr erinnert werden; daher dann der ver-
gleich.' wie der kosmograph zu der Stundenteilung gekommen sei,
darüber habe ich nur eine Vermutung, welche in meiner kleinen arbeit
von 1886 mitzuteilen nicht angemessen schien.
51 2 JHScbmalz : zaYarror.r. II 10, 8. - FLoterbacher : lu Liv. XXX VII 6$, 2.
küsten des Mittelmeeres ziemlich richtig dargestellt haben innsz,
zurUekgehBn soll, auch die der karte des HoEorius nahe verwandte
tab. P. stellt I obschon sie uns ah ein Zerrbild aas dem dreizehnten
jh. vorliegt, die relative läge von Italien» Griechenland und Ägypten
richtig dar und ist deshalb selbst, ein sehr gewichtiges zeug&is da-
für, dasz die von Kubitschek versuchte Wiederherstellung der karte*
dci* Honorius noch nicht gelungen ist,
Kiel. EiflL Sohw^der,
ZU VAREOS RES EUSTICAE.
Die beiden monographien von Krumbiegel *de Varroniano scri*
bendi genere quaestiones' (Leipzig 1892) und von Heidrich 'der stil
des Varro' (progr. Melk 1892) legten mir eine erneute beschfiftigung
mit der rätselrcichen spräche des Varro nahe, so kann ich in r^runi
rusticarum H 10, 8 de nutricatu hoc dico^ easdem fere et nutrkes et
matrc^ semel, simul aspicU ad me usw, die von Merula herrührende
tilgung des scfnel nicht billigen, zunächst ersehen «eir aus Heidriohs
§ 34 Über fülle und Weitschweifigkeit des aasdrucks bei Varro» dasz
dieser autor 'in ihrer bedeutung sich deckende oder nahestehende
redeteile pleonastisch neben einander stellt', zweitens geht aus äem^
was CFWMüller in diesen jahrb. 1890 s. 714 und Hosius oben s. 347
ausgeführt, deutlich hervor, dasz semd sich nicht auf die bedeutung
* Einmal' beschränkt, sondern auch 'zum erstenmale' und 'auf ein-
m&V heiszen kann, letzteres steht nun nicht nur im gegen satz zu
patdatim^ wie bei Lucanus und Seneca, sondern auch zu 'getrennt';
es ist daher synonym mit iäem und wohl geeignet den begriff dea
letzten! zu verstärken, esse zwischen matres sen%d konnte leicht aua-
fallen; die stelle bei Varro wird also gelautet haben : de nutricaiu kce
dico^ easdem fere ei nutrices et matres esse semet* smul aspicUadme*
Taubbrdisohofsheim. Josjspb Hbhmamm Schmalz.
60*
ZU LIVIUS.
Die Worte XXXVU 56, 2 de summa remm senatus constUuU:
Lycaoniam omnem et Phrygiam tdramque et M^siam re^ias Silvas
sind noch nicht befriedigend exnendiert worden, mir scheint dasz
regias sävas zu ändern sei in regi assignai, das verbum os^^nar^
findet sich bei Livius an einigen steUan (V 7« 5 u. 12. 22,4. XXI 25, 3.
XXVI 21, 13, XXVni 42, 15. XLII 33, 6) und ergibt hier den nach
§ 4 erforderlichen sinn: der Senat weist die zehn gesandten an, diese
gebiete dem könig Enmenes zn übergeben.
BURGDOBF (SOBW&IZ). FrAMZ LUTfiRBACHER.
BESTE ABTEILUNG
FUß CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBAÜSQEQEBEN VON AlFBED FlEGKEISEN.
61.
STUDIEN ZUR VERFASSUNG VON ATHEN WÄHREND
DES PELOPONNESISCHEN KRIEGES.
Erster artikel:
ÜBER DIE CIVILBEAMTEN.
Wenn jemand naiv genug wäre die frage aufznwerfen , welche
Verfassung denn zur zeit des ausbruchs des peloponnesischen krieges
in Athen thatsäcblicb bestanden habe, so würde die antwort, wenn
man ihn überhaupt einer solchen würdigte, ohne zweifei dahin
lauten: die demokratische, die bis zu ihrer äuszersten consequenz
entwickelte volksherschaft. gewis, würde der frager vielleicht er-
widern , so wird allgemein gelehrt, aber eine eigentümliche volks-
herschaft musz es doch gewesen sein, da ja unsere höchste autoritttt^
der zeitgenössische geschichtschreiber jenes krieges ausdrücklich
erklärt (II 65), es sei nur dem namen nach eine demokratie ge-
wesen, in der that aber die herschaft* eines einzelnen, freilich des
ersten mannes (dTiTveTO XÖTiw jiifev bTiMCKpatia, fpTi^ ^^ ^^^ ToO
TipiuTOU dvbpöc dpX'l)» <^«s Perikles, ein ausspruch der dann durch
die stimmen anderer Zeitgenossen, durch die höhnischen angriffe,
die leidenschaftlichen zornausbrüche der gleichzeitigen komischen
dichter, die uns aus einer ganzen reihe von jähren überliefert sind,
lediglich bestätigt wird, sie bäumen sich auf gegen die herschaft
dieses Olympiers ^ dieses zwiebelköpfigen Zeus, aber sie müssen sie
zähneknirschend anerkennen, als lebendigen commentar zu jenem
allgemeinen ausspruch des geschichtschreibers will ich nur eine viel
citierte stelle des komikers Telekleides anführen, in der die dinge,
die sich unter der botmäszigkeit des Perikles befanden, im einzelnen
angegeben werden:
der Städte tribnt, nnd die Städte dann selbst, sie za binden und wieder
zu lösen,
und die steinernen manern daheim za erbann, und beliebt's ihm, wieder
za stürzen,
die vertrage, den frieden, die kraft und die macht, und den schätz
und des Staates gedeihen.
Jahrbaeher ftür clast. philoL 189S hft. 8 a. 9. 83
514 HMüller-Strdbiiig : studien Über die TerfaBBUtig yod Atbea
man siebt, danach erstreckt sich die machtvoUkommenbeit des ersten
mannes so ziemlich über alle gebiete des öfFt?ntHchen lebens na
auBzen wie nach innen, in krieg und frieden, dies also war de
stand der dinge im frieden, so lange Perikles dem staate vor-
stand, wie Thukydides sagt: öcov XPOVOV TTpoücTT^ iflc TtöXeiuc
iy Tri tipnvi^i so lange er iTpocTdcr|C, Vorsteher des Staates war, ein
ausdruck den auch die übrigen zeitgenössischen schriftsteiler, ich
meine die komischen dichter, denn andere quellen fQr die kenntnis der
innern geschichte von Athen haben wir ja nicht, häufig gebrauchen
(zb, Aristopbanes Bi. 1128, Fn, 684, Frö. 569); auch Xenophon
Apomn. I 2, 40 sagt TTepiKXet irpocxdTiri tfic TröXeuuc. aber ganz
nncontrolliert scheint die berschaft des ersten mannes, oder, wie
wir nun wohl sagen dürfen , des prostates doch nicht gewesen zu
sein; denn der geachichtscbreiber erzählt, im nnmut Über den fort-
dauernden krieg hätten die Athener ihn, den Perikles, zu einer geld-
strafe verurteilt — dürfen wir dies in modemer weise so ausdrücken:
es sei eine insurrection gegen die berschaft des ersten mannes aus-
gebrochen ? — die dann aber keinen dauernden erfolg gehabt haben
kann: denn der geschichtachreiber fährt unmittelbar darauf fort:
*nicht lange nachher aber, wie das so die art des groszen haufens tst^
wählten sie ihn wieder zum Strategen und übergaben ihm die leitung
aller öffentlichen angelegenheiten' : öcT€pov ö' auOic ou TioXXij),
ßirep cpiXu öpiXoc iroieiv, cxpaTTiTÖv tYXovio kqi Travia lä npdj-
paxa illilp^^^av, ist es vielleicht diese stelle, auf die gestützt fast
aämtlicbe neuere forscher die frage, in welcher äuszern Stellung denn
Perikles seine allumfassende berschaft ausübte, dahin beantworU^n :
in seiner stellyng als Stratege» denn «an der spitze der athenischen
beamten standen, was machtumfang und politische bedeutung be-
trifft, die militärischen und unter diesen wieder die CTpaTTitoU
(GGilbert grieeh. staatsalt. I s* 220). es waren freilich ihrer zohn^
aber ^sie wurden herkömmlicher weise vom volke aus einem be*
stimmten kreise strategischer fomilien gewählt und zwar in regel-
mKsziger gescblechterabfolge' (Gilbert beitrage zur innern ge-
schichte Athens s* 4 f.). eelbstvei ständlich gehörte Perikles schon
als söhn des Siegers von Mykale zu diesen Strategischen familiou\
die übrigens eigentlich eine sehr moderne erfindung von Droysen
Bind (s« Hermes IX s. 1 ff.), wie dieser denn auch die monarchie des
Perikles wesentlich darauf zurückführt (übers, des Aristoph. V a. 78)
'dasz er jähr aus jabr ein — 15 jähre lang ununterbrochen, wie
Piutarch angibt — in die wichtigste beamtung, die der zehn stra*
tegen gewählt wurde; in den formen der verfassungsm ädrigen demo-
kratie leitete er den staat, da seine mitstrategen wesentlich aus den
kreisen der alten familien und gewia unter seinem einfiusz gewählt
wurden' — daher ihn denn auch Duncker mehrfach schlechtweg als
Vorsitzenden im s trat egenco liegt um bezeichnet; ja Bei ocb (attische
Politik 8. 288) hat sich einen ständigen vom volle aus allen Athenern
jährlich gewählten prjrtania der Strategen ausgedacht, wie einen
während des peloponneBischen krieges. L 515
modernen ministei-präsidenten : 'was aus dem amt sich machen liesz,
hatPerikles in den 15 jähren seiner Verwaltung gezeigt.' es ist nur
schade, dasz hei dieser zurechtmacherei die einschränkende clausel
bei Thukydides öcov xpövov (6 TTepiKXfic) irpoücTTiTficTröXeujc
dv T^ cipilVi] ganz in den wind geschlagen wird, doch ich kann
mich hier, wo ich mich zunächst mit den bürgerlichen Staatsbeamten
zu beschäftigen habe, auf die eingehende erörterung dieser frage
noch nicht einlassen: das musz ich mir aufsparen^ bis ich durch eine
eingehende Untersuchung über die militärbeamten so zu sagen festen
boden unter den füszen gewonnen habe und die athenische Ver-
fassung im fünften jh. als ein lebendiges ganzes vor mir liegen sehe,
dann wird auch diese frage besprochen werden, aber schon hier
kann ich nicht umhin meine Verwunderung auszusprechen darüber,
dasz die eben genannten gelehrten sämtlich einen, wie mich dünkt,
sehr wichtigen umstand auszer acht gelassen haben, den nemlich,
dasz die herschaft des ersten mannes bei Thukydides vielleicht die
erste alleinherschaft im athenischen staat war, aber sicherlich nicht
die letzte, denn schon wenige jähre nach Perikles tode stoszen wir
in dem demokratischen Athen unter ganz andern Voraussetzungen
als den bei Perikles maszgebenden auf einen politischen zustand,
den wir nach den Schilderungen der Zeitgenossen gar nicht anders
bezeichnen können denn als eine abermalige herschaft zwar nicht des
ersten, aber doch eines einzelnen mannes, noch dazu, wenn unsern
quellen, die hierin mit dem geschichtschrei ber Thukydides (und
auch mit dem neu aufgefundenen papyrus-evangelium über die Ver-
fassung von Athen) so ziemlich übereinstimmen, zu trauen ist, des
nichtswürdigsten mannes in Athen, des gerbers Kleon. leider kann
ich zur Charakterisierung dieser zweiten alleinherschaft kein so
kurzes epigrammatisch schlagendes dichterwort anführen wie vorhin
das des Telekleides für Perikles, vielmehr werde ich mir die ein-
zelnen Züge , die ich zur definierung dieser zweiten alleinherschaft
beizubringen habe, aus unsern quellen mühsam zusammensuchen
müssen , namentlich aus den stücken des Aristophanes , der ja den
krieg gegen den ihm verhaszten Eleon schon im j. 426 begonnen
und dann bis zu dessen tode im j. 422 so tapfer fortgeführt hat. ja
ich will vorgreifend schon hier sagen, dasz damit das Institut der
monarchie keineswegs aufgehört zu haben, vielmehr ein wesent-
licher bestandteil der athenischen demokratie gewesen zu sein scheint,
denn Eleon hat einen nachfolger, den lampenfabrikanten Hyperbolos,
der nach dem ausdrücklichen zeugnis des Aristophanes ebenfalls
vom volk zum Vorsteher, 7Tp0CT(iTT]C , gewählt war, und den ich der
kürze wegen mir erlaube durch Meineke (bist. crit. com. gr. s. 193)
charakterisieren zu lassen: 'perditissimus homo [ganz übereinstim-
mend mit dem historiker Thukydides VIII 73] , cum aliquot annos
primum in re publica locum tenuisset [ganz wie Perikles und Kleon]
ac ne mordacissimis quidem comicorum poetarum salibus ad saniorem
rationem revocari potuisset [man sieht, der freche mensch folgt auch
33 •
516 H Müller -Strüü mg; atudien Über die Verfassung toh Athen
bier dem beispiele semer beiden vorgftnger in der monarchie], in-
sperato de sammo ad quod malia artibus adscenderat potentiae
auctoritatisque fastigio deiectus est.* damit hört aber, wenigstens
für den ersten blick, alle analogie dieser beiden spätem alleinher*
Schäften mit der ersten auf. gerade die angebliche grundbedingung
der herschaft des Perikles fehlte dem gerber, er gehörte nicht» wie
Bein Vorgänger, einer jener alten strategischen familien an, vielmehr
dem gewerbetreibenden mittelstande, er war nicht Stratege, denn
wenn ihm auch das volk einmal auszerordent lieber und, wie neuer-
dings behauptet worden, sogar verfassungswidriger weise einen
hochwichtigen militärischen aaftrag erteilt hatte, so war er nach
glänzender erfüllang desselben seit seiner rückkehr von Pylos wieder
in seine rein bürgerliehe Stellung zurückgetreten , und war damals,
als Aristophanes seiue Ritter schrieb, sicherlich nicht mitglied des
strategencollegium», geschweige denn dessen versitzender, also, wie
gesagt, die grundbedingung, aus der man sich die macht des Perikles
zu erklären svicht, fehlt seinem nachfolger Kleon, um zunächst bei
diesem stehen zu bleiben, nnd dennoch sehen wir sie beide die
gleiche herschaft ausüben, wie geht das zu, wie ist das zu erklären?
Da hin ich denn bei dem versuch diese erscheiuung zunächst
mir selbst begreiflich und eine gemeinsame grün d läge für die macht-
Stellung dieser beiden alleinherscher ausfindig zu machen, schon vor
Jahren zu der annähme gekommen, Perikles habe eben nicht als
Stratege dem Staate vorgestanden, sei nicht dessen militärischer
prostates gewesen, er habe vielmehr, und ebenso Kleon nach ihm,
ein bürgerliches amt bekleidet , das seiner natur nach dem inbaber
freien Spielraum für die bethätigung seiner herscfaaft gewährte, das
amt des Verwalters der öffentlichen einkünfte, des
iTTineXtiTiic oder la^iac Tf|c KOiviic Tipocöbou, und habe diese be-
batiptung in meinem 187B erschienenen buch 'Aristophanes und
die historische krltik* aufgestellt und ausführlich entwickelt —
wohlgemerkt: die hypothese, dasz beide männer, Perikles so guti
wie Kleon, dieses amt bekleidet hätten, und zwar durch die wahli
deö Volks auf vier jähre jedesmal — weiter nichts, denn dasz diea
amt zu jener zeit wirklich existiert habe , das noch erst beweisen zu
wollen, das konnte mir bei dem damaligen stände der forschung gar
nicht in den sinn kommen : daran zweifelte niemand, zum Zeugnis
dessen will ich hier KFHermanns lehrbueh der gr. Staatsaltertümer
anführen und zwar die von Stark neu bearbeitete ausgäbe von 1875,j
in der es § löl heiszt: 'als Tbemistokles und Aristeides den grundl
zu einem eigentlichen Staatsschätze gelegt hatten und mit der ge-
steigerten blute Athens auch sein Staatshaushalt verwickelter wurde,
stellte die wähl des volks an die spitze desselben für jede ünanS'*
periode von vier jähren einen eignen Schatzmeister der öffentlichen'
einkünfte, inificXTlT^c tujv koivujv Trpocöhuiv/ ganz übereinstim-
mend sagt Böckh staatahausb. I* a. 201 über den ra^iac xi\C koiv^c
npocöbou, 'später auch 6 x^ipoioviiOeic im id bn^iicia xpi^MCita
während des peloponneBischen krieges. I. 517
genannt'; diese stelle sei nicht einjährig gewQsen wie die stellen der
Schatzmeister auf der bürg , sondern vierjährig für eine penteteris.
wie mistrauisch and neidisch auch die demokratie ist^ war sie doch
nicht so verblendet, dasz sie alle regierungsstellen jährig machte
oder zu allen durch das loos ernannte: man begriff, dasz man von
diesen echt demokratischen gewohnheiten da abweichen müsse, wo
kunst und erfahrung zum herschen nötig ist. das was diese beiden
gelehrten hier sagen, das war damals die unbestrittene ansieht aller
forscher, war so zu sagen die öffentliche meinung, und so sagt
denn auch Drojsen in der ersten ausgäbe seiner Übersetzung (1835),
Eleon habe seit 426 das vierjährige amt des Verwesers der öffent-
lichen einkünfte bekleidet.
Seitdem hat freilich ein merkwürdiger Umschlag stattgefunden,
um das in aller kürze nachzuweisen, will ich als höchst charak-
teristisch ein paar stellen aus der griech. geschichte von ECurtius
anführen, die erste aus der* dritten ausgäbe von 1868. nachdem der
vf. selbstverständlich die exceptionelle Stellung , die Perikles unter
den Strategen schon dadurch, dasz er 15 jähre lang ununterbrochen
gewählt worden war, einnehmen muste, gebührend betont hat, föhrt
er II 205 so fort : 'er (Perikles) bekleidete ein staatsamt von höchster
bedeutung, welches durch wähl besetzt wurde, das des finanz Vor-
stehers (tamias oder epimeletes der öffentlichen einkünfte), welcher
gegen die regel der demokratie allein im amte stand, vier jähre in
demselben blieb und nach ablauf desselben wieder gewählt werden
konnte.' da haben wir also den alleinherscher Perikles als Verwalter
der öffentlichen einkünfte. ja, und mehr noch, denn wenn Curtius
dann weiter unten (s. 431) im j. 425 von Kleon, der eben aus Pylos
zurückgekommen war, sagt: 'er war um diese zeit seit dem j. 426
Vorsteher der öffentlichen einkünfte, kurz er war auf dem gipfel der
macht und ehre', so ist ja damit die von mir gesuchte gemeinsame
grundlage für die machtstellung der beiden alleinherscher Perikles
und Eleon im gründe schon von Curtius gefunden, aber das ändert
sich schnell, dies war der stand der dinge in der dritten ausgäbe,
im j. 1868 — aber wie anders in der vierten, im j. 1874 (ein jähr
nach dem erscheinen meines buchs über Aristophanes) überarbeiteten
ausgäbe! da lesen wir IX 224, Perikles sei eine reihe von jähren
nach einander vom volk zum feldhauptmann gewählt und mit auszer-
ordentlichen vollmachten bekleidet worden, 'wodurch die stellen
der andern neun feldheiTn zu bloszen ehrenämtern wurden . . so fiel
während der zeit seiner Verwaltung der ganze Schwerpunkt des
öffentlichen lebens in dies amt; als Stratege hat er die wichtigsten
gesetze durchgebracht ; als solcher war er der dirigierende präsident
der republik', freilich neben diesem generalissimus kann der bürger-
liche gerber nicht aufkommen, mit dem hat er sicher nichts gemein-
sam, und überdies wird auch jenes amt des Vorstehers der öffent-
lichen einkünfte, das er in der frühern ausgäbe seit 427 bekleidet
und das ihn auf den gipfel der macht und ehre gebracht hatte, rund-
518 HMüller-Strübing: etudien über die verfasBUDg von Athen
weg cassiert, depn wir lesen ao* weiter: ^ein anderes staatsamt , , das
des obersten finanzvorstehers , welches wir im vierten jb. unter
dem namen des tamias oder epimeleten der öffentlichen einktlnfte
kennen . . läazt sich in der Perikleischen zeit nicht nachweisen, and
wir wissen nicht, wie die finanzverwaltung in oberster stelle geordnet
war/ nehmen wir noch dazu die niederschmetternde erkläning in
der anm. zu dieser stelle (s* 814): *nach dem Staatsrechte der vor-
eukleidischen zeit ist ein die geld Wirtschaft beherschendes schätz-
m eiste ramt gar nicht denkbar* : so ist damit die auffaesnng der altem
gelehrten KFHermann, Böckh, Droysen, die Cartlaa doch noch im
j. 1868 geteilt hatte, gründlich beseitigt, und wir können nicht um-
hin uns mit erstaunen zu fragen, durch welches wunder, durch welche
Offenbarung dieser umscbwung der anschauung in Curtius bewirkt
worden ist. die antwort ist nicht schwer: ganz einfach durch eine
gelegentliche, im vorbeigehen hingeworfene äuszerung des hochver-
dienten ÜKöhler in einer anm. zu s. 151 seines attisch -delischen
blindes, wo er sagt, die existenz des amtes des Verwalters der öffent^
liehen einkünfte vor Eukleides solle noch erst bewiesen werden, denn
die einzige stelle aus Plut, Ärist* c. 4 aus dem wenig zuverlässigen
Idomeneus könne nicht als vollgtlltiges zeugnis betrachtet werden,
zumal da die Inschriften keine spur dieses Verwalters enthalten, das
ißt gewis wohl zu beherzigen, wie alles was Köhler sagt, aber von
dieser wohl berechtigten skepsis bis zu jener ^undenkbarkeit' ist denn
doch ein gewaltiger sprung, den denn auch die Übrigen jungem
forscher mit dieser kübnheit nicht mitgemacht haben , obgleich sie
sich sämtlich der skepsis Köhlers anschlieszen und 'consensu inter
philologos prorsiis inaudito', wie Otto Kock» selbst einer meiner
gegner, sich ausdrückt (quaest. Aristopb. s. 14), gegen mein buch
und die darin festgehaltene ältere ansieht Ober die existenz des
finanzvorstebers zur zeit des Perikles polemisieren, ich will sie hier
nicht einzeln anführen: denn ich werde im lauf dieser Untersuchung
oft genug nicht blosz gelegenheit haben, sondern geradezu getwnngeii
sein mich mit ihnen abzufinden.
Das meiste nen, was ich zur Verteidigung meiner au ffassung
werde vorzutragen haben, findet sich schon in meinem buche * Aristo-
pbanes und die historische kritik*, aber ich kann nicht einfach darauf
verweisen: denn obgleich meine grondanschanung noch heute die-
selbe ist wie damak, so kann ich doch dem leser nicht zumuten sich
durch das dickleibige opus durchzuarbeiten (das nnglückliche buch
hat ja nicht einmal einen index) und sich die spreu vom weizen sn
sondern, denn ich weisz recht gut, dasz viel verfehltes und un-
brauchbares in meine damaligen ausfÜhrungen sich eingeschlichen
bat, was dann vielleicht jene unter den gelehrten sonst seltene ein-
stimmigkeit, mit welcher meine theorie verworfen worden ist, ver-
schuldet haben mag« aber das wird sich der leser gefallen lassen
müssen, dasz ich ihm meine hauptargumente in gedrängter form
noch einmal vorlege, sachlich neues werde ich kaum bnogen: denn
während des peloponnesiBchen krieges. I. 519
das material, das mir yor 20 jähren zn geböte stand, hat sich seit-
dem nicht wesentlich vermehrt: meine fast einzige quelle ist jetzt
wie damals die attische komödie, namentlich das Aristophanische
lustspiel die Bitter, zu dem ich mich jetzt wende, vorauszuschicken
brauche ich wohl nichts: denn es ist ja allgemein bekannt, dasz das
stück aufgeführt ist im winter 424, etwa 6 monate nach der ge-
fangennehmung der auf der insel Sphakteria eingeschlossenen Spar-
taner durch den gerber Kleon und den feldherrn Demosthenes, die
beide im stück auftreten, das stück führt uns ein in den haushält
eines wunderlichen alten mannes, des herm Volk von der Pnjz,
Afifiioc TTuKViTiic, und beginnt damit, dasz zwei seiner Sklaven, die
durch portrtttmasken als die beiden damals in Athen angesehensten
Strategen kenntlich gemacht sind, sich bitter darüber beklagen, wie
arg sie von einem neuen am letzten neumond gekauften mitsklaven,
dem Paphlagonier , der seines Zeichens ein gerber und lederhttndler
ist und sich durch allerlei schlechte künste die volle gunst des alten
herm erworben hat und diesen ganz beherscht, gemishandelt und
drangsaliert werden, und nicht sie allein, der ganze haushält ist ihm
unterthan und zittert vor seiner tyrannei. da sie nun auf mittel
sinnen die macht dieses schurken zu brechen und ihn aus der gunst
des alten herrn zu verdrängen, da finden sie in einem orakelbuch,
das sie dem im trunkenen schlaf schnarchenden gerber gestohlen
haben, gewisse Weissagungen, die zum teil schon erfüllt sind, und
die daher auch für die Zuverlässigkeit der noch nicht erfüllten aus-
sprüche gewähr leisten, es heiszt darin :
es wird zuerst ein hedehändler sein,
der die geschäfte dieser Stadt verhandeln wird. ^
diese die herschaft des hedehändlers und mühlenbesitzers (Eukrates)
betreffende prophezeiung ist nun schon in erfüllung gegangen , und
ebenso die sich daran knüpfende, dasz er seinerseits durch einen
schafhändler und dieser wiederum durch den gerber, den Paphla-
gonier, verdrängt werden wird, nun aber verkündet das Orakel
* Ri. 129 die irpüLiTa ^iv CTUTrTreioiruüXric tiTvcxm,
niwXcTv 6c fpH€i xflc iröXeiuc tA irpdtnaxa.
ich schreibe v. 130 hier, wie ich ihn in meinem bach über Aristo«
phanes s. 617 emendiert habe, die Überlieferang der beiden verse
lautet:
die TTpüJTa iLi^v cTUTrircioTrdiXTiC fiyyeraif
8c TTpOÖTOc ?5£i Ti\c TTÖXcuic xA irpdTMöxa.
der h^. der Ritter TbKock hat in seiner ersten ausgäbe vom j. 1852 die
stelle, wie sie überliefert ist, ohne anstosz und ohne anmerkung wieder-
gegeben, wie auch WRibbeck und neuerdings Blaydes. später ist dann
Kock dahinter gekommen, dasz «irpilixoc nach irptXixa ^iv sehr lästig
und ii€i xA irpdTHaxa, das auch auf Perikles passt, sehr matt sei>,
was ich natürlich schon ao. hervorgehoben habe, er schlägt daher in
der ausgäbe von 1882 vor v. 130 zu schreiben 8c irpdciji* iUi xf\c
iröXcüJC xd irpdtjLiaxa. der leser mag zwischen den beiden emendationen
wählen, ich werde übrigens auf die ganze historisch sehr wichtige
stelle später ausfuhrlich zurückkommen müssen.
520 HMüller-Strübing: Studien über die verfasaung von Athen
weiter, dasz dieser letztere aoch gestürzt werden wird und zwar
durch eineo wurslhändler — dXXavTOiTuiXnc ec9' 6 toOtov ^cXuiv,
dieser ist nun zwar nicht «fin Sklave des herrn Demos, sondern ein
freier mann und bürger; aber daraufkommt es ja nicht an, denn die
haushaltangelegenheiten des Demos werden ja schon hier, von an-
fang des stUcIcs an, als die geachäfte des Staats, xfic ttöXcujc id TTpdt-
jiCiTa aafgefaszt, da sie nun in Verlegenheit sind, wie sie den im
Orakel angekündigten wursthändler ausindig machen sollen, da er-
scheint wie durch göttliche fügung ein solcher mit seinem band-
werkszeug auf dem markt (das haus des berrn Demos lag also an
der d^Opd), den dann die beiden sklaven sofort als den prophe-
zeiten retter des Staats und ihrer selbst be^rüszeni tjj ^aKQpie |
dXXciVTOTTiIiXa, beöpo beöp*, w (piXtaie» | dvdßaive cujirip t^ nöXei
Kai VLüV cpaveic der warsthändler wundert feich natürlich, was das
bedeuten soll, der erste sklave aber, nachdem der zweite sklave
(Nikias) unter dem vorwande nach dem Papblagonier zu suchen
die btlhne verlassen hat, fährt fort: heute bist du der garnichts,
aber morgen schon der gebieter der glückseligen stadt Athen : UJ VÖV
pev oubeic, aöpiov b* uTr^pM€TQC, | uj tujv *AeiiV€aiv raj^ tüDv tubai-
pövujv, und da der wursihändter noch immer nicht versteht was
der sklave meint, so fordert dieser ibn auf sieb umzusehen: 'sieh
dorthin (auf den Zuschauerraum) — siehst du dort die gedr^gten
reihen der leute? über diese wirst du bald selbsth erscher sein
(dpx^Xac lc€i) und berr des marktes und der häfen und der Pn^x,
und wirst den rat mit füszen treten und die feldberrn malträtieren^
wirst Unzucht treiben im prytaneion. nun steig einmal auf deine
wurstbank hier hinauf, so dasz du die inseln siehst im kreis, die
warenspuicher, die handelsschiffe, und jetzt richte daa ^ine äuge
nach Karien hin und das andere nach Karthago — siehst du, dies
alles wird bald durch dich verschachert werden; denn du wirst, wie
das Orakel hier verkündet, der mächtigste mann werden*: tvifvet
Tfap, djc ö xpT^cpäc ouiod Xi^ei^ \ dvrjp m^Tictoc jeut endlich hat der
woratbändler begriffen, um was es sich handelt, aber es will ihm
immer noch nicht einleuchten, wie er, der wursthÄndler, ein so
grosser mann v^ erden solU bis endlich Demos thenes — denn der ist
ja der erste sklave — ihm das orakel auslegt und ihm beweist, ea
stehe wirklich darin geschrieben, dasz der wurithändler den leder-
band 1er überwältigen werde, nun ist es ihm klar geworden, aber
dennoch wundere ich mich, sagt er, wie ich fähig sein soll der Ver-
walter des Volks zu sein: Td liiy Xöfi* aixdXXei ^e* 8au^dZ[uJ b*
ÖTTUJC I Tov bfi^ov olöc T iTTiTponcuciv cT^* ^Tu;. daraus geht doch
BonnenkJar hervor, dasz bis jetzt der lederhändler, der Paphlagonter,
den der wursthändler ja stürzen und dessen nachfolger er werden
soll, diese stelle des ^TTiTpOTroc des volks (ich mOobte überäetzen
Mes pflegers [vormundes?] des volks') bekleidet, und dasz er als
solcher die oben geschilderte herscbaft über dos haus des Demos
mit allem zubehör, den markt und die Pnyx, die bäfen vind die inselut
während des peloponnesischen krieges. I. 521
ausübt, nun gebraucht Aristophanes die beiden ausdrücke dTriTpoiTOC
und TajLiiac völlig synonym (zb. Ekkl. 211 kqi fäp iv tqTc oiKiaic |
Tttuiaic [sc. tqTc T^vaifi] dTrixpÖTroic xal xainiaici xpiwjLieGa, vgl.
ein fi agment des zweiten Friedens : ttictti xpocpöc, xa^ia, cuvepYÖc,
dTTixpoTTOc), und im Fri. 686 wird dnixpoiroc mit Trpocxdxiic synonym
gebraucht (s. unten), am deutlichsten aber geht diese gleichheit der
bedeutung aus v. 946 unseres Stücks hervor, mit dem die katastrophe
eintritt, denn da ist das orakel der hauptsache nach schon in er-
füllung gegangen , der wursthändler hat den Paphlagonier aus dem
vertrauen und der gunst des herrn Volk verdrängt, und dieser sagt
nun zu seinem frühern günstling: 'nun gib mir auch den Siegelring
heraus, denn du sollst nicht mehr mein Verwalter sein': Kai vOv
dTTÖboc xöv bQKXuXiov, ibc oÖK^xi | djLioi xafii€\)c€ic, und der
Paphlagonier erwidert: 'da nimm ihn, aber das sollst du wissen,
wenn du mich nicht mehr deinen pfleger sein läszt, so wird ein
anderer kommen, ein noch gröszerer schurke als ich': ^x^' xocoOxov
b' icG', öxi, I €l jurj |Li' ddceic dTTixpoTreueiv, ?xepoc aö | dfioö
TTQVoupTÖxepöc xic dvacpavricexai. später (v. 1227) befiehlt herr
Demos denn auch dem Paphlagonier den kränz, den dieser, wie be-
kanntlich alle athenischen beamten bei ihren amtlichen functionen,
bisher getragen hatte, abzulegen, und setzt ihn eigenhändig als
zeichen seiner neuen amtswürde dem wursthändler auf.
Auf grund dieser stellen und noch vieler andern durch das
ganze stück verstreuten, auf die ich gelegentlich noch zurückkommen
werde, hatte ich in meinem buch über Aristophanes die behau ptung
aufgestellt, Kleon sei zur zeit als der dichter die Bitter schrieb
Verwalter der öffentlichen einkünfte gewesen, XQjiiac xf^c KOlvf^c
TTpocöbou, mit dem von Böckb, Hermann, Droysen ua. sanctionierten
officiellen titel (s. oben s. 516); vielleicht wäre dTrixpoiroc xoö
br|)Liou, oder auch TTpocxdxric xfjc TröXeujc in erinnerung an das
Tbukydideische öcov xpövov TTpoucxT] xfic iröXeujc besser gewesen;
doch ändert das nichts an der sache.
Da bin ich nun , wie schon gesagt , auf fast allgemeinen Wider-
spruch gestoszen — und da GGilbert in seinen 'beitragen zur innem
geschichte Athens' (1887) die frage am ausführlichsten behandelt,
mich auch im einzelnen zu widerlegen versucht hat, so bin ich ge-
zwungen meine polemik , dh. die Verteidigung meiner anschauung,
an der ich in der hauptsache noch jetzt festhalte, vornehmlich gegen
ihn zu richten, wobei denn ein gelegentlicher Übergang in die offen-
sive nach kriegsgeb rauch schwerlich ausbleiben wird.
Wie verhält sich nun Gilbert zu v. 946 Kai vöv dTröboc xöv
baKXuXiov, ibc ouK^xi djioi xajLiieiJceic? er sagt s. 90 f., dies sei
die stelle auf die M.-Str. das meiste gewicht lege, nun könne frei-
lich xajLiieueiv den sinn haben ^staatsschatzmeister sein' [ohne Zu-
satz? schwerlich!], doch seien daneben auch andere bedeutungen
wie zb. haushalter oder herr [?] sein in gebrauch, in unserer stelle
sei es in der bedeutung 'haushalter sein' aufzufassen und bezeichne
522 HMüller-Strübing: itudieu Über die rerfassun^ yon Athen
den Paphlagonier als den bewährtesten sklaven im haashalt dea
herren Demos, der die Vorratskammern wie Üblich versiegeU. daast
TajLiicüeiv hier die technische bedetitung Schatzmeister sein [!] nicht
haben kÖ^ne, ergebe sich * . aus der antwort des Papblagoniers
selbst, denn wenn dor dichter wirklich das amt des Staatsschatz*
meisters [t] bezeichnen wollte, so inuste Kleon antworten cl ^f\
|i' dctcetc Tapieüeiv, da er aber das verbum ^mtpOTTCUfiv setie,
welches speciell das verheil tnis des demagogen zum demos bezeichnOi
ßo sei klar, daez der dichter mit dem xa^ieiieiv nur dies allgemeine
Verhältnis des sklaven zu seinem ben-n habe umschreiben wollen
nsw.*; ich breche ab, es ist nicht mehr viel» aber meine feder sträubt
eich diesen rabulie tischen Jargon noch weiter abzuschreiben, den ich
übrigens bekenne nicht einmal zu verstehen, doch das wird wohl
subjective beschränktheit sein; andern gelehrten scheint er doch
imponiert zu haben, so Mai FränkeL denn wenn B^kkh ao. I' 226
von dem Vorsteher der öffentlichen einktinfte spricht^ der dem finanz-
minister der neuern Staaten entspreche, und hinzusetzt, mit Wahr-
scheinlichkeit beziehe Valesius die stelle in den Rittern 947 auf
diesen Schatzmeister, so macht Fränkel, der herau^^geber der dritten
ausgäbe, anm. 274 (277?) dazu die anmerkung: ^namentlich auf
grund dieser stelle ist auch neuerdings mehrfach die existenz des
obersten Schatzamtes im fünften jh. behauptet worden, s. M.^Str*,
aber mit unrecht, denn die worte des Aristo phanes erklären sich
vollkommen durch die beziehung auf einen privaten haushält, in
welchem der erste eklave das Siegel des herm ftihrt (vgl. Gilbert ao*
8. 90).'
Wahrlich^ wenn ich solche Widerlegungen lese, so habe ich
den eindruck, als seien diese forscher von vorn herein mannhaft
entschlossen nicht nachzugeben (ou fäp Treiccic, oub* f\v TT€ici3C,
sagt Chremylos bei Aristophanes) ; aber doch wohl mit unrecht.
diese gelehrten haben dessen kein arg, sie verstehen nur nicht den
komiker zu lesen, und haben, wenn sie von dem 'privaten haushält*
des herrn Volk sprechen, vergessen was in unscrm stück vorhin
V« 746 geschehen ist. dort sind die beiden gegner, der gerber und
der wursthändler, übereingekommen ihren streit der entacheidung
des Demos zu überlassen, an den sieb denn der Paphlagonier sofort
wendet: *Demos, mache sofort eine ekklesia, damit du erkennest»
wer von uns es am besten mit dir meint, und dann entscheide,'
gewis, sagt der wursthändler, entscheide, nur bei leibe nicht auf der
Pnyx* aber der alte erklärt peremptorisch an keinem andern orte
Sitzung halten zu wollen, wir müssen uns also zuvörderst auf die
Pnyx begeben, o weh, murmelt der wursthändler, dann bin ich ver*
loren, denn der alte herr ist bei sich zu banse der gescheidteste aller
' hier noch etDO charAkte ristisch« stelle: in PUton« (?) Alkibiadet
I S24° tagt Sokrates: mein 4ir{TpoTroc itt beaser and weiier «If PorikUc^
der deine, wer ist denn dieser? fragt Alkibiades. goitl antwart^i
Sokrates.
während des peloponnesiBchen krieges. I.
menschen, aber wenn er auf diesen steinen sitzt [das ekkjklema
mit den die Pnjx vorstellenden steinen ist inzwischen hervorgerollt],
dann wird er dämlich und hat maulaffen feil : ö y&p T^puiv oIkoi yiiv
dvbpOüv icd beEiiüTaTOc, | öxav b' dnl Taurncl KaOfirai xfic
TT^Tpac, I K6X11V6V USW. non setzt sich der Demos auf einen der
steine, nun sind wir also in der ekklesia, und von hier an hört dann
jegliche 'bjziehung auf den privaten haushält' auf, und alles, was
der Demos von jetzt an thut und spricht , das thut er nicht als
Privatmann ; sondern als repräsentant des souveränen volks. so
weiter unten v. 1227, wo er dem Paphlagonier befiehlt den kränz
abzulegen, um ihn dem wursthändler aufzusetzen, darüber sagt
Gilbert s. 92 , es sei zu bemerken, dasz der kränz das amtszeichen
sowohl des buleuten wie des rhetors in der ekklesia sei, der vor
dem Volke redet, nach Schümann de com. s. 113. das wird wohl so
sein, aber hier passt keins von beidem : denn abgesehen davon dasz
hier von der bule nirgends die rede ist, so konnte der demos den
dem gerber abgenommenen buleutenkranz nimmermehr dem wurst-
händler aufsetzen und ihn dadurch zum buleuten machen, das lag
nicht in seiner macht: denn die buleuten wurden durch das loos er-
nannt; und wenn der gerber den kränz trüge als 'rhetor der ekklesia,
der vor dem volk redet', so müste ihn auch der wursthändler, der
die lange scene hindurch wetteifernd mit jenem als rhetor vor dem
volk geredet hat, ja ebenfalls tragen und brauchte ihn nicht erst
jetzt aufgesetzt zu erhalten.
Da es nun mit der amtlichen Stellung, die der gerber nach
meiner auffassung in den Bittem inne hat und die dann schlieszlicb
dem wursthändler übertragen wird, nichts auf sich haben und es
sich hier lediglich um einen Vorgang in dem privathaushalt des
herrn Demos handeln soll, so hat sich Gilbert zur erklärung der
rolle, die Kleon in dem stücke spielt, einen leitenden rhetor zurecht
construiert, einen amtlosen demagogen als TrpoCTdTilC ToO b^^ou,
als 'Vertreter des souveränen volks, der aber trotzdem wegen seiner
amtlosen Stellung im staatsieben machtlos i»t' (s. 79), ja 'dessen
Stellung als leitender rhetor an sich durchaus imaginär ist'
(s. 78) , der aber trotz dieser amtlosigkeit 'die oligarchiscben Ver-
schwörungen ex officio zu überwachen hat' (s. 85) — kurz, wie
Yolquardsen in Bursians Jahresbericht XIX s. 52 sagt, 'eine ganz
widerspruchsvolle zwittergestalt zwischen einem beamten und einem
Privatmann^ deren Widersprüche wenigstens wir nicht auHzugleichen
verstehen', ja das glaube ich gern: denn 'ein vollkommner Wider-
spruch ist gleich geheimnihvoll für' - — alle weit.*
Doch ich verlasse diesen 'durchaus imaginären' rhetor für jetzt
(ich werde noch oft auf ihn zurückkommen müssen) und wende
mich meiner nächsten aufgäbe, den von Köhler vermiszten beweis
> auf 8. 92 heiszt es f^ar: 'der dcmoi spricht mit dor wttffntihmti de«
kranzes für Kleon zuf^leich die entziehunfj^ seines am tos als leiten-
der rhetor der bule und der ekklesia aus.*
524 HMüller-Sirubing t btudien über die verfasaung von Athen
für die existenz des amtes des yerwalters der öflcntlichen einkünfta
vor Ellkleides zu vervollslfindigen , wieder zu, aber einige punkte
aus Gilberts Argumentation luusz ich vorher noch besprechen, da
ihre Widerlegung doch vielleicht dazu beitragen wird, die aus den
Bittern entnommenen gründe für diese existenz im verstärken.
Ich habe in meinem buch über Aristopbanes s, l!19 darauf auf-
merksam gemacht, dasz in unserm stücke der Faphlae^onier ohne
anstand in den rat geht, an der Sitzung leil nimt, antrage stellt
udgl., während sein rival nicht berechtigt ist einzutreten, vielmehr
drauszen an den i^chraDken stehen bleiben musz, und habe dies natür-
lich auf seine amtliebe Stellung als tamias, wie ich damals sagte^ zu-
rückgeführt. Gilbert dagegen erklärt diesen umstand und auszer-
dem noch andere functionen, die Kleon im stücke vomimt, daher,
dasz Kleon im jähr der aufführung o1. 88, 4 (424) buleut gewesen
sei mit berufung auf v* 774, wo Kleon sich dem demos gegenüber
rühmt: öc Trpüjta ^ev, fiviK* ^ßouXeuov, coi xptJliCtTa ttXcIct' änl-
b^xha I ev T(b koivlu. das ist aber otft;nbar falücb : Kleou rühmt sich
der dienste^ die er gleich anfangs, als er noch ratmann war (noch
nicht Tajiiac), db. zu anfang seiner politischen caniere dem demos
geleistet habe; wäre er jetzt, etwa zum zweiten mal ratmann ge-
wesen (wenn das nemlich verfassungsmänzig möglich war, was ich
nicht glaube, s. unten), so mtiste das doch in irgend einer weise an-
gedeutet sein, daher sagt Beloch (att politik s. 335) mit recht: "^in
den Aristoph. Rittern beginnt der Paphlagonier die erzfiblung seiner
Verdienste mit den Worten öc TTpiXita pev usw. dasz Kleon also in
einem der jähre, die der aufführung der Kitter voraufgeben, im rat
gesessen hat, kann nicht bezweifelt werden und wird auch allgemein
anerkannt . . beiläußg bemerkt fällt damit die ganze ausführung bei
Gilbert s. 91 — 93 in sich zusammen.' das thut sie freilich, und
Gilbert wird sich nun wohl einen andern aus weg suchen müssen za
erklären^ wie seine lächerliche zwittergestillt, der amtlose demagoge,
ohne weiteres in den rat gehen, Vortrag halten und den buleuten
anzeigen kann, es sei ein heroid angekommen aus Lakedaimou mit
friedensvorschlägen , der also zuerst wohl bei dem 'imaginären*
rhetor accreditiert gewesen sein musz. und nun noch eins, ehe ich
mit den Rittern abschliesze — freilich nur vorläufig, denn ich werde
auf V. 774 und Belochs bemerkung dazu vielfach zurückkommen
müssen.
Am schlusz des Stücks sagt der Demos zu dem frühem warst-
bändler, der nun schon seine investitur mit Siegelring und kmns
erhalten bat: so mag nun jener, der Paphlagonier, sich an den tboren
mit den hadern und buren herumbalgen, dich aber berufe ich ins
prjtaneion und auf den platz, den bis jetzt jener schandkerl inue
hatte: Kai c* dvti toütujv k to TTpuravciov KaXui^ | ^c ttiv Ibpav
8* IV* dKcTvoe f\v ö q>ap^aK6c dies kann sich unmöglich auf die
Speisung im prytaneion beziehen, wie die ausleger annehmen (^zur
Speisung* sagt Keck kurz), die Agorakrltos — so müssen wir ihn
während des peloponnesischen krieget. I. 525
jetzt wohl nennen — mit dem sonstigen znbeb5r seines amis, dem
Siegelring und dem kränz, von seinem Vorgänger übernommen hätte:
denn Kleon hatte die speisnng im prjtaneion nicht in seiner eigen-
Schaft als tamias oder prostates gehabt, sie war ihm vielmehr als
eine persönliche auszeich nung für den bei Pylos geleisteten dienst
vom dankbaren volke zugleich mit der pro^drie im theater verliehen
worden , konnte daher nach seinem stnrze unmöglich ohne weiteres
auf seinen amtsnach folger übergehen, so bleibt mir denn zur er-
klärung der einfuhrung des neuen beamten in das prjtaneion nichts
übrig als die annähme, dasz dieser eben sein amtslocal dort hatte,
von dem er nun besitz nimt, und ich wüste nicht was sich dagegen
mit fug einwenden liesze.
In den Rittern also wird Kleon gestürzt und durch den wnrsi-
händler ersetzt; in der Wirklichkeit war das anders, da dauerte
Eleons herschaft noch jähre lang ununterbrochen fort, wie wir
unter anderm auch aus den zwei jähre nach den Rittern im j. 422
aufgeführten Wespen des Aristophanes wissen, deren ganzen hinter-
grund die noch immer dominierende Stellung Kleons bildet^ wie
er ja auch nach Thukjdides damals die macht und den einflusz
hatte, die Athener zu dem gefährlichen kriegszug nach Thrakien zu
bereden und sich selbst zum anführer wählen zu lassen, in diesem
feldzug fand er bekanntlich den tod. was nun? war auch die stelle
des leitenden rhetors', des 'amtlosen, aber doch zugleich die oligar-
chischen Verschwörungen ex officio überwachenden prostates' mit
Kleons tode beseitigt? o nein! zum glück war jemand da, 'der
sich das vertrauen des volks in einem so hohen grade erworben
hatte, um nach dem tode Kleons als dessen nachfolger in die pro-
stasie des demos eintreten zu können' (Gilbert s. 210 f.). was das
für rederei ist! Gilbert geht hier wie die katze um den heiszen brei
um die stellen aus der Aristophanischen Friedenskomödie (v. 679 ff.)
herum, aus der allein er künde über diese dinge hat, und die er
natürlich citiert, aber nur in einem kurzen deutschen auszng; ich
will sie griechisch hersetzen, weil hier jedes wort ins gewicht fällt,
die Situation ist bekannt : die aus der grübe gezogene Friedensgöttin
läszt sich durch Hermes Vermittlung bei Trjgaios über den stand
der dinge in Athen unterrichten, ihre erste frage ist:
ßcTic KpaxeT vOv tou XlGou toö 'v t^ TiuKvi;
TPYr. Tn^pßoXoc vOv toOt* fx^i tö Xü)piov.
das heiszt doch, Hjperbolos beherscht jetzt den stein, dh. die redner-
bühne in der volksversamlung. auf die frage des Trjgaios, warum
sich die göttin unwillig abwendet, erwidert Hermes:
dTrocTp^qpexai xöv bf^MOV dxOecGcTc' öxi
auTijj TTCVTlpÖV TTpocTdiriv dTreTP^U'ctTG,
was der scholiast richtig erklärt dvxl xoö ^X^^POTÖVTICC, Kax^cXT]C€V.
Trygaios entschuldigt das :
^ über die parabase der Wenpen und den scblosz der Ritter »»
meinen aufsatz in diesen jahrb. 1890 8. 648 f.
526 HMnller-Strübing: stadieo über die verfaseuug you Athen
dtTtOpUlV Ö bfljUlOC ^TTlTpÖTTDU KÜI T^MVÖC UÜV
TOÖTOv T€ujc TÖv dvbpa TTcpieJlubcaTO usw.
durch daa weglassen des griecbii^cbeti textes bat gicb Gilbert aller*-
dmgä der unangenehmen notwendigkeit Überhoben, den ausdruck
TTpOCTOiTTiV ^Tte^pdij/aTO mit seiner theorie von dem 'imaginären
amtlo^en rbetor* in einklang zu bringen, er hätte anerkennen mtlssen,
dE8Z das athenische volk wirklich gescheidt genug war, dem manne
seines Vertrauens das amt seines epitropos, was, wie oben gezeigt,
identisch i^t mit tamias« durch wähl zu Übertragen, der es dann,
und zwar nicht blosz einstweilen» teoic (was das heiszen soll, das im
erklären würde mich hier zu weit führen; ich erlaube mir auf mein
buch Über Äristopb. s. 414 u. 347 zu verweisen), sondern für die
finanzperiode , die penteteris von oL 89, 3 — ^90, $ (422—418) be-
kleidet hat. nach ablauf dieser frist ward er, wie wir wissen, ostra-
ki9iert\ und wer sein nachfolger in der prostasie war, das wissen
wir nicht, wie ja überhaupt ^von dem verbannungsjahr des Uyper*
boloa bis zu den Vorbereitungen für die sikeliscbe expedition uns I
aus der innern geschieh te von Athen so gut wie nichts bekannt ist* '
(Gilbert s. 241). allerdings, weil wir gerade aus dieser zeit kein©
komodie und selbst nur wenige sicher datierbare bruchstücke be-
sitzen, wozu noch kommt, dasz gerade für diese epocbe, um mit
CRobert im Hermes XXIII s. 927 zu reden, 'die erzählung des Tba*
kydides ganz besonders unzuverlässig and lückenhaft ist', meino
Vermutung über den nachfolger des Hjperbolos habe ich in meinem
buch über Aristophanes s. 422 ausgesprochen, kann sie aber hier
und jetzt noch nicht begründen; dasz aber das amt des prostates
oder tamias oder epitropos oder epimeletes nicht , wie man das ja
von der ostrakophorie behauptet bat, etwa zugleich mit dieser ab-
geschafft ist, gondern dasz es fortbestanden bat mit all den monar^
chiscben attributen, die wir ja kennen, dafür will ich nun noch 6in,
mein letztes argument beibringen, vielleicht wäre es Überflüssig, I
aber das durch Köhlers leicht hingeworfenen sweifel an der existenx
des Verwalters der öffentlichen einkünfte im fünften jh, hervor-
gerufene Vorurteil ist schon zu fest eingewurzelt und ist zugleich i
für das richtige Verständnis der athenischen geschichte zu ver-
hängnisvoll, als dasz ich nicht alles daran setzen sollte, den letzten {
atem von mann und rosz , es gänzlich zu vernichten.
Zu dem ende habe ich hier nur ^ine stelle zu besprechen^ aber
icb denke eine entscheidende aus der im j. 414 aufgeführten komödie
des Aristophanes die *VOger. in diesem stücke kommt bald nach
der con»tituierung des vogelstaates der alte feind der olympischen
götter Prometheu!» nach Wolkenkukukäheim zu dem oikisten der st&dt
Peithetairos und kündigt ihm an, es werde bald eine gesandtscbaft
^ Gilbert bat wenigstem das }. 418 als da« der o«trftkhieniii|r deaJ
Hjperbolofl rlehtig &nf?egeben, wlLbrend «ndrre gelchrl« aoeli immer ai||
dem voD Cobet aosgeklügolten j. 417 feilhftlieo.
'Während des peloponoeaBchen krieget. L 527
des Zeus bei ibm eintreffen, um sich mit der neogegrfindeten stadt
zu vertragen : denn die götter im Olympos seien in groszer hedrlog-
nis durch hunger , und auszerdem würden sie Ton den barbariM;ben
göttem unter ihnen mit krieg bedroht, sie seien also gezwiingeii
sich alle bedingungen gefallen zu lassen. Peitbetairos solle non
darauf bestehen, dasz Zeus den vögeln das scepter, das sjmbol seiner
oberherlichkeit, wieder abtrete und ihm, dem Peitbetairos, anszer*
dem die Basileia zur frau gebe, darauf verabschiedet er sich, wer
ist nun diese Basileia? das werden wir sogleich erfahren, ich mosx
nur vorher die Verhandlungen , die Peitbetairos mit den gesandten
des Zeus führt, mitteilen: denn diese erscheinen wirklich, wie Pro-
metheus angekündigt hat: es sind Poseidon, Herakles und der Tri-
baller, ein barbarengott; Poseidon erklärt, sie hatten von den
göttem vollmacht und seien beauftragt frieden zu fechlieszen. Pei-
tbetairos hat dagegen nichts einzuwenden , wenn nur die götter das
gerechte thun wollen, das gerechte aber sei, da^z Zeus den vögeln
das scepter wieder übergebe : Ttt bi biKai' ^CTiv xdbe | TÖ CKiirrTpoV
flMiv ToTciv ßpviciv TiäXiv | töv Ai' dTToboOvai. Herakles, dem Pei-
tbetairos nach dem abschlusz der Verhandlungen ein gutes frühstück
versprochen hat, erklärt sich sofort bereit dazu, Poseidon macht ein-
wendungen, da ihm aber Peithetairos auseinandersetzt, was für vor-
teile den göttem durch eine sjmmachie mit den vögeln erwa<^hsim
würden, wird er schon schwankend in seinem widersprach^ und dm
der Triballer seine Zustimmung kauderwelscht, so scheint die sacha
abgemacht, da besinnt sich Peithetairos, dasz er etwas vergessen
hat: Prometheus hat ihm ja eingeschärft , dasz er tLunzer dem
scepter noch die Basileia zur frau verlangen soll: denn wenn er
diese erhalte, dann habe er alles: f^v j* f]v cu TTOp' ^Kcivou nOffOL'
Xäßqc , ttölyt' ^X^tc — und so bringt er denn diehe forderung vor
mit den worten : Hera will ich dem Zeus wohl überlassen , aV^er da«
mädchen, die Basileia, musz mir zum weihe herauMg«*geben werden
(-rfiv ixkv fäp "Hpnv TiapabibaiMi Tip Ali, | Tfjv b€ BociXeiav Tf|V
KÖpiiv T^vaiK* dfioi I dKÖGT^ov ^CTiv). das aber schlägt dem fasz den
boden aus. 'du willst also keinen frieden' sagt Poseidon; 'laszt
uns gehen.' aber Herakles hält ihn zurück: 'wir werden do<;b nicht
um eines frauenzimmers willen krieg führen V — 'aber' sagt Posei-
don 'siehst du denn nicht, wie sehr du dir selbiit im lichte uUshki?
denn wenn Zeus stirbt , nachdem er diesen hier die berf»ehaft Olier-
geben hat; so bist du ein armer teufel. du bist ja der erbe dm
ganzen Vermögens, das Zeus bei meinem abieben hinterläszt.' —
*o himmell* ruft Peithetairos dazwischen 'was er dir da alles weis-
macht!' und nun nimt er den Herakles bei seite und erklärt ihm;
'dein oheim führt dich an, du tropf: an das vermögen deines vat«rs
hast du gar keinen ansprach, nicht den allergeringsten, nach dein
gesetz, denn du bist ein bastard und nicht voll hurtig.' — 'wie sagst
du? ich ein bastard?' — 'sicherlich beim Zeus: du bist ja von einer
fremden mutter, und wie denkst du denn, dasz Athena, das mädcheOi
528 HMülIer-Strübing! Btadien über die Terfasaung Ton Athen
die erbtocbter sein könn©^ wenn voHbürtige brüder da wären?' —
^aber wenn mein vater mm bei seinem abieben mir, dem bastardi
trotzdem sein vermögen vermachte?' — 'das kann er nicht: das ge*
sets läszt es nicht zu^ und dieser da, Poseidon, der dich hier aufhetst«
wörde der erste sein auf das vermögen deines vaters als sein voll*
hurtiger bruder anspruch zu erbeben, ich will dir darüber das geset«
Solons citieren: dem bastard soll das erbrecbt nicht zustehen, wenn
vollbürtige kicder da sind, so aber keine voUbürtigen vorhanden
Bind, 80 soll dem niicbsten io der geschlechtsfolge das vermögen lu-
fallun/ — ^ich habe also gar keinen an teil an dem vermögen meines
vatertä?* — 'meiner treu, gar keinen, und sage mir doch: hat dich
dein vater schon bei den phratoren eingeführt?' — 'nein,' sagt Hera-
kles ^und ich habe mich schon lange darüber gewundert' usw. —
damit verlasse ich das reizende stück; ich brauche es nicht mehr,^
denn das bisherige genügt wohl zu zeigen, dasz der scboliast recht
hat, wenn er zu dieser ste^e sagt: TTOtXiv u>c iv KUipu>M9 ^etriTöT^
TCt 'ASfivaiuJV I0T| ^iri tolic 0€OÜc gewis: die athenische Verfassung
ist ja , ich möchte sagen, mit haut und baar im Oljmpos eingeführt
mit allen ibren eigentümlichsten einzelbeiten. was in Athen rechten»
ist, das ist es auch im Oiympos.
Und nun ist es wohl zeit dasz ich mich wieder nach der Basileia
umsehe, wer ist sie denn eigentlich? diese frage hat schon Peilhe-
tairos an Prometheus gerichtet und die antwort erhalten: 'die
schönste maid, die den blitz des Zeus verwaltet und das andere
alles mit einander, die wohlberatenheit, die woblgeäetzlichkeii, die
vernünftigkeit, die Schiffswerften, das schimpfen und poltern, den
kolakret^n, den richtersold,' 'das altes^ sagst du, verwaltet sie dem
Zens?' — 'so sage ich: wenn du also die von ihm bekommst, so
hast du alles/
TTEI0* TIC icTiv f\ BaciXeia; HP. KaXXktri KÖpi],
T^TT€p TOMieUtl TÖV KCpauvöv TOO AlÖC
Kai T<5XX* diraEdTTavTa , Tf]V eußouXlav,
TTjv euvoMiav, rriv cujq)potüvnv, rd v€t£ipia,
Ti?)v Xoibopiav, Trjv KUjXaKp^Tnv» id TpiU)ßoXa.
TT€t0. ÄTTavTd Tdp* auTiu xameuei; TTP. cßf\ß* i^[i}*
f^v t' f|V cu TTop* ^Kcivou TTopaXdßrjc, Tidvi* (x^ic^
diese person, die den blitz des Zeus verwaltet usw,, gehört also
wesentlich in die im Oljmpos bestehende Verfassung, ja bildet oflea-
bar so zu sagen den schluszstein des dortigen staat^lebens* da nun
aber, wie wir gesehen haben, die im Oiympos zu recht bestehende
Verfassung mit der atbenL»chen identisch i$t, so mnsz dieser beamte
oder soll ich sogen diese beamtin? notwendiger weise in dem irdischen
pro to typ jener bimmliächen Verfassung ihr vor- und gegenbild habem«
go gewis aUo Zeus, der souverän des Oiympos, jemand hat, der ihm
den blitz verwaltet, dh. der als executivbeamter für die aosfOhrung
des allerhöchsten willens zu sorgen hat, unter dessen Aufsicht alle
die heterogenen dinge, die schilTs werften, die wohlgesetzUchkeitf die
während des peloponnesiachen krieges. L 529
Steuererhebung, der ricbtersold stehen, der fOr die besonnenheit ond
mäszigung im staatsieben einzustehen hat, unter dessen functionen
sogar das schimpfen und poltern, ich möchte sagen die amtsgrobheit
nicht fehlt — so gewis musz auch der irdische souverin, der demos,
in Athen sich einen beamten mit denselben functionen, mit der-
selben Verantwortlichkeit bestellt haben. hStte ein solcher, der
blitzverwalterin im athenisierten Oljmpos analoger beamter in
Athen nicht existiert, so wäre diese ganze stelle nicht blosx witz-
loS; sondern geradezu abgeschmackt, und wäre, was in der komödie
fast noch schlimmer ist, dem publicum unverständlich gewesen, wia
hätte zb. der zu schauer bei den Schiffswerften im Oljrmp sich vor-
stellen sollen? ja ich behaupte, der dichter selbst hätte bei aller
Üppigkeit seiner phantasie eine solche figur wie die blitzverwalterin
mit der köstlichen Xoibopia ohne vorbild in der Wirklichkeit gar
nicht erfinden, sich gar nicht aus den fingern saugen können.*
So haben denn die von mir hier zusammengestellten diehter-
zeugnisse , namentlich die zuletzt besprochenen , eine viel stärkere
beweiskraft für die existenz eines leitenden obersten beamten in
der voreukleidischen zeit (dessen hauptthätigkeit dr>ch wohl die
Verwaltung der finanzen betroffen hatj, als wenn mir daf&r tat
dutzend Zeugnisse aus den scholien und grammatikernotizen bei-
gebracht würde, selbst mit berufung auf Aristoteles oder Pi&;ii>-
choros: denn denen gegenüber könnte ein obstinater »keptiker
immer noch sagen, der grammatiker habe Mrmen aotor murentaS'
den oder der gewährsmann sei unglaubwürdig, wie diet ja X'VÜßulmr
in bezug auf die stelle bei Plntarch, die den altem gelehrten ab
unverdächtiges Zeugnis dafQr, dasz Ariäteide« da% hok,t Sctiizaittt
als dTTl^€X1lTrlC bekleidet habe, vollkommen genügte, w;rk.>,& g^
than hat. bei den von mir beigebrachten bewei* »Völlen 'ux dM c>,L^»
möglich, denn hier spricht das leben telb^t klar obd deii*I>,& f^r
alle die obren haben und hören wollen, al/er %o Wjjl\ ka<:ft >,a
doch noch nicht von Köhler loskommen, icb UiTl^z c^a^u xjax* xu^
überzeugen, ob sich meine, wie man siebt, re.n emp;ruieb gew^m^ea^
anschauung den theoretischen, apriohstiAeben e^nwendcngea If/ikMn^
gegenüber wird behaupten Iskkien. die haoptttelle filmet i^Jb 41
seinem attisch-delischen bnnde s. 161: 'in den K^Vjgnk ^^ kfiAU^
phanes wird Eleon ziemlich deutlich ^t die \T\',^*ßinJ^t,r»%gi ^er^tcV
wortlich gemacht.* aber wo? ich wei>z ^ w4trr.Af*.»;f ti^X\, f5*.;//vn
ao. 8. 40 sagt dasselbe wie Köhler oni fCbrt an r. y,\%^ »". e* t^»
Kleon heiszt Kdirö tuiv Trerpu/v övu/f€V xotx f^'j^ßK h;f$^yxf/r:^Ut,
^ die (relehrten iintertii';liiinip«ri ron K//^,k on-t t^'va lM.% 'H*fM^s
XXIV 8.355) lasse ich bei MttiHs nr.d h^3rK»''ir^ rr.iitK ml% 4^ h,Aw*r'k4^A^
aaf Aischylos £am. 827. dt« g^ttio, PaiU« Au^ru^^ 41^ </^ft rM» Oi«
sagt, sie allein von allen gott^rn k^rr*^ ^i<: %'.K/*.»^ zt <«m i^^m^^Ov^
in dem der Mitz verwahrt »*ri 'Kai Kß.fj>Xir t*V/i Vi#,*//rv: i*//r^. ^jft-/,
€v iL KCpauvöc icTiv 'ic^partcii^viXy , i*i uk^vaku \A^rfA.i^% M^,t iw
blitzverwalterin bei Artsu»phjinf:i.
JahrbSeher für elsM. pbilol. Vtn hft « « >, %%
HMOlIef-Strübiisg: Studien üb«? die Terfasflan^ Tbn Athen
aber was soH das bier? wenn Kleon fioanzbeamter war, wie ich an-
nebme , ja Belbet als ^amtloser leitender rhetor* hatte er vor alleil
dingen daltlr zu sorgen , dasz die tribute richtig und zu rechter zeit
eingiengen, er mochte für oder gegen die erhöh ung sein, wenn übri-
güus Aristophanes ein gegncr der tributerhöhung gewesen wäre, sa
würde er das nicht bloäz ziemlich deutlich, sondern nach seiner art
sehr unverblümt herausgesagt haben* Köhler fährt fort: ^man könnte
sich bierftir auch darauf berufen ^ dasz nach einer von gewichtiger
autorität vertretenen annähme Kleon seit ol. 88, 3 das amt eine«
Schatzmeisters der öfft^ntlichen einkünfte bekleidet habej allein es ist
zunächst erst zu erweisen, dasz diese finanzstelle überhaupt vor dem
archontat des Eukleides existiert habe; die einzige stelle, welche zum
beweise angeführt zu werden pflegt (Plot. Ärist. 4, aus Idomeneus),
kann als vollgültiges zeugnis nicht angesehen werden, dusz sich
übrigens der einflusz, welclien Kleon und andere demagogen auf die
Gnanzen nachweislich ausgeübt haben, schon aus ihrer demagogi-
schen eigenschaft erklärt, hat schon Böckh I 224 mit vollem rechte
bemerkt/ o diese unglückselige demagogische eigenschaft', bei der
man sich docb schlechterdings nichts concretes denken kann ! es ist
doch wirklich nicht viel anders als wollte man sagen, die demago-
gische th&tigkeit Kleona erkläre sich schon aus seiner demagogischen
eigenschaft — etwa wie Bräsig bei Fritz Beuter sagt 'die armut
kommt von der groszen povertät'. dabei möchte ich wohl wissen,
ob Köhler auch den einflusz, den nachweislich schon Perikles und
vor ihm Ephialtes auf die finanzen ausgeübt haben, aus deren dema-
gogischer eigenschaft erklären will? doch darüber wird besser weiter
unten in anderm zusammenbange zu reden sein; hier will ich 2«
nficbst behaupten, dasz Köhler unrecht hat die angäbe Plut
Aristeides sei epimeletes gewesen, auf den allerdings unzuverlässig«
Idomeneus zurückzuführen, dort in c. 4 erzählt Plutarch zunächst
ohne quellenangabe (X^Y^'^^O ^^^^ anekdoU*n, die die gerecht igkeit,
die Unparteilichkeit des Aristeides in recht belies licht stellen sollen,
sie mögen wahr sein oder nicht, aber man kann sie nicht gerade aUl
abgoBcbmackt, als schlecht erfunden bezeicbnen. dann fährt er fort:
TtBV hk ÖTl^tOCiuiV TTpOCÖbUJV olpCÖCk ^ITl^eXriTfjC OU ^ÖVOV TOUC
KaQ' auTÖv dXXd kqI touc irpo aOioO tcvoju^vouc dpxovTac dirc-
beiKvut noXXd V€voc<pic^€vouc icai ^dXicra tov GcjiicroKXea*
«C09ÖC Tdp dv^p Tfjc hk x^tpöc ov KpaTuiv.» biö Kai cuvaxatüjv
TTOXXOUC im TÖV 'AplCTCibnV ^V Tüic €U0UVaiC blUlKUJV KX07Tf|C
xaTabiKT] Ttept^ßaXev , 05c cpf]civ löo^cveuc. und dann erzählt er
eine lange klatschgeschichte, die er allerdings bei dem auf solche
Skandal hl storchen lüsternen Idomeneus gefunden haben mag, die aber
wahrscbeinlich als ein in oli garebischen kreisen überlieferter kktsch
von diesem blosz reproduciert ist, vieUeicbt aus Ste^iimbrotos. aber
dasz Plutarch für jene angäbe Ttliv briM^^i^v TTpocöbu^V aipcOctc
illi^eXr)Tr|C den Idomeneus als autorität habe antübren wollen, daa
scheint mir aus dem zusammenhange durchaus nicht mit notwendig-
während des peloponnenBchen krieget. L 531
keit heryorzugehen , ist yielmehr bSdist anwalmdieiiifidi. deiu
dieser nacbricht, Aristeides sei zu der denkbar wiehtigsten finaa-
ziellen Stellung durch volkswabl berufen worden, moste er ja in allen
quellen, die er für Eein leben des Aristeides zu rate zog, begegnen.
wozu brauchte er dafür gerade den Idomeneus, den er selbst anderswo
als unzuverlftbsig bezeichnet, als autoritftt anzuführen? denn die
Sache ist ja wahr, ist ja notorisch : sagt doch Plutarch weiter nnten,
c. 24, die Hellenen, die sich eben gegen Pauaanias aufgelehnt and
sich unter die hegemonie Athens gestellt hatten, Tax6f)vai ßouXö-
lievoi Kaxd ttöXiv ^Kdcioic tö M^Tpiov i^rrjcavTC Trapd tuiv 'A8n-
vaiu)v 'ApicTeibriv Kai irpoc^ToEav aurifi xuipov t€ icat 7rpoaM>ouc
dTTicK€\|id]Lievov öpicQi TÖ KQT* äEiov ^äcT(|i KOt buvafiiv. und
wenn nun die Athener den neuen bundesgenossen diese fordemng
bewilligten (und dasz sie es gethan haben, dafür brauche ich wohl
keine Zeugnisse anzuführen, da niemand auf der weit widerspricht),
wie sollen de das denn anders gemacht haben als dadurch dasz das
souveräne volk den Aristeides zum epimeletes erwShlte? nun gieog
aber das geschäft, die geldbeitrftge und die sonstigen leistnngen
der einzelnen bundesglieder festzusetzen , nicht glatt und auf 6inen
schlag ab (denn ö TTpuiTOC (pöpoc Tcxx^ic von 460 talenten bei
Thukjdides I 96 ist ja, wie Eirchhoff gezeigt hat, ein mjthus, eben
so wie der jährliche (pöpoc von 600 talenten ebd. II lOj; yielmehr
zog sich die regulierung dieser angelegenheit jähre lang hin — die
karischen städte traten ja erst nach der Schlacht vom Enrjmedon in
den bund ein nach Eirchhoff — , das bedörfnis nach dem ordner der
finanzen war also immer Torhanden , und wenn Aristeides die stelle
nicht mehr bekleiden konnte, so musz das athenische Tolk einen
andern epimeletes bestellt haben, anfangs wohl nur commissarisch
für einzelne fälle , dann aber , als das bedürfnis nach Stetigkeit sich
geltend machte, sich geltend machen muste, als ein regelm&sziges,
mehrere jähre, die yierjährige finanzepoche, die penteteris umfasnen-
des amt; da dann der name 7rp0CTdTT)C aufgekommen sein wird
(Plut. Eimon 16 '6(pidXT0u TTpoccxarroc Piaton Ges. VI 766^ irpo-
cidTTiv Kai imix€\r]Tf\v, Gorg. 630* oi q>dcK0VT€C irpoccrdvat Tf|c
TTÖX€U)c Kai diripeXeTcQai öiruic diC ßeXricTn Iciai. Thuk. II 65
öcov xpövov TTpoOcTTi Tfic ttöXcuic, Perikles).^ haben wir das alles
nun zurückzuführen auf die 'demagogischen eigenschaften' dieser
männer? das wird sich vielleicht ergeben , wenn wir das amt, das
Eleon und nach ihm Hjperbolos bekleidet haben, noch näher ins
äuge fassen und versuchen aus der phantastischen caricatar, die die
^ übrigens glaabe ich, dasz im gewobniicheo leben die «mtliebe
tbätigkeit des finanzvorstehers meisteo« mit Hern aasdmck Ta|ii€dciv
bezeichnet worden ist, und er selbst folglich aIs TaiiCoC der offici«;!!«
titel dirifxcXnrric scheint dem volke nicht mundgerecht gewesen zu n»i\u,
bei Aristophanes kommt er nicht vor (denn die stell« Plut, iK/7 Ut
parodistisch) and ebenso wenig bei den übrigen komik«rn (%. Js^;obis
index bei Meineke bd. V).
34*
532 HMölLer-Strübing: Studien über die ^
Ton Athen
komiker daraus gemaclit haben « uns das wirkliebe original herzu
Bteüeii. raöglicb mtisz das seini wenigstens bis auf einen gewisset
grad, denn eine gute caricatur darf ihr original wohl verzerrenj
dessen charakteristische ztige ins groteske übertreiben, aber sie darf
ihm keine fremden -^Uge leihen, noch darf sie wesentliche weglassen.
wenn das gelingt, so werden sich vielleicht zwei weitere bedenkea^
die man noch gegen die existenz eines leitenden finanzbeamten im
fünften jh. etwa geltend machen kann, von selbst erledigen, die ich
aber hier schon besprechen musz.
Das erste rührt wieder von Köhler her. er sagt in seiner rec
von ASchmidts Zeitalter des Perikles in der bist zs» XL (1875)J
der vf. bezeichne als die äuszere grundlage der macbtstellung des
Perikles das strat/egenamt, das amt des Vorstehers der finanten und
des Vorstehers der öffentlichen bauten« Kdhler will gegen diese selt-
samen ansichten nicht ankämpfen: dadurch dasz in andern darstel-
lungen ähnliches zu lesen sei, werde die Sache nicht besser gemacht.
der baufenrainister habe nie existiert; für die finanzvorsteberschaft
werde Diod. XII 39 angeführt, hier aber sei blosz von dem com-
missariat für die anfertigung des Atbenabildes die rede [womit ich
ganz einverstanden bin], der vf. meine, Perikles sei 460 ßnanz-
minister geworden, das sei falsch: denn wenn die Stellung vierjährig
war, 80 hätte 460 kein Wechsel stattfinden können, das ist nun ga
richtig, vielmehr erst oL 80, 3 {4ö8), wenn nicht vielleicht eine durcl
den tod des frühern beamten veranlaszte Störung, was doch möglicli
ist, oder gar ein durch dessen absetzung herbeigeführter Wechsel,
wie denn ein solcher fall — ich glaube das nachweisen zu könnes
— spüter wirklich eingetreten ist doch darauf lege ich kein ge
wicht; jetzt kommt wieder eine hauptatelle: *und soll man den
wirklich glauben , dasz je in dem republicanischen Athen eine verJ
einigung der beiden ein fluszreic fasten staatsämter, Strategie vmi
finanzvorsteherscbaft in 6iner person möglich gewesen wäre?^ hier
ist Köhler im irrtum: dieser argumentation liegt eine freilich weit
verbreitete falsche auffassung der Strategie zum gründe: denn eine
Strategie als einfluszreiches t^taatsamt hat es im gewöhnlichen lauf
der dinge in Athen nie gegeben, sondern immer nur zehn vollkom-
men gleichberechtigte Strategen, in aui^zerordentlicbenf die existeni
des reichs bedrohenden krisen wurde allerdings die höchste macht-
vollkommenheitj analog der römischen dictatur, zeitweise einem ein-
zelnen übertragen, aber an solche ausnah mezust&nde denkt auc
Köhler hier nicht, sondern nur an die gewöbnUchen ruhigen zeit
und in diesen waren die zehn Strategen nichts anderes als zwar aq
gesehene aber im gründe harmlose beamte, deren thfttigkeit sie
kaum Über die Verwaltung ihrer phylen hinaus erstreckte, so war
denn wohl keine politische gefabr dabei, wenn der finaniEbeamte tu-
gleich in diesem coltegium sa^z, indem er neun gleich berechtigte
collegen neben sich hatte, wie Perikles allerdings gttban hat,
aber keineswegs die regel war. was ich hier ausitpreche, das wird
während des peloponnesiflclieii krieges. L 533
jetzt landläufigen ansiebten gegenüber als eine paradoxie erscheinen,
die ich aber im verfolg dieser nntersachangen begründen werde,
jetzt hier nur noch ein — ich möchte sagen argumentum ad hominem.
auch die altem gelehrten Böckh, Hermann und Schümann haben
doch recht gut gewust, dasz die voreukl eidische existenz des epi-
meletes äuszerlich durch kein anderes zengnis gestützt wird als
durch jene Piutarchstelle , und auch die politische mislichkeit' der
cumulation des hochwichtigen finanziellen mit einem doch immer
angesehenen militärischen amt in derselben person kann ihnen nicht
entgangen sein , und wenn sie dennoch jenes finanzamt und dessen
vierjährige dauer als unzweifelhaft vor Enkleides, ja als seit der
Stiftung des athenischen reichs existierend annehmen, so werden sie
vermutlich von derselben anschauung geleitet worden sein wie ich,
dasz nemlich *eine athenische finanzverfassung ohne solche einheit-
liche spitze geradezu undenkbar sei', auf welcher petitio principii
nach Lipsius (in seiner rec. meines buches in Bursians jahresber. I
8. 1363) meine angebliche beweisführung im gründe beruhen soll.
Der zweite, wie oben gesagt, hier noch zu besprechende ein-
wurf ist dem schweigen der steine entnommen; es seien, so sagt
man, in neuester zeit so zahlreiche, das finanzwesen betreffende vor-
eukleidische inschriften ans licht gezogen, aber nie und nirgend finde
sich die leiseste spur eines das finanzwesen leitenden beamten. das sei,
die existenz eines solchen in jener zeit vorausgesetzt, geradezu uner-
klärlich, ja GFellmer ('attische finanzverwaltung' in den sitzungsber.
der Wiener akademie 1879 s. 383) geht weiter und sagt gerade heraus,
es könne als ausgemachte thatsache gelten, dasz im fünften jh. in
Athen kein beamter existierte, der die stelle eines oberaufsehers über
das ganze finanzwesen einnahm, das werde namentlich durch die
Urkunde CIA. I 32 (die Eirchhoff in ol. 86 setzt) bewiesen, 'hätte
ein Staatsschatzmeister damals existiert, so hätte er in
dieser Urkunde erwähnt werden müssen.* das klingt sehr
apodiktisch und scheint sehr geeignet den kenner dieser Urkunde
einen augenblick stutzig zu machen, aber auch nicht länger, bei
tieferem eindringen in das wesen der athenischen Verfassung wird
es sich vielmehr ergeben , dasz gerade dies schweigen der Urkunden
mit der natur und der Wesenheit dieses beamten charakteristisch zu-
sammenhängt und mit notwendigkeit daraus hervorgeht, vor allen
dingen lassen wir uns nur nicht durch den vornehmen titel Staats-
Schatzmeister einschüchtern, sprechen wir also nicht von der 'würde
des staatsochatzmeisters', wie Böckh thut, zb. II s. 223 und wie ich
in meinem Aristophanesbuche ihm vielfach nachgesprochen habe —
das erweckt sofort eine falsche Vorstellung; nennen wir ihn auch
nicht eine art von 'finanzminister des athenischen Staats', wie Schö-
mann (gr. alt. I s. 421), das passt schon eher, gibt aber auch eine
falsche nüance; bleiben wir einfach bei dem titel, mit dem Aristo-
phanes in der stelle, wo er am ernsthaftesten von ihm spricht, ihn
am wenigsten durch caricatur entstellt, ich meine in der Hyper-
534 HMüller^Strübing: studieii über die Verfassung von Athen
bolosetelle im Frieden, ihn bezeichnet, Vorsteher, prostÄtes — i
suchen wir dann, wie ich das schon oben angekündigt habe, aus da
geistvollen, lebendigen, aber im höchsten grade verzerrten Schilderung
die Aristo pbanes hauptsScblich in den Rittern uns von dem maniii
und seiner thätigkeit zum besten gibt, uns ein wirklieb lebensfÄhigi
bild herzustellen, suchen wir zu ermitteln, welche Stellung er in de
ekklesia sowohl wie im buleuterion einnahm, und da will ich deni
gleich, wiewohl ich welsz dasz das gefäbrlicb ist (deünitio nocet!]
das resultät meiner Untersuchung hier an die spitze stellen, dies is
folgendes : der prostates war ein Staatsmann] seh gebildeter, besoii
ders für finanzielle fragen competenter fachmann, den das volli
dessen vertrauen er sich erworben hatte, beim beginn jeder vk|
jährigen finanzperiode durch wabl der bule al» sachkundigen beraH^
bestellte, so hat er gar keine bestimmte, abgegrenzte amtstfaätig
keit: denn alles was der rat beschlieszt unterliegt seiner begutach
iung, und umgekehrt, alles was er officieli thut und spricht, das ihn
und spricht er im namen und im auftrag des rats^ wie er denn aiuj
als Vertrauensmann des volks den verkehr zwischen der ekklesia ufl
dem buleuterion vermittelt, so passt denn auf ihn ganz wobl, Wl
Fellmer ao. über den im vierten jh. zuerst auftretenden beamten, doi
im Tiic bioiKr|C€UJC aipeiöc, kurzweg 6 ^itl ttj btotKr|C€i, sagt, ^die
sei äuszerHcb ein untergeordnetes amt gewesen, das in den bände]
eines geistig unbedeutenden mannes nicht die bedeutung batt€
welche man ihm nach den berichten mancher Schriftsteller zuweise]
möchte, das aber bekleidet von einem hervorragenden manne jenet]
alles beherschenden einflusz erlangte^ das läszt sich hören, wen]
uns Fellmer nur gesagt h&tte, bei welcher behörde denn dieser seil
untergeordneter beamte fungiert haben soll — etwa als sacbverstftn
diger berater, als eine art von sjndicus, nicht in griechischem sinae
sondern im sinne der mittelaltrigen stadtre publiken , die ja bei xm
als rats- oder stadtsjndiken noch jetzt existieren, und aus denen sid
in Italien der sindaco, db. der bürgermeiäter entwickelt hat. ioj
werde unten darauf zurückkommen, nur beachte man, d&At ein g«
waltiger unterschied zu meinem prostates stattfand, schon deshalh
weil der beamte des vieHen jh. kein reich mehr zu verwalten ha
und det^balb auch nicht auf vier jähre gewählt wurde: das verkeil
ich keineswegs , brauche aber hier nicht darauf einzugeben.
Diericbtigkeit meiner defioition des prostates vorausgesetzt, y
also das buleuterion, das ratbaus» der eigentliche Schauplatz seine
thlStigkeit, schon deshalb, weil der rat mit den bekannten ausnahmt
täglich Sitzung hielt, während die volksversamlungen , wenigHld
die ordentlichen, nur viermal in jeder prytanie, aUo vierzigmal fl
jabre stattfanden, und ferner, weil in der ekklesia nur Über ding
verhandelt werden konntej über die schon eine vorberatung und ab
Stimmung im buleuterion stattgefunden hatte, es wird daher fQ
meinen zweck, die amtsthätigkeit des prostates — sagen wir m
nächst zur zeit des peloponnesischen krieges^ — festzustellen, durofc
während des poloponnesiscbeo kmgM. I. 535
nötig sein, zuerst die Stellung, die Organisation und die fonetionen
des rates ins äuge zu fassen ; wir finden ja darüber in den lehr- or.d
handbücbem der griechischen antiquitäten genügende und im gtaaen
übereinstimmende auskunft; so dasz ich mich kurz fassen kann.
Zuerst also die frage: was war der rat, der permanente an*-
schusz der athenischen bürgerschaft? wie war diese behOrde zu-
sammengesetzt? nun, das wissen wir ja alle: sie bestand aus 500
jährlich erloosten mitgliedern, von denen je 50 der einzelnen 10
phylen nach einer jährlich durch das loos bestimmten reihenfolge
unter dem titel prjtanen eine subcommission bildeten und im rat
während dieser frist, also durchschnittlich etwa 36 tage lang, den
Vorsitz führte; der Vorsitzende dieser je weilig prytanierendenphylo,
der für einen tag und eine nacht gleichfalls durch das loos bestimmte
epistates , war denn auch für seine 24 stunden der Vorsitzende der
bule. und da die gerade amtierende phjle auch für die in ihre pry-
tanie fallende volksversamlung den vorsitz hatte, so war ihr epi-
states denn auch ex officio präsident des in der ekklesia versammel-
ten Volks — wie ja auch in den durch das zusammenwirken des
rats und des volks beschlossenen decreten sein name allemal genannt
wird, nun musz es aber doch wohl vorgekommen sein , dasz dieser
durch das loos bestimmte präsident nicht das zeug dazu hatte, nicht
der rechte mann da2u war, die mit dieser Stellung verbundenen
functionen auszuüben, wir kennen ja einen solchen fall. Sokrates
erzählt selbst bei Piaton (Gorgias 473^), er sei, als er als epi-
states seiner phyle in der volksversamlung den vorsitz führte, aus-
gelacht worden , weil er es nicht verstand die abstimmung vorzu-
nehmen, also nicht einmal die rein formalen geschäfte, auf die sich
die functionen dieser eintagsfliege von Präsidenten in der regel be-
schränken musteu; wüste er auszuüben! und weiter: wenn nun der
tag der ekklesia herankam, so muste doch dem volk ein officieller
bericht erstattet werden über das was seit der letzten versamlung
in der bule vorgekommen war, der souverän muste doch erfahren,
was der ihn vertretende ausschusz verfügt hatte, wer sollte nun
diesen bericht erstatten ? der Schattenpräsident? wenn dieser aber
dazu nicht geeignet war? denn es ist nicht jedermanns sache, einer
oft stürmischen, tumultu arischen versamlung von tausenden (man
erinnere sich jener versamlung wegen der Arginusen-feldherrn , in
der Sokrates ausgelacht war) einen solchen Vortrag zu halten, für
einen solchen immerhin denkbaren fall musten doch Vorkehrungen
getroffen sein, gewis : dann trat eben der Vertrauensmann des volks,
der officielle berater des rats , als wirklicher präsident hervor und
übernahm dessen functionen. daher denn auch dem wursthändler
versprochen wird, wenn er nur erst den Kleon gestürzt habe, dann
werde er herr des rates (Aristophanes nennt das den 'rat mit fQszen
treten' Ri. 164 f.) und ebenso solbstherscher der volksversamlung
sein: äpxriT^c Tfjc ttukvöc, und Demos selbst erklärt sehr be-
stimmt (v. 1109), er werde demjenigen von den bewerbern um
536 HMüller-Strübing : utudien über die verfasÄung von Athen
seine gunst, den er bevorzugt, Tf|c ttukvÖc tcic f|viac übergeben^ in-
dem er ihn zu seinem tamias macht, nehme ich noch dazu, dagz die
Friedensgöttin auf ihre frage, wer jetzt den stein auf der Pnyx be-
hersche, die antwort erhält: Hyperbolos, der neu gewählte prostates
habe jetzt diesen platz inne ("Yir^pßoXoc vOv toOt* Ix^i TÖ x^J^piov
Fri» G80) , und dasz auszerdem der komiker Kratinos in seinen kurz
vor der Friedenskomödie aufgeführten Jahreszeiten von diesem Hyper*
boloa sagt, er sei vor kurzem auf das ßf|jiCi gekommen (s. meine abh,
in die&en jahrb. 1890 s. 526), so halte ich den beweis für meine be-
hüuptung, dasz der vom volk erwählte Vertrauensmann, der amtliche
beirat der pouXr| als solcher zugleich der wirkliche prUsident der
Volks ver&iamluog war, ftlr erhradit. beiläufig will ich noch anmerken,
dazs die ausdrücke ö XiOoc ev Trj ttukvi und t6 ßf^iia, diedengram-
matikern zufolge dasselbe bedeuten, nicht sowohl auf die redner-
bühne gehen als auf den sitz des prätiidenten, den also der prostates
inne hatte.
Doch zuL'Uck zum i-atl nnd wenn ich denn auch hier frage, auf
welche gebiete der politik und der administration sich denn die voa
dem officiellen beirat zu begotachtendö thätigkeit der bule erstreckte,
so ist die antwort freilich einfach: auf alles und jedes: denn wirklich,
der rat verhandelt de rebus omnibus et qutbusdam alüs: das erfahren
wir durchaus authentisch durch die ältere scbrift vom Staat der
Athener (3, 3) , deren geistvoller Verfasser sich bei aufzÄhlung der
functionen des rats selbst verwundert, wie es möglich sei eine solche
masse heterogener dinge zu bewältigen, doch auf die erörterung
dieses capitels kann ich mich hier nicht einlassen, das würde mich
zu weit von dem wege, den ich hier zu verfolgen habe, abführen;
ich halte mich hier an unsere landläufigen lehr* und handbücher der
griechiBchen staatsaltertUmer, und da musz ich denn gesteben, das2
ich nach der auf^äblung aller der zum amtsbereich des rats geh(5rigeii
dinge, die sie angeben, mich meinerseits verwundere, dasz diese ge-
lehrten herren sieb nicht verwundt^rn, sich nicht mit erstaunen
fragen, wie es doch möglich sei, dasz eine solche körperschaft allen
diesen heterogenen dingen gewachsen gewesen sein soll, und dasz nicht
auch ihnen die absolute notwendigkeit einer einheitlichen spitze sich
aufgedrängt hat. man bedenke doch: eine durch das loos zusammen-
gewürfelte behörde, jährlich wechselnd, in der sich also gar keine
geschäftskenntnis , keine amtserfahrung, keine routine ausbilden
konnte, die alle jähre damit anfangen muste, das abc ihrer politi*
sehen thätigkeit erst zu lernen.^ doch ich breche ab, sonst wird
* B3ckh hat es bekanntlich ala seine iiberaengnng an«gesprochen,
daai man nicht zwei jähre nach elnauder bnleut hätte sain kÖnoenu
ich wnndere mich, dasx man daa noch jetzt als *^blo«Sd vermtttniig* an-
zweifeln kfiDQ, nenilich seit ein meiner meinnojc nach in dieser frag«
ent«chetdcnder, früher ungentt|i^end pubUclerter volkebetcblass jetit ia
Cörrecter faJiBUng; vorliept. dnrUber sagt Gilbert (», 400): ^'in ferylhr»
haben dl« Athener die Verfassung bis in die kleinsten detiült geordnet» tln
während des pelopomMBccbeB lurki^». X. ÖS7
man mir wieder die petitio prineipü entgegen halt»; icb will rM"
mehr rein empirisch zn werke geben und o&cbw«ui«ii« d^sr Ufiter «JI
den Zügen der vielgeschäftigen tbätigkeit Kieons , die Arit^topbMie»
in seiner caricatur in den Rittern hervorhebt, kein einziger ittt,
der sich nicht auf eine der fonctionen des rats, die Gilb^ zu-
sammenstellt , zurückführen läszt, ja ich möchte ^agen , sie lebendig
belegt und illustriert.
'Die gesamtheit des rates' sagt Gilbert s. 253 'baue fiter dia
einzelnen mitglieder desselben eine discipl inarge walt. der rat konnte
nemlich ein einzelnes mitglied durch die sog. £icq)uXXoq[>opta pro*
visorisch aus seiner mitte ausstoszen.' ja wohl, so sagen wenigstens
die grammatiker, und dasz dies wirklich im vierten jb. einmal ge-
schehen ist, das erfahren wir durch eine gute quelle, durch den
redner Aischines (g. Tim. § 112): pexd laÖTa . . f\ ßouXf) ä€q[>uXXo-
q)öpT]C€V auTÖv, nemlich den Timarchos, und zwar, wie wir wissen,
wegen liederlicher unzucht. dasz dies aber auch im fünften jh. , In
der zeit von der wir hier handeln, geschehen ist, und zwar aus dem-
selben gründe , das lernen wir aus den Rittern y. 877, wo Kleon
sich rühmt: firauca toOc ßivoujLievouc töv fpuTTOV iHaX€ii|iac. dies
ist charakteristisch : denn er nimt damit die Streichung des Gryttos
aus dem Verzeichnis der ratsmitglieder, die doch nur durch die ab-
Stimmung des rates geschehen sein konnte, als seine that, als sein
verdienst in ansprach, man vergleiche damit, wie vorsichtig er sich
sonst über ähnliche Vorgänge auszudrücken pflegt, zb. v. 67 öpäT€
TÖV *'YXav bi* ^^fe jLlacTlTOu^€VOV — er hat ihn also nicht selbst
gezüchtigt, er hat die Züchtigung nur veranlaszt — wodurch? ohne
zweifei durch eine denunciation bei den prytanen, wie er ja y. 300
dem wursthändler droht, er werde ihn wegen zoUdefraudation bei
den prytanen denuncieren : Kttl q)avai C€ ToTc irpuidveciv dbCKaieu-
Touc Ttjv Geoiv lepdc Ix^yia KOiXiac. und so sollte denn auch die
zweite denunciation des wursthändlers^ er führe den feinden kriegs-
aus der Kimonischen zeit datierender volksbeschlnsz der Athener [CIA. 1 9]
enthält bestimmun^en über die zahl der buleuten [120, ich denke je 30
ans jeder der vier ionischen phylen], über ihren ernennun^smodas
[dirö KudfiUJV, wie in Athen], ihre dokimasie [in der ßouX/), wie in
Athen], ihr alter [30 jähre, wie in Athen]', ferner über den eid, den
der neuerlooste bulent zu schwören hat: bei Zeus, Apollon und Demeter
— wie in Athen; über die zeit, welche zwischen zwei ßouXctai ver-
gehen muste : \io\ ecjuiTÖv cTvai ßouXeOciv ivTÖc Tcxrdpujv irOüv. wahr-
lich ich kann mich kaum enthalten hier auf eigne Verantwortung hin-
zuzusetzen: wie in Athen, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass
sie eine solche bestimmung wie IvTÖc TCTTdpwv ^Tdiv aus heiler haut in
Erythra eingeführt haben sollten ohne eine analoge clausel in ihrer
beimischen Verfassung, damit will ich die vier jähre gewis nicht als
absolut festhalten, da kann Wechsel eingetreten sein, aber das princip,
dasz niemand zwei jähre hinter einander im rat sitzen konnte, haben
die Athener gewis niemals aufgegeben, aus gründen politischer zweck*
mäszigkeit, die ich hier nicht entwickeln kann, die aber jeder mit
politischer phantasie begabte leser verstehen wird.
538 HMüUer-Ströbiog: studieo über die verfaasüDg von Athen
raaterial zu (v. 277 TOUTOvi TÖv ävhp" l^ih 'vbeiKVUjil Koi qprj^*
Ödt^iv I laici TTcXoTTovvTiciujv ipiripeci ItujueujLiaTa) ohne zweifei
bei den prytanen eingereicht werden, wie diese hcbwierigen stelleaj
sonst sachlicb zu erklären sind, das weisz ich nicbt, kümmert mich^
hier aucb nicbt; icb wollte hier nur darauf aufmerksam machen^
dasz diese stellen immerbin ein licht werfen auf den geachftftsgang
und auf die art und weise, in welcher der prostateä mit dem plenum
des rais verkehrte, in ganz correcter weise, durch die yermittlung
des formalen prüBidiums des letztern, der prjtanen und ihres epi-
States, wenn aber Gilbert mit berufung anf eine confuse stelle bei
Pollux VllI 95 sagt (s. 257): 'ihnen, den prytanen, stand die be-
rufung des rates ?u und zwar unter gewöhnlichen Verhältnissen
durch ein scbnftHcbes TTp6tpotp|ua mit vorher angegebener tage^«
Ordnung', so hat sich Pollux hier doch wohl geirrt* denn der rat
versammelte sich ja täglich mit ausnafame der fest* und Unglücks-
tage ganz von selbst: was bedurfte es da noch einer beruf ung und
eines programma? Pollux hat hier wohl von den volksversam-
lungen reden wollen, die allerdings von den prjtanen fünf Uge vor-
her durch ein programma mit der tagesordnung berufen wurden, und
da vermute ich stark, dasz mancher brave epistates, der diesem ge-
schäft, zu dem ihn das ioos verurteilt hatte, sich nicht recht ge-
wachsen fühlte, sich darüber mit seinem prostates ins einvernehmen
gesetzt, ja diesem die abfassung des programmas wohl ganz über-
lassen hat» Gilbert fährt dann fort (s, 260): 'der rat halte eine
doppelte Stellung im Staate, derselbe war der vorberatende aus*
gchusz der volksversamlung und die höchste regierungs- und Ver-
waltungsbehörde* in seiner ersten eigen&chaft hatte er alle an-
gelegen heilen, welche an die ekklesia gebracht werden sollten, vorzu«-
beraten und über dieselben ein ratsgutachten abzufassen . , in
seiner zweiten eigenschaft als höchste regierungs und verwaltungs-
Lehördo konnte der rat innerhalb seines gescbäffskreises [und waa
gehörte nicht zu seinem gescbäftskreis? vgK die oben angefahrte
stelle ans der *A0Tivalu)V TToXiTCia] bindende befchlüsse fassen*,
kurz der rat führte die Oberaufsicht über die gesamte Verwaltung.
gewis. ' daher es denn auch von seinem voröteher KWon heiszt
(Ri. 74), es sei unmöglich, dasz ihm irgend etwaji verborgen bleibe,
denn er beaufsichtige alles, stehe mit dem 6inen fusz in Pylos [wai
die Athener damals eine garnison hatten], mit dem andern in der
volksversamlung: dXX' oux olöv T€ töv TTacpXaTÖv' ovbkv XaQtiv |
iipopqi T^p auTÖc Ttavi'. ix^x yäp tö ciceXoc |TÖMfev ^vFluXiiip
t6 b' ^repov ^v tt^kkXtici^ — und so redet denn auch der dem
Aristophanes damals noch befreundete gleichgesinnte EupoUa in
seinem 'goldnen Zeitalter' die btadt Athen folgendergestalt an:
*o du schönste stadt von allen, Ober die Kleon die aufsieht fahrt»
wie glückselig warst du schon bi.sher, und wie viel mehr wirst da
es jetzt sein: di KaXXicrri tt6Xi nacuiv öcac KX^uiv ^cpop^i, | ibc
€ubal(iaiv irpÖTCpöv x* ^c8a vuv re päXXov ^c€i, jetzt, nach*
i^Uureod des peloponneMdcs imfpfife. 0^ iü^
dem da den Kleon zn deinem prostates gewSbU vtA aaoa. ^m^ iMtt^
dich glücklich za machen für vier jähre übertragen hm-C
Gilbert gibt dann 'einige der wichtigsten selten der tlHfr^dMVt
des rates' an. *der rat sorgte för die kriegätfichtigkeit de* lAikMm
und ftthrte demgemäsz die Oberaufsicht über die flotte and Am
werfte , über das rittercorps und unzweifelhaft auch über die Imk
pliten.' sicherlich unzweifelhaft: äuszert doch der verjüngte Demos
Bi. 1369 unter den guten Vorsätzen, die er für die zuknnft gefaszt
hat , auch den, von nun an, nach Eleons starz , solle der name jedes
hopliten an der stelle des officiellen Verzeichnisses, an der er einmal
eingeschrieben sei , auch stehen bleiben , daran soll nichts auf ver*
Wendung nach gunst geändert werden : £tt€i6' önXinic ^VTeOck £v
KaraXÖTip | oub€tc Karä cnoubdc ^€T€TTpaq[>t1C€Tal, | dXX' ujCTrep f^v
TÖ TTpwTOV ^TT^TP^M^^Tai. darin liegt doch indirect für Kleon der
Vorwurf, dasz er sich während seiner amtszeit solcher willkürlicb-
keiten schuldig gemacht oder, wenn sie von andern ausgiengen , ein
äuge zugedrückt habe, was die flotte betrifft, so wissen wir ja auch
sonst, dasz die schiffe usw. unter ganz specieller obhut des rata
standen (der prostates verwaltet ja sogar im Oljmpos TOi vei&pta,
Vö. 1540), und da auf erden der rat jährlich die trierarchen za
bestellen hatte (ps.-Xen. staat der Athener 3, 3. 4), so wird es
natürlich dem Vorsteher leicht geworden sein einen misliebigen
durch Zuteilung einer ausgedienten, kostspieliger reparaturen be-
dürftigen triere gehörig zu chicanieren, wie Kleon das seinem gegner
ja androhte: Ri. 912 iyu) C€ TTOirjcui xpiTipapxcTv, dvoXicKOVTa TÄV
cauTOÖ, TToXaidv vaOv' fx^vi*, elc ^v dvaXuuv oök ia^ilexc oöbt
vauTTiiT0u^€V0C usw. mit dem rittercorps dann, das selbstverständ-
lich ebenfalls der Oberaufsicht des rates unterstand, musz Kleon
bald nach seiner wähl zum prostates irgend wie in conflict geraten
sein, er hat, wie es scheint, einen finanziellen das rittercorps be-
treffenden antrag gestellt , der diesem widerwärtig war, ist aber
gegen den widerstand dieses aus vornehmer athenischer Jugend ge-
bildeten und daher natürlich höchst einfluszreichen corps damit
nicht durchgedrungen, zur groszen freude unseres dichters, der uns
in seinem ein paar monate nach dem Vorfall aufgeführten stück 'die
Achamer' (6 ff.) erklärt, er habe sich herzlich gefreut ToTc n^vie xa*
XdvTOic olc KX^uiv ^£ii|üi€C6V. I rauO' übe ^tovcüGtiv, kqI 91X01 touc
iiTTr^ac I bid toöto xcöpTOV fiHiov ydp 'EXXdbi. Kleon hatte also
durch irgend eine finanzmaszregel den rittem die summe von
5 talenten, auf die sie anspruch machten, entziehen wollen, die
ritter hatten dagegen an die volksversamlung appelliert, und zwar
mit erfolg, so dasz der Vorsteher des finanzwesens die 5 talente,
über die er schon anderweit disponiert hatte, wieder ausspucken
muste. ich werde weiter unten auf die stelle zurückkommen, ja
es war auch in dem demokratischen Athen daftlr gesorgt, dasz die
bäume nicht in den himmel wuchsen, und die foi*tgesetete Oppo-
sition dieses corps scheint ihm so unbequem gewesen zu sein, dasz
540 HMSUer-StrübiBg; Btudien über die yerfassung von Athen
er den versuch gemacht haben mag sich mit ihnen auf einen guten
fusz zu stellen; wenigstens erklärt er den rittern, er habe den antrag
stellen wollen, ihnen auf der bürg wegen ihrer [im feldzug nach
Korinth im herbst 425 bewiesenen] tapferkeit ein denkmal zu
setzen: OTi Xtf^iv TViij^r|v ^'jitXXov die Micaiov iv KÖXei | ktdvai
)iVT)|i€?ov ujuÜLiv £CTiv dvbpciac xotpiv Ri* 267. ob etwas daraus ge-
worden ist, das wissen wir freilich nicht,
Gilbert hätte nun bei seiner aufzählung der functionen des
raU noch hinzufügen kljnnen, dasz der rat wie über die hopliten,
&o auch über die Strategen die Oberaufsicht führte ^ oder hat er das
weggelassen, weil es im Widerspruch steht mit der heute gäng und
gäben ansieht» Athen sei vom strategencollegium aus regiert worden ?
aber diese grundfalsche ansieht zu bekämpfen, das ist eben die auf-
gäbe die ich mir gestellt habe, so will ich denn anfahren, dasz
unter umständen der rat die Strategen vor sich kommen liesz, um
ihnen befehle zu erteilen, wie wir aus der mysterienrede des Ando-
kides wissen (§ 45 f| hi. ßouXri ^?tX6oiJca iv dtToppfiTUj cuveXaßev
fl^öc Kai lbr|C€v ev xoic EüXoic. dvaKaX^cavxec hk touc cipaTi}-
touc dv€iTr€iv ^KeXeucav *A0iivaiuuv touc jiiv ^v äciei oiKOüviac
Uvai €ic T^V äxopdv td ötrXa Xaßöviac usw,); man wird *agen,
das waren ausnah mezustßnde, der mt war damals autokratorj aber
das ist eine ausrede: die Strategen waren doch sicherlich den an Ord-
nungen der ekklesia unterworfen? das wird niemand leugnen, aber
der rat Übte ja als ^ständiger ausschusA* der ekklesia interimistisch
deren functionen, und was ist da noch viel zu räsonnieren? wir
wissen es ja aus Aristopbanes. woher denn sonst die klägliche angst
der beiden sklaven des Demos vor dessen hausverwalter dem Paphla-
gonier, dh. der Strategen Demosthenes und Nikias vor dem pro-
states Eleon? ja der sklave^ der den lakonischen kuchen in Pjlos
gebacken hat, stellt es ja selbst seinem candidaten für die prostasie,
dem Wursthändler, in aussieht, wenn er nur erst den jetzigen inhaber
derselben verdrängt habe, so werde er auch die Strategen malträ-
tieren (166 ßouXi^iv Tratriceic kqI CTpaxTiTOirc KXacidccic) — und
das mUssen die Kpocrdiai als einen besondern genuss angesehen
haben: denn die beiden rivalen, der jetzige wie der künftige prostates,
nehmen sich gleichm&szig vor, Kleon v. 355 icacaXßäcuj touc ev
TTüXifJ CTpairitouc und der künftige 358 XapUTTtu» touc prtTOpac
Ka\ NiKlav TapdEui, Kikias, den vornehmen Strategen^ der, wie sein
herbstfeldzug nach Korinth beweist ^ nach der campagne von Pylos
ruhig wieder in sein amt getreten wan wenn man nun nicht an-
nehmen will, dasz der dichter, wenn er solche dinge schreibt, rein*
weg faselt und bodenlos radotiert, oder wenn man nicht etwa gar die
von mir» wie ich hoffe, ein für allemal beseitigte lächerliche zwitter*
gestylt des amtlosen rhetors wieder hervorziehen will, so können
dieäc stellen gar nicht verstanden werden ohne die annähme einer ober-
iiufsicht des rats auch über die Strategen, die dann natürlich in der
caricutur von dessen amtlichem beirat ausscblieg/lich ausgeübt wird.
während des peloponnesischen krieges. I. 541
Doch ich kehre zurück zu der aufzählung der funciionen des
rats bei Gilbert: 'er, der rat, vermittelte den verkehr zwischen der
ekklesia und den auswärtigen Staaten.' ganz wohl , aber wer ver-
mittelte denn vorher den verkehr der auswärtigen Staaten mit dem
rat? nach unserm stück thut das ganz entschieden der prostates,
denn in jener köstlichen scene, in der der wursthändler dem chor
bericht erstattet über die Vorgänge in der ratssitzung, der er an den
schranken stehend beigewohnt hat, meldet er, als der rat in seiner
freudigen aufregung über die wohlfeilheit der sardinen auf Kleons
antrage nicht mehr hörte, als in dem tumult die prjtanen sich sogar
thätlich an ihm vergriflfen (kciG* elXKOV auTÖv Ol TipuTdveic xol
ToEörai) und die versamlung auseinander gehen wollte, da habe
Kleon, um sie zum bleiben zu bewegen, die ankunft eines heroldes
aus Lakedaimon gemeldet: sie sollten doch erst hören was er
bringe , er sei mit friedensvorschlägen gekommen, aber vergebens ;
auf allgemeines verlangen hoben die prjtanen die sitzung auf. das ist
doch sehr klar : an den prostates also war der gesandte adressiert, bei
ihm hatte er sich legitimiert, ihn hat er unterrichtet über den gegen-
ständ seiner sendung, und so dürfen wir denn auch die leitung der
auswärtigen angelegenheiten , die man gewöhnlich den Strategen
zuschreibt, unter die functionen des rats aufnehmen, selbstver-
ständlich die provisorische leitung : denn hier war mehr als in irgend
einem andern falle die unmittelbare definitive entscheidung der
ekklesia erforderlich, dasz aber auch diese wesentlich durch den
prostates beeinfluszt ward, das zeigt der wursthändler, der ihm
vorwirft, er habe die lakonischen gesandten, die friedensanträge
brachten, mit fusztritten aus der stadt gejagt: TOiC Trpecßetac T*
ÖTreXauveic | dK rfic ttöXcujc ^aOaTiuTttuiv, rfi xdc CTTOvbäc TipoKa-
Xoövxai (v. 795), und wenn es in der Eirene v. 669 heiszt, die
Athener hätten dreimal durch volksbeschlusz die friedensanträge
zurückgewiesen, so entschuldigt Trjgaios das damit, dasz sie zu
jener zeit unter dem einflusz des gerbers gestanden hätten : ö voOc
fäp fmüüv fjv TOT* dv ToTc CKUTCCiv, was der schol. richtig erklärt:
ävTi Toö dv Ttjj cpößqj toö KXdujvoc ö voOc fjv fmuiv.
Und wie dem Vorsteher der Verwaltung die leitung der aus-
wärtigen angelegenheiten zustand, so scheint er auch die diplomati-
schen Verhandlungen zu Zeiten selbst betrieben zu haben, denn
V. 465 sagt der wursthändler, er wisse recht gut, was Eleon in
Argos treibe: er sei dort unter dem verwände die Argeier zu
bundesgenossen der Athener zu machen , aber in der that schmiede
er ranke mit den Lakedaimoniern auf seine eigne band von wegen
der gefangenen : oukouv dv "ApTCi ^' da irpäTTCi Xavödvei • | irpö-
cpaciv jLi^v *ApT6iouc cpiXouc njuiv TroieT, | Ibia b' iKei AaKebai-
fiovioic £uYTiTV€Tai . . im Tcip toTc bebe^dvoic xotXKeucTai, die er
nemlich, wie sein gegner ihm schon früher (v. 394) vorgeworfen
hat, verkaufen will (dTTOböcOat ßoijXeTai). diese stelle hat schon
Gilbert in seinen ^beitragen' s. 189 auf einen ^thatsächliohen ver-
542 HMüller-Ströbing: studien über die Terfaasung von Athen
such Kleons zwiscben Athen und Argos ein bttndnis zu vermitteln*
bezogen I ^denn ohne eine derartige tbatsächlicbe grundlage wftre
eine solche bemerkung höchst nichtssBgend': er bat Zustimmung
gefunden, auch bei Bei och (ao. s. 45), und ich habe die sache
anderswo (in diesen jahrb, 1886 s, 646 ffr) ausführlicher besprochen,
worauf ich verweise, hier will ich noch hinzufügen, dasz sich noch
eine andere stelle in den Rittern findet, die ohne eine solche that-
sächliche grundlage ganz ebenso nichtssagend wlire, und die ich tnit
dieser Argos-stell© in Verbindung bringe, das ist v» 797. hier gibt
Kleon den grund an, weshalb er die friedensgesandten der Lake-
daimonier mit fusztritten aus dem lande getrieben habe: das sei
geschehen, sagt er, damit Demos flber alle Hellenen hersche! denn
ea steht geschrieben in den orakeln , dasz er einst in Arkadien zu
gericht sitzen soll mit einem solde von 5 obolen. ach , sagt der
wursthiindler, daez dieser in Arkadien herseben soll, daa bekümmert
dich wenig, du hast nur im sinne zu rauben und dich bestechen zu
lassen : iva T* *6XXrivu>v äpEij Trdvxiwv * Icxi yäp iv toic Xotioiciv, |
d»c ToijTov bei not* ^v*ApKabia TrevTUjßöXou fjXiäcac9ai, | . . oux' tvo
y' dp^Tj ^a Ar *ApKabiac irpovootj^evoc, dXX* 'iva fidXXov | cu ^fev
dpndZr|C Kai bujpoboKfjc napd tujv ndXeiwv usw» daraus schlieszo
ich nun, vermute wenigstens, dasz Kleon» als er in Argos war, auch
beziehungen zu Arkadien anknüpfte oder anzuknüpfen versuchte (der
wurstbößdler leugnet ja diese beziehungen nicht, bestätigt sie viel-
mehr, indem er ihm statt der patriotischen die unlautersten motive
für sein handeln unterlegt), das la^ ja in der natur der dinge, und
überdies war ihm das durch das beispiel des Themistokles, dea
groszen Vorbildes der demokratischen Staatsmänner, an die hand ge-
geben, als dieser nach der ostraktsierung in Argos sieh aufhielt.
denn, wie MDuncker gesch. d. alt, VIII 132 sagt, *Thukydides deutet
in vorsichtiger weise, welche ihm doch wohl durch rückäichten auf
Sparta auferlegt war, an, dasz sich des Themistokles thätigkeit dort
nicht auf Argos beschränkt habe, indem er bemerkt: «er hatte seinen
Wohnsitz in Argos, besuchte aber von hier aus auch andere lande
im Peloponnes», das heiszt . . er wird sich bemüht haben diesen
oder jenen gau der Arkader zu bewegen . . sich von Sparta loa*
xuaagen.' wird man es mir nun verargen, wenn ich, wie gesagt,
den aufentbalt Kleons in Arges mit diesen in den orakeln verkUn*
deten gerichtssitzungen des atheni^^chen Demos in Arkadien in ver-
bindung bringe ? ja wenn ich die Vermutung ausöpreche, dasz diese
diplomatischen Wühlereien Kleons im Peloponnes doch nicht gane
wirkungslos geblieben sind? ich meine allerdings, dasz sie die
spHtern erfolge des Alkibiadea in Argos und in Mantineia vorbereitet
und erleichtert haben mögen f aber ich denke zuerst an die noiiz,
die uns Thukjdides IV 134 ganz abrupt, gaaz ohne motivierung
mitteilt, die Tegeaten und die Mantineier, also die bedeutendsten
Arkadischen Staaten und zugleich die mächtigsten bundesgenossen
der Lakedaimonier, hätten sich mit ihren bundeBgenoftatn eine
w^irend des peloponnesischen krieges. I. 543
Schlacht geliefert mit unentschiedenem erfolg: iy bk T(!jj ^Triövri
Xeimlivi (423/2) . . MavTivnc KaiTeTeäiai kqI ol Hümiaxoi ^Ka-
Tepujv Huv^ßaXov ^v AaobiKiqj . . kqi vikt] d^q)lbr)plTOC ^t^v€TO.
weiter nichts , kein wort weder über die entstehung noch über die
beilegung dieses conflictes. und das geschah während des zwischen
Sparta und Athen geschlossenen Waffenstillstandes, mir erscheint
dies als ein ereignis von groszer bedeutung : denn es läszt uns er-
kennen^ wie tief der moralische einflusz Spartas bei seinen pelo-
ponnesischen bundesgenossen gesunken war. dasz aber Kleons
macht über das volk durch den abschlusz des Waffenstillstandes, wie
man wohl angenommen hat, nicht geschmälert war, das beweist sein
auftreten beim abfall von Skione (^lr)(ptc^a dTroirjcavTO KX^uivoc
TVU)^rI 7r6icWvT€c, CKiujvaiouc igeXeiv t€ kqI dTTOKTeivai), und
noch mehr der umstand, dasz nach ablauf des Waffenstillstandes der
geschichtschreiber von ihm sagt, er habe die Athener überredet
einen feldzug nach Thrakien zu unternehmen.
Nachdem Gilbert dem rat die Vermittlung zwischen der ekklesia
und den auswärtigen Staaten zugewiesen hat, sagt er s. 262: ^der
rat beschwor die Staatsverträge' [nicht immer; weder den waffen-
Stillstandsvertrag hat der rat beschworen noch den friedensvertrag
noch die sjmmachie mit Lakedaimon, wohl aber das bündnis mit
Argos : Thuk. V 47, 9 ö^vuvTUJV bk 'A9r|VTici fitv f| ßouXf| Kai a\ fv-
brifioi dpxai , iHopKOÜvTUJV bi ol irpuTävcic. darüber gab es keine
feste norm]. *er sorgte für die Sicherheit der TrpöHcvoi und cöcp-
f ^lai [auch das nicht immer, das ward mitunter auch den Strategen
aufgetragen], er — und nun kommt die hauptsache — (der rat)
leitete die bundesangelegenheiten und hatte demgemäsz auch die
vorarbeiten für die abschätzung der tribute, war an der gesetz-
gebung beteiligt und sorgte für die staatlichen heiligtümer, feste
und cultgebräuche. die hauptseite seiner amtlichen Wirksamkeit
endlich war die leitung des finanzwesens und die controle über
dasselbe, der rat hatte dem entsprechend die nötigen gelder für
den Jahresetat des Staates zu beschaffen, er verpachtete die zöUe'
[daher denn auch Kleon in den Rittern emphatisch als Zöllner be-
zeichnet wird : iraie naie töv . . tcXuivtiv kqI cpdpaTTCt Kai Xdpußbiv
dpTraTnc v. 247, und in den Wespen v. 25 heiszt er ein alles ver-
schlingender haifisch, q)dXaiva TravbOKeuTia]. ^er sorgte für die
eintreibung der dem Staate geschuldeten gelder, wobei er die staats-
schuldner, wenn sie nicht zur bestimmten zeit zahlten, ins gefängnis
werfen durfte' [daher denn auch Kleon dem wursthändler droht dv
Tip £üXiu brjcui C€, was er natürlich nur als ezeoutor eines rats-
beschlusses oder, was hier wohl der fall gewesen sein wird, in
directem auftrage der ekklesia zu thun das recht hatte; worüber
weiter unten mehr], doch ich breche hier ab — was Gilbert über
die functionen des rats weiter noch sagt, ist ohnehin nicht von be-
lang — nur über die abschätzung der tribute noch ein wort, aller-
dings wissen wir aus der altern schrift vom staat der Athener, dasz
544 HMiiller-StrübiDg : sttidieQ über die yerfaesuag von Athen
in der regel alle vier jähre eine solche scMlzung erfolgte, und eiDO
Steinurkunde (CIA, I 37) beehrt uns, dasz im j. 425 (ol. 88, 4) unter
deui arcbon Stratokles^ der sein amt ungefähr ein jabr nach Kleons
wähl zum Vorsteher angetreten hatte, eine absch&tzung stattgefunden
batt in welcher die tribute vieler stödte gegen die letzte Schätzung
von ol. 85, 3 belrächtlich erhöbt worden ßind. Köhler will, wio
oben s. 629 schon gesagt ist, Kleon für diese erböhung yeranf wört-
lich machen, oder vielmehr er sagt, er werde in den Rittern des
Aristophanes ziemlich deutlich dafür verantwortlich gemacht, ich
wiederhole hier, dasz mir dies aus der stelle v* 313 nicht hervor-
zugehen scheint: denn auf die tribute muste er seiner steltuog nach
ein scharfes äuge haben, muste dafür sorgen, dasz sie recbt/eitig
eingiengeOf muste sie sogar im falle der säumigkeit zwangsweise ein-
treiben lassen; aber mehr scheint mir aus der stelle v. 313 nicht
bervorzugeben , ja ich musz geHtehen, ich wundere mich vielmehr,
dasz sich in den Bittern so wenig unzweideutige ant^pielungen auf
diese tributerbohungen erkennen lassen, zumal da sich unser dichter
Bonst so gern als gänner der armen* bundesstädte aufspielte, zwar
wenn Kleon sich anschickt die Milesier zu chicanieren (v, 360), und
wenn der wursthändler ihm vorwirtt, er ivolle über die Milesier
einen antrag stellen (v, 03*2) und dndurch ein talent für sich heraas-
schlagen, und ähnlich der Vorwurf, er habe bich von den Mjtilenaiern
bestechen lassen, so bezieht sich dies ohne zweifei auf die anwesen-
heit von gesandten dieser stftdte in Athen, die gekommen waren bei
dem prostates wegen ihrer ein:»chtttzung zu sotlicitieren. denn die
commissarian y die ra^iati die laut der oben citierten Inschrift zu
den bundesstädten geschickt wurden , musten doch nach ihrer rüek-
kehr zunächst dem rate bericht über die resoltate ihrer sendung
abstatten, worauf dann das der ekkle<iia vorzulegende probaleuma
abzufassen war. und das war wahrlich keine kleinigkeit. wir wiesen
ja, dasz die tributpflichtigen Staaten durchaus nicht nach 6iaer
Schablone behandelt, nicht über feinen kämm geschoren wurden,
dasz vielmehr mit den einzelnen Staaten besondere capiLulalionea
existierten, die de iure berücksichtigt werden mußten und auch de
facto resptictiert wurden, da idt es denn doch unleugbar, dans die
herreo vom rat, die wir uns doch wohl durchscbnitUicb als lente
vom schlage unserer guten bekannten Strepsiades, Trygaios, Philo-
kleon usw. vorzustellen hüben — man bedenke doch: 500 erlooste
häupter! musten sie nicht wenn je ^ dann gerade bei einer solchen
abscbätzung und überhaupt bei allen wichtigen finanzmaszregeln
der leitung und der anweisung des ihnen vom volk bestellten offi»
ciellen ratgebers benötigt sein? B5ckh sagt einmal (I 226) von
seinem ^vort^leher* der öffentlichen einkünfte, dem jettt bekanntUcki
• Ri. 1071 vaOc licdcTOTc | ahet xaxcfac dpY^poXdTouc o6tqc(. niitiir-
Weh verUrig^t di^r pHpiilnmi^ortitT t\i« UeUigul» tnr nniveii'lutig dte«er vf|ic
dpTUpoX6TOt vom mtc. er, Kleon, hnt f«ir di« jiU0j«iit1iiJig dicker »chiffe
zu sorgen I nicht duB «tratfgeucullei^tum, «rie tnan wohl behauptet hüt.
während, des peloponnesischen krieges. I. 545
allgemein in die acht erklärten Ta/Liiac rfic KOivflc Tipocöbou, er habe
allein von allen behörden die ganze Übersicht der einkünfte und
ausgaben gehabt, und ^konnte daher am sichersten über die Ver-
mehrung jener und die ersparung in diesen urteilen und weise masz-
regeln bei rat und volk veranlassen', beiläufig möchte ich hier fragen :
würde Böckh etwas dagegen haben, wenn ich die sache umdrehe
und sage , ohne die mitwirkung dieses mannes , der allein die ganze
Übersicht über die finanzzustände des Staates hatte [und der daher
allein bei rat und volk weise maszregeln in bezug auf sie veranlassen
konnte, wäre eine weise, zweckentsprechende regulierung derselben
gar nicht möglich gewesen? ich glaube nicht, und wenn dem so
ist, so hätten wir hier also wieder bei Böckh jene petitio principii,
die ich ihm schon früher vindiciert habe, ja ich möchte geradezu
sagen: dieser beamte war notwendig, also hat er existiert. Böckh
sagt dann weiter, er (der Vorsteher) sei unter andern Verhältnissen
das gewesen , was in den neueren Staaten der finanzminister, und
damit stimmt auch Schömann (gr. alt. I 444) ^der nicht auf ein jähr,
sondern auf eine penta6teris gewählte Vorsteher der finanzen scheint
eine allgemeine Oberaufsicht über alle diejenigen, welche staats-
gelder einzunehmen oder zu verausgaben hatten, ausgeübt zu haben,
so dasz er als eine art von finanzminister des athenischen Staates
betrachtet werden kann.' ich bin nicht damit einverstanden, dieser
vergleich mit dem modernen finanzminister scheint mir die tbätig-
keit des iTpocTdTT]C zu eng aufzufassen , da er seiner thätigkeit in
rat und ekklesia gar keine rechnung trägt, wenn doch einmal ver-
glichen werden soll, so habe ich einen andern Staatsbeamten der
neuern zeit in petto ^ den ich nicht ermangeln werde am schlusz
dieser studie dem leser vorzuführen, die beiden gelehrten würden
mir übrigens sicherlich zustimmen, wenn ich nun behaupte, ihr
finanzminister müsse neben oder unter sich noch, wie wir beute
sagen würden, fachminister gehabt haben, ja muszl einen stab
von theoretisch vorgebildeten und geschulten höhern und niedem
beamten: denn das musz jedem einleuchten, dasz auch die riesigste
arbeitskraft eine solche fülle von geschäften, wie ich sie für meinen
Vorsteher in anspruch genommen habe, zu bewältigen nicht im
stände gewesen ist. aus Aristophanes lernen wir diesen stab von be-
amten zum teil kennen; es sind die 100 Schmeichler, die, wie der
dichter in seinem giftigen nachruf an den eben gestorbenen Kleon
in den Wespen 1033 sagt, um das haupt Kleons züngelten : dKQTÖv bk
KUKXqj K€q)aXai kcXcikijüv ol)LllJüEo^^vuJV dXiXM^vTO | Tiepl Tfjv k€-
q)aXriv. einer von ihnen, und zwar, wie ich vermute, der höchste
Unterbeamte im stabe Kleons, ist der von Aristophanes schon in
den Acharnern bis zu den Vögeln hinunter vielfach angegriffene
Kleonymos, der schildwerfer, der grosze kolakonjmos, wie er in den
Wespen 593 sagt (ö fi^TOC OÖTOC KoXaKiuvufioc dcTribaTioßXric, der
dem volke schwört, er werde es nie verraten, werde immer für das
ttXtiOoc kämpfen; und dieser ist es denn, von dem Bdeljkleon, der
Jahrbücher f&r class. philol. 1898 hfl. 8 a. 9. 35
546 HMüller-Strübing: Btudien über die yerfaMung toq Athea
oppositionsiDaünf zu seinem vater sagt, dasz er und seine collegen
den ertrag der tribut© der btindner, aus dem zwanxigtausend bürger
reicblicb ernäbrt werden könnten, zu ibrera nutzen verwenden,
^denn du, vater, wählst sie ja, dasz sie über dich herscben* i cCi TOp,
iD ndT€p> auToiic äpx^iv aip€T cqutoö (v. 667)* 'so lebst du denn*
sagt er später (v. 687) 'in der reinen Sklaverei: denn ist das nicht
Sklaverei, dasz diese sämtlich in amt und würden sind, und dnss
ihre KÖXaK€c sold erhalten, während du dich m.li drei obolen ab-
speisen lassest'?' aas diesen stellen vermute ich nun, dasz diese unter*
beamten, wenigstens der vornehmste unter ihnen, vom volke gewählt
wurde als gehiife und^ wenn es nötig war, als zeitweiliger Stellver-
treter des 'ersten vor&tehers des volks*, wie ihn Thukydides einmal
nennt(Vni89if^ruJviZ:eTO elc fe'KacTOc outöc irpÄTocirpoCTaTric
TOÖ bfi^ou Y^V^cOm» was doch mindestens auf noch einen, einen
zweiten TTpOCTdiTiC TOÜ br^ou schlieszen läszt); ich vermute ferner,
dasz dieser zweite beamte, der im falle der bebinderung des ersten,
also Kleons während seiner ab Wesenheit in Argos und später wäh*
rend seines zuges nach Pytoa, dessen stelle in der buie vertrat (und
ein solcher selbstverständlich vom volk bestellter Stellvertreter
muste da sein, wie ich abermals mit einer petitio principii be-
haupte) — also ich vermute^ dasz dieser zweite beamte identisch
ist mit dem ävTitpctcpeuc, dessen existenz allerdings für das fünfte jh,
nicht bezeugt iät, der aber bei Äiscbines und Demostbenes gelegent-
lich vorkommt und auszerdem beiden grammatikern. bei Äiscbines g.
Ktes. 25 beiszt es: npÖTepov |itv Toivuv, Ji *AOTivaiot, dvTiTpO(p€uc
f)V (nemlich Ktesiphon) x^ipOTOvriTOC T^ nöXti, Öc KaQ* €KdcTiiV
TipuTaveiav dTreXoTiCeTO tdc irpocöbouc tlu bii^ip. aus den stellen
bei Demobthenes (g. Androt s. 615 und g. Timokrates s. 755) er*
fahren wir auch nichts näheres über ihn. wichtiger ist schon ^ waa
Harpokration Über ihn sagt; birrol hk f^cav dvTiTpacpeic, ö ^i^v Tfjc
bioiKficeujc, uic cprici OiXöxopoc, 6 hi ifjc ßouXf[c, ibc 'ApicTot^Xiic
tv 'AOrivaiuJV ttoXitcicji. dazu sagt Gilbert s. 229 anm.: 'nach diesen
werten hatte ofTenbar Aristoteles sowohl wie Philochoros nur von
6inem dvTiYpaq)€UC gercdeti allerdings mit verschiedenem titel, waa
Harp, oder seine quelle veranlaszte zwei dvTtxpQcpeiC anzunehmen.^
das scheint mir hfichöt einleuchtend trotz Busolts Widerspruch ^ der
das unwahrscheinlich findet (ao. s. 161 anm. 2). und dann sehe ich
durchaus keinen grund , der uns hindern könnte die existenz dieaea
beamten auch schon für das fünfte jh, anzunehmen, ich habe aus-
führlich Über diese frage gehandelt in meinem Arisiophanes- buche
8. 268, will aber den leser nicht mit einem hinweis darauf bemühen,
ihm vielmehr das hauptresultat, zu dem ich gelangt bin, kurz an-
geben in den werten Starks, des bg, von KFHermanns lehrbucb der
gr, antiq,* (1875). dieser sagt in den ergäozungen s 875 anm. I7i
'den dvTiTpot^eiic xnc bioiKilC€U)c, welcher nach Ai^chine^ g. Rtes. 25
gewählt wird, faszt M.-Str. nicht als vorgesetzten controleur de«
achatzmei&ters, wie dies Schümann gr. alt, I s« 421 thut [und auch
während des peloponnesiechen krieges. I. 547
Böckh staatsh. I 235 f.], sondern als Trdpcbpoc und Stellvertreter des
Tafiiac , der dann vielfach in der folgenden finanzperiode zu diesem
amte gewählt wird.' auch über diesen letzten satz, der durch kürzung
meiner ausftthrungen schief geworden ist, will ich hier nicht rechten,
vielmehr mit genugthuung anerkennen, dasz Stark meiner auf-
fassung beizupflichten scheint, wenigstens erhebt er keinen Wider-
spruch, dieser kommt erst in den schluszworten der note: ^dasz er
(der dvTiTpotcpcOc) alle jähre und nicht auch auf eine periode von
vier Jahren gewählt sei, ist eine durch nichts begründete Vermutung.'
ja^ dann hilft das nicht; dann musz ich doch wohl versuchen diese
Vermutung aufs neue zu begründen, zumal da mir viel daran liegt
und ich sie brauche, um neue, freilich auch nur Vermutungen darauf
zu begründen.
Ich habe also damals gemeint und bin dieser meinung noch
jetzt, es sei im höchsten grade unzweckmäszig gewesen, wenn das
volk seinem Vertrauensmann, dem für eine penteteris gewählten
prostates einen beamten, auf dessen collegialische mitwirkung er
rechnen muste, der ihn im behinderungsfalle sogar vertrat, durch
eine wähl ebenfalls auf vier jähre zur seite gestellt hätte, an den er
dann, wenn mishelligkeiten unter ihnen ausbrechen sollten, wenn
meinungsverschiedenheiten sich einstellten, während seiner ganzen
amtsdauer gebunden war, und dessen er ohne positive absetzung
des letztern nicht ledig werden konnte, die gefahr solcher Zerwürf-
nisse war immer da, aber sie wurde gemildert durch das bewustsein
des Unterbeamten, dasz in absehbarer zeit seine amtliche Stellung
von selbst ablief und er sich einer Wiederwahl unterwerfen muste,
während sein vorgesetzter im amte blieb; ja mir scheint dasz durch
eine gleichzeitige wähl der beiden höchsten civilbeamten für die
gleiche amtsdauer von vier jähren der unterschied zwischen ihnen
zu sehr verwischt wurde, mehr als für die autorität des letztern und
für die beamtendisciplin, der man auch in einem demokratischen
Staatswesen nicht entraten konnte, heilsam gewesen wäre, übrigens
glaube ich dasz man in Athen gar nicht lange vor aufführung der
Bitter in dieser hinsieht üble erfahrungen gemacht hatte, ich meine
in der fast anarchischen zeit gleich nach der vorübergehenden besei-
tigung des Perikles im hochsommer von ol. 87, 3 , am ablauf einer
vierjährigen finanzperiode. die stelle des prostates , die so eben , da
nach der absetzung des Perikles kein Oberbefehlshaber, kein mili-
tärischer dictator an seine stelle gewählt war, ihre frühere bedeu-
tung wieder erlangt hatte, war also neu zu besetzen, und ich glaube
— allerdings nur auf die autorität der Aristophanischen Ritter —
dasz damals Eukrat^s, der werghändler und mühlenbesitzer, zum
prostates gewählt wurde: ßi. 129 *es wird zuerst ein werg- und
hedehändler sein, der die geschäfte dieser stadt verhandeln wird/
so verkündet das von dem ersten sklaven vorgelesene unfehlbare
Orakel, ^da haben wir also einen händler' sagt der zweite sklave.
'was nun weiter?' das Orakel sagt: 'nach ihm wird als zweiter
86*
548 HMüller-StrübiDgt studien über die verfaBsung von Athen
händler ein scbafbändler kommen.' Ma baben wir also zwei händler%
88gt der zweite bklave 'was wird mit diesem geschehen?' ''er
herscht' Bagt das orakel 'bis ein noch nichtswürdigerer auftritt,
dann gebt er zu gründe: denn sein nacbfolger ist der lederbändleri
der Paphla^oDier,' hier haben wir also ein durchaus zuverlässiges
7.eugßis dafQr^ das2 der erste händler, Eukrates^ durch den zweiten»
Lyaikles, aus der herschaft verdrängt worden ist ich will nun dar-
legen» wie ich mir den gang der dinge vorstelle- es ist ja allgemein
bekannt und unbestritten, dasz damals, im hochaomraer 430, als
Periklea m eine hohe geldstrafe genommen ward, ja, wie Piaton
gagt, um ein haar züm tode verurteilt worden wäre, die stelle des
prostates ftlr die vierjährige finanxpcriode von ol. 84» 3 neu 2u be-
setzen war. ist es da nicht durchaus begnafltcb, dasz das volk,
gerade wie acht jähre später, beim unerwarteten tode Kleons (diTO-
püjv ö hr\iioc ^iTiTpOTrou xai f^MVÖC oiv) in seiner leidenschaft-
lieben aufregung einen entschiedenen gegner des Perikles, der sich
wahrscheinlich bei den angriifen auf diesen besonders hervorgethan
hatte, zum Vorsteher wählte? das war nun dem orakel zufolge
Eukrates, der hedehändler, der erste händler, dh, der erste Vor-
steher aus den rein bürgerlichen kreisen, dieser bat also damals
«ein amt angetreten und es vor der band, so viel wir wissen, ohne
jerwOrfnis ruhig verwaltet aber dauern konnte das nicht, denn
Thukydides berichtet, dasz nicht lange nachher ein Umschwung in
der Stimmung des volks eintrat, was sich dadurch kund gab, dasz
sie, die Athener, Perikles zum Strategen wählten und ihm wieder die
Icitung des gesamten Staatswesens anvertrauten (II 65 öcitpov b*
au6ic oü noXXuj, öirep qjiXei 6)iiXoc iroitiv, CTpairiTÖv etXovTO
Kai irdvia rd npaTpciTa ^neTpcqiav). ich verstehe dies bo, dasz die
Athener ihm die Stellung zurückgaben , die er vor der katastrophe
bekleidet hatte, db, ihn wieder (auöic) ium Oberbefehlshaber wählten.
zwar wurde dadurch die officielle amtsthätigkeil des Eukrate» äuszer-
lieh schwerlich beeinträchtigt : denn die rein administrative tbätig-
keit der bule und ihres officiellen beirats niuste ihren ungestörten
fortgang haben, auch unter der dictatur; aber dennoch musz nach
diesem Umschwung der volksgesinnung, wie wir sagen der Öffent-
lichen meinung, die ganze Stellung des Eukrates eine höchst scbwie*
rige, unerquickliche, auf die dauer unhaltbare geworden sein, der
gegensatz zwischen dem alten und dem neuen curs musz sich auch im
rate geltend gemacht baben, und sicher konnte Eukrates nicht seinen
gegnern das stolze wort Kleons (v, 3i)ö) zurufen : oü b€boix* U^ÖC Ituc
Sv Zfji TÖ ßouXeUTripiov — 'ich fürchte euch nicht, so lange der rat mit
mir einig ist\ worin er klar ausspricht, worauf die gan/e macht des
prostates beruhte, und so brach der conflict aus, in den nattlrlich aacb
die unterbeamlen des ersten prostates verwickelt wurden, wann und
bei welchem anlasz, das will ich sogleich untersuchen; hier nur so
viel, datsz der hedehändler ohne zweifei durch die ent Scheidung des
demos in der ekklesia beseitigt wurde und «ich iu die kleien zurück-
während des peloponnesisclien krieges. I. 549
zog, in seine mtihlenwirtschaft, wie der dichter 8agt(v. 254) EuKpdrnc
f q)€UT€V €Ö9u TÄv KupTißitüV (elc fix^PO Kai xvoOv, wie es in einem
fragment der im j. 426 aufgeführten Babjlonier heiszt). wenn das
richtig ist, so hätten wir dann hier ein historisches praecedens für
die absetzung des Paphlagoniers in unserm stück, dem ja auch weiter
nichts geschieht, und dem es gestattet wird als Privatmann seine
schmutzigen geschäfte ruhig weiter zu treiben, möglich übrigens,
dasz sich der demos aus diesen Vorgängen eine lehre gezogen hat
und dasz es die erinnerung an sie ist, durch die er zu dem ent-
schlusz gekommen ist, den er v. 1128 ausspricht: ßouXo)üiai Tpd-
(p€iv 2va TTpoCTÖiTTiv — er will nur 6inen vorstand sich halten, er
will nicht etwa seinen neuesten günstling, den wursthändler, zu
einem dem lederhändler untergeordneten Vorsteher machen, das
gäbe nur Zänkereien, nein er will nur 6inen prostates haben, den er
zerschmettern kann, sobald er sich vollgeraästet hat, wie er es mit
Perikles gethan hat: denn an den denkt er ganz gewis, wenn er
y. 1130 sagt: toötov bi (töv irpöcidTTiv), ßiav ^ ttX^ujc, äpac dird-
TaEa. und das war gar nicht un weise: man erinnere sich nur an
das was Thukydides sagt VIII 89, 4: i^TU^viZ[€TO ouv elc ?KaCTOC
auTÖc irpuiTOc irpocTaTnc tou br))Liou T€V^c6ai. es hat also mehrere
Vorsteher gegeben, wenn auch natürlich nicht von gleichem ränge,
wenn nun das orakel sehr bestimmt von dem zweiten händler, dem
Schafhändler Ljsikles sagt, nach der beseitigunj^ des hedehändlers
werde er herschen, bis der noch schlimmere lederhändler ihn stürze,
so muBz Lysikles damals die unentbehrlichen Functionen des Vor-
stehers auf dem ßf^fia der Pnjx wie im buleuterion ausgeübt haben,
wahrscheinlich ist er, der bisherige zweite Vorsteher, ganz ver-
fassungsmäszig in die stelle des ersten hinaufgerückt, dürfen wir
uns die sache vielleicht so vorstellen, dasz Lysikles schon in der
mit dem j. 430 ablaufenden prostasie des Perikles dv T^ clpifjvij
die stelle eines der höhern unterbeamten bekleidete, vielleicht zu
den freunden und gefährten gehörte , wie Charinos , Menippos ua.,
durch die Perikles nach Plut. Per. 7 die laufenden geschäfte behan-
delte? hätte er sich dann in dieser Stellung einen guten namen ge-
macht und Popularität erworben (und ich kann mir nicht helfen, ich
kann mir den freund der Aspasia nicht anders denn als einen milden
und liebenswürdigen mann vorstellen), so ist es gar wohl denkbar,
dasz er bei der neuwahl im j. 430 neben oder vielmehr unter dem
neuen prostates in seiner bisherigen Stellung belassen , dh. wieder-
gewählt wurde, warum nicht? die erbitterung des demos gegen
den Strategen Perikles (tö bk ^^tictov, T^öXe^ov dvT* elpnvnc
fxovrec) war ja nicht notwendig auch gegen die civilbeamten ge-
richtet, die unter ihm gedient hatten, es wäre also ein compromiss
zwischen den sich bekämpfenden parteien zu stände gekommen:
denn wir dürfen wohl annehmen, dasz Perikles auch damals noch
einen starken anhang in der bürgerschaft hatte, wie ja der plötzliche
Umschwung in der Stimmung des Volkes klärlich beweist, aber frei-
550 HMOHer-Strübing t stndien über die TerfaiBong ron Atlien
lieh , ein auf die daner haltbarer zustand konnte durch solche com-
promisBC unmöglich geschaffen werden, der coößict muste ausbrechen,
was ja auch, wie wir gesehen haben, wirklich geschehen ist ich
habe vorhin gesagt , es sei zu untersuchen , wann und bei welchem
anlasz der rücktrttt, db. die abaetzung des Eukrates erfolgt sei]'
aber was ist da viel zu untersuchen? es liegt ja auf der hand, da
es geschehen ist, als Kleon mitgUed des rata war, und daaz sein auf-
treten die katastropbe veranlasset hat, wann? dasz Klean sein amt
als buleut im hochsomraer 428 (oL 88, 1) angetreten hat, das ist von
Buaolt (im Hermes XXV s. 640) richtig erkannt, der aber sonst die
stelle in den Rittern, auf die alles ankommt, gSnzlich mis verstanden
bat. ich setze die stelle hierher^ musz aber daran eriDnern, dasz die
Athener im winter 428/7, weil ihre geldmittel durch die belagerung
von Mjtilene erschöpft waren, die erste ekqpopä, db. die hdchst un-
populäre directe Vermögenssteuer ausschrieben (Thuk, III 19).*^
nun rühmt sich Kleon in den Rittern v. 774: wie könnte, o volk,
ein bQrger dich mehr lieben als ich,
8c TTpu/Ta M^v f^viK* ^ßoijXeuöv coi xp^Mo^tq ttXcTct* dtTtöeiEa
iv Tlfl KOIVA, TOUC ^X^V CTpCßXÜJV» TOUC 6* ^TX^J^V, TOUC b^ fietatTiliv,
ou qppovTiCmv tuiv ibttunjuv oubevöc, €1 coi xcipioifir)v*
dazu sagt nun Busolt (ao. s. 640) ^die Athener schrieben die erste
ekqjopd zu anfang des winters 428/7 ans. dieselbe ist also im
wesentlichen in diesem winter zur erhebung gekommen, auf die
rticksicbtölose eintreibung einer eicq>Opd bezieht sich, wie mit recht
allgemein angenommen wird, Aristoph, Ritter 774.' allgemeial
das ist nicht richtig, und wäre es, so wäre es doch falsch, denn XPH'
^axa nXeiCT* änibeiEa beiszt nicht und kann nicht heiszen Uch habe
dir geld in den schätz geschafft' sondern nur, wie Gilbert (bei-
trage B. 131} abersetzt, 'der ich dir, als ich buleut war, einen sehr
bedeutenden geldbestaDd im schätz nachgewiesen habe', und so
sagt auch Beloch (att. poHtik s. 335) : 'dasz Kleon in einem jähre
vor der aufTührung der Bitter im rat gesessen hat^ und zwar ala
leitender rhetor [I], kann nicht bezweifelt werden und wird auch
allgemein zugestaoden, das CTpeßXeiv, ditX^iv und iietaiTeiv, dessen
sich Kleon hier rühmt, bezieht sich doch offenbar auf die eintrei-
bung vonsteuerrUckstKnden [ich setze hinzu von Pachtgeldern,
bergwerksgebilhren , und was es derartiges sonst sein mochte] , bei
der Kleon mit ähnlicher rücksichtslosigkeit vorgegangen sein ma^
wie Androlion nach der Schilderung des Demosthenes im j* 356/5**
BO Beloch , im ganzen richtig , aber das gieng denn doch nicht so
glatt ab| wie er sich vorzustellen scheint, zwar den nachweis, daat
■1^ ich meino die erite eisphora wührend dieset kriegen, nteht, wie
B5ckh ioterpretiert (er »»^t auBdrückltch 'uro Thakydidei ta retten'),
die erste €lcq>opd iibcrhfttipt, ich berufe mich duftir nuf die viel Illere
iDschrift CIA. I S2B, wo es beisst, es dürfe keine ctccpopd beantragt
werden ohne vorber bewilligte dbcta. da» ^eagi doch wohl för die tin-
popaUrität dieser finanzmndzregeK
während des pelopoDnefiisclien krieges. I. 531
im Staatsschatz bedeutende summen, XP^M<^TOi irXciCTa, vorhanden
waren, die nur flüssig gemacht zu werden brauchten, um der flnanz-
not abzuhelfen und vielleicht die ganze ausschreibung der ciccpopd
als überflüssig erscheinen zu lassen — diesen nachweis konnte Kleon
als buleut führen, aber mit dem CTpeßXeiv, dyx^^V usw. hat es doch
eine andere bewandtnis: das konnte er nicht als buleut ^ dazu hatte
der rat selbst nicht die befugnis , noch konnte er sie einem andern
übertragen: hier muste der souverftn, die ekklesia selbst einschreiten.
Kleon hat also die bisherige Verwaltung, die so grosze summen von
Steuerresten hatte auflaufen lassen, vor dem volk der Schlaffheit, der
pflichtwidrigkeit, der liederlichkeit geziehen, die antwort des Sou-
veräns war die Weisung an den bisherigen prostates sich in seine
mühlenwirtschaft zurückzuziehen, dh. die absetzung des Eukrates,
ganz wie es das orakel verkündet hatte (s. oben), nun nennt aller-
dings das Orakel nicht den Paphlagonier, durch den doch Eukrates ge-
stürzt war, als dessen unmittelbaren nachfolger in der herschaft, viel-
mehr den schafhändler Lysikles — ist das nicht ein Widerspruch mit
meiner darstellung? doch nur scheinbar, betrachten wir zunächst
die thätigkeit deren Kleon sich rühmt, das CTpeßXeiv, StX^iv usw.,
wie konnte er die ausüben? doch nicht einfach als buleut, wie ich
schon oben gesagt habe: dazu muste er besondere vollmachten haben,
und wie er die erlangt hat, darüber gibt uns die von Beloch, auch
von Kock , citierte stelle aus der rede des Demosthenes gegen An-
drotion die erwünschte auskunft. der kürze wegen führe ich die
betreffende stelle hier an nach Westermann (in Paulys realencyclop.) :
*um den erschöpften Staatsfinanzen aufzuhelfen, beantragte Andro-
tion [ol. 106, 1] die eintreibung von 14 talenten steuer-
resten" vom jähr des Nausinikos her. der antrag ward ge-
nehmigt und mit Umgebung der ständigen behörden auszerordent-
licher weise zu diesem zweck eine commission von zehn männem,
Androtion an der spitze, auf ein jähr ernannt und mit aus-
gedehnten vollmachten versehen, mit unerhörter strenge vollzog
Androtion diesen auf trag, indem er in begleitung der elf männer
und ihrer knechte in die häuser derer, die mit ihren steuern im
rest geblieben waren, eindrang und jeden der nicht auf der stelle
zahlte festnehmen und ins gefängnis werfen liesz' usw. haben wir
da nicht ein schlagendes praecedens für das thun und treiben Kleons
in der zeit von der wir hier reden ? natürlich nicht im chronologi-
schen sinne , vielmehr umgekehrt, denn die attischen Staatsmänner
^* ^nichts neues unter der 8onne% auch unter der athenischen sonne
nicht! vor einigen ta^en las ich in der Kölnischen zeitung in einem sehr
ben ans Athen die notiz, das neae ministeriam habe dem könig Eor 18;
der finanzkrisis einen plan vorgelegt, wonach die eintreibang rli
ständiger steuern in aussieht genommen sei. es ward hinEUfi
man berechne den ertrag auf 5 millionen drachmen; die höh* «
summe erkläre sich aus den parteiverhältnissen — was auch Ea !
zeit der fall gewesen sein mag.
552 HMülkr-StrübiDg: ßtudien über die verfasauiig vod Athen
in der mitte des vierten jh. kannten die gescbicbte der vorfabren
ganz wob], und wie zb. Äiscbines (trugges* § 76) dem Demostbenea
vor wirft I er habe sieb den leiermacber Kteopbon zum vorbild ge-
nommen, so zweifle icb gar nicbt dasz Androtion, der scbüler des
löokrates, der künftige bistoriker (s, Schaefer Demostb. 1 s* 317)
diese politiscbe erBtlingslbat dea berübmten gerbers wobl gekannt
hat, und dasz ibn, wie man wobl zu sagen pßegt, die lorberen Kleons
nicht seblafen lieszen. aus der Androtionsttlle scbliesze ich daher,
dasz auch damals auf Kleons antrag dad volk eine commission von
zehn männern ernanut (^XecSai beVa dvbpac, 4Va €K (puXtjC beiszt
es in der Brera-urkunde) und unter Umgebung der ständigen be-
hörden mit ausgedebnipn vollmachten verseben bat al3 obmann
dieser commi&sion wird Kleon sieb wohl bald überzeugt baben^ dasa
jene nacblässigkeit und schlafflieit, wegen der er den Eukrates de*
nunciert, die ganze Verwaltung ergriffen hatte — denn es ist ein
richtiges wort, das Xenophou sagt (TTÖpoi § 4)r ifuj touto dei ttot€
vo^itoi^ ÖTToioi TiV€G öv Ol npocTüTai iLci, Tocauiac Kai tqc ttoXi-
TCiac — dasz ea sich abo nicht blosz um die eintreibang rückstän-
diger steuern und sonstiger schulden von säumigen bürgern bandelte,
dai^z vielmehr auch in den beziebungen zu den bundesstüdten sich
ähnliche nacblässigkeiten eingeschlichen hatten, dasz also anch rück-
atändige tribute einzucas^äieren waren« wenn dann Ljsiklefi, wie ich
oben vermutungsweise ausgesprochen habe, schon unter Periklea
mit den Städten in geschäflßverkebr gestanden hatte, so lag es doch
sehr nabe, dasz der neue obmann der flnanzcommission, der übrigens
damals im winter 42^/7 noch buleut war, gerade für diesen Lysikles
beim yolke den befehl über ein gescbwader von fiscaUscben schiflfen
beantragte zum schütz der vom volk gewählten iKXotcic, der ein-
treiber, und wenn es nötig war, auch zur anwendung von gewalt
(Ri. 1071 vaöc ^Kdcxote | aiTei taxeiac dpTUpoXÖYOuc oiiToci, der
Papblagonier). dasz das nun nicht gerade ein kinderspiel war und
dasz dietie dKX0Y€ic ihren auftrag in der tbat mit ernst und strenge
ausgeführt haben, das beweist eine äuszerung unseres dichters, der ea
sich in den Acharnern zum verdienst anrechnet (v. 642), er habe fn
seinem vorjährigen stück, den Babyloniern (aufgeführt im winter
426) dargestellt, wie schmählich die bundesstädte von der demo-
kratie behandelt werden (kqi touc b^pouc iv TQic TTÖXeciv b€(£ac,
ibc br)pOKpaTOuVTai). dies kann doch auf nichts anderes sich be-
liehen als auf die tbtltigkeit des Ljsikles mit ireinem gescbwader.
sonst erfahren wir nichts über ihn als dasz er geld einsammelte, in
Karlen landete und bei einem zöge landeinwärts mit vielen seiner
leute getötet ward, gerade über Ljsikles hätte ich nun manche ver-
kehrte ansichten zu bekämpfen, aber das mu^z ich mir für einen an-
dern Zusammenhang in der fortsetzung dieser studie aufsparen» ond
auch Kleon musz ich für jetzt verlasüen* dasz er in seiner Stellung
als obmann der commission nicht viel andere zu werke gegangen ist
als später sein nochfolger Androtion, da^ können wir schon ans
während dee peloponnesiscbeD krieges. I. ^i>\
unserer Bitterstelle abnehmen, aber auch eine &osx«niD(( d#4 i;^
Schichtschreibers Thnkydides wirft meiner meinung nach «in «tr<t,f-
licht auf seine damalige thätigkeit. denn bei gelegenheit der debatr^
über das Schicksal der Mytilenaier im hochsommer 427 (ob noch
ol. 88, 1 unter Diotimos, als Kleon noch buleut war, oder gleich
nach anfang von ol. b8, 2 unter Eukles, als die neue bule eben ins
amt eingetreten war, das lEszt sich nicht entscheiden) — damaU
also führt ihn der geschichtschreiber das ers^te mal seinen lesem vor
(III 36) : KXeujv ö KXeaiv^TOu, öcircp xai xfiv rrpoTepov biViva\\üi\
üjcTe dnoKT€ivai, luv xai de tci dXXa ßiaiÖTaioc tvLv ttoXi-
Tiliv Tiu T€ bfijiui Tiapä TioXu dv Tuj t6t€ TriOavaiTOTOC aläo
Kleon hatte nicht blosz den harten Tolksbf:«chloäz g*rg»n die Mjti-
lenaier durchgesetzt, sondern er w^r auch In den &on2>%n dingen
der gewaltthätigste der bQrger, nnd zc gleich \a\zl, 7oLk 'i^^r r.<L
weitem einfluszreichste mann, wodurch har.t« r^cir. n.n K.e^^n d.<»t>n
ruf der gewaltthätigkeit verdieLt? d>:h cff*co=*r i\:\c. l'** 'cAriu^-
keit, die er als yoräteher dereintre/oec^.rcxisäi'.L cr;Ai*ilrt. ^^•jj't
usw.) ertwickelt hatte, und dabei ist ei L^r.i*, cf-ir^vr-t-^^^A t**/.
Kleon, der in dieser mjtileniscben debat*^ W.Ltt, -»...^i ty.r.", ';-..".i-.-
gesetzt hatte, der es vielmehr erleben m^^iVt, c^z ".;» y'..i >ii v.^
seinen antrag geiaczten gewal*.:L£:i/e& ber«/:i:..*-z 'ytvi..>rv, , rvz
dieser parlamentarischen Lle<:er.4;/e .n »^Ilw <v*.-.r.y iiH ■:*• '>»-.n
Volke bei weitem einflLszre;cLr> elacs k*!i;^ *.ti4.- /".iy *-.,•- ^^
wird schon dadurch bewie^s^n. dA>z üä t'..* ..vn - ;; ,Ar.- -sirv.? ?:•*.•
die mit ol. 88, 3 (42Cj be;/innend« i.er.i.'.-,/* r.i*&/:Är..v:.* -i^
penteteris, zum pro-states erwiLl*.« w».^ »pivr i..*fl.-.-...ir. -.•*,-• .«»^ati
werden soll), und bestätigt wir'i e^ ^: -r-x 7 ;. ••x/-; •-:<•< -S^r ..-..i » i».>-
ein jähr später , im hocb^.crcmer 42.',. v:.r.^.r, ..»VTTr. 7v.-flr.r -^ ^>»^
debatte über die frieden.nvorJicr.U;^e --r F^<^.:;i..v.-,n>ir .'.-w/. -t^^ >:-
festigung von Pyloä, mU den worten IV 21 ^ u/VAi/i-n V? "i-^-v^ « /^"f
KXdujv 6 KXeaiv€TOu, ävfip br)uaf'x*"roc ^ar ^/^iV/V/ rv/ jy'/r/ß
ujv Kai Tip TiXriOei TriöavuÜTaTCC. ^.ene ^v,..*^ ,-*, 7',n A^-i»*vn ;f'^-
lehrten verdächtigt und von clf-n ffo.Un<':em ;ferA4pz«> vr.er, ■*!'*. j^jn,
rend Stahl (in der kleinern Foppo-fch^-n aiiifif*r^^ aih /.*r. 7*r*A-,»-J.jfr..
ich finde die subätiluierung dea (ivrip fcrpcrf'i/fvc 'f*if '1*^ ff'lrt<»r ;fp-
brauchte ßiaiÖTOTOC Tuüv ttoXitÜjV .^ebr /ihit'-4icf^.r.-*i-/*h : -l-nn .^b
meine, der geschieh tüchreiber hat nach v»/in**T ;(^w%r.nf.*'.- ■i-fr*»>f
hindeuten wollen, die frfihere tarh^iWre. ha»-, r^v.i -.^r.r.j;.- • *r.vit;^-
keit Kieons habe aufgehört and rier verf-wH-.njf-nr.H-y ;(^n /»»••••m-
keit als vom volk gewählter föhrer. fVr.. aU pro^Ut^-^ p:**/ /^^nrn'^h*'.
Hier breche ich für jet/t ao, rri .k'/ »»■»♦.f fU^-r» 4^.^ ^'^iri''fn ^^p'»«
8.545 angekündigten mo'^leriieTi j<*a*'Hr,*'Arrit*,ft , rr..^, 'U-r^i .'^W f\on
athenischt-n proitate^* vergleicheti rry/^iir,t^. d»*/» i^^v-rft r^iff^ftff^ft. o-^
ist dies der anter dem titel ^ r '/ j« / p * r« < • '' fi * / / '' ri f Pr » . a a /l
wohl bekannte niedertän'hicbe »tJiAtxM;» //.♦'•. 'i/'prrir,yr;,/.ri ^/«f t^r
ein diener de** bürgerrf.ei-.t/^r^. »ifid '1'* r*»*«^ /'rrt kff**''*f*\'*rtt , f\f^
adsesfcor iurisperitu-, wie ihn lln^^'/ Or'.».»./ #•«/./•♦, ^i'h p'»>fn"»^ fAi
554 HMüller-Strübing: Studien ühav die Verfassung von Athen. I,
in Hollandia procurator, und advocatus generalis genannt, er ward
tOE den sätaaten der provinz Holland als ihr deputierter in die ver*
samlung der geifieralstaaten geschickt (s, Wenzelburger gesch» der
Niederlande IIa. 711). um nun seine politische stellang und be*
fugnis zu charakterisieren^ nehme ich der kürze wegen meine Zuflucht
«u Zedier« universal lexikon (1741) bd. XXVll u. pensionär, wo es
heiszt: *er ist immerwährender deputierter der provinz Holland in
den generalstaaten [dh,, wie wir unten sehen werden, immer nur auf
fünf jähre], hat aber keine stimme, sondern trügt die angelegenheiten
und die materien vor, worüber man beratschlagen soll, sammelt die
stimmen ein, macht und sagt die gefaszten entscblieszungen, wieder-
holt kürzlich den inhalt. er eröffnet alle an die Staaten gerichteten
sehreiben , conferiert mit den In- und auslKndischen minifitem Über
die öffentlichen sachen des gemeinen wesens, und ist verbunden auf
den zustand der finanzen achtting zu geben , die rechte sowohl der
provinz als der Staaten zu erhalten und darauf bedacht zn sein, dasz
allen Verordnungen, welch© das gemeine wohl und den öffentlichen
ruhestand anbetreffen, ein genüge geschehen möge, sein amt er*
fordert auch, dasz er den Zusammenkünften der holländischen ritter-
schaft beiwohne und in deren namen an die Staaten den Vortrag
thue. seine commission eriätreckt sich nicht weiter als
aufdjabre, nach deren verlauf aber die Staaten, wofern er nicht
selbst seine entlassung sucht, ihn ordentlich von neuem auf 5 jähre
bestätigen.* haben wir da nicht leibhaftig jenen untergeordneten
beamten, von dem Fellmer spricht (s. oben s. 534), der durch geistige
Überlegenheit den alles beherschenden einflusz erlangte? ich denke
dabei zunüchst an die berühmtesten Inhaber dieses 'imaginftren amtea'
(wie Gilbert sa^en würde), an Olden Barneveld, der, wie Motley sagt
(bi.^t. of the Unit Netherl, IV s. Ö62), jähre lang eine art von dictatur
ausübte, der gegen den willen des kriegslustigen Moritz von Oranien
den abschlusz des 12 jährigen Stillstandes mit Spanien durchßetzte
(1619). und wodurch wurde dann seblieszlich dieser dictator ge*
stürzt und auf das schafott gebracht? wesentlich durch einen con-
fltct mit den mititAriscben Staatsbeamten unter führung eben jenes
Oraniers. da scheint es mir wohl der mühe wert nachzuforschen,
welche Stellung denn in Athen der neu gewählte bürgerliche cbef
der Verwaltung den militftrbeamten gegenüber einnahm, das soll
im weitern vetfolg dieser Studien verbucht werden.
London. HssMaJUt Müller - SrniJBtNQ*
[ZvL meinem und iicherllcb ziililreicher le^er scHmerzltchem bed«aeni
wird dieser ftufsiiU ein torto bleiben, d«. der vf^ desBelben um li angtisl
d. j. im 82ii lebensjahre ptöUlich gestorben ist. aU er mir äms mser,
fibersandte, b^eeichnete er es aU die erste hülfte seine« ^^UtterariBcheii
teBtHmentQü^ (die cweite eoUte von den athenischen militSrheamten h&n*
dein), wAi es min auch in einem von dem vf. aetbst schwerlich geaUnUn
sinne geworden ist. faave pia aoimal A, F.]
OApelt: zu Platons Politeia. 655
62.
ZU PLATONS POLITEIA.
360^. das moralische facit aus der bekannten Gygesgeschicbte
ist dieses , dasz ein jeder an des Gyges stelle so bandeln würde wie
dieser; wo nicbt, so würde er allerseits für den grösten dummkopf
gebalten werden : drrei d Tic TOiauTTic ^Eouciac ^mXaßöjievoc [ir\b{y
TT0T6 ^0^Xoi dbiKTicai [XT\Te fivpaiTO TÄV dXXoTpiiwv, deXlOITttTOC
jLifev &v böEeiev elvai toic alc0avo)i^voic Kai dvoriTÖTaToc usw.
als der unglückliebste? das folgt aus der Situation gewis nicht, die
vielmehr etwas dem dvoTiTÖTaTOC verwandtes fordert, das aber ist
i^XiGiiwiaTOC. so finden sieb i^XiOioc und dvöriTOC verbunden im
Phaidon 95« dvöriTÖv T6 Kai T^XiGiov öappoc Gapprjcei, und die sub-
stantiva Theait. 176« unö T^XiGiÖTTiTÖc T6 koI rfic kxdxric dvoiac.
473^ T&v hk vöv 7rop€uo)i^vujv xwg\c icp* dKdiepov al iroXXal
cpuceic d£ dvdTKiic dTrOKXeicOuictv. ich halte nach wie vor an meiner
Verbesserung rroXiTiKai für TroXXai fest, für deren richtigkeit
ebenso die forderungen der logik an unserer stelle selbst — die man
sich nur durch etwas nachdenken klar machen musz — wie die
ganzen folgenden ausfübrungen Platons zeugen, nur um zweifeln
zu begegnen, komme ich noch einmal auf die sache zurück und ver-
weise zunftchst auf zwei besonders charakteristische stellen jener
weitem ausfübrungen. erstens 489* dXXd toöc vOvttoXitikoöc
fipxoviac drreiKdZ^ujv olc fipxi ^X^yoiiev vaüiaic oöx d/iapTVicci,
Kai Touc UTTÖ TouTiüv dxprjCTOuc XeTOji^vouc kci lieieiüpoX^cxac
ToTc ibc dXriöuüC KußepvriTaic. zweitens 621 *> fx^ic oöv ßiov dXXov
Tivd TToXiTiKoiv dpxOüV KttTacppovouvTa f\ TÖV Tflc dXTiOivfic
9iXoco(p(ac; Oö [xä töv Aia, fj V öc. 'AXXd ji^vroi beTre )if|
dpacrdc toO dpxeiv l^vai ^tt' aÖTÖ* el b^ jur), ot ye dvTepacral
jLiaxoövxai. TTuüc b' ou; Tivac oöv fiXXouc dvayKdceic Uvai ^ttI
qpuXaKfjv Tflc rröXeujc f| o*i rrepl toutiüv le q)povi)iUüTaToi bi' iLv
dpicxa KÖXic olKeiTai fxouci xe Ti)idc fiXXac Kai ßiov djidviw toO
iToXiTiKoO ; Oöb^vac dXXouc, i<pr\. ganz der nemliche gegensatz der
TToXiTiKoi und q)iX6coq)Oi äpxovT€C, wie in der fraglichen stelle
473 ^, ganz die nemliche forderung der unbedingten ausscblieszung
der TToXiTiKol dpxovrec. selbst der ausdruck erinnert mehrfach an
unsere stelle, vgl. zu dem gegensatz zwischen itoXitiköc und q)iXö-
cocpoc noch Rpl. 496 ^ «. Menon 99 « ff. Phaidon 82 *>. und was den
ausdruck TtoXiTiKai qpüceic (dies letztere wort in concreter bedeu-
tung) anlangt, so steht umgekehrt qpiXöcoqpoc cpucic in concretem
sinne Rpl. 494» Tiva öpoic cujiripiav 9iXocöq)Uj q)uc€i; ein blick
auf die stellen übrigens, wo 9UCIC, wie hier, in dem concreten sinne
*wesen, geschöpf, person' auftritt, dürfte zur genüge darthun, dasz
das wort eine blosze zahl- oder mengenbestimm ung nicht verträgt»
es behält in seinem concreten sinn immer noch etwas von seiner
ursprünglichen bedeutung bei, der zufolge es unter die kategorie
55(5
OApelt: zu Platoiifi Politeia.
TTOiöv, nicht UBter oucla gehört, wird es als letzteres genommeo, 80
kann das nur unter hinzu fügung einer TTOiäinc, einer beschaffenheiis*
besttmmuiig, geschehen, das wird jeder, der etwas sprachliches ge-
fühl hat, leicht herausfühlen: YgL Bpl, 519*^ TCic ßeXTiCTac <püc€ic
öva^Kdcai ^tpiK^cOai TTp6c tö pd9rma. 424* (puceic dtaSai und
lipijceic xpn^^Tai. 495^ cpiKpot (piicic oiibev jitTß oub^TTOie oub€va
oöxe liMtwTTiv otiT€ uoXiv bpd. 435'' xpiTTd ylvr] q)iJC€u>v. auch
588* TraXaial qpüceic dh. wesen wie die Xipaipa» kann verglichen
werden, selbst das iraca in irdca qpucic RpL 359* und Polit, 272*
schlieazt den gedanken an die bcschaffenheit offenbar mit in sich,
das die blosze überzahl der masse bezeichnende a\ TToXXai reicht
also, ganz abgesehen von allem andern ^ schon aus rein ^sprachlichen
erwägungen für die bestimmung von cpucctc nicht aus. ist aber
eine bescbaffenheitsbestiraraung notwendig, so ist iroXiTiKai hier die
einzige^ die einer prÜfung stand hält; und nicht genug damit: sie
wird vom Zusammenhang geradezu gefordert, denn das x^^P'^C
iTOp£uo^€vuJV ^cp* ^KdT€pov lüszt nur das aut — aut philosophi-
scher oder politischer naturen zu» nähme man zb. Madvigs x^Xai
an, so würde die Sinnlosigkeit herauskommen, dasz auch die philo-
sophischen naturen , auf denen doch die rettung der Staaten allein
beruhen soll, auszuschlieszen seien: denn auch sie sind, eben ala
XU)plc TT0p€u6|i€vai, derzeit noch xujXai,
634^ dXXd pfiv Touc T€ cauTou Traibac, oftc tuj XÖTtf» rpccpcic
T£ Köi TTaibeuEic, ei itot6 ^pth^ tpecpoic» ouk Sv ddcmc, ujc eTtiJMciU
dXÖTouc övTac üjcircp TpOMMdc, fipxovTac iv rq iröXei Kupiouc
TüL)V pL€tki\jjy clvai. sehr richtig dem sinne nach schlagt Stallbanra
für dos wundtirliche tP^MMöC vor Ypaqpdc und verweist gut auf eine
stelle bei Pkit. Lykurgosc, 10 dlcTTtp ypCKpi^lV di|JUXOV Kai dKivriTOV,
aber palöographisch wahrscheinlicher ist doch Tpd^^a odt?r Ypdp^ai'
(tpappara). denn dies wort gebraucht Piaton an einer ganzen an»
zahl von stellen in der bedeutung 'bild, gemälde% wie au» Asta
lexikon ersichllicb. so in der Rpl. selbst 472*^ oT€i Sv ouv f|TTÖV
Ti dyaSov luitpdcpov €ivai öc 6v tpdi^ac irapabciYMö olov öv ein
6 xdXXicToc dvBpLüTToc Kai irdvia eic tö TpdMjna kavüüc dirobouc
fifj ^x^ dTTobelEai üjc Kai öuvaiöv T^vecOai toioutov övbpa;
5Ö8''* liest man die stelle mit sorgsam prüfendem blick, so
wird man mir recht geben» dasz TfdvX) *t\ f(pii, T^vvaia nichts taugt
denn für jewaia fehlt jede scharfe beziehung. meines erachtenji
hat man allen grund auch hier der allein maszgebenden hs. A m
folgen, die nicht xtvvaia, sondern T€VvaTa bietet es ist nur nötig
die interpuDction zu ändern, um alles zu voller klarheit zu bringen«
nemlich; ndvu T* ^^H* fewaia Tttötd te bif\, ^(pr^v, Ix'^i 6v Kai
toOtu>v dXXa dbeX9d br)poKpaTta.
Weimar. Otto Avelt*
OKeller: zu Livius. 557
63.
Zu LIVIÜS.
XXIX 27, 12 heiszt es nach den bss. (und so lesen zb. auch
Lucbs in seiner groszen kritiscben ausgäbe, Berlin 1879, und Zingerle,
Prag 1883): uhi inluxit, ventus idem coortus nehula disiecta aperuit
omnia Äfricae litora, Scipio, quod esset proximum promunturiumy
percunctatus cum Pulchri promunturium id vocari audisset^
^placet omenj' inquU *huc dirigUe navis\ bier würde mir Madvigs
conjectur omnibits für omnia sebr einleuchten ; ferner dürfte Livius,
wie ja aucb mehrere bss. bieten, percontatus geschrieben haben, nicht
percundatus\ endlich aber — und das möchte ich jetzt besprechen,
würde ich pulchrum lesen statt des überlieferten Pulchri, denn
mit vollem recht hat schon EHübner an der völlig singulären be-
zeichnung FuLchri promunturium anstosz genommen, bei Polybios
kommt das Vorgebirge wiederholt vor und heiszt xaXöv dKptüTi^piov :
III 22, 5. 23, 1. 4. 24^ 1. ein Vorgebirge in Bitbjnien biesz KaXf|
SKpa, auf Sicilien und Kreta findet sich der name KaXr) ölktt],
KaXaKTTi, auch der einwohnemame Mer Schönküste' KaXoaKTaToc
kommt vor (Grasberger griech. Ortsnamen s. 274). anderseits wird
auch eine kühn angelegte phantasie es nicht wagen den namen des
karthagischen Vorgebirges mit Appius Claudius Pulcher in beziehung
zu bringen, es ist somit im höchsten grade wahrscheinlich, dasz
Livius nicht Pulchri promunturium geschrieben hat, sondern pul-
chrum promunturium = KaXöv dKpujTtipiov. es wird sich nun nur
noch fragen , ob die Liviustradition überhaupt an derartigen fehlem
leidet, wie hier einer vorausgesetzt werden musz, ob — wahrschein-
lich durch abstoszen des randes — sehr häufig 6in oder ein paar
buchstaben verloren giengen und dann teils wegblieben, teils von
den Schreibern aus dem köpfe ergänzt wurden, und diese frage ist
unbedingt zu bejahen, ich habe dies schon bei der besprechung von
Gitlbauers schrift 'de codice Liviano vetustissimo Vindobonensi'
(Wien 1876) in der zs. für die österr. gymn. aufgrund einer menge
von beispielen ausgesprochen ^ welche sich mir bei der lectüre des
Livius ergeben hatten, viele solche conjecturen, die ich nach diesem
princip construiert hatte, sind seitdem, manche auch schon vorher,
auch von andern gemacht und veröffentlicht worden, am allerdeut-
lichsten und raschesten zeigt dies aber Gitlbauers angeführte schrift
selbst, besonders s. 74—79. wir bemerken da, wie aus AB . . ANT
HABEBANT statt aUbanty aus N . . ARE NEGARE statt nudare usw.
hervorgieng. Gitlbauer selbst wollte diese erscheinungen als falsch
aufgefaszte abkürzungszeichen erklären; aber wie sollte sich auf
diesem wege die entstehung Yon petente &us patente, causa aus castra^
nouantihus aus uölerUibus, mütentur aus mütantur, sive aus fide^
putahant aus patebant usw. erklären? nimt man dagegen einfach
den ausfall einiger buchstaben und willkürliche ergänzung durch die
558
0 Keller: zu Livius.
absehreiber an, so ist es klar, wie leicbt aucb aus einem
promunturium ein Fulchri i>romunturiufn werden konnte.
Von den vielen conjecturen gleicher srt, welche ich einst jeden-
falls ganz selbi^tändig gemacht habe, will ich mir hier anhangsweise
ilocb einige erlauben anzufügen, wenn sie auch schon von andern
als ihre erßndung puhliciert worden sein m^gen, so kennen sie doch
in unserm gegenwärtigen zusammenhange falls sie überhaupt beifall
finden» überzeugend wirken und die emendation j>uZc^n4iH (ürPulchri
unteröttitzen*
1) XXVI 30^ 1 permutaiis prömncmSicuU in senatum introäudi
mulia de Hieronis rcgis fiäe perpdna erga populum Bümanum verha
fccerunt, in (se} graiiam puHicam avcrientes, die Siculer ergiengen
sich weitläufig Über die unwandelbare treue des königs Hiero gegen
das römiiiche volk , indem sit» den dank des Staates (der dem HLero .
gebührte) sich zuwenden wollten; vgL Livius II ö a ceteris
üb ignctis capitihus consuUs libcri arnntum in se averterant octtloasj
XXI 20 adeo siolida impudensque posiulatia vi$a esi censert^ ne tfi
liaLiam transmiUant GalU bellum^ ipsos id avertere in se agro
suos pro allenis populandos obicere^
2) X 27, 3 Samnitibus Gallig Eirusäs Umbri adiedi: dies t«
diäa pugnac: Samniti^busy GaUisque delegata pugna inter ip
ceriamen Etrmci Utnbrique itim castra Eomana oppugnare,
3) XXI 4, 7 f. midti saepe militari st^ulo apertum humi iaceniem^
inter custoäias stationesquc militum consj^^rufä. vestUus nihü int er
aequales exceUens; (eadem^ arma atque e^i conspiciebantur, equUti
pedüumque idem hngcprimus erat; princ^ös inprodmm i^bat^ uUin
conserto proelia excedebat, ich will durchaus nicht abstreiten, da^z diel
Worte auch ohne eadem einen recht guten sinn geben, wenn aucl|J
den gerade entgegengesetzten von dem vielleicht von Livius beab
sicbtigten; was mich bewegt ^ die fast selbstverstfindliche und aucb^
schon von andern vorgeschlagene einschiebung von eadem zu befür-
worten, ist dasz die werte, wie sie hsL dastehen, viel mehr Taci-
teiscbes als Livianisches gepräge zeigen würden; ein solch eigen-
tümliches verschweigen des eigentlichen gegen satzausd ruck es (^nur*
oder ^dagegen' oder 'sehr schöne*) und die Zumutung an den leser^
das wort coftsptd in diesem satze anders aufzufassen als unmittelba
vorher, entspricht dem sonstigen leichten und klaren stile des Livinin
sehr wenig, ich glaube, man musz conspiciebaniur hier ebenso über-
setzen wie eine zeile vorher: 'man sah bei ihm (^dieselben^ waffen
und pferde.* das Satzgefüge von vesiUus , • conspiciebaniur entspricht
dann mit seinem gleichartigen Charakter in sich dem folgenden satu*
gefüge eqtiitum . « excedebai,
4) Nach Georges lexikon der Int. wortformen udw. soll bei Liviuii
ein einziges mal vociferare statt des sonstigen vociferari vorkommen;
Liv. X 28, 12 Hertz, man kann noch Liv, VII 12, 14 nacblr
wo gleichfalls (zb, von Alscbefhki) nach den bsa* vociferare gele^a^
wird* beidemal handelt es sich also nur um die palliograpbisch
EDittrich n. AFleckeisen: zu PÜDiüB nat. hisU [Xu 18]. 559
auszerordentlich leichte Verwechslung von e und i. da nun vociferari
•aufgeregt reden, räsonnieren' ein lieblingswort des Livius ist, das
sich sehr häufig bei ihm findet, und da nur in diesen beiden fällen,
wo doch eine verschreibung oder ein verlesen so leicht denkbar ist,
die active form dem archetypus zugeschrieben werden kann , so ist
wohl kein zweifei, dasz wir es beidemal in der that nur mit einem
Schreibfehler zu thun haben , nicht aber mit der äuszerst seltenen
vulgären nebenform vociferare. vociferari steht bei Livius 1) absolut
I 40, 6. m 45, ö. IV 50, 2. X 33, 3. XXXVI 35, 2. 2) mit dem acc.
eines pronomens (haec, guod, quae) III 40, 1. III 50, 10. III 72, 6.
IV 14, 6. V 2, 13. V 6, 16. XXIU 10, 9. XXVI 16, 2. XXXII 36, 1.
XXXIV 25, 11. XL 9, 7. 3) mit dem acc. c. inf. II 65, 3. III 63, 9.
III 70, 5. III 71, 4. IV 1, 6. IV 40, 5. IV 53, 6. V 11, 2. VI 19, 2.
VII 18, 9. VIII 27, 7. Vm 32, 9. VIII 38, 13. X 29, 3. X 35, 13.
XXII 41, 3. XXIV 9, 1. 4) mit ut III 41, 1. VII 12, 14. XXVII 50, 9;
mit ne XXIII 7, 5. 5) mit indirecter frage X 28, 12. XXV 36, 9.
XXXVIII 33, 8. 6) mit directer rede III 52, 6. XXIII 10, 7. —
Über vociferare gibt Georges ao. folgende notizen: ^vodfero Labb.
gloss. 197 (b), wovon vociferat Labb. gloss. 197 (a), vociferant Varr.
r. r. III 9, 5. vociferarent Greg. Tur. de glor, mart. 1, 18 p. 816*.
vociferare Liv. X 28, 12 Hertz.'
Prag. Otto Keller.
64.
ZU PLINIUS NATURALIS HISTORIA.
Mit recht hat AWiedemann (Herodots zweites buch mit sach-
lichen erleuterungen, Leipzig 1890, s. 7) die angäbe des Plinius «. h,
XII 18, Herodotos habe sein geschichtswerk im j. d. st. 310(444/43
vor Ch.) in Thurii verfaszt, als unrichtig zurückgewiesen, dennoch,
glaube ich , ist es nicht nötig mit Wiedemann diese verkehrte an-
gäbe dem Plinius oder seiner quelle zur last zu legen, sondern die
hsl. Überlieferung tunc enim auctor ille historiam eam condidit Thwris
in Italia ist verdorben aus tunc enim auctor illehistoriarum con-
didit Thurios in Italia,
Leipzig. Eugen Dittrich.
Diese mir in obigem Wortlaut eingesandte miscelle interessierte
mich in hohem grade, allerdings erinnerte ich mich dasz schon vor
Wiedemann ein forscher wie AKirchhofiF in einem 1868 vor der Ber-
liner akad. d. wiss. gehaltenen vertrag ^über die entsteh ungszeit des
Herodotischen geschichtswerkes' (2e aufläge, Berlin 1878, s. 2) sich
dahin ausgesprochen hatte, 'weder die angäbe, welche sich bei Suidas
finde, Her. habe die neun bücher seines geschichtswerkes während
660
AFleckeiBen: zu PliniaB not. hist. [XII 18],
seines aufoBthaltes auf Samos geschriebeD, noch die bebauplung des
Flinius, es &ei dies in Tburü um das j. 444 gescbeben, k5DDt€Q aa*
tprucb darauf erheben für echte Überlieferung zu gelten; sie erweiJäen
sieb vielraebr nur zu deutlicb bei genauerem zuseben als blosze und
obenein recbt tüppiscbe und unüberlegte Vermutungen ibrer urbeber»*
aber daran muäte icb doch anfangs einigen an^tosz nehmen, dasz
nach dem obigen Torscblng Herodotos von Plinius als conditor von
Thurii genannt sein soll, wäbrend doch der eigentlicbe auf Perikles
betrieb bestellte conditor bekannt! ich Hippodamoa von Milet war.
indes icb beruhigte mich bald bei der er wägung, dasz unter den
ersten ansiedlern der neuen pöanzstadt neben den berühmten
namen Protugoras, Tisias und Ljsias auch der die genannten an
glänz Überstrahlende Herodotos aus Halikarnass (s, Strabon XIV
§ IS ß. 656 Gas, 'HpÖtOTÖC T€ 6 CUTrpö<P€ÜC, 8v ÖCT€pOV Goüpiov
^KOtXecav hia tö KoivuLjvficai rfic eic Ooupiouc diroiKiac, und vgL
ECurtjuB griecb. gesch. II* s. 2ö3) sich befand, und wenn die samt»
lieben ersten ansiedler einer neuen colonie von den Griechen Kticrai
genannt worden, so konnte wohl auch Plinius oder seine quelle mit
einer leichten ungenauigkeit des ausdrucks von dem berühmtesten
der KTiciai von Thurii sagen: condidU Tkurios, was nun aber die
bsl. Überlieferung betrifft, so steht in allen vor J855 bekannten hss.
allerdings historiam eam (was soll hier das eam? wenn noch wenig-
stens suam dastände!); aber In dem genannten jähre ist der nach
seinem entdecker benannte Monescbe palimpsest aus dem ö/6n jb,
mit teilen aus buch XI^ — XIV der nai. hist, im sechsten bände der
groazen Silligschen ausgäbe veröffentlicht worden, und dieser (worauf
mich mein freund KMayhoff aufmerksam matbt) bietet s. 86 z. 8 f.
unzweideutig bISTORURUM CONdIdIT ThURlS (eine Variante die
durch ©in leidige.s versehen in den beiden neuesten Plinius-ausgaben
nicht vermerkt worden ist): eine glänzende bestätigung der obigen
conjectur meines geehrten mitarbeiters. auch die Bnderunjj von
TbURlS in Tkurios findet eine bestätigung in Mones proleg. s* XVIU^
WD unter mehrern li^aluren am wortende verzeichnet ist 8 (05)
p. 90, 3, wo AdNlXS steht >=« adnixos. wie leicht konnte dies kleine
häkchen in der untern hftlfte des 8 üherseben werden! auch die les-
art in a (E) Thurius führt auf Thurim, — NacbtrÄ^ilicb bemerke
icb noch, dasz der titel icxopiai (neben Ictoptiic diröbeEic) für
Herodols geschieh ts werk bestätigt wird durch Saidas u G6Ö^TO^Troc:
ftp^H^tV dlTlTOpflV T(Lv 'HpobÖTOu ICToptiwv ^v ßißXioic ß*. ob-
gteicb dieser nach weis für Plinius eigentlich überflüssig ist: be-
zeichnet dieser doch auch XXV H Xantbos, den verfA^^^er von
AubiaKd, und XXX VI 36 Kallisthenes, den Verfasser von 'CXXnvticd
und TTcpciKdi erstem als historiamm audür, letztern h\^ hlstoriarum
scripior — eine notiz die ich gleichfalls meinem oben genannten
freunde Majboff verdanke.
DufiSOEH. Alfred Flbckeiskm.
CSchirlitz: die fünf erbten reden in Platons Symposion. 561
65.
DIE REIHENFOLGE DER FÜNF ERSTEN REDEN
IN PLATONS SYMPOSION.
Die erklftrung des Platonischen Symposion hat sich seit ge-
raumer zeit mit der beantwortung einiger fragen beschäftigt, die
nicht sowohl durch den gegenständ des gesprftches als durch die
dar&tellungsform bedingt sind , deren sich der Schriftsteller bedient
hat. da die einführung mehrerer redner, die dasselbe thema behan-
deln, der gewohnheit Platons nicht entspricht, lag es nahe die ab-
sieht festzustellen, die den philosophen zu der abweichung von seinem
sonstigen verfahren bestimmt hat. mit dieser Untersuchung aber ver-
band sich von selbst die frage nach der bedeutung, welche die ein-
zelnen redner in Platons sinne haben sollen, und nach dem Verhält-
nis, in dem die fünf ersten reden sowohl zu einander als zu den
beiden folgenden stehen, bei der weitgehenden Verschiedenheit der
hervorgetretenen ansichten' ist eine Verständigung über die strei-
tigen punkte nur allmählich erfolgt; inzwischen kann es doch heute
als ausgemacht gelten , dasz Piaton eine mehrzahl von rednern auf-
treten läszt, um sich das eingehen auf fremde Standpunkte zu er-
leichtern , und dasz wir demgemäsz in den fünf ersten lobrednem
des fpujc die Vertreter eben dieser fremden Standpunkte zu erblicken
haben , die nach der meinung des Schriftstellers für die behandlung
der vorliegenden frage in betracht kommen, ihnen tritt in der rede
des Sokrates des philosophen eigne ansieht gegenüber, während die
dem Alkibiades in den mund gelegte darstellung des vollendeten
erotikers, wie er in Sokrates verkörpert erscheint, als dritterteil
der Schrift zu betrachten ist. kann demnach über die disposition des
ganzen und das Verhältnis der gesamtheit der fünf ersten reden zu
den beiden übrigen teilen des gespräches kein zweifei herschen, so
läszt sich auch der Standpunkt derer, die vor Sokrates zu worte
kommen, und das gegenseitige Verhältnis ihrer reden im allgemeinen
sicher bezeichnen.
Mit recht hat man zunächst die früher von Sydenham und
Rückert vertretene ansieht aufgegeben, welche hinter jedem der
fünf ersten Sprecher 'irgend einen berühmten Sophisten, redner oder
Philosophen* versteckt finden wollte, gegen eine solche Vermutung
spricht schon die thatsache, dasz wir es in jenen männern mit histo-
rischen persönlichkeiten zu thun haben, die nach ihrer Individualität
treu und mit frischer anschaulichkeit dargestellt werden , was wir
für Phaidros , Aristophanes , Agathen aus anderweitigen Zeugnissen
' eine Übersicht derselben, die bei entsprechender berücksichtignng
der neuern litteratur aach heute noch zur Orientierung ausreicht, bat
Susemihl in seiner abh. ^die composition des Platonischen Gastmahls'
gegeben (Philol VI 177—^214) und im ^prödromus Platonischer forschungen'
(Göttingen 1852) s. 29—67.
Jnhrbücher für class. philol. 1893 hfl. 8 a. 9. 36
562
CScliirlitz; die reibenfolge der fünf
ersehen und daber (a, Hug einleitung 8. LXIV) auch in betreff des
Pausanias und Erjrxi machos glauben dürfen, die sonst nicht näher be-
kannt sind, nicht minder irrig aber ist die eotgegengesctzte annähme,
Piaton habe nur eben die Charakteristik jener bestimmten individuell
bezweckt; vielmehr bewährt er gerade darin »eine kunst, dasz er die
mit netlirlicher Wahrheit gezeichneten persönlichkeiten zugleich zu
trägern verschiedener^ ihrer eigentümlichkeit entsprechender an«
schauuBgen zu machen weisz. halten wir uns behufs feststellung
dieser aoschauungen an die eignen hinweise des scbrifUtellers, ao
ergibt sich 1) aus der anordnung der schrift und dem urteil^ welches
Sokrateä 198^ über seine yorredner fällt, als gemeinsames kenn-
zeichtiU derselben der gegensatz des gewöhnlichen be wustsein s zur
philosophischen erkenntnis. während diese auf klarlegung des be-
griffes dringt, um unabhängig von den wechselnden Verhältnissen
der Wirklichkeit und unter verzieht auf subjective neigungen das
wesen der sache und damit die Wahrheit zu erfassen, bewegt sich
jenes auf dem boden der Vorstellung und stellt^ durch bitte und ge-
wohnheit des volkes beeinfiuszt, im allgemeinen diejenige bildung
dar, die einer bestimmten zeit und deren besondern Strömungen
eigentümiich ist damals nun beherschte die sophistisch^rhetorische
bildung das geistige leben Griechenlands^ besonders aber Athens, und
so ist es nur natürlich, wenn sie auch in jenen reden, wiewohl in der
6ineii mehr als in der andern, sich abspiegelt, betrachtet man einen
anderu üngerzeig des verfasserSf so kann man 2) auch die bildungs-
kreise ermitteln, die sich über das wesen des ^puJC in jenen fUnf
reden vernehmen lassen, denn gewis ist es nicht zufällig, dasz Aga*
thon tragiker, Aristophaned komiker ist, und dasz in Erjxtmachoa
ein arzt auftritt, der mit seinen weitblickenden tbeorien aU vertretet
der Wissenschaft überhaupt angesehen werden darf: alle drei sollen
die Wortführer bestimmter Sphären der damaligen bildung sein, nnd
dasselbe gilt daher gewis auch von Pausanias und Phaidros. dei
erstem rede hat man als ein muster jener sophistischen beredsam*
keit betrachtet, die es sich nach Protagoras Vorschrift zur aufgabo
machte t6v t^ttw Xötov Kpcirru) noieiv (s. Hug einl, s. XL VII) j be-
denkt man nun, dasz diese fähigkett schon an sich die reichste ge-
legenbeit zur betfaätigung im öfentlichen leben fand, und dasz gerade
Pausanias die in den ein^elnen Staaten über den fpuic bestehenden
v6^0i einer genauen kritik unterzieh!, so wird man ihn wohl für den
re Präsentanten der politiker in der um Agathon vor^ammelten ge*
Seilschaft halten müssen. Phaidros endlich stellt, wie Hug s, XL VI
sagt-, ^den gewöhnlichen athenischen bürger dar, den eine rastlose neu-
gierde zu den rhetorischen und philosophischen kreisen hindr&ngt';
und in der that dürfte es die stimme des feinern und für fragen
wie die vorliegende lebhaft interessierten athenischen durchschnitta-
pnblicums sein, die sich in seiner rede kundgibt, wobei Ton dem
besondern gründe abgesehen wird, der den Schriftsteller bestimmen
mochte auf die gestalt des Phaidros bei dieser gelegenbeit nicht ta
ersten reden in Platons Symposion. 563
verzichten, wir hören daher vor dem auftreten des philosophen, wie
die gebildete gesellschaft, die freunde des politischen lebens, die
mSnner der Wissenschaft und die Vertreter der kunst oder vielmehr
der beiden damals in Athen blühenden dramatischen gattungen über
den £pU)C denken , aber wir erhalten alle diese meinungen in einer
form , bei der die individaalitftt jedes einzelnen redners in glück-
lichster weise gewahrt bleibt, dasz Piaton unter diesen umständen
den genannten rednem wohl einseitige und unvollkommene, nicht
aber durchweg verkehrte auffassungen in den mund legen konnte,
ist bereits von Zeller (Piatons Gastmahl [Marburg 1857] s. 85) und
andern bemerkt; auch hat man sich mit gleichem erfolge um das
Verständnis jeder einzelnen rede wie um die Zusammenstellung
derjenigen in ihnen enthaltenen gedanken (s. besonders Steinhart
lY s. 255 f.) bemüht , die von Sokrates teils in zustimmendem teils
in abweisendem sinne berücksichtigt werden; dagegen scheint es
noch nicht gelungen zu sein ihre reihen folgein befriedigender
weise zu begründen, zwar wird von vielen seiten anerkannt, dasz
Piaton sowohl bei der zahl als bei der anordnung der fünf ersten
reden nach bestimmter absieht verfahre : jenes ergebe sich aus der
bemerkung über den wegfall mehrerer XÖTOi nach dem des Phaidros
(178 \ 180^), mit der er die gesamtheit der reden als ein voll-
ständiges , in sich geschlossenes ganze darstelle ; dies ans dem ein-
gange der reden selbst: denn indem er jeden folgenden redner mit
einer berichtigimg des Vorgängers beginnen lasse, deute er an dasz
es auf eine Stufenfolge, einen fortschritt von niedem zu hohem
Standpunkten abgesehen sei; und hiermit stimme auch der inhalt
der reden selbst überein. aber die frage, welchem plane Piaton bei
der reihenfolge der reden gefolgt sei , dürfte weder durch eine all-
gemeine berufung auf ihren inhalt noch durch den bloszen hinweis
auf den Zusammenhang jeder folgenden mit der vorangehenden be-
antwortet sein.
Nun ist allerdings von Bötscher (das Platonische Gastmahl,
dargestellt als ein philosophisches kunstwerk, Bromberg 1832) der
versuch gemacht den dialog als ein philosophisches kunstwerk und
jede rede als ein moment der entwicklung des begriffes darzustellen,
womit die thatsächliche reihenfolge der Xöiroi als eine notwendige
begriffen werden würde, die erklärer haben aber gegen die ausfüh-
rung dieses an sich naheliegenden gedankens begründete bedenken
erhoben, nach Bötschers ansieht stellt sich in der rede des Phaidros
die abstracto auf mythische anschauungen zurückgeführte allgemein-
heit dar, während Pausanias auf dem Standpunkte des gegensatzes
steht, durch den sich die erste abstracto allgemeinheit zu einem con-
creten inhalt aufschlieszt. indem aber der irdische f pujc erst in dem
himmlischen seine Wahrheit hat und mithin nur ein auf diesen hinaus-
weisendes moment geworden ist, tritt ein neuer fortschritt dadurch
ein, dasz Eryximachos den gegensatz und die entzweiung als der
natur des £pu)C selbst immanent anerkennt und den fpU)C damit als
564
CSehirlitz: die reiheufolge der fünf
das ia sieb lebendige beiracbtet, za dem die momente des gegen*
sattes und der entzweiung und der sieb daraus emporringenden ein*
heit und barmonie geboren. In dem mjtbos des Äristopbanes siebt
Böbscfaer sodann eine veranscbaulichung der momente des lebens in
ihrer totalität: fpiuc erscbelne bier als das resultat einer bewegnng,
deren einfache elemente die reinen begrifiTsbestimmungen selbst seien*
das erste der (bei Eryximacbos noch in unentwickelter form vor-
handenen) momente sei die in sieb gegensatxlose einbeit, das zweite
das werden des unterscbiedes und gegensatzes» das dritte seine (mit
der Wahrheit des individuellen lebens zusammenfallende) negative
einheit, worin der gegensatz ebenso erhalten wie aufgehoben sei. da
aber das Individuum durch seine vereioigung mit einem andern ihm
verwandten zum gefUhle seiner ursprünglichen naturnnd Wesenheit
komme, sei fpuic in dem mythos zugleich als Vermittler des endlichen
mit dem unendlichen gedacht, die rede des Agathen hält RlJtacher
für den beginn der entwicklnng des geistigen voUgehalts des ^puic
in der form des reinen gedankens, doch komme Agatbon selbst nicht
über den schein des philosophischen denkens hinaus; er bewege sich
2war fortwährend in Vermittlungen und in der form von Schlüssen
und folgerungen, thatsäebUch aber werde keine bestimmung des ^pujc
durch jene bewegung gewonnen, da alle Vermittlungen selbst nur
willkürliche annahmen seien, erst des Bokrates rede führe aus dem
reiche der Voraussetzungen in das gebiet des sich in sich selbst ent>
wickelnden gedankens hinüber, und zwar sei es der den unterschied
und seine aufhebung zur negativen einheit enthaltende satz, dasz
Ipujc die liebe zu etwas, mithin des schönen und also auch des guten
bedürftig sei , aus dem alle weitern bestimmungen bervorgiengen.
Bötscher zeigt sodann, wie die kategonen der Vorgänger von Sokratea
verarbeitet werden , und erklärt zuletzt die rede des Alkibiades f Qr
den notwendigen scblusz eines werkes, das, auf das lob des Ipujc aus-
gehend, uns seine erbebendste Wirkung auch in einer concreten ge-
stalt offenbaren müsse.
Trotk^ der anerkennung, die Steinhart dieser auffassung des
Symposion als einer selbstentwicklting der liebe besonders deshalb
zollt, weil bier zum ersten male nachgewiesen werde, dasz die grund-
idee des gespr&ches sich gleich mäszig durch alle seine teile hindurch*
siehe, jedes glied des Organismus an seiner stelle notwendig sei, und
mit dem fortgange des gespräches thatsächlich auch ein fortschFatt
vom unvollkommenen zum vollkommneren eintrete, gibt er doch
die bedenklichkeit des weges zu^ auf dem Rötscher zu seinem resal«
täte gelangt ist, und vermiszt an diesem begriffe der liebe *das stre«
ben derselben sich Über die schranken der individualitftt und etid*
Ijchkeit zur allgemeinheit der idee und zu unsterblichem leben za
erheben', der letzterwähnte Vorwurf scheint mir von geringerm be-
lang zu sein r da Eötscher wenigstens in der analyse der rede des So-
krates bemerkt« fpaic gehe wesentlich auf die Unsterblichkeit (s. 24);
nm 80 mehr aber mosz man Steinhart und andern kritikern darin
(
I
I
enteu reden in Platons Symposion. 565
beipflichten, da&z es unstatthaft ist die grundbegriffe modemer Philo-
sophie , wie hier die denkweise Hegels, für das Verständnis Platoni-
scher Schriften zu verwerten, zu welchem zwange diese erklSrungs-
weise führt, zeigt sich nach Susemihls richtiger bemerkung (Philol.
VI 186 f.) bei der besprechung der rede des Aristophanes, wo
Bötscher die 191^ erwähnte frühere zeugung in die erde nur dem
zweiten , nicht auch dem ersten Stadium zuschreibt und diesen ele-
mentarischen process für ein unvollkommneres als den gattungs-
process erklärt, während doch die erdgeborenen menschen nicht
blosz den Griechen überhaupt , spndern auch dem Piaton , sobald er
mythisch spricht, höher als die natürlich erzeugten stehen, jene
auffassung war freilich unvermeidlich , wenn die momente der un-
mittelbaren einheit, des werdenden und des sich durch seine eigne
thätigkeit ebenso sehr aufhebenden wie immer wieder hervorbringen-
den gegensatzes unterschieden und die Übergänge aus dem 6inen in
das andere Stadium als die dem begriffe des £pujc entsprechende ent-
Wicklung betrachtet werden sollten, noch deutlicher tritt die in-
congruenz dieses Verfahrens darin hervor, dasz die vollständige auf-
hebung des gegensatzes von object und subject in der liebe , dh. die
herstellung der ursprünglichen einheit durch sie, oder die €ubai)iovia
ein ideal bleibt, zu dessen erreichung es der eöc^ßeia bedarf: nur
wenn wir diese beweisen, werden uns, sagt Aristophanes 193* '^j die
götler dereinst d6n finden lassen, welcher wirklich unsere andere
hälfte ist damit sind aber offenbar (s. Susemihl ao. s. 187) vier
momente, nicht, wie Bötscher s. 14 will, drei gegeben, und am
wenigsten die drei Hegeischen ^ da das letzte Stadium keineswegs
als vollendeter denn das erste , sondern als die blosze rückkehr zu
diesem bezeichnet wird (192^^). ebenso wenig kommt die rede
Agathons bei Bötschers auffassung zu ihrem recht, wenn es Stein-
hart s. 238 als einen beweis für die allgemeine verkennung dieser
rede ansieht, dasz auch Bötscher, dem doch jede andere rede eine
bestimmte stufe im begriffe des f pU)C darstelle^ mit ihr nichts anderes
anzufangen wisse als dasz er sie für eine Vertreterin des Sophisten-
tums halte , der diese stelle angewiesen sei , weil die sophistik die
vorläuferin der Sokratischen philosophie war, so kann man ja zwei-
feln, ob die beurteilung, welche Agathons rede bei Bötscher erföhrt,
durch die rücksioht auf die geschichtliche Stellung der sophistik,
oder ob nicht auch dieser ausblick auf die geschichte der philosophie
erst durch das bestreben veranlaszt ist, in den letzten reden 'die
absolute ausgleichung des inhalts und der form , die durch und für
das philosophische denken begriffene erkenntnis' (s. 36) zu finden;
jedenfalls aber irrt Bötscher, wenn er glaubt, Agathons rede habe
nur eine formelle bedeutung und trage nichts zur erkenntnis des
£pu)C bei. dazu kommt dasz diese rede bei Bötschers auffassung, auch
wenn sie nur für ein beispiel sophistischer rhetorik gilt, doch immer
mit der Sokratischen die aufgäbe teilt, den gehalt des fpU)C Mn der
form des reinen gedankens' zu entwickeln, eben dadurch aber zu der
566
CScMrlitz: die reiheufolge der fünf
rede des Sokraies in ein verbältnis gesetsi wird, dem die compOBitioiL
der Schrift nicht günatig ist. konnte es doch , wenn der philosoph
seine eigne ansieht durch den mund des Sokrates ausspricht, über-
haupt nicht sowohl darauf ankommen, einen einheitlichen gedanken
durch alle teile des gespräcbs bindurchzuführen als vielmehr den-
jenigen plan aufzudecken, der der anordnnng der fünf ersten reden
zu grnnde liegt.
Sollen wir uns nun mit rtlcksicht auf die mEtngel, an denen
Eötschers Vorschlag leidet ^ für die annähme entscheiden , dasz ein
solcher plan nicht vorbanden ist, oder wenigstens Hug beistimmen^
wenn er 8, LXIV die gruppierupg jener reden nach einem logiscb-
dialektiachen geaichts punkte für unmöglich hält? auch er gibt
2Ut wie nahe der gedanke liege, in Jenen reden einen systematischen
fortächritt vom unvollkommenen zam vollkommenen zu suchen, und
wie sehr derselbe durch den charakter der rede des Phaidros als dar
nnbedeutendsien und durch den umstand bestätigt wird, da^z jede
folgende rede mit einer con^ectur der frühern anzuheben pflege;
gleichwohl erklärt er jene Vermutung für hinfällig, nicht nur weil
die rede des Agathon bei ihrem geringfügigen philosophiichen ge-
halte unmöglich an die spitze der fünf treten könne , sondern well
auch sonst nicht je die geistig bedeutendere der unbedeutendem
nachfolge f und weil es überdies Flatons absieht sei nicht sowohl
logische figuren als lebensvolle individualitäten vorzuführen, wäh*
rend sich Böttcher bemüht im Symposion die durchführung ^ineo
gedankens nachzuweisen, hat Steinhart die reden paarweise su
gruppieren versucht, wobei Phaidros und Pausanias den einseitig
ethischen j Eryximachos und Anstophanes den einseitig physischen,
Agathon und Sokrates den hohem geistigen gesichtspunkt geltend
machen sollen, jener den der poesie, dieser den der philosopbie.
dasz aber auch dieser gruppierung schwächen anhaften, die das
princip der Zweiteilung nach dem inhalt als undurchführbar er-
scheinen lassen, ist von Hug s. LXV richtig erkannt: er räumt zwar
die Zusammengehörigkeit der reden des Phaidros und Pausanias diB,
erklärt aber mit recht, von den folgenden stehe inhaltlich jede fllr
sieb allein, da Eryximachos den f pu/c als kosmologisches princip be-
bandle, Aristopbanes zum menschlichen fpiuc zurückkehre und sn-
gleich sein wesen begreifen wolle ^ Agathon endlich ihn als gott auf
dichterisch -dithyrambische art preise, wenn er aber selbst eine
gruppierung der reden nach paaren auf gnind des ästhetischen ge-
siehtspunktes ihres gröszem oder geringem geistigen gehaltes inso*
fern für zulässig hält, als auf den unbedeutendem redner jeweiten
der bedeutendere folge, auf Phaidros Pausanias, auf Eryxtmachoa
Aristopbanes, auf Agathon Sokrates, so lautet das nrteil über den
wert der einzelnen reden, besonders der des Pausanias und Eryxi-
machos, bei den erklärem so verschieden und musz sich auch bei
der munigfaltigkeit der möglichen kriterien so ungleich gestalten,
dasz das princip des contrastes itlr eine gruppierung der reden wenig
ersten reden in Platons Symposion. 567
tauglich erscheint, zumal da auch bei dieser einteilung die rede des
Sokrates mit den vorhergehenden in eine Verbindung gebracht wird,
die sich mit der composition des dialogs nicht vertrftgt wollte man
sich aber im hinblick auf die Schwierigkeiten , denen die erwähnten
Vorschläge begegnen, mit der ansieht begnügen, Piaton habe die
fünf reden nur nach dem werte geordnet, den er den bildungskreisen
der redner beimiszt, so fehlt es zunächst an ausreichenden beweisen
für eine solche annähme, wenigstens in dem gespräche selbst; so-
dann aber würde dies verfahren doch nur dann verständlich sein,
wenn sich das urteil nicht im allgemeinen auf die betreffenden
bildungssphären , sondern speciell auf die Vorstellungen bezöge, die
diese über den ^pujc aussprechen; damit aber wäre die vorliegende
frage nicht gelöst, sondern nur anders formuliert: denn es würde
nun wieder gezeigt werden müssen , warum Piaton den wert jener
Vorstellungen gerade so beurteilt , wie es der reihenfolge der reden
entspricht, die berichtig ungen der Vorredner durch die folgenden
kündigen gewis einen fortschritt an und lassen auch die mängel, die
berichtigt werden sollen, im einzelnen erkennen, ob aber jede fol-
gende rede als ganzes der vorangehenden überlegen sei, und ob nicht
etwa der spätere redner , trotzdem er den Vorredner berichtigt hat,
in andere fehler verfällt, ist damit nicht gesagt: jedenfalls leiden
alle an einseitigkeiten, die sich aus der eigentümlichkeit ihrer Stand-
punkte ergeben, und gerade diese steht einer vergleichung der in
mehrfacher hinsieht incommensurabeln leistungen im wege.
So hat denn keiner der bisher besprochenen versuche, weder
das logische schema Rötschers, noch die auf die gebiete des f pUJC sich
stützende Zweiteilung Steinbarts, noch der vonHug geltend gemachte
ästhetische gesichtspunkt des contrastes, noch endlich der gedanke
an eine wertvergleichung, sei es der bildungskreise der auftretenden,
sei es der von den rednern mitgeteilten auffassungen dos ^pujc , die
reihenfolge der fünf ersten reden in befriedigender weise zu er-
klären vermocht; und doch können wir nicht glauben, dasz Piaton
gerade in diesem punkte willkürlich verfahren sei: wir können es
nicht, weil er das Vorhandensein einer absieht in unzweideutiger
weise erkennen läszt, und weil das fehlen derselben nicht zu der
Sorgfalt stimmen würde, die er in andern beziehungen bewährt, hat
er es verstanden lebensvolle individuen zu Organen bestimmter
bildungskreise zu machen, so dürfen wir annehmen, dasz es seiner
darstellungsgabe auch gelungen ist in der reihenfolge der fünf ersten
reden einen zweckmäszigen gedanken zum ausdruck zu bringen,
zweckmäszig aber scheint mir der gedanke zu sein, dasz jeder redner,
während er bewuster weise den ^pujc nur eben von seinem Stand-
punkte aus schildert, doch thatsächlich und ohne es zu beabsichtigen
den leser auch der wahren von Sokrates gegebenen erkenntnis immer
näher bringt so setzt jede folgende rede die vorangehende voraus,
nicht als ob sie in logischer, ethischer und rhetorischer beziehung
über ihr stünde, sondern in dem sinne, dasz die auffassung des £pu)C,
5t>8
Ctichirlitjfi i die reihenfolge der fanf
welche sie vermittelt, von dem ergebnts der unterguchang aus be-
trachtet erst durch die der vorangehenden rede bedingt wird, und
mithin jede spätere rede auch für die entwicklung des begriffes der
liehe die spätere ist. wiewohl die Vermutung, welche ich in dieser
richtung über die absieht Piatons aussprechen möchte» die von den
erklärem gegebenen erleuteruogen im einzelnen nicht berührt und
nur bestimmt ist eine lUoke in dem Verständnis der composition dea
dialogs auszufüllen, wird es doch vor der besprechung jeder redo
einer kurzen angäbe ihres inhaits bedürfen.
Nachdem das mahl beendet und das trank Opfer dargebracht ist,
schlägt Eryximachos vor sich mit reden zu unterhalten; er empfiehlt^
dasz jeder tischgenosse in einer nach rechts gebenden reihenfolge
eine lobrede auf Eros halte ^ und Phaidros zuerst spreche; dieser
bähe sich nemlich ihm gegenüber oft darüber gewundert, dasz noch
niemand ein loblied auf den so alten und mächtigen gott verfaszt
habe, während doch die dichter alle übrigen götter mit gesängen
verherlicht und die sophisten nicht nur heroen, wie Prodikoa den
Herakles, sondern zuweilen auch nichtige dinge in ihren Schriften
gepriesen hätten, da der Vorschlag des Erjximachos angenommen
wird , folgt sogleich
die rede des Fhaidros.
Nach seiner meinung ist Eros zwar in vielfacher beziebuni
p^Yöc eeoc KUi 8au|iiacTÖc ^v dv9pu>Trotc T€ kqi Oeoic (178»), voJ_
allem aber ist er I) der älteste gott, da er keine eitern hat, wi^
Hesiodos, Parmenides und Akusilao» bezeugen (178 '*^). als solcher*
ist er auch 11) der gröste wohlthäter dea menschengeschlechts : denn
1) flöszt er den menschen in höherm masze als Verwandtschaft, ehre
und reich tom vermögen, scheu vor dem schlechten und streben nach
dem schönen, also sitlücheB gefühl, als die hedingung eines rühm-
lichen lebens ein, und zwar o) im privatverkebr, da der liebhaber
und geliebte .sich vor einander mehr schämen etwas schändliches ent-
weder zu tbun oder aus feigheit ohne gegenwehr zu leiden, als vor
dem vater und den freunden, b) im Öffentlichen leben, da a) Staaten
nicht besser eingerichtet sein können als wenn ihre Insassen sich so
wie die liebhaber und geliebten des schlechten enthalten und des
gut^n wetteifernd befleiszigen , ß) beere, die aus liebhabern und ge-
liebten best^en, jedem gegner gewachsen sind: denn der liebhaber
würde eher sterben als dasz ersieh vor den äugen des geliebten feige
zeigte, und am wenigsten würde er ihn bei gefahr im stiebe lasaea,
weil Eros in diesem falle jeden zu einer tapferkeit begeistert, die
der des mutigsten gleichkommt, und Überhaupt den liebenden gerad«»
80 mut einflöszt wie die Uomeriscben gÖtter ihren beiden (178'
— 179^). diese bemerkung Itihrt den redner zu dem gedanken hin-
* Phaidrot gebraucht ilDv im cauialen sttioe, um einen übergaog
vom er&ten eum c weiten puttkte %n gewinnen, (ril>t aber damit oor deo
echein einer logischen fermitllung: t. Htig e* 37.
ersten reden in Platons Symposion. 569
über, dasz Eros' 2) insbesondere allein den entscblusz hervorbringt
für andere das leben zu opfern, so ist Alkestis für ihren gatten in
den tod gegangen und hat es (bia töv ^pujTa) seinen eitern so weit
an hingebung zuvorgethan, dasz diese ihrem söhne gegenüber wie
fremde erschienen« baben die götter zum Zeugnis, wie hoch auch
sie den eifer im dienste des Eros ehren, ihre seele aus der unterweit
zurückkehren lassen , so bestraften sie den Orpheus , der als weich-
licher musiker nicht um des Eros willen zu sterben wagte , sondern
sich lebend in den Hades einzuschleichen versuchte, dadurch dasz sie
ihm nur ein trugbild der gattin zeigten und ibn später durch weiber-
hand umkommen lieszen. den Acbilleus dagegen, der, um seinen lieb-
haber Patroklos zu rächen , ein frühes ende dem hohen alter in der
heimat vorzog , versetzten sie auf die inseln der seligen : nicht nem-
lieh liebhaber, wie Aiscbylos glaubt, sondern geliebter des Patroklos
ist Acbilleus gewesen; und wiewohl die götter jegliches wackere
verhalten in der liebe schätzen, achten sie es doch höher, wenn der
geliebt« dem liebbaber , als wenn dieser jenem seine anhttnglichkeit
beweist, denn der liebbaber ist etwas göttlicheres als der geliebte,
weil er vom gotte begeistert ist: daher die höhere ehre, deren sie den
Acbilleus im Verhältnis zur Alkestis würdigten, demnach, schlieszt
Pbaidros, halte ich den Eros für den ältesten und geehrtesten gott
und für den, der den menschen im leben und nach dem tode zum
gewinne der tugend und glückseligkeit am förderlichsten ist (179 ^
— 180»>).
So mangelhaft^ die auffassung des Eros ist, welche Pbaidros in
seinem vortrage darlegt, so deutlich läszt sich der Standpunkt er-
kennen, auf dem er steht, der redner entledigt sich seiner aufgäbe
dadurch , dasz er das alter des Eros hervorbebt und die wohltbaten
preist, die ihm die menseben verdanken, die erste beziehung wird
zwar mit der zweiten in causale Verbindung gebracht, kann aber in
Wahrheit nur dazu dienen, dem Eros eine bevorzugte Stellung unter
den göttern anzuweisen, wie denn auch die anerkennung, die diese
der Alkestis und dem Acbilleus zollen, nicht weniger dem gotte
selbst als den genannten gilt, sodann wird Eros als derjenige be-
zeichnet, der die scheu vor dem schlechten und das streben nach
' die obige dispoeition folgt dem von Hug s. 85 gegebenen scbema,
das dem fortscbritt der Platonischen gedanken entspricht, vom logi-
schen Standpunkte liesze sich gegen dasselbe einwenden, dasz durch
die coordiiiation von 1) und 2) das 6TT€paTro6vif)CK€iv und diraiTOOavelv
aus den Wirkungen des sittlichen geftihls herauszutreten scheint, wäh-
rend es doch thatsäcblich ebenfalls eine folge desselben ist. vermieden
würde dies, wenn 2) unter la subsumiert wird [Eros erzeugt sittliches
gefUbl, nemlich a) im privatleben 1) die durch das KaXöv bestimmte
lebensführung, 2) die fähigkeit das leben um des KaXöv willen auf-
zugeben, b) in der gemeinschaft des Staates oder heeres]. aber die bei
Hng durch 'insbesondere' gemilderte logische inconcinnität ist an sich
ohne bedeutung. ^ s. Steinhart 17 219— 222. Susemihl gen. entwioke-
lung der Plat. phil. I 372-374. Hug s. XLIV— XLVI.
570
CSchirlite; die reihenfotge dor fünf
Jem schönen erzeugt, besonders aber, sei es im verkehr des ipaCT^C
und dpübgevoc oder im Verhältnis der ehegatten, den entschlugz be-
wirkt, für einen andern oder um eines andern willen in den tod lu
gehen, fragen wir jedoch, wie aich diese sittHche Verwandlung voll-
ziehe, und ob namentlich die, in denen sie sich vollzieht, durch eigne
mitwirkung daran beteiligt sind, so erhalten wir keine antwort* wenn
sich der liebhaber um des geliebten und dieser um jenes willen vor
dem was schändlich ist scheut, so thun sie es beide um des zu-
Standes willen , in dem sie sich befinden ; der zustand ist aber eine
Wirkung des gottes, mithin ist es der gott und eben nur der gott^
der die sittliche Umwandlung in den beteiligten vollbringt, nirgends
findet sich eine andeutung davon, dasz die liebenden in bewaster
weise durch die liebe nach einem ziele streben : denn wenn der eine
durch den ßioc KttXöc (178* xoic ^AXouci KaXujc ßni)C€cOai) die
achtung des andern zu gewinnen sucht, so ist dies nur eine Wirkung
des Eros, der sie beherscht: der liebhaber würde nicht wünschen
von dem geliebten geachtet und wiedergeliebt zu werden , wenn er
ihn nicht liebte, der geliebte aber würde nicht nach der achtung des
liebhabers streben, wenn er nicht auch seinerseits unter dem ein*
fiubse des Eros stände.* ebenso wenig kann man sagen, dasz tngend
und sittliche scheu die absieht der liebenden sei, denn sie lieben
nicht um der dpeir^ teilhaftig zu werden, sondern weil sie lieben
bzw. geliebt werden» werden sie ihrer teilhaftig, die tugend ist nicht
zweck, sondern Wirkung des Eros* wie aber keine absieht der lieben-
df^n vorbanden ist, die über den Eros hinausgeht, so kann auch was
sie vollbringen nicht als resultat ihrer aelbstthfttigkeit gelten, aller-
dings sind die ausdrücke, deren sich Phaidros bedient, zum teil von
d^r art, dasz es scheint, als könne man aus ihnen auf eine selbst-
thätigkeit der liebenden schUeszen: so bezeichnet er nicht nur den
opfertod der Alkestis als ihr fpTOV (179« Kai toöt* ipTacaM^VT[
TÖ fpYOV OUTU> icaXöv fboEev dpt^cacSai . . Öeoic), sondern er sagt
auch kurz zuvor, sie allein habe den willen gehabt für ihren
gatt^n zu sterben, während doch seine eitern noch gelebt bfttten
(179** ^8€Xr|caca ^övi^ öir^p toö autf^c dvbpoc äTroOaveiv . •
\ir\Tp6c) und ähnlich von Achilleus, er habe es Über sich vermocht
dem Palroklos sogar in den tod in folgen (179* — 180* 4TÖX^r)C€V
IX^cOat * . ^TraTTOtovciv TeTeXeuTT]icÖTi}*, aber er erkl&rt ebenso deut-
> dfiss nach der gel lobte durch das erottiche verhi<nt« eine sitt-
liehe eiDWirkaiifc nod also eiaen emÖims des Eros rh aich erführt, sa^
PhaidroB deutlich: 178* od yäp iymf i%m . , iraibrnd, 178»— 179* tüOtäv
hi toOto Kai Töv ip^J(;^€vov . , irdvTac dve^Oüitouc und 179* durch die
berufung auf dna bebpiel dee Actitlleua. ob aber der i^eltebte «cho»
als objtict des Eros die Wirkung dee g-otted an sich empfinde oder erat
durch die gegenliebe zum ipacrf\c^ dartiber aribl er hier keine auskunfi,
wührend er am ende der rede wenig^stenB daran keinen «wcifel lüatt,
da^e auch der geliebte den liebhaber liebt (180^ pAAXov \ibnoi 8au*
^dlouci . . (ol 6eoi), Örav 6 tpdi^cvoc t6v ^pacrV^v dtan^ f) drav d
ipacT^c Td natbiKdj.
ersten reden in Platons SymposioD« 671
lieb, dasz nur der ^puic arheber dieser entscblfisse und tbaten gewesen
sei (179^ oöc dK€ivii tocoötov UTrepeßdXexo ifl qpiXiqi bia töv
^piUia, 179*^ ÖTl . . ^bÖKCl. .Kttl OU TOX|LiaV ?V6Ka TOÖ fpUJTOC
d7To9vr|CK€iv, 179 • ßonOncac xijj dpacx^ TTaTpÖKXuiKaiTijuiujpricac
. . T€T€X€UTTiKÖTi). aus demselben gründe kann auch bei den werten
179*^ oÖTUi Kttl 0€o\ Tf|v Trepl töv Jpuira cTroubrjv t€ koI dperfiv
jLidXiCTa Ti)iUJCiv und 180* indXicxa )iiv . . Ti)idjci nicht daran ge-
dacht werden, dasz es menschlichen eifers und mutes, überhaupt
irgend welcher mitwirkung der menschen bedürfe, um den €pu)C za
erzeugen; vielmehr ist die bemühung um die tugend, die sich der
göttlichen anerkennung erfreut, nur als eine *im dienste der liebe'
(Zeller s. 13) aufgewandte zu betrachten.
Endlich läszt sich auch das irapdbeiTMa des Orpheus nicht als
ein einwand gegen die ansieht benutzen, dasz das thun der liebenden
nach Phaidros auffassung lediglich ein erzeugnis des in ihnen walten-
den gottes ist in dem, was er über Orpheus erzählt, stellt sich nem*
lieh die sache so, als vermöge Eros nicht immer den entschlusz des
UTr€paTTo6vtiCK€iv hervorzubringen, nun würde zwar aus dem um-
stände , dasz Eros nicht mit gleicher stärke auf alle naturen wirkt
und manche menschen sich bei ihren handlungen von andern instanzen
leiten lassen , durchaus nicht folgen , dasz der zustand und die Wir-
kungen der liebe selbst irgendwelche thätigkeit der menschen in an-
sprach nehmen; thatsächlich aber handelt es sich bei der erwähnung
des Orpheus überhaupt nicht um eine bewuste modification der ur-
sprünglichen ansieht des Phaidros, sondern lediglich um eine für ihn
charakteristische flüchtigkeit. er hat wirklich jene consequenz seiner
erzählung nicht eingesehen und also auch nicht begriffen, dasz er
nach dem satze Ktti |nf|v UTr€paTTo9viiCK€iv fe jnövoi ^OAouciv ol
^pÜJVTCC (179^) in dem verhalten des Orpheus nur einen beweis da-
für hätte erblicken dürfen, dasz diesem der ^puic überhaupt gefehlt
habe, veranlaszt aber wurde er zu seinem verfahren (s. Hug s. 44)
dadurch, dasz er Einmal den gott als d6n pries, der den mut verleihe
für einen andern in den tod zu gehen, dann aber, um ihn als Oci&v
Ti)üiiu)TaTOV (180 '') zu kennzeichnen, der ehren gedachte, die den in
seinem dienste handelnden seitens der götter zu teil würden, nach-
dem er zu diesem zwecke erwähnt hat, wie Alkestis, die sich für den
gatten opferte, von den göttern ausgezeichnet wurde, bedient er sich
in echt rhetorischer manier des Orpheus als eines Trapdb€lT)üia des
gegenteils und führt die strafen an, die die götter über ihn für seine
Weichlichkeit verhängt haben.
Erklärt sich aber jene inconsequenz aus einer rücksicht auf die
ethopoiie , so stellt sich in Phaidros rede Eros lediglich als gott und
demgemäsz der zustand des menschen in der liebe als ein ergriffen-
und erfülltsein vom gotte dar; der liebende trägt den gott in
sich , und das höchste, was er in der liebe leistet, der opferfreudige
mut, die tapferkeit die für den geliebten in den tod geht, wird ihm
vom gotte eingehaucht. Phaidros drückt dies deutlich mit den werten
572
CSdiirlitü : die reihenfolge der fünf
aus: ovb^ic oÖTUj kqkoc, ßvxiva ouk fiv auxöc 6 *'€piüc fvGeov
novficiie. npöc dperriv . * xal diexvuic ö Itpi) "O^inpoc, ^evoc
^^irveOcai ^vbic tüüv ripüjujv tov 0£Öv, touto 6 "Cpujc toic
ipma TTttpcxei x^tvoiuevov nap' auioö (179*^) und fvOeoctotp
^CTi [6 dpactfic] (180''). das erfüUtsein vom gotte, der ivSouciac^öc
der liebenden ist» vom ßtandpunkte des menschlichen willens aus be-
trachtet^ gebundeofaeit, passivitilt. Ipujc sei es, sagt Phaidros am
Schlüsse, der den menschen im leben und nach dem tode am wirk-
samsten zum erwerbe der tugend und glückseligkeit verhelfe ( ISO'*) f
ob aber und wie sieb die menächenden^poic selbst verschaffen könneni
sagt er nicht und kann er nicht sagen ; er kann ebenso wenig arten
und formen der liebe unterscheiden, wie er denn thatsächlich bald
von der liebe des ^pacTrtC zu den iraibiKd, bald von der der ebe-
gatten spricht ^ weil doch alles hier nur das werk des ^inen gottea
ist. fehlt aber der begriff des xweckbewiisten menschlichen bandelna« '
80 ist damit jede siltlicbe beurteilung dessen ausgeschlossen! was
die liebenden in ihrem begeisternngszustande thun. so hoch auch
Pbaidros von ihren tbaten denkt ^ ein sittliches verdienst derselben i
gind sie nicht, und umgekehrt kann die kein tadel treffen, an denen
die Wirkungen des f pwc nicht hervortreten : denn es ist keine ver*
antwortung für eine Wirkung denkbar, deren ur&ache auszerhalb des
menschlichen willens liegt, way die liebenden thun, thun ste vom
gotte getrieben, ohne freiheit des willens und ohne zu wissen, was
sie in der liebe und wie sie es erstreben; an einem solchen thun aber
haftet keine sittliche qualität. Eros ist also der alles altein voll-
bringende gott, die tbätigkeit der liebenden nur die von ihm be-
wirkte ^avia.
Dasz uns aber Phaidros wenigstens an 6iner stelle, wenn ancb '
ohne eigne erkenninia dessen, was sich ans seinen w orten folgern
llszt, Über diese anschauung hinausführt, ergibt sich aus dem ujtei],
das er 180*** über den liebenden und geliebten fällU Mas wahre*''
sagt er am schlusz seiner rede in einer gegen Aiscbjlos gerichteten
bemerkung *ist vielmehr, dasz die gött^r zwar im allgemeinen ein
wackeres verhalten in der liebe am höchsten ehren, dasz sie jedocbi
die anh&nglichkeit des geliebten an den liebhaber in noch höherem i
masze bewundern, schätzen und belohnen als die des liebbabera an
den geliebten*, denn der liebhaber ist etwas göttlicheres als der Heb«
Ung, weil er vom gott begeistert ist.* einerseits also ist der liebhaber«.]
da er den gott in sich hat, eine höhere, den göttern näberstehendtj
persönlichkeit (BeiÖTepoc), anderseits findet die aufopferung des ge
liebten bei den göttern grösiere aner kennung, behufs de« richtiges
Terständniaaes dieser stelle werden wir, wie ich glaube, die absieht
des schriftstellera von dtm unterscheiden müssen , was der rednecl
auf seinem Standpunkte mit jenen werten gemeint bat. gewis irilt^
Phaidros tragen, es sei natürlich, dast die götter, wie sie an den
ihnen selbst gespendeten opfern ihr Wohlgefallen haben, so aoctii
d&s opfer am höchsten achten, da& für den ihnen am n&chstei
ersten reden in Platons Symposion. 573
etehenden gebracht wird ; zugleich enthalt diese anschauong in-
ßofem einen berechtigten gedanken, als sich der wert einer neigung
nach dem werte ihres gegenständes bestimmen läszt (s. Zeller Pla-
tons Gastmahl s. 98) , und passte namentlich zu d6r Umbildung der
sage, für die Phaidros eingetreten ist: denn gilt Achilleus, der auf
die inseln der seligen versetzt ward, als geliebter des Patroklos, so
war ja daran ein beispiel für die höhere Wertschätzung vorhanden,
die die götter der aufopferung des geliebten zu teil werden lassen,
aber Phaidros übersieht dasz, wenn der liebhaber die höhere persön-
lichkeit ist, auch seine neigung für die wertvollere erachtet werden
musz, und bedenkt nicht, dasz der dpacnic, weil er auf die eingebnng
und nach dem willen des gottes handelt, gerade auf die anerkennung
der götter den höchsten anspruch hat. wollte der redner a*ber nicht
sowohl den hohem wert der thaten des geliebten mit der höhern
Stellung des liebhabers begründen, als vielmehr die aufopferung
dieses für minderwertig erklären, weil sie unfreiwillig geschehe und
deshalb moralisch weniger hoch angerechnet werden könne '^ so
würde das nur eine entschiedene herabsetzung des liebhabers sein,
die nicht nur der grundanschauung des Phaidros, sondern auch dem
zwecke der ganzen rede widerspräche, dazu kommt dasz doch auch
der geliebte hier als liebender gedacht wird: denn wenn wir die
Worte hören : jnaXXov juevTOi GaujudCouci Kai äTOtviai Kai €Ö noioOciv,
öxav 6 dpu)|H€voc töv dpacT#|v dTOTrqi» f\ öiav 6 ^pacT#|c id rrai-
biKd (ISO**), so müssen wir für die gleiche Wirkung (dTaii^) auch
die gleiche Ursache voraussetzen, mindestens hätte Phaidros, falls
die liebe des geliebten nicht durch )Liavia entstanden ist, angeben
müssen, wodurch sie sich von der ursprünglichen liebe des lieb-
habers unterscheidet; er hätte das um so mehr gemust, als er 179^
^ so Rückert ausg. d. Conv. s. 48: 'sola enim caritate fecit id, quod
amatorem at faceret vis divina promovebat', während Hug s. 46 f. zwar
zugibt, dasz dies im allgemeinen die ansieht des Phaidros sei, wie auch
Lysias in Plat. Phaidros 231* von den nichtliebenden im gegensatze zu
den liebenden sage: oö fAp öir* dvdYKTic dXX* ^kövtcc €Ö iroioOciv, aber
6€iÖT€poc nicht blosz für den ausdruck des negativen elements der un-
freiwilligkeit, sondern zugleich für ein ehrendes epitheton hält, mithin
eine Verbindung beider absiebten für möglich erachtet, zu Rettigs
(s. 124) ansieht, dasz der liebhaber nur deshalb so hoch gestellt werde,
damit es dem geliebten um so leichter sei sich ihm zu ergeben, dürfte
der Inhalt der rede des Phaidros keinen anlasz geben, ebenso wenig
läszt sich die inconsequenz durch die anuahme beseitigen, Phaidros
habe, da er den liebhaber einmal als den GciÖTcpoc, den höherstehen-
den bezeichne, auch hier an die (mittelbare) ehre gedacht, die jenem
aus der anerkennung erwachse, die die götter dem für ihn gebrachten
Opfer des geliebten zollen, wie er vorher die ehre, die die götter den
thaten des liebenden erweisen, als eine dem gotte Eros selbst erwiesene
betrachtet hat. abgesehen davon dasz Phaidros werte nicht auf diese
erklärung führen, würde man auch ihr erwidern können, dasz das opfer
der höhern persönlichkeit das ehrenvollere sei, mithin der geliebte von
dem Opfertode des liebhabers mehr ehre habe als dieser von der auf-
opferung jenes.
574
CScbliiiiz: die reibe&folge der fönf
nacli der bemerkung Ka\ diexvüjc 5 ?q>r| "Ojiiipoc, m^vog d^Tiv€Öcai
dvioic Tüjv fipubmv töv Öeöv, toöto ö *'6pu)c toic tpilici irap^xti
YiyvöjiEVOV Tiap' autoö mit der behauptung fortfährt Kai ^f|v f»TT€p-
aiToGvriCKeiv te p^ovox dOeXowciv ol ipüjVTec. bezieht man nemlich
den unbestimmten ausdruck dpüjVTec auf liebbaber und geliebte, ea
wird man dtireb das vorhergebende genötigt auch die liebe der g^^.i
liebten als einen von dem gotte ausgehenden zustand der begeiste»
rung anzuseheu, womit die spätere erklärung im Widerspruch stebt,
dasz nur der liebbaber IvSeoc ist ; wird aber ^piuvT€C auf den engem
begriff der ^paciai beschränkt, so stimmt m dem satae KQi ^i]y uitcp-
aTFoBvTiCKeiv t^ ^övoi 49Aouciv ol ^puJVTec nicht die thatsache,
das2 auch dem geliebten, wie hier dem Äcbi Ileus, die fähigkeit vin-
diciert wird für den liebbaber das leben äu opfern.
Wir isebeii: Flaton stellt den Phaidros als einen ungründ lieben
denker dar, den ein richtiger, aber zweckwidriger ainfall um die
folgericbtigkeit seiner darlegung bringt ; dadurch igt aber nicht aus-
geschlossen, dasz der Schriftsteller dem leser gerade durch jene in-
consequenz einen fingerzeig zur beurteüung des grundgedankena
geben wollte, den der redoer ausgesprochen hat der liebbaber, Mrea
wir, ist 6eiÖT€poc, aber die liebe des geliebten achten die götter
höhen wie unterscheidet sich nun seine liebe von der des ^pacnic ?
der liebbaber ist im zustande des ergriffenseins , der geliebte aber
liebt im ipacirjc den ^vOcoc, dh« er Hebt den zustand des ergriffen-
seins , hat also ein bewustsein von jenem zustand ; dies wissen ist j
seine thfitigkeit, ist also das was er aus eigner kraft leistet: denn]
inh&rierte es dem zustande des ^puJC, so müste auch der liebbaber]
wissen, was er in dem geliebten, db. warum er ihn liebt, die lieb« I
des liebhabers entspringt allein der göttlichen einwirkung, während '
sieb in der des geliebten die Wirkung des Eros mit der thUtigkeit
des menseben vereinigt, der gott wirkt auch in ihm, denn seine
liebe ist durch die liebe des liebbabers bedingt; aber indem er wei8Z|,|
dasz er den liebbaber als seinen liebbaber liebt , erbebt er sieb Über
den ^vdouciacpdc und ist in seiner lieb« als selbst mittb&Ug gedacbt
dasz derjenige , der eich in dem reinen , vom gotte hervor gerufenen
begeiäterungszustande beendet, auch dem gotte näher steht als die
nichtbegeisterten, dasz er als IvOcoc auch Gciöicpoc ist, würde».
wir, wenn es fUr sich allein gesagt wäre, nur natürlich finden; dass*
aber dennoch die liebe böber stehen soll, welche mit jenem zu-
stande nicht identisch ist, und dasz der wert der liebe durch das
bewustsein dessen was geliebt wird wächst^, können wir nur daani
verstehen, wenn wir es als einen von Piaton gegebenen hinweia
darauf ansehen, dasz in seinem sinne die liebe mit jenem enthu-
siastischen zustande eben nicht zusammenfHUt » mithin der gmnd*
' wAB in obif^er AUBein&nderaetftnug den wert der liebe begründelyj
i^t al»o nicht der wrrt, sondern di« erkiMinttit» thre» ubjectes, gewÜH
aber wird die erkenoiiiis nuf itcn h^hera stuien des ^pu>c daxa dieneii|^
den wert der objecte der liebe fcitzuiitetleD.
ersten reden in PUtons Symposion. 675
gedanke^ den Phaidros zur geltung bringt, eine einseitigkeit ist,
die eine andere lösung des problems erfordert, diese erbalten wir
zunächst durch
die rede des Pausanias.
Pausanias beginnt mit der bemerkungy die aufgäbe wQrde nur
dann richtig gestellt sein, wenn es 6inen Eros gäbe; da aber deren
zwei seien, müsse man zunächst sagen, welchen man zu preisen
habe, und ihn dann in gebührender weise loben, die existenz eines
doppelten Eros folgert er daraus, dasz man eine himmlische (oupavia)
und gemeine (TrävbnMOc) Aphrodite unterscheiden müsse^ Aphrodite
aber ohne den Eros nicht gedacht werden könne, zwar musz man,
fährt er fort, alle götter preisen®; ich aber werde versuchen ihre
eigentümlichkeit anzugeben, jede handlung nemlich ist für sich
genommen weder schön noch schlecht, sondern wird erst in der aus-
führung so wie sie ausgeführt ist, wenn schön und richtig, schön,
wenn unrecht, schlecht, so steht es auch mit dem lieben und dem
Eros ; preiswürdig ist er nur dann, wenn er antreibt schön zu lieben
(180^ — 181 *). während die dem ''€pujc Trdvbii|LiOC ergebenen der ab-
stammung des gottes entsprechend nicht weniger frauen als iraibec
lieben, dabei die leiber mehr als ihre seelen, und zwar so viel als
möglich die der unvernünftigsten, ist der "Gpujc oupdvioc seiner her-
kunft gemäsz mehr auf die seele und das männliche als das ver-
ständigere geschlecht gerichtet, weshalb er auch bei seinen an-
hängern die gleiche richtung bewirkt, diese wenden sich den
Jünglingen zu, deren natur sich befestigt bat^ und das gesetz, das
^ in der vielfach behandelten stelle (180*) nimt Schanz eine lücke
an zwischen ^iraivelv \iiy oOv 6€t Trdvrac OcoOc und h 6' oOv dxdTcpoc
€tXrjx€ TTCipaT^ov €tiT€lv, während Hug bei der bei. lesart stehen bleibt,
die er mit den worten erklärt: 'loben mnsz man freilich alle götter
(schon um ihrer macht willen), jedenfalls aber musz man versuchen
die functionen der beiden in ihrem unterschiede zu kennzeichnen.'
Pausanias stellt die Verpflichtung de» liraivetv dS(wc toO GeoO der all-
gemeinen Verpflichtung alle götter zu loben gegenüber, jene trägt ihre
Begründung in sich selbst, und auch diese ist an sich verständlich: sie
beruht auf dem religiösen gefühl ; gleichwohl dürfte es erwünscht sein,
wenn sie ebenfalls ausdrücklich begründet wäre. Hug hat sich dieser
empfindung nicht entziehen können, wie sein zusatz 'schon um ihrer
macht willen' bezeugt, am leichtesten würde die von Schanz an-
gedeutete lücke ausgefüllt, wenn man liest: liraivclv fi^v oOv öcl irdvTac
OcoOc \bc OcoOc: 'loben musz man freilich alle götter, eben weil sie
götter sind; jedenfalls aber' usw. der ausfall der worte erklärt sich
nach dem vorhergehenden BcoOc von selbst. * der hieran sich an-
scblieszende satz irap€CK€uac^^voi tdp» oTfiai, clclv oi Ivt€06€v dpx6-
^€voi ^pdv \bc TÖv ß(ov dTravTa Euvccömcvoi koI koiv^ cu^ßiuicö^€voi,
dXX* oÖK ^EairaTf|cavT€C , ^v dq)pocOvi] XaßövTCC die v^ov, KaTatcXd-
cavT€C oiX€c6ai ^ti' dXXov dTiOTp^x^vTcc (181 ^) enthält eine beabsichtigte
häufung der partieipien. Wenn aber Rettig s. 183 In' dXXov dTiOTp^-
XOVTCC für eine epexegese zu KaTaxcXdcavTCC oix€c6ai erklärt, so bildet
vielmehr KaTaT€XdcavT£C mit dem auch sonst einheitlichen otx£c6ai
dnoTp^X^vTCC an dieser stelle einen begriff (s. Krüger spr. 56, 16, 4). ein
576
CScliirlitz: die reilieiifolge der fötif
816 sicli freiwillig auferlegen (pf] ipäy TToibuiv) , mtiste allgemeine
güJtigkeit orlangen (181* — 182*). ein kritischer au 3 blick auf die
verschiedenen über den fpuJC hergehenden vopoi lehrt, daat sie ent-
weder einfii^h oder verwickelt sind, einfach sind sie 1) bei den
Eleiern und Boiotern, die den ^pmc schlechthin für löblich erkläreOf
weil es ihnen an geist, besondere an der notwendigen gäbe der Über-
redung fehlt; 2) bei den unter fremd herschaft lebenden loniern, die
den lpu>C völlig verwerfen , weil er für die tyrannis gefährlich ist«
so haftet der ungeteilten^ sei es billigenden sei es misbilligenden be-
urteilung des ipwc ein Vorwurf an: im erstem falle trifft er die
geistige träglieit der beteiligten» im andern die her^chsucht der
regierenden und die unmännlicbkeit der regierten (182*^ — 182^),
verwickelt ist der vÖMOC in Alben» weil einerseits viele umstände,
wie die Offenheit der bewerbung, die trefflicbkeit der geliebten, die
aufmunterung die dem liebhaber zu teil wird, die ehre des erfolgs
und die weitgehende freibeit, die er menschlicher- und göttlicher-
seits bei der be Werbung erführt, den glauben an eine unbedingte
billtgung des ^puüc erwecken, anderseits begtimmte einrichtungea,
wie die beaufsicbtigung der geliebten, der tadel dem die ^pw^evoi
bei ihren altersgenossen ausgesetzt sind, und das verb alten der
ttltern hei solchem tadel, für die misbitligung des fpujc zu sprechen
scheinen, die lösung diesem scheinbaren widersprachs liegt in der
auf die erkenntnis der art des f puuc abzielenden prtifung der liebhaber
und geliebten (182^ — 184*), die ebenso sehr eine ermunterung
jener als eine abmahnung dieser ist, wie dem liebhaber nur der
erotische dienst ehre bringt, so dem geliebten nur die iGcXoboü-
.Xeia, durch die er an Weisheit und tagend wächst.*" jedes andere
motiv, wie rQckbicht auf vermögen und einflusz des liebhabers oder
Schüchternheit, ist verwerflich, bei dieser auffassung ist nicht nur
die widerspruchslosigkeit der beiden die TiatbcpacTia und (piXo-
cocpia'* betreffenden vö^Ol dargelegt, sondern auch die durch jene
anderer» ebenfallB annehmbarer sinn cr|^äbe «ich bei der eittftcbiebnn^
von Ka(, da« vor KaxaTfXdcavTcc leicht nusfalteo konnte (dXX' oök iEo-
TfaT^cavTtc, ^v dcppocCfVJ] Aaß<ivT€C lOc v^ov, Kai KaTattXdcavrec otxt-
c6at , .)* die Itebhubor h&bon die geliebten geteuscht und verlacht mod
l&afen dann zu einem andern fort
«* dn der »atz oötui hi] . . ^ifOvttöiCTOC 184« unbedioft anf die
(geliebten zu beKleben ist, glaubt Hng, d«ss sie auch geDJtnnt sein
müsBen« und ändert das unverslfindlictie ^iXiv In v^u»v. igt dies ah^
bei dXXr} p(a 6ouKc{a knotiCiOC XcinCTai notwendig? dem sinne würde
diireh die itreifhnn^ von |XU)V (bei dem man wef^en des folgenden
^dv TIC i^ik^ Ttv4 6€pCiTT€0€lV Huch Hn €NISiN denken liönnle) oder
durch KreyenbiibI» vorachliig ical dXXn i^M^v v6mp genügt aein. •' Ha^
lliidel r» (s. 67) an der 184* v6^0V . . tjirouptttv gegebenen forma«
licrung der beiden vö^oi eharnktorifttiich, dnsa der erste dem IpacT^C
nur »uferlege sicti vom Ipujc leiten tu lassen obne rücksicht »nf die
geistige tücbtigkeit des geliebten, dagegen der zweite Tom ^üd^cvoc
das streben nach erwerbung geistiger vollkomroenbeit verlange. »b«r
durch das trachten des geliebten nach tiifrend und bitdang ist aneli
dem Hebliaber eine besvhränkung in der wähl auferlegt, wie sie dem
ersten reden in Platöns Symposion. 677
vöjioi ermöglichte sittliche berech tigung des xapilecBax nach-
gewiesen, für beide, liebbaber wie geliebte, gilt als vö)Lioc das
biKaiuuc UTTOupT€Tv : jener musz die Fähigkeit haben den geliebten
in Weisheit und tagend zu fördern, dieser den willen sich von jenem
fördern zu lassen, bei dem streben nach tugend und Weisheit kann
auch eine teuschung im Charakter des liebhabers ftlr den geliebten
nicht unrühmlich sein, dies ist, schlieszt Pausanias, der ^pujc der
himmlischen göttin , der aber auch selbst himmlischer art und für
die Staaten wie für die einzelnen von höchstem werte ist, weil er
sowohl den liebenden als den geliebten nötigt die gröste Sorgfalt
auf ihre Vervollkommnung zu verwenden (184* — 186*^).
Die erklärer (Steinhart IV 222 — 227, Susemihl gen. entw.
I 374 — 376, Hug s. XL VI — XLIX) haben als wesentliches merkmal
der rede des Pausanias die einführungdes doppelten ^puic bezeichnet,
und allerdings beruht auf ihr nicht nur der fortschritt der Unter-
suchung, sondern auch die ethische grundansicht des redners: jener,
weil nun erst eine Untersuchung der arten des ^pwc und damit eine
entwicklung des begriflfes ermöglicht wird, diese, weil der Stand-
punkt des «verfeinerten sinnlichen ^pwc» , dh. die empfehlung des
XG(pi2[€c6ai um der tugend willen so lange undenkbar ist, als ^puüc
in seiner gesamtheit, wie in Phaidros rede, für etwas gutes gilt,
fragen wir aber, warum Piaton der rede des Vertreters der ver-
steckten Sinnlichkeit diese stelle zugewiesen hat, so kommt zunächst
weder ihre logische beschaffenheit, die ein tieferes eindringen in
den begriff verstattet, noch ihr ethischer grundcharakter, der sie als
eine mit sophistischer kunst geführte Verteidigung athenischer ein-
richtungen erscheinen läszt, sondern das Verhältnis der in ihr ent-
haltenen anschauung vom ^pujc zu der der vorhergehenden rede in
betracht. Phaidros hat den fpujc als das wirken des gottes auf-
gefaszt, das den zustand des liebhabers zur passivität herabsetzt;
nun erklärt zwar auch Pausanias, wie denn auch er das gewöhnliche
be wustsein vertritt, eine lobrede auf den gott halten zu wollen und
bleibt in dem glauben, dasz er dies thue, befangen; aber die ansieht,
die er entwickelt, bildet, ohne dasz er es weisz, den diametralen
gegensatz zu dem was Phaidros gesagt hat. es ist nur eine folge
seiner befangenheit, dasz auch er sich der hilfe des mythos bedient,
den er übrigens mit gleicher willkür wie Phaidros behandelt^ und dasz
er an einer stelle zwei ausdrücke gebraucht, die nur zu dem Stand-
punkte des Phaidros passen (s. 181« . . 69ev hx] dirl TÖ fippev xp^-
TTOViai 0\ iK TOUTOU TOÖ JpUJTOC f TTl TT VC l . . Ka( TIC &V TVoCt] Kttl
dv auxri Tr| Traibepacxicji touc elXiKpivÄc uttö toutou toO fpujToc
U) p JLI n M ^ V 0 u c) ; die bedeutung dessen, wozu ihm fpUüC in Wahrheit
^pujc oOpdvioc und der auch von dem liebhaber verlangten arbeit an
sich selbst (iToXXi?)V ^in|i^X€iav . . TÖv ip{i)\x^yov 185 •») entspricht, zu-
dem hat Pausanias bereits 182 <^ hervorgehoben, es gelte in Athen für
schöner ^pftv . . xal fidXicra tu)v TewaioTdriüv Kai dpicriuv, käv alcxiouc
dXXiuv öüciv.
Jahrbhcher für class. philol. 1893 hft. 8 n. 9. 37
678
CSchirlitz: dia'reihenfolge der fQnf
wird » kann biertlurch ebenEO wenig alteriert werden wie durch di^
ankündigung, er wolle erst sagen, welchen Ipujc man loben müssei
und ihn d&nn auf eine des gottes würdige art verherlichen. um
die mdgliclikeit des schlechten ^pujc zu beweisen , was freilich nn*
nötig war, sobald der vorangehende mythos die kraft eines be weises
beansprucht, stellt Pausanias den satz auf ^ Tcäca totp TTpöEiC Wth*
fx^r aÜTT) dqp* ^auxfic oöt€ kqXti oötc aicxpa. otov 6 vOv f^clc
Tioioöjütev, f| TTiveiv f| oibeiv f) biaXctecOai, ovik ^cti toutujv auiö
KaXöv oüb^v, dXX' dv t^ irpagei, ujc öv irpaxöii, TOioijTOV dn^ßii'
KaXuuc ixiv Tap TtpaTTÖ^evov Kai dpOuic KaXöv tiTv^tai, fir) öp8üüc
bfeaicxpöv(181'*).
Betrachtet man zunächst den logischen wert dieser behau piung,
80 läszt sieh der begriST von seiner Verwirklichung im individuelleii
thuD, dies aber, also die einzelne thafc, insofern sie nur die Verwirk-
lichung des begriffes enthält, von der bestimmten art der ausfllhrun^
unterscheiden, wird nun unter Tfäca irpctSiG der begriff in abstracto
verstanden, so i^ät zwar der satz avxi] iq^* ia\}Tf\c . * alcxpä unaji»
fechtbar, weil jede sittliche qualitÄt ein thun voraussetzt, mithin
dem reinen begriffe als dem blosz gedachten überhaupt nicht zu*
kommt; es würde dann aber mit den folgenden Worten dXX' . . ato
Xpöv dem begriffe die im thun sich vollziehende Verwirklichung"
gegenübergestellt und nichts anderes ausgesagt sein als dastz ein jedes
so beschaffen sei, wie es gel h an werde» dh. der guten Ihat daa
priidicat gut und der schlechten das entgegengesetzte angehöre,
dies hat^ wie der Zusammenhang lehrt, Pausanias nicht gemeint er
stellt vielmehr das mit dem begriffe sich deckende thun, albo daa
*thnn an sich' der art seiner ausführung gegenüber und erklärt, dasi
die (sittliche) qualität desselben erst durch die art der auisführung
bedingt werde, diese bebauptung ist aber falsch; es gibt gewiä ein
vielfaches Trpdrrciv, dem das prädicat KaXöv und aicxpöv erst durch
die bestimmten umstände unter denen es geschieht» also durch die
art der ausführung vindiciert wird^ und zu dieser classe der Trp䣀iC
gehören die angeführten beispiele triveiv $b€iv biaXexccÖai: daneben
aber gibt es ein TTpärrciv (wie etwa eucpTeteiv CUTTiTvtiCK€iv —
TrX€OV€KT€Tv q)6ov€iv), dem die sittlieht} qaalität schon an sieb und
ohne einffusz der besondern umstände seiner ausführung inhftriert.
jenes bezeichnen wir meist mit dem werte 'thun', dies mit dem warte
^handeln*! während der zusammenfassende ausdruck TTparrciv die
** d&flz Qi«n hei iv irpdE€i Jin die Verwirklichung des begriffe«, bei
ihc dv npaxB^ an die art der atisführunii;' denke» verbietet sich lobon
deshalb, weil bei der adversativen gestnUung des sataes {AXV — ) dem
^inen nar (Sin anderes ^egenüberireten kann, aiifh wäre ntclit au
sagen, ob das prüdicat durch die verwirklichnnfc des begriffe» (Iv tQ
irf^EcO oder durch die art der ausfühnmf? bei^rUndet wird; cv tQ
irpdEci dient neben ibc dv irpaxOf) nur anr Verdeutlichung daa wuri
steht aller auch bei richtig'er faMfunf? dos satse« de» Pnu«. in v«r«chad*
dener bedeutuuf;, da es m itAca irpdEtc die bandlung oder daa ibuii, Uk
iv T^ irpötci die ausführuug oder ausübung bezeichnet.
enten reden in Platons Symposion. 579
irrtümliche identification der beiden arten der thätigkeit begünstigen
konnte. '^ Paus, hätte also zeigen müssen, dasz das dpdv zn der erst-
genannten classe der thätigkeiten gehört, wenn seine behauptung,
es komme bei der entscheidung über die sittliche qualität des dpdv
nur auf die art und weise seiner ausführung an , für richtig gelten
sollte, dies konnte er aber nicht, denn das ip&v ist eben kein dbid-
qpopov, dessen sittliche beschaffenheit erst durch die art der aus-
führung bestimmt würde; vielmehr läszt sich die liebe gar nicht
denken ohne ihr object (toO ciJüjLiaTOC, xfic ipuxfic); mit diesem aber
ist die entscheidung über ihr sittliches prädicat sofort gegeben.
Paus, war also nicht berechtigt die möglichkeit des schlechten ^pujc
aus dem satze abzuleiten, dasz jede handlung an sich sittlich indiffe-
rent sei und erst durch die art ihrer ausführung gut oder schlecht
werde, gleichwohl spricht er gerade an dieser stelle nicht nur die
wirkliche erklärung der möglichkeit des schlechten ^pujc, sondern
zugleich denjenigen gedanken aus, der seiner gesamten anschauung
vom fpuic eigentümlich ist.
In dem entbymema, dessen er sich bedient: 'jede handlung ist
an sich weder gut noch schlecht, also auch die liebe' lautet der
vorausgesetzte Untersatz: die liebe ist eine rrpd^ic, ein TrpdTTCiv.
wird aber hiermit IpUJC in das gebiet des menschlichen bän-
de Ins versetzt, so erklärt sich zunächst der Ursprung des doppelten
fpujc: denn nur auf den inbegriff des menschlichen handelns (TTpdr-
T€iv) können die prädicate KaXöv und aicxpöv anwendung finden,
gleichzeitig aber ist £pujc hiermit zum gegenteil dessen geworden,
wofür ihn Phaidros erklärt bat. ihm war er die von gott stammende,
jede activität des menschen ausschlieszende begeisterung , und in-
sofern hatte Phaidros ein recht ihn am Schlüsse der rede 6€UüV KU-
piiÄTaTOv elc dpexfic Kai eubaijuiovlac Kificiv dvGpiÖTroic Kai C&ci
Kai T€X€UTr|caci zu nennen. Pausanias dagegen tritt zwar auch als
lobredner des gottes auf und führt die ezistenz des doppelten Eros
auf das Vorhandensein der 'AcppobiTT] oupavia und 7Tdvbii)iOC zurück,'
thatsächlich aber ist der mythos, aus dem er seine ansieht ableitet,
nur die folge davon, dasz er das dpdv für ein irpdTTCiv hält: so ent-
steht zwischen der aufgäbe die er sich stellt, und der lösung die er
*' wenn daher Steinhart 8. 224 sagt: 'dem richtigen satze, dasE eA
ein mittleres zwischen sittlich gntem und hösem gebe, und dasz dahin
die liebe gehöre, gibt Paus, sogleich eine ganz verkehrte Wendung; er
bestimmt ihren sittlichen wert nicht nach dem zwecke und der ge-
sinnung, noch weniger nach allgemeinen und ewigen gesetzen, sondern
allein nach der art und weise der ausführung, als ob nicht diese eben das
materielle und substantielle bei allen menschlichen handlungen wäre,
deren wahre Sittlichkeit aber nur aus einem höhern princip beurteilt wer-
den kann, seine behauptung ist also eine leere tautologie\ so liegt die
tautologie nicht darin dasz Paus, ausdrücklich die gute that als gut,
die schlechte als schlecht hezeichne, sondern darin dasz der satz 6 KaXuüc
(alcxpu)c) irpaTTö^ievoc "Gpwc koXöc (alcxpöc) icriv nach der natur
die.ses bestimmten begriffes mit dem satze ö KaXöc (aicxpöc) *€puic
KaX6c (alcxpöc) Ictiv zusammenfällt.
37*
580
GScbirlitz: die reihenfolge der fQnf
gibt, ein widersprucb , der in den werten ^Ttaiveiv ^tv ouv bei
TcdvTac öeoüc deutlich hervortritt, wenn er auch dem redner selbst
nicht zum bewustsein kommt, denn dieser glaubt den gottzu loben
und wählt daher den ausdruck mehrfach in einer seinem glauben
entsprecb enden weiee^ aber der inhalt der rede wird doch allein yon
dem salze getragen, da^z das dpäv ein TTparrctV ist.
So heiszt.es zwar im einlange, der Eros der Aphrodite psa-
demos vollführe, was sich trifff. (^EepTdCerai ö Ti 6v TuxiJ IBl *), aber
gleich darauf treten die der (Binnlicben) Uebe ergebenen menschen
an die stelle des gottes: sie sind, wie schon die mit dem verbalen
accusativ gebildete von Phaidros nicht gebrau cht« wen düng (xal
ouTÖc ^CTiv 8v o\ «paöXoi tujv dvöpdiirujv ^pujci) und die weiter«
auaführong(^piI>ci be ot xoiouTOi irpoiTOV ^iv oüx f)TTOV T*JvaiKUiv
f| TcaibuDV, fireiTa, ujv xai ipvja, tujv cujpdTujv päXXov f| xiltv i^u*
XUJV, f Ti€iTa die Sv büvujvTai dvoTiioTdTujv, TTpoc TÖ biaiTpäEaceai
^6vov ßXenovxec» äueXoövTec b^ toö KaXu/c f\ firj 181 •*) erkennen
laöJien» die eigentlich thtttigen. ihnen wird eine bestimmte absieht
zugeschrieben (ttpöc t6 biairpaEacOai pövov ßX^rrcvTCc) und die ver-
nachldssigung dessen, worauf sie achten müs^ten, vorgeworfen (d^€-
XoövT€c bl TOÖ KaXüjC KOI ^r|) , weshalb denn auch die zuf^tUigkeit
des erfolgs, die vorher dem gotte beigemessen wurde, hier lediglicll
als ihr werk ers^cheint (Ö9€V bi\ EuMßaivci aÜToTc, ö xi Sv xuxuuci»
ToOxo TTpdxxeiv). allerdings gleitet der redner stur begrtlndung der
merkmale dieser liebbaber nochmab auf die mythische erklärungs^
weise ab (Icxi xdp Kai ttjc 6eoö . . lißpeujc djioipou) und nennt
dem entsprechend die anhÄnger des *'6pu>C oupdvioc gottbegeistert
{?Tn7TV0i)j sowie die, welche sich in der naibcpacxia als solche er*
weisen, von dem gotte getrieben (uttö xouxou xou fpmxoc d»p^T|*
ji^vouc), aber wenn schon in den nächstfolgenden worten der aus*
druck KOpccKeuac^A^voKtdp, oTjuai, elciv ol ivicööev dpxöpevoi
dpäv . . auf die absicbtlichkeit des thuns der menschen hinweist,
•die nach bestimmter methode (oü Tdp ^puJCi . » t^vcidcKeiv) und in
bestimmten erst positiv (ibc , . CUMßiu>CÖ^€VOi), dann negativ (dXX*
OÖK dIaTraTr]Cavx€c . * diroxp^x^iv) formulierten zwecken verfabreD,
so Ittszt die weitere bemerkung, dauz die liebe zu unverntln fügen
wegen der Unsicherheit des erfolges verboten i^ein müsse (Xpflv ht
Kol vöpov clvai ^i\ ^päv naibiuv» Tva pr| ♦ , dviiXicKexo) , an der
richtigkeit dessen, was als grundgedanke dieser rede bezeichnet
wurde, noch weniger einen zweifei tlbrig. denn das gesetz kann,
wie es von menseben gegeben wird, auch nur fü r menschen ge*
geben werden, kann sich daher auch nur auf das bezieben, was inner^
halb der grenzen menschlicher entschlieszung liegt, und vertrSgi
sich, weil es die freiheit des willens voraussetzt, nicht mit dem tu*
stände einer gebundenheit, in welchem der mensch nur das voll*
bringt, wozu er von dem in ihm wirkenden gotte bestimmt wird«
auch offenbart sich diese bedeutung des gesetzes nicht weniger «n
den guten als an den schlechten: jene bedürfen es zwar nicht, aber
ersten reden in Platons Symposion. 581
doch nur deshalb , weil sie das rechte aus eigner kraft vollbringen,
während es für die schlechten ein correctiv mangelhafter erkenntnis
oder verkehrten willens ist, durch das sie zur anerkennung des
rechten gezwungen werden, wenn daher Paus, fortfährt: ol fi^v
OÖV dTCtÖOl TÖV VÖjLlOV TOÖTOV aUTOl aUTOTc ^KÖVTCC Ti0€VTai,
Xpnv hk Kttl TOUTOuc Toüc TtavbriiLiouc dpacToic TrpocavaTKdCciv
TÖ toioOtov, so beweisen beide sfttze in gleichem masze , dasz ihm
Eros ein menschlicher Vorgang (TTpctTTeiv) ist, für den der mensch
allein die Verantwortung trägt, darum kann er denn auch die sinn-
lichen liebhaber für schuldig an dem verrufe erklären, in den das
XapiZ;€C0ai dpacxaic als alcxpöv bei manchen gekommen sei , und
von ihrer dKatpia und dbiKia sprechen, was nicht möglich wäre,
wenn der liebende ein willenloses Werkzeug in der band des
gottes ist.
Durch die kritik der verschiedenen über den fpuüc herschenden
anschauungen, zu der sich Pausanias nunmehr wendet, stellt er sich
als den Vertreter der Staatsmänner in dem um Agathon versammelten
kreise dar: dabei beweist seine verherlichung athenischer einrich-
tungen eine mit formaler gewandtheit wohl vereinbare localpatrio-
tische befangenheit; die kritik selbst aber, oder vielmehr die mög-
liebkeit der annähme verschiedener ansichten beruht wiederum auf
dem gedanken, dasz fpiüc menschliches thun und treiben, nicht die
that eines gottes ist. die in den einzelnen Staaten gültigen vöfioi
enthalten das teils durch gesetzliche masznahmen teils durch brauch
und sitte fixierte: denn wie der vöfiGC die sitteund den Charakter zu
bilden pflegt, so wird er umgekehrt durch den Charakter der Völker
und Volksstämme (die fjGii) beeinfluszt; so findet eine Wechselwirkung
statt, die es ermöglicht, dasz unter den vöjiGi ^sowohl die gesetze
als die Anschauungen' der volksstämme (Hug s. 56) verstanden wer-
den, beides sind eben menschliche festsetzungen , die ihren grund
in menschlichen an- und absiebten haben, und wenn förmliche ge-
setze gewöhnlich erst aus sitten und gebrauchen entstehen, so konnte
doch auch wegen der normierenden und charakterbildenden kraft,
die dem gesetze inwohnt, sitte und gebrauch auf den «historischen
act einer vojiioOecia» zurückgeführt werden, dem entsprechen nun
auch die ausdrücke , die Paus, in der folgenden auseinandersetzung
gebraucht, sein thema ist hier 6 Ttcpl TÖV fpuüxa vöjioc: er findet
dasz derselbe in andern Staaten verständlich ist, denn seine bestim-
mungen seien einfach (diiXaic T^p ulpiCTai 182*), in Athen aber
verwickelt: bei den Bleiern bestehe einfach die regel (diiXiIic V€VO-
|üio0€TTiTai): KaXöv TÖ xoLpilecQcLx dpacTaic, während in lonien
und andern den barbaren unterworfenen Staaten dasselbe verfahren
für aicxpöv gelte (ttic bfe luüviac kqi fiXXo0i ttoXXqxoO alcxpöv
V e V 6 |Li i c T a i). am ende aber des über den vöjaoc diiXoCc bemerkten
heisztes: oÖTUJC ou jLifev alcxpöv iTiQx] xapiZ!€c9ai dpacxaTc, Karia
Tuiv 0€|üi^vujv KCiTtti . . oö bfe KttXöv dTiXiIic dvojnic9n, bia
Tf|V TÄv ©eji^viüv TTJc ipuxflc dpTictv. wie aber Paus, den fpiüc
582
CScbirlitz: die r^ilienfolge der fünf
schon durch die wähl der ausdrücke als menschliche Atzung dar-
stellt, so eind es anch menschliche absichten, aus denen er seine ver-
schiedene beuiteilüng erklärt, diese absiebten beruhen auf der Ver-
schiedenheit der stamme, die Boioter lassen ihn für unbedingt
löblich gelten, um sich einen ihrem naturell unbequemen anfwaad
von beredsamkeit zu ersparen, die lonier dagegen verwerfen ihn
gänzlich , weil die herscber in festen freundschaften und besonders
in der hohen gesinnung, die der ^pujc hervorzurufen pflegt, eine ge*
fahr für die herschaft erblicken* dort ist es die äpTlct xfic ^iuxf)C,
hier die KOKia (tujv Ö€^€Vujv), und zwar genauer die irXEOVCEm
Tujv ÄpxövTUJV nnd die dvavbpia idiv äpxojuevuiv, die das urteil
erklärt.
In ähnlicher weise wird nunmehr die athenische anschanno^
von der liebe besprochen, wobei zuerst die umstände erwähnt wer-
den , die sich für eine unbedingte billigcing derselben anfuhren
lassen, es sind dies die Öffentlichkeit des Verhältnisses, die sittliche
tttchtigkeit der geliebten , deren Verführung die (öffentliche meinung
am wenigsten ertragen würde, die ermunterung, die dem liebhaber
von allen selten zu teil wird, die ehre» die mit dem erfolge der be-
Werbung verbunden ist, die erlaubnis mittel anzuwenden, welche
bei andern zielen weder von freunden noch von feinden gestattet
werden (wie flehentliche bitten, eidschwüre, nächtliches Hegen vor
der thür), endlich die beurteilung des 6pK0C öcppobictoc^ die zu-
gleich eine äuszerung der gQtter in sich schlieszt. auch hier werden
die erotischen gewobnheiten als ein act der gesetzgebung bezeichnet
(dvSdbe hk 7To\u toütudv KdXXiov vevonoO^TiiTai). auch hier
ist es das gesetz, das die be Werbung ih. der angegebenen weise ge*
stattet (182* Kai irpöc tö dTT»X€ip€w iXtiv ilouciav 6 vd^oc W-
buüKC Tuj dpacT"5 GauMacTd Ipfci ^ptciJIom^viü dTTaiv€ic6ai, 183 "> tip
6* ^pujVTi Tidvia TQijia TroioövTi xdpic iTretai, Kai örtoiai önd
Toö vöfxou fiveu öveibouc irpaTTCiv, übe ttdtKaXöv ti irpatMO bia-
irpanoM^vou, und am ende: outu) Kai oi 0€oi Kai o\ dv^piutroi
Tidcav ^Eouciav nenoirjKaci tu* ^pa»VTi, uic 6 vo^oc tpnclv ö Iv-
Gdbe). für die entgegengesetzte auffaasung sprechen die thatsaehen,
da^z 1) die väter ihren s^^bnen pädagogen beigeben^ um sie an Unter-
redungen mit den liebhabem zu hindern, 2) die altersgenossen einen
derartigen verkehr, wenn sie ihn wabmehmen, tadeln und mit ihrem
tadel bei den altem keine misbilligung erfahren (183 <^'^ ^XTetbdv hl
. * etc bk raöTd Tic au ßXeipac fixncaiT* &v TtdXiv alcxicTov t6 toi-
oOtdv ^v6dbe voMlJIecOai). beim beginne der l5sung dieses
scheinbaren Widerspruchs geht Paus, auf den eatz zurück , dasz wie
jedes thun so das Hebenf also auch das x^p'^^^^^^ "^oic Ipacialc mls
KaXiüc irpaTTÖ^evov lob verdiene (kqXöv sei), &h aicxpuJC Ttparrd-
)i€VOV tadel. für den vorliegenden begriff verwandelt sich das KaXiI»C
Xapl2l€c8ai in die doppelte forderung, dasz der liebhaber gut sei
und der geliebte ihm aus löblichen gründen willfahre, liebt nun der
gute liebiiaber die seele dh. die wackere Sinnesart, so ist mit dieser
ersten reden in Platons Symposion. 683
seiner beschaffenheit auch die des geliebten gesetzt, die absieht
des athenischen gesetzes, das nach dem obigen gnindsatze eben
so sehr zur anerkennung wie zur Verwerfung des f puiC berechtigt ist,
kann also nur darin bestehen , den liebhaber und den geliebten in
zweckmäsziger weise zu prllfen. als geschickter agonothet ermuntert
der vöjLioc den liebhaber zum verfolgen, den geliebten aber zur flucht,
damit sich in der so gewonnenen zeit herausstellen könne, zu welcher
gattung beide gehören (bid TaGra . . dpOüficvoc), dh. ob der liebhaber
wirklich etwas bleibendes, nemlich das TjOoc XP^CTÖv liebe, und ob
es auch dem geliebten um etwas bleibendes zu thun sei. denn ein
aushalten auf beiden Seiten, wie es der vöjüioc verlangt, ist nach der
auslegung des gesetzes, die der redner gibt, nur dann möglich, wenn
auf beiden Seiten etwas dauerndes erstrebt wird, von dem gewalt-
thätigen liebhaber kann der geliebte einen solchen gewinn nicht er-
warten : er wird sich also von ihm njcht schrecken lassen dürfen ;
ebenso wenig ist ihm .das xcipi2Iec6ai um des reichtums und der
politischen macht willen gestattet, denn diese dinge haben keinen
bestand, ist also nach athenischem gesetz das X0ipi^€c9ai dennoch
erlaubt , so ISszt sich das nur so erklären , dasz der geliebte danach
strebt an tugend und Weisheit gefördert zu werden, die in der tbat
etwas bleibendes sind (184 *> \x\a bf| XciireTai Tip fmcT^pqj vöjüiifi
6böc . . TTaibtKd). bei diesem streben ist auch ihm , wie nach der
vorhergehenden auseinandersetzung dem liebhaber, dh. nur dem
XPncTÖc dpacTrjc, freiwillige dienstbarkeit gewährt (184«^ V€VÖ-
jLiiCTai TOiP &n ^M^v . . KoXaKcia). so zeigt sich die widersprucbs-
losigkeit der athenischen anschauung, sobald man die den liebhaber
und den geliebten betreffenden bestimmungen richtig combiniert,
und es wird, wenn sich jener von dem grundsatze leiten läszt, den
geliebten an tugend und einsieht zu fördern, dieser aber, sich fördern
zu lassen , der dienst des geliebten in Wahrheit zu einem löblichen
thun. selbst der miserfolg, der bei einer teuschung durch den liebhaber
entsteht, kann dem geliebten keine schände bereiten, sofern nur
seine absieht auf sittliche förderung gerichtet ist dasz aber beide,
der liebhaber und der geliebte, ihre wahren absiebten enthüllen,
dies eben will das athenische gesetz bewirken: wie der boiotiscbe
und ionische, so verfolgt auch der athenische vöjiGC einen bestimmten
zweck, wenn nun Paus, mit den worten schlieszt : ^dies ist der fpujc
der himmlischen göttin, der auch selbst himmlischer art ist und von
höchstem werte für die Staaten wie für die einzelnen, weil er sowohl
den liebenden als den geliebten nötigt die gröste Sorgfalt auf ihre
eigne Vervollkommnung zu verwenden ; jeder andere fpuüC dagegen
gehört der andern, der gemeinen' (185 ^*^); so erinnert dieser schlusz
an den ausgang der rede des Phaidros, weil auch dort das lob
des ^piüc mit dem Verdienste begründet wird, das er sich um die
sittliche förderung der beteiligten erwirbt, nur dasz Phaidros den
«rotiker mehr an tapferkeit, Pausanias mehr an Weisheit wachsen
läszt. gleichwohl ist diese ähnlichkeit der ergebnisse nur ein schein :
584
CSchirlltz; die reibenfolge der fSnf
denn während das sittliche gefühl, das der f pujc erzeugt, hm Pbaidros
eine Wirkung des gottbegei^terten zustantles, mitbin eine folge des
göttlieben tbuns ist, hat Paus, die sittliche förderuog, um deren
willen er den ^pmc proisst, zum zwecke der liebenden selbstgemacht:
der liebhaber bat die absieht dem geliebten zu einsieht und togend
zu verhelfen , der geliebte aber , sich in einsieht und lügend fördern
zu lassen (184** vöpov Ixiuv iKctTEpoc , . Kai 6 ^^v buvducvoc €k
«ppovticiv KQi Tf|v äXXtiv dpETTiv lüpßdXXecOöi, ö 5t beopevoc clc"
TTaibeuciv Kai xriv äXXr|v coq>Lav KiäcOai), beide also haben den
willen sich durch den gegenseitigen dienst, den sie sich leisten ^ zu
erziehen, auch der liebhaber: denn wenn er auf den geliebten einen
bessernden einflusz ausüben soll, musz er vor allem an sieb selbst
arbeiten^ wie dies Paus, mit den Worten (185^) outdc ictiv 6 TTJc
oupavtac OeoO fpujc . . TroXXf|v dmiieXeiav ctvatKciZluiv Troi€ic$ai
npöc dp€TT|V TÖv T€ ^pujvTa auTÖv auToCi Kai töv ^pLÜpevov deut-
lich auasjpncbt
So sind die liebenden ihrer absieht Inne und handeln zweck-
bewust; aber die absiebt ist nicht nur im subject vorhanden, sie be-
steht auch objectiv als sitte des Stammes oder volkes und sucht als
solche das thun des einzekf^n in entsprechender weise zu gestalten,
weil aber die anscbauungen und absiebten der menschen verschieden
sind, ist fpujc selbst dadurch zu etwas manigfaltigem geworden und
löst sich in einen complex von gebrauchen und gewobnheiten auf,
was durch das Vorhandensein des boiotischen, ionischen, atti^icben
vöfioc bestätigt wird, das thun der menschen ist jedoch nicht nur
wegen der verschiedenen lateresÄen , die sie verfolgen , verschieden,
wie zb. die lonier und alle von ty rannen beherscbten Völker den
f puic aus politischen gründen verwerfen, sondern auch von verschie-
denem sittlichen werte, ja der gegensatz des kqXöv und alq^pöv,
in den der begriff des sittlichen ausläuft, findet überhaupt nur an-
Wendung auf menschlicheB thun. darum gibt es denn endlich auch auf
Pansanias Standpunkte eine gute und eine verwerfliche liebe, leitet
er selbst beide aus der existenz des ^'CpuiC oüpdvioc und TtdvbTiiiOC
ab, 80 liegt die sache in wabrheit so, dasz erst die menscblicbe
natur des £pUJC zur annähme jener doppelgottheit führen muste. daa
zweckbewuste bandeln, das Paus, dem liebenden beimit^zt, die Viel-
heit erotischer v6/ioi, die er kritisiert^ das Vorhandensein eines guten
und schlechten fpuic: dies alles erklärt sich daraus, dasz er die Hebe
als ein menschliches thun (TTparreiv) beEeichnet hat. damit ist trol«
der ähnlicbkeit der epiloge beider reden fpu>c zum gegenteil dessen
geworden, was er nach dem grondgedanken des Phaidros war. wie
aber der Schriftsteller den leser auf die mangeihuftigkeit dieses
gedankena hinzuweisen verstand, so läs»zt er uns auch erkennen, das«
der zweite redner nur eine neue einseitigkeit an die stelle der ein*
** clc, von Scbüti grestrioheot iit mit KTdcOai kaum su vcrdneiii
allerdfai^s scheint Traffteuctv . . KT^cOat fii4t eine toobescheideiio forde*
ratig dc9 ^pd^fieveo (s. Hug •, 2Z1) m sein»
ersten reden in Platons Symposion. 585
seitigen aufikssung des ersten gesetzt hat. Paus, will den gott Eros
preisen, aber auch ''€pujc TrdvbTijLioc ist, wie er selbst sagt, ein gott,
und loben musz man, wie er wiederum selbst sagt, alle götter. ent-
weder also musz er sich entschlieszen zu loben was er verurteilt,
oder in der lösung seiner aufgäbe eine lücke bestehen lassen, da er
nun aber vor diese alternative nur dadurch gestellt war, dasz er den
f puiC als ein menschliches thun bezeichnet hat, denn nur dies ist gut
oder schlecht, so ergibt sich, dasz der gedanke, auf dem seine Vor-
stellung vom ^puiC beruht, zwar den mangel der vorhergehenden
rede berichtigt hat , aber selbst mit einem neuen fehler behaftet ist
und daher eine befriedigende lösung der frage nicht enthält, wie
die an t wort des Phaidros, so weist auch die des Pausanias über sich
selbst hinaus. ^piüC kann keines der beiden extreme, dh. weder ein
ausschlieszlich göttliches wirken noch ein rein menschliches thun sein,
(fortsetzang folgt im nächsten hefte.)
Neustettin. Carl Sohirlitz.
66.
ÜBER MAAICTA BEI ZAHLEN UND MASZBEGRIFFEN IM
CLASSISCHEN SPRACHGEBRAUCH.
Die manigfachen meinungsäuszerungen , die von Hesjchios bis
auf unsere tage über die bedeutung des jiidXiCTa bei zahlen vorge-
bracht worden sind, lassen ein auffallendes schwanken zwischen den
abweichendsten erklärungen und entgegengesetztesten ergebnissen
erkennen, bald wird es mit 'mehr als, mindestens', bald mit 'nicht
mehr als, höchstens', hier mit 'gerade, genau, voll', dort mit 'un-
gefähr, etwa, rund' übersetzt, eine Zusammenstellung der verschie-
denen von den grammatikern und erklärem (es werden über 20 vor-
geführt) aufgestellten ansichten hat Vömel in seinem Frankfurter
gymn. - Programm von 1852 'über den gebrauch von jüidXiCTa bei
zahlen' gegeben, dieser selbst gelangt zu dem ergebnisse, dasz
jLidXiCTa 'je nach der absieht des Zusammenhangs zu übersetzen ist
durch «gerade, voll, rund, gewis», mag nun der sinn unserm «wenig-
stens» oder «höchstens» entsprechen.' gegen die ziemlich wider-
spruchsvolle beweisführung und schluszfolgerung Yömels hat schon
Schubart (in der zs. f. d. aw. 1855 n. 13 f.) aus dem gebrauche bei
Pausanias, wo er sich besonders häufig findet, dargethan, dasz
«juäXiCTa in allen Verbindungen bei Pausanias keine andere bedeu«
tung habe als die des ungefähren, des zweifelhaften, des annähernden.»
Ohne auf eine directe kritik der bisher zu tage getretenen
meinungen einzugehen, vertreten wir die anschauung, dasz aus einer
möglichst umfassenden beobachtung des thatsächlichen Sprach-
gebrauchs eine mit der eigentlichen bedeutung von jLiäXicra über-
586 OSchwab; über ^dXtCTa bei xableu mnd maszbe griffen.
©instimmen^^e erlclÄrung &icb ergeben müsse, von vom herein iai
die forderuög zu erbeben» dasz für alle fälle des gebrauche voa
fidXicra bei zahlen eine gleicbmüszige erklärimg möglich oder doch
auf einen einbeitlieben ur^^prung zurückzuführen sei. die pi^Üfong
der aus der litteratur bekannten beispiele zeigt nun an sich schon^
dasz jidXicia sowohl bei mindest- als auch bei höchstzahl-
ÄDgaben auftritt, diese doppelte function des — schlieszHch fast
aar reinen partikel abgeschw lichten — Superlativs iijt also offenbar
nur denkbar bei einer beide extreme umfassenden dh. ungefähren
wabrscbeinlichkeitS'bedeutang* jüdtXicra bei zahlen und masz*
begriffen ist in durchaus keinem andern sinne gebraucht als in dem
sonst geläuflgen '^ polhsimum, am ehesten, am liebsten: durch ein
fiäXtcra bei einer zahl- oder maszangabe wird diese als eine solche
bezeichnet, welche am passendsten, richtigsten scheint|
welche der Wirklichkeit am nächsten kommt, wenn eine
genaue bestimm ung unmöglich oder unn5tig ist»
Die erklärer sind, wie es scheint, sehr bäu6g auf abwege ge-
raten durch die Zusammenstellung jenes judXicia mit dem lateini-
schen maxime^ indem sie diesem eine gradsteigemde bedeutung —
als ausdruck des höchsten grades der genauigkeit, der bestimmtesten
gewi»beit — beilegten, dem gegenüber ist auf die allgemeine und
principielle bedeutung der com parat ions formen als der eigentlich
relativen formen der adjectiva (oder adverbta) hinzuweisen, die als
Bolcbe nur im vei'gleicbe zum positiv desselben begriffs eine Steige-
rung bezeichnen« die aber ebenso h&u6g zu einem gegensfttz-
liehen begriffe in bezieh ung gesetzt werden und alsdann^
eine gradmin derung« beschränkung der qualität gegen^
über dem positiv (dem absolut gedachten adjectivbegriff) b«
deuten, vgl, zb. veüürepoi (gegensatz np€CßuT€poi) die jüngeren dt
die verbältnismä^i^ig jungen im gegen^atz zu den alten; dagegen'
V€iüT€pOi als Steigerangs form «= die noch jünger sind (al^ andere
V^Oi). * diese doppelte, allen comparationsformen zukommende funo*
iion, die auf rein logischen Voraussetzungen beruht, hat man gerade
bei potXXov, pdXiCTa schon längst zu unterscheiden sich gew5hnt:
im vergleich zu. einem ^dXa bedeutet (fidXXov und) pdXiCTQ eine
iteigcrung — *am meisten, im höchsten grade, ganz gewis*; im ver-
gleich zu einer negation (einer unentschiedenen, ungenauen angäbe)
ist est mit ^am ehesten, am liebsten' lat. (potius) potissimum eu
übersetzen, wobei zu bemerken ist, dasz auch ma^is und maxime in
letzterm (gegensätzlichem) sinne gebraucht werden.
Unmittelbar zur erklär ung dieses ^dXiCTQ bei ungenauen lahU
bestimmungen führt die beobachtung des eigentlichen einnea von
lidXicxa bei adjectiven, welche eine ähnlichkeit, gleichheit bezeichnen.
* die griechischen comparation»farm«n in ihrer gegensättltchea
bedeutmig »ind yom vt vom historiBchen f^euohtvpuxikte «tts be*
hiuidelt worden in Hchanx b^iträeen cur hint. »yol^x der grieclt,
spräche, lIs beft [bd« IV lieft 1), Würzburg 189S.
OSchwab: über )LidXiCTa bei zahlen and maszbegriffen. 587
es verrät eine sehr oberflächliche auffassung, formen wie jüidXlCTa
dvaXiTKioc, jnäXicra i^(pepr\c einfach als 'umschriebene superlativ-
formen' auszugeben, während doch der unterschied zwischen ^sehr
ähnlich, im höchsten grade ähnlich' und '(verhältnismäszig) am
meisten ähnlich^ am ehesten vergleichbar' sofort in die äugen fällt:
jenes sind Steigerungen der positive, dieses bezeichnet einen sehr
beschränkten grad der ähnlichkeit, der an einem im übrigen unähn»
liehen, verschiedenartigen Vergleichsgegenstande constatiert wird
(beispiele aus der litteratur s. an dem in anm. 1 angeführten orte
8. 125 f.).
So findet sich jüidXiCTa denn auch bei den verben des meinens,
vermutens; scheinens, vgl. Herodotos II 8 crdbioi bi. jiidXiCTa dbÖK€Öv
jLioi clvai biTiKOciiüV QU TrX^ouc, bei pronominen (oötiü jüidXiCTa
usw.), besonders interrogativen (t( jiidXiCTa; ttöcgi {iidXiCTa; tt^ jud-
XiCTtt) , bei orts- uifd Zeitbestimmungen (zb. tÖT€ judXiCTa Aristoph.
Vö. 1116. Eur. Iph. Aul. 342, T^be juevTCi 0' fijLi€p(;i jidXiCTa Aristoph.
Vö. 1071, TTTiviKa indXiCTo; Piaton Kriton 43* 'wann am ehesten?
wann denn wohl?, wann eigentlich?', tö bfe ?p)Lia . . iöv i\ iröpqi
jLidXiCTa Herod. VII 183, irpöc vötov judXiCTa T€Tpa)LijLi^vov Thuk.
(Krüger) II 15, 3 und zahlreiche andere in den grammatiken und
in der 'sjntax der gegensätzlichen comparation' gesammelte stellen)
— überall im sinne einer unter verzieht auf eine genaue angäbe ge-
gebenen oder zu gebenden annäherungsweisen Schätzung,
Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Die gleichartigkeit oder vielmehr identität des fidXiCTtt bei
zahlen mit dem in den angeführten Verbindungen auftretenden ist
leicht zu erkennen und auch kaum ernstlich bestritten worden, es
läszt sich wenigstens logischerweise für ein solches jüidXiCTa bei
einer local- oder temporalbestimmung^ die einen zahlbegriff enthält,
durch den zahlbegriff allein die aufstellung eines verschiedenen er^
klärungsprincips nicht rechtfertigen, vielmehr wird in allen fällen
dem sinne des jüidXiCTa bei zahlen und maszbegriffen das
deutsche 'ungeföhr, am wahrscheinlichsten, wohl, etwa' gerecht,
auch unser 'gewis' wird, wie Yömel richtig hervorhebt, so gebraucht|
wenn etwas auch nicht gewis ist. vgl. 'es sind gewis 4 stunden von
hier' dh. es werden wohl 4 stunden sein ; 'es waren gewis tausend
menschen anwesend' — das Hom. judXa jüiüpioi (lat. /*ere, circUer).*
so bestimmt auch Cicero mit bezug auf Thuk. I 118, 1 dv £T6Ct
TT€VTrJKOVTa jLidXicTa jLiexaHu xfic E^pHou dvaxwpiicciüc xal Tf|c
dpxnc ToCbe ToG TToX^fiou den Zeitraum von der preisgäbe Athens
durch Themistokles bis zur einschlieszung der stadt unter Perikles
durch annum fere post quinqitagesimum (cid Att. VII 11, 3), in
Wirklichkeit waren es 49 jähre.
Auf experimentelle bestätigung unserer grammatischen beweis-
' auch Poppo hat die naheliegende bedeatangsentwicklung des
Superlativs nicht erkannt; er bemerkt zu Thuk. I 13 «luidXiCTa «— /iprwie,
plus minus , quamquam quomodo hanc vim acceperit parum liquet.>
588 OSchwab: über ^dAicxa bei lablen und maazbegriffen.
fÜhruDg dürfen wir nicht hoffen: genaue berechnungen und Prü-
fungen dtsr angaben der autoren, wie sie zb. Clinton, dann V5mel|
und auch S€hiibart durch nachmessungen verbucht haben , sind bei^
der Unsicherheit des maszstabea wie der localen Verhältnisse nicht
unanfechtbar, thatsfichlich hat sich auch immer ein plus oder minnä
gegenüber den überlieferten zahlen ergeben, eo dasz sich wieder
die frage erhebt: gestattet die vorhandene differenz die zahl doch
noch als eine genaue angäbe zu betrachten oder ist sie gerade ein
beweis für die ungenauigkeit? ferner: hat der autor Uberhaupt
selbst eine genaue rechnung zu gründe gelegt?
Als gleichwertiger ersatz von pdXicia werden gebraucht di©
sjnonymen adverbialia IffUTQTa Thuk. VI 4, 4. ö, 3, ^ffuc Thuk,
VI 2, 5. 5, 3, Xen. Anab. IV 2, 28 =prap€, paene (vgl Plalon Parm.
127^), dpöOTara Piaton Ges. VI 771 \ wozu vielleicht als ana-
logon eine redensart aus der fränkischen mundart bei schwanken-
den, auf ungenauer Schätzung beruhenden zahlangaben angeführt
werden darf: twenn's mir recht ist»; icarc Dem. 20, 21 iif\KOVi(X
icuic f\ mKpqj TiXeiouc, 21, 154 YtTOVibc firi irepi irevxiiKOVTa
iciüc f\ piKpöv IXaxTOV. für endgültig beweisend hätte aber schon
der mnatnnd erachtet werden sollen, dasz in unmittelbarer Ver-
bindung mit judXiCTa die zur bezeichnung der numerischen un-
bestiraratheit dienenden präpositionen Tt€pi, €lc, Kaid (zb. Tiepi
ciKOCi ^dXicTö xai iKttTÖv Thuk- m 98, 3, de bi dvSpac biOKOcioucj
Ktt» etKOCi judXicia DI 20, 2), jjdXicta und — besonders bei Herodol
— die adverbialen indefinita wie nou, Trf| (k^), ituic, djc auftrtiten^
demgemilsz erklärt Buttmann: *bei wirklichen zahlen drückt ^äXiCTü
die höhe derselben zwar mit Überzeugung aus (gewis, gut, gern]
doch so dasz man zu erkennen gibt, es sei nicht v$ll]|^
ausgemacht, daher auch öfter irf), izou udgl. beigefügt ist/ vgl
auch Hermann ad not. ad Viger, s. 416.
Wie bringt Vömel diese erscb einung mit seiner definition vo
^dXtCTQ e= 'gerade, voll, genau* in einklang? er musz zu der selt-^
samen erklärung greifen: 'eben weil ^dXicta bei zahlen eigentlich
«genau» heiszt, so setzte man da^ wo die genauigkeit nicht so ver-
bürgt werden konnte, noch eine mildernde partikel dazu* — in der
that eine höchst sond*^rbare contradictio in adiectol wer nur mv
einem solchen orakelbaften 'genau ungefähr* *gerade etwa* etwa
anzufangen wüste l Vömel setzt sich auch mit sich selbst in wider*
Spruch , wenn er daraus die bedeutung einer *objectiven ungewis*
heit* zu entwickeln sucht, im übrigen scheint er eigentümlicher-
weise eine 'runde' zahl für eine genaue Zahlbestimmung zu haUev
Nur bei pdAicta als ungenauer zahlangabe sind ferner hin uni
wieder — ganz wie bei Icujc, s. oben — sieh findende zusitsi
wie Kai öXiTUJ nXeiuj, icai (tö) tiX^ov statthaft wer denk
und spricht wohl so, wie Vömel die beiden »teilen bei Tbukydidea
I 18 und VII 80 übersetz : iTf\ T^p ^CTi ^dXiCTa TCTpaKOCia Kai
öXiYt}J TrXeSuj 'es waren gerade 40O und noch etliche jähre', t6
OSchwab: über ix&Kicra bei zahlen und maszbegriffen. 589
^juicu jLidXiCTa KQi TÖ ttXcov 'gerade die hälfte und noch etwas
mehr' ? die genaue angäbe würde ja eben durch den zusatz wider-
rufen, mit dem logischen sinne verträgt sich dagegen durchaus die
Übersetzung: 'es mögen etwa 400 jähre sein und (oder) mehr', *un«
gefähr die hälfte, eher noch etwas mehr', mit Kai soll in diesen
Wendungen offenbar keine addition ausgeführt werden , sondern es
ist in dem bekannten disjunctiven sinne zwischen zwei unmittelbar
aufeinander folgenden zahlen gebraucht wie bei TpixöA T€ Kai T€-
TpaxOa, ter quaterque ■= drei bis (oder auch) viermal, vgl. Dem.
20, 21 dErJKOVTa icu)c f| jaiKpai TiXeiouc.
Im classischen sprachgebrauche , auf den sich unsere beobach-
tungen erstrecken , findet sich jiidXiCTa bei wirklichen zahlen
überhaupt nur in der prosalitteratur, nie bei den dich-
tem, dieser umstand erklärt sich aus der stilgattung zur genüge,
wie denn auch in der prosa die Schriften der historiker das haupt-
gebiet der Spracherscheinung ausmachen : wir haben für Herodotos,
Tbukydides und Xenophon zusammen 78 beispiele gezählt, auszer-
dem nur bei Andokides, Demosthenes und Piaton im ganzen 13 bei-
spiele. wir geben im folgenden zunächst eine statistische Übersicht
der häufigkeit des gebrauches von jüidXlCTa in Verbindung mit in-
definiten adverbien oder präpositionen und mit berücksichtigung von
dessen Stellung vor oder nach der zahl.
mit
ohne
summa
stellungr
zur zahl
indcf. ad
V., prfip.
vor
nach
1. Herodotos
18
3
21
7
14
2. Thukydidea
6
47
63
16
38
3. Xenophon
—
4
4
2
2
4. Andokides
—
2
2
2
—
6. Demosthenes .....
1
6
6
6
• __
6. Piaton
3
2
6
3
2
Die citate im einzelnen führen wir ihrem inhalte nach in vier
kategorien vor: a) Zeitbestimmungen, V) entfernungen , c) menge,
d) körpermasz^ umfang, ausdehnung.
Herodotos: a) 1 119 ?T€a rpia Kai b^Ka ttou judXicTa T^TOViöc.
209 duiv t6t€ fiXiKiTiv de 61K0CI KOu )Li(iXicTa fxca. II 145 (zwei-
mal). VII 22. — &) II 8 s. 0. 138 dcTpiüjn^vn dcTi öböc X(0ou ixz\
CTabiouc TpcTc jLidXiCTd kij. IV 86. 124. 181. V 83 crdbia bfe fid-
Xicid Kij dirö Tfic TTÖXioc übe cTkoci dir^x^i. ^H 30. 109 übcci xpi-
fiKOVTa CTabiu)v indXiCTd kij. VIII 8. IX 15. — c) II 130 (koXgccgI)
doöcai dpiGjLiöv uic cTkoci fidXicTd Kq. III 159 tiüv dvbpiöv
Touc Kopu9aiouc judXiCTa de ipicxiXiouc dvecKcXömce. VII 234.
VIII 65. — d) II 96 Xi0oc TeipTiMdvGC biidXavTOC jLidXicxd kij
CTa9jLi6v. VIII 31 uic TpniKOvia crabiuiv judXicxd kij eöpoc.
Tbukydides: a) I 13, 2 Itx\ b* dcxl judXicxa xpiaKÖcia. 13, 3.
18,2 s. 0. 105, 5 fijadpaic ßcTcpov buibcKa jLidXicxa. 118,1. II 19,1
fljLidpqi ÖTÖonKOCTq jLidXiCTa. 57, 2. 58, 3. III 29, 2 fijudpai bfe jid-
590 OSchwabi über ^dXicTa bei sablen und ma«abegriffen.
XiCTO ncav . . ^TTid. IV 54, 4 ähnlich YIII 64, 2 beuT^pui finv*
^d\iCTa. 68, 4 ?T€1 ^KaiocTui na^ic'fct dh. 99 jähre (nach Dod-»
well 98), nemlich von 510 — 411 vor Ch. hierzu noch K 36,
^fieic oibe oi vöv in övtec MdXtcia iv rrj KaOectriKuiqt fiXiKiqi, —
h) I 63. 2 diTcTxe be ^^HKOVia judXicxa ciabiouc. 11 BS, 2 bi^x^tov
dir' dXXrjXoiv ctabiouc lidXicta Itttä ific öaXdccTic. III 21, 1. 92, 5.
97, 2. 105, I TT^VT€ KOI eiKOCi crabiouc iiidXicTa. IV 3» 2» 8, 5 ^i-
XeOoc nepl TT€VT€Kaib€Ka ctabiouc ndXicia, 57, 1 CTabiouc ^d-
Xicia b£Ka. 66, 4, 104,3 (6dcoc) fi vncoc . , dtr^xo^c« Tfjc 'A^<pi-
TTÖXeuüC fipiceiac n^^pac ^dKicia ttXouv. 110, 1* V 3, 3. VI 1, i.
VII 19, 2 direxei ciabioic ^dXicxa Tf\c tujv 'AGrivaiiüV iröXemc
eiKOCi Kai ^kutöv* 29, 2. VIII 67, 2. 95, 2. — c) I 54, 4 TpidKovia
vaOc ^dXiCTa. II 97, 3 q)dpoc bc Ik TTdcr^c tflc ßapßdpou xai twv
*€XXiivibuüv TTÖXcujv . . xeTpaKociiuv TaXdvTuuv dptupiou ^dXiCTCij
buva^tC: hier kaon offenbar nur eine runde zahl, die pauschal
summe, der durchi>Ghnittsbetrag gemeint sein. 98, 3 Kai toutou jÖ
pfev ttX^ov tt€Z!6v f|V' ipiiTi^öpiov bt ^dXicta ittttiköv** III 20, 2
ic hi dvbpac biaKOciouc koI eliKOci pdXicTa. 85, 3. 98, 4 Kcpi
€iKoci ^dXicia Km kaTÖv, 109, 2. 113, 2. IV 31, 1. 93, 3. 124, 1. ,
V 6, 4, VII 1, 5. 30, 3 £uveßori9r|cav ^c cTkoci ^dXicTa liTTT^ac
Kai ÖTiXiiac 32, 3 de ÖKiaKocmuc ^dXicxa* 37, 3. 60, 3. 80,
s. 0, 83, 3.^ — d)l 93, 4. IV 8, 4. VII 59, 2 ctömu (Xi^^voc) äktiI
ciabtuuv lidXicia.
Xenophon: c) Hell. V 2, 31 totc bf\ d7i€Xii*P»lcav elc Tac
*AOr|vac . - ^dXtcia TpiaKOCioi. Anab. V 4, 12 fcTTicav dvd dicaTÖi
lidXiciap — d) Anab. VI 4, 3 ^dXicia TCTTdpuJV nX^Opujv TÖ €upoO^
Kyr. VI 1, 52 f\v be toöto rptdiputov ^aXicra dnö t^c t^c (ebd*
I 6, 20 o\ vojiGi ploi boKoOci Taüia buo ^dXicra bibdcKetv : hier ,
steht fidXtCTa in steigerndem sinne und gehört nicht zur zahl*)
Ändokidt*»: c) 1, 38 dvöpuinouc töv dpiOpöv pdXicia rpiaKO-'^
ciouc (hier ist ^dXtCTa von Bekker und Sluiter aus Galenos bd. V
8. 603 eingesetzt worden). 4,11 jidXicia binXdciov (rdv q>6pov)
4KdcT(4J Tüjv iuixpL&xwv diroiTicev.
Demosthenes: c) 27, 6 TU ^tv dXXa TTdvTQ dTTCCTepriKaci,
olKiav bi Kai dvbpdrroba TCrrapa kuI b€Ka Kai äptuptou ^vä
TpidKovia pdXicia. Eü^navia Tauia ek dßbo^nKovta >ivdc Tiapa-
bebdiKaciv. 27, 17 ddv Tic cuvti8^ tö t' dpxatov kqi tö ipjov tuuv
b^Ka dxuiv, ^dXicTa TpSa TdXavxa, 27, 23. 39 ähnlich (Vömel tbut
unrecht hier and im vorausgehenden beispiele die interpunction nach
' hteri wo die bedeattin|^ so kUr liegt, übersetzt Vömel: ^dtkn drittel
bestmid meiitens aas reiterei', dk« kAon MdXicta nie bedeuten; vrt^j
bliebe der rest dea dritteU? * Vit 42, 1 ist M^XiCXa nach vaOc tc Tp
Kai ^ßbo^^KOVTa in «inigen haa. sicher inter[»oltcrt und fehlt mit rtch
iii gut6a codd* (zb. dem Vaticanus). es i»t ja vidü g^iins geaiia«, durel
bcrecbDung früherer angaben festgestellte xAhl. ^äXicxa »teht nur b<
xahlea, die aof 10 oder 6 abgarundt^t sind, woun c« siob am ^«ai«^
Itaudelt (sonst deutet ^dXtcTa auch cineu weggeUsaeueu Urttchteil aa)«
OSchwab: über juidXtCTa bei zahlen und maszbegriffen. 591
^dXiCTa zu setzen, der Zeitraum, die rpia ^tt) bilden ein feststehen-
des masz ; es kommt vielmehr auf berechnung der summe an, welche
natürlich nur eine schwankende zahl ergeben kann). 28, 13 dXXä
KQi TOUTiüv Tfjv TijLif|V dTTOCTcpei jLi€, juaXiCTQ xdXavTOV. 36, 6 fiv
oucia TTaciuüVi jiidXiCTa TaXdvTUiV eiKOCi. es handelt sich also immer
um berechnung gröszerer geldsummen, wo Demosthenes fidXiCTa
verwendet.
Piaton: a) Parm. 127*' irepl irr] MdXicra tt^vtc Ka\ ÖrJKOVTa.
Timaios 21* fjv juev fäp hi\ töt€ KpiTiac cx€bdv ^tt^c i\br] täv
dvevriKOVia dTuiv, tfd) bi tti] jadXicxa bcK^TTic. — d) Kritias 112<*
Ttepi buo jLidXicTa öviec jnupidbac. Ges. X 894«^ tuiv bf| b^Ka jud-
Xicta f]jLiTv KivnceuüV Tiva TTpoKpivaijuev öpediaia ttqcüjv dppu)-
lnevecTdiTiv ; (vorher geht rauTTiv bCKdinv cxeböv sc. kivticiv dpoO-
jLiev). — d) Kritias 118 ** TÖ TrXdioc judXicia ^KttTÖv TTobüJV biu)puX€C.
In der ganzen classischen litteratur nach Herodotos und Thuky-
dides erreicht also der gebrauch von judXiCTa bei zahlen bei weitem
nicht die häufigkeit wie bei diesen, in der historischen darstellung
war an sich mehr gelegenheit zur Verwendung dieses jiidXlCTa ge-
geben^; immerhin erscheint es auffallend, dasz unter den rednern es
sich nur bei Andokides und Demosthenes findet und auch hier auf
eine einzige ausdrucksform (sch&tzungen von geldeswert) beschränkt,
wir heben noch hervor, dasz die pseudo-Demosthenischen reden (des
Apollodoros und der rhetoren) auch hier — wie auf den von uns
beobachteten gebieten der sjntax meistens — im sprachgebrauche
nicht Demosthenes, sondern der schar der andern redner (vorzüglich
Isokrates) folgen, doch ist natürlich hierauf, ebenso wie auf das
fehlen in den pseudo-Platonischen dialogen, bei der geringen anzahl
der citate kein entscheidender wert zu legen.
Über die constructionsformen im besondern hat die beobach-
tung folgendes ergeben und zwar
a) bezüglich der indefiniten adverbia und Präposi-
tionen, bei Herodotos ist ein derartiger zusatz nahezu regel (mit
drei ausnahmen), am häufigsten K^: meist findet sich sogar die
präp. de oder UJC, ibcei in Verbindung mitKOU, Kf| (lOmal). Thuky-
dides erachtet derartige verdeutlichende zusätze kaum mehr erforder-
lich^; nur 6 mal unter 53 beispielen setzt er ein ic oder auch irepi
vor die zahl, dies unterbleibt späterhin gänzlich , bis Demosthenes
wieder in einem beispiele auf den altern Sprachgebrauch zurück-
greift, den Piaton sogar bevorzugt; für letztern ist besonders die
^ aus der spätem litteratur hat Schubart ao. beispiele ans Pau-
sanias zusammengetragen, für die scriptores bist. Byzaot. (besonders
Prokopios) wird mir der häufige gebrauch des ^dXiCTa von meinem
cüUegeu ADittelberger versichert. * die bemerkuug Vigers (c, adn.
Hermanni s. 116) Über jidXiCTa (4:apud Atticos, praesertim Thucydidero,
Xenophontem . . cum numerabilibus iungitur. quo sensu Thucydides non
raro adiunetas habet particulas nt], TOi, iruJC, irou») beruht offenbar auf
einer Verwechslung des Thukydides mit Herodotos; jener verwendet nur
Präpositionen neben fbidXiCTa.
592 OSchwab', über jidXicra bei zahlen und maazbegnffen.
zaBaramenstellung Kij] fJüdiXicia nach Hero doli sehe m muster — wenn
auch in ao derer anordniing — cbarakteris tisch,
h) bezüglich der Stellung von pctXiCTa und der Par-
tikeln, die regelmöszige Stellung bei Herodotos ist pdXtCTCc Kq
nnd (4 mal) KoO paXicia in unmittelbarem anscblusz an die zahl
bzw» den maszbegriff (wie ciablouc usw.): zb. wc d£r|KOVTa Mci-
Xicxd Kq, ^c eiKoci koo ^aXicia eiea, nur viermal ist ^äXiCTd ktj
vorangestellt (darunter 3 mal in Verbindung mit de oder d*c) ; IV 86*
V 83. VIII 8. 65 ujc dvbpüuv (laXicid Krj Tpicjiupiojv; auszerdem
/idXiCxa noch 3 mal: II 8 wo es mehr zum verbum zu conatruieren
ist, 8. 0. III 159 (mit it), IV 181. — Noch ausgesprochenere regel
ist die nach Stellung von fidXicra bei Thukjdides; bei 15 bei*
spielen mit vorangestelltem jidXiCTa sehen wir den gleichzeitigen
gebrauch von präpositionen ausgeschlossen, fxdXtCia nimt dabei
regelmäszig die Stellung zwischen dem appellativum (dem masz-
begriff) und der zahl ein-, also zb. lxv\ tcri MdXicia TpiaKücia, cra-
biouc jMidXtcxa bcKa» gewöhnlich aber dSfiKO via ^dXicta ciabiouc,
TpidKovxa vauc jidXicxa, beut^piu inT^vi ^dXlcxa usw. III 98, 4 mit
zwiachenstellung: 'AOiivaiaiv ÖTiXiiai nept cIkoci ^dXtcxa Kai
^KQXÖv (dagegen zb. III 20^ 2 ic hi avbpac biaKociouc Kai eiKOCt
pdXicxa). in betreff der folgenden autoren verweisen wir auf die
6. 590 gegebene Zusammenstellung und die angeführten citate«
Bei mehreren zablangaben nach ungefährer Schätzung beh&U
aicb Thukydides einen Wechsel zwischen präposition und ^dXicxa
vor: V 6» 4 xö b* öttXixiköv £u|iTTav i^QpoicOii bicxvXioi^dXicxa*
xouxujv Bpacibac fiev ^x^v im KtpbuXioi ^Kd9nxo ic irevxa-
Kociouc Kai xi^^o^c» oi b' dXXoi usw., I 54, 4 Kopiveioi vaöc
Kaxabiicavxec nepi lßbo|ir|Kovxa, KepKupaioi bl xpidKovTa
vauc ladXicxa biaqpOtipavxcc. in anderen beispielen, wo unter
mehreren zablangaben nur ^ine den beisatz ^dXicxa aufweist, ist der
grund hierfür leicht zu erkennen , und die von Vömel daraus ge-
zogene schluszfölgerung hinföllig: Thuk. V 84, 1, 2. Vll 37, 3 wer-
den fUr die truppen der Athener und ihrer zugehörigen genaue
zahlen gegeben , für die der bundesgenoasen un^ inselstaaten bzw*
der gegner nur annäherungsweise; ^dXlCTa 'etwa, ungei^hr' steht
darum gerade hier mit vollem recht an seinem platze.
München« Otto Schwab.
CROger: zu Demosthenes rede vom trierarchischen kränze. 593
67.
ZU de:mosthenes rede vom trierarchischen
KRANZE.
§ 4 ipriqpicjLia fäp ujuujv TTOiTicaja^vujv, 8c fiv fifi irpö ttic ?viic
KQi veac im x^M« Triv vaöv TrepiopjLiicri , bflcai Kai biKacxripiifi
TTttpabouvai, Ktti xaÖTa KupuücdvTUiv, ifd) ja^v TTepiuOpjaica Kai cid-
<pavov biet Tttöia irap' ujuäv f Xaßov , oötoi b' oube KaOeiXKucav,
Ojct* ^voxoi becjLiiu yeTÖvaciv. zu vielfachen erörterungen haben in
dieser stelle die worte Kai cxeqpavov bid Taöia rrap' ujliüüv f Xaßov
veranlassung gegeben, der Sprecher der rede will hiemach vom rate
der fünfhundert, vor dem die rede gehalten ist, einen kränz erhalten
haben, da er nun aber in der ganzen übrigen rede von einem kränze
spricht, den er noch nicht hat, auf den er vielmehr mit seiner rede
seinen anspruch zu begründen sucht, so entsteht die frage, ob der
an unserer stelle erwähnte kränz identisch ist mit demjenigen , von
welchem die ganze übrige rede handelt, oder ob von zwei verschie-
denen kränzen die rede ist, von einem den der Sprecher schon hat,
und von einem den er durch seine rede noch zu erlangen strebt.
ASchaefer (Demosthenes u. seine zeit III 2 s. 153) vertritt die erstere
ansiebt; er meint, der kränz sei dem Sprecher zwar vom Schatzmeister
zugesprochen (nach § 1 vöv bfe Tiu TTpOüTiü TrapacKCuctcavTi xfjv
TpirjpTi TÖv TajLiiav TTpoc^raEev 6 bfiiLioc boOvai) — insoweit habe
er ihn erbalten — da aber die andere partei berufung an den rat
eingelegt habe , so habe die öfifentliche bekränzung noch nicht statt-
finden können. KirehhoflP dagegen (abh. der Berliner akademie der
wiss. 1865 s. 65 fif.) sucht ausführlich nachzuweisen, dasz es sich um
zwei verschiedene kränze handle, der Sachverhalt war nach ihm kurz
folgender: durch den in § 1 erwähnten volksbeschlusz (ei jii^v ÖTtp
TiXeTcTOi cuveiTTOiev tö ipri9ic|Li' ^K^Xeue boövai töv ci^qpavov) war
die aussendung einer fiottenexpedition beschlossen und um den eifer
der trierarchen anzuspornen, wie üblich, demjenigen, der sein schiff
zuerst fertig ausgerüstet haben würde, ein goldener kränz in aus-
sieht gestellt worden. , das geld für herstellung desselben war auf
die casse des TajLiiac angewiesen worden (so sind nach Kirchhoff die
oben citierten worte in § 1 xöv Tajiiav TTpoc^iaHev ö bninoc boövai
zu verstehen), in dem volksbeschlusz war auch, wie Kirchhoff aus
andern ähnlichen Urkunden schlieszt, mit angegeben, dasz die schiffe
der trierarchen bis zu einem bestimmten termin an den hafendamm
gelegt sein müsten, was TTapaKO|Lii2[6iv Tf|V vaOv ^Tr\ tö X^V^^ o^ö^
7T€piop|Liiil€iv Tfiv vaöv ^TTi X^M« hiesz. dieser Vorgang ist nach
Kirchhoff durchaus nicht identisch mit der fertigen ausrüstung des
Schiffes (TrapaCK€ud2[€iv Tfjv vaOv) , sondern bedeutet nur den an-
fang, die inangriffnahme derselben, da nun die trierarchen sehr
säumig zu werke giengen, so erliesz der rat als diejenige behörde,
welche die Oberaufsicht über das ausrtistungsgeschäffc führte, ein
JahrbQeher fQr elass. philo). 1893 hft« 8 a. 9. 38
594 CKüger; t\x DemoBthenee rede Tom trierarcliiüclien kraute.
besoDderes strafedict, das in § 4 erwähnte (»|iriq)ic^o yäß ö^OüV
TTOinCailtVUDV» ÖC äv m TTpÖ Tf)C ^VTIC KUX V^QC ^TTl X^^^ ^fl^ VaOv
irepiopMicr) , bfjcai Kai biKCtCTripiw napaboövai), wonach diejenigen
trierarcben, welche bis zu ende dea monata ihr schiff nicht an den
hafendamm gelegt bS,tt6n, ins gefän^nis geworfen und den gericbten
übergeben werden sollten, der Sprecher soll nun, wie Kirchhoff an-
Bimt, bei der anlegung seines schiffes an den harendamm besondem
eifer gezeigt und hierfür vom rat einen kränz erhalten haben (§ 4
if\h ^tv TrepuLpiiica kqi CT^qpavov bid Taöta irap* iifiiüv eXagov),
von diesem kränze sei aber d6r zu unterscheiden , den er au^zerdem
noch beanspruche dafür» dasz er sein schiff zuerst fertig ausgerüstet
habe , und auf den er mit der vorliegenden rede sein anrecht zu be-
gründen suche, dasz zwei verschiedene kränze gemeint seien, dafür
Bpreche endlich auch ein grammatisches moment; der erste kränz
nemlich werde ohne artikel als CT^cpavoc, der zweite immer mit
ariikel als 6 CT^cpavoc bezeichnet« diet^ ist im wesentlichen Kirch-
hoffs ansieht^ die, so viel mir bekannt, von allen erklärern, auch von
ÄSchaefer später rückhaltlos angenommen worden ist. gleichwohl
scheinen mir gBgen dieselbe einige nicht unwichtige bedenken vor*
züliegen. was erstens die Verleihung von kränzen betrifft, so war
zwar, wie die klagen der redner beweisen (vgl, Aischines g. Ktesi-
phon 177 ff.), diese auszeichnung im laufe der zeit im werte etwas
gesunken, immerhin war sie aber auch in der zeit noch, um die es
sich hier handelt, dh. um die mitte des vierten jh. vor Ch, eine hohe,
eifrig begehrte ehre (Dem. 22, 75 OUK oi6€V dK6ivo, ßii cxecpavoi
p^v eiciv dp€Tfic citMCiov . * Ka\ CT^q>avoc }xi.v ÖTiac, köv piKpöc 5,
Tf|V icriv q>iXoTi|ntav txei tüj |i€TdXiu). sonst würden processo wie
der vorliegende oder der bekannte kranzprocess zwischen Demo*
sthenes und Aischines überhaupt nicht möglich gewesen sein, i&t es
nim nicht einigermaszen auffallend, dasz eine verbal tnismäszig so
hohe auszeichnung im wesentlichen für dieselbe Sache gle4ch zwei-
mal verliehen worden sein soll? wenn man es ganz in der Ord-
nung findet, dasz derjenige, der sein schiff zuerst segelfertig aus-
gerüstet hatte, einen kränz erhielt, was hatte es für sinn, auch den
noch zu bekr£lnzen , der sein schiff zuerst an den hafendamm gelegt
hatte? wurde nicht die 6ine bekrSnzung durch die andere herab-
gesetzt bzw. überflüssig gemacht? Kirchhoff nimt zwar an, dasz der
erste kränz vom rate, der zweite vom volke verliehen worden seij
doch ist damit die Schwierigkeit nicht gehoben; auch braucht in der
Wendung Kttl CT^q>avov hxä lauia irap* ujuüuv Aaßov unter dem
öfiiüv gar nicht der rat verstanden zu werden, sondern es kann eben-
falls wie an andern stellen der rede das volk darunter gemeint sein
(zb. § 14. 22). hierzu kommt dasz im text unserer rede gar nicbi
einmal ausgesprochen ist, dasz der Sprecher dafür, dasz er sein schiff
zuerst an den hafendamm gelegt, einen kränz erhallen habe, son-
dern dafez er, was die sache noch onwahrscbein lieber macht, für da«
blosze anlegen bekränzt %n sein behauptet {ifih M^v nepidup^ica
Cßöger: za DemoBthenes rede vom trierarchisclien kraoze. 595
KQi CT€9avov bid TaÖTQ Tiap' ujLiaiv fXaßov); deshalb will auch
van Herwerden irpuiTOC nach irepiiüpiLiica einfügen ^ was die hypo-
thesis der rede enthält. Rirchhoff meint zwar^ der Sprecher habe bei
dem herumlegen besondern eifer gezeigt , doch davon ist nirgends
etwas erwähnt, femer ist es doch sonderbar, dasz der Sprecher jenen
ersten kränz , den er erhalten haben will , nur so ganz beiläufig an
dieser 6inen stelle und sonst in der ganzen übrigen rede nicht wieder
erwähnt, wenn er wirklich für seinen bei der fiottenausrüstung be-
wiesenen eifer schon einen kränz erhalten hatte, hätte er nicht darauf
in seinen ausführungen ganz besonderes gewicht legen und dies seinen
gegnern gegenüber als ein besonders wichtiges praeiudicium geltend
machen müssen ? zwar ist die rede nur eine deuterologie, aber auch
in einer solchen durfte ein so wichtiger punkt nicht so nebenbei be-
handelt werden, zumal sich dies auch nicht aus dem Ungeschick des
Verfassers erklären läszt : denn der Verfasser ist, wie ich mitBlass (die
attische beredsamkeit III 1 s« 217) annehme^ wahrscheinlich Demo-
sthenes selbst^ jedenfalls aber ein gewandter und geschickter redner. *
endlich kann ich auch das von Eirchhoff angeführte grammatische
moment, dasz der erste kränz ohne artikel unbestimmt als ein kränz,
der zweite immer mit artikel bestimmt als der kränz bezeichnet
wird, nicht als entscheidend ansehen, auffallend ist es freilich, dasz
gerade an dieser 6inen stelle der artikel bei CT^cpavoc fehlt; doch
ist es nicht unmöglich, dasz er hier ausgefallen ist wie § 19, wo er
von Blass des gegensatzes wegen mit recht wieder in den text auf-
genommen worden ist (ujCT* oToviai TÖv äTToE elpriKÖT* Sv KaX^cu)-
civ dvaibn, ccpäc auTouc toüc irdvia töv ßiov kqXouc KÄtaGoiic
V0|Lii2Iec6ai). ich schliesze dies daraus , dasz Libanios in der hypo-
thesis, der die stelle fast wörtlich wiedergibt und offenbar vor äugen
gehabt hat , den artikel vor CT^cpavoc hat. im texte der rede heiszt
es § 4 iyd) jLitv TrepiuipjLiica Kai CT^cpavov biet laöTa rrap* ujuiüüv
IXaßov, bei Libanios z. 10 'ATToXXöbiüpoc oöv 6 TTaciiüvoc* irpo»-
TOC Tf|V vaöv 7T€piop|Liicac ^Xa߀ TÖV CT^9avov. man könnte ein-
wenden, der artikel sei hier gesetzt zum bestimmten hinweis auf
eine schon vorausgegangene unbestimmte erwähnung des kranzes.
in der that wird der kränz schon vorher in der hypothesis einmal
erwähnt z. 5, aber auch hier mit artikel Tiöv Tpuipdpxiwv TÖV \Av
TTpOüTov Tuiv öXXuJV Tfjv vaöv TrapacxövTtt TTeTrXnPV^M^viiv' töv
^ nach Scbaefer und Eirchhoff ist es der als Staatsmann bekannte
Kephisodotos, der in § 1 als anwalt des Sprechers genannt wird (Kt)-
(picoöÖTOu jiövou |uioi cuvcip^KÖTOC). ' irrig ist es jedenfalls, wenn
Libanios verführt durch die ähnlichkeit der Verhältnisse mit der vor-
hergehenden rede gegen Polykles [50] für den Sprecher unserer rede
ApoUodoros, den söhn des Pasion, hält. vgl. Scbaefer ao. III 2 s. 166 ff.
^ für napacxövTa neirXiipuJiLi^vriv haben die besten hss. xaTdxovTa
iTCirXriP^M^'vov. ich vermute dasz für xaT^x^'^'^^i ^^ lesen ist KaB^KOVTOy
und dasz im übrigen der stelle eine doppelte in eins verschmolzene
hsl. lesart zu gründe liegt, ähnlich wie Dem. [63], 24 (s. Blass zdst.)
uö. die eine lesart hiesz t6v )h^v irpiIiTOV Tf|v vaöv KaO^XKOvra töv
38»
596 CRüger: za DemOBthenea rede vom trierarcbischen kränze.
CT^cpavov Xaßdv. Blase in seiner ausgäbe hat hier den artikel ein-
geklammert mit Verweisung auf § 4 der rede, ich halte aber dies
nicht für richtig^ zamRl es sich ja hier, wenn man mit Kirchhoff zwei
kränze annimt^ gar nicht um den ersten in der rede § 4 ohne artikel
genannten kränz handelt für daa anlegen des Schiffes an den bafen-
damm, sondern um den zweiten immer mit artikel bezeichneten für
die fertige ausrüstung des schiffes; darauf scheint wenigstens die
Wendung xöv ^k.v TtpmTOv . . rriv vaöv Trapacxövxa TteirXTipui-
fi£VTlV TÖV CT^cpavov XaßeiV hinzudeuten, aus den angeführten
gründen kann ich mich mit Kirchhofs ansieht nicht recht befreun-
den und möchte daran festhalten , dasz es sich in der ganzen rede
nur um 6inen kränz handelt, und wenn der Sprecher § 4 erkl&rt,
dasz er diesen kränz schon habe^ während er doch sein anrecht darauf
erst zu begründen sucht, so halte ich dies nur für eine ungenaue aus-
drucks weise dafür , dasz ihm der kränz zwar vorläufig zugesprochen
war, daaz aber die bekränzung noch nicht stattgefunden hatte, weil
sich inzwischen andere bewerber gefunden hatten, die ihm den kränz
streitig machten, das daraus entstehende processverfahren bezeichnet
Kirchboff richtig als eine biabiKacia, als einen priori tätsstreit, worauf
auch ausdrücke wie § 11 toOtov töv TpÖTTOV UftOuv Tauia ßpaßcu-
ÖVTUJV und § 17 TT€pl viKrjTriptuJV tu*v XÖTtwv Svtu»v hindeuten, ich
glaube aber nicht dasz, wie Kirchboff anzunehmen scheint, in jedem
falle um derartige trierarchische kränze eine diadikasie entstandi
sondern dasz zunlichBt der rat einem der trierarchen den kränz zn-
Sprach; dies war in unserm falle der Sprecher, und insofern konnte
er, wenn auch etwas ungenau^ behaupten, er habe den kränz, ehe
nun aber die bekrfinzung vorgenommen wurde, ward eine frist an-
gesetzt, innerhalb deren sich solche melden konnten, die etwa gleiches
oder besseres anrecht auf den krans zu haben glaubten, meldete
sich niemand , so gieng die bekrftnzung ungehindert vor sich, mel-
deten sich dagegen noch andere bewerber, so fand wie im vorliegen-
den falle eine diadikasie statt zwischen diesen und d6m welchem
der kränz zunächst zugesprochen war. ähnlich liegen die verblUt'
nisso im process gegen Ändrotion (Dem* t^2). dieser stellte am
Bcblusz des Jahres in der volksversamlung den antrag, in üblicher
weise den abtretenden ratmännem den ehrenkranz zu erteilen, der
antrag ward auch genehmigt, dem rate also vorläufig der ehren-
kranz zugesprochen (§ 5 vö^oc ^CTi, qpiitiv, iav d£iujc fi ßouXfl bOK^
ßouXcöcai bujpeac, bibovai töv bfiMOv thy bujpcdv aürQ. toöt^
^TirjpeTo, cpnciv, oOmcidTTic, bi€X€ipoTÖVT]C€V 6 bfjfioc, f boEcv),
nun aber reichten Kuktemon und Diodoros gegen den tiescblusz die
klage wegen gesetzwidrigkeit ein und hinderten damit vor der band
die vornähme der bekränzung, vgl* Schaefer ao. I s. 318. das« der
CT^<pavov XaßtW, vjrl DemoBth. [ö^)]. 6 <nin*P*töcöe xdc t€ voOc icoBA-
K€iv ToOc Tptripdpxouc die andere ieajirt lAtitutc töv ^^v npuiTOV xfSlv
dXXujv Tfjv vaöv iTCirXripw^^vov (von üem medium nXtipoOcOoi) T^
CT^(pavov Aaßctv.
CRüger: zu Demosthenes rede vom trierarchischen kränze. 597
Sprecher vor seinen gegnem etwas voraus hat, dafür scheint mir der
selbstbewuste ton zu sprechen, mit dem er ihnen gegenüber auftritt;
sie machen ihm auch gar nicht den kränz überhaupt streitig, son-
dern wünschen nur gemeinschaftlich mit ihm bekränzt zu sein, wie
§ 18 zeigt KeXeuouci hk koivQ CT€(pavoGv f)|Lidc. er weist aber diese
Zumutung schroff zurück mit den werten § 18 ifib hk tocoutou biiu
TOÖTO cuTXWJpeiv, 6cou7T€p KQi juejLiicGiüK^vai Tfiv TpiTipapxiav
oÖT€ T&P TOU0' UTTOiLieivaifi' 6iv out' ^KeTv' dTroiiica. so könnte er,
dächte ich, nicht sprechen, und namentlich die verba CUTX^P^IV
^zugestehen' und ii7rO|Li€V€iv ^dulden' könnte er nicht wählen, wenn
er nicht schon ein bestimmtes anrecht auf den kränz voraus hätte,
und darunter ist eben meiner ansieht nach die vorläufige zusprechung
desselben zu verstehen, beachtenswert ist auch § 17 kqI x^pi^ct^^cil
KcXeiJOuciv ujLiäc, ujcircp ircpl bu)p€äc, dXX' ov ircpi viKirnipiiüV
Toiv XÖTtJüV dvTUJV 'und sie fordern euch auf aus gefälligkeit den
kränz zu verleihen, gleich als ob es sich hier um eine Schenkung und
nicht um einen preis im wettkampf handelte', wonach das gröszere
recht entschieden auf Seiten des Sprechers ist: denn die gegner fassen
es gewissermaszen als einen act der gnade auf, wenn ihnen von den
richtern der kränz zuerteilt wird, die sache war jedenfalls die, dasz
nach dem strengen rechte der kränz dem Sprecher unbestreitbar zu-
kam und gewis auch schon zuerkannt war, dasz aber zu gimsten
seiner gegner jene einfluszreichen redner, gegen die sich der ganze
zweite teil der rede wendet § 13 — 22, eintraten und vermöge ihres
einflusses einen druck auf die richter auszuüben suchten, vgl. § 22
Ktti TTdvTtt bi' aÖToiv TTOioOvTai . . Ktti CT€<pavoOv , ö V ßv auTOic
bOK^, Ktti jLlf) CT€<paVOÖV KCXeiicuClV , KUpiUJT^pOUC aUTOÜC TOIV
ujLiei^pujv boTfidTUJV KaGicTaviec. —
§ 6 fii Toivuv ÖTTTipeciav Tf|v Kpaiicinv fXaßov, TToXXtfi
ttXcTctov dpTupiov boiic. oijTOi V cl jiitv eixov x^ipov' f)fia»v,
oüöev &v fjv beivöv • vöv V oüb* ÖTTOiavTivoOv jütcfiiceujvTai irepl
TOÖ TiXeiovoc dvTiX^TOVTec. für xcipov' i\^6jy haben die bessern hss.
X^ipov' öv fljLiuüV, wozu Blass in seiner ausgäbe bemerkt: «conieceris
Xcipova b*». was das nochmalige b* nach dem unmittelbar vorher-
gehenden ouTOi b* soll, weisz ich nicht recht: sinngemäszer und viel-
leicht auch von Blass gemeint ist jedenfalls x^ipovd t' 'wenn sie
wenigstens eine geringerwertige mannschaft hätten, so wäre es
nicht schlimm, so aber' usw.
§ 7 fiToufiai Toivuv, ÖTi fifev biKaiöiaT* dv cxecpavibcaiT* i\xi,
Kdv jLlTlbfev eiirÖYTOC ^JLIOÖ TITVU)CK€IV ÖjLläC- ÖTl b' DU |Ll^T€CTl
jLiövoic TOUToic TT€pi TOÖ CT€<pdvou XÖTOC , TOÖT* diTibeiEai ßou-
XojLiai. auffallend ist die construction |li^T€CTI jliövoic toutoic iT€pl
TOÖ CT€<pdvou XÖTOC. jLi^TCCTi Wird bekanntlich in der regel mit
dem dativ der person und dem genitiv der sache, an der man anteil
hat, verbunden , wie auch in unserer rede § 7 TiüV bk TiTVOjii^ViüV
öl' dKcTva TijLiaiv dHioöv ^auToTc jueTeTvai. nur neutra finden sich
im nominativ zb. Dem. 20, 8 elG' fjo irdci pi^TecTi TÖ fijüiicu. Thuk.
598 CBüger: zu Deniosthenefi rede vom trierftrchlBcben krimte*
TI 37 |ji^T€CTi - . Träct tö icov* etwas anderes ist Dem. [11]. 11
TOIC hk Kai Ta>V ^V ToTc TTOX^IUOIC KttKlÜV OUK ^XaxtcTOv jLi€poc
in^xecnv. Eur. IT. 1299 peiecTi x^M^v toiv TTeirpaYM^vujv ^^poc,
wo die constrüction gewissermaszen vollständig und der nommatiT
pepoc, der sonst gewöhnlich wegbleibt, ausdrücklich als ergSnzung
noch hinzugesetzt ist. vgl. auch Isokr. 2, 30 in' öpcrfi Meto cppo-
VÄV , fic ovbkv \iipQC Tok HOVilpoiC ptT€CTiv. man erwartet also
auch an unserer stelle ^eT€CTl ^övoic xoÜTorc nepi tou CTCqpävoy
XöfOU oder tujV Ttepl tou CT€(pdvou XÖTtuv, wie Rei:*ke will» da
mir aber die ganze auädrucksweise sehr gekünstelt erscheint, so
möchte ich vorschlagen für ön ^*ou^€T€CTI mÖVOIC toÜtoig tt€pi
TOU CT€q)<ivou XÖTOC zu schreiben Sri b' oub* ?cTi m^voic toütoic
Tt€pl TOU cieqpdvou Xö^oc. die in dem oubfe enthaltene Steigerung
passt dann ganz gut zum vorhergehenden: 'ich gUube also dasx ihr,
auch ohne dasz ich ein wort darüber verliere, einseht, dasz ihr mich
mit dem grösten rechte bekrSnzen würdet; dasz aber diesen allein
nicht einmal ein wort über den kränz zusteht, das will ich nun be*
weisen.* verwandt ist die an^drucks weise in § 13 Kai pövoic üjulv
oubanöce ^CTiv äveir KiipuKCiou ßabicai. Dem. [50], 24 pLoytu xoivuv
TOöTLU Tuiv aXXuJV OUK feil TTpöqpüCic ÜTToXeiiroM^vri* unrichtig
construiert ßcheint der an fang unserer stelle von Dareste ('les plai*
doyers civils de Döraosthöne* I s. 221), welcher übersetzt: 'ainsi, je
le crois, vous feriez justice en rae donnant la couronne, et je n'ai
uiOme pas besoin de prendre la parole pour vous porter ^ juger de
la Sorte/ er macht also den satz 6x1 )Litv biKaiOiax* öv CTttpavuiCaiT*
i^ii unmittelbar abhängig von nTOUjLiai, was deshalb nicht geht, weil
dies den infinitiv regiert, der satz ön • . i}ii musz vielmehr ab-
hängig gemacht werden von dem infinitiv YiTViwCK€iv, wShrend
dieser wiederum dem verbum fiyoupai untergeordnet ist (vgl, die
obig© Übersetzung), nur ist dann freilich die Stellung einigermaszen
auffallend und vom gewöhnlichen gebrauch abweichend, in der-
artigen zum übergange dienenden Satzgefügen pflegt nemlicb in der
Tegel der satz mit ÖTi voranzugeben und dann das verbum des glan-
bens zu folgen mit dem von diesem abhängigen inünitiv, vgL Dem*
[58], 34 ÖTi ^^v Toivuv . . Tf|v Tpc"P^v öv dvciX€To . . fitoO^ai
irdvTac vpiäc incTeueiv. 54, 13 ön jufev loivuv . . ttoXO rfjc npoc-
TiKOÜCTic ^Xärrui biKTiv etXrixa, TioXXaxöScv vo^lln) bfjXav öjitv
Terevficem. 45, 43. 3H, 21. 32, 24, 24, 66. 91. 23, 100. oder aber
es geht da:^ verbum des glaubens mit dem dazu gehörigen inSntliv
voraus, und der von diesem abhängige satz folgt naeh 36,22 vo^t£lll
Toivuv . . fi^iCTOV äTrdvTUJV clvat, ön TTaciKXnc . , oöxe biiciTV
€TXr)X€V. 22, 42 olpai toivuv qutov oub* ^Kcivmv ä(pc£€cdai tu»v
Xötujv, ön raöra rrdvx* auiip bid xdc ctciipdleic t^tovcv, 23, 9t,
20, 120. demnach würde an unserer stelle die regelrechte ttellung
sein ön ^€v xoivuv biKaiöxax* 6v cx€<pavdicaix* ^^i^ . . f|to»JM<^i
YiTVifjcK€iv updc oder f|TOUMai XOIVUV < . tiTvoüCK€iv u^dc, ön m^v
biKaiÖTüx' öv CT€<pavuicaix* i^€. — Im anschludz hieran sei gleich
CRuger: zu Demosthenes rede vom trierarchischen kränze. 599
noch eine andere stelle erwähnt, an der Dareste in seiner Über-
setzung den sinn des griechischen textes verfehlt hat. § 10 o\) fäp
itieibäy iacryzi ti tüljv ujueT^piüv diroX^cGai, tötc xp^ X^XcTraiveiv,
dXX' iy & lä ujn^Tep' icTi coia, Kaöopäie bfe toüc ^cpecTTjKÖTac öi*
aicxpOK€pb€iav ouxi TTpocrJKOucav irpövoiav irepl cu;Tr]piac auidiv
TTOioujLievouc. dies übersetzt Dareste: 'le moment est mal choisi
pour vous f&cher, quand vous venez de vous laisser enlever quelque
chose. 11 faut prendre le temps oü vos affaires ne sont pas encore
compromises , et oü cependant vous voyez les hommes pr6pos6s ä
un Service contracter par avarice des arrangements regrettables qui
mettent leurs personnes 4 Vabri du danger.' auf einem misverständ-
nis beruhen hierbei die worte 'contracter des arrangements regret-
tables, qui mettent leurs personnes ä. Tabri du danger'^ die den grie-
chischen Worten ouxi irpocriKGucav irpövoiav 7T€p\ ciDTTipiac aÖToiv
iTOiou|Li^vouc entsprechen sollen. cuJTiipia heiszt hier nicht 'rettung,
sicherstellung', sondern ^erhaltung^ instandhaltung', und der genitiv
auTÜüV ist nicht auf dq)€C'niKÖT€C,. sondern auf das vorausgehende
Td ujn^Tcpa zu beziehen; die ganze stelle ist folgendermaszen zu
übersetzen: 'denn nicht wenn ihr etwas von dem euren habt zu
gründe gehen lassen , dann müszt ihr ungehalten sein , sondern zu
der zeit, wo euer besitztum noch unversehrt ist, ihr aber wahrnehmt
dasz die, welche an der spitze des Staates stehen, aus habsucht nicht
die gebührende Sorgfalt für erhaltung desselben (ircpl cu)Tr)piac
auTUüV entsprechend dem vorhergehenden cuja) anwenden.' —
§ 22 el bk. ixx], bibdHete irdviac xd jiifev öcp' ujüiojv TTpocTarrö-
• |Li€v' ibc euTeX^CTaxa öioiKeiv , touc V unfep toütujv dvaibujc elc
tijLiäc vp€uco|Li^vouc düc TiXeicTOuc fiic9oOc0ai. für das hsl. nXeiCTOU
hat Blass in seiner ausgäbe TTXeicTOUC aufgenommen nach § 1 ei jLi^v
ÖTUi TiXeTcTOi cuveiTToiev ü& ßouXf| tö vpiiq)ic|Li* ^K^Xeue boGvai töv
cxecpavov usw. da es aber an unserer stelle vor allem darauf an-
kommt den gegensatz zu übe eureXecTaTa ^so billig wie möglich'
hervorzuheben, so glaube ich nicht dasz das überlieferte ibc irXeicTOU
*so teuer wie möglich' geändert werden darf. vgl. auch § 18 ciTOU-
bdZouci bfe iLiäXXov f\ irpoiK* fiv Tic ujuaiv TrpdTTWV, ficircp
fiHia ToO jLiicGoO iroificai irpocfiKOV ^auroic, dXX' ou TViijiTlv
dTroqprjvacOai.
Dresden. Conrad Rüger.
68.
FABIÜS UND NIKIAS.
Wiederholt wurde die beobachtung gemacht^ dasz die römische
geschichtschreibung von griechischen mustern bis zur entwertung
der jeweiligen darstellung beeinfluszt worden sei. dasz hier Coelius
Antipater ganz besonders zu jenen leuten gehört^ die lieber wir-
kungsvoll nach berühmten mustern schreiben als selbst die er-
eignisse darstellen, hat WSieglin ('die fragmente des Coelius Anti«
BvScala: Fabius und Nikias*
pater' in dieaen jabrb. suppL-bd. XI 56 ff.), dem EZariiclie (Mer ein-
flasz der griechischen litteratur auf die entwicklung der r5mischen
prosa' in den eomm. philoL Ribbetkianae, Leipzig 1888, s. 303 ff.)
beistimmt, wahrscheinlich gemacht^ die einKelheiten des anszugea
des Scipio bei Livius, die wohl auf Coelius zurückgeben, sind htlbsch
und bedeutungslos zugleich^ da sie nach Tbukydideischem muster
aDgeferligt sind, wie Sieglin s. 58 und Zarncke s. 3ü4 gezeigt haben.
diese Thuk/dides-scbablone reicht aber noch weiter: die personen-
cbarakteriätik ist auf gleichem wege entstanden, neben dem admlral
Vorwärts musz nach dem bei Tbukydides erprobten grundsatze der
gegenUberätellung ein scrupelfabricfint stehen: der Nikias der afric&-
niäcben Unternehmung heiäzt Q. Fabius Maximus. ihre kam pfes weise
siebt sich aUo ähnlich wie ein ei dem andertl; beide wenden sieb
gegen das alter ihres gegners:
Thuk, VI 12, 2 Li7iua XXVIII 40, 9
äXXujc T€ Kai veuiiepoc Ixi ujv . . co . . qui ne ßio quidem meo
ic To äpx€iv. aequalis sit.
beide treten gegen eine bereits beschlossene sache auf:
Thuk. VI 9, 1 Liviua XXVIH 40, 3
i\ jüifev ^KKXrtcia TTcpi irapa* scio muUis vr^tmm vidcri
CK€ufic Tfjc ii^eTCpac ^ht £uv- rem adum hüdiertui dk a^i
cXe-fn» xctö' ö Ti xpn ^c CiKeXiav cgo auUsmprimum usw.
^KTiXciv* e^oi ^JiivTOi ÖOKei usw.
beide betonen endlich scharf, dasz man zuerst selbst gesichert seia
müsse, ehe man fremdes eigentnm gef&hrde:
Thuk. VI 10, 5 Livius XXVm 41, H
dpxfic fiXXiic öpetecöai irplv hoc et natura prim e^^ tua cum
f^v ^x^M^v ßeßaiuiCLU^ida. defenderts^ aliena irc oppugnatum.
Äpp* Lib. 7
o\)hk TTiv dXXoTpiav x^ipoö-
c0at KpW Tf)v oUciav diraXXdlai
TUJV TTapövTUJV. nachklilage bei
Caas* Dion fr. 43, 20.*
so sind Schlüsse, die aus Livius für die haltung des Fabius gexogea
werden, auf Sumpfboden gebaut: Fabius ist nur Nikias redt-
vivus, 'geist- und kunstvoll* nennt Neumann (zeitalter der puni-
sehen kriege s. 507) die reden des Livius; wir verspüren in ihnen
den hauch eines gröszern geisies.
^ die pest bei Livius XXV 26 ist bU Ruf die Bat^verknüpfuog {«vi
— aut =a cfT€ — ctTf) Thuk. II 61. • verkürst erscheuit die redtf
bei PI at, Fab. 25, wo Liviu* oder Coelius vorliegt 4 HPeter quellen Plut.
s. b'S u. 66).
Iknsbeuck* Rudolf vok Sgala«
HMagnus: zu Ovidius metamorphoBen. II. der archetypus. 601
69.
STUDIEN ZUR ÜBERLIEFERUNG
UND KRITIK DER METAMORPHOSEN OVIDS.
II. DER ARCHETYPUS.»
In dem augenblicke wo ich die feder ansetze, um über den
archetypus der metamorpbosen-hss. zu schreiben, bin ich mir voll-
kommen bewust gar viel nicht zu v^issen, v^as man sonst in ähnlichem
falle weisz oder zu wissen meint, ich weisz zb. ganz und gar nicht,
wie viel Zeilen auf jeder seite standen, sehe auch keinen weg zur
gewisheit darüber zu gelangen, dasz A in minuskeln geschrieben
war, ist wahrscheinlich, aber nicht feststehend.' auch die frage nach
seinem alter läszt sich nur sehr unbestimmt beantworten, stammen
das fragmentum Londinense (b) und Harleianum {ß) aus A und ge-
hören beide wirklich dem zehnten jh. an, so würde dadurch die
linie bezeichnet , über die wir A nicht setzen dürfen, da anderseits
das ehrwürdige fr. Bernense (B), wie ich im ersten teile dieser
Studien (jahrb. 1891 s. 689 f.) nachgewiesen habe, einen unvergleich-
lich reinern text bietet als A', so ist für die damalige zeit nicht
recht glaublich, dasz A älter sein sollte als B. ich möchte ihn also
in das ende des neunten oder in die erste hälfte des zehnten jh.
setzen, dasz endlich schon A variae lectiones enthielt ist möglich,
aber durchaus nicht gewis: manche erscheinungen in unsern hss«,
die man auf solche doppellesarten hat zurückführen wollen ^ lassen
sich , wie wir sehen werden , auch anders erklären, also sehr vieles
bleibt völlig unsicher, eins aber weisz ich ganz genau : A ist kein
schattenhaftes phantom, sondern hat wirklich existiert, das ist nicht
so verblüffend selbstverständlich , wie es klingt, wohl findet man
bei Korn viele lesarten als aus A stammend bezeichnet, aber hier
ist A gar nicht der archetypus aller vollständigen hss., sondern der
Stammvater der wenigen von Korn benutzten : sehr viele fehler, die
Korns A hat (ich bezeichne ihn als original 6iner classe von hss.
mit 0), sind ganz gewis meinem A fremd gewesen, bei dieser sach-
* artikel I 'das fragmentum Bernense' s. jahrb. 1891 s. 689 — 706,
Artikel Y 'über XV s. progr. des Sopbien-gymn. in Berlin 1893.
' RGrau de Ovidii met. cod. Amploniano priore (Halle 1892) s. 13 anm.
sammelt einige beispiele, die auf fortlaufende majuskelscbrift zurück-
führen können, auch unter den s. 602 aufgezählten lesarten läszt sich
manches in diesem sinne deuten, aber aus so geringem materiale lassen
sich sichere Schlüsse nicht ziehen. ^ über die ganze sammel-hs. urteilt
LTraube 'o Roma nobilis' (München 1891) s. 56 folgendermaszen : 'der
Bernensis 363 ist überhaupt so überaus und in jeder beziehung wichtig,
dasz man sich gern der hoffnnng hingeben möchte: eine gelehrte körper-
schaft wolle seine vollständige wiedergäbe in lichtdruck veranlassen
und dadurch ebenso der Verallgemeinerung als der erhaltnng diesea
kostbaren Schatzes einen dienst leisten.'
602 HMagnua: zu Ovidius metamorphoeen* 11. der archetypus.
läge kann icli toicb der verpfltchtung die provenienz aller unserer
Yollständigen has. aus Einern urcbetypus durch eine kleine aaswahl
von lesarten nachzuweisen nicht entziehen (um so weniger als sich
gelegenheit bieten wird manche angaben Korns nach den collalionen
II Keils und GMeynckes äu berichtigen und eine reihe von stellen zu
emendieren). febler die allen oder fast allen unserer hss, * gemeiu-
£am sind, müssen aus A stammen.
I 299 quo A, qua G* (einzelne g?) I 313 aäeis A.
Delrio II 485 manet A. tarnen G 7 ff II 871 primo A. primis
G einzelne g II b74 comu A. comum Priscian 5 g III 269
nni Ä. uHö M am r. III 545 frondibus (daraus fontibus M).
fönt ibus 12 g III 031 atque A* aque einzelne g IV 11 lifeum ,
lycumqu^ 3 g IV 150 liaec A. Äoc G 12 g IV 282 cdme
celmi 2 g IV 3G9 dimissaque A. ct^mmissaque 3 g. comissaque G
IV 403 coUucent A. colluccre 3 g IV 408 indudunt Ä. in-
cludii lg IV 451 semd A. simul G manche g IV 587
t ut^tenii
loquenti A. uolenti einzelne g. loquenti MG (vgl, mtU 586. V 466
OS et Ungua volenti dicere non aderant) IV 770 Pcrsm
Cepheus üaupt V 238* 239 protheum . . protha4s A, prefum . !
preihus G V 370 terrae A. ponti wenige g V 373 quoque A
quae manche g V 437 posscs A* possis i manche g (Korns not
über M ist unrichtig; nach Keil und Riese ist -is von m. 2)
VI 200 nach 203 A. corr. Gronovius VI 223 auro grauidts . /
habenis A. auroque graues . . habenas wenige g VI 417 j>at(h)er€'
qiie A. Patraeque Begius VI 422 subkctaque A, subueclaque
munehe g VI 497. 498. 496 A. corr. manche g* V 582 far-
iunaeque A* gcrmanatque 5 g VII 155 uH Ä. $ibi Merkel (die
Leidener codd. Vossiani haben, wie mir de Vriea mitteilt, gleich-
falls ti6i, nicht sihi\ die noten von Htnnsius und Korn sind also
falsch) VH 209 paUent aut^ A VII 228 eridani A, Apidani
Planudes VU 2^9 enipheu A. enipeu G VII 234 nona dies
etiatn A. et iam nona dies 9 g vulg. nona dies iUam manche g;
wahrscheinlich richtig, vgl, V 440 VII 399 iustissime ph€neu_
(oder phineu) A, iustisshna Phene JCbJabn VII 435 suam ,
suis Büössiua VII 506 regni A. $ceptri 3 g VII 764 cess
. . muUis A* pestis . . muUi Gronovius VIII 8 Alcaihoe A,
* über den nicht gans seltecen fall, wo vereinxelte bi«. abweichend
von der groft«en mehrsah I dai richtige bieten, wird weiter unten au
reden «eiii. * O ■» cod. GrÄecen«*!» eaec, XIII, nähere« im progr,
deß Sofibien^ymn. 1893 a. 4. unter s versiehe ich nur uovoihtätidtg
t>ekHante jütii^ert^ bes. im ge^^ensat« tu M Nif H 6. * eia Dotdürftiiper
sinn wird in A durch die ändeniiig et in ut (497) bergestelll, iho tuebtea
die Schreiber von l und einigen s durch die aUUong 497. 496 noch
etWHB 2a verbesffern, ^ diese durch K und viele g bexengU leaarl
tteht dem richtigen pattei avi (Heiniüiu) an» nichaten ood wird ta A
gestanden haben, uiebl al oder ei.
HMagnus: zu Ovidius metamorphosen. II. der archetypus. 603
thoi Heinsius® Vm 49 regum A. rerum G 13 g VIII 136
pasiphen A {phasiphen M nach Rieses mitteilung, Keil und Meyncke
notieren nichts), pasiphaen manche g 306. 305 A. corr. ein-
zelne g VIII 663 aus den Varianten der hss. tnentae extersere
uirenteSy m, tersere w., m. ä t, w., tnenta extersere uirenti schliesze
ich dasz in A fiilsch abgeteilt metUa etersere u. stand VIII 820
peragit A (vielleicht aus 815). spargit Glög IX 712 indecepta A.
inde incepta Zingerle X 681 digna nee ut A. dignane cui manche g
ex Sil. digna ///// grates G X 733 fultu) A. pluuio manche g. den
Ursprung des fehlers zeigt pluuio mit tibergeschriebenem f fluuio G.
XI 198 panopeo A. Fanomphaeo Planudes XI 293 inter-
polierter vers in A XI 381 suo A. sua G manche g XI 404
pariterque A. praeterque G manche g XI 522 tninäcia A {minäcia M.
minantia N. minacia G). micantia manche g (wenigstens ist dies aus
Heinsius note zu micantia ^multi minantia* zu schlieszen). wir haben
hier einen neuen beweis , dasz minäcia in den metamorphosen-hss.
durch minantia y nicht durch minacia aufzulösen ist, dasz also Ov.
1 91. V 669. XV 793 schrieb verha minantia bzw. minantia verha^
nicht minacia^ XI 763 gracili conata A. Oranico nata Pierius
Valerianus XI 795 manä A. tenä G 11 g XII 69 fortesque
. . neque A. fortisque . . nece Huygens XII 71 signata A. sigea
einzelne g XII 369 mentis quoque A. contentis Heinsius
XII 185 domusque A. domique G 7 g XII 483 coUo A. caUo
Merkel XIII 74 mäuentem A. trepidantem 1 g (*vulgo* Jahn)
XIII ISO potiremur A. poteremur manche g XIII 144 Acri'
sius A. Arcesius einzelne g (?) XIII 235 reposco A. repono 3 g
Bentley XIII 770. 771 Tetephus A. Telemus R Regius XIII 928
semine A. sedula Priscian G 2 g XIV 5. 4 A. corr. manche g (?)
XIV 95 remissas A. resimas Salmasius XIV 324 tot A. per
2 g XIV 461 auxüium petiü A. auxüiumque petit G manche g
XIV 622 summe loca A (Heinsius angäbe tiber MN ist falsch).
summam Proca Naugerius XIV 671 timidi aut audads A. nimium
tardantis Riese (vgl. ex P. IV 10, 9 animi nimium patientis Ulixü)
XIV 681 loca magna A. loca sola wenige g XIV 710 fere A.
serae G manche g XIV 71 1 austris A. hoedis manche g XIV 810
sunt A. qiMie 5 g. '® hiernach dürfen wir uns von A keine allzu
hohe Vorstellung machen: er war durch fehler aller art (auch
durch interpolationen) entstellt.
An manchen stellen sind wirklich vorhandene corruptelen in A
noch nicht erkannt oder doch nicht anerkannt.
'^ Heinsins bemerkt zdst.: ^Alcathoi puto', dagegen za a, am. 11421
*in vetusto codice inveni'. • vgl. progr. des Sophien -gymn. 1887
8. 11 f. *° es Iflf^e nahe sunt durch annähme einer parenthese (sunt
. . nepoti) zu verteidigen, aber praemia braacht doch wohl eine nähere
bestimmung. so mag sunt eine in den text gedrungene glosse zu pro-
missa sein, offenbar ist übrigens quae (wie die andern Varianten tom,
nunc) nur eine conj., die richtig sein kann, die echte tradition ist ver-
loren gegangen.
604 UMagnaB: su Ovidias metamorphosea. IL der arolietypas,
n 31 inde A. dieses inäe wird allgemein iDcal gefa&zt, kazui
auch Bicbt wobl anders verstanden werden, dann wird aber die be-
zieiiuDg Biif das nicbt weniger als Becbs verse entfernte in solio (y. 24)
ebenso hart wie nnklar. noch unschöner ist, dasz zu diesem localen
inde eine zweite locale bestimmung loco meditis tritt, die nun sehr
überflüäsigerweise {oben hiesx e&sedehat in solio . .ade^tralaevaque)
ßcbon gesagtes wiederholt» ich meine^ Ov, gehrieb IPSE loco medium*
vgl 1 178 celsior ipse loco, YII 102 medio rex ipse resedit agmine.
die fiuszerlicbe ähnlicbkeit mit ex P. I 7, 43 ipse scd hoc vidtt^ qui
pervidet omnia Caesar sei wenigtstens notiert* Verwechslungen von
inde ipse iüe sind in den hss, sehr häufig : vgl. IIl 99. V 556* VI 650,
progT. des Sopbien-gymn. lt<81 s. 22. Bilier zu Tib* I 2,58." nicbt
ganz 50 klar Hegt die sache I 666. hier ist das ipse der alten sud*
gaben M zuliebe durch ifide verdrängt worden, bis neuerdings Rie^e
gestutzt auf 1^ ßk jenes wieder einsetzte, ein gegensatz zum vorher-
gehenden (in dem vielmehr der durch ipse bezeichnete Argus gleich-
falls das thätige ßubject i&t) Hegt ja hier nicht vor. trotzdem spricht
für ipse ein plus von Wahrscheinlichkeit, temporales inde mit un-
mittelbar folgendem localen unde wäre wahrlich nicht schön, und
ipse bteht gar nicht selten^ um diejenige thätigkeit eines schon ge-
nannten subjects zu bezeichnen, zu der es nicht nur durch befebl
oder dgl. den anbtosz gibt, sondern die es persönlich und mit eignem
leibe ausübt: vgl. Caesar b, g. VII 60, 4 cmxquirU Untres . . has
fnittit. ipse cum locum petU. ebd, Vn 43, 4 legatoa appdlat - ,
ipse consilia inibat. b* c* II 23, 5 hanc (navem) remuko abstraxii^
ipse ad 0. Cxmonmn ctim classe rediit,
11 öOü ff, aradt onmipoiens pariterque ipsosque nefasqut
sustuUt et celeri raptos per inania vcnto
inposuit caelo usw.
et parlier MNj^GJlg. ei celeri t (einzelne g ex sil.). ^yl^z parUer
nicht von Ov. herrührt, sondern wirklieh aus 505 hier eingedrungen
ist, ergibt der sinn: das erste panVcr wird durch ipsosque nefasqm
mstulit vortreülich erleutert und gibt dem gedanken einen höchst
6iquisiten und bezeichnenden ausdrucke dagegen flällt das zweite
jämmerlich ab und ist genau betrachtet sinntos. nun gibt es zwei
möglichkeiten: entweder der fehler war schon in A vorhanden oder
er ist dem gemeinsamen original von M N (» 0) zur last zu legen,
gewis ist der letzte fall unwahrscheinlich : denn bei ihm wäre schwer
begreiflich, wie der irrtum fast unsere ganze tradition überwuchern
konnte, iät dem so, dann müssen wir fragen: ist die zuerst in « auf-
tauchende vulg. celeri auf conjectur oder auf eine von A unabhängige
echte Überlieferung zurückzuführen? setzen wir zunächst den zweiten
günstigen fall, dann wäre es ein merkwürdiger unglücklicher znfalli
'* <lii«u kommt noch ixque^ ilas mir äh manelicn «teilen höchst rcr*
däehti^ vorkommt: IV 212 [ipse Hiese). XI 160 247 {inde Heinftitt«).
XV 62 {iilery gans anders ab. trUL III 6, 6. IbU ^6. ftutL IV 43.
V 587.
HMagnas: zu Ovidius metamorphosen. II. der archetypus. 605
wenn sich diese thatsache nicht auch durch innere gründe stützen
liesze. nun setzt aber Ov. dieses epitheion celer^ das platteste und
selbstverständlichste, was sich nur erdenken läszt, sonst nie zu
ventus (6inmal fast. V 686 celeres noti), ich halte hiernach celeri
für die falsche conj. von jemand, der den in pariter steckenden
fehler bemerkte, ihr sei eine andere mit dem sprachgebrauche
Ovids besser stimmende und zugleich die entsteh ung des fehlers er-
klärende conj. gegenübergestellt : RAPIDO. vgl. met, 1 36 freta rapi"
dis tumescere ventis iussU. I 388 mea dida rapaxper tnare ventus
agit, III 209 rapida velodus aura. XIV 754 nee excutiant rapidi
florentia venti. fast. III 688 percutitur rapido puppis adunca noto.
trist. I 2, 91 ferte rapidi mea corpora venti. her. 17, 37 de rapi-
dis inmansiietissime ventis. die Verbindung rapido raptos ist gut
0 vidisch : vgl. mä. I 718 praeruptam rupem. IV 732 stantibus exstat.
VI 73 sedibus . . sedent. XII 376 praetenta sustinet. am. I 7, QBpone
recompositas comas ua.
III 32 flf. Martius anguis erat cristis praesignis et auro;
igne micant ocuU , corpus turnet omne veneno ,
tresquevibrant linguae^ triplici stant ordine dentes.
tresque micant A. tresque uibrant 2 g (in B fehlt der vers). kann
das überlieferte micant richtig sein? ich glaube nicht: *lingua
vibraty micat cauda' sagt treffend Lachmann zu Lucr. s. 179. am
nächsten käme noch VI 557 radix micat ultima linguae — und selbst
das ist doch wesentlich anders, es ist wohl kaum zu bezweifeln, dasz
micant aus v. 33 hier eingedrungen ist. zu vihrant vgl. met. XV 684
dedit vibrata sihüa lingua. Lucr. III 657 lingua vibrante ser-
pentem. Val . Fl accus 161 draconem mültifidas linguas vibrantem
ua. also richtig wird vibrant sein; ob es echt ist, wird sich später
zeigen, ganz vergessen aber ist Bothes Vorschlag (vindiciae Ov.,
Göttingen 1818, s. 21) que in tresque zu streichen, die conjectur
gehört scheinbar zu denen die gefällig klingen , aber nicht zu reci-
pieren sind, weil sie sich nicht als wahr erweisen lassen, doch gebe
ich folgendes zu erwägen. Ovids Sprachgebrauch fordert in der-
artigen Schilderungen unbedingt das asyndeton : vgl. I 43 f. 238 f.
266 f. 304 f. 548 f. II 775 f. 854 f. IV 6 f. V 329 f. VI 108 f. 303 f.
592 f. VIII 284 f. 372 f. 801 f. X 264 f. 699 f. XÜI 789 f. a. am.
1 67 f. fast. VI 133 f. (stellen die zugleich über den legitimen ge-
brauch von que unterrichten), weiter: vtbrare mit kurzem «ist
Ovid,ja überhaupt den Augusteischen dichtem fremd."
endlich ist doch d&s klar: war einmal micant aus v. 33 für vihrant
^* sonst fehlt es an beispielen für die kürze freilich nicht ganz,
zwar Riese anth. lat. 914, 72 spiculaque in silvis tuta vibrabat Amor ge-
hört nicht hierher: denn dieser ccnto Propertianus stammt nicht aas
dem altertum. aber MKothstein macht mich aufmerksam auf Catullas
36, 5 und namentlich auf Statius Theb. V 509 ter lingua vibrat. — Die
merkwürdige Variante in b treaq. sibi lingue ist noch nioht aufgeklärt,
steckt etwa in sibi ein verunglücktes, unprosodiscbes stbilanH
606 HMagnuB: zu Ovidiue metamorphoien. IL der archetjpua.
eifigedrungeUf so wurde die einschwärzuDg des que durch das iDetrum
gefordert und verstand sich fast von seihst, aus diesen gründen tilge
ich que und halte nunmehr vibrant für einen gelungenen emendations-
versuch des als unhaltbar erkannten micant.
VIII 656 f, multa quoquc hie torrens nivib%$s de mante aolutie
Corpora turbinea iutfenem vertigine mer$it.
so Korn ganz willkürlich, turhineo iuuenalia culmine A. L i. uertice
i 4 g. eingehend bat über die stelle gehandelt Zingerle kl. phil. abh*
III 52 (vgl. praef. ed. s, VIJI anm.). er hält veriice für echt und admine
für eine in den text gedrungene glosse. aher wir geraten bei dieser
annähme in eine mislicbe läge: A hatte — daran läszt Eich doo
nicht zweifeln — culmine; da nun £ aus A stamnat, woher kam il
sein vaiice'^ liegt hier echte Überlieferung oder conjectur vor?
offenbar dürfen wir den ersten fall nur als weher setzen, wenn uns
die Unmöglichkeit des zweiten nachgewieBen ist* und das dürfte
schwer halten, vielmehr ist es das natürlichste ^ dass der Schreiber
von f , ein gewandter interpolator , das unmögliche culmine, über
dessen sinn er sich klar war» durch veriice erleuterte und nach seiner
kenntnis des Sprachgebrauchs (vgl. IX 106) corrigierte. in dem
echten (dh, hier durch A verbürgten) culmine wird eine leichte cor*
rnptel stecken. Eieses conj, fiumine ist paläographisch sehr geföüig
dasz sie trotzdem keinen beifall fand, log wobl an zwei gründe!
man hielt sie 1) für unverträglich mit flutnina in v. 558. dem gegen^
über verweise ich einfach auf die im progr. des Sophien-gymn* 18H7
8. 28 gesammelten stellen (dazu noch Owen prol. Trist, s. XCVIII),
2) fand man fiumine wobl zu schwach für den Zusammenhang, diesem
hedenken erledigt sieb durch die genau in der wähl der werte eii|
sprechende stelle Jbis 513 Euenus torrenti fiumine mersus,
VIII 591 Perimelen A. ich rßume ein, dasz Ov. vielleicht so
geschrieben hat. doch sei auf eine bisher nicht heachtete Schwierig-
keit hingewiesen. Ferimtle sowohl als name einer Insel wie ak
name der tochter eines Hippodamas (v. 593) und geliebten dea
Acheloos ist sonst nirgends bezeugt dagegen nennt Apollodoroa
I 7f 3 (übereinstimmend mit andern genealogien; vgl. Röscher im
mjth. lex. u. Aiolos) eine Perimede als tochter des Aiolos und fÄhrt
dann fort rTepiprjbne pi^v Kai 'AxeXijjou 'liTTToböMac Kai *Op^CTY|C.
hier haben wir also als geliebte des Acheloos und verwandle de«
Hippodamas eine Perimede. freilich ist Hippodamas bei Apollodor
ihr söhn, bei Ov. ihr vater. da aber alles andere stimmt, l&szt sich
an der identität dieser Perimede mit der bei Ov. bezeichneten person
wohl nicht zweifeln* es läge also nahe hier einfach Ferimeden ein-
zusetzen, allein dem stehen doch bedenken entgegen, in den schölten
zu Pind. Ol. 3^ 27 hohii es zunächst ohne ji^les schwanken in der
Überlieferung fiXXoi (nemlich leiten die Hypurboreer her) änö ^YTTep-
ßop€ou TTeXacTOÖ tou 0opu>v€iüc KalTTcpi^ii^XTic t^c AlöXou,
nun kann es ja sein» dasz die lesart hier falsch ist anderseits läszt
sich die möglichkeit, dasz bei dem gleichen klänge und der ihn-
HMagnus: zu Ovidius metamorphosen. IL der archetypus. 607
lieben form beider namen scbon im altertum zwei Versionen neben
einander giengen , nicbt wobl bestreiten, endlicb ist es , ganz ab-
gesehen von den Pindarscbolien , bei Ovids bekannter manier mit
den mytben umzuspringen auch denkbar, dasz Ov., um eine pointe
anzubringen , jene Perimede nacli ihrer verv^andlung in eine insel
Perimeley die herdenreiche, nannte.
YIII 482 testis ahest somno^ nee ah est imitata völuptas. das
zweite ahest ist mit 480 dummodo tale nihil vi g Hans commütere
ietnptem (vgl. 469 f.) unvereinbar, wir wollen ja doch hören, warum
Byblis die imitata völuptas im traumbilde für ungefährlicher
hält als die vera völuptas der Wirklichkeit und gegen die Wieder-
holung der ersten (doch nur dieser I) nichts einzuwenden hat.
wodurch unterscheiden sich denn beide? die imitata völuptas hat
1) keine zeugen — testis ahest somno — , 2) keinerlei schlimme
folgen: non OBEST (derselbe fehler trist. 1 1, 43). man beachte den
spielenden gleicbklang in ahest . . ohest.
IX 557 f. nee nos aut durus pater aut revereniia famae
aut timor impediet: tandem ut sit causa timendiy
dulcia fraterno suh nomine furta tegemus,
tandem ut ist Korns sinnlose conj. (ich wenigstens halte dieses
tandem für unlateinisch), tantum sit A. tantum ahsvt s manche g
(ofifenbar interpoliert), ich habe in meiner ausgäbe versucht die Über-
lieferung zu erklären — schwerlich mit erfolg : tantum bleibt un-
erklärbar (wie es stehen sollte, hier aber nicht steht, zeigt her.
4, 145 f. tutus eris mecum laudemque merehere culpa . . toUe moras
tantum). wie iimendi zeigt, knüpft Byblis an den vorhergehenden
satz non nos timor impediet an. der gedanke kann, meine icb, nur
sein: 'furcht braucht uns nicht zu hindern ; doch selbst in dem
falle, dasz wir anlasz zur furcht hätten, können wir einen etwa
entstehenden verdacht leicht wieder einschläfern.' daraus würde
sich ergeben: TAMEN VT sit causa timendi.^^
X 556 ff. Hihet hac requiescere tecum.*
et requievit humo pressitque et gramen et ipsum,
inque sinu iuvenis posita cervice reclinis
sie ait ac mediis interserü oscula verhis.
zunächst einige werte über das bei Ov. nur hier vorkommende und
hsl. anscheinend nicht sicher beglaubigte reclinis. es ist uns über-
liefert durch ksG und viele g. N hat reclinans. Korns angäbe über
M ist nicht ganz zutreffend, nach Meyncke ist sicher von erster
band nur 'ein mit red beginnendes wort, welches mit /"schlosz und
in dem sich ein o befunden zu haben scheint', ich lasse dahin ge-
stellt, ob dieser leseversuch richtig ist, ob namentlich nicht jenes d
>' länßfst nachdem ich diese conj. gefunden hatte, sah ich, dasz
schon Bach zdst. auf denselben eiDfall gekommen ist. ihn zu ver-
folgen wagte er nicht, weil es ihm unmöglich war sich von dem inter-
polierten (dem sinne nach übrigens ebenfalls unbefriedigenden) iantum
absit los zu machen.
ant zu ÜTidius metamorph osen. IL der archetypas*
doch' mit d identificli ist, es liegt ja nahe an recumhens (= 6 g) zu
denken (wie IX 236 inpösita davne cervice recumbis^ vgl X 195.
her. 16^ 231)* aber die spuren der guten Überlieferung führen denn
docb auf redinis (das eben ffls seltenes wort der fälscbung besonders
ausgesetzt war), und eben dieses rfc/mt^ zeichnet uns ein wirklich
reizendes bild. nur erkläre man nicht wie Bach 'mit dem rtlcken
sich anlehnend', sondern 'zu rück gebogen, hinten über ge-
neigt': der göttin antlitz ist also nach oben gerichtet; so kann sie
dem gelitibten ins äuge schauen und ihn küssen, die alten erkJärer
verweiüen gut auf Mars im schosze der Venus bei Lucr. I 35 atque
ita siisplcicns^ tereli cervice rcposta^ pascit mnore aüidos ^ inh'mns
in te^ dea^ vis^is^ eque Uw pendet resupini spirUns ore, dagegen
ist V, 557 entschieden nicht in Ordnung, nach lihet Hac requitscete
iecum ist et reqnieuU htitno einfach unerträglich, was soll dieses
unbeschreiblich armselige und kable humo, das ?um vorhergehenden
nicht passt und durch das folgende pressUque usw. höchst lästig
repetiert? Ov. konnte entweder einfach sagen *8ie ruhte aas» rastete*
oder 'sie rastete hier* dh. an dem eben geschilderten schönen plät«-
chen ; dasz sie sich auf d ie erde legt oder sel^t, erfahren wir sp&ter,
auch Fp räch lieh ist das nackte humo bei rcqnieint sehr hart, vgb da-
gegen III 12 qua rcquieverit hcrba, X 480 terra requievU fessa Sa-
baea^ ja selbst das scheinbar so ähnliche terra requiescit uicrquB
{am, I 9, 7) ist etwas ganz anderes (krieger und liebhaber ruhen beide
auf der bloszen harten erde, statt im bequemen bettel),
alle dum hi ohne finderung auch nur feines buehstabens abzuhelfen,
wenn mau humo in die rede der Venus zieht, et (= und wirklich)
requievit als einschaltung des dichters faszt und liac mit humo ver-
bindet** ßokhe erleuternde parenthesen des dichters mitten in den
reden auftretender personen sind ziemlich hSufig (vgl. I 591. II '283.
III 562, V 282, VIII 575. X 275. XI 693, 753. XII B8. XIII 132,
264. 459). zu hac humo 'auf diesem fleckchen erde hier' vgl. II 432
qua venata foret süva. XI 713 hac müii discedefis dedit oscula lUüre
und so oft. weiter 1 wir möchten doch wissen, worauf denn Venus
eigentlich liegt oder sitzt (eins von beiden musz pressU offenbar
heiszen). man erwartet (nach 556 caespc8)i auf dem mit gras
deckten erdboden (wie II 420 ifujue solo, quodtexerathtrba, lactM
her* 4, 97 ebenfalls von Venus und käanh saepe sub dkihus Yen
Cinyraque crtatum sustinuit posäos quaelibei hrrba duos, vgt h^r,
5, 13. Piop. IV 13, 36 f. hinulei prlUs totos optribat amanim^ altaqui
natipo creverai herba ioro, pinus et incumbens Ifnioi ctrcumdahai
ttmbras'y ähnlich her. 4, 44. ep. Sapph, 147), weit gefehlt: Vena§
mtzt oder lirgt Überhaupt nicht auf der erde, sondern auf
dem grase und auf — dem Adonis {pressHqur et fframen et ipsum)!
im folgenden verse aber (in dem merkwürdigerweise Adonia wieder
t* daa Ist di0 lesart der «lt«>n ansfrühcn. der ^V^r^nfMd^ dtr die
verbal thomuDg' uiisert^r texte rcr^^cliuldet bat, wur io dies^iii falle» te
viel ich sehe, der wackere JChJahn.
HMagnuB: su Ovidius metamorphosen. U. der archetypus. 609
mit iuvenis bezeichnet wird, als ob ipsum gar nicht vorangienge)
hören wir zu unserer beruhigung, dasz dies nicht wahr ist, dasz
sie nur ihr haupt auf dem schosze des geliebten ruhen läszt (ingue
sinu itwenis posUa cervice), ebenso heiszt es von der jagenden
nymphe (II 420) inque solOy quod texerat herha^ iacehat
et pictam posita pharetram cervice premehat man sieht,
Ov. schrieb nicht ipsum, sondern IPSAM sc. humum, man inter-
pungiere und lese also :
^lihä hac requiescere tecum^
{et requievit) ^humo\' pressüque et gramen et ipsam usw.
XIII 135 huic modo ne prosit, quod, wti est, hebes esse videtur.
was soll hier der gegensatz zwischen sein und schein? ülixes
wirft doch dem Ajax nicht vor, dasz er ein hohlkopf scheine, der
er ja auch wirklich sei, sondern dasz er sich mit dem plumpen
dunkel der Unbildung seiner borniertheit auch noch gerühmt hat
(so deutet Ulixes wenigstens Ajax werte v. 9 f.). ich halte daher
die in einer jungen hs. auftauchende conj. (denn das ist sie offen-
bar) FATETÜR für richtigJ*^ die beispiele für diese construction
von fateri habe ich zu XIV 844 im progr. des Sophien-gymn. 1893
s. 5 gesammelt, man sieht, welche ganz andere bedeutung jetzt
der Zwischensatz uii est erhält: ^recht hat er unstreitig!' höhnt
Ulixes.
Anderseits glaube ich, dasz viel häufiger A die
echte und richtige lesart bewahrt hat, womangeneigt
war die Überlieferung für fehlerhaft zu halten.
I 320 adorant A. adorat einzelne ff (Wulgo' Jahn), wahrschein-
lich ist adorat nur dem cum consorte tori angepasst. zum sing, läszt
sich aber schwer (was doch der sinn verlangt) cum consorte tori er-
gänzen, wohl jedoch zu adorant, denn Beucalion cum consorte tori ist
fast gleich D. et c. t. den plural macht auch der Sprachgebrauch
wahrscheinlich: vgl. Burman zdst. und Bach zu I 217. I 448
hie A. Äis 4 sr N' auf ras. S; (= sed) b\ dasz his nur conj. ist (viel-
leicht ursprünglich als erklär ung über hie geschrieben) kann hier-
nach wohl keinem zweifei unterliegen, ebensowenig dasz diese conj.
nicht notwendig ist. hie 'hier' = *bei dieser gelegenheit' wie
XIII 341. a. am. I 143. rem. 676 und oft. II 642 totoque A.
totique manche g. die dativform toto ist gut bezeugt: vgl. Kühner
lat. gr. I 411. EUis zu Catullus 17, 17. auch bei Ov. kann ich sie
nachweisen am, III 3, 41 toto facio convüia caelo (der sinn ge-
stattet nicht toto cado, etwa wie met. XV 779, als abl. zu fassen).
III 271 f. nee sum Saturnia, si non
ah love mersa suo Stygias penetrahü ad undas.
in undas A. ad undas manche g, die zweite lesart entspricht der
landläufigen Vorstellung, die auch bei Ov. vertreten ist (vgl. met.
^^ auf dieses fatetur machte schon Bothe vindic. Ov. s. 129 auf-
merksam, ohne beachtung zu finden.
Jahrbücher f&r olass. philol. 1893 hft. 8 o. 9. 39
610 BMagBus: zu Ondius mätamorphoBen, IL der arcbetjptis.
X 13 adStifga descendere^ ex P. I 3, 20 ad Stygias certo Umite ducat
aquas, ebd. II 4, 43 Firiihoimi Theseus Sttfpias comitavit ad tindas).
aber man lilita sich sie für die einzig mögliche zu halten, ein ana*
logon bietet der Lethestrom, jedes kind weisz, da82 man aus ihm
vergessen trinkt» auch Ov. weiaz es — gewisl (ex P, II 4^ 23 si
hiberes ohscurae pocula Leihes), aber daneben finden wir eine gun«
andere anschauung : vgK irist. I 8, 36 mmdane LcOiaek mersa feruntur
aquis? IV 9, 2 iua Lethaeis acta dabuntur aquis* soviel im all-
gemeinen, hier würde nun penetrare ad heiszen * vordringen bis
an, bis zu" wie ad ima faniis XI V 793, ad viscera VII 601, a dextra
laevam ad auren* XII 336, ad urhem XV 8 (dagegen in artus X 424).
nur xn 42 penetratquß cavas vox omnis ad aures nähert sich ad
einem in^ das vielleicht wegen cavas wirklich herzustellen ist wie
dem auch sei, an unserer stelle kann ad undas nicht richtig sein:
denn es ki mit mersa absolut nicht zu vereinigen, wie sieh viel-
mehr in merkwürdiger weise die anschauung, dasz die toten Über
die Styx fahren oder schwimmen, und eine andere, dasz so viele
Schiffer und Schwimmer den tod durch Schiffbruch oder ertrinken
finden, vermischen und zu einem freilich unklaren bilde zusammen*
schmelzen, lehren uns viele stellen unseres dichters* anfange diesoa
processea finde ich schon a, am. II 41 per Styga deiur Uer, S(yffia$
transnahimus undas* ex I\ IV 9, 74 exeai e Stifgiis ut mea futvis
aquis, vgl. met, XIV 591 (denn die idee von den gefahren der
überfahrt ist bereits erkennbar), wir sehen ihn vollendet, die Vor-
stellung von Schiffbruch und ertrinken fertig, in folgenden versen:
Jhis 592 comicus ut fmdiis pcriU, dum nahat^ in undis^ et tua sie
St^ffius stranguld ora Uquor, mei, X 69T an St^gia sofUts, duhitavU^
mergerd unda. am^ III 9, 27 hunc quoque summa dies nigrc «id-
mersii Avcrno* trist. I 2, 65 nnftere mc Siifgias si iam voluis^ in
undas Caesar ^* dh. wenn er mich hUtte von den fluten der Stjx
wollen verschlingen lassen, trist, IV 5, 21 si non, qui mcrsit St^fffia^
suUevä iHud (sc. Caput) t aqua, auf dieselbe idee gebt zurück md*
XII 322 miscenda cum Styge vina hibes, vielleicht liesze sich durch
diese erwägungen md. III 695 Sfyffiae demittite morti für A rettea
und als richtig erweisen («> tod in den fluten der St/x), aber ds
N (ex sih) und g anscheinend nodi haben, so bleibt freilich die mög-
lichkeit dasz morti eine in den text von M A Q und einzelnen g ge-
drungene glosse zu Stygiat nocti ist^ übrigens hat Ov. auf diesem
gebiete Vorgänger und nachfolger gehabt Theokr. 1, 140 ndtVTa
XeXoiitci ^K Moipäv^ x^ Adqpvic fßa^dov. fKXucebiva töv
Molcaic cpiXov övbpa. Catullus 65, 5 Leihaeo gurgiic fratris paÜi-
dulum manans alluit unda pedem. Prop« II 9, 26 cum capdt hoe
10l»J^
** REhwald liest ond Tertetdi^ (vgl. Bunians j«hrc'^^ -
n B. 880) hier noch lui untUtn. daf^eg^en tritt für in ein 1 e
progf. d. Wetd, gymu. Berlin 1893 s. 2VI, dmis ich mir jedu^,, ,_ .or
i»eine «iklUrung noch seine beweisatelltii aaei^neD kaiifi, ergibt sieh
au£t obiger darAtetlun^.
HMagnus: zu Ovidios metamorpliosen. II. der archetjpus. 611
Stygiae iam poterentur aquae, ebd. IV 18, 9 hispressus Stygias voUum
demisit in undas (dazu Postgate), ebd. Y 11, 16 damnatae noctes
. . et quaecumque meos implicat unda pedes, Lygdamus 3, 37 m«
vocet in vastos amnes nigramque paludem Orcus. culex 216 cU mea
manes viscera Lethaeas cogunt transnare per undas. epked. Drusi ^10
et mergi Stygia nöbüe numen aqua. IV 273 sed non et Bacchus A.
estB, einzelne g die neuern ausgaben, es genügt auf Heinsins vor-
trefiFlicbe note zdst. zu verweisen. IV 379 uidäur bNXeGg.
uidentur 1 g und vielleicbt ursprünglich M : zwischen e und t ist ein
bucbstab ausradiert (vielleicbt! — mebr nicbt ! denn dasz dieser
bucbstab ein n war, ist palSographiscb gar nicbt wabrscbeinlicb).
es ist biemacb wobl sieber, dasz die lesart von M ein anscheinend
sogleich vom Schreiber corrigiertes verseben ist , dasz uidetur in A
stand, ist dem so , dann hat Ov. höchst wahrscheinlich auch so ge-
schrieben, subject zu videtur ist 'es', nemlich jenes eben entstandene
wunderbare doppelwesen. Roms note, an sich ungenügend ,. ist
obendrein durch einen druckfehler entstellt, vgl. VIII lß9 geminam
tauri iuvenisque figuram. VIII ^ßSpugnat (= MAeG die meisten g,
ßiese schweigt über N) materque sororque, her. 2, 70 tawri mixtaque
forma viri. Uns 456 dequ^e viro fias nee femina nee vir. IV 671 1 w-
iustus it^serat Ämmon A. iniustas 0. immitis 6 g. was die
meisten hgg. bewogen hat iniustus zu verwerfen, ist nicht abzusehen,
dasz es dem sinne völlig gerecht wird , zeigt inmerUam in 670. der
gleichklang init^tus iusserat ward von Ov. nicht gemieden, sondern
gesucht: vgl. Mdicerta lacertiSy arcana profana^ scintiäa faviUat pro-
perata retexite fata. s. AZingerle in den Wiener Studien 1884 s. 60 f.
und unten s. 632 zu I 327. V 160 hie A. hinc Gl 7 g. ersteres
(als pron.) evident richtig (vgl. I 67 ua.). V 175 inertia (in-
hertia MG) frustra hracchia tendentem A. inermia e (corr. m. 2) 9 g.
offenbar ist die zweite lesart eine auf der ersten ruhende conj. und
zwar eine die von Überlegung zeugt: denn sie passt zu 172 fregit.
diese directe beziebung auf 172 ist zwar möglich, aber gewis nicht
notwendig, zu beweisen wäre also, dasz inertia nicht richtig sein
kann, es stehen uns zwei bedeutungen zur auswahl : die von v. 225
(vgl. XIII 76) und die von 548 (vgl. XII 361). mit der letztem
weisz ich, wie ähnlich auch die stelle scheinbar ist, nicht recht etwas
anzufangen. '^ gegen die erste aber wende man nicht ein, dasz dieses
epitbeton einem körperteile gar nicht zukomme. Ov. schrieb ohsessos
artus V 632, pedora timentia VIII 440, maererUi dextra XI 81, m-
Mlibus lacertis XIII 109, laeta dextra XIV 688, hoc fassas manus am.
III 8, 22 (ebd. v. 48 discordes manus), viduas manus her. 1, 10, pavidas
awres ebd. 3, 59, timidas manus 8, 16, cognatae mawus fast. 11 416,
pedora infantia ebd. VI 145 , insanis lacertis ebd. 497 usw. (vgl.
über die^e eigentümlichkeit der röm. dichtersprache Weissenbom-
" doch darf man gregen sie keineswegs das scheinbar abundierende
frustra verwerten, vgl. CatuUus 64, 111. Ellis zu 64, 103. Ov. trist. I 2, IS
verba frustra non proßcientia perdo ua.
39*
612 UMagnus! zu Ovidius metamorpbofien. 11. der arcbetjpus.
Muller zu Liv. I pracf. § 11, HPeter zu fast III 688, meine aus-
gäbe anb. B. XV). durcb das flebende ausstrecken der ai-me {ttn-
dentem) kommt die Feigheit zum ausdruck (vgl. irepidum)^
VII 806 f. nee mecum famulos nee equos nee narihus acres
ire canes , nee lina sequi nodosa sinebanh
80 i im texte und manche g. famuli — equi — soUhani MNAOg.
beide lesarten sind möglich, nehmen wir an, eine von beiden stand
genau so in A: dann scheinen die Varianten herbeigeführt durch
solebam in 805 (vielleicht wirkte auch 813 mit)* falls die lesart der
vulg. echt ist, kam yermuüich dem Schreiber durcb abirren des
aoges statt simbam ein solebam in die feder. dies sokham ward (an
sich un wahrscheinlich j denn es gibt bei oberfiäcblicber betrachtungj
einen guten sinn) in solehanty endlich auch famulos und equ<f$
famuU und equi geändert, alles an sich möglich — aber ein scbwe
glaubliches KUsammentrefiFen von möglichkeiten. viel einfacher er-^^
klärt sich alles durch den entgegengesetzten Vorgang: famtdos —
cquüs — sinehnm ist eine conj», ersonnen um die scheinbar unschöne
Wiederholung solebam — solebant tw beseitigen, die^e annähme ge
winnt an Wahrscheinlichkeit, wenn A die leichte corruptel famulw^
— equis — solehant hatte (so liest nemlicb das wichtige frg. fiosii,
vgl. rbein. mus. XL VI s. 293 und unten s. 629. dann lag die ver
ßuchung zu interpolieren um so näher, in Wirklichkeit ist jene
sohbam — solebant durchaus nicht anstöszig, denn Ov. mied der
gleichen repetitionen nicht (vgl. oben s. 606 zu VIII 556). VII 8271
ut m i (c) h 1 narraiur A. sibi manche g ('cum melioribus* Heinsius)
CS ist möglich dnsz Ov. stbi schrieb; man kann die ganze wendung
durch her, 5, 38 ut mihi narraäi, speciell sibi durch met. XIV 42
quae sibi praelata est — einigermaszen auch durch den bekannten
gebrauch von suus^^ — sttltzen. gehen die uns gänzlich unbekannten
quellen, aus denen Heinsius schöpfte, wirklich auf eine andere recen-
sion zurück , so kann die vulg. echt sein, steht dagegen die über*
liefer ung mihi gegen die conj. sibi^ so haben wir keinen grund jen^
zu verlassen, man beachte nur, dasz miAt sich auf Cepbalus , de|
redenden bezieht, das2 Ov. dergleichen Zwischensätze häufig an
wendet, da wo der erzäbler dinge berichtet, von denen ernurdurcli^
hörensagen weisz und wo er glaubt sich über ihre kenntnis aus-
weisen zu müssen: vgl. trist* 1 3, 91 Ula dolore amens tenebris nar-
ratur obortis procuhuisse. ebd. III 3» 19 quin etiam sie me dieuni
aliena locutum, meL IV 305 (« her. 13, 67. ffist, V 84) ut fama
est, VIII 385 primus mdisse putatur, Vill 721 }iae4: mihi non
vani narravere sene^* IX 547 ui referunt iardi tunc deniquc a^rrsies.
XU 360 credi sie ipse volebat. Xlll 47 ui memarant* XIV 3ltt,
quod dam mihi retiulU una (vgl. 435). XV 356 esse mros fama <
her* 6, 19 barbara narrahtr venisse. ebd. 14, 109 quorum mihi i
i« sb. meL U 1S6. VIU diS. XiU 934* XIV 558 XV tOL 750. U^Z
am, 1 6, 66. her, 5, 1. a. am U 551. lOO, rem, 42. I7H. 2&i. iHti,
JII ]« 52. 66. V b, 54* ex P. l 7, 4a. fasi. U 6S8. 7dL IV H7a 450,
HMagnus: zu Ovidius metamorphosen. II. der archetypus. 613
seneäus audor. ex P. III 2, 51 fama refert. 62 dicunt, 64 creditur.
fast. IV 369 narrantur. V 86 tradiiur. VI 630 intrasse penates
diceris.^^ ähnlich ist met, X 579 die Unterbrechung der rede durch
quäle meum vel quäle tuum. so halte ich, ohne meine ansieht als un-
trüglich richtig hinstellen zu wollen, mihi für echt, sibi für eine ele-
gante interpolation. VIII 641 inque foco tepidum cinerem dimo-
Vit A, inde eQ viele (so musz man wenigstens aus den noten der
alten erklärer schlieszen) g. ich halte inde für eine fälschung, ver-
anlaszt durch die meinung, Baucis rSume die asche *vom herde
hinweg' (e^tee Heinsius). eine irrige meinung: Baucis stöszt die
asche auf dem herde etwas auseinander, zerteilt sie {difnovü)j
um den lebendigen funken darunter anzufachen (vgl. VII 80). inter-
pretiert man aber so, dann ist inque offenbar tadellos, so viel ich
sehe, steht dimovere bei Ov. nie mit dem terminus a quo (vgl. IV 708.
V 341. XI 617). XI 83 longos quoque hracchia veros esseptUes
ramos A. porredaque manche g. ueros quoque . . . longa 2 g. die
letzten lesarten stellen sich als alte conjecturen heraus, die ebenso
unnötig sind wie die modernen, wenn die lesart von A sich be-
friedigend erklären läszt. und das ist meines erachtens der fall, ich
construiere hracchia quoque veros longos ramos esse puies, vgl.
II 352 iUa dökt fieri longos sua hracchia ramos, VIII 760 longi
paUorem ducere rami. XIV 392 longis dat vulnera rawis (vgl. X 493).
die Wiederholung des quoque in 82 und 83 ist beabsichtigt, zur
Stellung dieses Wortes I 292. VIII 356. XIV 158. Polle im wb. u.
quoque, zur häufung veros longos vgl. VI 555 vocantem Vuctantemque
comprensam linguam. XIV 336 praeposüo cunäis Laurenti IHco.*^
XI 496 undarum incursu grauis unda A. ventorum Bothe
vind. Ovid. s. 116, die neuern ausgaben (bei Korn fehlt eine note
ganz), aber die conj. setzt an stelle der Überlieferung nichts besseres,
nicht einmal gleichwertiges, was ist denn an dem gedanken 'die
hoch emporgetürmten wellen stürzen donnernd {sonarU) auf die
flut nieder' auszusetzen? vgl. dazu XI 505. 513. 532 und bes. 553
unda despicü undas nee levius . .praecipitata caditpariierque
et pondere ä iäu mergit in ima rotem, zu undarum incursu XI 730
moles^ incursus quae praeddassat aquarum. dieselbe Situation
Hom. Od. A 243. Verg. georg, IV 361. trist. I 4, 7 (ebd. v. 9 texta
Sonata pulsu^ Stridore rudentes). auch das epitheton gravis läszt
sich wohl nur mit undarum incursu (jsoncU) vereinigen, das wort
hat sonst in ähnlichem zusammenhange bei Ov. activen sinn : XI 558
gurgite pressa gravi, trist. I 2, 14 graves spargunt ora loqueniis
aquae, ex P. HI 8, 12 gravem vertice portat aquam. her. 18, 23
^9 vgl. auch die von KPSchulze progr. d. Werd. gjmn. (Berlin 1898)
8. 11 gesammelten stellen. ^ mehr dergleichen s. im progr. d. Soph.-
gymn. 1887 s. 20. Schaefler graecismen s. 61. hier ist übrigens die
SHche um so weniger auffällig, weil longos als stehendes beiwort sich
eng an ramos anschlieszt und somit dem veros gar nicht coordiniert ist
(Weissenborn-Müller zu Liv. XXI 35, 3 per artas praecipites vias).
614 HMagnaa: su OTidius metamorpbosen. IL der archetyptis.
saemtiae paulum gravis unda remisU, aber hier ist eg neben tu
wohl, wie oft, passiv 2U fassen: die flut donnert, erdröhnt» belastet
(unter der wacht der) von hoch oben darauf stürzenden wogen, zum
au sd ruck vgL XV 181 unda impeüUur unda. her. 16, 230 (-« o, am.
I 244). am, I 573. 606. rem. 195. trist. IV 1, 30. V 4, 4. ew P,
II 5,63. fast. I 184. 217, 256. 51G. HI 412. IV 184, V 409.
VI 752. Birt haUeuL s. 62. progr, des Sopbien-gymn. 1887 s. 23.
XI 695 ne m€ fug er es ^ ventos sequerere A. fugiens N* auf
rasur fG manche g, die ausgaben auazer der meinigen* zum aus-
drucke des doppelten , also sehr starken gegen satzes (mc fuger e —
ventos sequi) passt offenbar das participium weniger, vgl. er P,
I 4, 38 quas fuger cm ^ qua$ sequererque vias, met. IV 460 se sequi-
turque fugitque (= her, 14, 105), XV 183 fugiunt pariter pariterqm
sequuntur. III 228 fugit per qnae fuerat loca saepe secutus. XI 784
decidit in pontum A. se dedü N* auf rasur 2 ^. ich bestreite nicht,
dasz der dichter se dcdit schreiben konnte» füge sogar zu den von
Heißsius citierten stellen (Lucr. VI 1172. Verg. georg, IV 528)
nocb drei weitere aus Ov. selbst: met. II 383 dai animum in ludus*
III 679 ad intortos cupiens dare hracchia funes. exP, IV 8, b%Qiga¥iteB
ad Styga vindicis ignc datos (öfters mit dem dativ, wie XII 589.
XIII 331). aber da die lesart sehr spät und vereinzelt auftancht»
kann man in ihr schwerlich mebr als eine conj. sehen, ond als solche
ist se dedit gewia unsicher, äuszerlich (durch 14 g) und innerlich
(vgl met, I 674. IV 353. VII 378. a, am, DI 22. Ibis 556. fast.
II 111. 588. III 688) besser beglaubigt wäre gewis desiUt,*' anch
dies ist freilieb nichts als conj. ftlr das decidit von A, an dem die
abscbreiber den begriff des willkllrlicben actes vermiszten. ob
mit recht? wer Ovids manier kennt und in Einern verse liest (iecicJi*
»»eadentem^ wird es sebr ungern glauben, icb möchte aus dieser stelle
vielmebr folgern, dasz Ov. deddere hier wirklich von einer willkllr-
liehen handlung gebraucht synonym mit labt und delabi* vgl. XII 337
ah ancipUi delapsus aaimine montis . . decidit inpraeceps (=sXIV 846)
mit dem rate a.am, 11 245 ai tu perpraeceps teäo ddabere aperto^ oder
I 608 deiapsaque ab aefhere summo mit trist, III 4, 19 miser Elpenor
Udo delapsus ah aUo, XII 61 seditioque recens A, r^ens Heinsius
(von Lenz mit ^schleichend* interpretiert!), doch Heinsius gelehrte
not 6 beweist weiter nichts als dasz repens ein an sich geeignetes epi-
theton zu seditio tumuUus udgl. ist.** mit dem weit bezeichneDdem
recens kann es hier nicht concurrieren. unter den dienern und boten
der fama steht auch der eben geborene, entstandene (vgl«
II 27 verque novum stahai) auffuhr, denn nur dieser gibt «u gerüeht
und Übertreibungen (vgl. mixta cum veris commentüi milia rumontmji
^* neben deaiäre g^brimcht Or. In Kbnlichea sitiiatioi»«ii noefa
miitere [met VllI 40. XI S40. am. XU % 8(), her. % 135. tp, Sapph. II
iriitL V % 76. tbit 499. faiL VI 498), Einmal §e iae€rt {faät, Ii[ Uiffi
** bei Petroniag Ä. e, 140 i«i aber offenbar rscens (oait deMcendii <Q
verbinden) gani richtig; io Ueat »uch BQchcler.
HMagnus: zu Ovidius metamorphosen. II. dor arcbetypus. 615
auditis cdiquid novtis adicU atidor) anlasz ; ist er nicht mehr recens,
80 kehren ruhe, besonnenheit und die fähigkeit wahres von falschem
zu unterscheiden in die gemüter zurück, und dann kann ihn die fama
nicht mehr gebrauchen, wären die hier genannten dämonen ledig-
lich erzeugnisse, geburten der rumoreSy dann kSme durch recens
allerdings etwas schiefes in den gedanken (Bach: *recens ohne sinn,
da es einen schon früher dagewesenen zustand denken läszt') , aber
wie namentlich das auftreten der Orediditas zeigt, kam es dem
dichter nur darauf an den Innern Zusammenhang, die Wechselwirkung
zwischen jenen dämonen und den rumores hervorzuheben : sie sind
ebenso gut erzeuger oder beförderer, wie erzeugnisse.
XIY 32 neu duhites ahsitque tuae fiducia formae usw. assüque
oder adsüque A. ahsitque e manche g , die neuem ausgaben auszer
Biese, aber sichere beispiele für die constr. neu duhites ahsitque
sind mir nicht bekannt. Heinsius, der ahsit in die texte einführte,
las ahsitve. die änderung ist freilich leicht, aber sie ist nur erdacht,
um die lesart der jungen, geringern Überlieferung zu schützen, hat
also auf probabilität keinen anspruch. dagegen ist neu duhites ad'
sUque = ä ui adsit eine auch bei Ov. öfters begegnende nachlässig-
keit im satzbau: vgl. met. IV 470 quod vellet erat^ ne regia Cadmi
Star et et in facinus traherent Äthamanta sorores. XIII 137 neve
mihi noceat . . . meaque haec facundia invidia careat, her. 3, 79
(deprecor) neve scindi patiare capiUos et levUer dicas (hierher gehören
auch formen wie XV 140 ne facUe et advertite. XIV 420 nee satis
est . . seque proripü), dieselbe construction stellt mit viel Wahr-
scheinlichkeit Simmons (the mctamorphoses of Ovid books XIII and
XIV, London 1887, s. 109) XIII 271 f. her, indem er nach Jionorem
ein kolon setzt. Caesar h. c. I 19, 1 hortatur eos ne animo defidani
quaeque usui ad defendendum oppidum sint parent (Kraner zdst.
und zu 6. g. II 21,2). Nepos Eum. 6,2. Hann. 12,2. Madvig spr.
§ 462. reiche Stellensammlung bei Major zu Juv. 16, 9. XIV 128
trihuam tibi turis honores A. honorem H 7 g. allerdings steht
X 681 cui turis honorem ferret. trist. II 76 capüur minimo turis
honore deus ; doch findet der sing, dort durch den sinn (es ist von
einer einmaligen weihrauchspende die rede) , hier durch den bedarf
des metrums seine erklärung. dagegen ist an unserer stelle der plur.
neben templa tihi statuam viel geeigneter dauernde Verehrung, immer
wiederkehrende opfergaben zu bezeichnen : vgl. met. I 565 perpeluos
semper gere turis honores (ebenso Tib. I 7, 53. Prep. V 6, 5). wenn
nun in v. 130 folgt nee sacri turis honore humanum dignare capui^
was werden wir daraus folgern? dasz Ov. auch in 128 den sing.
setzte und dieser fast in der gesamten guten Überlieferung verloren
gieng? oder dasz der in 130 durch das metrum bedingte sing, einen
falscher einlud auch in 128 den sing, einzusetzen, um volle con-
formität herzustellen? die antwort kann nicht zweifelhaft sein,
dasz Ov. es sogar liebt in derartigen fällen den ausdruck etwas zu
variieren (doch so dasz die beziehung deutlich bleibt) habe ich früher
616 HMagau8: zu Ovidlue metamorpliOBen. IL der arcbetjrpufl.
an beispielen erwiesen (jabresb. des philol. Vereins XII 164 in zb. ts
d. gw, 1886),
XIY 420 f. die lesart von k ist hier in neuerer zeit angefocbtea
worden {ne^ fas est Marx), sehr mit unrecht (vgl. jahresb. d. pbiloL
Vereins XV 166» z9. f. d, gw. 1889), doch bedarf die interpunction
unserer texte dringend der Verbesserung, man lese:
nee saiis est nymphm fkre et lacerare capiUcs
et dare plangoreni (facit haec (amen omnia) , seque
proripit ac Latios errat vesana per agros,
dh, die gewöhnlichen zeichen der trauer genügen Ihr nicht, sie ge
bärdet sich als rasende; vgl. 11 358 f. IX 636 f,
XIV 573 f. Turnmqiie cadU: caäit Ardea Tumo
sospite diäa poiens. quam postquam Dardanus %gni$
ahstulit et tepida latuerunt tecta faviUa usw.
l>arharus A. Bardanus Heinsius» die neuern ausgaben, aber was iet
an harharus ignis 'die feuerbrönde der fremdliuge' auszusetzen?
Heinsius beweist mit allen seinen citaten nur, dosz Ov. auch I>ar*
danus schreiben konnte, das nötige über harharus bei Bach zu fnei*
XI 162. Och&ner in Bachs ausgäbe s. 568, Brouckhusius tu TibuUus
II 5, 48 (vgl. noch her. 1, 26. 16, 64). bei Tibullus heiszt Turnus
aus der anschauung der troischen sibjlle heraus barhan*s, bei Ov* —
vom Standpunkte der Ardeaten — mit ebenso gutem rechte Aeneas,
und Ov, 8ell)st konnte in Tomi {trist. V 10, 37) klagen harharus hie
ego sum , <juia non inidkgor ulli wenn man hier harharus antastet»
warum nicht auch oben v. 163 cur harhara Graiumprora vehit? für
die Überlieferung sprechen auFzerdem mancherlei äuszere indicien.
nirgends bei Ov. findet man, obwohl Burman das gegenteil ver-
sichert^ harharus und Dardanus vertauscht (vgl, her. 1, 26. 7, 160»
8, 12). wichtiger ist ein anderes. Bervius (^u Aen, VII 412) sagt:
iUud namque Ovidii in metamorphoseos fahtUosufn est, incensam ah
Hannihale*^ Ärdeatn in hanc avem esse conversam. ich folgere
hieraus dasz harharus jedenfalls älter sein musz als Servius: denn
es ist begreiflich, dasz ein Römer, der viel von den Verwüstungen
und einäscherungen zahlloser städte im Hannibalischen kriege ge«
hört hatte, unsere stelle mis verstand, wenn er harharus las — aber
auch nur dann! noch einen zweiten fehler finde ich hier in
nnsern texten, nur die jüngere, stärker interpolierte überliefenmg
{i manche g) bietet ignis, in M N H G und den meisten g (also wohl
in A) steht ensis. jenes ist wahrscheinlich wieder echt noch richtig,
wäre es das, so bliebe die entitehung der corruptel ganz unbegr^af*
lieh, ich glaube, Ov. schrieb QUEM (sc. Turnum) . . . harharus ensis,
daraus entstand in A die nahe liegende leichte corruptel quam^ und
diese zog wieder — in Verbindung mit dem folgenden t^ida favÜia
— den ersatz von ensis durch ignis nach sich, meine (Übrigens schon
" das ist nuch Thilo die Üb erlief erunfr (nbgcsthön von der lui*
weHcntUcheu Variante Jffmbateji die vou J CK Jahn {tn iitiierer »t«U«}
citiorle leaart aL Acnca eotbehrt iooüt jeder hat. grundljige«
HMagnus: zu Oyidius metamorpliosen. II. der archetypos. 617
von Micyllus zögernd vorgeschlagene) änderung bringt uns auszer-
dem noch einen doppelten gewinn, einmal entspricht jetzt das erste
Colon qtiem . . . ahsttUit genau dem Turntisque cadUy ebenso wie nun
durch das zweite et . , . faviUa jenes cadü Ärdea erleutert wird, end-
lich ist der ausdinick ignis ahstiUü Ardeam ungewöhnlich und durch
XY 157 kaum zu verteidigen, vgl. dagegen VI 556 linguam ahS'
Mit ense fero, VII 348 cum verhis giUtura äbsttUü (sc. ense). ex P.
II 1, 66 ahstuUritque hoc caput ense.
XIV 744 f. accipü iUa [sc. mater^ sinu complexaque frigida nati
membra suipostqtiam miserorum verha parentum
edidit et matrum miserarum facta peregü usw.
miserarum A. miserorum G wenige g (nicht e); wenn man in der
vulg. parentumy wie üblich, = 'eitern' setzt, so scheitert jede inter-
pretation: denn parentes eitern und matres sind nicht begriffe die
sich ausschlieszen ; es ist also logisch unmöglich von jedem etwas
besonderes auszusagen, einen andern weg schlug Heinsius ein,
indem er parentum für gleichbedeutend mit patrum erklärte , *nam
vices patris defuncti agebat'. ich wende dagegen nicht ein, dasz die
lexica diesen gebrauch von parentes nicht kennen: es wSre eine
schier unbegreifliche laune der spräche, wenn sie sich so selbst be-
schränkt hätte, wirklich kannte Ov. höchst wahrscheinlich parentes
in diesem sinne, wenn es IV 61 heiszt sed vetuere patres und darauf
folgt 154 estote rogati^ o muUum miseri meus illiusque parentes und
164 Vota tamen tetigere deos^ täigere parentes ^ so ist das wohl deut-
lich genug. ^* aber auch die so erklärte vulg. ist unerträglich, sie
zwingt uns erstens die lesart der gesamten Überlieferung preis-
zugeben, sie stellt ferner an uns das sonderbare ansinnen von be-
trübten Vätern nur werte, von betrübten müttern nur thaten
zu erwarten {miserorum parentum verha — mairum miserarum
facta!): auch väter pflegen in dieser Situation sich nicht mit Worten
der klage zu begnügen (VIII 529. CatuUus 64,224 ua.). also mise-
rarum in A ist echt, eine spur richtigen Verständnisses finde ich
nur in der alten Übersetzung von Bode (Berlin 1816): 'nachdem die
unglückliche mutter alles gesagt und alles gethan, wozu der schmerz
unglückliche mütter treibt.' der ^Xmv, parentes heiszt eitern,
Väter, mütter je nach dem zusammenhange — und der ist
hier klar genug : nur fälsche man nicht die tradition und beachte das
folgende matrum. diese Wiederholung desselben ausdrucks mit einer
Variation, trotz deren die innere beziehung gewahrt bleibt, ist echt
Ovidisch (vgl. oben s. 615 zu XIV 128, PoUe im register u. 'Wieder-
holung'), vgl. fast, ni 243 tempora iure cohmt Latiae fecunda
parentes (ebenso ist wahrscheinlich met. VIII 499 mens übt
materna esty uhi sunt pia iura parentum? zu verstehen). Tac.
'* auch Livius I 13, 3 nos causa helU^ nos viänerum ac caedium viris ac
pareniibus sumus kann nicht anders verstanden werden, dasselbe resultat
wird schärfere interpretation noch vieler stellen ergeben, anderseits ist
an avi =» groszelte rn bei Tiballas II 2,21 nicht anstosz zu nehmen.
618 HMagnaa: zn Ovidius metamorphoseu. IL der arclietypuB.
ab exe. XIII 13 Caesar inspecia omatu^ quaprincipum caniuges ac
patent es tffiüserant^ äeligii vesicm et gemmas misUq^ie donum mairi*
ebd. XIII 21 neque enim perinde a parentihus liheri quam ah in-
pudica aäulteri mutantur (vgL vorher matrum adfectus i^fnoioB
hahere), XIV 773 NumUorgue senex amissa nepotis munere
regna capii A. nejyotum die ausgaben nach H und wenigen g. der
eigenilicbe beld der römischen gründungssage ist durchaus Bomulus.
Romiilus allein tötet den Ämulius: fast. Ul 67 Bomukogue cxiäit
iraiectus Arnttlms ense* in der ganzen erzÄblung bei Cic, de re p,
n § 2 f. tritt nur Romulus (ganz beiläufig heiszt es cum Betno fratre
dicUur exponi iussus esse) als handelnde person auf, nur von ihm
wird gesagt oppressisse Longam Alham ÄmuUumque regem intere-
misse fertur. seibat Livius I 5, den man für nepoium bat ins feld
ftlbren wollen, deutet an dasz Remus die zweite rolle gpielt: BomuliAS
ad regem impetum facii^ adluvai Rtmus. diese anschauung ist
denn auch in moderne darstel langen übergegangen. Preller- Jordan
röm. myth. II 348 ^Bomulus befreit ihn und stürzt den Amulius*.
EomuluB, und nur Romulus, ist der gründer Roms: fast* 1 27 cofi^
dUor urhis. III 24 intra viscera liamanüe conditor urbiserat. IV 818
arbiirium Bomulus urhis habet. TiBuHua II 5, 23 Homulus aetcrnae
nondum formaverat urbis moenia. nocb andere erwägungen sprecbea
gegen nepotum, das unmittelbar folgende feMisque Palilihüs urhis
ntoenia conduntur wird entschieden durch fiepoiis viel besser vor*
bereitet: denn darüber, daaz Romulus allein der grtijider Roms ist,
herscht eben völlige Übereinstimmung in den sagen* endlicb ist es
an sich unwahrscheinlich, dasz Ov, durch ein nepatum auch dea
Remus einzuführen beabsichtigte, weil er ihn hier nirgends erwähnt,
weil sogar seine erwäbnung mit der ganzen tendenz
der darstellung im widersprach stehen würde: Ov. will
ja gerade den Bomulus glänzend beleuchtet in den Vordergrund
stellen, wie darf da sein bruder neben ihm stehen? so erkläre icb
die hsL sehr schlecht bezeugte vulg. nepoium um so entschiedener
für eine fälschung, weil ihre gründe auf der hand liegen.
Schärfere Interpretation wird ohne zwei fei noch an andern
stellen zu ähnlichen ergebnissen führen, dasz es wünschenswert ist,
A wäre besser als er ist, wer möchte das bestreiten? immerhin ist
er besser als sein ruf.
Wir lieben es nicht, wenn man nns fragen vorlegt i die wir
nicht erschöpfend beantworten können, und doch musz ich hier
selber die rolle des unbequemen fragestellers übernehmen, bis-
weilen sind corruptelen fast aller hss. , die also höchst wahrschein*
lieh aus A stammen « in einzelnen g richtig verbessert, sind di«M_
Verbesserungen conjecturcn oder echte alte tradttion, die sich
unbekanntem wege unabhängig von A fortgepflanzt hat? die atil
wort ist wahrlich nicht leicht, zunächst laufen wir bei unserer
selbst jetzt noch sehr mangelharten kenntnis der bss. gefahr manche
lesarten hierher zu rechnen , die eine spätere , über nmfAngreicheres
HMagnus: zu Ovidius metttmorphosen. IL der arche^as. 619
material verfügende zeit doch noch für A reclamieren wird, ander-
seits sind offenbar auszuscheiden diejenigen guten in einzelnen g
auftauchenden lesarten, die mit citaten alter grammatiker überein-
stimmen : denn da die möglichkeit, dasz jene aus diesen durch inter-
polation geflossen sind; schwerlich zu bestreiten ist; so iSszt sich
mit ihnen nichts beweisen (so liegt es zb. bei U 874 comumf III 341
ratae^ IX 299 a poplüe . . genu digitis ua.; s. progr. des Sophien-
gymn. 1887 s. 8 f.). auch da wo A einen griechischen namen in
corrumpierter, der Grieche Planudes in richtiger form bietet (wie
VII 228 Äpidani^ XI 198 Panomphaeo, ebd. 640 Iceion), kann von
echter Überlieferung kaum die rede sein, der byzantinische mönch
war ein höchst bornierter mensch, aber als Orieche konnte er die
ursprüngliche form eines griechischen namens besser als irgend ein
anderer erkennen und corrigieren (s. auch jahresb. des philol. Vereins
XV 130 in zs. f. d. gw. 1889). manche lesarten dieser art, die man
bisher für echt und richtig hielt, habe ich oben, andere an anderer
stelle (über I 52 qiuinto est pondere terrae pondus aquae levius^ ebd.
56 frigora s. jahrb. 1891 s. 692 f.) als fälschungen nachgewiesen,
man sieht, durch diese erwSgungen schmilzt die zahl der fraglichen
stellen gewaltig zusammen , während die autorität von A gestärkt
wird, wir wollen hiernach die frage anders stellen, ist es möglich,
dasz alle gute nur ganz vereinzelt durch junge hss. bezeugte, daher
auf A nicht zurückzuführende lesarten nichts weiter sind als con-
jecturen? für die grosze mehrzahl bejahe ich die frage unbedenklich,
er war für einen nur einigermaszen verständigen Italus späterer zeit
nicht schwer VII 506 regni durch sceptri, XII 185 domusque durch
domique, XIII 130 potiremv/r durch poteremur zu corrigieren usw.
(vgl. das Verzeichnis oben s. 602). aber daneben bleiben einige,
nicht zahlreiche fälle, wo wir mit der annähme von conjecturen
nicht durchkommen, wir müsten uns denn alte sonst gänzlich un-
bekannte kritiker von immensem wissen und fabelhafter divinations-
gabe construieren. dahin rechne ich ua. folgende lesarten: 11 485
tarnen G 7 g III 269 tmo M am r. IV 282 cdmi 2 g V 238 f.
präum . . prethus G VI 223 auroque graues . . hahenas einzelne g
VII 544 leto manche g (das longo von A ist wohl eine in den
text gedrungene glosse zu leto inerti) VIII 103 impeUi fr. Hosii
(s. unten s. 629) 7 g XI 381 sua G manche g XI 404 pra^-
terque G manche g XII 71 sigea einzelne g. woher diese lesarten
stammen, das ist nun die frage, man kann sie auf doppellesarten
in A zurückführen (und es ist ja nicht ausgeschlossen , dasz dies für
einzelne stellen zutrifft) ; doch wäre dann nicht recht verständlich,
wie es kam dasz sie in so ganz vereinzelte» hss. auftauchen; man
sollte erwarten, sie hätten auf dem weiten wege von A bis ins fünf-
zehnte jh. gröszere Verbreitung gefunden, ich möchte daher an einer
frühern Vermutung (jahrb. 1891 s. 704 f.) als der immerhin wahr^
scheinlichsten erklärung festhalten, die unsem archetypus an alter
und reinheit übertreffende recension des textes, deren geringe reste
62Ü TIMagnuB: zu OTidius metamorpbOi^eD, IL der arcbetjpus.
uns im fr. Bernense erbalten sind, myint den ecbreibem einzelner g
bekannt gewesen selnf denn wir ßnden in ihnen mancbe leäarten
des fragmentes wieder, nähmen wir nun an, in der zeit vom zebnteu
bis zwölften jh, bütten von jener recension nocb weitere brucbsttickö
existiert, so mochte wobl ein scbreiber, besitzet oder leser einer bs*
sich diese oder jene ibm gefaltende Variante in sein exemplar ein-
tragen, zunücbst vielleicbt als doppeliesart zur erwägnng und aus-
wähl; der nächste abscbreiber hielt sie für eine correctur und setzte
sie in den text,**
Dies sind hariolationen — ich weisz es wohl, fest dagegen steht
folgende kritische norm für die redaction des teites: die nicht aus
A stammenden iesarten sind so lange für alte conjecturen zu halten
und gleich denen der gegenwart lediglich nach ihrem iiinem werte
2u beurteilen f als nicht nachgewiesen ist, dasz sie etwas anderes sein
müssen.
Neben dem fr. Bernense (B), das wir bisher alg einzigen Ver-
treter einer von A gänzlich unabhängigen recension halten musteni
kennen wir noch eine ganze reihe fragmentarischer teitesquellen.
beanspruchen sie eine ähnliche selbständige Stellung wie jenes oder
sind sie aus A geflossen und wie verhalten sie sich zu unsern voll-
ständigen hss.V
Aus dem zehnten jb., also bedeutend jünger als B ist das frag*
mentum Lipsiense (L) in einer von M Haupt beäcbriebenen hs.
der Leipziger stadtbibliolbek (vgl. opusc. 1 286 f.), enthaltend die
Actaeonfabel md. III 131—252. es ist dann coUationiert und kri-
tisch bebandelt worden von ClHellmuth (sitzungsber. d. Münchener
akad. 1883 II s. 226 ü,). leider bieten die Varianten nicht genügende
anbaltspunkte , um die frage, ob L eine selbständige recension ver-
tritt oder auf A zurückgeht, mit Sicherheit zu beantworten, gewis
ist nur^ dasz keine seiner singulären Iesarten gegen die annähme
einer provenienz aus A spricht, ts gehören hierher (abgesehen
von kleinen Schreibfehlern) III 20G primiqtte {primumque oder pri-
musqtic A), UI 213 ftfüifcroan A), UI 233 Therodamas.^'' ob III 152
meta (statt icrta) hier eine stelle verdient, ist unsicher, da so auch
in 4 g steht und spuren einer benutzung von L in den g sonst nicht
nachweisbar sind, bis auf weiteres halte ich also an der provenienx
von L aus A fest, bat nun irgendwo L im gegensatz zu unsem
vollständigen hss. echle und wichtige Iesarten von A erhalten? die
frage ist bejaht worden.*^ ich glaube dagegen an anderer steUe**
*» ich hftbe im progr. d, Sopbien-gymn. 1893 i. 16 ein bild von d«?
geneaiH 8oluher co'^ices mUU zu jEeicboen verbucht, '^ so jedooli aücIi
cod. Frisitigensis bei Hyginus fab. 181 (», 37 Mfc?chniidt). *^ vgl. H©11-
mnth Ao. A. 844 ff. Bk^«e pmef. etl. 11 b. 3LXX. Ebwdd io Buruiiti*
MülUre jfthresber. 1883 II 185. " jabresh. des philob vercinf Xü in
S9* f. d. gw- 1886 ». 164. 182 ff. lo den beroerkan^en über Irüktbmnt
(III 17Ü) gehört noch die parallelstelle Yerg. Äen, III 7 incerti qwo faiM
HMagnuB: zu Ovidius metamorpliOBen. IL der archetypos. 621
Bachgewiesen zu haben , dasz die ganz oder fast singulären lesarten
von L entweder höchstens gleichwertig oder sogar schlechter sind
als die durch unsere vollständigen bss. vertretene Überlieferung,
kein kritiker kann wissen, ob. Ov. III 206 primumque o^qt primique
(vgl. I 577 ua.), 213 fero oder ferox schrieb (ich halte die vulg. fttr
wahrscheinlicher). III 152 ist meta nach 145 und dem vorstehenden
idem höchst verdächtig, terra tadellos (zu dem ao. s. 164 bemerkten
vgl. noch die samlungen bei KPSchulze progr. d. Werd. gymn. in
Berlin 1893 s. 18); III 221 medio nigram und 250 falsa evident
unrichtig, ob III 178 das plane nudae uiso in L 6 g echt sein kann,
wage ich nicht zu entscheiden; dasz uiso nudae in M nicht zu
den häufigen Schreibfehlern der hs. gehört, beweist jedenfalls die
Übereinstimmung mit N und — ex sil. zu schlieszen — mit fr. Lond.
hier und sonst (auszer obigen stellen vgl. bes. III 149 fortunaeqtie^
176 irähehant) ist die in L erkennbare tendenz an die stelle des
exquisiten ausdrucks den trivialen zu setzen nicht eben vertrauen-
erweckend, dasz im metamorphosentexte alter (selbst zehntes jh. !)
vor interpolation nicht schützt, zeigt das Oxforder fragment (ß) nur
zu deutlich, der wert von L für die geschichte wie für die
gestaltung des textes ist gering.
Das fragmentum Londinense (mus. Britannicum n. 11967;
ich nenne es b, da das zeichen B jetzt dem fr. Bern, gebührt)
stammt nach Eorn (praef. s. VIII) aus saec. X oder XI ** und
enthält met. II 833—875. III 1—510. IV 292—803. V 1—389.
588—678. VI 1—412. die vollständige collation (von Dziatzko an-
gefertigt) ist in Korns apparate publiciert — leider nicht ohne un-
genauigkeiten und versehen, die im folgenden verzeichneten stellen
sollen daher nicht nur b charakterisieren, sondern auch Korns an-
gaben berichtigen, es fragt sich vor allem, ob b aus A geflossen ist:
II 874 cornu Ab. cornum Priscian 5 g III 341 datae Ab. ratae
Priscian IV 323 mater Ah. frater V 3g IV 408 indudunt Ab.
indudit lg IV 660 aüus Ab. au<!tus wenige g V 48 limnateAh.
Limnaee Magnus V 120 poste Ab. posti Priscian manche g
V 238 f. protheum . . protheus A b. präum . . prethus G V 354
remoUiri Ab. remoliri manche g (ex sil.) V 598 frontis Ab.
ripae XG manche g VI 27 haculo quoque Ab. hacuh quos Biese
VI 107 redudere A (redudere pahnas G). reducere wenige g
ferant. — Nar Therodamas^ das Riese zuerst empfahl, halte aach ich
nach Hjginas ao. nnd /6t« 883 für wahrscheinlich richtig, diesem
dinen falle steht aber, wie ao. gezeigt, eine ganze reihe von stellen
gegenüber, an denen die eigennamen in M reiner erhalten sind, ich
kann überhaupt uicht finden, dasz M durch den vergleich mit L ver-
liert, er ist in den versen III 131 — 252 an keiner stelle interpoliert, die
g an einer einzigen (242 latratibas),
^^ ThompsoD bei EUis (in Simmons ansg. v. buch XIII — XIV, London
1887, s. XXX) 'considers to have been written in Italj, in the eleventh
Century',
622 HMagDUs: za Oyidius metamorphosen. II, der archetjptui.
VI 200 nach 203 Ab VI 327 pauh A b. pauida IQ wenige g
genug: schon diese stellen geütutten keinen zweifei: b stammt
aus A. anders ist zu beurteilen IV 712:
ut in aequore summo
umbra viri visa e$t , vis am fera saevii inamhra m,
uisa , * umbra Ab (so G; auch in M sind die m* striche von m. 2).
uisam . . umbram e viele g. an sich ist die vulg. ja unanBtoazigj und
Ov. selbst hat $aevire einige male so construiert {mei* VIII 296p
XI 344. Xni 604. her. 12, 188. 18,39, vielleicht auch trist, IV 8, 37).
aber es ui ohne weiteres klar, dasz die scheinbar unverständliche
lei:>art der alten guten Überlieferung durch die plane, so sehr nahe
liegende der jUngern, stärker interpolierten einfach corrlgiert wirdi
ist nun die correetur notwendig? mich hat fortgesetzte beobacbtung
des Sprachgebrauches doch sehr stutzig gemacht, indem ich auf die
erklärer zu Catullus 64, 98 in hospite suspirantem und 119 in gnata
deperdUa laetabatur yerwaise^ stelle ich das bezügliche aus Ov. voll-
ständig hier zusammen, met. II 409 in mrgine Kanacrina haesU»
VI II 5 mutatum torvo iuvenco virgine in Aeolia, ebd. 490 res Odry-
sius in illa aestuaU VII 2 1 qmd in hospite^ regia virgo^ ureris? VIII 50
merito deus arsU in illa, IX 726 ardetque in virgine virgo {ähnlich
IV 234 nequc enim moderahis in Ula Solis amor fueraL ebd, 258
vmerisque modum sibi fccit in Uta), am. I 8» 24 haesU ä in vuUu
comtUit tuo. ebd. I 9, 33 ardet in Brlscide magnm Achides* ebd.
II 3, 6 tuus in quavis praetepuisset amor, ebd. II 8, 9 tu ancUla
siquis delinquere possit. ebd. 11 9, 2 in corde meo d€$idicse puer.
III 6, 25 Inachus in Melie pailidtts isse. ebd. 41 in Euanthe coh
Icäam ftammam, Iier, 1,14 nomine in Heäoreo paUida. ebd. 4, 99
arsU ei Oenides in Malanta* a. am. I 731 paUidua in Side^ pal'
Udu8 in knta naide erat, rem* 311 haeserai in qtmdam mea cura
pueUa, trist. V 2» 36 ^mö viäor Unis in fwste fuit. fast. I 417 sola
suspirat in illa. ebd. IV 229 in npmpha Sagaritide desinit ^se quoi
fuiL ebd, VI 576 caecoqm in lioc uno »k>» fuit Uta viro. biernacb
kann wobl kein zweifei mehr bestehen über die Interpretation voa
am. II 7, 9 in te quoque frigidus esse dicor. htr, 7, 182 in me em-
ddis non poies esse, ex P. III 7, 11 in me quam prüba tarn timida
est eappmiensque parum. construiert denn nun Ov. auch gerade sacvire
öftere so mit in und dem ab).? nein, das ist nicht der fall, abt^r ich
bin verstockt genug gerade hierin den anlasz zur fälsch ung zu tindeo«
wo die dinge so liegen wie hier, dttrfen wir uns vom sprachgebrauche
nur bis zu einem schlusz aus der analogie fUhren lassen — keinea
schritt weiter, wenn wir nicht auch die wege der falscher wandeln
wollen, mir genügt dasz Ov. wiederholt (met. II 399, fast. U 191,
ex P. II 3, 51) saevire absolut gebraucht und dass er schrieb mä,
IV 547 7iimiitmque in paeliee saevae. am. l 7, 34 Tgdides sacj
vus in h äste fuU (ich zweifle dfther auch her. 20, 102 an der richti|
keit des überlieferten in naium saeva reperta parens), man erkl/l
ulso: das tier tobt unter dem eindrucke des erblickten Schattens <
HMagnus: zu Ovidius metamorphosen. IL der archetypas. 623
'beim erblicken des Schattens' (vgl. Heinsius zu am. 11 8, 9. met.
IV 234). ebenso ist V 172 e^ (m Douza) von den neuern hgg.
(auszer Haupt) mit unrecht verworfen, dasz in ursprünglich ein er-
klärender Zusatz zu extremaparte war, sich in den text schlich und
das echte et verdrängte, zeigt namentlich M, wo m über der zeile
von m. 2 steht, zu erwägen bleibt, ob Ov* nicht percussa schrieb,
was b (mit dem einige g gehen) bezeugt: vgl. XII 483 fradaque
dissiluit percusso lammina eaUo. in keinem falle wäre dagegen die
häufung der ablative ins feld zu führen: vgl. progr. d. Sophien-
gymn. 1887 s. 20.
Über das Verhältnis von b zu M N einerseits, zu den übrigen hss.
anderseits mögen folgende stellen orientieren: III 440 Zet^a^a bM^N.
leuatus AfGg IV 369 dimissaque bMN 3 g. demissaque Acg.
comissaque Q IV 408 penna (nicht pinna) b M N 5 g. pennae XeGg
IV 474 T. ut erat canos bMNA 1 g. T. canos ut erat eGg
IV 577 cutis bMN 1 g. cuti AeGg V 39 ea; hoste bN» 4 g.
ex hosse {h eras.) M. ex osse AeGg V 147 thoastes bMN 1 g.
thoantes X. thoactessg, coaäes G V 151 impugnare b (corr.) M'N*.
impugnante M^NUeGg V 230 cepheida b' 1 g. phortinoda b'
fordnida M*N* auf ras. phorcinida Afg. phornicida G VI 114
Äunesine b M. Ämmosynen N. memnonidem G. men{m)nosinen und
ähnl. Aeg 136 vor 135 bMN eine sehr merkwürdige stelle ist
V 370 flf. in b steht:
uida domas cessas cur non matrisque tuumque
imperium profers agitur pars tertia mundi.
es sind also die worte ipsumque . . quid übersprungen, und diese
auslassung hat die Interpolation cessas? (unwillige frage an Cupido)
nach sich gezogen, so stand auch in M, doch ist auf rasur und an
den rand der text der vulg. von m. 2 (nach Keil und Meyncke) ge-
schrieben. N sichreibt uida domas cur non matrisque tuumque bis
auf das fehlende cessas ganz übereinstimmend (die worte ipsumque . .
cessant stehen von m. 1 zwischen den zeilen). da keine der drei hss.
aus einer der andern geflossen sein kann (für M und N wird das an
anderer stelle auszuführen sein), da AeG und alle ? den fehler ver-
meiden, so läszt sich die ähnlichkeit nur durch Ursprung aus dem-
selben originale (0) erklären, die kleine differenz zwischen bM und
N kann man so deuten, dasz in 0 die worte ipsumque . . cessant schon
beigeschrieben waren ; b und vermutlich M benutzten von ihnen nur
das sinngemäsz veränderte cessant um den vers zu füllen, N trug sie
vollständig nach.'^ andere möglichkeiten bleiben daneben offen:
sicher ist, dasz bMN derselben familie angehören, und
zwar ist b näher mit M als mit N verwandt, denn wo M
^ auch V 342 fehlte möglicherweise in O, doch möchte ich mit
dieser stelle nicht so zuversichtlich operieren wie RGrau ao. s. 20 thut.
denn ein zufall ist offenbar nicht ausg^eschlossen, zumal wenn man er-
wägt, dasz im texte von M auch 243 fehlt, wie vereinigt übrigens
wohl der vf. mit seiner annähme das auf s. 29 aufgestellte stemma?
624 H Magnus: za Ovidius metamorphoaeD. It. der archetjpna.
und N auseinandergehen, ergibt sich folgende überraschende thai*
Sache: nirgends wird N in einer singulären lesart durch
b unterstützt, M im gleichen falle fast immer, hier nur wenige
der frappantesten beispiele : IV 358 pugnantesque manus inuUaque
oscula carpU b M (vgl. 359). pu^nantemque ienet luciantiaque o, c*
Nif g (doch ludanHaque in N auf ras. vielleicht von m. 2). tenet in-
uHoque G IV 665 negat h\ ligat M* auf ras. b'NAcGg IV 751
iadu captant ut ad acra h. tactu captant (corr ) ut ab {b auf ras.,
nach Keil von in. 2) aere M," captent {e aus a N*) %ä ah aere NG,
ab aequore i' €* g I V 79 4 quaesUis {s radiert) b M. quaesUi N Jl £ G g
V 62 aceruö bM 1 g. acerho N A« Gg V 70 aäiUq. inspedua b.
ff
adhtq* impeäus M, adigitque in pedus N A £ G g V 89 FMneue
ausus erat bM, nee P. ausus NAtGg V 116 seuum bM'G 2 g,
l{a)euo M*Nl£g V 168 mollm b (conr.) M, mol/ia N. molfea
molphea molpea kiGg V 363 wt Jt^ b M. uidet N A £ G g V 382
auolat b M. audiat N A £ G g. arcu b M*. arcus W f g, arcxim A G g**
V 386 nomine percus aquae dngen latus omne misq b. die letzten
4 werte radiert, doch nichts auf die radur geschrieben; es fehlt also
ganz der halbverg non iUoplura Ca^stros. die verse 387. 388 stehen
im texte/* der Schreiber irrte also von aquae 386 &uf aquas 388,
bemerkte aber sogleich (dh. ehe er 387. 388 tjchrieb) sein vergehen,
radierte die fälschlich geschriebenen worte aus, unterliesz es jedoch
aus irgend einem zufälligen gründe den vers wieder zu füllen, es
ist nun möglich , dasz M {non . . . ca^fstros auf ras. von m. 2) den-
selben irrtum begieng, aber ohne ihn ^u corrigieren (das blieb einer
spätem band vorbehalten) : denn der fehler liegt so nahe , dasz ihn
sehr wohl zwei schreiber unabhängig von einander machen konnten,
aber wahrscheml icher ist gewis, dasz der gemeintiame fehler aus
einem original entspringt, etwa so dasz in diesem jener irrtum am
rande oder zwischen den Zeilen corrigiert war (was xwar b, aber
nicht M^ beachtete), auch die fast singulare («^ 1 g) Variante j^efCtt^
in bM spricht gegen ein zufälliges zusammentreffen V 607 c^knm
bM. ^l{)U€nenqt4e Nif Gg V 608 ermaniha bM. cryman(hon
NAfGg V641 miae b (corr. in m). wtf (am r. m) M-
wenige g. mi{c)hi N A g G g V 667 w^ om. b M* V 669
'^ io iüctu ist u suerat io a (reündert; Keil lieft geradesu ioeia*
statt aere notiert Keil aerm^ so dusz mi>gltclierwt*Ue e er»t DBchtrE^
lieb nn^eliäng:t ist iinrl M ursprünglicb ^enau mit b übereiottininit«,
^ hieraus ergibt sich als ledart von A verinutHch audiat arm mit
fehlendem oder undeiitlicliern m -striche; auolat arcu und audiat areut
sind g^liiich nahe liegeodts emendHtionaveranche; natürhch ist audiat
riclitiff, arcttm offenbar waUrsciveinlichvr als die vulg. arcta, *^ Korn
hat hier Mnscbeinend die collntion misvervtiinden. sie wei» niohla
davon, rfn^z 8B7. 388 atisrndic^rt Beien* es ist das auoh gana nugbiub*
lieh wehren der ansdrUcklidi heaeiigteu vitriante paiteftiihv* edit in S§7
und wivf^cn der rMdierting der 4 letsteo worte in 8S0t di« mit iilgttnf
von 387. 38^ steh nicht vertragt.
HMagnus: zu OvidiuB metamorphoBcn. II. der archetjpus. 625
athides bM. ridetd empedes {enipedes? = Ge) N. athipedes paeo-
nides usw. Ag V 670 conanteq. oadis h\ cona///te qoquj// M'.
conantesque {conataeque) loqui NAeGg. et om,h ^Ls, magno ä kOt
VI 60 perstat b M 1 g. perstat in {inceptum G) NAtGg VI 141
nares M (corr.) b. naris Prise. NAcGg VI 184 laudem bM.
causam NXtGg VI 185 audUe b. audUi/// W. audete NXg.
audetis Ge manche g VI 190 ego om. bM'. edixi^ b. ///diaM M.
e^o dm< NAfG g VI 234 totkZew b' M 2 g. dantem b*Nf g. /rcna
da&a^ Hainen hunc X G manche g VI 254 infossum b. intoft^um
(aber t und n auf ras. in M) MN AeGg VI 410 cöparantis b. od^-
paraentis M. coiwiwrcw^is N X « G g.
Häufiger als man gewöhnlich annimt sind uns allein durch bM
echte oder dem echten nahe kommende lesarten von A erhalten,
zwar VI 58 wird jetzt pauiunt, auch durch Sen. epist, 90, 20 ver-
bürgt (näheres jahrb. 1887 s. 138), meist anerkannt {pauent V.
///nt U\ feriunt auf ras. b*M'. feriunt NAe'Gg. quatiunt b*
manche g'^) V 163 lesen alle ausgaben mit eGg Ethemon {et
hemon A), einen nirgends bezeugten namen zweifelhafter bildung.
c
A hatte aber Echemmon: dann ecJiemmon b. eihemmon M. ethemon
(doch t aus c) N. so heiszt II. € 160 ein söhn des Priamos.*^
VI 293 conticuü subito duplicataque vulnere caeco est.
toto est bM. tota e^^ N 18 g. caeco est GAeg. caeca est2 €, certo
est 1 g. corpore toto est (aus XI 460? vgl. XIII 958) 2 g. also ent-
weder stand schon in A tota und toto ist leichte corruptel im originale
von b M , oder A hatte schon das sinnlose toto und alles andere sind
emendationsversuche (letzteres ist wohl glaublicher), in jedem falle
hat die heutige vulg. caeco sehr geringe Wahrscheinlichkeit, sie wird
obendrein dem sinne nicht gerecht: caecum vulnus ist eine wunde,
die nicht gesehen wird, nicht gesehen werden kann (und so hat es
der interpolator offenbar gemeint), von den töchtem des Pelias
sagt Ov. Vn 343 oculosqtte refleäurU caecaque dant saevis aversae
vulnera dextris^ dh. sie wenden sich schaudernd ab, um die wunden
die sie dem vater schlagen nicht sehen zu müssen, so könnte man
caecum vulnus von einem geheimen gram , liebeskummer odgl. (vgl.
V 426. her. 4, 20) sagen, aber die wunde hier ist ja gar nicht
caecum 'unsichtbar', die söhne und töchter der Niobe fallen nicht
wie vom blitze getroffen, ohne sichtbare wunde tot nieder; von
wirklichen, greifbaren pfeilen werden sie durchbohrt und empfangen
die tötliche wunde in den verschiedensten körperteilen (vgl. 235.
244. 255. 290. 297). nun interpretierte ich freilich in meinem com-
3< man begreift hiernach nicht, wie Korn (praef. 8. VIII) aus dieser
stelle folgern konnte, b stehe dem arch. näher als M. besteht doch
der ganze vorzog yon b darin, dasz zufällig von der ersten lesart einige
buchstaben leserlicher geblieben sind als in M. '^ za 169 finde ich
in b nichts notiert. M hat ethemmon^ N ethimon. die corruptel ist also
schon tiefer eingedrungen, als conj. schlug Echemmon vor GKnaack im
Hermes XXV s. 89, lediglich von der Homerstelle ausgehend.
Jahrbücher für dus. philol. 189S hft. 8 u. 9. 40
626 HMagBus: zu Ovidius metamorpliosen* H* der archetypug.
mentar (nach Lenz zdst) ^rätselhaft , djh. man sah nicht woher sie
kam', leider heiszen das jedoch die worte nicht; anch scheint hier
am Bcblusse der erzähl ung die betonung dieses momentes verspätet
(v, 227 wlire sie am platze gewesen), dagegen gewinnen wir durch
Iota den tadello&en gedanken *ihre ganze geßtalt krümmte sich unter
der todes wunde zusammen' (vgl. 245). man wende nicht ein, das
nackte vulnere sei zu unbestimmt; gerade diese Unbestimmtheit
finden wir 291. 295, 296 wieder, zum Sprachgebrauch vgb II 664
ioia tarnen quare? III 45 si tot um spedes. IV 585 dum nan
totum occvpat anguis. IV 796 mque in tota conspcäior uUapars
fuiL V 431 de tota temiissima quat^que liqu^scunt. iriM. V 6» 23
non adeo toti urgemur. fast. I 201 luppitcr angtista vhc totus stahai
in aede, tibnlicb Prop. IV 13^35 pellis ioios operibat amantc^* vgl.
met. 11 734, VI 67. XI 385. 476. 483. 517, XII 46. XIV 97. am,
I 7,40. II 8, 16, 18, 27. triste U 280. HI 14, 4, IV 10, 23, V 1,65.
exKUe, 28, fast. VI 251 na.
Welche Schlüsse sind nun aus dieser oft bis ins kleinste gehen-
den (Iberelnstimmung zwischen b und M zu ziehen? da M nicht aus
dem fragmente b geflossen sein kann, liegt die annähme nicht fern,
b sei aus M abgeschrieben, dem stände nicht das höhere alter des
fragmentes entgegen, da es vielleicht wie M aus dem elften jb,
stammt (s. oben s. 621), aber manche differenzen zwischen b und
M lassen sich doch kaum damit vereinigen: vgl. V 179 conuertUe M.
auertite bA. auch V 70. 168. 233 und sonst findet man bei aller
Ähnlichkeit gewisse abweichungen , welche die abstammnng von b
aus M unwahrscheinlich machen, weniger gewicht lege ich auf die
40^ — 50 singulüren lesarten in b ; denn es sind meist kleine versehen,
wie sie auch beim abschreiben aus M vorkommen konnten, ich
notiere hier nur die, welche bei Rom fehlen, und berichtige zugleich
einige Irrtümer. Uld72propior€cal€scit, lll Sil ammotas. III 461
motu (ohne rasur). 111 482 rostü, IV 338 gimul atque (corr,). IV 367
demi$sis, IV 487 acernos, IV 610 soll in b nach Korn stehen non
puiet esse lovis. er schlo.sz nur ex sil.» aber wohl mit unrecht.
IV 646 hat b atklans, nicht 644, V 88 inslruäos. Y 144 mindemis*
V 184 apix. V 619 Arinigem, VI 256 nordosus aus noruasus (so),
aber nichts spricht, so viel ich sehe, gegen die annähme, das£ bM
aus demselben originale ohne Zwischenglieder abgeschrieb^sn
sind; sie sind brüder, denen sich N etwa als vetter zur
Seite stellt« ftir die geschichte des textes ist b wichtig: denn f^ein
consensus mit M führt uns am nächsten an A heran, für die ge-
staltung des teztcs aber hat es, da wir M besitzen« nicht annähernd
den selbständigen wert, den Korn ihm zuschrieb, unter seinen
singulären lesarten ist (auch abgesehen von Schreibfehlern) wenig
brauchbares. V 662 ist Koma misgriff doäum canium in den text
2U setzen erstaunlich {canium scheint freilich schon in der geniem«
samen vorläge von bM gestanden zu haben), femer wird VI 15
das interpolierte dumäa dadurch nicht besser, da^s es auch in b
HMagnus: zu Ovidius metamorpboBen. II. der archetypus. 627
steht (vgl. XI 86. fast, II 313). über III 34 tresq, sibi Unguf ist oben
s. 605 gesprochen worden, dagegen mag IV 340 flexaque dem von
Lachmann zu Lucr. s. 263 hergestellten flexuque näher stehen als
flexoque in M. auszerdem hat b noch an folgenden drei stellen das
echte fast singulär erhalten: IV 388 incesto b 1 sr (durch XV 319
als richtig erwiesen), incerto MNA^Gsr (doch steht r in M nach
Keil von m. 2 auf rasur; Meyncke glaubte sogar ein s zu erkennen)
V 199 silex b wenige g. süet W^XsQg V 274 pt^eneus b.
pireneus 3 g, pironeus MG 1 sr. py{ro von m. 2 auf rasur)neMS
N 1 ff. py{i)rinem sX.
Dazu kommen zwei fragmente , deren lesarten jüngst (rh. mus.
XL VI s. 291—294) CHosius veröffentlicht und besprochen hat (U).
sie stehen auf 2 blättern des cod. Vaticano-Ürbinas 342 hinter
Juvenalis Satiren angeheftet, im elften jh. von zwei verschiedenen
bänden geschrieben, enthaltend met V 483— VI 45 und VII 731
—VIII 104. beide stammen natürlich aus A (V 499 adueor^ VI 27
haculo quoque und VE 759 naiades^ VIII 61 reseret med), mit eini-
gen andern lesarten möchte ich nicht operieren, um die herkunft aus
A zu erweisen, da sie wahrscheinlich echt und richtig sind, so scheint
Vn 769 die vulg. quas fast gar nicht (nur durch X 1 g) beglaubigt,
ist also jedenfalls conjectur — und zwar eine falsche. Ov.
scheint ein einziges mal von der meute das fem. gebraucht zu haben:
III 140 vosque canes scUiatae sanguine erüi. " aber v. 225 heiszt es
von derselben meute des Actaeon quosque referre mora est. Heinsius
versuch hier auf grund eines einzigen namenlosen g quasque einzu-
setzen charakterisiert scharf die schwäche dieses groszen Ovidkenners
— hat übrigens in neuerer zeit keine nachahmung gefunden, vgl.
ebd. 248 canum fera facta suorum. VII 754 canem (einen Jagd-
hund !) , quem {quam 1 g). VIII 343 (aper) ruü spargvtque canes^
ut quisque furenti obstat, ex P. II 2, 36 ftigit infestos territa cerva
canes (infestas wenige g). her. 5, 20 dtos egi per iuga longa canes.
a. am. II 374 {aper) fulmineo rahidos cum rotat ore canes. allgemein
(ohne beziehung auf die meute) steht sonst das fem. nur zweimal,
und zwar im sing. : mä. VII 409. fast. IV 396 (denn a. am, 11 484
ist von einer htindin die rede), der plural dagegen nie." über
VII 827 mihi ist oben s. 612 gesprochen. — Beide fragmente sind aus
dem original (0) von bMN geflossen: vgl. V 577 achia. 598 mar-
gine fontis. VII 786 und VIII 87 om. sie sind mit M viel näher
verwandt als mit N, denn sie stimmen in singulären lesarten mit M
öfters (VI 35 manu auch mit b), mit N nirgends, vgl. V 651 quid
ueniat (= M 2 g) V 670 loqui] oculis ü (corr.) b* (vermutlich
^^ und selbst hier ist die lesart Dicht ganz sicher, so hat gerade
X satiatiy ebenso G uva. — VII 773 will U (== 1 g) durch die lesart
ipsa den Jagdhund Laelaps zum fem. machen, mit unrecht, wie 774 leigt.
'^ die Ovidcitate bei Heinsius zu met, III 140 sind, als gröstenteils
auf falschen lesarten beruhend, hiernach zu berichtigen.
40»
632 HMagtius; tn Oyidlua metamorphoseQ. 11. der tirchetypus«
andern copistan statt eines eupboniäohen atnbo eingeschwirzt wer-
den, also interpoliert ist dieses amho ohne zweifel. aber auch für
wahr (db. ftlr eine richtige conj.) kann ich es nicht bnlten: denn
*nichts ist bedenklicher als in fragen des klangs unser ohr zum
richter zu machen über das was alten dichtem genehm oder zuwider
war*, ao Vahlen monatsber, der Berl, akad. 1881 s. 340; dazu progr.
des Sophien-gymn. 1887 s. 27* Owen Ov. Trist, s. 226. Htterator-
verzeichnis bei KPScbulze progr* des Werder gyron. 18U3 s. 16. auf*
fälliger noch sind stellen wie her. 14, 26 in invitos inpia, fast. 11 712
exU et extindis ignihus eaia rapU. trist* V 10^ 23 rarm rus ua, Ov.
scheint im acc» amho und atnhos gebraucht zu haben» er schrieU
VII 792 wohl mnho (MNÜ manche g, amhos l^G)^ jedoch /»«r.
10, 51 qui nos acceperat ambos, — Dagegen ist II 436 quem aller-
dings richtig, vielleicht auch insofern echt, als A que ohne w -strich
hatte, was die abschreiber verschieden deuteten (übrigens hat M
nach Meyncke über quae eine raaur). ob I 6ß6 ipse echt ist, Iftszi
sich bei der stehenden Verwechslung von inde und ipse schwer ent-
scheiden, sicherlich ist es (^ NA') nicht singulär und oben s, 604
auf seine richtigkeit geprüft worden, für die gestaltung des teitea
ist ß wertlos, doch ist er ein interessanter beleg für die thataache,
dasz bereits im elften jh. (nach Ellis noch früher) ein im Verhältnis
tu A sehr verschlechterter, interpolierter und aus verschiedenen
recensionen contaminierter text im Umlauf war.
Das andf+re fragment (P), dessen kenntnis wir REllj
verdanken (vgl. Journal of philol, XV 30 [1886] s. 244—246), staht
in einer Pariser hs. n. 12246, die von Delisle dem zehnten jh. zu-
gewiesen wird. Provenienz aus A (1 190 tcmptanda% nahe Verwandt-
schaft mit ß (II 154 quartusque phkgon solis equi ß. quartus pklegans
innitihtts auras [doch *in the left margin solis €^uV\ P» II 160 ortu&
/SP) sind unverkennbar, das wenige, das ß mit D gemeinsam hat,
macht auch P mit — soweit sein geringer umfang ein urteil gestattet
(I 91 — 93 oro. I 132 mq^)* aber die ab weichungen von ß sind
doch sehr bedeutend (1 156 nicht om. II 68. 69 = A — also ohne
die dreisten Interpolationen von ß — ,11 128 udan/// »^ A, 11 143
Ymida P. Bumida ß ua,). es ist möglich, das/. /JP aus derselben
vorläge geflossen üind. dann mttste aber ß von ihr weiter entfernt
sein als P, denn der text von P ist viel reiner, ja überhaupt frei
von interpolationen. damit stimmt sein wahrricheinlich höheres alter
und ganz besonders der umstand dasz die Spuren der abstammung
aus einem ohne wortlrennung geschriebenen originale noch weit
häufiger sind als in ß (I 149 cedcma dentis, I 155 pdio nos8a€*
11 122 suh acrc), andere singulare lesarten sind leichte schreib*
fehler (II 147 vor 146. II 136 altis). für die geschichte des textea
hat P wenig interesse, Olr seine gestaltung keines.
Im Koblenzer program m von 1^21 s. 12 f, bericbteC
FNKlein über fmgmente ans zwei von einander gan^ verschio-
HMagnus: za Ovidius metamorpliosen. II. der archetjpuB. 633
denen metamorphoBen - hss. auf pergamentblättern , die er von
bücberdeckeln losgelöst hatte (K^ und E^j)* leider wird sehr un-
bestimmt die Schrift des ersten für *alt genug', die des zweiten für
'bedeutend jünger* erklärt. K, enthält 1 192—281 und III 33—126.
Ursprung aus A ist unzweifelhaft: vgl. I 231 in dominum dignos,
I 235 V tüur KMNfGsT; daraus ist wohl in X und einzelnen g
V^titur corrigiert. der familie MN gehört K] anscheinend nicht an.
sein wert ist nicht zu bezweifeln, es bietet III 93 ganz singulär das
echte tma, ebenso I 217 das dem richtigen ganz nahe kommende
SiUene (Planudes hat CyUene offenbar durch conj. hergestellt; vgl.
oben 8. 619). es bestätigt daher I 226 mit eo est^ I 239 mit imago
est , III 49 mit afflatu (dahinter ist hos interpolierend über die zeile
geschrieben) die lesart unserer guten Überlieferung in erwünschtester
weise, vielleicht erweist sich daher auch I 253 das gewichtig klin-
gende terras . . totas (vgl. IV 166 uma . . tma N) noch als richtig;
nicht glaublich ist III 35 Ittctim Tyria. manchen g scheint K, be-
kannt gewesen zu sein: I 281 et fontibtis K| 5 g (richtig?), III 56
super Kj 13 g (richtig?), III 120 dederat läo Kj manche g (schwer
zu entscheiden; vgl. XII 378. 458). Interpolationen fehlen nicht
ganz : I 193 faunique et satyri (= G 3 g), I 269 et densi (= ßXeOt
viele g), III 76 herbas (= XcGsr), III SO perturbat (= X viele g),
III 99 cum uoce {Xs viele g). — Unter den charakteristischen les-
arten von K^ (enthaltend V 433—522) ist nur 6ine gefällig: V 433
in liquidas (=» 1 g). dies ist scheinbar besser als das inhaltsleere
gdidas der vulg. (vgl. 429 extenuatwr^ möüiri^ 431 tenuissima quaeque
liquescunty 433 membris exUibtiSj 435 in tenues abeunt euanida riuos),
aber liquidas kann eine elegante conjectur sein, die vielleicht gar
nicht notwendig ist, wenn man in geUdas den gegensatz zwischen
dem kalten toten wasser und dem warmen lebensblute sucht (435
pro vivo sanguine venas lympha subvt). V 461 halte ich die vulg.
steUatus gegen stiUat%LS K, («= Lachmann zu Lucr. s. 33) für richtig,
auch V 477. 478 ist wohl mit vertantia . . vertu aratra . . colonum
nichts anzufangen. Klein vermutete zwar versantia nach Hör. ca.
III 6, 39; doch s. mä. 1 425. und colonum ruricolasque boves würde
unangemessen einen bestimmten landmann mit seinen pflugstieren
kennzeichnen, niemand wird hiemach V 484 sidera nunc^ 505 ül4e
oculis für echt halten wollen, noch schlechter ist Y 444 orta dies
hebetauitj 447 et teäam^ 482 in aruis^ 509 seu saucia. öfters geht
Kj in interpolationen mit der geringem Überlieferung zusammen :
Y 434 tergumque, 451 diui^ 459 pauentem^ 513 sparsis. ich glaube
nicht dasz wir den Verlust dieser hs. sehr zu beklagen haben.
Andere fragmentarische textesquellen hat uns ClHellmntb
aus Münchener hss. erschlossen. *^ von einem codex ans St. Nicola
^^ über brachstücke von Ovids metamorphosen (s. oben s. 620) so.
8. 229—266. vgl REhwald in Bursian-MüUers jahresber. 1882 II 8. 185
— 187 (dessen urteil ich jedoch hier nicht überall zustimmen kann),
634 HMagnna: zu Ovidius metamorphoBeti* II. der arehetjpua.
bei PäSßau (des zwölften bis dreizehnten jh.) sind nur zwei bl&tter
vorbanden, enthaltend XI 394—457. 460—517. XUI 147—206.
209 — 266. das genügt nicht um art und wert der hs. zu bestimmen»
Ursprung aaa A ist aber Euzweifelhafi (zb. XI 499 iiertU). das« uns
XOI 235 mit repono (=^ 4 g Bentley) die echte lesart von A er-
halten sei, ist nicht recht glaublich, unter die menge von conjeeturen
in den g [refundo^ refirmOy reformo^ repemlo) wird auch die sehr an-
sprechende repono gehören, mag sie nun selbständig erdacht (wie
XUl 161 die fätschung dicam für ducar) oder aus andern hss. herüber
genommen sein.
Etwas deutlicher steht vor uns eine hs. von Tegernsee ans
dem zwölften jh. (T). erhalten sind rund 2300 verse, sie stammt
aus A (1 155 suhiedo. I 189 terras ua.). sie gehört femer zur familie
MN. vgl. folgende singulare Übereinstimmungen von MKT: I 326
om. XIII 955 vor 954. XIV 13 dignior esse (= 6 g, dignus amorc
auf rasur N*). wo M und N aus einander gehen, hält sieh T ge*
wohnlich zu Ng: IX 781 munusque M 4 g, matrisque TAG, tnotii-
iusque tui N, meritumqut oder iussumqut g X 123 sitrnebas
M wenige g, tendchas NTGg X 126 nüore M, uapore NGTg
XI 697 muUum fuit utile M wenige g, teci^m fuü utile NTg,
qiioniam f. w. Gig. — Weder mit M ** noch mit N teilt T singuJfiro
lesarten, steht überhaupt im richtigen wie im falschen oft zusammen
mit den g gegen M N: IV 498 animos M N^ G manche g, animasTlg
XI 700 ponti M N', perii T A g, pereo i G manche g XIII 597
uos MN 12 g, di oder dii (letztere form läszt noch deutlich die
prosaische glosse erkennen) HTfGg: vgl. I 2 die Variante luxm
di mutastk XIII 762 uaUditque M 1 g, utrique N\ nostrique
HeTGg. dasz der schrelber auch auf eigne band interpolierte; zeigt
XI 774 maus eder äuget amorem, T ist also eine hs» mit stark ge-
mischtem texte, so kann XIII 684 das richtige H^kus (== e) durch
contamination aus A geflossen sein, in der vorläge von MN stand
offenbar Nileus (MUeus G manche g). ob XII 350 L^cdum richtig
ist, bleibt ebenso unsicher, wie es sicher ist, dasz in Klichtpen stand
und Lf/ceum Lyceium Lycotan emendations versuche sind, dasselbe
gilt von IV 168 Leticonoe in TG manchen g gegen Ltu€oiho^}iilfg;
in A mag nach N und einzelnen g Leucotoe gestanden haben, end-
lich ist XII 353 Thereaque freilich richtig und Thestaque in M inter»
polation, aber alle andern hss. haben Tereaque oder (wie NG ein*
zelne g) richtig Thereaque — also eine rein orthographische differenz;
Therreaque in T (*= «) ist demnach ganz belanglos, summa: T hat
meine bemerknogeo jahresber. des philoh verein» XII (1886) s, 181—180,
Riete prnef. ed. II b. XXX.
*^ X 315 knnti man die möglichkeit, daaz die leichte cormptel mal«
(ftir mmus) in T ichon in der fremeinfAmeD vorUge stand und fSr M
anlasz su der Bchweren interpoUtion hie mtyt e$t odhque minuM äcthut
bot^ einrättmen, aber nicht die wahmcheinticbkeit; tirsache nnd wirkuta;
fitäoden Dicht im rechten verhliltnis, und N hat mnius, ee lirgt aUo
wobl nur ein Eufall vor. nichle andere» ist I 800 /oeoe in NT.
HMagnus: zu Ovidius metamorphosen. II. der archetypus. 635
weder Interesse für die textge schichte, da wir in MN zwei nach alter
und reinheit der Überlieferung viel höher stehende vollständige
repräsentanten ihrer familie haben, noch für die gestaltung des
textes, zu dessen emendation er nichts beiträgt.^ ich glaube daher
nicht, dasz T aufnähme in den apparat einer kritischen ausgäbe
verdient.
Endlich ist zu besprechen eine hs. der Münchener bibliothek
n. 23612 (|x) aus dem dreizehnten jh., enthaltend X 283— XIV 746.
dasz fi aus A stammt bedarf keines beweises (vgl. zb. XI 763 gracüi
conata hicorni), über sein Verhältnis zur familie MNT geben ua.
folgende Varianten aufschlusz: XII 345 hienoris MNft. hianoris
hüanoris usw. XeGg XII 333. 334 minorem . . dederunt ver-
tauscht MNft 2 sr XII 378 phlagreona M|x 1 g. pJOagraeon/// N.
phlegr{a)eon phegon usw. HcGg XII 542 deiphoehum Mfi. dep-
phcbum NGf 3 g. deiphohum Hg XIII 681 transtülü MNf*.^
miserat RsGg XIII 694 per inertia uulnera M fi. per fortia u. N
(doch fortia von m. 2 auf rasur) 2 g. p, f.pedora EeQg XIII 955
vor 954 MNTft. offenbar gehört fi zur familie MNT. haben wir
uns nun die sache so zu denken, dasz alle vier descendenten 6ines
Stammvaters sind? nirgends haben N und fi charakteristische (dh.
sonst wenig oder gar nicht bezeugte) Varianten gemeinsam, dagegen
zeigen M und fi frappante ähnlichkeit: XI 747 tunciacet unda maris
M|it(N'?) 3 g. tunc uia tuta m, N'HaGg XI 769 aspemM perlen
Mf*. aspicit {h)e{s)perien NHeGg*^ XII 18 prodigus auctor /x
(corr.) M. prouidus augur "NXsGg XII 561 fungüur corr. in
figitur M. f. corr. in fingUur fi, iungüur N H e G sr XU 370
lacerum pedus Mf*. laterum cratem NHcGff XIII 718 inüa Mft.
impia NHeGgr. inrüa Heinsius XIII 762 ualidaque Mft 1 g.
utrique N. nostrique RsQg XIII 853 solido . . orhi^ii. Soli
{Solls) . . orbls NHeGg XIII 967 furens Mf*. deum NH^Gg
XIV 215 mor'ique Mft. morarl N (-ri von m. 2). morlrl Heg.
cupldusque morl mortlsque tlmore G 2 g, dafür gibt es zwei erklä-
*^ nicht einmal in b. XV, wo MN' fehlen, bat T anscheinend etwas
vor den übrigen g voraus, ich bemerke zu den gewöhnlich athetierten
versen 426 — 430 kurz folgendes, da T mit 431 nunc quoque usw. ein neues
blatt anfängt (auf jedes blatt kommen nach Hellmuth ao. s. 231 etwa
31 — 34 Zeilen), da das vorhergehende blatt ganz fehlt, so kann doch
die thatsacbe, dasz 427. 428 später zwischen 451. 452 ganz sinnlos ein-
geschoben sind, nicht wohl gegen die ecbtheit der 5 verse geltend ge-
macht werden: mit lauter unbekannten gröszen läszt sich nicht rechnen,
die Streitfrage selbst wage ich nicht zu entscheiden, obwohl es Jahn
und Bach gelungen ist dies und jenes bedenken abzuschwächen, bleiben
die verse doch verdächtig, weil zu viel auffallendes sich häuft, und
Ovids pointierter darstellung entspräche es gewis sein thema iUas (alias?
s. progr. des Sophien-gymn. 1893 s. 22) adsumere rohora gentes^ concidere
has durch ein einziges merkwürdiges beispiel zu illustrieren. ^' von
erster hand in miserat verbessert, anscheinend benutzte also der Schreiber
von N eine anderer familie angehörige hs. zur revision. *^ unwesent-
liche Varianten einzelner hss. werden hier und sonst, wo es darauf an-
kommt den thatbestand klar hinzustellen, nicht notiert.
636 HMagnnt: zu ÜTidiuB metamorpboseu. II. der archetjpiiB.
ruBgeD. entweder man läszi M und (a ans gemeinsamer vorläge
stammen (so Hellmuth ao. s. 243), aber wäre dem i^o, dann mQ&te
fi bisweilen zusammen mit N geben, mUsie da, wo der Schreiber von
M selbst irrte oder fälschte, uns durch singulare lesarten aufbcblusiK
gehen über das was in der gemeinsamen vorläge stand , kurz mOste
irgendeinmal anwandtungen von Selbständigkeit zeigen, nichts von
alle deml vielmehr ist ft wahrscheinlich aus M geüossen. dafür
au3zer den obigen stellen noch einige indicien. aus XU 472 cruii
war in M durch die so häuQge falsche aspiraüon (progr. des Sophien*
gymn, 1887 s, IG f.) und buchstaben Versetzung hauriit geworden;
nur dies konnte anlaäz zu der Interpolation hauserai in f* gehen, in
der vorläge von MNT war XIII 456 inque zu utque geworden (wegen
\äqu€ 455); aber nur M hat die interpolation lumine uaMus^ und nur
ft teilt sie. noch schlagender ist XIII 780. hier war das letzt© wort
im originale von MN resedii wie oft (s. progr. 1887 s, 2G) unleeer-
lich oder verstümmelt. N schrieb gewissenhaft refertur, was er noch
zu erkennen glaubte. M interpolierte ganz geschickt (vgl. 811)
meäiosque per aestus und verband das mit dem folgenden; genau ao
liest fi (denn dasz mcdiosque zuerst ausgelassen ward und von der-
selben band am rande nachgetragen steht, ist belanglos)« — Anf dio
naheliegende frage, ob fi unmittelbar aus M abgeschrieben gel,
mögen folgende stellen antworten: X 653 summa cekria pendebat
arena M 2 g. summam cderipede libat harefuxm NA^G^ig XI645
popuUs aUi plebique per herbam (vgl. VII 836) M. papuhs alii pU-
bemque percrfant NX^G^g XI 774 au^et amore (aus amorem) M.
urgei amore XeQfig. att^d N XII 175 /erun^ur MN'. motteniMt
XiGfig XII 321 insertis äiffUis tele M (so wollte anseheinend
auch N anfangen ; imerjj/i . * . amcfUo hinter dmi). inserit amenta
digitos A^G^g XIV 435. 436 muiata per euum muUaque sunt
UN'H. narrata per anmtm uimque sunt iG/üg/^ also ^ ist nicht
*^ nn dicaca ttellen hat /i g^egeniiber M allardings das richtt^e.
aber hierituB ohne weiteres Schlüsse auf den selbAtäDdigen wort der
h«., auf die contiuaität nod echtheit ihrer richtigen tesarten in liehen
geht nicht an: ^ teilt aie ja nicht nur mit N, sondern auch mit AiQ
und dem trosae der ?, mit mehr recht würde mau sie abo auf den
altern N surtick führen, und selbat bei der hochnt nnwahrfichetnlichen
annabme einer j^emeiosamen quelle von K^ bliebe ein dlrecter fttt«
sammenhang der wichtig^en leaarten in fi mit dieser wenig glaublich,
schon der aUersuxtterachied von swei jhh., während deren das inier*
polieren im metamorphoientexte flott betrieben ward, apncbt dago^en.
und noch eins, hätte da^ wo N^g im riehtifren gegen M stehen^ ^ da«
echte erhalteOf 6o müste ei auch stellen geben» wo ^ mit N in aeUeneii
und charakteristischen lesarteu lusammengiengep ferner stellen wo b«i
der unleugbar nahen Verwandtschaft swiacben M und ft ioterpolaiioneo
jenes darrh corruptelen dieses erklärnng fänden; es könnte endlich
nicht gans an beachtenswerten singutliren le^arten in fi fehlen. nicKta
TOD alle dem: wo ^ besseres hat als M, da ist es stets gemein^l
der jungen» von interpolationcn am atitrkaten doichsetsten libeiUefertiti^.
damit wird nicht geleugnet, dass etwaa ricUtii;e« in ft durch contamina*
tion aus A gekommen sein kann: ^ hat eben aas kleinen yoii Ter*
HMagnus: za Ovidius metamorphosen. IL der arclietjpus. 637
direct; sondern durch ein Zwischenglied^' aus M geflossen, dieses
war eine nach stark interpolierten yulgat-hss. durchcorrigierte ab-
Schrift von M. mitunter scheinen (vermutlich von verschiedenen
händen) ihre ursprünglichen lesarten ausradiert und durch die der
g ersetzt zu sein^ an andern stellen (die beispiele, freilich anders ge-
deutet, bei Hellmuth s. 246) standen die letztern zwischen den zeilen
oder am rande (in diesem falle hielt fi anscheinend die Varianten
fllr correcturen und bevorzugte sie oder schrieb beide lesarten ab),
selten nur war von noch späterer band die ursprüngliche lesart
wieder hergestellt oder beigeschrieben worden (dieselbe erscheinung
im Sangermanensis des Catull; s. EThomas comment. s. 828). man
sieht, diese abschrift, das original von (a^ musz ganz ähnliche Schick-
sale gehabt haben wie N : auch in N würden wir sehr oft ohne hilfe
von M die ursprüngliche lesart nicht mehr enträtseln können. —
(i ist eine sehr stark interpolierte und contaminierte hs. , die nicht
einmal einzelne gute singulare lesarten erhalten hat, für uns, die
aus ihrer quelle M direct schöpfen können, völlig wertlos.
Zum Schlüsse noch ein kurzes wort über die hss. der Bod-
leiana, die Ellis in Simmons commentierter Sonderausgabe von
b. XIII. XIV (London 1887) erwähnt (vgl. besonders Ellis bemer-
kungen in der introduction s. XXX — XXXII). die mitgeteilten les-
arten sind zu gering an zahl und bedeutung, sind gar zu planlos
herausgegriffen , als dasz ein versuch sie zu classificieren und abzu-
schätzen möglich schiene, den grösten wert legt Ellis auf Can. 7.
aber dessen lesarten , soweit sie veröffentlicht werden, rechtfertigen
die behauptung ^it presents readings of an unique and isolated kind'
ganz und gar nicht, vielmehr scheint Can. 7 eine interpolierte
vulgat-hs. gewöhnlichsten Schlages (vgl. Ehwald BerL ph. woch.
1887 sp. 1242 f. und meine bem. jahresb. d. phil. v. XV 147 f.).
neben gleichgiltigen Varianten finde ich nur zwei singulare lesarten :
schiedenen seilen einmündenden canälen wasser versehiedenster qaalitftt'
erhalten, das nicht ans seiner ursprünglichen quelle geflossen ist.
*^ die annähme ^ines Zwischengliedes reicht zur erklärung aller
differenzen zwischien M und fi> aus. aber die möglichkeit, dasi es
mehrere waren, bleibt offen, so scheint XIV 24 dafür zu sprechen,
hier bieten M und N* (denn E, das einzige Überbleibsel der ersten les-
art, läszt kaum eine andere deutung zu) Ei negue nil opus est, so stand
also bereits in der gemeinsamen vorläge, weil der Schreiber ein un-
deutliches groszes F fälschlich als E gelesen hatte, (ähnlich ist X 536
in N der grosze anfangsbuchstabe , der offenbar etwas entfernt stand,
gar nicht mit abgeschrieben und aus Fine ein inde geworden, vgl.
XI 738 rigida für Frigida. im cod. Leid. Voss. 61 ist dergleichen ganz
gewöhnlich; s. progr. 1893 s. 4.) in einer abschrift von M ward das
fine
so corrigiert: Et neque nil opus est. das sollte natürlich heiszen fineque
nil o. e. , ward aber von ^ gelesen und abgeschrieben Et fine rät o. e.
(dasz neque als Variante über fine beibehalten wurde, zeugt von der Un-
sicherheit des Schreibers), aber nötig ist die annähme nicht: denn die
contamination kann auf rechnung des Schreibers von p^ kommen.
638 ESchweikert: der lymche aufbau der erBten epode des Horatius,
XIV 76 cum tarn prope litus aäesset (vulg. adessenf) und XTV 280
pro uerhis reddere (v^lg. edere) rauct4m murmur (vgl. X 702 pro uerhis
murmura reddunty die zweite ist eine durch nichts empfohlene
conj,^ die erste dagegen — entweder ebenfalls conj. oder eine durch
contamination zufällig erhaltene echte lesart — hdchat wahrscheinlich
richtig: vgl. IX 675 cum iam prope partus adesset, IX 286 cum iam
naialis adesset. her* 11, 71 iam prope Urnen erat, fast.l bS3 prope
tempus adesse (hiernach ist her. 18, 60 die vulg. hinc prope litus ahest
unsicher, zumal da P hie hat), wenn übrigens Ellia den Can. 7 mit
den Worten rühmt 'I consider it to be ihe nearest approxiination to
M which is yet known*, so ist das jetzt nach dem bekanntwerden
von N keine empfehlung mehr» wir brauchen nemlich zur Vervoll-
ständigung unseres apparates für die ersten 14 bücher vielmehr hse.,
die 1) muglichst alt sind dh. mindestens gleichalterig mit MN^
2) nicht zur familie MN gehören, doch darüber wird in einem
folgenden aufsatze zu reden sein.
Beblin. Hugo Magnus.
70.
DER LYEISCHE AUFBAU DER ERSTEN EPODE
DES HORATIUS,
Die erste epode des Horatius enthält die widmung dieses buch-
leins seiner gedichte an seinen freund {amice) Maecenas, welcher
im frühjahr des j. 31 vor Ch, wenige monate vor der scblacht hei
Actitim mit den übrigen einfluszreichen rittera und Senatoren auf
Octavians wünsch nach Brundisium gieng in der absieht während
des krieges mit AntODius in Octavians nöhe zu bleiben (Cass. Dion
LH), diesen äuszcra lyrischen Standpunkt bezeichnen
V. 1 — 4 Ihis Liburnis inter aUa nauiumy
amice^ propugnacula ,
paratus omne Caesaris periciUum
mhire, Maeema$r '^•
der dichter führt fort:
V, 5 — 10 quid nos^ quihus te vita si supersiite
iucunda^ si contra ^ gratis?
utrumne iussi persequcmur otiumt
non dulce^ ni tecum simul^
an hunc laborem menie laturi decei
qua ferre non mollis viros?
er erwägt sein persönliches verhalten zu der bevorstehenden tren-
nungj er erwägt, ob er nicht ebenso, wie dieber mit Octavianns, leid
und gefahren mit seinem freunde Maecenas teilen solle, ob er dazu
wohl auch den männlichen mut besitze.
Zu V. 11 bemerkt Mit^cherlich : 'insurgit cum poetae adfectn
oratio/ der ton der rede schwellt sich mit dem vracbsen der macht
ESchweikert: der lyrieche aufbau der ersten epode des Horatias. 639
des gefübls, in welchem der dichter den mut gewinnt mit dem
freunde die äuszersten gefahren zu bestehen.
V. 11 — 14 feremiiSy et te velper Älpium iuga
inhospüalem et Caucamm^
vel occidentis usque ad ultimum sinum
forti sequemur pedore.
aber mitten in dieser erregung vertieft sich das gefühl, wird inniger,
was Porpbyrion zu v. 17 bemerkt: et attende a singuLari numero ad
pluralem transitum fecisse^ das ist auch bei v. 15 zu beachten, der
Wechsel des numerus ist nicht zufUllig: er entspricht der mehr per-
sönlichen Wendung der gefUhlsbewegung. es bricht die innigkeit
wahrer Freundschaft durch , indem Maecenas (v. 15 f.) dieses mutige
anerbieten ablehnt, weil er — kein mann des krieges — ihm ja doch
nicht helfen könne.
V. 15 u. 16 roges^ tuum labore quid iuvem meo
inhellis ac firmus parum.
so fuhrt sich der grund seiner stärkern gefühlserregung auf das ein-
fache, natürliche und schöne motiv warmer freundschaft zurück:
V. 17 u. 18 comes minore sum futurus in metu^
qui maior ahsentes habet.
diesen gedanken veranschaulicht der dichter durch ein sinniges
gleichnis :
V. 19— 22 ut adsidens inplumihus puUis avis
serpentium adlapsus timet
magis relictiSy non^ ut adsU^ auxüi
latura plus praesenlihus,
herzliche liebe allein war das motiv seines bereitwilligen, mutigen
Unterfangens , nicht kriegerischer sinn , auch nicht die hofiiiung auf
materielle belohnung.
V. 23 — 34 lihenter hoc et omne milUahitur
heUum in tuae spem gratiae ,
non ut iuvencis inligata plurihus
aratra nitantur mea
pecusve Calahris ante sidus fervidum
Lucana mutet pascuis ,
neque ut superni villa candens Tusciüi
Circaea tangat moenia.
satis superque me henignitas tua
ditavit : haud paravero
quod aut avarus, ut Chremes^ terra premam
discindus aut perdam nepos,
das freundschaft sverhältnis des Horatius zu Maecenas ist das schönste,
wahrste, innigste, in dem keine Veränderung wünschenswert erscheint.
Überblicken wir jetzt das ganze gedieht noch einmal, so ist ein
erster und wichtiger markstein in der psychologischen entfaltung
des gefühls mit v. 15 gegeben, voraus geht wie in einem prodromus
die wachsende entwicklung des gefühls, welches sich in drei ab-
640 ESchweikert: der IjrriBclie aufbau der erfiten epode dee Boraütia.
fiStzen 1 — 4, 5 — 10 und 11—15 zu seioer höhe steigert, die coo-
8olidieriing und richtige Fassung der Ijrriäcben Stimmung bringen
die ¥erse 15—22, und auch hier finden wir eine dreifache abstufnng;
16 u* 16 entwicklung, 17 u. 18 erfassung, 19 — 22 klärting des
zündenden I massgebenden poetischen gedankens. v. 23 — M ent*
halten die exodus, das volle walten der rechten Stimmung uad die
rlickkehr zu einfachen, nattirlichen Verhältnissen, za der f^'to incunda
und dem otium dulce. zugleich liegt darin eine erglnzung der
motive , welche der Opfermut des dichtere hätte haben können —
weder heroische gesinnung noch eigennutz, sondern nur aufrichtige
freundschaft verbindet ihn mit Maecenas. durch die gegensätze wird
das wahre motiv gehoben und in das rechte liebt gestellt, auch in
dem letzten teile ist die dreifache abstufung in natürlicher weise
festgehalten: 23 u. 24, 25 — 30, 31 — 34. die pointe des gedichtet
enthalten v. 17 u. 18: zu ihr führen 16 verse hin, 16 versa bilden
den schlusz,
PHofman Peerlkamp zdst- bezeichnet v. 19 — 22 » OFGropp©
(Äeacus s. 350) v. 19 — 34 als unecht, dasz durch diese Verstümme-
lung die ganze architektonik des gedichtes zerstört wird , ist leicht
ersichtlich, die art und weise aber, in welcher die beiden gelehrten
die Streichung der beanstandeten verse begründen , zeigt eine nüch-
terne, verstandesmäszige auffassung lyrischer gedichte, welche der
dichterischen gemütbbewegung gerecht tu werden, dem dichter nach*
zuemp£nden nicht in der läge ist. Peerlkamp findet den vergleich
der herzcnsangst des freundes mit der mütterlichen sorge des nisten-
den Vogels unpassend, weil Maecenas älter gewesen sei als Horatiu»;
Gruppe aber sieht in der abweisung des eigennutzes als motiv für
den wünsch den freund in den krieg zu begleiten den ausdruck einer
gemeinen gesinnung. aber herzliche dankbarkeit steht doch auch
dem freunde wohl an , und ein wahreres nnd berechtigteres gefübl
als das der mutterliebe gibt es nicht, auch hätte man der weisting
des alten erklärers folgend beachten sollen, wie Hör« sich durch Ter-
allgemeinerung (absenteß) rein persönlichen empfindend in feiner
weise den Übergang zu dem beanstandeten gleichnis bahnt, das
ganze gedieht aber, besonders den schlusz, durchweht ein zug freien
humors» der dem Hör. so wohl ansteht und der auch seinen ernsten
gedicbten einen eigentümlichen reiz verleiht (vgL Oesterlen komik
u. humor bei Hör. I s, 102 ff.)* Hör. liebt es mit lachendem munde
die Wahrheit zu sagen [sat, I 1, 24 ridendo dkere verum) ^ dasE die
kritik dies vielfach nicht beachtet, ist für die behandlong der ge*
dichte des Her. verhängnisvoll geworden, man construiert sich dag
ideal eines Ijrikers und findet dann, dasz Hör. diesem nicht ent*
spricht, aber um die neue entdeckung der interpolationen möglichst
ausnutzen zu können , tadelt und streicht man auch , ohne dem ver*
»tändnis des überlieferten textes gerecht geworden zu sein.
M (}K€HBH - Gl ADB ACS* EsMaT ScHwr^ncsET.
EESTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBAUSGEGEBEN VON ALFBED FlECKEISEN.
(66-)
DIE REIHENFOLGE DER FÜNF ERSTEN REDEN
IN PLATONS SYMPOSION.
(fortsetzuDg von 8. 661—686.)
Dasz die rede des Eryximacbos eine Vermittlung zwischen
den gegensätzlichen ansichten des Phaidros und des Pausanias ent-
hält, läszt sich aus ihrem eingange nicht erkennen; aber anch Pausa-
nias hatte seine auffassung des fpujc nur für eine durch die un-
genaue formulierung des themas veranlaszte berichtigung ^^ der rede
des Phaidros angesehen, während er im weitem verlaufe den ge-
danken des Phaidros nicht berichtigt, sondern in sein gegenteil ver-
kehrt. Eryximacbos erklärt die rede des Pausanias in notwendiger
weise ergänzen zu wollen; er pflichtet nemlich dem Paus, in der an-
nähme einer doppelten natur des £pu)C bei, glaubt aber dasz der-
selbe sich nicht auf die seelen der menschen beschränke und nicht
nur auf die schönen gerichtet sei , sondern im Verhältnis zu vielem
andern und in vielen andern dingen hervortrete, sowohl in den
körpern aller lebenden wesen als auch in den gewachsen und über-
haupt in allem was sei. diese bedeutung des gottes ist dem redner
an der heilkunde zum bewustsein gekommen ; dasz fpuüC doppelter
natur sei, folge daraus , dasz gesundes und krankes einander unähn-
lich sei und als unähnliches nach unähnlichem strebe '*, mithin sei
" 180<* i^\h oüjv ireipdcoiuiai toOto ^iravopOubcacOai. »*» Hug
macht 8. 73 mit recht auf den unterschied aufmerksam, der iwischen
dem hier ausgesprochenen, die neigungen unter sich unähnlicher weaen
zu dritten gegenständen betreffenden gedanken und dem anderwärts
zb. Lysis 215 <^ sich findenden satze von der anziehungskraft der dv6-
fioia besteht; wenn er aber am ende bemerkt, der satz im Lysis ent-
halte eine speciellere behauptung als der vorliegende, und widerspreche
diesem nicht, <denn wenn das trockene das nasse liebe und das nasse
zum trockenen neigung habe, liebten sie dv6)iOia», so scheint mir der
satz von der gegenseitigen anziehungskraft der dv6|uioia nicht für eine
Jahrbücher für class. philol. 1893 hft. 10. 41
642
CScMrlÜEf die reihenfolge der fünf
die liebe im gei^unden eine andere als im kranken; wie man aber
nach Paus, nur den ^uien menschen willfahren dürfe, den schlechten
nicht, so dürfe man auch nur dem guten und gesunden im körper
willfährig sein^ dem schlechten und kranken aber nicht: darin be-
stehe was man heilkunde nenne, dh. die kenntnis dessen was sich
auf die liebe des körpers in betreff der anfüllung und ausleerung be-
zieht, die aufgäbe des iaipiKÖc sei es , die gute und schlechte liebe
zu unterscheiden, der br|fiioupTÖc aber, der die ärztliche praxU aua-
übe , müi^se im stände sein jene an die stelle dieser zu setzen und
die liebe je nach notwendigkeit zu erzeugen oder zu beseitigen, dies
geschehe dadurch, dasz man die äuszer^ten gegensätze, die sich im
körper vorfanden, das warme und kalte, trockene und flüssige zur
liebe und freundscbaft bringe, wie es nach der dichter zfmguis zu-
erst Aaklepios gethan habe; er sei der begründer der heilkunde, die
in ihrer geeamtheit vom fpuuc beherscht werde (185* — 187*). das-
selbe gelte von der gymnaatik, dem landbau und besonders, wie
schon Herakleitos bemerkt habe, von der musik. allerdings drücke
sich derselbe insofern nicht richtig aus , alä er behaupte , das 6ine
gehe, mit sich selbst entzweit, nach art der barmonie des bogena
und der leier mit sich selbst zusammen: denn eine barmonie k^nne
ßicb weder entzweien noch aus dem was noch entzweit sei bestehen ;
er habe aber wohl nur sagen wollen, de bestehe ans dem hoben und
tiefen, die ursprünglich entzweit durch die tonkunst geeint seien :
denn die barmonie sei ein zusammen&^timmen (cii^cpuivia); dies aber
eine einbeit (6goXoYi'^)f ^"^ ^^^ solche könne sie nicht aus dem
entzweiten , so lauge es entzweit sei, bestehen, ebenso entstehe der
Bpeciellere behftiiptung' gelten zu kBnnen, als der welcher die divergtllt
der dv6tJio;a zu. drittf^n gef^eDstJlncien betrifft« nach dem siitEe des hynn
amd Tiicbt nur die ^puivra und infolge der wechaeUeitigkeit des Ipdv
die £poü|ieva einander unUhulieh. sondern es besteht auch zwitfchea dem
liebeuiicn und dem yod ihm geliebten unäbDlicbkeiti dte neignng
geht auf iIrs utiiihnlichf^; im zweiten dngegen sind wohl die ^püOVTa
and ebenso die lpib|i€va eirifturlcr iinäbnÜcb, das ipdv aber und daa
von Ihm geliebte stud vtnander iihnlich. die uiigung geht auf da«
gleichartige: detm wenn rlie nnilhnUchkeit der £pi6^€va alletn uns d«r
unäbniichkeit der ^piuvra {gefolgert wird, ho wird vor.*vii8g«s«tztk dati
das liebende und das von ihm geliebte einander tihnliob oder gleieb-
artig »ind, ist dies aber der fall, eo liegen den beiden s^itsen Tttr*
schiedene principien zu gründe, jenem die wechselseitige anziehangs*
kraft des unähnlichen, diesem das streben des gleichartigen nach
£^1 01 ch artigem, dort streben die dv6poia nach dem was ihnen unkhnUch
ist, weil sie dvöjiOia sind, hier streben sie nach dem was ihnen übnlich
ist, so dase» weil iiie unähnlich sind, auch daji von ihnen eritrebi«
einander unÄhnlicb ist. beide mi\le sind die 4pi£>^€va einander unähn-
lich, im Verhältnis su den ^pmvra aber sind lie dort tinihßlich, hier
äbnlicb, mit riicksicbt hierauf mochte ich wed^r sagen, dasz d^r sats
des Lysis Bjieciellcre goltung- als der vorliegende habe, noch dasx die
(erstrebten) dvÖMOia sich wie »pecies und genn^ v<?rhaHt'n» da •»« Im
verlitlltnis tu einander beide mal« nnähnlich, im verbttttnit 2a den
Ipi&vra aber nach dem sntut^ des Eryximachos 6fiOtO, nach de» d«*
Lysis dvö^ola find»
ersten reden in Platons Symposion. 643
rbythmos aus dem schnellen und langsamen, nachdem sie geeint
sind, während sie zuvor entzweit waren; die einignng bewirke aber
in allen diesen dingen die tonkunst dadurch , dasz sie ihnen Hebe
und eintracht beibringe , und so erweise sich denn auch die ton-
kunst als eine kenntnis der liebesregungen, dh. dessen was nach
einander verlange (dpuiTiKUJv) in betreff der harmonie und des
rhythmos. in der theoretischen musik, die es mit den harmonischen
und rhythmischen Verhältnissen als solchen zu thun hat (^v jii^v f€,
auTrj T^ cucTdc€i dpiiioviac t€ xal ßuOjLioO), ist es nun freilich, wie
Eryximachos weiter erklärt, nicht schwer das der richtigen liebe
entsprechende (die ^puüTiKd) zu erkennen, und daher hier ein
doppelter £pu)C nicht möglich ; gilt es aber, harmonie und zeitmasz
bei den menschen praktisch anzuwenden, sei es durch dichterische
und musicalische composition (|Li€XoTroua) , sei es durch richtigen
gebrauch schon vorhandener weisen und versmasze (Traib€ia), so
bedarf es eines tüchtigen biiiLiioupTÖc. denn auch hier musz man
den gesitteten menschen gefällig sein und ihre liebe erhalten; so
dasz auch die , welche es noch nicht sind, es in höherem masze wer-
den: dies ist der löbliche der muse Urania angehörige £pu)C; bei
dem andern aber , dem der Polymnia , musz man mit vorsieht ver-
fahren, um die lust die er gewährt zu genieszen, ohne-sittenlosigkeit
zu veranlassen, ebenso musz der arzt mit den die kochkunst be-
treffenden begierden vorsichtig umzugehen wissen, damit die lust
genossen und der gesundheit nicht geschadet wird, anch die gestal-
tung der Jahreszeiten ist von beiden fpuüTec erfüllt; herscht nun in
dem warmen und kalten, flüssigen und trockenen der geordnete
£pu)C und bringt derselbe die rechte mischung und Stimmung her-
vor, so veranlaszt er gedeihen und gesundheit bei den menschen,
tieren und gewachsen ; gewinnt aber der zügellose über die Jahres-
zeiten gewalt, so verdirbt er alles: denn hieraus entstehen seuchen
und andere krankheiten bei tieren und pflanzen, reif nemlich, hagel
und meltau wird durch das übermasz und die Unordnung in diesen
liebesverhältnissen veranlaszt; die kenntnis dieser Verhältnisse aber
in bezug auf den lauf der steme und den Wechsel der Jahreszeiten
wird astronomie genannt, endlich hat es auch der verkehr zwischen
göttern und menschen, der sich in den opfern und der wahrsage-
kunst darstellt, dh. die religion, mit der bewahrung des guten und
der heilung des schlechten £pu)C zu thun. denn alle gottlosigkeit
entsteht dadurch, dasz man nicht dem geordneten £pu)C gefällig ist
und nicht ihm, sondern dem andern folgt, sowohl den eitern gegen-
über zu ihren lebzeiten und nach ihrem tode , als auch den göttern.
die beaufsichtigung und heilung dieser liebe steht der mantik zu,
die mitbin die erzeugerin der freundschaft zwischen den göttern
und menschen ist, weil sie die menschlichen regungen kennt, die
sich auf recht und gottesfurcht beziehen, so grosz und vielfach, oder
vielmehr unbegrenzt ist die macht des ^puüC überhaupt, besonders
aber desjenigen, der das gute mit mäszigkeit und gerechtigkeit zu
41»
644
CScbirlitz: die reihentolge der fünf
stände bringt: er Yerscbafft atts jedes glück und bewirkt« da&z wir
nicbt nur mit uns selbst, sondern aucb mit den göttern, die über
uns stehen, in liebe und freundschaft leben können (187* — 188*).
Die erklärung sieht die eigentümlichkeit der rede des Eryii-
machos in dem bestreben der Wirksamkeit des ^puJC die möglichste
ausdebnung zu geben, und bat gleichzeitig auf die m^ngel hin-
gewiesen ^ die mit diesem streben verbunden sind, so macht Hng
6. 73 auf die Verlegenheit aufmerksam, die dadurch enistehe, dmt
das gesunde element zum guten £paCTT]C gemacht werde, dem man
willfahren müsse, das kranke aber zum schlechten, dem man nicht
willfahren dürfe, bei dieser auffassung könne nemlich nicht TÖ
eptjb^evov, db. der gegenständ der begierde selbst, eine speise oder
dgl., das xa^'iltcdai vollziehen, sondern es müsse dies eine über
dem ^pacTrjc und dem €pÜJ|ievoc stehende dritte person thun, der
laTpöc, sei es nun entweder der träger des cuj^a oder ein anderer*
ebenso wenig könnten die vom geliebten (q>iXa Trot€iv) und lieb-
haber (dpäv — noieiv) gebrauchten ausdrücke bei der Versöhnung der
grÖsten gegensiltze unterschieden werden, und in der that würden»
wenn überhaupt ein solcher vergleich gewählt wird, die ivavxiiOTaTa
um der wechselseitigkeit de^ Verhältnisses willen nur beide als
^paciai und ^pubfievoi bezeichnet werden können* derselbe ausleger
gibt ferner die willkürlichen Veränderungen an, die Erjximachos an
den werten des Herakleitos vornimt, und zeigt, wie derselbe den saU
jenes pbilosophen dadurch misvirstehtf dasz er dem gedanken von
dem fortwährenden Zusammensein von basz und liebe den Empedo-
kleischen ^von abwechselndem streit und freundschaft^ also von der
auflösung frühern hireites in spätere freundschaft substituiert', eine
Verkehrtheit zu der dann auch die haltlose gleichsetznng der begri0e
dpiioviu, cu^qpujvia, öpoXoTia mithelfen musz, die ihm sämtlich in
dem 6inen begriffe der identität zusammenlaufen* die Verschiebung,
durch welche bei der heilkande der arzt oder auch der träger dei
coipa statt des geliebten gegenständes zum xctpi^ö^cvoc werde,
mache sich, sagt Hug, in der musik noch fühlbarer; denn da die
Koc^ioi Tüüv dvGpiuTTUJV die dtaQai ^paciai seien, denen die dpii»
M€VOi (oi PHTiui ÖVT6C KÖcmoi) willfahren sollten ibc ßv icoCfitui*
tepoi tiTVOiVTO , gleichzeitig aber auch hier der xapvW^evoc nicht
der geliebte, sondern nur der ÖTipioupTÖc sein könne, so wi>se sich
Eryximacbos 'nicht anders als durch den phrasenhaften zusatx koI
djc äv KOC)iti{iTepoi TiTVOiVTO o\ Mn^^ ÖVT€C (187**) zu helfen» wo-
bei man nicht erkenne , ob in diesem falle das x^^pi^^cOai den köc-
Mioi oder den ^t\jiw Övtcc kOc^ioi gelte*' selbstverständlich sind
die, denen man willfahren musz, stets die dpactai, hier also die
KÖc^ioi, und, insofern ihnen gewillfahrt wird, gilt ihnen auch im
XapiJecBai ; fragt es sich aber, von wem gesagt werde, dasi er will-
fahre, wem also als subjecte das X^^P^^^^^^^ g&^^i so können dies
nach der allgemeinen auffassung des Ipujc, die Eryximachos aus*
spricht, nur die durch den fpwc der musik zur bildung anzuleiten*
ernten reden in Platons Symposion. 645
den sein , die freilich mit den wirklichen £puü|üi€VOl nichts anderes
als eben diese bildungsbedürftigkeit teilen, die verdeckung , deren
sich Eryximachos mit den werten tbc bv usw. schuldig macht, liegt
also darin , dasz er hier unter den xotpi2[ö|üi€VOi die durch den f pU)C
zu bildenden ^pu})Li€VOi versteht, während doch in Wahrheit bei seiner
darstellung das X<xpi2[€c6ai nicht die sache dieser, sondern der hx]-
]LiioupToi ist. eine weitere willkilr sieht Hug 8. 82 darin , dasz an
die stelle der 'A^pobiTT] Oupavia die muse Urania und an die der
Aphrodite TTdvbT])Lioc die Poljmnia gesetzt wird, erklärt sich dies
daraus , dasz nun einmal von der jiiouciKii die rede ist , so erscheint
es doch als eine arge inconsequenz , dasz für den f puiC irdvbiDiioc
nur vorsieht beim genusse empfohlen und diese concession nach-
träglich auch noch für das gebiet der iarpiKrj gemacht wird , wäh-
rend der schlechte £pu)C bisher als absolut verwerflich bezeichnet
und ausdrücklich gesagt war, dasz man ihm in keiner weise will-
fahren dürfe (186« bei dxapicrciv). den grund hiervon findet Hug
s. 82 darin, dasz die Vorstellung des Eryx. von dem, was er als
schlechten ^pujc bezeichnen solle, in der musik schwanke; bald
schwebten ihm als solcher musicalische fehler, bald moralische ver-
irrungen vor, zuletzt erscheine er ihm als profane musik überhaupt,
die nicht absolut verwerflich sei. am wenigsten endlich gelingt es
dem redner, seine erotische formel mit der astronomie in einklang
zu bringen, da die kenntnis derjenigen erscheinungen , die den
Wechsel der Witterung bedingen, damals gering war, sieht er von
einer definition des rexviKÖc ab; von einem bii|üiloupTÖC kann er
hier vollends nicht reden, weil der mensch die naturerscheinungen
zu jener zeit so wenig in seiner macht hatte , als dies jetzt der fall
ist. eben deshalb bleibt denn auch für das X<Xpi2[€c6ai in dieser
Sphäre überhaupt kein räum.
Diese mehrfachen mängel der rede des Eryx. legen die frage
nahe, worin ihr fortschritt bestehe, die beantwortung derselben
wird aber dem zwecke der vorliegenden Untersuchung entsprechend
zugleich über den grund auskunft geben müssen, der den Schrift-
steller bestimmte der rede des Eryx. in der reihenfolge der erotischen
vortrage die dritte stelle anzuweisen, wenn daher Susemihl (Philol.
VI 191) erklärt, erst in ihr gewinne man eine wirkliche begriffs-
bestimmung des £puJC, so ist das zwar an sich richtig, es bleibt aber
dabei unaufgeklärt, inwiefern die darstellung des ^pu)C gerade bei
dieser bestimmung die beiden vorangehenden reden zu ihrer not-
wendigen Voraussetzung hat. die frage, deren beantwortung wir er-
warten dürfen, kann also in Platons sinne nur lauten: was ist^puic,
wenn er weder die ausschlieszliche Wirkung des gottes noch ledig-
lich ein thun der menschen ist, und wenn wir doch (nach Zeller) in
diesen reden zwar einseitige aber nicht völlig verkehrte auffassungen
des begriffes erkennen sollen? natürlich wird die frage von Eryx.
nicht in dieser weise begrenzt, vielmehr will auch er, wie seine Vor-
redner, eine lobrede auf den gott halten, über er bestimmt ihn doch
646
CSchirlitÄ: die reiheufolge der fünf
80g]eicb als den , der sich nicht our in den .seelen der menscheo^
sondorn auch in den leibem der ütua, in der pflanzenweit und in der
gesamten natnr thätig erweise, ^ptüc ist also eine kraft und zwar,
wie schon gern name bekundet, ein verlangen (t6 yctp üti^c . .
diriÖu^ei Kai dp(5i 186*0; mit rücksiebt auf die Verschiedenheit
dessen was begehrt wird ist er eine Vielheit von liebeäregungen oder
bestrebungen (^puüTiKiDv 186^ 187^ ISB*''^, hinsichtlich seines
wertes aber nach der von Eryx. gebilligten Unterscheidung des Pan-
sanias zwiefach, nemlich gut oder schlecht und demgemSsz in meinen
Wirkungen nützlich oder scblidlieh. eben deshalb bedarf er einer
leitung, die auf wissen (6TTiCTr|jUT]) beruht, das nach den gebieten,
auf denen sich epuüc betbStigt, verschiedene osraen hat, im mensch-
lichen körper ist der gute und schlechte fpujc der des gesunden und
kranken, beider ziel ist anfdllung oder ausleerung^ die heilkundd
aber das wissen von der besch äffen hei t dieser neigungen, und die
herstellung der eintracht zwischen den äuszersten gegen^ätzen das-
jenige verfahren, welches der heilkundige einschlagen mus2, um dem
guten fpujc zur her&chaft zu verhelfen, nachdem der redner sodann
nur erwähnt hat, dasz ein analoges verhttitnis auch bei der gym-
uastik und dem landbau herscht, spricht er sich ausfuhrlicher über
die IpUüTiKd der töne aus und bezeichnet barmonie und zeitmasz als
das ziel jener neigungen, die mu^ik ab die kenntnis derselben und
die aujsgleicbung der äuszersten gegensätze auch hier als das ver-.
fahren, durch das der gute ^pLUC hergestellt werde; diese ausglei-
chuDg ist das rechte Verhältnis zwischen dem hohen und tiefen,
schnellen und langsamen, während nun anfüllung und enileerung
nach den jedesmaligen umständen sowohl zweckmäszig als zweck*
widri>( sind, wird dppovia und ^u^^6c nie zur dvap^ocTia und äp-
puBpia werden können; deshalb herscbe, meint Eryx. , iu den faar-
moni:>cben und rhythmtscheu Verhältnissen an sich nur der gute
ipwCf der schlechte trete erst ein, wenn barmonie und takt durch
fieXoTioua und 7rQib€ia, dh. TTaib€ta ^ouciKft, auf die menschen an-
gewandt würden; darum bedtlrfe es hier eines tdchtigen meisters,
der nur den sittlichen menschen willfahre, die welche es noch nicht
seien dazu mache und den f puic jener bewahre.
Die inconsequenz des denkens, die Eryx. in dieser bemerkung
verrät, beruht darin, dasz er von dem doppelten ^puic, der nach
seiner meinung allem seienden (186* iv iräci TOic oöci) eigentüm-
lich ist, auf den ^puic KÖCfiloc der menschen und dessen gegenteil
abgleitet, die Sache liegt näherbiu so: wie es nach des redoers ur-
teil im menschlichen kOrper einen richtigen und fehlerhaften, einen
£puic des gesunden und kranken gibt, »o musz Eryx. auf seinem
Standpunkte auch in dem hohen und tiefen, dem langsamen und
schnellen , also im reiche der töne , zwei erotische kräfte annehmen,
von denen die eine auf barmonie und rhythmos, die andere auf
deren gegenteil abzielt, es gibt in den tönen ihrer natur nach dis-
harmonien und arrythmien, die eben auf verkehrter neigung disr*
ersten reden in Piatons Symposion. 617
selben beruhen ; und wenn es auch wahr ist , dasz das harmonische
nicht unharmonisch, das rhythmische nicht unrhythmisch sein kann,
so ist es doch ebenso richtig, dasz harmonie und rhythmos nur unter
der Voraussetzung ihrer gegensätze gedacht werden können und also
diese zugleich mit jenen gegeben sind, soll daher die definition der
musik derjenigen conform sein , die Eryx. vorher von der heilkunde
aufgestellt hat, so wird man in ircpi dpjioviav Kai ^u6)Liöv 187^ das
ziel des doppelten f puüC sehen, also harmonie und rhythmos im sinne
des harmonischen und unharmonischen; rhythmischen und un-
rhythmischen verstehen müssen, die aufgäbe des musikers aber,
mag er nun melopoiie oder pädagogik treiben , ist die erkenntnis
(biaTiTVUüCK€iv) der neigungen der töne und die beförderung des-
jenigen f pujc , der auf harmonie und rhythmos gerichtet ist. diese
aufgäbe ist der des arztes entsprechend gedacht: denn es ist un-
wesentlich, dasz der gesunde und der kranke körper dem arzte gegeben
sind, während der musiker die composition aus sich hervorbringt
oder doch wenigstens, in der melopoiie, hervorbringen kann, auch
entsteht dadurch kein unterschied , dasz in der cuCTacic aÖTf| dpr
jLioviac Kai ^uO/uioö für den schlechten fpujc keine stelle ist: denn in
einer theoretischen darstellung des gesunden körpers würde ebenso
wenig von dem ^puJC des kranken die rede sein, was aber der
musiker hierdurch leistet, kommt auf Eryx. Standpunkte und an
dem thun des arztes gemessen nur den tönen zu gute; ihnen verhilft
er mit seiner ^TTiCTfj)LiT] zu dem guten f puJC , bei welchem das hohe
und tiefe, schnelle und langsame in das rechte Verhältnis gebracht
ist, wie der arzt dem körper zu dem ipwQ im Tlf» UTlClVUJ. dasz der
musiker als componist und namentlich in der iraibeia jüiouciKrj durch
die harmonie und den rhythmos der töne, die er erzeugt, auch in
den Seelen der menschen das rechte Verhältnis und masz hervor-
bringt und die ^puJTiKa derer, die noch nicht KÖCjüiioi sind, in
schranken hält, ist zwar richtig und war ein grundsatz der griechi-
schen Pädagogik; wenn aber Eryx. die Sache so darstellt, als habe
es der musiker vermöge seiner diTiCTii)Liri mit der leitung der mensch-
lichen £pu)T€C zu thun — denn dasz der ^puJC überhaupt sich auch
auf die seelen der menschen erstreckt, hat er gleich im anfang er-
klärt — , so geht er mit dieser ansieht aus dem erotischen System,
das er vorträgt, heraus, er irrt also, wenn er sagt, es wiederhole
sich hier das früher bemerkte, dasz man den sittlichen menschen
willfahren müsse (187^ ttoXiv Tdp f{^^^ ö aiiiöc XÖTOC, ÖTi TOIC
)Li^v KOC]iioic . . bei xoipi2l€c6ai), da Pausanias wohl einen doppelten
IpuJC statuiert, aber überhaupt nur einen f pu)C der menschen kennt,
während er selbst den begriff auf alles seiende ausgedehnt hat. man
wende auch nicht ein: musik als der Inbegriff aller Verhältnisse, in
die das hohe und tiefe , schnelle und langsame zu einander treten
können, bestehe nur dadurch, dasz sie von menschen vernommen
werde, und sei, so lange sie nicht gehört werde, auch nicht vorhan-
den: weil, wenn es auch richtig wäre, dasz die rhythmischen und
648
CScbirlitz ; die reiheufolge der lünf
bsrmoniscben Verhältnisse erst durch den hervorbringenden kOnatler
zu tönen werden, nur als solche gehört werden können und zwar
erst dünn, wenn ein menscbliches obr sie vernimt, doch Eryx. die»
nicht für sich in ansprach nehmen könnte, da seine bemerkung, in
der auxfi fi cuciacic dpjuoviac kqi puSjaou sei der doppelte Ipuic
nicht. Yoihanden, nur so verstanden werden kann, das;£ In ibr allein
der epujC xaXäc herscbei womit zugegeben ist, dasz die disbarmoni-
sehen und arryibni loschen verhäLlniftSe , obne die der begriff der
cucxacic auTTi äpjuoviac Kai ^uO^oö nitht zu denken ist, von dem
epujc KaKÖc beherscbt werden, auch bat der redner schon vorher auÄ-
drücklieb bemerkt, die Übereinstimmung in allem diesem (ndci TOÜ-
TOic, dh. dem hoben und tiefen, schnellen und langcjamt-n) bewirke
wie dort die beilkunsti so hier die tonkunst, womit wiederum gesagt
ist, dassi es die musik mit den neigungen des ö£u und ßapu, taxu
und ßpabu zu tbun bat.
Zu dieser logischen mconsequenz gesellt sich aber bei Erjx.
auch eine eibische. nachdem er nemlicb deutlich erklärt hat^ man
dürfe dem &cblechten lpu>C durchaus nicht zu willen sein, begnügt
er bich 187" damit, bei der handhabung des f pujc Tiävbimoc nor
vorsieht zu empfehlen, damit man obne schaden genieszen kOnae
(ÖTTUUC ÖV . . djinotiicr)), und dvbnt dies Zugeständnis nachträglich
auch auf das gebiet der laTpiKti aus* in der be^precbung der natur
der Jahreszeiten kehrt er dann wie^dtir zu dem doppelten in den ele-
menten selbst, hier also in dem warmen und kalten, trockenen und
feuchten, enthaltenen (püic zurück und bezeichnet als die wissea*
Schaft von diesen liebesverbältnissen in ihrer beziehung auf den lauf
der gestirne und den Wechsel der Jahreszeiten die astronomie; doch
iöt er nicht im stände einen TtxviKOC, und vollends nicht einen bt]-
pioupifoc zu nennen , dessen aufgäbe es wäre dem guten ^pujc auf
diesem gebiete zur herBchaft zn verbelfeo, wie denn der astronom in
der tbat auch auf i^inem vorgerückten stände kleiner Wissenschaft
höchstens die bedingungen des gedeibens anzugeben, nicht aber den
schlechten £puüC in den gutun zu verwandeln vermag, im übrigen
nimt die darlegung des Eryx. auch hier wieder die ricbtung auf das,
was den menschen k^uträgiicb ist, da sie die gesundbert und da«
Wohlergehen derselben von der rechten mischung jener elemente ab*
hängig macht (188'' Kai direibdv * . r^öiKTicev). zuletzt wird auch
die religion, als der verkehr zwischen den göttem und meuschen, in
das gebiet des lpu)C gezogen, die gottlo^igkeit als die Wirkung des
schlechten, die gottesfurcbt als die des guten ^puic und die mantik
als diejenige Wissenschaft bezeichnet, die eine kenntnis der liebe der
menschen in bezug auf recht und gottesfurcbt sei und als solche
freundschaft zwiticbeu göttern und menschen zu erzeugen vermöge,
der mantiker beaufsichtigt und heilt diese iiebesverb<niss6| dio
den übrigen darin gleiobAtebeo, dasz sie einen gegensatz, den der
götter und menseben, enthalten, der in harmonitj aufzulösen ist,
darin aber von ihnen ubwticben, das^ ein fuUebes verhalten df^r
erBten reden in Platons Sympodion. 649
götter zu den menschen, wie es durch die analogie der frühem Ver-
hältnisse gefordert würde, überhaupt nicht denkbar istJ^
So hat die betracbtung der rede des Eryx. mancherlei Wider-
sprüche und Unrichtigkeiten aufgedeckt, die sich aus dem grund-
gedanken des redners ergeben, aber auch diese Unklarheiten können
die idee, von der der redner ausgeht, nicht verdunkeln. <^pu)C»
sagt Zeller (Platons Gastmahl s. 100), «hat hier die bedeutung, die
er in den alten theogonien als weltbildende kraft hat, zugleich er-
innert der doppelte IpuJC an die zwei kosmischen grundkräfte des
Empedokles, liebe und hasz, so wenig er auch mit denselben zu-
sammenfällt> gewis ist dies ebenso richtig als wenn andere (Suse-
mihi) daran erinnern , dasz Eryx. durch die Zusammenstellung der
begriffe ^pav und dTTi9u]i€Tv die erste aufklärung über das wesen
der liebe gibt, fragt man aber, warum seine rede an dritter stelle
erscheint und gerade den reden des Phaidros und des Pausanias
nachgeordnet ist, so liegt der gi-und hiervon darin, dasz sie die be-
stimmungen dieser reden zu einer einheit zusammenfaszt; indem sie
den IpuJC für eine kraft; erklärt, die einer auf wissen beruhenden
leitung bedarf, um sich in zweckmäsziger weise geltend zu machen,
die liebe ist also nicht eine ausschlieszliche und directe Wirkung der
gottheit, aber doch insofern göttlicher art, als alle träger des $pu)C
jene kraft nicht aus sich selbst erzeugen, sondern von einer höhern,
übergeordneten, also göttlichen macht empfangen ; anderseits ist sie
kein rein menschliches thun, nimt aber doch auch die menschliche
thätigkeit dadurch in anspruch , dasz das wissen , möge es sich mit
der Unterscheidung der entgegengesetzten kräfte oder mit der er»
Zeugung der guten kraft und der Verwandlung der schlechten in die
gute beschäftigen, von Eryx. als das menschliche element des eroti-
schen processes bezeichnet wird : denn der arzt, dermusiker, der astro-
nom, ja selbst der Wahrsager ist nach seiner darstellung auf die eigne
Wissenschaft angewiesen, ipwc ist also auf Eryx. Standpunkte ein
trieb, denn unter dem triebe verstehen wir eben eine von gott ge-
gebene naturbestimmtheit, die zugleich durch menschliches wissen
und wollen bedingt wird und mithin der ein Wirkung des mensch-
lichen thuns zugänglich bleibt, dasz fpujc eine von gott in alle
Wesen gelegte kraft ist, nimt den gedanken des Phaidros wieder
auf; dasz aber die^e kraft dem menschlichen wissen und können
unterliegt, rückt die liebe in die Sphäre des menschlichen handelns
hinein, so hat Eryx. die diametralen anschauungen seiner Vorredner
ausgeglichen und zuerst, wenn auch ohne ein bewustsein des wahren
17 Hh dies bei der lesart ö bk iT€pi TäyaOÄ ^€TÄ cuKppocOviiC Kai
6iKaioci)vT)c diroTcXoOnevoc xal irap' V||Litv xal irapd Ocotc, oötoc t^iv
|Li€TicTriv bOva^iv €xe\ (188«*) entstehen- würde, will Hug die worte xal
irap' i^iLitv xal irapd Oeoic streichen, während er früher (s. s. 222) daran
dachte, sie hinter ^x^i zu setzen, vielleicht genüpft die Umstellung von
OÖTOC (ö 6^ . . diTOT€XoO^€voc « oÖTOC Kttl . . ^x«) , das hinter diroT£-
Xou|Li€voc leicht ausfallen konnte und dann an falscher stelle in den
text kam.
650
CSchirlitz: die reikeafolge der filnf
wertes beiner definitioD^ die erkenn inis aasgesprochen, dasz sieb in
der liebe göttliches und menschliches wirken vereinigen, seine Ver-
mittlung leidet aber an neuen bedenken und verlangt daher die fort-
fübrung der unterduchnng auf grund des gewonnenen reäuttates*
Zunächst erregt das Verhältnis anstosz, in dem bei dieser auf-
fassung das göttliche und menschliche element zu einander stehen.
wenn wir nemlich ?agen, es liege im wesen des triebes, dasz er^ ob-
wohl göttlichen Ursprungs, doch durch den vernünftigen willen des
menschen beher^cbt njnd geleitet werden müsse, was selbstveratänd-
lich auf den men-ch!ichen trieb beschränkt ist, so soll damit nur ge-
meint t«ein , dasz die entartung der ursprÜDglich guten und zweck-
mäiszigen triebe eine folge der menschlichen schwäche und die
herstellung ihrer ursprünglichen, gottentstammten angemessenheü
eine an den men^chlicben willen gerichtete forderung ist. anders
gestaltet sich die sache , sobald das göttliche, wie es hier geschieht,
erst durch menschliche hilfe vervollkommnet werden musz. es er-
klärt sich zwar dies Verhältnis beider selten sogleich aus der an-
nähme des doppelten ^puJC, mit der Eryx. dem Fau&anias gefolgt
ist; aber der doppelte epuJC des Pausanias ist, wie sich gezeigt hat,
in Wahrheit das menschliche handeln^ das gerade als i^olches ent-
weder gut oder schlecht ist wird aber die liebe als eine in alle
Wesen geltgte treibende kraft, mithin als etwas göttliches, dargestellt,
wie es in Eryx. rede geschieht, so können wir sie nicht als gut oder
schlecht, vollkommen oder unvollkommen denken, vielmehr er-
warten wir, dasz der trieb als ein ausflusz göttlicher kraft auch nur
gut und zweckmäszig , seine entartung aber und jede krankhafte er-
scheinung nur eine folge der schwäche der menschlichen natnr und,
soweit es sich um das reich des unpersönlichen handelt, eine Wirkung
des zusammentfüffens äusserer hemmnlsse ist, woraus sich ergibt
dasz die Verwandlung des falschen triebes in den richtigen gerade
die Wiederherstellung der ursprünglichen göttlichen absieht sein
mu.sz, i^ei es dasz es dazu eines dem willen der gölter entsprechenden
sittlichen lebens oder der besettigung derjenigen umstände bedarf,
die in den cui^ara der menschen und tiere, den q>uTä und |i€T€uipa
die Störung des normalen von der weltordnenden macht verliehenen
triebes verursacht haben, die Zwiespältigkeit de;» fpujc verträgt sich
also nicht mit seiner göttlichen natur, sie \Uii aber auch die be-
schaff enheit des triebes selb<$t nicht erkennen: denn der trieb txm&i
der trieb su etwas , und 6in trieb der trieb zu etwas einheitlichem
sein, welches ist aber dies eiDheitliche ziel? die menschliche auf
wissen beruhende techniki die Erjx* als mitthätig darstellt, ist aller-
dings stets auf die erzeugung des guten und auf die ahwehr des
geblechten fpujc bedacht (s. 186^ Kai 6 |ii£TaßdXXeiv iroiuiv . .
bripioupTÖc] ; in den dingen selbst aber liegen entgegengedetate
neigungen, so dasz ^paic ebenso sehr die richtung auf den natnr-
gemäszen als auf den naturwidrigen zustand ist, jener ist naell
Eryx« die eiutracht der gegensätze: dies wird von dem redner aller-
1
erBten reden in Piatons Symposion. 651
dings nur an einigen gebieten genauer nachgewiesen, doch läszt sich
der gedanke insofern auch auf das sittliche leben ^^ übertragen, als
das richtige verhalten für die zwischen den extremen liegende mitte
gelten kann, ein drittes bedenken endlich entsteht durch die aus-
dehnung; die der Wirksamkeit des ^puc gegeben wird, und zwar
deshalb , weil Eryx. damit 1 ) den doppeleros auch da wirken läszt,
wo nur eine menschliche diriCTriiLiTi , nicht aber die kunstverständige
leitung des brmioupTÖc möglich ist, 2) den besondern gegensatz des
liebhabers und geliebten in das allgemeine Verhältnis der ^vavTia
verwandelt.
Diese bedenken können aber nichts an dem ergebnisse seiner
rede ändern, das wir in dem satze zusammenfassen: Ipujc ist eine
Vereinigung göttlichen und menschlichen weaens, dh. ein trieb; der
trieb beruht (seinem begriffe nach) in dem verlangen nach dem was
man nicht besitzt, dies verlangen setzt also bei dem der es hat einen
mangel der eignen natur und die möglichkeit ihrer ergänzung durch
das fremde voraus. '• ist dies richtig, so erwarten wir, dasz der fort-
gang der Untersuchung an diesem resultate festhält, zugleich aber
eine erledigung derjenigen bedenken bringt; die aus dem Verhältnis
des göttlichen und menschlichen Clements, aus den entgegengesetzten
ricbtungen des triebes und aus der ausdehnung erwachsen sind , die
Eryx. für die Wirksamkeit des ^puJC in anspruch genommen hat.
wie es aber der Schriftsteller in frühem reden verstanden hat dem
leser über den mangel der jedesmaligen auffassung eine aufklärung
zu geben, ohne dasz dieselbe dem redner selbst zum bewustsein
kommt, so läszt sich, glaube ich, auch in der rede des Eryx. die
stelle bezeichnen , in der derselbe, ohne es selbst zu wissen, auf den
mangel seiner darstellung hinweist, als begeisterter anbänger seiner
Wissenschaft macht er den £pujc zu dem groszen arzte der mensch-
heit und der weit, der überall in der natur die durch das Übermasz
des krankhaften triebes gestörte gesundheit wiederherstellt; zu
diesem zwecke dehnt er die Wirksamkeit des £pUJC Über das welt-
ganze aus und sieht in dem widerstreite der naturkräfte nur die be-
thätigung der erotischen triebe, wenn er nun aber, wie oben ge-
zeigt ist, wiederholt aus dieser betrachtung herausgeht und nicht
nur bei der betrachtung der musik und astronomie die bedeutong
hervorhebt, die der ^pujc für die menschen hat, sondern auch am
ende seiner rede nochmals sagt, die liebe, welche dem guten mit
masz und gerechtigkeit nachtrachte, verschaffe dem menschen
^s gleich der anfang der rede des Eryx. (186* 6ti bk oö ^övov
dcTlv ^Tii TQtc Hiuxalc Tuiv dvOpiüiiuJV npöc toOc koXoOc) läszt erkennen,
dasz Eryx. eine Wirksamkeit des ^piuc auch im sittlichen gebiete statuiert.
I* dasz der trieb ein verlangen ist, spricht Eryx. durch die Identi-
fication der begriffe ^pdv und ^iriGu^ctv 186^ aus; dasz nur ein fremdes,
nichtbesessenes verlangt werden kann, liegt in den worten tö bi dvö-
ILioiov dvo|Lioiu)v dtri6u)i€t xai kpä; die bedürftigkeit der natur und die
möglichkeit der ergänzung ist eine von Eryx. nicht ausgesprochene,
aber notwendige Voraussetzung.
652
CScbirlitz : die r^iheufolge der fSnf
jegliche glQckseligkeit, so macht sich auch bei ihm, wiewohl im
widersprach mit seiner sonstigen auäfühning» die wabrbeit geltend«
dasz die eigentliche Wirksamkeit des fpujc auf das menschliche leben
beschränkt ist. wir können erwarten dasz
die rede des Aristopbftnes
diesen gedaoken ausführt; wir dürfen aber gleichzeitig hoffen, dasz
sie dadurch auch die Übrigen bedenken erledigt, die der rede dea
Eryximachos anhaften. Aristophanes bemerkt üiunäcb^t, er werde
in anderer wei^e alb Eryximaclios und Paubanias sprechen**" die
menschen, Bagt er, haben die macht des ?pu>C nicht wahrgenommen,
sonst würden sie ihn mit den grösten tempeln, altären und opfern
geehrt haben, denn er ist der menschenfreundlichste gott, da er ein
beistand und arzt der ment^chen bei solchen leiden ist^ durch deren
beilung dem menschengesehlechte das gröste glück widerfährt.'^ zur
Würdigung seiner macht bedarf es der erkenntnis der (ursprüng-
*° hierzu sngt Hug s. 87, AristopUftneB bestätige die von Erjxi«
machüfl (188* f\ et ttujc ÄXXtuc ^v vi|j Ix^xc ix^wit\6l£iv töv 0€6v) mit-
gesprochen e verrautiiug^, und \u der that könne e» keinen schärfero
coDtrast geben ala zwis'hen der trockenen, gelehrten rede de8 Eryxi-
maehos und der pb an t&sie vollen aasfuhriiag dea Arittopbanei. oan
bebt allerdings Ariatophaoei den abweicbeuden ton seiner rede nicht
nur um ende hervor (193^ dXXoloc f) CÖc), aondero erklärt auch ichoa
im Vürß;efiprlich, er meide daa spHBzhnfte (ycXolov) nicht, das freilieb
nicht lächerlich (KaTaT^XacTov) werden dürfe, da es eine ifabe setner
muse aei. bedenkt man aber, dn^z »ich Ariatopbanea in gegenaatx tu.
Erjximaehos und PauäaDias scta^t, und dasz der Platoniache auadruck
nicht selten einen ticabsichtt^ten doppelainn enthält, so liegt die an-
nähme nahe, Aristophnnes weise ao^letcb d^n gedauken ab, der gerade
von diesen beiden rednern durchgeführt ist, dh, die vorsteltnng eine«
^uten und schlechten IpujC. jedenfalls stimmt das tdp i^^ol T^p ho^
Kodci . 0 besser zu dieser annähme als su dem bloasen hiawetsti auf
den heitern Ion, den er anschlagen werde. *' gewis ist der ausdroek
tarpdc eine scherzhafte anspitjlunj^ siuf das von Eryximachoa 186 •—*
gesagte, aber der achers kann auch hier eine ernate seite haben, ta-
mal in PlaCgni sinne, denn im Gorgiaa 464*>ff. wird die iatrik aU
negative, abwehrende kunst dargestellt, wührend die entsprechende posi-
tive und priticipgeniilsx entw^tckelnde tbätigkeit der gymnastik angeb5rl.
nun bat zwar aoeh V.xyx, denjenigen einen guten praktiker genamity
der den schlechten Ipwc in den guten an verwandeln wisse (186^)» aber
er bezeichnet ebd. auth die erzengiuig des (guten) ^pu»c als eine i&nt-
liehe aufgäbe und hat vorher (186 ''i von einem fpujc im gesunden ge*
aproehcn. soll man nun die macht dea Ipuic (gerade ans der heilknod«
kennen lernen, wie Eryx. mit den Worten KaOcuipaK^vat . . irpäy^TO
erklärt but, und besteht die aufgäbe der heilkonde nar in der abwehr
der leiden« so kann es eben im gesunden keinen {pinc geben, mein
fpufc, will Arihioph. demnach sagen, i^t in Wahrheit der nchlige arst,
denn nar er hat es allein mit der abwehr von Übeln an thnn. damit
würde denn sofort antredeutet werden, dnsz die liebe nicht ein im ge*
Bunden wurzclnrter trieb sein kann, bei dem aleb die menschliche tbJltig-
keit auf das (ir(ctoc6ai oder biapT^d^CKCiv beschrankt, oder, waa daa-
selbe ist, dasr en eine doppelte liel>c in der art, wie oie Erjx. und
Paus, angenommen babeu, dh, einen eiitg<*geiigMetsten lpU)C nicht gibt.
ersten reden in Platons Symposion. 653
lieben) menschlichen natur (9äcic) und dessen was ihr spttter wider-
fahren ist (Tra6rj)LiaTa). die 9UCIC der menschen wies anfangs drei
geschlechter auf, das mttnnliche, weibliche und ein aus beiden zu-
sammengesetztes, das jetzt nur noch dem namen nach vorhanden ist.
dabei waren die menschen von runder gestalt, hatten doppelt so viel
glieder als jetzt, einen runden hals und an 6inem köpfe zwei ge-
siebter, die dreizahl ihrer geschlechter , ihre gestalt und ihr gang
erklären sich aus der ähnlichkeit mit ihren stammeltenii der sonne,
der erde und dem monde. auch hatten sie gewaltige kraft und
stärke , waren stolzen sinnes , wagten sieb selbst an die götter und
versuchten den himmel zu ersteigen (189^ — 190*). um nicht der
ihnen zustehenden ehren verlustig zu gehen , sahen die götter von
einer Vernichtung des menschengeschlechtes ab; wohl aber teilte
Zeus jeden der bisherigen doppelmenschen, damit er ihn durch
Schwächung gefügig mache und gleichzeitig durch die vermehrte
zahl an ehren gewinne, in je zwei hälften, wobei er dem Apollon
befahl das gesiebt nebst der halshälfte nach der Schnittseite umzu-
drehen, die haut auf dem leibe zusammenzuziehen und die wunde
zu heilen, so wurden die menschen durch den auf den schnitt ge-
nebteten blick und die zurückgebliebenen nabelfalten fortwährend
an ihren frühem zustand erinnert, die folge war, dasz die hälften
aus Sehnsucht sich suchten; umschlangen und; weil sie in ihrem
halbierten zustande auf ernährung und thätigkeit verzichteten, dem
tode verfielen, da gewährte ihnen Zeus aus mitleid die möglichkeit
der Zeugung durch begattung; so ward durch das zusammentreffen
zweier hälften, die den beiden nunmehrigen geschlechtem ange-
hörten, die fortpflanzung des gescbleehtes ermöglicht'*; trafen aber
zwei männer zusammen ; so trat doch wenigstens eine Sättigung des
Zusammenseins und darum auch wieder eine beteiligung an den ge-
schäften des lebens ein. dies also sind die TräOri der menschen, f pu)C
aber; seit jener zeit den menschen eingepflanzt, ist der wiederher-
steller ihrer frühern natur, indem er aus zweien eins zu machen und
die natur des menschen zu heilen versucht (190* — 191 ^). weil aber
jeder seine hälfte sucht, so gibt es nach dem ursprünglichen ge-
schlechte des ganzen , dem die hälften angehören, eine dreifache art
des £puJC, die sich in den drei formen der fivbpec 9lXoTUVaiK€C und
TUvaiKec 9iXavbpoi , der ^raipicTpiai und der dem alter nach ver-
schiedenen iraibepacrai und qpiXepacrai darstellt, die pbilerasten
" an den Worten y^TVOITO tö t^voc (191*) hat Hag nichts geändert,
während von andern Seiten textverbesserungen für nötig erachtet wurden,
er hält tö t^voc für das 'menschengeschlecht in der neuen, gegen-
wärtigen form', so werde der artikel erklärlich, einfacher würde es
freilich sein, wenn y^voc in dem allgemeinen sinne '(menschliche)
gattung' genommen werden könnte; und da es sich, wie auch Ver-
mehren (Platonische Studien s. 72) glaubt, nur nm die erhaltung der
gattung handeln kann, würde dem gedanken mit öiaTixvoiTO TÖ y^voc
genügt sein, falls man nicht, was von andern (Vermehren j geschieht,
den fehler in T^voc sucht.
654
CSchirliti: die rftiheöfolge der fünf
zeichnen sich durch tapferkeit und mannhaftigkeit aus, we&balb
auch nur aus ihnen die Staatsmänner hervorgehen^*; allen gemein-
sam aber ist die Sehnsucht nach der hälfte, besonders der eignen
hfilfte eines jeden; treffen sich also die beiden hälften irgend eines
ursprtlnglichen ganzen, so werden eie von Zuneigung, anbängHchkeit
und liebe (<piXiqi le KCl oiKeiötriTi Kai ^pu>Ti) wundersam ergriffen
und wollen auch nicht für einen aagenblick von einander lassen,
fragt man sie aber^ warum sie zusammen sein wollen, so können sie
es nicht sagen : denn nicht am der (iq)po6icituv cuvouda willen ge-
schieht es, vielmehr will ihre seele etwas anderes, das sie nur in
rätseln und ahnungen anxutleuten, nicht auszusprechen vermag, weil
eben die macht der liebe unaussprechlich ist. ihr verlangen ist die
denkbar innigste nnd dauerhafteste Vereinigung während des lebens
und über dasselbe hinaus, grund desselben die ursprüngliche be-
schaflenbeit der menschlichen natur, fpujc mitbin verlangen und
streben nach dem ganzen: imOu^ia Kai btouEic ToO ÖXou (191** —
19^ *)♦ sind wir aber, fähii, der redner zur parflnese überleitend
fort, um unserer dtbiKia vrillen in hälften zerlegt, so steht zu be-
fürchten, dasz wir bei zuchtlosem wandel nochmals gespalten wer-
den, was Zeus sogleich bei dem ersten strafaet in aussieht gestellt
hatte (190^J. daher müssen wir jeden zur gottesfurcbt ermahnen,
dann werden wir der nochmaligen Spaltung entgehen und die wieder*
Vereinigung erlangen^ zu der ims lpu>c führt, ihm darf niemand
zuwiderhandeln^ das aber thut nach dem gesagten, wer sich den
gQttern überhaupt misfällig macht, stehen wir mit ihnen in gutem
vernehmen, so werden wir den geliebten finden, der mit uoi sta-
sammengehört , was jetzt nur wenigen gelingt, nicht mit rücksichi
auf Pausanias und Ägathon, fügt Aristophanes scherzend hinzu^ sag«
er dies , sondern das gröste glück bestehe eben darin , dasz die liebe
an ihr ziel käme und ein jeder, indem er seinen geliebten fUnde, tut
ursprünglichen natur zurückkehre, unter dem jetzt möglichen aber
sei das beste, wa;? jenem zunächst stehe, nemlich einen geliebten zu
finden, wie er jedem nach dem herzen sei. mit recht, schlieszt der
redner, preisen wir daher den fpUJC, der nns schon jetzt viel gute«
erweist, indem er uns zu dem verwandten hinführt, für die zukunft
aber, falls wir uns der gottesfurcbt befleiszigen , die berlichste boff*
nung gewährt, durch Wiederherstellung unserer Ursprung! tclieli
natur und heilung unseres Schadens uns selig und beglückt zu machen
Aristophanes bat als dichter seinen vertrag in das gewand dea
mjtbos gekleidet und als komiker dem heitern element (teXoiov)
in der durch fübrung seiner erzählung einen weiten i^pielraum ver>
staltet; aber wie der factiscbe bergang in dem mythos stets nur da«
mittel abgibt, dessen sich der dichter znr veranscfaaulichung der
idee bedient^ und auch das komische nur eine bestimmte und zwar
** über den iroui«icbi*n stnn dieses lobea a, Hog 8. %^ (,
m
■■■
ersten reden in Piatons Symposion. 655
diejenige erscheinungsform der idee ist, bei der die endliche erschei-
nung der idee gegenüber sich in ihrer nichtigkeit aufhebt und doch
zugleich in eigentümlicher Selbständigkeit behauptet, so müssen wir
annehmen, dasz der dichter auch hier nicht nur eine bestimmte idee
ausspricht, sondern auch das scherzhafte detail seiner rede in der
hauptsache mit besonderer absieht verwendet, worin besteht nun der
grundgedanke seiner auslassung, und inwiefern fuszt er auf der idee
seine« Vorredners? dieser hatte den fpujc als einen im mensch-
lichen, animalischen und vegetabilischen leben, überhaupt in allen
kreisen des kosmos thätigen trieb gefeiert und zuerst das im begriffe
des triebes liegende verlangen als qualität des Ipwc ausgesprochen.
Aristophanes eignet sich diese Wesensbestimmung der liebe zwar
nicht ausdrücklich aber thatsächlich an, wie er denn überhaupt nicht
mit einer polemik gegen die behauptungen des Eryximachos be*
ginnt. £pujc ist nach der erklSrung des redners dem menschen (wie
alle triebe) eingepflanzt (^jiiqpuTOC 191 ^); seiner natur nach ist er
ein sehnen (ttoöoOv^* ?KaCTOV . . HuvcTvai 191*), ein begehren,
verlangen, wollen (d7ri9u|LioövT€C Hu|Li9Övai 191^, äpd T€ ToObe
^7n6u|Li€TT€ 192*^, el yoip toutou dTTiGujLicTTC 192«, ei toütou
dpäxe ebd., ovb' fiXXo ti Sv q)av€iri ßouXöjuievoc, dXX* diexvcöc
oToit' äv dKiiKO^vai ..8..d7r69u|Liei ebd.), bei dem es auch eine
befriedigung (7rXT]C|Liovr| 191^) gibt; er ist, wie der redner ab-
schlieszend sagt, eine d7ri9u|Liia und biujSic (192«), aber über
dieses formale merkmal des begriffes reicht die Übereinstimmung dea
Aristophanes mit seinem Vorredner nicht hinaus, zwar ist es eine
schon im begriffe liegende, also logische consequenz, dasz das ver-
langen nach etwas das nichtbesitzen dessen einschlieszt , wonach
man verlangt; und es kann insofern diese consequenz auch aus der
lehre des Eryximachos gezogen werden; aber ausdrücklich hat sie
Eryx. selbst nicht gezogen, vielmehr nimt er den im gesunden und
kranken haftenden trieb aus der erfahrung auf, ohne auf die ent-
stehung desselben einzugehen, wollte man sagen, was Eryx. fpiuc
nenne, sei nichts anderes als der Selbsterhaltungstrieb, so wider-
spricht dem die annähme eines ungesunden Ipujc: denn da £pu)C
eine in den dingen liegende kraft ist, würden sie nicht nur den trieb
zur Selbsterhaltung, sondern auch den selbstvernichtungstrieb be-
sitzen, ebenso wenig hilft es, das im fpujc vorhandene verlangen
aus dem Verhältnis der ^vavTia zu erklären, mithin den mangel, der
jenem verlangen zu gründe liegt, auf die natur der beiden Seiten des
äuszersten gegensatzes zurückzuführen : denn erstlich hat Eryx. nir-
gends die einsei tigkeit der dvavTia ausdrücklich als den grund ihres
gegenseitigen Verlangens angegeben, vielmehr begnügt er sich mit
der bemerkung, man müsse liebe und freundschaft zwischen dem
bewirken, was im körper das feindseligste sei (186**); sodann würde
'^ hierfür dTTÖGouv Usener, i-nöQovy ^xacToi Tifi r||Li(c€i t^ aÖToO
Huveivai Vermehren Plat. stinlien s. 71.
656
CSch-irlitz; die reihenfolge der fünf
eich dtr angesunclp epujc auch mit dieser erklärung nicht vertra^jeii,
weil er sich nur aus dem verlangen des ^vaVTiOV nach j^ich selbst,
nicht aber au3 dem verlangen des evavTiov nach seinem ^vavTlov
herleiten lä^zt, wie etwa krankheiten des körpers und ungüngtig©
Witterung durch das tiberwiegen des feuchten oder trockenen, mig-
töne durch das übergewicht des tiefen und hohen entstehen, man
sieht, Eryx. bat die entstehung des triebes unerklärt gelasRen; erst
Aristophanes erklärt sie: weil die natur der menschen, sagt er, froher
©in© andere war als sie jetzt ist, und weil sie ihre jetzige bescliatfen»
heit als einen mangel empfinden, trachten sie danach ihre frühere
beschaffenbeit wiederzuerlangen- IpuuC ist also der trieb nach weseni»-
ergänzung, ein verlangen nachdem ganzen (^möupia Tou 6Xou
192*')t dem der menäch als die häUte dessen, was er gewesen ist und
sein .«ollte, wieder anzugehören begehrt.
Aber der lujthos, den Aristophanes vorträgt, erklärt nicht nur
die exi!>tenz des ^paic, sondern auch die den Zeitverhältnissen des
redners entsprechenden arten desselben (191*^ — 192 •* dcTTOlöjLievoc)
und die zu allen zeiten bewährte macht der liebe als einer indivi-
duellen neigung {192^^-"). die genetische erklärung, die Aristo-
phanes von der liebe gibt, bedingt nun auch den fortschritt, den die
Untersuchung mit seiner rede macht: denn wie Eryx., weil er den
grund des fpujc unerklärt läszt, auch das ziel desselben nicht ansu*
geben vermag, so ist Aristophanes durch die erkenntnis seiner enU
btehung auch zur angäbe dessen beftihigt, was in der liebe erstrebt
wird, zwar ergibt sich auch ans des Eryx. darstellung, dasz der go-
sunde fpujc ein zweckentsprechendes « sachgemäszes verbalten der
dinge hervorbringt (s. zb. 188*, wo frucbtbarkeit und ge^undheit
als folge der dp^ovia und Kpäcic ciicpptuv des feuchten und trockenen
bezeichnet werden); da aber der ungesunde fpu>c, der doch auch
eine erscheinung des ^pUJC ist, das entgegengesetzte bewirkt, bleibt
die frage nach dem, wozu alles liebende den einheitlichen trieb hat,
auf dem Standpunkte des Eryx, unentschieden, diese entscheid ung
gibt Aristophanes; ihm ist fpuuc der wiederbersteller der frühem
menschlichen natnr, bei der die menschen abgesehen vom köpfe und
den eitremitäten die gestalt einer kugel und die doppelte zahl der
gegenwärtigen gliedmaszen hatten (189* ^TTeiTa 6Xov — 190» die
. . CtKCtcetev), sich kreisförmig fortbewegten, an kraft und st&rke
ausgezeichnet waren und vermöge eines hohen selbstbewustaeiiis
sich den göttem gleichstellten (190'* n€piq)€pf^ . . 8€0?c), alle züge
dieser bescbreibung sind bestimmt den anfänglichen zustand dee
menbchengeschlechtes über den jetzigen zu erbeben, da.^?, die kugel
die schöubte gestalt, die kreihförmige dreh ung aber die beste uller
bewegungen igt, hören wir von Platoti auch sonüt.*^ die doppelte
•* Tim. SS'* cxf^Ma hi fbuiKcv aÖT^ip t6 irpctrov koI t6 Ivrt^vic»
T<f> bi lä irdvT* ^v aÖTCp tsuvra ircpUx^iv ^^XXovn 14»*+» wp^irov dv clii
Cif\}XQ t6 ir€pi€iXr]qp6c ^v aöiij» ndvia öirdca cx^M^ra bi6 %a\ C(paipO'
cib^c, iK n^cou TtdvTT) iipdc tAc TcXeuTdc tcov dir^xov, KuicXoT€p4c a^^
ersten reden in Platons Symposion« 667
zahl der glieder musz natürlich eine gröszere beweglichkeit und
stärke verleihen ; aus dieser entspringen dann die |üi€TOtXa 9pOV/i-
|iaTa, mit denen sich die menschen an die götter wagen, endlich
würde Zeus nicht eine abermalige Spaltung der menschen als strafe
für fernere dbiKiai in aussieht stellen, wenn sie nicht gerade so eine
herabsetzung des gegenwärtigen zustandes der menschheit bedeuten
sollte, wie die erste teilung der menschen eine Schwächung ihrer bis-
herigen qpucic in sich schlieszt. so erscheint ^pu)C in des Aristophanea
rede als der dem menschen eigentümliche trieb nach Voll-
kommenheit, drei punkte aber sind es, in denen sich dieser satz
von dem resultate der vorhergehenden rede unterscheidet, denn
Ipujc ist nach Aristophanes 1) ein einheitlicher, 2) ein menschlicher
trieb , 3) der trieb nach Vollkommenheit, nun ergibt sich zwar so-
fort, dasz diese drei bestimmungen zu einander in beziehung stehen :
denn wäre £puJC nicht einheitlicher natur , so könnte er nicht ein
streben nach Vollkommenheit sein, und ebenso kann er als streben
nach Vollkommenheit nur ein menschlicher trieb sein , wie er auch
umgekehrt , wenn er nicht ein menschlicher trieb wäre , nicht das
streben nach Vollkommenheit sein könnte; es fragt sich aber^ wie
wir uns das Verhältnis der bedingtheit denken sollen.
Diese frage kann hier nur im sinne der vorliegenden Unter-
suchung beantwortet werden, wenn daher von den erklärern mehr-
fach hervorgehoben wird , Aristophanes habe den begriff der liebe
auf das menschliche gebiet zurückverlegt*', so ist das zwar richtig,
läszt aber noch nicht den fortschritt der Untersuchung , der sich in
seiner rede vollzieht, erkennen, ein fortschritt in der erkenntnis der
liebe war aber nur dadurch möglich, dasz die Unbestimmtheit be-
seitigt wurde, die in dem satze des Eryximachos verblieben war.
Eryx. hatte den fpujc für einen trieb erklärt; der trieb ist aber ein
relativer begriff: denn wir fragen, wenn £puiC ein trieb ist, wozu er
der trieb ist, und Aristophanes antwortet, er sei der trieb nach voll-
^TOpveOcaTo, TrdvTuuv TcXeii^xaTov öiiioiÖTaTÖv t€ qOtö lauxCp cxn-
jxdTUJv, vo|Li(cac ^vpiijj xdXXiov 6|lioiov dvo^oiou und Tim. 34« K(vT)av
yäp dTr^v€i|ui€v aÖTtp Tfjv toO CLÜ|uiaT0C olneiav, xdiv knrä Tf|v irepl
voOv Kai qppövriciv {LidXiCTa oCicav. wenn Aristophanes gestalt and
bewegung der menschen dann aus der ähnlichkeit mit ihren eitern (der
sonne, der erde, dem monde) erklärt (iT€pt9€pf) . . ö^oia €Tvai), so
läuft diese 'mystisch gelehrte begründung, wie nahe auch eine derartige
beziehung gelegt war, nur auf die persiflage der gelehrsamkeit seiner
sophistischen Vorgänger hinaus' (Hug s. 90) und kann nichts an der
thatsache ändern, dasz es dem redner lediglich darauf ankam, die ar-
sprüngliche cpOcic der menschen in ein möglichst günstiges licht zu setzen.
'^ s. Zeller Plat. Qastmahl s. 101: 'Aristophanes faszt den begriff
der liebe, den Eryx. in eine naturphilosophische allgemeinheit zu ver-
flüchtigen geneigt war, wieder in seiner anthropologischen bestimmt-
heit' und Steinhart IV 234: 'so wird die liebe von den ins ungemessene
scb weifenden gedankenspielen des Eryx. auf ihr eigentümliches gebiet
zurückgeführt und eine anthropologisch-physiologische entwicklung ihres
begriffes angedeutet, wovon Phaidros und Pausanias noch keine ahnong
hatten.'
Jahrbücher für class. philol. 1893 hft. 10. 42
CScbirlitx: die reihenfolge der fSat'
kommenheit. darin liegt due fftiilicb« dasz fpujc nur ein einbeit-
licher und nur ein menschlicher trieb ist, nicht ein solcher der ^v
TTttci TOic oöci (186*) hervortritt, hiermit ist der doppelte £pu>c
des Eryximacbos überwunden und zugleich die richtige an schau ung»
welche sich auch schon bei ihm geltend machte, als er im Wider-
spruch mtt dem grundgedanken seiner rede die bedeutung hervor*
hobf die der (music all sehe) Ipuüc für die menschen hat, zu
ihrem rechte gelangt, ferner aber ist erst jetzt der trieb auf die
seinem begrifiTe entsprechende weise gefaszt. in allgemeiner bedeu-
tung ist er eine in das seiende von gott gelegte kraft , die tu ihrer
äuszeruDg der mitwirkung ihres trägers bedarf, diese mitwirkun^
entspricht der stufe, auf der das seiende steht, so soll der mensch iii'^
der beihtitigung seiner triebe anders verfahren als das unpersönlich-
seiende f wenn er auch dieser forderung oftmals nicht entspricht^
jedenfalls aber erwarten wir, dasz der träger der kraft ihr selbst 2 ux
Äüszerung verhilft; dies gilt jedoch bei Eryx. nur für diejenigen ge-
biete, wie zb. das der /jiet^ujpa, auf die der redner seine tbeorie nicht
ausdehnen konnte, da dieselbe gerade darin besteht ^ dasz er neben
die träger des triebes eine die äuszerungen desselben teils hervor-
bringende, teils regulierende menschliche thätigkeit setzt, mithin
was in öiner person vereinigt sein SüUte, an zwei subjecte verteilt*
erst durch Aristophanes gewinnen wir die vermiszte Identität der
person^ sein IpuüC ist zunächst ein trieb: denn die cpuctc der men-
schen» aus der der ^puJC bervorgeht| ist von gott bestimmt und zwar
in der spräche des mythos durch den strafact» zu dem sich Zeus ver-
anlaszt hiebt; ^puic selbst aber kann nur durch diejenigen, in die er
gelegt ist, zur erscheinung kommen, dazu aber bedarf es nicht mehr,
wie bei Eryi[imacbos, eines T^xviKÖc oder npaKTiKÖc, vielmehr sind
die, denen der trieb verliehen ist, dieselben welche ihn äuszern nni
in zweckentsprechender weise, wie sie Aristophanes 191*** he
echreibt, zuerst durch Umarmung und umschlingung (TTCpißdXXov-
lec Tctc xttpac xai cuiiirKcKÖMCvoi dXXriXoic), dann, als Zeus ihnen
die tähigkeit dazu verlieben hatte, auch durch zeugung (TtVViJüVTCC)
£U befriedigen suchen.
So werden die Schwierigkeiten, denen wir in dem vortrage des
Eryximacbos begegne! en, durch die rede des Aristophanes gehoben ;
aber auch dessen darsteltung legt ein bedenken nahe und führt da*j
her über sich hinaus, denn wenn IßWQ der den menschen angeborenf
trieb nach Vollkommenheit ist, so fragt sich, ob^ was Aristophane
Vollkommenheit nennt, dem begriffe des vollkommenen entspricht^
zwar ist es nur eine folge des mythos, dessen er sich bedient, da
er den vollkommenheitszustand in die Vergangenheit verlegt: da
^zeitlose ansichsein' mnsz bei dieser form als 'zeitliches vorhersein* "
»' StiBemihl im PhiloL VI 186, Ähnlich Steinhurt IV' *2:J5; Mi et wird
gaDs in der weis© des mythos, der zeitlich oder rltumlich tren&t, wm
suiammengebört^ aU die cewnlt^ame serstÖniDp eines frühertit voll»
kommenern sastandea der meuschhelt ditrgiistellL'
ersten reden in Piatons Symposion. • 650
erscheinen, und die ursprünglichen doppelmenschen bezeichnen dem-
nach die 'idee der gattung, in welcher sowohl die geschlechtsdifferenz
als die Vereinzelung der individuen aufgehoben ist' (Sasemihl ao.).
aber ist nun hierin die Vollkommenheit enthalten, deren der mensch
fähig ist ? Aristophanes stellt den £piuc als den vereiniger der an-
fänglich vereinten, nun getrennten geschlechter dar (191^ |üi€Td9r|K€
. . TiTVOiTo TÖ T^voc. 191 ** 6coi jiifev oöv . . jucixcOrpiai) und macht
ihn damit allerdings insofern zu einem streben nach Vollkommen-
heit, ^als es schon darum keinen vollkommenen menschen geben kann,
weil jeder entweder als mann oder als weib existiert''^; die einheit
der geschlechter gilt dabei als gattung und diese den geschlechtem
gegenüber als das vollkommene, diese Vollkommenheit selbst aber
bleibt im leiblichen stehen, sehen wir nun von der absieht des
redners ab, die arten oder vielmehr entartungen der liebe ihrem Ur-
sprünge nach zu erklären , so beschreibt er den ^pu)C als den trieb
zum verwandten (192 *> del tö EuTT€vfec dcTroZöjuicvoc) , zum ent-
sprechenden (193 <* de TÖ oiK€iov ätuiv), zum ganzen (192») und
nennt es das höchste glück, dasz jemand seine hälfte finde, das
nächst beste aber, was jetzt möglich scheint, dasz ein jeder den ge-
liebten erlange I der ihm nach sinne sei (193 <^ Xi.'XW hk . . toOto V
dcriv TTaibiKoiv TuxeTv Kaid voOv aöriji 7r€9üK6TU)v). gewis wird
man im hinblick hierauf nicht nur mit den erklärem annehmen
dürfen, dasz er damit die schranke (der leiblichen natur) bis zu
einem gewissen grade überschreite (Zeller Plat Gastmahl s. 101)
und sein absehen auf eine ausgleichung der verschiedenen geistigen
gaben (Susemihl ao. s. 191) richte, sondern auch Zeller beipflichten
können, wenn er die darstellung des Aristophanes das richtigste und
tiefste nennt, was von irgend einem redner auszer Sokrates vor-
gebracht wird , und wenn er insbesondere die worte dXX' dXXo n
ßouXojLievri ^Kai^pou f\ \\fvxi\ briXri iciiv . . alvCrreTai (192<*), in
denen der ernsthafte grundgedanke der stelle am deutlichsten za
tage komme, zu dem tiefsten rechnet, was von alten Schriftstellern
über die liebe gesagt sei (ao. s. 104)**; aber gleichwohl wird man
sich nicht über den wert teuschen dürfen, den die ansieht des Aristo-
phanes für den fortschritt der Untersuchung hat. er sieht in den an-
'^ s. Steinhart IV 344 anm. 46 and das daselbst mitgeteilte, oben
erwähnte citat aas Schwarz pädagogik I 150. " gegen die formn-
lierang des grundgedankens der rede, 'die liebe sei der jedem menschen
angeborene trieb nach ver vollst ändigang darch ein anderes individnom
von d^m geschlechte, dessen er zu seiner ergänzang bedürfe, doch fasse
der redner zunächst nur die leibliche natur des menschen ins ange»
wenn er auch nachmals diese schranke bis zu einem gewissen grüe
überschreite', läszt sich allerdings einwenden, dass, da Aristophanes die
teilung der drei arten der ursprünglichen menschen sogleich neben
einander stellt, mithin die verschiedenartige ergänznng als gleich-
berechtigt behandelt, die Vervollständigung nicht immer durch ein In-
dividuum von d^m geschlechte erfolgt, dessen der mensch zu seiner
ergänzung bedarf.
42*
660
CSchirlitz: die reihenfolge der fünf
geführten stellen den Cpiuc als die Sehnsucht des iDdiyidnums nach
einer geistesverwandten individualität , als den zug der herzen zu
einander an und gibt damit einem gedanken ausdrucke der gewis
das innerste wesen der liebe erschlieszt und gerade der modemea
auffassung entspricht« auch wird dies streben durch die ausgleichung
von mangeln eine bereicherung des gemUtes^ eine erh5hung der Spann-
kraft, kurz jene vielseitige ergänzung zur folge haben^ die der Aristo-
phanische mythoa in dem bilde der ein ganzes bildenden Ursprungs-
menschen veranschaulicht; aber immer strebt doch hier die bestimmte
individualitüt nur nach einer andern individuellen bentimmtheit, und
es wird daher dies streben eine manigfaltigkeit aufweisen, die der un-
endlichen Verschiedenheit der Individualitäten gleichkommt, hierauf
beruht, was man das geheimnis der liebe nennen kann, insofern sie
zwei bestimmte Individuen mit einander verbindet: das ziel, nach
dem sie strebt , ist unnennbar, weil die Individualität selbst zuletzt
unbeschreiblich ist , und die unbegrenzte Verschiedenheit der indivi-
duen eine unendliche Dlanigfaltigkelt der ergänzung in sich schlieszt.
wenn daher Susemihl (Pbilol. VI 192) mit rückzieht auf die voa
Ariätophanes angenammene Verbindung zweier männer oder frauen
erklärt, die vom ^puJC getriebenen vermöchten eben deshalb nicht
zu sagen, was sie treibt (192"^), weil es dem Aristophanes selbst un-
aussprechlich sei, so würde seine bemerkung in genauerer form
lauten müssen : Aristophanes wisse zwar , was jene (in zwei mftnner
oder zwei frauen) geteilten überhaupt erstrebten, nemlich die indivi-
duelle wesensergönzung , wonach aber der einzelne fUr sieh trachte«
wie sich also jene ergänzung in jedem einzelnen falle gestalte^ kdnse
er nicht sagen, weil es überhaupt unsagbar sei. während also in der
leiblichen Sphäre durch die Vereinigung der beiden geschlecbter in
der that die gattung hergestellt ist, wird in der von Aristophanea
symbolisch bezeichneten wesen sergSnzung durch die Verbindung
zweier individtien wohl ein vollkommneres Individuum , aber doch
eben nur ein individuum gewonnen: denn nur auf die individualität
war das titreben gerichtet, nicht auf das allgemeine und also auch
nicht auf das gute an sich, wie förderlich es immer sein mag, wenn
die geistigen kräfte ausgeglichen werden und zwei individuen sich
völlig in einander einleben, deshalb bleibt nun aber auch die wahre
Vollkommenheit unerwähnt, wollte man aber sagen , da f pu)c das
streben nach Vollkommenheit sei, müsse, wenn auch die voUkommeii-
beit selbst nicht erreicht werde, doch wenigstens das erotische stie-
ben für sich genommen, also die äuszerung die sich jener trieb gibt,
eine ent Wicklung vom niedern zum hohem, dh. ein process der Ter^
vollkommnung sein, so wird auch diese erwartung durch das, waa
der redner sagt, geteuscht^ wir hören, wie nach der strafe, die Zeua
verhängt hat, die durch die teilung entstandenen hälften sich nach
einander sehnen, in dem bestreben zusammen zuwachsen sich um-
armen und umschlingen und zuletzt, weil sie in dem zustande der
trennung nichts vollbringen wollen, durch enthaltung von der nah*
ersten reden in Platons Symposion. 661
rung und unthfttigkeit dem tode verfallen seien (191* diT€iöf| . .
191 ** diTUüXXuvTo). da habe Zeus sich ihrer erbarmt und ihnen durch
die )ir|xavr| der t^vvticic i\ öXXriXoic geholfen, beabsichtigt habe
der gott dabei hinsichtlich zweier hälften verschiedenen geschlechtes
die Zeugung und bei der Vereinigung zweier hSlften desselben ge-
schlechtes eine befriedigung des Zusammenseins und die wieder-
aufnähme ihrer menschlichen beschftftigungen (191 ** — 191 <^ dXeiicac
bk ö Zeiic . . dTTijLieXoTvTo). nachdem der redner sodann die durch die
drei arten der doppelmenschen entstehenden vier erscheinungsformen
des Ipujc angegeben hat, beschreibt er jenes rätselhafte und eben
nur aus der dpxotia 91JCIC zu erklärende streben nach einer mög-
lichst innigen Vereinigung, deren zweck keineswegs die cuvoucia
d9pobiciuJV sei.
Halten wir uns an diese darstellung, so hat der trieb nach Ver-
einigung mit der hälfte und nach Wiederherstellung des ganzen die
menschen ergriffen , sobald sie getrennt waren ; sie befriedigen ihn
durch das suchen des r^jLiicu, durch umschlingung und umarmung,
und finden von Sehnsucht verzehrt ihren tod. welche Veränderung
hat nun aber die )ir)xavr| des Zeus, abgesehen von der zeugung, die
sich doch nur auf das dritteil der gespaltenen bezieht, in diesem zu-
stande hervorgebracht? ist etwa das suchen nach der hälfte infolge
des einschreitens des Zeus von anderer art als es vorher war? oder
wird von einem durch die Vermittlung des gottes herbeigeführten
unterschiede in der äuszerung jenes Sehnsuchtstriebes berichtet? der
redner hebt hervor, welche freude es bereite auf die eigne hälfte zu
treffen (192'* ÖTav . . xpövov); aber warum dies und der dadurch
bedingte tibergang aus der dpfict in die thätigkeit erst nach der
hilfe des Zeus möglich sei, ist nicht zu ersehen: kurz in dem gegen-
seitigen verlangen der hälften gibt es keine Veränderung und also
auch keinen fortschritt, den man für eine Vervollkommnung erklären
könnte, ebenso wenig kann die innige und in sich selbst ihr genüge
findende Vereinigung der hälften, die, wie der redner 192** bemerkt,
nichts über ihr Zusammensein hinaus verlangen , für einen process
der Vervollkommnung gelten : denn ein solcher läszt sich nicht ohne
selbsttbätigkeit der beteiligten denken, diese aber wollen gerade in
der ruhe ihrer Vereinigung verharren und nur bleiben was sie sind,
wie sie es einst gewesen sind, nemlich die einheit des ganzen; von
einem werden, einem streben nach einer höhern existenz ist also
auch in diesem zustande der befriedigung des £pu)C keine rede.
Nun scheint es allerdings, als ob Aristophanes zuletzt doch die
eigne thätigkeit der liebenden für die erreichung ihres zieles in an-
spruch nähme, wenn er sagt, es sei zu befürchten, dasz die menschen
einer nochmaligen Spaltung verfallen würden , wenn sie sich nicht
ordentlich gegen die götter betrügen; wollten sie also diesem Schick-
sale entgehen und dem ^puüC seine aufgäbe erleichtem, so müsten
sie gottesfürchtig sein, da, wer sich den göttem misf^llig mache,
auch jenem zuwiderhandle (193*** 9Ößoc . . diT€xOdv€Tai). dass
662
CSchirlitz: die reihenfolge der fünf
der redner bei dieser aufforderung zu sittlicher mitwirkung der
meEhchen an die zukunft denkt und demgemäsz das ziel als ein nur
allmäblich auf dem wege der Vervollkommnung erreichbares hin-
stellt, ergibt sich noch deutlicher ans den folgenden schluszworten
seiner rede (193*=**): 'dem ^puuc» dem v^ir dies verdanken, gebührt
unser lob, denn schon jetzt erweist er uns so viel ffutes, indem er
uns zu dem verwandten^ hinführt, und für die zukunft gewährt
er uns die herlichste boffnung, wenn wir uns der frömraigkeit gegen
die götter befleiszigen, durch Wiederherstellung unserer ursprüng-
lichen naiur und durch heilung unseres Schadens uns zu beglücken
und 2U beseligen.* gleichwohl können auch diese sKtze an dem
resultate der obigen betrachtung nichts lindem : denn Aristophanes
verlegt die gottes furcht oder, nm den gattnngsbegriff zu gebraueben,
die tugend nicht in die liebe selbst hinein und stellt sie daher auch
nicht als die in und mit dem fpujc sich vollziehende Wirkung des-
selben, sondern nur als seine bedingung oder als ein mittel zu dem*
Beiben dar, wie wenn es (nach Susemihls gen. entw. der PlaL pbiU
I 335 richtiger bemerkung) etwas noch vollkommeneres für die
menschen geben könne aU die tugend. so ist nun die gottesfttrcht
zwar vom ^ptuc hervorgebracht, aber ihm doch nicht immanent ge-
worden; sein Inhalt lai nicht eine fortschreitende Vervollkommnung,
sondern jenes leere , in sich beharrende streben nach dem ganzen,
das nicht in worte zu fac^sen ist freilich möchte man glauben, der
redner ahne das selbst, und es schwebe ihm eine höhere Vereinigung
als die mit der hälfte vor, nach der der mensch als nach seinem
wahren ziele streben müsse, wenigstens weist die ernste mahnung
<piXoi T^P T€VÖ|ievoi Kai biaXXaT^vxec xqj Oetp dE€i>pnco|iev t€ köI
dvxeuSo^töa toic naibiKOic usw, auf die notwendigkeit einer Ver-
söhnung mit dem ewigen hin, indes erscheint dieses höchste xiel
doch eben aoch hier nicht als Selbstzweck, wohl aber kann seine er-
wähnung für einen hinweis des Schriftstellers auf denjenigen mangel
der rede des Äristopbanes gelten, dessen beseitigung dem nächsten
redner obliegt, denn auch an andern stellen der vorliegenden rede
bat Piaton seiner gewohnheit entsprechend dem leser eine aufklft-
rüng über den Vorwurf gegeben, der der darstell ung des Ariato-
phanes mit recht gemacht werden kann. Ipujc soll der wiederber-
fiteller des frühem zustandes der menschheit sein , der ein sn^tand
der Vollkommenheit war; aber in eben diesem zustande haben die
menschen gegen die götter gefrevelt, so dasz sie Zeus für ihre freoh*
heit (190^' ouT€ önujc ^uiev dc€XTaiv€iv. 190*^ ^ctv 5* irx 5oicu»av
•" dftsz AriMtopbQDes unter dem oUclov eine geistesverwandte, ein*
gi58timmte ifidivid Unit tut versteht, Jteigt das \oraii|»ehen<!e: toOto . *
Karä voüv aöri^;! tt€<puk6tu>v, auch bei dieseiD werke des Cpufc miua
die €6c^ßeia der menschen mitwirken, wie denn «ein siUticber eindoai
ausKer frag*« ateht, ab«r Arbtophane« macht sit £u der voraoaaetcaoff^
die erst gegeben aein mnix, wenn die wiederberstellan^ der dpXQia
cpücic erfolgen 0OIL
ersten reden in Platons Symposion. 663
äceXtaiveiv) und zttgellosigkeit (190 <^ . . iraucmvTO ific dKoXaciac)
mit einer strafe belegte, die sie stets an ihr unrecht erinnern sollte,
damit sie durch den anblick ihres irdOoc bescheidener würden (190*
ha 0€iJajui€voc Tf|V aöroO T^fjciv KOCjiiiOTepoc eXr) 6 ävBpumoc); wie
verträgt sich aber die sündhafte überhebung der menschen mit dem
begriffe der Vollkommenheit? die Vollkommenheit schlieszt das gute,
dies die tugend^ also auch die besonnenheit und mäszigung ein. hier
aber erscheinen die menschen als revolutionär (190^ ^etdXa q>po«
WjiLiaTa elxov), ausgelassen (dceXteic), zügellos (ÄKÖXacTGi); und
wird nicht dieser Widerspruch zu offener ironie, wenn der redner die
liebenden ermahnt durch gottes furcht dem ^pujc in seiner thätig-
keit zu helfen und so die Wiederherstellung d6s zustandes mit herbei»
zuführen, in dem sie die götter misachtet haben? man wende
nicht ein, Aristophanes denke sich diesen zustand bei seiner Wieder-
kehr als einen sittlich geleuterten. er bezeichnet am schlusz der rede
(KaTacTrjcac . . iroificai) als schönste hofibung und höchstes glück
lediglich die zurück Versetzung in die dpx^tici 9OCIC. ist aber die ur-
sprüngliche natur wiederhergestellt, so sind auch ihre Wirkungen
gegeben : eine folgerung zu der wir nur dann nicht berechtigt sein
würden , wenn sie der redner ausdrücklich abgelehnt hätte.
Blickt man nun auf das ergebnis der rede des Aristophanes zu-
rück , so verdankt ihr die Untersuchung den wichtigen fortschritt,
dasz £pu)C hier als der den menschen innewohnende trieb zur Voll-
kommenheit bezeichnet wird ^ der sich in dem verlangen nach dem
ganzen, dh. nach der ergänzung der individualität durch eine andere
zweckentsprechende individualität bethätigt. aber wie schön auch
dieser gedanke insofern ist, als es sich bei der liebe tbatsächlich um
eine ergänzung der leiblichen und geistigen unvoUkommenheit der
menschennatur handelt, eine endgültige lösung der frage nach dem
^pujc gibt er nicht, der redner nennt , wie wir gesehen^ zwei arten
jener bethätigung: 1) die zeugung, 2) die Vereinigung, die nXiiquoWl
ojvouciac. jene aber bleibt ihm etwas nebensächliches'': denn er
setzt sie in keine ursächliche Verbindung mit dem erstrebten ziele,
weil er die frage, ob und wie man durch diesen zweck, dh. dorch
die bildung des neuen zur Vollkommenheit gelange, unberührt Iftszt.
darum ist ihm die f^vvT^cic nichts anderes als die Vereinigung der
geschlechter, also die darstellung oder vielmehr die Wiederherstel-
lung der gattung. nun ist diese zwar dem individuum gegenüber
das vollkommene, aber doch nur insoweit, als sie die ausgleichung
der beiden geschlechter bedeutet, wird daher der zweck dieser aos-
^^ aach Sasemihl gen. entw. I 384 sagt 'Aristophanes fasse aus*
drücklich die zeugung nicht als immanenten zweck der liebe, sondern
selbst in der geschlechtsliebe nnr als etwas accidentelles' (191" ff.),
die werte tva . . Y€vv«I»€V Kol tttvoiTO t6 t^oc (191«) enthalten eben
in Aristophanes sinne nicht den zweck der ^pdlvT€C, sondern die ab-
sieht des Zeus: das interesse der götter verlangte die fortpflansong nnd
erhaltang des menschlichen geschlechtes.
664 CSchirlitz: die fünf ersten reden in Piatons S^^mposion.
gleichung, wie es hier geschieht, nicht b ertick 8 icbiigt» so kann mftB
in ihr nur eine der drei formen der ursprünglichen menschen sehen,
die durch ihre vergehung die berabsetzung der menschlichen natur
verschuidet haben, ebenso wenig gelingt es dem redner in dem, was
er Über die zweite art der bethätigung des triebes, die T^^r|c^OV^
CUVOUCtQC sagt, zu dem begriffe der Vollkommenheit bindurcb-
2udriugen. dasz das Individuum durch seine Vereinigung mit einer
andern individualität eine sittliche Förderung erfährt, die Aristo-
phanes hier mit dem symbot der cuvoucioi andeutet, ist gewis; abe
weil sie im individuellen verharrt, ist sie, wie oben gezeigt wurde,1
unaussprechlich, das gute, welches doch gerade für die einzelnen das
allgemeine und also das gemeinsame ziel aller menschen sein soUtö»
bleibt als solches ungenannt und daher auch unerkannt, zwar scheint
dasselbe dem redner wie eine ahnung vorzuschweben, wenn er die
gotteafurcht xur bedingung des wirkens des fpujc macht, aber auch
damit hat er es nur als mittel vor die liebe statt als ihren zweck und
inhalt in sie selbst hineingelegt, fehlt aber das gute als ziel, so kann
es auch nicht das ferment der entwicklung sein, das leidenschaft-
liche verlangen der hälften nach einander , das Aristophanes in der
Umarmung und umschlingung symbolisiert, ist nicht eine in thätig-
keit sich vollziehende Vervollkommnung, sondern energielose ruhe,
und das schlieszlicbe ziel dieses strebens, das völlige verwachsen zu
der ursprünglichen einbeit, das wir als Vollkommenheit ansprechen
sollen, in Wahrheit ein zustand, der sich durch seine eigne unvoll-
kommenheit selbst gerichtet hat. ist aber die Vollkommenheit in der
rede des Aristophanes zum blosi^^en postulate herabgesunken, so
haben wir damit denjenigen punkt erkannt, an dem die weitere
Untersuchung einsetzen musz. denn gewis dürfen wir erwarten, daAz
die Vollkommenheit eine andere und zwar eine solche fassung er-
bält, durch die sieb zugleich das erotische streben in den procesa
der Vervollkommnung verwandelt, den wir hier vermissen, endlich
aber weist die rede des Aristophanes noch einen andern mangel auf,
der in der weitern erdrterung seine erledigung finden musz, ist
nemlich die Vollkommenheit als das ziel des Ipuic bezeichnet, so
sollten wir glauben, dasz dies einheitliche ziel auch auf einheitlichem
wege erreichbar sei. nun bat aber Aristophanes zwei arten der be-
thätigung des erotischen strebens, die zeugung und die Vereinigung,
als gleichberechtigt neben einander gestellt, allerdings war die be-
deatung der zeugung auf dem Standpunkte des redners nur ein
schein , da er ihr nicht die absieht des zeugenden , ein neues zu bil-
den, sondern die absiebt des gottes untergelegt bat, der den unter-
gang des menscbengescblechtes aus eignem interesse verbinden!
wollte, gleichwohl werden wir annehmen können, Platon hnh9
auch bei der erwHhnung der zeugung eine bestimmte absieht wr*
folgt und werde im weitern verlaufe der Untersuchung die beziebung
aufdecken, die zwischen den beiden von Aristophanes unvermittelt
gelassenen bethätigungs weisen des l0wc besteht, eine i^olcho ist
KFrey : zu HerodotoB [V 67]. 665
aber nur dann möglich, wenn sich fpiüC gerade dadurch, dasz er zum
zeugungstriebe gemacht wird, als das streben nach wahrer voll*
kommenheit erweist, dasz freilich alle diet>e erwartungen, die sich
uns bei der prüfung des mythos des Aristophanes aufgedrängt haben»
durch die rede des Agathon auf directem wege befriedigt werden»
ist hiermit nicht gesagt. Piaton hatte dazu um so weniger veran-
lassung, als er in allen rednern, wie bereits oben bemerkt wurde»
historische personen und zwar Vertreter bestimmter bildungskreise
auftreten läszt, die bei der behandlung ihres themas einen ihrer
individualität entsprechenden ton anschlagen müssen, aber so ge-
wis sich der Schriftsteller zugleich von mimischen motiven leiten
läszt y so deutlich wird sich aus dem, was Agathon sagt, die not-
wendigkeit der stelle ergeben, an der wir seine rede lesen.
(der schlasz folgt im nächsten hefte.)
Neustbttin. Carl Schi blitz.
71.
ZU HERODOTOS.
In mehreren arbeiten über die entstehung der attischen tragödie
scheint uns die stelle des Herodotos V 67 nicht genug gewürdigt zu
werden, die iräOea *Abpr|CTOU weisen doch auf eipen ernsthaften
Inhalt dieser ^tragischen chöre' hin , die um etwa 50 jähre der tra-
gödie des Tbespis vorausgehen; schon hier ist also der 'bockschor*,
wenn von einem solchen überhaupt zu reden ist, feierlich geworden
(d7T€C€)Livüv6Ti Aristoteles poetik 4) , und die *scheidung von satyr-
drama und tragödie' (Sittl gescb. d. gr. litt. III 141) hat sich schon
hier vollzogen; das ästhetische bedürfnis des volkes konnte aber
schon jetzt nach dem trauerspiel, das wir uns wohl nicht urwüchsig-
grauenhaft und laut genug vorstellen können, ein erheiterndes nach-
spiel verlangen , besonders da man das heitere wesen als ursprüng-
liche tonart dieser chöre kannte; allerdings setzt diese annähme
voraus, dasz WDindorf recht hatte, wenn er an der richtigkeit des
Satzes TTpaTivac TrpoiTOC ftpciipc CaxtJpouc zweifelte.
Ferner ist der Inhalt dieser ^passion des Adrastos' deutlich die
heldensage, eben die ganze Thebais bis zum tode des Adrastos; wenn
nun die sikyonische tragödie die vorläuferin der attischen ist, wie
kann Wilamowitz annehmen, erst Aischylos habe dem 'bocksgesang
die heldensage zum inhalt' gegeben, ^damit war das tragische ge-
funden', diesen Sätzen der bewundernswürdig gelehrten abhand-
lung 'was ist eine attische tragödie?' können wir unserseits nicht
beistimmen ; das 'tragische' lag naturgemäsz schon in der passion,
und die 'heldensage' erst recht — wenn es überhaupt eine grie-
chische poesie ohne 'heldensage' gegeben hat.
666
KFrey: zu flerodotoa [V 67].
Aber man kann noch weiter geben und sagen : schon diejenigen
chÖre zu ehren des DionygoSj an deren stelle die rrdOca 'AÖpfiCTOU
traten, müssen era^lbaft gewesen sein, Tov M^v Atövucov ou
Ti^eoviec, TÖv be *'Abpr|CTOV: Dionysos war die regel, Adrastos die
ausnähme, wie ßollte die ausnähme eine ganz neue Stimmung ein-
führen dürfen? ja jedem guten willen wird ea klar sein, dasz Hero*
dotos nicht nur Dionjäos und Adrastos einander gegenüberstellt,
sondern die TTCtSEa des gottes den irdGea des beiden. ÖTrebuJKe über-
setzt Sittl wohl richtig 'zurückgab*; es gab also in Sikyon ein©
paasion des Dionysos, dargestellt oder nur gesungen von einem
^bockHchor^ oder von einem tragischen eher, in der ihat: eine
passion des Dionysos, TTCcBea. Wilamowitz erkllirt allerdings dieU^
toriscb: beiden zunächst gibt es nicht% erst die Orpbiker hätten
dergleichen erfunden, aber wenn sich die kritik zu einer solchen
behauptung genötigt glaubt, so sagt ihr diese Herodotätelle, dasi
sie falsch behauptet; für unser grammatisches äuge schwarz auf
weisz — die vollständige gleichstellung ou , , TÖv bi will es —
stehen die leiden da, für eine zeit vor 580 sieber bezeugt., als glaube
und als gegenständ einer dichtung*
Also liegt der tragödie wahrhaftig ein passionsspiel zu gründe.
Wilamowitz sagt: ^was die modernen unbewust oder bewust be-
herscht, ist schlieszlich doch nichts als eine analogie der christlichen
weibnachts- und passionsspiele, sie können sich nicht daran ge-
wöhnen, dasz e^ eine religion ohne heilige gescbicbte und ein heiliges
buch geben kann, die eonsequenz, da^z Dionysos dann wirklich aaf
erden gewandelt sein müste, sehen sie nicht ein' — wenigstens das
sehen wir allerdings nicht ein, dasz nur eine geschichtliche erscheinuiig
gegenständ der kunst, zb. eines passionäspiels sein könne, und wir
sind in Versuchung ihm die worte einfach zurückzugeben: er sieht
die möglichkeit einer passion des Dionysos nicht ein, weil er sich
keine religion obne gescbicbte denken kann.
Dann ist natürlich auch ganz unhaltbar, was Sittl etwas deut-
licher als Wilamowitz sagt: 'die edle Schwermut der tragödie ist
nicht der Volksseele nachgefühlt, sondern das eigne empünden weihe-
voller dichter' oder eine eründung des Aischylog, nach Wilamowiti,
vielmehr in jenen passionschÖren zu Sikyon, also in etwas urvolka-
tümlichem, Hegt das fundament der ganzen tragödie bis auf den
heutigen tag, und die tragödie stammt, wie alles künstlerische grosse,
nicht von der noch so weihevollen entdeckung eines einzelnen, sau*
dern vom volke selbst und von seinem glanben.
Bern* Kabl Fret.
HStadtmüUer: zur griechischen anthologie. 667
72.
ZUR GRIECHISCHEN ANTHOLOGIE.
I.
Die Atjs- legende behandelt eine reihe von weihepigrammen
des sechsten buches, auch VI 218, dessen tezt noch nicht in Ordnung
ist. die ersten distichen lauten:
K€ipd)Li€voc Tovi)Linv TIC fiiTo q)X^ßa MriTpöc dTupiric
"Ibvic evbivbpov Trpuüvac ^ßouvoßdTei. '
TU) bk Xeujv f^vTHce TieXiipioc, ibc ^m Goivnv
Xdc)ia 9^pu)v xaXeTTÖv TreivaXeou (pdpuTOC.
6 beicac b* ui)Lir|CT€Uü Gripöc )Li6pov ibc aubdEai
TUjLiTravov iE lepdc ^irXaTdTnce vdriric.
Der Pal. hat v. 5 ibc aubd£ai (der accent steht doppelt, der
corrector, dem der acut des ersten Schreibers nicht deutlich genug
schien, hat einen zweiten hinzugefügt); das autographon des Planudes
hat gleich den Planudes -ausgaben (bc aübaEe (die Variante in der
epidiorthosis der erbten Aldina dvbaEe stammt, wie es scheint, nicht
aus hsl. quelle); die hss. des Suidas schwanken zwischen (bc &V
böEa (A), (bc dv böEac (B), ibc dv böEai (E); in dem Leidensis, den
ich dank der groszen gute des hrn. du Rieu in Heidelberg benutzen
durfte, fehlt, wie man weisz, die betreffende partie. die conjecturen
ibc aÖTaEe, eicauTdEai, i5k* aördEai (Hecker), ibc ifibaEe (Emperius),
oiib' aubdEac (Geel) sind metrisch zulässig (denn bei dem dichter
des epigramms ist der spondeus an fänfter stelle nicht bedenklich),
im übrigen verkehrt der jüngste Vorschlag OT)pöc CTÖpa pif] cq>€
baiEai ist nicht besser und nicht schlechter als flöpov ibc dtb' öid
(Jacobs) und ähnliche herstelluugsversucho, der sinn ist; ""wie er in
seiner todesangit auffuhr» zuckte' — oder -infolge dieser bewegung
an dm tympanoo stieaz, es schwang, ertönte dieseB^, ako :
beicac b' uu^nereuj Onpöc ^öpov ibc ai9u£ej
TU|iTTavov d£ iepdc ^TiXaidtrice vottic.
in diesem fall ist aiöuccev inlrauaitiv g^ebraucbt, wie th.
progn* 302 xm cpXöxec alöijccaici ^apaivop^vou Xüxv«^^'
jemand ibc öiöuEe TUpiravov verbinden, hO wikdw n.
zweiter stelle genannte gedaoke ergaben (^p)
qjüXXuuv Sappbo 4, 2\ f\i€v '€p|ific aiöikcuv n:
Dion. IV 2), und es lie^xe sich gegei] '^
* die zweite AMiD& (1&31) l
IßouvOTTÄTei aufgenommen und
sich ftbf^r iiD aiiio^raphon dtiA i
welche die Aid. II hat, ist, ikr/
bietDl, welche die er«t« Äl<L n
ioeofern stimmt also der U%i
ay&gaben &m meinten mit di n
geitamit€ti epidiorthoBin Uauvt winti
des Lmk^rla,
668 H Stadtmüller: zur griechischen antbologie.
wenden, dasz das object zum verbam im hexameter erst im penta<
meter folgt, um so weniger, da TÜ^Travov dann beiden setzen
ungehören würde. — Am schlusz des pentaraeters stand im PaL
nröprUnglich €TTXaTtitrjc€V dirric» dies verwandelte erst der corrector
in iTrXaTCtfnc^c, vdTTT]C; das komma setzt der corrector, um die nach
seiner meinung richtige worttrennung zu bezeichnen, man bat an
väTTT^c gezweifelt, auch ohne dasz man das nähere der palat. Über-
lieferung kannte, ein wort in dem sinne von ävTpov möchte wün-
schenswert scheinen, so heis?.t es VI 217, 5 aüiap ö iTETrra^^vrj
^i^a TÜpnavov ÖcxeBe x^ipi fjpaEev, Kavaxti l^'iaxev fivipov
äitav. sollte danach etwa TUfinavov t£ kpäc (oder iK CKupoc)
^TtXatäTCi CTtiXöboc zu schreiben sein? wenigstens liest man
zn anfang des genannten epigramms t fciXXoc cpi^MCtiilv fjXü6* UTtÖ
CTtiXtiba, alüo CTiiXdc mit övrpov abwechselnd, aber vielleicht
triflft folgende Vermutung das richtige, dasz der vor angst bebende
Ätys das tympanon anfaszt» dasz daa anfassen jene Wirkung hat,
iüt das werk der ihn heschützenden göttin:
TtijuTTavov ^t iepäc ETiXaTÄfTicev dqpnc
ich erinnere an Stobaioa anthoL 103, 27 ^Tracpd hl muciKd, an Plot.
Per. 15 cp6ÖTT0uc . > dM^eXouc d(j>f|c Kai Kpouceujc beoM^vouc und an
Aisch. Hik. 18. auch mag man Kai Tivoc aupr| baijiOVOC ic CT0VÖ6V
TÜ^Travov f|Ke X^P^ in dem epigramm des Dioskorides (VI 220, 9)
vergleichen, — Im vorhergehenden schreibt FWSchmidt X^^MCK
Xavüüv (poßcpöv für x- (p^pujv xcnXeiTÖv* an <p^pu;v ist beBonnener
weise nichts zu Kndern; dagegen scheint grund zur Änderung des
hier seltsamen xöXetiov. in der bs. i«t vor X «io c radiert, es ist
meines erachten.s c(pebavöv für xciXeTTOv zu lesen, für xdc^a setzt
der dichter unseres epigramms nachher T€VUC,v. 7 x^ M^V ^V€icX€iC€V
(povlav Y^vuv, und in dem Antipatros-epigi-amm ( V I 2 1 9 ) gleichem
inbaltt^, das sich an das des Alkaios* anlehnt, liest man v. 11: ßpu-
* zn dem aiitorlemma 'AvTiirdtpou (VI 219 = PL VI 76 c. 11, I)
findet sich in der Wechelinuii dti* sdiolion? öc ^v itpiiiT^' tfir^^aTi
cIttcv KeipdMCvoc TovfMnv äitö «pX^IJa (AP, VI «18 — PI. P c, 8», 6),
niemand wird aich duTL^h das seagiii« dieses scboliasten ('AvTindTpOU
öc clfTCv* Keipd^evoc) HUch nur eine sccnnde verleiten Iftsien . . daa
epigramm cU*b AlkaioB (VI 2IB K€lpdM€VOC ^Oyi^r^y üsw.) dem Antiputro«
suzasclireibon; aber mancher wird iich tfA^t^n: woher diete acholiftsten-
weiflheit in dtr Wechcliana? die stüdibitiUothck in B«ru besiUt eioe
Floreutina (1494) des Planude*^ mit hah nindbemerkungeu (aus dem
aofuni; des sechzehnten jh.}. die |;'tite des hm« bibliothecars hat mir die
bemit^nng der aua^abe gestaltet, einem khuliofaen exemplar der Flor*
sind ilie SL'holieu der Wecbeliana ihnt wortlieh entnommen; dabvt Ut ao
l^edatiketiloH verfnhren, dasz Hnderung^en oder tilgungen, wie «ie bei
der bejibsicbtiirteii anpatsußg^ der scbolien stir Flor, an die textgestal'
tung der Wecbelinna erTorderlich waren, in geradf^u komischer wet«e
an vielen stellen unterblieben, ea Ut zwetkloj« hier belege dafür mu
bringen, man nuiüz Bich nur wundern, dH^z noch jemftnd den acbolien
der Werbeliana irgend welche bedeutting beimesaen kunn. Ah* oben
erwftbnte merkwürdige anlorUberlieferong dieser seholien beruht auf
einem elut'acbeu verseben« in der Pemer Flor, tindet sich dasselb«
HStadtmüller: zur griechischen anthologie. 669
XäTO ccpe^avoiv ößpijiiov ^kt^vOiüv. so möchte ich die zwei
distichen folgendermaszen schreiben:
Ttu bk Xiijjy f^vTr|C€ TieXiupioc , ibc ^m Goivriv
XacjLia 9^puüv ccpebavöv ireivaX^ou 9äpiiT0C.
beicac b* ujjir|CT^u) 6r|pöc jiöpov übe a!6u5€,
TÜjiiTavov Ü Upäc ^TiXaidTticev dcpflc.
Noch eine kurze bemerkuDg zu zwei stellen, die dieser epi-
grammengruppe angehören, das Antipatros- epigram m beginnt so
(VI 219, 1): *'€k itot^ TIC (ppiKToTo Geäc cecüßim^voc oicTpifi
^Ojißr|TOiic bov^ujv Xucco)iaveic 7rXoKd)iOiic. man hat seltsamer
weise dieses Tic bis jetzt unbedenklich hingenommen. Dioskorides
(VI 220) beginnt die erzählung ähnlich : f KcppuüV )iaiV0)Li^vilv öouc
dvejioici Tpixa. jedermann sieht, dasz sich Xiicco)iaveTc uXcKd-
jiouc und jLiaivojLieviiv Tpixa entsprechen; nun folgt aber bei Dios-
korides d^vöc "Atuc (der erste Schreiber des Pal. gab ÄTeic , durch
rasur verwandelt dies der corrector im text zu dTic, notiert aber am
rand TP dTUc). bei der Verwandtschaft zwischen VI 219 und VI 220
musz man m. e. VI 219, 1 schreiben : "€ K IT 0 T * "A T u C (ppiKTOiO usw.
Bei Dioskorides heiszt es von dem löwen (VI 220, 7): ToO bk
\iwv löpouce KttTd CTißov, dvbpdci beijua GapcaX^oic, fdXXip b*
oub' 6vo)LiacTÖv öxoc. schwerlich wird einer geneigt sein das über-
lieferte fixoc mitDiltheys fiTOC zu vertauschen; aber an der richtig-
keit von dxoc mag man zweifeln ; ein stärkerer ausdruck ist erforder-
lich: 'der löwe, ein schrecken auch für den beherzten mann, wird
für den Kjbelepriester zu etwas ungeheurem, das anzuschauen,
nur zu hören grauen und entsetzen bewirkt.' der geblendete Oidipus
bietet einen anblick, vor dem man schaudernd zurückweicht, Soph.
OT. 1426 (9X6Ta) aibeicG' dvaKTOc *HXiou, TOiövb* droc dKd-
XuTTTOV u)be beiKvOvai. im Pal. ist wie in sonstigen hss. T mit x un-
zählige male verwechselt. Dioskorides schrieb:
dvbpdci beijLia
GapcaX^oic, ^ak\^> b* oub' övojLiacTÖv firoc.
Ein epigramm verwandten inhalts ist das des Leonidas aus
Tarent VI 221. die vom löwen verschont gebliebenen hirten stiften
zum gedächtnis an ihre rettung ein den Vorgang darstellendes ge-
mälde (v. 9 f.):
o\ bk 7rd6r|C fpTOv TÖb' ^uTpciq>fcc dKpoXo9iTa
TTavi Tiap* eÜTrp^iivuj Tqib* dv^0evTO bpui.
man hat 7rd6T]C fpyov zu erklären versucht, und was merkwürdiger
ist, die erklärung acceptiert. im Pal. stammt bk irdBnc von dem
corrector, A schrieb be Tra0f]c. Leonidas gab in den corrupten.
scholion, nur nicht zu dem autorlemma, sondern zu den ersten versen
des gedichtes, und es heiszt nicht 6c ctiTCV, sondern il)c ctircv: dh. das
scbolion, welches in der Wecheliana die autortiberlieferang des Pala-
tinus und des Marcianus bestreitet, ist ursprünglich nichts als eine
harmlose vergleichung der worte des Alkaios KCipdfxcvoc TOv(|Lii}V diTO
q)X^ßa mit der beschreibung des tOpic dvr|p im Antipatros-epigramm.
670 HStadtmüUer: zur griechiBcHen aatbologie.
Worten den grund der Stiftung an; es ist zu schreiben: oi b' dna-
06 IC ^pfov TÖb' duTpotq[>€C , . dveGevTO. das weihgescheak Ut der
dank der unversehrten birten, vgl, zb. Aiach. Perser 8G1 VÖCTOI
b' Ik TToX^juiüV dirdvouc diraöeic dv^pac €u irpäccovTac &fov
OIKOUO — Das vorletzte distichon des epigrarams lautet:
Xeifia hi Ofip luteivac » Öqp vuktioc, oöt€ tiv* (SvbpCuv
ouie ßoTuuv ßXdij^ac üji^t^' dTTauXöcuvoc. '
an die richtigkeit des öberlieferlen örip fAcivac, önp glaubt kaum
jemand, noch weniger glaube ich an einen derverbessernngsversuche,
von denen 0€p|af|vac noch nicht der verkehrteste ist. der gedanke
kann nur der sein : 'er hielt den stürm aus, wartete das unwetter abj
ohne schaden anzurichten.' sachlich ist also pc^vac durchaus ent^
sprechend , eä musz aber dafür ein gleichbedeutender ausdruck ge-
setzt werden , mit dem das vor OriP VUKTloc verkehrte 6fip beseitigt
wird; im sinne von UTtOfitveiv wird von Homer an bexecÖai ge-
braucht» und m l^sÄt gich Kovvobl das praesens bexvu/ievoc als auch
der aor* 6eEd^€V0C rechtft^rtigen , doch gebe ich dem letztern den
Vorzug, also: X^^M^ ^^ bcEd^evoc 6f|p vuktioc.
IL
Die vier Meleagros-epigramme V 175. 182. 164. 187 ge-
hören inhaltlieh zusammen, dasz 187 die einleitung 2U 182 bildet,
hat schon Wyttenbach gesehen, aber auch die beiden andern 175
und 184 gelten derselben Lykainis. das lemma von 175 eic ii\V
auTTiv ZrivocpiXav ist sinnlos, und 184 konnte es genauer tic Tf|V
dTTiüpKOV AuKaiviba anstatt des aHgemeinen elc diriopKOV dxaipocv
heiszen. ein kleines liebesdrama ist der inhalt der vier epigramme:
der dichter wird geteuächt, wiederholt geteuscht von Lykiunia, sie
bevorzugt den schönen Kleon; zwar beteuert sie ihre Unschuld und
will bei allen göttern schwören, aber der dichter glaubt mehr dem
was er gesehen als ihrem schwur. V 184 beginnt: fyvuiV, oö ^*
^XaOec* Ti OeoYJC; nun vergleiche man den anfang von 176 oib* Sn
^01 K€v6c 6pK0C. offenbar war die Übereinstimmung der beiden
stellen ursprünglich eine genauere, das wirkungsvolle der ersten
stelle liegt in dem absolut gebrauchten IfVUJv und in der ellip ti-
schen frage ti 8eoüc (sc. ö|iVuc). diesem (jvüjv entspricht ofta,
und es musz bei&zen: olba* ti poi Kevöc dpKOc; also xi ^ot Kevöc
SpKOC nach sinn und form übereinstimmend mit it Beouc* man vor-
gleiche noch V 176, 1 beivdc ^'Gpuic, bcivöc. li bk t6 ttX^ov und
den anfang von 180 ti E^vov. aus diesen und andern stellen ersieht
man Meleagros verliebe für die von mir hergestellte satzform, auch
die Überlieferung führt auf diese correctur: 175, 1 steht im Pala«
tinus nicht olÖ' öxi, sondern olba ÖTi; so schrieb A, er«t
jüngere band (nicht der corrector) setzte zwei punkte unter das i
um den buchst^ben zu tilgen ; die punkte gerieten an falsche stell«^
sie gehören unter 5. — In 175 sagt der erzürnte dichter (9): fppc,
HStadtmfiller: zar griechischen anthologie. 671
fuvai irdTKOivc', dem entspricht 184,6 ?pp€, KaKÖv Koitnc Otipfov,
Ippe Tdxoc. hier ist diipiov höchst auffallend : KaKÖv Koirric ist za
verbinden im sinne von pestis concubitas; sie geht heimliche, ver-
stohlene wege^ daher kam ich auf koköv KoiTTjC qxibptov oder
XäOpiov: aber das einfachste ist wohl: ^pp€, kqköv KoiTiic, ic
966pov, ?pp€ tdxoc.
Dafi distichon (V 187), das mit 182 zu verbinden ist, beginnt:
eiirfe AuKttivibi, AopKdc* Tb' übe dirliiiKTa 9iXoOca | f[\\DC. der
erste Schreiber gab CTniKTd (so), der corrector verwandelte dies in
^TTiKTiiTa, Brunck schrieb ^TTiTiiKTa. Stembach weisz hier mitzuteilen,
dasz der Vatic. 1416 die lesart diriKXeirra bietet 'e Musuri libro'.
dieser mitteilung habe ich folgendes, das nicht unwichtig ist, bei-
zufügen, jenes diriKXeiTTa ist nicht blosz in dem genannten Vaticanus
zu finden, es steht auch unter den randbemerkungen der Berner
Florentina, von der ich schon oben gesprochen, was folgt nun
daraus? was man bisher nur etwa vermuten konnte, dasz die scho-
lien der Florentina, also auch ihre flüchtige und verständnislose
redaction in der Wecheliana auf MMusurus zurückgehen, ist jetzt,
meine ich , mit der Sicherheit erwiesen , die sich in solchen fragen
erreichen läszt. übrigens musz nach meiner meinung obige stelle
lauten: Ib' übe KißbriXa q>iXoOca | f^XuJC. der dichter vergleicht
die falsche Ljkainis mit unechter münze, vgl. zb. Eur. Hippel. 616 t{
bf) KißbiiXov dv6pu)TT0ic KQKÖv T^vaiKac eic 9a»c f|Xiou KaTijiKtcac;
— Hinsichtlich des textes sei hier nur noch bemerkt , dasz mir die
herstellung von 175, 3 jurivuei iravdtpDiTVOV , iboO, ßeßapiiM^vov
ö)i)ia aus der vergleichung mit VII 195, 5 sich ergeben hat. die
zeitliche reihenfolge der vier epigramme aber wird diese sein, zu-
erst kommt V 175: die schuld der Lykainis ist dem dichter bekannt,
noch nicht der nebenbuhler; er verstöszt sie; da er dies bereut, will
er die Dorkas schicken (187 und 182); der auftrag, den Dorkas er-
hält, der treulosen ihre schuld zu vergegenwärtigen, entspringt dem
' die folgenden worte des Meleagros KoX^ C€ fäp i\ qpiXÖKUi^oc
miKTlc Kai KpordXujv x€ipOTUirf|C irdTOTOC erhalten eine treffliche er-
läuteruDg durch Nikarchos (?) VI 285. Nikarete entsagt der Athene,
deren dienst so rechtschaffen ist, dasz jagend und Schönheit verk&m-
mern, nnd begibt sich in das lager der Kypris: etXcTO bi CTcqxIvouc
Kai iriiKTCöa Kai |li€T& kuüjliuiv i\ iralc T€pirvöv (Lx^iv iv OaXiaic
ßioTov. Spindel und Webstuhl überläset sie andern: £pp€T€, q>U)vficaca,
KttKUiv XijLiripd TuvaiKUiv | £pTCt. ^schlecht' kann Nik. solche franen nicht
nennen, und miserae beiszt KaKa( nicht; also ist xaKdiv fehlerhaft.
Nikarete ist nicht so thöricht wie jene tugendhaften frauen, die in
ihrer herzenseinfalt sich abmühen und dafür gelegentlich hongem.
nach ihrer anffassung grenzt derartige tugendhaftigkeit an €Ciif)6€ta;
nicht sehr verschieden von eöfiBric aber ist dKaKOC ■■ &irXoOc. es ist
zu verwundern, dasz noch niemand daran dachte mit einem apostroph
den fehler zu beseitigen, denn das lob tugendhafter ehrlichkeit, der
lohn des freudlosen, kümmerlichen daseins wird von Nikarete den sitt-
samen bereitwillig zugestanden, es musz also heiszen : £pp€T€, q>uivr|Cac\
ÖKdKwv Xi|LiTipÄ TvvaiKÜLiv I ^pta.
672
HStadtmöller; zur griechischcD anthologie.
wünsche nacb wieder Versöhnung, die Sendung der Dorkaa genügt
dem dichter nicht, er macht sich selbst auf (köitoi ti C€» AopKdc,
^KTT€^nu>; c Treue tu Kauiöc, iboü, irpoä^iüv 182, 10; cTreucm lese
ich hier für cuv coi). das resultat der Unterredung ist das zu er-
wartende, stolz und zorn beugen sich vor den reizen der Lykainis,
über zum zweiten male wird er geteuscht, diesmal lernt er meinen
rivalen kennen (KX^UJV, 184). schon ist er im begriff die treulose
zu verabschieden^ aber sie soll den schönen Kleon nicht sehen, son-
dern bei dem dichter in gewahrsara bleiben, die empfindung, dasi
er noch nicht von der sUndeiin lassen kann, drängt ihn zur klage
über die macht des Eros: tetvöc *6pujc, beivöc (176).
ra.
Dem Poseidippos schreibt der Palatinua folgendes epigramm '
au (V 213):
TTuÖidc, €1 |u£v ^x^' Ttv'r dncpxo^ar €i bfe Kae€iJl>€i
dibe |iövr), fiiKpov, Hpöc Aiöc eicKdXecaL
eiiT€ bi crmeiov, li^Ö^uJV ort Kai bid KXtuirujv
fiXGev "GpuiTi epac€i xP^M^voc fite^ovi.
man acceptiert (v. l) fx^i und KaSeübei von Jacobs (für l%eiQ und
KaSeiibeic) mit recht. fluOidc ist nach Jacobs vocativ und name _
der angeredeten dienerin; man nimt also an, dasz weder der lieb- ■
haber noch die geliebte von dem dichter genannt werde; nur Stern-
hach möchte den namen des erslem nicht missen, ändert daher
^iKpdv in MiKpov. dasz der erste schroiber nicht mKpöv schriebi ,
ist leicht zu sehen und hat auch Sternbach mitgeteilt-, aber die i
bauptsache hat dieser nicht gesehen: dasz v ursprünglich an stalle J
des li stand, dasz A nach k nicht po, sonder uu schrieb; ob nun dtri
letzte buchstab ein V oder i war, läszt sich mit voller Sicherheit f
nicht sagen ; als ursprüngliche lesart ist also viKuiv oder viKUfl Sd {
betrachten« das erste distichon lautete meines erachtens;
TTuBidc el ^ev Ix^i tiv', dir^pxopar €i hk icaBeubci
üub€ jiovri, NiKOi, TTpöc Aide cIcKdXecau
TTuOldc ist feubject zu l^^i und Ka0€ub€U nicht der name der dienerin,
sondern der geliebten | die angeredete ist NiKti), nicht die dienerin
der Pythias, sondern ihre routter, daher cicKdXccai. das ist un-
schwer zu beweisen* die epigramme des Asklepiades verhalten sich ]
zu denen des Poseidippos so , dasz die einen die andern Tariieren«
ergänzen^ fortsetzen, auch zum teil antithetisch beantworten* V 164 j
trftgt das autorlemma 'AcKXn^tdbou und beginnt:
Uüi, ci tdp, ouK dXXnv papTupOMai, cid }x iißpi^ei
TTuöldc i] NiKOuc, oüca (piXtEoirdnc
kXtiOcic , OUK dKXriTOc ^XrjXuda.
Pythias ist also die tochter der Kiko, und ohne zweifel sieht hier!
KXriBcic mit bezug auf das von Poseidippos gebrauchte cicKdXecau — I
Das zweite distichon tinl hi crmctov MeOuuiV ÖTi Kai bid icXujTTd»v |
fjXGev enthält das erkennungszeicheDi das Pythias über den zu er-
HStadtmüUer: zar griechischen aatiiologie. 673
wartenden besuch ohne nennung des liebhabers aufklttrt, ja die an-
gäbe des namens aosschlieszt. man schreibt daher, meine ich, mil
unrecht in der parallelstelle des Asklepiades (V 181): eink
bk omeTov BdKXiuv ötx tt^vt' ^(plXricev | äf)c; auf das nahe-
liegende ist man hier merkwürdigerweise nicht gekommen, nem-
lich fQr Bqkxuiv das participium fkiKXwy Inu^ßhana {ygl. Msch.
Sieben 498) zu schreiben: ßaicxu^v ÖTt bei Asklepiades genau ent-
sprechend dem ineOiJUJV ön bei Poseidippos« sollte man es nun für
möglich halten, dasz an stelle von peOuuJV änderungen wie füi^ccuiv,
£iq>^ujv (Herwerden) vorgeschlagen wurden? — Nike die mutter
war früher gefeiert wie jetzt die tochter Pythias , gleich dieser gab
sie ihren liebhabem grund zur klage, eine solche enthält V 150,
ein epigramm des Asklepiades:
ib|uioX6imc* f\ie\\ de vÖKia |yioi f| 'iripöiiTOC
NiKdj Kai c€|yivf|V dijucce 6€C|yi09Öpov*
KOUX f^KCl,
und das autorlemma 'AcKXr)Tndbou trägt auch V 189:
Ndg füiaKpfi Kai xei\ia, \xicr\v b* inX TTXeiäöa OtJCt,
Kdtui irdp irpoOOpoic viccofüiat öömcvoc ,
TpiDOelc Tftc boXiric Kciviic 7r68i)i.
man hat dies Kcivric in '€X^vrtc (Planudes, dem FWSchmidt beizu-
stimmen vermag), in KXeivoOc (Meineke), KXeiviic Hecker, KOwiic
(Boissonade), CkuXXiic (Jacobs) verwandelt, soll für Kciviic hier ein
name gesetzt werden, so kann es kaum ein anderer sein als NlKoOc:
man hat dann die corruptel darauf zurückzuführen, dasz K und V
ihren platz vertauscht haben, aber K€ivr)C ist durchaus richtig;
Poseidippos, der freundeskreis für den das epigramm zunächst be-
stimmt war, kennt die treulose und ihren Charakter zur genüge, sei
es auf grund eigner erfahrung oder weil ihnen der dichter sein leid
geklagt hat. — In dem oben angeführten verse N0£, ck tdp, OÖK
dXXriv jLiapTOpoMOtt hat man dXXrfV verschiedenartig geändert, an-
sprechend ist Ludwichs OÖK dbaf), aber schwerlich das richtige, so
wenig als oö boXir)V, woran ich früher dachte, vielmehr ist zur cor-
rectur der Überlieferung auch hier eine parallele beizuziehen. der
verschmähte liebhaber musz das Zeugnis der nacht anrufen, er ist
leider nicht in der läge gleich dem der sich seines abenteuers rüÜmt,
einen erwünschtem zeugen anzuführen, der schlusz von V 181 lautet
(nach tt^vt' d9iXTiC€V Öflc): iBv KXtvn jüidpruc inefp&fpeto. also
sagt der dichter, nicht ohne ironie auf das eigne misgeechick: fi&^
ck Tdp, ou kXivtiv |yiapT0pO|yiat.
Noch eins sei hier bemerkt, wollte jemand behaupten; dasi
das einfache autorlemma 'AocXiiTTidbou sowie TTocctbiimou in nnsem
anthologien nur eine willkürliche Verkürzung ist für 'AcxXiiTndbou
f\ TToceibiiTTroi), dh. dasz eine von den anthologien indirect benutzte
samlung der Asklepiades- und Poseidippos-epigramme ohne autor-
lemmata zu den einzelnen gedichten nur den gesamttitel 'AckXt)-
iTidbou Kai TToc. trug, so ist dies nicht beweisbar, aber eine müg-
Jahrbücher f&r eUst. philol. 188S hft. 10. 48
672
HStadtmüUen lut griechischen antbologie*
wünsche nach wiederversöbnung. die sendung der Dorkas genQgtj
dem dichter nicht, er macht sich selbst auf {KaiTOi Tl C^, AopKGtC,
^KKC^Tiui; CTr€ucu> KttUTÖCt ibou, TTpodTUJV 182, 10; CTTeücuL» lese
ich hier für cuv coi). das resultat der Unterredung ist das zu er-
wartende, stolz und zom beugen sich vor den reizen der Ljkainis,
aber zum zweiten male wird er geteuscht , diesmal lernt er «seinen
rivalen kennen (KX^uiv, 184). schon ist er im begriff die treulose
ZM verabschiBden; abr^r sie soll den schönen Kleon nicht sehen, son*
dern bei dem dichter in gewahrsam bleiben, die empfindung, daji£
er noch nicht von der Sünderin lassen kann , drängt ihn zur
über die macht des Eros: b€iv6c '€pujc, beivöc (176).
IIL
Dem Po&eidippos schreibt der Palatinus folgendes epigrmmml
4tu(V2l3):
TTuOidc, €1 iitv fx€v Tiv*, diT^pxoiLiar ci hk KaOcutci
übbe ^iövri, ^ucpov, Tipoc Aide eicKdXecau
elire be cr)p€i0Vt ^eButJuv öu Kai biä kXujttüjv
f|Xe€v ^'epyuTi Opacei xpii^evoc f|TeMÖvL
man acceptiert (v. 1) Ix^^ ^^^ Ka0€ubei von Jacobs (für ^X^**^ ^^^
KaÖeubcic) mit recht. fTuOldc ist nach Jacobs Yocativ und name
der angeredeten dienerin ; man nimt also an ^ dasz weder der lieb-
haber noch die geliebte von dem dichter genannt werde; nur Stern*
bach mlichte den namen des erstem nicht missen ^ ändert dsher
lAlKpöv in MiKpOV. dasz der erste scbreiber nicht )LitKp6v schrieb,
ist leicht zu sehen und hat auch Sternbach mitgeteilt; aber 4ie
hauptsache hat dieser nichi gesehen: dasz v ursprünglich an stelle
des fi stand, dasz A nach ic nicht po^ sonder \jj schrieb; ob nun der
letzte buchstab ein v oder i war, läszt sich mit voller sicbarbeitl
nicht sagen : als ursprüngliche lesart ist also viKUiv oder viKu»| %u\
betrachten, das erste distichon lautete meines eracbtens:
TTuOidc ei ptv exei tiv\ dnepxopai • ei h^ KaGeubei
übbe ^6vi], NiKoi, TTpoc Aide eicKaXecai.
TTuOtdc ist subject zu Ix^i und KoBcubei, nicht der name der dienerin,
sondern der geliebten; die angeredete ist NiKUi, nicht die dienerin
der Pytbias, sondern ihre mutter, daher cicKdXecat. das ist on-j
echwer zu beweisen, die epigramme des Asklepiades verhalten sich^
zu denen des Poseidippos so, das« die einen die andern variieren,
ergänzen, fortsetzen, auch zum teil antithetisch beantworten. V
trägt das autorlemma *AcKXr]TTidbou und beginnt:
NuE, et Tdpi OUK dXXriv /iopTupOMai, old )li* ußpiZei
ITuÖidc i\ NiKoöc, ouca q)iX€£aiTdTic'
KXnöeie, OUK ärXiitoc Ur|XuÖa*
Pythias ist also die tochter der Niko, und ohne zweifei steht I
xXiiBeic mit bezug auf das von Poseidippos gebrauchte eicKdXecau — ^
Das zweite dibtichon tinl bfe crmeTov Mtöuuiv ÖTi Kai bid kXu^ttiXtV | '
fjXdev enthält das erkennungazeichen, das Pjtbias über den zu er-
HStadtmfilier: zur griechischen aatiiologie. 673
wartenden besuch ohne nennong des liebhabers aufklärt , ja die an-
gäbe des namens ausschlieszt. man schreibt daher, meine ich, mit
unrecht in der parallelstelle des Asklepiades (V 181): €ink
bk CT11L1610V' BdKXUJV ön nivT* ^cpiXricev | äf)c; auf das nahe-
liegende ist man hier merkwürdigerweise nicht gekommen, nem-
lieh für BdKXUiV das participinm ßcncx^v haochans {YgL Aisch.
Sieben 498) zu schreiben: ßaxxuiv ÖTt bei Asklepiades genau ent-
sprechend dem ^€6uu)V ön bei Poseidippos. sollte man es nun fOr
möglich halten, dasz an stelle von fieGuuiv Änderungen wie fx^ccuiv,
£i(p€U)V (Herwerden) vorgeschlagen wurden? — Nike die mutter
war früher gefeiert wie jetzt die tochter Pythias , gleich dieser gab
sie ihren liebhabem grund zur klage, eine solche enthält V 150,
ein epigramm des Asklepiades:
lb^oXÖTl^c* f\ie\v de vuKia fioi f| 'iußöriTOC
NlKU) Kai C€lLlvf)V d)^OC€ 6€C|LlO(pÖpOV*
KOÖX f^K€l,
und das autorlemma 'AcxXiiTndbou trägt auch Y 189:
Nug jLiaKpfi Kttl xe\\xa, ^icr\v V inX TTXeidba Guei,
Käyu) Trdp TrpoOüpoic viccoiiiai döfievoc,
TpuiOeic TT^c boXiiic Kciviic iröGip.
man hat dies K€ivr|C in '€X^vr)C (Planudes, dem FWSchmidt beizu-
stimmen vermag) y in KXeivoOc (Meineke), KXeivric Hecker, KOwiic
(Boissonade), CkuXXiic (Jacobs) verwandelt, soll fQr Kcfviic hier ein
name gesetzt werden, so kann es kaum ein anderer sein als NlKoOc:
man hat dann die corruptel darauf zurflckzuftlhren , dasz K und v
ihren platz vertauscht haben, aber Kciviic ist durchaus richtig;
Poseidippos, der freundeskreis für den das epigramm zunächst be-
stimmt war, kennt die treulose und ihren Charakter zur genüge, sei
es auf grund eigner erfahrung oder weil ihnen der dichter sein leid
geklagt hat. — In dem oben angeführten verse NOS, c^ tdp, OÖK
dXXriv ^apTupojLiai hat man fiXXriv verschiedenartig geändert , an-
sprecheud ist Lud wichs ouk dbaf), aber schwerlich das richtige, so
wenig als ou boXiriv, woran ich früher dachte, vielmehr ist zur cor-
rectur der Überlieferung auch hier eine parallele beizuziehen, der
verschmähte liebhaber musz das zeugnis der nacht anrufen , er ist
leider nicht in der läge gleich dem der sich seines abenteuers rühmt,
einen erwünschtem zeugen anzuführen, der schlusz von V 181 lautet
(nach tt^vt' dcpiXricev Öflc): iLv kX(vti fidpruc ^TrcTpdqpero. also
sagt der dichter, nicht ohne ironie auf das eigne misgeschick: NäEi
et Tdp, oö kXivtiv ^apTOpoiiiai.
Noch eins sei hier bemerkt, wollte jemand behaupten; dass
das einfache autorlemma 'AacXiiTTidbou sowie TToceiMinrou in nnsem
anthologien nur eine willkürliche Verkürzung ist für *AcKXr|Tridbou
f\ TToceibiTTTTOU, dh. dasz eine von den anthologien indirect benutzte
samlung der Asklepiades- und Poseidippos-epigramme ohne autor-
lemmata zu den einzelnen gedichten nur den gesamttitel *AckXt]-
TTidbou Kai TToc. trug, so ist dies nicht beweisbar, aber eine m0g-
Jahrbüchcr fUr class. philol. 1898 hft. 10. 43
674
HStodtiDüUer: zur griecliifichen aiathologie»
Ikhkeit. man bat alsdann in vielen fallen auf eine scheidong ded
eigentums zu verzichten, in andern dürften nur innere gründe, nicht
die Überlieferung entscheidend sein, so könnte man hier die epi-
gramme an Niko (V 150. 205* 209 'AcKXnTndbou , äbnXov, TTocci-
biiTTTOu f\ 'AcKXriTTidöou) dem Asklepiades, die an Kikos tocbter
Pythias (V 164, 213 *AcKXTiTTlctbo\j, noceibiTTTTOD) dem Poseidippos
zuweisen.
IV.
Den dritten Philippos von Makedonien und seinen heldenmnt
verherlichen drei epigramrae des sechsten buches^ 114 — 116. das
letzte iBt von Samos (Samios); 115 von dem Sidonier Antipatros,
also imitation; wer bat das erste 114 verfaszt? man kennt nach
Sternbacbs und meinen mitteilungen da» nübere der autorüberliefe-
rung vn diesem gedichte » weisz dasz TTopct <tiXi7i7rou TOU auTOU in
ganz unvernünftiger weise von dem corrector in irapa <J>iXiTrTrou
TOU 'AftuvTOU verwandelt wurde, dasz sein einen neuen au tor be-
zeichnender ztisatz Ct^iXtTTTTOtj 8eccaXov. noch verkehrter ist. m&n
hält sich also an die autorüberlieferung des ersten Schreibers TOU
äÖTOO r dh. Ci|iiou yP^^M/^^'^^koö : denn der Rhodier Simiaa ist der
verfa&ser des vorhergehenden gedichteg VI 113. es liegt nun nahe
dieses Cifiiou für VI 1 1 4 zu verwandeln in Cd|iOU (od. Ca^iou) : Samos
stand ja jähre lang in freundschaftlichem verkehr mit dem gefeierten
Philippos, und das epigramm gleiches inhalts 116 stammt über-
liefe rtermas2en von Samos. aber dieser zweite ponkt spricht meines
eracbtens nicht für Samos als verfasöer von VI 114, sondern eher
gegen die annähme, denn nichts berechtigt an eine selbstwieder
hokng des Samos zu glauben , wie sie die für beide gedichte ang6»
nommene identttät des Verfassers voraussetzt. VI 114 lautet:
Aipjia Kai öpT^ictia K^pa ßoöc Ik ßaciXfioc
'A|iqpiTpi>a»vtäl)qi Kt(^€9' dtvd TTpÖTTuXov »
T€Ccapaicaib€Kd5ujpa, töv auxncvta OiXiirTrui
dvTÖjuevov Kaid ydc f^Xace beivöc ökujv ,
ßoiißoTOV 'OpßiiXoio Tiapd cqpupöv ä TToXüoXßoc
*Hpaeic f S Toitü xpaiveTai dT€MÖvu
V. 2 Ke(^£0' dvd TrpöiruXov vergleiche man mit KciMcS^ivI
EuX6xuj VII 445, 2 v. 3 den anfang TECcapaicaibcKdbujpa mit
dem versanfang teccapaKQibeK^Tiv VII 487,4 v.5dioworte
ßoußoTOV *OpßiiXoio Ttapä ccpupöv mit olviiPn<^ Atcßoio ttapct
c<pup6v VII 501, 5 V. 5 fi TToXuoXßoc 'HjiaOic mit 6Xßia
eiXiiöuia VI 274, 3.
Nun, dietie vier parallelen (aus Vn4i&. 487. 501 und VI 274)
gehören epigrammen des Perses an; VI 113 ist nicht von Persea«
wohl aber das unmittelbar vorhergehende epigramm VI 112. was
folgt hieraus? zwei epigramme haben, wie dies nachweisbar einige
male in der anthologie vorkam, ihre steile vertaui^ebt: VI H2i»U]iil
ursprünglich nach VI 113, xoO auToO bei 114 bedeutet aUoTT^pCOU£
UStadtmüller: zur griechischen anthologie. 675
die that des makedonischen königs haben Samos, Perses und Anti-
patros verherlicht, Antipatros später als nachahmer, gleichzeitig
Samos, der vertraute des königs, und Perses der Makedonier;
dies gentile, welches VII 487 zu dem dichternamen geschrieben ist,
darf nicht beanstandet werden; aus dem anders lautenden gentile
©rißaiou (welches von dem corrector zu VII 445 gesetzt ist : TT^pcou
6rißaiou) darf man nicht auf einen zweiten Perses schlieszen; trotz-
dem ist 6iißaiou keineswegs fälschung oder unrichtig: der dritte
Philippos, den Samos und Perses feiern, hat das in Phthiotis ge-
legene Theben im j. 217 vor Ch. erobert und dahin an stelle
der verkauften einwobner Makedonier gesandt (vgl. Polybios
V 100 T€V6^€V0C bk KÜpiOC TUJV GllßlSv — sc. TÄV OOllüTibUJV —
Toüc jifev ÖTTdpxovTttc oiKiiTopac dgrivbpaTTobicaTo, Manebövac
b' eicoiKicac usw.); unter diesen kann Perses gewesen sein,
der also nach seiner abkunft Makedonier, nach seinem
spätem Wohnort Thebaner heiszt. das sind folgerungen, die
sich nicht allein für das eigentumsrecht an VI 114, sondern für die
zeit und das leben des Perses mit notwendigkeit ergeben, wenn, wie
ich bewiesen zu haben glaube , meine annähme von der ursprüng-
lichen reihenfolge des Simias- und des Perses - epigramms richtig
ist. — Was nun den text betriflft, so ist in v. 4 dvTÖ^€VOV Kttld
Tdc fjXace beivöc dKU)v der ausdruck Kard tdc befremdend; ich
versuchte kct* dKpac fJXace und dvTÖ^ievov kot* fiXac; aber das
richtige ist meines erachtens :
dvTÖjievov TiXatiiwc fjXace beivöc Skiüv.
denn bei Erjkios^, der das epigramm des Perses nachahmte, heiszt
es (VI 255, 5) auidp 6 (sc. Taöpoc) ßoÜT€U) | dviioc ^k TiXa-
Tiiwv teG'* ö bk ßoiraXiij usw. bei Erykios ist also ^k iiXaTiuiv ans
TiXoTiiwc, und dviioc teio aus dvTÖjLievoc geworden.
V.
Zu den Moiro - epigrammen gehört folgendes, das unter den
anathematischen (AP. VI 119) steht:
KcTcai bf) xpwceav uttö Ttacidba rdv 'AqppobiTac
ßÖTpu, Äiujvücou ttXti9ö^€V0C CTOTÖvr
oub' fn TOI }xair\p dpaxdv Ttepi KXfjjLia ßaXoOca
qpucei uTiep Kpaiöc vcKidpcov TT^TaXov.
vielleicht haben schon andere sich über das attribut dparöv bei
KXfijLia gewundert, ich dachte mir dafür ßabivöv TTCpl KXf)^a, wie es
ih. bei Sappho heiszt öpTtaKi ^abCvip ce jLidXiCT' diKdcbui. mit der
erkenntnid , dasz die conjectur unnütz ist, erlangte ich zugleich eine
cndere. das epigramm ist inbaltlich auffallend, wenn man will, die
aombination eines anathematischen und epitjmbischen gedichtes.
^nicht mehr wird die mutter um dich die liebliche ranke winden,
nicht mehr dir zu häupten das nektargefüllte blatt sprieszen lassen/
es ist, wie wenn mutter und tochter mit einer letzten umarmong
abschied nebmen. das epigramm musz, um richtig verstanden zn
43*
676
HStadtmüLler: itir griechi&clteD aütbologie.
werden, als concurrenzgedichkben mit seiner vorläge verglichen
werden; diese lautet (VII G46 'AvUTT^c):
AokOia bfj Tctbe narpi cpiXuj irepi X€^p€ ßaXoOca
ein' 'EpaTÜj xX'JJpoic buKpuci Xeigo^cva*
«i TidT€p, oö TOI It' cijii» ^i\ac b' ^möv öppa KaXOirrct
fjbil duocpöifi^vac Kudveoc ödvatoc.
in beiden epigrammen bildet br\ die zweite arsis des ersten hesa-
meters; x^^J^P^^^ bdKpuci X€ißo^€va und Aiiüvucou TiXtiSö^evoc
CTcrfövi im ersten pentameter entsprecben sich nach construction und
form &o geDEU, dasz die beziehung des anathematischen epigramms in
dem epitymbischen in die äugen fallen mu^z. ebenso offenbar ist der
parallelismus zwischen ili irdtep » OÖ TOi ^t' und ou6* ftl TOi \X&Tr\Q
(ja es wäre denkbar, dasz mit noch genauerer Übereinstimmung die
erste stelle lautete: OUK ^Ti TOi» TTdxep, eifii: wenigstens findet sich
in den hss. oft genug ein interlineares w bei dem interjectionslosen
vocativ und mag manchmal in den teit geraten sein), auf die wort©
'dunkle todesnacbt bedeckt schon das äuge' erwidert Moiro in sinn-
reicher aniithe^e: ^nicht mehr wird das nektarduftende blatt das
haupt beschatten.* die w or t e Ticpi KXf^^a ßaXouca und Tr€pl %Ö^
ßaXoOca entsprechen einander, und die bezeichnung dp aide gü-
braucht Moiro, weil in der vorläge '€paTUJ steht, es kann dporÖV
KXf|^a heiszen: dennErato i^t der name der tochter, und die ranken
sind kinder des rebstockes, wahrscheinlich aber war das adjectiv
attribut zu ßörpuCi damit in genauer Übereinstimmung die dem tode
verfallene tochter und die der Aphrodite geweihte traube gleicher-
maszen bezeichnet werden, also:
ou6' ir\ TOI pdTT)p dpaT«|* irepl KXfj^a ßaXoOco.
(übrigens kann es VII 646 nicht peXac — Kudveoc OävaroC
heiszen^ es musz m. e, fi€Xac corrigiert werden in dfiaXac^ also:
ilr TTOtTep, ou TOt fr d^\ djuaXdc b' i^oy fi^pa KaXuiriei
fjbri dTTOqpSip^vac Kudvcoc Gdvaioc,
vgl. zb. Eur. Herakl. 76.) ich hübe die beiden epigramme darum
eingehender verglichen, damit man weisz, was unter amoibäi^chen
epigrammen zu verstehen ist^ unddamitmandie Moiro nicht
für Slttjr hält als Anyte: denn darüber kann kein zweifei be-
stehen, dasz von den beiden gedichtchen das epigramm der Anyle
als das ältere anzusehen ist^ dasz dagegen das Moiro - epigramm
mit seinem zum teil geküust^^lten paraUeUsmus die Umbildung jenes
entbült
HeiDELBBEG. Huao 8tadtii(^ll£r*
GMSakorraphos: zu Aristoteles Politeia und zu Herodianos» 677
78.
ZU ARISTOTELES POLITEIA UND ZU HERODIANS
GESCHICHTE.
Aristot. Pol. c. 2 jueid bk raOra ojv^ßn CTacidcai touc t€
TVU)p(|Liouc Kttl TÖ irXfiGoc iroXüv xP^vov [töv bfifiov]. die hgg.
haben mit recht die werte töv hf\yiOV gestrichen, wahrscheinlich
hatte Aristoteles statt dessen dXXifjXoic geschrieben, wie c. 5
ävT^cTTi TOic TVuipiiLioic 6 bfjjLioc • Icxupfic bk Tf^c crdccuic OÖCfJC
Ktti TToXuv xpövov dvTiKaÖrm^vuiv dXXt'jXoic.
c. 3 ae. biö Kai iiiövii Tiiiv dpxuüv ili€ili^viik€ bid ßiou Kai vOv.
in der vorliegenden schrift sagt Aristoteles stets £ti Kai vCv: c. 7.
8. 22 usw. so musz man auch an unserer stelle entweder vor oder
nach Kai vCv das in einsetzen.
c. 12 (Solons verse) : & \xkv fäp elira cöv GcoTciv f^vuca,
fiXXa V od lidTiiv fcpbov, oitbi fioi Tupavvfboc
dvbdvei ßCcji ti <ß^Z>€iv usw.
das wort elira in dem ersten verse gibt keinen passenden sinn, bei
Aristeides (II 536), wo der vers ebenfalls überliefert ist, findet sich
d }xky dcXirra usw., welche Variante eine alte corruptel in diesem
werte anzeigt, vergleichen wir fr. 36, 15 ipeia Kai bi^ivuc' die
i)TT€CXÖjLiiiv, so erscheint es auszer allem zweifei , dasz Selon d fx^v
Tdp IpEa geschrieben hatte, aber auch die folgenden verse scheinen
nicht in Ordnung zu sein : Selon hatte durch seine gesetze die bou-
Xeia aufgehoben, aber sowie die verse überliefert und ergttnzt sind,
sagt Solon vielmehr, er sei nicht geneigt gewesen gegen die Tupowic
etwas zu unternehmen (vgl. Soph. Ant. 59. 79). glücklicherweise
finden sich in den bruchstücken , die uns von Selon erbalten sind,
folgendes fr. (32): el bk T^c ^cpeicdiiiiiv iraTpiboc, Tupavviboc bt
Kai ßiiic djLieiXfxou ou KaOimidfiriv, und es unterliegt keinem zweifei,
dasz er auch an unserer stelle die TUpawtt und die ßia zusammen-
gestellt hatte, also sind meiner meinung nach die verse des Solon
so herzustellen (dvbdvei in i\vbav€ hat schon Richards zu ttndem
vorgeschlagen) :
d ^tv Tdp fe'pEa cöv Gcoiciv f^vuca,
dXXa b' od lidTiiv fepbov, oöb^ fioi Tupovviboc
f^vbavev ßiac xe <Xi7rr>€iv usw.
c. 22 fr« bk fierd laOia buübeKdrqi viKifjcavTCc ifjv iv Mopa*
6Ü&VI jidxTiv dirl OaiviTTTTOu dpxovroc biaXiirövrec irr] böo ^erd
Tf|V viKTiv, OappoOvToc fibr\ toO bi\\xov usw. die werte ^eid Tfjv
ViKTiv sind nach dem verbum biaXmövT€C ganz flberflttssig; wUI
man sie jedoch nicht streichen , so kann man sie mit änderung der
praep. ^erd in bid zu dem pari OappoOvTOC ziehen.
c. 27 TTpöc bf| rauTTiv Tf|v xopnTiav diriXemöjLievoc 6 TTcpi-
KXfic TT) oöci()i, cujißouXeuovToc auTijj Aa^u)vibou toO OlriOev . •
dTTei TOic Ibioic firrfiTO, bibövai toic ttoXXoTc rd aö-n&v. statt
678 OMBakon-aphoB ; jlu Arisiotele« Politeia und zn HerodiftQO«.
dee imperf. ftTTäio wird es nötig sein den viel richtigem Optativ
f)TTiüTO herzustellen, hatte nicht übrigens Aristoteles am anfang
des Satzes Trpdc hf\ vr^kiKaxiTTiv X'^PTlticiV geschrieben?
c. 36 Ol b€ TTpdiTOv ^vavTiuL}8^vT€C, ^TTei biecTTdpTicav oi XÖTOl
Tipöc TÖ TrXfi9oc . * qpoßTiO^vrec usw. nehr leicht konnten die par*
tikeln ^fcv — hi vor iv- bi- ausfallen, es ist also wahrscheinlich
zu schreiben: oi bc TtpiJuTOv jitv ivavTiuü6^VT€C, inel bi biccird-
pncav usw,
c. 49 bibövai hk bn^ociqi Tpo^pi^v buo ößoXouc ^KCtCTiu ttig
fj^^pac, der ausdruck scheint mir fremdartig; hingegen igt bibövot
Tivi buo ößoXoiJC eic ipoqpfjv udgl. sehr üblich. vgK c, 62. Aischines
1, 102 Kai Tt Kai ek Tpoqpriv cuviaHaiuevoc ^bibou rij/ *ApiTvu*Tu>.
so wird auch bei Aristoteles zu schreiben £^ein trotz des hiatus, du
wir uns Heber einen biatus als eine härte des ausdruckg werden ge*
fallen lassen«
Gehen wir jetzt zu Herodianos über.
1 J>, 2 kpov dttJüvct TeXouci 'Pui^aioi Ali KaTTtTUjXiiJü ÖEd^aTd
T€ . . Kai icxiJoc ndvia dSpoKeiai die ic ßaciXiba nöXiv TravriTUp^
Zoucav. nach der partikel T€ ist oflFenbar ein wort ausgefallen. Sjl
bürg dachte an coqpiac (so auch Bekker) oder ^oucrfC. leichter
konnte nach T€ da» wort Texvr|C ausfallen* vgl, c. 10, ö ^n^pl Ocüüv
noMTTf)V reXoCct Toj^aToi' Kai Ttavta öca Tiap* ^Kdcioic ttXoutou
cÜMßoXa K€iMr|Xid le ßaciXcuuv öXiic te ^ (i^chi'. Kai) t^xv^c Öau-
^aia, ific 9eo0 irpOTro^Tteüei.
I 9, 5 raöia elTrövioc auioü elie ött6 tivoc batMovtou tux»1
^TteixOcvTCC £iT€ KoX ToXpr|caVTOC» Yva boEav öpT)Tai. MendeUäobi
hat mit recht daä wort Tuxn^ ^^^ streichen vorgeschlagen: vgh zu
diesen ausdrücken Frohberger- Gebauer zu Lydias 13» 63. zur Ver-
teidigung der Überlieferung bei Herodian konnte man von beispielen
nur das bei Eur. Med. 671 fiiraib^c ic^ev bai^ovöc tivoc Tiixp An-
fuhren, vgl. auch Aischines 3, 117 dvaßoricac Tic täv *A^q)icc^uiv
dvOpuuHoc dccXT^CTaTOC Kai \hc i^öi ^cpaivcTo oubcmäc rraibciacj
^i€T6cxn*c^c, Tcujc bfc Kai bai^ovbu tiv6c ^iapaprdveiv auxö%
TTpoaxOjUievou , von welcher stelle wir das verbum Trpodif€c6ai für
Herodian gewinnen können, in dem folgenden vermiä2»e ich dea
gegensatz zu bai|ioviou Tuxiic: richtiger sollte es heiszen tilt Kai
aÖTOÖ ToX^ricavTcc.
I 10| 1 djc iiTiK^Ti XrjcTuiv dXXd Kai noXepiujv ^x^iv diiui^a,
der ausdruck m^IK^'^i — dXXd Kai ist nicht nur sprachlich, s>ondern
auch lugisch fthlcrhaft: denn was nicht mehr ibt (^r]K^Ti)^ dasi kann
nicht auch (Kai) sein, etwas richtiger i^teht bei Philostr. epist. 31
(Boise.) : Td Xeli^java auToiv dvTiTT€Mi|*ov jun*^^*^^ frv^ovTa ^buiv
lx6yoVf dXXd Kai cou. die hi^s. DP befreien Herodian von dieae
fehler, indem sie die partikel Kai auslassen (vgl. 1 15, 6). ich hali#1
für wahrscheinlich da^z Her. ge^chneben hatte dXX' f{hf\ ttoXcmIüiv*
1 12, 4 /jXTTtlc TTpocd£€c6ai t6v T€ bfi^ov Kai t6 cTparÖTrebov»
cl npdiTOv iv cndvei tu»v dTrtTnbeiuiv KttTöcTncac ^mböccct Xaf*-
GMSakorrapbos: zu Aristoteles Politeia und zu Herodianoft. 679
TTpaTc dXöviac ttöOu) toö xpciu&öouc TTpocaTÄTOiTO. vor dem wort
^TTiböccci ist das nötige €tt€It' (wie schon in dem codex Monacensis
steht) oder eil' ausgefallen: vgl. II 1, 10 TrpujTOV diraTTJcai ßou-
XecGe €l9' outu) cpoveöcai.
I 13, 4 Toiaöid Tiva eiTioOca pr\EoL\xivr\ t€ xfjv kefJTa. der
stehende ausdruck ist TT€pippT]ga^^ VT] (seltener TT€pippr|Eaca): vgl.
VIII 8, 6 7T€pippriEavT€c hi Sc eixov Ttepi toTc cu)^aclv kOfliac.
Xenophon Eph. II 5 Kai TTCpippriEa^i^VTi xfjV icOflia usw. es ist also
7T€ptppr]£c(M^Vil zu schreiben.
II 1, .3 statt Tpocpfic schlage ich Tpuqpfic vor.
II 3, 11. nachdem Pertinax eine rede vor dem senat gehalten
hatte, Tipöc TrdvTiüv eucprijuiOelc TTdcT]C t€ TijLific Kai aiboOc Tuxibv
€ic T€ TÖv Aide vediv Kai id Xomd Upd 7^€^q)6€lc . . elc xfjv ßad-
Xeiov diTavfiXGcv auXrjv. es unterliegt keinem zweifei, dasz Her.
TrapaTTC^cpOelc statt TrejiiqpOelc geschrieben hat. die präp. napd
itit wegen der vorhergehenden silbe -pd ausgefallen, vgl. in 12, 7
ic Td ßaciXeia 7^7T€it€to öXifiüv auröv TTapaTTCjLiTTÖVTiuv. I 13, 7.
die coDJectur von Sjlburg TTpoTre^qpOelc, wiewohl auch sie ganz dem
Sprachgebrauch des Her. entspricht (vgl. IV 5, 1), scheint nicht so
wahrscheinlich zu sein.
II 9, 3 ouTOC TOivuv (Ceoufjpoc) Trapd xiBv dTTcXXövTwv
TTuveavöjLievoc xfjV 'Puj^aiiuv dpx^iv ^€T^^)pov (pepo\iiyr\v dp-
ndZecGai, KaroTvouc toö jutv ßqiGujLiCav toO bk öucirpaTiav . .
TOic TTpdTMCtciv. die lücke ist leicht zu ergänzen mit den werten
<d7Ti9€c9ai fTvuj> Toic Tipdr^aciv. vgl. c. 15, 2 toOtov toIvuv
^G^Ticev ö Ceou^poc olK€iu)cac0ai jutittujc . . dtnGflTai toic irpdT-
^aciv. I 6, 6. mehr beispiele dieser formel hat mein verehrter
lehrer, professor CSContos in der 'AGrivd bd. III s. 370 angeführt.
II 10, 1 GcpaTieucac oöv bid tpommotiüv TtdvTOC touc KaTd
TÖ IXXupiKÖv . . äjLia Kai dp^OYTac. das ausgefallene wort kann
sein entweder CTpaTiuüTac, wie schon Schott conjiciert hat, oder
vielmehr IbiiÜTOC : vgl. III 4, 7 ^r|T€ dpxu)V ^l^T€ lbiU)TTic.
II 13, 6 TauTHV (Tfjv dpx^v) alcxpi&c Kai dTi^iwc djcircp n
TUJV ibiujTiKiüV KCijLiriXiujv in* dpTUpiip KOTiiXXdEacOe. die Griechen
gebrauchen am meisten das worb dvTlKaTaXXdTTO^al , das oft in
KttTaXXdTTO^ai (zb. Deinarchos 3, 21) oder in dvTaXXdirojLiai (zb.
Themistios or. 216^ Ddf.) corrumpiert wird, dasselbe kommt bei
Herodian sehr oft vor: I 6, 9. 11 6, 13 usw. und musz auch an
unserer stelle hergestellt werden.
III 3, 2 ÖTTcp Kol ouTÖ Trdv 7Tap€TT^q)pOKTO ÖTTÖ ToO Nixpou
TOÖ TTavTaxö0€v KUjXuecGai [Sv€ko] Tf|V Wobov toö cTpaTOÖ. das
^V€Ka ist sehr verdächtig, denn auch alle die spätem haben nach
Thukydides vorbild (I 4 mit Krügers anm. TÖ T€ XijCTlKÖV Ka6^p€l
. . TOÖ Tdc irpocöbouc ^idXXov Uvai ouTifi) den bloszen genitiv
gebraucht, zb.* Heliodor Aith. II 31 Td cuV€KT€6^VTa KOTCIXOV ToO
jLiri Tiva dTTißouXfjV T^v^cOai bi* auTd tQ KÖpr]. darum halte ich das-
selbe wort für interpolation bei losephos arch. lud. XI 293 ^xp^ipe
GMSakoiraphoB: zu Anstoteles Politeia und ta Herodianoe,
hi. MapboxctToc Toic 'loubaioic toötoc Trapaq)uXäcc€iv idc f)^€pac
Köi iopT¥\v dT€iv ahme Kai toic ^ktövoic irapabouvai tou irpöc
TTÖvra bia^£ivai töv XP<ivov ifiv ^opr^v [?V€Ka] Kai ^t\ XrjSi)
TTapairoXecöai. übrigens hat Her. viele auadrticke von Thukydides
ontlelint.
III 4, 7 Kai €1 Tiv€c üv ^övov ^k Ttpoaipecetwc dXXa b\ äv&x-
KTjC 7rpoce9€VTO aÜT(|i. in den hss. wert]tn, wie bekannt, die gilben
bi und Ö oft mit einander verwechselt (vgl. Cobet var. lect. a. 68),
welche confusion auch an unserer stelle stattgefunden haben wird
(schreib d£ dvdxioic), und wenn ich nicht irre, so ist I 9, 6 dEoXccOai
statt bioX^c6ai und 11 l,h dSef cipouci .statt bi€Te»pouGi zu schreiben,
bei Lukianos Skythes S ujc TOÖv ÜTT^cxeto auTUj ö TöHapic d£ ^vöc
avbp6c Toö CöXuiVOC äiravTa fTVui ^v dxapci Kai ndciv fjv tvuipi-
^OC inus2 man bi' ^VOC dvbpöc schreiben , da der sinn nicht 'von
6inem manne' sondern 'durch 6inen mann* ist.
in 6, 9 iiavTÖc T£ KÖcjLiou Kai Ti|ific d(patp£Ö^v [xö BuCdvnov]
KOifiri bouXeyeiv ITcpivOioic ^böör]. wer die ganze stelle tiberblickt
und den gebrauch Herodians kennt (vgl ib. III *^, 7), welcher die
Wiederholung von Wörtern nur der deutlichkeit wegen vermeidet,
wird ohne «weifel die worte tÖ ByZdvTiov streichen.
IV 2, 9 in&v bfe ^^ticTOv xw^a dp0i^ xüuv dpujpdrujv. das
XUJ^a ist in X^/^o äu ändern: vgl. Älkiphron epist. I 23, 1 ^TTCixa
ouK ^ninoXfic dXX* eic öi|ioc fip^xo Tf\c vi<pdboc xO^a TrdjuTroXu.
wegen der betonung des wortes vgl. Lobeck paralip. ^, 419.
IV 8, 2 KQUCiav x€ im xfiv Keq>aXfiv <p€pujv. Mendelssohn
ßchlug ^TTi xf|c KEcpaXfic vor. richtiger ist ^iri rri KcqpaXij (popd/v.
vgL jedoch Demosth. 19| 265.
V 2, 1 ?Kacxdc x€ i|*€xo £i<poc dTT0C€C€ic8ai xok aöx^av,
diTaimpoupcvov. der ^inn verlangt das perf. iTTr)Ujpr||i^V0VJ
einen ähnlicht^n fehler liest man bei Heliodoros Aith. I 2 Kai qHX^
p^xpav xujv ü&iiiuv ^Enirro Kai xiu Xaiip ßpaxiovi xö xö£ov uire-
cxripiKXO, f] Xomfi bi xtip dcppovxicxujc dirriujpcixo, was in dnq-
liiprixo zu verbessern ist.
V 4, 7 kÖf|xd X€ öboinopiKTiv Xaßuiv. vielleicht dvaXaßiüv.
VII 11» 8 Ol bi cxpaxuüxai pcxd TToXXfic d|iTT€tpiac djirXic-^
p^voi . . x€ xdc ^TidXEeic Kai xdc dcTiibac xöEoic X€ auxoOc ß<i
XoVX€C dTTCbiUiKOV. nach dem part, uiTiXtcp^VOt fiel wegen de
gleichen endung TTpoßepXrip^voi aus» also ^€xd noXXfic ^pTiftpia
ÜtiXicp^voi TTpoßcßXim^voixe xdc ^TrdXEcic usw. vgl. II u J
in 14, 8 dcTtiba cxcvfiv irpoßeßXriP^voi. Heliod, Aith. I 5 xöv i
TtoXiJV Kttxd xö SXoc KdXapov dvxi xapaKiüjnaxoc TrpoßcßXrip^voi
Vni 8, 6 dTTOCKubTTXOVxec xouc dirö cutkXiixou ßaciXcac. di
verbum dTTOCKUiTixciv wird nach fe.sts Gehendem Sprachgebrauch mit
clc (^c) und accüsativ construiert: vgl. IV 6, 4. 9» 2. VIII 6, 2.
Unemosjne bd, XXI s. 270. man musjc also die ausgefallene prttp.
einsetzen : dTrocKCÜirxovxec ^c xoüc dTTÖ cuTKXf|xou ßaciX^ac.
Atben, Ocoao M, Sakokuaphos.
£Ha8se: über den dualis bei Lukianot. 681
74.
ÜBER DEN DUALIS BEI LUKIAN08.
Zu der frage, wie Lukianos den dualis gebraucht, wird in zweien *
seiner Schriften selbst die anregung gegeben, denn wie er in cap. 29
des Pseudologistes dem gegner, welcher über das von jenem ge-
brauchte wort dTTOcppdc gelacht hatte, unter andern Sprachfehlern
auch den ausdruck TpiUüV ^1lV0lV vorwirft, so gehOren die worte in
cap. 4 des Lexiphanes: xal ö '€XXdviKOC i(pr\' ifü) hk Ka\ bucujirifi'
Kai T^p Td KÖpa* fioi diTiT€6öXu)c6ov zu dem von Lexiphanes ver-
faszten Symposion, welches Lykinos wegen der teils veralteten, teils
neugebildeten aber unverständlichen ausdrücke tadelt, nach dieser
kribik und nach dem resultat der Untersuchung des Lukianischen
Sprachgebrauchs in dem buche von W. Schmid ^der Atticismus in
seinen hauptvertretem' bd. I (1887) s. 216 — 432 ist zu erwarten,
dasz Luk. den dual so wie die Attiker gebraucht hat. inwieweit sich
diese erwartung bestätigt, wird die folgende Zusammenstellung
lehren, und zwar werden wir handeln 1) vom artikel und pronomen,
2) vom Zahlwort bvo, 3) vom nomen und 4) vom verbum.
1) artikel und pronomen.
Zur bezeichnung zweier masculina steht TOtv Symp. 9.' V€Kp«
bläk. Ibi 1. Gediv £kkX. 12. Prom. 5 (2mal). bpair. 33. Alex. 8
und in Verbindung mit iroboTv in Kpov. 19. Nigr. 34. Tox. 60/ bk
^ in betreff des Soloikistes stimme ich WSchmid bei, der dieses
bnch in seinen 'bemerknngen über Lnkians leben nnd Schriften'
(Philol. L 8. 800 ff.) ans stilistischen bedenken dem Lnkianos abspricht
(^dasz sich Lnkian zur zeit, da er dialoge schrieb , noch mit so ärm-
lichen wortklanbereien, wie sie im 8oloikistes stehen, abgegeben haben
sollte, ist nicht wahrscheinlich') nnd hervorhebt, dass Lnk. seine Über-
legenheit in grammatischen dingen nnr znr schau träjrt, wo er auf
grammatischem gebiet, wie im Pseudologistes, angegriffen wird, und
seinen spott auf die Hyperattikisten , wie im Lexiphanes, in einer
seiner würdigen weise ausgieszt. in cap. 6 rühmt Lykinos aem Soloi-
kisten einen grarnrnntiker, der in seiner freundlichen und «chershaften
weise über Soloikismen belehrnngen zu geben einem der da sagte»
viXi'i toOto boKct, geantwortet habe : cd Kai vAiv £pelc i(k 6MOpTdvo|iev.
' Td KÖpa in eigentlicher bedentung steht Soph. Ant. 769, ai KÖpat
die pupillen, auch die äugen oft bei Enripides, der dualis in dieser
bedeutung bei keinem Attiker. ' toIv AloCKÖpolv steht Charid. 8.
£ZiegeIer 'Studien zu Lukian' (progr. Hameln 1879) hat wegen des
fehlens der dem Lukianischen stil eigentümlichen Vorzüge (beherschung
des gesamten Sprachschatzes der guten attischen prosa, gesehmack-
volle auswahl des jedesmal passenden, Variation des gedankens) und
wegen der offenbaren anlehnung an Isokrates Helene nnd Xenophons
Symposion sowie der sklavischen nachahmung des Luk. selbst die un-
echtheit des Charidemos erwiesen, vgl. WSchmid bemerkungen 8. 800.
* WSchmid ao.: ^dasz von sprachlicher seite gegen den Lukiani-
schen Ursprung des mit dem Anacharsis durch die gleiche tendens ver*
682
EHasse; über den dualis bei Lukianoa.
KttTTiT. 34. Philops. 20. ^TQip. hioK. 14, 3» aOioiv Hermot 38.
eeOüV bidX. 26, 2. Tox. 7. Pbilops. 27, ^K€ivoiv Toi. 11, d^qpolv
Chan 3. V€Kp* blä\. 15, U Hermot. 30. TupavvoKT. 22, Alex. 2.
fpujTCC 5, 47/ Sjmp. 38. dXT]eTiC kx/II 20. [ncpi TOu OiKOU 24],^
Pbalaris II 9 {(S^<poiv Kai r^i 6£uj KOi TOic euccß^ci) , während sick
dt^cpoiv in ^Toip. bidX. 4, 5. ^pujxec 12, diroKiipurr. 29 auf ein
maacnlinura und femininum bezieht,
Neutrum ist. toTv Philops. 27. Chat, 4* Zeux. 4 und bei CK€-
XoTv Tim. 26. bVc KairiY. 0. An ach. 1. ^tti fiicöui cuvöviec 24.
nXoiov 2^, ebenso Toutoiv in lpiOT€C 5, €?c€ivoiv Char, 4 und aMqjoiv
Philops. 6. Prom. 11. bk KaiT)^. 21. Demon. 2' [irepi ToO aiK0u6«
paras. 61 (TTpOK€inevu>v d|a<poTv)].* 9€uiv bidX. 5, 3.
Aber während die hss. für den femininiscben genitiv in dXi€UC 33
TOiv (6€0iv)i jedoch anch laiv (9eoiv) ^laip. bidX. 7, 1 und ausser
dpcpoiv Paras. 27 (?. anm. 9)» auTOtiv Tox. 23. caiv Tragod, 211 •*
bieten, ist der dativ laiv bei x^poiv an folgenden stellen überliefert:
ivuirv. 6. 13. veKp. bidX, 3, 2. 27, 2 (^taiv libri onines, nullns
TOiV» Fritzsche). kaüiplus 15. ciKÖvec 0. UTT^p Tüuv elK. 9. blC
bundeneti Tozaris nichts einEnwendeo sei, Lifit Isldor QnttentJig^ (de iitb-
dito qui inter Lucianeos le^ri solet dinlog-o Toxaride, 1860), lodem er
das gegen teil bciWeisei:! wollte, in setuer für die kenutni« des LakiAii^
Beben spracbgebrauchs wertvoUeu schrift bewieaen.' Vgl. Krets de
Lnciani dialogo Tozaride, progr. Oflfenbnrg 1891.
^ weil es «rwiesen ist« dftBS die beiden dlnloge cUdvEC und tftip
ti£iv ctxövuüv von Luk, sind« weil ferner diesen die ^piuicc Innsicbtlich
der rhetoriscben farbung am nächsten stellen, und weil ofleubur in
jenen beiden auf diesen dialog besug genommen wird, so dind nmch
WSchmid ao. 9. 302 trotz der auffallenden stilistischen eigentümlich*
keiten (vgl. Cobet var. lect. s 117. 257) anch die ^piUTEC ah echt zQ
beeeichnen. * die schrift irepl toO oUou erklärt Somnierbrodt f^f
unecht, und Schmid titellt sie mit den abfiolut unltikianischeD iraTpi&o<
iXXiiC'^iov, Halkyon und HLppias zusammen, ^ iy Totv iDtoiv »tehl
17 TOÜ oCkou 7. '^ OWicbmann 'zu Lukianos Demotiaz* in diesen
JAhrb. 18B1 e. 841 — 849 verteidigt die beorteilnng des Demonaz durch
AHchwHrz 'eine schrift Lnkians, welche durch fremde, wahrscfa^tDlieh
uhriAtliche band corrnmpierl i^V (zs. f. d. öst. gymn, 1878 s. 661 — &{H),
gegen EZiegeler 'eine schrift Lukians, welche troti <tcr oberflnchUeh*
kett im ersten teile und des misverbjittiiisses zwischen dem eraten und
zweitf^Ti teile durclmiiB nicht zerrüttet, »ondem ühnlich wie die nchrifl
TidiC h€\ ICTOpiav cuTTpdcpciv nur fltichtig geirbeifet ist' (jahrb. 1891
8. 327 — 335}* die gründe, welche üBernaje (LukiüU und die kyniker
1879) gegen die echlheit <ies Demonaz Torbringt, hat Zicgeler ao.
s. 329 ff. widerlegt. WScbmid bemerkungen s. 301 erklUrt unter hin*
weis auf die stilistische Verwandtschaft von Demom^z 12 und Soloik, 5
('ein loses geschiehe von einsehien witsen , eine nnklinstlerische ZQ*
sammenstellung von bemerkungen, wie wir sie sonst bei Luk. nieht
finden*) den DemonHZ für iinlnkiaßisch. '* Johannes Bieter 'über 4i«
echtheit des LukianiKchen dialogs de paraaito* progr. lUtdeähetm 1890,
weist iiacbf dats dir Sprachgebrauch im Parasiren von demjeitigtQ
Lukians so bedeutend abwetoht, dasz dieser unmo^rlich der Verfasser
sein kann. ^^ KZiegeler 'su Lukianos* jahrb. 1879 s. 491 hiU ait
Sommerbrodt das gedieht Tragodopodagra für Lakiani»oli,
EHasse: über den dualis bei Lukianos. 683
KttTHT- 2. Anach. 27. )iuiac ^tk. 3 («laiv revocavi cum cod. pro
TOiv» Jacobitz). Demonaxll. [nepiToO oTkou 31. Philopatris 6]."
Mit rüüksicht auf die Wichtigkeit der sache (vgl. jahrb. 1891
s. 416 ff. und zs. f. gjmn.-wesen 1891 s. 577 ff.) stellen wir dem
an elf stellen überlieferten Taiv x^PoTv und dem caTv ßia x^poiv
Tragod. 211 die beispiele aus dem attischen dialekt an die seite:
Tttiv X€poTv Tttiv djLiauTOÖ Andok. 1, 144. x^poiv xaivbe Soph. EL
1132. x€poiv ^jLiaiv OT. 821. Eur. Alk. 847. caiv xepoTv Herakl.
578. x^poiv caiv Soph. Trach. 1066, ziehen aber auch zum ver-
gleich den Arrian herbei. Arrian, welchen Lukianos (Alex. 2) einen
^sehr ausgezeichneten Römer nennt, der sein ganzes leben dem um-
gange mit den Wissenschaften' gewidmet hat, den er wohl auch bei
der bestimmung der aufgäbe für einen vollendeten geschichtschreiber ,
(ttiüc bei tCTOpiav cuTTP^cpetv 44) im äuge hat, gebraucht djucpoiv
TOiv x^poiv Ind. 16,9'* wie Piaton Prot. 314 <*. ohne djicpoTv
findet sich ToTv X^poiv Plat. Erast. 132 ^ Theait. 155«. Isokr.
15, 14 und TOi[v X€ipoiv] CIA. II 744 B 9 (360 — 300 vor Ch.).
aber CIA. II 1559 (viertes jh. vor Ch.) steht Taiv Geaiv wie Aristoph.
Thesm. 285. Wespen 378 und Arrian Anab.III 16, 8", laiv 0€oTv
bei Lukianos iiaxp. biäX. 7, 1, jedoch auch toiv 6€oTv (die eleusini-
schen gottheiten) dXieuc 33 wie in den inschrifteji und bei Andokides.
Der nominativ tuj zur bezeiehnung zweier masculina findet
sich dvuTTV. 7 [tt. toO oTkou 23 (2 mal). 31. Paras. 45], Tü&be
Tragod. 212, dKcivuj Char. 3, Vii) ebd. 3. Hermot. 35. Anach. 16.
^puJT€C 11, ccpu) Prom. 19. V€Kp. b\&\. 3, 1, fijLicpu) Tim. 10. 18.
Prom. 5. Geujv bidX. 23, 1 . 26, 1. V€Kp. bidX. 1 1, 2 (2 mal). 16, 4. 24, 2.
TT. Tijüv im jLiicGiu cuvövTUJV 8. unfep Tdiv eU. 19. Eunuchos 2.
Symp. 15. Tox. 21. 30. 62. fpu)T€C 50. AoÜKioc 46 (3 mal). 55'",
" schon der scholiast zweifelt an der echtheit des Philopatris; er
fehlt wie Nero und Charidemos in allen bessern hss. nnd ist erst kurz
vor der ed. princ. (Florenz 1476) in das corpas Lacianeum gekommen,
vgl. Sclimid hemerkungen h. 300. nach AvÖutsehmid litt, centralblatt
1868 8. 641 f. ist der Philopatris ums j. 628 nach Ch. geschrieben.
^* ebenso äfiq)olv Tolv i^TTcCpoiv Anab. VII 30, 1. vgl. d|iq>o1v TOlv
iroX^oiv Thiik. V "29, 2. Isokr. 12, 97, aber aaoh dfiqpolv bi xatv öia-
6r)Kaiv Isaios 5, 16. " der femininische artikel iindet sich noch
takt. 37, 5 fiaXOaKalv ralv 7rX€upalv. ^* KBiirger hat in seiner diss.
de Lucio Patrensi 1887 nachgewiesen, dasz uns im Aoi^Kioc f\ "Ovoc
kein originalwerk, sondern nur ein ziemlich nachlKssig angefertigter
auszug aus einem bedeutend umfangreichern romane vorliegt, und
kommt zu dem schlusz, dasz Lukianos nicht der Verfasser der nach
logik und spräche so mangelhaften epitome sein könne, auch hat die
diss. vou CHDee 'de ratione quae est inter asinum pseudo-Lucianeum
Apuleique metamorphoseou libros' (Leiden 1891). die unechtheit des
AoOkioc f\ ^'Ovoc zur Voraussetzung, dagegen sucht WSchmid be-
merkuugen s. 313—316 diese schrift dadurch für Lnk. zu retten, dasz
er sie als einen zur recitatiou recht flüchtig zubereiteten auszug aus
den metamorphoseu des Lucius von Patrae zu den recitationen 'HpaxXftc,
Aiövvjcoc, dXr)6f)c IcTopia stellt, welche Luk. in hohem alter um des
täglichen brotes willen und mit rücksicht auf den geschmack des
publicums verfaszte.
684
EHftBBe; fiber den duaXis bei LukiajiOB.
äfiq)0T6piU in ivvnv.7, Zcuc tpay. 12» der accusativ tu» in bpCTi, 33»
ß(uiV Tipdcic 13 (2 mal), [n. tou oIkou 31] und bei öcpOaXMti» in bic
KttTTiT- 31. Ikarom. 14, Philops, 16, fpurrec 29. [tt, tou oIkOU 2]
sowie bei iröbe in veicp. bidX. 27, 5. tt. Öuciüjv 6. kataplus 3 4.
bpaTT. 33* 6eu)v bidiX* 7,3. ^tti Mic6<?» cuvovtcc 13. [kuviköc 4] '%
auTULi in ßiUDV irpäcic 13, toutuü in 6€a>v bidX. 20, 15. bpaii. 33.
ßiujv npäcic 13, ccpüb in ttXoTov 1, fiMCpiw in fpiuiec 9. während
gicb der nominativ d|iq)Ui in ti, TflC Cupir]C OcoO 31 (2 mal) '* auf die
bilder der Hera und dm Zeas bezieht.'^
Als norainativ stebt tui bei ^cipaKtiu Cbar 3, bei Oepairat*
Vlbiui in äXieuc 17 tiü und toutuu ab accusativ; d^q)UJ als nominaüir
bezieht eich auf zwei netitra Tim. 15. kataplus 22. Toi. 17, als
, accusativ Chan ö. Zeuc ^XctX- 14 dXcKTp. 2k. Aoukioc 25.
epigr. 3 [Soloik. 7. tt. öpxr|C€uJC 71.'* tt. dCTpoX. 29]. ^*
EbeDiso verbindet sich der accusativ tu* mit T€xva in dXieuC 20
und mit x€Tp€ Prom, 1. dX icT. 1 18. Nigr. 19t Tim. 35, TtXoiov 30.
71. TOU ^vuirviou 6. 14. Tox. 26.
2) das Zahlwort buo.
Der genitiv buoTv findet sieb in folgenden beispielen : iK buotv
TOiv KoXXicTOiv, ^K buoiv Totv dpicToiv Prom. 5. TOtV büoiv dßo-
Xoiv 2v€Ka in öeujv €KkX. 12. buotv ößoXoTv ?V€ko in tt. toO i^X^k-
Tpou 3. diTÖ buoiv CTixoiv Cbar. 4. dttö buoiv in ttoic bei VcT-
CUTTP* ^3. in\ buoiv xXripoiv, im buoiv Hermot 44» urrö buoiv
Hkv ^Kcivoiv Tox. 11. buoiv Sdiepov in Zcuc Tpat- 4, 4K Kpo-
viaKd 37, IpujTec 20. nXoiov 10 (buoiv i^<I>t^, bueiv A ^a, orstared
hat Fritz&cbe, letzteres Jacobitz im texte), buoiv bi ÖVTOiv in Ttpöc '
TÖv dnaib. 17. buotv dvbpotv, buotv ouv paxo|i^voiv itaOoiv in
^puiTCC 5. dpTui^uiv buotv in n. tiic Cupirjc Beoü 30.
Dagegen haben Fritzscbe und Jacobitz in ihren texten : im6
bueiv Totv MCticTOiv Tupavvoü^cvov Tupdvvoiv Alex. 8 (Fritzacbe :
^^ JBieler 'Über die eehtheit des Lukianiscben dialo^ Ejoikot*
(prog^. Hüdeahelm 1891) a. 17: ^elti*^ achrift, die wie die vorlte^eiidtt
sowohl ihrem Inhalte Dach wie in anlag'e und Ausfühnit)^ su so mAiii|^
fachen berleokcn anlasz gibt; die ia 20 CHpiteln — sie sahlt zu. den
kürzesten der Luktiinischen dialoiii' — von den feat bestimmten aprjieb«
goAetzen unBeres Bchrifbitellera »o vielfach abweicht; die endlich bereiia
von dem alten erklärer für unecht geh Alien wurde: darf mit fug und
recht auf echtheit keinen Anspruch machen.» *• WSchmid hemerkungen
0. 399 nennt ir. Tf\c Cupiric BeoO eine treBDiche achrift, hinter deren
ireuhersiger Herodotma^ikG jeden augeoblick der gcbalk hervorblickt.
"^ auf Tfjv Tfjv Kai töv d^pa gehl änq>ui in ^aKpößioi 6, Otl^
Hiracbfeld ""die HbfaaBun^flzeit iler Makrobioi' im Hurmea XXIV (t§89)
8. 156 — 160 meint Rotbstein gofrenüberi der in seinen ^quaestionei
Lncianeae' a. 124 die Abfassung dieser p«eado • Lok. scbrift ina viert«
}h, setzt, dasz sie im j. 212 oder 213 u^ch Ch, entstanden seL ** ircpl
6pxnC€Uic acbreibt Rotbatein in seinen ''qnaestiooes Lnrianeae* den
Libanios zn, ** trcpl dctpoXotin^ tat unecht wie die beiden flreul*
loaen Schriften trcpl roO ^i^ fiqbiiuc iricrcüctv biaßoAQ tiod Ati>io<6€VOuc
^TKU&Miov. TgL Schmid bemerkanfen s. 2^9,
EHasse: über den dualis bei Lokiaoos. 685
bu€TvBÄÄ2 Mv, buoiv WW20¥E). Ik bueiv, Miuxfjc Kttl cififiaioc
in V€Kp. bi&k. 16, 4 (Fritzscbe: bueiv BOWSHÄAbo, buoiv %^v).
bueiv b^0VT€c T€TpaKÖcioi kataplus 6 (Fritzscbe: buofv 91<Z>F).
ünflectiertes bOo*^ stebt: bi* ößoXi&v in dXieiic 15. 23. 27. 48,
ßiuüv TTpacic 11. v€Kp. bläk. 4, 1 (buo ößoXwv). bdo bpaxiLi(£iv in
V€Kp. bidX. 4, 1. ^raip. bidX. 14, 2. buo iiivi&v ebd. 6, 1. dx bdo
KaXduv Prom. 5. dirö bOo nXiipuifidroüV in dX. Ict. II 37. bijo
ßoujv becTTÖTiiv Skytb. 1. irapövTUiv buo i^ rpiiliv q^xkvjv in ir. ti&V
^7Ti jLiicOijj CUV. 19. |i€Td büo Tttiv TiaXaiuiv (piXuüV ebd. 14. buo
Top dvbpuüv Tdvovxia €Öxo|idvu)V Ikarom. 25.*'
Der dativ buoiv erscheint Hermot. 61 iv buoiv ößoXoTv und
^pu)T€C 19 buoiv övojidroiv, nnflectiert ist er Alex. 40 böo Tid und
ebd. 53 iy buo ßißXioic biacpöpoic. ebenso findet sich die form
buciv an zwei stellen: Hippias 8 buciv dvaxu)prjc€Civ nnd fiuCac
^TK. 3 TOic b^ TrpocOioic buciv. die erste scheidet jedoch ans, weil
der Hippias nach dem urteil der kritiker nicht von Luk. verfaszt ist.
was aber [iviac ijK. 3 betrifft, ^ein prachtstflck der naturbetrach-
tung' aus der ersten periode von Lukians schriftstellerischer thätig-
keit (Sommerbrodt): d£diTOUC bk oöca TOic jifev T^rrapci ßabfZei
jLiövoic , TOIC bk irpoc6(oic buciv öca Kai x^pd XP^'^^^i ^^oic dv odv
auTf|v im T€TTdpu)v ßeßriKUiav fxo^cdv ti dv laTv x^poiv fiCTd-
Uipov dbiubijLiov, so glaube ich, weil Luk. niemals das zahlwort
hinter ein mit dem artikel verbundenes Substantiv gesetzt hat und
zwar hinter ein solches , das paarweise vorhandene kOrperteile be^
zeichnet (vgl. progr. Bartenst«in 1889 s. 18), zumal auch die vorder-
füsze hier mit den bänden verglichen werden — dasz buciv durch
interpolation in den text gekommen ist. ich glaube aber auch, dasz
die form bueiv rücksichtlich der beispiele mit der genitivform buofv
und besonders wegen der Verbindung buoiv TOiv nur den ab-
schreibem zu danken ist, so dasz uttö bucTv Totv fieTicTOiv Alex. 8
nach iK ToTv buoTv KaXXiCTOiv Prom. ö, ix bueiv in V€Kp. bidX. 16,4
nach in\ buoiv Hermot. 44 und buetv b^ovrcc kataplus 5 nach
buoTv Gdrepov zu verbessern ist.
Um die ansieht, dasz Luk. nur buoiv, nicht bu€lv gebraucht
habe, zu stützen, empfiehlt es sich einerseits auf Polybios, ander-
seits auf Arrian zu verweisen, bei Polybios, der sich zuerst der
KOivrj bedient hat, steht auszer HI 22, 3 (TpidKOVT* £t€CI Xeiiroua
buoTv) und 90, 11 (buoiv Gdrepov) im Vaticanus, der besten hs.,
in welcher die ersten fünf bücher überliefert sind , nur bueiv. mit
recht lassen daher Eälker (quaest. Polyb. s. 332) und Bttttner-
Wobst (praef. s. LXXVni und jahrb. 1884 s. 115) nach dem vor*
gange von Hultsch, unter berücksichtigung des gebrauche in den
gleichzeitigen inschriften und gestützt auf das Zeugnis des Suidas
(unter bueiv: TToXußioc* bueiv irpoeX^cOm OdTcpov) nur diese
*<> biä Tdiv b<)0 \x Soloikistes 5. irp6 bdo ^toIv Tf)c T€X€UTf|c in
liQKpöß. 12. vgl. anm. 1 and 17. *' 60o öiraTiKdiv fi^coc in ir. 6px* 88.
vgl. anm. 18.
686
E Hasse: über deo dualis bei Lukianoa.
form boetv ftlr Poljbios gelten: vgl. Scbenkls jabresbericbt bei
Bursian-Müller bd. XXXVllI (1884) s. 235, aber bei Arririn findet
siich (auszer 5üo fijiepüuv ciTia Änab. III 21, 3) büo dvtpuJV Ktti
€V€vfiKovTa tukt tO, 1* 7. dvbpil>v bvo Kai TpidKOVxa 14,3» Xöxujv
büo Ka\ ipictKOVia 10, 5. tuiv ^ijo itttt^uiv 40, 2** wie bei den
Attikern ftir den genitiv nur die form buoiv.
Aüo in Verbindung mit einem dual im nominativ kommt vor
Alex. 23. Leiipb. 2 W ößoViü. e€u>v bidX, 20, 15 Tiaibc. icTÖv
hio kqXuj, Skythes 10 öiio. ^CTOV flfitv övbp€ dpicTUJ und in dem
gedieht Tragodopodagra v, 212 buuü Tuübe qpüüTe ToXjirjpu» und im
accusativ bparr. 33 tuj biio toutuj bpaTTCTtcKor. ßiuuv TTpdcic 13
TUJ büo TOÜTO*. sonst verbindet sich buo mit dem pluraHs.
3) nomen.
Während von nomina nach der ersten decl. nur der dativ bc-
CTTÖTatv in bparr. 33 sich ßudet, kommen a) sub^tantiva auf -otv der
zweiten decl. vor als gen. 6eoiv in ^tatp. bldX. 7, l. dXieüc 33.**
cavbdXoiv Philops. 27; bibacKdXoiv in veKp. bidX. 15, 1. ßpccpuX-
Xioiv Char. 4. veotvoiv Zeuxia 4 und mit buoiv: tupdwoiv
Alex. 8. ößoXoiv in 0€üjv ^kkX. 12. tt. toO l^X^KTpou 3 (dativ
Herniot. 61). KXf|poiv Hermot. 44. cxixoiv Chan 4 — b) adjectivm
KaXXiCTOiv, dpicTOiv Prom,5. jueTiCTOiv Alex. 8. xp^CoTv Philops. 27,
ceßacjLtioiv in Ipiüiec 19 — c) partieipia dmXXuijuevoiV; liaxoMtvoiv
in fpujTec 5.
Äuszer den btdden porticipien ÖVTOIV Philops. 27. Ttpdc
ditaib. 17. XeT<5vT0iv in fpaixec 5 stehen hauptwörter auf *oiV
nach der dritten decU: dvdKOiV Symp« 9. x^po^V in ^vuitviov 6. 13,
V€Kp. bidX. 3, 2. 27, 2. kataplus 15. ek. 9. uirtp tu»v cIkövojv 9.
bic KaT7]T- -. Änach. 27. ^uiac l-fK. 3. Demonax 11. [tt* toO
oiKOU 31. Philopatr. 6. 11.] Tragodop. 73. 211. TToboiv in Kpov* 19.
Nigr. 34. Tox. 60. blc KainT- 3^- Philops. 20. draip. bidX. 14, 3.
CKeXoiv Tim. 26. blc Kanrf. 9- Anach. I. n. T. ini mcöuj cuvöv*
Tujv 24. ttXoiov 2*' und mit buoiv: dvbpoiv, tiaOoiv in fpujTic 5*
dvoiidtotv ebd, 19,*'^
Während von nomina auf -a nur der accasativ T^XVCt in dXieuc
^ f^egeo Köchly, der io den drei Züricher uniy.prog'ramnieu vöo
1861 bis 1858 Me libd« iacticis qui Arritiüi et Avliwn ftruniur* Auf
grund gewisier ähnlich keiien nach inhalt^ ADor<lnung und daratetlun^
in diesen beiden «chrtften nachzuweisen versnclife, dasz die dem .Vrn«n
sngesch riebe ne taktik vielmehr dem AUUnos gehöre, haben Hercher,
RFörster (Hermes XII s. 426 ff.), ABöhner («oU sem. pbiloL ErUoip.
11 a. 1^6 f.) nnd üEOrnndtnanQ (quid in elocutionc Ärriani Herodoto
debeHiur, 1884), letzterer nameutlich auf grund der tibereiustimmang
der dprache in der rixyr} TOKTiicn mit den andern schriften Arrianc,
den beweis tretnhrt, dasx es mit der am Schlüsse dienes baches stehen»
den Unterschrift ^AppiavoO t^x^ti TaxTUC^j seine nehtigkeit hat. ■' sn
Tolv AiocKOÜpoiv Charid. 3 s anm. 3. •* «n ^v Toiv ü&toiv in ir. TOO
otKOU 7 i* «lioi. 6. *> lu irpö öOo (?) Itoiv in den jjLaKpößiot ». anm, 17.
EHasse: über den dualis bei Lukianos. 687
20** sich findet, kommen a) substantiva auf -uj vor als voc. iS Aioc-
KÖpu) in dX€KTp. 20. diaip. bidX. 14, 4, als acc. öcpGaX^iU) in bic
KttTTiT. 31. Ikarom. 14. Philops. 16. fpujT€C 29. [tt. toO otKOU 2];
ßiu) in ßiu)V irpäcic 13. Traibiuj Zeax.3. OepaTraivibiuj in dXieuc 17.
'lTTiTOK€VTaupuj Zeux. 3. bpaTT€TicKUJ in bpaiT. 33, als nom. 6€iu>
in TT. Toö ^TTUTTvicu 7 [^Tttipu) in tt. tou oiKOu 23] und bu* ößoXiö
Alex. 23. Lexiph. 2 — h) adjectiva dpiCTU) Skythes 10. ^övu)
Herme t. 9. KaXii) in Geujv bidX. 20, 15. djacOdXu) Char. 3. ö^io-
Tijiuj, xciXkuj in Zeiic Tpay. 12. [d0Xiu) in tt. toö oIkou 31.] ToXjiriP^
Tragod. 212 und als acc. bibu^iuj vnTTiU) Zeux. 3. dpiCTU), coqpu)-
Tdiiu in ßiu)v irpäcic 13. euvoiKOidju) (Pritzsche verm. olKeioidTiu)
in dXieiic 17 — c) participia fCvricojLi^vuj in 9€UJV bidX. 20,15 und
npm. dTTaTOjLieviu Skythes 9.
Neben den beiden participien im acc. dvT€ in dXieuc 17 und
TTapabo9€VT€ in bpaTT. 33 — die nominative TrapcXGövTe, XaGövTC,
T€XdiVT€ , öpujVTe, elböie finden sich in der schrift tt. toO oikou 23
und 31 — stehen substantiva auf € als acc: X^^P^ Prom. 1. dX. kl.
I 18. Nigrinos 19. Tim. 35. ttXoiov 30. tt. toO dvuTTViou 6. 14.
Tox. 26. TTÖbe in V€Kp. bidX. 27, 5. tt. Guciaiv 6. kataplus 3. 4.
bpttTT. 33. Geujv bidX. 7, 3. tt. tOüv ^tti jliicGuj cuv. 13. [kuviköc 4];
flT€jiöv€ in Geoiv bidX. 20, 15 [TTaibe in tt. toO oikou 31], aber als
nom. TTaibeinZeucTpaT. 12. 9€UJV bidX. 20, 15. fivbpe Skythes 10.
[tt. TTapaciTOU 45]. qpujie Tragod. 212.
4) verbum.
Auszer den beiden imperativen KardßriTOV in ßiu)V irpficic 13
und £TT€c8ov in dXieuc 17 finden ^ch nur indicativische dualformen
in der dritten person: a) vom präsens dCTÖv in GeoJV bldX. 20, 15.
dXieuc 20. Skythes 10. 11. Zeuc Tpay. 13. ßn^. bib. 6. ä^eiov
ebd. 6. f^K€T0V Skythes 9. ^Tivueiov Tragod. 84. eöboKijueiTOV in
TT. ToO ^vuTTViou 7. [KttGficGov in TT. ToO OIKOU 31] — 5) vom imper-
fectum fjcTTiv Char. 3. KttTUJjivuTnv, i(ppallv!\v Tragod. 213. bi€-
Xct^cGtiv in Zeiic Tpay. 4 ~ c) vom aorist ^TicdiTiv Char. 3 [^Tpct-
^idiriv in tt. toö oikou 23]. cuv€T€V^c6tiv in bpaTi. 8.
Resultat: vom femininischen artikel heiszt der accusativ TU),
der genitiv tqTv und ToTv, der dativ TQIV.
Der artikel steht immer bei den begriffen der natürlichen ge-
paartheit: tuj X€ip€, TUJ TTÖbe, TUJ 6980X^0), ToTv X^poTv, TOIV
TTOboTv, TOIV CKCXoTv, TOIV CttVbdXoiV • TOTv dvdKOlV, TttlV 0601V,
ToTv Geoiv. nur in dem pseudoluk. Philopatriö c. 11 liest man ^k
TToboiv Kai x^poiv und in den gedichten Tragodopodagra v. 73 vo-
mxJVTec xcpoTv sowie Okypus v. 149 djiiqpoTv TToboiv.
Bei Polybios lauten genitiv und dativ von buo, wenn diese
nicht unflectiert bleiben, bueiv, buci.*^ bei Arrian heiszt der genitiv
2"^ zu nom. TÜJ v€av(a in TT. TOÖ otKOU 23 s. anm. 6. ^ vgl. oben
8. 16J ff.
688
EHasae: Qber den dualis bei Lakianos,
1>U01V, btim dativ macht hieb, wie ABöbner 'de Arriani dtcendl
genere' 0. IT bemerkt, der einflüsz des ionischen insofern geltend,
ak neben Oen regelmäÄzigeii beispielen buoiv T€q)upaiv Aoab. III 7, !•
buoiv KttKOiv IV 9» 1. KeKoupoiv buoiv VI 19, :3. cuv buoiv Xdt-
Xaiv Ukt, 41, 4 und ^v büo Ttrix^ci 12, 6 die beiden ausdrücke ^v
bucxv fmepaic Anab. UI 25, 6. IV 3, 1 und ttoci bvci takt. 12, 8
Bich finden, bei Ltikiiinoa lauten genitiv und dativ vonbüo, wenn
diese nicht unüectiert bleiben, buoTv. besonders aber musz nach
Alex. 8 tiTTO buoiv (Fritzsybe und Jaeobitz bueiv) Toiv ^€TicTOlV
TUpavvou|ievov Tupdvvoiv die rege! gelten: Lukian setzt zu artikel
und nomen auf -otv nur buoiv, nicht buelv. bei WSchraid Attioia-
mu8 I ä. 226 ^iud daher die formen ^U€tv und biici aus der reibe der
anomalien zu streichen.
Zum beweise, dasz das gesetz der congruenz auch bei &ubject,
attribnt und prädicat streng durchgeführt ist, dienen folgende bei-
spiele: Toiv cavbdXow XP^coTv övTOiv Philops, 27. buo lOUTUt
bpaTrcTiCKUJ TiapaboöevTt in bpaTi. 33. tuj 6€pa7TaivibiuJ toOtuj
cuvoiKOTditu poi övie in ctXieüc 17. toOtu) Trapabuucui f|t€|i6v€.
Tcvricojitvuj in öeujv hxäh 20, 15. tuj rexva» mici T<ip ^ctov in
äXicuc 20. tcmbe. ^ctöv buo KaXa» in OctLv bidX. 20, 15. tuj dciui
dlJqpOTCpuU. €übOKl|i€lTOV in TT. TOÖ dvUTTVioU 7, EKCIVUI. IUI ^€1-
paKitw, dxacSdXuj rdp iicxiiv, biKOC dTicdtiiv Char. 3. buo tap
kcTov, a\ TTpöc TTiv ^r|TOpiKriv dtCTOV in pT^TÖpujv bib. 6, wo
Sommer brodt mit Cobet richtig £1 statt a'i wegen des folgenden
äX€TOV liest, anders ist es Tipöc dTraib. 17 buoiV Övxoiv, &TT* dv
TIC KXficaiTo: denn hier ist ärra der aceusativ des neutrums. die
Verletzung der congruenz ist ein merkmal der unechtbeit TT. irapac.
45 Tub dvbpe. napdciToi f\cav wie ebd* 61 TTpoK€l^evuJV d^(poTv*
endlich tritt der dual des verbuma auch zu zwei subjecten: bporrr. d
€ö^oXTroc Ktti 'Opcpeuc cuv€Tcvec9Tiv. Zcuc Tpat- 4 Ti^oicXf|c icai
Aä^ic . . bi€XeT€c8r|v. Skythes 9 'Avdxapcic Kai T6£apic . . iik€tov . ,
€iiatoji€vuj. ebd. 11 ^CTÖv, ul6c Kttl Tiarnp. Zeuc TpaT*12 x<i^ku».
djLi<poTEpuj ^cTov . . ö^oTtpu) . . TiQtbei 6 Atövucoc Kai 'HpaKXv)c.
Und ao können wir ab das ergebnis unserer Untersuchung die
behauptung aufiytelleü: Luktanos gebraucht den dual wie die Attiker.
und weil er als '^einer der genialsten Stilisten aller zeiten, der Aristo-
phanes des zweiten jb. nach Cb.% wie WScbmid Atticismus I s. 431
sagt, die spräche Piatons, Xenophons und der attischen komÖdie zu
einem sprachcomplei zusammenzufassen im stände war, so kmnn
Lukians spräche eben auch als eine stütze und bestätigung deaaen
dienen, was die Attiker gebrauchten (vgl. UScbmidt 'de doali
Oraecorum et emoriente et revivi^cente' s. 49 ff. und EE&dse *der
dnalis im attischen' s. 18. 60 C)»
Barten 8TEIN in OsTFREuazEN. Erhst Harse.
CKrauth: verschollene länder des altertums. I. 689
.75.
VERSCHOLLENE LÄNDER DES ALTERTUMS.
I.
Die östgrenze der oikumene und der Araxes.
Verschollene menschen gibt es, die in der heimat ihr glück
nicht fanden und in der fremde verdorben oder gestorben sind, man
vermeidet es die angehörigen nach ihnen zu fragen, um keine alten
wunden aufzureiszen. aber verschollene länder? welcher geschicht-
schreiber oder welcher geograph hätte die nachricht verzeichnet:
^diese länder sind seither nicht mehr aufzufinden gewesen'? haben
wir nicht vielmehr kartenwerke , die es sich gerade zur aufgäbe ge-
macht haben alle Veränderungen des besitzstandes, die die einzelnen
länder der erde im laufe der letzten zwei Jahrtausende erlitten haben,
mit Sorgfalt zu verzeichnen und so für das Verständnis der geschichte
eine unentbehrliche beihilfe zu bieten? und doch gibt es länder,
Städte und dörfer im Orient, von deren einstiger grösze und geschicht-
licher bedeutung das abendland keine ahnung mehr hat. aber hier
gewährt die nachfrage freude auf beiden selten: denn ein tragisches
geschick hat über jenen Völkern gewaltet, sie haben sich unter dem
druck einer oft wechselnden fremdherschaft in sage und lied ein
leises erinnern bewahrt an ihre einstige grosze Vergangenheit, wie
unter schnee und eis das moos sich frisch und grün erhält, aber
diese stimmen wurden meist als eitle anmaszung zurückgewiesen
oder überhört, daher wird sich auch das abendland freuen endlich
eine ehrenschuld abzutragen an jene so lange verkannten, zumal da
es sich in der hauptsache um Indogermanen handelt.
Fragen wir : hat etwa ein beleidigter sänger seinen fluch aus-
gesprochen über jene länder, dasz sie versunken und vergessen sind,
oder haben die geschichtschreiber und geographen des altertums
nicht ihre Schuldigkeit gethan? sie thaten was in ihren kräften
stand, aber freilich, einen mangel hatten sie: sie besaszen noch nicht
die hilfsmittel richtige erdkarten zu entwerfen, die uns heute zu ge-
böte stehen, ja, wenn das Perikleische Athen oder Alexandreia zur
zeit der Ptolemaier ein kartographisches Institut in unserm sinne ge-
habt hätte, dann wäre kein fusz breit alte weit dem wissen des abend-
landes verloren gegangen, wer heute die atlanten durchblättert, die
mit immer sich überbietenden reizen ausgestattet auf dem bücher-
markt erscheinen, der vergiszt wohl , welchen weiten und beschwer-
lichen weg von den Zeiten des altertums bis jetzt die kunst der erd-
kartenzeichnung hat zurücklegen müssen, bis es uns vergönnt wurde
die länder der erde mit ihren bergen und thälern. Aussen und mensch-
lichen siedelungen und die Weltmeere mit ihren tiefenverhältnissen
so anschaulich und nur in verkleinertem maszstabe wie auf das papier
gezaubert vor uns zu sehen, und doch weisz jeder, der nur die spanne
Jahrbücher für class. philol. 1893 hfl. 10. 44
690 CErauth: yerschollene länder des altertama. L
eines menschenalters überblickt, dasz die atlanten der frühem Jahr-
zehnte dürftig und mangelhaft waren im vergleich za dem heu-
tigen Stande dieser Wissenschaft, und nun gar die kartenwerke
der verflossenen Jahrhunderte bis zurück in die Zeiten des Klau-
dios Ptolemaios oder der ionischen gelehrten der vorchristlichen
zeit! welche mängel und irrtümer dürfen wir wohl da erwarten!
in der that, es musz für den menschlichen geist eine schwere auf-
gäbe gewesen sein die läge und raumverhältnisse der bewohnten
erde ein erstes mal bildlich darzustellen, veräuche es nur einmal
ein jeder, auch nur ein kärtchen seiner nächsten Umgebung frei-
händig zu zeichnen, vergleiche es dann mit dem mesztischblatt, und
er wird finden, dasz er dem fluäse, an dessen ufern er täglich spazieren
gieng, eine etwas andere richtung gegeben hat und dasz jenes ge-
birge y das er so oft bestiegen , von ihm falsch gerichtet worden ist.
die fehler werden sich mehren , je gröszer das gebiet ist , das einer
auf das papier zu zeichnen sich vornimt. und dabei sind für viele
doch die fertigkeit im zeichnen und der anblick guter karten nicht
zu unterschätzende hilfen. und die alten Griechen sollten fehler-
freie erdkarten gezeichnet haben, die unsere hilfsmittel noch nicht
kannten?
Es hiesze einen schweren irrtum verewigen, wollte man den
aus dem altertum uns überlieferten karten eine urkundliche bedeu-
tung beimessen, wenn es gilt die läge der einzelnen länder der alten
weit zu bestimmen und unter unser gradnetz zu bannen, das die alten
noch nicht in dieser Vollkommenheit kannten, ja es wird endlich
zeit, dasz das abendland aufhöre Städten und ländern des Ostens der
alten weit eine geschichtliche Vergangenheit zuzutrauen, die sie nie
gehabt haben, alle geschichtsbücher und erdbeschreibungen des
altertums sind voll rühmens von Indien, Sogdiane, Baktriane, Hyr-
kanien, Parthien und dem lande der Seren, aber die erdkarten-
zeichner konnten in der bildlichen darstellung dieser länder den an-
forderungen nicht genügen , die wir an einen kurtographen stellen
müssen, so ist es gekommen, dasz hier das be.*>chreibende wort und
das kart^nbild vollständig aus einander gefallen sind, um diesen
mangel zu verstehen , musz ein leser der alten geographen sich in
die Seelen anderer versetzen, die in mancher hinsieht weniger wüsten
als unsere zeit; er darf nicht befangen sein in dem wissen der gegen-
wart und den alten schon manche kenntnis&e zutrauen, die sie noch
nicht haben konnten; er musz gewissermaszen die gegenwärtigen
Vorstellungen von den ländern der erde zu hause lassen, beispiels-
weise darf man nicht, sobald der name Indien bei einem alten Schrift-
steller begegnet, gleich an Vorderindien denken oder, wie Arrianos
es that, unter dem indischen Kaukasot» einen andern als den be-
kannten Kuukasos verstehen wollen, blosz weil seiner zeit, dem
zweiten jh. nach Ch. , der zusatz 'indisch' unverständlich gewor-
den war. man musz mit jenen Schreibern denken können, denen
noch alles neu war, was jenseits der heimatlichen Stadtmauer lag,
CErauth: yerschollene länder des altertums. I. * 691
und die noch mit kindlicbem äuge in die weit mit ihren tausend
wundern blickten.
Die grenzlinie bis zu welcher bei den alten das kartenbild sich
mit der geschichtlichen Wirklichkeit leidlich deckte — eine voll-
ständige tlbereinstimmung wird eigentlich nirgends erreicht — und
wo der irrtum anföngt für die Wissenschaft geföhrlich zu werden,
läszt sich ziehen schräg von der mündung des Dnjepr nach der nord-
ostspitze des persischen meerbusens. über alles land, das jenseits Olbia
zu Europa und jenseits Trapezunt und des kurdistanischen grenz-
gebirges von Iran zu Asien gerechnet wurde, sind die alten nicht zu
voller klarheit gekommen, was sie versäumt haben musz heute die
altertumswissenschaft nachholen, die geographische läge jener länder
der aufgehenden sonne, Skythien, Altindien ; Sogdiane, Baktrien,
Hjrkanien, Parthien und des Serenlandes zu bestimmen und zu er-
forschen , wie es kam , dasz sie in verschollenheit gerieten und bis
heute in unsern geschichtsatlanten an falscher stelle verzeichnet
wurden, das ist wohl der mühe wert, zur erreichung dieses zieles
müssen die anfange der erdkunde zurückverfolgt werden in jene zeit,
wo diese Wissenschaft noch in der pflege der dichtkunst stand, bis
sie dann die unzertrennliche begleiterin der geschichte wurde.
Ein unübersehbarer Untersuchungsstoff liegt vor uns in den
Schriftwerken aller Völker, die während der letzten Jahrtausende in
jenen ländern entweder selbst gewohnt oder durch kriegsztige oder
wissenschaftliche interessen mit ihnen in berührung gekommen sind,
und wenn einer alle sprachen wüste, in denen diese werke geschrie-
ben sind , sein leben würde nicht ausreichen den gewaltigen stoff
zu bemeistern. die arbeit des einzelnen wird hier sich immer in den
engern grenzen halten müssen, die jedem menschlichen können ge-
zogen sind, gelingen kann das ganze nur, wenn kundige Vertreter
aller zweige der altertumswissenschaft an diesem werke mit helfen,
nicht um ein Pompeji , nicht um ein zweifelhaftes Ilion winkt hier
die palme dem forscher, es gilt an räumlicher ausdehnung ein an-
sehnliches stück , an culturgeschichtlicher bedeutung vielleicht die
hälfte der alten weit wiederzuerwecken aus zweitausendjährigem
schlaf, in dem sie wie Dornröschen verzaubert lag, umgeben von
der dornenhecke einer verworrenen Überlieferung, goldene schätze
des Wissens sind hier zu heben, die nun nicht länger von den hjper-
boreischen greifen bewacht werden. '
Da die in frage kommenden gebiete nicht blosz in der neuzeit,
sondern auch im altertum die zeugen gewaltiger politischer um-
^ möchten die gelehrten bald mittel und wege finden, die in den
wiederaufgefundenen ländern des classischen altertums noch vorhandenen
baudenkmiller aus alten zeitcn zu untersuchen und die sprachen jener
zahlreichen völkertrümmer der altertumswissenschaft dienstbar zu machen,
ehe es zu spät ist, ehe die alles einebnende cnltur der gegenwart den
Zauber der ursprünglichkcit von diesen menschen abgestreift und auch
die letzten spuren der alten hcrlirhkeiten dieser länder wie mit einer
gleichmachenden tünche überzogen hati
44*
692
CKrauth: verBchoUene länder des altertoms. l.
wälzungen waren , ist es notweDdig, dasz der teser jedesmal eia
neues bild von ihnen gewinnt^ so oft ^ie einer gr6szem i^taatlicben
omwähang unterworfen waren, der reicbtum der geschichtlichen
und geographi:äcfaeQ quellen steht mit der bochflut politischer ereig*
njsse immer in einem ursächlichen zusammenbang, wir werden da*
her zunächst das Verhältnis jener länder zum alten Perserreiche, dann
zu Alexander dem groszen und schlieszlicb zum Bömerreiche ins äuge
fassen, eine spätere öorge wird es sein, da3 Schicksal derselben auch
darch die litteraiur des mittelalters hindurch bis in die neuzeit KU
yerfolgen. für heute wollen wir nns begnügen, alä grundlage aller
weitern forscbang die ostgrenze der den alt«n Griechen bekannten
weit festzustellen und die Araxesfrage zu beantworten*
Die heldentbaten der zahlreichen griecbiscben stammberoen sind
in einschal tun gen bei Homer und den dichtem der nacbhomeriacbeii
zeit besungen« aber schon Horatius wüste, dasz es Tor Homeros
dichter gab^ die ihre stammessagen an die personen heldenhafter
Stammfürsten und ihrer nachkommen anknüpften, solche gene
logien enthalten nicht selten spuren einer Urgeschichte des landQ
von der auch der geograpb etwas lernen kann, die einzelnen gliede
solcher heroenreihen fassen wir nicht als pers5nlichkeiten auf« die
den beschränkten Zeitraum eines menschenalt ers erfüllten, sondern
als träger ganzer culturperioden , deren ausdebnung wir nicht mebr
ermessen können, an der spitze der Stammbäume steht meist ein
gottf weil bei dem erobernden vordringen der alten volksstämme der
cultus der angestammten landesgötter nach der neuen beimat ver-
pflanzt wurde, oft wurde sogar das alte götterbild mitgenommen,
bekannt ist ja das beispiel des Aineias, der aus dem brande TroJM
die alten bausgötter nach Italien trug, so erklärt sich das mytho-
logische element in diesen alten stammsagen. eine genealogische
reibe von ausgesprochen ganz verschiedenen bestand teilen läszt sich
so erklären, dasz die einzelnen culturträger aus 6iner und dersolben
weltgegeod herstammen, das ist allem anscbein nach der fall bei
den gliedern des argeii^chen Stammbaumes, an dessen spitze der
Okeanos steht; seine nachkommen sind in gerader linie Inachos, lo,
£paphoB, Libya. Belos, Danaos und Aigyptos. vom fernen oki^anos
also kam ein volk unter fUhmng des Ägypters Inachos nach Argos,
er ist, wie auch sein name verrät» der Noah der argeiiscben sage,
der nach der Deu kaiionischen flut zuerst von den bergen in die
ebene hinabstieg, sie zu bebauen, er brachte den ägyptischen
mondcuUus mit, daher hieszen später die Arkader, welche die var-
ägyptische grundscbicht der bevölkerung der Peloponnesos ane-
machten, die 'vor dem monde dagewesenen' (ApoUonioe Argon. IT
263 f.), Griechenland und besonders die Peloponneson war der
haltepunkt der ägypti sehen cultur und ge wisse rmaazen der schritt-
stein bei ihrem vordringen nach dem Nillande, das wir Ägypten zu
nennen gewohnt sind« die drei namen lo, Fpapbos und Libya spre«
eben das aus, die yerwandtscbaftlichen beziebuugen, in die lo, di^
CErauth: verschollene l&nder des altertumB. I. 693
sonst die tochter des Inachos heiszt, auch zu Prometheus gesetzt
wird, und ihre Wanderung vom Eaukasos nach dem Nillande Iftszt
es auszer zweifei, dasz wir auch des Inachos heimat am Kaukasos zu
suchen haben, denn Prometheus ist unstreitig ein kaukasischer held :
das beweist schon die örtlichkeit der Aischylischen tragödie. der
chor der Okeaninen, der dem an den Eaukasos gefesselten manne
tröstend erscheint, entstammt dem Easpisee, den dieses Zeitalter fttr
den äuszem östlichen okeanos hielt.' der trftger der dritten cultur-
periode, Belos, der söhn der Libya, stammt nach unserer meinung
nicht vom Nillande oder Phönikien her , sondern weil er in einer
genealogischen reihe steht, die auf den Easpi- okeanos ihren Ur-
sprung zurückführt, leiten wir auch seine berkunft von Eaukasien
ab. sein name verr&t ein volk semitischer rasse , als dessen reprft-
sentant sonst der Phöniker Eadmos genannt wird, er soll höherer
Weisung nach einer kuh folgen und sich da niederlassen, wo sie sich
lagern würde, unter der kuh sind die ägyptischen bewohner Oriechen-
lands gemeint, die Verehrer des gehörnten mondes. und so trägt
seine stadtgründung den echt ägyptischen namen Thebai im lande
der kuh , Boiotia. die Vertreter einer vierten oulturperiode sind die
feindlichen brUder Danaos und Aigyptos. beide führen ihren ge-
meinsamen Ursprung auf Okeanos zurück, folglich haben wir auch
ihre ursitze in Eaukasien zu suchen, der phönikischen epoche ge-
hört, so scheint es, die heldengestalt des Herakles an, dessen thaten
ein abbild geben von dem wirken des Sonnengottes vom Eaukasos
bis zu den Pyrenäen, der jüngsten ägyptischen Völkerwanderung
gehört dagegen an die ausbreitung des Dionysoscultes. Herakles
sowohl wie Dionysos sollen nach der spätem sage im boiotischen
Theben geboren sein, aber es scheint doch naturgemäsz, den Ur-
sprung dieser culte schon in der Urheimat der Völker selbst zu suchen,
dort am Eaukasos und am Easpi-okeanos, bis zu dessen westlichem ge-
stade der Überlieferung nach Herakles und Dionysos ihren Wirkungs-
kreis erstreckten (Dionysios perieg. 1161 f. Arrian anab. Y 26, 5).
man begegnet zuweilen der ansieht, als wenn mit dem Alexander-
zuge nach dem Orient sich auch der horizont der Herakles- und
Dionysos-sagen bis dahin willkürlich erweitert habe, das ist nicht
richtig ; die kämpfe des streitbaren Dionysos gegen die Inder am
Eaukasos bildeten schon den stofP der ältesten griechbchen tragödien.*
und wie Herodotos berichtet, spielt Herakles schon in der skythi-
schen stammsage eine hauptrolle. bei dem vordringen des Hellenis-
* an den südlichen oder indischen okeanos ist hier nicht sa denken,
weil die sichere bekanntschaft mit demselben durch die bis in das
Herodotische Zeitalter (etwa 600 vor Ch.) hineinragende einrechnong
Libyens zu Asien als einem erdteile ffir^'ene ältesten selten aosge-
scblossen erscheint. ' Baku bewahrt noch heute den namen des wein-
gottes; es ist ein genitiv, übrig geblieben von der (griechischen) be-
zeicbnung des durch seinen indischen feuercult noch heute berühmten
ortes als 'fusztapfe des Bakchos' oder ^seulen des Bakchos' (Dionysios
perieg. 1153 f. 1161—66).
694
CKrauth : YeracbolkDe länder des aliertume. L
mu6 nach Osten wurden daher nur alte erinnemngen wieder auf*
gefrischt.
Aber noch andere erwägungen bestiminen uns die wurzeln der
ägyptischen culttir am Eaukasos zu suchen und als ostgrenze dieser
weit der {iltesten sagen die Westküste desKaspi-okeanos anzunehmen.
Die ältesten, von den griechischen stammfürsten unternommenen
bef^rfabrten, von denen uns die Homerischen dichter melden, die Ar-
gon au tenfahrt, der zug der Sieben und ihrer nachkommen geg^li
Theben, der heereszug gegen Ilion, zeigen uns diese forsten einem
fQhrer im wesentlichen gehorchend, den vorübergehenden lorn des
AchiUeus abgerechnet, diese einmUtigkeit kommt zwar unserm Zeit-
alter der bundesstaaten und Staatenbünde natürlich vor» aber &ie
hatte weder zur zeit der auädichtung der uns vorliegenden Homeri-
schen gesünge noch nachher in Hellas irgend ein vorbild. da war
vielmehr jedes band wider den nächsten, und erst unser Jahrhundert
hat diese einigung Griechenlands unter feinem scept^r erlebt, es hat
daher den anschein , als ob der kern der Ilias sich auf einen vor-
geschichtlichen Staat der argeiischen Danaer bezieht, wo die ver*
bällnisse des Wohnraumes viel einfacher lagen als in dem von ge-
birgen vielgeteilten Griechenland, und wo die zusammenfa^ssung der
macht durch ^ioen heerkönig viel leichter möglich war. nur »o er*
klären sich auch gewisse Vorstellungen von der weit und von den
menschen in diesen dichtungen^ die eigentlich mit der neuen heimat,
auf welche die tbaten einer grauen vorzeit mit übertragen worden,
nicht mehr vereinbar waren, schon die zusammen fügung des groszen
epos aus verschiedenen einzelliedern bringt es mit sich, dasz man
nicht von vorn herein ein einheitliches und fest umschlossenes bild
von der Homeriscben oikumene erwarten darf, uralte vorsteUungea
von der weit werden neben jungen zu finden sein.
Eine reibe von stellen gibt es, die einen ziemlich engen g^
sicbtskreis des oder der Verfasser verraten, dabin gehört vor alldm
die vorstellong von dem aufgehen der gestime in einem östlicheii
okeanos und ihr Untergang in einem westlichen. IL € 6 f.
Ibnlich dem gJantgeütirne der berbatnfteht, welches am meisten
klar den hiEniuel durchatrahU, in Okeannii Outen gebadet.
ebd. H 421 ff.
HpUo8 Hber höacUieu mit erneuetem »trahl die grelilde,
aus sHnftwallender tlut des tiefen Okeauoastrom«»
steigend am himmel empor.
ebd. C 239 ff.
HeNoa, rastlos im Intif, entäaitdi von der herscherin Here,
kehrcte jetzt unwillig hinnb zu Qk^anos fluten.
nieder tauchte die 8oiin\tund das beer der edlen AchaJer
rulite vom schrecklicben kämpf und allverderbenden kricpe.
dem Homeros hierbei die kenntnia des ätillen oceatia zuzutratieii
ist niemand berechtigt, aber auch nur unter dem andern okcADOS
ohne weiteres den atlantic^cben zu verliehen scheint gewagt, wenn
CKrauth : verschollene länder des altertums. I. 695
man bedenkt, wie .viele erf&hrungsschlüsse erst gezogen werden
musten, ehe beispielsweise der kleinasiatische Hellene seine teuschung
einsah, dasz die sonne nicht im aigaiischen meere untergehe, und
der bewohner Griechenlands , dasz sie nicht im adriatischen , nicht
im tyrrenischen meere, sondern jenseits der strasze von Gibraltar
in dem undurchmessenen atlantischen ocean untergehe, dahin ge-
hört die ansetzung des ewig in dunkel gehtlllten Eimmerierlandes
jenseits des Sonnenunterganges im okeanos Od. X 12 fp.
nieder tauchte die sonn*, und schattiger wurden die pfade;
jetzo erreicht war das ende 'des tiefen Okeanos>tromes.
allda liegt das land des kimmerischen männergebietes,
ganz von nebel umwölkt und finsternis; nimmer auf Jen* auch
schauet Helios her mit leuchtenden Sonnenstrahlen;
dahin Od. o) 11 ff. die erwähnung des felsen Leukas als aufenthaltes
des seligen Achilleus und anderer beiden ebenfalls im fernen westen.
es verrät sich hier deutliph ein dichter vom ostgestade des schwarzen
meeres. hier sah man täglich die sonne im meere untergehen, wie
konnte sie da noch dem fernen Thrakien leuchten ? denn Kimmerier
saszen vor den Skythen an der ganzen nordktlste des schwarzen
meeres und auch in Thrakien, nach einer später allgemeinen an-
nähme galt die Insel Leuke, der Donaumündung gegenüber, für das
Elysion des Achilleus, sie wird also auch unter dem Homerischen
Leukas zu verstehen sein, das schwarze meer ist also diesem kauka-
sischen dichter noch der westliche okeanos. auch die benennung
einer schmalen landzunge der skjthischen küste unweit der mündung
des Dnjepr mit 'rennbabn des Achilleus' sowie die Versetzung der
Iphigeneia nach Tauricn klingen wie erinnerungen aus uralten Zeiten,
ferner sind die Schrecknisse der meerfahrt, die Homer gern schil-
dert, recht eigentlich auf dem schwarzen meere zu hause, der öst-
liche okeanos dagegen musz das nächste meer hinter dem kaukasi-
schen isthmos sein, das wir das kaspische nennen, aus ihm steigen
dem bewohner des Kaukasos die gestime auf. der dichjier bezeichnet
den Kaspi noch nicht mit einem besondern namen, sondern nennt
ihn schlechthin okeanos, Weltmeer, weil man seinen Charakter als
binnensee noch nicht kannte, man wüste nur, dasz jenseits des
kaukasischen gebirgsrückens das meer brande an einer nach nord-
west und Südost verlaufenden, in ihrer ausdehnung noch unerforschten
küste. wenigstens scheint es gewagt aus einer einzigen steile Od. f 1
Helios strebte nunmehr, aus dem herlichen teiche sich hebend,
auf zum ehernen himmel
den schlusz zu ziehen, dasz diesem dichter die geschlossenheit des
Kaspi schon bekannt gewesen wäre.
Zu den erinnerungen eines kaukasischen dichters scheint auch
zu gehören die scbeidung der menschen in östliche und westliche,
Od. e 28
dieser frerodling, ich weisz nicht wer, kam irrend ins haus mir,
sei's von des niedergangs und sei's von den Völkern des aofgangs.
696 CKraatli: TencboUene länder des altertums. L
desgleicbeu die teilting der Aithiopen in Östliche und weetHche
Od. a 22
lern war dieser nunmehr zu den Aitbiopen (gewandelt:
AiihiopeD» die zwiefach geteilt sind» äuszerste menacbeD,
diese zum untergange des Helios, jene zum autgaiig.
namentlich die erste heobachtung scheint da entstanden zu sein, wo
das land eine vorwiegend nord südliche erstreck ung hat und in leicht
zu übersehender weise begrenzt ist vom meere im osten und westen.
das iät der fall auf der kaukasischen landenge , auf deren nord- und
Südseite die iuszlllufe eine Scheidung« der menschen — im süden
wohnten dunkel häutige Aithiopen — in östliche und westliche vor-
schrieben.
Ea liegt nicht in der absieht des diehters, uns über die ur-
sprOngUche herkunft der Danaer aufzuklären; das alte sagengut des
Volkes ist längst mit den neuen Wohnsitzen in Hellas und Klein-
asien in einklang gebracht, auch über daa .Verhältnis der Danaer eu
den Ägyptern kann oder will uns Homer keinen reinen wein ein-
schenken, wir sind daher auf eine Verknüpfung Homerischer und
Herodotischer Überlieferung angewiesen, es ist bekannt, mit wel-
cher Vorliebe die Homerischen götter sich bei den Aithiopen auf*
halten, so heiszt es IL A 423 f.
Zeus gieng gern zum mahl aar qua traf) ichen Aithiopen
an des Okeanos flut, und die himmliscben folgten ihm alle.
und V 205 £
nötiget nicht| denn ich eile zurück an Okeanoa flnlen,
dortf wo die Aithiopen den ewiiren jetzt hekatomben
festlich weihe I dasx ich selber des opfennahls mich erfreue!
und Od. a 22 ff.
fem war dieser (Po5t»ition) nuumehr zu den Aithiopen gewandelt;
Aithiopen, die zwiefach geteilt sind, fluäzerste menschen,
diese zum untergange des Helios, jene sum aiifgang;
dort der festhekatombe der stier' und widder «u nahean.
hieraus ergibt sieb, daas die götter Homers eigentlich götter der
Aithiopen sind, die von den Danaern zwar angenommen waren, aber
sich bei den Aithiopen doch noch beimiscber fühlten, nun erzählt
uns Herodotoa II 60— 68 alles ernste« nach mitteilungen der prieat^r
des oberägjp tischen Theben, dasz die griecbiäcben gütter eigentlich
von den Ägyptern stammten, also ägyptische gottbeiten seien, folg-
lich sind die Aithiopen Homers die kaukasischen Ägypter, da Au
eine derartige beeinflussung der griechischen cultur vom obern Nil
aus in so alten zeiten nicht zu denken i^t. zu seiner zeit war es all-
gemein bekannt (II 104 f.), daäz die Ägypter den bewohnern tod
Rolchiä in Südkaukasien aufs haar ähnlich waren, wenn die Ägypter
dem forscher das so erkl&rten, dasz die Kolcher eine von einom
ägyptischen heereszuge dort zurückgelassene colonie seien , so liegt
darin das Zugeständnis ausgesprochen, dasz die Kolcher Ägypter
waren f und zwar unserer meinung nach Urägypter.
CErauth:.YerBchollene länder des altertums. I. 697
Diese ägyptischen Kolcher sind also die westlichen Aithiopen
Homers, als Vertreter der östlichen, am Kaspi - okeanos wohnenden
ist Memnon, der söhn der morgenröte anzusehen, der dem be-
drängten nion zu hilfe eilt, schon dieses bundesverhältnis l&szt auf
enge beziehungen zwischen dem volke des Priamos und den Aithiopen
schlieszen. die gemeinsamkeit der götter Ilions und der Danaer er-
hebt es daher zur Wahrscheinlichkeit, dasz in Ilion eine aithiopisch-
ägyptische Stadt bekämpft wurde — vielleicht schon in Kolchis;
der aufenthalt der Helene in Ägypten, worunter die spätere dich-
tung das Nilland verstand, scheint auf die wahre örtlichkeit der
ursprünglichen sage am Kaukasos hinzuweisen (Od. b 581 f.).
Wenn sich aus den Homerischen epen ein kaukasischer kern
herausschälen läszt, so ist anzunehmen, dasz auch die dem troischen
kriege voraufgegangenen Unternehmungen achaiischer beiden den
Kaukasos zum hintergrund haben, zumal da teilweise dieselben per-
sonen wie im troischen kriege daran beteiligt sind, sie weisen auch
gewisse gemeinsame züge auf. Danaos mit seinen 50 töchtern wird
von den 50 söhnen des Aigyptos verfolgt, lason und seine fahrt-
genossen von den Eolchern, in denen wir Ägypter erkannten, als
erbauer der Argo wird übrigens auch Danaos und sein schiff Danais
genannt '*, so dasz diese beiden ersten Sagenkreise eng in einander
greifen.^ hierher gehören vielleicht schon die beiden heereszUge
gegen Theben, die stadt mit dem urägyptischen namen.'^ Tydeus
(IL A 396) tötet von 50 Thebanem, die sich in einen hinterhalt
gelegt hatten , 49 , 6inen läszt er entrinnen, den schlusz dieser an-
scheinend kaukasischen sagenreihe bildet das von den aithiopisch-
ägyptischen göttern bedrohte unternehmen der Danaer gegen ein
aiUiiopisches Ilion und die gefährdete heimkehr der beiden, viel-
leicht ist es nicht zufall, dasz auch hier die zahl 50 wiederkehrt bei
den söhnen und töchtern des Priamos.
Vereinzelte stimmen aus dem altertom behMipten, der diöhter
Homeros sei ein Ägypter gewesen, nach un^ürL-j^ uunaLiric fine^
aithiopischen Ägyptens in Btidkaukasien, wo nahe beziehungen zu
den acbaiischen Danaern be^^tandeiif ist es gar EJcht &ö ünmögliuUi
dasz sich diese Urheberschaft auf einen gewissen teil der Ilias hu^
schränkt hat, der dann von den grieübischen rbapsoden mit
nommen wurde» die Vornehmheit, mit der gferado dittv^*^
Achaier in der Ilias geztficbiiet w^rrbtt^ im vergtc
die Danaer zuweilen wie recht wnge&chlaf***^
vielleicht auch die wichtige stdlung, (*^
*Sphinx' Boiotia noch in der 11
* auch hat man h* vieT*^
schiff 8D amen wiedererkftmr
hat übrigens anch in dtr"^
> überhaupt scheint ~ ^
zu berahen an eine Wgy-
d. gr. auf gesetsgebtftor
\
CKrauth t verschollene länder des aliertums. L
auffaUende. ApoHonios berichtet Argon. IV 259 f., dagz die ägyp-
tischen pries ter von Theben in Oberägypt4?n eine andere fassting
des Argoliedes besäszen und alte erdkarten mit den wegen und
grenzen der oikumene von den vätern her bewahrt hätten (v. 279
— 281). warum sollte das nicht auch von einem kern der Uias mög-
lich sein? und welches interesse hätten die Ägypter an den ältesten
heldenliedern der Danaer gehabt, wenn sie nicht selbst die sache
angieng^ und wenn nicht darin auch ein stÜck Urgeschichte ihres
Volkes abgehandelt wurde?
So werden wir zu der annähme geführt, dasz es einen ägypti-
schen culturmittelpunkt in Kaukasit« n gab — ein Thebe oder Ilion —
das den wiederholten anstürmen der Danaer erlag, als Wegweiser
dahin kann uns eine stelle dienen aus dem Homerischen hymnos 5,d
(nach Stein zu Herod. HI 97, ö), wo es beiszt: 'ein Nysa gibt es
irgendwo, sehr hoch ist sein berg, blühend im baumschmuck, fern
von Phoinikien , nahe den wogen des Aigyptos/ die nysäiscbe flur,
mit dem Dionysoscült untrennbar verbunden (Hom. hy. 26, 3 f.),
als ein weinland, wo der kleine Bakcbos von den nympben grosz
gezogen wird, sind wir berechtigt da zu suchen, wo der weinstock
2U hause ist, nemtich in dem südkaukasischen rehenland, an das
der heiszen zone angehörige Nilland ist dabei nicht zu denken, denn
diese ist der rebe abhold. Nucha am ausgang des durch seine weine
berühmten Kachetinerthales darf nach unserer meinung den an-
spruch erheben das Nysa der alten zu sein, das ursprünglich Nusa
geBprochen wurde, der sehr hohe berg in setner nähe, den wir im
Nillande vergeblich suchen, ist der sonst mit dem gott von Nosa
Dionysos oft zusammen genannte Meroaberg, dessen name vielleicht
sich im Murow-dagh erhalten hat (Strabon XV 687. Arrian anab»
V 1, 6. 2, ö). der Aigyptos aber ist in diesem Zusammenhang der
alte name für den hauptstrom des kaukasischen Ägypten, vielleicht
der spätere Oxotj, ein kaukasischer flusz, den wir bis jetzt noch nicht
bestimmen konnten, auf Anahita, die göttin des Oxosstromes, Ifiait
sich vielleicht die ägyptische Ant oder Neitb zurückführen, manches
spricht auch für den spätem Kura. namentlich die Umgebung der
heutigen hatiptstadt Südkaukäsiens Tiflis ist reich an recht alter-
tümlich klingenden siedelungsnamen, zb. Grosz- und Klein -Iiilo
nordöstlich, Lisi nordwestlich von Tiflis. dieser dorfname verrftt_
uns, dasz der name der hauptstadt im altertum Tibiüsi zusammea
gesetzt ist aus Tibi und Lisi, der erste bestandteil geht vermutlic
geradezu zurück airf das alte Thebe. das schwinden der aspirata
k{Jnnen wir auch in andern kaukasischen namen beobachten , zb. ist
Baku aus Bakkhu, Baktriany am oberft Alasan in Kachetien , helle-
nistisch Baktriane, aus Bakbtri des altpersiscben, Bäk'bdhi des Avesia
entstanden, dasz Tibilisi erst verhältnismäszig spät gegründet seia
soll, ist kein gegenbeweis: denn an dem kreuzungspunkte zweie
hauptvölkerstraszen von nord nach süd und vou west nach ost wi
die anläge einer Stadt geographisch bedingt, seitdem es überban|
CKrauth : verschollene länder des altertums. I. 699
Völkerverkehr gab. sie mochte oft feindlichen angriffen, ja der Zer-
störung ausgesetzt sein, aber ebenso oft muste sie an derselben
stelle wieder erstehen, wie so viele städte und länder des classischen
Orients wird auch Parthien mit seiner stadt Hekatompylos bis heute
an einer stelle angesetzt, wo es nie gelegen hat. vielleicht gelingt
es späterer forsch ung und vor allen der Wissenschaft des spatens,
die uns hier nie im stich lassen darf, in dem parthischen Heka-
tompylos die hundertthorige Thebe Homers wiederzufinden (Ilias
I 3B1 ff.), deren dichterischer beiname neben Tibilisi vorüber-
gehend Selbständigkeit gewonnen hatte.
Die Ägyptenforscher sind längst davon überzeugt, dasz die
Ägypter nicht in Afrika ihren Ursprung haben, auch haben sie ge-
wisse deutliche beziehungen zwischen der ägyptischen cultur zur
babylonischen und indischen erkannt, dieser einflusz, der sich noch
erweitem läszt, reicht zurück in jene zeit, wo es noch ein ägypti-
sches Thebe am Kaukasos gab. denn ^dort liegen die quellen des
Nil' ; das erkannte und schrieb an seine mutter Olympias Alexander
der grosze, in glücklicher nachahmung der blumigen redeweise des
Orients (Arrian anab. VI 1, 4).
Wo so viele» dafür spricht, die .ursitSo der Ägypter in Kau-
kasien zu suchen, wird es auch nicht an anhaltspunkten fehlen, das
heimatrecht der Danaer im Kaukasos zu sichern : denn beide sind ja
brudervölker der sage nach, ein sprengstück von dem achaiischen
beere vor Ilion nennt Dionysios perieg. 682 f. die Achaier, die noch
in geschichtlichen zeiten am nordostgestade des Pontes ein enges
felsenthal des Kaukasos bewohnten, darin liegt doch für uns das
Zugeständnis, dasz man das vorkommen dieser Danaer für so alt
hielt wie jenen uralten gegensatz der Danaer und aithiopischen
Ägypter, der vor Ilion ausgefochten wurde, denn dasz diese Achaier
bei der heimfahrt von Troja die himmelsrichtungen verwechselt
hätten und statt nach westen, wo die uns vorliegenden epen ihre
hüimat nennen, vielmehr durch die meergassen der Propontis nach
Osten gefahren seien, ist doch sehr bedenklich, hier liegt vielmehr
ein compromiss vor zwischen dem alten und dem neuen lied. die
beiden der ursprünglichen Ilias, deren kämpfe vielleicht schon vor
einer kaukasischen Ilios ausgefochten wurden, gehörten den kau-
kasischen Achaiern an.' erst die jüngere fassung des Werkes, die in
Kleinasien entstand, verlegte die örtlichkeit nach der ebene von
Troja, mit derselben willkür, wie etwa das Nibelungenlied später in
Worms seinen mittelpunkt erhielt, so erklärt sich vielleicht der
doppt'lname der stadt des Priamos, Ilios und Troja, der sonst recht
auffallend erscheint, nach einer andern auffassung bei Strabon 496
waren die kaukasischen Achaier ein sprengstück vom Argonauten-
zuge; und Arrian in der umfahrt des schwarzen meeres § 28 nennt
ihr land einfach das 'alte' Achaia. Herodotos erwähnt in seinen
geschiebten aus dem Skythenland die Gelonen^ deren Wohnsitze im
lande der Budinen wir am nordwestlichen abbang des Kankasos
700
CKrautli : TerscbolleDe länger dea aliertums. L
wieder finden werden, ihre spräche verriet Bie a]a 'ursprüDglietl
Hellenen'» die > wie man sagte , aus den colotiien an der küste land-
einwärts entwichen waren, wer dächte da nicht an die art, wie sich
die spätem Ägypter das vorkommen eines ihnen ähnlichen Volkes
in Kolcbid erkllirten? dazu kommt dasz das wort 'Dan*, von dem
unserer ansieht nach der kaukasische Danaos und die achaiiscben
Danaer ihren namen haben, noch beut« einen bestandteil in den
namen der nördlichen Ponto&flüsse ausmacht, es bedeutet ^flusz'
und ist dasselbe wort wie unser 'Don*; es steckt auch in den flnsz-
namen Donez, Dnjeper (Danapris)» Dnjestr (Danastris), Donau
(Danuvius). wie es kam, dasz das Homerische Dan vorübergehend,
seit dem Zeitalter Herodots, von der form 'Tan-ais* verdrängt wurde,
musz die gescbichte und die Sprachwissenschaft erforschen.
Die Danaer sind also auf deutsch die fluazmenscben des Homeri*
sehen Zeitalters, seit Herodotos tritt mit bestimmiheit der namelndoi
auf für das der etrasze von Kertsch zunächst wohnende ktistenvolk
des Kauka&os, eine vogelstrauszkritik hat daf&r Sindoi setzen wollen,
obwohl in allen hss. Herodots dafür 'Ivboi überliefert ist, als ob da-
durch an der thatsaeho etwas gelindert würde , dasz hier indische
*fluszmenschen' wohntSn. im indischen bedeutet nemlicb hmdut
hindu otler sindu ^flusz', es ist nur dialektisch verschieden voa
dem OB^etischen dan, wir meinen daher, dasz der name auch aas«
zudehnen ist auf die weiter landeinwärts den nordwest^bhang des
Kaukasos bewohnenden Völker, mit feinem worte: die Herodotischen
Inder Nord westkau kasiens sind die nachkommen der Homerischen
Danaer* die altindi^che erdtafel des Ävesta, deren iänder wir fast
alle in den engen grenzen des kaukasischen isthmos wiedergefunden
haben, weist auch ein land der sieben fltis^e — hapta hendu —
auff wir erkennen darin das heimatland der Danaer, deren sieben-
zahl uns in ihren alten heldenliedem so bedeutungsvoll entgegentritt.
Nach harten kämpfen, die für die Dan&er siegreich endeten»
erfolgte das zahlreiche ausschwärmen der feindlichen brudervölker
aus den engen gebirg^thälern des Kaukasos. das Argolied» die
Odyssee, die übrigen Nostoi schildern ursprünglich die aben teuer
dieser kühnen entdeckung^fahrten nach dem westen. ^ankunftslieder*
und nicht rückkehrlteder sind sie von haus aus gewesen beachten^*
wert ist namentlich der umstand, dasz Odysseus »ein Ithaka gar
nicht kennt, sondern dasz es ihm erst von Athene beschrieben wer*
den musz. hier (Od. V 200 £f.) hat nicht Homer, sondern der spätere
umgestalter des epos geschlafen.
Es mag mehrere Jahrtausende vor Ch» gewesen sein» als die
Danaer den durchzug durch die Strasse von Kouätanlinopel und die
Dardanellen vieHeicbt unter manchen kämpfen zu schiffe bework*
stell igten, die Verlegung des Schauplatzes der Ilias in die nähe der
dardanischen meeresgasse erinnert daran, es sehloü^z sich dann hinter
ihnen die wasserstrasze , die nach dem lande des Sonnenaufgangs
führte, auf Jahrhunderte, und die Kimmerier hausten an dem ge-
CErauth; verschollene länder des altertums. I. 701
Stade des ungastlichen meeres. so verschwand allmählich das klare
bild der alten heimat aus dem bewustsein des Volkes , und nur das
epos rettete einige verblassende züge davon hinüber in die neue
heimat an der küste Eleinasiens und nach Hellas.
Es überwiegen daher in den uns überlieferten epen der Griechen
die geographischen gesichtspunkte, die in der Umgebung des öst-
lichen Mittelmeeres gewonnen waren und von da aus allmählich er-
weitert wurden nach westen und von neuem nach osten , nachdem
die kimmerische sperre des Pontos von den gastfreien Skythen auf-
gehoben war.
Den Umschwung in den beziehungen zu diesen pontischen
Völkern malen deutlich folgende stellen. Od. X 15 ff. heiszt es:
nimmer auf jen* (die Kimmerier) aach
schauet Helios her mit leuchtenden Sonnenstrahlen,
nicht wenn empor er steiget zur bahn des sternigen himmels,
noch wenn wieder zur erd* er hinab vom himmel sich wendet;
nein, rings grauliche nacht umrubt die elenden menschen.
dagegen IL N 3 ff. :
upd er (Zeus) wandte zurück die strahlenden auj^en,
seitwärts hin auf das land gautummelnder Thrakier schauend,
auch nahkämpfender Myser und trefflicher Hippomolgen (Skythen),
welche bei milch arm leben, ein volk der gerechtesten männer.
diese spätem Homerischen rhap.soden wüsten, dasz der Wohnraum
der sterblichen menschen von einem groszen binnenmeer in vor-
wiegend westöstlicher richtung durchschnitten sei. erdteile anzu-
nehmen hatte man noch keine veranlassung, Europa, Asien und
Libyen werden noch nicht namentlich unterschieden, sie zeigten ja
auch für den küstenfahrer landfesten Zusammenhang, die schmale,
wüste landenge zwischen Asien und Libyen scheint damals noch
kein hellenischer mann durchmessen zu haben, um zu entdecken,
wie nahe hier der südliche okeanos seine fühler nach dem Mittel-
meere ausgestreckt hat. die künde von einem okeanos östlich vom
Kaukasos bewahrte das Argolied, das noch immer in aller munde
lebte, nach der altem fassung desselben, die dem dichter Mimner-
mos von Kolophon (um 630 vor Ch.) eigen ist, und die man daher
wohl auch im Homerischen Zeitalter voraussetzen darf, gelangte die
Argo aus dem schwarzen ins asowsche meer und von da auf einem
für die spätem dichter rätselhaften fluszlaufe, der durch eine bifur-
cation bemerkenswert gewesen sein musz, in den äuszem Kaspi-
okeanos zur wohnung des Aietes. es ist derselbe weg, auf dem
Mimnermos den Sonnengott nach seinem Untergang im Pontoa-
okeanos des nachts auf dem sonnenbecher von den Hesperiden —
Thrakien ist damit gemeint (vgl. Hesiodos theog. 274 f.) — zu den
östlichen Aithiopen gelangen läszt, wo seine strahlen ausruhen im
lande des Aietes im goldenen gemach (s. Athenaios XI 470 und
Strabon I 46). es setzt dieser schöne mythos mithin noch denselben
engen, vom Kaspi und Pontos begrenzten horizont der weit voraus,
den wir auch in den ältesten teilen der Ilias glaubten voraussetzen
702 CKrautk: verschollene länder des altert um«. K
zu müssen, wo der dichter vom auf- und Untergang der gestirne im
Okeanos redet,' mit groszer naivetät übertrug man nach dem fort-
schreiten der geographischen kenntnibse bis über die sirasze von
Gibraltar hinaus die urt>prünglich nur vom Pontes geltende eigen-
Schaft einer Verbindung mit dem Kaepi ^ okeanos durch Vermittlung
eines nördlichen noch unerforschten meerea — nemlich des asow-
gchen — auf den atlantischen okeanos. und so entstand der glaube,
dasz die ^anze bewohnte erde, soweit man sie damals kannte —
auch im sUden^ dichtete man hinzu — von einem zusammenhängen-
den Weltmeere umflossen sei.
Beachtenswert ist bei Homer das sohmUckende beiwort des
Okeanos *in sich zurückströmend', man hat das so zu erklären ver-
sucht« dasz die alten sich den Okeanos rings am die oikumene in
flieszender bewegung dachten, ohne ende wie die schlänge, die ^ich
in den schwänz beiszt. vielleicht liegl aber hier eine beobachtong
wirklich geschauter verhSltnisse vor. in der Odyssee u 61 ff. wünscht
Penelope, die harrende gattin des Odysseus :
Leilige tochter de» ZeuBi o Artemie, wenn du mir jetzt doch
träfst da« hera mit deloem geschoaz und das leben 'entnilhinuftl,
jetzo ßogleiüh! ja, weun doch empor mich raffend ein stormmod
führet« weit in die fern' auf mitternächtlicben pfuden
und hinwürfe, wo kreisend die flut des Okeanoü ausströmt!
Mag nun diesem dichter bier der borizont im westen mit ^em
austritt des Pontos bei Byzantion begrenzt gewesen sein oder mag er
mit weiterm blick schon die seulen des Herakles im äuge gehabt
haben, kurz, es spricht diese stelle für eine .sichere beobachtung der
meeresströmungen in den engen meeresstraszen des Mittelraeer-
gebietes. an der strasze von Kertsch im äuszersten nordoäten imd
durch die seulen des Herakles im äuszersten westen traten starke
ströme des geglaubten äuszein okeanos in das binnenmeer ein» ohne
dasz doch eine Steigung des Wasserspiegels an den küsten bemerk-
bar gewesen wäre, wo blieb das wasser? die starke Verdunstung,
der das Mittelmeer auisgesetzt ist, batt« man noch nicht beobachten
kennen, so erdichtete man einen unterirdischen abfiuäz, die Styx,
die den groszen kreislauf des in sich zurückströmenden Okeaßo»
vollendete (Hesiodos theog. 775—792). diese auffassung von dem
Weltall fand ihren beredten ausdruck in dem entwurf einer ältesten
erdkarte — auf dem schild des Achilleus, den Hephaistos t^chmiedeie,
die form des den ganzen mann schützenden Schildes entsprach ge-
rade der herschendeu Vorstellung von den umrissen der oikumene.
am rande desselben war der Okeanos gebildet, nunmehr streng ge-
schieden von dem andern meer in der mitte; dieses ist da« reich
des Poseidon, des Nereus und der Nereiden, jener ist das macht-
gebiet des göttlichen Okeanos und dei: Okeaninen. doch was äoU
der himmel auf der erde des Hephaistischen kunstwerkes bedeuttni
und wie haben wir uns die anbringung der sternbtlder zn denken?
die oft wiederkehrende erwäbnung de« auf* und untergangei der
CKrauth: verBchollene länder des altertams. I.
703
sonne, des mondes und solcher gestirne, die für den seemann des
Homerischen Zeitalters von bedeutung waren, der Pleiaden, der
Hyaden, des Orion, des Bären beweist, dasz schon damals der ver-
such gemacht war die läge der länder der weit zu einander mit hilfe
dieser Sternenbahnen zu bestimmen, wir haben uns daher die an-
geführten Sternbilder am west- oder, was wahrscheinlicher ist, am
ostrande des ehernen kartenbildes zu denken und ihre bahnen von
ost nach west vielleicht schon durch linien angedeutet, die bahn,
des Bären , der allein von alten Sternbildern des bades im Okeanos
nicht teilhaftig wird, musz sich der dichter in fdrm einer ellipse
über dem nördlichen teile der oikumene gedacht haben.
Es ist eine merkwürdige fügung, dasz das wissen der Hellenen
von der sie umgebenden bewohnten erde zuerst vom geiste der
dichter geformt wurde und sich in dieser gestalt dem gedächtnis
späterer Jahrhunderte einprägte, so ist es gekommen, dasz bei dem
ersten versuche ein bild von der weit zu machen die phantasie eine
so bedeutende rolle gespielt hat. und auch die spätere, mehr wissen-
schaftliche erdkunde' hat es nie verstanden sich von diesem zauber-
haften banne los zu lösen.
(der schlusz folgt im nächsten hefte.*)
Erfurt. Carl Krauth.
Über Sicht
p r 0 d o ts '
704 LGurlitt: in Ciceronis epistulas ad Atticum [XIV 12, 2],
76.
IN CICERONIS EPISTÜLA8 AD ATTICUM.
Cicero in episiola a. d. X kal. Maiaa ad Atticum säum data
(XIV 12) perhonorifice et peramice narrat Octavium secum Puteolia
agere, baec dicta quae seqtiunttir qod tarn äcribarum incuria quam
ßtudio iöterpretum in errorem deduclo hucuiäque perverse tractata
apud omBes quos equidem inspexi edilores sie fere leguntur: (2) quem
guidtm {Oäavium) sui Caesarem saltäahantj Philippus tum; iiaque
ne no8 quidem , quem nego posse ^essey honum ciiem : iia muUi cir-
cumslant, qni qutdeni nostrts mortem mmÜQfdur ; negant haec ferri
pOSSCn displicet Ciceronem in Universum negare OctaiHum esse bonitm
civem^ praesertim cum eertet cum eis laudibus, quibus tdein cani
ceteris illius temporis epistulis tum ipsa bac episiula Octavium effert.
sine dubio Cicero uberias de saluUtione disserit, quo animo at ipse
et alii eam acceperint, quid et ipse et alii fecerint atque inde facturi
sint. non en im nullius proftcto erat momenti, quo modo Cicero Octa-
vium sakitabat atque appellabat; nam ip90 nomine Caesaris Ülum
beredem Caesaris paf ri?« esse concessisset« libri mss- non mediocriter
consentiunt : Francogalli Germanique praebebant tewtibus Lambino,
Bosio, Cratandro: quem negant (Italici negai; nego Lambini con-
iectura) po^^e <^essc Lambinus addidit^ honum ciuem; . . negant haec
(Med. hec, suprascriptum uelhuws) ferri posse {haec fieri Lnmbinus
ci.), hoc librorum fundamento nixi leni, fero nulla verborura muta«
tione sanuäi sensus potest restitui: finge in arcbetypo maiusculia
litteris scripto fuisse QUEMQÜAM, unde uaitatissimo seribamni
errore QUI^M ortum sit, tum ceteris servatis haec evadunt: q%i0m
quidem sui Caesarem sahäabant^ Philippus wo», itaque ne nos quidem^
quemquam negant posse banum civem (sc. eum ita salutare) : Um
muUi drcumstant^ qui quident nostris mortem minUantur: negant haee
ferri posse. babenius efficacera gradationem: neque Philippus nequa
ego ita salutabarans. alii (hoc eät amici tjrannoctononim) : nega&t
bonum civem eum ita aalutare posse — causa additur ^ quin etiaiD
negant (baec) ferri posse (sc. ut alii eum ita salutent et amicis Broti
mortem miniteaLur)« optima consentiunt ea quae sequuntur: quid
censes (sc. futurum esse)^ cum Bomam puer venerit^ ubi fwstri Ubera^
tores tuti esse rum possuni ? qui quidem semper errmt dari^ eomeientia
vero facti sui beati. sed nös, nisi me faltU^ iacebimus, intellegit
igitur Cicero se suo^^que impedire non posse, quominug Octavios
etiam a ^plebecula' Eomana (ad Att. I 16, II) tamquam heregatqut
vindex luli accipiatur»
Steglitziab. Ludovioüs 6ubijt7«
RPaukstadt: zu Gatullus [61, 136]. 705
77.
ZU CATÜLLUS.
Die ziemlich allgemein angenommene lesart bei CatuUus 61,
136—139 lautet:
sordehant tibi vilicae,
ooncuhine^ hodie atque heri:
nwnc tuum dnerarius
iondet os.
die Schreibung vilicae ^ gegen die man übrigens schon bedenken er-
hoben hat, ist aus einem doppelten gründe anstöszig. sind vüicus
und vüica in der bedeutung 'Verwalter' und Verwalterin* (vgl. Mart.
I 55, 11) geläufig y so ist vüica 'landmädchen' nicht zu belegen und
wegen des festen gebrauches in der bedeutung Verwalterin' nicht
wahrscheinlich, dazu kommt noch, dasz die stelle in obiger fas-
sung einen mindestens geschraubten, wenn nicht gar verkehrten sinn
gibt, wir haben in der Strophe offenbar einen gegensatz. sehen wir
zunächst, was die zweite hälfte, die keinen zweifei aufkommen Ittszt,
■ besagt, um daraus zu schlieszen, was als erstes stück des gegensatzes
zu erwarten wäre, der zweite teil lautet : nunc ttium dnerarius tondet
08 'nun kommt der scherer und wird den flaum deiner wangen schnei-
den', was bedeutet dies? die schönen tage, da du 'mit nüssen
spieltest' {concubinCy satis diu lusisti nucibus: Juhet iafk servire Ta-
lasio) sind vorüber; deine bevorzugte Stellung, die du der neigung
deines iierrn verdanktest und die dir gestattete, mit langem haar
und keimendem hart einherzugehen , wird nunmehr durch die Ver-
mählung deines herrn aufgehoben: du gehörst jetzt mit dem ge-
schorenen haar zu der übrigen masse der arbeitenden Sklaven, dies
ist alles klar und alltägliche erscheinung des römischen lebens.
Was soll nun die erste hälfte des gegensatzes, wenn wir lesen:
sordebant tibi vilicae^ concubine^ hodie atque heri? 'bisher waren die
mädchen auf dem lande für dich schmutzig', eine ganze reihe von
Zwischengliedern — durchaus im Widerspruch mit der darstellungs-
weise im gedieht — müsten wir uns erst hinzudenken, bis wir auf
den Satz kämen : nunc tuum dnerarius tondet os^ und die gegenüber-
Stellung der beiden Strophenhälften bleibt schlechterdings ein rätsei.
Es ist von mir schon früher auf die möglichkeit hingewiesen,
dasz statt vilicae vielmehr malulae z\x schreiben sei. diese lesung
soll hier näher begründet werden, es ist kein zweifei, dasz nun der
gegensatz klar zu tage tritt: 'bisher färbte der flaum deine zarte
wange , jetzt aber verfällst du der schere.' die leichte Umwandlung
von MALULAE in UlLICAE kommt der Vermutung nur entgegen,
dasz das deminutiv malüla (vom geläufigen mala) sonst nicht vor-
kommt, kann kein grund gegen 4ie annähme sein. Gatullus liebt
anszerordentlich das deminutivum, bringt auch eine zahl solcher ans
der Umgangssprache I die uns. sonst znföllig nicht überliefert sind.
JahrMehtr Ar da». philoU 1808 hfl. 10. 46
706
HPAukstadt: zu Catullua [61, 130].
Mariialis aber führt uns direcfc auf die von mir vorgeschlagene lestmg«
er besitzt einen freund^ den centurio Pudens, dieser verheiratet sich,
und wie Catulluiä äainem freunde Manlius das epithalamium dichtet
und den jungen ehemann in eben geschilderter wei^e zu necken weisz,
80 begrüszt auch Martialis seinen freund mit IV 13. die verse lauten:
Claudia^ Bufe^ meo nuhU Feregrina Puäenti:
macte esto taeäis^ a Hymenaee^ tuis.
tarn hme rata suo miscentur cinfiama nardo^
Massica Theseis tam bene vina favis;
nee melius teneris iun^niur mtiht^ ukni^
nee plus Mos aquas^ Utora myrtus amat,
Candida perpätw reside , Concordia ^ lecio ^
tantque pari semper sü Venus aequa iugo.
dUigat iUa senem qtwndatn , sed et ipsa marUo
kim quoque cum fu^U , non videatur anus*
dieses gedieh tcben kann man eine inhaltsangabe von Catnlls epi-
thalamium nennen: wir haben dieselben vergleiche, ähnliche wünsche.
Pudens aber^ dem Martialis diese zellen widmet, besitzt auch wie
Manliufi einen schönen lieblingssklaven mit wallendem haar und
2arten wangen. das erfahren wir aus I 31. da heiszt es : nuUa
ieneri sordent lanugine voUrn^ deceni fusae lactea eoRa iuhae, hier
steht, wie bei Catullus, das verbum $order€y und zwar, wie der von
mir geforderte gegensatz es angibt, in demselben sinne, das sub»
ject zu sordent ist aber teneri voUus, der sache nach dasselbe wie
ienerae malae =^ malulae, aber auch das wort mala findet eich bf
Martialis, dem 'perpetuus Imitator Catulli'^ ganz genau in deräell
Verbindung, und zwar in einem gedieht das seine verwandtschaf
mit CatuUischen ver^en nicht verleugnet, es ist II 61. der anfang
lautet :
cum tibi vemarent dubia l^nugine malae,
lambebat medios improba Ihigua mros,
wer nur einigermaszen mit der weise Martials vertraut ist, an Cl^
tullus sich anzulehntju, dem wird es nicht zweifelhaft seiu^ daat er
auch an diesen angeführten stellen bewuet oder unbewust seineoi
TOrbilde gefolgt ist.
Somit Bchlieszen wir aus dem bedürfnisdes gegensatzes in de
Catullischen gedieht und nach, den ßngerzeigen, die uns M«
gibt, dasz an unserer stelle malulae gestanden hat
CaABLOTTENBURO. BUDOLF PAUK STADT.
GHubo: ausdehnung des gebietes der Helvetier. 707
78.
ÜBER DIE AUSDEHNUNG DES GEBIETES DER HELVETIER.
Man liest bei Caesar &. &. I 2, 5 : in longUudinem müiapassnum
CCXL^ in lutitudinem CLXXX, man pflegt daran wohl die bemer-
kung zu knüpfen , dasz diese angaben Caesars übertrieben seien. ^
Ein derartiger Vorwurf ist aber in bezug auf die erste zahl nicht
berechtigt, die wirkliche Sachlage ist vielmehr folgende. Caesar
(6. 6r. I 2, 3) gibt als grenzen des gebietes der Helvetier den Jura,
den Rhein (vgl. auch 5. ©. I 1, 5) und den Rhone (vgl. auch h. G,
I 6, 2 sowie I 1, 5*) mit einschlusz des Genfer sees an. G^f selbst,
welches nach Caesars beschreibung sich damals nur am südlichen
ufer des Rhone ausdehnte (h, G. 17, 1 f.) , gehörte nicht den Hel-
vetiem , sondern den Allobrogen (6. G. I 6, 3).> auch die stelle, wo
der Jura fast unmittelbar an den Rhone so herantritt, dasz nur ein
weg etwa von wagenbreite frei bleibt, und welche heute pas de
TEcluse heiszt, gehört nicht den Helvetiern, sondern den Sequanem
(h. 6r. I 6, 1 sowie I 9, 1 u. 4, auch I 11, 1). aber das ganze nörd-
liche ufer des Rhone von Genf bis zum pas de T^cluse befindet sich
im besitze der Helvetier (vgl. h. 6r. I 6, 2 u. 4 sowie 18, 1). sie
wollen von da aus an verschiedenen stellen über den Rhone dringen
(b, G. I 8, 4); was zu versuchen ihnen überhaupt nicht möglich ge-
wesen wäre, wenn sie nicht ungehinderte herren des landesteiles von
diesem nördlichen Rhoneufer bis zum Jura gewesen wären.' die
strecke dieses nördlichen Rhoneufers von Genfan, welche die Hei:
vetier im besitze haben, läszt sich ziemlich genau bestimmen. nach
der länge des schanz Werkes Caesars auf dem südlichen Rhoneufer,
diese länge wird von Caesar auf 19 römische meilen angegeben (h, G.
I 8, 1). miszt man in Napoleons atlas tf. 3 von Genf an auf dem
Rhonelaufe mit seinen krümmungen 19 römische meilen mittels des
zugehörigen maszstabes ab , so kommt man unmittelbar an den pas
de rifecluse. * die westlichste stelle des gebietes der Helvetier musz
also in unmittelbarer nähe des pas de TEcluse gelegen haben. ^ von
^ vgl. zb. die ausgaben von Oudendorp, Herzog, Möbius, Walther,
Menge zdst. sowie Doberenz und Dinter im geographischen register
u. Helveiiiy ebenso Held in seinem register. ' übrigens ist gerade
diese grenze im index nominum der Teubnerschen textausgabe unter
dem Worte Helvetii sowie bei CPeter gesch. Roms II' s. 282 übergangen,
auch in der ausgäbe von Rheinhard zu I 1, 6. ' daher steht schon
richtig auf der nach Rösch angefertigten karte in Helds ansg. bei
diesem landesteile angegeben: 'pays de Gex pars Helvetiae.' vgl. auch
den atlas Napoleons III zur gesch. Caesars tf, 2, 3 und 4 sowie die karte
nach Menke in Menges ausg. und Meyer n. Koch atlas zu Caesar tf. II A.
* vgl. auch Napoleon III gesch. Caesars II s.46 und danach Fröhlich
kriegswesen Caesars s. 238. ^ man darf also nicht, wie es öfter ge-
schieht (in früherer zeit zb. bei Clnverius Germ. II 4 und jetzt wieder
im index zu Prammers ausgäbe u. Helvetii^ oder im bist, hülfsbuche von
Herbst u. Jäger I ''s. 178), als westlichste grenze Genf oder den Genfer
See ansetzen.
45*
708 GHubo; aufidehnung de« gebietea der Helvetler.
hier aus entireckt Bich nach Dordosten als grenze der Jura, jetzt der
französische und der schwekerische Jura genannt , in faat onunter*
bro ebenem zuge bis dahin, wo er auf den Ebein tri 8^, ganz nahe an
der müudung der Aar. von hier aus bildet der Ebein stromaufwärts
gegen norden, osten und sdden bis In die unmittelbai'e nähe seiner
quelle*, dh« hU an den St. Gottbard, die grenze des gebietes. Ton dem
Hheine übernimt sofort am St. Gottbard der Ehoue von seiner quelle
aus die grenzbildung ; er scblieszt das gebiet in seiner äüdweätlichen
ecke gegen andere vdikerscbaften ab^ und führt die grenze dann
wieder bis zum paa de TEcluäe bin, nach Caesars klarer angäbe über
die grenzen ge)i5ri dieses ganze gebiet ohne irgend welche elnschr
kung den Helvetiern/ die östlichste stelle desselben bildet also d£
krtlmmung de» Rheins nicht weit von St. Margarethen, kurz bevor
er in den Bodensee flieszt. lon^udo ist demnach die ausdebnting von
dieser östlichaten stelle bis zu der wetjtHehsten, al&o vom Eheine bei
St, Margaretben bis in die unmittelbare nähe des pas de l'£cluse.
miszt man -diese enifernung auf eiuer karte ab und vergleicht damit
den zugehörigen maszstab, sp findet mau, dasz sie etwa 325 kilometer
ausmacht, die longüudö des gebietezi der Helvetier betr> also in
der luftlinie etwa 325 kilometer* rechnet man nun 1 röm. meile zu
lf48 kilometer', so sind diese 325 kilometer etwa gleich 220 rdm.
meilen. ^^ und was gibt Caesar an? 240 r5m. meileu. selbstverständ-
lieh masz Caesar nicht so, wie wir es thun^ die luftlinie zwischen den
beiden äuszersten stellen , soudern er muste sich nach den angaben
über die wege richten, die von einem orte zum andern bald bergauf
oder bergab, bald mit einer ausbiegung nach links oder nach rechts
führten, also muste sein masz etwas grdszer sein als unsere lufblinie.
" an der qnclle selbst wohnen keine Helvetier, sondern die LepoiK
tier: vg\. b. 0. W 10, 3. ^ südlich vom Genfer 9»e and von dem
Bchwelzeridcben teile des Kbüue, aber öatüch von den Allobrogen wohnen
nach b. ^. HI I, 1 die Seduncr, Yer&grer and Nantn&ten (von dieten
letziern wohot auch nach 6. G. IV 10, B ein teil in derjenig'en gegend,
welche anf dem rechten Rheinnfer liegt), es ist alao anrichtig, weam
Napoleon III in seinem atU« tf, 2 die Veragrer nnd Sedaner anoU auf
das rechte ufcr des Hhone hinübergreifen ViB%i weit in dajtjenige gehitt«
weiches den Hei vettern gehört, ebenso ist die darstellung auf Kampeoa
wandknrte von Gallien zu berichtigen. * «a ist zn beachten, dasi naeh
b. G. I 2, 3 die anfgezühlten grensen das gebiet undique^ also auf altml-
liehen selten und an jeder stelle, folglich ohne wesentliche nnterhrechnnf
gegen benachbarte Völkerschaften abschliesaen. daher ist es nicht rieh*
ti^» wenn auf karten, wclcUe Gallien so Caesars i«it veranschauUclieQ
•oUen, das gebiet der Helvetier nicht die angegebenen grenzen vSlUg
ansfölit. das betrifft namentlich die Kiepertscbe karte in der «nsg. von
Kraner-Dittenbergerv aber auch andere, th, die karten in Hinspeten ond
in Prammers aus^. sowie die in der Tenbnerschen teztansg. dem rich-
tigen kommt wenigiteus Napoleon III atlus tf. 8 etwas niher. * irrtüv-
Hch steht bei Doberenz tu Diuter zdst. ''^ | kilometer^ sowie im geographi*
sehen register u. Helvetii *^&56^ kilometer, ^^ dnrch das angef&hrl#
ist zugleich die berechnnng von Clnverius Oerm. II 4, der nnr 172 rönu
meilen annirot, als hinntlüg nachgewiesen; ähnlich steht es mit deo
von d'Anville ai^gegebenen IdO italiänischen meüen. vgl, Möbitia sdat.
GHubp: ausdehnung des gebietefl der Helvetier. 709
der unterschied beträgt aber nur etwa ein elftel der luftlinie. die
20 römischen oder 4 deutschen meilen, um welche demnach die luft-
linie von der zahl Caesars übertrofTen wird , werden den biegnngen
der wege ziemlich genau entsprechen, statt also bei dieser gelegen-
heit von einer Übertreibung zu reden , werden wir anerkennen , wie
gut Caesars angäbe zu der Wirklichkeit stimmt.
Anders steht es freilich mit der zweiten zahl, die man bei Caesar
liest: CLXXX milia passuum. oder vielmehr: es würde anders mit
dieser zahl stehen — vorausgesetzt nemlich dasz sie die wirkliche
zahl Caesars wäre, aber das scheint sie gerade nicht zu sein, der
grund ist folgender, die grenze, welche der Rhone etwa von dem
orte Martigny im canton Wallis bis zum St. Gotthard und daran an-
schlieszend der Rhein vom St. Gotthard bis etwa nach Chur im
canton Graubünden bildet ^\ läuft ziemlich parallel mit der im vor-
hergehenden besprochenen longitudo und auch mit derjenigen grenze,
welche der Jura etwa von der westlichsten stelle des cantons Neuen-
burg bis nach dem orte Klingnau nahe an der mündung der Aar
bildet, das zwischen den beiden eben genannten grenzen liegende
stück des landes der Helvetier hat also überall ziemlich dieselbe
breite, die man sich unter einem geraden striche veranschaulichen
kann, welcher die genannte longUudo unter einem rechten winkel
schneidet, man denke sich zb. diesen strich auf. einer karte der
Schweiz von dem eben genannten orte Klingnau quer hinüber ge-
zogen bis zu einer stelle des Rheinthaies in der nähe des Bt. Gott-
hard, etwa bis zu dem orte Disentis, wo mit dem eigentlichen
Vorderrheine der Rheinarm von Medels zusammenflieszt. dieser
strich von Disentis bis nach Klingnau entspricht dann der latüudo
in der beschreibung Caesars, miszt man nun diesen strich auf der
karte mit dem zugehörigen maszstabe, so wird man finden, dasz er
etwa 1 10 kilometer beträgt, das sind etwa 74 röm. meilen. '* die
^^ man stelle sich unter den geraden strichen in der beigegebenen
Zeichnung etwa das folgende' vor:
MGC die hanptrichtong des Rhone und des Rheins von Martigny über
den gebirgeknoten des St. Gotthard bis nach Chur. N K die banptrichtiing
des Jura vom canton Neuenbürg bin nach Klingnau. DK die laHtudo von
Disentis bis nach Klingnau, welche unter rechtem winkel die vom pas
de r;^clu8e bis nach St. Margarethen reichende tongitudo PS schneidet.
^2 Cluverius Germ. II 4 nimt ähnlich zwischen der Aar und der
Rheinquelle etwa 76 röm. meilen an.
710 GHabo: ausdehDUDg des gebiete« der Helvetier.
laiitudo betrSgt also in der luftlinie etwa 74 r5m, meilen. rechnet
man nun wieder zu gunsten der krümmangen der wege, niich denen
Caesar Beine angäbe inachen mubte, in demselben Verhältnis, wie es
bei der longUudo geschah ^ etwa ein elftel des betrages noch zu der
gefundenen zahl hinzu, dh. noch etwas Qber 6 römische meilen. so
kommt man auf etwa 80 röm, raeilen» und was steht bei Caesar?
180 rdm. meilen. jeder kundige wird nun sei bist den schlusz ans
diesen thatsachen ziehen, es ist vernünftigerweise nicht anzunehmen^
daßz derselbe Caesar^ welcher die longiiudo so übereinstimmend mit
der Wirklichkeit angegeben hat, in der latUudo einen so groszen irr-
tum durch eine zugäbe von gerade 100 röm. meilen gemacht haben
sollte, sondern dasz vielmehr ein abschreiber, der kurz vorher in der
£ahl 240 zweimal ein C zu tsetzen hatte ^ fälschlich auch der zahl
Z/XXX ein C vorgesetzt hat, demnach haben wir in der überlieferten
zahl CLXXX blosz das C zu streichen, dasz sich aber die falsche
2abl CLXXX in allen hss. ohne irgend welche abweichnng zu finden
scheint", würde nur ein beweis dafür «ein, dasz der fehler bis vor
unsere hss. etwa in eine zeit zurückreichte, wo man von den Ört-
lichen Verhältnissen der Schweiz erst wenig kenntnis hatte.
Das gebiet der Hei votier war also ungei^br so grosz wie swei
dritteile der heutigen Schweiz*-^ man kann es etwa auf 25000
quadratkilometer schätzen, da nun die kopfzahl des ganzen Völk-
chens der Helvetier vor der auswanderung nach Caesars angäbe
etwas über ^^ raillion ^^ betrug , so kam damals durchschnittlich auf
je 10 köpfe ein quadratkilometer bodenfläche." da in diese durch-
schnittäzahl 10 auch die knechte'^ und überhaupt alle dienenden
oder unselbständigen mit eingerechDet sind, so wird man sich nicht
weit von der damaligen Wirklichkeit entfernen, wenn man etwa an-
nimtj dasz durche^chnittlich auf jeden haushält ein quadratkilometer
des gehietes kam.
^* auch Petrarca las CLXXX, wie »u« seinen comm. de vita Caojtaris
hervorgeht, vpl. Davis zdat. Caesar». Oiidendorp bemerkt jedoch : 'CXXIU
ed. ine' ^* die »wei dritteile «r erden heute etwa von 2 miUiooen
menBcbeu bewohnt, dh. die bevölkerung8s»hl ist heute etwa achtmal 00
gro82 als zu Caesars zeit, ^^ 263000 seelen bei Caesar L G. I 29« t.
diese selbe stelle bietet öbripens aach einen lehrreichen vergleirh mit
dem heutigen so geannnten und Öfter so geach mähten militHriAmas,
denn unter den in jenem capitel znsacnmenjresUhlten 369000 köpfen
waren nicht weniger als 92000 krteger, dh. volle 2ö proceut. and von
der gai)^eu bevölkcrungsKahl waren nach dem kursen feldzuge nur noch
110000 übrig, dh. Her krieg hatte mehr als awei drittetle des Volke« ver-
nichtet, die lahl der übriggebliebenen Helvetier kann sich spüter nur
langsam wieder gehoben haben, wenigstens wurde ihnen im krieft
dea Vercingetorix nur auferlegt 8000 Soldaten lu stellen: vgL h, ff,
VII 76, 3. *• das ist eine so geringe bevölkerungsdichtigkeit^ data
man wohl schwerlich mit Napoleon III gesch. Caesars fl s. 43 wird
behaupten wollen, die Helvetier seien Mureh Übervölkerung beliitifl*
worden. >^ Orgetorix allein hntte etwa 10000: vgl. K ö, l A, 2.
Stolberq im Rbsinlande. Ofioaa flueo.
MKiderlin: altes und neues zu Qaintüianus I— III. 711
79.
ALTES UND NEUES ZU DEN ERSTEN DREI BÜCHERN
DES QUINTILIANUS.
I 3y 12 modo nuUa uideatur aetai tarn infirmay quae nonpro-
tini^ quid reäum prauwnque sU dtscat, tum ud maxime formanda^
cum simulandi nescia est et praecipientihus facüUme cedit, weil die
Worte tum ud maxime formanda^ cum usw. zu dem subject oMas
nicht passen, schlug ich in den blättern f. d. bajr. gw. 1886 s. 9 die
einsetzung von mens est nach maooime vor (vgl. I 1, 16 a2» %lUs [sc
nutridhus] quoque iam formandam quam optimis instü%Uis mentem
infantium und X 1, 59 muUa magis quam müUorum leäione formanda
mens). Meister hat diesen verschlag in den text aufgenommen. Becher
dagegen bemerkt (Bursian - Müllers Jahresbericht 1887) : *aber wie,
wenn die Schriftsteller nicht immer grammatisch correct verfahren
w&ren, wie, wenn wir recht hätten einer gewissen grata neglegentia
mitunter das wort zu reden? bei der synesis geht nicht alles nach
der tabulatur, sondern was dem geiste des schreibenden vorschwebt,
ist entscheidend: hier ist es das alter der kleinen, und dazu passt
vortrefflich t. u, m. formanda.* also — das alter der kleinen
ist dann sogar am meisten zu bilden, wenn es sich auf die ver-
Stellung noch nicht versteht? danach hätte Quint. unterschieden
zwischen einem alter der kleinen , welches sich auf die Verstellung
noch nicht versteht, und einem alter der kleinen, welches sich ai^
die Verstellung versteht? es ist, meine ich, nicht schwer einzusehen,
dasz die werte tum ud maxime formanda, cum zu dem subject 'das
alter der kleinen' ebenso wenig passen wie zu dem subject 'kein
alter', wegen tum — cum scheint mir die einsetzung von mens est
unerläszlich zu sein.
I 4, 10 atque äiam in ipsis uocaUbus girammatici est uidere, an
aliquas pro consonantibus iMus acceperü, quia ^uun* sicut ^eiiam*
scribUur et ^uos* ut Huos\ so Halm und Meister nach Ritschi, läszt
sich aber von den Wörtern iam und diam, uos und tuas behaupten,
dasz sie gleich geschrieben werden? die alten hss. ABnN geben
übereinstimmend : quia iam sicut tam scribitur d quos ut cos. daraas
mache ich, meinen frühern verschlag (bl. f. d. bajr. gw. 1886 s. 12)
etwas abändernd: quia ^iam* i, wt 'uiam\ scrihUur atque *uos*^ ti'
Huos* (weil iam mit i geschrieben wird wietttam, und uos mit u wie
tuos). aus i ut konnte leicht sicui werden; vgl. § 14, wo statt fui
ASb uduty BNM ue2 und statt /* B N M ei geben, ebenso konnte
aus atq. uos leicht d quos werden ; ich nehme daher das von Iwan
Müller (Bursian-Müllers jahresber. 1876 s. 270) vorgeschlagene atque
iu>s an. zu der ausdrucksweise vgl. I 7, 26 nastri praec^ares seruum
ceruumque u d o Uäeris scripserunt und Xn 10, 30 ut equos hoc (sc.
q lUtera) d aequum scribimus\ sodann I 5, 12 cum cpro g uierdur.
I 7, 10 nam Je quidem in nuUis uerhis utendum puJto. I 7, 19 tu
712 MEiderlin: altes und neues zu Quintdlianus.l — III.
eisdem pluräli numero e wtehavUur. I 4, 16 quid? non e guoque i
loco fuU'f
I 4, 10 f. at quae wt uocaUs iunguntur aut unatn hngam faciunt^
ut ueleres scripserunty qui geminatione earutn uehU apice täehantur^
aut duas^ nisi quis piäat etiam ex ttibus uacalibus ayüabam fieri, si
nan aiiquae offido consonawtmm fungantur. quaeret hoc etiam ^ quo*
modo duahus demum uocalibus in se ipsas coeundi natura sü^ cum
cönsoncmtium nuüa nisi aUeram frangat, atqui litter a i sihi insidü:
^conücW* enim est ah iUo *iacif^ et u, quomodo nunc scrihüur ^uulgus*
et *seruu8\ sciat etiam Ciceroni placwisse *aiio Maiiamque* geminata
i scribere: quod si est^ etiam iungetur ut consonans. während man
nach dem yorliegenden texte glauben sollte, dasz Qnint. schon längst
zu etwas anderm übergegangen ist, zeigen uns die worte quod si est^
etiam iungäur ut consonans, dasz er immer noch die frage behandelt,
ob nicht der gebrauch die vocale t und u als consonanten angenom-
men hat. ich glaube daher, dasz folgende gedankenyerbindung her-
zustellen ist: *cmd auch bei den vocalen selbst hat der grammatiker
zu sehen, ob nicht der gebrauch einige als conspnanten angenommen
hat; weil iam mit i geschrieben wird wie uiam^ und uos mit u wie
tuos^ und weil diejenigen, welche als vocale verbunden werden, ent-
weder die geltung von 6inem langen haben oder die von zweien.*
denn wenn jemand glaubt, dasz auch aus drei vocalen 6ine silbe ge-
bildet wird , ohne dasz einige (nemlich i und u) die stelle von con-
sonanten vertreten', so wird er auch die frage aufwerfen, wie es
kommt, dasz nur zwei vocale die fähigkeit haben sich mit sich selbst
zu verbinden' . . er soll auch wissen, dasz es Cicero gefallen hat aiio
und Maiia mit doppeltem • zu schreiben, in welchem falle t auch als
consonant verbunden werden wird.' diese gedankenverbindung Iftszt
sich durch zwei leichte änderungen herstellen: wir brauchen nur das
vor quae stehende at in et und das vor quis stehende nisi in na m st
zu verändern, zu nam vgl. 1 5, 66 aut e duohus . . nam ex tribus nostrae
utique linguae non concesserim.
II 11, 6 qui plurimum uidentur höhere rationis^ non in causas
tarnen lahorem suum , sed in locos intendunt usw. in diesen jahrb.
1885 8. 121 f. suchte ich nachzuweisen, dasz die worte qui plurimum
uidentur habere rationis in diesem zusammenhange nichts anderes
bedeuten können als Velche recht viel methode zu haben scheinen'.
< daraus, dasz diejenigen, welche als vocale verbanden werden,
nicht auch die geltung von drei vocalen haben können, geht hervor,
dasz in Wörtern wie teruae u consonantisch gebraucht ist. * Becher
will ao. mit Bergk opusc II s. 766 aliqua . . ftingatttr schreiben, es
miiste aber dann jedenfalls auch consonantium in consonaniis geändert
werden. ' daraus dasz nur die vocale i und u die fähigkeit haben
sich mit sich selbst zu verbinden, während die andern vocale und alle
consonanten diese fähigkeit nicht haben, läszt sich schlieszen, dasz in
Wörtern wie coniicit und uuigtis nicht beide t und beide u wirkliche
vocale sind, sondern dasz das erste t* und das erste u consonantisch ge-
braucht sind.
MKiderlin: altes and neaOB zu QuintilianiM I— III. 713
und dasz der gedanke ^diejenigen, welche recht viel methode za haben
scheinen, verwenden ihre mühe dennoch nicht auf die ganzen ftlle, son-
dern auf einzelne stellen' aus mehr als öinem gründe nicht befriedigt,
und schlag sodann (der yorhergehende satz beginnt mit nonnuUi)
die änderung von qui in quidam oder sunt^i vor, wodnrch der
gedanke gewonnen wird: 'manche scheinen recht* viel methode za
haben , verwenden jedoch ihre mühe nicht auf die glänzen Alle, son-
dern auf einzelne stellen.' Becher erklärt ao. eine textesänderung
für durchaus überflüssig und übersetzt: 'welche (unter den natura-
listen) noch die meiste methode zu haben scheinen, richtep ihre
thStigkeit dennoch nicht, trotzdem sie . . scheinen, auf ganze yejr-
handlungen, sondern auf einzelne teile.' meine bebauptung, dasz
jT^rimtun hier nicht durch den Superlativ übersetzt werden dürfe,
weil von den in den vorhergehenden stttzen gekennzeichneten rednem
gesagt worden sei, dasz sie gar keine methode hätten (fiuUa ratione
adhibUa § 4), sacht er dadurch umzastoszen, dasz er sagt: 'die übri-
gen dem mUgaris tnodus (11, 1), dh. der gemeinen methode, die
noch immer eine art von methode ist^ (der naturalismus nemlicb),
trotzdem sie «= nvMa ratio ist; nuüa ratume adMnta (11» 4) ist sehr
gut von Baur übersetzt: sie folgen keiner vernünftigen methode.'
Becher unterscheidet also zwischen einer vernünftigen methode und
einer naturalistischen methode ; bei nUtta ratume will er an die ver-
nünftige, bei plurimum rationis an die naturalistische gedacht wissen.
ist es zulässig, das wort ratio an der 6inen stelle in jenem, an der
andern stelle in diesem sinne aa&ufassen ? mir §cheint es keinem
zweifei zu unterliegen, dasz ratio an beiden stellen in der bedeutung
'rationelles verfahren' («» methode) zu nehmen ist.
n 17 ^30 pliirinMuero ex hoc contra rhetoriomcauiOatio est, quod
ex utraque causae parte dicatur. inde haec: nuüam esse artem con-
trariam sibi^ rhetoricen esse contrariam sibi: ntdlam artem destruere
quod effecerU^ accidere hoc rhäorices operi: item out dicenda eaim
docere aut non dicenda: ita uei per hoc non esse artem , quod non
dicenda praecipiat, uet per hoc^ quody cum dicenda praecejperüj äiam
contraria his doceat. wenn man den werten accidere hoc rhetoricSB
operi (es geschehe dies aber dem werke der rhetorik) nicht gewalt
anthut, so kann man in ihnen keinen andern sinn finden als diesen;
destrui rhetorices opus (es werde aber das werk der rhetorik nieder-
gerissen), dadurch kommt aber der Vorwurf, welcher gegen die
rhetorik erhoben wurde, nicht genügend zum ausdruck. aus den
Worten nuUam artem destruere quod effecerit geht klar hervor, daes
der rhetorik vorgeworfen wurde, sie reisze ihr eignes werk nieder
^ kann man es eine art von methode nennen, wenn manche naoh
der decke blickend oft mehrere tage anf einen grossen gedanken, der
sich ihnen von selbst darbiete, warten oder, nachdem sie sich doreh
ein unbestimmtes geniurmel wie durch ein trompetensignal angefoaart
das suchen der worte mit den aufgeregtesten bewegungei) des körpers
begleiten (§ 4)?
714
MKiderUnr altes udcI neues zu Quintilianu» I— IIU
(vgl. auoli § 34 Uem non merivt opus rhetorice quod efficU), ich glaaba
daher, daß? zu schreiben ist: acddcre hoc rhetorice suo operi (es ge-
schehe dies aber durch die rhetorik ihrem eignen werke). — Die
Worte Üa uel per hoc non esse artem^ quad non dicrtida praecipiat^
ud per hoCf quody cum diccnda praeceperU^ etiam contraria his düceai
»eigen deutlich, dagz der dritte vorwarf, welcher aus dem umstände,
dasE für und wider ge^procben wird» gegen die rhetorik abgeleitet
wurde, in zwei teile TeiftLUL es wurde ihr vorgeworfen, 1) dasz sie
fum dicenda lehre, 2) dasz sie, wenn sie dicenda gelehrt habe, auch
das diesem entgegengesetzte Ithre. ich kann daher nicht verstehen,
wie Becher ao. von den worten item aut dicenda eam docere a%U non
dicenda sagen konnte: ^ja ich wage zu b<^haupten, dasz der rhetor
sich kürzer und treffender, dh* besser kaum ausdrucken konnte.'
mag er aut — aut auffassen wie er will, so viel steht, glaube ich,
fest, dasz die worte quod fwn dicenda praecipiat den worten aui non
dicenda (sc. eam docere\ und dasz die worte quod^ cum dicenda prae-
ceperitf etiam contraria his doceat den worten aut dicenda mm docere
entsprechen sollten, entsprechen sich aber die letztern worte auch
wirklich? nur teilweise, die worte cum dicenda pracceperit und
dicenda eam docere entsprechen sich, aber gerade dasjenige, worauf
es hauptsächlich ankommty nemlieb der Vorwurf, quod eiiam dicendis
conircma doceat ^ liegt in den worten dicenda eam docere nicht, ich
kann daher von der meinung nicht abgehen, dasz nach aui dicenäa
etwas ausgefallen ist in den bl. f. d. bayr. gw. 188$ s. 365 schlug
ich vor ei contraria dicendis einzusetzen* ich halte es jt*tzt für wahr-
scheinlicher, dasz ei dicendis contraria ausgefallen ist, weil man von
et dice leicht auf eä doce abirren konnte, eine bestätigung dieser
Vermutung finde ich in den Worten neque praecipU (sc. rhetorice)
umquam non dicenda nee dicendis contraria^ sed gwoe i« qua(^/^ causa
dicenda sunt (§35). wir haben hier die nemliche Zweiteilung wie
oben: 1) non dicenda^ ^) dicendis contraria, dasz Quint. hier nicht
dicenda ei dicendis contraria schrieb, sondern nur dicendis conJtrarm^
kann nicht auffallen, da der eigentliche Vorwurf nur in ^tioemÜB
contraria Hegt, nicht auch in dicer^,
11 18, 5 si tarnen ($c. rhetorice) una ex trihus artihus habenda
Sit , quia maxime eius usus adu continetur atque est in eo frequenÜi'
sima^ dicatur adiua uel adminisiratiua : fiam et hoc eiusdem rei nomim
est, Quint. teilt in den §§1 — 2 d\& artes in drei gattungen ein: in
betrachlende^ wie die astronomie, handelnde, wie die taniikunst, und
bildende, wie die malkunst* von der rhetorik sagt er in § 2 — ö,
dasz sie zwar der hauptsacbe nach auf dem handeln beruhe, aber
doch auch manches von den beiden andern gattungen an sich habe«
darauf folgen die worte si tarnen una ex trihus artitms habenda siL
es i.-^t khir, dmi nnU^r trihus artHms die drei kunstgattungen zn ver^
stehen sind, wir hatten also zu übersetzen: ^wenn s^ie jedoch ftLr
eine von den drei kunstgattungen gehalten werden roOste/ der go-
dankenzusammenhang verlangt aber: 'wenn sie jedoch unter 6ine
MEiderlin: altes und neues zu Quintilianos I— III, 716
von den drei knnstgattangen gerechnet, werden müsfce.' ich vermute
daher dasz zu schreiben ist: si tarnen in una ex tribus artüms habenda
sU. wie leicht konnte in zwischen en und un ausfallen! vgl. U 21, 3
rhetoricen quoque dicunt in una aUqwi parte ponendam.
U 20, 5 quod phüosophi quidem müUis et acutis conclusianibus
coUigunt^ mihi uero äiam planiare hac praprieqiie nostra probatione
uidäur esse perspicuum, in diesen jahrb. 1885 s. 118 schlug ich
vor hac in hoc zu ändern, über diesen verschlag bemerkt Becher
(ao. in der rec. von Meisters ausgäbe) : *dasz hac . . probatione nicht
die Worte des rhetors sein können, hat K. überzeugend nachgewiesen,
in der that erwarten wir nach hac pr. , dasz uns Quint in dem zu-
nächst folgenden abschnitte seinen beweis vorführe und nicht die
Schlüsse der philosophen, denen er seine probatio erst § 8 gegen-
überstellt, was aber E. vorschlägt planiore hoc proprieque nostra
probatione t ist wegen der Stellung des hoc zwischen den ablativen
verfehlt, § 8 ist anderer art. der rhetor schrieb wohl pHaniore ae
proprie nostra p. war einmal ac in hac verderbt (b gibt ac), so
konnte sich ein abschreiber leicht gemüszigt finden proprieque zu
conjicieren.' § 8 sed ptenius hoc idem aJtque apertiusAntueri ex ipsis
operibus uolo ist allerdings nicht von ganz gleicher ärt. aber ich
sehe nicht ein, warum, wenn hoc idem zwischen zwei durch aique
verbundenen adverbien stehen kann , dann nicht auch hoc zwischen
zwei durch que verbundenen attributen sollte stehen können« dasz
Quint. auch zwei durch que verbundene Wörter zu trennen sich er-
laubte, zeigen stellen wie X 1,129 muUae in eo daraeque senteniiae]
4, 1 sed facäius in iis simpliciusque iudicium, quae replenda uel dei-
cienda sunt] XII 1, 21 e^ licebatj si aliter sentirem^ fortius id liberiMsque
defendere, die von mir vorgeschlagene änderang ist jedenfalls die
leichtere. Becher sucht eine stütze .für seinen Vorschlag darin , dasz
b pUmiore ac proprieque gibt, aber wenn A und B übereinstimmen,
ist es bedenklich sich auf b zu stützen, die lesarten von b sind für
diejenigen teile, welche uns durch A erhalten sind, ohne bedeutung«
II 21, 23 Aristoteles tris fadendo partes orationis^ tudidaiem^
deliberatiuam^ demonstratiuam ^ paene et ipse oraiori subiecU omnia:
nihü enim non in haec cadit. nach Quint. bilden den Stoff der rede^
kunst omnes res^ quaecumque ei ad dicendum subiectae erwfU (§ 4).
dieser ansieht war nach § 21 auch öprgias und nach § 21 f., wenig-
stens unter einer gewissen bedingung, auch Hermagoras. es ist also
klar, was in unserm satze unter et ipse zu verstehen ist. ^Aristoteles
hat, wenn er die rede in drei gattungen teilte, die gerichtliche, be-.
ratende und epideiktische, ebenfalls alles dem redner zugewiesen: •
denn alles fällt unter diese gattungen.' bedenken erregt mir das
vor et ipse stehende paene. dasz es nicht mit et ipse verbunden wer-
den kann, liegt auf der band, aber auch wenn man es als zu dem
ganzen satze gehörig bezeichnen wollte, würde mein bedenken nicht
schwinden, denn wenn alles {nihü non) unter diese gattungen
fällt, so hat Aristoteles nicht beinahe, sondern wirklich alles dem
716
MKiderlb; dli>eB und neues zu QmntilianuK I — IIL
redner zugewiesen, ich glaube daher, dasi^ paene nicht yon Qamt
herrührt, es kann aus einer dittographie von am e entiätanden sein,
m 1, 18 M (se. ApoUodortis et Theodorus rheiores) dinersas
opiniones tradidernnt appellaiiqiie inde ApoUodorei ac Tkeodorei ad
morem certas in philosophia seäas seqttenäi, wenn Baor dhersetzt:
*diese trugen verschiedene ansichten vor, wovon ihre aohänger
Apollodoreer und Tbeodoreer genannt wurden, nach art der philo-
sophen, welche bestimmten secten foIgten*| so weicht er in zwei-
facher beziebung von dem lateinischen texte ab; er fügt 'ihre an*
hänger' hinzu und übersetzt, als ob nicht seqiiendi überliefert wftre,
Bondem sequentium. eine genaue Übersetzung des satzes müate etwa
HO lauten: Miese haben verschiedene ansichten vorgetragen, und
nach ihnen wurden die Apollodoreer und Tbeodoreer benannt nach
der sitte dch bestimmten philosophischen schulen anzuschlieszen/
dadurch wird sich kaum jemand befriedigt fühlen, ich glaube dasz
hier ein schwereres Verderbnis vorliegt, wahrscheinlich hat Qninu
die anhänger der rhetoren Apoll odorua und Theodorus mit den an*
hungern bestimmter philoBophenschulen verglichen, es wird also
sequi'ndi in sequentium zu verändern sein, damit ist der schade
aber noch nicht gebeilt: denn es kann doch nicht als eine sitte der
anhänger von bestimmten pbiloaophenschulen bezeichnet werden,
dasz sie benannt wurden, welche sitte haben die anhänger he-
ßtimmter philosopbenscbulen? sie schwören auf die worte ihrer
raeister, sie balten sich streng an deren ati fs teil iin gen. es läszt sich
also daran denken, dasz Quint. geschrieben hat; . . appeüaiique inde
ApoUodorei ac Tkeodorei <öd eas se adstringunty ad morem certas in
philosophia sectas sequefiiium, Miese haben verschiedene ansichten
vorgetragen, und die nach ihnen benannten Apollodoreer und Tbeo-
doreer halten sich streng an dieselben nach art der anhänger von
bestimmten philosophenschulen. Quint. gehörte weder zu den einen
noch zu den andern; er sagt § 22 von sich: neque enim me asius-
quam sectae udut qt*adam supersiUione imbuttis addixi, die lück«
kann durch abirren von dem ersten ad auf das zweite od entstanden
sein. ZM ad eas se adstringunt vgl. II IS, d ut se ipsi kmnineBi
seruUutem iuris adstringerent und VII 3, 16 Ula ex
phUosophorum ducia scruitus €ui eerta se uerba adstringendi* zu seetm
sequeniium vgl. V 7, 36 I^curi seäam se^jutos,
ni 3, 2 f $ed neque omnia , tßtae res postuUU, dicere nequ$ swp
quaeque hco poterimus nisi adiuuante manorta, quapropier ea quöqm
pars quarta erit, uerum haec cunda conrumpU ac propemodum perM
indecora uä uoce uel pestu pronuntiatio : huic quoque igUur trihuendiu$
est nee^sario qumius locus. Quint, weist in diesem abschnitte nach*
das« die rbetorik fünf teile umfuszt: inuefUio^ dispasitiOt docuHa^
memoria und pronuntiatio, in § 2 erwartet man entweder: qtta-
projfter ea quoque pars erit (deshalb wird auch dieses ein teil sein)^
oder: quapropier ea pars quarta erit (deshalb wird dieses der vierte
teil sein) ; ebenso in § 3 entweder : huic quoque igttur fritmendus €d
MEiderlin: altee und neues zu Qointilianus I — III. 717
necessario hcus (auch diesem musz daher notwendig eine stelle ein-
geräumt werden)» oder: huic igitur tribuendus est necessario quintus
locus (diesem musz daher notwendig die fünfte stelle eingeräumt
werden), dasz sich Quint. nicht correct ausgedrückt hätte , wenn er
quoque und quarta^ qt^oque und quinttis neben einander gesetzt hätte,
ist leicht einzusehen, dies ist wohl der grund, warum quoque in
jungem hss. und alten ausgaben an beiden stellen weggelassen ist.
aber wie sollte quoque in den text gekommen sein ? viel leichter ist
es anzunehmen, dasz quarta und quintus neben pars und locus an
den rand geschrieben worden ist, und dasz diese Wörter dann in den
text . eingedrungen sind, zu dieser annähme möchte ich mich lieber
entschlieszen als dasz ich Quint. eine so sonderbare Vermischung
zweier ausdrucksweisen zutraue.
III 4, 6 f. mihi cunäa rimanti et talis quaedam ratio succurrü^
quod omne orationis officium aiU in iudiciis est aut extra iudida,
eorum, de quihus vudicio quaeritur^ manifestum est §ewus: ea, quae .
ad iudicem non ueniunt^ aui praeteritum häbent tempus aut futurum:
praeterüa aut laudamus aut uituperamus^ de futuris deliheramus. so
ist in allen ausgaben interpungiert. mit rücksicht auf talis möchte
ich vorschlagen nach su>ccurrtt einen doppelpunkt und nach iudicia
ein komma zu setzen, wir können dann übersetzen: Venn ich
alles durchforsche, föllt mir auch folgende einteilungsweise ein:
weil die rede alle ihre aufgaben entweder vor den gerichten oder
auszerhalb der gerichte zu erfüllen hat, bildet dasjenige , worüber
gerichtlich verhandelt wird , offenbar eine gattung ; dasjenige , was
nicht vor den richter kommt, gehört entweder der Vergangenheit
an oder der zukunft; das vergangene loben oder tadeln wir, über
das zukünftige beratschlagen wir.'
m 5, 1 omnis autem oratio constai OMt ex iis quae significantuTj
atU ex iis quae significant^ id est rebus et uerbis. weil es keine rede
gibt, welche nur aus gedanken, und keine, welche -nur aus werten
besteht, weil vielmehr jede rede gedanken und worte haben musz
(vgl. III 3, 1 omnis uero sermo, quo quidem uöluntas aliqua enun-
tiatu/r^ häbeat necesse est rem et uerha), schlug ich in den bl. f. d.
bayr. gw. 1886 s. 377 vor: constat [atU] ex iis quae significantur et
ex iis quae significant , indem ich darauf hinwies , dasz das erste
aut nach constat aus einer dittographie entstanden. sein, und dasz
dies dann die Veränderung von et in aut nach sich gezogen haben
kann.'^ dagegen bemerkt Becher: 'K. geht von der falschen Unter-
stellung aus — die allerdings von vielen geteilt wird — als ob durch
aut nur begriffe verbunden würden, die sich gegenseitig ausschlieszen.
es kann kein besseres beispiel für die Unrichtigkeit dieser gewöhn-
lichen regel geben als dieses, wo aut ex üs quae significa/Wtwr aut ex
iis quae significant einfach durch id est rehtM et uerbis erklärt wird.
^ vgl. auch § 4, wo A esse quaestiones in scripta ei in non scripto
gibt, während die übrigen hss. esse quaestiones aut in scripto aut in non
scripto geben.
7 18 ANehriög: aber die originalitHt van Seaecas naturaleB quae&tiooe
dem Schriftsteller fällt es nicht ein mit aut — aut unreines ifiar wähl
zu stellen, sondern alle beide können nicht nur sehr wohl neben ein*
ander bestehen, sondern sind sogar gewöhnlich mit einander ver-
bunden (vgl. Sey Gert -Möller zu Cic. Lael. s* 470)/ mit dem waa
Müller zu Cic, Lael. bemerkt bio ich vollkommen einverstanden,
nicht aber mit der anwendung, welche Becher davon macht, ich bin
weit entfernt zu glauben, dasK derjenige, der sagt: homines aut 0$^
qtiae e terra gignurUurj aut came uescunttir^ damit sagen will; die
menschen nähren sich entweder nur von vegetabillen oder nur von
fleisch j er bestreitet damit gewis nicht, dasz sie sich auch von beidem
nähren können, auch das nicht, dasz sie sich gewöhnlich von
beidem nähren, aber so wenig man meiner ansieht nach sagen kann:
homines atä aere aut cibo egenty oder : homo conslat aut ex anima aui
ex corpore^ ebenso wenig kann man, glaube ich, sagen: oratio canstai
aut ex iis quae significantur aut ex iis quae ^ignificant, der grnod
liegt darin, dasz die rede nicht nur auB gedanken und werten be-
stehen kann, dasz sie nicht nur gewöhnlich aus beidem besteht,
sondern dasz sie immer aas beidem bestehen mnsz.
München. Moriz Kiderlih.
80.
ÜBER DIE ORIGINALITÄT VON SENECAS NATURALES
QÜAE8TIONE8.
Vor kurzem erhielt ich durch hrn. Johann Müller in Innsbruck
einen von demselben verfaszten aufsatz 'über die Originalität der
naturales quaestionea 8enecas% sonderabdruck aas dem *festgrufi«
aus Inngbruck an die philo! ogenv er sarolung in Wien* (Innsbruck
1893) freundlichst zugesandt, in diesem aufsatze wird mir zum
vorwürfe gemacht, dasz ich durch meine beiden programmabhand-
lungen 'über die geologischen anschauungen des philosopben Senecib*
(Wolfenbüttel 1873 und 1876) eine zu hohe meinung von Senecas
wissenschaftlicher forschung und insbesondere von seiner originalitllt
erweckt habe, dieser meinung des geehrten Verfassers glaube ich
mit einigen bemerkungen entgegentreten zu müssen, um den sUnd-
punkt klar zu stolleOf von dem aus ich meine oben citierten pro*
grammabhandlungen geschrieben habe, ich verfolgte bei abfassiing
derselben zwei ziele: 1) wollte ich den modernen geolog^n be-
weisen^ dasz die alten Griechen und Römer auf dem gebiete der
geologie doch schon etwas weiter gewesen seien, als man heutzutagie
meistens annimt, und 2) wollte ich speciell die bedeuioiig der nai*
quaest, des Seneca gegenüber der viel bekanntern und oft citierten
Hol. hist. des Plinins hervorheben. '
* daas man mir von vielen aeiten in der betontio^ dieier heldeo
punkte zugestimmt hat, k^unte ioh aas sablreichcn rece&aionen leickt'
nachweisen.
ANehriDg : über die originalitftt yon Senecas naturales qnaeationes. 719
Wer die ersten abschnitte meiner abb. von 1873 mit aufmerk-
samkeit liest, wird obige ziele leicht erkennen, die 'Originalität' dea
Seneca habe ich nirgends gerühmt, sondern vielfach betont, dasz er
hauptsächlich aus griechischen qi^ellen geschöpft habe; aach habe
ich für meine arbeit absichtlich den titel: 'die geologischen an-
schauungen (nicht etwa 'forschangen') des philosophen Seneca'
gewählt, um anzudeuten dasz es sich im allgemeinen nur um die
durch das Studium anderer autoren gewonnenen anschauungen, nicht
um originale forschungen des Seneca handle.
Im übrigen begnüge ich mich damit , aus meiner abhandlung
von 1873 s. 10 ff. folgende sätze anzuführen:
'Ich werde mich in der vorliegenden abhandlang daraaf beschränken
die geologischen anschauungen der alten im anschluss an
Seneca kurz sur darstellnng zu bringen und auf den verhältnismäszig
weit fortgeschrittenen Standpunkt derselben hinzuweisen, dasz ich mich
hierbei gerade auf Seneca stütze, hat darin seinen grund, dasz kein
Anderer uns erhaltener Schriftsteller des altertums die hierher gehörigen
erscheinungen und fragen so vollständig und methodisch behandelt hat
wie er. alles was die alten naturphilosophen , was Pythagoras, Plato,
Aristoteles, Theophrast, Demokrit, Epikur und besonders die stoiker
auf dem gebiete der geologie geleistet haben, hat ejr berücksichtigt und
kritisch gesichtet/
'Es ist zu verwundern, dasz mit ausnähme von Alex, von Humboldt
die nenern geologen, welche überhaupt von den alten autoren notis
nehmen, eich meistens auf Plinius berufen und nur selten auf Seneca»
Plinius führt allerdings eine grössere bnzahl von beispielen auf als
Seneca; er hat in dem 2n buche seiner nai. hUt, cap. 79 — 109 mit ge-
wohntem sammelfleisz eine masse von geologischen .phänomenen und
zwar in einer gewissen systematischen reihenfolge zusammengestellt,
aber die ansichten und erklärungsversuohe, welche Plinius jenen phäno« .
menen hinzufügt, sind meist sehr unwissenschaftlich und noch vielfach
mit aberglauben vermischt, viel näher steht dem Seneca unter den
Römern Lucretius', usw. usw.
'Es würde zu weit führen, wenn ich die griechischen Schrift-
steller hier einzeln durchgehen wollte, welche sich mit der Schilde-
rung und erklärung von geologischen na tur Vorgängen ausdrücklich oder
gelegentlich befaszt haben, die Römer haben vorzugsweise aua
ihnen geschöpft und verdanken ihnen viel; aber keiner der-
selben hat die ansichten der griechischen autoren so voll-
ständig berücksichtigt und mit so richtiger kritik unter-
sucht wie unser Seneca.'
'Oft ist es nicht ganz leicht, die ansichten anderer forscher,
welche Seneca anführt, von den bemerkungen, die er selbst hinzufügt^
zu unterscheiden, und ich glaube, dasz diese Unterscheidung in den aus-
gaben noch nicht überall richtig angedeutet ist. .Seneca beginnt oft
fremde ansichten zunächst in indirecter rede, geht dann aber gern an-
vermerkt in directe rede Über und fügt nicht selten kritisierende be-
merkungen hinzu, der punkt, wo letztere beginnen, kann leicht über»
sehen werden; zuweilen erscheint eine äuszerung als bemerkung des'
Seneca, während man beim weiterlesen findet, dasz derselbe gani
anderer ansieht ist. schon Georg Agricola hat an mehreren stellen
seines Werkes <de ortu et causis subterraneorum> auf diesep umstand
aufmerksam gemacht; s. 28 u. 24 behauptet er sogar, Seneca habe dem
Demoeritus eine ansieht untergeschoben, die ihm nicht gehöre. vgL
s. 23 ^ atque ista quodammodo cum Aristotelis scriptis consentiunt ; qaae
vero sequuntur, ips.e Seneca interpretationis causa adiecisse videri
720 ANehring: über die Originalität von Senecas naturales qaaestionet.
potest». . . 8. 24 «certe si Democritus in hac sententia fnit, non pro-
cul abfait a re ipsa. sed verendum nobis erit, ne Seneca istad at-
tulcrit de 8uo: et quod ipse in ezplicandis scriptomm opinionibna rao
more rernm et verborum copia ludere soleat, et quod Aristoteles atqae
Plutarchus hnins Democriti sententiae nullam fecerint mentionem> usw.
freilich scheint dieser Vorwurf des Agricola ge^en den Seneca hier
einigen gruud zu haben, und es würde jedenfalls der mtibe wert eein
zu untersuchen, bis zu welchem grade Seneca in der anführnng fremder
ansichten genau ist. im allgemeinen können wir xins ohne sweifel anf
seine citate und angaben aus fremden autoren verlassen, wenn er aach
oft, besonders aus griechischen Schriftstellern, mehr eine freie inhalta-
angäbe als eine genaue Übersetzung zu geben scheint. — Ich ffige noch
hinzu, dasz er bei seinen Untersuchungen in der regel zunächst die
altern ansichten über die vorliegende frage angibt, sie kritisiert and
zuletzt sich entweder einer derselben anschlieszt, oder eine neue, selb-
ständif^e meinung aufstellt/
'Diese bemerkungen mögen genügen über den Standpunkt und die
methode des Seneca bei der erörtemng der naturwissenschaftlichen
fragen.'
Ich glaube dasz ich in den vorstehend abgedrackten bemer-
kungen meiner abh. von 1873 , welche ich leicht aach aus der von
1876 vermehren könnte', hinreichend betont habe, in welcher weise
Seneca zu seinen 'geologischen anschauungen' gelangt ist;
ich kann nicht finden, dasz ich, wie Job. Müller andeutet, bei den
lesem eine zu hohe meinung von Senecas wissenschaftlicher forschnng
und von seiner * Originalität' erweckt habe, dasjenige, was Job. MfiUer
in dieser hinsieht darlegt, läuft bei näherer betrachtung auf dasselbe
hinaus, was ich bereits 1873 und 1876 gesagt habe, vielleicht mit
dem kleinen unterschiede, dasz ich damals mit einem gewissen eniha-
siasmus von dem objecto meines Studiums erfüllt war, während Joh.
Müller den naturales quaestiones des Seneca *kühl bis ans hers hinan*
gegenüberzustehen scheint.
' vgl. zb. die abh. von 1876 s. 21.
Berlin. Alfred Neerino.
ERSTE ABTEILUNG
FÜB CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBAUSGEGEBEN VON AlFBED FlEGKEISEN.
(65.)
DIE BEIHENFOLGE DER FONF ERSTEN BEDEN
IN PLATONS SYMPOSION.
(schluBZ von 8. 661—585 und 8. 641—665.)
Die rede des Agathen,
Nach einem gespräche" zwischen Sokrates und Agathen, das
zwar bald von Phaidros mit dem hinweise auf die notwendigkeit der
fortsetzung der lobreden des Eros unterbrochen wird, aber doch
deutlich auf eine vorlftufige Charakteristik des Sokrates abzielt, der
seine sittliche Überzeugung zum alleinigen maszstabe seines handelns
macht (toöc hk noXXoöc . . Troieiv) und das biaX^ycctoi äXXuic t€
Kai KttX^ als die aufgäbe seines lebens betrachtet, erklärt es Agathen
für einen mangel seiner Vorredner, dasz sie niicht sowohl den gott
gelobt als die menschen wegen der guter, die sie ihm verdankten,
glücklich gepriesen hätten, er werde daher zuerst von seinen eigen-
Schäften und dann erst von den wohlthaten reden, die er den menschen
erweise, so nennt er den Eros den seligsten unter allen gOttem, da
er der schönste und beste aller sei. der schOnste ist er 1) als jüng-
ster: denn das greisenalter, das doch schnell ist, flieht und haszt er,
dagegen verkehrt er stets mit den jungen, und so ist er es aueh"
^' in den demselben voran flehenden worten, die Sokrates an Eryzi*
machos richtet: ei 6^ T^voio oO vOv tfili clfii, jüiAXXov bi Ycuic oG £cojMn,
inciödv Kai 'Aydeivv cTirq, €Ö kqI |yidX' Äv «poßoto Koi 4v iravrl ctnc,
ÜJCTTcp ^T^lj vOv (194 •) wollte Hirschig €0 ^dX^ Vermehren 8. 74 Kol fAoX'
schreiben, und zwar dieser unter berafnng anf die vorhergehende
äuszerung des Erjx. €i ^i\ Euv^öri . . irdvu Av i(poßo6fAY)v . . vOv hi
6^U)C Oappd). dazu aber würde die ändemng von cO in cd noch besser
pHssen: ci) Kai jüidX* dv (poßoto . . dücircp txS} vOv. ^ zu dem ersten
beweise für die jagend des Eros fügt Agathon den sweiten, den er
dem Zusammensein desselben mit der jagend entnimt, in den Worten
hinzu: ^€Td 6^ viwv dcl EOv€Ct( T€ Kai £cTt (196^). statt dieser hsl.
lesart schrieb Sauppe fA€Td bi yiwv dcl EOvcctC t€ Kai £cTi v^oc, ebenso
Schanz und Hug, der letztere mit der bemerkung, erst so werde icn
neben HOvecTi fA€Td vduiv erträglich, aber die folgerang der jagend
des Eros aus seinem verkehr mit der jagend würde auch damit nidit
Jahrbacher f&r cUm. philol. 1S88 hft. 11. 46
722
CScliirlits: 4ia reibenfol^e der finf
nach dem Sprichwort, dasz sieb gleieb und gleich gern gesellt, iikhi
also älter als Eronos und lapetos , wie Phaidros will , sondern der
jüngste gott und immer jung bt Eros; jene alten gescbichten aber,
die flesiodos und Parmenides von den gCSttem erzählen^ mtlsaeSi
wenn sie wahr sind, von der notwendigkeit, nicht vom Eros, veran«
laszt sein, weil> wenn 6r unter den g5ttem gewesen wäre, nicht ge-
walt, sondern friede Qnd freundscbaft unter ihnen geherscht hätte^
wie jetzt, seitdem Eros die götter regiert (194* iy\jj bk . . 195*
pactXeüei). er ist 2) zart, seine Zartheit zu beschreiben bedQrfie ee
eines dichters wie Homer; denn wie dieser von der Ate sagte, ihre
ftlsze seien zart, da sie nicht auf dem boden, sondern auf denbänptem
der menschen wandle, so wandelt und wohnt Eros in dem weiebsten«
den herzen und seelen der gdtter und menschen, und läszt sich anck
nicht in den harten gemUtem , sondern nur in den weichen nieder«
berührt er aber mit der ganzen Oberfläche (ndvTri) nur das weichste,
BO musz er am zartesten sein, dazu ist er Z) geschmeidig: denn
wSre er es nicht, so würde er nicht überall durchs chlQpfen und un*
bemerkt in alle Seelen hinein- und aus ihnen herausgehen. 4) von
harmonischer gestalt, was sein gefälliges äuszere (seine grazie) be-
weist, die von allen anerkannt wird und sich aus seiner bestftndigen
feindschaft mit dem ungefälligen ergibt endlieh ist er5)?on8di5ner
färbe, worauf sein verweilen auf dem blöbenden hinweist: denn auf
blütenlosen oder verblühten leibern und seelen weilt er nicht, son-
dern nur da wo es blüht und duftet (195^ Ocöc . . 196** ^^V€t)•
wie er aber der schönste ist , so auch der beste : er besitzt jede
tagend, zunächst gerechtigkeit : denn weder fügt er göttern <»der
menschen unrecht zu, noch erleidet er es von ihnen, weil in beidem
zwang liegt, der ihn nicht berührt und auch nicht von ihm ausgeübt
wird: wer ihm dient, thut es freiwillig, femer kommt ihm selbst^
beherschung zu, dh. bewältigung der leidenschaften; nun aber Ist
keine gewaltiger als Eros; bewältigt er aber lüst^ und begierden^
80 musz er vor allem die selbstbeherschung Üben, in der tapferkeit
femer steht ihm nicht einmal Ares gleich; denn nicht Eros ergibt
sich dem Ares, sondern Ares der liebe (zur Aphrodite); wem man
sich aber ergibt, der ist d6m überlegen, der sich ergibt, ist er aber
dem tapfersten überlegen, so musz er der allertap ferste sein, anch
die Weisheit, die noch Übrig, besitzt er. er ist ein geschickter dichter
und kann auch die, die er berührt hat, da2U machen, mithin ist er
ein meister im dichterischen hervorbringen (näcov TToinctv ttjv
KaTd ^ouciKTiv), wie er es bekanntlich auch im hervorbringen des
lebendigen ist; daneben ist er auch ein trefflicher lehrer in den ans*
Übenden künsten: denn durch neigung und liebe hat Apollon die
bogenschieszkunsti die heilkunde und weissagekunst erfunden; nnd
aasd rück lieh ^exogen sein; dies ge<chihe, wena man schriebe fierd H
v^u)v dcl tuvccnv iK^cre ical icxiy (oder icrx v4oc}; jedeafAtls cotbiU
das nächste 6 T^p iraXai6c X6toc cO Ixet, d^c Ö^oiov i^it^ dcl TrcXdIUi
nicht die folgeruD^ selbst, sondern deren begründnug.
ersten reden in Platons Symposion. 723
wie dieser sein schüler ist , so sind es die Musen in der tonkonst
und Hephaistos in der schmiedekunst , Athena in der weberei und
Zeus in der beherschung von göttern und menseben, daher haben
sieb die angelegenbeiten der götter geordnet, als Eros, die liebe,
nemlicb zur Schönheit, in sie kam. denn vom häszlichen hält sich
Eros fem, und während früher durch die herschaft der 'AvdTKH viel
schreckliches unter den göttern geschah , ist seit der entstehung
dieses gottes aus der liebe zum schönen alles gute bei göttern und
menschen hervorgegangen (196 '^irepi )Lifcv..l97<=(iv0pt6iroic). indem
aber Eros Schönheit und tugend nicht nur besitzt, sondern auch
andern verleiht, ist er insbesondere der Stifter des friedens und der
ruhe unter den menschen und in der natur : er befreit von abneigung
und erfüllt mit Zuneigung, vereinigt die menschen zu freundlichem
Zusammensein als führer bei festen, chören und opfern, gewährt
milde und wohlwollen, steuert dem gegenteil, ist den guten hold,
den weisen und göttern wert, unglücklichen versagt, den glücklichen
gegeben, ein Schöpfer der lust und Zärtlichkeit, der anmut, des Ver-
langens, der Sehnsucht, ein helfer in allen nöten, aller götter und
menschen zierde, der schönste und beste führer^ dem ein jeder folgen
soll , mit herlichem lobgesang in die weise einstimmend , mit der er
der menschen und götter gemüter bezaubert (197* oÖTiüC . . 197 •
dvBpÜJTTUJV vÖTi)Lia). die schluszbemerkung des redners, sein Vortrag
sei aus scherz und mäszigem ernst gemischt, gilt natürlich vorzugs-
weise von dem zweiten teile der rede, in dem die rücksicht auf die
Wahrheit hinter dem streben nach gefälliger form hat zurücktreten
müssen, ist daher die nachahmung des Gorgianischen stils für die
richtige auffassung des inhalts der rede nicht von belang, so kann
die vorliegende erörterung im wesentlichen auch von einer Prü-
fung der sophistischen beweisführung absehen ^ deren sich Agathon
bedient hat, zumal da die analjse seiner trugschlüsse keine Schwierig-
keiten verursacht.
Um so wichtiger ist die frage, ob sich in dem grundgedanken
der rede derjenige fortschritt der Untersuchung erkennen läszt, den
wir nach der obigen kritik der rede des Aristophanes erwarten,
wenn die drei letzten Vorredner trotz der Voraussetzung, dasz Eros
ein gott sei, seine Wirksamkeit in einer weise beurteilt haben, dureh
die auch die göttlichkeit der liebe alteriert werden muste, so wird
das gleiche bei Agathon der fall sein, wiewohl er also die Voraus-
setzung seiner Vorredner teilt, werden wir prüfen müssen, ob die
Vorstellung von dem wesen der liebe, die seiner rede zu gründe
liegt, mit jenem äuszerlichen anerkenntnis der göttlichkeit des
IpuJC übereinstimmt, nun scheint allerdings der descriptive Charakter
seiner rede darauf hinzuweisen, dasz er unter dem SpuiC einen per-
sönlichen gott versteht : er schildert ihn als einen schönen , anmut-
vollen, nimmer alternden, farbenfrischen jüngling, der sich im be-
sitz jeder vortrefiflichkeit befindet und alle tugenden , die er besitzt,
nur dadurch dasz er sie besitzt den menschen verleiht, damit wird
46*
724
CScbirlits: die reihenfolge der fünf
anscbeinend auf den Standpunkt des Phaidros zurückgegriffen , wie
denn auch Fbaidros der einzige redner iät, gegen den Agatbon (in
betreff des alters des Eros) direct polemisiert, bat sieb aber der
scbriftsteller aus bestimmten gründen veranlasst geseben, gerade
dem Agatbon eine solcbe darstellung des Eros in den mund in
legen, so ist er anderseits bemüht gewesen das resultat, das Ejyxi-
machos und Arlstophanes gewonnen haben, auch in der rede des
Agatbon festzuhalten und den begrifif des triebes in geeigneter weise
bervorzukebren* zunächst fehlt es nicht an stellen, in denen Agatboii
den Ipujc deutlich als trieb faszt: so wenn er 197* sagt TOEiicf|V • .
'AnöXXüJV ctveupev diriOu^iac Kai IpwTOC fiT€pov€ucavTOCt
wo Ipujc wegen der yerbindung mit dem abstracten ausdruck ini-
Ou|ila (s. Hug s* 112) offenbar die bedeutung 'trieb, neigung' bat,
ebenso wird unter binzuftigung des objectes der liebe Eros 197^*
{Öe€V bf\ KQl KaT€CK€UdCÖtl TtüV 9€lI»V TOt TtpCtTfiaTa 'epUJTOC
^Ipfcvo^^vouj bfiXov ÖTl xdXXoiiC) der trieb zur Schönheit ge- i
nannt ] und wenn sich schon aus diesem ausdruck ergibt , wie leicht
für den redner die Persönlichkeit des gottes in den unpersönlichen
trieb zerflieszt , so wird dies noch ersichtlicher durch eine verglei-
chung mit den folgenden worten (197 '^ ^ireibf) b* 6 Oeöc OUTOC
?(pu, iK ToO fpävTUJVKaXoJV rrdvi' dTCtÖd TtTov€ xal 0€Oic ical
dvöpii/TTOic)^ durch die die thätigkeit der Ipujvtec geradezu an dio
stelle des persönlichen gottes gesetzt wird, ganz ebenso bat sich
schon vorher (196'^) dem Agatbon die concrete gestalt des gotte«
in ein abstractom aufgelöst: denn sonst würde er nicht den gott in
die liebe des Ares zu Aphrodite verwandeln können, wie er es mit
den Worten thut: ou ydp fx^i "CpujTa *'ApT]C| dXX* *6ptüC *Apn,
'Aq>poblTTic, djc Xötoc. dasz dieser Übergang in den abstracten be-
griff hier zur Vollendung eines trugscblusses dient, kann seiner be-
deutung für die vorliegende frage keinen abbrucb tbon: denn gilt
die sophistische beweisführung für ein charakteristisobes merkmal
des redners überbaupt^ so kann man auch die art, in derer mit dem
begriff fpU)C operiert, zur erkenntnis seiner anscbauung vom fpujc
verwenden, man wird sich daher zum beweise dafür, dasz er den
Ipnjc für einen trieb erklärt, auch auf dasjenige sophisma berufen
dürfen, mit dem er kurz vorher dem gotte die cuucppocuvr] vindi-
ciert hat. der obersatz lautet: ^besonnenheit ist mächtiger sein ab
die begierden* (196* elvai Top öpoXoTeiiai cuxppocuvTi TÖ lepa-
teiv fibovüav Kai ^mQufiluiv), der Untersatz: 'nun ist Eros mttcbtiger
als die (andern) begierden' ("'GpiUTOC bi \xr\beiiiav fiboviPiv KpclTTUi
elvai)» der scbluszsatz tmithin ist Eros ca»q)puivv (Kpatutv hl fjbovilrv
. . öv cujqppOVoT). der trugschlusz kommt also dadurch zu stände,
dasz fpiuc im Untersatze als abstracte iTttSupia, im scbluszsatza als
moralische person gefaszt wird, ^ an allen diesen stellen wird f piüc
M a. Hug t. 110| der auch darauf aufmerksam macht, date niolit
jedes KpclTTU) cTvot ein KparcTv im sinne des kämpfe» und •lefea über
andere lo sich schlieizt.
ersten reden in PlatonB Sympouon. 725
als ein trieb, ein verlangen bezeichnet^ dessen ziel entweder genannt
ist oder unerwähnt bleibt; aber auch andere ausdrücke, die den be-
griff des strebens nicht in ausgesprochener form enthalten, lassen
erkennen , dasz Agathen unter dem £pu)C nicht sowohl die göttliche
individualität als eine in bestimmter weise wirkende kraft, dh. ein
allgemeines princip versteht, wir hören, dasz £pUiC mit der dcxY)-
juccOvr) im steten kämpfe liegt (196*), von der ß(a nicht berührt
wird (196 ^), vom alcxoc sich fernhält (197^); können wir ihn aber
als gegensatz dieser abstracta denken, ohne ihn selbst als abstrao-
tum zu denken, mag er nun das princip der eucxilJiiocuvr], der qpiXCa
oder des KdXXoc sein? gewis konnten sich aus diesem begriffe leicht
die eigenschaften der person gewinnen lassen, aber doch nur des-
halb, weil sie selbst eine abstraction bleibt, die der individualitftt
entbehrt ; und schlieszen nicht anderseits auch jene aussprüche die
gewisheit ein, dasz £pu)C eine auf bestimmte ziele gerichtete kraft,
ein treibendes princip, also ein trieb ist? mit der dcximocuvT] kann
er doch nur dadurch im kämpfe liegen, dasz er der eOcximocuvT]
zum siege verhilft, und seine abneigung gegen ß(a und atcxoc kann
er nur dadurch bethätigen, dasz er den dvavT(a jener begriffe in
und durch sich selbst geltung verschafft
Zu demselben ergebnis, wie die eben erwähnten* einzelnen
stellen der rede, führt aber auch die betrachtung des gesamtbildes,
das Agathen von der persönlichkeit des gottes entwirft. Eros ist
nicht nur ein jugendlicher, sondern auch der jüngste gott: damit
wird er auf die grenze beider weiten gestellt als vermittler gött-
lichen und menschlichen wesens"^, der seine eigenartige natur auch
dadurch bezeugt, dasz er seinen einflusz nicht nur auf die menschen,
sondern auch auf die götter ausübt {19b ^ il od "'GpUiC TÜbv 6€U)V
ßaciXeuci, 197« dneibfi V 6 Geöc oötoc ?<pu . . ndvi' draGd t^tovc
Kai GeoTc xal dvGpiüTTOic, 197« f\v $b€i G^Xtujv TrdvTuiv G€div t€
Kai dvGpu)TTU)V vÖTijLia). er ist femer der gegensatz der "AvdTKTi
(195 «^ *AvdTKij Kai oök "Gpum T€Tov^vai), dh. der Inbegriff der
freiheit. was in seinem namen geschieht, geschieht aus freier ent-
schlieszung , ohne zwang und gebundenheit, so dasz, wer ihm dient,
zwar den willen des gottes, aber in demselben nur seinen eignen
^^ Susemihl gen. entw. I 886 weist anf die entgregengesetste alten-
beatimmung des Eros bei Pbaidros und Agathon hin, von denen ihn
dieser anter die geistigen göttermäcbte der Olympier und zwar als
jüngsten reebne, während ihn jener für einen kosmischen natnrgott
und für älter als die Titanen erkläre, und bemerkt im anschluss hieran,
bei Pbaidros sei er der keim, bei Agathon die letste entwioklang des
lebens, und dies sei die unmittelbarste, aber noch unklar aufffefaszte
Vorstufe zu der Sokratischen betrachtung der liebe als des triebes zum
idealen, wenn auch im übrigen Aristopbanes gedanke am nächsten an
die Sokratische rede binanstreife. die letzte bemerkung kann ich mir
nur hinsichtlich der begründung des £pu)C als einer ^niOufiia aneignen:
denn dasz die rede des Agathon überhaupt den gedanken des Aristo-
pbanes zur Voraussetzung hat, soll gerade die obige Untersuchung
darthun.
726
CSchirlits: die reihenfolge der fünf
willen erfüllt (196« ndc yäp ^küjv 'CpujTi rräv ömipcTCi)* mit
diesem gedanken stimiDen auch die prädicate des Eros überein, die
gewis nicht nur seine körperliche erscheinong veransch au lieben
sollen: er wandle, beiszt es, leicht und leise dahin, gleich der Ate
bei Homer (19ö**-*), sei zart (dTToXöc) und geschmeidig (ÜTpöc xö
cTboc 190*}, 80 dasz er sich Überall berumscblinge und unbemerkt
die seele betrete und verlasse (196 '^ ou T^p hv . . f|v). was anderes
hat der redner mit diesem bilde ausdrücken können als den leisen
beginn und das stille wachsen der Liebe im innern? denn im
innern, im zartesten, in den seelen der menschen und götter bat
Eros, wie der redner gewis nicht ohne absieht hervorhebt, seinen
sitz (1 95* ^v T<ip ffi^ci Kai ^/uxak Bcuiv KOi dvöpuJTTiuv tfiv oiicnciv
tbpuTai), wohnt er aber in den herzen der götter und menscheDy so
ist er eben nicht ein gott wie die übrigen ^ Bondern ein innerlicher i
Vorgang f ein allen persönlichen wesen, aber auch nur diesen **, g^\
meinsames verlangen der seele, das in ihr entsteht und sie nach
einem auszer ihr liegenden ziele trachten läszt. der dichterisch ge-
artete redner sieht dies verlangen als ein göttliches individuum an ;
aber die kunst des Schriftstellers hat dafür gesorgt, daax wir den
Eros auch bei dieser angehauung als das erkennen, was er nach
Erjiimachos und in richtigerer form nach Aristophanes ist, als den
trieb, der sich in spontaner weise bethätigt, wenn er auch durch
eine höhere macht in die menschen gelegt ist. diese anschauang
durchzieht die ganze rede des Agathon : sie zeigte sich , wie wir
oben gesehen haben, in einer reihe von stellen, die sich nur von
jener bedeutung aus verstehen las^sen : sie trat ebenso sehr in dem
bilde hervor, das der redner von der person des gottes entwirft; sie
verleugnet sich endlich auch nicht in dem, was wir von Agathon
über die Wirkungen des Eros hören. |
Wie ErjximachoB in seiner darstellung von der iatrik aosgeht,
80 ist Eros dem Agathon der grosze TioiriTric: niemand, sagt tr,
werde bestreiten, dasz die hervorbringung des lebendigen, durch die
alle lebenden wesen entstehen und gebildet werden (197* Kai ^tv
, . TCt tu/a), seine kunst sei. nun lÄszt sich aber ebenso wenig be»
streiten, dasz die (continuierlichc) bervorbringung des lebendigen
nicht die that eines gottes ist, sondern auf einem in das lebende ge-
legten triebe beruht, der verbunden mit dem Selbsterhaltungstriebe
die existenz der Kjja bedingt, wird daher die bervorbringung des
lebenden als die kunst des Eros bezeichnet, so ist er damit adbai
mm zeugungstriebe gemacht, wahrend wir ihn in Eryximachoe dar-
stellung für den trieb der Selbsterhaltung erklÄren müsten, wenn
nicht dieser redner den guten und schlechten (pwc unterschiede,
aber Agathon hat, noch ehe er die notncic Tuiv l\\iwv erwähnt^ auch
•• tljimit vertrugt »Ich auch die «rwUbming der götter: denn der
redner il«nkt (Hhe\ iin die »iis der mythologte bekitnoteii b«iii)itol« iroQ
licbtohaften dersclbet) , wenn er Atieh mit seiner bemerktiitg dai tob,
dos €pu^C SU erhoh<!n üucht.
ersten reden in Platons Symposion. 727
die geistige zeugung (Tiäcav 7roiT]av rfiv Kaxd jLiouciKnv 196 •) für
das werk des £pUJC erklärt und dabei insbesondere der erotischen
anlasse zum dichten gedacht (nac . . npiv 196^). diese anschauong
lag zwar insofern nahe, als das griechische bewustsein die dichterische
begeisterung überhaupt zu verkörpern pflegt; hier aber wird das
künstlerische schaffen zum ipwc gemacht, also ein act, der nur
dadurch möglich ist, dasz sich der künstler getrieben fühlt in
Worten und tönen auszusprechen, was ihn beseelt, so wird Ipuic
zum triebe künstlerischer äuszerung, wie wir auch die spräche selbst
als allgemeinste form der mitteilung auf einen trieb zurückzuführen
gewohnt sind, den gegensatz zu diesem verlangen das innere mit-
zuteilen bildet der trieb zur aneignung des fremden durch wissen
und können, mag es erst erfunden oder als ein bereits vorhandenes
von dem, der es sich zu eigen machen will, nur gelernt werden
müssen, in diesem sinne gehört dem £pu)c auch die ausübung der
künste an (197» tujv tcxvüjv ÖT])LiioupTlct); denn auch zu ihr bedarf
es der cocpta, nach der nur deijenige trachtet, in den der trieb des
Wissens und könnens gelegt ist. die bethätigung desselben erfordert
ft'eilich eine anspannung des willens, aber sie ist um so stärker | je
stärker der trieb ist, weshalb gerade dem der trieb abgesprochen
wird, dem es an lust und liebe zu seiner beschäftigung fehlt. "^
darum kann Agathon sagen, berühmt werde in der 5r])LiioupTi(X Tuüv
T€XVdiv allein der, dessen lehrer Eros sei; und wenn nun selbst die
götter , wie Apollon , die Musen , Hephaistos , Athena und Zeus in
ihren Wirkungskreisen zu schülem des Eros gemacht werden, so
wird auch damit ausgesprochen , dasz die individualität des Eros in
der Vorstellung des Agathon von anderer art ist als die der übrigen
götter.
Die bisherige besprechung hat gezeigt, dasz es der kunst Platons
gelungen ist den abstracten begriff des triebes auch in derjenigen
rede, die den Eros als persönlichen gott feiert, nicht verloren gehen
zu lassen, freilich erscheint Eros dabei im besitze und als Spender
dessen, das thatsächlich nur das ziel des in ihm verkörperten triebes
ist. das aber war nicht zu vermeiden , wenn der wissenschaftlichen
behandlung der sache nicht vorgegriffen und anderseits in den ersten
fünf reden alles erwähnt werden sollte ^ was für die blosze Vorstel-
lung mit ihren mittein erfaszbar ist. dasz sich Eros auf das schöne
^^ es ist daher keine von der obigen wesentlich abweichende er-
klärung, wenn Hng s. 112 zu ^mOufitac xal ^puiTOC ifJYCfXOVcOcovTOC
mit Ast bemerkt, ^pu)C bedeute hier ganz allgemein 'liebe zur sache'.
der unterschied besteht nur darin, dasz, sobald £pu)C als trieb zur
coq){a gilt, damit die allgemeine und natürliche begründung dessen be-
tont wird, was sich in jedem einzelnen falle als liebe zur sache be-
zeichnen läszt. die von Hug (nach Ast) hinzugesetzte erklämng 'leiden-
schaftliche neigung zur entdeckung des unbekannten' liegt an sich
nicht im begriffe des ?pujc, sofern es sich um die 6r|iyuoupT(oi xexviöv
handelt, rechtfertigt sich aber durch die beispiele von erfindungen, die
den göttem mit hilfe des ^pu)c gelungen sind.
728
CSehirlitzj die reüienfölge der fQnf
ricbtet, hatte noch keiDer der frühern redner gesagti und doch konnte
sich gerade diese heziehung dem allgemeinen bewustaein nicht ver*
bergen, wenn daher Ägathon den Eros das verlangen nach dem
schönen und zugleich den schönsten gott nennt, so bleibt das aller-
dings ein Widerspruch f war aber doch ein der kOnstlerii^chen dar-
Stellung geläufiger gedanke^ den wir der künstlernatur des Agathon
am wenigsten verargen dürfen, mit recht hat man bemerkt, die
bildende kunst sei überhaupt nicht im stände gewesen, das ver-
langen nach dem schönen anders als durch eine schöne gestalt dar*
zustellen.^* so gewis also diese ineinsbildung des triebes und seines
objectes eine folge mangelhafter erkeuntnis ist, so sicher kann sie
anderseits auch wieder als ein beweis dafür gelten, dasz Eros ohne
die Schönheit nicht zu denken ist. hat sich nun aber, auch wenn der
Eros des Agathon in Flatons sinne als trieb zu betrachten ist, die
Erwartung erfüllt, zu der die rede des Aristophanes veranlassang
gab? ist die Tollkommenheit, die das ziel des erotischen rerlangens
bilden soll, damit in einer ihrem begriffe enti<prech enden weise um*
gestaltet worden ?
Zur beantw Ortung dieser frage brauchen wir nur das, was wir
so eben als die absieht des Schriftstellers bezeichneten, mit d<*m
grundgedanken der rede zu combinieren. Eros, als schönster und
bester gott, ist der inbagriff des schönen und guten überhaupt, ist er
nun in Wahrheit ein trieb, so geht der erotische trieb auf eine Voll-
kommenheit, die das schöne und gute in sich schliesxt
an stelle des ganzen ist also das KaXov und dTOiÖöv getreten, jenes
(tö KüXöv) als object des erotischen Verlangens zu erkenoen konnte
auch der vorsteliuDg auf grund allgemeiner erfahrung nicht schwer
werden; wie aber ist es zu denken, dasz die liebe auf das gute geht
oder, da uns die Untersuchung in ihrem bisherigen verlaufe den
fpujc bereits als trieb nach Vollkommenheit kennen gelehrt hat, wie
kann Ipujc als schönheits trieb auf das gute gerichtet sein? dh. wel-
ches Verhältnis besteht nach des redners angäbe zwischen den beides
begriffen? zunächst scheint ein solches für ihn überhaupt nicht vor-
handen zu. sein; wenigstens behandelt er beide begriffe als einander
ausschlieszende, wenn er zuerst über die Schönheit des gottes spricht
und sodann mit genauer Scheidung der teile erklärt: n€pi ^^v ouv
KdXXouc Toö 8eoö Kai Taöia \Kavd köi fii ttoXXq XeiTrexai^ iT€pi
bfe dpeific *'6pu>Toc ^€Tä Taöia Xckt^ov (19G'')* aber diese
dispositive genauigkeit, die er von Gorgias gelernt hat, hindert ihn
nicht das schöne und gute an anderer stelle mit einander in Verbin-
dung zu setzen, eine solche liegt sogleich in ihrer beiderseitigen
* 8. Hnß^ f. 1S8: *diö henterkung (de* Sokrates über die rerweebt-
Inng des *€pijüc mit dem ^puü^cvov, die steh A^ntbon hat tn 8chald«a
kommen lassen) igt mit heziehung nuf die gesamte «uffassuag: des Eroa
bei den griechischen dichtem und künstle rn vollkommen richtig' . . aber
für pla«1J0che darstellung eignet steh unsUettig ein schöner Eros beaser
alfl sich ein Sokralifobes peraEu akxpoO koI kqXoO eignen würde.'
ersten reden in Piatons Symposion. 729
beziehung zur glückseligkeit. das schöne und das gute werden der
€UÖai)Liovia untergeordnet: denn Eros ist der glückseligste gott, in-
sofern er der schönste und beste ist (195^ eöbaijiiov^CTaTOV . .
SpiCTOv) ; die eubaijiiovia aber ist ein einheitlicher begriff, mithin
musz das xaXöv mit dem äxaGöv wesens verwandt sein, dasz ferner
die Schönheit das bedingende und das gute erst in und mit dem
schönen gegeben ist, dürfte sich, um von einzelnen bemerkungen*'
abzusehen, schon aus der anordnung der teile ergeben, nach der zu-
erst die Schönheit und dann erst die tugend des gottes nachgewiesen
wird, ist aber auch von Agathon direct ausgesprochen, wenn er
sagt, nach der entstehung dieses gottes sei aus der liebe zum
schönen alles gute bei göttem und menschen entsprungen (197 ^^~^
dneiöf) . . ävOpuüTTOic). der redner behauptet das wie etwas selbst-
verständliches und ohne es zu begründen; um so notwendiger ist es
festzustellen, ob eine begründung des satzes, dasz die Schönheit das
gute in sich schlieszt, in der rede des Agathon implicite -enthalten
ist. Eros, sagt er, ist der beste gott, weil er aller tugenden teil-
haftig ist. wie die damalige Unterscheidung derselben (in gerechtig-
keit, besonnenheit, tapferkeit, Weisheit) besonders von den Sophisten
(s. Hug s. 109) vertreten wurde , so sind auch die beweise , die der
redner bringt , durchweg sophistisch gehalten , aber der Sokratisch-
Platonische gedanke von der einbeit der tugenden läszt sich doch
namentlich am Schlüsse des ersten teiles der rede des Agathon wohl
erkennen. Zeus, heiszt es 197^, habe die kunst götter und menschen
zu beberschen vom Eros gelernt, dadurch hätten sich auch die Ver-
hältnisse der götter geordnet (KaT€CK€udc6ii) , nachdem sich die
liebe, nemlich zur Schönheit, ihrer bemächtigt habe, eine ordnnngs-
mäszige herscbaft, deren gegensatz hier das gewaltthätige regiment
der 'AvdTKii bildet, wie überhaupt jedes der Ordnung angepasste
leben, sei es der götter oder der menschen, ist nur möglich durch
die geltung der gerechtigkeit : denn alle Ordnungen und gesetze be-
ruhen auf dem recht (öiKaiov); die pflege der gerechtigkeit aber
setzt voraus , dasz jeder sich selbst beherscht (cuJcppocOvT)), den an-
griffen, die der rechtszustand erfährt, mit einsetzung seines lebens
entgegentritt (ävbpeia) und von der sittlichen beschaffenheit seiner
handlungen die zutreffende erkenntnis hat (cocpia). so verwirklichen
sich sämtliche tugenden, also das gute, in einem ordnungsmäszig
eingerichteten, durch masz, gesetz, recht zu fester gestalt gelangten
leben und zwar unter dem einflusse der liebe zum schönen ^GpoiTOC
dTT€vo|Li^vou, önXov ÖTi KCtXXouc).'*"
'^ dahin gehören die worte 197 •> "epuiTOC lTT€VOfX^vou , öfJXov ÖTI
KdXXouc. Eros als subjectiver trieb ist auf das schöne als sein nächstes
object gerichtet und ist überhaupt (6f)Xov ÖTi) ohne dasselbe nicht zu
denken. ^^ am ende des zweiten teiles seiner rede nennt Agathon
den Eros . . HufiTidvTWv T€ Getüv kqI dvepii^irwv KÖCfAOC, f|T€M*hv KdX-
XiCTOC Kai dpiCTOc. aus den umgebenden bestimmungen ist die bedeu-
tung von KÖc^oc nicht zu ersehen. Schleiermacher, Zeller, Jahn geben
es durch 'zierde' wieder, Müller durch 'schmuck': trifft dies auch die
CSdKtSIc: die mhfwfolgc dar fBuT
Wie kattii nun &ber der liebe tmn «ebenes oder Tiebnelir den
webHimem selbst diese öuvoiitc tagesehfiebeo werden ? prILfen wir {
en dea pitdicateft, die AgsÜiOB dem Eros ak Oeöc icdXXicroc < _
Qnd bringen wir d&bei diejenigen ia mbtiig« die sieh ms dem solbr»-
pomorphiscban cbar&kter der damteliimg efkÜrea, sise die jo^eaii
(yioc) und die färbe (xf^c xäXXocj'^ oder «af die nsiar des Cpoc
aU eines triebe« znrückzoffibren sind , db« sein wirken in der oeeito,
sein unvermutetes eindringen (diraXu/TOToc, trpoc bc toütoic vrpAc
TÖ clboc 196^), &o bleibt ab weeentlicbes merkmal des scbönen die
CUM^^1^P<>^ i^ö Obrig, die der redner mit der €VCXnJ^ocuvr| be*
gründet. ^ £ro« iei slso wohlgestaltet, denn die ibea cv|l}ieTpOC ist
harmonie der glieder, ebenmsss , und das schdne defnnadi form« g»-
iiUlt, db« die einbeit des maoigfaliigeiL wird nan tun des begriAa
der eitü^eit willen auch die einbeit des maaigfaltigen ftlr &ine cud
dieselbe erklärt, möge sie fQr die sinnlicbe oder gei^ge anscbattttng
bestellen; wird al^ nicht nur von dem sehönen die geetalt, BOBdem
auch von dieser die schOnbeit prSdiciert^ so fKIlt das schöne mit dcEm
ewigen zusammen: denn es ist auch die in allem Wechsel der er-
scbeinungen beharrende , onverg&ngliche gestalt oder form , dh. die
idce»^ gewis hat Agathon diesen gedenken weder aosgesproclieB
abfticlit de« •ehrifisieller«, so eaUprieht e« doch der oelgaog Flatetts
mit der uJicbttea b^deatnDg^ eine tiefer liej^eode ea verbiadeo; daber
hAlie ich ei für vrahrjicbemticb, dmBZ der Ausdruck g^ewllilt itt^ oa Atm
k,rot zugleich alt ordneudea priaeip der gotter und meosebea s« b#*
seicbtieii-
** da et sieh um die bescbreibung göttlicher sch<Siibeit in oiea«e^ea*_
ireetalt^ db. fneoicfaltcber «ch<SQbeit handelt, war die erwäbmtixg
Juffend und also auch der färbe ani^rllatlicb: denn das wea
taerkmiil des schunheiiibc^iä^eB ist im berelche meoscbUcbar schd
Hü «in b<tstitnmtea alter gebatiden iiod i^eht im spätem verlasfe iea
1 «belli verloren. " eq lesen I«t cu^M^^pou hi. IbidC M^a T€K|iHpi<iW
f\ cOcximocOvr) , den xusatz Kai 6Tpdc hinter tUfi^^^Tpou Ulfe ich
d«tD Vorgänge Jahns, so auch Hag. dageiteu möchte ich Hug
bcfitimroeo, wenn er bemerkt , die als bewei« für die harmonisch« <
ttalt des Eros vorifebrachte altgemein anerkannte grazte [ii)Cjpl^
dc«i»elben sei mit dieser itn gründe ideotisch* der unterschied der
cÖM^CTpoc «od €Öcx»l>iocOvr| ist doch immer der» das« jene« die bi
mouische gestalt an sich db, in ruhe, dies die harmonische schiSnbait
In bewef^tiDg ist, ** nur dadurch dasz das schünc die form, die ge-
stalt vertritt^ daiic es die einheit des manlgraUigeu in der geij
anschautmg wie anderseits in der sinnlichen bedt^utet, konnte et,
Natorp im Fhilol. XLVIII 439 seigt» zur mct^pher werden für
twifft schlechthin, als das allein wahre obj«ci det philosophi«.
recht hebt Natorp dabei hervor, dass sn dieser anffassnog des begritfiM
des schönen, die namentlich das Symposion hestltige, schon in di
liefen andentungen des GorRias Über die verwand tschaft d^^ icdXA
mit v6|ioc, Td£ic, itboc iiud folglich mit dem droOdv der groad gelegt
sei. ebenso Ist es sti billt|ren, wenn der genannte diese meiapher aaf
das Hellen ontiim zurückführt, als Hellene habe Ftaton gewtiat, wo
seine henenischen leser am sichersten so fassen wareu^ mit nainraot^
wendififkcit, miichte man sagen» sei ihm das schöne der tinnliehen ge-
stalt zum sltii^^bnis der ewig^en gestall, der idee» geworden.
ersten reden in Piatons Symposion. 781
noch aussprechen können, aber die yorstellong, dasz die liebe zom
schönen auch ein Wohlgefallen am aittJiohschönen, am guten er^
wecke , rechtfertigt sich nicht nur darch die allgemeine gewofanfaeU
die begriffe der Ordnung und des maszes auf das sittliche gebiet zu
übertragen, wie auch wir von ordentlichem und unordentliohem
leben, von maszvollem und maszlosem handeln reden, sondern ent*
sprach auch besonders einem grundzuge im Charakter der griechischen
nation, die die Vollkommenheit als innigste Vereinigung des schönen
und guten, als KaXcKäTQ^iot zu betrachten pflegte, nichts anderes
aber ergibt sich, wenn wir das, was A.gathon 196* und 197^ sagt,
in der oben angegebenen weise combinieren. £puic ist liebe zum
schönen, zur gestalt. gestalt aber ist es ja eben, was die angelegen-
heiten der götter gewannen, als die liebe zum schönen in Zeus und
den übrigen göttem erwachte, gestalt und Ordnung, recht und ge-
setz bilden den gegensatz zu den greueln, die unter dem regimente
der 'AvdTKT] geschehen, sind also das gute oder, wie Agathen sagt^
TrdvT* drfaQä, die den göttem und menschen Ik toO dpäv tijliv koX&v
zu teil werden, so ist also durch den begriff der gestalt eine Ver-
mittlung zwischen dem schönen und guten hergestellt.
Die rede des Agathon gewährt aber noch einen weitem anhält
für die annähme, dasz das gute nach des redners Vorstellung eine
consequenz des schönen ist oder mit demselben coincidiert. ab-
weichend von der genauen disposition des ersten teiles seines Vor-
trages häuft er im zweiten, in dem er nachweisen will, dasz Eros
nicht nur selbst der schönste und beste, sondern auch für die andern
die quelle des guten und schönen sei, eine menge von prftdicaten
des gottes auf, scheinbar ordnungslos und so, dasz nur die absieht
der nachahmung des Gorgianischen Stiles zu tage tritt, thatsftchlich
aber mit einer wähl der ausdrücke, die kaum erl^ennen läszt, ob
man mehr an die Schönheit oder an die tugend des gottes denken
soll, und jedenfalls in einer reihenfolge, di^ die im ersten teile vor-
handene Scheidung des guten und schönen auszer acht Iftszt denn
wenn der redner den Eros als Friedensstifter^ feiert, der von ab-
neigung befreie, mit Zuneigung erfülle, der die menschen zu allen
freundlichen Zusammenkünften als führer bei festen y reigentftnzen
und opfern vereinige , der Sanftmut bewähre, Wildheit entferne, der
** Hug bemerkt s. 114, die auffassung von dem 'besänftigenden,
jeder leidenscbaft entbehreDden , schwächlicben wesen des Eros ent-
spreche dem sUszlichen Agathon and werde in der meisterhaften nach-
ahmung des poetisierenden klingklangs Gorgianischer rhetorik weiter
aasgesponnen.' ähnlich findet Rettig s. 244, dass keine stelle geeig-
neter sei den Charakter des Agathon, seine Weichlichkeit und sinnlioh-
keit, zu veranschanlichen als die sich anschlieszende: TpU(pf)C, AßpÖTTfroc
. . irar/ip. dies trifft im ganzen zn, wiewohl der ansdruek 'schwächlioh'
zu den spätem prädicaten £v irövip . . Ku߀pvf|Tr)C , £inßdTr|C, irapa-
C7&TY\c T€ Kul cu)Tif|p nicht recht passt, berührt aber nicht den oben
dargelegten wert der gedanken. Piaton weisz eben auch hier die an-
forderungen des fiOoc und der Individualität mit dem, was der fortgang
der Untersuchung verlangt, in einklang zu bringen.
732
CSchlrlib:: die feÜxenfolge der f^nf
ein geber des woblwoUena, nicht der feindscbaft sei (197^ outoc
bi fmäc . . buc|i€vetac) , so kann man diese einwirkung mit dem-
selben rechte ethisch wie ä&thetisch neonen: ethisch, weil milde,
Sanftmut, wohlwollende geginnung ein kenn zeichen der Sittlichkeit
ibt und auch feste, reigen, opfer nur in einem zustande der gesittung
denkbar sind , ästhetisch , weil gerade diese einrichtungen '^ veran-
lassung zur darstellung der Schönheit boten und dadurch natürlich
auch wieder veredelnd auf die gern titer einwirkten, noch enger
werden die bezeichnungen des kocXXoc und der äperri im folgenden
verbunden, wo die worte dßpÖTiiTOC, x^^^H^t XOtpiTüuv, i^cpou**
Tranip an die schöne und anmutvolle erscbeinung, die folgenden
aber (^nipeXfic dta^uiv, d^eXTic KaKutv. dv ttövuj, iy cpößiu . . tta-
pacrdTTic t€ kgI cuüifip fipicTOC, EupiravTinv' öciuv t€ koI dvSptu«
TTiuv KÖC^Oc) an die tüchtigkeit des Eros zu denken nötigen , wäh-
rend in dem schluszsatze (fiY^MÜbv KdXXiCTOC Kai dpiCTOC; ii XP^
^iT€c8ai Trdvta ävbpa dq>ü^v"oövTa Kai ^bf\c Metexovta, f\Y äbti
^ikfwy TidvTUJV 6€u»v T€ Kai dvOpU)iTu;v vöima) der dpciri nur
beiläuBg erwäbnuDg geschiebt, das bauptgewicht aber nach der
ganzen Situation und den einzelnen ausdrücken (KdXXiCTOC, ^ei
O^YU/v) wieder auf die Schönheit gelegt wird, die von beginn an
das leitende motiv für die rede des Agatbon abgegeben hat
Vergleichen wir jetzt ihr bisheriges ergebnis mit dem der vor-
hergehenden rede, so liegt der fortschritt, der sie kennzeichnet, in
der veränderten fassung der voilkommenheit: nicht das ganze, son-
dern das schöne, das uns des guten teilhaftig macht, bildet nun-
mehr das object des erotischen triebes. mit dem guten aber ist der
der Vollkommenheit entsprechende begriff gewonnen , der insbeson-
dere ihre aneignung als allmShlicbe, als einen process der vervoll«
kommnung zu denken gestattet, lehrt doch schon die allgemeine
erfabrung, dasz nicht nur der erwerb jedes gutes eine anstrengong
des erwerbenden erfordert, sondern auch das gute nur sucoessiT^
dh. in und mit der sittlichen besserung des subjects, erlangt werden
kann, hat nun aber der redner gerade in dieser beziebung die er-
Wartungen, die wir hegen durften, erfUllt? er findet zwar den be-
griff, der es überhaupt ermöglicht bei dem erotischen triebe an eine
entwicklung zu denken, wie sollen wir sie uns aber nach seiner
rede vorstellen? halten wir uns an seine wortö, so ist das gute mit
dem schönen gegeben: sobald Eros, sagt er, entstanden war, ward
durch die Hebe zum schönen göttern und menschen alles gute zu
teil (197 ^ in^ibi} . . dv6pi£jTroic). das schöne schlieszt also das gute
in sich : dann kann aber auch der grund der entwicklung nicht in
dem Verhältnis des schönen zum guten, sondern nur in dem schönen
selbst liegen, wollte man aber sagen, nicht das schöne als objectifes
*^ benoDdera die iopTüi und xopo(, nber doch auch mjicb Sehomaoa
griech. alt. I 63 die öuctai. *• Tpu<pfiC vor 6ßpÖTT)T<K hat Ilug be-
seitigt, weil er der von VÖgelm pUiuibel gemachten ftreicbtißg von
1TÖ80U oach tp^pou ittstimmt.
ersten reden in Platone Symposion. 733
gebe den ansschlag, sondern das verhalten des liebenden sobjeotes:
wer am eifrigsten nach der Schönheit strebe, werde sich auch den
besitz des gnten am besten sichern, so würde auch damit nichts
gewonnen sein, denn bei der annähme, dasz das schöne von ein-
facher beschaffenheit ist, wird auch der erotiker trotz aller intensität
seines strebens doch nur der einfachen, in sich vollendeten Schön-
heit teilhaftig werden , mithin der höhere oder geringere grad des
£pu)C ohne bedeutung bleiben, daraus aber folgt dasz, wenn der
gröszere eifer ein höheres ziel erreicht | also die aneignung des
schönen einer Steigerung fKhig ist, der grund davon nur in der
natur des schönen selbst gesucht werden kann: nicht als ob dadurch
eine entwicklung des erotikers, eine erhebung der liebe von dem
niedem in ein höheres Stadium ausgeschlossen würdci aber sie wird
eben dadurch bewirkt, dasz innerhalb des schönen selbst eine Stufen-
folge der erscheinungen der Schönheit, ein fibergang von der niedem
zur hohem existenzform des schönen besteht, gerade diese eigen-
tfimlichkeit des schönen hat Agathen nicht aufgezeigt, er hat nicht
nachgewiesen, in welcher weise der erotiker mit dem schönen ver-
kehren musz, um an sich selbst den process der Vervollkommnung
durchzumachen, zu dem sich £pu)C gestaltet, wenn er die liebe zum
schönen ist und das gute mit dem schönen zusammenfftllt. zwar er-
kennen wir leicht den wert der eigenschaften , die der redner von
dem 66ÖC KdXXiCTOC aussagt: denn Jugend, Zartheit, geschmeidig-
keit, ebenmasz und färbe bilden offenbar die charakteristische Schön-
heit des menschlichen leibes; auch musten wir uns davon fiber-
zeugen, dasz die gestalt insofem das constitutive merkmal des
schönen ist, als sie sich nicht nur in der sinnlichen anschauung,
sondern auch auf sittlichem gebiete wirksam zeigt und daher das
schöne mit dem guten in bezieh ung setzt; wie aber die Schönheit
der menschlichen gestalt den erotiker in zweckmSsziger weise zu
fördern vermag, in welchen reihen sich das schöne darstellt, und.
wie diese mit einander verbunden sind, wie femer der erotiker ver-
fahren musz, um von den niedem stufen der Schönheit zur höchsten
emporzudringen ^ in welchem Verhältnis er endlich zu dem schönen
objecto steht, dh. wie er den erotischen trieb bethätigt: alle diese
fragen bleiben in Agathons rede unerledigt, eine endgfiltige auf-
klärung aber den begriff des schönen erhalten wir also durch sie
nicht; wir begegnen aber in ihr noch einer andem aporie, und fast
scheint es, als habe Piaton wie in frfihem fällen so auch hier gerade
die darstellung der mftngel des Vortrags zu einer andeutung fiber
ihre beseitigung und damit auch fiber den weitem verlauf des ge-
sprächs benutzt.
Schon Aristophanes hatte die zeugung als eine der beiden be-
tbätigungs weisen des Eros bezeichnet , aber da er sie nicht aus dem
zwecke des zeugenden ein neues zu bilden, sondem aus der absiobt
des Zeus erklärt, der die Vernichtung des menschengeschlechtes im
interesse der götter verhindem will, konnte seine auffassung der
Tb4 C'bcmriiu; ciit reiiieuiuigt ix*fi iüul
flivvriCiC Uii^iii uelr'iecii/u'eK. Aj^utuoL ii&: diüj»<;ij feuier Miinefc vor-
leaiivfe \eiuiit;uci. uuc ^eiJi aucL iL divüni uezieuuxi^' Über ifas
iiiiiaur. : ef iMeiii iu. Li'ut ouht wt^i;«rec öen i^euguug^iriet . uxid fiO
ßi^iit'f lai iiiU; Ob£ uewü»: . QbfZ e? ^iicL iUr den buu. die bervor-
üi.:ij;^uiig G<;fc leoeudeL be. eibe wei^ueii det Lrub, luii der uerufun^
auf CiC uli^^-'^iiitiLt /*Ufciiii;uiuii^' ütguüjL'i (1V7'' KUi Mtv br] . . Tic
tvüVTiow'_tTui MV ovxi 'tpUTTOC tivtti Cücpiuv ; .^- Liüt ibi iiut &t>«r
iiu<;L cit iritukrali ui-J Cieit ijtbieu . dut racöv Ttüirjciv Tf|v KOTÖ
IaOucu.T'V uu^lbczl. jttGf ktoibüeribuut proauution. bebondere die de«
OiULU'.'f. aer beiLeii iibUieL \ol der b<:ti6pferibciie& iLbligkeh erhalten
iiui t'.eül uLC j^eijii;^. uuier »eiLer leii^ubg. drüu^*i bicL dtt niuht die
ifb;^L auf . Wie (.p\)j(. die iie'ue i^uxi. b>;iiÜXiexi uLci jl*'uu'xi bem künne.
weiii; ti ati- ifitb :tu je;^.li;Ler -ivui^uhii , der iei'.-litLeji wie der
;/ext^t«;^t-ii itiV und wiro l^lli uuuL die uuiwori immer B&her ge-
j'U«;kl. OA- üooL nur ihuien kaüD : 'er ist beidet . weil er die ÜeU?
zuiJL bcL^xiHii j^ertüt dadurc:. l»e»'fiijrt, dtkbz er der irieo der gesamieii
zeu;/tLy iti'V A;^u'.L«jZi i.al oiebt Wiiwon liitLt ^egel>en, hierin
atUL v\ai e» fca;/l iie;^i ein gewit wiu b'.-Lrilitit'ier Usibbbicbtigtier
uiuMeit auf die oevoj>U:Leiide iöbun;/. aenii cflenbw luil bedacht
wjid d*e vorble-i'vu;/ des hro© ait defc 7:oir>Tr)C. cet ^eugungstriebeK.
yiuüL LeweJbe ft» bt.ne coipi« beiiL'.iti. dieber beweib uuwrbcheidet
ti«-L vvü ut'ti o-t- üv»\!;/eti iu;^endeij belreflenden bcb'.n inbofem, als
jjj .j.fij aiie.JLi ue& \erL^it2j.&be:£ dee Knji: t\j. deL iLeUbcbeD gedacht
w.j': : '>f*0 bfebotidert ^rebcbl'.ifi itl efc e.nijferltLiel» datz der leiblichen
/Ar.yjhy nur naciar£;/ii<;L und beiiäuü;/, wie einer belbblverblbld-
i-4;}j«:jj t-a^rM-. t'i'v\£lljnun;/ ;;et<;LieLt. damil auldiebe weiee die Trotl^ciC
Kaia [iO'jciKfjV und oie bn^ioopf iu tujv T€XVWV, dah ktinnleribche
fccijutien und o^e ^prakiibcLe; aufcüounj/ o'Jer beUeibung der kflnete
uniM den j/eüjeinearneu ;/e!;J<;bl!tptinkl 0er co<pia |/ebraicLt werden
kcfji<en.
J5etja<:blel n.an jbre ;/e;/eubeitij/e bezlebung ;^enauer, bo er-
b'.i.einl an jcmrj ^TToir]CiCy dat ttokIv. die zeu^ung, ale das webentr
l.tAii:: u\ji:i- wjir aii(.'i: kf'^nnf-n aui dem kennen beruht, bO bedarf auch
tili: kUiii:Ut'.n:tt.l*: jifoouction der co<pia, die dann auch an den
(f¥i'//tß o<:n i.i/.truiiitiiif:t:u *U::i kfini^iicM» , haftet; uui^/fekehrt ist die
hmi\'jij{tiiu TUJV T(xvO;v /unacb::t auf die C0(piu gegründet, da auch
(Ici pn:nuiJ!i:U: iielji<;b utii wi&hen oder verbleben voraussetzt, bchlieäzt
ali«:j andejbeilh au'.b ein bervoi bhngen ein, weil die kunst schon
ibiijü niiinen na<.b ^t^x^H' '^bne ein *^ol«:be<: nicht zu denken »t und
aiif li der jiraklikcr duich hi-ine thuti^keit etwab leibtet oder, um
< jfii-ji üu.^'lriick IMiilonü zu gehraucben, ^pTU (seiner T€X VT] aufweisen
ksinn, wt:nn tu auch nur nacbbilduugen de^henhind, was ihm der
h< ]i';|/ii:ii!:(:b(: ^'eihl der erfjnder vorgedacLt hat. hO reicht die f^v-
*' iriiji- • «iriicliii di'b urteil« t\*:u AriHtopiiMnCH ülier dii; T^vvr|CiC iat
mit lii h i/iii(.'t-M woiirii iiidff fiTii fiHMfffrfsjfruilii-ii, alh JHiHflrücklich tresagt
Wii'l , illt iiciji: r«li-r ;/('ncli|iM:|it(-r; fei auf «iii: TXOinciC TÜJV ^diwv, dh.
i:li« II ilii: ijiliinii^ liiiii:« iic'ucu (^criclitct.
ersten reden in Platons Symposion. 735
VTicic aus der iroincic Kaid jnouciKfjV in die brijuioupTia tüjv xexvujv
und die coq)ia aus dieser in jene hinüber : beide bethätigungsarten
des menschlichen geistes sind durch zwiefache beziehungen mit
einander verbunden , von denen die eine nur in und mit der andern
zu denken ist: alle (geistige) production setzt die C0(p(a voraus, und
diese wiederum kann nur in der geistigen zeugung wirksam werden,
die coqpia ist demnach eine treibende kraft , ein Schaffenstrieb : sie
ist ein streben um der erkenntnis willen in dem doppelten sinne,
dasz die erkenntnis Ursache und zweck desselben ist, mithin ist sie
wesentlich liebe zur Weisheit (q)iXocoq)(a) , die zu ihrer äuszerungs-
form die zeugung hat. dem redner gilt die (geistige) zeugung als
ein beweis für die coqpfa des f pu)C , und diese als eine der erschei-
nungen seiner dp6Tii , die das gute in sich schlieszt. das gute ist
aber nach dem oben gesagten im schönen enthalten , daher bleibt
auch das in der geistigen zeugung sich bethätigende weisheitsstreben
ein streben nach Schönheit, der gedanke, dasz Weisheit Schönheit,
also auch das streben nach Weisheit ein streben nach Schönheit ist,
folgt hier aus dem obersatz : das gute ist schön, und dem Untersatz :
Weisheit ist tugend , mithin gut , kehrt aber auch sonst bei Piaton
häufig und zwar ohne begründung wieder, wie im eingange des
Protagoras (309*^ ttujc b' ou jii^XXei, lö juaKdpie, tö coqpiiTepov xdX-
Xiov q)aiv6c6ai;) und des Charmides (153^ irepl (piXocoqpiac . . TT6p(
T€ Tuiv vduüv, €1 Tivec ^v auToTc biaqp^poviec f\ coqplqi f\ xdXXei
f\ djLiq)OT^poic ^tT€T0v6t€C elev).*® um so sicherer dürfen wir das
Verhältnis der Weisheit zur Schönheit nach Platons willen auch in
der rede des Agathon als eine aufklärung des lesers über den
weitem verlauf der Untersuchung betrachten: der redner selbst frei-
lich verknüpft die Vorstellungen vom fpujc, die ihm das gewöhnliche
bewustsein bietet, nur in der seiner disposition entsprechenden
weise und nötigt uns das, was er in verschiedenem zusammenhange
sagt, auf zweckentsprechende art zu combinieren. ist dies aber zum
Verständnis der kunst des Schriftstellers erforderlich , so musz end-
lich auch die leibliche zeugung , deren Agathon als einer co(p(a des
Eros erwähnung thut, in dem zuge der gedanken, auf di» Piaton
hinzielt, ihre bedeutung haben. Agathon findet sich mit der iTo(i]ClC
TiJüV Iwujv (197^) als einer bekannten thatsache ab, die für ihn nur
die Voraussetzung geistiger zeugung ist; den innern Zusammenhang
beider TTOirjceic erkennt er nicht: denn als solcher kann die zeugung
an sich nicht gelten, vielmehr läuft die rede auch hier in eine aporie
aus, die nur dadurch ihre lösung findet, dasz sich Eros auch in der
leiblichen zeugung als das streben nach derjenigen Schönheit offen-
bart, die das gute in sich schlieszt. dem guten aber eignet, wie
*'^ als Sokrates, von Charmides jugendlicher Schönheit hingenommen,
zu erfahren verlangt, ob er wohl auch an seele woblgebildet sei, preist
Kritias seine (piXoco(p{a, s^ Natorp ao. s. 437, der auch auf Gorg. 481'
hinweist, wo sich Sokrates als liebhaber des Alkibiades nnd der philo*
Sophie bekennt.
736
CBchirlitz: die reibanfolge der fönf
wir sahetit die vollkomtnenbeit; als vollkommenes musz es die ver*
beiBzang der UDvergänglichkett, der ewigen dauer in sieb tragen,
dieselbe bescbafifenbeit gebärt, wie sieb oben zeigte, aucb dem
scbönen an, das als gestalt im böcb&ten sinne mit der im Wechsel
der ei-Bcbeinung bebarrenden gestalt, db, der idee, also dem ewigen
Eüsammenföllt. zweck der zeugung ist nacb Agatbons eignem aos-
dmcke die ttoitioc täv Zibiuv» also die Setzung eines neuen» das von
gleicber bescbaffenheit wie das zeugende ist. welchen zweck aber
diese setzung hat, erfahren wir erst durch Sokrates. sie ist für die
leibliche existenz die einzige mögliebkeit der fortdaiier, also die ein-
zige form der Unsterblichkeit, deren sie f^hig ist. so ist £pu)C auch
in der leiblichen zeugung das streben nach Unsterblichkeit, and da-
mit eine neue Verbindung seiner prädicate in aussiebt gestellt.
Agathen feiert den Eros als den schönsten und besten gott«
formulieren wir dieses thema^ wie wir nach der obigen darlegung
dürfen, so preist er ihn als das streben nacb der Schönheit « die mit
dem guten zusammenfallt, die nSbeni augfllbrungen des redners
regen eine reihe von fragen an , deren lösung die kunst des Schrift-
stellers anzudeuten weisz, deren erledigung aber einer neuen betrach-
tung vorbehalten bleibt, verschieden in sich selbst durch die objecto^
auf die er gerichtet idt » und zwar so weit verschieden , als leibliche
Wohlgestalt von dem ursch^nen der idee abliegt , aber dadurch mit
sich selbst eins, dasz er stets auf das schöne gerichtet ist, verschie-
den femer durch das was er erlangt, aber darin mit sich derselbe^
dasz er stets ein un vergängliches gewinnt, mOge es die leibliche fort-
dauer der Persönlichkeit, die Wahrheit der fmcTfijiai und liaGri^aTO,
oder die höchste imcTriiJn j verbunden mit wahrhafter tagend, sein,
verschieden endlich durch die art, in der er mit dem schönen ver-
kehrt, aber darin wiederom sich selbst gleich, dasz er sich überall
dorch die zeugung bethfitigt, kann ^puic seinem werte und seiner
auadehnung nach nur durch eine erörterung erkannt werden, die
von seinem begrife ausgehend auch die not wendigkeit und die folge
seiner stufen ins licht setzen wird, weil aber gerade die begri^liche
erkenntnis allen rednern auszer Sokrates versagt war, ist jetzt die
stelle gekommen, an der dieser das wort ergreifen musz, er ver-
kündet die philosophische erkenntnis des fpuiC, die Pfaton bei sich
selbst ausgebildet hatte » w&hrend jene die dem gewöhnlichen be-
wustsein eignen Vorstellungen von der liebe zum ausdruck bnngexi,
indem durch die gesamtheit ihrer reden der gehalt dieser Vorstel-
lungen erschöpft und dabei doch die Individualität jedes redners ge-
wahrt wird, aber wie Sokrates erst da eintritt, wo es gilt die liebe
als den in der zeugung sich bethätigenden trieb zur Schönheit zu be-
greifen , so kommt auch jeder seiner Vorredner gerade da tu werte,
wo er nach seiner persönlichen eigentümlichkeit die antersnchung
weiter zu führen geeignet ist
Gs war der zweck dieser abhandinng nachzuweisen, dasz Piaton
bei der reihenfolge der reden einem bestimmten plane gefolgt ist.
ersten reden in Platons Sympoeion. 737
und dasz jede rede mit je einem Stadium der Untersuchung zusammen*
nillt. dem Phaidros ist ^pu)C die reine thätigkeit des gottes, also
der zustand des £v6oucid2[u)V , Pausanias sieht in ihm ein mensch-
liches tbun , ein iTpdTT6iv , Eryximachos vereinigt diesen gegensats
zu dem begriffe des triebes, Aristopbanes bestimmt den trieb als das
streben nach einem vollkommenheitszustande, Agathen endlich setzt
an die stelle des öXov die das gute in sich schlieszende Schönheit
und nimt , den Vorredner auch in dieser beziehung überholend , die
leibliche und geistige zeugung für den £pu)C als die form seiner be-
thätigung in anspruch: nicht als ob die genannten Sätze den aus-
gangspunkt jeder einzelnen rede bildeten oder auch nur ihren Ver-
tretern in dieser pr&cisierung zum bewustsein kämen; hält doch
jeder redner an der annähme fest, dasz Eros ein gott sei; aber eine
betracbtung, deren aufgäbe die begründung der reihenfolge der reden
ist, musz den that^ächlichen inhalt jeder rede und die bedeutung,
die jede einzelne rede für den gang des gespräches hat, in der an-
gegebenen weise zusammenfassen, ob sich nun die reihenfolge der
fünf reden überhaupt durch das Verhältnis begründen läszt , in dem
sie zu einander und zu dem ergebnis der Untersuchung stehen, hängt
natürlich von der richtigkeit dessen ab, was zu ihrer beurteilung
oben gesagt ist ; eine bestätigung dieser beurteilung kann aber, wie
ich glaube, auch dem verlaufe der rede des Sokrates entnommen
werden.
Sokrates erklärt im beginne seines Vorgespräches mit Agathen,
es komme ihm auf die Wahrheit, nicht auf eine möglichst hoch-
gehende lobeserhebung des ^puic an. diese erklärung bereitet den
leser auf das bedingte lob vor, das dem £pu)C seinem wesen nach
zukommt, als relativer begriff, der mit dem des begehrens identisch
ist, bedarf er, wie Sokrates weiter zeigt, der ergänzung durch ein
object. da man aber nur das begehren kann, was man nicht besitzt,
und da £pu)c nach Agathons aussage das schöne und das in ihm ent-
haltene gute begehrt, so ergibt sich dasz er weder gut noch schön
ist (199^ — 201^). hiermit spricht Sokrates den gegensatz der be-
grifflichen erkenntnis zur bloszen Vorstellung aus, die ihre Unklar-
heit besonders dadurch erweist, dasz sie den £puic für ein begehren
erklärt und ihn doch das besitzen läszt, was er gerade deshalb, weil
er es begehrt , nicht besitzen kann, das ergebnis der Unterredung
mit Agathon deckt also das Verhältnis auf, in dem Sokrates zu sämt-
lichen teilnehmern des gespräches steht: es ist eine absage, die er
an alle seine Vorredner richtet, wenn er nun aber in der eigent-
lichen lobrede auf £pu)C, die er von Diotima empfangen haben will,
die disposition des Agathon beibehält und zuerst das wesen (q>öcic)
des Ipujc und sodann seine Wirkungen auf die menschen (XP^i^ und
ipfo) bespricht, so sehe ich in diesem anschlusz an den nächsten
Vorredner einen hinweis Platons darauf, dasz auch Agathons rede
nur da stehen konnte, wo sie steht, dh. dasz die Untersuchung gerade
JahrbQeher far clast. philol. 1893 hfl. 11. 47
738
CSchirlitsit die reihenfolge der lÄnf
dürcli ihn dabin geführt ist^ wo sie von Sokrates aufgenommen wer-
den muäz* und in der thal iat es auch ein salz des Agathen» den
sich Sokrateä aneignet: denn eben jener hatte behauptet, f ptjuc gehe
auf die Schönheit, woraus sich ergibt daaz er der Schönheit entbehrti
wenn oiun doch nur das begehren kann, was man nicht besitzt, im
ersten teile (201 *' — 204*^) filhrt Sokrates als die lehre der Diotima
aus: wenn Eros nicht selbst gut oder schön ibt, so ist er deshalb
nicht schlecht uud bäszlich, sondern steht In der mitte zwischen dem
guten und schönen einerseits und dem schlechten und häszlichen
anderseits, gemde so wie die richtige vortitelhing zwischen dem
wissen und der unwiss-enheit die mitte bildet, deshalb ist er kein
gott: denn die götter sind glückselig; die gltickseligkeit aber beruht
auf dem besitze des guten und schönen, aber auch k*?in sterblicher»
sondern ein mittelweaen zwischen dem sterblichen und unsterblichen
(|i€TaHi> OvTiTOÖ Ktti dÖavdTOu), also einer der dämonen , deren auf-
gäbe es ist den verkehr zwischen göttem und menschen zu ver-
mitteln, näher bestimmt und in der spräche des mjthos ist er ein
sobn des ITöpoc und derTTcvia, daher mit den entgegengesetzten
eigenschaften dieser seiner eitern begabt, erzeugt am tage der geburt
der tichönen Aphrodite, ein weiäheitsfreund sein leben lang und,
wie nochmals betont wird ^ seinem wesen nach weder ein gott (un-
sterblicher) noch ein mensch (sterblicher), sondern bald lebend, bald
sterbend und wiederauf lebend und darum auch zwischen Weisheit
und Unwissenheit die mitte haltend, die der eigentliche Standpunkt
der Philosophie ist (203*— 204**' Kai 0UT6 ibc dSävaioc TT^(puKev
oöre die 6vr|TÖc , dXXd tot^ ^iv jf]c auxfic fjjicpac ÖdXXei xa\ If^^
Tüii hi dtio9vTiCK€i; TrdXiv bi dvaßiuicKeTai . . Tivtc oOv . , oi
(piXoco(pouvT€c, €i JL111T6 Ol cocpoi |Lir|T€ o\ djuaöeic ; AfjXov * * ÖTl
o\ fietaEu toutuüv d^qporc'pujv, iliv hf\ m\ 6 ''€pu)c). ist nun dies©
ausftlhrung nicht eine deutliche antwort auf die reden des Phaidro«,
Fausanias und Eryx imachos? oder sollte es ohne bedeutung sein,
dasz der gedankc» Eros sei weder unsterblich noch sterblich, bei-
nahe in wörtlicher fas^ung zweimal wiederkehrt? Eros ist kein gott:
damit ist über die grundanschauung des Phaidros entschieden , ta
der für die bethätigung der menschlichen natur kein räum blieb f er
ist aber auch kein sterblicher: damit wird die annähme des Pausania«
verworfen, dem das ^pdv im npdiieiv aufgeht; er ist keines veii
beiden, weil er beides und darum allerdings ein trieb ist« aber nicht
ein trieb im sinne des Erjximachos , der ihn auf alle gnbiete dds
seienden ausdehnte, sondern ein dämon, ein vermittler dos gött-
lichen und menschlichen wesens (baipoviov ^p^T|veOov Kai bm-
TTopOficOov 6€0Tc ' . TOt irapd Beiuv) , dem menschen und nur ibm
immanent, weil der mensch als der wahre söhn der TTevia und des
TTöpoc einerseits bedürftig, anderseits aber nach seiner höhern anläge
im Stande ist sich das fehlende zu erwerben» dieser d&r mensch-
lichen natur inwohnende trieb zum göttlichen macht den Eros anoh
zum 9iXöcocpoc, der in der cocpia einen göttlichen besitz erstrebt*
ersten reden in Platons Sjfmponon. 739
Gewis sind einzelne bemerkangen nicht nur im mjtbos, sondern
auch in den dialektischen abschnitten als ausblicke zu betrachten,
die Sokrates in den weitem verlauf seiner rede thut: dasz Eros am
tage der geburt der Aphrodite erzeugt wird (203 ^) , kann nur aus
der bedeutung verstanden werden, die die erscheinung des schönen
für die erweckung der liebe hat^*; warum Porös söhn der Metis
heiszt (203 '')| lehrt erst die spätere erwägung, dasz gerade diejeni-
gen guter, um welche es sich hier handelt, nur durch die mensch-
liche Vernunft und erkenntnis erworben werden können^; dasz end-
lich die Weisheit zum schönsten gehört (204 ^) , wird erst durch das
wesen der idee ersichtlich , die zugleich höchste erkenntnis und Ur-
bild der Schönheit ist. sieht man aber von diesen beiläufigen be-
ziehungen auf den weitem gang der rede ab , so beweist Sokrates
im ersten teile seines Vortrags , dasz Eros weder ein gott noch ein
sterblicher, sondern ein mittelwesen ist, das die menschen und götter
mit einander verbindet, damit ist freilich die allen bisherigen rednem
gemeinsame Voraussetzung der göttlichkeit des Eros widerlegt; aber
da sich doch jene redner trotz ihrer gemeinsamen annähme thatsäch-
lich sehr verschieden über Eros geäuszert haben und eine berich-
tigung ihrer einseitigen und halbwahren Vorstellungen gerade von
der rede des Sokrates erwartet werden musz, so ist die form des be-
weises, der kürzer ausfallen konnte, wenn es sich nur um die Wider-
legung der göttlichkeit des Eroa gehandelt hätte ^', und die ausdrüok-
lichkeit, mit der gesagt wird, dasz er weder ein gott noch ein
mensch , sondern ein baijUiJüV sei; allerdings geeignet auch über das-
jenige aufschlusz zu geben , was als grundgedanke der drei ersten
reden zu gelten hat.
Diese Überzeugung wird bestärkt, wenn wir auch das ergebnis
der beiden folgenden reden im lichte der Sokratischen erörterung
betrachten, indem der redner zu den Wirkungen übergeht, die die
liebe auf die menschen ausübt, stellt er fest, dasz Eros als liebe zum
schönen in Wahrheit das allen menschen gemeinsame verlangen nach
dem besitze der glückseligkeit und dem guten sei , und erklärt den
zunächst auffälligen Sprachgebrauch, der das prädicat tp&v nur
einigen menschen gäbe, während doch alle das gleiche verlangen
nach glückseligkeit hätten, mit der auch sonst üblichen Verwendung
des namens der gattung zur bezeichnung der art; er wisse, fährt er
fort, sehr wohl, dasz man von denen zu sagen pflege, sie liebten, die
ihre hälfte suchten; nach seiner behauptung gehe aber die liebe
*^ 8. Zeller philosophie der Gr. II« 1 s. 612. ^ 8. Zeller ebd.t
Porös heiszt ein söhn der Metis: denn wie der erwerb überhaupt die
frucht der klagheit ist, so beruht insbesondere derjenige erwerb, um
den es sich hier handelt, auf der vernünftigen geistigen natnr des
menschen. ^* für sie genügten die sätze: a) dasz Eros des schönen
und also auch des guten entbehre, b) dasz die glückseligkeit (eöbai^ovia)
auf dem guten und schönen beruhe, c) diese aber nach allgemeine!:
meinuDg das Vorrecht der göttlichen existens sei (s. 202« Xif€. Tdp
—202* oöbaiLnic, die t' 2oik€v).
47*
740
CScbirlitz: die reibenfolge der fOnf
weder auf die hälfte noch auf das ganze, sondern nur auf das gute,
denn die menschen liehten eben nur das gute oder, wie man sich
genauer auszudrtlcken habe» den ewigen besitz des guten (204*
— 206*). der grundgedanke des Aristophanes ward oben in dem
satze zusammengefasztt Ipiüc ist das menschliche streben nach einem
vollkommenheitszustandp- dasz diese beurteilung zutrifft, wird darch
den fortgang der Sokratischen rede bestätigt, zwar haben auch
schon die drei ersten redner den Eros als wohUhäter der menschbeit
gepriesen , aber da ihn der erste als eine reine cinwirkung der gott*
heit, der andere als ein rein menschliches thun betrachtet, und der
dritte in einen allen dingen inwohnenden trieb verflOchtigt hat,«
war ihr verhalten in dieser beziehung wirklich nur ein dvaTi8evatl
ujc ^eticia Tuj TtpdTpctn Kai ibc KdXXicia (198*). erst in Äristo-
phanes lehro kann mit recht von einer xptlci des Eros für die men-
schen die rede sein, weil er er^^t dort zu einem streben nach einem
vollkommnern zustande geworden ist. wenn nun Sokrates gerade
da auf Aristophanes bezng nimt und zwar nicht seinen namen, aber
doch seine ansieht sogar wörtlich anftlhrt, wo auch er die XP^^^ ^^^
die ?pY0i des Eros besprechen will, so beweist schon die stelle seiner
rede, dasz der fortschritti den die Untersuchung durch Aristo pbanes
erfährt, und der grundgedanke seiner rede oben richtig angegebe«i
ist, aber auch die gedanken, die Sokrates ausspricht, enthalten eine
kritik dessen, was wir als das ergebnis der vierten rede bezeichnen
durften. Aristopbanes, hören wir, hat recht, wenn er sagt» Alle
menschen trügen das verlangen nach einem vollkommnern itustande,
und wenn er dieses verlangen fpujc nennt 5 aber er hat nicht recht,
wenn er jenen zustand der gl tick Seligkeit in die Wiedervereinigung
der getrennten hälften statt in den dauernden besitz des guten ver-
legt, man kann daher auch nicht sagen, ^die Opposition gegen Ari^to-
phanes sei nur eine bedingte, seine definition werde weniger aufge-
hoben als eingescbr^inkt, sie werde gleichsam moralisch umgedeutet«
wthrend sie scheinbar wenigstens blosz physisch verstanden war*
(Bug s. 143); viel mehr wird sie gerade so wie die der vorhergehen*
den redner dadurch berichtigt, dasz das haltbare anerkannt^ das un-
zutreffende verworfen wird, eher könnte man sich über den strengen
ton wundem, den Sokrates gerade dem Aristophanes gegenüber mit
den Worten anschlägt: 6 b* ipiöc Xötoc oöt€ fmic€Öc q>r|civ elvoi
TÖv fpujTa oöre ßXou, ^äv ^f\ itfTX^vrjT^ ttoü, i ^löipe**, dTa9öv
6v ' iiie\ auTÄv t^ Kai Ttöbotc Kai xeipac iSeXouciv dnoTe^vecÖai
o\ ävOpujiTOi, iav auTOic 6ök^ tci iauiuiv 7T0VT)pä clvar ou jap t6
laöTUJV . . dXXÖTplov (205*), der Schriftsteller wollte aber wohl in ,
nachdrücklicher form darauf hinweisen , dasz das erotische streb^Ui 1
welches den gegenständ dieser schrift bildet, etwa» anderes als dt«|
neigang zweier für einander geschaffener Individuen sei, die da
^* das« die Anrede \Sj iräipi der form niicb von Diotinm mn Sokrate«,
der tache niicb von dem letzlcru an Aristophaoes gerichtet iit| bemerkt
mit recht Hug a. 143.
ersten reden in Platons Symposion. 741
höchste glück in ihrem gegenseitigen besitze finden, diese an sich
berechtigte definition der liebe wird in bestimmter form gerade
wegen ihrer berechtigung abgelehnt: sie passt in den Platonischen
gedankengang, weil auch hier die liebe eine dTTiOujiiia Tf)c €Ö5ai-
fioviac ist, aber sie stellt sich in Piatons sinne als eine mangelhafte
auffassung dar , weil nur die individualität und nicht das gute den
gegenständ des strebens bildet.
Um nun die fp^a des Eros genauer zu bestimmen, nennt So-
krates, nachdem er das ziel desselben angegeben, auch den weg zu
dem ziele, also den Tpöiroc btU)£€U)C oder die rrpäSic. Eros bethätigt
sich durch die leibliche und geistige zeugung im schönen, den tÖkoc
dv KaXii) Kai KOTd tö coijiia Kai Kara ttiv ipuxi^v. die zeugung kann
nur im schönen stattfinden: denn sie ist etwas göttliches und das
unsterbliche, das in sterblichen wesen wohnt; dem göttlichen aber
entspricht allein das schöne, während ihm das hSszliche widerstrebt,
mithin ist die Schönheit für das werden eines neuen wesens die Moipa
und EiXeiOuia: sie setzt die stunde des werdens fest, das an die er-
scheinung leiblicher oder geistiger Schönheit gebunden ist, und führt,
indem sie das kuoCv Ton seinen schmerzen befreit , die entbindung
zu glücklichem ende, ist aber die liebe auf zeugung gerichtet , so
ist sie das streben nach Unsterblichkeit und nach dem guten, wo-
durch die frühere bestimmung bestätigt wird, die sie für das ver-
langen nach dem dauernden besitze des guten erklärt: denn wer
etwas immerwährendes begehrt, begehrt eben damit die Unsterblich-
keit, wie tief der durch zeugung sich bethätigende trieb zur Un-
sterblichkeit im sterblichen wurzelt , lehrt besonders das verhalten
der tiere , sowohl bei der begattung als bei der emährung und Ver-
teidigung ihrer jungen: denn bei den Oripia kann an bewuste Über-
legung nicht gedacht werden ; und in der that beweist der hinblick
auf den unauihörlichen Wechsel, dem das körperliche und geistige
leben unterliegt, dasz das sterbliche nicht, wie das göttliche, unver-
ändert fortbestehen , sondern sich nur durch die hinterlassung eines
jungen von gleicher art, wie es selbst ist, erhalten kann, auch die
thaten der aufopferung, zu denen die menschen durch das motiv der
qptXoTtjLita bewogen werden, finden ihre erklärung nur in dem stre-
ben nach der Unsterblichkeit des namens und des ruhms, der dp€Tf|
deävaToc und der böla euKXerjc.*' wie aber die dTKUjucvec xard
^' za den von Phaidros erwähnten beispielen der Alkestis nnd des
Acbilleus fügt der Schriftsteller hier das des Kodros hinsn: gewis
(8. des vf. beitrage zur erkläruDg der rede des Sokrates in Plat. Symp.,
Neustettin 1890, s. 19), um auf diese weise je ein beispiel der gatten*,
der freundes- und der eltemliebe zu (gewinnen, wenn aber Hog s. 153
bemerkt: 'nicbt die liebe allein, wie Phaidros meinte, sondern anch die
(piXoTi)Li(a bat zu diesen aufopferungsthaten begeistert', so fragt sich,
wiü das Verhältnis beider zu einander zu denken ist. als antwort auf
diese frage genügt mir auch jetzt noch die ao. s. 19 gegebene erklä-
rung: 'Phaidros bat den Eros als vollbringer jener thaten gefeiert,
Diotima führt sie auf den Unsterblichkeitstrieb zurück, in' Wahrheit
742
CSchirlitz : die reilieDfolge der fSnf
TÖt coijLiaTa durch erzeugung von kindern Unsterblichkeit zu erlangen
glauben, so bringen die, in denen der geistige zeugungstrieb den
leiblichen überwiegt, einsieht und alle sonstige lugend her%^or. zu
ihnen gehören die dichter, die (erfinderischen) künstler und vor allen
die Ordner der haus- und Staatswesen, die die höchste einsieht, nem-
lich besonnenheit und gerechtigkeit, erzeugen, um ihren trieb zu be-
friedigen, geben sie umher, eucben die Schönheit und haben an ihr
Wohlgefallen, schon wenn sie ihr in einem schönen körper be-
gegnen, weit mehr aber, wenn mit ihm eine schöne Seele verbanden
ist ; und solchen gegenf)ber strömen sie über von reden, deren gegen-
ständ die tugend und die bestrebungen des wackern mannes bildeni
und suchen sie zu unterweisen, auch geht aus ihren reden eine
engere gemeinschaft als die eheliche hervor; die Unsterblichkeit aber
ist den groszen dichtem und gesetzgebern durch ihre ^PT^ besser
verbürgt als denen, die nur eine menschliche nacbkommenschalt
hinterlassen haben (206 **— 209*).
Die be&chreibung, die Sokrates in den obigen sHtzen von der
TTpfilic dei) Eros gibt, iht zwar auch noch gegen Aristophanes ge-
richtet, weil dieser eine solche überhaupt nicht angegeben oder viel-
mehr gerade die unthätigkeit an ihre stelle gesetzt und die zeugiing
als den zweck der liebe sogar ausdrücklich verworfen hatte, der
bauptsache nach setzt sich aber Sokrates in diesem teile seiner rede
mit seinem unmittelbaren Vorredner aus einander, was Agathon teila
ohne begründung teils ohne genügenden Zusammenhang behauptet
hat, daäz fpaic das verlangen nach dem schönen sei, und dasz ihm
als dem inbegriüe der tugend auch die weii>heit zukomme, weil
die TTOiTicic Katä /lOuciKriv und die T6XVÜJV ÖTmioupTict nur unter
Boiner leitnng gelinge, wtlhrend die Ttoiricic Tiuv l\h\jjv nach allge-
meiner Übereinstimmung seine kunst sei, wird erst von Sokr&tes
durch den \otic^6c airiac mit ein^iuder in Verbindung gebracht und
zur form der erkenn tnis erhoben. IpuJC iat allerdings die iTTtÖu^ia
TOij KaXoO, aber nur de:>halb, weil die zeugung, in der er sich be*
thätigt, an die erscheioung des schönen gebunden ist; die zeugung
ferner gehört ihm zwar als geine eigentümlichkeit an, aber nicht als
eine folge seiner co<pia, sondern weil ihre beiden arten, die leibliche
wie die geistige, für das sterbliche die einzige möglichkeit bilden
an der Unsterblichkeit teilzunehmen, die Unsterblichkeit aber ut
nicht sein besitz, da er nur ein dämon und nicht, wie Agathon im
Widerspruch mit sich selbst behauptet hatte, ein gott ist; wohl aber
musz sie das ziel seines strebens sein, wenn er alj» ^iriOu^id TC^O
ist hZro» selbst der trieb nach imsterbUchkeit,* mit rücksieht Aber auf
die abwicht der vorliegenden Untersuchung^ köim^ti wir jetst isgi^n:
gerade thaten wie die ajigel'übrten be» einen, diL«z Ipw^ uieht, wie
Pbäidro« iiieintf ein die tltiLtigkeit der menschen iiufheb<»ndor gOtt«
sondern ein trich der menschen i«t: denn nnr die konacn »ic voll*
bringen, die das leben nicht für das hi^ebsie gut halten, soadern aich
Über die endlichkeit z,\i erheben wiaaeii, dh. vom IpUK, dem atreben
nach Unsterblichkeit, erfüllt sind.
ersten reden in Platons Symposion. 743
KaXoC nach der frühern festsetzung auf den dauernden besitz des
guten gerichtet ist. ebenso wenig kann ihm endlich der besitz der
coqpia als eines teiles der togend zugesprochen werden; dagegen
musz er als das streben nach dem guten auch das streben nach
Weisheit sein, und er bewährt sich, wie Sokrates zeigt, als solches
durch die geistige zeugung, indem er wertvolle reden hftlt, unsterb-
liche werke der dichtung hervorbringt, durch gesetzgeberische thfttig-
keit heilsame Ordnungen der Staaten schafft und so im verkehr mit
dem schönen auch der qppöviictc in ihrer ^schönsten' form , dh. der
cujqppocuvTi und biKaiocuvT) teilhaftig zu werden sucht, in dieser
weise föllt von der aufklärung der Schwierigkeiten , die beim ende
der rede des Agathon übrig blieben, auch auf den gmndgedanken
dieser rede ein licht zurück.
Aber die vollständige lösung des problems steht noch immer
aus. wenn sie mit den Worten begonnen wird : TaCra |Liiv o8v t&
dpujTiKa icujCy ü5 Ci[)KpaT€c, K&v cu |Liuii6€(iic* Td bk T^Xea xal
dTTOTTTiKd, Obv ?v€Ka Kol xaÖTa £cTiv, i&v TIC öpOiDc M^Til)} O&K
olb' ei olöc T* fiv eine (210*), so kennzeichnet der schriftsteiler in
dieser wcndung das folgende als eine lehre die ihm , nicht seinem
lehrer, dem historischen Sokrates angehOrt. dasz die erscheinung
des schönen den TÖKOC bedingt und dasz dieser die irpoEic ist, durch
die sich fpujc als das streben nach Unsterblichkeit oder, wie zuvor
gesagt, nach dem steten besitz des guten bewährt, ist nunmehr aus-
gemacht; aber schon in der obigen auseinandersetzung stellte sich
das schöne selbst als etwas mehrfaches dar, und in der zeugung
ward nicht nur die leibliche von der geistigen, sondern auch inner-
halb dieser eine mehrheit der Zeugungen unterschieden, die nicht
gleichen wert haben können , da doch die biKaiocuvil und ctAjq>po-
cuvTi als qppövricic KaXXicTr) bezeichnet werden durfte, sodann
bildet die Unsterblichkeit zwar stets das ziel des ^puic, ist aber von
anderer art, wenn sie das fortleben in leiblichen kindem, als wenn sie
die Unsterblichkeit des namens bedeutet; auch sieht der schrifteteller
jenes ofifenbar als minderwertig an^ wie man aus den werten (bid
iraiboToviac dGavaciav kqI jLivrjjLiriv Kai ^öbatpovlav, ibcoTovrai,
elc TÖv ^neiTtt xpövov irdvia noptZiöjLievoi 208 •) leicht erkennt, so
hängt das erotische streben von der beschaffenheit des schönen ab,
zu dem es in beziehung tritt, und verläuft in einem stufengange,
der nicht ohne ein letztes ziel gedacht werden kann, ist dasselbe
noch nicht genannt, so wird doch seine natur durch eine andere er*
wägung nahe gelegt, es gibt verschiedene erscheinungen des schönen,
aber sie würden nicht alle dasselbe, nemlich schön, sein können,
wenn es nicht ein einheitliches gäbe, das, wie jene das schöne an
einem andern , so das schöne an sich ist. sollte nun nicht dieses an
und für sich schöne gerade das ziel der entwicklung sein? endlich
ist im verlaufe der frühern entwicklung nicht nur das gute, sondern
auch die Weisheit als schön bezeichnet, daraus folgt, dasz 1) das
gute oder die tugend mit der erkenntnis zusammenfällt, und daaz
744
CSchirlitzt die leihenfolge der fSnf
2) das vollkommen £>chöne auch das böcbbte gat und somit die
voUendüte erkeDiitnis in bich begreift, da nun aber das vollkommen
scböue das ^iel der erolischen entwicklung bildet, so musz der ero^
iiker, wenn er zum tökoc in dem schönen an sieb gelangt läl, de
jentgen unsterblicbkeit teilhaftig werden, die ein tugendhaftes lebef
tind die höchste erkeuntniä in sich schlres2t. indem »ich Diotima
nunmehr an^chickt den entwicklungsgang des erotikers darzustellen,
spricht sie es wiederholt aus, dasz alle formen des erotischen ver-
kehrt für den liebenden nur die Vorstufen oder mittel sein dürfen
(210* lä hk T^Xea köi ^ttotttikci, iLv eveKa köi Tai}TO fcTiv. 210*
touTO dKetvo, ti CdbKpaxec, ou br| ^V€K€V kqI oi ^^npocöev rravTCc
TTÖvoi ?icav), um sich ^um tökoc in der höchsten Schönheit f^hig zu
machen, wer recht geleilet werde, beginne, «agt sie, in der jugend
mit der liebe zu Einern schönen körper» bringe da schöne reden her-
vor^ liebe dann^ wenn er geseh<»nf dasz die scbönheit eines schönen
körpera der des andern verwandt sei, die Schönheit aller, wende sieb
hierauf der wertvollem Schönheit einer schönen seele oder i^ittücbetl
bestrebung zu und trachte (TtKTetv Kai ^r^Tetv) nach reden, durch
die die Jünglinge gebessert würden ^ gehe sodann zu der an allen
bestrebungen und sitten haftenden schönbeit über und steige hier*
n{£chst zu den Wissenschaften auf, wo er in unerschöpflichem weisheiiä-
triebe eine menge herlicher reden und gedanken erzeuge, bis er sich
zu dem ^inen wis^^en erbebe, dessen gegenständ ein schönes von
wunderbarer art bilde: denn es sei ewig und unt^erlinderUch, abäolat
(dh« in allen beziehungen) schön, übersinnlich (also nicht eine schöne
körperliche oder geistige erscheiDung), substantiell (nicht an einem
andern), immer sich selbst gleich, also das schöne an sich, an dem
alles einzelne schöne nur anteil habe, wer dieses schöne, scblie^zt
Diotima, mit d&m äuge ansehe, mit dem es zu schauen sei, der
bringe nicht scbattenbüder der lugend , sondern wahre tugend her-
vor, denn er habe eben die Wahrheit, also die vollkommene erkennt*
nis erreicht und gewinne durch die erzeugung und pflege wahrer
tugend die liebe der götter und, wenn irgend ein anderer menech«
die Unsterblichkeit.
Die frage, wie das schöne beschaffen sein müsse, um das böchfite
gut und die höchste Weisheit zu sein, trat zwar schon in der beapre«
chuDg der rede des Agatbon auf, und e^ könnte daher die entsebei*
düng, dasz diesen) ansprucho nur die idee genüge^ weil nur ihr die
prädicate Bau^aCTÖv Tfiv cpuciv und kqXöv angehören, auch noch
für eine erwiderung auf die rede des Agathon gelten; in Wahrheit
aber ist der abschlusz der rede der Diotima an alle gerichtet, die
sich über den Ipuic aui^gelas^en haben, denn da sie alle die absieht
hatten ihn zu verherlichen , sind sie auch alle an dem höchsten ans
geinem wegen hergeleiteten lobe beteiligt, das gerade in der philo*
SOphischen darstellung der liebe enthalten ist. wie aber das vor*
geaprILch des Sokrates mit Agathon den gegensatz begrifflicher er-
kenntnis zur Vorstellung und der auf beide sich stützenden methodea
ersten reden in Platons Symposion. 746
betont, 80 trägt der letzte abschnitt der Sokratischen rede den an-
sichten der Vorredner gegenüber insofern einen positiven Charakter,
als er auch die liebe zum sinnlichschönen und die leibliche zeugung
als eine Vorstufe der höchsten form des £puic anerkennt, insbeson-
dere aber legt das ende die erinnerung an den anfang nahe : nicht
ein gottbegeisterter zustand ist £pu)C, sondern das in die sterblichen
gelegte, langer leitung und höchst energischer thätigkeit der
menschen bedürftige streben nach Unsterblichkeit; wer aber den
lauf zurücklegt, der gewinnt sie: denn da dem liebenden das schöne
in dem er zeugt, und das was er in ihm zeugt, auf den hohem
stufen der liebe in seinem eignen geiste gegenwärtig ist, so musz,
wer in dem urscbönen zeugt, das unvergänglich ist, an seinen er-
Zeugnissen, dh. an der dp€Tf| dXriO/jc dasjenige gewinnen, was dem
menschen mehr als alles andere ein ewiges leben und mithin der
götter loos und Vorrecht verleiht.
So wird, was sich uns bei der besprechung der einzelnen reden
als beabsichtigter verlauf der Untersuchung ergeben hat, durch den
gang der rede des Sokrates bestätigt, endlich aber dürften die
grundgedanken jener reden in der obigen formulierung auch der
persönlichkeit der redner entsprechen, jedenfalls war niemand
geeigneter das erotische verhalten in der thätigkeit des gottes auf-
gehen zu lassen , als Phaidros , der nicht nur von vorn herein eine
verherlichung des gottes beabsichtigt und die veranlassung zu allen
lobreden auf Eros gegeben bat (177^), sondern auch durch seine
person an das nach ihm benannte gespräch erinnert, in dem die liebe
gerade als fiavia (Geia) (244 ^ 256 <^. 258^) und der liebende als der
fvGeoc q)tXoc (255 ^) erscheint. Pausanias ferner wird an den weni-
gen stellen, an denen seiner erwähnung geschieht, der erklärte lieb-
haber des Agathun genannt ; um so passender konnte er als die himm-
lische liebe die auf das männliche gescblecht gerichtete verkünden
und seine rede zu einer kritischen prüfung der über jene liebe bei den
griechischen stammen herschenden anschauungen gestalten, um mit
einer geschickten Verteidigung des vöfioc itoik(Xoc der Athener zu
enden, wurde er aber durch seine Persönlichkeit darauf hingewiesen,
bei dem stehen zu bleiben , was in erotischer beziehung unter den
menschen üblich ist, und die thatsächlich vorhandenen den Eros be-
treffenden Sitten und gebrauche zu prüfen , zu erklären und zu be-
urteilen , SO war er hierdurch auch berufen die liebe überhaupt als
einen act menschlicher absieht und Verständigkeit zu fassen, die sich
freilich in ihrem vermeintlichen streben nach tugend selbst betrügt,
dh. jener Qvr\Ti\ cujqppocüvil , welche im Phaidros (256*) vielmehr
dem nicbtliebenden gehört und dort gerade den gegensatz zu der
6eia jLiavia des liebenden bildet, das interesse des Eryxiroachos
haftete zunächst an dem väterlieben berufe der heilkunde^ wandte
sich aber dadurch auch einer umfassenden betrachtung der natnr
und der in ihr tbätigen kräftc zu, welche wiederum in damaliger
746 CSchirbtzi die fünf ersten reden in Platonft Symposion*
zeit nicht ohne eine gewisse kenninis und berücksichtigung philo-
Bopbischer gedanken möglich war. weil nun Eryxiraacbos berufs-
mäsziger weise auf die in den dingen thä Ligen kräfte zu achten
hatte) kam es gerade ihm zu auch den ^pujc ftlr eine solche in den
dingen liegende triebkraft anzusehen* zugleich aber ist es die folge
seiner ürztlicbcn Ihätigkeit^ wenn er auf die der menschlichen ^tti-
CTt]|ir| und T^X^n gegebene möglichkeit hinweist^ jene kraft auf rich-
tiger bahn zu erbalten oder bei eingetretenen Störungen in dieselbe
zurUckzuleiteo^ rreilich gerät er^ wie sich gezeigt hat^ durch diese
annähme in mancherlei Schwierigkeiten^ weil er den eroti:jchen trieb
auf solche naturgebiete ausdehnt» die einer einwirkung menschlicheii
könnens für immer veräcblossen sind, auch Aristophanes spricht
einen seiner Persönlichkeit eonformen grundgedankeu aus. ist nem*
lieh fpujc der trieb nach einem voHkommnern, bessern zustand«
das bessere aber noch nicht das gute selbst, das als ziel der entwicl
lung vor dem menseben und mithin in der zukunft liegt, so musx"
der vollkommnere zustand ein vergangener und die form seiner dar*
Stellung der mythos sein, anderseits schlieszt aber auch schon daa
streben nach dem bessern wenigstens die forderung eines entspre-
chenden sittlichen Verhaltens ein, und dem bessern tritt, weil es
vergangen ist, die gegenwart als das schlechtere, als die zeit des
Verfalls gegenüber: das aber bildete ja eben einen grundzug der
komödie des AristopbaneS| dasz sie bei dem uiedergange des volks*
lebens das beil in der Vergangenheit erblickte und eine nationale
Wiedergeburt gerade durch den hinweis anf die kraft und tUchtigkeit
der vorfahren erstrebte, natürlich ist dadurch nicht ausgeschlossen,
da^z der Schriftsteller auch eine directe anregung fflr manche zdge
dieser rede aus bestimmten stellen der komödien des Aristopbane^
erhielt, erst in Agathons rede ist Eros zum Ipuic TOÖ KaXoO und
damit auch zum weisbeitss^treben oder, sofern wir uns an sein wort
halten, zum Geöc cocpuitaTOC geworden, während die Weisheit selbst
durch die bedentung bewiesen wird^ die Eros f(lr das gesamte ge-
biet der Zeugung hat. dasz der preisgekrönte dichter iien Eros als
den TTOir|Tr|c feiert, war^ wie er selbst bemerkt, ein naheliegendes
motiv; hatte doch Eryxiraachos das entsprechende benutzt {lÖÖ**
tv* aö Kai itti> Tf)V . . t^jv auTOÖ)j aber ebenso passend ist es, dasi
gerade er die begrifie des KaXov und C0(pÖv einführt: denn wie er
schon durch seine Jluszeru erschein ung in hervorragendem maaze die
Schönheit repräsentiert (174* laöia bk. iKaXXujmcdpiiv, Iva KOki
Trapd KaXov Tu). 194*^ uu qpiXc 'Ata0u)v, ^dv otTiOKpivri Cu/Kpdi ^
o6btv ^Ti bioic€i auTip öirrjoöv täv ^vOdbe itiouv titvecöai, ^diT
pövov ix^ ö^HJ biaX^xf^iai, äXXmc le Kai KaXuj, 213* dXXct ^le^rh
Xaviicu) önujc irapd tuj KaXXicTtu tuüv ^vbov KaiaKelcci), so spricht
er auch nur schöne» (198 ^ fjteid KaXöv oütuj Kai TiavTobaTTÖv Xötov
{ii\BivTa) «nd ist besonders nm den beifall der Ijuqjpovec oder CO<pot
bemtlbt (194^), so dasz ihm s^päter auch Aristophanes seine huldt*
gung als dem cotpiOiaTOc Kai KdXXicioc darbringt t2l2*Tva dTi6
OEeller: za Strabon [XI V 660]. 747
Tflc djLif^c K€<paXflc Tf|v ToO coqHJüTdxou Kttl KaXXfcTOU KCcpaXfiv
dvabrjcu)). — Gewis lassen sich die leitenden motive der fünf ersten
reden der schrift nicht aus der individnalit&t der redner erkennen,
wohl aber werden wir uns, sofern mit der betrachtung des inhalts
ihrer reden auch das übereinstimmt, was ihre Persönlichkeit erwarten
läszt, um so eher Ton der richtigkeit jener analjse überzeugen dürfen«
Wenn es längst anerkannt war , dasz es der darstellungsgabe
des Schriftstellers gelangen ist bei der Verteilung aller über den
Eros umlaufenden yorstellungen an eine bestimmte zahl von rednem
der individualität jedes einzelnen in glücklichster weise gerecht zu
werden I so ist die kunst Piatons nun auch nach einer andern seite
ins rechte licht getreten : sie hat die ffir\ der redner zu wahren ge-
wust^ aber sie hat es ebenso sehr verstanden jede der fünf ersten
reden nicht nur zu einem in sich abgeschlossenen bilde des Eros,
sondern auch zu einem notwendigen gliede in dem ganzen dieses
ersten teiles des kunstwerkes zu machen und dem leser neben der
freude an dem Wechsel der neuen und selbständigen darstellungen
des Eros auch das höhere Wohlgefallen zu verschaffen , das mit der
erkenntnis des fortschritts der Untersuchung und des bei der anord-
nung der reden befolgten planes verbunden ist.
Neustbttin. Carl Sohiblitz.
81.
ZU STBABON.
XIV 650 (II s. 186 Kramer) steht: TTcpkcivrai bi d£iöXoTOi
KaToiKiai TT^pav toO Maidvbpou, KocKtvia xal 'OpOwcia* dvröc hk
BpiouXa, Mdciaupa, 'Axdpaxa, Kai öirep t^c iröXeuiC iv tijj öp€i
Td "ApojLia, tcucTAXoviec tö ^ä ypöt^ixa' öGev dpicTOc Mccui-
Tinic oTvoc 6 'Apoiiieüc. dazu die anmerkung: Werba cucT^XXovT€C
TÖ {>6j TpdMliOt videntur spuria esse.' bei Stephanos Bjzantios
s. 129, 16 wird unter den weinsorten der M6CCU)T(Tric und der
*ApO|LiaTeuc aufgezählt, die Überlieferung bei Strabon will wohl
sagen, dasz der beste wein des Mesogis- oder Measogisgebirges 'Apo«
^€uc oder 'ApoinaTEuc heisze, mit auffallendem kurzem o (cuCT^X»
X0VT6C TÖ U) TpotMM<^) • ^^^^ ^^^ sollte dpu)|LiaT€uc wie oTvoc dpui-
^aTlTHC (bei Dioskorides) erwarten : gewürzwein, die bezeiohnung
aber, meint die Überlieferung, komme nicht von dpuipa gewürzi son-
dern von dem bergnamen ^ApOfia mit 0 her. es ist leicht, wenn
man etwas nicht versteht, es als interpolation einfach wegzuwerfen,
doch sollte man sich immer auch die frage nach der entatehung
und dem beabsichtigten sinne einer solchen interpolation vorlegen.
meiner ansieht nach ist also allerdings in den werten cucT^XXovT€C
TÖ ^U) TpdjiXMCt wahrscheinlich eine interpolation, ein erklärender
fremder zusatz zu erkennen, zugleich aber musz statt pCi) vielmehr
oj gelesen werden.
Prag. Otto EbllbbI
748 FHultfich: 2ur Sjntitxifl dci Ptolemalos.
82.
ZUR SYNTAXIS DES PT0LEMAI03.
Dem abbS Halma mag das verdienst unbeetrittea bleiben, das£
er in seinem 'Almageste ou aströHomie de Ptolfemfee, en grec et en
fran^ais' eine lesbare und im allgemeinen zuveriäsBige ausgäbe der
Syntaxis geschaffen bat. freilicii ist nicht zu verwundern , das2 der
hg^i der mehr fachmane auf dem gebiete der astronomie als philolog
war, den strengen anforderungen der texteskritik nicht allenthalbex
genügt hat. 80 ündet sieb, auch wenn man nur das von Halm«
selbst in einem anhange gebotene hsL material benutzt, noch man«
eher anla8z z\i nacbbejsserungen des textes, und mehr noch wird ohne
zwei fei von einem künftigen hg. auf gnind neuer collationen ab-
zuändern sein, an dieser stelle gilt es zunächst nur einen störenden
fehler im 6n buchüf der von Halma gegen die hsL autoritäi in den
text gebracht worden ist, zu beseitigen, bd. I s. 421, 9 — 15 ist
herausgegeben : Kai dbc TOÖ WtDö tu»V Tf€piM€TpuJV Ttpdc ToiC bia-
geTpouc övToc öv (x^i Tct f ^ A" TTpöc t6 ä ouToc top 6 XÖTOC
fietaEij ^cTiv Iytict« toO t€ TpiTiXaciou Tipöc n|* ißi^öjiuj n^pei kqi
TOÖ TpiTiXadou TTpöc ToTc b^Ka ^ßbojiTiKOCTOic fiövoic» olc 6^
*ApxtpTiÖT|c: KQTä t6 airXoücTepov cuvcxpilcaTO, dh. da das ver*
hältnis der perimeter der kreide zu den diametern gleich dem ver- '
hllltnis ?0E 3 ganzen und 8- sechzigsteln zu 1 ist ' ; denn dieses ver-
höltnis liegt nahezu in der mitte zwischen den Verhältnissen Sy : 1,
und 3^ : 1 , welche Ärchimedes als einfachere n&berangswerte
setzt hat.'
Nun braucht man nur die hier citierte stelle des Archimedes
in dessen kreismessung propos, 3 (b. 262 Heiberg) nachzuschlagoa
^ die obige fiiaftQng ^3 ganse und Sy aecbzigstep ist gewählt
worden, um elaeo leirht veratHüdlichen auftdrtick für die Ptolemäifcbei
zeichen y ^ ^* ^^ bieten, die ffexag-esim&Ucifang der ulten nstronomei
ist, soweit es «ich um die bezeichnung der grade der kreisperipberi^
oder des winkeb tmd der teile von graden handelt, bis zum beatigei
tage in allgemelnein gebranche gehlieben; es wurde also düs griechiiehi
y^ r( k" =• 3 grttd 8 minuten 3U secunden keiner erklÄrung bediirf«
allein Ptolemaio« wendet die ihm gelllu6g:e sexng^esinmlteiliing aach aiil
Jede beliebige gröstc an, und in den ausgaben werden dann die ein-
heilten oder ganzen durcb einen bon2ont«i»lrich über dem sahUeicheni
dies ersten sechzigste! » wie bei der grndeinteitung die ixiiuuteQf dar
^inen ficbiefen strich liinter dem 8«bUvicben, dm zweiten sechsigst
dh, brUcbe mit dem nenner 60 '^ durch 2 striche unvr. bezeichnet, to
ist also an d^r obigen textest teile das rerhältnis S-j^ : 1 ausgedrückt
worden durch (3 + ^^ + g^) s I* * vgl. meine ahh. Mle nlhenio|fa-
werte irrationaler quadratwarseln bei Arcbün^dcs' in den nachricht
der Göttinger geg. der wiis, 189^ a. a$6 ff.
FHultsch: Zur Syntaxis des Ptolemaios. 749
um zu der Vermutung zu kommen, dasz Ptolemaios doch wohl ebenso
wie sein gewäbrsmann ^ßbo|uiT]KOCTO|uiövoic geschrieben hat. denn
biKü dßboMTiKOCTOic iLiövoic, wie bei Halma steht, kGnnte nimmer-
mehr 7ö^« sondern nur ^, hervorgehoben durch den gar nicht
hierhergehörigen zusatz pövoic, bedeuten, aber nicht um siebzigste),
sondern umeinundsiebzigstel handelt es sich hier, und darauf
weist auch unverkennbar die hsl. Oberlieferung hin. die älteste von
Halma benutzte hs., der Paris. 2389 saec. VII, hat nach Halmas an«
gäbe dßbOMiiKOCTU) juiövoic, und aus dem Yen. 313 saec. XI und
Flor. 2390 saec. XII wird ^ßbCjüiriKOCTO jüiövoic angeführt, auch
die sonst so wenig zuverlässige ed. princeps (Basel 1538) s. 161, 38
bat sich mit ^ßbCjuiiiKGCToG jüiövoic noch nicht so weit von der rich-
tigen lesart entfernt als Halma mit seinem dßbo|üiT]KOCToTc juiövoic.
statt dieser corruptel ist also ohne zweifei ^ßbo|üiT]KOCTO|uiövotc
in den text zu setzen.
Auch zwei spätere anftLhrungen des schluszresultates der Archi-
medischen kreismessung sind zu erwähnen. Eutokios hat in seinem
commentar dreimal die richtige form ^ßbo|üiT]KOCTÖ|uiovov ' wieder-
gegeben (s. 266,4. 300, 10. 13 Heib.). der comment«r Theons von
Alexandreia liegt bis jetzt nur in der Baseler ausgäbe vor. hier
werden zunächst s. 316, 20 — 23 die oben ausgefdbrten worte des
Ptolemaios in der folgenden freiem fassung wiederholt : Kai die toO
XÖTOu Tf\c Trepifi^Tpou npöc -rtiv bidfi£Tpov övtoc öv Ix^x xä* f l'
X"' Trpöc TÖ ä- oÖTOc Tap 6 Xötoc MexoEu kiiv' fTTicxa xöv bei-
XOevxuüv TTapd 'ApxiMi^bouc Xötuiv, Ttjj) xf|v TrepijuieTpov xoO kökXou
TTpöc xf|v bidfiexpov dXäxxova jui^v Xötov ^x^^v fi xpmXacieqp^ßbo-
MOV, |üi€i2[ova bi ti xpmXdciov irpöc xoic' T ^ßboMiiKocxoic.
dann folgt als erklärung Theons: koI jcxiv ö jüi^v xpiTrXaci€q>^ßbo|üiOC
XÖTOC 6 xdiv^ T v[ ^b" Trpöc xö a, 6 bfe xpiTrXdcioc irpöc xoic T
dßbojüiilKOcxoic 6 xdiv t vf kZ" "pöc xö ä* Jiv jüiexaEi} &xiv* 6
xOüV T il' X" Trpöc xö a Xötoc. ohne zweifei ist hier beide male statt
dßbOfiiiKOCXoTc der von Archimedes gebildete und so eben bei Ptole«
maios wiederhergestellte ausdruck für ^einundsiebzigsteP ^ßbojuiil-
Kocxojüiövoiczu schreiben, auch die nachrechnung der von Theon
gegebenen sexagesimalen werte bestätigt dies: denn wie f Vi Xb''
= 3 + ^ + ^ das äquivalent für die Archimedische zahl Sy
ist, so kann t v[ kZ" •= 3 + gö 4" ^öö ^^^ umgerechnet sein aus 3
und 10 einundsiebzigsteln, nicht aus 3 und 10 siebzigsteln.
Wie ist nun Archimedes auf die eigentümlicheibezeichnung ^ßbo- *
^ 8. 300, 13 Heib. ist ^ßbofiiiKOCTÖfiova sa betonen statt ^ß6o|ii|-
KOCTOfiöva. ^ tä habe ich corrigiert statt t6. ^ die swei striche
hinter X sind nnr undeutlich ausgedruckt, und noch undeutlichernach-
her die striche hinter X6; dagegen erscheinen sie deutlich hinter idC
und dem letzten X. " MCxaEO Icxlv Basil. ' irp^c xotc habe Ich
corrigiert statt des offenbar verderbten tipoc^xi xal. das richtige irpöc
Totc steht nachher bei Theon, wie bei Ptolem. ao. ^ xdiv Tdiv Batil.
760
FHultBoh; zur Syntaris des Ptolemaios,
^t|xoct6|üiovov gekommen? wie im laieiniscben und in den modernen
cuUurspr achten werden auch im griechischen die bru ch teile durcb
ordinal ia ausgedrückt, und von diesem gebrauche ist Archimedes
nicht abgewichen, am häufigsten erscheint bei ihm TplTOV M^poc
oder TpLiaiuöpiov; auszerdem finden sich TrejUTTiajuiöpiov, ?ktov
ptipoc, ißbopov, ^KaiocTÖv, biaKOCiocTÖv ^^poc* öderes istpepoc M
(iLt^pn) zu ergänzen: TpiTOV I 264, 2. 266, 3, 20, T€TapTOV I 16» 23, ■
büo nepiTTa II 234, 28, 236, 19 ^^ rpia TT^^ina oder Tct ipia
TT^MTTTa II 218, 15. 226, 1—25, 232, 12. 236, 11. 26, 238, 1. 2. 5,
gpbojiov I 262, ö, t6 ?ßbo)jiov I 266, 14, tö cIkoctöv Kai inra-
KOciocTov II 248, 20, m
Wenn wir aber die Zahlenreihe rückwärts verfolgen, so reigt |
sich sofort, dasz die regel 'die nenner der brüche werden durch die
ordinalia aiiSgedrUckt' zwei auenahmen hat. man sagt tt€H!TTOV
(p^poc) , T^xapTOV, xpiTOV, aber weder ^euTCpov noch TTpuJTOV* ■
natürlich : denn j ist entweder mit Archim, I 370, 13^16 aus-
zudrücken als *der eine von zwei teilen', dh, ^T€pov /iepoc, oder,
und das ist bekanntlich das allerbäufigate, durch fj^icu oder das
uralte zeichen der hälfte S, und es mag bierzn gleich bemerkt wer-
den, dasz für j das zeichen ß im griechischen ebenso wenig möglich
ist wie das gesprochene oder geschriebene zahlwort b€UT€pov. *'
" B. die xusammenatclhingren Heibergs im index I unter i^dpoc, rpdoc,
TpiT»)|i6piov und TTCpiTTTmdpiov. bei M^poc ist noch der verwcii auf
xptTov ^i^poc II s. lü, 16 nftc bin tragen. ♦<* 50o u^^irra fehlt b«i
Heibcrg^ imter iT^|iiiTOC, (^ie oben angeführten seilen- und zeilenziUilen
sind ebiJ. bei Tpia rr^^iTTa »u tilgen. '^ eine Häufung der aufralU^eten
Irrtümer hat eich [loche in seioer ausgäbe der dpiB^. ctcOTUUT^ des ^
Nikomacbos s. XI in den wenigen worten €^" Huhschius esse vult
{»CÜTcpov Ycl 50OCTOV» ZU schulden kommen lassen. Hocbe bildet hi«r
zunächst, lediglich nach seiner erfindung, den faUcben ansdnick öcO- ^
TCpov statt ffjiicu, beruhigt bich aber nicht bei diesem ^inen fehler« ■
sondern fdfct noch die uoclassiache form 6öoctov (vgl, Steph. thes,) ■
binsT], welche nietnnU von einem alten mathematiker gebraucht worden
ist. doch auch dnntit ist es nicht genug: denn 2U den beiden falschen
auBdrücken wird anch das falüche seichen p ersonnen und i«hlicsxticli
werden alle dicac senguifise grÖster Ignoranz, die lediglich auf Hochca
erfindun^r beruhen , mir zugeachoben ^ der tcb nie etwas so verkehrtea
gedacht, geschweige denn geschrieben ba^e. dass ß, wo es als brach-
zeichen in Jüngern hss. vorkommt, stet« bOo >iotpai oder öt^oipov, dh.
■j beieichnct, habo ich raetrol. Script. I s. 174 ausdrücklich bemerkt
and daselbst auch das gewöhnliche and in den altern hsa. allein ge*
brüachliche zeichen uK' auf die ursprüngliche be«eichnnng C?" -■ T^T
zurückgeführt wie hier die beiden schiefen striche regelmllsilg in den
Heronischen and andern bis. erscheinen, so sind sie auch bei andern h
zahlen, welche nenner von brüchen bezeighneni üblich (metrol. sorii^t. ao.). ■
um dies zu erklKrcn habe ich nebenbei aof die abbrcviatur V fUr t6v H
aufmerksHtn gemacht, Im übrigen aber lediglich nach dem answciB der
Herouischon hss. constatiert, dasz die bezcichnungi^n t' 1^1' TgtTOV
(und zwar gleichmHszfg für alle casasformen dieses nentrams], 6' lUr I
FHaltsch: zur Syntazis des Ptolemaios. 751
Aber es ist zuletzt noch zu fragen, wie die der cardinalzahl 1
entsprechende bruchbezeichnung gebildet wurde, im gegensatz zur
hälfte, zum dritten, vierten teile usw. kann wohl auch einmal von
dem einzige n teile die rede sein, dh. nach mathematischem sprach*
gebrauch von uneigentlichen biHchen von der form y, yusw. denn
wenn die teile einer durch 3, 4 usw. geteilten grösze Tpira, T^Tapra
(füiepr)) usw. benannt werden, so musz es auch für den einzigen
teil, den wir erhalten, wenn wir eine grösze durch 1 dividieren, eine
besondere bezeichnung geben, diese kann aber nicht £v \xipoc ge-
lautet haben, denn wie aus Archim. sandrechnung 1, 16. 18. 22 her-
vorgeht, wird damit der Zähler 1 eines bruches.von beliebigem
nenner bezeichnet, zb. 1, 22 (s. 262, 3) biaipeOefcac Täc 6p6ac eic
c' Kttl t' toutwv Iv jui^poc, dh. -—- des rechten winkeis. Archimedes
muste also für 1 als nenner einen ausdruck wählen, der erstens
einer Verwechselung mit 1 als zähler vorbeugte, zweitens eine
analoge bedeutung zu den ordinalien Tp(TOC, T^TOpTOC usw., die als
Superlative zu deuten sind, in sich trug, es ist klar, dasz es dafür
keinen passenderen ausdruck als jiiövov ji^poc geben konnte, so
also ist dßbo)üir)KOCTÖ|üiOVOV für einen nenner, der die summe 70 -|- 1
darstellte, gebildet worden.
Dem gebrauche des Archimedes ist, wie zu anfang dieses a^f-
satzes nachgewiesen wurde, Ptolemaios gefolgt, und später haben
die commentatoren dieser beiden mathematiker, Eutokios und Theon,
denselben ausdruck angewendet, allein zuerst in den Heronischen
€icaTU)TOtl tujv CT€p€Ofi€Tpou|üi^vu)V 1, 2 (Heronis geom. et stereom.
rel. s. 153, 11 Hultsch) und dann bei Nikomachos dpiOfi. elcat.
I 12, 1 (s. 28, 8 Hoche) erscheint die bruchbezeichnung cIkoctö-
TTpUJTOV, dh. es ist sowohl zu elKOCi als zu elc das übliche ordinale
und dann aus beiden zusammen das compositum gebildet worden,
bei Heron ist it €iKOCTÖTrpu)Ta «=> ^ durch die beste Überlieferung
gesichert, wenn statt dessen zwei jüngere hss. iZ' elKOCTÖjüioipa "= ^
haben, so ist das dieselbe Verwechselung wie in der Baseler ausgäbe
des Tbeon dßbo|KiiKOCToTc für dßbo|üiiiKOCTO|üiövoic. auch bei Niko-
machos ist T(fj €iKOCTOTrp(£iT({i ()üi^p€i) durch die älteste Überlieferung
T^Toprov (ebenfalls für alle casusformen) , und die entsprechenden fBr
die übrigen nenner sich möglichst nahe an die Oberliefemng ansohliessen.
ja die abschreiber haben sich so sehr an diese brnchbeseichnang ge«
wöhot, dasz sie dieselbe anch bei verschiedenen seichen für y (ebd.
8. 173 f.) regelmässig anwendeten, deshalb habe Ich in der ausgäbe des
Heron, wo unzählige brüche vorkommen, diese aach im typendmck
leicht herzustellende bezeichnung durchgeführt, und Heiberg ist mir in
seiner ausgäbe des Archimedes darin gefolgt, auch Halma, dem für
Ptolemaios so vortreffliche hss. zu geböte standen, hat bd. I s. 891, 28
TÖ b" (dh. TdrapTov) Tf\c btafiirpou Tfjc ceXrivtaicffc herausgegeben und
dasselbe s. 473 als lesart aller seiner hss. beglaubigt, damit sind auch
die übrigen von Hoche ao. irriger weise erhobenen elnwendangen erledigt.
752
JOeri: zu Demoatheneg [Olynth, 1 § 7],
geeicbertf und die Variante zweier jüngerer bss. tlü EiKOCTopovqj ist
wobl als eine reminiscenz an Arcbimedes kreismessung zu deuten.
Mit ckocTÖTTpUJTOV ist zu vergleicbon Tili eiK0CT0TT€p7TTUJ bei
Nikomachos ao.
Im ganzen bat es als ausnähme zu gelten ^ wenn in mathemati-
sehen scbriften der nenner eiuQS bruebes durch das ausgeschriebene
zablwort bezeicbnet wird: denn in den allermeisten fällen werden
statt der Zahlwörter die Zahlzeichen gesetzt, deshalb stehen mir
zur zeit keine weitern belege für die gesprochenen nenner, die
aus zebnern und einem zusammengesetzt sind^ und noch weniger
für ähnlich zusammengesetzte gröflzere nenner zu geböte, insbeson-
dere vermag icb zu den inscbriftUch bezeugten ordinalien juidc Kttl
ciKOCTTJc, elc «ai TpiQKOCTÖc, Miol Kttl TeTTapaKDCTfi ua. (MeiHterhanß
gramra, der. att. inschr.* a. 130) nicht, die entsprechenden bezeich-
nungen für nenner von brüchen nachzuweisen. M
Aus der vulgärsprache scheint Pltit. de facie in orbe lunae 1^
(s. 932*) entnommen zu haben AItutttiouc dß6o^T|KOCTÖbuov
oT^ai (pdvai pöpiov (ific Tnc) «Jvoi xfjv ceXfiviiv. doch ist auch
mit der möglichkeit zu rechnen, dasz dßbo|ur|KOCtöbuov erst nach-
trSglich von einem abschreibe r statt oß*^'*' gesetzt worden ist.
Zum scblusz noch eine andere ricbtigstelinng zur Sjntaxis,
VI s. 408, 14 ist ohne zwei fei mit den hss. im bl jf\c auTfjc oIkou*
p4vT|c OUK äv TTOTe cujMißairi zu lesen etatt ctjjußaivoi , was Halma
aus der schlechten lesart der Baseler ausgäbe cu^ßaivr] umgebildet
hat. vgl Polyhios II 64, 4 el cu^ßairi , . aOiöv . * ^EcXOciv und
öhnlicb VIII 20, 5, dens. I 58, 8 lujc , . cu/jißfj töv ?T€pov aurujv
TTpOTTeceiv und ähnlich Öfters (Hultsch erzfthl Zeitformen bei Poly-
hios XIX 5, abh. der itächs» ges. d. wiss. pbil.-hist. cl, XIII s. 154),
Kleomedes kukX. Geujpia II s, 220, 2 (ZiegUr) toöto ^f| buvac8ai
cu^ßfivai, Pappos cuvctxujpi I^ s, 264 (Hultscb) ei pf[ öv xaic
TÜxriv norfe cupß^,
Dresden. — . . Fkieduich Hultscb«
83,
Zu DEMOSTHENES.
Die kleine correctur, die ich vorschlage, hat gewis stilbchwai
gend schon mancher leser gemacht; es scheint aber, da die neuem
ausgaben sie nicht enthalten, immerhin rätlicb sie einmal 6ffe&tUch_
vorzuschlagen, in der ersten Oljnthisehen rede § 7 t\[ily tJCp' UfiOCiW
ncic8^VT€C öveiXovTO töv iröXcpov , cqyaXepoi cuMfiaxoi kqI m^xp*^
Toy tauT* öv ^tvuJKÖTCc i'jcav iciuc wird statt des Tagen und nur
zur not aus dem ganzen Zusammenhang erklärlichen taDra doch
wohl Tauid (also laÖT* &v) zu schreiben sein, so dasz Demo-
sthenes sagt 'sie wären unzuverläsBige bundesgenossen und 'ihm
einigkeit mit euch hätte ihre grenze*.
ßAset« Jacx>b Obri
GErauth : yenohollene Iftader de« aliertmiit« L 76S
(75.)
VERSCHOLLENE LÄNDEE DES ALTEETUM8.
Die ostgrenze der oikamene und der Arazes«
(schlusz von 8. 689—703.)
Die erste epoche hellenischer colonisation am die wende des
zweiten Jahrtausends vor Ch. hatte befruchtend gewirkt für die ans-
dichtung der Homerischen ansieht von der oikamene. wir haben
gefunden, dasz diesem Zeitalter die Westküste des Easpi die ost-
grenze der bewohnten erde und die östlichen Aithiopen die äaszer-
sten bekannten menschen waren.
Die zweite colonisationsperiode, deren blUte in das siebente
und sechste jh. vor Ch. mit der glanzzeit Milets zaeammenfftllt, that
den ersten schritt Ober die grenzen der oikamene hinaas und schuf
die anfange einer wissenschaftlichen erdkunde überhaupt, uns ver-
langt namentlich zu erfahren , ob die ostgrenze der oikamene durdi
sie eine Veränderung erlitten hat oder nicht, zur beantwortnng
dieser frage und zur beurteilung dieser erdbeschreiber überhaupt
stehen uns freilich nur dürftige bruchstücke ihrer werke und nament-
lich die bekämpfung ihrer ansiohten bei Herodotos zur Verfügung.
Die ionischen philosophen Kleinasiens, in deren pflege die
geographie nun übergeht, zehren noch von den brosamen Homers.
in der Vorstellung von den umrissen der oikamene schloss man sieh
eng an das epos an. denn was ist die eherne erdtafel des Heka-
taios (um 500) anderes als ein nach dem vorbild des Achilleischen
langschildes ausgeführtes kunstwerk, das vielleicht sogar die cylin-
drische Wölbung des Schildes beibehielt? neu ist der gedanke des
Anazimandros (um 600), dasz die ganze erde, von der die oikamene
ja nur die eine seite, und zwar etwa die hälfte^ darstellte, einer
liegenden cylindrischen walze ähnlich sei. man siebt, wie auoh
dieser gedanke entsprungen ist aus der Homerischen ansieht von
der oikumene. der Achilleische langschild stellte gewissermaszen die
hälfte eines senkrecht zu den beiden grundflächen dnrchsehnittenen
cjlindermantels dar. Anazimandros fügte die andere hälfte dazu
und gewann so für die erde eine erste, den alten denkbare gestalt.
es ist uns unzweifelhaft, dasz Anazimandros sich den bewohnten teil
der erde auf dem mantel des ruhenden, nicht eines aufrechtstehen-
den , erdcjlinders dachte und nicht etwa auf einer der beiden kreis-
runden grundflächen; wenn er das im ange gehabt hätte, lag ihm
der vergleich mit einer flachen diskosscheibe gewis näher als der
mit einer (liegenden) steinernen seule. er musz sich aber doch nicht
deutlich genug ausgedrückt haben, denn wir begegnen sehr bald
bei seinen landsleuten der auffassung von einer kreisrunden gestalt
der oikumene. gegen sie richtet sich der tadel Herodots IV 30 :
JahrbQcher f&r cIms. philoL 1898 hft. 11. 48
754
CErauili: verficliolleiie länder des altertums. I.
*ich lacbe aber, wenn ich sebe, wie so mancher erdumrisse gezeichnet
hat ohne sino uüd verstand, wo der okeanos rings um die erde flieszt»
die rund ist, als wäre sie abgezirkelt; und dabei ist Asien gleich
grosz wie Europa gemacht/ der tadel der letzten worte richtet sich
gegen eine weitere neuerung der lonier, die teilung der oikumene
in zwei erd teile, wobei zu Asien auch Libjen mitgerechnet wurde^
das wir Afrika nennen, auch dieser gedanke ächeint auf dem kau-
kasischen iathmos heimatberechtigt zu sein, hier hatte die natur
den menschen zuerst auf den unterschied zwischen den beiden
himmelarichtungen osten und westen aufmerksam gemacht n«r
nach diesen beiden seiten hin zeigte sich ihre weit begrenzt vom
meerei aus dem 6inen stieg ihnen die sonne herauf und der reigen
der andern gestirne, in das andere sanken sie wieder hinab; naeb
dem Kaspi flosz die 6ine hUlfte der kaukasischen fltisse ab, nach
dem Pontos die andere« so wurden die beiden ersten binuneb-
richtungen^ die der kaukasische mensch überhaupt nnterschied,
licht and dunkel, osten und westen, Asia und Europa, im Äuszer-
sten Westen war die trennung Europas von Afrika, das man Libyen
nannte, durch den einbruch des atlantischen oceans in das Mittel-
meer vorgezeichuet. dann folgte das vorwiegend von westen nach
osten sich erstreckende innere meer mit seinen anhSngseln im
nordosten bis zum Kaukasos. von der ostküste des Fontos nach
dem östlichen okeanos war es nicht allzu weit« das wusle man. es
lag daber nahe auch hier eine trennende, natürliche grenzte aufzu*
richten zwischen den beiden hälften der oikumene. die ttltare
fassung des Argoliedes hatte mit der möglich keit gerechnet, d&as
die Argo aus dem schwarzen meere durch vermittelang des asow*
sehen auf einem rtitselbaf ten fluszlaufe nach dem Kaspi - okeanos ge-
langt war. in spätem Jahrhunderten verlegte man den wohnsitx de«
Aietes nach Eolchis, an den Phasis, auf den die eigenschaften jenes
rZ&iselhaften verbindungsEu.sses mit übertragen wurden. 80 kam eS|
dasz man eine zeit lang den Phasis als grenzüusz zwischen Asien
und Europa ansah (Herod. IV 45). andere gelehrte sahen ein, duas
es eine teuschung sei, auf dem Pbasis vom Pontos nach dem öst>
liehen okeanos gelangen zu wollen, sie kamen wieder auf die atta
spur der Argofahrt und sahen in dem Tanais, der in den nördlich«
Winkel des asowechen meeres mündete , den weltenteiler. auf ih
sollte es also der Argo möglich gewesen sein in den äussern oketinc
zu gelangen, bis heute hält man den Don für den Tanais der altei
man kann aber den Don hinauffahren, so weit man will, man wird
nie in den Kaspi, nie in die 0siM?6 gelangen* wir lassen diesie
Schwierigkeit vorläufig auf sich beruhen, es zerfiel aUo diedea
physikern die oikumene in zwei gleichlange, einander gegenüber-
liegende hälften, von denen die nördliche Europa, die südiieh^i
Asien genannt wurde, den arabischen meerbusen kannte
demnach entweder überhaupt noch nicht oder hielt ihn fUr
binnenmeer.
CErautli: yerschollene länder des altertauiM. L 766
Die ältere Zweiteilung verlor immer mehr an boden und machte
der dreiteilnng platz , nachdem der könig Nekos von Ägypten am
ausgang des siebenten jh. vor Cb. durch die Phoiniker eine erste
umsegelung Libyens vom roten meere aus befohlen und durch-
gesetzt hatte (Herod. IV 42 ff.), es hat zwar nicht an leuten ge-
fehlt, die diese kühne Unternehmung angezweifelt haben, aber es
hat noch niemand bewiesen, dasz es im altertum den menschen an
persönlichem mute oder unternehmendem geiste gefehlt habe, navi-
gare necesse est^ vivere non necesse galt schon im altertum, und das
leben des einzelnen war niemals niedriger im preise als damals, als
eine entschädigung an die alte, aufgegebene Zweiteilung der oiku-
mene kann man gewissermaszen die Zurechnung Ägyptens zu Asien
ansehen fast während des ganzen altertums; ja noch heute pflegt
man das Nilland zu den Staaten des Orients zu rechnen, oder liegt
hier eine erinnerung an das kaukasische Aegypten vor?
Aber auch bei der dreiteilung der oikumene waren nach der
meinung Herodots die physiker von irrigen Voraussetzungen aus-
gegangen, gegen sie richten sich folgende werte (lY 42) : Uch wun-
dere mich basz, dasz man Libyen und Asien und Europa von einander
trennen will : denn sie stehen alle drei in keinem rechten grOszen-
verhältnis zu einander, an länge nemlich kommt Europa beiden
andern gleich, in bezug auf die breite aber dürfen jene sich mit
Europa überhaupt nicht messen.'
Wir begegnen hier ein erstes mal den ausdrücken 'länge' und
'breite' und müssen uns darüber klar werden, was die physiker und
Herodotos damit sagen wollten, an eine einteilung der alten weit
durch längen- und breitengrade ist natürlich noch nicht zu denken,
wohl aber liegt in der auffassung der lonier die quelle für die noch
heute geltende benennung der mittagslinien als längen- und der mit
dem äquator parallel laufenden linien des erdglobus als breiten-
linien.
Der längste weg, den ein küstenfahrer des altertums zurück-
legen konnte, ohne eine bestimmt vorhersehende himmelsrichtung
aus den äugen zu verlieren , war der von den seulen des Herakles
durch das Mittelmeer mit seiner pontischen gefolgschaft bis zur
mündung des Tanais ins asowsche meer. bedeutend kürzer waren
die strecken, welche von Phoinikem oder Hellenen jenseits Gibraltar
an der spanischen oder libyschen küste zurückgelegt waren, man
mochte sie gerade weit genug kennen , um das zurückweichen der
äuszern landmasse nach osten für zweifellos zu halten, im osten
der oikumene dagegen war man über die kenntnis eines Verhältnis-
mäszig kleinen küstenstreifens am kaspischen meere, dem vermeint-
lichen östlichen okeanos, bis auf Herodotos nicht hinausgekommen.
dasz man es bei dem kaukasischen landrücken zwischen dieser
okeanosküste und dem pontisch-asowschen meergebiet nur mit
einem isthmos oder einer landenge zu thun habe, wüste man eben-
falls noch nicht, man glaubte vielmehr, dasz Europa dort überhaupt
766
CKrauth; verscbolleDe läader des altertums, I.
eo scbmal sei, und daäz es vom Pontos bie nach dem TenneintUcheti
nördlicben okeanos — der fortsetzung des östlicben oder Kaspi in
DOrdwestlicber richtung — gar nicbt so sebr weit seiB könne, so
kam es, dasz man diese ausdebnutig Europas von sQden na^^b norden
bedeutend unterscbätzte ^ man nannte sie breite, durcb seine reise
ins Skytbenland an der nordktiste des Pontos und durch seine erkan-
digungen, die er dort einzog, batte Hero^otos docb einen andern
begriff von der ausdebnung des europäischen festlandes nach norden
zu gewonnen als seine vorginger in der Wissenschaft, deren eigne
erfabrung nicht so weit reichte, an den ausdrücken länge und
breite .«elbat ändert er aber nichts, auch ihm war die ausdebnung
der oikumene von westen nach osten länge ^ und das trennende ele-
raent zwischen dem norden und dem Süden blieb das Mittelmeer mit
seinen pontiachen anhängsein, obwohl man über die nördlichere
läge de*^ Pontos und des asowschen meeres nicht im zweifei war,
ja, das rauhe klima des Skythenlandes galt den Hellenen als ein be-
weis, dasz sie es hier mit den nördlichsten gegenden ihrer oikamene
überhaupt zu tbun hatten, auch die ausdebnung der oikumene von
Süden nach norden blieb dem Herodotos breite, doch bekämpft er
auf grund bessern wissens die falsche Vorstellung, als ob Europa
Überall so scbmal sei wie im äuszersten westen und osten. an breite,
sagt er, lassen sieb Asien und Libyen überhaupt nicht mit Europa
vergleichen , so breit ist dieses und so scbmal sind jene yerhältnis-
mäszig. mit bestimmt in diesem irrigen urteil bat unsern gewäbrs-
mann offenbar die künde von der umschiffbarkeit Libyens, er hielt
es deshalb (ür Terbältnismäszig kleiner als Europa, dessen umschifif«
barkeit noch niemand erkundet hatte, seine ausführungen IV 44 f.
enthalten die scharfe Verurteilung der okeanoBtheorie ^ die bis aaf
seine zeit bei den loniem geherscht hatte.
Es ist sein unvergängliches verdienst, zuerst die gescblossen*
heit des meeres nördlich von der strasze yon Kertscb und die ge*
Bchlossenbeit des meeres jenseits des Kaukasos erkundet und be*
stimmte namen für sie in die Wissenschaft eingeführt zu haben.
die strasze von Kertscb erscheint jetzt ali^ kimmerischer Basporos^
das asowsche meer, das bisher in seiner ausdebnung noch völlig un-
erforscht eine dunkle Vermittlerrolle gespielt hatte zwischen dem
Östlichen und westlichen okeanos, erscheint jetzt als ein in seiner
grÖfize allerdings noch nicbt richtig bestimmtes binnenmeer anter
dem namen Maietis, ^mutter der meere', das äuszere meer« Östlich
vom Kauk&sos, erscheint jetzt unter dem sondemamf^n "kaspisches
meer.* Herodotos sagt darüber I 202: *das kaspiüche meer aber ist
für sich , nicht verbunden mit dem andern meere. deiin das meer,
welches die Hellenen ganz befahren, und das sogenannte atlantiscbe
jenseits der seulen des Herakles und das rote meer sind ein», daa
kaspieche aber ist ein anderes meer für sich/ und I 204 sagt •?:
Hm Westen von diesem sogenannten kaspischen meere ragt die ga-
birgssohranke des Kaukasos, die ostküste aber wird von einer ebtM
CEraoth: verschollene l&nder de« altertams. I, 757
gebildet, deren ansdehnung nicht abzusehen ist' also die unbekannt-
Schaft der physiker mit der ungemessenen ansdehnung Europas über
das Skjthenland hinaus nach norden , mit der geschlossenheit des
Easpi sowie mit der unermeszlichen landerstreckung im osten des
Easpi hatte die teilung Europas und Asiens hier im osten auf einer
noch fraglichen Tanaislinie verschuldet, daher der spott des EUili-
karnassiers. aber er kannte die menschen, er ahnte dasz seine
bessere einsieht nichts ausrichten würde gegen die macht der ge-
wohnheit. nachdem er daher mit kritischem lächeln die passe der
drei damen Europa, Asia und Libya durchmustert hat, die ihre
namen hergegeben hatten (IV 45), behält er die gebräuchlichen aus-
drücke für die drei erdteile bei. auch heute, wo man sogar die erd-
teilnatur Europas wissenschaftlich zu begründen gesucht hat, würde
es sich nicht empfehlen, den durch sein alter ehrwürdigen Sprach-
gebrauch zu ändern , der einem irrtum der lonier seine entstehung
verdankt.
Aus dem kämpfe Herodots gegen die ionischen physiker ergibt
sich ohne weiteres, dasz bei diesen gelehrten noch die ostgrenze der
oikumene mit der Westküste des E^aspi, ihres vermeintlichen okeanos,
zusammenfiel. ^
Was lernen wir aus dieser thatsache für die läge der östlichsten
Provinzen des persischen reiches, Hyrkanien, Baktriennnd Sogdiana?
die lonier der kleinasiatischen küste waren seit Eyros zelten (646
vor Ch.) persische unterthanen. wäre es da mOglich, dasz leute, die
auch auf andern gebieten der Wissenschaft bahnbrechendes geleistet
haben, nicht wüsten, wo jene berühmten landesteile lagen? oder
hätte der damaligen zeit die geschlossenheit des Easpi entgehen
können, wenn jene provinzen so weit an der ostküste des Easpi
hinauf reichten , wie wir es auf den bis jetzt geltenden karten des
alten Orient sehen müssen? selbst wenn nur die nordküste des
Easpi unerforscht geblieben wäre, so hätte doch die annähme der
lonier , es sei dieses meer eine bucht des okeanos , in diesem ÜEdle
des nördlichen, keinen boden gewinnen können, weil zugleich mit ^*
der kenntnis solcher landmassen im osten und nordosten Asiens
auch die okeanostheorie würde in frage gestellt worden sein, und
was für einen zweck hätte es gehabt, die Phasis- oder Tanaislinie
als grenze zwischen Europa und Asia anzunehmen , wenn es noch
jenseit der östlichen okeanosbucht land zu teilen gab? und wie
hätte man dann noch von gleicher länge Europas und Asia-Libyaa
reden können ? es können also die genannten persischen provinzen
gar nicht im sogenannten Turan gelegen haben , und wir haben ein
recht sie innerhalb der ostgrenze der alten oikumene, dh. westlich
vom Easpi zu suchen.
Es erbebt sich nun die frage : sind durch diese erweiterung des
erdkundlichen Wissens über den Easpi hinaus auch die grenzpfähle
der bewohnten erde von Herodotos weiter nach osten vorgerückt
worden? es hat zunächst den anschein. denn im engen zusammen^
758
CErauth: verBchollene landet dea altertums. X*
hang mit der arwähnung der weiten ebene im osten des Kaspi sagt
er I 204 : * einen bedeutenden teil dieser besagten ebene haben die
Maesageten inne/ und so weisen auch die bis jetzt Üblichen karten
den natnen der MasBageten im osten des Kaspi auf. aber es darf
nicht übersehen werden, dasz Herodotos irrtümlicher weise den
Kiiukasos auf die ganze Westküste des Kaapi ausdehnt, während er
die grosze ebene auf die ostküste einschränkt, in Wahrheit beginnt
ober die steppe schon im nordwesten des Kaspi, und es wird sich er*
weisen, dasz die Wohnsitze der Massageten in dieser steppe nördlich
vom Kaukasos waren, als Kyros auf seinem feldzuge gegen die
Massageten den Araies, den grenzflusz des persischen reiches und
der Massageten^ Überschritten hatte, so erzählt Herodotos I 20d|
träumte ihm, er sähe von den söhnen des Hystaspes den ältesten,
wie er flügel an den schultern trug und mit dem einen derselben
Asien, mit dem andern Europa überschatte, wir meinen, Kyros
würde diesen träum nicht gehabt haben, wenn nicht der Araxes in
der Vorstellung der Perser als grenzüusz zwischen Asien und Europs
gegolten hätte, dem Herodotos entgieng das» in der that erscheint
in dem Zeitalter Alexanders des groszen neben dem Tanais dername
V des Araxes als weiten teilen
So kommen wir end lieh dahin, das b oll werk zu zerstören, hinter
dem sich ein zweitausendjähriger irrtum bisher verschanzt hat» ea
i«it die unbekanntschaft mit dem fiusse, den die alten Araxes nannten.
und zwar worden wir uns die geschosse aus der rüstkammer der erd-
kunde holen , da die philologische kritik dieser aufgäbe gegenüber
machtlos ist.
Zar auffindung des massagetischen Araxes — denn um diesen
handelt es sich hier — reichen die nach richten Herodots ein erstes
mal nicht aus. er wüste über den lauf dieses flusses nur, dasz er nach
osten gericbtet in den Kaspi mündete ^ und weil dieselben eige
Schäften auch von dem ihm besser bekannten armenischen Araxa
galten, so hielt er beide flüsse für einen, so ist es gekommen, da^
die ganze Schilderung des Araxes I 202 eigentlich dem armenischen
Araxes gilt, der damals noch selbständig in eine viet tiefer ins land
einschneidende südwestliche bucht des Kaspi mündete, dahin gehört
seine vergleichung mit dem Istros, unserer Donau, seine quelle aot
den matienischen bergen, unweit des Gyndes, der nach süden sum
Tigris eilt, dazu passen die vierzig mündungen in ein gewaltiges an
sand und sümpfen reiches Delta, aus dem nur 6in fluszarm den oflenen
weg zum Kaspi findet, ähnliche mündungsverhältnisse des massa-
getischen Araxes mögen freilich die Verwechslung dem Herodotos
erleichtert haben.
Entsprechend der ansetzung der Massageten in der grosien
ebene im osten des Kaspi suchte man bis jetzt auch den massagi^ti*
sehen Araxes in der sogenannten turanischen tiefebene. nur sind
die meinnngen geteilt, ob Herodotos hier an den Sir dat;ja, in dem
man bisher den Jaxartes des altertums erblickte^ oder an den Ama-
\
CErauth: verschollene länder des altertums. I. 759
darja, den vermeintlichen Oxos, gedacht habe, die bedenken, die
sich dagegen erheben, sind aber so schwer, dasz man sich schier
verwundern musz, wie eine so völlig unbegründete ansieht trotz-
dem immer und immer wieder auf die beine gekommen ist. der
besagte Araxes mündete nach der übereinstimmenden ansieht des
gesamten altertums in den Easpi. weder vom Amu noch vom Sir
darja kann man das behaupten, was geschah ? man entdeckte, dasz
der üsboi — jene harmlose tiefste rinne zwischen Aral und Kaspi
— ein alter eingegangener arm des Araxes sei. man yergasz dabei,
dasz dieses Turan nicht zum Monsun-gebiet, sondern zur wüsten-
zone gehört, der *alte lauf des Oxos ist lange genug ein wahres
kreuz für den altertumsforscher gewesen, wir wollen die geschichte
dieses seltsamen irrtums hier nicht weiter verfolgen, wir stehen
und fallen mit dem classischen altertum und können uns in dieser
Verwicklung keinen bessern gehilfen wünschen als Aristoteles.
Durch Alexander den groszen war aufklärung geschaffen wor-
den über die gebiete nördlich vom Kaukasos, die er und seine krieger
mit eignen äugen sahen, auf seinem erorberungszuge in Asien war
auch er bis zu dem alten grenzflusse zwischen Asien und Europa,
dem Araxes vorgedrungen, er überschritt ihn, um eine abschweifung
gegen die unruhigen Skythen zu unternehmen, die damals die alten
sitze der Massageten inne hatten, jetzt klang der name des fiusses
etwas anders : Orxantes (Arrian anab. III 30, 7) und Oxyartes (ebd.
VII 16, 3) hörten die Makedonier und Griechen ihn nennen, eine
mischung beider formen zeigt die wichtige stelle bei Plutarch Alex. 45:
^den Orexartes überschreitend, den er selbst für den Tanais hielt,
schlug er die Skythen in die flucht und verfolgte sie.' das Skythen-
land reichte auch nach Herodots (IV 21) bericht bis zum Tanais
und, wie wir bereits früher (jahrb. 1890 s. 1 ff.) nachgewiesen
haben, nicht über die Westküste des Easpi hinaus, folglich musz
auch der Orexartes im norden des Eaukasos gesucht werden, doch
was hat der Orexartes mit dem Araxes zu thun? hier tritt aufklärend
Aristoteles ein , dessen Schriften auch sonst eine wahre fundgrube
für das gesamte wissen der zeit Alexanders d. gr. sind, der sagt in
seiner meteorologie 113: 'vom Eaukasos aber flieszt auszer vielen
andern an zahl und grösze auffallenden Aussen auch der Araxes; von
diesem aber zweigt sich ein teil nach der maiotischen see ab, nemlich
der Tanais.' auf einen andern Zeitgenossen des groszen Makedoniers
geht die Weisheit des sog. Skymnos von Chics zurück v. 865 ff. :
nach den Maiotem wird genannt der binnensee
MaiotiSy jenen Völkern naehbarlioh gesellt,
in den der Tanais,
der vom ArazM sei r Anten lauf begann,
eicL big^iL^^^i, ao laj Bska •• ans Eretria.
ihnen folgen die Orphiso^''^' ^ m ▼• 762 and Avienus in der
u iD schrei b^ng der ireA 8 ▼• 28.
Diese b| AxftZM| an der man bis-
^
760
CKraoth; TerBcboUene länder dea altertums. L
ber ratlos vorüber gügacgen ist^ enthält die lasung des Araie»^
Problems überhaupt, wir lernen daraus, dasz der Araies mit d6
Tanais eine gabelung bildet, vom Tanais sagte bobon Herodot
IV Ö7, daaz er in die Maioiia mündet, das thut heute der Don, folg-
lich — so echlosz man — ist der Don der Tanaia der alten, bat
aber der Don auch die zweite eigenschaft, die er nach Aristoteles
haben musz, entsendet er einen arm unter dem namen Araxes isis
kaspische meer? nein: folglkh kann der Don auch nicht der Tanais
des Aristoteles äein* wir stehen hier scheinbar vor einem onlö^baren
rätsei. sehen wir uns das mllndungsgebiet des Don einmal genauer
an. wie schon die Schraffierung auf der Stielerschen karte andentet,
zieht sich da von der heutigen mündung ein allmähliefa scbmaler
werdendes, von mäszigen erbebungen eingefasztes sumpfiges gebiet
den Don aufwärts bis zu seinem letzten knie bei Kudinow, wo die
westsüdwestliche rtchtung des unterlaufes anfängt der Don ist noch
beute ein hlnnendeltabildner. was solche flUsäe in einem Zeitraum
von 2000 Jahren im anschwemmen von neuland leisten können, das
zeigen deutlich die mündungsgebiete von Euphrat- Tigris in Meso-
potamien und Aras und Kura in Südkaukasien. diese üüsse mündeten
im altertum noch jeder für sich in das damals noch tiefer ins laad
einschneidende meer, durch die fortgesetzten anscbwemmujigen an
ihrer mündung haben beide fiuszpaare bewirkt, dasz nicht nur deer
stärkere den schwächern in seine gefolgscbaft genommen bat, son*
dem auch der kaspiscbe meerbusen sowohl wie der persiscbe meiieti<
weit verlandet sind, daher ist anscunehmen, dasz das sump6ge ge-
biet des untern Don im altertum noch ein schmaler, tief ins land
einschneidender meerbutien der Maietis war, in den selbständig die
drei fiüsse Don, Donez und Manjtscb mündeten, die beute im unter-
lauf des Don ihre wasser geeint dem meere zuführen, unter dieeen
Voraussetzungen ist es leicht die frage zu entscheiden, welcher von
den drei Aussen der Tanais der alten war. es musz der Manytacb
gewesen sein: er vereinigt alle die eigenscbaften, die AristoteleH yon
ihm aussagt, ^elne quelle liegt an den nördlichen ausläufern des
Kaukasos, nach kurzem nördlichen (Strabon 493^) laufe gabelt er
sich und entsendet einen arm westlich durch den Manjtscbsee nacli
dem damals viel tiefer ins land reichenden zipfel der Maietis , wäh-
rend der östliche Manytsch unter dem sondern amen Araxes in den
Kaspi mündet, das war dt^r rätselhafte fluszlauf , auf dem die Argo
in den östlichen okeanos gelangte, das war der flusjc, den Alezander
d, gr. Orexartes nannte und für denselben wie den Tauais hielt,
das ist derselbe flusz, für den das ^teitalter des Römer reiches dea
weniger zungenbreebenden namen Jaxartes kannte. Aristoteles hatte
nur den Herodotischen namen des flusses wieder angewendet; nadi-
dem er in dioi^er Streitfrage das erlösende wort gesprochen bat, babtsn
die aufs neue verwirrenden nachricbten späterer Stubengelehrten nur
noch einen gescbichtlicben wert, heute hat sich das mündungsgebiet
des einstigen weltenteilers behr verändert, der Östlicbe Hanytucb
CKrauth: yerschollene Iftnder des alterkuns. I. 761
verrinnt längst ruhmlos im dttnensande der wachsenden meerea-
küste. der Tanais dagegen mnste seinen berühmten namen an
seinen m&chtigern nachbarflosz abtreten, der im laufe der spfttem
Jahrhunderte allmählich die führung der wassermassen übernahm,
die sich in den winkel der Maietis ergossen: denn es war einmal
so überliefert^ dasz der ^Tanais' in die spitze dieses binnenmeeres
münde.
Das Unglück wollte es^ dasz das werk Arrians aus dem zweiten
jh. nach Ch. uns allein von all den trefflichem, zeitgenössischen dar-
stellungen der Alexandergeschichte vollständig übrig blieb, bereits
im Zeitalter des römischen kaiserreiches , dem dieser Schriftsteller
angehört, war ein beträchtliches stück des langen Maietis-zipfels ver-
landet, und ein hauptstrom führte die gesammelten wassermassen der
drei Maietis- flüsse Donez, Don und Manytsch unter dem namen Tanais
ins meer. es war dies allerdings nicht mehr der Tanais Herodots.
Arrian glaubte nun , dasz schon zu Alexanders zeiten diese Verschie-
bung des Tanaisnamens vor sich gegangen sei, über deren ent-
stehung er allerdings nicht unterrichtet war. denn sonst hätte er
nicht mit ziemlicher entschiedenheit geleugnet, dasz der Tanais-
Orexartes der Makedonier derselbe flusz wie der Herodotische Tanais
sei, sonst hätte er nicht den gesamten ^indischen' Eaukasoe, den
Alexander d. gr. mehrmals überschritt, hinter die coulissen der alten
oikumene versetzt (anab. III 30, 6—9 und V 3, 3. 5, 3). er hat es
daher verschuldet, dasz der ganze Alexanderzug den spätem jähr-
hunderten bis auf unsere zeit als ein glänzendes, aber planloses
abenteuer erscheinen muste, das dem heim weg eines trunkenen
Bakchanten nicht unähnlich sieht.
Mit der lösung des Araxesproblems haben wir also die Wohn-
sitze der Massageten am Manytsch festgestellt.
Es zeigte sich bei dieser Untersuchung deutlich, dasz Herodotos
noch nicht im stände war die erweiterung der geographischen kennt-
nisse über den Easpi hinaus in vollen einklang zu bringen mit der
Wirklichkeit, er wüste ja noch nicht^ dasz der Tanais und dar
Araxes ein und derselbe flusz war^ und suchte daher audi die Massa-
geten nicht nordwestlich, sondern östlich vom Kaspi. überhaupt be-
weist die etwas einseitige Unterbringung des Easpi zwischen Kau-
kasos und der östlichen ebene, dasz er von der landesnatnr des
kaukasischen isthmos , der sich aus tiefebene und hochgebirge zu-
sammensetzt, ebenso wenig eine klare Vorstellung hatte wie von
den geographischen breiten des Easpi selbst als er sich in Olbia
am Borysthenes aufhielt, scheint er wenigstens keine ahnung da»
von gehabt zu haben, wie nahe er verhältnismäszig dem kaspischen
meere war.
Sein irrtum in betreff der Massagetensitze verliert aber an
schwere, da er aus ihm bei der aufzählung der be wohner Asiens von
Westen nach osten keine weitere folgerung gezogen hat und die alten
grenzpföhle der oikumene am westufer des Easpi-okeanos von ihm
762
CKrauth: verfichollene länder des altertutos. I.
tbatsSchlieb unberührt gelasseE worden sind* und so mag ihm im
gründe genommen doch ein wesentlich richtiges bild von den Wohn-
sitzen der Massageten nördlich vom Kaukasos vorgeschwebt haben.
Herodotos gebt bei der aufzählung der Völker Asiens von einer
nordsüdlich gerichteten naittellinie aus, aaf der die Perser wohnten,
er sagt (lY 37): 'Asien bewohnen die Perser, die bis zum südmeere
reichen, das man das rote nennt. Über den Persem wohnen nach
dem nordwind zu die Meder» über den Medern die Saspeiren, über
den Saspelren aber die Eolcber, die bis zum nordmeere reichen, in
welches der Phasis mündet, diese vier Völker wobuen von (-inem
meere bis zum andern.' mit dem nordmeere ist hier das schwarze
meer gemeint^ weil nach der laudläufigen Vorstellung der klein*
asiatischen lonier aWe^^ was dorthin segelte oder gieng, die richtung
'zum nordwind* hatte,
Nachdem er sodann die Völker genannt, die westlich von jener
mittellinie Asiens wohnten^ kommt er zur nähern grenzbesümmung
des Ostens der bewohnten erde, er sagt IV 40 t *was aber jenseits
einer linie, auf der die Perser, Meder, Saspeiren und Kolcher wohnen,
nach Osten und nach der aufgehenden sonne bin kommt, wird auf der
einen, der südlichen seite vom roten meere begleitet ^ nach norden
zu aber vom kaspischen meere und vom Araxesflusz, der nach sonnen*
aufgang fiie&'iL* gemeint hi hier der mabsagetische Arases, nicht
der armenische- denn die kaukasischen Kolcher, das nördlichste volk
jener mittellinie, haben ein anrecht darauf, im osten von kaukasi-
schen gebieten begrenzt zu werden, die nördlicher liegen als Armenien^
und der armenifiche Araxes hat niemals als grenzflusz Asiens gegolten,
dessen bevölkerung ja hier von Herodotos vollständig aufgezählt
wird, 'bis Indien' fShrt Herodot fori 'wird Asien bewohnt, von da
an aber nach osten ist unbewohntes gebiet , und kein mensch weias
zu sagen , was es eigentlich ist' — nemlich ob Jaud oder okeano
wenn demnach die Inder das letzte volk sind, das Herodots zeitalt
im Osten Aliens kannte, so müssen die angeführten grenzen des ge-
biate."« ÖBtlicb von jener mittellinie zugleich die grenzen des damali-
gen Indiens gewesen sein, mit andern Worten : Indien war damals
begrenzt im norden vom Araxes-Manytsch, im osten vom Kaspi und
dem unbewohnten gebiet, im sfiden vom roten meere« das wir den
indischen Ocean nennen.
Am Msnytsch • Araxee und nordwestlich vom Kaspi haben vnr
al80 die Maesageten zu Kjros Zeiten gefunden, zu Herodots zeit
wohnte dasselbe volk unter dem namen ^abgefallene Skythen' zwi-
schen Kuma und Terek, für den wir den classiscben namen 'Tjre»*
aus Herodotos er»cblie»zen werden, von diesem wichtigen flosa«
hat seinen namen da» Tu ran' der alten kaukasischen Inder, von
denselben Skythen sagt der prophet Jeremias 6^ 22 f.: 'sieb, es wird
ein volk kommen von mitternacht, und ein grosz volk wird sieh er*
regen von *den enden der erde>, die bogen und lanie führen.' es
ergibt sich daher überhaupt als ostgrenze der oikumene oder der
CErauth: yerschoUene l&nder des altertoms. L 768
bewohnten erde auch im Zeitalter Herodots die Westküste des kaspi-
schen meeres.
Und wenn noch jemand daran zweifelt, dasz dieMassageten nicht
im fälschlich sog. Taran, östlich vom Easpi; wohnten nnd dasz der
Arazes der östliche Manytsch sei, so rufen wir Herodotos selbst zum
zeugen auf für die richtigkeit unserer beweisführung, der da sagt,
dasz östlich von Indien unbewohntes gebiet sei — eben die sog. tura-
nische tiefebene — : die Massageten können doch nicht in einem un-
bewohnten gebiet wohnen, und dasz der Araxes nach Sonnenaufgang
— in den Easpi — flieszt, welcher turanische flusz thut das? aber
wie konnte es unserm gewährsmann entgehen, dasz der von ihm an-
scheinend im Osten des Kaspi angesetzte Wohnraum der Massageten
eigentlich mit dem unbewohnten gebiet östlich von den Indem zu-
sammenfallen muste? es standen ihm über den Osten der weit offenbar
zwei quellen zu geböte, die Massageteugeschichte zeigt eine gröszere
Vertrautheit mit den gebieten nördlich vom Eaukasos; hier (1 201 f.)
steht auch die erstmalige künde von der geschlossenheit des Easpi,
während der quelle über den Wohnraum der Inder eine ziemlich
sichere kenntnis der südostkaspischen , sog. turanischen tiefebene
offen stand, er wüste auch, warum diese tiefebene unbewohnt war«
m 98 sagt er: Wom indischen lande nach Sonnenaufgang zu ist
sand.' 'es ist aber östlich von Indien unbewohntes gebiet infolge
des sandes.' III 102 drückt er sich ähnlich aus. den schlusz, dasz
beide noch nicht näher erforschte gebiete nordöstlich von den Massa-
geten und östlich von den indischen bergen des ostrandes des heu-
tigen Iran sich jenseits des Easpi vereinigten und eben dadurch die
geschlossenheit des Easpi bewirkten , hat Herodotos wohl gezogen,
nachdem er über die küstenforschung des Dareios I gesprochen
hatte , fährt er fort IV 44 f. : 'so haben sich auch die küsten Verhält-
nisse Asiens als ähnliche herausgestellt wie die Libyens, auszer was
nach Sonnenaufgang liegt, von Europa aber weisz niemand, ob es
umscbiffbar ist, weder nach osten noch nach norden zu. an länge
aber, das weisz man^ kommt es beiden andern erdteilen gleich.'
aber der Widerspruch mit den Massagetensitzen schlich sich bei ihm
ein, weil die erweiterung seiner geographischen kenntnisse nach
Osten hin noch so neu war, dasz er sie noch nicht völlig beherschte.
so viel war ihm klar, dasz von einer umsegelung Europas und Asiens
im sinne der alten okeanostheorie nicht mehr so ohne weiteres ge-
redet werden könne, denn ihm war der Easpi nicht mehr ein teil
des okeanos, ihm fielen die grenzen Europas im norden nnd Europaa
und Asiens im osten nicht mehr mit der alten oikumene zusammen,
sondern waren über dieselbe hinaus in unbewohnte und ungemessene
fernen entrückt worden.
Die Inder also waren und blieben auch dem Herodotos die letzten
menschen, die den ostrand der oikumene bevölkerten (III 98), und
um die ganze ausdehnung der bewohnten erde von west nach ost zu
bezeichnen, sagte man nach wie vor: 'von den seulen des Herakles
764 MEubensohn: eine Übersetzung d. Paulue Diaconui aus d. gr. anth«
bis zu den Indern am Kaukasos' Strabon I 64*^, oder nach Dionysias
perieg. v. 1164 bis zu den ^eeulen des Bakcbos' — in Baku.
Weisz wie nur sonst die karte Innerafrikas war bisber die ge-
gcbicbtlicbe karte dieser gebiete, die wir nun im geiste und mit einem
gewissen freudenscbauer betreten , aber mit der lösung des Araies-
Problems besitzen wir den scblUssel zu den verschollenen ländem
des altertums, Altindien, Sogdiana» Baktriana, H^rkanieu, Partbien
und dena lande der Seren, und mit gottes hilfe werden sie der
wissenscbaft sieb wieder erscblieszen , mögen die 'kaspiscben tbore*
auch noch so eingerostet sein.
Erfurt. Carl Krauth.
84.
EINE ÜBERSETZUNG DES PAULUS DIACONUS AUS DEB
GRIECHISCHEN ANTHOLOGIE.
Professor TbMommsen hatte die freundlicbkeit mich noch aus-
drücklich auf die von ihm im Hermes XXVIII s. 34 f. kurz angedeutete
ansiebt aufmerksam zu machen , wonach Paulus Diaconus einem an
Karl den groszen ums j. 782 gerichteten poetischen briefe (Dümmler
poetae Lat. aevi Carolin i I s. 49 f.) ein ihm in geiner Jugend vor-
gelegtes epigramm der griechischen anthologie (VII 542) in
lateinischer Obersetzung in der absieht beigefügt habe, sich als der
griechischen spräche nicht völlig unkundig zu bezeicboen. daa sei
vielleicht die erste spur einer kenntnis der anthologie au8 nachrömi-
scber zeit (und zwar, nach dem autornamen Flaccus zu urteilen» des
Phüippiscben bestandteiles derselben'), dies ergebnis — dasz Paulos
eine griechische anthologie gekannt hat, bzw. danach in seiner Jugend
unterrichtet wurde — ist in keiner weise anfechtbar, im übrigen
möchte ich zu der lateinischen fassung des Paulus das folgende be-
merken, indem ich mir vorbehalte auf die wichtige frage bei ge*
legenbeit nochmals zurückzukommen.
DUmmler scheint die Übersetzung des epigramms dem Paula«
selber zu vindicieren, ich glaube, mit recht, trotz Baehrena' ein-
spräche (poetae Lat» min, IV s. 14). am schlusz jener epistel heiait
es : sed omnino ne Ungu^rum dicam esse nesdus , pa%$ca mihi q%tae
fueruni tradita pucrulo dicam: cetera fugerufü iam gravanU ^emh*
zunächst beziehe ich eben auf das metrische übersetzen dicam im
letzten verse. ferner konnte Paulos ja weder durch das einsenden
* nßdere (Weiiilittitpl grabgedichte s, 9 und Meok epi^r. septtlor.
8, 47 u. 6) rechneu das epifrriLnjin aur MelengriacbeD eoroo«. die über*
tetzungr steht Hbrigeiis auch iu t]er anUialogi« Latina (Biese n. 709)|
hier mit der autorbeieicLnaug Juiü Caesar U oder 6crmamci C^iesmii;
dem hrivfe r^ngegen Ut Me ohne eine aolche, nur mit dem lemma de
puero qtd in ytacie exiinctut eat ao geschlossen«
MBobensohn : eine übenetsung d. Panlus Diaconiu aoB d. gr. Anfh. 766
des griechischen Originals (so Ebert gesch. der litt, des mittelalters
II [1880] s. 49) noch durch das mitteilen einer fremden Übersetzung,
die ihm die lehrer einst vorgelegt (so Mommsen ao.); das beweisen,
was er beweisen wollte, nemlich einige kenntnis des griechischen,
die er in scherzhaft übertreibender weise sich Torher abgesprochen
hatte, dazu kommt, dasz Paulus durch die beifügung der anekdote
von des thrakischen knaben wunderbarer enthauptung durch das eis
des Hebrus offenbar noch einen besondem poetischen schmuck der
epistel verleihen wollte — de suo natürlich, was endlich das ^fehlen
des letzten distichon in allen auf Paulus zurückgehenden texten'
betrifft 'in lateinischer fassung allein erhalten in der hs. von Beauvais',
so gibt gerade dieser umstand zu denken, denn dies letzte distichon
entspricht nicht mehr dem griechischen original, das vielmehr
vollständig und gar nicht übel in den drei ersten lateinischen
distichen wiedergegeben wird, die verse 7 und 8 sind eine erweite-
rung, eine interpolation des griechischen epigramms.' da wir also
das lateinische gedieht mit dieser erweiterung und ohne sie haben,
wird man doch wohl die letztere fassung für die ursprüngliche zu
halten haben, mit cetera fugerunt tarn gravanie senio — was Mommsen
allerdings zunKchst in bestechender weise von dem fehlenden
distichon erklärt — will demnach der bescheidene dichter nur sein
pauca dicam begründen.
* das verhftltnis der griechischen und lateinischen fassung ist
folgendes :
griech. lat.
V. 1. 2 — v. 1. 2
6 — 3
8. 4 — 4
6 — 6
7. 8 — 6
die lateinische bearbeitung ist demnach kürser ausgefallen, am so
bemerkenswerter oder auffallender wäre es nun, wenn ihr autor die
klage der mutter bei der bestattnng des aufgefundenen kopfes v. 6 hoe
peperi flammii, cetera, dixil^ aqms die völlig dem griechisonen sdilusa-
verse (8) entspricht: t6 ^^v cou | iiupKat/|, TÖ hi cou micpöv CdQi|icv
dbuip am die doch recht klägliche pointe vermehrt haben sollte v. 7 d
me miseram, plus amnis habet solumgue reUquit^ \ quo naH maier noseerei
interitum, — Das alter der hss. ist ohne belang für die frage: der
Bellovacensis ist nicht mehr erhalten, die älteste hs. der andern grnppe
stammt aus dem nennten jh. — Als cnriosität mag noch erwKhnt wer-
den, dasz wir von Poliziano eine g^echische Variation des epigramms
des Flaccas, von Joseph Scaliger eine griechische Übersetzung des
lateinischen gedichts besitzen.
Berlin. Max Bubbmsohr.
766
ULewy: tu Heeychios.
85.
ZU HESTCfflOS.
1* ZwUcben KCKumäKactv und KeKUcpÖTa stehen folgende drei
glossen :
tKEKuXTa* büupa T« Ti^ x^*p'* ^XKoiueva.
tKCKUKiT KafiirüXri.
tKEKUCÜüCÖar dKT€Ti)jfic6aL
die letzte von den drei will MSchmtdt zweifelnd in KeKupuiCdai
ändern, aber auf berste] lang der alpb&be tischen Ordnung darf man
hier Terzicbten. es ist zu lesen : k€ k ü 6p WJ c 0 a r ^KT€Tififlc9au vgl.
Hesjcbios Kubpri; cs^vi]. Tipia. ^VTifioc.
2. Zu der ersten der obigen drei glossen bemerkt Schmidt fol*
gendes: «IcKuXiat* bopd Cobet van lect. p. 256, cuius vestigia
nollem pressisset Meineke Pbilöl. XTI1561, qui scriptoris Dorici
fragiBentum esse contendit bis verbis conceptum KCKuXiat bopa
T$ X^^P* (X^pi?) fXKÖ|i€va. cum ordo requirat K^KüCia, patet
k^kuXtol natum esse ex KCKUCTCt b. e. dXKUCTa * Xüüpa • xa t^ X^^P^
AKÖpeva, vel cum crasi Attica xotXxuCTd.» K^KuXxa' bu)pa td t^
X€ipi ^XK6|i€va ist verderbt aus KUKXoiTot hiXipa^ Tct rfl X€tp[
^ X I C < C > 6 g e V a. vgl. E un Herakles 927 iv kukXuj KavoOv etXlKTO
ßuip^oG ^ wurde rings um den altar herumgetragen'* kukXoOv 'im
kreise bewegen', med. 'sich im kreise herum bewegen', 7T€pk ßui^öv
Kallim, hy. a, Art. 267,
3. Z« K€KUKr|- KajiTTuXri bemerkt Schmidt: «K€KUTn| (a kÜtttuj)'
»cafiTtuXXiiTai vel KajiTiuXoc ij? — kckiivti, quad ordo requirit, forte
haculum e ramo sycamini notare monet Heringa obs. p, 226 coli.
K€iKUVT|' cuKäfiivoc.» nunmehr ändere ich kckukt)' Ka);iTTuXri QU*
bedenklich in kukXiki]' KajüiTTuXr). vgJ. die Ka^nuXa KUKXa des
Wagens IL £722 und Hesychios KüKXoxcpec TtepKp€p€C, Int'
xapmic, sowie xipKOi' . . Kai Tidvxa xd €mKafiitn Kipicoi Xctovrau
4. fKa^^er KaGe^ei.
Lobeck rbem. 118 KCtBil^x, Schmidt Ka^vicr Kaxecdici. ich leae
Kaii\xi<^v0i' KaSilei 'er (der feldherr) bleibt an einem orte,
db* er lÄazt lagern*. KaOil€iv cxpaxov, cxpaxidv, cxpdxcujia öfter.
odt^r auch ''es (das beer) lagert äich\ Kadileiv intransitiv Thok..
III 107, es folgt die gloese kom^^vciv • Kaxajueveiv.
5. t^vapujv* ^Ttaucaxo ckuXwv.
vorher geht ivdpuj' küXoc. — dvdpujv ckuXujv Mu^rus. Scbmidl:
cbaud scio an lateat Soph. Ai. 117 kXuxujv ^vdplDV et ^VCtpuiv
iiiaucaxo* ckuXüjv . .» ich lese ^vapov icTrdcavxo cicöXov.
nach Aristarcbos heiäzt dvaipciv eigen Hieb Mem getÖteUii fvtndi»
die rüstong abziehen' (Lebrs Arist' s. 145). vgl. Snidai ^vaipcty-
xö xd ÖTrXa cKuXcueiv.
6. yöva* xö öpiov «Dotviicec
tövaxa Aldus* Gesenius monum. Phoen. II 388 'idem vacabol"
sed anffulum potius quam finem significaas, reporitur ia nnnitMi.
HLewy: zn Hesychios. 767
propriis BiAsgania sive Busconia^ ScUaconia, Punice id scribo 9ysj
fem. n:j53 (fortasse etiam n;^3, ^?5,|)> ductum a a>?3 ^ea?ö , genu
fecitj cf.'»^procübuUf cui in Qraecis cognatum et yövu (lat. genu)
et TUivia (ati^u^).' 6pia cod., öpia Movers Phon. II 2 s. 575, 69.
Schmidt: «lego Tovd (Dorice)' xö jiiöpiov. Toßpiar q)avol Xajii-
TTTfipec, (ibc CTpamc) Ooiviccaic.» die glosse steht zwischen
YVUiTÖv und TOßpiai. jede Schwierigkeit ist beseitigt, wenn man
statt TÖva das phönikische wort für TÖ öpiov einsetzt, hebräischem
b?3J| g'hül ^grenze' entspricht pbönikisch bSA corp. inscr. Sem.
n. 3', 20. der punische plural gubültm findet sich bei Plantus Poen.
938 (V 1, 9). für u ist griechisch nur o möglich; so setzen auch
die LXX o für ü zb. 'OboXXd^ für olrn? "'diOläm. also zeigt sich
rONA entstanden aus rO<BO>YA: toßoöA' xö öpiov. 0oiviK€C
7. t^n^' cüvGecic.
ich vergleiche bei Hesjchios Kilia* dv^x^pa, KUidZeiv dvexupd-
Jeiv, KwaGeic- dvexupiacGeic, Koöa (Cyprii)* dv^x^pa, Koudcai
(CypriiV ^V€xupi(4cai, koiov ^v^x^pov, Koiacov cüvGec (dieses
cuvTiGevai im sinne von ^anvertrauen ^ übergeben'), also wird zu
lesen sein: kuj^j* cüvGecic.
8. dppaßuüv TTpöbojLia. Ka\ tfitKicxpov.
Schmidt: «pro dY^icxpov conicinnt jiivficxpov. > wir dürfen nicht
ändern, in ersterer bedeutung ist dppaßuüv bekanntlich gleich
hebräischem ita^j? ^eräbön 'unterpfand* (Lagarde mitteil. I 212.
AMüller in Bezzenbergers beitr. I 286). die bedeutung ^angel-
haken' und überhaupt ^haken' erscheint recht wohl denkbar, da
hebräisch :i'ip ^öreb den raben und griechisch KÖpaS wie lateinisch
conms auch einen haken bezeichnet: vgl. Perles etym. stud.s. 53 anm.
9. tdppdßn' Güpa. olov t^pov.
schon Musurus T^ppov dh. 'flechtwerk aus ruten'. also fischrensen.
WZ. a^« *ärab 'flechten', davon n^j-iN **rühhä 'gitter'. über den
fischfang bei den küstenbe wohnern von Babylonien Diodoros III 22
^aßbujxdc hk Gupac Iti' äxpac auxdc ^Tncxrjcavxcc dvaßaivoucnc
jLiiv xfjc TcXiijLiupibGc dvoiTouciv, elc bk xouvavxiov jiiexamTTXOÜaic
KXeiouciv. demnach ist Schmidts Verzweiflungszeichen unnötig,
allerdings steht die glosse zwischen dppaßiüviZexai und dppaY^C
öixixa. aber die alphabetische folge läszt sich herstellen: dppa-
ß<ijüxöc. dppdß>iT Gupa olov T^ppov. die erstere form ist ab-
geleitet vom plural nla'n» *^rübhöt, wie Xißaviüxöc vom plural
n'i3^b l'bänöt neben Xißavoc und anderes, worüber demnächst.
10. tKOußnZöc- cxrißeüc.
Salmasius K0ußi2!öc ' cxtßdc. Schmidt weisz keinen rat. für cxrißeuc,
das nicht griechisch ist, lese ich cxißeuc 'walker'. dann stammt
KOußriZöc vom hebr. 033 Jcöhes (auch phön. bezeugt) 'walker', das
die LXX durch Yvaq)€uc wiedergeben, auffällig ist J «= 0 s, wofür
sonst c. Lagarde ges. abh. s. 189 beanstandet Seldens gleichsetzung
ZuJTdvnc Athen. XIV 44 (s. 639'=) = IJO sägän. aber neben cajißuKT]
steht CajißuKTi' jbiouciKÖv öptctvov (Hesychios), höchst wahr-
768
HLewy: zu Heajchio«.
ächeinlicb aus aram. N^äD N'DSb sabh*kä^ sabh*kä wir finden auch
(kyprisch) t ^ 'S, Sy wofür sonst c: vgl. meine ausführungen indo*
germ. forsch» I 508 f* Lagarde ao. s. 281 anm. erwähnt zu C6Ku^o^
als wichtig für die ausspräche des Ci dasz Eustatbios 369« 635
T21^Xu;iOi hat. ich weisz auch heispiele för c = T ^^ wofür sonst I.
11. tKicTaiLta* TÖEcu^a. öictoc.
Kiciac Kupiöc
die glossen stehen an richtiger stelle, zu der zweiten schlag Alberti
Kupxouc Tor, was Schmidt zu billigen scheint, zu Kicra^a hemerkt
Schmidt: tl. öicteu^a.» gegen diese Änderung habe ich schwere
bedenken und meine, es gibt eine andere lösang. wie xöEcujua 'pfeil*
von ToEeüui und dieses von xöEov airgeleitet ist, so mag auch K(cTa^a
von einem worte abstammen» welches 'bogen' bedeutet, da haben
wir nun hebr, r'^Ji^ q^s^t (grundform qast) für den bogen als waflFe,
anch für den regenbogen. dazu ein aram {lisch es denominativam
n^|j q'mi ^m\t dem bogen schieszen', vgl. hebr, nTEj? qässät 'bogen*
echtitSEe*. ob etwa * KiCTOUi = ToEtOuj irgendwo gesagt wurde, weiss
ich nicht, aber Kiciac ^ TÖEov erscheint mir nunmehr glaublicbi
und da TÖ£ov bei spätem alles gebogene, gewC>lbte bezeichnet« so
sträube ich mich gegen Albertis auf den ersten blick ansprechende
lesung KiCtac Kupiouc. höchstens dürfte man Ktctac* KupTÖv
schreiben, unter annähme einer falschen angleichung in den endungen^
wie sie häufig auftritt: vgl. Condos bull, de corr. helh I 302.
12. AtjaXoc* 6 Aiövucoc Trapa TTaiuitiv.
Gerhard gr. myth. I 488 wollte ApüaXoc lesen« m hehzi ein Ken*
taur bei Hesiodos dciT. 187. doch auf AuaXoc weist auszer der
alphabetischen folge auch, wie schon andere bemerkt haben, die (an
richtiger stelle stehende) glosse AuaXöc 6 Aiövucoc. ich h»be
iadog, forsch. II 44ö f. AcuKaXtuJV = 'AeuKaXiuJv und boOXoc
*= *XoOXoc erklärt erstere deutung wird bet^tätigt durch das vor-
kommen der namensfonn AeuKQpiwv (Etjm. Flor» s, 204, Et* M.
ä* 561, 54, Süidas II s, 543 Beruh., wie KTömpel mir freandlicfa
mitteilt), welche durch dissimilation aus •AcukqXIujv entstanden
sein musz, wie dpTttX^oc ans *dXyaX^oc.* nunmehr eotxe ich
AuaXoc = *AüaXoc und fasse es im sinne von Auatoc 'löser*:
diesen namen (nicht beinamen : vgl. Bruchmann epitbetas. 87) führt
bekanntlich Dionysos,
* auch das b6i Prellwiit atjm. Wörterbuch a, 60 mit einem fraf*>
seichen versehene wort f^ap^C 'meiszel, bohlmeijftel* wird dnreh an*
nähme einer diAsimtl Alton zu erklären sein: *Ypap{c (taffix pt frl« in
U^piC 'kundig' £ti WS. Fi6 'wUgen*) sn yp&w Killim. fr 2^M) ^ tpotvil»
*'nA$ren, auabohlen', v^l. ifpd>voc 'Au^gefreiSAen. Raifrelu>hU'. Tptifvrt 'ffrott»*
(Freliwits ao s. 64). — Plnt* Aires. 19 Tuvatica ^^v 'Ap^aXdou KXcdoav
wollte KKeit annU eptgr, b. 16U KXccXav scbreibeit KX€6Xa, KicöJU«
heiflst die tochter de« Dids (gchol. in Eotip. I s. 96 Srhw.j, vgl, KXcöXooCt
KXcdXac die n-MOieosform KXeöpa erklärt flieh anstandalo« atis disttimil atiea*
MÜLBAUSEN in ElSASS. HbIUBIGB LsWT,
F Wilhelm: su Tibullns (LygdamQB) [llf 6]. TS9
86.
ZU TIBÜLLUS (LYGDAMUS).
Die verschiedene benrteilang, welche der kunstwert des letzten
unter den sechs pseudo-Tibullischen gedichten des dritten buches er-
fahren hat \ macht eine unbefangene analyse dieser elegie wttnschettS«
wert, welche der interpretation auch im einzelnen manche nicht un-
erhebliche Schwierigkeiten bereitet.
£in liebeskranker, der bei Bacchus erlösnng sucht, das ist ein
den elegikem sehr geläufiges thema. Propertius hat es in einer seiner
glänzendsten elegien (IV 17) in forpi eines tief empfundenen und in
wahrhaft Pindarischer m^jestftt ausklingenden gebetes an Bacchus
ausgeführt, einfacher löst Ljgdamus seine aufgäbe, er versetzt uns
in ein Symposion, wo er im kreise teilnehmender freunde — er selbst
ist moffister hibendi (y. 10) — seine ungetreue Neaera für immer
vergessen will.
Im ersten distichon beschwort er den heitern, sorgenbefreienden
gott bei dem was ihm am teuersten ist, bei der rebe' und beim ephea*,
sich zu nahen. ^ dann heiszt es nach der Überlieferung (v. 3):
auf er et ipse meum^ parüer medicando , cMorenS.
das metrisch falsche medicando hat Statins durch die leichte ände-
rung medicande beseitigt, und ich halte es nicht für zu gewagt
diese lesart, die gegenüber allen andern verbesserungsvorschlSgen
der Überlieferung am nächsten kommt, aufrecht zu erhalten*:
< scharf vernrteilt haben es Diesen bd. II b. 870 ff. nnd Tenffel
^Studien und charAkteristiken sar gn^^^ch. n. röm. Iitt.-ge8oh.'* (Leipiig
1889) 8. 497 f. vgl. auch mein urteil: jabrb. 1892 s. 6U. beifällig haben
sich ^eäuszert Yalpius 8. 261, Heyne I^ s. 216 u. II s. 807, Vom 'Albins
Tibuflus und Lygdamas äbersetst und erklärt* (Tübingen 1810) s. 879,
Ribbeck r5m. dichtnng II s. 20 f. überschätst hat das gedieht Gmppe Mie
röm. elegie' I 117 ff. er bezeichnet es als 'eines der lebendigsten nnd
wärmsten kanstwerke, die nns ans dem altertam gerettet sind'. ' die
'mystische' heiszt sie wegen der rolle, die sie bei den mjsterien und orgteo
des Bacchus spielt, vgl. Verg. ge. I 186 mystiea vttnmt$ laeeM. * Ov.
fast, III 767. ^ nachgeahmt ist in v. 1 f. wohl die anmfong des Phoebne
bei Tib. II 6, 121 f. dem perpetuo in v. 122 entspricht dann in III 8, t
semper. wie jenes in das zweite durch sie eingeleitete glied gehört, so
scheint es angemessen das komma mit Haupt-Yahlen hintervlftf sneetiea*
wer es mit Hiller hinter semper vorsieht, mag dies nicht eowohl damit
verteidigen, dasz Bacchus sich nicht immer mit ephen, sondern aueh
mit weinlaub oder blnmen kränzte, als mit der straffem ooneinnitRt der
glieder, welche dann entsteht, wenn jedes derselben mit dem bedeatnngi-
vollen sie anhebt, vgl. ausserdem Tib. I 6, 62. * in beanstanden ist
diese lesart, die keiner der neuem hgg. in den tezt aufgenommen hat.
ja die nach Belling «kritische prolegomena zu Tibull' (Berlin 18981
8. 76 nicht einmal der Widerlegung bedarf, doch wohl nur deshalb, weil
sie die construction medieare oder medieari aliguem voranssetst. aber
darf diese construction, die sich der echte Tibnlfas nicht gestattet hätte,
bei einem Lygdamus befremden, der, wie Diesen ausführt, gerade fttr
das absonderliche eine verliebe hat? III 2, 14 wagt er maerere aUpiOf
Jahrhfteher fBr cUr». philol. 1896 hfl. 11. 49
770 FWühelm: zu Tibullua (Lygdamua) [Ul 6].
'aii(i* nimm du selbst meinen Liebeäschmerz hinweg, der du ja m\
gleicher weise (durch den wein)^ zu heilen bist' (wenn du liebea-
krank bist).* in dem folgenden pentameter (v, 4) ist der gedanke an
den liebesgott durch die grosze Schreibung (^iwor)nahe zu legen, der
liebesgott ist es ja doch, der den dichter quält, und gegen den ihm
Baccbua helfen soll, wie er ihn schon oft mittels der gäbe des weines
(der gleichsam seine wafife ist) zu falle gebracht bat. so wird Amor am
ende von v. 4 dem candide Liber am anfang von v. 1 scharf geg^n-
tibergestellt.* v. 5 wendet sich an den dienen er soll edle weine
auftragen, und zwar {ä) soll er ibra selbst» dem rex convivii (nobis
plur. mai. und mit nachdruck an den anfang des verses gestellt),
von den edelsten derselben, den Falemerweinen , reichlich'** ein-
schenken (v, 6)," nachdem der dichter sodann zuerst sich seibat
(v. 7 f.) ", hierauf die freunde zur fröhlichkeit ermuntert hat, aprieht
er ELm Schlüsse des ersten einleiteoden abschnitts (v, 1 — 12) den
gedanken aus: wer den mäazigen genusz des weines verschmäh^ deiij
treffe unglück in der liebe.
Damit ergibt sich tingesucbt der Übergang zu dem folgeiideii
abschnitt über den Amor'" (v. 13 — 18). er ist ein mächtiger gott^
während nur maerere aliqua re varkommt (Vulpitis fanct genero und v«
Als dative; aber Cic. p. Sesito 5 32, worauf er sich beruft, beweist uiolii
und hat einen andern sinu; vgl. Halm sd5t.); 1113,36 brancht er st«t
nent die form neunl , die bei profansohriftatellern so gut wie gar nicht
vorkommt (v^K zu Georges ^lexicon der lat. wortformen', Leipzig 1890J
s. 4&0 Augustinus de civ, dei X 14 ö, 424» 2ö Domb.«); III 4, 41 pa4t^
quam mit ind. plusqpf (was sich bei TibuUus nirgends, bei Fropertiail
nur V 9| 63 findet); III 6, ö& nobU mcrenti für miM merenti (ÜhiiticU«4
nur bei altern dichtem, wie Terentius eun. 647 und Catullus 107, & f.)..
übrigens iHszt sich medtcetre atiquem noch dazu wenigstens durch dioj
^ine stelle bei Cohim. IX 13, 7 igatbanum etiam ut etut odore medicentuf
[sc. ape9]t incendi convenit) verteidigen , wUirend sich medicari aUqu
sogar öfters findet: vgL Forcetlini u, medicor*
« f/ =i T€| wie häufig; et ipae «^ Kai aOröc zu setien und zu über*
setzen: 'nimmf der du ja auch selbst in gleicher webe to heilen bist,
meinen schmerz hinweg' empfiehlt sich weniger, weil to eine su ge-
künstelte Wortstellung entsteht. ^ dies ergänit sich schon an« der
Situation mit leichtigkeit. ^ den besten commentar au v. 8 f« ItefertJ
die parallele bei Prop. IV 17, 3 ft, * amor abstract zu fassen nötigt^
die £ur vergleiehung herangezogene, inhaltlich aber vollkommon ver-
schiedene stelle bei Catullus 11, 21 ff. in keiner weise, vielmehr ent-
spricht es der art der elegiker, wo der liehe§gott eine so hervorragend«
Stellung einuimtf amor, wenn es irgend angeht, personifictort tu denkML
auch gewinnt der pentameter durch das anmutige bild der beiden jagend*
liehen kämpf er Amor und Bacchus bedeutend an tnhnlt *^ das sinQ*|
fällige prona hätte man nicht tadeln sollen. ^' in v. 5 f. generalUiertl
also der hexameter, während der pentameter speciülisiert. ** wenn mmuM
V. 7 mit Baehrens curae (hier die liebeasorgen) und labores (^ iio4»rf«|
animi^ ttövoi) personifiotert denkt (vgl. Verg. Aen, VI 274. :i77. Hör* ra,
III 1, 40), worauf bei curat der ausats äwwm \ , genu* hinaudeuteiil
scheint, so steUt sich an diesen trübseligen geitalten der Delfu^ 9^9€i9i
, . aiitibui in hiihsclien gegensiitt. v. 8 hat keinen andern sinn als pro* 1
saisoh ausgedrückt; oriw sit hie ttits {ßeHui fiir FMoelmt ^ die* nmi,^
aber nicht ungehörig) fautia omine, • ** dats nur dieser unter dem
FWilhelm: za Tibnllas (Lygdamiu) [III 6]. 771
der in gleicher weise beglücken kann {iUe facU dUes^* animos)^ wie
er den , der ihm trotzig widerstrebt , seine macht empfinden läszt
(ßle ferocem contudU asw.). dies und gröszeres vermag Amor (y. 17).
doch fordert nur — dann will ich nicht wünschen dasz Amor, der
natürlich auch das unbedeutendere, nemlich einen wünsch, wie den
V. 12 ausgesprochenen, leicht zu erfüllen vermag^', denselben wirk-
lich erfülle '' — die gäbe des Bacchus, wem unter euch kOnnen
trockene becher freude machen (v. 17 f.)?
Dem Bacchus gilt, durch die unmittelbar vorhergehende er-
wähnung desselben leicht vermittelt, der dritte abschnitt (v. 19—26).
während die er wähnung des Liber zu anfang der elegie nur dem
zwecke diente in die Situation einzuführen, wird jetzt das wesen des
gottes in kurzen zügen und nicht ausführlicher vorgeführt, als es
der absieht des dicht^rs entspricht , bei den freunden für ein nicht
ausartendes , aber doch fröhliches Symposion Stimmung zu machen :
freundlich {ex aequo) ^^ und nicht finsterblickend naht sich Liber bei
solchen '^ die sich , und die zugleich den scherzreichen wein ehren **
üle . . deu8 in y. 18 verstandeD werden kann, darüber läszt das auf
f leicher linie stehende iUe in demselben verse (vgl. Tib. II 1, 72), sowie
as nie in y. 15 (vgl. Verg. Ciris 135 f.) and das zusammenfassende haee
Amor (ohne jeden grand verdächtigt in der zs. f. d. gymn.- wesen XXX
1876 8. 663 f.) et maiora valet in v. 17 nicht den geringsten zweifei.
man hat die art dieser anknüpfang durch iüe . . deua getadelt, da Amor
im vorhergehenden gar nicht erwähnt sei. aber der unmittelbar vor-
hergehende V. 12 gibt ganz von selbst die Vorstellung des liebesgottes
an die band, auch ist derselbe, wie wir gezeigt haben, thatsächlich
bereits v. 4 erwähnt, dem dichter mag das fdc . . deua in der Schilde-
derung des Amor bei Tib. II 1, 79 vorgeschwebt haben, der ^r wohl
auch die anaphora üle (Tib. II 1, 78 hie) entnommen hat.
^^ Dissen empfiehlt statt des überlieferten dite» das von Lipsins vor-
geschlagene mites, er hat zweck und Zusammenhang der partie über
den Amor nicht erkannt (bd. II s. 374f.); auch hat er ir^/m. selbst nicht
in seinen tezt aufgenommen, wenngleich das Üle facit dites animos sonst
nur dem Bacchus nachgesagt wird (vgl. zb. Hör. ca, 1 18, 6. lU 21, 18.
epist. I 5^ 20. 16, 19), so läszt sich ebendasselbe doch von keinem an-
dern gotte mit gröszerem rechte aussagen als gerade von Amor, dasi
auch dieser die herzen reich mache (mit reicher hoffnung erfülle), da-
für bedarf es keiner parallelstelle. '^ dies durch Schilderung seiner
macht zu begründen ist eben der zweck des passus über Amor«
^* schaltet man diesen gedanken ein, der für die zuhörer gewis sehr
nahe liegt, so erscheint die partie über Amor wohl eingegliedert, sie
als eine ungehörige digression zu bezeichnen geht so wenig an, dasz
man von einem dichter, der während des ganzen sjmposions fortgesetzt
die herschaft Amors empfindet, ein ausführlicheres wort lüber den so
mächtigen gott geradezu vermissen würde. " so verstehe ich mit
Heyne und Dissen; ex aequo «- aequue. ^^ vgl. Prop. IV 19, 28 {aeqma
in hoste). '^ sinn: Bacchus hat an solchen seine freude, die waoker
trinken können, ohne sich deswegen zu ungebührlichen reden oder hand-
langen hinreiszen zu lassen, von solchen heiszt es: se eohmt (sie wissen,
was sie sich schuldig sind), der dichter wünscht eben kein thrakisches
gastmahl, sondern ein solches, was Bacchus verecunduB (Hör. ca, I 27, 8)
regiert, wenn man se auf Bacchus bezieht, was grammatisch möglich
ist (vgl. Bolle 'de Ljgdami carminibus', Detmold 1872, s. 18), so ent-
49*
772 KWiliitilixi: SU TibuLiufe .'LvgdamuEy 'Hl 6j.
(y. 1^ i ,: z.orii\ii naLt er bicb den allzu nüchternes'" (t. 21). t. 22
hb.\ ooiiclubive krafi: darum, wer dit macht des gottee in Beinem
zorut fUrcLtet, der trinke, wie er die nüchternen zu fiftrafen weiBz%
zfigi der aui beinen antrieb vou der eignen mutier zerriBsene Pen-
theuh ^v. 2b i.j. da« ungeheuer) ich 8t« aller beiepiele f&r die beBtr»-
fuug öer Verächter deb Jiacchub hat der dichter wohl nicht ohne
iauue gewfiLlt. gebchickt kuüpft er daran die folgende, natürlich
«^Oenbo wenig erutit gemeinte verwünbchung der treuloben geliebten:
doch von unb m6ge bolche iurcht fem bein, und müge [viebnebr]
^je verb puren, wab jegiicher zom deb l/eleidigten*" gottes, den es
gil/l, ve>uibg 'v. 20 1.,.*'
KbuiL aubgebprochen wird die verwüubchung v. 27 nach Tibnl-
jibcLer art bofoit uiit einem guid yreour ah** dewtens? zur^ckgakOBt-
ux^u*' : m^gen winde und wölken den übereilten wunbch forttragen*
^v. 27 i.). dub lolgeude dibtichon kehrt die verwünbchong — wie-
d«:ium echt 'j'ibullibch — in ihr geradeb gegen teil : wenn da mich
aucb nicht mehr liebst, Neaera, lebe glücklich^, und heiter sei dein
getcLick (\. 2'J i.j. wir aber wollen unbere zeit der tafel widmen,
di^ keinen liebebkummer kennt. ^ endlich nach vielen" tagen 4* in
tag der freu de.
Allein bo KuverEichtlich dvb auch kliogt, dae liebende hen kann
bich über beinen wirkücheu zustand nicht teubchen: ach**, ich armer!
wi«: ui frb bo schwer faibche freude au bzu drücken 'v. 33 j, wie ist es
fcO bcljwer bJch fröhlich zu stellen, wenn dab herz traurig ist (t. 34).
k«riii lat.Leij gelingt dem verstellten munde (v. 36), und schledit
klingen die weisen trauriger zecher (v. 36 j.'^ was klage ich armer?
wei<:fjet, häbzliche sorgen (w. 37;! bacchuti habzt traurige worie
(w. :i><j.
iet*-)it tiiic taut'>l'>gi<; : 'Jcuu '<ierj Jiaccbub ehren' uud 'den wein ehren'
iHi «ia<i«i:lb<r.
''^ fohvfnit . . krvt-ron LHcbfiiMiini, vou eämtlicben neaern bss» auf-
{/fijoiijificnc <'oijj<f<:tur «tfitt non v^nii . . ttrvrruM. ob übrifreni Lv^damvi
ttfiirntH *Afi kfvffu |{ei>(:ljii«-beii bat, wi«; Liviucius vorscbläipt, Bag
'Ibbiiii^t «teilt ljl«;ib(rii, neveriM war« ilaun natürlich vou iratu» abhängig.
'' tliti lüVHrt ii«ii ir Cuinc. wirl «instiminifr all die ricbtiga aner-
liMiiiit. *> btftcidifft jift tltrr icott durcb die trauriskeit dei dicbten aa
b«:iij«{iii itinw.. «inilurub dHHE NuMerK di« urb eberin dieser tranrigkeit ist
ijiiil H'-bou dmliiirh düHz iiii; überbaupt dem sjuipoiion feru geblieben
ikl ^v|fl. V. r>*j i,;, hut Mui'b »ii; di:ii cott beleidif^t. " die wortstellaog
ibl vi-rti-hli; v^'l. diiKif^i-n Trop. IIJ 10, 17 f. *' nicht a statt des
iibtsrlii'ti'rteu ah, V|jrl. Neue-Wnfjrener Ut. formenlebr« II' s. 9M f.
«^ vtfl. lib. IV 13, 17, Hijch 1 2, 11 f. x* v|rl. Catullus 30, 10. " Tgl.
t'aLijlJiiii OH, 165. "^ niMU bencbte das Wortspiel mit curae -v. 29) und
tirrunii- (v. 31;. '^ Statt d<:s Überlieferten multoM ist doch wohl snc//os
y.ij Inui'U : v(fl. V. &1 (longo» . . rfi>«). ^ ob Lygdainns ef (Baehrens
und llillfr; oder /iW ' Haupt- Vahlvn) f?escbrieb»*u hat, wird sich schwer
riitüi'biMden laHNeu. *' das distichenpaar 33—86 gehört eng snsammen,
iii di-i- wi:iiie dfisK das c weite distichon das im ersten abstract gesagte
roiirri't niinlübri. i\%r inbalt seigt, dasz der dichter psjchologiscbe in*
Htihid*f «II bi'obacbtüu vertttebt.
FWilhelin: sa TibolIiiB (Lygdamiu) [HI 6]. 77S
Aber die erinnemDg an die geliebte iSazt doh so leicht nicht
auslöschen, kaum unterdrückt ruft sie im herzen des dichters das
bild der von Theseus treulos yerlassenen Ariadne hervor, wir ftlhlen
dem dichter nach , was er durch die form der apostrophe andeutet,
wie er im moment seinen seelenzustand mit dem ihrigen vergleicht:
Gnosierin, du hast einst des Theseus falsche schwttre beweint (v. 39),
als er dich allein auf unbekanntem strande zurückgelassen hatte
(v. 40). so hat es der meister CatuUus bezeugt im liede für dich**,
tochter des Minos, kttndend des undankbaren mannes schnöde that
(v. 41 f.). die folgende partie stellt sich zu der vorausgehenden über
Ariadne in beabsichtigten gegensatz. statt sich, wie Ariadne, in
nutzlosen klagen zu ergehen, ermannt sich der dichter in seiner ähn-
lichen läge zu einer mahnung an die freunde, aus der er am Schlüsse
des abschnitts"* für sich selbst die nutzanwendung zieht: Catullus
— dies ist der naheliegende, aus v. 43 ff. leicht ersichtliche Zusammen-
hang — hat durch das beispiel der Ariadne daran gemahnt, dasz in
der liebe die treulosigkeit gilt; euch mahne ich jetzt [durch mein
beispiel]*^: lernet aus dem liebesleid des andern eignes verhüten*^
(v. 43 f.), nicht aber laszt euch durch halsumschlingende "* arme ge-
fangen nehmen (v. 45) oder die gewinnsüchtige zunge durch ein-
schmeichelnde beteuerung'^ teuschen (v. 46). wenn die falsche auch
die heiligsten schwüre thut (v. 47 f.), es wird ihr nicht zu glauben
sein."^ Juppiter lacht der meineide der liebenden und läszt die
winde sie forttragen (v. 49 f.). absichtlich hat der dichter dieses
nicht. Übel gelungene charakterbüd eines treulosen mftdchens ganz
allgemein gehalten und die eigne geliebte schonend mit keiner silbe
" pro te gehört sowohl sn cednii als auch zu refereru, durch seinen
eeB&Dg, in welchem er die that des Tbeseua an den pranger stellt, ist
Catullus der 'anwalt» der Ariadne. »» v. 61 f. •* vgl. Prep. I 16, 41 f.
vielleicht schwebte dem dichter für die folgende partie (v. 48 ff.) der
CatuUische vers (64, 143) vor: nunc tarn mala tiro iuranti femtna eredat^
den er in umgekehrter beziehung auf das andere gesohlecht ausführt,
demnach erklären manche, wie Strombeck 'des A. Tibullos elegien übers.
u. erklärt'* (Oöttingen 1826) s. 191: «Catallas warnte die weiber vor
der männer untreue; jetzt, ihr männer, warne ich euch.' *^ diese
mahnung steckt dodi iroplicite in den werten felix gidcmmque dolcr€\
alterius disces posse cavere tuo (vgl. Od. or« am, III 466 nnd Prep. Iv
11, 8). sofern aber diese worte selbst schon eine mahnung sind, braucht
man sie nicht mit Haupt^Vahlen in parenthese su setzen und die er-
mahnung erst mit v. 46 beginnen zu lassen, wer so will, mnss v. 46
statt nee vo8 aut capiant schreiben: ne voa aut eapiani, ^nee ist aber doch
wohl in AYG überliefert (Baehrens wie Hiller, deren texte nee bieten,
lassen eine ausdrückliche angäbe vermissen), es steht für seä ne, wie
es bei TibuUus an der dem Lygdamns vorschwebenden stelle I 4, 16
heiszt: ged ne te capiani. in derselben elegie (v. 47 t) findet sieh
übrigens auch nee mit folgendem mi/, wie III 6, 46. för die ganze stelle
v. 45 —50 scheinen dem Ljgdamus die lehren des Priapus in 1 4, 16—86
vorgelegen zu haben, vgl. ausserdem die Übereinstimmung swischen
III 6, 49 f. und Ov. ars am. 1 638 f. ** zu pendentia . • eo/to vgl. Prop.
IV 12, 22. S7 yg]. Vahlen vor dem index lect. Berol. 1886/87 s. 11.
^ nulla fides inerit sc. in ea oder in eins verbis.
774 FWimelmj zu Tiballuß (LygdamQs) [III 6].
erwähnt, erst v. 51 deutet er das faäax in r, 47 wiederRuftiebmend
aü, dasz bei jenem bilde auch an sie gedacht war"*: darum ^^ — weil
sie treulos ist, wie sie alle sind — was klage ich so oft über die
Worte des falschen raädchens? weichet von mir, worte des ernstes^
ich bitte*' darum (v* 61 f.).
Aber statt heiterer worte ein letztes auflodern glühender liebes-
Sehnsucht i wie wollte ich mit dir durchruhen lange nSchte (v. 53)
und mit dir durchwachen lange tage" (v. 54),
perfida nee merito nohis inimica mereftü^
perfida^ sed^ quam vis per fida , mra tarnen!
hier culminieri das gedieht, erst nachdem der dichter sich selbst
Ton aller schuld am bruche die&es liebesbündnisses freigesprocbea
und der treulosen'^ nicht, nur verziehen, sondern sie sogar seiner
fernem liebe versichert hat, darf er sich von herzen des Bacchus
freuen^*: wein will wasser,** du säumst, lässiger diener (v, 57)?
gealterten wein mildere Eoms bestes wasser (v. 58). ich bin nicht
ditr mann, der darüber dasz** das wankelmütige mSdchen von unserm
mahle fern geblieben ist, das lager eines niedrigen mannes*' Tor-
ziehend*- (v. 59 f.), die ganze nacht seufzt (v. 61), darumi burücbe,
her! giesz stärker*" geklärten wein hinzu (v. 62)! schon längst**
hätte ichf die schlafe mit syrischer narde befeuchtet, mein haar be-
kränzen sollen (v. 64 f.)«
Hiermit ist das gleichgewicbt der seele hergestellt, die fröh*
lichkeit ist zum siege gekommen, und der leser errät von selbst.
^ dabei hat man keineswegs nötig ansunehmen, dAS£ auch Jeder
eins ei oe zu^, zb. das sordida lingua in v. 46, genaq auf sie paast. Tri,
Vom äo. B. Sdä f. *^ falsch erklärt das trgo in v. 51 Voss ao. s, 383: ULm.
also selbst die ^otter den lelchtsinn der liebe leicht nehmen, WArain soll
ich im ernst über die verhei^zung-en des betrüblichen miidohens klAgetit^
^* vgb Kleemann Me Hhri tertli carminibas qnae Tibulli nomine
cirtumferuntur* (Ötraeaburg J876) s. 60, bei precor mag der dichter auch
an Bacchas denken, der ihn fröhlich stimmen solL *• Voss ao. i. 889
denkt diese worte {gesprochen 'im lustig'en trinktone, der ihm v, 36 nooli
nicht fifetang*. *^ man wendet ein, die treolosigkeit der Keaera b«*
stehe in nichts anderm als dass sie von Ljgdamiis nichts wissen wolle
und einen andern vorsiehe, aber wer weiss denn^ welcher seitrfttiai
«wischen den ernten vier Neaera-eleglen und dieser elegie lieft, quiI
wie sich diese Neaera, von der es III 4, 00 beisst; nee gaudet ea»ta
nupta Neaera domo, in der swischenseit verhalten hat? ** nach Diaeeii
bd« II s. 371 bt^griindet der dichter seine freudigkeit immer nur mit der
anfforderung xum trinken oder damit dasx er die aor^n weichen heUat.
nUein er begründet sie sehr deutlich mit der treulosif^keit der geliebten
(v, 45 C &1 t)^ die seiner nicht wert ist (v, 60), nnd mit seinem eigtieo
schuldfreten hersen. *^ Nmda (nicht naida) ßacchui amaU ** H alehl
hier wie cl nach ausdrücken der gemÜ tsbewef^uufr. *'' iffnotmm , .
torum ^ iorum viri ignobilis (niedrig von i^eburt^ whs nach antiker Vor*
Stellung auch auf den Charakter ein Streiflicht wirft), *^ Dia«ett
meintf der dichter verletze hier die decens gegen Neaora, aber dice«
Worte» mit denen er ihr endgültig valet sagt, «ind gemiHeri dnreli
V. 66 {eara tarnen!), auch gilt die Verachtung wohl mehr dem ^otat.
** fcrlhts kann sehr wohl adverbium sein. ^ vgl. Plautaa Persm fttt.
FWilhelm: zu Tiballus (LygdamuB) [III 6]. 776
dasz nunmehr auch das gastmahl einen wirklich heitern verlauf
nimt. 80 ist das gedieht eine ausführung des Tibullischen saepe ego
temptavi curas depeüere vino: \ at dolor in lacrimas verterat omne
memm (I 5, 37) mit fröhlichem ausgange.
Wer eine gliederung der elegie in hauptteile nachsucht^', mag
den zweiten hauptteil mit y. 27 beginnen, nachdem im ersten haupt-
teil nach dem ersten einleitenden abschnitt*^' (v. 1 — 12) des Amor
(v. 13 — 18) und des Bacchus (v. 19 — 26) gedacht war, der beiden
götter, die sich hier so zu sagen um die herschaft über den dichter
streiten, führt der zweite hauptteil (v. 27 — 64) aus, in welcher
weise sich dieser kämpf zwischen liebe und wein , zwischen traurig-
keit und fröhlichkeit entwickelt und endet, während im ersten
hauptteil das subjective empfinden des dichters gegenüber dem be-
streben, das Symposion, wie es die pflicht des magister bihendi er-
heischt, in flusz zu bringen, noch in den hintergrund tritt, so ent-
hüllt er uns im zweiten hauptteil sein herz, und hier, wo er selbst-
erlebtes und wahrhaft empfundenes vorträgt, verdient die darstel-
lung unsem beifall. in jähem Wechsel lösen die beiden entgegen-
gesetzten grundstimmungen — dieser contrast passt zum wesen der
elegie vortreflFlich — einander ab. viermal (v. 27. 33. 39. 63) er-
wacht die Sehnsucht nach der geliebten, dreimal (v. 31 f. 37 f. 51 f.)
wird sie vergeblich, erst beim vierten mal endgültig (v. 57—64)
zu gunsten des Bacchus niedergeschlagen, so mag der zweite haupt«
teil in vier abschnitte zerfallen (v. 27—32. 33"— 38.** 39 — 52.
63 — 64), deren jeder durch die refrainartig* wiederkehrende auf-
forderung sich des Bacchus zu freuen abgeschlossen wird, dabei
fällt der schlusz des vierten abschnitte (v. 57 — 64) mit dem schlusz
des gedichts überhaupt zusammen.*
Ich meine dasz nach dieser analjse der haupteinwand, den man
gegen dieses gedieht erhoben hat; dasz es nemlich über ein plan-
loses, zusammenhangloses und psychologisch unbegründetes umher-
fahren in den verschiedenen Stimmungen nicht hinauskomme^, für
abgethan gelten darf, wo die Übergänge abrupt erscheinen mögen,
wie V. 33. 39. 53. 57 , glaube ich an eine bestimmte absieht des
dichters , der den ruhelosen Wellenschlag der empfindungen gerade
durch diese abgebrochene art der Übergänge in überaus sinnfälliger
weise zum ausdruck gebracht hat. wechselnde Stimmungsbilder sind
^^ Dissen hat an der möglichkeit einer gliederang überhaupt ver-
zweifelt: ygl. bd. I 8. CXVIII. ir 8. 871 ff. >* in dem also v. 1^4
dem Bacchus, v. 6 u. 6 dem diener, v. 7 n. 8 dem dichter, v. 9 — 12 den
freunden gilt. ^ mit dieeem verse lassen die hss. AVG ein neues
gedieht beginnen. ^ diesen abschnitt hat Gruppe ao. 8. 118 erkannt«
^^ man beachte die zum teil wörtliche Übereinstimmung in v. 87 f.
und V. 61 f. ^^ für eine neue ausgäbe des Tibullischen nachlasses
wäre es dringend wünschenswert, dasz die einzelnen abschnitte eines
jeden gedichts durch den gedankenstrich getrennt würden, wie ihn jetzt
zb. MHertz in seiner ausgäbe des Horatins mit erfolg angewendet hat
»7 Teuffei ao.
776
FWilhelm; zu Tibullua (LjgdamuB) [III 0].
es» die hier in demselben unmittelbaren wecbsel, wie sie in der se«
anftauchen, auf der stelle bingeseicbnet erscheinen* was von TibuU
gesagt worden ist^ ]äazi sich hier auch auf Lygdamua anwende
'inconBtans eit, quod voluit non vulfc, quod optavit relugit, see«
dissideng , ut in vera cupidinis rota illnm circumagi credas.' den
man sich noch dazu 'die einzelnen berzenäergCisse unterbrochen vc
trunk, wie die Ständchen und andere gelänge vom zwischenspie
so l&szt dich gegen diese Übergänge so gut wie nichts einwenden.
Was dae gedieht auszeicbneti das ist die wttrme des herzei
die es namentlich in seineii] zweiten bauptteil durchströmt, wie zi
ist diese liebe, die alles verzeiht und niemals aufhören wül (v|
V. 29 f. 63— 56), hier ist in Wahrheit ein castus pada ( vgL III 4,4J
dabei nichts mehr von der weinerlichen seutimentalitöt der
gedichte. vielmehr kommt — in richtiger berechnung des dii
sehen effects am schlusz (v* 60) — die würde des mannes zu
durcbbruch^ der stand und namen^^ besitzt und einer verständig
entsagung ebenso fähig ist wie einer zärtlichen liebe, von den ül
gen gedichten des Lygdamus« insbesondere von III 2, unter^^cheid
sich das vorUegende auch durch den verhäUniämäbzig sparsamen ,
brauch Tibullischer reminiscenzen^^ ja man darf sagen , dasz ail
statt bloszer nachahmung bereit« die spuren eines Studiums Tibv
6cher kunst zeigen ^ ohne dasz sich der dichter auf Tibullus als sf
einziges vorbild bescbiänkt."*
Freilich braucht man nicht einmal ein gründlicher kenner
Tibullischen muse zu sein, um leicht einzugehen ^ dasz auch die4
gedieht mit den besten werken des meisters keinen vergleich
hält, schon die häufig mangelnde gedankenfülle, die gemeinplätz«
die Wiederholungen^* und manche Ungeschicklichkeiten imaubdrucl
machen einen ernsthaften vergleich unmÖgHch , nicht zu gedenkj
der unnachahmlichen kunät, mit welcher Tibullus seine disticl]
auszubauen*^' und zu verknüpfen weisz^ und der sonatigen
fachen poetischen mittel, welche er angewandt hätte '^t wenn er
I 5, 37 f. bezeichnete motiv zu einer elegie verarbeiten wollte, immfl
^ vgl. Gruppe &o. b. 123; Tib. III 4, 57* ^* soweit sie irgvod)
betracht kommeii, sind sie in den luimerkatigeii aufgeführt, an
uachahniuiig von I 2 (Teuffei üo. s^ 497.1 ist nie hl eu denken
Bitufition ist eiue gnm verschie«}et)e; v^T. inhrb. t&92 s. $11 ff. ael
das adde merum in III 6, 62 brKiu'hi nicht aus I t, 1 su stfimmt'n,
sieh diese aasdrucksweise nuch sonst öfters findet: vgl. Ov, am. l 4, |
und Mart. IX 93, 1. ^<^ Gatulliiche Anklänge «tut! uiehrfKch hegtg
von den ubereinstinimangen mit J*rop«?rliuJi und Ovidias nisg in«i)o|
gemein gut der elegiker sein. *^ sh. Amor, Bnccbtis^ Fenthens, Aris '
(vgl Prop, in 24, 43. Ov. ors am. \\l 36 f.h ^* sb. v. 7 n. 37, ve
in V. 61 u. 63» mentae in v. 31 n. 69. *' ib. v. 19. wo noch daia
MP aequo dem iratus in v. 21 sehttfcbt eulspricbt, lie^souders tober v« fi
^ selbst dem vielge rühmten ▼, 6d lassen sich vorschiedcue Till
lische, hunderte von Qvidi^cheo sar Seite stellen. ^'^ duhtn ir«1i
utL, die richtige proportion der teile, die beispieUweise sejtist ift i
sonst gelungenen ecLildurung des Amor vermis&t wird^
WSternkopf : sa Ciceroa Pompeiana [§ 88]. 777
bin dürfte sich ergeben baben, dasz der Verfasser in diesem gedieht
nicht ohne talent ist und im vergleich mit seinen Mhem leistongen
in kunst und gesinnang einen nicht unerheblichen fortschritt ge-
macht hat. kurz gesagt: das sechste gedieht ist sein bestes und
über eine schülerarbeit, wie es der panegyricus auf Messalla ist, weit
erhaben."
** auch die übrigen gedichte des Ljgdamns sind bei weitem nicht
Bo schlecht, wie sie noch bei Schans gesch. d. röm. litt. II s. 118 be-
urteilt werden.
Crossbn am der Oder. Friedrich Wilhelm.
(57.)
ZU CICEROS POMPEIANA.
Oben 8. 484 schlägt Felix Brüll ohne anführung von gründen
vor, in § 33 der or. de imp. Cn. Pomp, statt nam qiUd ego Osiiense
incammodum . . querar zu lesen iam quid ego usw. er ist von der
evidenz seiner Verbesserung so überzeugt, dasz er sich 'cetera legen-
tium iudicio relinquens', damit begnügt die ganze stelle von Cnidum
bis audiatis mit gesperrtem iam abdrucken zu lassen, so leicht
wird nun freilich das nam nicht zu verdrängen sein. Brüll meint
allerdings ; die partikel gebe in diesem Zusammenhang keinen sinn:
'mirum sane est' sagt er in den einleitenden werten 'quod nemo
adhuc dubitavit, quid tandem particula nam significaret in illo sen-
tentiarum nexu.' aber so wunderbar, wie er glaubt, dürfte das eben
nicht sein, das nam der occupatio ist vielen leuten bekannt, und
gerade der satz nam quid ego Ostiense incammodum . . querar steht
mit unter den musterbeispielen, die MSejffert in den scholae Latinae
I § 22 bei der behandlung der occupatio anführt und erleutert. ich
bin überzeugt, dasz der hinweis auf Seyfferts ausfUhrungen Brüll
bewegen wird die stelle nochmals zu prüfen und dann seine con-
jectur zurückzunehmen, wenn irgendwo , so passt hier die partikel
nam, in der — um Seyfferts worte zu gebrauchen — die absieht
liegt, das so eingeführte wegen der nachträglichen erwähnong
zu rechtfertigen, 'mit der rechtfertigung, warum der ärgste ft*evel
bis zuletzt aufgespart sei, ist zugleich die ezceptionelle bedeutung
desselben weit mehr als mit der schlichten partikel der aufsählung
iam ins licht gesetzt.' dieser satz, der sich bei Sejffert auf or. tu
Verrem V § 158 {nam quid ego de P. Qavio . . dieaiwC) bezieht, passt,
wenn man nur statt 'der ärgste frevel' einsetzt 'der schmachvollste
vorfair, vollkommen auf unsere stelle, es ist, als wenn Seyffert vor-
ahnenden geistes nam vor dem hätte schützen wollen, was ihm non
doch widerÜEkhren ist.
Dortmund. Wilhelm Sterekopf«
778
FPolle: zu PhaedroB fabeln |T 7, 4].
ZU PHÄE0EU8 FABELN.
Y 7, 4 iat ohne Variante tlberliefertt
Princeps (ihicen natior paulo fuU
operam BaihyUo solUus in scaena dort*
dies notior paulo bat noch niemand Yerstanden ^ und es ist fast be*
kstigend zu geben, wie sich die erklftrer mit der deutung abquälen*
Johnson will hinzudenken aUis qui sokhant Bathylh operam dare\
Aubin* und Schwabe übersetzen 'ziemlich bekannt*: so könnte man
notior übersetzen, wenn |)attZo nicht dabei stünde; Barman will,
höchst wunderlich, hinzudenken qiLam scurra mit bezug auf die fabe
V ö, also nicht die zuletzt, sondern die an zweiter stelle vorher»!
gehende! der erwähnte Äubin hat auch vorgeschlagen paulo in
popido zu ändern, und das ist offenbar der erträglichste der ge-
machten Vorschläge. CWNauck erklärt ^notior pauio, als er es sonst
(durch sich selbst) gewesen sein würde', und ähnlich SiebeÜs 'alaj
sonst dergleichen leute zu sein pflegen; der grund im folgende!
vers*. — Ich vermute^ Pb. hat geschrieben notior fauno fuit. dieser
faunus ist Marsyas, der flöten virtuos schlechthin» und es dürfte wohl
niemanden geben, mit dem Princeps, ^derselbe, wie es scheint, dessen
grabschrift, von seiner tochter selbst gestiftet, noch erhalten ist*
(Ribbeck gesch» der röm- dichtung III 30), angemessener verglicheii
werden könnte, der Römer aber muste, zumal in einem solchen ver*_^
gleiche, bei faunus sofort an Marsjas denken: wie wenig eg
namens bedurfte, sehen wir aus Ovidius mei, VI 383 und Plinit:
fi. h, XXXIV 67 , wo Marsyas ohne solchen vergleich schleehtwc
aatyrus genannt und die richtige deutung dem leser überlassen wird
und Ov, ex Ponto III 3, 42 genügt die bezeichnung Phryx saiymSf\
obgleich doch alle satyrn als söhne der Sangariostochter Nikaia
(Memnon Herakleia 41) nach Phrygien gehören i also der zusAt&,
Phryx ziemlich nichtssagend ist.
Dasz aber die satyrn von den Römern obne weiteres ihren fauneii^
gleichgesetzt werden, darüber sind alle einige die über diese wesen
^ über diesen AuMn danke ich der aueserordentlicben gute dei bm.
oberbibliotbekar dr. FSehoorr von ÜAroUfeld fol^eode Auskunft. Lauii
läAAC Le Maletre de Sacy nannte «ich ab pseiitionjmus le sieur de .
8aintAubin (Barbier dictionnairc dea ouvragcs nnonymes et paeu^tonynKfly j
2e editioQ t. 11 1823 9. 2 f* n. 6&66). rti« Saint- Anbinacbe Ph«edni«-1
Übersetzung ericbien aum ersten mal 1647 und ward oft nen gitd^Of^kl.
Barbier ao. sag:! unter beKagnabme auf Öcbwabe: Tinexactitado dea
deux ^crivain» fran^ais [Fabre und Ooujet, die anheben, die uberseliiiiif
fioi «chon 1646 heransgekommen] est cause qne XI Scbfrabe, dana na b^na«
Edition de Ph^dre, ßraniwiek 1806, t. I ]>. 49 a pri'sent«^ cette editio
de 1647 comrne la aeeondo de la tradnction de 8äc>\* nach JMi^nerar
'la France litt^'ratre' U V s. 130 »tarb LILemaUtre de 8acy am 1 Jana
ie84 72 jähr alt.
FPoUe: zu Phaedras fabeln [V 7, 4]. 779
geschrieben haben, zunächst werden /atmi und satj^ oft zusammen
genannt, wie man Synonyma verwendet: Oy. Ibis 81 faufii satyrique.
mä. VI 392 iUum (nemlich den Marsyas) rurioölae^ süvarum numinaj
fauni et scUyri fratres . . fleruni 1 193 faunique satyrigue^ und zu
diesen werten bemerkt MHaupt : 'die caTupoi, begleiter des ßacchus,
allmählich , besonders in der Vorstellung der römischen dichter, den
faunen nahe gerückt oder mit ihnen verschmolzen.' in EJacobis
myth. Wörterbuch heiszt es s. 802 : 'besonders sind von den römi-
schen dichtem die unterschiede zwischen satym und panen und den
den panen entsprechenden latinischen waldgöttem, den faunen, bald
mehr bald weniger zurückgedrängt worden.' dem Fan wird Faunus
ganz allgemein gleichgestellt (Jacobi ao. unds. 340; Preller- Jordan
röm. myth. I' 379; ]£iumeister denkmäler d. class. alt. I 523), mit
dem das römische altertum ihn verwechselt oder identificiert hat. nun
sagt aber Brunn bei Baumeister III 1562 von den satym : kleine
hömer bilden zuweilen den Übergang ins geschlecht des Pan und
der panisken. dagegen beruhen die bocksfüszler {capripedes)^ welche
die römische poesie (Lucr. lY 580, Hör. carm. II 19, 4) als satym
behandelt, auf einer von den Griechen durchaus gemiedenen ver-
mengung mit der Pansnatur, welche aus der beide gattungen um-
fassenden benennung der fauni hervorgegangen ist.' ähnlich Wissowa
in Boschers lex. d. gr. u. röm. myth. I 1454 'die erkenntnis der
Wesenheit dieses gottes (des Faunus) wird dadurch erschwert, dasz
die römischen dichter seit dem letzten jh. der republik, veranlasst
durch manche gemeinsame züge der beiderseitigen mythen, sehr viel
griechisches in die auffassung des Faunus hineingetragen haben . .
und auch von einer mehrheit von fatmi entsprechend den griechi-
schen satym reden'. Wissowa führt auch ein citat des Servius an,
das allein schon die gleichsetzung der faune und satym beweist*
Servius sagt nemlich zu Äen. 1 372 von den nymphen: nam et
moritmtur secundttm Aristotdem ut fauni panesque^ das original
dieser worte des Aristoteles ist uns nicht erhalten, aber es ist
sonnenklar, dasz der philosoph nicht von römischen faunen ge-
sprochen hat, sondem von griechischen satym.
Und in der that war Marsyas in Born eine bekannte gestalt*
nicht blosz gab es sagen von einem phrygischen könige Marsyas am
Fuciner see, von dem die Marser ihren namen und ihre kunst der
Weissagung ableiteten (Preller- Jordan I' 392), sondern auch bild-
werke, die Marsyas darstellten, waren in Bom sehr zahlreich, wie
dieser denn überhaupt seit Myron einer der beliebtesten gegenstände
der alten bildkunst war. ein gemälde des Apelles, Marsyas nügatus^
befand sich im tempel der Concordia in Bom (Plin. XXXV 66); dasi
sein bild häufig war auf den markten italischer städte, sagen E Jacobi
ao. s. 599 ('als Sinnbilder strengen gerichts'), Preller- Jordan 11' 52
und Baumeister ao. s. 887, und s. 888 heiszt es in diesem buche:
'die bedeutende zahl der übrig gebliebenen kunstwerke mit dar-
Stellungen des Marsyasmythus besteht meist aus vasenbildem and
CFWMüller: m Pomponius Mela,
römiscben sarkophagreliefs,' über den aus Hör. sai^ I 6, 120 allge-
mein bekannten f in Silensgestalt dargeatellten Mar^jaa auf den
forum in Rom gibt es eine besondere schrift von H Jordan (Berlii
1883), der ihn b. 5 als Sinnbild der städtiäcben freibeit faszt.
Dre8den. Friedrich Polle,
88.
zu POMPONIUS MELA,
II 1, 5 8. 28, 27 (Frick) terra (die l>p6^oc 'AxiXX^uic genannte
balbinsel im Pontns Eminus) tum hnge distenta excedcTis tenui raäice
Utori adneäUur^ post spatiosa modke patdatim se ipsa fastiffat et quasij
in mucronem longa coUigens latera facie po$iti ensis adfecta est
so Frick mit Bursian; Überliefert miad^eda^ unver&tändücb. abe
facie positi ensis adfecta mag verständlicb , dh. übersetzbar sein, vic
verständiger ist es nicbt. zugegeben terra facie aliqtta adfeda
wäre, üiamal in Melas spracbe, ertrKglicb, was ist unter positits ensk
denkbar? siebt ein bingelegtea scbwert anders aus als ein auf-
gericbtetes? bei einiger vertrautbeit mit dem sÜIe unseres autofSj
wird man sieb scbwer eutscblieszen etwas anderes anzunehmen aN
dasz facie ensis 'wie ein scbwert' beiszt (s. s. 34, 16 und 62, 21/
Aur. Victor Caes. 32, 3 usw., anderwärts in oder ad fadem) ^ und
da&z in adfeda ein gekünstelter ausdruck für 'gestreckt' zu sncbe
ist man bat anporreda gedacht, wabrBcbeinl icher Gessner im Tbc
u. ÄchiUes an adrecta, da die batbinsel die gestatt eines knimmeg
sab eis hat, so liegt es nahe positi in Fers ici zu corrigieren. Plinit
IV 83 sagt nur ad formam gladii in transversum porrecta.
III 6, 3 ae, (48) s. 67, 5 GaUieenas putant se in quae vdint ani*
malia vertcre^ sanare quae apud alios insanahüi^i sunt, sdre Ventura
d praedicare, sed nonnisi deditas napigantibi4s et in id tantum^ h$j
se cönsulerent^ profedis, tiberliefert ist dedita, deditas ist alte, abe
darum nicbt erträglichere conjectur, ich wage mit bestimmtheit
behaupten, dasz dedita mit oder ohne öpera zu schreiben ist^ dh. 'aus
drttckiicb zu diesem zwecke*, s. Cic. de or, III 50, 193 ut neque i
satientur^ qui audient, nee nos id, quod faciemus, apera dedita facert^
vidcamur^ Landgraf zur rede p. S. Boscio s. 326. bei Cic. ad Att.
XV 4, i itaque misi dedita opera^ *express*, ist opera zusatz der bgg*j
und wohl zu streichen mit WKalb im archiv I 83. es ist vielleiclil
nicht sehr wahrächeinlich , aber immerhin möglich, dasz Meta i
nur dedita geschrieben bat. ?gl. Scrib. Largui« 271 s. 105, 0 edtami
per lintefifn vel es: iunco factum deindustria colum, 'eipresa dann*.
BRBetAU. C. F. WiLUELM MOllml
PDChHeonings: vx Ciceros Cato maior [( 2B]. 781
89.
ZU CICEROS CATO MAIOR-
Cicero hat im Cato maior mehr, als er sonst zu thnn pflegt, die
Persönlichkeit des redenden im dialog wiederzugeben gesacht; und es
ist ihm wohl gelungen eine gewisse greisenhafte geschwfttzigkeit zur
darstellung zu bringen, welche von der eignen Vergangenheit zu er-
zählen und weniger logisch als sprungweise den faden des gedankens
weiter zu spinnen liebt, darin finde ich den gnmd , warum es der
auünerksamkeit entgangen ist, dasz der tezt kaum richtig überliefert
scheint in § 28 : oratar fnetuo ne la/nguescaJt senecMe: est enim mufms
eius non ingenii söktm^ sed laterum eiiam et vwium, ommno canarum
iüud in voce splendeseU äiam nesäo quo paäo in senectute {guodequi-
dem adhuc non omi^t, ä videtis cmnoa). sed tarnen est decorus senis
sermo quietus et remissiM^ faciiquepersaepe ipsa sibi audientiam diserH
senis composita {compta) et mitis oratio, 'doch der redner, fürchte
ich, möchte schlaff werden durch das greisenalter: denn sein geschftft
erfordert nicht blosz geisteskraft, sondern auch eine krftftige brüst*
überhaupt tritt jener Wohlklang in der stimme merkwürdiger weise
sogar glänzend henror im greisenalter (den habe ich wenigstens bis
auf den heutigen tag nicht verloren, und ihr seht, wie alt ich bin),
aber dennoch macht die ruhige und gelassene Unterhaltung des greises
einen stattlichen eindruck.' oder wenn das äiam nicht zu dem vor-
hergehenden splendescU^ sondern zum folgenden tti senectute gezogen
wird: ^im allgemeinen tritt wohl jener helltönende klang der stimme
ich weisz nicht wie noch im hohem alter hervor; ich habe ihn wenig-
stens bis jetzt noch nicht verloren und ihr seht mein alter [84 jähre];
doch abgesehen davon steht ein ruhiger und gelassener vertrag dem
greise wohl an , und gar oft verschafft sich die . . rede des greises
schon selbst gehör.'
Bei beiden Übersetzungen scheint mir nur zu berechtigt der
zweifei, ob es der Wirklichkeit entspricht, dasz jener Wohlklang
der stimme (welcher den jüngenr redner , welcher einen vollendeten
redner auszeichnet) im allgemeinen auch noch im greisenalter
vorhanden ist, selbst wenn ein Cato ihn noch behalten haben sollte,
die parenthese 'den ich wenigstens bis auf den heutigen tag nioht
verloren habe', auch sogar wenn nondum den verlust wirklidi
deutlicher als einen erwarteten bezeichnen sollte, scheint doch ein
seltenes beispiel von körperlicher rüstigkeit im greisenalter be-
zeichnen zu sollen.
Wenn, wie alle erklärer richtig sagen, in dem satze mit omnino
eine concession enthalten ist, so musz darin etwas ähnliches stecken
wie das orator mäuo ne languescaiy eine Variation davon: 'die körper^
lieben kräfte gehen aus', 'die safte mit den kräften'. das sed tarnen
est decorus senis sermo erklärt OLahmejer: 'wenn dies auch der
fall wäre, doch' usw. dh. wenn auch die äuszerlichen gaben durch
782 PDChRenniogs: zu Ciceroe Cato msdot [% 2S].
das alter genomtaen wtlrden, so ist doch die cmterbaltiing des greife
wohlanstehend. Lahmejer wird nicht aus der parentbese diese
gedanken ergänzen wolleo: *wenn auch der verlast des Wohlklang
eintreten sollte' usw.
Einen andern gedankeneprung scheint mir JSommerbrodt '*
hier angenommen zu haben, welcher sagt: 'sed tarnen^ db* wenn
dies auch nichi der fall ibt.' also 'wenn auch nicht der Wohlklang
der stimme im grelsenalter glänzend hervortritt, so ist doch die
Unterhaltung . . angenehm'* ich weisz nur nicht, wie wir eben die
Worte dem Cato in den mund legen können: Mer Wohlklang tritt
überhaupt noch glänzend hervor', um ihn gleich nachher andeuten
zu lassen ^aber selbst wenn er nicht hervortritt*.
Kurz und gut, ich möchte glauben, dasz hier in dem auffallen-
den prtdicat splendescit eine sehr alte corruptel steckt; fast mit den-
aelben buchstaben möchte ich dafür lesen: supkndescU oder viel*
mehr suhlentescit Mäszt allmählich nach*, das wUrde eine
gemessene gedanken folge ergeben: ^was den redner anlangt,
furchte ich dasz der im greisenalter schla£F wird: denn sein geschSlI
erfordert auch eine kräftige lunge. überhaupt nimt jener Wohlklang
der i*timme auch leider im greisenalter allmählich ab (den ich frei*
lieh noch nicht verloren habe, und ihr bebt meine jähre); aber doch
(auch wenn er abnimt) ist die Unterhaltung eines greises wohlan-
stehend*' eben die Seltenheit des compositums suhlentescit — ich
weisz es aus den vorhandenen Lateinern gar nicht zu belegen —
könnte veranlassung zum verlesen des Wortes geworden sein.
Hüsuit. PExea D. Ob. Hsi^NtNOd.
90.
ZU OVIDIUS METAMORPHOSEN UND GERMÄNICÜS.
XV 838 nee nisi cum senior I^lio8 aequmferU annas^
aetherias sedes cognataque $idera tangä,
hierzu bemerkt Siebeiis: ^cognata^ weil Caesar bereits unter die
ßterne versetzt ist.' dem ist aber nicht so, wie die unmittelbar
folgenden verse zeigen, denn jetsct erst, nach jenen Worten Juppiters,
eilt ja Venus in die curia des Pompeju.«^ suique \ Caesaris ertpuU
membris nee in a^a solvi | passa recentem animam caelestibus in-
tulit astris (846). es müste also cognaia von der zukunft ver*
standen werden, wenn anders das wori jene bej^chränkte beziebuQg
haben und speciell an das lulmm m/äm oder an die steUa crinüa I%dä
Caesar is gedacht werden sollte, das ist aber unrichtig, nicht an
einzelne bestimmte sidera^ wie den planeten Venus und die steäa
Cmsaris , ist zu denken, sondern die sidera überbaupt und ins-
gesamt werden von Juppiter coffnala Augasti genannt, weil
letzterer, ein nachkomme des luluSf des Aeneas, der Venus, götl*
EGoebel: zu Ovidins metam. [XV 888] und Germaniei» [j^iamk 668]. 783
licher herknnft ist, vom himmel stammt und daher wieder zum
himmel ad astra cadestia (846) zurückkehrt; denn am mit Laoretioa
(11 1000) zu reden: quod misstimst ex aetheris oria^ \ id ruraum
caeli rdkUum templa receptant. dem dichter aber ist m aidus
verti steUamque camantem (749) dasselbe wie deum accedere eado
(818). daher heiszt es auch 841 f. fac iübar, ui aemper CapUoUa
nostra fortmque \ divua ah excelaa prospeäet luliua aede.
Gleiche bewandtnis aber hat es nun auch, wenn es in den
phaenomena des Caesar Germanicus 558 ff. heiszt:
hie {capricarnus) , Auguste ^ tuum genüaU corpore numen
aäonUas inier gentis patriamque pavetUem
in cadum tuUt et maternia reddidü aatris.
man hat ohne not sich abgemüht mit der frage: was nennt der
dichter hier materna astra? vgl. Maass im index schol. Grjphiswald.
1893/94 s. IV ff. dasz man blosz an den planeten Venus denke, ver-
bietet der plural astra. wie man aber den kometen des Julius Caesar
eine steUa materna nennen könne, da er doch vielmehr steUa
paterna (oder avi) zu nennen wäre, leuchtet ebenso wenig ein.
die künstliche interpretation von Maass endlich (ao. s. VI), in cadum
tuiU et nuxternis reddidU astris sei so viel als *in caelum ad deos
Veneris quodammodo socios', haben wir, dünkt mich, gar nicht
nötig , sobald wir maternus einfach verstehen und erklären •« unde
oriendus est.
Dasz aber das wort maternus auch diese bedeutung haben kann,
dafür will ich mich nicht auf Delum matemam (->» natdkm) iitwisU
ApoUo bei Verg. Aen. IV 144 berufen, da hier ebenso gut eine an-
dere erklärung platz greifen kann («> Latonae matris tfMuJafn), wohl
aber auf ein unwidersprechliches beispiel Ov. fast. IV 131 veremonei
curvas materna per aequorapuppes ire. das heiszt doch nichts
anderes aU ex guibus ipsa oriunda est. wie Venus Aphrodite, die
schaumgeborene , dem meere entstammt , so Octavianus Augustus,
der äthergeborene y der stemenwelt, den cadestihus asifis. darum
also heiszt es: in cadum tuilU et maternis reddidit astris. das
Zeitwort reddidit hat man, scheint es, auch nicht genugsam beachtet«
Fulda. Eduard GobbUi.
91.
DE GEBMANICI PHAENOMENON PROOEMIO.
Mirum in modum et quem viz intellegas hos versus, quos Caesar
Germanicus, divi Augusti ex Druso nepos, in phaenomenon prooemio
(14 et 15) pepigit:
haec ego dum Latiis conor praedicere Musis^
pax tua tuque adsis nato numenque secundes
784
EGoebel : de Grerfnanicl phaenomenou prooemio.
nuper in scbolarum Gryphiswaldensium hib. 1893/94 indioe £r«
nefitus Maass explicare ac constituere conatus est scribendo
pax iua iuque adsis naiOy numen, que secundes.
ne vero tjpograpbi esse errorum exiatimes, legas quae in p. VIII in-
veniuottir : 'primi nos* inquit *ita distinximas, cum antea inde a
Oratio Omnibus fmmen esset pro accusativo et ad secundandi notio-
nem factitivam traduceretur* vocativum vero adnexa quc copula
anctnm neqtiaquara insolenter [?1] poeta usurpavit, sed faabent talia
Angustei, quäle hoc est Ovidianum md. VIII 560 adnuU Ae(fides
*^utar* que^ *Äc}i€lüe\ domoqut | con^eZto^e /lio» respcndU* eqs,
verum enim vero talia eiempla, quäle boc est, quamquam freqaen*
tiBsima sunt apud eundem Ovidium — conferaa velim met, I 753,
II 33. III 644, V 195. XIII 874 al,, omnia gcilicet ita eomparata, ut
primo cüique directae alicuius orationis vocabulo adbatjreat particala,
non quo traducenda sit verbiß aity dixi, inquU^ respondU^ ßxclamat —
tarnen eiusmodi transpositionis , qualem vir doctus fingere anitnum
induiit, gemellum exemplum nusquam aut inveni aut repperii neque
quisquam , opinor, reperiet.
Qnodsi quis vocativo poetam bic nsuni eese sibi perauaserit,
8icuti Maassios voluit, qui Aogustum imperatorem, non Tiberium
boc prooemio respici venssime saltem mibi dissernisse videtur, «i
facili iranspositione dicendiim erit: pctst tua tuqtie adsis^ fmmen^
natu que Steundes. facillime enim potuit fuito adscribi verbo aä»it^
ut non ad secundandi verbum solummodo illud referendum, sed bis
cogitandum esse indicaretur: adsis nato natoque se^mndes, usita»
tissimam autem banc parliculae traiectionem esse H oratio nema
ignorat: cf. ca. III 4, 11. 19. serm. I 6« 43 al. vide Goasraa 94
Verg. Äen, XII 904.
Nibilominus talis secuftdandi verbi naos, nt et notioneni ei
Btructuram verbi adesse aequet, haud gcio an prorsue novua
novicius sit (= 'einem Recundieren'). certe apud Augusteos
secundare verbum transitivum est^ veint apud Vergiliom
IV 397 {emitüs). Am, III 36 {tnsüs), VII 259 (nösira incepta),
Quae cum ita sint, quid iam boc sibi vult numemque 8emmde$f
sententia perspicua esset, si legeres coeptumque semnd^ät qno4
similiter dictum foret atque Ovidianum illnd di cocptis . * ad$piraU
meis vel Vergilianum di nosira incepta secundent. ac facile poterat,
quo^iam secundare coepta proprie deorttm est vel n u m i n i s, a sctenie
lectore numen addi ac deinde in locum alterius vocabuli, qiiod aal
coeptum^ inrepere. attamen utut est« utrum emendando potius loeo
difficili 5;ubveniendum esse dicam an explicando, dubius sum. aUqu<l
enim modo eam quam Maastiius voluit sententiam possis citoere, si
verbum secundes absolut« positnm dieas (sie vento necundanU apud
Tacitum et lustinum legitur) et msmm (^ aU gott, in ddnor goti»
beit) pro nominativo habaaa*
FuhDAF.. EoVAnDUB OOBBKIi.
BESTE ABTEILUNG
PUB CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBAUSQEQEBEN VON ALFRED FlECKEISBK.
92.
ZUM FÜNFKAMPF DER GRIECHEN.
Die nachfolgende arbeit wurde im j. 1892 vollendet und war
bereits der redaction dieser Jahrbücher eingesandt, als mir zwei neue
Schriften über den fünfkampf za gesiebt kamen : Henrich über das
Pentathlon der Griechen (inaug.-diss.), Erlangen 1892, und Haggen-
müller : die aufeinanderfolge der kämpfe im pentathlon mit berück-
sichtigung der früheren erklärungen, München 1892. einer völligen
Umarbeitung brauchte ich meine abh. nicht zu unterziehen , da ich
in den hauptpunkten von Henrich und von Haggenmüller principieU
abweiche; indessen berücksichtigte ich beide, wo es mir nötig schien,
in nachträglichen Zusätzen und anmerkungen.
L Die bestandteile des fünfkampfs und die bildlichen
darstellungen.
Es ist unzweifelhaft, dasz sprung, lauf, diskos, speerwurf und
ringkampf die bestandteile des fünfkampfs bildeten, dafdr haben
wir nicht weniger als zehn zum teil sehr gute zeugen.' einer andern
Überlieferung' zufolge waren es faustkampf, ringkampf, spmng,
diskos und lauf, in einer dritten Überlieferung' wurde der sprang
durch das pankration verdrängt, und in einer vierten^ muste der
Sprung dem faustkampf weichen.^ das pentathlon wurde ol. 18 unter
< Simonides epigr. 155. aoth. Pal. XI 84. Philostr. II 262 (Kayser).
Artemid. oneir. I 57. Paulas Festi u. pentathlum. Enstath. II. Y 621.
schol. Find. Jsthm. 1, 26. schol. Soph. £1. 691. schol. Piaton erast. 135*.
schol. Arist. pan. IIJ 839 Ddf. > schol. ree. Pind. Ol. 13, 89. bibl.
Med. Lanr. plut. LXXIV cod. 18 s. 808^. Phavorinos ndw. cod. Barocc 68
fol. 124 \ Tzetzes scbol. Lykophr. 41. ' Pbotios cod. 246 s. 409 Bk.
scbol. Arist. pan. HI 839 Ddf. * cod. Palat. Gr. fol. 37^ 15--18. schol.
Nikephor. Gregor, in der Pariser aasg. des Synesios von 1688 s. 428.
^ vgl. Fedde 'der fünfkampf der Hellenen' s. 4 ff., progr. des Elisabeth-
gymn. in Breslau 1888 (von mir 'Fedde pr.' citiert). Faber 'sum fünf*
kämpf der Griecben' im Philologus L (1891) 8. 469 ff.
Jahrbucher für class. philol. 1898 hfl. 12. 50
786
FMie: zum funfkampf der Grieclieii.
die zahl der heiligen wettkämpfe in Olympia aufgenommeQ , der
faustkanipf ol. 23 und das pankratioD erst ol. 33. es ist an und für
sich 8t:br uBwabrscheinlieb, dasz faustkampf und pankration ur-
sprünglich bestand teile des fünf kam pfs waren und allmählich selb-
ständige kampfarten wurden, auszerdem nennt Pollux III 151 gerade
speerwurf und sprang samt djskos die dem fünfkarapf eigentümlichen
Übungen, und der gpeerwurf wird von Pindaros Isthm. 1, 21 f., der
Sprung von Pausanias V 7^ 10, 17, 10. III 11, 6 und Philo&tratoa
11 s. 291 K. als dem fünf kämpf zugehörig bezeugt. Pinders ver-
dienst ist es wenigstens den Ursprung der einen falschen Überliefe-
rung aufgedeckt zu haben/ in der gruppe von Zeugnissen, die dea
faustkampf, rlngkampfj sprung, diskos und lauf als bestandteile dea
fünfkampfs angeben, deutet nemlich der allen gemeinsame gebruucb
des Wortes biaX^a statt des gewöhnlichen äX^a auf eine gemeinsame*
quelle, dies ist die beschreibung der kampfspiele, die die Phaiaken
Odjsseus zu ehren veranstalten Od. 8 120 ff.
Yomfaustkampf und pankration als teilendes fünfkampfs spricht
kein alter gchriftsteller^ und man darf nicht mit Marquardt annehnaen^
dasz eine falsche Vorstellung von der Zusammensetzung des pentaiblon
schon im classischen altertum verbreitet gewesen sei/ Marquardt
führt zwei vasenbilder an. auf dem einen, von Pamphaios gemalten
(t£ I = Mon. ined. XI 1880 tf. XXIV) sind von links nach rechU
acht figuren dargestellt: 1) ein lauf er, 2) ein Springer, 3) ein flöten-
bläser, 4) ein Speerwerfer, 5) ein aufseher, (>)eindibkoswerfer, 7) und
8) zwei faustkämpfer. auf diesem bilde, so vermutet Marquardt, habe
Pamphaios die bestandteile des fUnfkampfs veranschaulicfaen wollen,
nur habe er irrtümlich statt des ringkam pfs den fauslkampf gesetzt,
das zweite von Marquardt (tf. II) veröffentlichte bild einer bydra
im britischen museum zeigt angeblich: 1) und 2) zwei ringkämpfer,
3) einen Speerwerfer, 4) einen diskoswerfer, 5) einen Springer,
6] einen aufseher ^ 7) und 8) zwei läufer, dieses bild bietet nach
Marquardt eine richtige geaamtdarateltung des wirklichen fünf-
kam pfs. die ab weichung der beiden vasenmaler in der darsteUaag
dea Pentathlon sei, so meint Marquardt s. 6, auf denselben grund
zurückzuführen, auf dem die Verschiedenheit der schrifUichen quellen
beruht, ohne zweifei habe sich schon früh die irrige meinung Ter*
breitet, dasz die Homerischen fünf kämpfe (Od. 6 120 ff.) d&aspfttere
Pentathlon gebildet hätten; schon im altertum müsse es zwei Ter*
schiedene traditionen über die Zusammensetzung des fünfkampfs ge*
geben haben; der einen, falschen sei Pamphaios gefolgt, der andem^
richtigen der maier der britischen hydra. dagegen ist folgendes su
bemerken, die von Pamphaios dargestellten fünf kampfarten: Uol^
Sprung, Speer, diskos, faustkampf sind gar nicht die Homerischen;
• EPinder über den fdufkHiiiprder Hellenen, 1867, «. 2t ff. ^ Maf* |
qu&rdt tum penUthlon der UelleaeD, mit cwei hndliebeo dar« teil iitigeQ
det gesamtkittnpfeB, progmtnm der doinftohule cti Güstrow ISS<$.
FMie; sum fdnfkampf der Griechen. 787
das sind: faustkampf, ringkampf, sprung, diskos, lauf, hätte aber
Pampbaios wirklich die fünf teile des peniathlon als gegenständ
seines bildes gewählt, so hätte er keinen solchen irrtam begangen,
wie ihm Marquardt vorwirft, er lebte im fünften jh. und kannte
die Zusammensetzung des fUnfkampfs aus eigner anschauung ganz
genau (vgl. HaggenmttUer ao. s. 21 f.). die falschen Überlieferungen
von den bestandteilen des peniathlon sind ganz jung, wenn man
auch nicht genau weisz, von wem und wann sie aufgebracht wurden,
aber auch die britische hjdra bietet keine gesamtdarstellung des
fünfkampfs. der unter 5 als Springer bezeichnete mann trägt wahr-
scheinlich wurfstangen, jedenfalls keine Fpringstangen und kann
daher auch nicht als Springer gelten, springstangen kannten die
alten anscheinend noch nicht. ^ eine andere darstellung des fünf-
kampfs glaubt Schreiber anführen zu können.* nach einer deutung
Kleins ao. s. 68 fiP. würden wir hier allerdings die fünf teile des
Pentathlon beisammen haben, aber schon Blümner ao. berichtfgte
die Eleinsche erklärung in verschiedenen punkten, vor allem be-
zweifelte er mit recht, dasz im innenbild der schale neben dem zum
würfe ausholenden diskoswerfer ein die stange ansetzender Springer
dargestellt sei. man darf getrost hinzufügen, dasz auch dieser Jüng-
ling zum würfe ausholt und damit beschäftigt ist der wurfstange
die richtige läge zu geben, in ebenderselben Stellung sieht man
einen Jüngling auf einem vasenbilde bei Krause gjmnastik und ago-
nistik der Hellenen tf. XVIII» f. 66". wir können also auf den
beiden zuletzt besprochenen vasenbildern nur eine zufällige Zu-
sammenstellung von vier teilen des fünfkampfs erblicken, eine ge-
samtdarstellung des Pentathlon gibt es nicht, oder besser gesagt,
wir kennen bisher keine darstellung, in der gerade die fünf teile
des fünfkampfs beisammen wären.
Überhaupt wird von den bearbeitern der fünfkampffrage, ich
kann nicht anders sagen ; ein groszer misbrauch mit den bildlichen
darstellungen getrieben, zufällig steht auf einer der oben bespro-
chenen vasenbilder ein flötenbläser neben einem Speerwerfer. Mar-
quardt s. 11 schlieszt daraus, dasz die flötenbegleitung, die wahr-
scheinlich nur beim sprung stattfand (s. unten s. 792), auch auf den
diskos- und den speerwurf ausgedehnt worden sei (vgl. Fedde pr. s. 12.
Haggenmüller s. 15 f.). auf einigen bildern sieht man athleten, die zu-
föllig drei wurfstangen tragen. Fedde s. 107 und Faber s. 478 folgern
daraus , dasz jeder fünfkämpfer den speer dreimal hinter einander
geschleudert habe, zufällig sind auf manchen vasen Wettkämpfer
zu dreien beisammen. Fedde pr. s. 36 erblickt darin eine stütze für
die annähme, dasz alle fünfkämpfer in triaden, dh. abteilnngen von je
dreien geschieden wären, diese Vermutung bekämpft auch Haggen-
^ Blümner in Baumeisters denkm. d. class. alt. I 614. Fedde über
den fünf kämpf der Hellenen (1889) s. 104 (von mir 'Fedde' citiert).
^ Schreiber in Seemanns cultnrhist. bilderatlas I tf. XXI 8. Klein
in arch. ztg. XXXVI (1878) tf. XI. Blümner ao. fig. 672.
50*
788
FMie : sum fdnfkampf der Griechen.
müller s* 33 mit recht* im übrigen kann ich auch ihm nicht immer
in der erkläning der bilder zustimmen« auch er ist geneigt Zufällig-
keiten in der darstellung für beabsichtigte eigen tümlichkeiten zu
halten, in der mitte eines scbwarzfigurigen vasenbildes *" sieht man,
wie ein nackter jüngling von einem bekleideten bärtigen manne mit
ranken geschmückt wird, der maier beabsichtigte wohl die krönung
eines siegreichen athleten durch einen kampfrichter darzustellen/*
Haggenmüller scheint es ebenso wie Finder und Fedde ein fQnf-
sieger 2u sein, darauf soll der fünffache zweig hindeuten, als ob in
Wirklichkeit die fünfdeger mit einem fünffachen zweige bekränzt
worden wären* dasz es überhaupt ein fünffacher zweig ist, soll auch
erst bewiesen werden, ferner glaubt Haggenmüller s. 57 eine an-
zahl abbildungen gefunden zu haben, auf denen das mal am anfang
der bahn (lip^xa) für die wurfÜbungen, den Sprung und den lauf
durch eine stange oder einen bäum gekennzeichnet sei. es musz aber
jeder zugeben, dasz für läufer, Springer, diskos- und Speerwerfer
ein bäum oder eine aufi echtstehende stange als mal so unpassend
und unpraktisch wie möglich ist. für alle diese Wettkämpfer wurde
das mal auf dem erdboden hergerichtet (s. unten s. 795). man kann
mit Sicherheit behaupten, dasz die bäume und stangen auf den von
Haggen müller bezeichneten ^asenbildern ohne jede beziehung zu den
Wettkämpfern stehen, und dasz sie nichts bestimmtes andeuten« son-
dern nur den platz ausfüllen sollen, ein hervorragendes beispiel fUr
dia falsche benutzung bildlicher darstellungen bietet Faber s. 481^
indem er das von Krause tf. XIV 49 wiedergegebene bild bespricht.
dort sieht man einen mit der Wurfscheibe zielenden diskoswerfer;
neben ihm steht ein bündel von drei st^mgen. mit recht wird man
dieses bild immer heranziehen, will man die cbarakteri st is eben motive
in der kSrperhaliung und action der diskoswerfer veranschaulichen.
aber zur bestimmung der reihenfolge einzelner kampfarten im pent-
atblon kann es nie verwendet werden. Faber freilich führt es xu
gunsten der reibcnfolge diskos, speerwurf an und sagt: 'die drei-
zahl und der umstand, dasz die Speere (?) zusammengebunden sind,
offenbar, um nur von Einern Wettkämpfer verwendet zu werden (l),
deuten an, dasz es sich um eine darstellung aus der agonistik, nicht
aus der gymnastik handelt/ auch Gardner (Journal of Hell, studies
I 214) erschien das bild einer panathenäiscben amphora im briti-
schen museum für die anordnung der kämpfe im pentatblon be-
achtenswert im hinblick auf dieses gelUsz, wo von links nach rechtä
ein Springer, ein speerweifer und ein diskoswerfer abgebildet sind«
war er geneigt den speerwurf vor den diskoswnrf «u eetses. mit
^ Stackeiberg grabe r d«r Hellenen tf. Xtl. Gerhard io arcb^ il|f.
1&53 tf. LI. HaggenmSller abb. IJL *' von der mtUtlgruppe ttit*
fernen «ich zwei nackte, gerHiacbaftcn trag^ende jrmfrlin^e, mtki jeder
leite feiner, daai; dies nDglUckliche mitkümpfer den ftiegem «ei«ii (Pin4er ^
i. 40. Fedde pr. b. .H7)» liszt nor eine rege ph^ntMie vermuten. Il^ggen^
müller bült nie fclr dltner {?],
FMie : zam f&nfkampf der Griechen. 789
recht bemerkte schon Holwerda (arch. ztg. XXXIX 8. 212 tf. IX 1),
dasz das bild in dieser hinsieht nichts beweise, indem er auf eine
panathenäische vase in Leiden aufmerksam machte, die in demselben
altertümlichen stile wie die Londoner bemalt ist und genau die um-
gekehrte folge : diskos , speerwurf , sprung zeigt, den weg für die
anordnung der einzelnen teile des fünfkampfs können die bildlichen
darstellungen nicht weisen, trotzdem versuchte Henrich s. 24 ff.
von neuem in dem capitel über die reibenfolge der fünf wettkämpfe
die vasenbilder zu verwerten, freilich das ganze resultat seiner Unter-
suchung ist, dasz die armübungen auf den bildem, wo sie zusammen
vorkommen, neben einander stehen, bald als speer^ diskos^ bald als
diskos, Speer, auch das ist nur ein spiel des zufalls.
Die angeführten versuche aus den bildlichen darstellungen
Schlüsse auf die beschaffenheit und die einrichtungen der wett-
kämpfe zu ziehen sind somit als verfehlt zu bezeichnen, das ist
auch nicht anders möglich, da man meist mit falschen Voraus-
setzungen an die erklärung der vasenbilder herantritt, so macht
man bisher einen strengen unterschied zwischen agonistischen und
gymnastischen oder palästrischen bildern; die sog. agonistischen
bringen, wie es heiszt, nur Vorgänge bei den öffentlichen wett-
kämpfen zur anschauung, die gymnastischen oder palästrischen
spiegeln das leben im gymnasion und in der palaistra wieder, dar-
stellungen der letzten art, die sich als solche charakterisieren, sind
zahlreich, die eindrücke, die die vasenmaler beim besuch der Übungs-
plätze empßengen , gaben ihnen grosze anregung und reichen stoff
für ihre Schöpfungen, auszerdem gibt es eine menge von vasen-
bildern und andern kunstwerken, die uns einfach Wettkämpfer, sei
es in ruhe oder in action, vorführen, ohne dasz der Schauplatz
irgendwie angedeutet wäre, derartige darstellungen kann man mit
demselben recht agonistisch wie gymnastisch nennen, und ich zweifle,
ob sich die künstler selber in diesen fällen die Wettkämpfer an einem
bestimmten orte dargestellt dachten, gelegentlich tritt uns auf vasen-
bildern diese oder jene reminiscenz an die öffentlichen spiele ent-
gegen, aber darstellungen, die man als ganzes betrachtet, ohne der
erklärung im einzelnen gewalt anzuthun, rein agonistisch nennen
und die man unbedingt als getreue abbildungen von Vorgängen bei
den agonen betrachten müste, sucht man vergebens, die vasenmaler
pflegten sich ja bei der composition ihrer bilder im allgemeinen
keinen zwang aufzulegen und lieszen ihrer phantasie gern die zügel
schieszen. es lag ihnen daher auch fern illustrationen zu scenen aus
den öffentlichen wettkämpfen zu liefern, selbst die darstellungen
auf den sog. panatbenäischen preisamphoren sind nicht durchaus
agonistisch und stehen nicht in engster beziehung zu den panathe-
näischen wettkämpfen, wie man bisher annimt. die gymnastischen
scenen auf diesen gefäszen sind nicht anders zu beurteilen als die
auf andern vasen. dies näher zu begründen würde hier zu weit
führen.
790
FMie : zum fdnfkmnpf der 6rieclie&.
IL Die reihenfolge der fünf kämpfe im pentatfalos.
Da das pentathlon nicht eine zufällige, lose Verbindung von
fünf verschiedenen kampfartea war, sondern ein geschlossene«^ har-
monissobes ganzes bildete, so musz man auch annehmen, dasz die
fünf teile in einer feststehenden reihenfolge durchgekämpft wurden,
was für hilfamittel gibt es, um diese reibenfolge zu bestimmen?
Die stellen , an denen die bestandteile des fünfkampfa aufgeführt
werden (s. oben anm. 1), zeigen eine bunte abwecbstung in der
reibenfolge; nur drei gewöbrsmttnner, Eustatbios, derPindaros- and
der Sopbokles-scholiast, stimmen in der anordnung der teile Obereln.
Pinder bezeichnete alle diese stellen als wertlos für die bestimmung
der reihenfolge, seine nacb folger dagegen suchen nach grUnden, nm
die auf/,äblung| die ihnen von vorn herein richtig zu sein scheint,
bald diese, bald jene, zu ehren zu bringen, so tritt zb* Fedde für die
reihenfolge bei Äricmidoros, Faber für die bei Simonides ein, Gardne
stutzt sich bei der anordnung der fünf kämpfe , wie schon vor ibi
Philipp, wenigstens auf das dreifache tlberein^timmende zeugnis de
Eustathios und der beiden f^choliasten. man muäz aber doch von
vorn herein zugeben, dasz ein dichter, der die fünf teile dea fünf-
kampfü in einen vers brachte, sich nicht an die wirkliche reihen*
folge zu binden brauchte, und da&z auch ein prosaiker bei der auf-
zählung der fünf teile von der wirklichen reihenfolge abweichen
konnte, mochte er sich dabei von diesem oder jenem gesichtspunkte
leiten lassen» nur dann würde eine der vorliegenden stellen für die
be&limmung der reihenfolge bedeutung haben, wenn der aufzttblung
die Versicherung hinzugefügt wäre, dasz die fünf teile auch wirklidi
in der reibenfolge angegeben seien, in der sie ausgeführt wurden*
das geschieht nirgends, wenn Eustathios von den Verfassern d^
von ihm mitgeteilten merkverses sagt, sie hätten die Verhältnis
der heiligen agone untersucht^*, so genügt das nicht um uns glauben
zu machen, dasz der merkvers auch wirklich die richtige reihenfolga
enthalte, auch auf die Übereinstimmung des Eustathios und der bei*
den scboliaaten ist kein gewicht zu legen, schon Finder s. 48 U
machte es glaublich, dasz diese Übereinstimmung auf einer ge-
meinsamen quelle beruhe, dasz die reihenfolge der kümpfe, die die
drei ßchriflstelier angeben, wahrscheinlich nicht richtig ist, werden
wir unten sehen, unter diesen umständen verehrt man nur daail
richtig, wenn man bei der bestimmung der reibenfolge alle teng»
nisse, die prosaischen wie die poetischen, bei seite läszt und nach an*
dem hllfsmitteln sucht. "
*• Eöst. 2u IL V 621 ol fi^vTOi Td nepl UpdJv dTJ»vu*v linCK€«t^
Hcvoi oOrmc ^^lu^rpiuc touc deXooc MfTpoOciv
äk}ia iTo6d>v b(cKou t€ ßoX^ nal dKOVTOc ipuji)
Kai ftp^MOC f[hk wdXf), ^{a b' InXeto ndcx tiXcuti^,
Kai toOt6 ^cn, cfHicI, w^vTaeXov, ^tcpoi bi oötu)c * äk)M ndX?) 6icK€UMa
IC0Vt6v KOl hpö|ioC. '^ Fnber niHcht gniix verzweifelte anatrengung«!!
die reihenfolge im epigminm des SimoDides aU richtig zu erweiaeo, e«
FMie: zum fänfkampf der Griechen. 791
Die Stellung des ringkampfs im pentatblon läszt Xenophon
Hell. VII 4, 29 erkennen, dort heiszt es: ol bt'ApKdbec ^Keivouc
(die Eleier) jutv ouK fiv ttotc iJjovto dXöeiv diri cq)ac, aÖTol bi cuv
TTicdiaic bieiiOecav -rfjv TTavntupiv. xai ifjv jufcv liTTrobpo^iav fiht\
dTT€TTOir|Kecav Ktti Td bpojLiiKd ToO TrevidBXou. ol b' elc iidXiiv
dcpiKÖ^evoi ouK^Ti iv Tip bpö^qj, dXXd jueiaHu toO bpÖMou Kai toO
ßujjLioO dTtdXaiov. ol Tdp *HXeToi cuv toic öttXoic Trapfjcav ffix] elc
TÖ T^pevoc. ol bk *ApKdbec itoppujT^puj ^^v oök dirrivTTicav , im
hk ToO KXabdou TTOTafioC TraperdEavTO. dem ringkampif giengen
also Td bpofXiKd im pentatblon voran. G Hermann meinte , Td bpo-
jLiiKd Toö TTevidBXou wäre so viel wie 6 tüjv TrevTdOXujv bpö^oc.
aber diese erklärung ist scbon aus spracblicben gründen unzulässig
(Fedde s. 79). ganz ricbtig bezeichnete Finder Td bp0|LiiKd als die
dromosübungen, db. als die Übungen, die man im dromos oder stadion
vorzunehmen pflegte, das waren im fUnfkampf alle Übungen auszer
dem ringen: lauf, sprung, diskos und speerwurf. die eigentliche
statte des ringkampfs war, wie schon der name sagt, die palaistra.
als ol. 104 bei der feier der Olympien die Arkader die vier dromos-
übungen des fünfkampfs abgehalten hatten, flüchteten sie^ durch
einen ein fall der Eleier ins heilige festgebiet erschreckt, auf den
platz zwischen stadion und Zeusaltar, um dort den letzten teil des
pentatblon, den ringkampf, vorzunehmen.** der ringkampf war also
der letzte in der reibe der fünf kämpfe, und diese stelle gebührte
ihm auch : denn er war der schwierigste unter allen, und bei der feat-
stellung des gesamtsieges gab der sieg im ringen eventuell den aus-
schlag (s. unten s. 808). von den dromos-übungen gieng der speerwurf
dem ringkampf wabrscbeinlich unmittelbar voran ; wenigstens scheint
meint sogar s. 485, der dichter würde ein hanpterfordernis aller poesie,
die Rinnliche anRchaulichkeit, verletzt haben, wenn er in seinem distichon
nicht die wirkliche reibenfolgre der fünf kämpfe beobachtet hätte (1).
Feddes versuch aus der Wortstellung bei Paus. III 11, 6 ical T^P'^P^I^qi
T€ ^KpdT€i Kol TTr)bf)|jiaTi 'IcpiiivuMGV "Avbpiov und bei Philoatratos
gymn. s. 263 K. TcXapdjv p^v KpdxiCTa ^öicKCue, AufKcdc bi /|KÖvti£€,
^Tpexov bi Koi ^irnbuiv ol ^k Bop^ou auf die folge: lauf, sprang zu
Hchlieszen weist Faber s. 484 zwar zurück; aber er selber soheat sich
nicht 8.481 im distichon auf Phayllos:
ir^vT* ktiX ircvTriKOvra tiöbac ir/jbTjce OduXXoc,
blCK€UC€V b* ^KQTÖV IT^VT* dTroXclIlO^^VUJV
angedeutet zu sehen, dasz der sprang vor dem diskoswurf ausgeführt
wurde, ebenso wenig ist er berechtigt Pind. Isthm. 2, 36 fiaKpd btCKif^
caic dKOvrCccaifii als stütze für die folge: diskos, speerwurf zw ver-
werten, über diese stelle vgl. unten s. 814.
^* man darf nicht mit Pinder annehmen, dasz iu friedenazeiten bei
jeder Olympienfeier der Schauplatz während des fünfkampfs gewechselt
wäre, dieser Wechsel fand nur ol. 104 wegen der voa den Eleiem
drohenden gefahr statt (ol jap *HXe1oi cOv Totc öirXoic icapflcav f|&Y|
elc t6 t^m^voc): s. Holwerda s. 213 anm. 6. Faber s. 495 f. für ge-
wöhnlich wurde der fünfkampf in allen seinen teilen im stadion zu.
Olympia ausgeführt, dromos-übungen konnten die vier ersten teile des
pentatblon im gegensatz zum ringkampf darum doch genannt werden.
792
FMie: £um Mnfkampf der Griechen.
dies aus Find, Nem. 7, 70 ff. her vorzugeben." speerwurf und ring-
kämpf bildeten also den echlusz des pentatblon. vergleicht man mit
diesem nunmehr gewonnenen resultat die oben citierten zeugniss©,
in denen die einzelnen teile des fünf kam pfs aufgeführt werden, so
sieht mani dasz nur drei gewährsmänner dem speerwurf und dem
ringkampf den richtigen platz anweisen: Simonides, Artemidoros
und Paulus Festi, eine bestätigung f(lr die gefundene reihenfolge
erblicke ich in diesem dreifachen zeugnis natürlich nicht.
Für den ersten platz im fünfkampf kommen wetllauf und sprang
in frage, zwischen beiden die wähl zu treffen ist schwer. Pausanias
(VI 14, 10) und Plutarch (de mus. 26) berichten, dasz beim fünf-
kampf flute gespielt wurde, wahrscheinlich geschah dies aber nicht
während des ganzen Verlaufs des kampfspiels, sondern nur während
der ausführung des Sprunges (Paus. V 7, 10. 17, 10. Philostr. II
201 K.). vielleicht sollte die flötenniusik nicht blosz die aihleten
beim spränge anspornen, sondern auch das ganze kampfspiel in
würdiger weise einleiten, es ist daher möglich, dasz der sprung die
reihe der fünf kömpfe eröffnete (s. Pinder 8. 97 f.). mit demselben
rechte kann man aber auch den wettlauf an den anfang dos pent-
athlon setzen, er war die leichteste unter sämtlichen gjmniscben
Übungen und stand als selbständiges kampfspiel in den Olympien
und vielen andern agonen (m. quaest. agon. s. 36) an der spitze des
ganzen gymnischen programms. vielleicht nahm der lauf auch im
fünfkampf die erste stelle ein.
Dasz die bildlichen darstellungen keine Schlüsse auf die reiben-
folge der kampfarten gestatten , bemerkte ich oben, mit den 'prak*
tischen' gründen, die jeder neuere bearbeiter der ftlnfkampffrage für
die von ihm verteidigte reihenfolge ins treffen zu führen pflegt, hat
ea eine eigne bewandlnis. Fedde s. 83 spricht die Überzeugung aus,
dasz vom praktischen Standpunkte nur seine anordnung: lauf, di»kas,
Sprung, Speer« ringen allen anforderungen genüge. Faber s. 4d6
dagegen preist mit beredten worten 'die turnerische brauchbarkeit*
der reihenfolge des Simon ides (vgl Marquardt s. 14). man kann
getrost behaupten, dasz sich irgendwelche praktische gründe für
jede reihenfolge geltend machen lassen.
Haggenroüllers anordnung ist: lauf, Speer, sprung, diskos, ring-
kampf; Henrichs: lauf, sprung, Speer, diskos, ringkampf. Henrich
gelaugt zu dieser aufstellung, indem er angeblich ^die forderungeo
der Physiologie* befriedigt. Haggenmülter geht von der ansiebt aas.
dasz ein bisher zu wenig beachteter punkt gerade hier am schwer*
sten ins gewicht falle, *'die mecbanik des menschlichen körpcr»*,
beide wollen dasselbe, sie streben nach einer anordnung, in der #in
stufenmäsziger Übergang vom leichtern zum schwerern stattBnd«!,
aber sie kommen nicht zu demselben resultat Henrich meint, laaf
und Sprung hätten von den frühesten Zeiten an gaiis natnrgenUUt
i» über diese itelle vgl. outen 9. 811 ff.
FMie: zum ffinfkampf der Griechen. 793
ein zusammengehöriges ganzes gebildet, und auch in der Zusammen-
setzung des fünfkampfs wäre diese natürliche Zusammengehörigkeit
nicht gestört worden; er hält auszerdem den speerwurf für schwerer
als den sprung. Haggenmüller erklärt unbedingt den speerwurf für
leichter, man sieht , wie miszlich es ist, in dieser frage an 'die ge-
setze der physiologie' zu appellieren.
Es bleibt also dabei : der ringkampf bildete sicher den schlusz^
der Sprung oder der wettlauf den anfang. der speerwurf gieng wahr-
scheinlich dem ringkampf unmittelbar voraus, mit den vorhandenen
hilfsmitteln läszt sich die reihenfolge der fünf kämpfe im pentathlon
kaum genauer ergründen.
III. Über einzelne teile des fünfkampfs.
Will man den verlauf des wettkampfs in den einzelnen teilen
des pentathlon ermitteln, so darf man die für andere wettkämpfe
überlieferten einrichtungen nicht auszer acht lassen, die bestim-
mungen, die für ringkampf und wettkampf als einzelne kampfspiele
bestanden , galten natürlich auch für beide als teile des pentathlon.
über die art und weise, wie der wettlauf ausgeführt wurde, be-
richtet Pausanias VI 13, 4: TToXittic jifev bi\ dm ific beut^pac * ♦ *
Kttl T^ccapac, ibc ?KacTOi cuviaxOdiciv uttö toO KXrjpou, kqi ouk
dGpöouc dqpiäciv de töv bpöfiov o*i b' fiv dv dKdcnj idEei Kpairi-
cuiciv, unfep auTOiv auöic 0douci idiv ööXuiV. die läufer wurden
also in kleine gruppen eingeteilt, erst liefen die einzelnen gruppen
nach einander um die wette, dann die abteilungssieger , bis aus
diesen schlieszlich 6iner als gesamtsieger hervorgieng. dasz wirk-
lich immer nur vier läufer zu einer gruppe zusammengestellt wur-
den, ist unwahrscheinlich, in der angeführten Pausaniasstelle ist
vor Kai eine lücke, und es ist immerhin möglich, dasz auszer anderm
auch noch Tp€ic f| oder irevie f| odgl. ausgefallen ist. überdies aber
konnten gar nicht alle abteilungen vier umfassen , sobald die zahl
der Wettkämpfer ungerade war. ein sicheres zeugnis für die quaterne
im wettlauf scheinen AMommsen heortologie s. 147 f. die panathe-
näischen amphoren zu geben, die mit verliebe vier wettläufer zeigen,
in dieser hinsieht beweisen die bilder nichts, es gibt auch gefösze
mit zwei , drei und fünf läufern.
Quer vor den schranken der wettläufer war in der regel ein seil
(uC7TXr]irE) gezogen, das niedergelassen wurde, sobald sie auslaufen
sollten, eine linie (xpajLijLiii) bezeichnete die stelle auf der sie an-
traten, und auch das ende der bahn.*' in Olympia sind uns die
^6 vgl. Find. Pyth. 9, 118. ßchol. Find. Fytb. 9, 208. Aristoph. Ach. 483
u. East. zu II. I 8. 772, 9. Saidas u. ßaAß{c. Etym. M. u. ßaXßic. Bekker
anecd. gr. s. 220. Follux III 147. Harpokration u. ßaXßic. Arist. Ri. 1169
u. Eust. zu Od. a 8. 1404, 55. Lukianos calumn. 12, Tim. 20. vgl. Krause
8. 140 f. Kietz agonist. Studien I: der diskoswurf bei d. Griecheu n. seine
künstler. motive (1892) s. 25 entnimt aus Eustathios index n. ßaXßic, die
schranken der wettläufer hätten in einem niedrigen erdwalle bestanden.
794
FMie: zum föof kämpf der Griechen*
schrankeE für den wettlauf noch erhalien. ziel und abl&af haben
gleiche beE^cbaffenheit und bestehen aus je einer 0,48 m breiten
steinschwelle, jede schwelle wird durch quadratische löcher, die
zur aufnähme von hölzernen pfoaten bestimmt sind, in zwanzig ab-
teilangen oder stände für die läufer zerlegt und ist mit je zwei drei-
eckigen von pfostenloch zu pfostenloch laufenden rillen versehen,
diese rillen sollten wahrscheinlich den wettkimpfern einen festen
halt für den ablau f geben. "
An den meisten stellen , wo die Zusammensetzung dea fünf-
kampfs erwähnt wird , steht für den wettlauf das allgemeine wort
t>pö|iOC, das jede art des Wettrennens bezeichnen kann, nur im spott*
gedieht des Lukillios (AP. XI 84) heiszt es von einem fünfkämpfer:
Ibpapc TÖ Cidbiov, und Simomides epigr. 155 gebraucht notiuKcif).
da uns ajich sonst keine nachricht Über die beschaffenheit des weit-
laufä im fdtifkampf zu teil wird, so kann man nicht entscheiden, ob
es das einfache cxdbiov oder der biauXoc warj der böXixoc kommt
nicht in betracht. man neigt zur annähme des einfachen laufs.
Beim sprang benatzten die fünfkämpfer hanteln (äXifipec)
und Sprungbrett (ßatrip). einer sprang nach dem andern, wo sie
niedersprangen, war das erdreich aufgelockert (^CKa^^eva, CKd^ia),
und wo die hintere ferse des Wettkämpfers im niedersprung zuerst
den boden berührte, wurde eine furche gezogen (Find. Nem. 5^ 20.
Q. Smym. IV 464). dann wurde die weite des Sprungs gemessen
(Philostn II 291 K* Pollux HI 151)* das sprungbrett war 50 fim
vom ende des CKdjj^a entfernt» der Lakoner Chionis sprang aber
noch zwei, der Krotoniate Phajlloa sogar noch fünf fusz darüber
hinaus, schon die grdsze dieser entfernung macht es unglaublich,
daaz der sprang der fünfkämpfer ein gewöhnlicher einfacher schlusz-
sprang gewesen sei* wahrscheinlich musten sie den sog. dreisprung
ausführen, der aus zwei sprungsch ritten und einem schluszsprung be-
steht»*'^ Feddes Vermutung, dasz die im nördlichen teile des übungs*
hofes der olympischen palaistra aufgedeckte thonfiiesenlage als doppel-
gleisige Fpringbahn gedient, und dasz sich für die wetlkämpfe selbst
eine ähnliche springbahn im stadion hefojiden habe, weist F&ber
ß. 479 mit guten gründen zurück.
Auch für den diskoswurf wurde eine bestimmte strecke ab-
gesteckt, die in Olympia anscheinend hundert fu:»z lang war. '^
der entweder beim ablnuf überBpmngeQ worden wäre oder iilt BchweUe
und trittbrett gedient hätte, dai» steht weder im index noch hei Etista-
tfaios selber, ßaAßk iat ein allgemeiner nuedmck für da« mal der wetl-
kilmpfer und heieichnet ebenso gat den strich der läofer i»ie den erd-
ftufwurff von dem ans die dtskoswerfer die Wurfscheibe schlenderton.
1^ das n^are s. in den ausgrabun^ren V 37 und bei Flaeeli in Bau*
meisters denkm. I I tOi F 0. *" s. Fedde s. 8 ff. S2 ff. ** Phildetr.
her. 145 K. dvaKpouci ^^v t^p 6ir^p Tdc v€i|»^^qc t6v hlcxov, ^{nrct t4
()nip To6c ixaröy iri^x^^ ^^^ TOOB\ thc 4^p4c, bmXikinv toO *DJloftin«o0
6vTa. die eile mnss sn swei fusi gereoboel werden* vgl. Hullioli
metrologte* s. 617 t
FMie: zum fünfkampf der Griechen. 795
natürlich warfen die fünfkämpfer den diskos wie den speer nur Ein-
mal. Feddes annähme von dreimaligem speerwarf ist schon oben
zurückgewiesen worden ; eine bestätigung, wie Faber s. 478 meint,
erfährt sie durch die inschrift von Zea'° nimmermehr. Faber gebt
also von einer falschen prämisse aus, wenn er sagt, die ^gymnastische
gerechtigkeit' erfordere auch die annähme eines dreifachen diskos-
wurfs. eine stütze dafür glaubt er in der bekannten Pausaniass teile,
die von den drei Wurfscheiben handelt, gefunden zu haben. Paus.
VI 19, 4 berichtet vom schatzhause der Sikjonier: dv toütiu tijj
Gncaupi^ biCKOi TÖv dpiG^öv dvdKCiviai xpeTc öcouc de toö ttcvt-
dOXou TÖ dYtuvicjLia dcKOjLii2^ouciv. überliefert ist ic öcouc. schrieb
Pausanias öcouc de, so wollte er sagen : 'im schatzhanse der Sikyonier
sind drei Wurfscheiben aufgestellt von der grö>ze, wie man sie beim
fünfkampf gebraucht.' es gab ja Wurfscheiben von verschiedener
grösze. durch 'wie viele' kann man öcouc hier nicht übersetzen:
dann enthielte der relativsatz eine nebensächliche bemerkung, die
der Schriftsteller nicht machen wollte, andere vermuten , Pausanias
habe oOc de geschrieben , was der stelle wieder einen andern sinn
gibt, dann hätten die Eleier die im schatzhause der Sikjonier auf-
bewahrten drei disken zum gebrauch beim fünfkampf verwendet.
Pinder machte die stelle in dieser fassung zu einem grundstein seines
Systems, indem er annahm dasz, wenn beim fünfkampf nur drei
Wurfscheiben gebraucht wurden, zum diskoswurf auch nur drei Wett-
kämpfer hätten zugelassen werden können, aber erstens ist es metho-
disch falsch, einer corrupten stelle, die nicht sicher emendiert werden
kann , eine grundlegende bedeutung zu geben, zweitens ist Finders
schlusz auch durchaus nicht zwingend, wurden wirklich nur drei
disken beim pentathlon gebraucht, so genügte diese zahl vollkommen,
mochten Wettkämpfer da sein, so viele wollten.*' denn sie warfen
die Scheiben nach einander, jeder Einmal, indem sie auf die ßaXßic
traten , einen kleinen erdaufwurf in der form unseres Sprungbrettes
(vgl. Kietz agon. Studien I 22 ff.), die stelle, wo die scheibe zuerst
den boden traf, wurde durch ein cf^jiia bezeichnet*', die scheibe selber
wurde an die abwurfsstelle zurückgebracht.
*• CIG 2360 ToEÖTi] dvbpl TÖEov (pap^Tpav ToHcu^ärunf, &€UT€p€tov
TÖEov dKCVTiCT^ dvbpl XÖTXOC Tpelc. in Zea erhält der sieger im apeer-
vvarf drei lanzen als preis, daraus darf man doch nicht schlieszen, dass
die Wettkämpfer in Zea, geschweige denn anderswo, jeder den speer
dreimal hinter einander werfen mosten. '• vgl. Hnggenmüller s. 16 f.
über diese stelle. >* Od. 6 192 f. und Enst. dazu. Statins TMeb, VI 703.
Fedde s. 44 f. Od. 6 193 ist mit T^pfiaTQ das v. 195 von Athene er-
wähnte cf)Ma (zielmarke) gemeint, das ergibt sich aus dem Zusammen-
hang, so erklärt schon Kustathios die stelle, an dem plural ist kein
anstosz zu nehmen. Haggenmüller s. 55 f. übersetzt fOr^KC T^pfiaT* *A6/)V17:
'Athene steckte die grenzen ab: von wo an bis wie weit, bestimmte also
abwurfsort und ziel, das erreicht werden muste.* wozu soll Athene noch
einen abwurfsort bestimmen, nachdem Odysseus schon einen wurf gethan
hat? wer nach Odysseus den diskos schleudern wollte, muste es natür-
lich von derselben stelle aus thun wie dieser.
796
FMie : zum ftinfkampf der Griechen.
Die frage, ob der speerwurf ein weit- oder ^ielwarf war, ist
viel besprocben und bald in diesem» bald in jenem sinne beantwortet
worden. Holwerda s. 215 be2weifelte^ dasz sich überhaupt eine end-
gültige entscheiduDg fällen lasse, mir scheint Faber s. 270 ff. im
groszen und ganzen das richtige getroffen zu haben, die meisten
der einschlägigen stellen deuten einen weitwurf an.*' man mus*
annehmen, dasx auch für die Speerwerfer eine wurfstrecke abgegrentt
war; seitliches abirren aus der bahn (lim ajüiVOC ßdXXciv Pind.
Pytb, 1, 44)** machte den wurf wohl zum fehlwurf. vielleicht war
am ende der bahn irgend ein ziel gesetzt, das^ den Speeren kaum er-
reichbar^ die riehtung angab, in der sie geschleadert werden musten.
an eine moderne scheibe mit centrum in der mitte darf man natür-
lich nicht denken.
Aber man behaupteti dasz einige Pindarstellen für den zielwurf
im moderneti sinne sprächen. Pindaros Ol, 13, 93 ff, sagt: ^^e b* €U0öv
dKÖVTUJV I i£VTa ^ö^ßov napa cKOnöv ou XP^ I ^d TToXXd ßeXca
Kapiüveiv xepoiv. ^gerade aus aber die sausenden speere schleudernd
darf ich nicht am ziele vorbei die meisten geschosse mit starkem
arm senden* ruft der dichter , indem er von einer mythologischea
abschweifung zur verberlichung des siegreichen Xenophon und seine»
ge&chlechts zurückkehrt. ßeXoc bezeichnet überhaupt das gescboss,
nicht blosz den Speer, ebenso gut auch zb. den pfeil (vgl. Pind. OL
2, 83 f.). Pindaros vergleicht also seine werte in demselben aatze
sowohl mit Speeren wie mit andern geschossen, dasz er die bilder
häuft, indem er 6in gleichnis dem andern grammatisch unterordnet,
geschieht öfter (vgl, zb. Istbm. 2, 35. Nem, 7^ 70 f.)« diese stelle»
die übrigens auch von Faber nicht richtig erklärt wird , bringt also
den Speer überhaupt nicht mit einem ziel in Verbindung und ist da*
her ganz auszuscheiden* ein ziel wird ferner erwähnt Pind. Nem.
9» 63 ff, ZeO irdiep» | eöxo^ai laüiav dpcidv KcXabntai cuv Xapt-
Tccav, iiTtep TToXXüüV re Ti^aXcpeTv Xötoic [ vikov, dxoviülujv
CKonoö dtX^^'^*^ Moicdv. der dichter vergleicht hier nicht, wie
Faber meint, seinen speerwurf mit dem der Musen, er will vielmehr
den Speer ganz nahe an das ihm von den Musen gesteckte ziel werfea,
dh« so schön dichten , wie die Musen gestatten, natürlich konnte
man auch in Wirklichkeit mit dem Speer nach einem ziele werfen,
wie die krieger im felde. es folgt darum aus der Pindarstelle noch
nicht, dasz die Speerwerfer im wettkampf einen sog. zielwurf thaten.
an einer dritten stelle, OL lO, 71, in der beschreibung der mythi-
schen von Herakles veranstalteten wettkämpfe in Olympia heistt
es: äKOVTi <t>pdcTujp b' fXacc CKonov. hier ist IXace ckottöv» wie
Faber richtig bemerkt, in übertragenem sinne gebraucht: es bildet
eine Variation zu dpicieucev v. 64 und {(p6p€ reXoc v. 67 und h^
» 11.^637. 04.0 229. Pind, Pytb, 1, 45. lithm. 2, 35. Lok. An«ch. ST?,
Hör. ca. l 8, 12. Btkker «necd. g^r. «. 67, i9. ** dyt^v b«seioliaet oft
den kampfplats, beiooders bei Homer.
FMie: zum fünfkampf der Griechen. 797
deutet: *mit dem speer that Phrastor den besten wurf.' diese erklS-
rung findet sich auch schon im schol. vet zu 85 Skcvti bk OpdcTUip]
ÄKCVTiiu dTUJVicdjLievoc f ppiipe Kaxd ckottoO. o\ bk tö f[Kac€ ckottöv
dvTi Tou Tf|V viKTiv cuxüxTicc qpttciv. vgl. schol. rec. zu 76 cidbiov
jn^v] 6 0pdcTU)p bk b\' dKOVTOC f Xacev, firouv dcpHKCV , f TrcjLiipcv
^ttI töv ckottöv, TouT^CTiv €uct6xujc r^KÖVTicev.
Ob der speer aus dem anlauf oder aus dem stand geschleudert
werden muste, war wohl kaum bestimmt.'^ sicher war den Speer-
werfern wie den läufem^ Springern und diskoswerfem ein mal vor-
gezeichnet, das sie beim abwurf nicht überschreiten durften, jeden-
falls wurde auch, sobald der speer niedergefallen war, die stelle,
wo er zuerst den boden berührt hatte, durch ein cfi|Lia bezeichnet,
und der speer selber aus der bahn entfernt.
IV. Der sieg im fünfkampf.
Die frage nach der Zuteilung des sieges im fünfkampf erörterten
schon Böckh (Find. I 542. abh. der phil.-hist. cl. der ak. d. wiss.
Berlin 1822/23 s. 391 ff. = kl. sehr. V 387 ff.) und GHermann
(opusc. III 27 ff.), veranlaszt durch die eiklfirung von Find. Nem.
7, 70 f. Böckh nahm im gegensatz zu Hermann an , dasz der fünf-
kampf nicht immer in allen teilen durchgekämpft, sondern eventuell
abgekürzt worden sei, stimmte aber doch mit ihm in der ansieht
übereiu; dasz die niederlage in einem einzelnen kämpfe vom gesamt-
siege ausgeschlossen habe. GFFhilipp ^de pentathlo sive quinquertio
commentatio' (1827) suchte aus der Überlieferung nachzuweisen,
dasz schon drei einzelne siege für den gesamtsieg genügt hätten,
und fand Hermanns Zustimmung (opusc. III praef.) ; die frage nach
der Zuteilung des sieges wirklich zu lösen versuchte er nicht, die
Untersuchung über diesen punkt ruhte lange : denn Krause gymnastik
und agonistik s. 490 ff. brachte nur einige unbewiesene Vermutungen
vor. lebhaft wieder aufgenommen wurde sie, nachdem man des
Philostratos Y^MVOlCTtKÖc 1844 vollständig gefunden und 1858 zu-
erst herausgegeben hatte, den neuen btoff, den diese bis dahin nur
aus fragmenten bekannte schrift in der beschreibung des mythischen
von lason veranstalteten fünfkampfs bot, verwertete EPinder in
einer 1867 erschienenen eingehenden abh. 'über den fünfkampf der
Hellenen', ihm schien aus der bisher bekannten Überlieferung her-
vorzugehen, dasz drei einzelne siege für den gesamtsieg erforderlich
gewesen seien; so erklärte er das wort rpidZeiv. indem er mit dieser
*^ auf vasenbildern sieht man Speerwerfer mit ausgerichtetem wurf-
stabe in eilip^er bewegung, so arch. ztg. 1881 tf. 9. Kraupe tf. XVIII« 66**.
ans diesen darHteliungen glaubt Faber s. 478 scblieszen zu müssen, dasz
unmittelbar vor dem abwurf das linke knie in die höbe gezogen und
das rechte bein auf die zehen gestellt wurde {vf^l. Holwerda s. 214).
ein praktischer versuch wird Faber überzeugen, dasz diese Stellung un-
mittelbar vor dem abwurf unmöglich ist. in ähnlicher bewegung wie
der Speerwerfer ist übrigens auch der Springer arch. ^tg. ao.
798
FMie: zum fönfkampf der Griechen.
Überlieferung des Philostratos erzftblung vom mythischen fQnfkampt
in eioklang za bringen suchte, entwickelte er ein System der zuteiLtuig
des Sieges in scharfsinniger , aber ebenso künstlicher weise, trott-
dem erfreute sich die Pindersche schrift lange des beifalls der ge-
lehrten, und erst in den achtziger jähren begann man an den festen
des Pinderscben baus zu rütteln und ihm seine grundsteine tu ent-
ziehen, aber so viele auch nach Pinder und gegen ihn über den
fünfkampf geschrieben haben, keiner hat etwas besseres an die stelle
des alten gesetzt, alle von Gardner bis auf Fedde betrachten das
TpiäZetV der fünfkämpfer als ausgemachte thatsache, nur in derauf-
fassung desselben weichen sie von einander ab. so verschieden im
einzelnen die deutungen dieses wortes auch sind, bei allen, die bis
auf Fedde die frage behandelt haben , hängt von der erklärung des
TpidZ€tv das System der Zuteilung des Sieges ab , und ^ines ist allen
Systemen gemeinsam: sie zeichnen sich all© durch grosze kttnat-
lichkeit aus.
Neuerdings hat Faber im Philologus L 487 ff* die bedingungen
untersucht, unter denen der sieg im fünf kämpf verliehen wurde, er
glaubt zwei Überlieferungen scheiden zu müssen, vor deren ver-
quickung er warnt angeblich waren nach der einen drei einzelne
siege für den gesamtsieg erforderlich, nach der andern wurde deger»
wer im ganzen am erfolgreichsten gekämpft hatte, wie Peleus jm
mythischen fünf kämpf (Philostr. gymn. s. 262 f. K.). beide Qber-
Ueferungen bestehen nach Faber zu recht: am ehrenvollsten wäre
der sieg in drei oder mehr stücken gewesen, aber nicht immer wire
ein solcher sieg möglieb gewesen; dann habe» wer dem durchschnitt
nach der beste von den kämpfern gewesen sei, als sieger gegolten, für
einen sieger der letzten art glaubt Faber einen agonistischen terminos
entdeckt zu haben, in der oben anm, 4 angeführten Heidelberger
excerpten-bs. steht: Tr^VT€ irap' "6XXr|civ äöXor TTUTpf| ndXn bpöfioc
dKÖvTiov Kai bicKOC. tö hi TraTKpdTiov , , viKticr). ö T^ ^^v viKrjcac
Katd Touc TT^vte dvuütepuj ^nÖ^VTac dOXouc Tr€VTa8Xoc iKaXetro'
6 hk jirj TOUC ^v iKdcrtp Tr€pißor|Touc buvriöeic viKncai dXXot Toüc
bcurepCiiovTac üuvoMdi^eTO TTCVTa6Xoc ^ev, ünaKpoc bi: 'wer In
den fünf oben genannten kampfarten siegte, wurde n^VTadXoc ge*
nannt; wer aber nicht die in jeglicher kampfart berühmten, sondern
nur die geringem besiegen konnte, wurde n^VTaOXoc öiraKpoc ge-
nannt' zunächst ist gegen diesen sog* terminus UTraKpoc einzu-
wenden, dasz man ihn sonst nirgends, wo man es erwartet, über-
liefert findet dann i&t aber auch die definition des uiraKpoc an
der angeführten stelle höchst unklar; nebenbei bemerkt, werden ja
auch die bestandteUe des fünfkampfs falsch angegeben* was f^r
ein gegensatz ist das: ol iv ^KaCTip Ttcpi^diiTOi und ol bcure-
peuoVTCC? athleten ersten und zweiten ranges? und Peleoa war
solch ein (maKpoc, der nur die wettkfimpfer zweiten grades über-
wand? wenn er auch in vier kämpfen unterlag, im ringen warf er
doch die eisten in den vier andern teilen des fünfkampfs. man
FMie: zum ffinfkampf der Griechen. 799
prüfe also die beiden andern stellen, mit denen, wie Faber sagt, die
Heidelberger hs. vollständig übereinstimmt, bei Piaton dpacTai 135 ^
sagt Sokrates: Kd^u), fxi TOtp auTOu i^^qpe^vöouv töv Xötov 8 ti
^ßoiiXeTO, *Ap' dvvoüü, fqpnv, orov X^t^ic töv q)iXöco90v fivbpa;
boKcTc ^dp )Lioi X^T€iv olov iv Ti5 ÄTUJvicy clciv o\ ircvTaGXoi Ttpöc
Touc bpojLi^ac f| TOiic TraXaicidc. kqI yäp ^k€ivoi toütiüv jli^v
XehrovTai Kaid xd toutujv dOXa kqi beuiepoi €ici npöc toutouc,
TUüv V dXXuiV dGXriTUüv TrpüüTOi kqI vikiIiciv auiouc. idx' fiv tcujc
ToiouTÖv Ti X^YOic KQI xö qpiXocoqpciv d7r€pTd2l€c9ai toijc ^tti-
TTibeuovTac toOto tö dTTiiiibeujLia* tuüv jiifev irpiuTiuv elc Euveciv
Tiepi xdc T€xvac dXXciTrecGai, id b€UT€peTa b' fxovxac idiv öXXuiv
7T€pieTvai, KQi ouTUic T^TvecGai nepi irdvxa öiraKpöv xiva fivbpa
TÖV ireqpiXocoqpTiKÖxa* xoioOtöv xivd ^oi boKcic dvbeiKVUcOai.
weil Tivd dem ÖTraKpov beigefügt sei, und weil im folgenden
(136^ und 136 <^) uiraKpoc entweder für sich allein stehe oder dem
TT€VTa6Xoc als snbstantiv nebengeordnet sei, deswegen, meint Faber,
wäre das wort unaxpoc ein terminus für eine art von fünfkämpfer.
dasz es aber ein terminus für eine art von sieger im fünfkampf sei,
beweise die antwoi:t, die der gegensprecher dem Sokrates gebe:
denn das darin vorkommende dnoXemecOai sei der terminus für das
zurückbleiben der weniger guten Wettkämpfer hinter dem sieger:
KaXdic T^ Moi, fqpri, u& CiuKpaTec, qpaivei uiroXaiiißdveiv xd irepi xoO
qpiXocöqpou, dneiKdcac auxöv xip Tr€Vxd0Xijj. ^cxi ^dp dxexvujc
Toicöxcc oloc ixx] bouXeueiv jniibevi irpdTMaxi , jinib' elc r^v dKpi-
ßeiav jUTibfev biaTTeTTCVTiKevai, ujcxe bid xf]v xoö dvöc xoutou im-
ILieXeiav xiliv fiXXujv dnavTiüv dTToXeXcTqpGai, djcircp ol bimioupToC,
dXXd TrdvTUJV juexpiuic iq>f]q>Ba\. 136® heiszt es: qp^pc bf\ TViüfiev,
el dXnOfi Xe^eic, ttoO kqi xP^ciMoi fmiv elciv ol ÖTiaKpoi oijxoi;
bflXov Tdp öxi ^KdcTOu ye xujv xdc x^x^ctc ^x^ivTiuv 9auX6Tep6c
^cTiv ö 91XÖC090C. 'QfioXÖTei. 4)^p€ bi] cii , fjv b* ifvj , ei xüxoic
f| auTÖc dc8evr|cac f\ xäv 9iXuJv xic tüüv ciwv, irepi Jiv cu cTTOub#|V
^eTdXnv ?xcic, irÖTepov uTieiav ßouXö^evoc icxricacGai xöv ÖTiaKpov
dKeivov xöv qpiXöcoqpov eicaTdTOic fiv eic xf^v olKiav f^ xöv laxpöv
Xdßoic; noch einmal wird uiraKpoc 138 <^ gebraucht: iröxepov odv
Kai TTcpi xaöxa X^Tw^Mev, Icpnv, ir^vxaGXov auxöv beiv etvai ical
uiraKpov . . i\ uöw. die von Faber angeRlhrten gründe, weswegen
liTiaKpcc an diesen stellen als terminus aufzufassen sei, sind nicht
stichhaltig, der philosoph wird mit dem fttnfkämpfer verglichen,
weil beider bildung vielseitig, aber im einzelnen mittelmäszig ist.
der fünfkämpfer bleibt im laufen und ringen hinter den eigent-
lichen läufern und ringern zurück: denn diese beschäftigen sich
nur mit 6iner Übung und leisten infolge dessen mehr darin als der
fünfkämpfer, der sich fünf kampfarten einüben musz." so leistet
<^ vgl. Photios cod. 249 s. 440 ßk. iv ^KdcTi] bi toOtu)v Xciirexai xal
üjCTTCp ö TidvTaeXoc Tidcac l\[X)y räc öuvdjLicic tOöv dOXnMdxujv dv dxdcTi]
fJTTiüv icji ToO ^v TI dniTnöeucvTcc oÖTU) Kai 6 dvOpdJiroc irdcac ixwy
800
FMie: £t2tD fünlkampf der Gneoheo.
auch der brj^ioupYÖc, der sieb nur mit einem zweige der kunst oder
Wissenschaft beschäftigt, bierin mehr als der philosoph^ der sich
nicht mit seiner ganzen kraft anf ^in gebiet wirft , sondern alle ge-
biete der knn&t und wiasenscbaft zu umfassen strebt« aber wenn
der pbilosopb auch wie der fUnfkämpfer auf dem einzelnen gebiete
nur den zweiten preis bekommt, so ist er doch den briM^^^^PToi wie
der fQnfkSmpfer den andern athleten durch seine Vielseitigkeit über-
legen , und £0 wird der pbilosopb in allem so za sagen beinahe der
erste (önaKpoc). dKpoc bezeichnet besonders seit Piaton häufig
das ausgezeichnetste f vortrefflichste seiner art. das seltene wort
ÜTraKpoc (beinahe fiKpoc) erhält in rücksiebt darauf den passenden
zusat2 t\c 'gewlssermaszen*. es findet sich nur noch TT6pt iji|«ouc 199
€i b* dpt9^d), f^n TU» per^Oei Kpivouc lä Katopecüfiora, oütuüc fiv
KOV *YTTep€ibT|C TUJ TiaVTl TTpO^XOl AtiuOCÖ^VOUC* ?CTl Tctp aUTOU
7roXuq)ujv6Tepoc Kai ttUiouc öpctac ixiuv Kai cxtbov ürraKpoc £v
Träciv luc 6 Tt^vraOXoc, &ct€ täv p€v 7TpiwT€iujv ^v äiraci Turv
fiXXuJv dxuiviCTujv Xei7T€c6ai, TTpujT€U€iv bl Tüjv ibiuiTiJüv: ^wenn
man aber nach der zahl, nicht nach der grösze die Vorzüge beurteilte,
dann möchte auch wohl Hjpereides durchaus Demosthenes Ober-
ragen : denn er ist wortreicher als dieser und hat mehr vortUge
und ist 80 zu sagen beinahe der erste in allem wie der fünfkämpfer,
insofern er auf den ersten preis in allen stücken der andern kSmpfer
verzichtet, die ungeübten aber übertriflFt/ dann beschreibt der rhetor
ausführlich die Vorzüge des Hjpereides und kommt zu dem resultate«
dasz sie sehr zahlreich seien; die Vorzüge des Demosthenes seien
zwar geringer an zahl, aber um so gröszer und gewaltiger; ihm sei
der preis zuzuerkennen, so steht also Hypereides in demselben ver*
bältnis 2« Demosthenes wie der fünfkilmpfer zu den athleten, die
nur in 6iuer kampfart ausgebildet sind, und wie der philosopH im
vergleich zu den br^fuiOUpTOt bei Piaton, so wird hier Hypereides im
vergleich zu Demosthenes 'so zu sagen beinahe der erste in allem*
genannt
Die beiden zuletzt angeführten stellen passen also vorzügUcli
zu einander, stimmt aber euch die angäbe in der Heidelberger ha.
damit Uberein? ich kann es nicht finden, vielleicht las der verfaaser
dieser angäbe die andern beiden stellen » ohne sie zu verstehen, untl
machte daraus jene unklare deßnition des ÖTraxpoc zurecht, wenn
man die bedeutang von üiraKpoc bestimmen will, musz man von
Piaton dpaciai 135*^ ff. und von Tiepl u^i^ouc s. 199 ausgehen, dann
kann man allerdings ürraKpoc als agonistischen terminus für eine
art von sieger im fünfkampf nicht mehr in anspruch nehmen.
Wir wollen jetzt die andere Überlieferung prüfen, der zufolge
angeblich der sieg in drei einzelnen teilen des ftinfkampfs (so cr-
r6c 5uvd^ji£tc *v ^Kdcrr] XttireTar Aristeidea p»n. s. 318 Ddf* ^^oi p4v
o'bhi it^vtaÖAoi öoicoöciv ol itdvra vikuuvtcc tocoötov toic näa icpovctv.
La. Biog. IX 57. Suidas u. irfvTadAoc und n. *€paTo<:9^VT|C. X«n. H^.
IV 7, 6.
FMie: zum fOnfkainpf der Orieehen. 801
•
klärt man im allgemeinen diroTpidZeiv) fdr den gesamtsieg erforder-
lich war. an zwei stellen wird das wort äiroTptdZciv direct mit dem
fttnfkampf in Verbindung gebracht, im schol. rec. Aisch. Agam.
172 Ddf. heiszt es: TpiQKTfipoc' viKiiToO. Ik |üi€Taq)Opäc tAv £v
TOic irevTdBXoic dTTOTpioZövTiJüV lux dXTiibi viktic. PoUux UL 151
sagt: im hk nevTdOXou tö viKfjcai dnoTptdEai X^touctv. der
scholiast läszt uns überhaupt ganz im unklaren, was unter dem äiro-
Tpid2l€iv der fünfkämpfer zu verstehen sei. PoÜux, dem wir manche
schätzbare bemerkung aus dem gebiete der agonistik verdanken,
sagt wenigstens, man nenne so das siegen im fünfkampf. den grund,
warum man das thue, fügt er nicht hinzu, aber es scheint so,. alB
wenn Plutarch cu^ttoc. 9, 2, 2 die erklärung zu Pollux Worten gebe,
diese Plutarchstelle gilt daher ihrem inhalte nach als hauptstütze
der Überlieferung für das diroTptdZeiv der fünfkämpfer, den aus-
druck selber enthält sie allerdings nicht, sie.lautet: irpoÜTeiVCV
oöv *€p|ui€iac 6 fewiiiTpr\c npiwTOT^vci Ttp TpaMMOTiKiji TrpiÄTOc
aiTiav €lir€iv, bi' f\v tö Sk(pa TTpoidTTCTai t&v TpaWütdxujv dirdv-
TUJV 6 hl Tf|v iv xaTc cxoXaic X€Tojli^vt|v dir^bujKe' id jiifev tdp
9UJvr|€VTa Tip biKaioTdiui Xötip 7rpuJT€U€iv tuiv dqpdivujv xal f||ii-
(piivuiV iv bk TouTOic Twv ^fev juiaKpüüv 6vTUJV, TUIV hk ßpax^uiv,
TUIV b* djLi9ÖT€pa KQi bixpövwv XcTOjLi^vuiv, tqOt' cIkötwc tQ bu-
vdfi€i biaqp^peiv aÖTÄv bk toutuiv TidXiv f|T€jLioviKU)TdTT|V lx€iv
ToEiv TÖ TrpOTdTT€c9ai tODv fiXXuiv bueiv, ÖTroTdTTCcOal bk jniibe-
T^pq) iT€9UKÖc oWv dcTi TÖ fiXcpa* toutI Tdp oöt€ toO Ima b^i-
T€pov oÖT€ ToO u TaTTÖjiCVOv dGAciv 6|uioXoT€iv oitbk ö|üiona66tv,
UJCT6 cuXXaßfiv jLiiav i^ d^qpoiv T€v^c0ai, dXX' (Iicirep dTavaKToOv
KQl dTTOTTTlbOüV IblQV dpXf|V 2IT|T€IV dci. dKClvUlV bk ÖTTOT^pOU
ßoüXei TTpOTaTTÖjLievov dKoXouGoOvTi kqI cufiqpuJVoCvTi xp^icOai
KQl cuXXaßdc övo^dTU)v ttoiciv, dlcirep toO aCpiov kqi toO aöXciv
kqI toO ATavTOc kqi tou albcicGai kqI juiupCuiv fiXXujv biö toic
Tpiciv ujCTiep o\ TT^VTaOXoi TicpiccTi Kai vik^i tq jiifev TioXXd Tifi
(pujväev elvai, tq b' oö <pu)vd€VTa tiJi bixpovov, TauTa b* aÖTd x^
TieqpuK^vai xaSiiTcTcOai, b€UT€p€U€iv bk ^T^b^^TOT€ }ir\b* dKoXouOeTv.
in drei stücken wie die fünfkämpfer besiegt das a alle andern buch-
staben, nemlich 1) als vocal alle consonanten und halbvocale, 2) als
doppelzeitiger vocal die einzeitigen vocale, 3) aber auch die beiden
andern doppelzeitigen, weil es in Verbindung mit diesen immer an
erster stelle steht, es fragt sich , wie man den vergleich zwischen
dem a und den fünfkämpfem vervollständigen soll, bisher that man
es allgemein in folgender weise: das a ist den andern buchstaben in
drei stücken überlegen, wie die siegreichen fttnfkämpfer den andern
(unterliegenden) fünfkämpfern in drei teilen des pentathlon. infolge
dessen meinen Philipp und Holwerda, zum gesamtsieg im fünfkampf
sei der sieg in drei einzelnen, wenn auch beliebigen teilen nOtig ge-
wesen. Pinder hält den sieg in den drei letzten stücken für erforder-
lich, nach Gardner (Journal of Hellenic studies I 210 ff.) wurden
alle fünfkämpfer in paare geteilt, und jedes paar muste zunächst
Jahrbücher ihr clus. philol. 1898 hfl. 12. 61
802 FMie : zum füufkampf der Griechen.
für sich einen ganzen fUnfkampf durchmachen, die kSmpfer, die in
diesem ersten pentathlon drei einzelne siege errungen hatten, wur-
den von neuem durchs loos gepaart und musten in einem weitem
fünfkampf gegen einander losgehen, bis schlieszlich nur zwei übrig
blieben, zwischen denen dann der entscheidende schluszfünfkampf
stattfand, während Philipp, Holwerda, Pinder und Gardner unter
d7TOTpiä2l€iv ein siegen in drei verschiedenen kampfarten verstehen,
sieht Marquardt darin ein siegen in drei gangen der nemlichen
kampfart, ähnlich wie beim ringen. Fedde teilt alle fünfkämpfer
in triaden, dh, abteilungen von je dreien, und läszt von jeder triade
für sich den wettkampf in den vier ersten stücken des pentathlon
ausführen, nach bcendigung dieser kämpfe musten mindestens so
viele zweifache sieger dasein, wie triaden gekämpft hatten, und
diese traten in der gewohnten weise, dh. in paaren zum letzten und
entscheidenden kämpf an, zum ringen, wer darin siegte, gewann
den dritten einzelnen sieg und ward gesamtsieger. allen diesen
schluszfolgerungen wird der boden unter den füäzen entzogen , so-
bald man feststellt, dasz der Plutarchische vergleich bisher nicht
richtig erklärt worden ist. in der that stehen, wie das a den andern
buchstaben, so nicht die siegreichen fünfkämpfer den unterliegenden
fünfkämpfern gegenüber, sondern die fünfkämpfer überhaupt den
andern athleten insgesamt, und wie das a allen andern buchötaben,
so sind auch die fünfkämpfer allen andern athleten in drei stücken
überlegen, was für drei stücke sind das? drei teile bezeichnet
Pollux III 151 als Xbxa toi TT€VTd6Xuj: sprung, diskos- und speer-
wurf. in den nationnlspielen kamen diese Übungen nur als teile des
pentathlon vor, selbständige wettkämpfe wurden darin nicht ver-
anstaltet, von den Wettkämpfern übten sich daher nur die fUnf-
kämpfer in diesen drei stücken, von den andern keiner, und während
sie im laufen und ringen hinter den läufern und ringkämpfern von
profesbion zurückblieben, leisteten sie im t^pringen, im diskos- und
im Speerwerfen mehr als alle andern. ^^ diese drei stücke hatten also
die fünfkämpfer vor allen andern athleten voraus, und in diesem
sinne i^t auch der vergleich bei Plutarch aufzufassen: biö TOlC Tptciv
ujCTTcp o\ TievTaGXoi Trepiecxi kqi viKqi (xö a) heiszt: demnach hat
das a vor allen andern buchstaben die drei (angeführten) stücke
voraus, wie die fünfklimpfer vor allen andern athleten die drei
Übungen: sprung, diskos- und speerwurf voraushaben.'"
" TTriöÄv tOl»v TTCVTdeXwv MQKpÖTcpa oder viKöv iy Tiji irribäv touc
-TT€VTd6Xouc (Libnnios (iir^p Ttliv öpx. III 'M^i Keinkc) frnlt für etwas
niiszcrordeiitlichcs. '^ \g\. anrli die oben s. 799 f. angeführten
ätellcn. die wortc tI twv Tpiiiiv (PhiloBtr. II 26G K.) ttollen nach Fabers
ansieht dem IMutari'liiscIion Tolc Tpic( entuprcclu'ii. Faber übersieht*
dab(>i (ran^M dni«z die Pbilostratiacbe atelle in der fassunjr, wie er sie
gibt, von Kayftcr borriibrt. die Überlieferung (s. Knyser praef. s. XXXII)
it>t so verderbt, dasz man an einer wiederberstellting den textei» ver-
zweifeln niii!-z. man kann nur so viel sagen, dasz Piiilnstratos von der
Vorübung der fünt'kümpfer in Olympia npricbt, vielleicht specieU von
FMie : zum f Qnfkainpf der Griechen. 803
Die hauptstütze fttr die ansieht, es seien drei einzelne siege im
fünfkampf für den gesamtsieg erforderlich gewesen, ist also gefallen,
wie aber soll man die bemerk ungeu über das dTT0Tptd2[€iv der fünf-
kämpfer bei Pollux und dem schol. des Aiscbjlos erkl&ren? bevor
wir auf diese frage näher eingehen , müssen wir uns umsehen , ob
und wo TpidCeiv sonst überliefert ist. nicht blosz Tpiarrciv (ipidCeiv)
kommt sonst noch vor, sondern auch ipiaTfiöc (Tpiacjiiöc)^ TpiaKTr|p
(ipiacTric), dipiaKTCC (dipiacTOc)." ipiaTMÖc bezeichnet zunächst
die dreiheit. der tragiker Ion soll eine philosophische schrift ver-
faszt haben , in der er drei elemente annahm und jedem demente
wieder eine dreifache äpevf\ zuschrieb: ]cuV€Cic Kpdxoc lUXT]. diese
schrift führte daher den titel ipiOTMÖc oder xpittTMoi.'" Africanus
(öXu^TTidbuiV dvaTpa9ri bei Eusebios) führt zu ol. 154 an: Aeiu-
vibac 'Pöbioc xpiacT^c cidbiov. dieser Leonidas wird Tpiacirjc ge-
nannt, weil er an demselben tage nicht nur im crdbiov, sondern
auch im biauXoc und ÖTiXirnc siegte (Philostr. gymn. s. 278 K. Afric.
zu ol. 155 — 157. Paus. VI 13, 4). in demselben sinne gebraucht Afri-
canus ol. 67 ipicccueiv : Oavdc TteXXiiveuc TrpdJTOC dxpicceucev
cidbiov biauXov ÖttXov. auch Hekatomnos und Polites waren ipia-
CTaiy wenn sie auch nicht ausdrücklich so genannt werden: der erste
siegte ol. 177 im cidbiov biauXoc öttXittic, der andere ol. 212 im
cidbiov biauXoc böXixoc (vgl. Africanus rec. Rutgers s. 79 f. 89 f.).
daher ist die erklärung, die sich bei einigen lexikographen^' u. ipia-
XOnvai an zweiter stelle findet: ipic ipoxdcavia viKTi0fivai cidbiov
biauXov böXixov, durchaus richtig, es bedeutet'also ipidCeiv in der
agonistik zunächst das siegen in drei beliebigen kampfarten, Tpiacirjc
einen dreifachen sieger.'* es steht daher auch nichts im wege, einen
der Vorübung im laufen; wenigstens steht der ir^vTaGXoc in der mitte
zwischen dem 6oXixo6p6)Lioc und den andern öpcjuetc Schlüsse irgend-
welcher art aus dieser stelle zu ziehen ist natürlich verboten.
^^ die formen vom A-stamm und ^stamm sind gleich gut: vgl. Lobeck
Aglaoph. s. 353 f. '° vgl. Harpokration u. "luiv. Isokr. ir. dvTib. 268.
La. Diog. VIII 8. Suidas n. 'OpqpeOc Clem. Alex, ström. 1 131. zur
Sache Lobeck Aglaoph. s. 384 ff. '^ Suidas udw. Photios 8. 600. Etym.
M. 8. 765. Bekker anecd. gr. s. 114, wo ööXixov fehlt. ^* der sieg
in drei kampfarten an einem tage war selten, und wo uns dreifache
siegur begegnen, sind es läufer. meistens siegten sie in der ipiTiOc
(TpittTlnöc): CTdöiov öiauXoc ötiXCttic. das war auch natürlich: denn
diese drei lanfübungen waren einander am ähnlichsten und am leich-
testen auszuführen; weit schwieriger war der ööXixoc. daher behandelt
auch Philostratos gjmn. s. 277 f., wo er über die körperliche beschaffen-
heil der verschiedenen Wettkämpfer spricht, den ööXixoc für sich, die
TpiTxOc: CTdfeiov öiauXoc ÖTiXirric zusammen in einem abschnitt. Her-
mogencs aus Xanthos trug in drei Olympiaden acht siege im laufen
davon und war also wahrscheinlich in zwei Olympiaden ein TpiaCTif|C:
ol. 215 und ol. 217 siegte er im CTdöiov, sonst lassen sich die einzelnen
kurapfarten nicht näher bestimmen (Paus. VI 13, 3. Afric. s. 90 f. B.).
schon der zweifache sieg an c'inem tage war sehr ehrenvoll, besonders
berühmt unter den doppelsiegern waren die sog. TrapaöoHovtKai, dh. die
Wettkämpfer die an e'inem tage im ringkampf und pankration siegten
(Plut. comp. Cim. c. Luc. 2). es gab deren acht in Olympia, diese
öl»
804
KMiet zum fünfkam pf der GriecheD.
fUnfkämpfer, der in drei teilen des pentathlon gesiegt hatte, als
TpiacTTtC zu bezeicbnen* denn wenn ich auch bestreite, dasz för den
gesamtsiog im fünfkampf der sieg in drei einzelnen teilen eine not-
wendige Voraussetzung gewesen sei, so kann ich doch nicht leugnen,
dasz gelegentlich ein fünfkämpfer seine nebenbuhler in drei stücken
überwand, sollte vielleicht PoUux diesen speciellen fall im sinne
gehabt und verallgemeinert haben? es ist ja möglich, aber
wenig glaublich.
Eine specielle, aber klare und dnrchsichtige bedeutung haC
TpldZüeiv beim ringkampf. es heiHzt 'den gegner dreimal aus dem
gtand auf den boden werfen', wer das gethan hatte, wurde zum
Bieger gekrönt, häufig sprechen die schriftsteiler von den drei
gangen ded riDgkampfs (tpia TTaXaicpaia) , sei es im eigentlichen
oder bildlichen sinne. ''^ da mit dem dreimaligen werfen (TpidJIctv)
der sieg verbunden war, so war in der spräche der rtnger rpicülciv
gleich 'siegen*, Tpidl€COai gleich 'besiegt werden*, allmählich aber
gewann ipmltiv eiüc allgemeinere bedeutung: man gebrauchte es
schlechtweg für 'siegen', TpiaKTT|p für 'sieger* usw. das lehrt uns
Aiach. Agara, 171 öc b* fTteix' €(pu, TpiaKTiipoc oixeiai Tuxiuv,
und Cho. 339 nennt der dichter die &Tj\ eine dipiaKToc 'unbeaieg-
Hche*. in dem epigramm des fünfkümpfers, der sich selber wegen
seiner niederlage in allen fünf teilen des pentathlon verspottet
(AP* XI 84) j bildet Lukillios das komische woi t TrevTeTpiO(2^ö/i€voc
'fünfmal besiegt*: xT^vte b* an* öBXujv 7rpd»T0C eKr}pOxÖT]V irevie-
TpiaZIöpevoc. der gebrauch von TpidZtiv im weitern sinne hatte zur
folge, dasz spätem schriftsteilem, deren kenntnis in der agonisUk
mangelhaft war, das bewustsein von der ursprünglichen, aUmählidi
erweiterten bedeutung des wortea verloren gieng, es ist ih. nicht
anzunehmen, dasz der ge währsmann der oben citierten lexikographeni
die unter xplotxOfjvai nur zwei specielle lUlle anführen, von der um-
fassenden bedeutung des Wortes noch eine ahnung hatte, was PoUox
betritlt, so ist mir am wahrscheinlichsten, dasz er fünfkampf imd
ringkampf verwechselte« diese Verwechslung war nm so leichter
wurden nachfolger des Herakles (Pau«. V 8, 4) genannt und im elischeo
Biegerverzeichnia der reih© nach geüähti (Afric* oK 142. 156. I7t. 178.
182. 198. 204 R,). Krause (gymn. u. agon. a. 650. Olympta a. 310 f.
Pyihien Nfme^^n nnd I&thmicn s, 316) enitiimt aus Paus. Vi 15, S und
AP. IX 588, der Thebaner KIcitomachoD Imbe in den Istlimien an ^m«ia
laße drei siege im ringen, fafistkarapf und pankratioo erranjren. Paü-
sanias sagt aber nur, dass Kleitomaclios an demselben tage im faiist
kämpf und pankration siegte j der ringkampf fand »ieber ein andtfinil]
Statt : ^v McÖ^itV iraXaicTÄc KaTcndXaiccv dv5pac, ical iftl ii^ipoc tljc
adTfJc Touc Te Tt'iv iiirTrM»1v ical touc ic tö iTaT»cpdTiov ^ccXOdvnK
i»Cp(ÜTet T^ M^XT)- ebenso wenig berechtigt das epigramm dea Alkalo«
Krauae zu seiner Folgerung.
" Suidaa, Pbotio*. Ktym. M. Bekker ao. AP, IX Ö8H, XI 316. Ata
Eum. 589 Ddf. und aciiol. Aiach, Cbo 339 Ddf. Piaton Phaidros iÖtC
Euthyd. 277 '». Soph. fr. ine. 678, 13. Philü«tr. 11 tU K. t>«n. tie benef. V 3;
Heaychios n. diroTpid^ai. Bekker anecd. gr. s, 438. vgl. ICrausc: b, itA f.
FMie : zum fünfkampf der Griechen. 805
möglich , als der ringkampf den letzten and entscheidenden teil des
Pentathlon bildete, mit dem siege im ringkampf fiel auch der sieg
im ganzen fünfkampf zusammen, die worte des schol. rec. zu Aisch.
Agam. 172 sind meiner meinung nach unverständlich und über-
haupt nicht zu deuten, der Byzantiner scheint das alte scholion, das
nur xpiaKTfipoc* dirl ^Xiribi viKiic lautet, ohne kenntnis der sache er-
weitert zu haben und war sich selber wohl nicht ganz klar , was er
eigentlich sagen wollte." noch eine stelle gibt es, die auch beweisen
soll , dasz der gesamtsieg im fünfkampf den sieg in drei einzelnen
teilen unbedingt voraussetzte, das schol. zu Aristeides pan. III 339
Ddf. (Photios cod. 246 s.409 Bk.): dvTi TÜ&V ä0Xoc fx^^v 7t^VT€ äfw-
vicjuaia, TrdXiiv bpö^iov dtKÖviiov bicKOv TraTKpäTiov f^ ävtItoO
o\ e' ÖQTUJviW^evoi f\ o\ iv toic e dTiwvic^aci viku»vt€c oöx 8ti
Trdviec (Phot. bk) o\ Tr^vTaOXoi irdvia vikujciv • dpK€i fäp auToTc
t' tOüv e' TTpöc viKTiv. hier steht nicht, dasz drei siege von fünfen
für den gesamtsieg gefordert würden, sondern dasz sie genügten, als
beweismaterial für die herschende ansieht kann diese stelle daher
nicht verwendet werden, das resultat meiner Untersuchung ist: die
behauptung, es sei für den gesamtsieg im fünfkampf
der sieg in drei einzelnen teilen unbedingt erforder-
lich gewesen, hat keine Überlieferung.^
^* Pinder s. 81 f. hat eine auszerordentlich hohe meinung von dem
Byzantiner und hält es anscheinend für anmöglich, ihm eine erweite-
ruDg des alten scholion ohne kenntois der Bache zuzumuten, eine scharfe
iuterpretation der stelle vermisse ich. Pinder sagt nur, dTrOTpid2^€iv
bezeichno das siegen in den drei letzten teilen des pentathlon, das
durch ein dreimaliges abwerfen der gegner erkämpft werde, und sei
sehr anschaulich mit dem aasdruck ^ttI ^Xti(6i vCki^C verbunden. Mar-
qnardt s. 10 erklärt ^irl dXiriöi v{kt]C dircTpidlciv : in steter hoffnung auf
sieg sich von neuem am dreikampf beteiligen. Faber s. 491 sucht sinn
in die stelle zu bringen, indem er dem diT0Tptd2Ieiv eine neue beden-
tung gibt und so übersetzt: 'infolge einer vergleichung mit denjenigen
unter den fünfkUmpfern, welche in der hoffnung anf sieg nur in drei
stücken zu siegen suchen (dh. sich nur in diesen üben).' er glanbt die
berechtigung für diese Übersetzung in den werten des Philostratos s. 266 K.
Kai ö TrdvTa9Xöc ti tOjv TpiOöv (sc. TUlivdZeTai) zu finden und hält über-
haupt, wenn ich ihn recht verstehe, die bedeutung, die er dTroTpid2^€iv im
scholion beilegt, für die ursprüngliche (vgl. oben anm. 28). nach Haggen-
müller s. 37 steht das diT0Tpid2Iciv hier 'in der gans abgeschwächten
form des kämpfens, wie es im pentathlon üblich war'. '^ mit recht
bestreitet Faber s. 490, dasz der sieg in drei stücken die einzig mög-
liche form des gc^amtsieges im fünfkampf gewesen wäre, den beweis
für seine behauptung bleibt er aber schuldig, mit Plut. cu^iroc. IX 2
findet er sich überhaupt gnr nicht ab. das wäre doch in erster linie
nötig gewesen. Haggcnmüller und Henrich bestreiten beide, dasz drei
oiuzelne siege für den gesamtsieg genügt hätten, eine erklärnng des
Plutarchischen Vergleichs gibt auch Haggenmüller nicht, er macht
nur die bemerkung, nicht auf grund dreier siege gewinne das a die
erste stelle, sondern 'aus drei gründen' (s. 36). Henrich s. 66 geht bei
der erklUrung des Vergleichs von der annähme aus, dass die kampf-
ricliter regelmüszig nach dem vierten kämpfe des pentathlon eine Sich-
tung der athletcn vorgenommen und nur die im durchschnitt zwei bis drei
806 FMie: zum fQnfkainpf der Griechen.
Nach Fabers arbeit, aber UDabhängig davon und auch anab-
hängig von einander erschienen die Schriften von Henrich und
Haggenmüller über den fUnfkampf. Henrich steht in der mitte
zwischen Faber und HaggenmQller und hat mit beiden berührungs-
punkte, er spricht gleich wie Faber viel von durchschnittsleistungen.
aber Faber will nichts von einer ausschlag gebenden Stellung des
ringkampfd im pentathlon wissen und meint ^ dasz nach der be-
endigung des ganzen Fünfkampfs die fünf leistungen eines jeden teil-
nehmers zusammengerechnet worden seien; wer im durchschnitt am
erfolgreichsten gekämpft habe, dem sei der gesamtsieg zugesprochen
worden.^ Henrich dagegen nimt an^ dasz die feststellung der durch-
schnittsleistungen nach dem vierten kämpfe stattgefunden habe, die
bis zu einem gewissen grade erfolglosen fünfkämpfer seien dann
ausgeschieden und nur die zwei bis drei besten zum ringkampf an-
getreten; ohne ringsieg kein gesamtsieg.'' in der Würdigung des
ringkampfs stimmt Haggenmüller mit Henrich ganz überein. er
teilt auch die ansieht, dasz nach dem vierten teile des pentathlon eine
anzahl teilnchmer von der fortsetzung des kampfes ausgeschlossen
wären, die erlaubnis weiter zu kämpfen hieng seiner meinung nach
von der richtigen erfüllung der in den vier ersten Übungen ge-
stellten anforderungen ab (s. 41). Haggenmüller s. 52 glaubt sogar
besten zum engern Wettbewerb im ringen zugelassen bätten, die übrigen
aber seien stets ausgescbicden. wie das a den andern buchstaben in
drei stücken üborlefi^en ist, so sei auch 1) der fUnfkttmpfer allen übrigen
kämpfern durch seine eii^cnschaft als fUnfkämpfer überlegen; S) seien
zwei fUnfkämpfer, manciimal auch drei, der mehrzahl überlegen und
gelangten in den engern Wettbewerb mit einander; 8) im engern kreise
der besten zeige sich ^iner überlegen und gewinne den gesamtaieg
nicht nur im pentathlon, sondern zuf^leich auch über alle kümpfer ohne
unterschied, diese erklärung ist schon deswegen zu verwerfen, weil
meiner meinung nach eine veren(|[un^ der teilnehmerzahl nicht immer,
sondern höchüteus unter frewissen umstunden stattfand (s. unten s. 814 f.).
** nach dem vorganfi^ von Fcrlde pr. s. 88 sagt Faber s. 498: 'am
tage der siegesverkündigunfr wurde dann auf der dfopd, dem platse
zwischen dem stadion und dem iiltar, wie uns das eptgramm des La-
killioH lehrt, von jedem der teilnchmer, vom erfolglosesten kämpfer bis
liinauf zum Hief^er, verkündet, wievielter er in den verschiedenen kämpfen
und demßfemäsz im i;anzcn des kampfspieles geworden war.'' der aas-
druck ^KT]pOxBT]v ircvTCTpiaZöficvoc des Spottgedichts soll also eine be-
ffrUndung dieser annähme enthalten? auch zeit nnd ort der siegesrer-
kündigung f^ibt Faber falsch an: vgl. meine quaest. agon. s. 80 f .
" Henrich 71 f. meint, dasz Piaton erast 136* f., Pholios coH. S49
s. 440 Hk., Xon. Hell. IV 7, 5, La. Dioc. IX 87, Suidas n. "EpaTOcO^VTic
die feststellung der durchschnittsleistungen im fünfkampf andeuteten,
in welchem zusammenhange diese stellen zu verwerten sind, ist oben
B. 799 f. ffczeiprt worden, warum das messen der Sprünge im pent-
athlon auf eine durehschnittsleistung hinweisen soll, ist mir nnbefrreif*
lieh (s. oben r. 794). dasz der bericht des Pauwanias III 11. 6 und die
ausdrücke ^XGd)V ^c £piv (Her. IX .H8) und ol b' ^c TrdXr|v d(piKÖM€VOi
(Xen. Hell. VII 4, 29) nur dann verständlich seien, wenn man eine
Verminderung der teilnehmcrzahl vor dem ringkampf annimt (Henrich
s. 64. 67), kann ich auch nicht finden.
FMie: zam funfkampf der Griechen. 807
behaupten zu dürfen, dasz in den ibta Tqj ireVTdOXiu bestimmte
leistungen , die die kampfrichter auf grund ihrer erfahrungen wäh-
rend der dreiszigtägigen Vorübung feststellten, verlangt wären,
diu erfUllang dieser sog. normalleistungen berechtigte angeblich zur
teilnähme am ringkam pf.^
Das ^System' des fünfkampfs musz man sich so einfach und so
natürlich wie nur möglich vorstellen, es i^t undenkbar, dasz es aus
dem rahmen der griechischen agonistik, den die für andere wett-
kämpfe überlieferten gesetze und brauche begrenzen, so vollständig
herausgefallen sei, wie man nach den auseinandersetzungen der bis-
herigen bearbeiter der fünf kämpf frage anzunehmen genötigt ist. wo
die quellen der Überlieferung für das pentathlon, die überhaupt nur
spärlich flieszen, versiegen, musz man in diesem rahmen bleiben, das
ist die erste forderung, und diese ist berücksichtigt worden, als ich
oben über das wesen einzelner teile des fünfkampfs sprach, ich
stellte fest dasz, was über die ausführung des wettlaufs im allge-
meinen überliefert ist, auch für den wettlauf im funfkampf gelten
musz. sicher rangen die fünfkämpfer ganz in derselben art und
weise wie die eigentlichen ringkämpfer, sicher hatten sie dieselben
bestimmungen und gesetze zu beachten wie diese, es wäre gegen
den in den kampfspielen herschenden brauch gewesen, wenn jeder
fünfkämpfer diskos und speer dreimal hinter einander geworfen
hätte, wie Fedde und Faber annehmen, die feststellung von durch-
schnitts- und normalleistungen im pentathlon wird nicht nur nir-
gends angedeutet, sondern ist auch im hinblick auf die einrichtungen
der andern gymnischen wettkämpfe ganz unwahrscheinlich, in jeder
gymnischen kampfart der groszen panbellenischen agone siegte 6iner,
von einem zweiten und dritten sieger erfährt man nichts, daraus
ist zu folgern, dasz auch in den einzelnen teilen des fünfkampfs nur
6iner siegte, zweit- und drittbeste nicht berücksichtigt wurden;
daher ist beurepoc fjv (Philostr. II 263 K.) mit *er unterlag' zu
übersetzen; nicht 'er war der zweitbeste', sobald ein kämpf im
pentathlon beendet war, wurde natürlich von den kampfrichtern
der Sieger festgestellt, nach abschlusz des ganzen fünfkampfs der
gesamtsieger. dieser wurde vor versammeltem volke vom herold
laut ausgerufen, den erfolglosen Wettkämpfern widerfuhr diese ehre
natürlich nicht.
Welche bedeutung hatte der ringkampf unter den fünf teilen
des pentathlon? aufscblusz über diese frage gibt die erzählung vom
mythischen funfkampf bei Pbilostratos: denn ich setze mit Finder
und andern voraus, dasz sich in der sage die einrichtung, wie sie in
historischen Zeiten bestand, widerspiegelt. Pbilostratos II 262 f. K.
berichtet: TTpö jLifev bf\ Idcovoc xal TTT|Xdujc fiXjuia dcT€9avoÖTO
8^ zu der anDahme von uormalleistang^n fühlt sich Haggenmtiller
unter anderm durch Find. Nem. 5, 20 und Pytb. 1, 44 veranlaszt. er
erklärt diese stellen nicht richtig, 8. oben s. 794. 796. für den aprung
forderte übrigens auch schon Finder eine normalleistung.
808
FMie: %um fünfkampf der Griechen.
il>ia Kai bicKOC Ibia, xal tö ctKÖVTiov f|pK€i ^c vikt^v Kaiä Todc XP^
vouc, oOc f] *ApYÜj ^irXer TeXafiujv p^v KpctricTa ibiciceue, Auxk€uc
b^ ^KÖvTiCev, ^Tpexov be kqI ^inibiuv o\ Ik Bop€ou, TTfiKeuc bt
Taöia ^fev nv beuTCpoc, ^Kpaici be airavTUJV TrdXi[]- 6ttöt' oöv
^YiuvKovTO ^v An^VLu^ (paciv Idcova TTr|Xei xGtpiWjuievov cuvdqicu
TCt TTtvie Kai TTqXea ttiv vikt|V oötuj cuXX^HacOai, HaggenmQller
a. 41 behauptet, da Philostratos nicht den eigentlichen verlauf des
sagenhaften ftinfkampfs schildere, sondern nur die aussiebten auf
erfolg, die fünf von den Argonauten hatten, so dürfe man auf die
leistungen der helden im pentathlon eelbst keinen schlu>»z xiehen.
dem kann ich nicht beistimmen, dasz Peleus den gesamtsieg ioa
fünfkampf nur seiner tücbtigkeit im ringen verdankt, darüber lassen
Philostratos worte keinen zweifei, dieg gibt auch HaggenmüUer zu.
aber man kann weiter gehen und mit fug und recht annehmen, dasz
wie vorher so auch im fünfkampf auf Lemnoa Telamon den besten
diskos- und Lynkeiia den besten Speerwurf that, dasz die beiden
Boreaden am besten liefen und sprangen, wäre der fünfkampf anders
verlaufen als wie die worte von TcXa^ibv ptv bis TtctXq vermnten
lassen I 8o hätte es Pbilostratos in irgend einer weise angedeuiel.
nach seinen worten musz man sich den vertauf des mythischen pent-
athlon so denken: die Argonauten traten alle zum fünfkampf an,
aus den vier ersten teilen giengen vier verschiedene sieger bervor
(Telamon, Lynkens, die beiden Boreaden), und alle teitnebmür am
pentathlon wurden zum letzten kämpfe, dem ringen, zugelae^QO.
hätte einer von den vier siegem auch noch darin gesiegt, so wILre
er selbätversttindiich gesamtsieger geworden, aber es siegte ein
fünfter Argonaute, der bisher noch nicht gesiegt hatte, Peleus, und
diesem wurde auch der gesamtsieg zugesprochen, daraus musz mmn
den schlusz ziehen, dasz der ringkampf unter den fünf teilen dee
pentathlon eine hervorragende, ja eventuell entscheidende dtellung
einnahm: der sieg im ringen bedeutete mehr als der sieg in einer
der vier andern kampfarten- aber man darf jedenfalls nicht an-
nehmen, dasz er so viel galt wie zwei andere siege; er war sicher nur
so zu sagen primus inier pares.
So zeigt uns also die sage bei Pbilostratos den verlauf eine^
fünfkampfs, wo in jedem teil ein anderer siegte, aber der kämpf
konnte sieh auch anders gestalten, nicht immer gieng aus jedem
der fünf kämpfe ein anderer sieger hervor* leider sind wir Über
kein anderes pentathlon so genau unterrichtet wie über das mythisebe«
denn die Überlieferung von dem olympischen fünfkampf, an dem
Tisamenos und Uieronymos teilnahmen, ist lückenhaft und läaxl
fragen, die man gern beantwortet wüste, offen, wir lesen bei Hero-
dolos IX 33: TicaMCvip tap jn^vTcuoM^vip £v AeXq^oici TTCpl tövou
dveiXe f] TTueiii dyiüvac touc pettcTouc (ivaipT|C€c6ai Tr^vre. ö ^tv
bi\ otiiapTtbv Tou xPIcxripiou irpocfTxe T^pvacioici übe ävoipt^cö-
^levoc if^Mvi»cöuc dttuvac, <5ck€u>v be ttcvtcuöXov TTap*lv TraXaicMa
Ibpape viKUv 'OXufiTTidba, Icpuivu^ui tuj 'Avbpiiu ^X6iüv ic Ipiv*
FMie: zum fOnfkampf der Griechen. 809
Pausanias III 11, 6 erzäblt: Ticafi€V({li bk övn 'NXciip n&v lajüitbi&v
XÖTiov 4t^v€to dtuivac ävaiprjcecOai tt^vtc ^irKpavecrdrouc aöröv.
oÖTU) TreviaGXov 'OXujünriaciv dcx/jcac dirfiXGev f|TTii9€Cc. Kairot
Tä buo T€ f\y irpuüTOC* xal t^P bpöfAip Te ^xpdTci kqI inibyifiaTt
lepuCivujLiöv ""Avbpiov. KQTairaXaicOelc bk öir" qötoO Kai d^aprüiv
Tflc vIktic cuvfiici ToO xpncfioO, bibövai ol töv Ocöv fiavTeuofi^vip
TT^VTC äffSjyac Tio\i}xw xpaTf^cai. Pausanias sagt also aasdrücklichy
dasz Tisamenos im lauf und sprang siegte, nnd fügt hinzu, was
auch Herodotos bestätigt, dasz er im ringen besiegt warde. über
Hieronymos erfahren wk; dasz er im lauf und sprang von Tisa-
menos besiegt wurde, im ringen aber jenen besiegte, auszerdem
berichtet uns Paus. VI 14, 13: itiX bk ainoic (KeiTai) lepuivufioc
"Avbpioc, öc TÖV *HX€iov Ticafi€vdv 7i€VTaeXoOvTa iv 'OXujünrfqt
KaT€iTdXaiC€V. es stand also eine statue von Hieronjmos in Olympia,
die- ihm infolge seines sieges in jenem fünfkampf gesetzt worden
war. der sieg im ringen allein konnte ihn natürlich nicht zum ge-
samtsieger machen, da bereits Tisamenos in zwei kampfarten der
erste geworden war. Hieronymos war mindestens noch in einem der
beiden übrigen teile, im diskos- oder im speerwurf, siegreich ge-
wesen, vielleicht auch in beiden, im ersten falle müste noch ein
dritter unbekannter fünfkämpfer einen einzelnen sieg errungen
haben, gern wüsten wir, ob sich Hieronymos und Tisamenos allein
im ringkampf maszen^ oder ob noch andere athleten zum ringen
zugelassen wurden, auch diese frage bleibt ungelöst *^ aber das er-
fahren wir, dasz Hieronyraos und Tisamenos wie die Argonauten das
Pentathlon bis zu ende durchkämpften , und dasz hier wie da erst
der ringkampf die entsoheidung brachte.
Aber brachte denn wirklich in jedem falle erst der ringkampf
die entsoheidung? musten jedesmal alle fünf teile samt und sonders
durchgekämpft werden? gesetzt den fall, ein und derselbe siegte
in den drei ersten kämpfen des pentathlon, dann gebührte ihm
meiner ansieht nach ohne weiteres der kränz, und selbst wenn er in
den beiden übrigen kampfarten, seien es welche es wollen, unter-
legen wäre, der kränz hätte ihm nicht mehr streitig gemacht werden
können, wer dies billigt, musz auch zugestehen dasz, wenn nach
dem dritten oder vierten kämpfe einer unter den athleten war, dar
drei einzelne siege gewonnen hatte, eine fortsetzung des kampfes
zwecklos war. wozu sollten sich die fünfkämpfer, wenn der sieg
entschieden war, noch weiter ohne aussieht auf erfolg abmühen? es
gab doch nur 6inen sieger, zweite und dritte preise wurden ja nicht
verteilt, um sich zu üben giengen die athleten ins gymnasion. wel-
s» anders urteilt Böckh (abh. d. Berliner ak. d. wiss. 1822/28 8. 894
BS kl. sehr. V 390) über die stellen: 'man bemerke, dass sowohl nach
dem Ansdrack des Herodot als des Paasanias, besonders des erstem,
nur diese beiden kämpfer aufgetreten waren; yon andern mitkämpfem.
ist nicht die rede, nnd es können andere nicht dabei gewesen sein«
weil sonst die schriftsteiler sich ganz anders hätten aosdrficken müssen.*
810 FMie: zum fünfkampf der Griechen.
ches Interesse hatten die zuschaaer an einem kämpfe, dessen Sieger
schon feststand ? um den ehrenvollen kränz im kämpfe zu erringen»
kamen die kftmpfer, und um den wettkampf um den kränz zu schauen,
wallfahrteten die zuscbauer zu den heiligen nationalen agonen. aller-
dings sagt AMommsen (Bursians jahresber. LXIX 118): 'ein abbrach
des Pentathlon nach dem dritten oder vierten kämpfe empfiehlt sich
auch vom sacralen Standpunkte nicht, man kämpfte vor dem an-
gesicbte des Zeus, ihm galten die Olympien, und es war nicht in der
Ordnung an dem, was sich gebührte, zu kürzen und statt eines voll-
ständigen Pentathlon einen bruchteil desselben darzubieten, weil
dem ehrgeize des ganzsiegers schon durch drei erfolge genügt war.'
ist dies richtig, dann wäre auch eine für die Olympien und Pythien
bezeugte einrichtung, der sieg dKOViTi, unmöglich gewesen, auch
ohne vorhergehenden kämpf (dKOViTi) konnte ein athlet eventuell
den kränz erhalten, wie zb. ol. 75 Dromeus in Olympia, da sein
gegenkämpfer Euthymos durch den faustkampf mit Theagenes zn
erschöpft war, um es noch mit ihm im pankration aufzunehmen
(Paus. VI 11,4), und ol. 2 18 Herakleides, dessen gegenkämpfer Apol-
lonios Rhantis nicht rechtzeitig eingetroffen war (Paus. V 21, 14). ^
dasz der sieg äKOViTl dieselbe geltung hatte wie jeder andere sieg,
bezeugt Xenophon Ages. 6, 3 xai iv TOic dtu^ci bi oub^v fJTTav
Touc dKOViTi f\ Touc bid jLidxiic viKoivrac CTeqpavoCciv. auch Fedde
s. 93 f. bestreitet die möglichkeit, dasz ein pentathlon nach dem
dritten oder vierten kämpfe hätte abgebrochen werden können, und
behauptet sogar, kein fünfsieg sei ohne sieg im ringen gewonnen
worden, er führt Simonides epigr. 155 an:
"IcÖiLiia Kai TTuÖoi Aiocpuiv ö OiXuivoc dviKC
&\}xa TTobuiKciiiv bicKOv dKovTa irdXiiv
und glaubt daraus entnehmen zu müssen, dasz Diophon auch noch
zum ringen antreten sei, obwohl er bereits in vier stUcken den sieg
davongetragen habe, diese annähme ist nicht nötig, der pentameter
enthält eine Umschreibung des wertes n^VTaOXov, und der dichter
konnte sich diese erlauben : denn wenn auch Diophon nicht in allen
einzelnen stücken gesiegt hatte, so war er doch gesamtsieger im pent-
athlon geworden, in welchen einzelnen teilen er die gegner Über-
wunden hatte, läszt das epigramm nicht erraten.
Dasz die sieger in den beiden fünfkämpfen, von denen wir
genauere künde haben, auch zum ringen antraten und darin siegten,
hindert nicht anzunehmen, dasz gelegentlich nach dem dritten oder
vierten teile der fünfkampf abgebrochen wurde, wir wissen sogsr
von einem bestimmten fünfsieger, dasz er nach einem glücklichen
speerwurf der mühe des ringens enthoben wurde, in den schol.
70, 94 und 150 zu Pindar Nem. 7 berichten Aristarchos und Aristo-
demos , der dichter Pindaros wäre von den Aigineten getadelt wor^
<o vgl. Africanas ol. 118. Paus. VI 7, 4. die anfrabe des Philo-
Stratos 8. 266 K., dasz die Eleier nur ringkämpfer dKOVtTi bekrinit
hätten, ist nicht richtig.
FMie: zum fünfkampf der Griechen. 811
den , weil er sich in einem paian (fr. 52 Bergk) anziemlich über das
ende ihres stammheros Neoptolemos in Delphoi geäuszert habe, und
es liegt kein grund vor, diese angäbe mit GHermann and TMommsen
(Übersetzung s. 148) für eine kümmerliche scholic^stenerfindung zu
halten (vgl. Nem. 7, 102 f.). gegen diesen von den Aigineten er-
hobenen vorwarf verteidigt sich Pindaros in Nem. 7 : er erzählt aus-
führlich, wie Neoptolemos nach Pelphoi gekommen sei, dort den
tod gefunden habe und begraben liege (v. 30 fif.). im hinblick auf
den geschmähten Neoptolemos-paian ruft er dem fünfsieger Sogenes
aus Aigina, der durch Nem. 7 verherlicht wird, v. 70 ff. eindringlich
zu: EuEeviba TrdrpaOe Cu)T€V€c, äTTO)Livuuj | jif) T^pjiia Trpoßdc
fiKOvG' dbie xö^KOTidpacv 6pcai | 0oäv t^Oüccqv, öc iEdTTCjimiev
TraXaicjudiiJüv | aux^va kqi cG^voc dbiaviov, ai0ijüvi npiv dXlui
tmov ijLiTreceiv. | el ttövoc ?iv, iö Tepirvöv ttXcov Treb^pxeiai. la
IH€* viKÜüVTi T€ xopiv, et Ti TT^pav depGeic | dv^Kpatov, ou Tpaxuc
€i)Lii KaTaG^)Li€V. öpcai darf man nicht mit Böckh durchs futurum
übersetzen, es ist indnitiv des praeteritums (GHermann). unter
T^P)Lia ist hier nicht das ziel, über das der speer hinausfliegt, zu ver-
stehen, dann hätte der dichter T€p)Lia TTpoßdvT', auf dKOvra bezüg-
lich, gesagt oder einen ausdruck in dem sinne von T^p)Lia ÖTiepßaXidv
gewählt, es bedeutet T^p^a überhaupt die grenze, ebenso gut am an-
fang wie am ende der bahn, hier ist das mal am anfang gemeint, das
die zum wettkampf antretenden athleten nicht überschreiten durften
(vgl. oben s. 793 ff.), der dichter bedient sich also nicht 6ines, son-
dern zweier den wettkämpfen entlehnter bilder, indem er schwört:
'ich überschritt nicht die schranke und liesz nicht wie den erz-
wangigen Speer die schnelle zunge schieszen, der dem ringkampf^'
enthob den starken nacken unbenetzt, bevor der glühenden sonne
der körper verfiel.' Pindaros gieng also nicht, so schwört er, in
jenem Neoptolemos-paian über die ihm als dichter gesetzten schranken
hinaus wie ein Wettkämpfer, der frevelhaft das mal am anfang der
bahn überschreitet, er machte es aber auch nicht wie der fünf-
kämpfer, der seinen speer weithin schieszen liesz und durch einen
glücklichen wurf sich von den mühen des ringkampfs befreite, er
zügelte vielmehr seine zunge und unterzog sich der grösten mühe,
indem er in dem vielgetadelten paian die letzten Schicksale des
Neoptolemos in Delphoi wahrheitsgetreu und doch in einer fttr den
beiden rücksichtsvollen weise besang, 'war die mühe grosz, so ist
die freude nachher um so gröszer.' nur so, wenn man den Zu-
sammenhang zwischen v. 74 und dem vorhergehenden berücksich-
tigt, kann man die stelle richtig würdigen.
Wie beschaffen muste ein speerwurf ^ein, der den fünfkämpfer
von der mühe des ringens befreite? Mezger (Pindars siegeslieder
s. 371) meint, 'einzelne fUnfkämpfer hätten mitunter den kunstgriff
<i wo Pindaros iraXaCc^ara gebraucht, bedeutet es stets wirklich
ringkampf , nicht blosz kämpf (Ol. 9, 13. Pyth. 8, 35. Nem. 10, 22).
812
FMie: zum fünfkampf der Griecben.
gebraucht, mit aufbieturig der Äaszersten kraft den wnrfspeer so
weit zu schleudern, dasz die gegner dadurch von der fortsetzung dee
kampfes abgeschreckt worden wären' (vgl. Bissen in B^ckhs explic
Pind. n 2 8. 433 f.), auf diese list nehme der dichter bezug, indem er
sagei dasz er es bei der abfassung des viel getadelten paians nicht so
gemacht habe, von einem 'mitunter von einzelnen gebrauchten
kunsstgriff* kann nicht die rede sein* den vermeintlichen knnstgriff
mit aufbietuög der äuszersten kraft den Wurfspeer möglichst weit
zu schleudern wandte sicher jedesmal jeder fünf kampier an, dem ea
ernst um den wettkampf war. Böckh (not. crit. s. 542) meint ^ der
dichter vergleiche seine zunge mit dem speer des Sogenes/* dieser
habe nemücb in den vier ersten teilen des fünfkam pfs gesiegt und
im vierten kämpfe den f^peer so weit übers ziel hinausgeschleudert
(l^plia Tipoßdc)| dasz die gegner auf die fortsetznng des pentathlon
dh. auf den ringkampf verzichtet hätten, es ist nicht anzunehmen!
dasz sich nur durch den besonders weiten speer wurf eines fQnf*
kömpfei^s die tlbrigen vom ringkampf hätten abschrecken lassen,
wenn es ihnen noch möglich gewesen wäre durch einen sieg im
ringen auch den gesamtsieg zu erlangen, nur wenn ihnen diese
möglich keit ganz genommen war, konnten sie auf die ausführang
des ringkampfs verzichten, mit andern worten : nur dann^ wenn der
betreffende fUnfkämpfer zugleich mit dem glücklichen Speerwurf
den dritten einzelnen äieg errang, der speer wurf war entweder der
dritte oder der vierte in der reihe der fünf kämpfe , wahrscheinlich
der vierte, das gebt aus diesem gedichte hervor, es konnte daher
ein fQufkämpfer auch schon in der kampfart, die den dritten plati
inne hatte» den dritten einzelnen sieg gewinnen, und die befreinng
von der mühevollen fortsetzung des kampfes war daher nicht die
specißsche eigentümlichkeit eines glücklichen speerwurf»«. auch der
sieg im dritten teil des pentathlon konnte einen athleten eventuell
der fortsetzung des kampfes und also auch des ringkampfs eni*
heben: denn der ringkampf bildete sicher den schlusz des guuscQ«
wenn also der dichter seine zunge mit einem Speere vergleicht, def
dem fünfkümpfer die mühe des ringens ersparte^ so kann er nicht
einen dann und wann nur beim speerwurf vorkommenden glQcks-
fall andeuten, sondern musz auf ein bestimmtes, wahrscheinlich mit
dem Speerwurf des Sogen es in Verbindung stehendes ereignis an-
spielen* ein glücklicher speerwurf brachte Sogenes den dritten ein-
zelnen sieg und damit den gesamtsieg; des ringen» aber wurde der
Sieger überhoben, denn eine fortsetzung des kampfes war zwecklOi»|
wenn der sieger fet^tstand.
€t 7TÖV0C flv, TÖ tepTTVöv TiXcov TTCb^px^Tai, sagt der dichter
sunächst mit bezug auf sich selbst, auch Sogenes hätte sich Tiel*
*• ßöckti weist nuf dns echol veL tinter 109 tl növoc i^v rd Tf(>-
irvöv] hin: Ö dKUJv, cprictv, alxioc y€v6^€Vüc Tt\c itavT«XoOc vticnc o^x
£iro(iiC€ xpi^itxy cc Ix^xy/ toO hiä iTdXr)C ce trcpitcv^cöat tU»v dvTOXUivi«
CTiüv, dXXd cou dßp€KTov i6v aOx^va U4ir€fiiv€ toO dfii)voc.
FMie: zum fünfkampf der GriecheD. 813
leicht noch mehr, als er es thut, über seinen sieg gefreut, wenn er
sich durch den ringkampf zum siege hindurchgerungen und einen
weniger glänzenden, aber mühsamem sieg gewonnen hätte, diesen
gedanken legen die worte des dichters nahe, aber dasz sie im stände
seien die siegesfreude des Sogenes zu schmälern , glaube ich nicht.
Holwerda s. 211 nimt dies an und legt in y. 75 f. ia )li€* vikuivti
T€ xcipiv, €1 Ti TT^pav depGeic | dv^Kpatov, ou xpaxuc eljui Kaia-
9^)Li€V einen sinn den sie nicht haben: Masz mich; ihm, der jeden-
falls gesiegt (viKUuvTl fe) , sei es auch mit einem siege , der mindere
freude (x^piv) macht, werde ich die härte nicht haben diese freude
herabzusetzen, wenn ich auch vielleicht mein lied zu hoch angestimmt
habe/ in v. 75 f. wendet sich der dichter endlich von Neoptolemos
ab und dem sieger zu. d Ti irepav depGeic dv^Kpatov bezieht sich
auf die absch weifung zu Neoptolemos und besonders auf den schwur
V. 70 ff.
Böckh hat das verdienst für die erklärung dieser stelle den
rechten weg gewiesen zu haben, wenn er auch im einzelnen irrte,
mit recht folgte ihm Holwerda und nahm auch an, Sogenes sei des
ringens überhoben worden, weil er drei einzelne siege und damit
den gesamtsieg schon vor dem ringkampf errungen habe; aber er
blieb auf halbem wege stehen, insofern er den ganzen Zusammen-
hang , in dem die worte stehen , nicht näher untersuchte und auch
den vergleich T^pjiia Trpoßdc nicht richtig auffaszte. eine ganz andere,
von den meisten neuern (Bergk, Gardner, Marquardt, Fedde, Haggen-
müller) angenommene deutung gab Finder dieser stelle, sein ver-
dienst ist T6p)Lia TTpoßdc zuerst richtig verstanden zu haben, aber
indem er die möglichkeit der abkürzung des fünfkampfs bestritt,
faszte er das dK7Te|Li7T€iv TraXaicjiidTUüv als folge des T^pjLia Trpoßfjvai,
dh. als ausschlusz von der fortsetzung des kampfes wegen des freveis.
er nimt eine unbewiesene hypothese G Hermanns an, der dichter
spiele V. 58 ff. auf einen pythischen wettkampf an, in demThearion,
des Siegers vater, einem Achaier (v. 64) unterlegen wäre, dieser
abschweifung wegen wolle sich Pindaros v. 70 ff. bei Sogenes ent-
schuldigen, ^seine eigne zunge vergleicht er dabei mit der lanze im
fünfkampf, und feierlich leugnet er ab, dasz er die grenze über-
schreitend einen wurf gethan habe, die ihn hätte ausschlieszen müssen
von fernerm kämpfe , nein , weiterzuführen sein lied habe er so ge-
sungen, um durch mühen (v. 74) hindurchzudringen zum preise'
(Finder s. 88, vgl. 53. 91). so kommt v. 74, der eine deutliche be-
ziebung auf das unmittelbar vorhergehende enthält, nicht zu seinem
rechte, und die worte, die v. 73 den ringkampf als so mühevoll
schildern, werden zur floskel. schon aus diesem gründe ist die
Pindersche erklärung zu verwerfen, auch Faber s. 475 schlieszt
sich Finder im groszen und ganzen an. nur meint er, Finder habe
die stelle noch nicht zu völliger klarheit zu bringen vermocht, volles
Verständnis gebe erst die vergleichung mit Isthm. 2, 35. Isthm.
2, 30 ff. lautet: Ktti Tdp oÖK dTvOüxec ujüiTv dvxi böjüioi | oöt€ Kifi-
814 FMie: zum fünfkampf der Griechen.
fiuiv, (h 6pacußouX*, ^paroiv, | oCt€ )Li€XiK6fiTTuiv dotbfiv. | oö t&P
TTÄTOC, oube TrpocdvTTic d K^XeuGoc TiTveiai, | e! Tic cuböEuiv tc
dvbpdiv dxoi Ti^dc 'EXiKiüvidbujv. | fiaKpd biCKrjcaic dKOVTiccaiMi
TOCoOG', öcov öpTdv | — ervoKpdnic uirip dvepuiiruiv ifXuKeiav j
f CX€V. der hier gefeierte Xenokrates wird auch in Pyth. 6 von
Pindaros wegen eines pythischen wagensieges besungen. *das fiaicpa
bic.Kiicaic' sagt Faber s. 472 'bezieht sich offenbar auf jene sechste
pythische ode, während der vorliegende gesang vom dichter mit
dem dKOVTiZeiv verglichen wird.' das ist keineswegs offenbati son-
dern höchst unwahrscheinlich, ich bin davon Oberzeugt, dasz dem
dichter in den Worten )LiaKpd biCKrjcaic äKOVTtccaijLii jede anspielung
auf ein zweites siegeslied fern liegt, eine solche würde deutlicher
zu erkennen sein, das gleichnis bezieht sich nur auf die vorliegen-
den Worte von Isthm. 2; wie auch sonst (zb. ol. 13, 93 £ Nem.
7, 70 ff.), so verschmelzt der dichter hier zwei dem fünfkampf ent-
lehnte bilder zu 6inem.^' dasz sich in Nem. 7, 70 ff. Skuiv und
7raXaiC)LiaTa auf zwei nach einander entstandene gedieh te besögen,
dKUJV auf den Neoptolemos - paian und TraXaCcjüiata auf Nem. 7, ist
daher auch eine willkürliche annähme Fabers.
Es ist noch übrig den verlauf des fünfkampfs in zwei verschie-
denen fällen zu untersuchen, wir wissen dasz, wenn aus den vier
ersten teilen des fünfkampfs vier verschiedene sieger hervorgegangen
waren, alle teilnehmer am wettkam pf. zum ringen zugelassen worden.
geschah dies auch , wenn nach dem vierten kämpfe zwei agonisten
mit je zwei einzelnen siegen da waren? traten in diesem falle alle
fünfkümpfer zum ringen an, so war die möglichkeit vorhanden, dasz
einer sich als bester ringer zeigte, der bisher ganz erfolglos gekftmpfl
hatte, wem sollte dann der kränz gegeben werden? dem ring-
kSmpfer, der nur 6inen sieg aufzuweisen hatte, gebührte er nicht.
von den beiden andern hatte aber jeder gU'iche ansprüche auf den
preis, wenn alöO in dem angegebenen falle alle teilnehmer am fünf-
kampf zum ringen zugelassen wurden, konnte die frage nach dem
gesamtsiegcr sehr verwickelt werden, um dies zu vermeiden, lieszen
die kanipfrichter vermutlich, wenn in den vier ersten stücken zwei
Wettkämpfer je zwei ^ioge gewonnen hatten, nur diese beiden im
ringen auftreten, mir scheint diese annähme durch die Verhältnisse
geboten zu sein.
Es konnte aber auch der fall vorkommen, dusz im verlauf der
vier ersten teile des fünfkampfs einer zweimal und zwei je Einmal
siegten, nahmen dann alle agonisten ohne ausnähme am ringkampf
teil, so konnten den kampfrichtern allerdings niemals solche Schwierig-
keiten bei der Zuteilung des sieges erwachsen wie die vorher ge-
schildert(T.. trotzdem glaube ich, dasz auch in diesem falle vom
*-^ vgl. Hohol. vet. 51 uaKpd öicxficaic dKovriccaifii] fiaKpuiic xal ^c-
•fiiXujc Tov ^luAv Xöyov j!>(ipac, (pT]ci, kolX töv viKT]<pöpov tTKUifAicÜliuv,
iiTTcpßaXoOMai touc dXXouc, ötröcov xai ö HevcxpaTnc Tpönov tAukOv
Kai cTTOubaiöTEpov irdvTUJv dvepiiiirwv ^cx€v.
EJLiebhold: za PlatooB Politeia. 815
ringkampfe alle die ausgeschlossen wurden, die bisher erfolglos ge-
kämpft hatten, denn hätte auch einer von diesen im ringen gesiegt,
den gesamtsieg konnte er doch nicht mehr dadurch erlangen, wahr-
scheinlich traten nur die sieger der vier isrsten teile des pentathlon
zum ringen an. siegte der, der vorher schon zweimal gesiegt hatte,
so wurde er selbstverständlich gesamtsieger. siegte einer von den
beiden andern, so waren nach dem abschlusz des fünfkampfs auszer
einem einfachen sieger zwei sieger in je zwei stocken da. natürlich
wurde d^m zweifachen sieger, der auch im ringen gesiegt hatte, der
kränz zu teil gemäsz der bedeutung, die der ringkampf im Verhältnis
zu den andern kampfarten hatte.
Mit diesen auseinandersetzungen steht das oben s. 805 angeführte
scholion zu Aristeides pan. nicht im Widerspruch, nur ist die angäbe
des scholiasten unvollständig und nicht erschöpfend, wollte er
genau sein, so muste er sagen : *drei von fünf siegen genügen unter
allen umständen zum gesamtsiege; unter gewissen bedingungen, nicht
immer, genügen zwei siege und eventuell sogar 6iner.' das letzte
beweist die erzählung vom mythischen fünfkampf bei Philostratos.
Rostock. Friedrich Mib.
(62.)
ZU PLATONS POLITEIA.
I 342* Ti bk br\; ami] i\ laTpiKrj icTX irovTipd, f\ äWx] Tic
T€xvr| f c9' 6ti irpocbeiTai xivoc dpexfic, üjcirep öq)OaX^oi öipeuüc
Kai iLia diKofic , Kai bid lauia ^tt* auToTc bei xivöc t^xvtic ttjc tö
HujLiqpepov eic auid raura CKei|;o|Li^vTic t€ Kai iKTTopiJ^oucric; die
bedürftigkeit der kunst soll in dieser frage weder als eine zeitweilige
r^cö* 6t€) noch als eine in irgend einer beziehung vorkommende
(^c6' ÖTi), sondern als eine durch die mangelhaftigkeit (TTOViipia)
ihres wesens unzweifelhaft bedingte hingestellt werden, da nun die
zweifellosigkeit von Piaton sehr häufig durch die formel oicG* ÖTi
ausgedrückt wird, so ist es wahrscheinlich, dasz auch an dieser stelle
f| dXXri Tic T^xvn oIcG' ÖTI rrpocbciTai tivoc dpCTflc in dem texte
gestanden hat. dieser Sprachgebrauch wird bestätigt durch stellen
wie III 393^ orc0' ÖTi ouK dv ^\}xr\c\c ?iv, dXX' diTXfi birJTncic.
VI 505 * KOI vOv cxeböv oTc0' öti jli^XXuj toOto X^t^iv und auszer-
dem durch Phaidon 72'* orc0' ÖTi ixdvTa TcXeuTUJVTa tö auTÖ
cxfljua äv cxciT]. Gorg. 486* oTc0* Sti ouk Sv fxo^c, öti xpn^aio
cauTui. Menon 85*^ oTc9' öti tcXcutujv oubevöc fjTTOV dKpißiöc
dTricTr|C€Tai irepi toütiüv. Theait. 171* ua.
343 ^ Kai br\ Kai toiic dv TaTc ttöXcciv fipxovTac, o*i ibc dXii0uic
öpxouciv, dXXuic TTUiC fjTcT biavoeicGai rrpöc toüc dpxojüi^vouc
f| ÜJCTiep fiv TIC TTpÖC TTpÖßaTa biaT€0€lTl, Kai fiXXo Tl CKOTTeiV
auTOuc bid vuktöc koi fjju^pac fj toöto, Ö0€V auTOi ibq)€Xr|covTai.
an dieser stelle ist wegen des folgenden ckottcTv das vorangehende
816
EJLiebboldi zu Flatons Poliieia«
biavoeicGat entbebrlicb und Dacb dem spracbgebraucb , der in ver-
gleiebuQgen denselben oder einen verwandten begriff zu fordern
pflegt, unwabrscbeinlicb ^ wcsbalb es sich empfeblen würde bia-
K€ic6ai anstatt Öiav0€ic6ai mit rücksiebt auf das folgende bia-
TCÖeiT) zu scbrejben. übrigens ersehe icb aus der Stall bäum sehen
ausgäbe, dasz dieser verschlag schon früher Ton Faesi gemacht
worden ist.
349^ ToiouTOc dpa icilv iKärepoc auTtirv, okncp foiicev*
*AXXä xi |i€X\€i; lqpT|. hier sind» wie es scheint, zwei ungenaoi^-
keiten des texten zu bemängeln, denn er&tlicb ist zu schreiben o lOt
(sc, ciclv) oiciT€p coiKeVj und ausserdem anstatt des unhaltbaren
dXXct Ti iieXXei dem kurz vorhergehenden ttojc jap ou ptXXei ent-
sprechend entweder dXXd Ti oij /itXXei; oder dXXct ti dXXo ^^XXct;
wie dies aus ähnlichen stellen^ z, b. III 392 <* tI fäp, €q>Ti, dXXo (sc.
eivai peXXei); VlII 566^ tI b* oü fitXXci; ebd. 568» ti b' ou iiiX-
Xouciv; und X 605'= ri b* oü ^AX€i, clirep ^e bpa aurö; erhellt.
dagegen sind die von Stallbaum angezogenen stellen , wenn nicht
dasselbe versehen der Überlieferung anzunehmen ist^ schon aus d^m
gründe nicht zu verwerten , weil in keiner von beiden das verbum
jLieXXetv in frage kommt, denn Gorg, 480^ heiszt es xi yäp bi)
(pdu|i€v, Ol CuiKpaT€c; und Prot 312^ ti äv einoiMCv auTÖv elvai, ^
uj CaJKpaxec, f\ diTKxdxiiv roO TTOifjcai beivov Xeteiv ; ■
352'*'= ÖTi piv Totp Kai coqpujxepoi Kai d^icivouc Kai buvaxtu- ™
Tcpoi irpdTT^iv Ol biKaioi (paivovTai , o\ b^ fibiKOi oub^v irpdrreiv
ptx' dXXT]Xujv otoi T€ — dXXd bq Kai oüc (papev ippujp^vojc
TTiuTioT^ TI peT* dXXr|Xüuv KDivrj TTpdSai dbiKouc övtac, toOto ou
TTavTarraciv dXrjSec Xetopev. mit dem öxi zu an fang der periode
würde man offenbar eine jäh abbrechende construction erhalten, die
nur durch biiXov oder q)av€pöv ^CTi vervollständigt werden könnte. |
da jedoch dem attischen dialog diejenige aposiopesis am gelliufig«
ßten istf bei welcher von zwei einander entgegengesetzten bedinf^ti^it I
ßfttzen der erstere ohne nacbsatz bleibt, zb. Prot, 325*^, Symp. 18ö^,
Thuk. III 3, während im vorliegenden falle die Unebenheit durch
eine leichte Undening entfernt werden kann^ so halte icb es für wahr-
aebeinlich, dasz früher ftl in dem texte gestanden bat, weil durcb
diese partikel bisweilen auf die noch andauernde gflUigkeit einer
frühem bebauptung oder eines aus der frllbern beweisfübruog sich
ergebenden resultates hingewiesen und somit ungefähr dasselbe adi^
etwas ähnliches wie durch die weiter unten (352'*) folgende wen-
düng cpaivovTai ptv ovv kqi vöv, &c t^ MOi boKei, ^ tüv eipHKa^cv
(sc, £ijbai|iOVtcT€poi €?vai) erreicht wird* damit würde zugleich die M
von Woblrab (in seiner scbukusgabe von 1893) aufgenommene «i* ■
klärung Hüllers überflüssig werden, wonach der fitatz mit ÖTi ebenso
wie die viel spätem worte xauTa pev ouv ÖTi oöiwc ^x^i von ^iov-
ödvuj, von dem es durch eine beträchtliche entfemung getreitni|
ist, abhängig sein soll.
K UDO LS TA DT. KaBL J Uli US LtESBOLI»,
FSusemihl: snr teztüberlieferung der Aristotelinchen politiik. 817
93.
ZUR TEXTÜBERLIEFERÜNG DER ARISTOTELISCHEN
POLITIK.
Da meine dritte ausgäbe der Aristotelischen politik jetzt in
neuem, hie und da, so weit es angieng, verbessertem abdruck er-
scheint, fühle ich eine gewisse Verpflichtung mein von mehreren
Seiten angegrififenes und allerdings einer modiflcation bedürftiges
und nunmehr von mir modifioiertes verfahren bei der textgestaltung
noch einmal teilweise zu beleuchten, im zweiten teil meiner *quae-
stiones Aristoteleae crit. et exeg/ (Greifswald 1893) s. III — IX
habe ich mich zu zeigen bemüht, dasz WLNewman in seiner höchst
schätzbaren, bisher leider nur die beiden ersten bücher umfassenden
ausgäbe (Oxford 1887) mit unrecht die hss.-familie IP vor W im
gegensatz zu mir bevorzugt habe, und mein recensent MWallies
Berl. ph. woch. XIU (1893) sp. 1196 findet, dasz es mir gelungen
sei. dagegen hat Newman 'prof. Susemihl on the mss. of Aristotles'
Politics' in class. rev. VII (1893) s. 304 — 309 mich in einer viel-
fach beachtenswerten weise zu widerlegen gesucht, und dieser ver-
such verdient daher eine möglichst gedrängte antwort.
Zwar das erste buch, darüber sind wir beide einig, kann wenig
oder gar nichts entscheiden, freilich habe ich hier keineswegs , wie
ein anderer recensent CGoebel woch. f. cl. ph. X (1693) sp. 736 be-
richtet, mich blosz dahin ausgesprochen, dasz bei berechnung der
sichern fälle das Verhältnis der richtigen lesarten in W und IP
=R 13 : 16 sei, und keineswegs mich sonst nicht bestimmt ent-
schieden; ich habe vielmehr noch für eine reihe anderer stellen sehr
bestimmt, nur nicht mit gleicher gewisheit meine mit gründen unter-
stützte meinung geäuszert und dargelegt, dasz auch bei der mög-
lichsten liberalität gegen IP nach abzug aller schlechthin unent-
scheidbaren fälle sich das wirkliche Verhältnis mit Wahrscheinlichkeit
vielmehr = 23 : 19 oder gar 24 : 19 gestaltet. Newman hat sich
begnügt 1252» 8. ^20. 1253^ 33. 1267*» 7. 1260» 31 vielmehr für
W in anspruch zu nehmen, mögen denn andere zusehen, ob meine
dort und früher entwickelten gründe oder die seinen die starkem
sind, es handelt sich dabei namentlich um die von mir selbst her-
vorgehobene thatsache , die aber natürlich auch Newman nicht Üür
allein entscheidend hält, dasz häufig in W worte, namentlich kurse
mit unrecht weggelassen sind, seltner mit recht, um so mehr sollte
man freilich, beiläufig gesagt, denken, dasz da, wo vielmehr die
beiden erhaltenen hss. M^P^ der familie IP solche kurze Wörter wie
den artikel im gegensatz zu il^ hinzufügen, dies öfter richtig sein
werde als verkehrt. ^
1 diese frage wird sofort praktisch 1362* 2 und 1268« 25, 8. unten,
vgl. anm. 2.
Jahrbacher f&r class. philol. 1898 hfl. 12. 52
818 FSusemibh zur textub erlief erung der Aristotelisclien politik.
Im zweiten bacbe habe icb das mit voller oder anoälienider
Sicherheit zu beredmende verbältnis auf 64 oder 65 : 39 angesetzt»
dabei aber^ wie Newman bemerkt, ein paar irrttimer begangen» indem
ich zu Ungunsten von JI* noch 1266*' 6. 1268 ^ 16 und zu gnnsten
noch 1271* 40, 1273» 9 hätte aufführen müssen und 1270*» 12
nicht zu gunsten von 1J\ sondern von U^* so wäre das Verhältnis
aleo vielmehr 65 oder 66 : 42.
Unter jenen 65 oder 66 fälhn stimmte nun Newman in 41 oder
42 und stimmt jetzt in 42 oder 43 mit mir äberein , in bezug auf 5
andere schwankte er schon früher , und jetzt sind zu diesem seinem
schwanken noch 7 weitere hinzugelangt : ich sehe keine Ursache
auf die von mir dargelegten gründe, weshalb ich hier gar nicht
schwanke, sondern diese lesarten unbedenklich 17^ zu gute schreibe»
noch einmal zurückzukommen, denn ich wenigstens hege zb. nicht
den leisesten zweifei dagegen, dasz 1262^ 2 tujv äpi6^0uv in 77^ aus
TÖV äpiG^äv Ojv verderbt und zubammengeflossen, und dasz 1268* 25
das für den sinn kaum entbehrliche Kai aus W aufzunehmen iatV
und wenn Goebel Bp.737 behauptet, die lesart von iT^gebe 1272^ 8 f.
denselben sinn ohne conjectur wie die ohne die conjectur von Kora^
nicht zu haltende von n\ so ist dies einfach nicht wahr: sie gibt
vielmehr gar keinen sinn, denn was soll eigentlich eine akoämie der
mächtigen heiszen? akosmie kann ja doch nichts anderes bedeuten
als su&pendierung des kosmenamtes, wozu denn die Wortstellung in
n^ mit der äuszerst leichten Verbesserung von 6xav in oTav vor-
trefflich passt. * und wenn Newman meint^ es habe 1264 ^ 31 leichter
* daza kommt obendrein noch der obige geüichispunktt s. mhiii. i,
' in bosng auf 1261 '^ 2 ^T. ist ja Newman mit mir einTerttundeDf
er trä^t nur bedenken meine conjectur dvofioioiK fUr b* ibc öfioCouc
anzunenmen , weil sie ihm nicht leicht genug ist. aber sie ist f^r
nicht so flcbwer: A und A liegen ja einander nahe genu^ und werden
oft verwechselt, aus den beiden ersten haken eines etwas rundlich ge-
Hchriebenen N aber konnte sehr wohl Q, aus dem dritten C werden, mit
dieser verbeasernng' tat nun Aber der text vod J7' gej^enüber dem inter-
polierten von JI' gnnz in Ordnung. Goebel dagregen 9«tEt iich «os der
leg&rt von JI» toÖto hk gi^tltai rö iv ^^p€i toüc tcouc €Sk€Iv t6 5' ük
d^ofouc etvat il äpxf\c und 12* iv toijtoic bi |ütt^€lc6ai t6 dv ^^pci to^k
Icoüc oIkciv (oder cCkciv) öjiolovc (oder ÖfioCu/cj toTc ix äpxf[Q folgenden
text zusammen: toÜto &eT (so Montecatino?) MtMCicOai t6 iv ^^p€l TOi>c
Tcouc elKCiv öMOtwc tok i^ dpx'ic, in welchem rote H äp%f\c mit 'deneo^
welche ausserhalb der obrigkeit stehen' (! l) übersetzt wird, eine
weitere Widerlegung ist unnötig, ich erlaube mir nur den rec. auf meiiie
^quaeationes criticae de Politicis Aristoteleis' zu verweisen, die er atlem
Anschein nach nicht gelesen hat, aber doch wohl billige rwebe erst hUtte
lesen müssen, noch wunderlicher ist sein verhiiUen 1272'* 39 f., wo er
offenbar nicht einmal eine etBsige meiner drei ausgaben lur band g««
commen hat. denn er schreibt, durch die aufnähme von ica6^ a(n^
lasse sich die sielte nicht heilen, gerade ich aber habe auch nichl im
entferntesten geglaubt sie dadurch allein heilen xu können, sondern
gennu angegeben, wie diese schwer verderbte stelle längst von andern
dem sinne und annttherud auch dem Wortlaut nach gehciU hl. gerade
Goebel dagegen, v{>llig hierum unbekümmert, nimt die worte, wie tie
FSasemihl: zur textüberliefenmg der Aristotelisohen poIitik. 819
tap in bk übergehen können als nmgekehrty so ist zu erwidern, daes
die häufige Yertauschnng beider partikeln mit einander in den
Aristoteles-hss. lediglich auf der ähnlichkeit der compendien beraht.
Es bleiben also noch folgende 12 fftlle ttbrig.
1260^ 27 und 1261 ^ 4. ich könnte auch hier mich darauf be-
schränken für die rechtfertigung der weglassungen in J7^ auf meine
frühern begründungen zu yerweisen, da Newman auf dieselben nicht
eingegangen ist. bei dem allgemeinem interesse, welches die sache
an der erstem stelle hat^ ist indessen eine Wiederholung nicht über-
flüssig, man hat längst bemerkt, dasz der schlusz des ersten und
dieser anfang des zweiten buche nicht zu einander passen, nicht bi,
sondem toip würde einen leidlichen Zusammenhang herstellen, aber
auch der anfang des dritten und der des sechsten (früher vierten)
sind ohne solche copula, so leicht sich auch an ersterer stelle bi
einschieben liesze. es stimmt dies ganz zu der jetzt wohl allgemein
gewonnenen Überzeugung, dasz die schrift aus yerschiedenen ent-
würfen zusammengesetzt ist. auch im überlieferten anfang des
vierten (siebenten) buche ist bk von dem hauptcodex der familie IP
interpoliert, kann es noch einen zweifei leiden^ dasz es auch im
eingang des zweiten eine interpolation^ und zwar hier von der ganzen
familie IP ist?
1261* 27. hier wird das futurum £XKt}c€i durch das folgende
futurum bioicei gestützt; und IXxiicq ist nun einmal sprachwidrig.
1263^ 7 TauTÄ t€ bf| (oö fügt IP ein) cufißaivci toTc Xiav 8v
TTOioOci Tf)V TTÖXiv. Ncwmau gibt zu, dasz unter den Xiav &v iroi-
oCvT€C Piaton zu verstehen ist und nicht seine Staatsbürger, nun
entgeht doch aber der genusz etwas sein eigen nennen und nahe-
stehenden gefällig und hilfreich sein zu können nicht jenem , son-
dern er würde diesen entgehen, wohl aber begegnet es jenem, dasz
seine theoric; ins praktische hinübergeführt, alle diese übelstftnde
hervorrufen würde, das erkannten Vettori und Schneider und tilgten
daher das oö.
1265* 33 f. hier gibt Goebel mir recht. Newman dagegen
beharrt bei seiner ansieht, er berief sich für seine meinung , dasi
dKoXouOeTv blosz comes esse bedeute, wie es hier Sepulveda überaetiti
auf Bonitz index Ar. 26 * 25 ff. ich entgegnete ihm, dasz Bonitz hier
vielmehr schreibt: ^sequi videtur causam effectus, propositiones oon-
clusio , condiciones id quod ex iis suspensum est , substantiam aed-
dens; de bis rationibus dKoXoiideiv usurpatur' und dann unter den
beispielen z. 44 diese stelle nur mit *cf.' einführt und nicht axuh
schreibt, woraus ich schlosz und noch schliesze, dasz er hier an dem '
Bekkerschen text, dem er sonst folgt, gegen den er aber gelegent-
lich auch durch fragezeichen oder conjecturen seine bedenken aus-
überliefert sind, ruhig hin mittels einer erkl&mng, de qua honoris oaosa
taceo. man erkennt den eindringenden und scharfsinnigen kritiker des
textes der tnetaphjsik hier nicht wieder, leider ist ihm an der letztem
stelle Newman mit ähnlichem üblem beispiel vorangegangen.
62 •
820 FSusemih] : ziu texiüberlieferuiig der ArietoteUscben politik.
spriclitf ftnstOGZ nahm, darauf kommt ja nichts an; wenn ab«r
Newman meint, Bonitz sage nicht, unter welchen jener Tier f&lJe «r
diese stelle begreift ^ so sagt er dieü eben auch bei aUeu andern to»
ihm angeführten beispielen tiicht, und es kann hier Ton allen vier
doch selbätveretändlich nur der erste, kaum etwa noch der dritt«
in betracht kommen, nun kannte man freilicb, je nachdem man die
ßache ansieht^ ebenso gut sagen: 'scb weigeret erzeugt Terscb Wen-
dung* wie ^Verschwendung erzeugt schwelgereiV aber vernünftiger
weise nicht mehr: 'kärgliches leben erzeugt geiz*, sondern nur no^ :
'geiz erzeugt kärgliches leben.' und die Vereinigung von Sparsamkeit
und Hberalität wird doch offenbar nicht deshalb empfohlen, als oh
sie bei der trennung aus üblen Ursachen entsprängen, was ja ein
Widersinn wäre, sondern weil bei ihr Sparsamkeit in geiz^ liberalltftt
in verbchwendung ausartet und diese dann jene üblen folgen nach
sich ziehen* daher ist die lesart von W mit der conjectur von
Korans di<aT€pi|j für ^KCtrepov schlechthin durch den sinn geboten:
Xwpk Tctp dKaT^puj Till |ifev TÖ Tpuqpäv dKoXouöricei tuj bi tö dm-
TiöviDG und nicht die von /I^ xmpxc fäp iKdxepov t6 ^tv tlu Tputpov
dKoXou6riC€i TÖ hi Tui ^TTiTTÖvuüC auch nur erträglich» vielmehr zog
die verderbung von ^KOtT^piu in iKOtTEpov diese weitere verschlimm-
besserung nach sieb, von welcher sich auch hier wieder W frei ge*
halten bat.
1267^ 35. dasz die beiden hss.-classen öfter in den tempora
der verba von einander abweichen, ißt natürlich auch mir nicht ent-
gangen, aber was hier der infinitiv des aonsts ^KXmetV (IP) statt
dKXemetV soll, verstehe ich nicht,
12G7 ^ 25 ff. TpixuL)V T€ TrXrieei Kai KO^rjc (köc^u) iraXuTcXcI U^
Iti bt ^cOtiToc eOieXcOc /liv dXceiviic hl ouk ^v itp x^^M^J^vi pövov
dXXd Kd TTCpl TOiic Bepivoüc xpövauc. Kewman sucht die leaaH
von n^ durch die annähme zu halten, durch welche sie sich in der
that allem würde halten lassen, dasz Hippodamos seine langen haare
und seine einfache k leidung mit kostbarem schmuck Überlud, das
ist sehr scharfsinnige aber es bringt den übelst&nd mit sich, daas
doch gar keine Sonderbarkeit darin lag, wenn jemand einmal lange
haare trug, dasz er sie dann auch mit kostbarem schmuck zusamoien*
steckte, so dasz also die beiden von nXriGct icai Kocpiu noXirrcXci
abhängigen genitive Tpixu)V und dcÖf^TOC usw. zu köc|liuj iroXincXtl
nicht in gleichem Verhältnis stehen würden. Aristoteles würde alao
dann doch wohl vielmehr geschrieben haben: Tpixu>v TC nXrjOct aol
nXriOti fxi hk KÖcpip ncXureXei k6fjT0c usw. dazu kommt aber,
daBZ es bei der lesart tob IP doch nicht t( tiXi^Bci, sondern ttA^i
T€ hetsaen müsie, da sonst diesem tc nicht das nächstfolgende wtAt
sondern anakoluthisch erst €j\ bk entspricht^ was doch wohl auch
für Aristoteles zu stark sein möchte, daher man denn dies in bt
auch bald getilgt und bald in in* geändert hat. dagegen gebalten
sind doch die bedenken gegen die lesart von W verblttnismissig
gering.
FSoBemihl: zur textüberlieferong der AristoteÜBchen politik. 821
1268^ 3. für Tf)V biKiiv in Verbindung als object mit xara-
biKdZ:€iv führt Newman Polybios XXII 4, 7 (Hultsch) an. aber
dort handelt es sich nicht um das verurteilen des angeklagten als
solchen, sondern in einer bestimmten prozessgattung ; dort ist also
diese Verbindung ganz in der Ordnung, hier ist jeder zusatz zu KttTa-
biKäZoi überflüssig , und sollte er doch gemacht werden , war hier
nicht jene ganz ungewöhnliche constmction, sondern der angeklagte
als object am orte , und da man , wenn trotzdem Tf|V b(Kiiv hinzu-
gesetzt war, dies auch wieder zu äircXuoi ergänzen musz, so fragt
sich weiter, ob denn auch dTToXueiv Tf|V bCiciiV griechisch ist. unter
diesen umständen ziehe ich entschieden die weglassung von Tr)V
blxTiv in W auch jetzt noch vor.
1268* 6 f. ?Ti bk vöfiov dTiGci W (doch Jti V diiGci vöfiov
mg. P"^), €Ti6ei bk vöjüiov jTZ^. za gunsten der letztem Schreibung
macht Newman mit recht geltend , dasz auch sonst überall die ein-
zelnen punkte hier ohne Übergang an einander gereiht werden, wäre
also für 77' die besser bezeugte Ordnung in b' tciBei vöjüiov und
nicht vielmehr £ti bk vöjüiov ^TiOei, so würde ich glauben , dasz der
zusatz von in bi. auch an dieser stelle blosz durch dittographie ent-
standen sei. so aber ist vielmehr anzunehmen, dasz in bi. in driOei
bk in der vorläge von 77^ verschrieben war und nun in folge davon
dTiOci hinter vö^ov gestrichen ward, übrigens ist der mit diesen
Worten eingeleitete punkt nur ein nebensächlicher, so dasz er ganz
passend von den andern punkten durch dies in bi abgesondert wird.
1268 *> 12. auch Bekker hat 6 jüifev (772) verworfen, und es ist
doch wohl noch etwas anderes, wenn wir meteor. I 3, 340' 13 f. jifev
)Lif] statt }xf] ^^v lesen , als wenn Ar. hier umgekehrt 6 }xk,y statt
jüi^v 6 geschrieben hätte, seine Wortstellung ist ja zuweilen etwas
verzwickt, aber oft genug sind auch solche kleine Verschiebungen
durch die abschreiber verschuldet, wie ich es zb. von 1273* 9 kqI
TOUTUiV statt TOUTUJV kqI glaube und Vahlen es mir in bezug auf
poetik 8, 1451 * 32 glaubt, wo ich TauTT]C Kttl für xal laÜTiic ver-
mutete.
1269*» 6. freilich kann Ar. so gut wie andere TTeppaißoic ge-
schrieben haben, aber schwerlich ist dies die richtige form, denn
von welchem wortstamm liesze sie sich herleiten? dagegen, denke
ich, haben diejenigen recht, welche TTepaißoi mit TT^a in Zusammen-
hang bringen, s. Pischel in Kuhns ztschr. XX (1872) s. 378 f.
1271'' 20. äXXä ^f)V ß^Xriöv T^ läszt sich ja allenfalls so er-
klären : 'aber doch ist es (wenn es überhaupt besser ist) wenigstens
(nur unter der Voraussetzung) besser, wenn' usw. nun kann ich
aber nach wie vor nicht begreifen, wie \xi\y in K&v, was der alte
Übersetzer in seinem codex {F) las , hätte verderbt werden können.
wohl aber begreife ich, wenn Ar. sich correcter so ausgedrückt
hatte, dXXd k&v ß^Xiiov, ßdXriöv T^» ^^z dann versehentlich ß^-
Tiov nur Einmal geschrieben und das nun sinnlose k&v in fif|V um«
gewandelt wurde.
822 FSuaemilil: zur textüberlieferuDg der Arifitotelischeu politik.
Nicbt mitgezählt babe ich versebentlicb 1264^ 15 (Kai alterum
om. r) und auf der andern Seite 1274 ^ 9, wo allein P^* durch cor-
rectur von erster band das richtige OaXeou geben, denn in Wahr-
heit, womit Newman einverstanden ist, müssen auch solche fölle^ in
denen nur ein teil von /Z^ oder der bessere von W das richtige
erbalten hat, den ganzen familien zu gute gerechnet werden, wSb*
rcnd umgekehrt nur diejenigen, in denen alle ihre glieder irren,
zu ihrem schaden anzusetzen sind* ersteres kommt aber in TT*
häufiger vor, in W überaus selten, und auch dies ist ein zeichen
dafür, dasz 77^ die etwas bessere recension ist/*
Mag man nun immerhin mit recht in einigen der eben beban-
delten f^lle schwanken und sie vielleicht lieber zu den an sich un*
entscheid baren werfen, geändert wird dadurch in der bauptsache
nichts, zumal da es fast nur lappalien sind, in denen 77^ durch IP
berichtigt wird und 77^ mehrmals im gegensatz zu 77* den ver-
derbten text durch willkürliche und verfehlte conjeciuren ver-
schlimmbessert*
Nun sucht aber Newman noch eine reihe anderer stellen m
gonsten von 77^ auf: 1261^ 7. 1264* 21. 1265» 12. 21. 1267» 40.
1268 «^ 6. ^17, 1269^ 21. 28. 1273 »> 32. 1274» 4. ^6. 14. er hätte
vielleicht noch 1265» 36 hinzufügen können, wo ich selbst das in
77^ weggelassene \ikv nur in eckigen klammern in den text auf-
genommen habe^ wo aber freilich die sache doch sehr ungewis steht,
in bezug auf 1261*» 7. 1269*» 2L 28, 1274»* 14, vielleicht nueb
1268* 6 mag nun Newman recht haben. 1265* 21 ff, habe ich ab-
sichtlich auszer ansatz gelassen, weil auf alle fKUe das Öftere ein-
dringen von glossen in den text von 77* im gegensatz zu 77^ sehr
natürlich ist, indem der archetypos von 77^ eben nicht mit glossea
versehen war, so dasz dies folglich für die gröszere gute des letztem
gegenüber dem arcbetjpos von 77' nichts beweist, in bezug auf
1274* 4 will ich mich nicht wiederholen, hinsichtlich aller andern
6 stellen bleibe ich bei meiner meinung, dasz die möglichkeit auf
beiden seilen gleich steht, so läszt sich 1265' 12 für die weg-
lassung des dritten TÖ inM'P* die wiederholte ähnliche gewohnhcii
dea Aristoteles', gegen dieselbe die häufigkeit ähnlicher Sünden in
* gans richtig bemerkt Newman s. 806 «nm. 1, daas ich 12<il* 35.
*»26. 1265* 19. "»39. 1266 *• 3 (wo Übrigen» die weglaasüDg vod t6c in
M*P* §ogar gaoa richtig sein kann). 1268« 26. »>2S. 1270- 8. 21.
1271^ 22, 1272* 1 ausser rechiiuDg gelaasen habe, weil sich hier über
r nichts ausmachen lässt, und er ist denn auch damit sufrieden. wenn
ich advocatisch hHtte verfahren und gans streng hütte zw werk gehen
wollen, h&tte leb dies aach noch auf 1261« 18. ^19. 1268* 17. 1269*89.
IST!** S8 ausdehnen und so die zahl der stellen für IP noch um 6 ver-
kllrfen dürfen, zumal da ich gnr nicht so ganz sictier bin, ob nicht
1272^ 28 die weglassutig von f{ vor AttKUiviKi^ richtig ist^ a. anm. d,
^ auch Goebet sp. 737 schreibt: ^im «llgemeioen scheint die famiUe
77^ freier von conjectaren zu seiD als H*,* hütte er da« nur hei seiner
behandlung von 1261 ^ 2 ff. (s. anm. 3) mehr im ange behalten 1 * Tgl. tb.
poetik 1, 1447' 13 ff. hilafiger ist es ja freilieb, dasi er in solchen ver-
FSuBemihl : zur textGberlieferung der Aristotelisclien politik. 823
77* geltend macben, so gegen die weglassang des zweiten &v 1267 ^ 40
wiederum der letztere umstand, für sie das hSufige schwanken der
Wortstellung in den bss. und die hie und da durch dasselbe ver-
schuldete Wiederholung desselben worts oder derselben worte an
einer zweiten stelle. 1174^ 6 gehört überdies mit in die frage der
Wortstellung hinein, die ich, wo die sache nicht ganz klar liegt, aus-
drücklich von meiner Untersuchung ausgeschlossen habe, rechnen wir
also getrost noch die 5 bezeichneten stellen der recension 77^ zu gute
mit demselben grade von Wahrscheinlichkeit, mit dem ich oben für
einige andere zu gunsten von 77^ stehen geblieben bin^ dann aber
auch noch in bezug auf 1263^ 23 stehen bleibe^ so gestaltet sich
das Verhältnis von 77^ : 77^ etwa == 67 oder 68 : 48, nimmer aber,
wie Newman herausgerechnet hat «s 35 : 64. und wenn er meint,
die redaction 77^ zeige sich im zweiten buche vielleicht am meisten
von ihrer glanzseite, so glaube ich jahrb. 1887 s. 801 — 805 ihre
Überlegenheit über TP auch in denjenigen partien des dritten und
sechsten (vierten) dargethan zu haben, welche in den durch Heylbut
bekannt gemachten vaticanischen fragmenten erhalten sind.
Dreierlei st^ht mir bei Newman im wege, seine scheu vor con-
jecturen , vor allzu sterkem abweichen vom Bekkerschen text und
vor dem alter dieser vaticanischen blStter. ^ über die beiden letzten
punkte habe ich mich anderweit und jetzt auch in der vorrede zu
meiner neuesten ausgäbe hinlänglich ausgesprochen, in bezug auf
den ersten sei hier noch folgendes bemerkt, die Überlieferung der
Aristotelischen und pseudo- Aristotelischen Schriften ist, wie schon
LSpengel geltend machte, sehr verschieden von der ersten analytik
ab , in welcher vielleicht kaum ein dutzend conjecturen nötig ist,
bis zu dem entsetzlichen zustande der Eudemischen ethik , der ab-
handlungen über Melissos, Xenophanes, Gorgias, der musischen
Probleme hin. ein so elendes hilfsmittel wie die syrisch -arabische
Übersetzung der poetik hat jüngst gegen 70 bis 80 ältere und neuere
conjecturen bestätigt, wäre uns die politik nur in der form 77' oder
77^ überliefert, so hätten wir auf diesem wege alle diejenigen be-
richtigungen aufsuchen müssen j welche uns glücklicherweise jetzt
durch die andere form gegeben sind, und wie viele gegner würden
diese versuche, auch wenn sie das richtige getroffen hätten, gefunden
haben! ist es nun aber unter diesen umständen wohl nicht von
vom herein mehr als wahrscheinlich, dasz noch recht zahlreiche
beiden redactionen gemeinsame fehler zurückgeblieben sind ? nach
dem verschiedenen zwecke meiner verschiedenen ausgaben bin ich,
bindungen (wie zum teil auch an dieser stelle) zunächst den artikel
wegläszt und im folgenden ihn setzt (s. Vahlen zu poetik 4, 1449* 1),
aber ich zweifle nicht daran, dasz sich auch sichere ähnliche bei-
spiele wie hier und 1272'' 28 (nach M*P^ s. anm. 4) finden werden, wenn
sie mir auch jetzt auszer 1273^ 25 ff. nicht zur hand sind.
^ wie wenig entscheidend vielfach das alter ist, so viel mindestens
hat sich jüngst an dem papyrus von Piatons Phaidon auf alle fälle gezeigt.
824
VPiDgel; au Sophokle« Antigone [t* 4]»
was ich hier zu wiederholen nicht für überflüssig halte, yersohieden
2U werke gegangen : in der kritischen habe ich fast gar keine con-
jecturen in den text gesetzt, in der mit Übersetzung Yerbundenem
recht viele f um text und UbersetzuDg möglifjhst in einklang tu
setzen» in der handausgabe endlich habe ich einen mittlem weg ein-
geschlagen.
Geeifswald. Franz Susbkih];*.
(53J
ZU SOPHOKLES ANTIGONE.
Mein gelehrter freund OSiesb^re teilt mir brieflich mit, da
die conjectur SKr]c &T€p tn Soph. Ant. 4, die ich yor einigen
Wochen in dieser Zeitschrift oben s. 447 als neu publi eiert habe,
schon am anfange des Jahrhunderts yon einem dentächen gelehrten
aufgestellt worden ist, in den an merkungen zu seiner metriachen
Übersetzung des Sophokles von 1804 schreibt nemlich PAst nach
besprechuDg der von Brunck und Kora^'s versuchten emendationen
der stelle: f vielleicht würe treffender ÖKIIC örep: unheilbar, rettungs-
los, von ÄKfi dh. Ta^a, öepaneia; so OK. 1270 ÖKri |u^v icn, npoc-
<popd b* OUK f CT^ ijh » in einer dies» *^de analogiae Graecae capitibaB
minus cognitis' in bd* VII der abhh. der k. hayr* akad, der wiaa.
(1855) bespricht FThiersch a. 313 £v trap^ptu), wie er selbst sagt,
die stelle der Antigone und schreibt: 'malum sustulerat Frid. Astius;
sed postea [vielleicht in seiner mir unzugänglichen ausgäbe der AnU«
gone von IBIO] coniecturam ipse repudiavit^ quamquam palmariam/
es scheint mir von nicht geringem psychologischem intoresse, diMit
der z weißer an der echtheit so vieler Platonischer dialoge auch m
seinem eignen glücklichen fund ine geworden ist» während der
wackere Thiersch sich der verwaisten coi^ectur warm und tttobtig
annimt und zu der zweifelhaften belegstelle aus dem Oidipus auf
Kolonos die Zeugnisse des Hesychios und des Etjm. M. hinsttlügt^
sonderbarer weise scheint aber die so kräftig empfohlene coiyectar
Aats nachher in völlige Vergessenheit selbst in Detttachland gesunken
zu sein, sollte jetzt an der neige des Jahrhunderts die günstige teii
für sie gekommen sein? das ist allerdings unsicher; ab^r die im»
umwunden ausgesprochene Verzweiflung von Makler nnd Wilamewils
über den elenden zustand des vierten versea der Antigone acbeinl
mir ein nicht ungünstiges prognostikon zu enthalten.
K0P&NHAG£K. TicToaiNua PikqsIm
FSkutBch et F Vollmer: ad Statu tiluas symbolae. II. 825
(66.)
AD STATU SILVAS SYMBOLAE.
IL
Postquam de subsidiis manu scriptis quorum ope Statu silnae
restituendae sunt disserui (supra p. 469 — 484), iain Fridericus
Vollmer amicus et ego locos nonnullos tractabimns , quorum aut
uitia rectius aliis intellexisse et sanasse aut integritatem demon-
strare posse nobis uidemur. secuti autem sumus numerorum or-
dinem , quae uterque disputauit adpositis siglis Sk. et Yo. discer-
nentes. nam ne alteri quidem ubique persuasimus quae alter
disputauerat. itaque rogatos uolumus quicumque bis pagellis forte
manus admouebunt, ut sua utrique uitia siquae inerunt tribuant.
I 2, 100 in laude Stellae miror ne Herzogium quidem uerba tra-
dita recte tractasse. Stellam Amor laudat quod Yeneri celebrandae
se dederit et amores cecinerit :
hie itmenum lapsus stuique aut externa reuoluit
wuH/nera,
de codicibus dictum est 1. 1. p. 472 adn. 8, unde apparet antiquitus
scriptum fuisse quod modo dedimus. atque perbene id intellegitur :
sua aut externa uulnera sunt ipsius aut aliorum uulnera, quae ut
iu/uenum lapsus idem significant quod amores (ad lapsus cf. Prop.
I 1, 25. 13, 8). externus enim interdum a Statio adhibetur, ut quod
subiecto grammatico uel logico contrarium est denotet: cf. V 3, 70
externis etiam^ non mihi solum, miseräbüe uisu funus eat; Theb.
III 128 matres prociduae super extemosque suosque^ IX 675 idem
ardor rahidis externum haurire cruoreni ac fudisse suum.
Neque melius Herzogio res cessit in u. 103. ibi enim quam-
quam Codices uariant {finis erat AMB, f finierat suprascr. B*, fini-
erat B), dubium esse non potest quin Statins scripserit finierat,
sane finis erat reperitur in Thebaide VI 212 et 348 in fine desorip-
tionum ab ipso poeta factarum ; ubicumque autem ut nostro loco
uerba alicuius qui loquens a poeta inducitur desinunt, ipsnm illud
finierat Statius usurpat: of. Theb. I 283. Y 753 itemque Lneanus
X 193. neque est cur cum Handio et Herzogio in asyndeto offendas:
secuntur d u o uerba artissime inter se inncta quibus perbene äcuv-
b^TWC opponitur quod actiones eorum antecedit ideoque plusquam-
perfecto exprimitur. exempla talis asjndeti babes Culicis u. 42 sqq.
(cf. Leo ad h. 1.), Statii Ach. I 619 sq., Theb. II 527 sqq., nbi recte
quidem enuntiatorum dnorumsnbiectadiuersaessestatuitHerzogius,
uerum id cuius in hac figura esse possit momenti non capio. error
codicum finis erat ortus est e nocabulo male dispesto fini erat, Yo.
I 4,27 : licet Pimplea etPirene me non admittant, Rutili Gallice,
largos potius mihi gurges in Juiustus^
qui rapitur de fönte tue.
826 FSkiitfich et FVolltner: ad Statii siluas sjmbolae. U.
mutant editorea \ ego ellipsis ratione rectius puto perspeeta explico :
mihi pothts is gnrges in hausius adsii qui eqs. cf e. g* Theb* VII 293
idmam haec concordia nostrisf [detur e u. 26 supplet Vollmer].' Sk-
I 6| 35 sqq. loco intricato nequeo cam editoribus facere. Co-
dices, quiaquilias si neglegimus, baec babent:
orhem qua meUor seucriorgue est
ei gefites alis insemel togataSj
et (nmi tot populos heata pascas^
hunc Ännorm äiem superba nescit.
subiectom uerbi alis sine dubio est Caesar; cf. u. 46 d tu quin eiiam
. . nohisciim socias dapes inisH, uemm quominus uerbi pasc^is idem
gubiectwm esse aiamiis^ impedimnr eo quod sie heata (popidos heata
jiascas) construi non potest. quod cum sentiret, Domitius adiecti-
uum heata ad Annonam pertinere uoluit seripsitque nescis. aide
tarnen quid dicentem fecerii Statium : Ännona cum beata tot po«
pulos pascat^ superba banc diem nescit. qood et per se stare nequii,
iicöt ponas Statitim lusisse Annonae nomine pro neutro quod dicitor
uocabulo usum, neque cum illis tUy Caesar, alis omnes ordines ullum
conexum babet. adde quod coniunctiuus pascas nuUa ratione gram-
matica explicatur. aliud ergo quaerendum est substantiuum ad
quod heata pertineat atque ego id diem esse arbitror. quare scribo :
et cum tot populos heata pascat,
hanc Ännona diem superha nescit,
et n. 7 dum refero diem heatam laeti Caesaris, omnino Statioa
metri causa — id quod alio loco accuratius eiponere in animo est
" — genns femininum buius uocabuli praeamat; LXV locis in siluia
et epeain genus non distinguitur^ XXXII locis pooitur masculinunii
L femininum» Vo.
II praef. lin. 25 sq. gmdhUacon Lucani quod PcUa Ar^efUarim
clarissima uxorum, cum hum diem forte consuleremuSr imptUari sSbi
uoluit. sie Sangallensis, cf. 1. L p. 47d. consukremus maltixnodia
temptatnm; eimpitcissimum quod est, nondum inuentum puto: cum
hunc diem forte coleremus*^ et II 7, 23 Üomani colUur dkm Baaer-
dos^ 126 ipsum sed colit. Sk.
II 1, 6 ctim iam egomet cantus et uerha medentia saeuiB
confero, tu planäus lameniaque fortia mauis.
810 inde ab editione principe propagatur. at ^a^R$ haben t ABR,
qnod Marklandi adootatione ^quomodo saeuus qui bumanttatia
officio fungitur in consolandis amicis , qui uerba medentia adcnmi*
6 trat?' non refelli cognosces coli. II 6, 1 sam0 nimis lacrimis qui^
quis discrimina ponis lugcftdique modos et V 6, 59 fitmiifii cruddi$
* ellipses durioroB non rarae aptid Sutinm, itt V 3, MS 9Vt%t aie
interpuDgere debebHDt editoret:
^Oi effo tunt^ gemHus — comitum manut nnxia uiäii^
uidil et ea^fmpi$tm gtnetrtjc ganisofue mauit — »
quae lamenia tuli.
FSkutsch et F Vollmer: ad Statu siluas symbolae. II. 827
. . qui dicere legem fletibus . . audet. uerba medentia ut medicabüe
carmcndixit ValeriusFl. IV87.' Sk.
II 1, 28 non bene editores acquieuere in Marklandi coniectura
duri pro diu codicam. rectius puto sie leguntur uersus inde a uice-
simo sexto:
et ntmc, heu, uütis et frontis honare sohäo
infaustus uates uersä mea pectara tecum
plango hjrä: sedtu comitem sociumque dohris^
si merui luctusque tui consortia sensit
30 iam lenis patiare precor,
poeta Melioris dolorem mitigaturus comitem se lugendi interponit
et amicum maerentem sensim a condolendo ad consolandum pro-
grediens erigere studet. uide, inquit, me tecum pectora plangentem
lyrä uersä (qualis lugen tem decet: cf. fasces in funere intiersi consol.
ad Litr. 141 , Tac. ab exe. III 2, schol. Lucani VIII 735 ^ Seru. ad
Aen. XI 93); tu tua uice iam lenis, i. e. iam aliquantum dolorem
tuum comprimens, me patere comitem. quoniam igitur inter se
opponuntur duae personae grammaticae, ex uerbis corrnptis et diu
elicias sed tu^ quod a litteris traditis continua scriptura scriptis non
nimis abhorret. et diri illo siue et duri quod posuerunt editores et
quomodo uerba inter se opponantur obscuratur et iambici uocabuli
lyrä elisio molesta uersui infertur. utraque offensio euitabitur, si
sed reposueris , quam particulam Statins saepius in talibus adhibet,
cf. u. 164. 174. II 2, 13. Vo.
II 1, 64 puer Melioris
äbitusque moräbUur artis
nexibus adque {atqueB'Ba,) ipsos reuocabit ad osculapost^s,
sie Codices et Baehrensius. in quo ne geminata qnidem praepositio
tantum displicet quantum ipsos pronomen, quod equidem explicare
non ualeo. cur enim postes tanta ui efferuntur? fac Meliorem iam
porta egressum; esset aliquid, si in ipsa penetralia domus a puero
reuocaretur, sed siquidem reuocatur foras egressus, nonne ad postes,
ad portam reuocari minimum est? at recte se habet pronomen, si
lectionem ante Baehrensium uulgatam retinemus: aque ipso reuo-
cabit ad osculaposte. iam bene procedit oratio: dum abiturus est,
nexibus artis puer dominum moratur , atque cum iam in limine est,
uel tum reuocat ad oscula; intranti rursus obuiam prosilit eqs. Sk.
II 1, 67: sed haec prius fuere; nunc puer mortuus,
muta dofnuSy fateor, desolatique penates.
credisne nullum fere siluarum uocabulum coniecturis magis nexatum
esse quam illud fateor? taedet sescenta illa conamina, ineptissima
' uiz operae pretium facere mihi aideor, cum contra Baehrensium
defendo illud spectatumgue urbi seelus n. 20. scilicet notissimum est
scelus interdum esse pro infortnnio: cf. CatuUns 8, 15, Martialis VII 14;
matrem sceleratam, parentes sceleraiissimos in miiltis titulis iuaenies nt
CIL. VI 15160. 21899; alia dabit Lorenzius ad Plauti Most. 170. ~~
itemque in n. 40 car de probitate qaae maturior est aeao dabitari
posait non uideo. cf. ex. gr. Qaintil. inst. VI prooem. 10.
82S FSkut^oh et FYollmer: ad Statu ailua« aymbolae. IL
plerumqtie, recensere; putes critieos Qon minus nostri loa securoa
quam sermonis latmi ignaros fuisse. nam quam saepe paretitbeticum
illud faieof poetae adbibuerint, dici nequit; uide, ut ex multis patica
delibem, Ouidiam rem. 314. met, IX 362; ipsum Statium sUu.
III 4, 39; Martialem I 90, 5. II 28, 5. III 12, 1; Claudianum com-
plunbus locifi quos Birtii index subministrabitf Maximianum 11 29.
V 39; poet lat, min. IV p. 424 c. 527 u. 4 Baehr., ibd. V p, 367
c. 62 u. 3. sed Marklandus ^si domus muta o^t et. desolata' mqiiit
'quaeso a te, Stati, quid ad rem est siue tu boc tatearis siue non
fatearia?' baue tarnen quaestiom^m non minus recte cet^ris poetis
quos nomiDaui plurimis locis eorum quos modo congesei propo-
sueris. immo non pauci loci erunt quibus minus beno illud fateor
expUces quam nostro. nam Statins sane fatetur quod, si propcaitniii
exequi nolt, celare praestaret; consolari aolt amicum, sed ne con-
solaturus quidem celat, qnantum damni pueri mors praematura
attulerit. at apud Ouidium 1. L si Dryojme in arborem mutatae
soror ait: opernque | non poteram tibi ferre^ soror; qiMntumq%i€ uale-
bam, 1 crescentem truncum ramosque amplexa mornhair \ et, fmUow^
u(^i suh eodem cortice condi, hoc loco fateor uix intellegitur, nisi com-
pertum tibi egt quantopere huius parenthesis uh continuo nsu del>i-
litata sit, qua de re fuöius dicendi compendium mihi faciunt qiise
adnotauitBonnetus deOregoriiTuronenäis latinitatep.258adn.2. Sc
II 1, 170 unde animi saeuaegue manus et harbaru» horrow
dum modo fasus humi l%$cem auersaris miquam
nimc toruus pariter uestes et pectora rumpis
düedosgue premw uisiis eqs,
sie B, recte putoj cf. quae dixi supra p. 473 {Tu modo Ba). bomines
docti uaria coniecerunt (uelut nam modo Otto mus. Rb. XLII 632)
deeepti illo Dummodo, quod male ex C lestaturBaebrensius. & aerbo
dum duplex enuntiatum pendeL^ cuius partes incipiunt a particoHg
modo — nunc — qua© itidem sibi respondent V 1, 161 &qq^ Tbeb,
IX 773 sqq. et per^aepe apud alios, post horror non Interrogationb
sign um, sed comma ponendum est. Sk.
II 1,191 nouerat effigtem generosiqve ardua Blaesi
ora puer^ dum saepe dornt noua seria Ugantem
te uidet et similes tergentem pectore curas,
baue ob remBlaesumLelbaei lustrantem gurgititjoraastatimagnos
puer* mira de bis uerbis excogitauerunt interpr«t68| quae nollem
amplexari uideretur uel KroUiua meua libri de Sjnnmachi studüa
(dies, pbil- Vratisl. VI 2) p. 58. comparatis enim locis I 3, 10^,
Ou. ex P. II 1, ö, aliis quos uide apud Krollium, tergere pedore emwä
idem esäs uolunt quod detergerc uel rcmouerc. sed fac id«iii etse
po&se, cum inde magii^ locus intellegitur? ut concedam siimk9cum§
Dude dictum de morte Blaesi Intellegi posae: nempe quia Melior
olim luctom, quo ob mortem Blaesi depressum crederea, non dieo
tulit sed procul babuit et remouit, ideo puer nouit ora Blaesi? aide
mibi quae baec nugae sint. pro certo ent quaeri deber« in iUi« tiw^
FSkntseh et F Vollmer: ad Statu siluas symboUe. IL 829
^entern pedore euras actum aliquein Melioris, quo puero Blaesnm
apad inferos i^oscendi oopia detur. id quod aito quoque modo
probabile redditur ; aliud enim Statio eat pedore aliquid dekrg€te
{nubem I 3, 109), aliud peäare tergere, hoc quid sit, uidebis e u.
Y 1, 162 sqq.: nunc tmxius amnibus aris | Macrimat signatque
fores et pectore terget \ limma, pedore iergere igitur idem est quod
ad pedora premer^j und« simul apparet in uerbo cunstö non abstrac-
tum sed concretum aliquod inesse debere. iam uix dubium esse
puto quin quod in uerbo ci^as latet nil aliud sit nisi imago mortui,
quam sententiam eo citius probabis, si memineris saepe a Statio
superstites induci mortuorum imagines parantes et ornantes; uide
e. gr. n 7, 128 sqq. III 8, 200 sqq. V 1, 8 sq. 231 sqq. quaeritur
num ipsum illud quod traditur uerbum aptum sit quo imago mortui
significetur. atque exposuit certe OCrusius mus. Rh. XLIV 449
opera artificis interdum latine curaa ut graeoe jUcX^TiiV dici , uerum
et poetica tantum quod ego uideam ita uocantnr et nimis contorte
uel a Statio dictum uideretur eins modi curas pectore tergere. muto
igitur, uerum unam tantum litterulam muto: simües tergentem pec-
tore ceras. iam habes aptam sententiam apte ezpressam: puer nouit
ora Blaesi, quia saepe Meliorem ceream amici imaginem eamque
hominis simillimam ampl^xantem uiderat. ne quid scrupuli rema-
neat, cf. V 1, 1 manus simües äocilis fingere ceras^ praeterea III 3, 201
te simüem doctae referd mihi linea cerae. IV 6, 21 atque hcuturas
mentito corpore ceras. II 7, 129 uuUus simüi notatus auro, ' Sk.
II 2, 60 iam Mdhymnaei uatis mantM d cheJys una
Thehais d Odid cedai tibi gloria plectri:
et tu saxa moues d te nemora aUa secuntur.
pro una Marklaudus iUa uocabulnm inutile plane et nihil! inferens,
melius mentem poetae capiens uni Schraderus. scilicet poeta non
cum Orpheo aut Amphione aut Arione singulis PoUium comparasse
satis habet, sed tres uates in unum redactos enm superare dicit. haec
tarnen sententia ut efficiatur, mutatione opus est nuUa, modo pro-
ducas quam hucusque male correptam esse uolnere, uocnlae tma
^ haec commentus eram, cum Sandstroemii libellus diu desideratus
(studia critica in Pap. Stat., Ypsaliae 1878) in manas meas peraenit.
occupauit is coniecturam meam p. SO, uerum de ceteris tarn {prauiter
errans ut coniecturae paene omne pretiam ipee adimat. aliis quoniam
dissertatio lila non minus if^nota esse solet quam mihi fuerat, addo
occupaulsse eandem Sandstroemium egregiam Ottonis coniecturam (1. 1.
p. 362) ante tnanus artemque I 3, 16 {arte m. a, eodices), praeterea quod
ad siluas attinet nil sani continere libellum nisi quod speciosa est
emendatio I 4, 68 genus ipse »ms praemigsaque retro | nobiHiat (nobiHtOM
Codices). — Ceterum ad II 1, 191 sqq. ut redeam, etiam Mvba noua
serta üganiem coniectura facillima sie temptare possis noua sefia UtatU^mj
ut V 3, bl frondentia uatum praemia laudatoy genitor^ tibi rite Utment
Schwartzius (ind. lect. Rostoch. aest. 1889 p. 6) volnit pro lig^em co-
dicum. nam ne ideo qnidem quod Meliorem s«rta ligadtem n^erat,
Blaesum puer agnoscere potest, sed quod serta Blaesi imagini affigetitem
siue offerentem. sed nolo hoc nimis premere, praesertim eam fallax
nideatur Schwartzii coniectura quamuis speciosa. of. iofra p. 883.
830
FSkutack et F Vollmer: ad Statu siltias ajmbalae, II,
syllabam finalem: cf. IV 2, 7 qua cdebrem mea uota l^a? • * fu>n si
pariter mihi uertice laeto \ neäat adoratas et Smyrna ä Mantua \
lauros^ I digna loquar, Sk.
II 5j 15 dausas circum undique portas
(hoc licuisse nefas!) placiäi Hmuere kones*^
tum cunäis cecidere iuhae puduitque relaium
aspicere et totc^ duxere in lunüna frontes,
toruas pro totas coniecit Markland us non uidens Statium facete in
Signum pudoris detorsisse quod est sign am furom leonini apud
Homerum P 136 träv bi x' ^TriCKÜviov KctTUJ IXKetat 6cc€ KaXüii-
TtJUV*' Sk*
n 6, 6 loüum uexatiBsimum sie mihi post Leonem tandem recta
constituis&e uideor:
durum et deserti praerepta contuge partem
5 condamare tori , maesta et lamcnta sororum
et fratrum gemitus: alte et tarnen^ at procul intrat
(ütiu^ in sensus maioraque uulnera uincit
plaga minor,
ad te tarnen at procul inirat codicas; alte tarnen et procul^ intrat Leo,
seoBus hie est: 'hart ist'e den gatten zu beklagen, üef ist der
schmerz um den verlust ¥on gescbwistemf tief aber doch auch, ja
bei weitem tiefer dringt der leichtere schlag.' iam aequitor ratio
et solutio huLus paradox! quod uidetur. necessitate ductii8 et uocalam
interposui^ qua äola sententiarum conexus fulcitur; sjnaloepbe
uocabttli spondiaci eodem uersus loco inuenitur in u. 17. a Leonid
autem coniectura defendenda est at particula^ obseruaodus enim est
U8US uoculae proctd , quem quamquam iam Handius Turs* lY 594 j
reote notauerat lexica nostra neglegunt. 3cüicet procul idem eei
quod muUo uel lange ('bei weitem'), cf. u, 34 guaUs eras! pracul
(en!) cunctis puerisque uirisquc \ pukrior et tantum ddmtno minor t
quamobrem comma non cum Leone post proeuZ, sed ante at posni. Vo.
II 7» 12 sqq. noD erat cur offenderent editorea in uerbid trm*
ditis quibus monetur: ad Lucani natalem ceiebrandum
dodi largiuß euagentur amnes
et plus Aoniae uirete siluae^
d si qua paiei aut diem r&xpU,
smiis moMbus esepleatur umhra.
non inteUeguntur uerba nisi accurate uooabulum umbra interpretaris
'laub'; cf. II 3. 51. Theb. IX 692. Verg. Aen. VIII 276. Calpurmi
* sie interpuDri, ut semarsxn qaod Codices tradtint; tumuert eorri*
gitur plerumque, etausa§ cireum undiuue portiis retinui Vollmeriuii 8*<
cutaB, qni e medio amphitheatro leoDes re uera circoin caroer««
ooDspici 8UO taro conteodlt, idem Schwartiiam U I. p* 14 post n. IS
lacuoam utataeotem recto refellit. mooet enim lougiorcm d« leoni«
clade narmtionem ne posse quidem expectan, cum Statias camieii
atatim in amphitheatro itnperatori tTadiaerit. ^ aat Homert aitl
Statii locum imitatua est Claudi^Dus tu Ruf. 11 265 leo . . inelinaifm^
iuba» demhsaque tumina ueUU^ abi oeuiram exemplar Blrtias adnotaäll*
FSkutsch et FYollmer: ad Statu siluas symbolae. II. 831
ecl. 1, 101. Nemesiani ecl. 4, 23. iam atU particula, in qua mazime
haesit Marklandus , bene se habet, umbraruin enim hiatas animad-
uertuntur aat tuenti caelum uersus aut lustranti solum hie illic sola
radiatum. illud est tm^hra patet, hoc umhra diem recepü. cf. Lucani
in 443 arbores ttmc primum posuere comas et fronde carentes \ ad"
misere diem, Vo.
n 7, 126 sqq. Polla uzor Lucanum mortuum non fälsi numinis
induit figura , non sub dei alicoius imagine Laodamiam imitata re-
praesentat,
ipsum sed cölü ac frequentat ipsum
imis altius insUum medtUliSy
ac sölacia uana sübministrat
uuUus qui simüi notatus auro
130 stratis^ praenUet,
quemuis puto primo obtatu locum ita correctnnim , ut sententia
euadat qualem effinxerunt Baehrens Schwartz (1. 1. p. 10) Leo (1. 1.
p. 19) aut uana in uera aut ac sölacia in nee sölacia mutantes, uerum
paulatim mihi subnata est dnbitatio. nam primum quidem non
satis bene inter se opponuntur te non fcAsi numinis induit figura et
sölacia non uana sübministrat uuUus simüi auro notatus: nam certe
etiamsi Lucani imago dei alicuius figuram imitabatnr, u^us similis
esse Lucani et poterat et debebat. tum uero illius aeui hominibus
trita est sententia mortuorum memoriam sie uenerari debere super-
stites, ut formam ac figuram animi magis quam corporis complec-
tantur^ non quia intercedendum sit imaginibus quae marmore aut
aere fingtmtur^ sed ut u^Üt^ hominum, ita simülacra uöltus imheciUa
ac mortalia sunt^ forma mentis aeterno quam tenere et exprimere non
per (üienam materiam et artem^ sed tuis ipse moribus possis. exscripsi
hanc sententiam e Taciti Agricolae capite ultimo; is autem Senecae
philosopho eam uidetur debere^e quo multa similiacongessit Zimmer-
mann deTacito Senecae imitatore (diss. phil. Vratisl. V 1) p. 11 sq. 38,
omisit epist. 40, 1 ubi haec habentur: imagines nobis amicorum ab-
sentium iucundae sunt quae memoriam renouant et desideriwn ab-
sentiae falso atque inani solacio leuant, uanum igitur Statins
uocare poterat imaginis solacium , uanum eo magis quod in contem-
platione defunäi Polla marito iungebatur tamquam si nunc tue sibi
magis luicaret^ ut iterum Senecae uerba afferam (ad Marc. 24).
iamque securae quoque in u. 131 melius intellegere mihi uideor:
cuius enim rei secura esset Polla, antea frustra mecum reputaueram.
nimirum secura est ipsius imaginis aureae meliorem mortui imagi-
nem imis altius insitam meduUis secum ferens.^ Sk.
^ straius Baehrensianam non intellegitur. ^ sententiam quae est
de imaginum euanidarum et mularum (Senecae quem. amic. continenda sit
fr. II, diss. phil. Vratisl. II 3 p. XXIX; cf. etiam Plinii ep. III 10, 6.
II 1, 12) nilitate apud Graecos hacusque frustra qaaesiui; a stoicorum
aliqiio proueuisse suspicor carmini de Lucano stoicorum sectatore in-
sertam. — Obiter moneo in eiusdem carminis u. 68 uerborom seriem
832 Fb^kutBcb et FVoUitiert ad Statu siluas symbolae. IL
ni praef. lin, 23. fugit adhuc edUores quam sensu casstun ait
uerbum seit* nihil ad rem aitinet Earinum scire quamdia StatLua
iiöglexerii optato obsequi, immo Statu intererat liberto imperatoria
cuBctationem excusare , non prae se ferre, id quad Marklaudus bene
sensit quam diu interpretatas quam non diu^ oeque a ratione gram^
matica non abhovret persona tertia quam non eius sequi debebai,
Bed auum* Statium igitur pro certo babeo sci'ipsis&e scis sc. tn
Melier: cf, lin. 7 cum 6das^ 30 cum sdas et in sententiis eodem
modo conexia 11 praef. lin* 16 seis^ cf. 10 qui nosü. Vo,
III 1, 164: exemplum Bermonis abrupti quo Statius paene ab-
utitiir latet adbuc in notis crÜicis. pessime enim ediiores ipsum
scripaerimt, cum optima babeant quae in codicibus leguntur:
haec ego n(iscenks ladus hacchatus ad arm
lihamenta tulL nunc ipse — in limine cemo
sducntem uaces et talia dicta ferefdem eqs.
poeia bene enuntiatum abrumpit ut eorum quae uidere sibi uideivT
inaudita atque inexpectata noa quodammodo participes fiamus. dicere
uolentia ^nunc ipse Hercules haec dicit^ animum subit imago dei
in limine templi stantis statimqne quae uidet breuiter enarrat
prorsuä eodem modo Statiua enuntiatum a prima persona incobatum
noua cogitatione abrumpit loco a Baebrensio mala coniectttra et
interpunctione deprauato V 3, 10 «qq»:
certe ego^ magnanim^m qm facta aUoUere r^um
ibam aUurn spirems Mariemque aeqmre cammda -^
0^ia itetäi mea nkorda situ, quü ApaUine mersa
flrigida damnalae praeduxU m*Ma menti?
ef. similia in adlocutionibus prooemiorum (Vablen ind. leet. BeroL '
1888 p. 6, Buecbeler mus. Rb. XLV 325). Vo.
III 2| 82 Melius nauem conscendit; i-emanet in litore poeiA i
anxius atque amico timens :
quos nunc ego peäore samnas
quösue qucam pcrferre dksF
sie Codices et editiones omnes^ male si quid uideo. exclamare poleimt
poeta: quos nunc ego sofnnos (i. e. nocUa) qtumu dUßperferamt l e.
quantum me nocte dieque angam animi, quibus similia leguntur
apud Yaltrium FL I 329 quos iam mcnie dks^ quam saetM mmwmia
tmris I pTüSpicio! sed interrogat, Codices si sequimur» quos dit« Aoe-
tesue perferre queat, dum amicus abest ergo erunt quos perCeiro
potent f alii quos non potent? an est qaatstio rhetorica? di«tlae
ergo B« nuUum diem amplius amioo abeente niuere posse? hHm
msle cancelJia positis MAduigium adu. II 160 disaecnissQ^ quem bimi
nominaium Buehren&iua Rccutua est, uno tenore legenduiu esse htgraim
Nera äulcibui iheairis et notier tibi proferwtw Orpknt§ enlavit uita 'Viic««e*
(LttcantiB ed. Hoiiaa p» Mjtd^ t^ «qq ): cffiaminf ^itniaiitrito tteto im
Pompei theairo taudibu$ rteiintit in Nrronfm fmerai eoromatm»
ti §3D tempore Orpkea tcHpium * , ttüderai, bon torpt« oanietre iiilllt
uldeor «x Lucaiti Orp}t«o colortts qooadiim Hutium in koe §ca«lbliao«ii,J
irMiituUase: uide nu, 39 »qq, 90 iq. III tq«
FSkutsch et FVollmer: ad Statii silaas symbolae. U. 833
quam non recte haec se babeant. mutatioiie lenissima looas re-
stitoitur :
quo nunc ego peäore samnos
quoue queam perferre dies?
cf. luuen. 6, 93 pertülü lonium constanti peäore] Lucani VII 701
qiu) peäore Romain intrabit, et memineris cum alibi tum apud
Statium saepe uitia male adsimilatis casuum terminationibns orta
esse. ® Sk.
III 4, 75 : uetuit Domitianus homines castrari
gauisaque solos
quos genuit natura uidä,
solos coniecturis uexatum esse credet quicumque criticorum Statia-
norum auiditatem coniciendi, intellegendi inertiam nouerit. mibi
semper recte natura a poeta gaudens induci uidebatur, quod iam
eos solos uideret quos et quales genuit , non eunucbos quoque qiii
uelut arte bominum procreati sunt, id quod iam loco quodam
Claudianeo ita confirmari uideo, ut dubitatio relinquatur nuUa (in
Eutrop. I 338): iUas (feminas) praeterea rerum natura creauüi \
hos (eunucbos) fecere manus. Sk.
III 5, 9 Statins coniugem bis uerbis laudat: si ego ut Vlixes
per bella, per aequora
errarem, tu miUeprocos intaäa fugares;
non interseäas commenta retexere teias,
sed sine fraude palam thalamosque armata negasses.
postquam Markland us abiectis aliarum editionum sordibus uoca-
bulum interseäas unice uerum ex Parmensi et Bomana protraxit,
quod Codices nobis noti tuentur praeterquam quod optimi (BB;
interseäas a cui nibil adscripsit Politianus) mendo paene nullo inter-
feäas exhibent, Imbofius (progr. Hai. 1863 p. 12) extitit qui quam
uebementissime in banc lectionem inueberet et coniecturam aMark-
lando dubitanter propositam inperfeäas poetae obtruderet. at rec-
tissime praeter /"litteram pro /"scriptam Codices, intersectas re-
texere telas Statius more sat noto dixit pro intersecare et räexere
tdas, acumen poeta in eo ponit, quod duas illas actiones quarum
utraque fraus conficitur {räexere enim non minus fraudulentum est
quam intersecare^ cum proci Penelopen noui aliquid texturam esse
credant) ita ordinat, ut tempora earum interse excipiunt. nostrum
quidem secundum sensum intersecandi uerbum magis premeremus
quam alterum a poeta latino pressum. intersecare autem significare
posse ^dissecare mediam telam siue cultro siue forfice' ne Imhofius
^ uide e. gr. IV 2, 7 quas, 6, 26 caeli, 55 uuHuSj 82 sacrilegas, III i, 47
neleres al. sie in nostri carminis u. 125 recte Otto 1. 1. p. 535 faciiüt prae-
uertere gyro (facili Codices) restituit, sie V 1, 21 coniecerim scribendum
esse : et famulos lassare greges et uincere planctu {planctus Codices), nam
cur uxore mortua maritus famulos magis lasset quam antea, non magis
intellegitur quam cuius planctus uincere dicatur. iam nero omnia plan»
sunt: planctu lassare famulos et uincere dioitnr.
JahrbQcher fUr class. philol. 1893 hfl. 12. 53
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'■'.',"/ I-«:. 1./ ;.rrt«;!«-.' 51<.-li' o<:H»^ A«:^!«; 'ia.:^::. . ■;■: ".. -» ^Intio
FSkutsch et FVoUmer: ad Statu siluas symbolae. IL 835
negabat, Imhofius quamquam secundum Codices uno tenore scripsit
interpretatus ^quamcumque'. at post tot nomina certam aliqaam
coniugem desiderari apparet neque sanus est sententiarum conexus
qualem Imhofius proposuit : questa est Aegiale, questa est Meliboea,
questa est quaecumque uehementer questa est. immo duo sunt uerba,
id quod iam Geuartius sensit, alterumque cum saeui coniungendum.
parentbeses similes habes e. gr. I 6, 61 d mortem sihi (qua manu/)
minantur, II 1, 34 cum proprios gemerem defeäus ad ignes {quem^
natura /)patrem ; Ou. am. I 2, 3 c^ uacuus somno noctem {quam longa/)
peregL innuit autem poeta Laodamiam quam Maenados ritu Bacchum
colentem ipse describit II 7, 124 quaeque apud Ouidium her. 13, 33
Protesilao scribit : ut quas pampinea tetigisse Bicorniger hasta \ cre-
ditur, huc illuc qua furor egit eo. Vo.
111 5, 104 propius quam adbuc perspexere Codices ad uerum
acceduni. inter amoenitates regionis Neapolitanae poeta Baias Cumas
Misenum Gaurum Capreas Surren tum enumerat, deinde
denarumque lacus medicos Stahiasque renatas.
sie Codices, ubi Stahias renatas quidem recte Imhofius uindicauit,
Süd e moDstro denarumque male elicuit Dimidiaeque nomen fontis
Stabiani e Plinii nat. bist. XXXI 9 notum. uerius Domitius Äena-
riacque rem recte assecutus, sed litteris traditis et metro uim in-
ferens. prosodiam enim nominis dat Aetnae carminis u. 430 discitur
indidis flagrasse Äenaria quondam, \ nunc exstincta stupet. a qua
non deflexit Statins : ut enim supra (u. 100) Telehoum domos dixit,
sie hoc loco incolarum nomine usus ut insulam designaret haec
scripsit: Äenarumque lacus medicos Stdbiasque renatas. nomen
sune neque alibi extat neque in titulis insulanis; Homerus autem
dixit (B 783) elv 'Apijuioic, ö0i q)aci Tu9uü^oc fjLijLievai €uvdc, et
Strabo V 4, 7 p. 246 TTiGriKOUCcaiouc nominat. medicos illos lacuSy
quos tituli (CIL. X 6786 sqq.) nymphas nitrodes appellant, Strabo
V 4, 9 p. 248 et Flinius n. h. XXXI 2, 9 commemorant. ordo autem
locorum quem Imhofius apud Statium odorari sibi uidetur nnllus
est. Vo.
male cum Aegiulo confusam esse Kuaackias contendit, uerum nusquam
nut Meliboeam uut Aeglen a Theseo derelictatn questus fudisse disoi-
mu8. ergo quod unum leuitatis illius Statium conuincere poterat, id
nihili est. apparet Aegialen, Meliboeam et illam quam saeui feceruni
Maenada planctus quaecumque est maritos uel in pericula et bella sequi
paratas fuisse. ne hoc quidem in Meliboeam et Aeglam illas quadrat,
omnium autem minimc in Ariadnen quo tempore n Theseo relinquebatar,
quam in u. 49 latcre Knaackius sibi persuasit. quadrat uero in Aegialen
et Laodamiam — ac de hac mox plura — quarum mariti in bellom
Troianum abibant. nnde fortasse non falso concludetur Meliboeam
quoque iierois aduersus Troiam proficiscentis esse uxorem neque temere
de Meliboeus adiectiuo a Meliboea Phüoctetae patria facto (cf. Lncr.
II 500. Verg. Aen. III 401. V 251) monuisse eum, qui Statu Kohl-
manniani indicem confecit, et iam antea Marklandum, quocum in aliis
quoque consentio. uelut Marklandus quoque u. 49 feminam significari
putat 'cuius maritus ad bellum Troianum profectus' sit. de Ariadna
certe praefracte negat. Sk.
53*
836 FSkutsch et F Vollmer: ad Statii siluas sjmboiae. II.
IV 2, 7 fugit adhuc oculos editorum leue quoddam uitium;
scribendum enim est:
qua celehrem mea uota lyra^ qua aduere graies
sufficiam?
quas soluere Codices; neqae tarnen de quantitate uel qaalitate gra-
tium, ut ita dicam, dubitat Statins, sed de potestate sua aeqnaa
grates soluendi. quare qu^as locnm non habet, cf. III 2, 131 gua$i4ä
uotiua mouebo pledra lyrä^ de uitio cf. supra adn. 8. Vo.
IV 4, 81 sqq. Statins de locis Vesuuii emptione nastatis dieit:
credetne uirum uentura propago ,
cum segetes Herum , cum iam haec deserta uirebunt ,
infra urbes populosque premi proauüaque tosto
rura abiisse mari?
tosto ego, ubi toto Codices, /u^o Baehrensius, fofa Grasberger. sed
neque quae tradita neque quae ab illis coniecta sunt satisfacinnt.
nullus hie locus mari nisi ei quod ex monte ardente profluens regiones
uicinas deuastat. hoc potuit dicere poeta tostum^ cf. Aetnae Carmen
u. 363 ardentis . . flammae flumina et totam illam descriptionem
uu. 484 — 510 ubi saepo quam 'lava' dicimus cum undis comparatar.
dbirc autem tosto mari 'im feuermeere untergehen' pro in mare äbire
structura est Statio usitatissima. Vo.
IV 6, 47 Btatuam a Lysippo confectam admiratur poeta:
tale nee Idaeis quicquam Teichines in antris
nee stoUdus Brontes nee qui polit arma deorum
Lemnius exigua poiuisset ludere massa,
sie Codices, at quomodo Brontes stolidus, cuius artificia laudibns ex-
tollere poetae solent? sane si Bronten solum spectant; hoc antam
loco uidesne Bronten comparari cum Lysippo nee malus fere excogi-
tari posse blandimentum quam quod prae illo Cyclops ipse con*
tcmnit.ur? adde quod Hercules ille Lysippi gestamen mensae est ez
exigua massa confectum quäle Cyclopes fere non fingebant. nam
Haruioniae quoque dotale decus praeter consuetudinem, dodi quaim-
quam maiora^ laborant (Theb. II 273). de adiectiuo autem com-
paratiuü ut ita dicam adhibito ne dubites^ cf. e. gr. ipsarum siluamm
locum (V 1, 105) tuas laurus uolucri^ Germanice^ currti {cursu BB^
corr. Barth) | Fama uehit praegrcssa dicm tardumque sub astris \
Arcada et in medio linquit Thaumantida caclo. quo loco paene miror
quod critici ad unum omnes recte intellexisse uidentur Mercurium
ceteroqui uelocissimum sane tardum uideri posse, si cum Oomitiuii
Fama comparaueris. adde Tliymclen rusticam luuenalis 6, 66 recte
oxplicatum a Maduiglo opusc.^ p. 38 adn. Sk.
IV 8, 28 Slutius Menecrati amico grululatur, quod tertia ei
nata est »uboles eaque poät filium ut filiam uirilis. ita rem se
habere, id quod interprotos nonnulli ne^rloxere, c loco III 1, 175 sqq.
cognosciiur, ubi de Pollii Felicis nopotibus qui bunt Menecratis
libcri legimus: concedamquc diu iuucncs spcctarc nfpiAeSy \ donee et
FSkutsch et F Vollmer: ad Statu BÜuaB symbolae. II. 837
kk sponsae maiurus et iUa marito. illo igitor tempore Menecrati
filius et filia erant. nunc uero poeta:
made quod et proles tibi saepius auäa uirüi
röhore; sed iuueni laetanda et uirgo parenH^
ut ponam quod puto Staiium scripsisse. Codices laetam dai uirgOy
quod cum Baehrensius in laetandast uirgo mutaret adnotans 'restat
emendandum saepius'^ Grasbergerum pellexit ut laetius coniceret.
at saepius sine dubio probum est: nam alter filius Menecrati natas,
ergo proles saepius uirili robore quam feminino aucta est. ne tamen
filiae parum laudis tribuat, pergit poeta: sed iuueni parenti etiam
uirgo {sed et pro sed etiam habes II praef. lin. 11. Th. 1 415) laetanda
est^ nam ut ßiis aptior uirtus sü^ at citius illa nepotes däbü, prae-
cedens quoque et uno uerbo explicandum esse sentio; coniungit autem
duas laudes quas a made uocabulo poeta incipit: altera inde a u. 14
domus fertilitatem in uniuersum praedicat, altera patri gratulatur
quod inter tres liberos duo sint filii : d igitur debebat locnm habere
ante made^ postpositum est ut saepe apud poetas aeui imperatorum.
uersus de quibui« disputaui sequitur comparatio liberorum cum tri-
plici prole Ledaea, quam non ad filiam solam spectare moneo, licet
structura grammatica ad uocabulum uirgo inclinet, sed ad omnea
tres. quare melius Baehrensio rem geres, si colon post parenti
omissisque parenthesis signis punctum post nepotes pones , ut more
epico comparatio nouum enuntiatum efficiat. Vo.
IV 8, 54 post Oronouium editores patrii in patriae mutauere
perperam; bene traditur: hos cum plehe sua^ patrii , seruate penates.
patrii uocatiuus repetit quos ante enumerauerat deos, Apollinem
{patrius . . ApoUo u. 19) Cererem Tyndaridas, quos omnes in
initio sententiae allocutus est u. 45 di patrii, Vo.
y 1, 17 sqq. hoc quoque loco interpretandi potius quam con«
iectandi artificium adhibere debebant editores. recte omnino in
codicibus hi uersus leguntur :
sed cum plaga recens d adhuc'in uutnere primo
nigra domus quesiu miseramque accessus ad aurem :
coniugis orbati tunc flere ....
. . . . d . . , pulsare querelis
caelicolas sölamen erat.
male adhuc apodosin incipere uolnerunt a particula tunc^ cum recte
a uerbis coniugis orbati incipiat, qui genetiuus non ex awrem^ sed ex
solamen pendet: neque enim misera auris mariti est, sed coniugia
mortuae etiam tunc in atrio expositae. porro tres agnoscendad sunt
TTpoböceic: sed cum plaga recens {essef) et adhuc in uulnere primo
(cf. Schwartz 1. 1. p. 6) nigra (essd) domus et guestu («« querenti
marito) accessus (esset) ad miseram aurem. que particula liberiuB
post secundum enuntiati uocabulum posita est, quode ad III 5, 9
obseruauimus. sie postquam questu uocabulo locus datus est in pro-
dosi tertia, non est cur cum Heinsio nigra mutemus; domus nigra
est uestibus pullis repleta. Vo.
J'^iitiAi:,Miniw\fui Uhür.u 'Jh'.'m mu'tv^^i uu'i^'en:.
Dif .'^iiiUk-L u.".'^', uc yf\ tr«: yu'ji vs; :l JB£& uuätiG cotuii müloen
xi/.. f t ö - '. i . c t t . >• • . L uo L f. L u a t *: . t : I '. j »r j orun: j » citruir u xl inü-
"UxVj • t ;. . : *^ ö'^ V . i. 'X A '^cc t;- t*r:+ i£ ■. • j a " : i; u. ei p •. tJsB : ; poeu. 'j&nn .
JyAMutfi,i^i4tit /t'^wr^jf ui^*fiA.i fc.L;jru*3fc 'jt;.».l:ifr iti/jr^ot :p^t■ coma-
I t.a x*','L'.. i*e t.j^L LufciJt. VI e: .;jöt t!..l'- 'juovut ffc»;:; V ei. 27 ^. Tbeb.
fyil j. /' t?i ^'.uuctL.u. .L Üu?. J 4k. :l LuLr;.;. JI 111, rapl.
j''i '^e J j *:J 9 -0 . 0 L tj; I. 1 V; u f L • b';> Kov l ': •- c l;.' u d B ; ri: u IL t x p :i catil
}j-^*,kLi!,ijL: ».','iL .•-.', 'JJL' C70 ?v,. : i^*rcutfx ^'.•p'.T C'^Tiii: }ta%di0t.am:
« i^*ia? /xy / i »A o^ /i/y <//»*« r -^ m cUfttydu fü'/sßA. uiyu^ ^r^r.^^i crimbuB
V J . <->; uti '. fi. ^ vL ".v/ 1 IL '. tt*. ivLt .♦»:*:! :■•- :I l T 'J Ub:^ pUtfcl'IUll. legAfe :
h'^a».'-!: i-'.M«. t^', /o(<*w/ y.\\ tn^ui '..'!.!«::: öt'.Lih Iz, urcbetjpo eist
V j . 7 <; I <: '. li: <y. d : V: c tM( fi<ifft/^vit ^u ««f etil . & 0 i viam U6 tan dem
Miiiü.ü/.':, '.',h.*:*.\jiaui '..'i-i.Jy'jft t'i>..or!'ou>i probi'«ani nauatmque.
Ahtx'.^MhM fjui^i: /«:u<r/a v«/yi(4 «^fi^* . q'.ia o.I i^ro re publica agebat
Ta^reb/'j^c iii'Wl': *:lui: 04: fa'.-^^itätib'j!: L^oduir. u!<;batur. poljejndeti
b tiei^'y ui/ii/ lirhfUrtAii tiit:iLhnitij ijFituum Sutiub eequentibofi omni-
tyiifa f/i'/do Lb'j'i «r.fe'Jif^y cppoiiil: CVrc^r Abafecantum uana qniete
fiiii uid.l, f:ijr/j ////^.^ eiui: ifurxin<ia^/u^ jMict(/ra curi8 , uiffües sensuMj
bohria fjjrda <; u ru i li « x . //j o i d o neu in j <:'i d er <: d t , q u i i n negoli ia pnblicU
tiuibnn-Anr. Vo.
V 1,'M t;f|f|. fidoft tPjniinu« si diuidot enses^
jttifidtrf.j fjuih tiüntum ualeat frtnare. maniplos
inti-r MibhUh f-f/Uf:}»^ fjuifi J/TU^OtJ/USe cohr/fti ^
7ti///i do:/:at dari j/ra^tifantior ordo (ribuni,
fjuinnam fmügtrat: Signum dare dignior alae.
bof: IhKh IwUi u Halriiabio riiuiiii cuniectiiris u«xato nu una qaidem
\i\lt:rn ifiiiluridu aal n<:f|ijo cum Maduigio (kl. philo!, fechr. p. 539 adn.,
liliutiti ucutUiui.'* \i. ;{] udn. 1), f{ii\ hen-um »ane recte p«rcepit, at
piiftt. i: II III Hirni:hri!ldjuin (vvrw.-^esscli. I p. 204 adn. X) in anticnm
'" I (. I.i*'i n<i r'iiliri'iii |i. 73. allcro quoque loco forsitHii non plane
iite|ftir Hifr.tliiitiiiii tottui iil» <t<litoriliiiH ohlitiim »Jefcn lere posflis: I S, 10
lutii /'r»ff/4 lihtliiH un;iil //ijitiffui Hutin | permiiltHque romit «sie BRa. erociä
iiuIkoj blauilutinfnf rtliifiiil otiorrm. cf. Sil. It.il. VII 4G7 tiffuigU uuUu
tiihni l'rnuH itmniii rintt j tt nemora et penihix ftf$nthntU rupibus antra \
hpimntfut kürt II tnurrunt uerlicr oflorem; Vcrfr. Aen. I 403 ambrofiaeque
ruiHttt dininum uetlirf odorem | apirauere; CUudiani de iiupt. Hon. 289.
FSkutsch et FVollmer: ad Statu siluas symbolae. II. 839
errorem reccidisse mirere, maniplo iniermisstis eques legamus necesse
est, dummodo intermisst^f quod est in codicibus, in duo uocabula
diiungamus praepositionemque agnoscamus postpositam ut IV 2, 17.
6, 32. ab CO qui imperatori est ah epistidis Statias eorum nomina
proponi dicit, qui quattuor officiis militaribus digni uideantur, primo
pilo, praefectura cohortis, tribunatu legionis, praefectura equitum.
primipilatum intellegit, cum dicit centum frenare (Ov. a. a. III 525
dvuc honus huic centum commisU uüe regendos^ Florus Verg. orator
an poeta p. 108 [Halm]: si mihi maximus Imperator uitem id est
centum homines regendos tradidisset] primum autem pilum notum
est inter centuriones fuisse, et frenare baudquaquam de equitantibus
accipiendum est, sed in uniuersum dictum idem ualet quod regere^
cf. frenare cohortes III 3, 52. IV 4, 61), deinde addit oum licet eques
sit mitti inter pedites eadem uocabuli maniplus ui usus qua Val. Fl.
V 590 sq. maniplos i. e. pedites equitibus opponit. praepositio autem
postposita eodem modo primum uersus locum tenet apud Ou. met.
X 49 umhras erat iUa recentes \ inter, Vo.
V 1, 108 sqq. qualem te superi^ PrisciUa . .
aspexere die , cum primum ingentihus actis
admotus coniunx: uicisti gaudia cene (B; cene B)
ipsius, effuso dum peäore prona sacratos
uolueris ante pedes domini tam magna merentis,
cenae prauum esse ita a Marklando demonstratum est, ut contra
siquis sentiat nil sentiat. unum addo Priscillam gaudentem sine
Priscillae gaudia gaudia cenae uincere pessime diel, cum cenae in
bis esse non possit nisi genetiuus quem dicimus obiectiuus. ergo
corruptum cene. in quo duae res uidentur inesse posse: aut aduer-
bium aliquod, ut solum ipsius nullo substantiuo addito maritum de
quo modo dictum est denotet, aut genetiuus subiectiuus i. e. alterius
cuiusdam gaudentis significatio cui accederet pronomen ipsius. ipse
autem quisnam boc loco dici potest? nemo puto nisi maritus, nam
is ante omnes ingentihus actis admotus gaudere debebat oiusque
gaudia poetae uel ideo commemoranda erant, quia facere paene non
poterat quin in carmine, quod a Domitiano lectum iri et sperare et
scire poterat, Abascanti ipsius siue amici siue fautoris laetum obse-
quium imperatori commendaret. sed e litteris cene quomodo ullam
mariti significationem elicies? atque si contingeret ut eliceres, num
senteutia euaderet Statio imperatori humiliter adulandi artifice summo
(nam ridicule nuper contra dixit GGCurcio ^studio su P. Papinio
Stazio' p. 76) digna? uix puto satis commendatur Abascantus, si
gaudium suum ab uxore superari patitur. igitur non mariti signi-
ficatio in cene inerit, sed aduerbium aliquod, ut Marklandus uoluerat.
ncque tamen id certe esse coniciemus ut ille, quod aduerbium non
iuane solum esset, uerum et ipsum adulatoriam loci rationem eo de
quo diximus modo infringeret, sed quod unum et poetae aulici sen-
tentiae et litteris traditis satis conuenit, pfne, legimus igitur uicisti
gaudia paene \ ipsius. Sk.
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M'n.i'.i /// / r'»1; AifTi r.ft'j ,/i .»i.Vi .n -i,.#.H ••.*«r<«a< int^rpolacos
fr." tt,'i'f,,f Ttt''Tftir,i '•' i/r"..» (»^'i jri'<'rf#0'if^r-i n.nr.x AXC|^i^ta. ae
rr. .M-. f/MiUfi.i, /..» 'I, i,f,f> ', 'i«;<<ri''la -i.r/ii.;^ p/'.^': oneri, poaemdA
■ nf jr'- -iiKi'r-^'frn *' /|'r^^,.»^ jir.i/«'li/ >iS< ji'#<t#Tir,ri y/'/.^tp'.nitar 'I 5, 46.
M \ '• fti / il/> «"-ntf-nti I 'f n ^;, V.) fV 1, i.'# })/M«nM /ociffidia
fttnihtil nnunf, A#K Mi/ rtrurit, tpud mfiffn/um . . M<j» f^M'tna parmi
tfitifurifitr 'fiffirmt nif ttnfiftv^ ('.\nftt\tnui ||| f:/iri.i(. ffon. 86 sie üttOM
ntthiin ii'i'i'it Ht f«|-i iiliu fniilfu f|iiuiia r.on^nHKit. Hef;kera8 commeot.
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i'f'fifithitfif 'f'utitir wm furuo luminr. mnIrrH.
f 'f i«l<iiinit i><|MiM, huiitvt rtttfitt rt. ur.rtmH Hin fiwiti mlct ferocis eqmi
I I Pi I t.iiiii t'iiiilii>iiM|Mii M i>iiiti|iiiiAl.iii-, f|iiui('iii Hnti! Thebas ez equo
l'MiiiiiiitiiMti i|<ti> Mlnhii^ ili>>:iii)iil. (Tlinli. IX iiK.'i ^qq.). quem Tvriae
iiftlii.« «i,-!» f,*tun hniiiiir m|mmIiiiiI., iit. illo inro (u. lOi)) dat SponiC
}.>• '»M« I riMilii>iiM|iiii>ii) t'hiluniii iuunUun nnlorum mrmores vi Sidoniae
«•NiHf'^fii' I,iuilit9tt i7 ttirUo dui'ufit siisjnria uoto^ i. e. pueri
itiintHiHp !•( iifini (ii(«> rii)ilHiiliir, f]iiiiif Kt'qiiitur de.icriptio ftda-
If .-• niio l'.M.^ic ut9ittntis fvifYrM, luiiii LMÜtoroK aileo non inU'Ueie-
tni«i. tii M>iililtiMtli ftttnttis riiiii«*i*hiniiii possiiiiiiin nmplectereniDr
II. «1 •MiinMiilii«tii«>ii(i ^ i*|ilirl>iiin TtyiMtem nun Liiuhiri a Statio at
iliicrin •iiiMKin, «imI iiI <i«}intriii nlt|iie rx equn ip^um pugnantem«
f..i ( M, M4, r.i.« tiii'in tmI ipuMl //rv/iTc j///r()5. iu Statius ip^e flezuram
FSkaUoh et FVollmer: ad Statu tilaa« tymbolae. IL 841
qaae apud metam fit in illam tran'sfert, cum dicit V 2, 26 incuruae
mäae, cf. Tbeb. VI 418 flexae circa compendia metae et Per8. 3, 68
meiae qua möUis flexus (u. Olabn ad h. 1.); metam flectere ezpliees
Ouidii uerbis (am. III 2, 69) metam circuit orbe, iam quamquam
in campo Tbebano nbi pagnaior non sunt nerae metae quas flectere
uel uergare possit adulescens , tarnen cum inter bostes circumuoUU
(Tbeb. IX 736) circulos facit equitando qaasi metam feruidis euUet
rotia. denique mäae quas adalescens Arcae uersat Statins dicere
poterat Ärcadas, Vo.
V 2, 125 poeta Crispinnm bortatur ut ad gloriam bellicam
parandam se accingat,
nam magno ducis indulgentia pulaat
certaque dat uotis hüaris uestigia frater.
sie Codices, sed uerba recte tradita editores post Domitium mnlti-
modis pessumdedernnL magno datiuum puta *zu etwas groszem'
(de nsn adiectiui neutri generis compara interim Silium ed. Buperti
uol. II app. p. 173 sq.) et confer Silinm X 343 non te maiorxbus • •
a/usis . . uoco, quodsi Marklandus in coniunctione uerborum indut-
gentia pulsat Oxymoron non ferendum inesse putat, non meminit
ducis indulgentiam esse solitam circumlocutionem Caesaris indal-
gentissimi, cf. I 2, 174. III 4, 64. deinde pulsat non semper ^nim
et uiolentiam denotat', sed qaemlibet interdum sensaum affectum
quo quis ad.agendum compellitur. similiter Sil, It. II 580 hortatibui
mpuiä auras (cf. Drakenboreb ad Sil. III 693 et IV 7). Vo.
y 3, 53 sqq. in epicedio patris poeta dicit: si mibi per forta-
nam liceret monumentum ingens in tuam memoriam ezstruere, ego
ibi non gjmnica certamina neque equestria in bonorem tnum in-
stituerem, sed musica:
ülic Oebalio non finderet aära disco
Crtaiorum uis nuda uirum^ non arua rigaret
sudor equum aut puiri sonitum dar et unguda fossa^
sed Fhoebi Simplex chorus, et frondentia uatum
praemia laudato, genüor^ tun rite ligarem.
locum nouissime tractauit Scbwartzius 1. 1. p. 5 bene nocabalom
fossa ab omnibus fere editoribus eiectum defendens, non bene
Ugarem in Utarent mutans, structura baec est: sed Fhoebi simpltx
Chorus adesset (uel sonaret quod per zengma elicias e sonitum daret)
et ego frondentia uatum praemia^ Coronas^ tibi laudato rite Ugarem.
coronae igitur, quae praemia eomm poetarum erunt qni superiores
e certamine musico a filio pientissimo instituto Papinio patre optima
laudato discesserint, peracto agone patris statuae dedicabantur, qoi
pro genio loci uel deo patrono agonis erit Statins autem ipse quasi
sacerdotis diui patris munere fungens dedicationem soo iure rite
exequetur ideoque prima utitur persona Ugarem. coniunctionem
Coronas (alicui) Ugare tutatur uersus II 1, 193 dum saepe domi noua
seria ligantem \ te uidet^ ubi ex insequentibus suppleas simüilms cerisi
cf. quae antea de hoc loco dicta sunt, laudato u. 57 bene indieat
FSktitficli et PYollmer: ad Statu silaas s^^mbolae. IL
materiem carminum a ceriantibus poetis compositoram. similiter
eodero participio ulitur poeta III 3, 7 tu^ Pietas^ mHihus exequüs
ades ei lugentis Elnisd \ cerne piüs fktus laudataque lumina terge^
id quod bene Schwartzius notauit p» 9. eteniin si Pietas in terr&m
ddScendeDS pios fletus Etrusci uiderit, laudabtt quidem oculos pie
flentis, uerum etiara tergebit, huiüs usus partieipialis sane non miri
exenapla ne in ipso quidera laudandi uerbo desunt, cf. Lia. II 13,
laudatanique uirginem parte ohsidum se donare dixit\ Calp. ecK 6, ll
tu quoque laudatum nosses Älcona probare. Vo.
V 3, 105 crinernque afflato morUe scptdium
pone super tumulos,
sie reciissime contra tot coniectores Codices, omniä difficaltas siqaa
est inest in üocabulo montey quod hoc loco non Vesuniam significat,
sed partes eius cinercs et saxa eruptione egesta, cf Lactanlius ad
Tbeb. I 10 ^Tyrios montes' emphaticos dixit montes pro scu^is et m
eadem re aeque uTTCpßoXiKUJC dictum u, 206 b. c. pater cjcemptum
terris ad siäera monfem | $us(uUt et laie miseras deiecit in urbes. de
iierbo afflato ue dubites, memineris a uiris doctis eruptionea quas
dicimo^ uulcanias ita explicatas esse ui nentis ig'Qeia terraij uiscera
turbari ponerent, cf.Äetnae u, 143 sqq., VaKFl. IV 508 aK adde quod
afEari res dicutitur rebus subitis, praecipue f ulmine, i magine siue i
nata ut Verjy. Aen. II 648 ex quo nie äiuom pater atqtic hominum i
fulminis affJauü uentis et Cünttgtt igni, siue non seruata uel non ex-
pressa e. gr. apud Ou. ex P, IIl G, 17 fulminis afflatos interdum uiucrc
felis, structurae afflare alicui aliquid exempla lexica exbibent. Vo.
V 3, 127 Graia . . Hyele, ffrauidus qua puppe magtsier
excidit et mediis miser euigilauU in undis,
de nomine urbis (sele AG) nunc non quaero contentug si adnotau«
neque iSeUe latiuum esse neque Velie graecum et reponendum caa
Heinsio Uyele. at suo iure in Palinuri epitbeto Graius
[sie] B^ grauis B) eritici offenderutit, nam neque Graius erat Deqofl_
si foisset, Statius adiectiuum tarn breui spatio inleriecto iteraaset.
sed et Baebreosii Troius et Auantii Marklandique Fhrygius a Htleris
traditis abborrent, reposui grauidus\ nam grauis somno e pnp^i
exciderat magister (Verg. Aen. V 840 sqq.) et mediis miser euigi*
lauit in undis* grauidus autem post aeuum Aagusteum propter
commodum in bezametris usum paulatim breuioris adiectiut grü
locum sibi uindicauit^ quod de somnolento ei. gr. Lucretius III IC
posuerat: aui abii in somnum grauis^ an quetnquam Romanorua
doctorum, qui Vergilii carmina probe norant, uel dempta pat
significatione fugisse puUs, quis ille magit»ter esset? Yo.
V 3, 171 describit poeta Baiana
litora qua mediis alte permixtus anhdat
ignis aquis et operta domos incendia seruani.
§ic BBa, at quomodo domos &eruare pOHsint incendia, non int^l*
legitur* löitto uirorum doctorum coniecturas partim a litt€<risabbor
rentefi partim sensu cassas partim utroque aitio laborantea.
RLeyds: über zwei briefe Ciceros an C. Trebonius. 843
accusatiuo domos pone nominatiuum domus ot plana omnia enint.
Bais subesse credebant Pyripblegetbontem (Strabo p. 244); band
procul aberat uilla Ciceronis, in qua cum diu 'seruatae' calidae
subito eruperant, Tullius Laurea notissimum epigramma scripsit
(Plinius n. h. XXXI 7; Baebrensii poet. lat. fragm. p. 316); et man
et tellure Baianis ignem operiri, ut Statins sie Plinius quoque
testaturl.l. Sk."
*i hae paginae iam prelis premebantur, cum recepimus GAdriani
quaestiones Statianas (diss. Herbipol. 1893). Adrian nonnuUis locis
eaodem qnas nos defendit lectiones Don ubique eisdem rationibus usus
(I 2, 103. III 4, 75. V 1, 27. 2, 13). errat aperte II 1, 67. 7, 128.
Vratislaviab et Düsseldorpii.
Franciscvs Skvtsoh et Frideriovs Vollmer.
(51.)
ÜBER ZWEI BRIEFE CICEROS AN C. TREBONIÜS.
Die aufklärung der zeitverbältnisse, in denen Cicero die briefe
XV 20 und 21 an C. Trebonius gescbrieben, welche wir WSternkopf
verdanken (oben s. 424 ff.), wird wohl als gelungen betrachtet wer-
den, und wir dürfen den letztgenannten brief in den anfang des j. 709
nach der abreise des Trebonius nach Narbo ansetzen, wogegen XV 20
nicht lange nachher geschrieben ist, als Trebonius schon in Narbo
eingetroffen war und Cicero von ihm nachrichten verlangte über
M. Brutus, der damals noch in Gallien stand, während Caesar in
Hispanien krieg führte, nur die werte XV 20 § 2 quamquam duae
causae sunt , cur tu freqtientior in isto officio (sc. litterarum miäen-
darum) esse debeas quam nos: primum quod olim sölehant^ qui Bomae
eranty adprovinciales amicos de re publica scribere, nunc tu nobis
scribas oportet, res enim publica istic est; deinde usw. sind meines
erachtens von Sternkopf nicht ganz in ihrer bedeutung erfaszt wor-
den. weil nemlich damals der hispanische krieg seiner entscheidung
entgegenharrte , der staat so zu sagen damals in Hispanien war {res
enim publica istic est) , deutet Cicero gerade die in Italien sich be-
findenden als provinciales an, eine benennung in den damaligen zeit-
verhältnissen ganz nach Ciceronischem geschmack. er, Trebonius,
müsse mehr schreiben: die in Rom wohnenden schrieben olim auch
mehr an ihre provinciales amicos als umgekehrt: nicht Trebonius
also kann hier als der provincialis amicus gemeint sein (Steiiikopf
s. 429 f.), sondern Cicero selbst, und die werte qui Bomae erant
haben nichts mit Ciceros derzeitigem aufenthaltsort zu schaffen
(Sternkopf meint nemlich, diese werte würden beweisen, dasz
Cicero , als er dies schrieb , in Rom war) : sie deuten nur auf die
männer, welche sich auf dem schauplatze der Weltgeschichte befanden
im gegensatz zu ihren provincialibus amicis,
Groningen. Rbinier Lbyds.
844 FHeidenhain : su Suetonius vita des Horatras.
94.
ZU SÜETONIüS VITA DES HORATIUS.
In SuetoDS yita des Horatias wird ein brief des Augnstns mit-
geteilt , in dem dieser Maecenas bittet ihm den dichter abzutreten,
damit derselbe sein privatsecretär werde : ante ipse sufficiebam Mfi-
hendis epistulis amicorum, nunc occupatissimus et infirmus Horatium
nostrum a te cupio ahducere, im unmittelbaren anscblosx darui
schreibt Augustus den unverständlichen satz: veniet ergo ab iaia
para&itica mensa ad hanc regiam et nos in epistulis scrihendis iuvälrit,
denn was hier parasitica mensa soll , ist durchaus unerfindlich, war
der dichter bei Maecenas parasUus^ so war er es auch bei Augustiu.
die Vi orte parasitica und regia bilden also keinen gegensatz, wie aie
doch sollen; auch dann nicht, wenn Hör. nicht einÜBU^h als esser, aon*
dem als unnützer esser an der tafel des Maecenas bezeichnet werden
sollte : denn seit wann saszen dergleichen leute an der mensa regia
nicht? auszerdem ist bei regia anstöbzig, dasz Augustus das wort
überhaupt von sich gebraucht, liesz er sich selbst von seinen kin-
dern und enkeln nicht einmal im scherze dominus nennen (Baet.
Äug, 53) , so musz er die bezeichnung rex noch weniger gewQnscbt
haben : und hier gebraucht er sie selbst, beide anstOsze yerachwin-
den, wenn man st&ii parasitica schreibt satrapica. denn nan ist
regia nicht als ausdruck der Wirklichkeit, sondern nur dem mit
satrapica eingeleiteten bilde zn liebe angewendet, und beide stehen
in einem gegensatze , durch den die dem Hör. zugedachte befÖrde-
rung vortrefiflich veranschaulicht wird, übrigens ist es wohl kdn
Zweifel, dasz (wie der brief überhaupt mehr ein ballon d'essai als ein
ernstlich gemeinter antrag sein soll) Augustus die worte satrapiea
und regia mensa nicht nur gebraucht hat, um des Maecenas bürger-
liches Verhältnis zu ihm zu bezeichnen, sondern auch um einen
scherz zu machen, bei satrapica mensa dachte nemlich der leser tn-
nächst lediglich an eine üppige tafel, und eine solche führte Maecenas
bekanntlich, da muste es nun einen überraschenden und darum
komischen eindruck machen , wenn Augustus die doppelbedeatang
des Wortes satrapica und seinen be.-«itz einer höhern stellnng be-
nutzte, um seinem überaus einfachen tische (Suet. Äug» 74) das bei-
wort regia beizulegen.
Strassburo in Westpreuszem. Friedrich Heidemhain.
FPhilippi: zur Peutingerschen tafel. 84&
(68.)
ZUR PEÜTINGERSCHEN TAFEL.
Oben 8. 485 — 512 hat ESchweder einen eingehenden au fsatz
'über Ursprung und ältere form der Peutingerschen tafel' veröffent-
licht, in welchem er es wahrscheinlich zu machen sucht, dasz die«
selbe mit der sog. ^Weltkarte des Agrippa' in Verbindung stehe, oder
mit andern werten, dasz die entfern ungsangaben der Peutingerschen
tafel auch als auf dieser berühmten karte ursprünglich verzeichnet
anzunehmen seien, da der positive zweite teil der abh. s. 499 ff.
sich nicht im einzelnen mit meinen forschungen beschäftigt, habe
ich keine veranlassung darauf näher einzugehen , möchte aber doch
kurz darauf hinweisen , dasz ich dem hauptvehikel seines beweises,
jenem sagenhaften berichte über die erdvermessung unter Augustus
eine ausschlaggebende kraft beizumesen nicht im stände bin.
Der erste teil seiner beweisführung dagegen richtet sich haupt-
sächlich gegen die auf&tellungcn meiner Bonner doctordiss« 'de
tabula Peutingeriana' 1876. da ich im allgemeinen meine damals
in diesen fragen gewonnenen ergebnisse auch jetzt noch aufrecht
erhalten zu sollen glaube, aber nichts desto weniger einiges anders
als damals aufzufassen geneigt bin , ergreife ich mit freuden diese
gelegenheit darauf zurückzukommen.
Im allgemeinen scheint mir der von Schweder in anlehnung an
Kitschis und Mommsens forschungen aufs neue vertretenen anschau-
ung , dasz die Peutingersche tafel eine ableitung der Augusteischen
weitkarte sei, eine ganz moderne Vorstellung von geographischen
karten zu gründe zu liegen, nach welcher dieselben nicht nur oro-
graphische, hydrographische, politische usw. eintragungen enthalten,
sondern auch die städte und die sie verbindenden Verkehrswege auf-
weisen sollen, die entwicklung der geschichte der chartographie
lehrt aber, dasz gerade die einzeicbnung der straszen eine verhältnis-
mäszig moderne errungenschaft ist. auf karten des sechzehnten jh«
sind wege noch sehr selten zu finden, erst im achtzehnten jh. finden
sie sich häufiger , um in unserm jh. als unentbehrlicher bestandteil
einer guten karte zu gelten, diese beobachtung würde nun nicht
die möglicbkeit ausschlieszen, dasz im altertum, welches ja in vielen
dingen dem 16n und 17n jh. unserer Zeitrechnung voraus war, schon
straszeneinzeichnungen auf karten gemacht worden wären, gegen
eine solche annähme sprechen aber zweierlei beobachtungen : zu-
nächst zeigen diejenigen karten des altertums, welche vom wissen-
schaftlichen Standpunkt als die vorzüglichsten zu bezeichnen sind
und von denen wir auszerdem die getreusten nachbildungen be-
sitzen , die Ptolemäischen , keine wege-ein tragungen, sodann aber,
und darauf möchte ich das gröste gewicht legen, weil es sich
um römische tradition handelt, habe ich auf keiner mittelalter-
lichen karte des abendlandes, auch auf den beiden grösten, der
846
FPhilippi; lur Peutingerscheu tafel.
Hereforder und dar Ebbtorfer, auch nur unbedeutende reste voil
Strassen gefüBden. di^se karten werden aber allgemein, ancli von
Scbweder, als — wenn auch bcbr verblaszte und verballbomte —
abklatsche der Augusteischen karte angesehen, dieser umstand mnst
doch bei dem versuche die Peutingersche tafel auf dieselbe quell©
zorQckzufUhren stutzig machen, ich gebe jedoch zu, dass aaoh
dieser beobachtung beweisende kraft nicht innewohnt*
Noch weniger aber kann ich im gegengatze dazu anerkennen^
das2 die von Schweder für den Zusammenhang der Peutingerschea
tafel mit der Augusteischen karte vorgebrachten beweisgründe ttber-
zeugend oder gar zwingend seien* eins seiner hauptargumente Ut
die behauptung, dasz die Peutingersche tafel den orbis terrarum
darstelle, also nicht als wegekarte des römischen reiches an«
gesehen werden könne, ich fürchte, Schweder wird ftir diese be-
hauptung die zubtimraung der forscher nicht gewinnen, weil thai*
sächiich die tafel nicht den orbis terrarum gibt, sondern sowohl
die ganze nordhülfte Europas wie die stldlichen teile Africas günz-
lich unbeachtet und un verzeichnet läsit^ dagegen ist Schweders be-
tonung der thatsache, dasz die Peutingersche karte mehr als da$
römische reich darstelle, nemlich auch den grösten teil von Aalen,
unzweifelhaft gerechtfertigt wie dies selbst bei der annähme, die
Peutingersche karte sei eine straszenkarte des römischen reichea« 2I1
erklären sei^ soll weiter unten erörtert werden.
Vorab möchte ich dagegen auf die ?on Schweder zum ersten
male in diesem umfange ausgeführte annähme, dasz die bandartige
form der tafel nicht die ursprüngliche sei, näher eingehen, für die
möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit, dasz der tafel die langgestreckte
form erst durch mittelalterliche copisten gegeben worden sei, wird
die unbestreitbare that^acbe ins feld geführt, dasz diese copisten mit
der form ihrer Vorbilder sehr willkürlich umgegangen sind, wenn
sie das thaten, sehen wir aber, dasz sie ihre gründe hatten oder tu
haben glaubten, indem «ie den orbis terrarum auch als rund dar-
stellten, ein grund aber, aus welchem der Zeichner der tafel dia
format derselben zu einem langen »chmalen bände verändert haben
sollte, ist schwer erfindlich, das würde nun allerdings noch nicht
genügen, um die mögliehkeit zu bestreiten, wenn es auch die an-
nähme sehr der Wahrscheinlichkeit entkleidet* aber ich halte oa
geradezu für unmöglich, dasz mittelaUerliche copisti^n eine solche
Umarbeitung des formats ausgeführt — oder richtiger gesagt tn
dieser vorzüglichkeit ausgeführt haben könnten, wenn schon die
Veränderung der ellipse oder des rechtocks der weitkarte zum kreise
solche Verwüstungen angerichtet hat, wie sie die Hereforder und
Ebstorfer karte an den betreffenden stellen zeigen, um wie viel mehr
würde die Peutingersche tafel bei dem noch viel schwierigem expori*
ment, eine kreisrunde, elJipsenförmige oder rechteckige (dh, höhere
als breite) karte in eine Zeichnung von 20 mal grösserer breit« ala
höhe umzumodeln, haben leiden müssen 1 davon ist aber durchaaa
FPhilippi: zur Pcutingerschen tafel. 847
nichts zu bemorken: denn wenn die karte auch ganz gewis nicht
fehlerfrei ist, so sind doch diese fehler zum allergrösten teile derart,
dasz sie nur auf geringen versehen beruhen \ die dann bei weiteren
copierungen noch verschlimmert wurden, dies der negative grund,
der mich nicht glauben läszt, dasz die Peutingersche tafel bzw. ihre
Vorbilder jemals ein wesentlich anderes format gehabt haben können
als heutzutage, aber es liegt auch ein positiver grund dafür vor,
und das ist eben ihre jetzige form, die wähl des für uns moderne
allerdings auffälligen breiten rollenformats ist nur durch die an-
nähme zu erklären, auch das urbild sei schon so gezeichnet gewesen,
weil ein solches format nur im altertum für schriftliche aufzeich-
nungen gebräuchlich war. das mittelalter kannte zwar auch noch
roiuUy rodeln, sie wurden aber nicht der breite nach, sondern der
länge nach beschrieben, daher musz die annähme, der oder einer
der mittelalterlichen copisten habe dieses in seiner zeit gänzlich un-
gewöhnliche format gewählt, als höchst unwahrscheinlich bezeichnet
werden. — Sei dem aber wie ihm wolle, jedenfalls hat die karte
dieses format, und das format entspricht dem zwecke, welchen die
karte verfolgt, vortrefflich — ich werde darauf unten zurückkom-
men — ; es kann nur unter der oben als irrig gekennzeichneten an-
sieht, dasz die karte den orbis terrarum darstellen wolle und
solle, auffällig erscheinen, so musz m. e. nach allen regeln der
kunst denen, welche meinen, dasz die vorhandene form nicht die ur-
sprüngliche sei, die last der beweisfUhrung obliegen; mir scheint
aber nicht, dasz Schweder einen beweis erbracht hat; auch nicht da-
durch, dasz er darzulegen versuchte, die tafel habe nicht den prak-
tischen zweck einer reise- oder marschkarte gehabt, dh. mit andern
werten, sie sei als eine geographische karte anzusehen, er glaubt
zunächst, mit dem bekannten Vegetius - citate über die itineraria
pida werde insofern misbrauch getrieben, als Vegetius von special-
karten und nicht von einer karte des ^orbis terrarum' rede, ich
kann hierin nichts weiter als ein misverständnis erblicken, sowohl
Miller, der hier wohl eine erwähnung verdient hätte, wie ich — von
mir kann ich es mit bestimm theit behaupten — haben das citat
doch nur herangezogen, weil wir darin eine treffende Charakteristik
der art von graphischen darstellungen fanden, zu welchen
die Peutingersche tafel gehört, ohne eine identität behaupten zu
wollen, auch die annähme Schweders, dasz ich der meinung ge-
wesen sei, jeder römische feldherr, oder Miller, jeder römische heer-
führer und reisende habe stets die ganze tafel bei sich geführt,
beruht auf einem misverständnis. der einzelne wird selbstverständ-
lich nur je den für seine zwecke in betracht kommenden ausschnitt
mit auf die fahrt genommen haben, es ist genau dasselbe Verhält-
nis, wie ein moderner tourist, ein heutiger offizier zu seinen wande-
' ich verweise dafür auf Millers umfassende zasammcnstellaDg ^Welt-
karte des Castorius' s. 18 ff. bes. s. 22.
848 FPhilippi: zur Peutingenchen tafel.
rungen und Übungen sich der ^generalstabskarte' bedient, er nimt
selbstverständlich nur die in betracht kommenden sectionen mit
Einen weitern grund dagegen, dasz die Peutingersche tafel
nicht eine für den praktischen gebrauch bestimmte graphische dar-
Stellung des straszennetzes gewesen sei, findet Scbweder darin dass
die tab. P. vieles enthält, ^was in eine blosze straszenkarte, die zam
praktischen gebrauch bestimmt war, nicht hineingehört', es ist dies
ein einwand, dessen gewicht nicht zu unterschätzen ist, und die be-
merkung, dasz ich wohl gefühlt habe, 'dasz das vorkommen vieler
solcher namen mit dem behaupteten praktischen zweck der karte
schlecht verträglich sei', ist wenn auch etwas abgeschwächt, als zu-
treffend zu bezeichnen, nichts desto weniger musz ich an der von
mir 1876 dafür gegebenen erklärnng, besonders an den schloBZ-
Worten, dasz der Zeichner *non certa ratione procedens, »ed
fortuito eligens res illas addidit, omittens maiora, minora
adiciens' festhalten; allerdings mit 6in(T modification: ich gieng
damals, wie auch die bezeichnung 'pictor' andeutet, von der irrigen
anschauung aus, das/ die Peutingersche tafel, wie sie uns jetzt vor-
liegt, als ein einheitliches werk im groszen und ganzen zu betrachten
sei , so dasz also ohne weiteres aus ihrem jetzigen allgemeinen er-
scheinen ebenso gut wie aus darin aufgeführten einzelheiten rück*
Schlüsse auf das vorbild, das urbild gemacht werden dürften, dem
entsprechend habe ich mich auch an der m. e. dh. meines jetzigen
orachtens unmöglichen aufgäbe versucht, die zeit der abfassung des
Werkes zu bestimmen, ich masz eben, wie die meisten modernen
forscher es noch thun, die uns vorliegende copie mit demselben
maszstabe wie die abschrift irgend eines Schriftstellers aus dem
altertum. das erscheint mir jetzt unhaltbar, ich möchte jetzt, nach-
dem ich gelernt habe, wie mittelalterliche gelehrte und künstler mit
ihren Vorbildern umspringen, in jeder neuen copie, welche das Ur-
bild über sich hat ergehen lassen müasen, eine Überarbeitung
sehen, bei diesen Überarbeitungen ist sicher manches charakte-
ristische weggelassen, manches ursprünglich fremde eingefügt wor-
den, ehe nicht unter diesem gesichtspunkte der bestand der tafel
gründlich untersucht ist, glaube ich kaum, dasz es möglich sein
wird festzu!>tellen , in welcher zeit zuerst ein solches werk zu-
sammengestellt worden ist. ich halte es nicht für unmöglich, son-
dern sogar für wahrscheinlich , dasz die arbeit überhaupt nicht auf
einmal entstanden, sondern aus zeitlich auseinanderliegenden einiel-
nrbeiten allmählich zusammengeschmiedet wurde, eine solche an-
nähme würde dann die sog. 'anachronismen', dh. die kennzeicfaen
der verschiedenen entstehungszeiten vollkommen erklären.
Dasz aber mittelalterliche gelehrte dem grundstock allerlei tu-
gefügt haben, ist unzweifelhaft; wahrscheinlich ist mir auch, dasx
gerade auf diese bearbeiter ein groszer teil der geographischen an-
gaben , richtiger notizen entfallt, welche auf die karte des Agrippa
und die aus dieser wieder reichlich schöpfende litieratur zurück«
FPhilippi: zur Peutingerachen tafel. 849
gehen; sei es nun dasz dafür mittelalterliche karten, Solinus, Orosias,
Honorius, Dicuil oder wer sonst hergehalten hat.
Dieses Verhältnis als wahrscheinlich vorausgesetzt , können die
geographischen notizen hei der frage, welches der ursprüngliche
zweck der tafel war, um so weniger in frage kommen, als ein auf
irgend ein beliebiges segment der karte geworfener blick die that-
sache unbestreitbar ergibt, dasz die hauptsache bei der ganzen
Zeichnung das Wegenetz ist.^ wozu anders aber als zu prakti-
schem gebrauche eine solche Zeichnung entworfen worden sein
sollte, kann ich mir nicht denken, und ich halte die Vegetius- stelle,
in welcher die itineraria annotata den üineraria pida entgegen-
gesetzt werden, nach wie vor für eine classische illustration unserer
tabula, dasz aber für den praktischen gebrauch im sattel oder reise-
wagen, dh. ohne einen tisch zur band zu haben, eine auf zwei rollen
laufende karte das bequemste ist, bedarf wohl für niemanden, der
eine karte unter solchen umständen zu gebrauchen gezwungen war,
der hervorhebung.
Schweder führt jedoch noch einen weitem grund an, und der
ist, wie oben gesagt wurde, sehr beachtenswert: denn er verbietet
allerdings, wie gewöhnlich und auch von mir geschehen ist, die
Peutingersche tafel schlechtweg als eine straszenkarte des 'römi-
schen reiches' anzusehen oder zu bezeichnen« es sind das die
zahlreichen auf der karte sich findenden angaben über Asien , bes.
das östliche Asien, welches niemals römischer herschaft unterworfen
war. dasz dagegen diese thatsache die ansieht widerlege, die tafel
sei als reise- oder marschkarte aufzufassen , vermag ich nicht ein-
zusehen, zunächst haben sicher römische händler jene wege wenn
auch nicht häufig benutzt; dann aber ist das Vorhandensein dieser
wege doch sehr leicht dadurch zu erklären , dasz der oder die Ver-
fasser eben die möglichste Vollständigkeit erstrebt und daher alle
ihnen bekannten wegestrecken eingetragen haben ; möglicher weise
liegt aber auch hier eine sonderarbeit vor, welche erst später mit
dem ursprünglich auf das römische reich beschränkten werke zu*
sammengearbeitet wurde, es sind dies jedoch nur hingeworfene Ver-
mutungen , denen erst eine genaue Untersuchung hintergrund und
festere gestalt geben könnte , die aber m. e. für die hauptfrage , ob
wir es in der Peutingerschen tafel mit einer für den praktischen ge-
brauch bestimmten arbeit zu thun haben, wenig ausgeben.
Es sei mir zum Schlüsse noch gestattet, auf zwei thatsachen,
denen ich im anschlusz an Schweders erörterungen schlecht erwäh-
nung thun konnte, hinzuweisen, da sie m. e. deutlich erkennen lassen»
dasz die ursprüngliche gesamtanlage der tafel in dem uns vorliegen-
> dasz auf der jetzt vorliegenden Zeichnung berge und flüsse
mehrfach eher gezeichnet waren, als die wegelinien gezogen sind, soll
nicht bestritten werden; ich kann jedoch nicht zugeben, dasz daraus
auf ein gleiches Verhältnis bei den Vorbildern oder gar bei dem
ur bilde zurückgeschlossen werden könne.
Jahrbflcher für class. philo). 1898 hft. 12. 64
850
OApelt: SU Flatone Menon [98^].
den abklaiacb kaum wesentlich alieriert ist. claa erste iat die
samtanlage, die von Miller ao, s* 84 ff- treffend charakterisiert istr
Eom ist ausgangs- und mittelpunkt; von hier aus ist der stoff prak-
tisch und dem zweck entsprechend verteilt, aber ohne jede röcksicbt
auf himmelsrichtungen und ohne jede rücksicht auf wirkliche ent*
fernuDgen. da dieselben durch zahlen angegeben sind, war eine ein-
haltuDg eines maszstabes Überflüssig, bei dem format aber auch an-
möglich, sollte man wirklich zu der annähme berechtigt sein , ein
mittelalterHcher copist habe bei der umzeichnung aus einer andern
form eine so ganz neue und durchdachte form gesucht und ge-
funden? nach meiner kenntnis des mittelalters: nein, das zweite
ist die bezeichnung der Stationen, hätten wir es mit einer geogra-
phischen karte zu thun, deren grundlage die angäbe der orte ist,
zwischen denen dann erst die verbindenden wege eingezeichnet wur-
den, so würden diese orte durch irgend ein zeichen, etwa einen
kreis, wie auf neuern karten, kenntlich gemacht worden sein, das ist
aber nur in beschränktem masze der fall; weitaus die mehrzahl der
Stationen ist durch einen treppenartigen absatz der vregelinie ge-
kennzeichnet, diese anordnung f^llt aber nicht den copisten zur
last, sondern sie ist ursprünglich, wie eine einsichtnahme derafrica-
nischen straszen unter dem bilde der stadt Rom (segraent V 5 und
VI 1 — 6 bei Miller) erweist: denn gerade diese teile haben, wie
aus der capiialforra der buchstaben und der Weitläufigkeit der auf-
scbriften hervrorgeht, am treusten die alte form bewahrt, gerade
diese schematiscke darstellung, die selbst von den sonst so
figuren- und farbenfreudigen mittelalterlichen copisten beibebalteji
worden ist, beweist dasz die tabula Peutingeriana keine geogra*
phiscbe karte, sondern eine graphische darstellung des damalt
bekannten Wegenetzes ist.
OsNABRöcK. _^ Friedrich Pbilifpi.
Zu PLAT0N8 MEKON.
98 ' ^TTCibfi TOivuv oO MÖvov bi* iniCTiiiLiTiv ÄTctOol fivbpcc fiv
€l€v Kai ujqpcXiMOi tak iröXeciv, efnep tiev, äWä koI bi* öpOf^
böSav, ToÜToiv bfe oOb^iepov qjucci ^criv Tok dvOpiüTToic, oÖrt
^TTKTiiMil oure bö£a dXnefic out* dnlKTTiTa — f\ toK€i coi 9uc€t
6iTOT€povouv auTOiv elvai; hier klammern die hgg. das unsinnige
OUT* ^TTiKTTiTa ein, während es sofort verständlich wird, wenn man
schreibt 6 VT* ^niKTTiTa, als Opposition zu iTTicifiMTi und bölll
dXiiOi^c. das i5vT* (ÖVTa), an sich ungemein leicht mit oÖT* zu ver-
wechseln und ihatsächlich oft genug von den Schreibern verwecbselii
wurde hier auch noch durch die vorhergebenden beiden oöie giK
wissermaszen attrahiert.
Wkimar. Otto Afsi^t.
ARzach: zu den SibylliniBchen orakeln. 851
96.
ZU DEN SIBYLLINISCHEN ORAKELN.
V 440 f.
^r\V eipeo pir\hk jaepijava
TTiIic TTepcüJV fipHeic fi ttujc Mr|bwv t€ Kpairiceic.
die unstatthafte Stellung des T€ hat die vorschlage es in bi oder cu
zu verändern veranlaszt , ohne dasz hierdurch die Schwierigkeit be-
friedigend gelöst wäre, wie ich nunmehr glaube , empfiehlt es sich
weit besser Mrjboici zu schreiben in der art, wie wir im epischen
sprachgebrauche vOv aÖT€ ^ifa KpaT^€icv€KU€CCiv Hom. \ 485
oder uj T€ Kai äWoic | dvbpdci t€ Kpaxdouci kqi deavd-
TOici deoiciv TT 264 f. finden, wollte man einwenden, dasz die
phrase ITepCiJüV SpSeic dagegen spreche, indem dann die con-
cinnität des ausdrucks in den halbversen gestört wäre, so sei darauf
hingewiesen, dasz gerade ein solcher Wechsel in der construction
dem epischen Sprachgebrauch entspricht: vgl. Hom. A 288 TrdvTWV
jLifev Kpaieeiv dG^Xei, TrdvTeccib* dvdcceiv, was die Orphiker nach-
bilden Orph. hy. 16, 7 (Abel) TtdvTUJV Tdp Kpax^eic jaoiivn Tidvieccl
t' dvdcceic, fast gleichlautend auch hy. 68, 10 (Abel), dasz in
unserm verse der genitiv TTcpcujv auch Miibujv, zumal bei Kparrjcci,
mit dem an vielen stellen der Sibyllinenüberlieferung zur verkleiste-
rung von corruptelen miabrauchten flickwörtchen T€ nach sich zog,
ist weit begreiflicher als dasz zb. Sib. II 341 die hss. die corruptel
015x6 Td|LitüV (P Tdjiov) jiejbieXriM^vr] oöxe XoticmgTc bieten, wo der
dativ XoTiCjicTc (vgl. für diese bei den Hellenisten beliebte con-
struction I 126 KaXoTc x' fpTOici jaejan^ii&c) vor der Verderbnis
fdjLiUJV (aus Tdfiuj) hätte warnen können.
XI 304 flF.
ai ÖTiöcoic Gripecciv ?Xwp Kai KÜpina T€vr|cq,
ATfUTTxe TToXuoXße, öejbiicxeuouca bk XaoTc,
i\ TTpiv KOI ßaciXeöciv dTaXXojii^vr] jacTdXoiciv
XaoTc bouXeüceic, xXriiauiV, bid Xaöv ^KeTvov,
öv Tidpoc usw.
in dieser reihenfolge sind die verse überliefert und bisher geschrie-
ben worden, indes gewinnt die stelle , wie ich meine, erst dann die
augenscheinlich vom Verfasser beabsichtigte Wirkung, wenn v. 305
seinen platz mit 306 vertauscht, also gelesen wird:
OLi ÖTTÖcoic 9r|p€cciv eXujp Kai Kupjiia Tevricij
fl TTpiv Kai ßaciXeöciv dTaXXojn^vr] jacfdXoiciv,
AiTunxe TToXuoXße' 9e|iicx€Üouca bk. Xaoic
Xaoic bouXeüceic, xXrjiuujv, bid Xaöv ^kcTvov usw.
jetzt erst tritt der contrast in der läge Ägyptens , die der Sibyllist
schildert, klar hervor, indem einerseits den werten ßaciXeCctV
dTaXXojLi^VTi juieYdXoiciv der ausdruck Sripecciv ?Xwp koI Kupjüia
gegenübersteht, anderseits das chiastisch gestellte 6€|üiicx€U0UCa bk
64*
852 ARzach: zu den SibjUiniscben orakeln.
XaoTc XaoTc bouXeüccic den gedanken zu besonders kräftiger geltung
kommen läszt. endlich gewinnt erst durch diese Umsetzung das von
Alexandre hergestellte bk (die hss. \bk) seine volle berechtigung.
XII 280 f.
ax ai AaobiK€ia, a'i al 'lepdTToXi iXiijutüV
ujLiäc Tap TTpiiiac ttot' dbeEaio TCtia xotvouca.
in den yersen vor und nach dieser stelle liegen nur Weissagungen
vor, die in die form des futurums gekleidet sind, es ist hier keinerlei
grund ersichtlich , warum der Sibyllist das Unglück der genannten
Städte in der form der Vergangenheit erzählen sollte: hierzu müste,
wie sonst in diesem falle regclmäszig, ein besonderer anlasz vor-
liegen, es dürfte daher zu vermuten sein, dasz ursprünglich ttotc
b^Heiai ala geschrieben war. die form ala ist den Sibyllist en
nicht unbekannt, vgl. V 168 navT* dKd0apT€ ttöXi Aaiiviboc atiic.
XIV 330
dXX'oub'fiic fiirpriKTOV öböv leXeouciv fiiravTec.
Alexandres Vorschlag dXXd Kai £ic entfernt sich allzu sehr von den
überlieferten buchstaben, während Gutschmids (kleine sehr. IV 277)
conjectur dXXd öXujc gegen die sonst von den Sibyllisten betreflfs
des hiatus beobachteten normen verstöszt, vgl. meine metr. Studien
zu den Sibyll. orakeln s. 61 f. durch die leichte ttnderung dXXä
T' öjuiujc wird dem gedanken und seiner form genügt, die ein-
loitungsformel dXXd fe ist bei den Hellenisten beliebt, vgl. Sib.
I :}85; sie ist auch V 265 von mir, VIII 188. XII öl von Herwerden
hergestellt worden.
XIV 340 flf.
'loubaiouc b' öX^couci jaevcTTToX^jiGuc dvöpiÜTtouc
ÖXPIC dXÖC TTOXlfiC K€paiC0VT€C TTOX^^OICIV
7T0l|i€V€C djLlCpÖT€pOl 7T€pi TTaTpibOC f\bk TOKr|U}V.
für das verdächtige TToXejiioiciV ist jetzt wohl richtig iTaXd|Ltir)ClV ge-
funden; dagegen erscheint der anfang von v. 342 noch verbesserungs-
bedürftig, da keiner der biälierigen vorschlage (ä|Liq>ÖT€pOV iTpO-
jLidxouc vermutete ich früher selbst, TTOivfiv äpvüjüievoi Herwerden
Mnem. n. s. XIX 372, TTOijaevec d)a9ÖT€pov Gutschmid kl. sehr. IV 277)
zureichend ist. ich bin jetzt zu der Überzeugung gelangt, dasz der
eingang des verses einst 7Toivl^Ol, dpqpÖTepov gelautet hat;
hierdurch gewinnen wir in engem anschlusz an die Überlieferung
einen durch den Zusammenhang geforderten ausdruck; v. 342 weist
deutlich auf v. 337 f.
XIV 315 f.
TT.oXXol Tdp Keicoviai im i|;a^a6üüb€ac dKidc.
Hav9d Kdpnva 7T€C0VTai ütt' AItutttIijüv 7T€T€iivu)V.
da i'ine bcziehung von v. 345 zu dem vorausgehenden di öiröcot
(ptÜT€C TT6pi KUjuaTa vnXHCOVTai nicht vorhanden ist, so musz die
begründende ausdrucki^wcise des eingangs von v. 345 als unzulässig
Ixv.eichnet werden, es hat daher auch HerwerJen Mnem. n. s. XIX 372
TToXXOüV b\ o'i lEovrai in Verbindung mit dem in v. 346 folgenden
ThOpitz: die Trierer Sallustliandschrift. 853
Sav9ä Kdpnva usw. vermutet, näher liegt meines eracbtens die fas-
sung TToXXOüv b' fip Kcicoviai ^ttI ipajuaGüübeac dKidc | SavOd
KdpTiv', & TT^covrai usw., wobei nur drei bucbstaben der Überliefe-
rung zu ändern sind, es ist von den durcb die ^beflügelten' Ägypter
(die reiterei) am strande getöteten Juden die rede.
Prag. Alois Rzaoh.
97.
DIE TRIERER SALLUSTHANDSCHRIPT.
unter dem titel 'brucbstücke einer Sallustbandscbrift in der
dombibliothek zu Trier' (Hamburg 1893) hat uns Karl Hamann
mit den resten eines 'nicht früher als im elften jh. geschriebenen'
Sallustcodex bekannt gemacht, sie finden sich auf ^drei pergament-
blättern, deren zwei vordere schutzblätter und eins hinteres schutz-
blatt eines sammelbandes in eichenholzdeckeln bilden, welcher im
katalog mit n. 118 bezeichnet ist', und enthalten Cat. 23, 3 foret
— 30, 7 pro cuiusque op, lug, 91, 1 cotidle —95, 3 ooio lUy lug, 84, 2
praeter ea — 85, 39 morilms. der Verfasser hat diese bruchstücke
genau mit Dietschs letzter textausgabe verglichen und teilt in der
genannten schrift sämtliche abweichende lesarten mit. leider hat er
zu seiner arbeit nur noch die ausgaben von Jordan (1876) und Kritz
(1828) hinzugezogen, daher nimt er von ziemlich vielen lesarten an;
dasz sie sich lediglich in der Trierer hs. fänden ; während ihn die
grosze ausgäbe von Dietsch (1859) vielfach eines bessern hätte be-
lehren können.
Was nun zunächst das Verhältnis dieser neuen bruchstücke zu
den bekannten hss. des Sali, betrifft, so würde sich von vorn herein
darüber bestimmter urteilen lassen, wenn eine der von Dietsch
comm. s. 2 als charakteristisch hervorgehobenen stellen in ihnen
enthalten wäre, im allgemeinen zeigen sie mancherlei beziehungen
zu der sich aus der ersten classe der hss. absondernden familie
MM'M'TF (s. Dietsch ao. s. 6), namentlich zu M, mit dem sie Cat,
24, 3 ingentes stupro corporis sumptus (so nur noch <r) statt ingentes
sumptus stupro corporis und 29, 2 ita statt itaque gemeinsam haben,
trotzdem wird die Trierer hs. der zweiten hss. -classe zuzuweisen
sein, da sich besonders in den stellen aus lug, eine ganz auf-
fallende Übereinstimmung mit der hs. m zeigt, die Jordan
als den besten Vertreter dieser classe bezeichnet, folgende lesarten
bieten nur m und die Trierer bruchstücke:
lug, 84, 3 uolenti plehi müitia statt plehi müitia uolenti
85, 21 mores suos statt maiores suos
24 huius rei statt huiusce rei
inopiam ego statt ego inopiam
VERZEICHNIS
DER IM JAHRGANG 1898 BEURTEILTEN SCHRIFTEN.
■rite
G. Jorio: codici if^norati nelle bibliotcche di Napoli. fasc. I (Leipzig
1892) 166
B. Keil; die Solonische Verfassung in Aristoteles verfassuugsgeschichte
Athens (Berlin 1892) 118
E. Maass: Aratea (Berlin 1892) 37
SACHREGISTER.
Agesilaos 8 ff.
Ägypten 699 ff.
Aigjptiaden 95 ff.
Aischylos (Promethei«) 276 ff.
Aithiopen 696 ff.
Alexandria 34 ff. 301 ff.
alexnndrinische litteratur 37 ff.
Ammianus Marcclliuus 362 ff.
dvdeciLia 369. 374
Antalkidns (friede) 4 ff.
ante annns ^ vor jähren 201 f.
antlioiogie, gricch. 667 ff. 764 f.
Antioühos (liiötoriker) 177 ff.
Antoniiii itincrarium 487 ff.
Apullodoros 95 ff.
Aratos 37 ff.
Araxes 758 ff.
Aristophnncs (Ri.)öl9ff. Ö39ff. (Wo.)
52öff. (Fri.)526ff. (Vü.)399f. 526ff.
Aristotelcs(puliiik) 192.817 ff. ('AGnv.
woX.) 113 ff. 677 f.
AsUlepiadcs (diclitor) 672 ff.
Athens verfa.ssung 113 ff. wUhrend
des pelop. Krieges 513 ff. zins-
iirknndo 225 ff.
hiiienx hnstin 65 ff.
IJrutus (M.) 49 ff.
Caesar {^h. GaU,) 357 ff. 707 ff.
Catullus 705 f.
Cicero {Pomp.) 484. 777 {/lortensitts)
224 {episf.) 424 ff. 843 {ad AU.) 704
{Cato w.) 781 f.
Dauaer 700 ff.
Danaiden 95 ff.
Demosthenes (Olynth. I) 752 (Toin
trierarch. kränze) 593 ff«
dorische wandt-rung 184 ff.
Drakon 118
dualis (bei Polyblos) 162 ff. (bei Lu-
kianos) 6()1 ff.
Ephoros 178 ff.
Epikiiros 462 ff.
Kpimenides 47
^iriTpoiTOC 521 ff.
^p^aia ^^p|iaK€c) 375
£pUJC bei riaton 561 ff. 641 ff. 731 ff.
Euagoras 1 ff.
Fabiiifl (Q. F. Maximus) 600
tlitchmale (Steinhaufen) in Griechen-
land 369 ff.
frau, Stellung dcrs. in Griechenland
261 ff.
fünfkampf der Griechen 785 ff.
Galcnos 467 f.
gcographie, alte 34 ff. 301 ff. 689 ff.
75.^ ff.
Sachregister.
857
Germanica s (phaen,) 783 f.
grammatisches (griech.) 162 ff. 681 ff.
QranioB Licinianas 50 ff.
griech. geschichte 1 ff.
Hekate 381
Hellanikos 377
Helvetier 707 ff.
Hermes 379 ff.
Hermesheiligttimer in Griech. 369 ff.
Herodianos 678 ff.
Herodotos 559 f. 665 f. 753 ff.
Hesychios 766 ff.
Homeros 694 ff. (II.) 81 ff. (Od.) 112. 120
HonorioB , Julius 486 ff.
Horatios (epod.) 638 ff. (episL) 305 ff.
Hyginas (fab.) 107 ff.
Hypereides (g. Athenogenes) 145 ff.
inschriftliches (griech.) 94. 225 ff.
Isokrates (paneg.) 1 ff.
itinerarkarten des alt. n. mittelalters
487 ff. 845 ff.
Jnlianus apostata 362 ff.
Juliopolis 34 ff. 301 ff.
kampfschilderungen in der Ilias 81 ff,
Karthago 289 ff. (häfen) 321 ff.
KdTOXOC 380
Eaukasos 693 ff. 753 ff.
Kleomedes (kukXik^ OcujpCa) 298 ff.
Kleon 515 ff.
Eonon 1 ff.
kosmogonie der stoiker 298 ff.
Kothon in Karthago 321 ff.
Kratippos 21 ff.
Kreta 184 ff .
kyprischer krieg 1 ff.
Lactantius 121 ff. 203 ff.
Lepidus (M.) 49 ff.
Libanios 362 ff.
litteraturwissenschaft 433 ff.
Livius 512. 557 ff. 600
Lucanus (hss.) 337 ff.
Lucretius 455 ff.
Lakianos 681 ff.
Lygdamns 769 ff.
Macrobius-excerpte 142 f.
Maecenas 305 ff.
^dXicra bei zahlen u. massbegriffen
585 ff.
Manilius 417 ff.
Massageten 758 ff.
Meleagros (dichter) 670 ff.
mories persecutonm (Verfasser) 121 ff.
203 ff.
mythologisches 95 ff.
Nauck, Aug., griech. gedieht 144
Neapeler hss. 165 ff.
Nikias 600
Nikopolis 34 ff. 301 ff.
Oidipus 392 f.
Jahrbücher für class. philol. 1893 hft. 12.
oikumene 609 ff. 758 ff.
Olympische spiele 791 ff.
Oppiauos (halieut. , hsi.) 409 ff.
Oreibasios 364 ff.
Ovidius (met.) 338 ff. 601 ff. 782 f.
öEuOOiiia 382 f.
TTapBcvCai 177 ff.
Paulus Diaconas 764 f.
Pausanias (perieget) 388 ff.
w^vTaeXov 785 ff.
Perikles 513 ff.
Peutingersche tafel 485 ff. 845 ff.
Phaedrus (fabeln) 778 ff.
Philologie , classische 433 ff.
Philon (pseudo-) ir. d(p6apc(ac köcuou
449 ff.
Philosophie , griech. 298 ff. 449 ff.
Philostratos (gymn.) 797 f. 807 f.
Pindaros 796 f. 811 ff.
Piaton (Symp.) 561 ff. 641 ff. 721 ff.
(Gorgias) 401 ff. (Philebos) 283 ff.
320 (Menon) 850 (^pacTaC) 799 f.
(Staat) 555 f. 815 f. (Gesetze) 382
Plautus (Persa) 193 (Men.) 198 f.
(Capt.) 194. 197 f. (Trin.) 196 f.
(Rud.) 197 f. (Stichus) 432
Plinius {nat, hisL) 559 f. (-excerpte)
139 ff.
Plutarchos (cu|iTroc.) 801 f.
Polybios 162 ff.
Pomponius Mela 780
Poseidippos (dichter) 672 ff.
irpocTdTTic 514 ff.
Ptolemalos (syntaxis) 748 ff.
Quintilianus {insL orat,) 69 ff. 711 ff.
Kavennas cosmographns 486 ff.
römische geschichte 49 ff.
roman (griech.) 403 ff.
Sallustius 853 ff. {hisL) 49 ff.
Samos (Samios) 674 f.
Schillers übers, d. Aen. 143 f.
Seneca {nat, quaest) 463. 718 ff.
Sibyllinische orakel 851 ff.
Sikelien zur zeit Timoleons 289 ff.
Skylakeus (Lykier) 378 f.
Solon 677. seine Verfassung 113 ff.
Sophokles (Ant.) 446 ff. 824
Statins {silvae) 79 f. 469 ff. 825 ff.
Stoiker (deren kosmogonie) 298 ff.
Strabon 177 ff. 747
Strategen in Athen 540 ff.
Suetonius (ü. Hör,) 844
Sulla 49 ff.
Tacitus (Agr.) 353 ff.
TajLiiac 521 ff.
Tarent, gründung 177 ff.
tempelgelder in Athen 225 ff.
Terenüus (Haut.) 382 (Phormio) 199 f.
Theognis 395 ff.
54 ••
858
Sachregister. — Berichtigungen.
Theophrastos 449 flf.
Thukydides 26 ff.
TibuUus 769 ff.
Timoleon 289 ff.
tragödie (attische) 665 f.
Trebonins (C.) 424 ff. 848
TpidZciv 803 ff.
Valerius Mazimus 78
Varro {res rust,) 612
Tasenbilder, griech. 786 ff.
Vergilius (Aen.) 148 f.
verschollene länder des altertums
689 ff. 763 ff.
Waffen der Homer, kämpfer 82 ff.
weitkarte des Angnstns 486 ff. 845 ff.
Xenophon (anab.) 161 f. 260 (Hell.)
8 ff. 165 ff. 791
Zenon (stoiker) 449 ff.
zinsfusz in Athen 226 ff.
zinsurknnde ans Athen 225 ff.
BERICHTIGUNGEN IM JAHRGANG 1893.
S. 529 z. 7 V. n. statt 'Diels (Hermes XXIY s. 355) lies 'BKeil (Hermei
XXIII s. 355)'
S. 769 nnm. 1 z. 6 statt 'II s. 20 f.' lies 'II s. 201'.